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German Pages 350 [352] Year 1973
Einführung in die Erwachsenenbildung
Joachim H . Knoll o. Professor an der Ruhr-Universität Bochum
w DE
G Sammlung Gösdien Band 8146
Walter de Gruyter Berlin • N e w Y o r k • 1973
In dankbarer
Erinnerung
an meinen Bruder,
Wolf gang F. Knoll (1931-1965),der der
Geschichtswissenschaft
mitpraktisch-pädagogischem gleitet
zur
Dr.
meinen Weg
phil. von
Erziehungswissenschaft
Zuspruch und Einspruch he-
hat.
ISBN 311 003851 X © Copyright 1973 by Walterde Gruyter & Co., vormals G. J. Gösdien'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz und Druck: Druckerei Chmielorz, 1 Berlin 44
Vorwort Im Zuge eines verstärkten bildungspolitischen Bewußtseins in der Bundesrepublik ist die Erwachsenenbildung aus ihrer bisherigen Randlage befreit und in eine Reformen beabsichtigende Diskussion einbezogen worden. Der Strukturplan der Bildungskommission des Bildungsrates und der Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung signalisieren den Stellenwert, den die Erwachsenenbildung im Sinne von Weiterbildung erreicht hat. Noch immer klafft zwischen Absicht und Realisierung eine erhebliche Lücke, und die bildungspolitische Bilanz ergibt sich nicht nur aus dem Wollen, sondern vor allem aus dem Vollbringen. Aber Bildungspolitik kommt nicht nur durch die politischen Aktivitäten von Bund, Ländern und Gemeinden zustande, sie bedarf auch der Eigeninitiative, die gerade im Bereich der Erwachsenenbildung erheblich ist. Gleichlaufend mit der Höherstufung der Erwachsenenbildung im bildungspolitischen Kontext ist auch die Wertschätzung jener Wissenschaft gestiegen, die die Erwachsenenbildung zum Objekt ihrer wissenschaftlichen Arbeit wählt. Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, durch erziehungswissenschaftliche, soziologische und psychologische Studien befördert, ist in der Bundesrepublik im Gegensatz zu anderen Ländern noch eine vergleichsweise junge Disziplin, die eine kompetente wissenschaftstheoretische Fundierung noch nicht gefunden hat. Einen ersten systematischen Zugang eröffnet jetzt H. Sieberts Studie „Erwachsenenbildung", Düsseldorf 1972. Zwar gibt es eine breite, sich zunehmend differenzierende Literatur, die wissenschaftlichen Anspruch einlöst, es gibt auch vielfältige die Praxis leitende und klärende Publikationen, die sich empirischer Techniken bedienen und es fehlt auch nicht an deskriptiv verfahrenden, monographischen Darstellungen. Da es in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung an überblickhaften Darstellungen mangelt, aufgrund deren der Student sich einen ersten Zugang zum weiten Feld der Erwachsenenbildung erschließen kann, l«
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Vorwort
haben wir nachfolgend versucht, wissenschaftlich und praktisch relevante Aspekte der Erwachsenenbildung zusammenzustellen. In wohl keinem anderen bildungspolitischen Bereich besteht eine derart auffällige Divergenz von Meinungen und Verfahrensweisen wie gerade in der Erwachsenenbildung. Schon der Hinweis auf die vormals gebräuchliche Antinomie von „freier" und „gebundener" Erwachsenenbildung belegt diesen Sachverhalt. Jeder formulierte Satz bedarf auf diesem Hintergrund wiederholter Überprüfung; was über die Volkshochschulen hinsichtlich ihres Selbstverständnisses ausgesagt wird, erlaubt keine Übertragung auf die Erwachsenenbildung anderer gesellschaftlicher Teilkräfte. Koordination und Kooperation, Heilsformeln einer gegenwärtigen Bildungspolitik, sind noch in weiter Ferne und belasten jeden Versuch, die Erwachsenenbildung monographisch darzustellen. Unsere Studie beabsichtigt ein Doppeltes: einmal die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, die wir als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft begreifen, in ihrem wissenschaftlichen Zustand zu porträtieren und sodann die praktische Erwachsenenbildung in ihren mannigfachen Schattierungen vorzuführen. Der Leser mag entscheiden, ob dieser Versuch als gelungen bezeichnet werden darf; für den kritischen Einspruch, der unserer Absicht förderlich ist, werden wir stets offen sein. Freilich Rezepte, wie eine moderne, wissenschaftliche Einsicht bedenkende Erwachsenenbildung in Gang zu setzen sei, wollten und konnten wir nicht mitteilen. D a s gilt insbesondere für das 5. Kapitel, das wir bewußt mit „Bemerkungen zur Literatur über das Lernen mit Erwachsenen und moderne Unterrichtstechnologie" überschrieben haben, um solchermaßen deutlich werden zu lassen, daß sich hier ein Tätigkeitsbereich öffnet, der in Zukunft die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung vorrangig beschäftigen sollte. Für den Leser, der sich der Erwachsenenbildung intensiver zuwenden möchte, haben wir einen ausführlichen VerweisA p p a r a t und eine Bibliographie beigegeben; der Experte mag herausfinden, daß der eine oder andere Titel vielleicht übersehen wurde; gewiß, vorsätzlich ist das nicht geschehen.
Vorwort
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Selbst in einer Oberblicksdarstellung kann nicht aseptisch verfahren werden, wir haben nie aus unserer Meinung einen Hehl gemacht und sie mag sich in manchen Bezügen, trotz des Vorsatzes, auswägend zu verfahren, widerspiegeln. Der modernistischen Untugend, jeden Sachverhalt auf der Grundlage indoktrinierter Vorgaben in ein ab- oder aufwertendes Ideologieschema zu pressen, haben wir uns nidit angeschlossen. So nehmen wir denn auch den Vorwurf einer „affirmativen" Darstellung gelassen hin. Letztlich sei noch allen gedankt, durch deren materiale Unterstützung diese Arbeit nur zustande kommen konnte. Die Pädagogische Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes, Arbeit und Leben, DGB, DAG, Evangelische und Katholische Erwachsenenbildung, Deutsches Industrieinstitut, AdolfGrimme-Preis, die Dokumentationsabteilung der Kultusministerkonferenz und die Ministerien und Landtage der Bundesländer haben uns bereitwillig Materialien zur Verfügung gestellt. Der kundige Leser wird sogleich erkennen, wo, wie und mit welcher Intensität unsere Arbeit befördert wurde. Der „konstruktive" Hinweis wird in einer künftigen Auflage gern berücksichtigt werden, wir sind auf ihn angewiesen, da das Thema „Erwachsenenbildung" weder abschließbar nodi von einem allein bündig abzuhandeln ist. Bochum/Hamburg, Frühjahr 1973 / . H. Knoll
Vorwori 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6
Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen Z u r Genesis der Pädagogik — V o r b e m e r k u n g e n Z u r Situation der Erziehungswissenschaft Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft Kooperation Überlegungen z u r Studiengestaltung Das P r o b l e m der K e r n - u n d Spezialgebiete
3 . . . .
2. 2.1 2.2
Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft . . Wissenschaftsinstitutionelle P r o b l e m a t i k Die Wissenschaft v o n der Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen 2.3 T e n d e n z e n zur I n t e g r a t i o n der Erwachsenenbildung in den S e k u n d ä r - oder Tertiärbereich 2.4 Z u r „universitären Erwachsenenbildung" in der B R D . . 2.5 Z u r Professionalisierung in der Erwachsenenbildung . . 2.6 Forschung u n d Forschungsmethoden 2.6.1 Zeitgeistforschung — Erziehungswissenschaft — Erwachsenenbildung 2.6.2. Z u r Methodologie des Vergleichs in Erziehungswissenschaft und Wissenschaft von der Erwachsenenbildung 3. Erwachsenenbildung im Kontext von Kultur- und Bildungspolitik 3.1 Tendenzen 3.2 Erwachsenenbildung in den Verfassungen 3.3 Erwachsenenbildung in Gesetzen 3.4 Erwachsenenbildung im Zwischenbericht der BundLänder-Kommission 4. 4.1 4.2 4.3 4.4
Einrichtungen der Erwachsenenbildung und der Wandel des Selbstverständnisses Tendenzen u n d Pläne Z u m Selbstverständnis der Volkshochschule ARBEIT U N D LEBEN / DGB / VHS Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
9 9. 11 17 35 38 46 50 50 58 72 79 89 99 105 115 133 133 136 141 155 168 168 179 204 215
Inhalt
8
Seite 4.5 4.6 4.7
Zur Bildungsarbeit der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) Konfessionelle Erwachsenenbildung Evangelische Erwachsenenbildung Katholische Erwachsenenbildung Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
5.
Bemerkungen zur Literatur über das Lernen mit Erwachsenen und moderne Unterrichtstechnologien Literatur I. Bibliographien II. Zeitschriften III. Auswahlverzeichnis Personenregister
232 246 248 258 270 292 331 331 333 347
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen 1.1 Zur Genesis der Pädagogik — Vorbemerkungen Schon seit geraumer Zeit pflegt die Erziehungswissenschaft ein intensiveres und kritischeres Methodenbewußtsein; sie fragt nach den sie betreffenden Gegenständen, und sie fragt, mit •welchen Mitteln und mit welchen Verfahren diese Gegenstände analysiert werden könnten; und schließlich fragt sie, welche Zielprojektionen sich aus solcher Analyse herleiten lassen. Solchermaßen wird auch nach außen und in der theorieferneren Forschung dokumentiert, daß der Übergang von der „Pädagogik zur Erziehungswissenschaft"1 mehr als nur eine modernistische Floskel ist, daß durdi neuentdeckte oder wieder bewußt gewordene Gegenstände und durch die adäquaten Methoden die Erziehungswissenschaft ihren Realitäts- und Öffentlichkeitsbezug2 wiedergewonnen hat. Die Erziehungswissenschaft versucht, sich von der sie einengenden Tradition freizusetzen; Pädagogik, Philosophie, Theologie und Psychologie befinden sich nicht mehr in einem geisteswissenschaftlichen Verbund, von dem Normen begründet oder ausgegeben werden. Die Pädagogik hat einen den modernen Sozialwissenschaften vergleichbaren Emanzipationsprozeß durchlaufen, ihre Disziplingeschichte liest sich wie eine Chronik zwiespältigen Selbstbewußtseins. Wie sich Volkswirtschaft, Politikwissenschaft und Soziologie von dem nationalökonomisch-universalistischen Herkommen befreiten, hat sich die Pädagogik — freilich später — wissenschaftstheoretisch und wissenschaftsinstitutionell von den Bindungen an Philosophie und Psychologie gelöst; die Päd1 Für diesen Zusammenhang vgl. W. Brezinka [44; 45; 4 3 ] ; vgl. die K r i t i k an Brezinka: H . Rombach [238]; R . Lodiner [193]; L. R o t h [241]; ausführlich dazu K . Sdialler [265], 2 Dieser Sachverhalt drückt sidi u. a. d a r i n aus, d a ß die Pädagogik ihre Beziehungen zu den sozialwissensdiafllidi orientierten Nachbardisziplinen — die sich in der Regel als Handlungswissensdiaften begreifen — unbefangener zu regeln beginnt.
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1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
agogik verstand sich — da und dort seit Beginn des Jahrhunderts — in der pädagogischen Öffentlichkeit 3 seit Mitte der 20er Jahre als autonome Wissensdisziplin mit eigenen Forschungsgegenständen, eigenen Fragestellungen, eigenen Handlungsdimensionen und den ihren Gegenständen angemessenen Methoden. Die Entwicklung einer autonomen Pädagogik 4 hat freilich Positionen hervorgebracht, die erst in unseren Tagen abgebaut werden. Kooperation wurde als Gefährdung der Autonomie gesehen, und die Übernahme neuer Forschungstechniken stieß oft auf den Widerstand geisteswissenschaftlicher Tradition. Erst nach 1945 ist die wissenschaftliche Pädagogik offener für neue Fragestellungen und Methoden geworden; die Autonomie war selbst wissenschaftsinstitutionell nicht mehr in Frage gestellt, und die wissenschaftliche Pädagogik wurde zunehmend hinsichtlich ihrer soziablen Dimension 5 in Anspruch genommen. Der Streit um normative Ansätze und historiographische Zugänge nahm in dem Maß ab, wie Strukturprobleme, Erörterung binnenkommunikativer Vorgänge in Lernprozessen und prospektive Aspekte des Bildungswesens zunahmen und Aktualität und Internationalität Determinanten pädagogischer Forschung wurden. Seither befindet sich die Pädagogik in einer wissenschaftstheoretischen Stellung zwischen Geisteswissenschaften und Sozialwissenschaften, eine Antinomie, die durch theoretische Konstruktionen begründet ist und sich im praktischen Lehr- und Forschungsvollzug so nicht stellt. Im Kontext methodischer und sachlicher Offenheit sind in der Pädagogik empirische und prognostische Tediniken möglich 3 Fragen der pädagogischen Öffentlichkeit sind erstmals zusammenhängend und von unterschiedlichen Perspektiven her auf dem K o n g r e ß der Deutschen G e sellschaft für Erziehungswissenschaft, Berlin 1970, unter dem Thema „Erziehungswissenschaft — Bildungspolitik — Schulreform" abgehandelt worden; s. dazu 9. Beiheft der Z f P ä d . S . f e r n e r : lehren und lernen im medienverbund, hrsg. von J . H . K n o l l und I . v . Münch, B d . 1, Heidelberg 1970. * K . Schaller [265]; H . R ö h r s [235]; H . Bokelmann [39]; W . Brezinka [46]; I . D a h m e r , W . K l a f k i [ 5 8 ] ; H . D ö p p - V o r w a l d [ 8 2 ] ; W . F l i t n e r [ 9 5 ] ; s. darüber hinaus die Literaturhinweise in: Pädagogisches L e x i k o n . Gütersloh 1970, B d . 1, S . 800 ff. 5 D i e soziable und solitäre Dimension jeder Wissenschaft ist grundsätzlich gestellt bei L . v . Wiese [307, S . 222]; H . Schelsky [268].
dar-
1.2 Zur Situation der Erziehungswissenschaft
11
geworden 8 , und zunehmend wurden Gegenstände in den Aufgabenkatalog einbezogen, die einen interdisziplinär orientierten und organisierten Sachverstand erfordern. Die Genesis des hier angedeuteten Entwicklungsprozesses von der Pädagogik zu einer zunehmend kooperativ angelegten und sich selbst so verstehenden Erziehungswissenschaft kann an dieser Stelle nicht im einzelnen expliziert werden 7 , aus ihr ließe sich indes erkennen, welchen inhaltlichen und methodischen Transformationen die Pädagogik nach 1945 unterworfen war, welchen Gefährdungen und wissenschaftstheoretischen Eingrenzungen sie bis in die Gegenwart ausgesetzt ist und wie schwierig sich die Rezeption anderer als traditionell begründeter Techniken darstellt. Die zunehmende Intensivierung gesellschaftspolitischer Fragestellungen, die Schärfung wissenschaftstheoretischen Bewußtseins in nahezu allen Wissensdisziplinen hat auch die Pädagogik zu jener Offenheit angeleitet, die die Tradition nur als bedingt richtungweisend begreift. 1.2 .Zur Situation der Erziehungswissenschaft Aus der Fülle der bislang erkennbaren Kontroverspositionen8 lassen sich einige Übereinstimmungen herauslesen. Einmal scheint unbestritten, daß die geistesgeschichtlich begründete, hermeneutisch verfahrende Pädagogik gegenüber einer Erziehungswissenschaft zurücktritt, die sich als Handlungswissenschaft mit Anweisungscharakter versteht. Von da aus ergibt 8 Empirische Arbeiten liegen insbesondere im Felde pädagogischer Jugendkunde v o r . S. hierzu die von uns gegebenen methodischen und thematischen Hinweise in: J . H . Knoll, G. Wodraschke, J . H ü t h e r [175, S. 62 ff.]. Der futurologische Ansatz ist außer in Arbeiten z u r Bildungsplanung und zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft noch kaum realisiert worden. Die wesentlichen Anstöße hat die Zukunftsforschung der Bundesrepublik durch die Publikationen von W. Fudcs e r f a h r e n . Seither haben sich Steinbuch, Proske, Holste u. a. publizistisch der Zukunftsforschung angenommen. Auch institutionell ist inzwischen mancherlei in Gang gesetzt, insgesamt vier Vereine bzw. Institutionen bearbeiten nebeneinander in der Bundesrepublik Themen der Zukunftsforschung. Siehe besonders: W. Schleicher [272], 7 H . Röhrs [237]; H . D ö p p - V o r w a l d [81]; K . Sdialler [265]; H . Seiffert [247], Diese Publikation f ü h r t eine große Zahl der hier einschlägigen Publikationen auf, gegen die Klassifikationskriterien von S. lassen sich erhebliche Bedenken vortragen. 8 Siehe dazu K . Sdialler [265] insbesondere S. 50 ff. (Die Erziehungswissenschaft im Spannungsfeld zwischen der normativen und der empirischen Pädagogik).
12
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
sich audi eine neue Bestimmung des Theorie-Praxis-Verhältnisses. Über einer an einem unbestimmten Historizismus orientierten Geschichtsschreibung und einer vom Neukantianismus und Idealismus inspirierten Philosophie der Erziehung hat die Pädagogik den Bezug zur und die Rückwirkung auf die Praxis zunehmend vermindert. Sie hat solchermaßen, obwohl sich geistesgeschichtlich auf Dilthey beziehend, einen freilich nur fragmentarisch ausgeführten Aspekt Diltheys zur Pädagogik übersehen, demzufolge er die Pädagogik zu einer stärkeren Praxisorientierung aufforderte. Selbst noch 1961 hat 'Wilhelm Flitner für richtig gehalten: „. . . die Pädagogik ist weder pragmatisch noch normativ zu verstehen; die Entscheidungen selbst können nicht wissenschaftlidi abgeleitet werden, die Wissenschaft kann die Praxis nicht leiten." 9 Hier wird also Praxis auf Theorie bezogen, gleichzeitig aber die Praxisdienlichkeit der Theorie negiert. Erst unter dem Eindruck der decision-making-Theorie 10 hat sich in der Erziehungswissenschaft das Bewußtsein eingestellt, daß sie im Zusammenhang bildungspolitischer Entscheidungsvor&er«f«»g eine Funktion wahrzunehmen habe. In der Vergleichenden Erziehungswissenschaft ist durch die Argumentationen von Husen und Robinsohn deutlich geworden, daß das Maß bildungspolitischer Aktivität und Teilnahme durchaus unterschiedlich bewertet wird. Einigkeit dürfte sodann darüber bestehen, daß wissenschaftstheoretisch und daraus folgend auch wissenschaftsinstitutionell der zunehmenden Differenzierung und Spezialisierung innerhalb der Erziehungswissenschaft entsprochen werden müsse und daß sich die Erziehungswissenschaft in eine Reihe von Teildisziplinen auffächere. Neuartige Fragestellungen, die sich etwa aus der Einbeziehung gesellschaftspolitischer und internationaler Aspekte herleiten11, haben das Aufgabenfeld der 9 W. Flitner [94, S. 13]. 10 Über diesen Sadizusammenhang haben wir von der Kommunikationswissenschaft und der Erziehungswissenschaft her gehandelt i n : [161]. Auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft f ü r Erziehungswissenschaft, Berlin 1970, sind auch andere Referenten auf diesen Zusammenhang eingegangen. 11 Dieser Aspekt wird im Zusammenhang m i t der Erörterung der Teildisziplinen noch einmal aufgenommen werden und z w a r bei der Erörterung der Verglei-
13
1.2 Zur Situation der Erziehungswissenschaft
Erziehungswissenschaft expandieren und andere ehedem dominierende Ausschnitte, vor allem geschichtliche und philosophisch-anthropologische, zurücktreten lassen. Diese Teildisziplinen, deren wissenschaftstheoretisches Selbstverständnis noch kaum geklärt und meist nur an den vorgelegten Arbeiten ablesbar ist, erfüllen eine Voraussetzung für die Begründung einer Disziplin oder Teildisziplin, daß sie nämlich — im Sinne Diltheys — ein Terrain abstecke, das bislang nicht Objekt wissenschaftlicher Darstellung war und daß sie sich dabei eines methodischen Vorgehens versichere, das diesem Terrain angemessen ist 12 . Schließlich — und darin besteht ebenfalls Einigkeit — hat die Erziehungswissenschaft ihr methodisches Instrumentarium durch die Hinzunahme sozialwissenschaftlich-empirischer und psychologischer Techniken bereichert. In der traditionellgeistesgeschichtlichen Pädagogik sind deskriptive, hermeneutische und daran anschließend normative Verfahren angewandt worden, worin auch die Nähe zu Theologie und Philosophie erkennbar wird. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts, zunächst zögernd, ausgehend und beeinflußt von einer zunehmend sich empirisch begründenden Psychologie", sind dann die Möglichkeiten erkundet worden, empirische Techniken auf die Bereiche Erziehung, Schule, Schüler, Lehrer, Methodik und Didaktik anzuwenden. Dieser Prozeß ist durch die verstehende Psychologie und Pädagogik Eduard Sprangers fraglos beeinträchtigt worden, und der empirische Ansatz ist erst mit Beginn der 60er Jahre wieder aufgenommen worden; hier zunächst von der Pädagogischen Psychologie, die ich in den Kontext einer sich extensiv verstehenden Erziehungswissenschaft einbezogen sehe. Freilich muß einschränkend zugegeben werden, daß das neue Methodenbewußtsein meist im rhetorischen Anspruch verbleibt und nicht von Arbeiten begleitet ist, die diesem Anspruch genügen. Es muß allerdings gesagt dienden Erziehungswissenschaft; für O . Anweiler: Der internationale Beginn des 20. Jahrhunderts. I n : K . 12 Siehe dazu R . Koschnitzke [178]. 13 Siehe dazu J . Hüther [133]. Die demnächst vorliegenden Dissertation
den historischen Aspekt verweisen wir auf Zusammenhang der Reformpädagogik zu Sdialler [265]. dort gegebenen Hinweise werden weiter ausgeführt werden.
in
einer
14
1. Erziehungswissenschaft u n d ihre Teildisziplinen
werden, daß sich gegenläufig zu einer empirisch verfahrenden Erziehungswissenschaft eine normative Rückbesinnung formiert, die ihre Normen entweder aus einer zum Teil säkularisierten Religiosität bezieht oder auf naturrechtliche Setzungen rekurriert 14 . Dieser Prozeß kann auch als Korrektiv gegenüber jenen Empirikern begriffen werden, die die Empirie auf einen pragmatischen Wissenschaftspositivismus reduzieren und an die empirisch ermittelten Zustandsschilderungen keine prognostischen Zielprojektionen anschließen. Letztlich darf festgehalten und als Übereinstimmung registriert werden, daß an die Stelle des Begriffes Pädagogik im Sinne von wissenschaftlicher Disziplin der der Erziehungswissenschaft tritt; dieser Begriffswandel entspricht der Komplexität des dieser Disziplin aufgegebenen Feldes und vermag auch jene Gebiete einzuschließen — wie etwa Erwachsenenbildung — die unter dem sprachlichen Ursprung von Pädagogik nicht zu subsumieren sind. Es gilt heute, daß Pädagogik — sofern sie nicht den praktischen Erziehungsvollzug bezeichnet — gebunden ist an ihr geistesgeschichtliches Herkommen und an die wissenschaftsinstitutionelle Verklammerung mit Theologie und Philosophie und daß Erziehungswissenschaft den von daher abzuhebenden inhaltlichen und methodischen Bewußtseinswandel charakterisiert. Die Brezinkasdne Provokation 15 hat diesen Sachverhalt hinlänglich begründet. Übrigens wird Erziehungswissenschaft lexikalisch u . a . bereits 1898 als jene Form der Pädagogik erwähnt, deren Gegenstand und Ziel es sei, „die wissenschaftliche Darstellung der Gesetze und Mittel der Erziehung" 16 zu betreiben. Wenn wir die Kontroversdiskussion und die darin erkennbaren Übereinstimmungen verlassen und der subjektiven Beobachtung gegenwärtiger erziehungswissenschaftlicher Arbeiten Raum geben, so ließe sich die Erziehungswissenschaft als Handlungswissensdiaft charakterisieren, die Erziehung auf ihre gesellschaftlichen Bezüge hin untersucht, die diese Untersuchung empirisch absichert und die dabei gewonnene Erkenntnis der 14 M . H e i t g e r [122, S. 36 ff.]. 15 Siehe dazu die in Anm. 1 zusammengestellte Literatur. 16 Der große Brockhaus, Bd. 12. Leipzig 1898, S. 802 ff.
1.2 Zur Situation der Erziehungswissenschaft
15
Bildungspolitik und der Erziehungspraxis zur Verfügung stellt. Wenn man sich einem derartigen Verständnis von Erziehungswissenschaft zugesellt, die von Praxis ausgeht und auf sie einwirkt, die sich im Sinne positiver Tatsachenforschung in das wechselseitig abhängige Dreieck Empirie
•
>• T h e o r i e " Praxis
eingebettet weiß, dann ergeben sich daraus Thematisierungen, die in einem gegenwärtigen Interessenhorizont dominant sind und solche, die demgegenüber zurücktreten. Diese Wendung zu einer Aktualisierung von Erziehungswissenschaft möchte ich im Vorgriff auf später zu beschreibende Studienordnungen an den Themenbereichen veranschaulichen, aus denen sich heute ein pädagogisches Begleitstudium für Studenten für das Lehramt an Gymnasien zusammenfügt, wobei anzumerken ist, daß sich diese Thematisierung nicht an den einzelnen Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft orientiert, sondern an schul- und praxisrelevanten und pädagogisch-gesellschaftlichen Fragestellungen. I. Bildungspolitik und Schulorganisation 1. Politisch-gesellschaftliches System und Bildungswesen, 2. Bildungsplanung und bildungspolitische Entscheidungsprozesse, 3. Struktur und Reform des Bildungswesens, 4. Schule und soziale Umwelt, 5. Innere Schulverfassung (Schüler, Lehrer, Eltern). II. Lehrplantheorie und Curriculumentwicklung 1. Bildungstheorie und Lehrplan, 2. Systematisierung und Kontrolle von allgemeinen Lernzielen und fachspezifischen Unterrichtszielen, 3. Verhältnis von Fachwissenschaft und Unterrichtsfach, 4. Kriterien und Verfahrensweisen der Curriculumentwicklung. "
L. Rosenmayr [239, S. 450],
16
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
III. Unterricht und Lernprozesse 1. Unterrichtsformen und Unterrichtsmedien, 2. Gliederung und Differenzierung des Unterrichts, 3. Sozialpsychologie kleiner Gruppen und Führungsstile, 4. Lerntheorien und Motivationsprobleme, 5. Probleme schulischer Leistungen. IV. Erziehung und Sozialisation 1. Gesellschaftliche Bedingungsfaktoren der Erziehung im Kindes- und Jugendalter, 2. Anpassung und Autonomie gegenüber kulturellen Werten und Normen, 3. Familienerziehung, sozialer Status und Schulerfolg, 4. Sozialisationsdefizite und umweltbedingte Erziehungsschwierigkeiten, 5. Probleme der beruflichen Sozialisation und der Weiterbildung 18 . Nach diesem Plan sollen berufsbezogene Themen, solche gegenwärtiger Bildungspolitik, auch in einem internationalen Bezugsrahmen gesehen werden, während geschichtliche Tatbestände nur soweit berücksichtigt werden, als sie gegenwärtige Probleme transparent werden lassen oder für das Verständnis von Begründungszusammenhängen unentbehrlich erscheinen. Bei einem Studienmodell, das sich auf die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft gründet, würden sich z. T. andere Themengruppierungen ergeben. Dann würde wohl auch der notwendig-kooperative Charakter der Erziehungswissenschaft noch deutlicher werden. Die Aktualitätsdimension der Erziehungswissenschaft kann schon an den wissenschaftlichen Publikationen abgelesen werden, obwohl deren Titel und Inhalte, was ihre empirische Verläßlichkeit und ihren quellenkritischen Sachverstand betrifft, nur zum Teil dem von uns entwickelten Verständnis von Erziehungswissenschaft entsprechen1*. Studienplan f ü r das erziehungswissensdiaftlidie Studium [Begleitstudium] f ü r ein Lehramt. Institut f ü r Pädagogik, R u h r - U n i v e r s i t ä t Bodium, 5. 5. 1971. Als Ms. vervielfältigt, S. 1 f. 10 Ein kritisdies Räsonnement haben wir vorgelegt in: Ärgerlidie N o t i z e n eines Pädagogen. I n : H o d i l a n d 1971, S. 378 ff.
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
17
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft Ehedem beschränkte sich Pädagogik auf die Darstellung systematischer und historischer Aspekte von Erziehung und Erziehungsinstitutionen, und sie ist bis in die 20er Jahre diesem Selbstverständnis insgesamt verbunden geblieben. Während sidi die Sozialwissenschaften aus der Komplexdisziplin Nationalökonomie, die Max Weber letztmalig in ihrer Ausdehnung zu umgreifen suchte, am Beginn der 20er Jahre ausgliederten, ist es der Pädagogik damals noch nicht gelungen, sich in ihren Teildisziplinen darzustellen; sie hat diesen Prozeß erst nach 1945 vollzogen. Der Streit um die Autonomie der Pädagogik20, der das endende 19. und beginnende 20. Jahrhundert erfüllte, hat zunächst nur eine Wissenschaftstheorie innerhalb der im 19. Jahrhundert vorgegebenen Grenzen zugelassen. Von Schleiertnadoer bis Troeltsch bezeichnet Pädagogik wesentlich historische und systematische Pädagogik, die z. B. von Troeltsch nur als eine theoretisch orientierte Wissensdisziplin der Universität empfohlen wird. In den 20er Jahren, der Zeit also, da der Autonomieanspruch von den deutschen Universitäten zögernd eingelöst wird, werden Überschreitungen des klassischen Aufgabenfeldes der Pädagogik erkennbar, ein Sachverhalt, der sich u. a. an den gelehrten Publikationen Sprangers ablesen ließe. Ebenso ließen sich theoretische Versuche zur Auslandspädagogik (Sergius Hessen, Friedrich Hilker, u. a.) zur Erwachsenenbildung (Scheler, Flitner, Rosenstock) zur Pädagogischen Psychologie (Meumann, Lay, Bühler) ausmachen. Allerdings hat sich weithin bis in die Nachkriegszeit die Pädagogik im institutionellen und personellen Verbund von Philosophie und Psychologie befunden (Spranger, Bollnow, Wenke). Der Stand der wissenschaftlich-pädagogischen Publizistik, in der die Differenzierung und Spezialisierung bereits in den 20er Jahren deutlich wird, und die wissenschaftsinstitutionelle Verankerung der Pädagogik 20 E . Geissler [103]; s. ferner die Bibliographie unter dem Titel „Selbstverständnis der Erziehungswissenschaft". I n : K . Sdialler [265, S . 253 ff.]. Siehe hierzu auch U . Neemann, Das Problem der Konstituierung eines wissensdiaftlichen Gegenstandsbereiches für die Erziehungswissenschaft, i n : i b w - J o u r n a l 15. N o v . 1972, S . 1 ff. und dies., Zum Theorienpluralismus in der Erziehungswissenschaft, i n : Studien zur Wissensdiaftstheorie, 6. B d . , Meisenheiro/Gl. 1971, S . 220 ff.
2 Knoll, Erwachsenenbildung
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1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
fallen bis zum Zeitpunkt von Universitätsneugründungen am Beginn der 60er Jahre auseinander. Zunächst in Bochum (1965) wird die Erziehungswissenschaft in ihren Teildisziplinen zulänglich und dem wissenschaftlichen Stand entsprechend ausgebaut 21 . Die dort entwickelte Struktur reproduziert — mit Ausnahme der Heilpädagogik — alle relevanten Teildisziplinen. Die Lehrstuhlbezeichnungen lauten nach den Empfehlungen des Gründungsausschusses: 1. Allgemeine Pädagogik 2. Geschichte der Erziehung 3. Praktische Pädagogik (Schule) 4. Praktische Pädagogik (Erwachsenenbildung und berufliche Fortbildung) 5. Pädagogische Psychologie 6. Sozialpädagogik. Ausgehend von diesem Strukturmodell lassen sich heute folgende die Erziehungswissenschaft konstituierende Teildisziplinen angeben: 1. Systematische Pädagogik 2. Historische Pädagogik 3. Vergleichende Pädagogik 4. Schulpädagogik 5. Erwachsenenpädagogik 6. Berufs- und Wirtschaftspädagogik 7. Sozialpädagogik 8. Pädagogische Psychologie 9. Heilpädagogik. In den Aufrissen der allgemeinen Erziehungswissenschaft 22 werden wiederholt diese Teildisziplinen genannt, wenn auch gelegentlich die Bezeichnungen wechseln; außerdem wird da und dort auf dem Hintergrund moderner pädagogischer Unterrichtstechnologien und des wechselseitigen Bezugs von Erziehung und Massenkommunikation eine Teildisziplin „Medienpädagogik" oder „Pädagogische Technologie" empfohlen. In dem vorgenannten Strukturmodell der Teildisziplinen 21 [182, S. 18]. 22 U. a. H . Röhrs [237]; dort auch die ergänzenden Literaturhinweise [S. 429 ff.].
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
19
bleibt die Frage ausgeklammert, ob die Erziehungswissenschaft auch die Fachdidaktiken integrieren solle. Die Pläne und Empfehlungen für eine „Pädagogische Fakultät" oder eine „Erziehungswissenschaftliche Universität" 23 ordnen die Fachdidaktiken der Erziehungswissenschaft zu und sehen von einer Verortung bei den jeweiligen Disziplinen ab. Der Streit darüber, ob die Fachdidaktiken der Erziehungswissenschaft oder den Fachdisziplinen näher sein sollten, ist bislang nicht ausgetragen, die Entscheidungen sind im Bereich der Hochschulen unterschiedlich ausgefallen. So sind die Fachdidaktiken an den wissenschaftlichen Hochschulen in der DDR Bestandteil einer sich extensiv verstehenden Erziehungswissenschaft, während in der Bundesrepublik — dort wo Fachdidaktiken überhaupt berücksichtigt werden — die Neigung dahin zu gehen scheint, die sogenannten Unterrichtsfächer durch Einbeziehung der Fachdidaktiken stärker an ihrem Ausbildungsauftrag zu orientieren. Bevor wir die Teildisziplinen in ihrer inhaltlichen Verfassung anvisieren, müssen einige Bemerkungen vorangestellt werden, welcher Zielperspektive wissenschaftliches Studium zuzuordnen ist. Alle Universitätsneugründungen nach 1945 sind der klassischen — von Humboldt formulierten Universitätsidee treu geblieben, nämlich der Einheit von Forschung und Lehre. Die u. a. von Schelsky2i gegen diese Tradition vorgetragenen Bedenken und das Vorbild des zweigliedrigen Wissenschaftsbetriebs in den USA haben ebensowenig das klassische Universitätskonzept beeinträchtigen können wie die für die nächsten Jahre zu erwartende Zunahme der Studentenzahlen. Ob die Zunahme der Studentenzahlen und die voraussichtlich dazu nicht proportional steigende Zahl des wissenschaftlichen Nachwuchses zu einer Revision der deutschen Hochschulstruktur veranlassen wird, soll hier nicht erörtert werden. Allerdings wird das Universitätskonzept im Zusammenhang der Hochschulreform dahingehend präzisiert und 23 D i e in N o r d r h e i n - W e s t f a l e n z u n ä c h s t v o r g e s e h e n e U m w a n d l u n g d e r P ä d a g o gischen H o c h s c h u l e n in E r z i e h u n g s w i s s e n s c h a f t l i c h e U n i v e r s i t ä t e n ist nicht r e a l i s i e r t w o r d e n . D i e d e r z e i t i g e n Ü b e r l e g u n g e n gehen in R i c h t u n g a u f G e s a m t hochschulen, die als V e r b u n d v o n U n i v e r s i t ä t e n — P ä d a g o g i s c h e n H o c h s c h u l e n u n d Fachhochschulen verstanden w e r d e n . 24 H . S d i e l s k y
2 •
[268].
20
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
akzentuiert werden, daß Forschung und Lehre stärker auf die Ausbildungsziele hin ausgerichtet werden. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates25, wie auch die der Bildungskommission des Bildungsrates28, wie auch das Gutachten der Bildungskommission beim Bundesminister der Verteidigung27 betonen im Hinblick auf das erziehungswissenschaftliche Studium, daß es notwendig sei, die künftige berufliche Situation der Studenten intensiver zu berücksichtigen. Wenn man dem Gedanken des berufsbezogenen Studiums, den Humboldt bereits durch das examen pro facúltate docendi der Universitätsidee beigelegt hatte, folgt, so umgreift das didaktische Implikationen für ein erziehungswissenschaftliches Studium, wobei allerdings einschränkend gesagt sein muß, daß berufsbezogenes Studium auch didaktisch breiter angelegt sein muß als berufsspezifische Ausbildung, da nach einem Wort Heimpels die Universität ja keine Berufsschule höherer Ordnung sei. Daneben bleibt zu bedenken, daß nicht in allen Phasen des Studiums die je gleiche Intensität von Forschung und Lehre vorhanden sein kann und daß schließlich die Lehr- und Forschungsintensität auch von den Hochschuldozenten selbst abhängig ist. Wir betonen, daß die von uns benannten Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft an den wissenschaftlichen Hochschulen von mindestens je einem Fachvertreter betreut werden sollten, an die die Forderung gestellt werden muß, die in ihrer Teildisziplin angelegte Kooperation zu Nachbardisziplinen wenn nicht selbst herzustellen, so doch zumindest anzubahnen. Dieser Anspruch an die Qualität der Fachvertreter wird noch dadurch vergrößert, daß das Verständnis der Teildisziplin aus dem Gesamtsystem der Erziehungswissenschaft abzuleiten und auf es zurückzubeziehen ist. Von den angegebenen Voraussetzungen ausgehend stellt sich nunmehr die Frage nach der inhaltlichen Ausfüllung der einzelnen Teildisziplinen und nach dem sich dadurch konstituierenden System der Erziehungswissenschaft. Bei einem derartigen 25
[68],
27 [64, S. 53 f.].
26 [64].
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
21
Vorhaben kann nicht ein vollständiger Aufweis der Inhalte vorgenommen werden, es sollen vielmehr Schwerpunkte und allgemeine Hinweise gegeben werden, die zeigen, wie der traditionelle Kanon erweitert, ergänzt oder reduziert wird. 1. Systematische Pädagogik28 ist der speziellen Erziehungswissenschaft in ihren Teildisziplinen vorgeordnet. D a „System" an die Geschlossenheit von Vorentscheidungen gebunden ist und die Zuordnung einzelner Aspekte auf diese systembedingten Vorentscheidungen hin erfolgt, ist damit audi ein Mangel an Offenheit bedingt und es empfiehlt sidi eher, den Begriff „Allgemeine Pädagogik" hier zu verwenden. Die Allgemeine Pädagogik steht der Erziehungsphilosophie nahe und ist zum Teil mit ihr identisch, sie fragt nach den anthropologischen Zusammenhängen von Erziehung — Educandus und Educator —, nach den Bedingungen, Möglichkeiten und Grenzen der Erziehung, die sich aus der gesellschaftlichen Befindlichkeit der Gegenwart ergeben. Sie ist am ehesten an „normative Pädagogik" gebunden, wobei im Wege einer Vorklärung die Fixpunkte einer gegenwartsoffenen Anthropologie anzugeben sind. Eine allgemeine Pädagogik — nach Schaller heute „Kritische Erziehungswissenschaft" 28 — definiert Erziehung im Kontext der sozialen und politischen Umstände und hat sich auch als prognostisch zu begreifen. Ihr Aufgabenfeld ist Theorie der Erziehung, Erziehung im gesamtgesellschaftlichen System, Erziehungsvollzug und Institutionen, innerhalb deren sich der Erziehungsvollzug ereignet. Sie ist damit auch gleichzeitig auf Sozialpsychologie, Anthropologie, Bildungspolitik und Erziehungsphilosophie bezogen. 2. Geschichte der Pädagogik. Die historische Pädagogik befand sich, wie angedeutet, in der traditionellen Pädagogik im Zentrum pädagogisch-wissenschaftlicher Arbeit. Dabei wurde ein historiographisches Verfahren praktiziert, das von dem politischen und gesellschaftlichen Umfeld pädagogischer Ereignisse weithin absah und solchermaßen Erziehung als politisch indifferent und offenbar systemunabhängig vorführte. 28 K . Sdialler [265, S. 67 ff.].
29 K . - H . Schäfer und K . Schaller [263].
22
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
Erst in jüngster Zeit hat die pädagogische Historiographie Verfahren rezipiert, die die Abhängigkeiten von Erziehung — Gesellschaft — Staat erfahren lassen. Klaus Schüller hat in einer Typologisierung geschichtlicher Vorgehensweisen drei Perspektiven in der pädagogischen Geschichtsschreibung unterschieden30 : Die Ideengeschichte, die Geschichte der Pädagogik im Spiegel der Zeitgeistforschung (Dilthey, Groethuysen, Schoeps), die Geschichte der Erziehungswirklichkeit, wobei die beiden letztgenannten Perspektiven sich natürlich decken können. Eine „moderne" Geschichte der Pädagogik müßte sich auch sozialgeschichtlich und bildungspolitisch orientieren und müßte versuchen, im Gestern das Heute zu erkunden. Von daher ergibt sich auch die Forderung an eine Geschichte der Pädagogik, in den historisch vorfindbaren Tatbeständen gegenwärtige Problemstellungen bewußt zu machen, Vergangenheit zu gegenwärtiger Bewußtseinsbildung zu aktualisieren. Der Historiker weiß, daß eine derartige Historiographie der Rankesdien Forderung an jedwede Geschichtsschreibung widerspricht. 3. Vergleichende Pädagogik. Sie zählt zu den Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft, deren Tradition noch vergleichsweise jung ist, und von daher ist auch nicht verwunderlich, daß sie sich vielfach aus den Anfängen einer deskriptiv verfahrenden Auslandspädagogik noch nicht emanzipiert hat und komparatistisch angelegte, zumal empirisch verifizierbare Arbeiten nur in bescheidenem Umfang vorliegen. Auch die theoretische Bemächtigung des komparatistischen Instrumentariums befindet sich erst in Entwicklung, wenn auch ausgehend von älteren Grundlegungen (Hilker, Schneider) sowohl der theoretische wie der praktische Zugang in den letzten Jahren intensiviert wurde 31 . Die Auslandspädagogik sollte aus dieser Perspektive nicht als vorwissenschaftlich deklariert werden, zumal sich aus der situationsspezifischen Analyse erst gesicherte, klassifizierende Vergleiche entwickeln lassen. Im Zentrum gegenwärtigen wissenschaftlichen Interesses der Vergleichenden Erziehungswissen30 K . SAaller [265]. 31 Wesentliche Hinweise auf die Literatur der Teildisziplinen wissensdiaft gibt H . Rohrs [237, S. 447 ff.].
der
Erziehungs-
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
23
schaft befindet sich das Erziehungssystem und die Erziehungspraxis in den sozialistischen Ländern, in den Vereinigten Staaten und in den Entwicklungsländern. Dabei werden konvergierende und divergierende Befunde und Tendenzen sichtbar, die gegebenenfalls für bildungspolitische Entscheidungsvorbereitungen hierzulande maßgeblich sein können. Um nur ein Beispiel zu geben: Der Vergleich erbringt den Nachweis, daß die Vereinheitlichung bei gleichzeitiger Differenzierung im Schulwesen ein gesamteuropäisches und auch darüber hinausgreifendes Phänomen darstellt. Gesamtschulähnliche Konzeptionen können u. a. in England, Holland, der DDR, Schweden aufgewiesen werden, wobei die dort gemachten Erfahrungen — wiewohl wissenschaftliche Begleituntersuchungen nur in begrenztem Umfang angestellt wurden — in bildungspolitische Überlegungen eingebracht werden können. Die Vergleichende Erziehungswissenschaft ist — und das begründet Schwerpunktbildungen — allerdings mit der Schwierigkeit konfrontiert, daß in ihr Aufgabenfeld alle Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft unter vergleichendem Aspekt fallen, sofern diese Teildisziplinen sich nicht selbst „vergleichend" strukturieren. Diese Schwierigkeit ist anläßlich der International Conference of University Adult Education 197032 aufgetaucht, als Amerikaner und Kanadier erwogen, neben die wissenschaftliche Gesellschaft für universitäre Erwachsenenbildung eine weitere für vergleichende Erwachsenenbildung (Comparative Adult Education) zu stellen. In diesem Fall ist dann beschlossen worden, innerhalb der bestehenden Einrichtung für universitäre Erwachsenenbildung die vergleichende Erwachsenenbildung zu berücksichtigen. Inzwischen hat im Januar 1972 ein erstes „Expert Meeting on Comparative Adult Education" in Nordborg (Dänemark) stattgefunden. Hierbei hat sich erwiesen, daß die Verfahren der Vergleichenden Erziehungswissenschaft für die Comparative Adult Education fruchtbar gemacht werden können 83 . 32 Siehe J . H . Knoll [162], Die Ergebnisse der International Conference of University Adult Education werden ab 1971 fortlaufend im »Journal" der International Congress abgedruckt. 33 Siehe den Tagungsberidit J . H . Knoll in: „Die Welt" N r . 20 v. 25. 1. 72 und [162]; Journal, N O . 3, Canberra, Nov. 1972, S. 62 f f .
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1. Erziehungswissenschaft u n d ihre Teildisziplinen
Die strukturelle Zuordnung mag zunächst von nachgeordneter Bedeutung sein, sie stellt sich allerdings in dem Maße, in dem die Vergleichende Erziehungswissenschaft ihre Verfahrensweise präzisiert und sich wissenschaftlich-instrumentell fundiert. Diese Entwicklung wird etwa durch den Tatbestand signalisiert, daß im Studienkanon für Hauptfachpädagogen (Ruhr-Universität Bochum) bereits ein Methodenkurs in Vergleichender Erziehungswissenschaft vorgesehen ist, und von daher kann für die Zukunft erwartet werden, daß diese Methoden in anderen Teildisziplinen rezipiert und im wissenschaftlichen Vorgehen angewandt werden. Für die weitere wissenschaftliche Entwicklung der Teildisziplin Erwachsenenbildung scheint das von erheblicher praktischer und wissenschaftstheoretischer Relevanz, weil auf diesem Feld die D D R , vielleicht die sozialistischen Länder insgesamt, sowie England und Nordamerika einen erkennbaren Vorsprung haben. In der Bundesrepublik hat die Vergleichende Erziehungswissenschaft im Rahmen der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft eine selbständige Sektion gebildet, deren jährliche Arbeitssitzungen personell und thematisch international angelegt sind. 4. Erwachsenenbildung. Die Erwachsenenbildung als wissenschaftliches Lehr- und Forschungsgebiet hat im Gegensatz zur D D R , zu England, den U S A und Kanada erst in der Mitte der 60er Jahre Zugang zu den wissenschaftlichen Hochschulen erhalten, und das, obwohl die Notwendigkeit einer wissenschaftsinstitutionellen Verortung bereits vorher wiederholt anerkannt worden war. Die traditionelle Pädagogik hat u. a. durch ihre Eingrenzung auf Schule und Jugendliche die Ausbildung einer wissenschaftlichen Erwachsenenbildung behindert, und die Universitäten haben sich zufolge ihres ambivalenten Öffentlichkeitsbewußtseins auch nicht für jene Form von praktizierter Erwachsenenbildung offengehalten, die im Englischen mit „extra-mural activities" umschrieben ist. Hier werden bereits zwei Formen von universitärer Erwachsenenbildung anvisiert. Einmal kann die „universitäre Erwachsenenbildung" in Forschung und Lehre die praktische Erwachsenenbildung als Objekt
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
25
wählen, und sodann kann sich die Universität selbst als Ort und Ausgangspunkt praktischer Erwachsenenbildung verstehen 34 . Uneinigkeit besteht bis auf den heutigen Tag über die Bezeichnung dieser Teildisziplin; hierin ist sie anderen Teildisziplinen der Sozialwissenschaften vergleichbar 35 . So stehen Erwachsenenpädagogik, Andragogik, andragogische Wissenschaft, Andragologie, Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, Universitäre Erwachsenenbildung oder einfach Erwachsenenbildung nebeneinander. Eine Umschreibung wie Erziehungswissenschaft der nachschulischen Erziehungsinstitutionen und Erziehungsvorgänge, die den Aufgabenhorizont zutreffend charakterisieren würde, muß als zu kompliziert verworfen werden. Andragogik oder Andragologie hypostasiert eine so deutliche Abhebung von Pädagogik, wie sie methodisch und didaktisch nicht gegeben ist. Wissenschaft von der Erwachsenenbildung würde demgegenüber sowohl die Wissenschaftlichkeit wie auch das Objekt der Teildisziplin erkennen lassen, während dabei die Anbindung an die Erziehungswissenschaft nicht so recht deutlich wird. Der von der D D R übernommene Begriff Erwachsenenpädagogik mutet jedenfalls etymologisch nicht stimmig an. Sehen wir von diesen begrifflichen Schwierigkeiten zunächst ab 36 . Auch hinsichtlich des Objektes dieser erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin ergeben sich international unterschiedliche Auffassungen; so wird in der D D R das Fach- und Hochschulwesen der Erwachsenenbildung zugeordnet, während dieser Bereich in der B R D den tertiären Sektor darstellt und davon abgesondert die Erwachsenenbildung als quartärer Sektor alle außerhalb des tertiären Sektors stattfindende Weiterbildung umgreift. Die Gegenstände einer so lokalisierten Weiterbildung lassen sich relativ exakt bestimmen, mithin auch die Gegenstände, deren sich die Teildisziplin anzunehmen hat. Ausgehend 34 Im Sinne eines Beispiels verweisen wir auf F . Borinski [411. 35 Pädagogisches Zentrum, Veröffentlichungen Reihe C , Berichte Bd. 13. Weinheim/ Berlin/Basel 1968. In diesem Band haben wir uns auch mit der deflatorischen Problematik b e f a ß t (S. 63 ff.). Meinen Überlegungen ist widersprochen worden von G . van Endtevort [87]; dazu auch: Gesellschaftskritik durch Weiterbildung. D i e Niederländische Denkschrift zur Funktion und Zukunft der Erwachsenenbildung. Osnabrück 1970. 36 [169].
26
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
von der Diplomstudienordnung 37 , in der Erwachsenenbildung als Schwerpunktbereich ausgewiesen ist, sind an einigen wissenschaftlichen Hochschulen in der BRD spezielle Studienordnungen für Erwachsenenbildung entwickelt worden. Für Lehre und Forschung erscheinen mir folgende nach den zu verwendenden Verfahren geordnete Bereiche wichtig. Im vorwiegend deskriptiven Verfahren sind unter gegenwärtiger Blickrichtung folgende Themen zu behandeln: a) Beschreibung der bestehenden Einrichtungen der Erwachsenenbildung, b) Beschreibung des Angebots, der Programme, c) Beschreibung der Methodik, d) Beschreibung des Selbstverständnisses, e) Beschreibung der Erwachsenenbildung in anderen Ländern (Comparative Adult Education). Als Problembereiche, die mit den Mitteln der empirischen Forschung angegangen werden sollten, halten wir für vordringlich: a) Lernforschung, b) Motivforschung, c) Effizienzforschung. Für ein zweisemestriges Zusatzstudium, das ich als alternatives Denkmodell einem kanalisierten Studiengang gegenübergestellt und empfohlen habe, ist folgender Vorschlag denkbar, den ich bereits an dieser Stelle vorführen möchte, der freilich angesichts der gegenwärtig anlaufenden Reform der „Weiterbildung" modifiziert und differenziert werden müßte. 1. Semester: Grundfragen der Erwachsenenbildung aus dem Blick der Erziehungswissenschaft, der Psychologie und Soziologie. Vorlesungsfreie Zeit-. Assistent an einer Einrichtung der Erwachsenenbildung mit eigenen Lehrversudien. 2. Semester-. Spezielle Aspekte und empirische Arbeiten in der Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie, wobei die •17 Für diesen Zusammenhang besonders widitig [61]; über das Problem der Professionalisierung wird später noch gehandelt.
27
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
in der Praxis gewonnenen, freilich, noch nicht umfangreichen Eindrücke durch theoretische Erörterungen ergänzt werden. Verwaltungs- und Organisationslehre. Dieses Schema ist gewiß noch sehr allgemein, weshalb ich nachfolgend versuchen will, die speziellen Gegenstände der einzelnen Disziplinen anzugeben. Ich versuche, ein zunächst vorläufiges Beispiel zu entwerfen: 1. Semester-. a) außerschulische Pädagogik:
Semesterwochen-
Stundenzahl
Vorlesung: Erwachsenenbildung im 20. Jahrhundert 2 stdg. Proseminar: Das Selbstverständnis der Erwachsenenbildung nach 1945 in ihren Dokumenten 2 stdg. Hauptseminar: Das Bildungsziel der Erwachsenenbildung in der B R D und in der D D R 2 stdg. b) Psychologie: Vorlesung: Pädagogische Psychologie 2 stdg. Proseminar: Intelligenztests für Erwachsene 2 stdg. Hauptseminar: P r o b l e m e des Lern Verhaltens Erwachsener 2 stdg. c) Soziologie: Vorlesung: Allgemeine Soziologie 2 stdg. Proseminar: Einführung in die empirisdien Methoden der Sozialwissenschaft I (Statistik, Demoskopie, Interview, usw.) 2 stdg. Hauptseminar: Mobilität und Sozialisation 2 stdg.
2 2 2 2 2 2 2
2 2
Das ergibt 18 Semesterwochenstunden. Ein T a g sollte für Hospitationen, Besichtigungen und Gespräche mit Praktikern der Erwachsenenbildung vorbehalten bleiben. Zeit für das Selbststudium steht damit hinreichend zur Verfügung. Zwischen das 1. und 2. Semester wird ein Blockpraktikum geschaltet, das in Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung und der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung stattfindet. Es soll weniger der Erprobung des Lehrgeschicks dienen, dafür aber den Tagesablauf, die Organisation und die Tendenz des Veranstaltungsangebots in einer Volkshochschule oder in einer anderen Einrichtung der Erwachsenenbildung erfahren lassen.
28
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
2. Semester: a) außerschulische Pädagogik:
Semesterwochen-
Stundenzahl
Vorlesung: Methodik und D i d a k t i k der Erwachsenenbildung
2 stdg.
Proseminar: Methodische und didaktische Konzeption in der Erwachsenenbildung 2 stdg. Hauptseminar: Erwachsenenbildung und Massenmedien (bildungsintensives Fernsehen, Telekolleg, Funk-Universität) 2 stdg. b) Psychologie: Vorlesung: Typenlehre Proseminar: Entwicklungspsychologie Hauptseminar: Betriebspsychologie c)
2 stdg. 2 stdg. 2 stdg.
2 2
2 2 2 2
Soziologie: Vorlesung: Spezielle Probleme der Betriebssoziologie und Arbeitsteilung 2 stdg. Proseminar: Einführung in die empirischen Methoden der Sozialwissenschaften I I 2 stdg. Hauptseminar: Soziologie der Gruppe 2 stdg.
2 2 2
d) Verwaltungs- und Organisationslehre: Vorlesung: Organisation 2 stdg. Seminar: Praktische Übungen zur Verwaltungskunde und Organisationslehre (mit Exkursion) 2 stdg.
2 2
Im 2. Semester ist durch die Hinzunahme von „Verwaltungskunde und Organisationslehre" die Semesterwochenstundenzahl von 18 auf 22 erhöht. Freilich sind Pläne wie dieser auf den Status quo fixiert und kalkulieren jene Trends noch nicht ein, die sich aus den Perspektivplänen von Bildungsrat und Bund-Länder-Kommission ersehen lassen; so ist in ihnen noch unberücksichtigt, welchen Beitrag das wissenschaftliche Lehrangebot zur Laufbahn- und Bildungsberatung, zum Bildungsurlaub und zur Umschulung leisten kann. Als Nachteil für die Erwachsenenbildung muß leider die Tatsache festgestellt werden, daß psychologische Aufschlüsse über Motivationen und Lernen bei Erwachsenen kaum vorliegen und daß sich in Deutschland nur wenige Psychologische Institute
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
29
mit Forschungsvorhaben befassen, aus denen die Erwachsenenbildung diesbezüglichen Nutzen ziehen könnte. 5. Sozialpädagogik, Sie umfaßt per definitionem — „alle jene Aufgaben, die in der industriellen Gesellschaft' — als besondere Eingliederungshilfen notwendig geworden sind und gleichsam an den Konfliktstellen dieser Gesellschaft stehen. Es gibt sie in diesem Sinne erst, seit die gesellschaftlichen Vorgänge einer pädagogischen Kritik unterzogen werden und es augenfällig wurde, daß die traditionellen Erziehungswege nicht mehr ausreichten, um den Vorgang des Heranwachsens zu sichern"38. Die Definition stellt einmal sicher, daß diese Teildisziplin auf eine intensive Kooperation mit der Soziologie verwiesen ist und sodann, daß sie über Analyse und Therapie defizienten Verhaltens hinausgeht. Die Deviationen von Kleingruppen, Erziehungshilfe, Erziehungsberatung, Resozialisierung stehen auch heute noch im Mittelpunkt, decken das Terrain aber nicht ab, wobei bereits hier konstatiert sei, daß eine wissenschaftstheoretische Begründung der Sozialpädagogik noch nicht vorliegt. Die Sozialpädagogik nimmt durch den Aufweis der Bezüge von Erziehung und Gesellschaft Funktionen einer neuzeitlichpädagogischen Anthropologie wahr, und sie kann in extensivem Verständnis bis an eine Sozialpsychopathologie heranreichen3"« Die neue, soziable Orientierung von Wissenschaft, die Beziehung von Wissenschaft auf Gesellschaft, hat gerade der Sozialpädagogik erheblichen Auftrieb gegeben; ein Umstand, der auch der Sozialarbeit einen Prestigezuwachs eingebracht hat. Frankfurt, Hamburg, Berlin, demnächst auch Bochum, verfügen über besondere Lehrstühle für Sozialpädagogik oder bieten zumindest einen systematisierten Studiengang entweder im Rahmen der Erziehungswissenschaft oder der Sozialwissenschaften an. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Bemühungen von Soziologen der Universität Bielefeld, der Sozialpädagogik eine soziologische Fundierung zu geben, wobei im Mittelpunkt eines soeben entwickelten Curriculums die „defiziente" Sozialarbeit 38 Das Fisdier-Lexikon „Pädagogik", hrsg. v . H . H . Groothoff, F r a n k f u r t / M . 1964, S. 288 f. 39 H . v. H e n t i g [124, S. 320 ff.].
30
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
steht, „d. h. jene Sozialarbeit, die sich mit akuten individuellen und sozialen Problemen befaßt" 4 0 . Hier werden vielleicht stärker als an anderen Orten der individualpsychologische und strukturellsoziologische Aspekt der Sozialpädagogik verknüpft. Parallel mit der Entwicklung der Sozialpädagogik, oft mit ihr verbunden, erfährt auch die Sozialpsychologie eine zunehmende Beachtung, eine Entwicklung, die der fürsorgerischen Therapie besonders zustatten kommt 4 1 . Um die soziologische Dimension der Sozialpädagogik noch einmal zu verdeutlichen, sei aus der Bielefelder Curriculum-Erläuterung zitiert: „Um den Studenten das dazu erforderliche Handwerkszeug zu vermitteln, stehen zwei Theoriekomplexe im Mittelpunkt des Curriculums: die soziologischen Organisationstheorien einerseits und Devianzund Schichtungstheorien andererseits. Beide Theoriekomplexe dürften für die wissenschaftlich fundierte Praxis der Sozialarbeit eine zentrale Rolle spielen. Das leuchtet unmittelbar für die soziologischen Organisationstheorien ein; ihre Kenntnis versetzt den Sozialarbeiter in die Lage, die häufig eingefahrenen und durch ihre Selbstverständlichkeit legitimierten organisatorischen Abläufe unter rationalen Effizienzgesichtspunkten zu sehen; sie bietet damit die Voraussetzung für eine effizientere Neuorganisation und sie zeigt die Grenzen dessen, was organisierbar ist. Sie trägt damit via negationis dazu bei, sich auf das ,Machbare' zu konzentrieren. Gute Gründe lassen sich auch für die Absicht anführen, den soziologischen Schichtungstheorien einen zentralen Platz in der Lehre zuzuweisen: Betrachtet man den Objektbereich der sogenannten defizitären Sozialarbeit unter soziologischer Perspektive, so wird man die Aktivitäten der Adressaten der Sozialarbeit großenteils als Normverletzungen und die Aktivitäten der Sozialarbeit großenteils als Versuche bezeichnen müssen, Normgeltung durchzusetzen. Normverletzungen bezeichnet die soziologische Fachsprache als Devianz und Devianztheorien sind mit Schichtungstheorien eng verknüpft 42 ." Hinsichtlich der traditionellen Verfahrensweise wird kritisch hinzugefügt: „In der gegeniO H . Peters [223, S. 37]. 41 Siehe Neuordnung der Ausbildung und Bildung der Bundeswehr, S. 77. 42 H . Peters [223, S. 38].
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
31
wärtigen Sozialarbeit überwiegt nämlich die Auffassung, daß die zu behandelnden Fälle Folgen höchst individueller psychischer und sozialer Konstellationen sind. Die Fachliteratur nimmt an, daß diese Fälle nur durch die Herstellung einer ihrer Individualität entsprechenden privatistischen ,helfenden Beziehung' ,von Mensch zu Mensch' zu lösen seien. Dem entspricht die Organisation der Sozialarbeit, die dem einzelnen Sozialarbeiter häufig nur auf den jeweils zu behandelnden Adressaten zielende Maßnahme erlaubt. Solche Definitionen der Fälle und solche organisatorisch verankerte Beschränktheit des Aktionsradius der Sozialarbeit begünstigen nicht gerade das Vorhaben, soziologische Devianztheorien anzuwenden. Diese Theorien versuchen durchweg, die sozialstrukturellen Bedingungen abweichenden Verhaltens zu ermitteln; unter ihrer Perspektive erscheint die Individualität des Falls als Konsequenz überindividueller, sozialer Faktoren. Sozialarbeiter, die ihr Praxisfeld devianz-theoretisch analysieren würden, würden die Vielfalt der Fälle häufig als Ausformung allgemeiner sozialer Bedingungen erkennen. Damit würden sich sozialpolitische Maßnahmen eher nahelegen, als die Hilfe von Mensch zu Mensch. Solche Maßnahmen aber würden die Grenzen, die die Organisation gegenwärtiger Sozialarbeit setzt, überschreiten"43. 6. Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Auch diese Teildisziplin befindet sich im Kooperationsbereich zweier Disziplinen, nämlich der Erziehungswissenschaft und der Wirtschaftswissenschaft, was gelegentlich schon vordergründig an der unterschiedlichen wissenschaftsinstitutionellen Verortung ablesbar ist. Die Berufs- und Wirtsdiaftspädagogik ressortiert an mehreren deutschen Hochschulen bei den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten. Hinsichtlich der Bezeichnung stellt sich zunehmend eine Tendenz zur Vereinheitlichung ein, wenn auch gelegentlich noch die Bezeichnung Arbeitspädagogik oder Wirtschaftspädagogik begegnet. Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik hat sich bisher stärker als andere Teildisziplinen um eine wissenschaftstheoretische Fundierung gesorgt (Abel, Abraham, Blankertz, Peege, Bokelmann, Zabeck, Stratmann, Linke) und sich im 43 [223, S. 39],
32
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
Forschungsvollzug auf jenen Bereich konzentriert, in dem Sozialisation Jugendlicher durch den Beruf stattfinden soll. Hierher gehören insbesondere die Themen Übergang Sdiule - Arbeitswelt, Arbeitslehre, Berufliches Schulwesen, Berufliche Aus- und Weiterbildung, Innerbetriebliche Ausbildung, Fortbildung, Berufliche Erwachsenenbildung usw.; darüber hinaus kann zumal in jüngster Zeit ein Interesse an Problemen der Umschulung und an denen der sog. zweiten Berufsphase festgestellt werden. Daneben fällt dieser Teildisziplin in der Regel die erziehungswissenschaftliche Ausbildung der Studenten für das Lehramt an Berufsbildenden Schulen zu, ein Studiengang, der sich derzeit von einer ursprünglich sehr eng berufspraktischen Orientierung zu einer mehr theoretisch-wissenschaftlichen Anlage entwickelt. Die Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist, da sie sich im Spannungsfeld wirtschafte- und gesellschaftspolitischer Zustände und Entwicklungen befindet, in besonderem Maße weltanschaulichen Kontroversdiskussionen ausgesetzt. Die je unterschiedlichen Positionen lassen sich u. a. an der Bewertung der Ausbildungspraxis in Betrieb und Schule (duales System), der Verfassung der Lehrlingsausbildung und der berufsrelevanten Rechtsprechung ablesen. 7. Pädagogische Psychologie. Vielfach wird die Pädagogische Psychologie in Psychologischen Instituten verankert, da das methodische Vorgehen dieser Teildisziplin mit den Verfahren der Psychologie kongruent ist und die Inhalte auf den Zusammenhang allgemein psychologischer Fragestellungen angelegt sind. In dem Maße nun, in dem sich die Erziehungswissenschaft von der geisteswissenschaftlichen Pädagogik zu einer auch empirischen Disziplin entwickelt, treten die Unterschiede in den Forschungsweisen zwischen Erziehungswissenschaft und Psychologie zurück, und es muß die Frage geprüft werden, ob der Problem- und Aufgabenhorizont der Pädagogischen Psychologie nicht eine Einbeziehung in die Erziehungswissenschaft nahelegt. Der Gründungsausschuß für die Universität Bochum44 hat in den Erläuterungen zur vorgeschlagenen Struktur gemeint: „Die Pädagogische Psychologie wird nicht, wie es 44 [182, S. 21].
1.3 Die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft
33
die Bezeichnung nahelegt, in den Bereich der Psychologie, sondern in die Disziplinen der Pädagogik eingereiht, weil ihre Fragen fast ausschließlich dem Lebenskreis von Schule und Erziehung zugehören." Diese Zuordnung hat sich in vielerlei Hinsicht als sinnvoll erwiesen. Es ist dadurch der Erziehungswissenschaft einmal ein stark empirisches Element beigegeben worden, sodann können Probleme der Motivation, des entwiddungsdifferenzierenden Lernens, der Verobjektivierung von Leistungsbewertungen, Probleme der Kreativität, der Effizienz, der individuellen Förderung verläßlicher dargestellt und gelöst werden als das einer in der Tradition der Pädagogik angelegten verstehenden Psychologie möglich war. Eine Pädagogische Psychologie wird sich u. a. auch dadurch als eminent praxisdienlich erweisen, daß sie in die derzeit laufenden bildungsstrukturellen Reformprozesse einbezogen wird. Mit ihrem differenzierten Instrumentarium kann sie Aussagen über Vorzüge und Implikationen der Vorschulerziehung, des differenzierten Gesamtschulsystems formulieren, sie kann einer individualisierten Schullaufbahnberatung psychologische Hilfen vermitteln usw. Sie schärft durch ihre Verfahrensweise zudem bei zukünftigen Pädagogen das Bewußtsein, daß ein normativ verfaßtes Verständnis von Erziehung die individuellen Prädispositionen, Dispositionen und Entwicklungen dem Zwang eines von dem je unterschiedlichen Individuum absehenden Systems ausliefert. 8. Medienpädagogik. Sie geht — überblickt man die vorliegende Literatur — in doppelte Richtung: einmal will sie dem Jugendlichen Maßstäbe für den Gebrauch und die Beurteilung der Massenkommunikationsmittel an die Hand geben und sodann versucht sie, den Stellenwert der „pädagogischen Technologien" 45 im Unterricht anzugeben. Ob die Medienpädagogik beanspruchen kann, in der Erziehungswissenschaft eine selbständige Teildisziplin darzustellen, wird in der Literatur unterschiedlich bewertet, wenn auch die Notwendigkeit, medienpädagogische Aspekte in die Erziehungswissenschaft zu integrie45 P ä d a g o g i s c h e Technologie. I n : H . R ö h r s [237, S . 252 ff.]. Z w e i m a l z w e i gleich T e a c h w a r e , Unterrichtstechnologie in D e u t s c h l a n d , m a g a z i n , 5. J g . , N r . 1, J a n . / F e b r . 73, S . 20 f f .
3 Knoll, Erwachsenenbildung
i n : D a s Deutsche
Bildungs-
34
1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
ren, nirgends bezweifelt wird. Solch medienpädagogische Aspekte lassen sich in den bereits etablierten Teildisziplinen darstellen, wenn dabei gesichert ist, daß die Ergebnisse und Forschungseinsichten der Massenkommunikationsforschung berücksichtigt werden. Von daher stellt sich die Medienpädagogik als ein nur kooperativ zu realisierendes Aufgabenfeld dar, das von Erziehungswissenschaft und Kommunikationswissenschaft gemeinsam bearbeitet werden muß 48 . 9. Schulpädagogik. Angesichts des gegenwärtigen bildungspolitischen Reformprozesses wird die Schulpädagogik zunehmend und vermehrt in Anspruch genommen. Von ihr wird die Mithilfe bei institutionellen und strukturellen, auch bei inhaltlichen Innovationen erwartet, wodurch schon angedeutet ist, daß sich die Schulpädagogik von einer nur vordergründig auf praktikable Schul- und Unterrichtstechniken beschränkten Teildisziplin emanzipiert hat. Ohne ihren sachverständigen Zuspruch wäre jenes einheitliche System, wie es im Strukturplan der Bildungskommission des Bildungsrates expliziert ist, sicher nicht zustande gekommen. Auch im Bereich der Curriculumforschung erfährt die Diskussion um das Detail erst durch die Schulpädagogik Sicherheit und Praxisorientiertheit. Gleichzeitig ist sie in den Studienablauf künftiger Gymnasial- und Realschullehrer eingebunden, und das um so mehr, als sich dieser Studiengang wie angedeutet auf die berufliche Dimension, auf das Umfeld von Schule und Unterricht bezieht. Zumal die Didaktikdiskussion, die seit der Mitte der 50er Jahre läuft, hat nachgewiesen, in welchem Maß die Didaktik — als eine Spezialität der Schulpädagogik — zu einem Objekt wissenschaftlicher Forschung geworden ist. Versuche allerdings, die „allgemeine" Didaktik zu einer Teildisziplin emporzustilisieren, sollten abgewehrt werden, weil Didaktik nur im Zusammenhang von klar definierten Unterrichtsinhalten und Unterrichtsfächern darstellbar ist und sich allgemeine, fächerübergreifende Aussagen nur begrenzt formulieren lassen. Wir brauchen in diesem Zusammenhang diese Überlegungen nicht weiter auszuführen, wir 48 J . H . Knoll [161, S. 256 ff.]; dort auch die diesbezügliche L i t e r a t u r .
1.4 Kooperation
35
können auch auf eine breitere Ausführung über Schulpädagogik insgesamt verzichten. 1.4 Kooperation Es ist bereits in der skizzenhaften Erläuterung der Teildisziplinen deutlich geworden, daß sich der Interessenhorizont und die fachspezifische Kompetenz der Erziehungswissenschaft zunehmend erweitert haben. Erziehungswissenschaft hat sich von den vormaligen Eingrenzungen freigesetzt und hat sich vor allem ihre praktischen, gesellschaftlichen Bezüge bewußt gemacht. Bereits in der geisteswissenschaftlichen Pädagogik sind da und dort die engen Bezirke von Schule — Schüler — Lehrer überschritten worden; zumal E. Spranger hat ein Verständnis von Pädagogik angebahnt, das die isolationistische Autonomie verließ und die Nähe zu den die Erziehung bedenkenden Nachbardisziplinen herstellte. Trotz solcher Versuche, die etwa durch Hans Wenke eine kongeniale Fortführung gefunden haben, ist die Erziehungswissenschaft dem allgemeinen Trend der Spezialisierung und der Verselbständigung der spezialistischen Forschungsrichtungen anheimgefallen, und die Kooperation ist in dem Maße geschwunden, wie sich das Spezialistentum emanzipierte. Spranger hat von seinem verpflichtenden Engagement an die Idee der deutschen Universität noch versucht, zumindest in seinem Fach ein universalistisches, die Fülle der Aspekte aufeinanderbeziehendes Wissenschaftsverständnis zu pflegen. Solche Universalität intendierende Kooperation ist heute nicht mehr zu realisieren. Kooperation kann heute ihren Ausgang nur von den Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft nehmen und versuchen, ihren jeweiligen Sachverstand durch den Bezug auf die Nachbardisziplinen zu vermehren. In den Universitätsneugründungen nach 1945 ist die Kooperation zu einem Reizwort reformerischer Gesinnung emporstilisiert worden, wobei Kooperation auch als Mittel angesehen wurde, der zunehmenden Atomisierung der Universität in immer spezialistischer werdende Forschungs- und Studienrichtungen Einhalt zu gebieten. Kooperation sollte zunächst durch Strukturreform realisiert werden. Dabei wurden Abteilungen und Fachbereiche konstituiert, die an die Stelle des vormaligen Pluralismus die 3»
36
1. E r z i e h u n g s w i s s e n s c h a f t u n d ihre Teildisziplinen
Fachbezogenheit von überschaubaren Organisationseinheiten setzten 47 . Diese Absicht wird in den Empfehlungen des Gründungsausschusses für die Universität Bochum wie folgt umschrieben: „Die Strukturpläne wollen die beschriebenen Ziele dadurch erreichen, daß sie — in Abweichung von der hergebrachten Fakultätsgliederung — die Wissenschaften in Abteilungen ordnen, die einen engen, inneren sachlichen Zusammenhang aufweisen, und daß sie zugleich zwischen diesen Abteilungen viele Querverbindungen herstellen, und zwar u. a. durch Institute, die über die Bereiche der Abteilungen hinausgreifen. Deshalb nehmen die Strukturpläne durchgängig die Bezeichnung ,Abteilung' auf, um das Strukturprinzip deutlich zu machen. Diesem Prinzip liegt die Auffassung zugrunde, daß zwischen den einzelnen Abteilungen, die sich mit echten wissenschaftlichen Einheiten decken und nicht äußerliche Summationen oder Kumulationen von Fächern darstellen, die notwendigen Querverbindungen sich natürlicher, leichter und elastischer herstellen lassen." Der Wunsch nach Kooperation aufeinanderbezogener Fächer ist freilich bereits in den 20er Jahren formuliert und einsichtig begründet worden 4 8 , ohne daß allerdings dieser Wunsch schon Reformen bewirkt hat. Aber es ist eine fast banale Einsicht, daß Kooperation nicht durch strukturelle Vorkehrungen allein sichergestellt werden kann, sondern daß Kooperation immer erst zustande kommt durch kooperationsbereite Wissenschaftler. Es läßt sich heute im Rückblick auf die seitherige Entwicklung der sich reformierenden Universität noch nicht abschließend sagen, ob die Kooperationsbereitschaft; gesteigert wurde und die praktischen Kooperationsversuche gelungen sind oder nicht. Für das uns zur Verfügung stehende Beobachtungsfeld kann allerdings festgestellt werden, daß das Vorschußvertrauen in die kooperative Kraft der deutschen Hochschulen zumindest erheblich geschrumpft ist. Die Strukturreformen haben zu einer weiteren Partikularisierung geführt und rechtfertigen zum Teil die da und dort geäußerte Meinung (Hennis), daß die vormaligen Fakultäten kooperativer gewirkt haben, oder daß zu47 Siehe [182]. 48 A u f diesen S a d i v e r h a l t h a b e n w i r hingewiesen in [154, S . 385 ff.].
1.4 Kooperation
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mindest die gewählten Strukturformen keine Gewähr dafür bieten, die fachlidien Verklammerungen zu stärken. Diese Vorbehalte gegenüber der kooperativen Verfassung deutscher Hochschulen bezieht sich zunächst auf die entwickelten Strukturen, die zum Teil besser geregelt sind als die wissenschaftsinternen Kooperationsformen von Disziplin zu Disziplin. Die Erziehungswissenschaft hat sich — wie die wissenschaftlichen Publikationen der letzten J a h r e ausweisen — mit zahlreichen an sie heranreichenden Disziplinen arrangiert. Die Verbindung zur Psychologie kann z. B. durch eine in die Erziehungswissenschaft integrierte Pädagogische Psychologie nahezu unproblematisch hergestellt werden. Schwieriger gestaltet sich die Kooperation mit anderen Disziplinen, und das aus mehreren Gründen. Einmal sind die Nachbardisziplinen oft nicht bereit, ihre Ergebnisse unter erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen zu interpretieren. Die Soziologie etwa kann für die Erziehungswissenschaft nur dann hilfreich sein, wenn sie erziehungswissenschaft integrierte Pädagogische Psychologie nahezu ten auf diese Probleme hin strukturiert. Außerdem müssen sich die Nachbardisziplinen von jenem fachegoistischen Selbstverständnis lösen, daß etwa eine spezielle Erziehungssoziologie nur verstehbar ist, wenn zuvor das Gesamt Allgemeiner Soziologie verstanden ist. U n d um ein weiteres Beispiel zu geben: w a r u m sollte es nicht möglidi sein, Bildungsökonomie zu vermitteln, ohne daß alle basalen Informationen der Volksund Betriebswirtschaft vorausgesetzt werden. Schließlich könnte auch an den Idealfall gedacht werden, daß aus der Teildisziplin selbst heraus die Aspekte der Nachbardisziplinen dargestellt werden; das w i r d da und dort möglich sein, wo der Fachvertreter einer Teildisziplin eine angrenzende Disziplin studiert und deren wissenschaftliche Entwicklung weiter verfolgt hat. Dieser Fall w i r d in dem M a ß e zunehmen, wie das erziehungswissenschaftliche Studium kooperativ angelegt ist. Trotzdem wird es wünschenswert bleiben und anzustreben sein, daß sich die Nachbardisziplinen auch auf erziehungswissenschaftliche Probleme beziehen. Da sich Erziehungswissenschaft heute — wie dargelegt — extensiv begreift, werden die Verflechtungen dementsprechend
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1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
weitreichend sein. Zu folgenden Disziplinen sind Verbindungen herzustellen: 1. Zur Psychologie, um von daher Einsichten über Lernen, Leistung, Denken, Motivation, Effizienz zu beziehen. 2. Zur Soziologie, die als spezielle Erziehungssoziologie allen praxisdienlichen Teildisziplinen förderlich sein kann; von ihr sind u. a. Schichtungstheorien, Mobilitätsprobleme, Sozialisationsfragen zu klären. 3. Zur Wirtschaftswissenschaft, die vor allem Aspekte der Bildungsökonomie angemessen vermitteln sollte. 4. Zur Geschichtswissenschaft, die einer historischen Pädagogik Maßstäbe moderner Historiographie vorführt, etwa im Hinblick auf die Interdependenz gesellschaftlicher, politischer, sozialer und pädagogischer Phänomene. 5. Zur Philosophie, hier insbesondere zur philosophischen Anthropologie, die auf pädagogische Anthropologie zu beziehen wäre. 6. Zur Kommunikationswissenschaft, mit deren Hilfe einmal die unterrichtliche Binnenkommunikation („kommunikative Didaktik") 49 geklärt werden kann und sodann die Medienpädagogik wissenschaftlich abzusichern wäre. Über die „Begegnung von Erziehungswissenschaft und Kommunikationswissenschaft'' ist an anderer Stelle ausführlich berichtet worden50. Wenn heute Erziehungswissenschaft in ihrem gesamten Umfang vorgeführt wird, so sind die hier nur angedeuteten Kooperationsvarianten mit einzubeziehen; das gilt dann in besonderer Weise, wenn die Erziehungswissenschaft ihren Ausgang nimmt von den pädagogisch-gesellschaftlichen Implikationen und sich von diesem Vorverständnis aus in ihre Teildisziplinen auffächert. 1.5 Überlegungen zur Studiengestaltung Dort, wo heute über die Struktur eines erziehungswissenschaftlichen Studiums nachgedacht wird und neue Studienord49 Siehe u . a . [267, S . 130 ff.]; ferner u . a . F . Winnefeld Cube [56, S . 66 ff.]; P . Heimann [118, S . 416]. 50 So in Z f P ä d . , 9. Beiheft, a. a. O . , S. 253 ff.
[309, S . 99 ff.]; F .
v.
1.5 Ü b e r l e g u n g e n z u r S t u d i e n g e s t a l t u n g
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nungen erprobt werden, wird von einem extensiven Verständnis einer kooperativ angelegten Erziehungswissenschaft ausgegangen. Die von uns vorgetragene Aufgliederung der Erziehungswissenschaft wird nirgends in Zweifel gezogen, indes werden je nach Herkommen die Akzente verschieden gesetzt. Wo etwa geisteswissenschaftliche Orientierungen vorliegen, wird historische und systematische Erziehungswissenschaft stärker hervorgekehrt, wo die öffentlichkeitsdienliche, bildungspolitische Dimension wahrgenommen wird, werden die praxisrelevanten Teilbereiche hervorgehoben und eine prognostische und bildungsplanerische Akzentuierung vorgenommen, wo schließlich die Erziehungswissenschaft als eine auch empirische Disziplin verstanden wird, wird die Analyse gegenwärtiger Erziehungsbefunde betont werden. Allen in ihren Gewichtungen unterschiedlichen Richtungen dürfte allerdings gemeinsam sein, daß das Studium von Praxis geleitet und auf sie bezogen werden muß und daß es solchermaßen auf die künftigen Tätigkeitsfelder vorweist. In diese Richtung zielen auch die allgemeinen Empfehlungen des Wissenschaftsrates über die Ausbildungsfunktion eines zeitgemäßen Studiums 51 wie auch jene des Bildungsrates, die ein erziehungswissenschaftliches Studium vom Aufgabenhorizont des Lehrers her strukturieren 52 . Wenn die Aufgaben des Lehrers durch die Begriffe Lehren, Erziehen, Beurteilen, Beraten, Innovieren definiert werden, so werden daraus auch Neubestimmungen eines fachwissenschaftlichen und erziehungswissenschaftlichen Studiums hergeleitet werden müssen. Gewisse Schwierigkeiten stellen sich allerdings ein, wenn eine differenzierte Kanonisierung erziehungswissenschaftlichen Studiums vorzunehmen ist. Bevor auf die in diesem Zusammenhang stehenden Vorschläge eingegangen wird, sei noch darauf hingewiesen, daß bei aller Vermessung des erziehungswissenschaftlichen Terrains Studienordnungen nicht statisch und für einen vergleichsweise langen Zeitraum fixiert werden können; sie sind ständiger Überprüfung und Revision anheimgegeben, mithin jenem Prozeß ausgesetzt, den man plakativ als „rollende Reform" qualifiziert, der sich als nicht abschließbar versteht. 51 [68, S. 10ff.]; dazu u. a. [61]; H . Horn [1301; H . Döpp-Vorwald [81, S. 142ff.]. 52 [64, S. 215 ff.].
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1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
Darüber hinaus wird bei einer praxisgeleiteten und praxisorientierten erziehungswissenschaftlichen Ausbildung zu überlegen sein, welche Hilfestellungen wissenschaftliche Hochschulen über ein weithin kanonisiertes Lehrangebot hinaus anzubieten vermögen. Audi hier herrscht weitgehend Einigkeit, daß das Studium von Praktika begleitet sein muß, wobei es zunächst noch nicht darum geht, etwa eigene pädagogische Befähigung zu erfahren oder zu erproben. In einem ersten Praktikum sollte eine Einführung in die Erziehungswirklichkeit erfolgen, in dem Erziehungsinstitutionen, Erziehungsstile und Unterrichtsprozesse beobachtet werden. Wird ein derartiges Praktikum aus dem Kontext erziehungswissenschaftlichen Selbstverständnisses heraus vorbereitet, ist es wissenschaftlich angelegt und wird in ihm die beobachtete Praxis auf erziehungswissenschaftliche Lehre bezogen, dann wird es auch förderlich auf das Studium rückwirken; bleiben diese Bedingungen allerdings unberücksichtigt, dann wird der Ertrag solcher Praktika gering sein. Die von den Hochschulen durchgeführten Praktika sind vielfach deswegen von nur bescheidenem Gewinn für die Studenten geblieben, weil sie sich zu isolierten Veranstaltungen entwickelten, die nicht auf den Kontext des Studiums bezogen waren und sich oft nur auf die Vermittlung eingegrenzter pädagogischer Techniken beschränkten. Erst in einem zweiten Praktikum sollte in pädagogische Tätigkeitsfelder durch Eigenerprobung eingeführt werden. Für dieses Praktikum empfiehlt sich ein Verhaltenstraining nach dem Micro-teaching-System, das, zunächst in Stanford praktiziert, nun auch in der Bundesrepublik realisiert wird ( Z i f r e u n d , Wodrascbke). Hierbei werden unter Anleitung eines Trainers Unterrichtssituationen elektronisch aufgezeichnet und wiedergegeben. Dieses System wird derzeit in der Lehrerbildung und in der beruflichen Weiterbildung eingesetzt. Die Pädagogische Hochschule in Freiburg im Breisgau hat inzwischen ein Instrumentarium entwickelt, mit dem auch große Studentenzahlen betreut werden können; die dort angewandte Vorgehensweise erschöpft sich nicht im instrumenteilen, sondern kann schon jetzt auf überprüfbare Erfolge eines wissenschaftlich verfahrenden Verhaltenstrainings hinweisen.
1.5 Überlegungen zur Studiengestaltung
41
Das System ließe sich in den Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft einsetzen, die auf erzieherisches Handeln bezogen sind. Ich darf hier im nebenhinein darauf hinweisen, daß auch die Verfahrensweise im Studium selbst in die Binnenreformen einbezogen ist und sich an allgemein hochschuldidaktischen Leitlinien entwickeln muß 53 . Der Wissenstransfer durch Frontalunterweisung wird bereits heute zugunsten anderer Übermittlungsformen reduziert. Die Vorlesung wird durch diese Entwicklung nidit überflüssig, aber in ihrem Stellenwert verändert. Seminare, Kleingruppenveranstaltungen (Tutorials) werden in verstärktem Maße ausgebaut. Außerdem wird dem TeamTeaching gerade zufolge der Differenzierung des erziehungswissenschaftlichen Studiums mehr Raum gegeben werden müssen. Dabei kann ein Sachzusammenhang von verschiedenen Perspektiven aus dargestellt und dann in Seminarveranstaltungen intensiviert werden. Der derzeitige Stand des Studiums im Medienverbund läßt noch keine konkreten Hinweise auf eine weitreichende praktische Verwendbarkeit im Studium zu54. Es kann in diesem Zusammenhang natürlich nicht die Fülle inhaltlich präzis gefaßter Studienempfehlungen für das Fach Erziehungswissenschaft ausgebreitet werden. Ich verweise auf einige Publikationen, in denen die inhaltliche Ausfüllung erziehungswissenschaftlichen Studiums vorgenommen wird. Allerdings schränken eine Reihe früherer Studienordnungen das erziehungswissenschaftliche Studium allzusehr auf das Berufsfeld des Lehrers ein und sehen nicht die anderen durch ein erziehungswissenschaftliches Studium ebenfalls zu fördernden pädagogischen Tätigkeitsfelder; das gilt z. B. auch für Döpp53 D a z u [68, Bd. 1]; N e u o r d n u n g der Ausbildung und Bildung der Bundeswehr, a. a. O. 54 Dieser Hinweis bedeutet keine Abqualifizierung der umsichtigen Anstrengungen des Deutsdien Instituts f ü r Fernstudien in Tübingen und jener Versuche, die von den R u n d f u n k a n s t a l t e n , die in der A R D zusammengeschlossen sind, in vielfacher Weise unternommen w e r d e n ; s. dazu a u d i : Schriftenreihe lehren und lernen im medienverbund, Bd. 1 und Bd. 2, Heidelberg 1970; jetzt vor allem Bd. 3, Teil 1 und 2, 1971; Bd. 4, 1972. Zu dem Vorangegangenen insbesondere dem System des micro-teaching s. K. D . Eubel, H . G . Klinzing, Internationales Microteaching Symposium, i n : Z f P ä d . , 4/1972, S. 619 ff.
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1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
Vorwalds in den „Grundfragen der Erziehungswissenschaft" 35 abgedruckten Plan des „erziehungswissenschaftlich-pädagogischen Teils eines akademischen Lehrerstudiums", der sich noch an der Nahtstelle von Pädagogik und Erziehungswissenschaft befindet. Eine vollständige Darlegung des Umfanges der Erziehungswissenschaft nimmt Klaus Schaller in „Erziehungswissenschaft und Erziehungsforschung" 59 vor, der in Übereinstimmung mit unserer Aufzählung folgende Teilbereiche als die Erziehungswissenschaft konstituierend angibt: Allgemeine oder Systematische Pädagogik, Geschichte der Pädagogik, Vergleichende Erziehungswissenschaft, Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, Berufspädagogik, Sozialpädagogik, Heil- und Sonderpädagogik, Pädagogische Psychologie. Im Wortlaut darf ich zunächst den Ausbildungsplan für Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften wiedergeben, der vom Bildungsrat im Strukturplan entwickelt wurde: 1. Erziehungswissenschaftliche Ausbildung — Probleme der menschlichen Bildsamkeit (Anlage und Umwelt, Begabung und Lernen, Reifung und Lernen, Umwelt und Lernen, Sozialisation und Erziehung); — Probleme der Lern- und Erziehungsziele (Theorie der Bildung und Erziehung, Lernziele und Erziehungsziele, Erziehungsziele und Elternrecht, Allgemeinbildung und Berufsbildung, Lernziele und Lerninhalte, Lehrplantheorien, individuelle Lernbedürfnise und gesellschaftliche Lernanforderungen, Bildungsund Erziehungsziele im Wandel der Geschichte, ideologiekritische Analyse gesellschaftlicher Normen und pädagogischer Erziehungsziele und -systeme); — Zusammenhang von Entwicklung und Erziehung (Entwicklungsstufen und Entwicklungstheorien, die Abhängigkeit der Entwicklung von der Erziehung, Entwicklung und altersgerechte Aufgaben, frühes Lernen und Erziehen, Lernen in der Kindheit, Erziehen im Pubertätsalter, Sexualerziehung, Sozialpädagogik und politische Erziehung, religiöse Erziehung, Lernen und Umlernen im Erwachsenenalter); — Lehr- und Lernstrategie (pädagogische Lehr- und Lerntheorien, Didaktik und Methodik, Stufen- und Fachdidaktik, Curriculumforschung und -entwicklung, Gruppenpädagogik, 55 H. Döpp-Vorwald [81, S. 154
ff.].
56 K . Sdialler [265, S. 187 ff.].
1.5 Überlegungen zur Studiengestaltung
43
Medienkunde, pädagogische Leistungsmessung und Beurteilung, Theorie der pädagogischen Beratung); — Pädagogische Institutionen (Familienerziehung, Theorie und Organisation von Schulen, Erziehung durch Kirchen und weltanschauliche Gruppen, Erziehung durch Jugend- und Altersgruppen, Heimerziehung, Jugendamt, Jugendstrafvollzug, Institutionen der Erziehungs- und Berufsberatung). 2. Pädagogisch-psychologische Ausbildung Pädagogisch-psychologisch relevante Forschungsergebnisse der —Entwicklungspsychologie (Abhängigkeit der Erziehung von der Entwicklung); — Lernpsychologie (psychologische Lernforschung und Lerntheorien und ihre Bedeutung für schulisches Lernen); — Testtheorie und -praxis (Intelligenztests, Leistungstests, Persönlichkeitstests, soziometrische Tests); — Sozialpsychologie (Sozialisationsprozesse, gruppendynamische Prozesse, Kommunikationsprozesse); — Psychoanalyse, Tiefenpsychologie (Probleme der Trieberziehung, der Aggression, der Abwehr- und Anpassungsmechanismen, der Kinderneurosen, des Lernens durch Identifikation). 3. Gesellschaftswissenschaftlich-pädagogische Ausbildung Pädagogisch relevante Forschungsergebnisse und Theorien — zur Soziologie von Bildung und Erziehung, — zur Sozialisation, — zu den sozio-kulturellen Determinanten des Lernens, — zur Schule als gesellschaftlichem System, — zur Schulklasse als sozialem System, — zur Rollenproblematik des Lehrers, — zu den ökonomischen, rechtlichen und politischen Aspekten von Bildung und Erziehung. Schließlich d a r f ich hier noch nachdrücklich auf die v o m Institut für P ä d a g o g i k der R u h r - U n i v e r s i t ä t entwickelte „Studienordnung für das H a u p t f a c h s t u d i u m der Erziehungswissenschaft" hinweisen, die ich ohne Interpretation wiedergebe: Begriff des Hauptfachstudiums Unter Hauptfachstudium der Erziehungswissenschaft sind diejenigen Studiengänge zu verstehen, in denen eine staatliche oder akademische Abschlußprüfung in Erziehungswissenschaft als 1. oder 2. Fach möglich ist. Erziehungswissenschaft als Nebenfach in der Promotion oder der Magisterprüfung (im Falle von drei Prüfungsfächern) fällt nicht darunter.
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1. Erziehungswissenschaft u n d ihre Teildisziplinen
Zur Zeit kann das H a u p t f a c h Erziehungswissenschaft an der R u h r Universität Bochum in folgenden Abschlußzielen studiert werden: 1. Promotion im Hauptfach Erziehungswissenschaft; 2. Magisterprüf u n g im Hauptfach Erziehungswissenschaft oder •— alternativ lt. Magisterordnung — im 1. oder 2. Fach; 3. Wissenschaftliche Prüfung im Fach Pädagogik f ü r das Lehramt an Gymnasien. Ein evtl. später einzurichtendes Diplomstudium der Erziehungswissenschaft wird auf der vorliegenden Studienordnung aufbauen u n d in einer D i p l o m p r ü f u n g s o r d n u n g im einzelnen geregelt werden. Gliederung des Hauptfachstudiums Das Hauptfachstudium der Erziehungswissenschaft gliedert sich •— entsprechend den Abschlußzielen — in zwei bzw. drei Stufen: 1. G r u n d s t u d i u m 2. H a u p t s t u d i u m 3. A u f b a u s t u d i u m Die beiden ersten Stufen umfassen je 4 Semester; ihre Absolvierung ist Voraussetzung f ü r die Zulassung zur Magisterprüfung u n d zum Staatsexamen. Der Übergang zur H a u p t s t u f e erfolgt nach einem nachgewiesenen qualifizierten Abschluß der Grundstufe. Das A u f baustudium baut auf den beiden vorangehenden Stufen auf u n d f ü h r t in der Regel zur P r o m o t i o n . Studienplan für das Grundstudium (Grundstufe) Die G r u n d s t u f e vermittelt eine einheitliche erziehungswissenschaftliche Grundausbildung, die — unabhängig von den jeweiligen Abschlußzielen u n d den künftigen Berufsfeldern — in die H a u p t bereiche der Erziehungswissenschaft und ihre Probleme, in die Methoden erziehungswissenschaftlicher Forschung sowie in ausgewählte Bereiche der schulischen u n d außerschulischen Erziehungswirklichkeit einführt. Die viersemestrige G r u n d s t u f e baut sich formal u n d inhaltlich wie folgt auf: 1. Vorlesungen mit Arbeitsgruppen Diese Veranstaltungen sind in der Regel dreistündig u n d vermitteln allen Studierenden des Hauptfaches eine E i n f ü h r u n g in folgende Problembereiche: a) Kindes- und Jugendkunde b) Erziehungs- u n d Bildungswesen c) Didaktik d) Wissenschaftstheoretische Grundlagen des Faches Mindestzahl der obligatorischen Stunden: 12
1.5 Überlegungen zur Studiengestaltung
45
2. Proseminare Sie dienen der vertieften Erarbeitung grundlegender erziehungswissenschaftlicher Fragestellungen und sind in der Themenzahl freier. Obligatorisch sind 2 Proseminare mit insgesamt 4 Stunden. 3. Methodenkurse Sie dienen dem Erwerb von Arbeitstechniken, der Einübung in die wissenschaftlichen Hilfsmittel und einem Kennenlernen der verschiedenen methodischen Ansätze in der Erziehungswissenschaft. Die folgenden drei Kurse mit insgesamt 6 Stunden sind obligatorisch: 1. ein empirisch-statistischer, 2. ein Kurs „Methoden der systematischen und historischen Pädagogik"; 3. ein komparativer. 4. Hospitationen und Praktika Die folgenden Veranstaltungen sind obligatorisch: a) Hospitationen zur informatorischen Einführung in die Institutionen des Erziehungs- und Bildungswesens (drei- bis vierstündig) b) ein experimentelles Praktikum zur pädagogischen Psychologie (dreistündig) c) ein vierwöchiges Praktikum zur Einführung in die Erziehungswirklichkeit außerhalb der Vorlesungszeit. Außer den genannten Veranstaltungen beginnt auf der Grundstufe das Studium eines f ü r die Erziehungswissenschaft wichtigen Wahlpflichtfaches, das auf der Hauptstufe fortgesetzt wird und dessen Gesamtstundenzahl 6 bis 8 beträgt. Es kann sich um folgende Wahlpflichtfächer handeln: Philosophie, Biologie (bes. Nerven- und Sinnesphysiologie), Kommunikationswissenschaft, Soziologie, Sozialpsychologie, Politologie, Bildungsökonomie, Jugend- und Sdiulredit. Andere Wahlpflichtfächer können nach Beratung auf Antrag gewählt werden. Studienplan für das Hauptstudium (Hauptstufe) Das Studium auf der Hauptstufe zielt auf eine Vertiefung und Erweiterung des auf der Grundstufe erworbenen Wissens sowie auf eine gewisse Spezialisierung nach Schwerpunktbereichen, die sich auf die künftigen Berufsfelder hin orientieren. Die Wahl von zwei Schwerpunktbereichen ist obligatorisch; ihr Anteil an der Gesamtstudienzeit auf der Hauptstufe sollte jedoch ein Drittel nicht überschreiten. Folgende Schwerpunktbereiche sind vorgesehen: 1. Unterrichtsforschung 2. Pädagogische Schulberatung und -betreuung 3. Sozialpädagogik 4. Erwachsenenbildung
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1. Erziehungswissenschaft u n d ihre Teildisziplinen
5. Administration, Planung und Entwicklung des Bildungswesens 6. Didaktik des Unterrichtsfaches Pädagogik. Die Gesamtstundenzahl der obligatorischen Lehrveranstaltungen beträgt auf der H a u p t s t u f e (vier Semester) 24 bis 32. Die Teilnahme an mindestens drei Hauptseminaren, d a r u n t e r an einem mit historischer oder vergleichender Thematik, ist verpflichtend. Zum Studium gehört ferner die Absolvierung eines mit einem bestimmten Schwerpunktbereich verbundenen, forschungsorientierten Praktikums oder einer Exkursion zum Studium in- oder ausländischer Bildungseinrichtungen. Ergänzend zu diesem Studienplan können detailliertere inhaltliche Studienpläne für einzelne Schwerpunktbereiche aufgestellt werden, die einer Orientierung und individuellen Studienplanung dienen.
Aufbaustudium Das Aufbaustudium dient der forschungsintensiven Spezialisierung auf einem Teilgebiet der Erziehungswissenschaft. Die Studienpläne sind individuell, das Studium erfolgt vorwiegend im Rahmen von Forschungsarbeiten der Lehrstühle und Arbeitsgruppen. Im Rahmen des Aufbaustudiums können spezielle Jahreskurse mit Abschlußzertifikat stattfinden, ferner Seminare für in der Praxis tätige Pädagogen, die ein Hauptstudium der Erziehungswissenschaft absolviert haben.
1.6 Das Problem der Kern- und Spezialgebiete Anschließend u n d im Zusammenhang mit den Studienplänen soll nun auf die Differenzierung in Kern- und Spezialgebiete innerhalb eines erziehungswissenschaftlichen Studiums eingegangen werden. Es ist heute sicher nicht mehr möglich, ein oder zwei der Teildisziplinen — etwa Systematische Pädagogik oder Geschidite der Pädagogik — als Kernstudium zu empfehlen. D a s w ä r e in der traditionellen Pädagogik noch sinnvoll gewesen. In einem breit angelegten Hauptfachstudium, das auf etwa acht Semester angelegt ist, werden im Grundstudium natürlich auch Systematische Pädagogik und Geschichte der Pädagogik in der von uns dargelegten inhaltlichen Neuorientierung ihren Platz finden. Kernstudium unter den gegenwärtigen Bedingungen von Erziehungswissenschaft meint aber eine über diese Teildisziplin hinausgehende E i n f ü h r u n g in Erziehung, über Erziehungsinstitutionen und Erziehungsvollzüge unter Einschluß gesellschaftlicher u n d politischer Implikationen,
1.6 Das Problem der Kern- und Spezialgebiete
47
in die Erziehung eingebunden ist. Wir haben im vorstehenden Kapitel die curricularen Empfehlungen des Bildungsrates für ein erziehungs- und gesellschaftswissenschaftliches Studium wiedergegeben und es mag deutlich geworden sein, daß dieser Plan wesentliche Aspekte aller pädagogischen Teildisziplinen einschließlich der an sie angelagerten Nachbardisziplinen (insbesondere Soziologie) reproduziert und sie auf übergeordnete Sachzusammenhänge bezieht. Ein ähnliches Modell liegt der Studienordnung des erziehungswissensdiaftlichen Begleitstudiums an der Ruhr-Universität Bochum zugrunde, in dem das Studium sich ebenfalls nicht vorrangig an den Teildisziplinen orientiert, sondern von den Teildisziplinen einen Beitrag zu erziehungsrelevanten Sachthemen erwartet. Von daher könnte auch eine wissensdiaftsinterne Verflechtung bewirkt werden, die die Isolierungstendenzen der Teildisziplinen wenigstens zu einem Teil und durch ein gemeinsames Unternehmen aufhebt. In die gleidie Richtung geht das von der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft entwickelte Modell für ein Kernstudium57. Das Kernstudium hat einführenden und grundlegenden Charakter, weist die Bezüge der Teildisziplinen innerhalb der Erziehungswissenschaft und die zwischen Erziehungswissenschaft und den Nachbardisziplinen auf, führt in die erziehungswissenschaftliche Begrifflichkeit und in pädagogische Fragestellungen ein und stellt jenes methodische Instrumentarium zur Verfügung, das für das Studium der Teildisziplinen erforderlich ist. Wir brauchen an dieser Stelle nicht auf die curriculare Ausfüllung des Kernstudiums näher einzugehen, verweisen vielmehr auf die oben benannten Modelle, aus denen sich ein umsichtiges Kernstudienmodell entwickeln ließe. Es sei nachdrücklich betont, daß im Rahmen des Kernstudiums Veranstaltungen durchgeführt werden müssen, die erst den methodischen Zugang zu den Teildisziplinen herstellen. Demzufolge sind in einem Kernstudium Methodenkurse für Vergleichende Erziehungswissenschaft, für Systematische Pädagogik und für Päd57 [61, S. 9 ff.].
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1. Erziehungswissenschaft und ihre Teildisziplinen
agogische Psychologie58 vorzusehen. Auf der Grundlage des Kernstudiums kann sich sodann ein differenziertes Studium der Teildisziplinen entwickeln. Gegenwärtige Studienordnungen, die z. T. auch im Vorblick auf die Diplom-Prüfungen konzipiert sind, empfehlen dabei Schwerpunktbildungen in mindestens zwei Teildisziplinen oder — wie im Falle der Pädagogischen Hochschulen — die Verbindung einer Teildisziplin (z. B. Erwachsenenbildung) mit einem Unterrichtsfach. Die letztgenannte Lösung birgt Vor- und Nachteile in sich, die Verbindung mit einem Unterrichtsfach der Schule läßt möglicherweise die Besonderheiten erwachsenengemäßer Verfahren unberücksichtigt und geht solchermaßen von der m. E. nicht stimmigen Voraussetzung aus, daß sich im systematisierten Lernen Erwachsener der traditionelle Schulfächerkanon reproduzieren könne. Daneben wird man im Zusammenhang mit der immer spezialistischer werdenden Forschung in den Teildisziplinen alsbald die Frage zu stellen haben, ob die Schwerpunktbildung in zwei Teildisziplinen noch realistisch ist. Auf jeden Fall muß der Student gegen Abschluß des Kernstudiums bereits das Ziel seiner künftigen beruflichen Tätigkeit konkretisieren. Die Schwerpunktbildung wird natürlich weitgehend von dem angestrebten Beruf bestimmt sein. Während — wie angedeutet — das Kernstudium in einer klaren Anordnung strukturiert ist, fehlen vielfach für die Teildisziplinen systematisierte Studienordnungen; es steht indes zu erwarten, daß sich in den Teildisziplinen in den nächsten zwei Jahren ein Konsens über die inhaltliche Ausfüllung des Schwerpunktstudiums erreichen lassen wird. Für die Teildisziplin Erwachsenenbildung sind bereits erhebliche Anstrengungen in dieser Richtung unternommen worden 59 . An das Schwerpunktstudium sollte sich ein Aufbau- oder Postgraduate-study anschließen, das verstärkt forschungsbezogen ist und sich dann nur noch auf eine Teildisziplin beschränkt. Das Schwerpunktstudium könnte mit einem Diplom abgeschlossen BS Studienordnung f ü r das Hauptfachstudium der Erziehungswissenschaft. Institut f ü r Pädagogik, R u h r - U n i v e r s i t ä t Bochum, 20. Februar 1970. Als Ms. vervielfältigt. 59 Siehe dazu insbesondere die Studienordnungen f ü r den Sdiwerpunktbereidi Erwachsenenbildung an der Freien Universität Berlin und an der Pädagogischen Hodischule Niedersachsen, Abt. H a n n o v e r .
1.6 Das Problem der Kern- und Spezialgebiete
49
werden, das mit Laufbahnberechtigungen ausgestattet ist. In der Mehrzahl der Bundesländer ist die zwischen W R K und K M K ausgehandelte Diplomrahmenordnung bereits in K r a f t getreten und hat dadurch das Studium der Erziehungswissenschaft systematisiert und intensiviert. In Nordrhein-Westfalen wird das Diplom zur Zeit nur von den Pädagogischen Hochschulen verliehen, die nach dem Statusgesetz vom Mai 1965 den Charakter wissenschaftlicher Hochschulen besitzen. Eine Einführung des Diploms auch an den Universitäten in N R W könnte vermutlich erst dann stattfinden, wenn das Hochschulwesen im Sinne von Gesamthochschulen neu geordnet ist. Derzeit steht am Ende eines Hauptfachstudiums an den Universitäten in NordrheinWestfalen entweder die Magisterprüfung oder das Staatsexamen für die Fakultas „ P ä d a g o g i k " an den sogenannten F-Gymnasien. Die Frage nach einer Differenzierung des Studiums kann zufolge der von uns vorgenommenen Tatbestandsbeschreibung der Erziehungswissenschaft nur so beantwortet werden: 1. Kernoder Grundstudium, in dem Erziehungswissenschaft auf den gesellschaftlichen Kontext bezogen wird, 2. Schwerpunktstudium in ein oder zwei Teildisziplinen, 3. Aufbau- oder Postgraduate-study in einer Teildisziplin.
4 Knoll, Erwachsenenbildung
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft 2.1 Wissenschaftsinstitutionelle Problematik In unseren überblickhaften Hinweisen auf die Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft (Kap. 1) haben wir bereits deutlich zu machen versucht, daß die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, die wir trotz ihrer sozialwissenschaftlichen und sozialpsychologischen Implikationen unter die Teildisziplin der Erziehungswissenschaft einordnen, eine vergleichsweise kurze Tradition aufweist und daß ihre wissenschaftsinstitutionelle Verortung noch nicht als zureichend bezeichnet werden kann. Im Zuge der Hochschulreform hat sich die Universität von ihrer vormaligen Eingrenzung — wie sie etwa in der Universitätssatzung der Friedrich-Wilhelms-Universität präzis umschrieben ist60 — zunehmend emanzipiert 81 und ihr Verhältnis zu Ansprüchen und Aufforderungen der Öffentlichkeit neu zu regeln versucht62. Einige der neuen Universitäten, die schon durch die Wahl ihres Standortes anzeigen, daß sie die soziable Dimension mitbedenken möchten, haben im Sinne „gemäßigter Reformfreudigkeit" 63 ein verstärktes Öffentlichkeitsbewußtsein profiliert. Sie haben solchermaßen Forschungs- und Lehrgebiete berücksichtigt, die sich aus der Standortwahl als praxisdienlidi anboten, sie haben solche Bereiche wissenschaftlicher Untersuchung unterzogen, die sich im geographischen Umfeld ihrer Universität befanden und von daher das Theorie-Praxis-Verhältnis inten60 Für diesen Zusammenhang s. W. Schneider [275, S. 86 ff.]; dazu ferner die als Ms. veröffentlichten Materialien anläßlich der Jahrestagung des Arbeitskreises Universitäre Erwachsenenbildung, F r a n k f u r t / M . 1971. 61 H . Sdielsky hat bereits am Beginn der 60er J a h r e — auf dem H i n t e r g r u n d neuer Universitätsgründungen auf die Fragwürdigkeit der Humboldtschen U n i versitätsidee im Sinne der Einheit von Forschung und Lehre hingewiesen und dabei die Frage gestellt, ob angesichts der zunehmenden Studentenzahlen diese Einheit von Forschung und Lehre noch realisierbar sei. 62 Diesen Zusammenhang haben wir breiter ausgeführt in: J . H . Knoll, Die Ansprüche der Gesellschaft an neue Universitäten. I n : Pädagogische Rundschau, Ratingen/Düsseldorf, 18. J g . , 1964, S. 75 ff. D a z u H . Wenke [304, S. 67 ff.]. «3 P . M i k a t [208, S. 11 ff.].
2.1 Wissenschaftsinstitutionelle Problematik
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siviert. V o n dieser Entwicklung hat auch die Wissenschaft v o n der Erwachsenenbildung, die v o n der P r a x i s ausgeht u n d auf sie hin orientiert ist, profitiert. D i e Wissenschaft v o n der Erwachsenenbildung, deren wissenschaftliches O b j e k t die praktische Erwachsenenbildung im extensiven Verständnis v o n Weiterbildung ist, ist darüber hinaus mit der Schwierigkeit konfrontiert, d a ß nicht allein d a s Hochschulwesen einem P r o z e ß permanenter T r a n s f o r m a t i o n ausgesetzt ist, sondern auch die Erwachsenenbildung in dem J a h r z e h n t zwischen 1960 und 1970 eine Entwicklung durchlaufen hat, die sich im nachhinein als „ W e n d e " charakterisieren läßt 6 4 . U m diesen P r o z e ß im V o r w e g e nur mit C h i f f r e n z u belegen, ließe sich die Entwicklung a u f die Formel v o n der neuhumanistisch fundierten O k k a s i o n a l i t ä t z u r qualifizierenden S y s t e m a t i k reduzieren. W ä h r e n d in der unmittelbaren N a c h kriegszeit die T r a d i t i o n der Weimarer R e p u b l i k in ihr Recht gesetzt u n d wie in anderen S o z i a l - u n d Kulturbereichen die T r a d i t i o n als rückversichernde Gewißheit akzeptiert w u r d e , hat der Deutsche Ausschuß f ü r d a s Erziehungs- u n d Bildungswesen durch seine E m p f e h l u n g e n z u r Erwachsenenbildung ( i 9 6 0 ) 6 5 einen V o r w e i s auf ein neues V e r s t ä n d n i s v o n Erwachsenenbild u n g geliefert, d a s sich mehr an den objektiven Ansprüchen der Gesellschaft orientiert denn an denen der I n d i v i d u e n . Wir möchten freilich bereits an dieser Stelle unsere V o r b e h a l t e gegenüber einer leichtfertigen K o n v e r g e n z t h e o r i e v o n Erwachsenenbildung u n d Erwachsenenqualifizierung 6 8 anmelden. Wenn allerdings, w i e angedeutet, die Erwachsenenbildung in ihrem V e r s t ä n d n i s u n d in ihrem Aufgabenbereich ausgeweitet w i r d , so b e d a r f sie G e g e n diese C h a r a k t e r i s i e r u n g , w i e w i r sie in unserer P u b l i k a t i o n [174] v o r g e n o m m e n haben, haben sidi zahlreiche P r a k t i k e r der E r w a c h s e n e n b i l d u n g g e w a n d t . D i e s e r Einspruch — wie er w i e d e r h o l t v o n K . Meissner vorgebracht w u r d e , — war gewiß durch einige mißverständliche F o r m u l i e r u n g e n — wie „ m i t t l e r e R e i f e für E r w a c h s e n e " — b e g r ü n d e t . 85 [63, S . 857}. D e r Bereich E r w a c h s e n e n b i l d u n g ist v o n dem Deutschen Ausschuß in zwei weiteren E m p f e h l u n g e n speziellerer N a t u r angesiedelt w o r d e n : E m p f e h lung aus A n l a ß des A u f b a u e s der B u n d e s w e h r (5. 7. 56) und E m p f e h l u n g e n f ü r eine W e h r a k a d e m i e der Bundeswehr (2. 7. 60). 66 Für diesen Z u s a m m e n h a n g s. d i e grundsätzliche Schrift: H . S i e b e r t [250]. N e u e r e E n t w i c k l u n g s t e n d e n z e n sind nachgetragen in [252]. A u f den v e r g l e i chenden A s p e k t und mögliche K o n v e r g e n z e r s c h e i n u n g e n weist H . Siebert hin in [253], hier insbesondere der Abschnitt » K o n v e r g e n z und Divergenz" ( S . 189 ff.). 4 •
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
in diesem Reformprozeß der wissenschaftlichen Mithilfe. Auch unter diesem Aspekt ist die „Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Erwachsenenbildung und zum Büchereiwesen" ( 1 6 . / 1 7 . 1 . 1 9 6 4 ) zu würdigen 67 . Hinsichtlich der wissenschaftsinstitutionellen Verankerung der „Wissenschaft von der Erwachsenenbildung" wird dort ausgeführt: „Die Kultusministerkonferenz hält es für erforderlich, daß die Erwachsenenbildung an den wissenschaftlichen Hochschulen in Forschung und Lehre mehr als bisher behandelt wird. Die Schaffung eigener Lehrstühle sollte angestrebt und die Einrichtung besonderer Institute erwogen werden. Es wird weiter empfohlen zu prüfen, wie sich die Hochschulen in noch stärkerem Maße und möglichst auch in institutioneller Form an der Erwachsenenbildung beteiligen können". In der „Zweiten Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Erwachsenenbildung" ( 4 . 3 . 1 9 7 1 ) wird unter dem Eindruck des Strukturplanes der Bildungskommission des Bildungsrates 68 offenbar davon ausgegangen, daß der ersten Empfehlung zwischenzeitlich weitgehend entsprochen wurde, denn anders lassen sich die empfehlenden Hinweise zur Professionalisierung der Erwachsenenbildung im Rahmen wissenschaftlicher Einrichtungen nicht verstehen. Zwischen diesen beiden genannten Empfehlungen muß noch auf die von der Ständigen Konferenz der Kultusminister am 12. 3 . 1 9 7 0 sowie vom Präsidium des Deutschen Städtetages am 3. März 1970 verabschiedete gemeinsame Empfehlung „Zur Berufsposition der hauptberuflichen Leiter und pädagogischen Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung" hingewiesen werden, in der Alternativmöglichkeiten für eine Professionalisierung entwickelt werden (Begleitstudium, Zusatzstudium, Diplomstudium). Diese Emp-
«7 Für diesen Zusammenhang s. Zur Entwicklung der Erwachsenenbildung seit 1964. Ein Bericht der Kultusministerkonferenz, Dokumentation N r . 29, N o v . 1969; [283; 284 insbesondere S . 29 ff., S . 112 ff., S . 1 7 3 ] , Für eine allgemeine Orientierung [1, S. 383 ff.]. D i e „Zweite Empfehlung der Kultusministerkonferenz zur Erwadisenenbildung" ist abgedruckt in [284, S . 173 ff.]; die Vorstadien des „Zwischenberichts der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung" lassen sich an den einzelnen Entwürfen verfolgen, so am 2. E n t w u r f , abgedruckt i n : Hodischulpolitische Materialien des V D S N r . 9 ; 3. E n t w u r f abgedruckt i n : Informationen, J u n i 1971, N r . 4 7 ; revidierter 4. E n t w u r f als Ms. vervielfältigt von der Geschäftsstelle der Bund-Länder-Kommission f ü r Bildungsplanung, 27. 9 . 1971.
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fehlungen werden begleitet von gesetzlichen Regelungen zur praktischen Erwachsenenbildung 60 , in den einzelnen Bundesländern — so in Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Schleswig-Holstein — und von der Hochschulreform, die die Notwendigkeit eigener wissenschaftlicher Einrichtungen für Erwachsenenbildung akzeptiert und Ansätze für eine vermehrte Außenarbeit (Universitäre Erwachsenenbildung) ausweist. Insgesamt läßt sich aus der Beschreibung der Empfehlungen und aus dem Hinweis auf eine auch öffentlichkeitsdienliche Hochschulreform ablesen, daß die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung seit der Mitte der 60er Jahre eine über den rhetorischen Zuspruch hinausgehende Beachtung gefunden hat und die Bundesrepublik solchermaßen eine Entwicklung nachvollzieht, die in anderen Ländern, u. a. England, Amerika, D D R , U d S S R , Rumänien, Jugoslawien, Holland, über eine in die endenden 40er Jahre, in einigen Fällen bis in die 20er Jahre zurückweisende Tradition verfügt. Es muß allerdings im Hinblick auf die bundesrepublikanische Entwicklung hinzugefügt werden, daß keineswegs alle Universitätsneugründungen der letzten Jahre die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung in einer extensiv verfaßten Erziehungswissenschaft berücksichtigt haben. Für die wissenschaftsinstitutionelle Berücksichtigung erwies sich als erschwerend, daß die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung zwar ihr Aufgabenfeld bestimmen, nicht aber ein wissenschaftstheoretisches Konzept vorweisen konnte. Als Handlungswissenschaft, die sich praxisleitend begreift, hat sie sich zunächst punktuell strukturiert und in die Reformprozesse eingegriffen (Medienverbund, Bildungsurlaub, Grundstudienprogramme, universitäre Erwachsenenbildung, „Weiterbildung"); die wissenschaftstheoretische und auch methodologische Fundierung beginnt sich erst jetzt zu kon6» H . Keim [150, S . 12 ff.; 69], Es muß allerdings festgehalten werden, daß unter den „vordringlichen Maßnahmen in der Bildungspolitik", die die Bund-LänderKommission in ihrer Sitzung am 6. J u n i 1972 beschlossen h a t , die Weiterbildung nicht berüdcsiditigt wurde. D e n sonstigen Beschlüssen zum Elementar- und Sekundarbereich haben Bundeskanzler und Regierungschefs der Länder am 7. J u l i 1972 zugestimmt. Siehe dazu Informationen. Bildung-Wissensdiaft. D e r Bundesminister für Bildung und Wissenschaft. 20. J u l i 1972, S . 93 ff.
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
turieren 70 . Diese sich hochschulpolitisch als nachteilig erweisenden Mängelerscheinungen haben allerdings auch wissenschaftsimmanente und fachspezifische Vorzüge. Einmal kann ja Theorie einer Gegenstandsbestimmung nicht vorangehen, außerdem bietet ein system- und theorieoffenes Verständnis auch die Chance, neue Aufgabenbereiche zu integrieren, und schließlich werden etwa im Methodenstreit jene Kontroversdiskussionen aufgehoben, wie sie sich etwa im antinomisch verabsolutierten Positivismusstreit offenbart haben. Das setzt freilich nicht von der Verpflichtung frei, sich in die gegenwärtig laufende wissenschaftstheoretische Diskussion einzuschalten. Als hinderlich f ü r eine wissenschaftsinstitutionelle Verortung, auch f ü r eine klare wissenschaftliche Kommunikation, erwies sich der Umstand, daß die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung bislang zu keiner einheitlichen Bezeichnung gefunden hat. Über die begriffliche Verfassung der Teildisziplin Wissenschaft von der Erwachsenenbildung haben wir bereits an früherer Stelle berichtet (S. 25) 71 . Die je angeführten Begründungen bleiben in der Regel ohne sonderliche Überzeugungskraft. Die Befürworter des Begriffs „universitäre Erwachsenenbildung" zur Kennzeichnung der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung führen u. a. den H i n weis an, daß auch im englischen und amerikanischen Sprachgebrauch von „university adult education" gesprochen werde. Hier muß allerdings einschränkend deutlich gemacht werden, daß englische, amerikanische, kanadische, afrikanische Institute oder Lehrstühle in der Regel mit „Adult Education" bezeichnet werden 72 . Der 1965 gegründete „International Congress of University Adult Education" versteht sich als Zusammenschluß von 70 O b e r die d i e m e t h o d o l o g i s c h e n F r a g e s t e l l u n g e n b e f ö r d e r n d e n K o n f e r e n z e n berichten w i r in „ I n t e r n a t i o n a l e s J a h r b u c h d e r E r w a c h s e n e n b i l d u n g 1973". D ü s s e l d o r f 1973. O b e r eine M e t h o d e n t a g u n g in W e l t e n b u r g s. J . H . K n o l l [164], Ü b e r d a s E x p e r t - M e e t i n g on C o m p a r a t i v e E d u c a t i o n s. „Journal** 1972, N r . 3. D i e V o r t r ä g e v o n W e l t e n b u r g u n d N o r d b o r g w e r d e n s e p a r a t im L a u f e des J a h r e s 1973 v e r ö f f e n t l i c h t w e r d e n , e i n i g e B e i t r ä g e s i n d im V o r w e g e a b g e d r u c k t in [90]. « J . H . K n o l l [169]. 72
C. O . H o u l e : A d u l t Education in the A m e r i c a n U n i v e r s i t y ; [14?]. H a n d b o o k rf Adult Education, ed. by R. M. Smith, G . F. Aker, J . R . K i d d , N e w Y o r k 1970.
2.1 Wissenschaftsinsticutionelle Problematik
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Wissenschaftlern, die entweder an Universitäten und Hochschulen das Fach „Wissenschaft von der Erwachsenenbildung" vertreten oder als Lehrende in den Departments of Adult Education tätig sind, die vorrangig für „extra-mural activities" zuständig sind. Hier umgreift also die Bezeichnung beides: die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung wie die universitäre Außenarbeit. Einem gleichen Verständnis neigt der 1968 in Göttingen gegründete „Arbeitskreis Universitäre Erwachsenenbildung e. V." 73 zu, der universitäre Erwachsenenbildung definiert als: „ — Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, die durch Forschung und Lehre entwickelt wird, — den praktischen Vermittlungsprozeß von Wissen im Bereich der Fort- und Weiterbildung von Erwachsenen im Hochschulunterricht und dessen theoretische Bearbeitung, — die Mitarbeit der Hochschulen an dem wissenschaftsorientierten Angebot der Erwachsenenbildungs-Einrichtungen"74. Der Begriff „Erwachsenenpädagogik" übernimmt eine Vorgabe, die zumal in der DDR gebräuchlich ist75, seine Befürworter argumentieren, wobei sie freilich die sprachlich-etymologische Unzulänglichkeit konzedieren, daß diese Fassung adjektivische Formen zulasse und daher handlich sei. Auf dem Hintergrund des vorbezeichneten Entwicklungsprozesses von der „Pädagogik zur Erziehungswissenschaft" (Kap. 1), sollte der Begriff Pädagogik zur Bestimmung einer wissenschaftlichen Teildisziplin der Erziehungswissenschaft nach Möglichkeit vermieden werden. Andragogische Wissenschaft, Andragogik und Andragologie werden in Holland, Jugoslawien, gelegentlich in der CSSR und der DDR 76 benutzt, wobei ich die differenzierteste Auffächerung 73 D a z u : [296], 74 [296, S. 27]. 75 H . Siebert [250, S. 148 ff.]. 7« J . H . Knoll [159, S. 63 ff.]. L . Turos: The Position of Andragogics in the System of Pedagogical Sciences. Society and Leisure, ed. by European Centre for Leisure and Education, N o . 3, 1971, S. 73 ff.; einen zutreffenden Überblick über den europäischen Diskussionsstand v e r m i t t e l t : Permanent Education, A compendium of studies commissioned by the Council for C u l t u r a l Co-operation. A contribution to the United N a t i o n s International Education Year. Council of Europe.
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
bei ten Have, A m s t e r d a m , finde: „ V o n A n d r a g o g i e w i r d a n a l o g der P ä d a g o g i e gesprochen. P ä d a g o g i e = A g o g i e des K i n des = agogische (in disem Z u s a m e n h a n g : erzieherische) A r b e i t mit K i n d e r n . Bezieht die agogische A r b e i t sich a u f bejahrte Menschen, wie z. B . in der Altershilfe u n d in der kulturellen A r b e i t mit alternden Menschen, d a n n k a n n v o n G e r o n t a g o g i e (vgl. Gerontologie, G e r i a t r i e ) gesprochen werden. Andragogische Wissenschaft(en) = Wissenschaft(en), die die A n d r a g o g i e z u m O b j e k t des S t u d i u m s macht (machen). A n d e r e Bezeichnungen: A n d r a g o l o g i e , also mit dem W o r t A n d r a g o g i e benennen wir das O b j e k t des S t u d i u m s (das O b j e k t der U n t e r suchung) u n d mit d e m Wort A n d r a g o l o g i e die Wissenschaft, welche die A n d r a g o g i e z u m O b j e k t des S t u d i u m s macht. D e r Begriff A n d r a g o g i k k a n n V e r w i r r u n g stiften. Dieses W o r t w i r d in unserer F a k u l t ä t schon hantiert, aber nicht als Bezeichnung der Wissenschaft der A n d r a g o g i e . U . a. a n a l o g z u m Ausdruck M e t h o d i k u n d der Dreiteilung M e t h o d e - M e t h o d i k - M e thodologie, w i r d v o n A n d r a g o g i k gesprochen, wenn es sich u m dasjenige handelt, d a s gewissen systematischen P h ä n o m e n e n der andragogischen A r b e i t z u g r u n d e liegt, z. B . u m G r u n d s ä t z e , in denen die andragogische A r b e i t w u r z e l t (die G r u n d s ä t z e , die sich z . B . aus einer Weltanschauung ergeben); u m eine M e t h o d i k , die sich im agogischen H a n d e l n k u n d g i b t ; u m eine Ideologie, die praktische Arbeit beeinflußt. In der A n d r a g o l o g i e ist nicht nur die A n d r a g o g i e , sondern auch die A n d r a g o g i k — als G a n z e s v o n manchmal nur implizit gegebenen A u f f a s s u n g e n , die die agogische A r b e i t lenken — O b j e k t der wissenschaftlichen Arbeit. D i e wissenschaftliche F o r schung h a t eben die A u f g a b e , die verborgenen Voraussetzungen und Zielsetzungen, die M e t h o d i k , derer m a n sich bedient, a u f zudecken u n d ihre T r a g f ä h i g k e i t u n d ihren Wert z u p r ü f e n . Z u s a m m e n f a s s e n d : A n d r a g o l o g i e ist die Wissenschaft der A n d r a g o g i e u n d der A n d r a g o g i k " 7 7 . N e b e n b e i sei nur angemerkt, d a ß die B e g r i f f e „ G e r o n t a g o g i k " — eine S o n d e r f o r m Strasbourg 1970. X V Ljetna Skola 77 T . T. ten H a v e H . Siebert [248,
Andragogija, Casopis za obrazovanje odrashilh i kulturu, Porec, S. 467 ff. [291, S. 45]. Für den begrifflichen Zusammenhang s. ferner, S . 367 f f . ]
2.1 Wissenschaftsinstitutionelle Problematik
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der Andragogik — und „Gerontagologie" analog zu der Andragologie auch in der Bundesrepublik begrifflich und inhaltlich befürwortet werden, wie aus den Veröffentlichungen der „Weltenburger Akademie" 78 abzulesen ist. Trotz gelegentlichem Widerspruch zu dem Begriff „Andragogik" wird in Holland nach wie vor die von ten Have entwickelte Differenzierung akzeptiert. Der Entstehungs- und Begründungszusammenhang ist leicht darzustellen und ist aus der Tradition her sicher auch einsichtig. Andragogik markiert solchermaßen eine deutliche Abhebung zu Pädagogik und will andeuten, daß Pädagogik und Andragogik methodisch und didaktisch voneinander abgehoben sind. Es gibt Alters- und mithin auch Lernspezifika, durch die Schule und außer- oder nachschulische Bildungseinrichtungen voneinander geschieden sind. Wenn das in dieser eindeutigen Kausalität zutrifft, so wäre auch einer Begrifflichkeit wie Andragologie zuzustimmen, andererseits weisen allerdings die freilich wenigen lernpsychologischen Untersuchungen über Lernen bei Erwachsenen nach, daß die Abhebungen nicht so grundsätzlich sind wie vordem vermutet wurde79. Vielmehr haben wir heute von einer kontinuierlichen Abfolge von Bildungsund Lernprozessen innerhalb unterschiedlicher Bildungseinrichtungen auszugehen; Vorschulerziehung, Schulbildung, Jugendbildung, Erwachsenenbildung markieren nur Etappen eines lifelong-learning, wobei jede der angegebenen Etappen gesonderte wissenschaftliche Erforschung beanspruchen kann. Schließlich wird noch von „Wissenschaft von der Erwachsenenbildung" gesprochen — eine Formel, die gewiß international nur schwer durchzusetzen sein wird. „Science of Adult Education" wäre ein Pleonasmus, da ja bereits „Adult Education" im Englischen „Wissenschaft der Erwachsenenbildung" bedeuten kann. Der Begriff folgt einer Analogie, wie wir sie bei „Wissenschaft von der Politik" vorfinden, hier wird „Wissenschaft" mit dem Objekt dieser Wissenschaft verbunden, das in unserem Fall die Erwachsenenbildung ist. Angesichts der derzeitigen, durch "8 Dazu [257]. '9
Für diesen Zusammenhang bes. belangvoll: H . Tietgens, J . Weinberg [295]. Zum Problem der Lernfähigkeit im Erwachsenenalter i n : [28, S. 43 ff.], mit bibliographischen Verweisen; H . Andriessen [4],
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Bildungsrat und Bund-Länder-Kommission vorgenommenen Begriffsreform: Weiterbildung tritt an die Stelle von Erwachsenenbildung und konstituiert einen selbständigen Bereich innerhalb institutionalisierter Bildung, wäre es dann angezeigt, von „Wissenschaft von der Weiterbildung" zu sprechen. Wir bleiben nachfolgend bei „Wissenschaft von der Erwachsenenbildung". Die in Bochum gewählte Lehrstuhlbezeichnung „ Praktische Pädagogik" für je einen Lehrstuhl mit Schwerpunkt Schule und einen mit Schwerpunkt für Erwachsenenbildung und berufliche Weiterbildung 80 halten wir für unzulänglich, da alle erziehungswissenschaftlichen Lehrstühle praxisorientiert und praxisleitend angelegt sind.
2.2 Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen Bereits vor den angeführten Empfehlungen der Kultusministerkonferenz wurde in Berlin — Freie Universität — ein Lehrstuhl für Erwachsenenbildung eingerichtet (1958) und mit Fritz Borinski besetzt, der dort eine Konzeption von Erwachsenenbildung zu realisieren versuchte, die z. T. am englischen Vorbild orientiert ist und eine mehr praktische und eine mehr theoretisch-wissenschaftliche Form der Erwachsenenbildung zu realisieren scheint. Fritz Borinski hat die seit 1953 in Berlin bestehenden Abendvorträge der Universität intensiviert, Universitätskurse eingeführt und schließlich auch Internationale Ferienkurse organisiert (den ersten 1964)81. Daneben steht eine reiche Forschungs- und Lehrtätigkeit, deren Akzente u. a. auf der politischen Bildung Erwachsener und dem Problem der Professionalisierung liegen. Nach 1964 hat dann zunächst die Ruhr-Universität Bochum die Empfehlung der Kultusministerkonferenz eingelöst, der Erwachsenenbildung einen wissenschaftsinstitutionellen Ort einzuräumen und seit Eröffnung dieser Universität »" [182]. 81
Siehe d a z u die v o n F. B o r i n s k i h e r a u s g e g e b e n e I n f o r m a t i o n s r e i h e „ E r w a c h s e n e n b i l d u n g a n d e r F U B e r l i n " , i n s b e s o n d e r e F e b r u a r 1968, N r . 2, S. 1 ff. D e r j ü n g s t e internationale Ferienkurs: N o r m s , Roles and Social C o n s t r a i n t s , The I n f l u e n c e on t h e I n d i v i d u a l of h i s E d u c a t i o n [ F U B e r l i n , 20. 8 . - 2 . 9. 1973],
2.2 Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen
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(Somersemester 1965) sind fortlaufend Seminare und Vorlesungen zum Gesamtgebiet der Erwachsenenbildung ( J o a c h i m H. Knoll) durchgeführt worden. Wir hatten bereits darauf hingewiesen, daß dieser Lehrstuhl die Bezeichnung „Praktische Pädagogik" (Erwachsenenbildung und berufliche Fortbildung) erhielt und von dieser Umschreibung her auf einen weiteren inhaltlichen Horizont hin angelegt war. Außerdem wurde diesem Lehrstuhl eine Arbeitsgemeinschaft für Publizistik und Kommunikation angeschlossen, da in Abschätzung künftiger technologisch-pädagogischer Entwicklungen vorauszusehen war, daß die Grenzbereiche von Kommunikationswissenschaft und Erziehungswissenschaft82 gerade im Bereich der Erwachsenenbildung konvergieren würden. Diese Arbeitsgemeinschaft ist inzwischen in eine Sektion umgewandelt worden, die die Publizistik" und Kommunikationswissenschaft als einen selbständigen Forschungs- und Lehrgegenstand präsentiert, allerdings ist der institutionelle und auch weitgehend der inhaltliche Verbund mit der Erziehungswissenschaft erhalten geblieben (Leiter: Kurt Koszyk). Vom Lehrstuhl für Praktische Pädagogik wurde auch die erste Habilitation an einer bundesrepublikanischen Hochschule eingeleitet, in der die „Wissenschaft von der Erwachsenenbildung" in der schriftlichen Habilitationsleistung Berücksichtigung fand (Horst Siebert83). Forschungs- und Lehrgegenstände dieses Lehrstuhls waren bisher: Methodik der Erwachsenenbildung, Methoden in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, internationale Aspekte der Erwachsenenbildung (insbesondere DDR, England, Skandinavien), empirische Untersuchungen über Einstellungen und Tätigkeitsprofile 84 . In den folgenden Jahren sind dann in vergleichsweise rascher Folge weitere Lehrstühle an bundesrepublikanischen Hochschulen hinzugekommen, die sich ebenfalls deutlich profiliert haben: so an der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen, Abteilung Hannover, (Horst Siebert), als Schwerpunkte zeichnen sich dort 82 J . H . K n o l l [161; 154]; ders., Erwachsenenbildung m i t oder ohne Hochschule. I n : W i r t s diaft und Wissenschaft, N r . 5, Sept./Okt. 1970, S. 17 ff. 83 H . Siebert [250], 8 4 Die empirische Untersuchung, T ä t i g k e i t s p r o f i l der in der Erwachsenenbildung nebenamtlich T ä t i g e n , w i r d von uns im J a h r e 1973 vorgelegt w e r d e n .
60
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Professionalisierungsprobleme, Unterrichtsforschung und Lernforschung ab; Pädagogische Hochschule Berlin (Joachim Dikau), seit Errichtung dieses Lehrstuhls im Jahr 1970 gilt das Interesse der Arbeiterbildung; theoretische Arbeiten zum Gesamt der Erwachsenenbildung dürften von dort zu erwarten sein, ebenso werden praktisch und theoretisch gruppendynamische Vorhaben in Gang gesetzt, darüber hinaus werden die Möglichkeiten einer Professionalisierung im Vorblick auf die „spätere Berufspraxis" erprobt 85 . An der Pädagogischen Hochschule Ruhr, Abteilung Essen, vertritt Wilhelm Niggemann den Forschungs- und Lehrbereich Erwachsenenbildung; Niggemann hat u. a. in jüngster Zeit einen Professionalisierungsentwurf vorgelegt86, der auch das Gebiet der Erwachsenenbildung inhaltlich näher bestimmt und als Hinleitung zu einer wissenschaftstheoretischen Einführung bezeichnet werden kann. Vermutlich werden von Niggemann die bisherigen wissenschaftlichen Arbeiten neben bildungspolitischer und bildungsstatistischer Aktivität fortgeführt, nämlich die zu der konfessionellen Erwachsenenbildung. Die Schwerpunkte der neu errichteten Lehrstühle an der Pädagogischen Hochschule Ruhr, Abteilung Dortmund, (Johannes Müller) und der Pädagogischen Hochschule Westfalen Lippe, Abteilung Münster, (Johannes Weinberg), beide erst 1971 besetzt, sind zum Teil durch eine UNESCO-Enquete, die später mitgeteilt wird, erkennbar geworden. Mit besonderem Nachdruck seien die Aktivitäten von Franz Pöggeler an der Pädagogischen Hochschule Rheinland, Abteilung Aachen, hervorgehoben, der die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung durch zahlreiche theoretisch und praktisch orientierte Publikationen gefördert hat. Am Seminar für Allgemeine Pädagogik, Abteilung für Erwachsenenbildung, sind z. Z. 6 hauptberufliche Mitarbeiter sowie 3 Forschungsassistenten tätig. Die Arbeit konzentriert sich seit dem 1. 10. 1971 auf ein 85 M . J a g e n l a u f und H . S i e b e r t : info Erwachsenenbildung, N r . 1 ff-, versuchen die in diesem Zusammenhang relevanten Daten und Vorhaben zusammenzustellen; ferner: Erwachsenenbildung-Informationen aus der P H Berlin, N r . 1 f . , Berlin 1971 f . ; allgemein zur Professionalisierung: W Schulenberg u. a . : Z u r Professionalisierung der Erwachsenenbildung. I n der Reihe „Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung". Braunschweig 1972. 86 W . Niggemann, E n t w u r f von Ausbildungsmodellcn Weiterbildung. Als Ms. vervielfältigt.
für
Lehrkräfte
in
der
2.2 Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen
61
umfangreiches Forschungsprojekt „Inhalte, Methoden und Effizienz der Elternbildung", das im Auftrage des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit durchgeführt wird. Weitere Hochschulen befassen sich neben allgemein-erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen mit Erwachsenenbildung — ich nenne hier nur stellvertretend H. H. Groothoff, Universität Köln, und Theodor Ballauff, Universität Mainz. Daneben verdient die Pädagogische Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes (Leiter: Hans Tietgens) besondere Erwähnung, eine Einrichtung, die die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung auf der Grundlage praxisrelevanter Fragestellungen gefördert hat. Zahlreiche Publikationen weisen diese Aktivität nach. Andere Gruppierungen innerhalb der praktischen Erwachsenenbildung haben — abgesehen von dem der katholischen Erwachsenenbildung verbundenen vormaligen „Institut für Erwachsenenbildung" in Münster87, vergleichbare Einrichtungen nicht geschaffen. Die Pädagogische Arbeitsstelle hat auch erste Vorarbeiten für eine überregionale Weiterbildungsstatistik geleistet und verfügt solchermaßen über den Rang eines Dokumentationszentrums, wenn auch nicht in dem Ausmaße wie das einzige internationale Erwachsenenbildungs-Dokumentationszentrum E R I C der Syracuse-University, New York 8 8 . Die vorstehenden Hinweise auf Schwerpunktbildung und Profilierungen der Hochschuleinrichtungen und vergleichbaren wissenschaftlich arbeitenden Institutionen markieren nur Entwicklungslinien innerhalb der Wissenschaft von der Erwachsenen87 Auf diesen Zusammenhang wird in K a p . 4 nodi näher eingegangen. 08 I n einer Selbstbeschreibung dieser Einrichtung wird wie folgt ausgeführt: The E R I C Clearinghouse on Adult Education [ E R I C / A E ] is sponsored by the Educational Resources I n f o r m a t i o n Center [ E R I C ] o f the U . S . O f f i c e of Education and Syracuse University to provide information services to the adult education and training profession. E R I C / A E works in close collaboration with nineteen other Clearinghouses as p a r t o f the national E R I C network o f information analysis centers in education. Wichtige und fortlaufende Publikationen: Research in Education, Current Information Sources Series (Adult basic Education, Adult Education in G e r m a n y ) . D a z u : E R I C . Publications in continuing education. Spring 1970. Eine Beschreibung der Aktivitäten und Service-Funktionen i n : H o w to use E R I C . Washington o. J . Siehe jetzt audt die Zusammenstellung D i r e c t o r y o f Adult Education in Documentation Centres, Second Preliminary Version, hrsg. Adult Education D i v i s i o n , UNESCO, Paris, February 1973.
62
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
bildung; sie sind fraglos nur fragmentarisch. Darin unterscheiden sich die deutschen Verhältnisse von denen anderer Länder nicht. Bereits auf der zweiten Tagung des International Congress of University Adult Education (ICUAE, Montreal 1970) ist dieses Defizit markiert und Abhilfe in Aussicht gestellt worden. Bereits während dieser Tagung und fortlaufend in den Jahren 1971 und 1972 hat das „Journal" dieser wissenschaftlichen Vereinigung Daten kompiliert, aus denen sich zumindest ausschnitthaft die je unterschiedliche Verfahrensweise, die regional determinierten Aufgabenfelder und das basale Wissenschaftsverständnis ablesen lassen 89 . Für die Erwachsenenbildungs-Weltkonferenz (Tokio, Juli/August 1972) hat die I C U A E mit Unterstützung der U N E S C O eine Enquete durchgeführt, durch die alle wissenschaftlichen Einrichtungen in den der U N E S C O angehörenden Ländern nach ihren personellen Ausstattungen, ihren Ausbildungsmodalitäten und Ausbildungsstatistiken und auch nach ihren wissenschaftlichen Forschungsprojekten befragt wurden. Wenn auch die dabei gewonnenen Daten noch keinen zulänglichen internationalen Vergleich zulassen, so ist doch solchermaßen eine erste Aktivität erkennbar, durch die das bislang vorhandene wissenschaftsstatistische Defizit korrigiert werden kann" 0 . Nachstehend gebe ich den in englischer Sprache abgefaßten Fragebogen wieder und teile die von den deutschen wissenschaftlichen Einrichtungen eingegangenen Antworten mit.
89 Siehe J o u r n a l 1970, nos. 1—3. Adult E d u c a t i o n in the C o n t e x t of Lifelong E d u c a t i o n ; Third I n t e r n a t i o n a l Conference on A d u l t Education, Tokyo 25. July—7. August 1972, U N E S C O / C o n f e d a d 5, Paris 1972; A Retrospective I n t e r n a t i o n a l Survey of A d u l t Education (Montreal 1960 to Tokyo 1972), Third International Conference on Adult Education, Tokyo 25. July—7. August 1972, U N E S C O / C o n f e d a d 4, Paris 1972. 90 Dies gilt insbesondere f ü r die freilidi stellenweise summarisch ausfallende D a r stellung A Retrospective I n t e r n a t i o n a l Survey of Adult Education, a. a. O . Der internationale Aspekt w i r d beleuchtet i n : Final R e p o r t , Third International Conference on Adult E d u c a t i o n , Convened by U N E S C O , T o k y o , 25 July—7 August 1972, Paris, 26. October 1972; f o r t l a u f e n d e I n f o r m a t i o n e n jetzt i n : i n f o r m a t i o n notes, adult education, N o . 1 ff., February 1973 ff. »1 J . H . Knoll [167].
2.2 Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen
63
A. Fragebogen International questionnaire
congress of university adult education on the training and re-training of adult
educationists
The information obtained in this survey will be used in a report to be presented to Unesco in preparation for the Third World Conference on Adult Education (1972). A. UNIVERSITIES and institutions of similar standing 1.
a) Name of University b) Name of Department concerned with Adult Education c) Postal Address d) Name and Title of Director 2. Please complete the following statistical information concerning your courses in adult education which lead to a qualification. 2. Duration of course 3. Hours of 1. State "yes" to compulsory attendcourses which are in Months ance each week available 4. Students 5. Students gradgraduated enrolled uated in the three years, 1969, 70, 71 a) Diploma b) First degree c) Masters degree d) Doctors degree 3. Please give an outline of the main content of the courses, including optional subjects. a) Diploma b) First degree c) Masters degree d) Doctors degree (Please enclose a copy of the syllabus and other details of each course). 4. Please indicate the number of staff in the department. a) Professors b) Other Academic Staff c) Technical Staff 5. What books and major publications have been published by members of the Department during the period 1969—71. 6. What major researchprojects is the Department at present?
undertaking
64
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
7. Does the Department provide shorter re-training courses for adult educationists? (If yes, please give brief details, including subjects and duration.) 8. Approximately how many students have participated in these courses during the period 1969—71? 9. Additional information. B. Institutions other than Universities 1. Name of Institution Title of Department responsible for adult education Postal address Name and title of Director of the Department 2. Do the courses offered by the Department lead to a qualification? (If yes, please give details) 3. Please give details of the content of the courses, with an indication of their length. 4. 5. 6. 7. 8.
How many courses do you offer each year? How many students enrolled for courses in 1971? Of these how many are already working in adult education? How many full-time staff are involved in this work? Do you produce a report? (If yes, please will you enclose a copy) 9. Additional information B. Ergebnisse der Befragung A. Universities and institutions of similar standing 1. a) Freie Universität Berlin b) Erziehungswissenschaftliches Institut Abteilung Erwachsenenbildung c) 1 Berlin 33, Arnimalleel d) Prof. Dr. phil. Gerd Doerry 2. 1 2 3 4 5 a) ja 24 14 80 — c) ja 24 12—14 4 1 d) ja 24 12—14 5 31 3. Man sollte dieses Diplom nicht mit dem Diplom für Erwachsenenbildung vergleichen, das von einigen englischen Universitäten angeboten wird. Es ist ein Diplom in Erziehungswissenschaft,
2.2 Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen
65
das nach einem Vollstudium von 8 Semestern von Studenten erworben werden kann, die nur an einer „high-school" graduiert haben. Nach 4 Semestern Grundstudium, das für alle Studenten gleich ist, muß die Vor-Diplom-Prüfung abgelegt werden. In der zweiten Hälfte des Studienganges spezialisiert sich der Student in einem der folgenden Fächer: Schule Sozialpädagogik und Sozialarbeit Erwachsenenbildung Berufsbildung Einrichtungen zur Behandlung und Erziehung schwererziehbarer Kinder Das Hauptstudium wird mit der Diplomprüfung abgeschlossen. Für einen Studenten, der sich auf Erwachsenenbildung spezialisiert (um hauptsächlich leitende, beratende oder Forschungsarbeit auf diesem Gebiet zu leisten), enthält das Studienprogramm folgende Fächer: Grundstudium Theorie der Pädagogik (z. B. Pädagogische Anthropologie) Psychologie (z. B. Pädagogische Psychologie) Soziologie (z. B. Pädagogische Soziologie) Grundbegriffe und Methoden Empirischer Untersuchung (Statistik einbegriffen) Hauptstudium Geschichte der Erwachsenenbildung Soziologie der Erwachsenenbildung Psychologie der Erwachsenenbildung Haupteinrichtungen (z. B. Volkshochschule) Ziele, Inhalt und Methoden Verwaltung und Erziehungspolitik Theorie der Erwachsenenbildung und Methodologie der Forschung in der Erwachsenenbildung 'Wahlfächer („Nebenfächer") Politische Wissenschaften oder Soziologie (z. B. Industrie-Soziologie) oder Philosophie oder Theologie oder Methodologie eines Faches, das in der Erwachsenenbildung gelehrt wird (das Fach muß vor oder parallel zum DiplomKurs belegt gewesen sein) 5 Knoll, Erwachsenenbildung
66
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Magister: Es gibt keinen vorgeschriebenen Studiengang; den Studenten wird dennoch geraten, sich an dem Diplom-Kurs zu orientieren. Promotion: (s. Magister) 4. a) 2 (1 Professur ist unbesetzt) b) 1
c) 1
5. Gesellschaft—Politik—Erwachsenenbildung. Ausgewählte Aufsätze zur politischen Bildung und Erziehung von Fritz Borinski. Dokumente aus 4 Jahrzehnten, hrsg. v. J . Ehrhardt, H . Keim u. D. Urbach, Villingen 1969. Universitäre Erwachsenenbildung in Berlin, hrsg. v. F. Borinski, Berlin 1971. 6. Ein Projekt über die Wirkung der Selbsteinsdiätzung innerhalb von Gruppen (insbesondere Interaktions-Analyse) auf den Zusammenhalt und die Ko-operation in Schul- und Universitätsklassen (seit 1970). 7. Es ist vorgesehen, Kurse ähnlicher Art in Kürze einzurichten. Bisher haben die in Erwachsenenbildung Tätigen, die ihre Studien fortsetzen wollten, an den Veranstaltungen, die für sie von besonderem Interesse waren, teilgenommen. 8. 8—10, 9. Zur Zeit arbeiten Mitglieder der Abteilung an Konzeption und Lehrplan eines Zusatzstudiums für diejenigen, die auf einem anderen Gebiet promoviert haben oder gerade promovieren und die eine Kurz-Ausbildung in Erwachsenenbildung, vor allem Methodologie, anstreben, um an einem Institut für Erwachsenenbildung lehren zu können. Dieser Lehrgang wird in etwa dem Diplom-Kurs, wie er an britischen Universitäten angeboten wird, ähnlich sein. 1.
2.
3.
a) Ruhr-Universität Bodium b) Institut für Pädagogik, Abt. für Philosophie—Pädagogik— Psychologie c) 463 Bochum, Postfach 2148 d) Professor Dr. Joachim H. Knoll 1 2 3 4 5 c) ja 4 Jahre — — 4 d) ja 4 Jahre — — 2 c) Theorie, Methodologie und Praxis der Erwachsenenbildung, Comparative d) Theorie, Methodologie und Praxis der Erwachsenenbildung, Adult Education
2.2 Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen
67
4.
a) 1 b) 3 5. Internationales Jahrbuch der Erwachsenenbildung 1969 (hrsg. J . H. Knoll) Internationales Jahrbuch der Erwachsenenbildung 1971 (hrsg. J . H. Knoll) J . H. Knoll, Erwachsenenbildung, 1972 6. Tätigkeitsprofil nebenamtlicher Erwachsenenbildner — eine empirische Studie Einführung in Theorie, Methodik und Praxis der Erwachsenenbildung in der BRD. 7. Nein 1. a) b) c) d) 2. a) 3. a)
4. 5.
6. 7.
9. 5 •
Pädagogische Hochschule Berlin Abt. 1, Fachbereich Erwachsenenpädagogik 1 Berlin 46, Malteserstr. 74—100 Prof. Dr. Joachim Dikau 1 2 3 4 5 ja 48 15 98 — Gesdiichte der Erwachsenenbildung; soziale Bedingungen der Erwachsenenbildung; Didaktik und Methodologie, Institutionen, Erziehungspolitik, Theorie der Erwachsenenbildung. a) 1 b) 1 c) V2 Sekretärstelle Dikau, J.: Erwachsenenbildung zwischen Affirmation und Kritik. In: HBV, 1970, H. 4, S. 322—337; ders.: Berufsfortbildung und emanzipatorisdie Erwachsenenbildung. In: HBV, 1971, H. 1, S. 33—41; ders.: Die Planung von Wirtschaftskursen als Ansatz für eine Didaktik der universitären Erwachsenenbildung, in: Universitäre Erwachsenenbildung in Berlin, hrsg. v. Fritz Borinski, Berlin, 1971, S. 89—109; ders.: Diplomstudiengang und integrierte Lehrerausbildung, in: HBV, 1971, H. 4, S. 246—258. Entwicklung eines Lehrplans für Erwachsenenbildner. Voraussetzungen und Chancen eines Bildungsurlaubs. Entwicklung einer Didaktik der Erwachsenenbildung. Zur Zeit keine speziellen Veranstaltungen, aber die Veranstalstaltungen und Seminare sind für Erwachsenenbildner offen. Spezielle Schulungskurse zur Wiederholung werden wahrscheinlich in Zukunft angeboten. Der Lehrstuhl für Erwachsenenbildung wurde im Februar 1972 eingerichtet, so daß erst wenige Erfahrungen vorliegen.
68
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Der Personalbestand ist noch sehr klein, wird aber bald vergrößert werden. 1. a) Pädagogische Hochschule Niedersachsen, Abteilung Hannover b) Lehrstuhl Erwachsenenbildung c) 3 Hannover, Bismarcks«. 2 d) Prof. Dr. Horst Siebert 2. 1 2 3 4 5 a) ja 48 ca. 20 72 Die Arbeit des Lehrstuhls begann erst 1970 3. a) Gesdiichte der Erwachsenenbildung; Didaktik der Erwachsenenbildung; Erwachsenenbildung im internationalen Vergleich; bildungspolitische und soziologische Aspekte der Erwachsenenbildung; Recht und Verwaltung der Erwachsenenbildung. 4. a) 1 b) 4 c) V2 5. Siebert, Horst, Erwachsenenbildung in der Erziehungsgesellschaft der D D R . Jagenlauf, Michael und Siebert, Horst, Die Volkshochschule im Urteil ihrer Mitarbeiter, Braunschweig, 1970. Siebert, Horst, Bildungspraxis in Deutschland. D D R und BRD im Vergleich, Düsseldorf, 1970. 6. 1 Projekt zur empirischen Unterrichtsforschung in Erwachsenenbildung, Düsseldorf, 1970. 7. Die Möglichkeit eines Kontaktstudiums wird vom Lehrstuhl befürwortet, es gibt hierfür jedoch offiziell noch keinen Studiengang. Einige Erwachsenenbildner nehmen aufgrund eigener Initiative an den Veranstaltungen des Lehrstuhl teil. 8. ca.20 1. a) Pädagogische Hochschule Rheinland, Abt. Aachen b) Seminar f ü r Allgemeine Pädagogik und Philosophie c) 51 Aachen, Ahornstr. 55 d) Prof. Dr. Franz Pöggeler 2. 1 2 3 4 a) 5 6 2 ca. 120 d) 1 6 2 6
5 — —
2.2 Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen 3. 4. 5.
6. 7.
69
a) Min.-Rat Dr. Orthen, Dr. Senzky Prof. Pöggeler Theorie der Weiterbildung d) Unterrichtsplanung a) 2 b) 3 F. Pöggeler: Methoden der Erwachsenenbildung (3. Aufl. Freiburg/B asel/Wien/71) F. Pöggeler: Inhalte der Erwachsenenbildung 2. Aufl. Freiburg/Basel/Wien/65) F. Pöggeler: Neue Häuser der Erwachsenenbildung (Düsseldorf 59) F. Pöggeler: Weiterbildung — Eine Einführung in die Andragogik (2. Aufl. Stuttgart 72). Methoden, Inhalte und Wirkungen der Elternbildung (eine dreistufige empirische Studie im Auftrage des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit). Nein.
1. a) Pädagogische Hochschule Rheinland, Abt. Köln b) Seminar für Allgemeine Pädagogik c) 5 Köln 41, Gronewaldstr. 2 d) Prof. Dr. Paul Röhrig 2. 1 2 3 4 5 a) ja 4 Jahre 10 ca. 10 — d) ja 4 Jahre nicht 5 — vorgeschrieben 3. a) Hauptfächer: Pädagogik (Geschichte, Methodik u. Soziologie der Erwachsenenpädagogik); Psychologie; Soziologie; und ein Schulfach (wahlfrei) d) Hauptfächer: Pädagogik, besonders Erwachsenenpädagogik; Nebenfächer nach freier Wahl. 4. a) 1 b) 3 c) 1 5. Mehrere Artikel in pädagogischen Zeitschriften 6. Der Lehrstuhl existiert erst seit einem Jahr: daher sind erst 3 Dissertationen in Vorbereitung; 2 beschäftigen sich mit der Geschichte der Arbeiterbildung in Deutschland, die andere befaßt sich mit der Weiterbildung in der Freizeit. 7. Nein.
70
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
9. Das Studium der Erwachsenenbildung befindet sich hier noch im Anfangsstadium: die Hauptaufgabe der Abteilung ist die Ausbildung von Grundschul- und Gymnasiallehrern. 1.
2.
3.
4. 5.
6. 7. 9.
a) Pädagogische Hochschule Westfalen-Lippe, Abt. Münster b) Lehrstuhl f ü r Erwachsenenbildung im Fachbereich I c) 44 Münster/Westf., Platz der Weißen Rose d) Prof. Dr. Johannes Weinberg 1 2 3 4 5 a) ja 3 50 — 2 St. pro Seminar a) Der Lehr-Lern-Prozeß in der Erwachsenenbildung; Die Motivation von Erwachsenen, an Erwachsenenbildungsprogrammen teilzunehmen; Der Prozeß der ,Professionalisierung' in der Erwachsenenbildung. a) 1 b) 1 Assistent (unbesetzt) Ein Artikel über den Deutschunterricht f ü r Gastarbeiter in Zusammenarbeit mit Hans Tietgens. Ein Buch über den Lehr- und Lernbereich in der Erwachsenenbildung. Zur Zeit kein Projekt. In Vorbereitung. Es gibt keine Abteilung f ü r Erwachsenenbildung, sondern nur einen Lehrstuhl, seit dem 1. Oktober 1971.
B. Institutions other than Universities 1. a) Pädagogische Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschul- Verbandes e. V. b) siehe oben c) 6 Frankfurt/Main., Holzhausenstr. 21 d) Dr. Hans Tietgens 2. noch nicht 3. Die sozialen und politischen Vorbedingungen der Erwachsenenbildung; die institutionellen Probleme der Erwachsenenbildung; die psychologischen und soziologischen Probleme von Lehren und Lernen; Aspekte über den Inhalt der Erwachsenenbildung und über das Festsetzen der Brennpunkte. Vier Veranstaltungen von einwöchiger Dauer und einige eintägige Sitzungen.
2.2 Erwachsenenbildung an den deutschen Hochschulen
71
4. 5. 6. 7.
2 44 Alle 1 vollberuflich 4 nach Bedarf 8. Ja. Aber da der Kurs gerade zu Ende ging, ist der Report noch nicht vollständig. 9. Das Programm enthält eine zweitägige Veranstaltung vor dem Kurs, 4 Kurse von einwödiiger Dauer, einige eintägige Treffen, eine zweitägige Besprechung nach dem Lehrgang und Anleitung während des ersten Berufsjahres. Es ist beabsichtigt, zusätzliches Material für korrespondierende Kurse zu entwickeln. Das Programm ist ein Schritt zur weiteren Professionalisierung auf dem Gebiet der Erwachsenenbildung. Einerseits soll es dazu beitragen, den gegenwärtigen Mangel an Erwachsenenbildungsmöglichkeiten an westdeutschen Universitäten auszugleichen; zum anderen soll es Hilfsmittel für die Praxis der Erwachsenenbildung schaffen. 1. a) „Arbeit und Leben" b) siehe oben c) 4 Düsseldorf, Hans-Böckler-Str. 39 d) Christoph Georgie, Pädagogischer Leiter 9. siehe 4.3 unserer Darstellung
Wir haben in der Beschreibung der wissenschaftsinstitutionellen Dimension der Wissenchaft von der Erwachsenenbildung zunächst nur solche Einrichtungen genannt, die sich entweder ausschließlich oder doch vorrangig in der Bundesrepublik mit der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung befassen. Es muß darüber hinaus indes auch bewußt gemacht werden, daß Veranstaltungen zu Fragen der Erwachsenenbildung auch im Kontext allgemeinerziehungswissenschaftlicher Lehre erörtert werden. Freilich geht es in diesen Fällen um einen mehr wissenschaftspolitischen oder bildungspolitischen Aspekt, auch um eine Komplettierung systematischer oder historischer Zugänge zu E r ziehung und Erziehungswissenschaft, weniger um die Herstellung eines Systems oder einer Wissenschaftstheorie. Eine erstmalig durchgeführte „Umschau" über „Lehrstühle (Lehraufträge) und Lehrveranstaltungen zur Erwachsenenbildung an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen der
72
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Bundesrepublik Deutschland und Westberlins" (1970) 92 weist im Wintersemester 1969/70 oder (und) im Sommersemester 1970 Lehrveranstaltungen an den folgenden Universitäten aus: T H Aachen, F U Berlin, Universität Bochum, Universität Bonn, Universität Frankfurt, Universität Gießen, Universität Göttingen, Universität Hamburg, Universität Heidelberg, Universität Kiel, Universität Köln, Universität Mainz, Universität Marburg, Universität München, Universität Münster, Universität Saarbrücken. Folgende Pädagogische Hochschulen geben Veranstaltungen an: Aachen, Berlin, Bonn, Bremen, Duisburg, Essen, Esslingen, Göttingen, Hannover, Heidelberg, Hildesheim, Kaiserlautern, Kiel, Köln, Lüneburg, München, Münster, Neuss, Neuwied, Oldenburg, Paderborn, Reutlingen, Siegerland, Trier, Weingarten, Worms. Nach neuesten Ermittlungen der P H Berlin (Info 2) „wird mittlerweile an 15 Hochschulen der B R D und West-Berlins ein erwachsenenpädagogischer Studiengang angeboten . . . " 2.3 Tendenzen zur Integration der Erwachsenenbildung in den Sekundär- oder Tertiärbereich Kurt Meissner hat in seiner Explikation über die Präsentationsformen in der Erwachsenenbildung an die Stelle des Begriffes „Popularisierung" den der „öffentlichen Wissenschaft" gesetzt und daran die Konsequenz angeschlossen, daß in Zukunft der Ort der Erwachsenenbildung im tertiären Bereich, in einem System sich offen verstehenden Hochschulwesens zu lokalisieren sei93. An seinen Bemerkungen ist ein Doppeltes für unseren Zusammenhang von Belang. Einmal bestimmt er den 92 M . T h . S t a r k e [285]; s. dazu auch das „Zur Professionalisierung in der Erwachsenenbildung" zusammengestellte Heft 4/1971 der Hessischen B l ä t t e r für Volksbildung (mit den Beiträgen: J . Weinberg: Z u r Professionalisierung in der Erwachsenenbildung; F . Borinski, G . D o e r r y und J . O l b r i c h ; Plan für das Studium der Erwachsenenbildung; H . F e i d e l - M e r t z , F . Brandecker und E . Weick: Ein projektorientiertes Studium der Erwachsenenbildung; H . Siebert: E n t w u r f eines Studienplanes für Erwachsenenpädagogik). D i e neueste Zusammenstellung über Studium und Forschung der Erwachsenenbildung in der B R D i n : I n f o E b N r . 1, hrsg. M . J a g e n l a u f und H . Siebert, H a n n o v e r . J u n i 1972, als Ms vervielfältigt. 93 K . Meissner [204]. M i t diesen Gedanken haben wir uns auseinandergesetzt
in:
2.3 Erwachsenenbildung in den Sekundär- oder Tertiärbereidi
73
Umsetzungsprozeß von Wissenschaft in einer sich zunehmend verwissenschaftlichenden Umwelt neu, indem er nicht wie bisher eine Umsetzung wissenschaftlicher Erkentnisse mit den Mitteln eines populären Sprachgebrauchs empfiehlt, also jene Vorgehensweise, wie sie von den aufgeklärten Naturwissenschaftlern des 19. Jahrhunderts praktiziert wurde, sondern die Möglichkeit herstellen will, nichtakademische Adressaten in den wissenschaftsinternen Sprachgebrauch einzuüben und ihnen solchermaßen die Kommunikation auf einer wissenschaftlichen Sprachebene zu erleichtern. Der Prozeß unterscheidet sich von dem der traditionellen Erwachsenenbildung grundsätzlich: sollte die Wissenschaft sich früher „verständlich" machen, so sollen jetzt die Erwachsenen befähigt werden, sich der Wisenschaft auch in ihrem Sprachgebrauch zu nähern. Freilich sind dieser Absicht dort Grenzen gesetzt, wo es sich um spezialistische Forschungen handelt, die ein wissenschaftliches Vorverständnis anderer Hilfsdisziplinen voraussetzen. Hier begegnet die schon banale Einsicht, daß sich nicht alle Wissenschaft gesellschaftsdienlich und öffentlichkeitsorientiert funktionalisieren läßt. Dieser Gedanke wird von Meissner in den Zusammenhang einer Hochschulreform rangiert, die die Gesamthochschule als ein offenes System, vergleichbar der englischen Open University 94 und der japanischen University in the Air, annimmt. Nun hat die Bildungskommission des Bildungsrates in dem Strukturplan und daran anschließend die Kultusministerkonferenz sich zu dem Gedanken bekannt, die Erwachsenenbildung in das Gesamt des öffentlichen Bildungswesens zu integrieren und einen eigenen, d. h. selbständigen Bereich Weiterbildung zu konstituieren. Beide Gremien vollziehen in diesem Bezug eine Entwicklung nach, die sich in der DDR bereits seit Mitte der 60er Jahre abzuzeichnen begann und die in dem „Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem in der D D R " (1965) J . H . K n o l l : Popularisation Enlightenment through Science, i n : Council of Europe, C C C / E E S (71), 54, 14. April 1971. 04 Im Vorgriff auf spätere Verweise madien wir aufmerksam auf W . H . Anders [3] und P . Drewek [83]. Ferner H . C . Wiltshire, The Open University, in: Prospects, Quarterly review o f Education, V o l . I I , N o . 3 , Autumn 1972, S . 343 fi.; C h . E h m a n n , Open U n i v e r s i t y : Vorbild für das Fernstudium im Medienverbund, i n : medium, 11/1972, S . 11 ff.
74
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
realisiert wurde 85 . Dieser Prozeß markiert im Selbstverständnis traditioneller Erwachsenenbildung, die sich distanziert gegenüber Staat, Schule und öffentlichem Bildungswesen verstand, einen totalen Bruch, der vielfältige verwaltungs- und laufbahnrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen wird. Aus den diesbezüglichen Empfehlungen läßt sich herauslesen, daß ein eigener Bereich „Weiterbildung" als ein vierter, quartärer Bereich etabliert werden soll, sich also im Sinne eines chronologischen Fortschrittes nach Vorschulerziehung (Elementarbereich), Schulerziehung und Berufserziehung (Sekundarbereich I und II) und Hochschulbereich (Tertiärbereich) als eine vierte Phase — als post-experience education — anschließen soll. Der kritische Einspruch richtet sich nun dagegen, daß gerade durch die Konstituierung eines vierten Bereichs das Sonderdasein der Erwachsenenbildung erhalten bliebe und die Scheidung in akademische Berufsbildung und nichtakademische Weiterbildung verfestigt würde. Eine Integration sei nur dann herzustellen, so wird argumentiert, wenn eine Einbeziehung in bislang bestehende Bildungsinstitutionen erfolge. Von dieser Argumentation aus würden sich zwei Integrationsmöglichkeiten anbieten, einmal in den Hochschulbereich und dann in den Sekundarbereich II, der in seiner bis jetzt erkennbaren Form „universitäre Studien" 98 antizipiert, also eine Mittelposition zwischen Schule und Hochschule einnimmt. Soweit derzeit Gesamthochschulen projektiert werden, neigen die für solche Konzepte Zuständigen dazu, die Erwachsenenbildung in das System von Gesamthochschulen einzufügen 97 . Die Gesamthochschule Essen, die Gesamthochschule Kassel, die Universität Bremen haben mit geringen Unterschieden eine Einbeziehung der Erwachsenenbildung vorgesehen, freilich sind die diesbezüglichen Empfehlungen und Anregungen noch so vage, daß sich Erfolgschancen kaum absehen lassen. Hinsichtlich der inhaltlichen und verfahrenstechnischen Modalitäten sind die Vorstellungen in Kassel am weitesten gediehen98, 95 D a z u neben anderem: S. Baske, M . Engelbert [19]. 06 Ohne in die Einzelheiten zu gehen, verweisen wir summarisch auf die Gesamtsdiulkonzeptionen der Bildungskommission des Bildungsrates sowie auf die von Blankertz, v. H e n t i g , Frommberger. 87 U . L o h m a r , K . Biedenkopf, J . H . Knoll [201, S. 19 ff.]. 88 Siehe dazu f o r t l a u f e n d die Kasseler Hodisdiulnachrichten, hrsg. v. Arbeitskreis Gesamthodisdiule Kassel.
2.3 Erwachsenenbildung in den Sekundär- oder Tertiärbereich
75
wenn auch zwischenzeitlich bekannt wurde, daß die Landesregierung Hessen vorerst nicht beabsichtigt, die Erwachsenenbildung an den bestehenden oder neuzugründenden Universitäten des Landes Hessen zu berücksichtigen". Im Anschluß an den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Hochschulrahmengesetz (hier insonderheit § 2 Allgemeine Aufgaben, „sie [die Hochschulen] beteiligen sich an Veranstaltungen der Weiterbildung") hat Dietrich Urbach 15 Thesen zur Kooperation von Hochschule und Erwachsenenbildung aufgestellt, aus denen sich die möglichen Integrationsformen der Erwachsenenbildung in den Tertiärbereich ablesen lassen. »1. Die Hochschulen haben Aufgaben in der Forschung zur Erwachsenenbildung einschließlich der beruflichen Weiterbildung. Diese Aufgabe erstreckt sich auch auf innovative Vorschläge für diesen Bereich (z. B. Fernstudium). 2. Die Hochschulen haben Aufgaben im Forschungsbereich zur Hochschuldidaktik, insbesondere zum K o n t a k t - und E r g ä n zungsstudium. 3. Die Hodischulen haben Lehraufgaben im Bereich der allgemeinen und beruflichen Erwachsenenbildung, dies gilt auch für jene Interessenten, die keine Hochsdiuleingangsqualifikation haben. In diesem Falle haben die Hochschulen die Aufgabe, mit anderen Institutionen der Weiterbildung zusammenzuarbeiten und in dieser Zusammenarbeit Berufstätige auf Lehrveranstaltungen der Hochschule vorzubereiten. 4. I m K o n t a k t - und Ergänzungsstudium bieten die Hochschulen Hochschulabsolventen weiterführende L e h r - und Forschungsveranstaltungen an, die zu weiteren Qualifikationen führen können. Daraus läßt sich ableiten: 5. An neugegründeten Universitäten bzw. Gesamthochschulen ist der Erwachsenenbildung, der Hochschuldidaktik und dem K o n taktstudium ein Platz einzuräumen, der den übrigen Bereichen des Bildungswesens (Primarstufe, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II) entspricht. An bestehenden Hochschulen und Universitäten sind möglichst bald entsprechende Forschungs- und Lehrkapazitäten bereitzustellen. Aus den allgemeinen Aufgaben der Hochschule und der zu09 Diese Auskunft wurde uns offiziell vom Kultusministerium des Landes Hessen erteilt (AZ G—905/49—2).
76
6.
7. 8.
9.
10. 11. 12. 13.
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft nehmenden Bedeutung der Weiterbildung im Bildungssystem der Bundesrepublik ergibt sich weiter: Der Ausbildung und Weiterbildung der Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung (einschließlich der Ausbilder in Handwerk, Wirtschaft und Industrie) sind ebensolche Kapazitäten einzuräumen, wie sie für die Aus- und Weiterbildung anderer Bildungsbereiche an den Hochschulen bestehen. Für die Kooperation von Erwachsenenbildung und Gesamthochschule, die eine „Offene Regionalhochschule" sein soll, ist zu fordern: Die Hochschule steht grundsätzlich allen Bürgern offen, die an einer wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung interessiert sind. Die Hochschule arbeitet eng mit der Sekundarstufe II des öffentlichen Schulwesens zusammen; dabei ist es möglich, daß qualifizierte Schüler in einzelnen Fächern an der Gesamthochschule studieren. Außerdem wirken Lehrende der Sekundarstufe II an der Gesamthochschule, Gesamthochschullehrer im Rahmen eines hochschulähnlichen oder hochschulvorbereitenden Unterrrichts an der Sekundarstufe II. Unter „Sekundarstufe II" ist z. Z. auch das berufsbildende Schulwesen zu verstehen. Die Gesamthochschule ist die Zentralinstitution der Erwachsenenbildung im Regionalbereich. Sie übernimmt die wissenschaftliche Planung der Lehrveranstaltungen, stellt Dozenten zur Verfügung und wirkt bei der Berufung von Dozenten mit, die nicht der Hochschule angehören. Sie übernimmt die Weiterbildung der Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung. Die Gesamthochschule arbeitet als „Regionalhochschule". Sie errichtet in Verbindung mit den Volkshochschulen Außenstellen. Die Hochschule bietet am Hochschulort und in den Außenstellen auch abends und am Wochenende Lehrveranstaltungen für Berufstätige an. Die Gesamthochschule ist regionale Zentralinstitution für das „Fernstudium im Medienverbund". Sie koordiniert und organisiert entsprechende Veranstaltungen. Die Hochschulbibliothek ist wissenschaftliche Zentralbibliothek der Region. Sie organisiert ein Bibliotheksverbundsystem und
2.3 Erwachsenenbildung in den Sekundär- oder Tertiärbereich
77
ist zuständig für die Versorgung aller Erwachsenenbildungsinstitutionen mit wissenschaftlicher Literatur. 14. Die Hochschule wirkt mit in der Bildungsplanung für die Region. Hier treffen sich ihre Aufgaben von Forschung, Planung und regionaler Versorgung. Grundsätzlich bedeutet das: Das Hochschulsystem der Zukunft ist die Gesamtheit der öffentlichen und privaten Einrichtungen für alle Weiterbildungsmaßnahmen nach einem ersten berufsqualifizierenden Abschluß. Im tertiären Bildungsbereich werden Veranstaltungen in Forschung, Lehre, Studium und künstlerischer Gestaltung und in der Hilfe zum Selbststudium angeboten für ein Vollzeitstudium, für Teilzeitstudium mit dem Ziel einer Qualifikation sowie für allgemeinbildende, nicht zu Qualifizierungen führende Lehrgänge. In einem kooperativen System sollen öffentliche, gruppengetragene und private Träger Bildungsveranstaltungen und die Mitarbeit an Forschungsprogrammen anbieten, die jedem qualifizierten Interessenten die Möglichkeit bieten, aus dem vielfältigen Lehr- und Forschungsprogramm in einem individuellen Studienprogramm jene Angebote wahrzunehmen, die der einzelne Teilnehmer für seine eigene Qualifizierung bzw. bei nicht-qualifizierenden Veranstaltungen für die Antworten auf seine Fragen für angebracht hält. 15. Dieser Grundsatz hat als Konsequenz, daß gruppenungebundene öffentliche Institutionen — so etwa Volkshochschulen — als neutrale öffentliche Institutionen Zentralstellen der Weiterbildung im kommunalen bzw. regionalen Bereich werden" 100 . Nikolaus
Koch geht in seinem freilich nicht die Einzelheiten
bedenkenden Konzept über diese Thesen noch hinaus und empfiehlt eine Abfolge, die „von der Volkshochschule zur kommunalen Hochschule" 101 führt. Dabei weiß er sich in Übereinstimmung mit dem „Hochschulrat zur Vorbereitung der Gesamthochschule
Dortmund",
der
seine
Konzeption
wie
folgt
formuliert hat: „Die Initiativen des Dortmunder Hochschulrates haben eine offene Dortmunder Gesamthochschule zum Ziel, die alle qualifizierten Kurse, Lehr- und Studiengänge der termo D . Urbach [298, S . 4 f.], 101 N . K o d i [176]. In Weiterführung dieser Gedanken der Beitrag von N . K o d i i n : H . Ruprecht, u. a . : Medienzentren im Bildungssystem. Probleme und K o n z e p tion. Aus der R e i h e : »Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung", Braunsdiweig 1972.
78
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
tiären Bildungsstufe umfaßt, alle Lernwilligen anspricht und berät und im Dienste mobiler, individueller und objektivierter Bildungsarbeit sich für die staatliche Anerkennung der Abschlüsse aller Kurse, Lehr- und Studiengänge einsetzt" 102 . Die Effizienz eines solchermaßen projektierten offenen Systems soll durch einen extensiven Medienverbund erhöht und intensiviert werden, und schließlich bezeichnen in diesem Kontext Vokabeln wie „offene Universität" oder „offene Gesamthochschule" nichts anderes als das Gesamtbildungssystem der Erwachsenenstufe innerhalb eines offenen Bildungsgesamtsystems 103 . Ohne eine präzise Ausfüllung solcher Vorstellungen ist freilich nicht ersichtlich, wie gegenwärtig eine Hochschulreform anzulegen wäre, die die Realisierung dieser Form von Integration — oder besser Identität — leisten könnte. Wir halten es für gerechtfertigt, solche vorweisenden und einer prognostischen Bildungspolitik zugehörenden Pläne hier vorzustellen, zumal sie über eine nicht unbeträchtliche publizistische Resonanz verfügen. Die Integration der Erwachsenenbildung in die Hochschule dürfte aber für beide Teile zur Zeit unüberbrückbare Schwierigkeiten mit sich bringen. Sie würde den Reformprozeß der Hochschulen in einer Weise beschleunigen, durch den der Bestand der Einheit von Forschung und Lehre in Frage gestellt würde, außerdem würden die bestehenden Barrieren eines nichtakademischen Publikums gegenüber Einrichtungen der Erwachsenenbildung vermutlich noch verstärkt werden. In Abgrenzung zu einer von „öffentlicher Wissenschaft" ausgehenden Integration haben wir ein Modell von Erwachsenenbildung im Gesamtsystem des Bildungswesens entwickelt, das an die sich zu Bildungszentren ausweitenden Gesamtschulen angebunden ist 104 . Ohne daß wir die Details hier näher bezeichnen, sei nur auf die Grundintention 102 Z i t . nach N . K o c h [ 1 7 6 ] . IOS N . K o c h [ 1 7 6 ] . 104 J . H . K n o l l u . a . [ 1 7 0 ] . F ü r d e n G e s a m t z u s a m m e n h a n g u n t e r B e r ü d c s i d i t i g u n g r e g i o n a l s t r u k t u r e l l e r Ü b e r l e g u n g e n K . A u r i n u. M i t a r b e i t e r , S c h ' j 1 versuche in P l a n u n g und E r p r o b u n g , I n n o v a t i o n s s t u d i e n z u r S c h u l r e f o r m a n n i e d e r s ä c h s i schen M o d e l l s c h u l e n und S c h u l v e r s u c h e n , B e r l i n / D a r m s t a d t / D o r t m u n d 1 9 7 2 ; d e r s . , Schulentwicklungsplan für die S t a d t O s n a b r ü c k , J u l i 1972, als M s . v e r v i e l f ä l t i g t , hier eine intensive Auseinandersetzung mit der strukturellen Integrationsproblem a t i k der E r w a c h s e n e n b i l d u n g ; für die i n t e r n a t i o n a l e P r o b l e m a t i k vgl. E q u a l E d u c a t i o n F o r A d u l t s , i n : T h e T i m e s , 3 0 . 1. 1 9 7 3 . N e u e P e r s p e k t i v e n z u r D i s k u s s i o n und E r r i c h t u n g v o n B i l d u n g s z e n t r e n e r ö f f n e n I n i t i a t i v e n in B e r l i n und H a m b u r g , s. D e r S e n a t o r f ü r S c h u l w e s e n , B e r l i n ( H r s g . ) , M i t t e l s t u f e n -
2.4 „Universitäre Erwachsenenbildung" in der Bundesrepublik
79
abgehoben. Es schiene auch unter gegenwärtigen Konditionen realistisch, die Erwachsenenbildung — zumal in ihren systematisiertes Lernen akzentuierenden Aspekten — bei der Sekundarstufe II (Kollegstufe) zu lokalisieren, wodurch einmal dem Anspruch nach vermehrter Wissenschaftlichkeit und dem, systematisierte Kursprogramme mit Berechtigungen abschließen zu können, entsprochen werden kann. Wiewohl wir hier den Vorgriff auf das Wünschbare und Denkbare nicht ausgeklammert haben, so muß doch unter Beachtung des Status quo die Frage nach der Möglichkeit einer „öffentlichen Wissenschaft" zum gegenwärtigen Zeitpunkt beantwortet werden. Fraglos würde dabei ein Vergleich zwischen der Situation in der Bundesrepublik und den englischen, amerikanischen, holländischen und auch französischen Verfahrensweisen zu unserem Nachteil ausfallen. Die auf Veröffentlichung von Wissenschaft hin angelegten Departments of Adult Education verfügen, trotz unterschiedlicher Ein- und Wertschätzung in der wissenschaftlichen und außerwissenschaftlichen Öffentlichkeit, über personelle und materielle Möglichkeiten wie sie hierzulande nicht bestehen. Es muß allerdings hinzugefügt werden, daß in den genannten Ländern nicht jenes enge Netz von Einrichtungen der Erwachsenenbildung vorhanden ist, wie es sich durch Volkshochschulen und Institutionen der gesellschaftlichen Kräfte in der Bundesrepublik etabliert hat. Andererseits gewährleisten die Departments einen vielfach stringenten Verbund zwischen Wissenschaft und Veröffentlichung von Wissenschaft, wie etwa an Einzelfällen an der beispielgebenden universitären Erwachsenenbildung der Universität Chicago zu verdeutlichen wäre105. 2.4 Zur „universitären Erwachsenenbildung" in der BRD Wir wollen in unserem Zusammenhang die „universitäre Erwachsenenbildung" als Umschreibung dessen gelten lassen, was die Engländer mit „university extension" bezeichnen; die unizentren in Berlin, o. J. und H a m b u r g e r Bildungszentrum f ü r Erwachsene, i n : Berufsbildungsbericht 1972, Senat der Freien und Hansestadt H a m b u r g , S. 148 f f . 105 N e b e n den Publikationen des Centre of University Extension machen wir a u f merksam auf den Beitrag des Chicagoer Professors W . S. Griffith [111 S. 171 ff.];
80
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
versitäre Erwachsenenbildung steht solchermaßen in einem engen Zusammenhang mit der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, von der sie methodische und didaktische Anleitungen für den wissenschaftlichen Transformationsprozeß bezieht, sie greift aber gleichzeitig über sie hinaus, indem sie alle Wissensdisziplinen in ein Gespräch mit der Öffentlichkeit zu ziehen versucht. Universitäre Erwachsenenbildung ist von der Historikerin der Erwachsenenbildung Frolinde Baiser10" gelegentlich als Beitrag zur Hochschulreform und als Erschließung der Möglichkeiten der Hochschulen für eine größere Öffentlichkeit charakterisiert worden. Wir wissen, daß es darüber hinaus begrifflich weiterreichende Auslegungen gibt, die unter universitärer Erwachsenenbildung auch Forschung und Lehre der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung subsumieren möchten107. Es erscheint jedoch auf dem Hintergrund der bislang erkennbaren Aktivitäten auf diesem Gebiet gerechtfertigt, die universitäre Erwachsenenbildung als einen auf Soziabilität von Wissenschaft angelegten Prozeß zu kennzeichnen, aus dessen Ergebnissen die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung Aussagen von hinreichender Verläßlichkeit beziehen kann, wie Veröffentlichung von Wissenschaft darzustellen sei. Wir fügen nur im nebenhinein an dieser Stelle den Hinweis auf das zumindest ambivalente Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit ein. Wissenschaft, in einem traditionell-klassischen Verständnis als Einheit von Forschung und Lehre bestimmt, hat zunächst nur in ihren Ausbildungsfunktionen eine Nähe zur Öffentlichkeit, zu den beruflichen und gesellschaftlichen Ansprüchen einer pluralistisch verfaßten Gesellschaft. Insofern ist Wissenschaft nie in einem isolierten, die praktischen Erfordernisse nicht berücksichtigenden Raum angesiedelt gewesen; bereits Humboldt hat durch die ferner auf das Position Paper von I . K a t z [148], Eine räsonnierende Bibliographie von C . Verner, G . Didtson, W . Leirman, H . N i s k a l a : The Preparation o f Adult Educators. A selected review o f the literature procuded in N o r t h America. E R I C , Clearinghouse on Adult Education, Syracuse, August 1970. University of Chicago, Announcements 1969—71. 106 Wir verweisen in diesem Zusammenhang insgesamt auf die diesbezüglichen Arbeitspapiere der Jahrestagung des Arbeitskreises [14 a ] ; ferner auf [41]. 107 Dieses Verständnis von Universitärer Erwachsenenbildung kommt auch in den Veröffentlichungen des Arbeitskreises Universitäre Erwachsenenbildung zum Ausdrude, wie in [14 a, S . 27 ff.] ersiditlidi.
2.4 „Universitäre Erwachsenenbildung" in der Bundesrepublik
81
Einführung des „Examen pro facúltate docendi", also die Befähigung zum „höheren Lehramt", die Universität auf öffentliche Ausbildungsaufträge verpflichtet. Bis in die gegenwärtige Phase der Universitätsreform hat die deutsche Universität immer ein Doppeltes herzustellen versucht: Einmal, eine Forschung zu pflegen, die nicht notwendig auf eine Veröffentlichung bezogen werden konnte, und sodann, in ihren lehrintensiven Aktivitäten ein Bewußtsein zu entwickeln für jene ServiceFunktionen, die Wissenschaft für den technischen, politischen und sozialen Prozeß zu leisten imstande ist. Einer Definition L. v. Wieses zufolge versteht sich Wissenschaft unter diesem Aspekt als solitär und soziabel und sie hat diese doppelte Funktionsbestimmung ihrer selbst bis auf den heutigen Tag nicht aufgekündigt. Eine gegenwärtig angemessene Diskussion betrifft nicht ihr grundsätzliches Selbstverständnis, sondern das Ausmaß ihrer mehr solitären oder mehr soziablen Dimension. Daß sich Wissenschaft auf gesellschaftliche Ansprüche und Notwendigkeit zu beziehen habe, ist schon in den 20er Jahren bewußt gewesen108, es handelt sich gegenwärtig also keineswegs um eine moderne wissenschaftstheoretische Variante, wie gelegentlich hypostasiert wird. Freilich, und darin ist kritischem Einspruch zuzustimmen, ist in der deutschen Universität das Bewußtsein für Öffentlichkeit und Veröffentlichung vielfach allzu behutsam reguliert worden. Die universitäre Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik ist fraglos initiiert und intensiviert worden durch die englische, amerikanische und kanadische Verfahrensweise der university extensión109, die sich übrigens stärker als in der Bundesrepublik der wissenschaftlichen Analyse ausgesetzt hat. In einem die Befunde subsumierenden Bericht über die uni108 H . Plessner [225, S. 407 f.], E. v. Kahler (145); zum gegenwärtigen und historischen Aspekt dieses Tatbestandes vgl. H . Schelsky [269]; L. v. Wiese [307, S. 222]. 109 An dieser Stelle muß vor allen Dingen auf die rührigen Aktivitäten in Amerika hingewiesen werden, die in The N a t i o n a l University Extension Association zusammengebunden sind. Stellvertretend madien wir aufmerksam auf beispielh a f t e Unternehmungen in England (z. B. Institute of Extension Studies U n i versity of Liverpool), in C a ñ a d a (z. B. The O n t a r i o Institute in Education), in Australien [Centre for Continuing Education The Australian N a t i o n a l U n i versity, C a n b e r r a ) ; f ü r weitere Informationen s. J . H . Knoll [167].
6 Knoll, Erwachsenenbildung
82
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
versitäre Erwachsenenbildung 110 zeigt sich, daß sich zunächst die Universitäten Göttingen und Berlin, daran anschließend die Technische Hochschule Hannover 111 für Formen einer universitären Erwachsenenbildung geöffnet haben. In einem Bericht von Werner Schneider werden die folgenden Daten mitgeteilt, wobei zunächst auf die stimulierenden Unternehmungen der Universität Göttingen Bezug genommen wird: „Von einer solchen nicht mehr popularisierenden, sondern die Durchdringung von Wissenschaft und alltäglich-beruflicher Lebenswelt ernst nehmenden extramuralen Lehrtätigkeit kann in Deutschland erst die Rede sein, seit die Universität Göttingen vor 15 Jahren erstmalig — nach dem Vorbild der englischen „sessional classes" — Seminarkurse in Verbindung mit den Volkshochschulen und anderen einrichtete . . . Seminarkurse finden einmal wöchentlich über 20 Stunden hinweg statt. In ihren 40 bis 50 Unterrichtsstunden ging es von Anfang an darum, nicht so sehr wissenschaftliche Resultate (,gesicherte Ergebnisse', die überhaupt das Tote einer Wissenschaft sind) darzustellen, sondern — in engem Bezug zur Lebenswirklichkeit der Teilnehmer — wissenschaftliche Verhaltensweisen an komplexen und exemplarischen Gegenständen einer oder mehrerer zusammenwirkenden Einzelwissenschaften einzuüben; Verhaltensweisen wie das Vermögen abstrakter Kalküle, exakte Verfahren der Tatsachenerhebung, kritische Urteilsprüfung usw. Das Göttinger Modell wurde nicht überall begrüßt. Seine Kritiker behaupten eine „verkrampfte Beziehung" zwischen Universität und Erwachsenenbildung. Die Tatsachen sprechen eher für ein ambivalentes Verhältnis — nicht ohne Hoffnungszeichen. Dem Göttinger Vorbild folgten nämlich in den sechziger Jahren die vom Landesverband der Volkshochschulen betreuten Seminarkurse der drei hessischen Universitäten Frankfurt, Gießen, Marburg; die Freie Universität Berlin richtete 1959, die Technische Universität Hannover 1966 und die Universität Köln 1968 ein Sekretariat für Seminarkurse ein. Ferner führten — mit etwas anderen Organisationsformen — die Universitäten Bochum, "0
[14a, S. 45 ff.; S. 55 ff.; S. 62 ff.; S. 74 ff.). Siehe audi W. Schneider, Volkshochschule und Universität, in: V H S im Westen, 6/1972, S. 256 ff. » 1 [41, S. 74 ff.].
2.4 „Universitäre Erwachsenenbildung" in der Bundesrepublik
83
Hamburg, München, Münster, Mainz, Freiburg u. a. auswärtige Seminarkurse durch. Seit Beginn der Seminarkurse wurden etwa über 1000 Seminare mit über 20 000 Teilnehmern veranstaltet. Zur Zeit finden jährlich in etwa 150 Orten mehr als 200 langfristige, systematische Weiterbildungs-Lehrgänge mit etwa 4000 Teilnehmern statt" 112 . Zu diesen Daten seien einige weitere hinzugefügt. Zunächst möchten wir eine tabellarische Darstellung vorführen, aus der sich der Ausbau der Seminarkurse der Universität Göttingen zwischen 1966/67 und 1970/71 ablesen läßt:
Studienjahre
1966/67
1967/68
1968/69
1969/70
1970/71
Anzahl der Kurse
56
57
58
60
65
davon in Hessen
6
9
7
5
6
Anzahl der Fach-
16
23
18
18
19
gebiete (inter1
disziplinär:) Anzahl der Kursusleiter
36
39
44
1102
1096
1080
48*)
43**)
Statistisch erfaßte Teilnehmer
1175
1199
*) zuzüglidi 15 Dozenten für einzelne Abende 1969/70; **) zuzüglich 8 Dozenten für einzelne Abende 1970/71.
Wir fügen hier eine Tabelle über Zahl und Geschlecht der Teilnehmer der oben genannten Seminarkurse an: 112 [14a, S. 86 f.]. Zu neueren Daten verweisen wir auf Zentralstelle f ü r auswärtige Seminarkurse der Georg-August-Universität Göttingen, Arbeitsbericht 1971/72, Göttingen im September 1972 und Sekretariat f ü r Seminarkurse der Technischen Universität H a n n o v e r , Arbeitsbericht 1971/72, H a n n o v e r im September 1972.
6
84
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Zahl und Geschieht der Teilnehmer 1966/67—1970/71 Jahr
Fachgebiete
Teilnehmerzahlen — davon in °/o m w
1966/67
alle
1102
60,8
39,2
1967/68
alle
1096
59,0
41,0
1968/69
alle
1080
62,7
37,3
1969/70
alle
1175
54,0
46,0
1970/71
alle
1199
45,0
55,0
23
87,0
13,0
Anthropologie
35
40,0
60,0
Archäologie
66
25,7
74,3
1970/71 Agrarwissensdiaft
105
96,2
3,8
Chemie
30
50,0
50,0
Geschichtswissenschaft
15
20,0
80,0
Betriebswirtschaftslehre
Kunstwissenschaft Literaturwissenschaft
39
12,8
87,2
174
25,9
74,1 65,2
46
34,8
Musikwissenschaft
151
14,6
85,4
Pädagogik
164
34,1
65,9
Philosophie
18
44,4
55,6
Physik
92
94,6
5,4
Politikwissenschaft
16
56,3
43,7
Psychologie
52
9,6
90,4
Rechtswissenschaft
34
94,1
5,9
Theologie
57
35,1
64,9
Volkswirtschaftslehre
27
85,2
14,8
44
79,5
20,5
11
54,5
45,5
Medizin
Wirtschafts- und Sozialpsychologie Interdisziplin. Seminarkurse
2.4 „Universitäre Erwachsenenbildung" in der Bundesrepublik
85
Schließlich fügen wir aus demselben Zusammenhang eine Aufgliederung nach der Schulbildung der Teilnehmer an: Schulbildung der Teilnehmer 1 9 6 6 / 6 7 — 1 9 7 0 / 7 1 Jahr
1966/67 1967/68 1968/69 1969/70 1970/71
Fachgebiete
alle alle alle alle alle
Volksschule
Mittl. Reife
Abitur
Fachschule
Hochschule
Sonstige
%
°/o
Vo
°/o
°/o
°/o
21,8 21,6 23,7 23,0 18,3
49,5 48,4 48,6 45,0 47,0
28,7 30,0 27,7 32,0 34,7
27,9 31,8 36,4 36,8 30,6
17,5 18,3 17,7 23,4 26,6
0,2 — — — —
Aus diesen statistischen Materialien läßt sich eine Entwicklungstendenz indes nicht ablesen, die in Äußerungen zur universitären Erwachsenenbildung113 des öfteren wiederkehrt, daß nämlich diese Veranstaltungen zunehmend als eine Form des vom Wissenschaftsrat empfohlenen Kontaktstudiums in Anspruch genommen würden. Damit erfährt die universitäre Erwachsenenbildung eine andere Funktion als ihr am Beginn ihrer geschichtlichen Entwicklung zugeschrieben wurde. Bei Virchow, der im Kontext naturwissenschaftlicher Aufklärung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zu sehen ist, einer Welle, die über Haeckel, Boelsche und die Sozialdarwinisten bis in die 20er Jahre unseres Jahrhunderts verlängert wurde, ging es um Weltverständnis und Lebensbewältigung unter den Bedingungen naturwissenschaftlicher Phänomene und Prozesse. Die Systemgeborgenheit, die eine christlich geschlossene Welt bis zur Einsetzung der Vernunft als summum bonum durch die Aufklärung verlieh, ist im 19. Jahrhundert vollends abhanden gekommen. An die Stelle dieser Geborgenheit trat eine Offenheit, die sich dem Gebot „natürlicher" Erklärungen von Mensch und Welt verpflichtete. Der universitären Erwachsenenbildung, wie sie 113 Zentralstelle für auswärtige Seminarkurse der Georg-August-Universität G ö t t i n gen: Arbeitsberidit 1970/71. Göttingen, im September 1971, S . 14, S . 22, S . 25. Sekretariat für Seminarkurse der Technischen Universität H a n n o v e r : Arbeitsbericht 1970/71. H a n n o v e r , im September 1971. Als Ms. vervielfältigt.
86
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
zaghaft im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert versucht wurde, ging es um nicht mehr, als die Fülle von Erklärungen und Verstehensversuche menschlicher Lebensumstände und -bedingungen aufzuweisen. Diese Absicht ist dann mit der kämpferischen, klassensolidarisierenden Formel „Wissen ist Macht" amalgamiert worden, in der eine Emanzipationssehnsucht der akademisch unterprivilegierten Schichten widerscheint. Heute nun ist diese sich existential verstehende Wissenschaftsaufklärung nicht mehr Bestandteil der Veranstaltungen der universitären Erwachsenenbildung und korrespondiert auch nicht mit der Rezipientenerwartung. Im Zusammenhang von permanenten Lernprozessen, die nach der Operationalisierbarkeit des transferierten Wissens fragen, werden heute zunehmend solche Veranstaltungen favorisiert, die im Sinne eines Kontaktstudiums die Lücke zwischen einmal erworbenem Wissen und wissenschaftlichem Fortschritt zu schließen vermögen. Das hat zur Folge, daß sich der Rezipientenkreis in anderer als formaler Weise strukturiert und daß sich auch der Charakter der Veranstaltungsangebote verändert. Die universitäre Erwachsenenbildung hat sich demzufolge mehr an den Erwartungshaltungen und den von Teilnehmern ausgesprochenen Defiziten orientiert. Hier scheint eine Parallelentwicklung zur Neustrukturierung der Erwachsenenbildung insgesamt vorzuliegen. Der 5. als Zwischenbericht deklarierte Bericht der Bund-Länder-Kommission 114 hat die Erwachsenenbildung hinsichtlich zukünftiger Verfahrensweisen als einen Verbund von beruflicher, politischer und allgemeiner Bildung definiert. Wenn man — wie es die Kommission zur Beratung der Bundesregierung in Fragen der politischen Bildung getan hat 115 — die so eindeutige Hervorhebung des beruflichen Aspekts im Rahmen der Erwachsenenbildung bedauert, so bleibt allerdings davon die Notwendigkeit unberührt, die Erwachsenenbildung an jenen objektiven Bedürfnissen verstärkt zu " 4 [52]. 115 Kommission zur Beratung der Bundesregierung in Fragen der politischen Bildung, 11. J a n u a r 1972: Die Kommission gibt ihrer Sorge darüber Ausdrude, daß zumal angesichts aktueller Probleme in der politischen Wirklidikeit die politische Bildung im Zwischenbericht n u r unzureichend berücksichtigt w i r d .
2.4 „Universitäre Erwachsenenbildung" in der Bundesrepublik
87
orientieren, die durch die fortschreitenden Implikationen der Berufswelt aufgegeben werden. Allerdings sollte auch die hier im Zusammenhang universitärer Erwachsenenbildung aufgewiesene Tendenz zu einer beruflich-akademischen Weiterqualifizierung im Sinne von Kontaktstudien nicht als ausschließlich angenommen werden. Die vom Sekretariat für Erwachsenenbildung der Freien Universität Berlin — eine Einrichtung, die bereits 1952 Abendvorlesungen organisierte und ab 1954 reguläre Studienmöglichkeiten für berufstätige Abiturienten anbot116 — durchgeführten Abendvorträge, Universitätskurse und Internationalen Ferienkurse — der erste wurde September 1964 durchgeführt — sind hinsichtlich ihrer Thematisierung auf ein breiteres Verständnis von veröffentlichter Wissenschaft angelegt als dem Kontaktstudium zugrunde liegt. Auch die von der Ruhr-Universität Bochum durchgeführte universitäre Erwachsenenbildung, wiewohl im Umfang aus begründeter Überlegung zurückhaltend, versucht beiden Ansprüchen gerecht zu werden: einmal berufliche Weiterqualifizierung zu ermöglichen, aber gleichzeitig Interessierten den Zugang zu wissenschaftlichen Verfahren und Ergebnissen zu ermöglichen, ohne daß das dabei erworbene Wissen in der eigenen Berufssituation unmittelbar angewandt werden kann. Aber hier wie an anderer Stelle wird die von uns dargestellte Tendenz, universitäre Erwachsenenbildung als Realisierungsmöglichkeit von Kontaktstudien zu begreifen, mit Überlegungen verbunden, ob eine solche Neuorientierung nicht zu einer didaktischen Neukonzipierung der universitären Erwachsenenbildung veranlassen müsse117. Trotz gewisser divergierender Tendenzen dürften sich auch die Aktivitäten der universitären Erwachsenenbildung auf eine stärkere Systematisierung und Qualifizierung hin bewegen. Hierfür mögen fünf Pläne aus jüngster Zeit als Beweis gelten: 1. Plan zur Umwandlung des Sekretariats für Erwachsenenbildung der Freien Universität Berlin in eine Zentraleinrichtung für Erwachsenen- und Weiterbildung, — die Zwischenüberschriften in diesem Plan, „Kontaktstudium", „Berufliche Fortund Weiterbildung", „Fernstudium im Medienverbund", „Ar[14 a, S. 11].
1" [14 a, S. 19].
88
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
beiterbildung und pädagogische Sozialarbeit", „Zertifikate" 118 , markieren den Trend. 2. Ein Vorschlag zur Aufgaben- und Strukturbestimmung des Zentrums für Wissenschaft und berufliche Praxis — Universität Bielefeld. 3. Didaktisches Zentrum mit Arbeitsstelle für Weiterbildung und Fernstudium im Medienverbund und andere Pläne zur Förderung der universitären Erwachsenenbildung an der JohannWolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main. 4. Plan einer stufenweisen Umwandlung der Zentralstelle für auswärtige Seminarkurse der Universität Göttingen in eine Zentralstelle für Weiterbildung. 5. Plan zur stufenweisen Umwandlung des Sekretariats für Seminarkurse in ein Zentrum für Weiterbildung — Technische Universität Hannover. Eine weitere Tendenz ist ebenfalls erkennbar, daß nämlich universitäre Erwachsenenbildung und Wissenschaft von der Erwachsenenbildung in einen stärkeren Verbund eintreten, daß ihre bildungspolitischen und wissenschaftspolitischen Absichten zu konvergieren beginnen. Freilich muß darauf abgehoben werden, daß die universitäre Erwachsenenbildung, und diesen Sachverhalt artikulieren auch die vorgenannten Pläne zu einer Neuformulierung der universitären Erwachsenenbildung, eine gesamtuniversitäre Aufgabe betrifft, die nicht an den Pflichtenkatalog nur einer Wissensdisziplin gebunden werden kann. Der Zusammenhang von universitärer Erwachsenenbildung und Wissenschaft von der Erwachsenenbildung stellt sich so dar, daß beide bezüglich methodischer und didaktischer Reflexion aufeinander zu beziehen sind, daß aber organisatorische Ausführung und inhaltliches Spektrum vom Öffentlichkeitsbewußtsein der gesamtuniversitären Verantwortlichkeit auszugehen haben. Es kommt fraglos nicht von ungefähr, daß solche Aufgliederung innerhalb wissenschaftsinstitutioneller Kompetenzen sich auch in den Organisationsformen dieser beiden um Erwachsenenbildung bemühten Aktivitäten ausdrückt. Einmal wird anläß118 [14 a, S. 47 ff.].
2.5 Zur Professionalisierung in der Erwachsenenbildung
89
lieh der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (April 1972) eine Sektion für Erwachsenenbildung begründet, die zufolge des Selbstverständnisses dieser Gesellschaft die fachlich-sachliche Binnenkommunikation innerhalb einer Teildisziplin der Erziehungswissenschaft befördern soll, gleichzeitig wird aber dadurch die Fortentwicklung des „Arbeitskreises universitäre Erwachsenenbildung e. V . " nach der Willenserklärung anläßlich dessen Jahrestagung vom 7 . — 9 . 1 0 . 1 9 7 1 nicht betroffen. Freilich besteht in beiden Gremien eine weitgehende Interessen- und vor allem Personenidentität. Diese organisatorische Gruppierung scheint einmal den beiden unterschiedlichen Zielprojektionen zu entsprechen, und sodann stellt sie wissenschaftliche Gesprächsforen her, die im Gegensatz zu internationalen Zusammenschlüssen und Begegnungen wie I C U A E und „Expert Meeting on Comparative Adult Education" (Nordborg, Januar 1972) Probleme wissenschaftstheoretischer und hochschulpolitischer Dimension voneinander abheben.
2.5 Zur Professionalisierung in der Erwachsenenbildung 11 ' Anders als in England (Diploma in Adult Education), Amerika und Kanada hat man sich in der Bundesrepublik Deutschland erst in jüngster Zeit mit der Frage befaßt, ob in den Aufgabenkatalog der Wissenschaft von der Erwachsenen118
W . Schulenberg, u. a . : Zur Professionalisierung der Erwachsenenbildung. Aus der Reihe „Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung". Braunschweig 1972 und Hessische B l ä t t e r für Volksbildung, F r a n k f u r t / M . , H . 4/1971; W . Niggemann [217, S . 130 ff.]. Zum Problem der Professionalisierung s. in jüngster Zeit die folgenden Materialien: U m f r a g e unter den Studenten der Erwachsenenbildung, i n : Erwachsenenbildung an der F U Berlin, Mitteilung N r . 11, N o v . 1972; Eine neue Ordnung für die erziehungswissensdiaftliche Diplomprüfung, A U E - I n f o r m a t i o n e n S 1, 22. 2. 1973; Ausbildungsprogramme für Erwachsenenbildner, in: Education permanente, H . 3/1972, S. 19 f . ; P r o und C o n t r a : D i p l o m prüfungsordnung im Meinungsstreit, i n : E b - I n f o r m a t i o n e n aus der P H Berlin N r . 4, Februar 1973; zu den Teilnehmern der Einführungsseminare der P A S , in: Mitteilungen der Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes, N r . 20. D e z . 1972; Erwachsenenbildung — Weiterbildung, Erster Bericht der Planungskommission Erwachsenenbildung und Weiterbildung des K M des Landes N R W , Ratingen 1972, S . 74, 84, 90, 93. In dieser Publikation wird übrigens ein Votum gegen die bisherige Ausbildung von Diplompädagogen vorgetragen. In einem internationalen Zusammenhang wird Professionalisierung abgehandelt bei
90
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
bildung nicht auch Ausbildungsaufträge aufzunehmen wären, um solchermaßen dem von der Kultusadministration, von Expertengremien wie Bildungsrat und Wissenschaftsrat, von Verbänden gesellschaftlicher Partikularinteressen formulierten Wunsch entsprechen zu können, im Zuge einer Systematisierung der Erwachsenenbildung auch die Ausbildungs- und Eingangsmodalitäten künftiger Erwachsenenbildner zu vereinheitlichen. Wir haben bereits darauf Bezug genommen, daß auch in der klassischen Universitätsidee Ausbildungsaufträge eingeschlossen waren und daß eine sich in Reform begreifende Hochschule nicht von ihren Ausbildungsaufträgen absehen könne120. Grundsätzlich bieten sich, folgen wir den Empfehlungen von Kultusminister-Konferenz und Städtetag, drei Möglichkeiten an, die auf dem Wege zu einer Professionalisierung beschritten werden können. Wir führen die Möglichkeiten, die wir bereits beschrieben haben (S. 52), hier zur Verdeutlichung noch einmal an. Einmal wird in diesen Empfehlungen einem Begleitstudium das Wort geredet, dem freilich die negativen Erfahrungen mit dem Begleitstudium für das Lehramt an Gymnasien und berufsbildenden Sdiulen entgegenstehen, sodann wird ein an ein abgeschlossenes Hochschulstudium anschließendes Zusatzstudium erwogen, eine Möglichkeit, der wir uns an anderer Stelle und unter Berücksichtigung der gegenwärtigen Verfassung der Erwachsenenbildung angeschlossen haben121, und schließlich findet sich ein nicht näher definiertes Votum für ein erziehungswissenschaflliches Studium mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung. Diese hier angeführten Möglichkeiten verfügen über einen mehr als nur modalen Charakter. Die Entscheidung für einen der drei Wege impliziert Rückwirkungen auf die Struktur der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, soweit ihre Lehrintensität betroffen ist. Wird ein Begleitstudium gewählt, so werden naturgemäß nur sektorale und auf die berufliche Dimension vorweisende Betrachtungsweisen angezeigt sein; wird Scutrea, Papers read ac the inaugural Conference, Middleton H a l l , June 1970; R . H . D a v e , Some Conceptual Aspects of Recurrent Education [German Section of C o m p a r a t i v e Education Society in Europe, February 1973, als Ms. vervielfältigt. 121 J . H . Knoll [168, S. 26 ff.]. 120 H . Heimpel [119, S. 5
2.5 Zur Professionalisierung in der Erwachsenenbildung
91
ein Zusatzstudium bevorzugt, so wird davon auszugehen sein, daß gewisse fachwissenschaftliche und methodologische Fundamente vorausgesetzt werden können; wird schließlich ein erziehungswissenschaftliches Schwerpunktstudium durchgesetzt, so wird sich das Feld der Erwachsenenbildung auch in seinem historischen Bezug und in seinen prognostischen Aspekten darstellen lassen. Ausbildungsentscheidungen definieren solchermaßen bis zu einem gewissen Grad die Inhalte der Lehre in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung. Deshalb sollten die Ausbildungsprobleme immer im Kontext der sie berührenden Wissensdisziplin gesehen werden. In den letzten Jahren und im Zusammenhang mit der Realisierung einer erziehungswissenschaftlichen Diplom-Prüfungsordnung ist die Ausbildungsproblematik neu formuliert worden. Von daher ergeben sich zunächst zwei unterschiedliche, möglicherweise konvergierende Betrachtungsweisen. Einmal kann die wissenschaftliche Vorbildung künftig in der Erwachsenenbildung tätiger Lehrpersonen im Zusammenhang stärkerer Systematisierung gesehen werden und auch im Kontext eines quartären Bereichs; d . h . wird Erwachsenenbildung im Sinne extensiver Weiterbildung als ein vierter Bereich des öffentlichen Bildungswesens funktionalisiert, so werden an die Qualität der Erwachsenenbildner gewisse Mindestanforderungen zu stellen sein, die sich in Ubereinstimmung mit dem geltenden Schulverwaltungsrecht befinden. Davon abgehoben sind jene Vorstellungen, die die Ausbildung in den Zusammenhang der erziehungswissenschaftlichen Diplomprüfung rangieren; hierbei steht im Vordergrund die erziehungswissenschaftliche Ausbildung, in deren Ausführung die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung eine der möglichen Schwerpunktbildungen markiert. Wir halten es an dieser Stelle für entbehrlich, die Argumente für oder gegen einen der skizzierten und anempfohlenen Wege auszubreiten, wir meinen nur, daß einmal bei allen Überlegungen, die die Ausbildungsverfahren betreffen, die derzeitige Verfassung der Erwachsenenbildung in ihrer fachlichen Pluralität, die allerdings erziehungswissenschaftlich fundiert sein muß, zu bedenken ist und daß gleichzeitig in den Ausbildungsverfahren künftige Entwicklungen — nach Maßgabe der Vorausschaubarkeit — antizipiert werden
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
sollten. Eine Ausbildung, die das künftig zu erwartende Tätigkeitsfeld nicht hinreichend umgreift, wäre von daher abzulehnen. Im Anschluß an die im März 1969 von der Kultusministerkonferenz verabschiedete „Rahmenordnung für die Diplomprüfung in Erziehungswissenschaft", durch die ein Schwerpunktbereich innerhalb des Hauptstudiums (4.—8. Semester) „Außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung" konstituiert wurde, ist die inhaltliche Zielprojektion für ein Studium der Erwachsenenbildung akut geworden. Die inhaltliche Ausfüllung in der Rahmenordnung und in den daran anschließenden Prüfungsordnungen der Bundesländer (z. B. Niedersachsen) 122 sind weithin in allgemeinen Hinweisen verblieben, was im Hinblick auf eine flexible, Korrekturen ermöglichende Studiengestaltung nicht von Nachteil war. Unbestimmt sind bis auf den heutigen Tag die Einsatzmöglichkeiten der Absolventen dieses neuen Studienganges 123 , zumal einige Tätigkeitsfelder bereits durch Absolventen anderer Studiengänge — z. B. Erziehungsberatung durch Diplompsychologen — besetzt sind. Im Hinblick auf eine Professionalisierung in der Erwachsenenbildung bietet die Diplomprüfung einen ersten Ansatz. Es steht von daher zu erwarten, daß in Zukunft ein erheblicher Teil der hauptamtlich in der Erwachsenenbildung tätig Werdenden aus dem Kreis der Diplomanden hervorgehen dürfte, und das um so mehr als sidi die Erwachsenenbildung jener Systematisierung und Kontinuität verpflichtet, wie sie in der Form der Weiterbildung im Strukturplan vorgezeidinet ist. Allen bislang vorgetragenen Plänen zu einer Kanonisierung des Studienschwerpunktes Erwachsenenbildung ist eine Hinwendung zu Aktualität und bildungspolitischem Bewußtsein eigen, außerdem die hinlängliche Berücksichtigung methodischer und didaktischer Grundlegungen und die 122 Dazu H . Siebert [254, S . 243 11.]; F . Borinski, G . Doerry, J . Olbridi: Plan für das Studium der Erwachsenenbildung, a. a. O . , S. 226. 123 Es erscheint nachweisbar, daß durdi die Einführung eines Diplom-Studienganges der Zugang zu einem Hauptfach-Pädagogik-Studium innerhalb der letzten drei Semester erheblidi zugenommen hat. Nicht von ungefähr mußten daher an einigen westdeutschen Universitäten Zulassungsbeschränkungen in dem Fachbereich Erziehungswissenschaft eingeführt werden. Ausbildung ins Ungefähre = Diplom-Pädagogen. I n : Analysen, H . 7, J u l i 1972, S . 23 ff.
2.5 Zur Professionalisierung in der Erwachsenenbildung
93
Einbeziehung der Erwadisenenbildungspraxis im Sinne von studienbegleitender Selbsterprobung. Horst Siebert hat in diesem Zusammenhang folgende Aufgabenbereiche formuliert und sie den Lernzielebenen: Kenntnisse, Analyse, Transfer, Kontrolle, Vorhersage zugeordnet: Bildungspolitik, Bildungsorganisation, Lernziele, Lerninhalte, Methoden/Medien, Recht/Verwaltung124. Auffällig ist, daß nahezu in allen Plänen, Studien- und Prüfungsordnungen die Bildungsberatung zu fehlen scheint, die voraussichtlich in der Tätigkeit künftiger Erwachsenenbildner einen zunehmend größeren Raum einnehmen dürfte. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Rolle der von der Bund-Länder-Kommission vorgesehenen Koordinatoren125 noch unberücksichtigt. Als Desiderat — hier macht als einziger der „Plan für das Studium der Erwachsenenbildung im Rahmen des Diplomstudiums der Erziehungswissenschaft der Freien Universität Berlin" 126 eine Ausnahme — muß auch der Verzicht auf die historische Dimension der Erwachsenenbildung vermerkt werden. Wir haben bereits in anderem Zusammenhang (Kapitel 1) darauf hingewiesen, daß die Erziehungswissenschaft in ihrer historiographischen Teildisziplin Geschichte der Pädagogik noch kaum zu einem Anschluß an eine interdependente geschichtliche Betrachtungsweise gefunden hat und zufolge einer Aktualisierung von Erziehung historische Phänomene nur als Mittel für gegenwärtige Erklärungen in Anspruch nimmt. Geschichte der Pädagogik — so wird geäußert127 — sei eine Möglichkeit, durch die gegenwärtige Probleme in ihrem historischen Herkommen 124 H . Siebert [254, S . 244]. 125 [52, S . I I C/fF.J. 126 F . Borinski, G . D o e r r y , J . Olbrich, P l a n für das Studium der Erwachsenenbildung, a. a. O . , S . 226. 127 So K . Sdialler [266, S . 9], »Für die pädagogische Forschung der Gegenwart ist ihre eigene Geschichte nicht vornehmlich insofern interessant, als es darum geht, die Wirkung eines historischen Phänomens in seiner eigenen Zeit und für die damalige Zeit festzustellen, sondern als es zu ermitteln gilt, in welcher Weise eine Erscheinung der Pädagogikgesdiidite uns heute hilft, unsere eigene pädagogische Situation besser zu verstehen, neue und originelle Lösungswege in der eigenen pädagogischen Problemlage zu gewinnen". Als einen bedeutsamen Beitrag zur Geschichte der Erwachsenenbildung erachten wir J . Olbrich, Konzeption und Methodik der Erwachsenenbildung bei Eduard Weitsch, Stuttgart 1972. H i e r wird Historiographie ohne übertriebene Aktualitätsbeflissenheit betrieben.
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
transparent werden. Geschichtliche Betrachtung wird solchermaßen ihrem Eigenwert entzogen. Bei der Geschichte der Erwachsenenbildung sind allerdings die politischen, gesellschaftlichen und sozialen Einflüsse und Bezüge derart auffällig, daß sich eine Geschichte der Erwachsenenbildung (Beispiele liefern Baiser, Dikau und Henningsen) nie aus dem politischen Kontext herauslösen kann, und sie immer nur verständlich wird auf dem Hintergrund von politisdien, naturwissenschaftlichen oder philosophischen Aufklärungsprozessen. Geschichte der Erwachsenenbildung bezeichnet in ihrem Fortschreiten einen Prozeß zunehmender Emanzipation und Demokratisierung von Bildung. Auf dem Hintergrund solchen Verständnisses von Geschichte der Erwachsenenbildung verstehen wir die Einbeziehung geschichtlicher Erscheinungsformen von Erwachsenenbildung in den Berliner Studienplan. Seit der Verabschiedung der Rahmenordnung sind eine Reihe, hinsichtlich ihrer detaillierten Ausfüllung unterschiedliche Pläne veröffentlicht oder anläßlich der 4. Jahrestagung des Arbeitskreises Universitäre Erwachsenenbildung e. V. 7.—9.10.1971 zur Diskussion vorgelegt worden. Auf dieser Tagung sind Arbeitspapiere vorgetragen worden von Gerhard Beier (Kronsberg/Ts.), Joachim Dikau (Berlin), Hildegard Feidel-Mertz (Frankfurt), die übrigens ein dezidiertes projektorientiertes Studienkonzept unterbreitete, von Wolfgang Scheibe (München), Eduard Seifert (Salzburg), Hans Tietgens (Frankfurt), der in der Bundesrepublik als Leiter von berufsvorbereitenden Seminaren über die größte Erfahrung im Felde der Professionalisierung verfügen dürfte — und Johannes Weinberg (Münster)128; ferner sind die Überlegungen von Horst Siebert, Carl Schmarbeck und mehrfache ausführliche Stellungnahmen von Wilhelm Niggemann für diesen Zusammenhang von besonderem Interesse129. Im Vorgriff auf eine Institutionalisierung der Erwachsenenbildung im Rahmen der Universität Bremen ist ein Integrationskonzept vorgeschlagen worden, das die Professionalisierung einschließt. In Nordrhein-Westfalen ist die Situation bislang insofern erschwert, als die Pädago128 Sämtliche Arbeitspapiere sind als Ms. vom Arbeitskreis Universitäre senenbildung verteilt worden. 120 W . Niggemann [217].
Erwach-
2.5 Zur Professionalisierung in der Erwachsenenbildung
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gischen Hochschulen vor Verabschiedung der Diplomrahmenordnung und im Zusammenhang mit dem Statusgesetz vom Mai 1965, durch das die Pädagogischen Hochschulen zu wissenschaftlichen Hochschulen angehoben wurden, eine Diplomprüfungsordnung eingeführt haben, die sich aus dem Kontext der Fächer der Pädagogischen Hochschulen entwickelt hat, wobei allerdings in der zweiten Studienphase ebenfalls die Erwachsenenbildung als Schwerpunktfach gewählt werden kann. Mit Ausnahme der Universitäten Düsseldorf und Münster haben die Universitäten dieses Bundeslandes eine Einführung des Diplomstudienganges Erziehungswissenschaft für absehbare Zeit nicht ins Auge gefaßt. Zu den von uns angesprochenen Gemeinsamkeiten zählt auch die in den Studienplänen erkennbare Praxisbezogenheit, die hier unter dem Aspekt der Professionalisierung zur Sprache gebracht werden muß. Wir haben bereits vorab bewußt zu machen versucht, daß sich zumal in den, sich als Handlungswissenschaften begreifenden Disziplinen ein wechselseitiges Bedingungs- und Aktivierungsverhältnis von Theorie und Praxis zu bestehen habe. Im Blick auf die Ausbildungsmodalitäten kommt aber der Praxis zudem noch die Funktion zu, sich als Erprobungsfeld für die künftige Tätigkeit anzubieten. Selbst moderne Unterrichtstechnologien — wie das Verhaltenstraining mit den Mitteln des micro-teaching130 — können die unmittelbare Konfrontation mit der Praxis nicht ersetzen. Wilhelm Niggemann rekurriert auf die traditionelle Ausbildungspraxis bei der Ausbildung für das Lehramt, wenn er schreibt: „Die Referendar- oder Assistentenzeit führt einerseits in die Praxis der Erwachsenenbildung ein, andererseits verpflichtet sie den Kandidaten zur Teilnahme an gruppendynamischen Seminaren" 131 . Hier wird nun das Zwei-Phasen- oder Zwei-StufenModell der Lehrerausbildung reproduziert, ein Modell, das letztendlich dazu geführt hat, die praxisbezogene und die wissenschaftlich-theoretische Ausbildung auseinanderzudividieren W i r verweisen auf unsere erläuternden Bemerkungen auf S . 40 131 W . Niggemann [217].
180
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
und die wechselseitige Bezüglichkeit aufzuheben. In neueren Plänen zur Lehrerbildung 132 wird für eine Ausbildung plädiert, in der erste und zweite Phase wenigstens zu einem Teil integriert sind, und es wäre zu wünschen, wenn in der Weiterbildung diese Entwicklung antizipiert werden könnte. Die Pläne von Dikau für die Pädagogische Hochschule Berlin scheinen übrigens in diese Richtung zu weisen. Wir erwähnen an dieser Stelle nur im nebenhinein, daß im Zusammenhang künftiger Verortung der Erwachsenenbildung an Bildungszentren, die mit Gesamtschulen —, und zwar deren Sekundarstufe I I — verbunden sind, die Professionalisierung neu zu überdenken wäre. Hierbei würde sich eventuell anbieten, die Ausbildung der Sekundarlehrer mit der künftiger Erwachsenenbildner zu synchronisieren. Die Vorüberlegungen und Schwierigkeiten hat Rainer Lerscb in unserer Studie über Bildungszentren 133 dargetan. Wir wollen an dieser Stelle zwei Stellungnahmen 134 vorlegen, aus denen einmal die allgemeine Richtung der Professionalisierung abzulesen ist und zum zweiten erkennbar wird, wie sich eine derartige Absicht in den Inhalten eines Studienplanes niederschlagen kann. Hans Tietgens benennt im Rahmen des Schwerpunktes Erwachsenenbildung innerhalb des Diplomstudienganges folgende Aspekte als curriculare Schwerpunkte: „a) gesellschaftlich-historische Motivationen für die Entwicklung von E B und für das Fehlen v o n E B als institutionalisiertem Bestandteil des Bildungssystems, b) Theorie der E B als kritische Reflektion des Verhältnisses von Bedingungen und Zielen, empirischen Daten und anthropologisch begründeten Konzeptionen, c) Analyse der Lernsituationen im Hinblick auf die Relation von Lernvoraussetzungen und Lehrverhalten bei Erwachsenen und die dabei relevanten Gruppenprozesse, d) Kriterien für eine didaktische Planung im Spannungsfeld von historisch bedingten Bedürfnissen und emanzipatorischen Maß132 H . Heckhausen, O . Anweiler [116]. 133 R . Lersch [190], 134 H . Tietgens: Erwachsenenbildung als Studienfach. In [14 a, S . 5 ] ; W . Niggem a n n : E n t w u r f einer Studienordnung für den erziehungswissenschaftlidien Schwerpunkt, „Erwachsenenbildung und außerschulische Jugendbildung" (Weiterbildung). Als Ms. vervielfältigt.
2.5 Zur Professionalisierung in der Erwachsenenbildung
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Stäben und im Hinblick auf die Probleme der didaktischen Reduktion und der Lernzieldefinition, e) Arbeitsformen und Verfahrensweisen der EB einschließlich medienkundlicher und unterrichtstechnologischer Aspekte unter besonderer Berücksichtigung der Möglichkeiten der Beobachtung und Beurteilung von Lehr- und Lernprozessen, f) Rechtliche Grundlagen der EB in Verbindung mit bildungspolitischen Fragen, verwaltungstechnischen Anforderungen und öffentlichkeitswirksamen Organisationsprozessen, g) Informationsmöglichkeit über Institutionen der E B " Wilhelm Niggemann thematisiert diese Richtung durch den Aufweis eines differenzierten Kataloges von Studieninhalten: „I. Theorie der Weiterbildung 1. Der Ort der Weiterbildung im System der Erziehungswissenschaft 2. Soziologische und politische Probleme der Weiterbildung 3. Anthropologische Grundlegung der Weiterbildung 4. Bildungsplanung und Weiterbildung — Futurologie und Weiterbildung 5. Probleme der Integration von Bildung und Ausbildung (Erwachsenenbildung, berufliche Fortbildung, 2. Bildungsweg, Umschulung) II. Didaktik der Weiterbildung 1. Curriculum-Forschung in der Weiterbildung 2. Analyse von Lernzielen, Lerninhalten, Lernprozessen (Effizienz und Kontrolle), Lernorganisationen 3. Motivationale Probleme des Erwachsenen-Lernens 4. Didaktische Modelle der Weiterbildung unter Berücksichtigung spezifischer Lernfelder (Gruppenlernen, Lernen im Medienverbund, individuelles Lernen, Baukastensystem) z. B. Politische Bildung Berufliche Bildung Elternbildung Freizeit III. Recht und Struktur der Weiterbildung 1. Die Rechtslage der Weiterbildung in den einzelnen Bundesländern 2. Institution und Organisation der Weiterbildung (Institutionenanalyse) 3. Probleme der Koordination und Kooperation der verschiedenen Träger der Weiterbildung 7 Knoll, Erwachsenenbildung
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft 4. Probleme regionaler und überregionaler Strukturplanung von Weiterbildung
IV. Weiterbildung in internationaler Sicht 1. Methodologische Probleme der Weiterbildung in vergleichender Sicht 2. Institutionen europäischer und außereuropäischer Weiterbildung (die speziellen sozio-kulturellen Bedingungen für die Weiterbildung in anderen Ländern) 3. Probleme der Erwachsenenbildung im Ausland (z. B. DDR, Entwicklungsländer) V. Geschichte der Weiterbildung 1. Ideengeschichte der Weiterbildung 2. Sozialgeschichte der Weiterbildung 3. Institutionengeschichte der Weiterbildung Die Studieninhalte des Schwerpunkts .Weiterbildung' sollten mit folgenden prozentualen Anteilen studiert werden: 30 % Theorie der Weiterbildung 40 /o Didaktik der Weiterbildung 10 °/o Recht und Struktur der Weiterbildung 10 % Weiterbildung in internationaler Sicht 10 % Geschichte der Weiterbildung"
Wir kehren zu dem hierzu eingangs formulierten Sachverhalt zurück, daß Lehrinhalte heute vorrangig durch die Ausbildungsfunktionen konditioniert werden. Die Pläne, von denen wir hier zwei in größerem Umfang wiedergegeben haben, decken ein weites Spektrum gegenwärtiger und historischer Fragestellungen der Weiterbildung ab. Aber Lehre an wissenschaftlichen Hochschulen kann nidit nur bezogen sein auf die diesen Studiengängen zugrundeliegenden Ausbildungsabsiditen, sie muß darüber hinaus auch Fragen zu beantworten suchen, die sich aus der Forschungsintensität ergeben. Solchermaßen muß es nach wie vor möglich sein, in einem Seminar auf die Erwachsenenbildung am Beginn des 19. Jahrhunderts einläßlich einzugehen, um dabei bewußt zu machen, daß etwa die Steinsdie Städteordnung nur zu realisieren war, wenn mit ihr gleichzeitig ein Plan von Nationalerziehung für Erwachsene durdigesetzt wurde, durch den die Erwachsenen erst instand gesetzt wurden, den ihnen zugemessenen politischen Verantwortungs-
2.6 Forschung und Forsdiungsmethoden
99
räum kenntnisreich wahrzunehmen. Hierbei würde sich erweisen, daß politische Verantwortlichkeit und Erwachsenenbildung aneinander gebunden sind. Ein historiographisch angemessenes Verfahren, d. h. ein Verfahren, das die Geschichte nicht aktualisiert und historischen Ereignissen nicht gegenwärtige Fragestellungen oder gar Sprachregelungen unterlegt, darf audi in einem Lehrangebot nicht ausgeschlossen werden, das der Professionalisierung weitgehend verpflichtet ist. Wir haben hier nur ein Beispiel gegeben, das ersichtlich machen soll, daß der Kanon ausbildungsrelevanter Gegenstände mit den Lehrinhalten der Wissenschaft von Erwachsenenbildung nicht kongruent ist. Aber wie und in welchem Ausmaß nun diese Lehrinhalte über die Lehrinhalte in bezug auf Professionalisierung hinausgehen, hängt von der Spezialisierung und den Forschungsabsichten der jeweiligen Hochschulinstitute ab. Trotzdem dürfte erkennbar geworden sein, in welchem thematischen Rahmen sich die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung zu bewegen versucht. Über Professionalisierung, Studienpläne und Forschungsvorhaben wird nunmehr fortlaufend informiert durch die von Michael Jagenlauf und Horst Siebert edierte INFO EB, Erwachsenenbildung, Studium und Forschung. Die Nr. 1 dieses Informationsdienstes vermittelt einen weitgreifenden Uberblick — in Form von Selbstdarstellungen — über die Profile und Absichten der Institute und Lehrstühle, die sich der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung vorrangig widmen. Fritz Borsinski und Mitarbeiter, Horst Siebert und Joachim H. Knoll haben in ihren Plänen den Forsdiungsmethoden in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung einen bedeutsamen Rang zugewiesen135. Davon wird nachfolgend in breiterem Exkurs zu reden sein. 2.6 Forschung und Forschungsmethoden13' Im Laufe der letzten Jahre hat die Forschungsintensität innerhalb der Wisenschaft von der Erwachsenenbildung erheblich zugenommen, zumal seit selbständige Lehrstühle, Institute 135 Siehe dazu H. Siebert [255]. Siehe dazu insgesamt K . Sdialler [265], dort audi bibliographische Hinweise auf Methodenprobleme in der Erwachsenenbildung. 7«
100
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
und Forschungseinrichtungen außerhalb der Hochschulen dieses Terrain entweder ausschließlich oder vorrangig pflegen. Während in der unmittelbaren Nachkriegssituation großflächige, meist sich der historischen Tradition versichernde Arbeiten vorgelegt wurden, hat seit der Mitte der 60er Jahre jenes Schrifttum überwogen, das sich zwischen Wissenschaft und Kulturpolitik ansiedelte. In dem Zeitraum zwischen 1965 und etwa 1970 war die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung in besonderer Weise praxisdienlich. Aus dieser Zeit stammen auch jene wissenschaftlich fundierten Pläne, jene Vorschläge zu Innovationen und methodisch-didaktischer Vorgehensweise, die später in den Strukturplan der Bildungskommission des Bildungsrates eingegangen sind. In diesem Kontext befindet sich der Plan eines kooperativen Systems von Erwachsenenbildung, für Baden-Württemberg, von Georg Picht wesentlich gefördert137, ferner der eines Baukastenmodells ( W o l f g a n g Scbulertherg)ns, d. h. eines systematisierten, mit Zertifikaten abschließbaren Lernens in einer stufenweisen Abfolge und auch der mehr am Komplexmodell orientierte Plan, der sich nach dem Entstehungsort als Bochumer Plan deklarierte und sich als ein Vorschlag verstand, die Aufstiegschancen in mittlere Tätigkeitsund Verantwortungsbereiche zu verbessern. Mit Ausnahme des letztgenannten Planes sind zu damaliger Zeit — abgesehen von den Grundstudienprogrammen der Volkshochschulen — inhaltliche Fragen kaum aufgenommen worden. Man kann auch unter diesem von uns hier vorgeführten Aspekt des Wandels zu einem bildungspolitischen Wissenschaftsbewußtsein durchaus von einer Wende in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sprechen139. Die in diesem Zeitraum vorgelegten Versuche einer Erwachsenenmethodik und -didaktik (Theodor Ballauff, Franz Pöggeler) stellen sich noch unter die Pflidit der Tradition und berücksichtigen nicht jenen sich abzeichnenden Weg zu einer verstärkten Qualifizierungstendenz in der Erwachsenenbildung. Gleichlaufend mit diesem Schrifttum kommen Anregungen hinsichtlich der institutionellen Verbesserung der Erwachsenenbil137 [103 a]. 138 w . Sdiulenberg [282]. 139 Über die Charakteristik dieses Wandlungsprozesses s. J . H . Knoll, H . Siebert, G . Wodrasdike [174],
2.6 Forschung und Forsdiungsmethoden
101
dung und auch der Inanspruchnahme moderner Unterrichtstechnologie für den Unterricht mit Erwachsenen. Hierher gehört vor allem der Vorschlag von Theodor Jüchterua zur Errichtung von Selbstlernzentren. Dieser Gedanke wird in freilich abgewandelter Form in der Diskussion um Bildungszentren141 und Kommunikationszentren (Richard Erny, Bochum) wieder aufgenommen. Darüber hinaus werden die Dokumente, in denen sich das Selbstverständnis der praktischen Erwachsenenbildung profiliert, einer zunehmend intensiveren wissenschaftlichen Analyse unterzogen. Aber allen Publikationen, ob sie nun mehr aus der praktischen Situation kommen oder einem mehr wissenschaftlichen Vorgehen verpflichtet sind, ist eines gemein, nämlich das Defizit an verläßlichen Daten zum gegenwärtigen Befund der Erwachsenenbildung. Selbst kulturpolitische Äußerungen wie etwa die Jahresberichte der Kultusministerkonferenz, in denen die Ausgaben — nach Ressorts aufgegliedert — verzeichnet sind142 oder der Zwischenbericht der BundLänder-Kommission weisen diesen Mangel auf. Für eine zu lange Zeit ist empirische Forschung und Dokumentation in der Erwachsenenbildung ausgespart worden. Von daher wird auch der Wunsch verständlich, dieses Defizit durch eine gesonderte institutionelle Regelung aufzuheben. Für 1973 war eine gesetzliche Regelung vorgesehen, durch die die Errichtung eines Instituts für Weiterbildungsstatistik gesichert werden sollte. Regionale Vorarbeiten in dieser Richtung sind bereits angelaufen. So hat das Staatsinstitut für Bildungsforschung und Bildungsplanung in Bayern einen Bericht unter dem Titel „Stand der Erwachsenenbildung in Bayern" zusammengestellt143, der innerhalb der sogenannten freien Erwachsenenbildung wegen der vorgenommenen Interpretationen und der zugrundegelegten statistischen Klassifizierungen auf Widerspruch gestoßen ist. Ähnliche Versuche einer Kompilation von Daten im Sinne einer exakteren Dokumentation über die Pluralität der Erwachsenenbildung liegen für Baden-Württemberg " 0 H . T h . J i i d n e r [141; 142; 143]. 141 J . H . K n o l l u. a. [170], dort nehmen w i r auch eine Auseinandersetzung mit der bislang erschienenen L i t e r a t u r v o r . « 2 [283; 284]. 143 [205], A. O. Schorb [280],
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
vor, in Hessen sind die Daten gesammelt und werden derzeit interpretiert, eine statistische Darstellung der Erwachsenenbildung in Nordrhein-Westfalen hat die „Planungskommission für Erwachsenenbildung/Weiterbildung" beim Kultusminister Nordrhein-Westfalen angeregt. Die Volkshochschulen in Niedersachsen haben für ihren Bereich einen freilich noch schmalen Bericht Anfang 1972 veröffentlicht144, in dem Belegungszahlen und Zuschüsse ausgewiesen sind. Für die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sind derartige Materialien als Basisinformationen unerläßlich, doch stellen sie ohne Zuordnung, über die Daten hinausgreifende Interpretation selbst noch keine die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung befördernde Leistung dar. Weiterbildungsstatistik versieht solchermaßen nur die Funktion einer Hilfswissenschaft. Wir haben bereits in dem ersten Kapitel und in einem größeren, über die Teildisziplin hinausweisenden Rahmen von einer Entwicklung gesprochen, die unter dem Titel „Von der Pädagogik zur Erziehungswissenschaft" ihren publizistischen Niederschlag gefunden hat. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich die Erziehungswissenschaft in ihrem methodologischen Bewußtsein differenziert, sie hat Methoden rezipiert, die in anderen Disziplinen ihre Verläßlichkeit und Aussagekraft bereits unter Beweis gestellt hatten. Die Erziehungswissenschaft hat in den letzten Jahren über den rhetorischen Anspruch hinaus empirische Verfahrensweisen übernommen und in pädagogischen Untersuchungen angewandt — z. B. Peter Martin Roeder in der Kreativitätsforschung. Wenn auch diese Anfänge hinter die methodische Versiertheit anderer, vor allem sozialwissenschaftlicher Disziplinen, zurückfallen, so bleibt eine grundsätzliche Offenheit zu konstatieren. Von diesem Entwicklungsprozeß ist auch die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung tangiert worden. Sie bedarf, da sie auf Praxis bezogen und von ihr auszugehen hat, in besonderer Weise jener Sicherheiten, die durch empirische Aufschlüsse zustande kommen. So nimmt es nicht Wunder, daß die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sich zumal für empirische Forschungstechniken offen144 V H S in Niedersadisen, Informationsdienst hochschulen Niedersadisen, 1, 1972.
des
Landesverbandes
der
Volks-
2.6 Forschung und Forsdiungsmethoden
103
gehalten hat. Strelewicz, Raapke, Schulenberg, Ehrhardt, Pöggeler, Siebert, Jagenlau}, Knoll u. a.145 haben Arbeiten vorgelegt oder sind mit ihrer Fertigstellung befaßt, die Einzelbefunde der Erwachsenenbildung mit dem diesbezüglichen Forschungsinstrumentarium zu verifizieren versuchen. Während in den vormaligen Arbeiten ein großflächiges Spektrum von Erwachsenenbildung anvisiert wurde, wird nunmehr Detailforschung betrieben, aus deren Zusammenschau sich möglicherweise auch eine Theorie der Erwachsenenbildung konstituieren wird. Bei den hier genannten Untersuchungen geht es um Probleme der Erwartenshaltung, der Nachfrage aufgrund des vorliegenden Angebots, der Selbst- und Fremdeinschätzung, der Unterrichtsforschung146 und des Tätigkeitsprofils der nebenamtlich Tätigen in der Erwachsenenbildung. Erstmalig hat im November 1971 die Weltenburger Akademie ein Symposium veranstaltet, auf dem die Methodendiskussion in einem breiteren Rahmen eingeleitet und von einem wissenschaftstheoretischen Horizont her erörtert wurde. Dabei haben A, O. Schorb, W. Scheibe, O. Negt, H. Ruprecht, H. Siebert, J. H. Knoll147 und in einem resümierenden Beitrag Th. Ballauff den gegenwärtigen Stand der Forschung in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung analysiert und als die gegenwärtig erkennbaren Forschungsrichtungen die hermeneutisdie, die empirische und die prognostische gekennzeichnet. Im Hinblick auf eine daran anschließende Theorienbildung ist die ideologiekritische, den Neopositivismus berücksichtigende und zugleich zurückweisende kritische Theorie in der nachadornoschen Sichtweise O. Negts als eine mögliche, die traditionale Methodologie übergreifende Position zu bestimmen versucht worden148. Ein Bericht darüber ist im „Internationalen Jahrbuch der Erwachsenenbildung 1973" vorgelegt worden. «5
S d i u l e n b e r g [ 2 8 1 ] ; [1871; W . S t r z e l e w i c z , H . - D . R a a p k e , W . Schulenberg [ 2 8 8 ] ; M . J a g e n l a u f , H . S i e b e r c [ 1 3 8 ] ; f e r n e r machen w i r a u f d i e f o l g e n d e n D e t a i ¡Untersuchungen a u f m e r k s a m : M . G ö t t e [ 1 0 6 ] ; H . P r a g e r [230]; M . G ö t t e [ 1 0 7 ] ; H . - D . R a a p k e : D i e H ö r e r d e r H i l d e s h e i m e r Volkshochschule, i n : B e i l a g e zu N r . 18/19 E i n s i c h t e n - A n s i c h t e n , 8 . J g . , H i l d e s h e i m 1965. 146 s i e h e d a z u H . S i e b e r t [255]. 147 E i n e n K u r z b e r i c h t h a b e n w i r v o r g e l e g t [164]. 148 [164],
104
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Nach der Weltenburger Tagung hat dann das „Expert Meeting on Comparative Adult Education" einen weiteren Aspekt gegenwärtiger Forschungsabsichten, nämlich den des internationalen Bildungsvergleichs, aufgenommen. Es sei hier darauf hingewiesen, daß zumal in den letzten Jahren, beginnend etwa ab 1968, die Zahl monographischer Arbeiten zur Erwachsenenbildung anderer Länder zugenommen hat. Dabei war der Wunsch im Spiel, aus der Praxis anderer Länder zu lernen, nicht etwa im Sinne einfacher Übernahme bewährter Verfahrensweisen anderwärts, sondern um im Vergleich von bundesrepublikanischen und ausländischen Tendenzen bei einer Neuverfassung der Erwachsenenbildung Korrekturen zu ermöglichen. Wir haben in mehrfachen Darstellungen 149 die Erwachsenenbildungspraxis in der DDR vorgeführt, wobei wir uns vorrangig auf die institutionellen Probleme eingegrenzt und die ideologischen Grundlegungen ausgeklammert haben. Dabei ließ sich eine zunehmende „Konvergenz" von Qualifizierungsabsichten innerhalb der Erwachsenenbildung in der DDR und BRD ausmachen150, was als ein Beweis für die These gelten mag, daß technologische Sachzwänge bildungspolitische Orientierungen vergleichbarer Verfassungen veranlassen. Außerdem kann — auf dieser hier nur angedeuteten Linie — der Vergleich höher entwickelter Industrienationen mit solchen einer gewissen Rückständigkeit die bildungspolitisch Unterentwickelten dazu bewegen, gewisse bildungspolitische Maßnahmen zu antizipieren — etwa die Erwachsenenqualifizierung —, wodurch das Auseinanderfallen von technologischem Zustand und bildungspolitisdiem Bewußtsein zudem eingeschränkt werden könnte. Nachdem wir solchermaßen einen skizzenhaften Überblick über die Entwicklung der Forschungsarbeiten in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung gegeben haben, wollen wir im Sinne eines Exkurses noch die in der Wissenschaft in Diskussion befindlichen Forschungsmethoden betrachten, wobei wir von der ge"»
150
H . Siebert [250], J. H . Knoll, H . Siebert [173], H . Siebert, Z u r Erwadisenenqualifikation in der D D R . I n : Bibliographie zur Erwachsenenbildung im deutschen Sprachgebiet, Vierte erweiterte Folge 1968—1970, zusammengestellt von E. Richter. Braunschweig 1972, S. 97 ff. Siehe Anm. 66.
2.6.1 Zeitgeistforschung
105
prüften Annahme ausgehen dürfen, daß erziehungswissenschaftlich angewandte Methoden auch auf Arbeiten in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung appliziert werden können. Für den Zusammenhang des empirischen Schrifttums verweisen wir auf die in den Sozialwissenschaften vorliegende Literatur 151 und heben hier nur hervor, daß aus dem Repertoire empirischer Tediniken vor allem Interview, Polaritätenprofil auf der Grundlage von Interviews, Unterrichtsbeobachtung in kombinierten Verfahren — Teilnehmerbefragung, Unterrichtsprotokolle in der Art von Unterrichtspartituren, Beobachtung aufgrund von Mitschauverfahren 152 — bislang ausgewählt und angewandt wurden. Da weniger im Blick gegenwärtiger Methodendiskussionen, wählen wir einmal eine Spezialität des hermeneutischen Vorgehens, die Zeitgeistforsdiung und sodann den Vergleich als zwei mögliche, auch empirische Techniken einschließende Forschungsstrategien aus. Wir greifen dabei über den Rahmen der Teildisziplin hinaus und beziehen diese Aspekte auf das Gesamt der Erziehungswissenschaft. 2.6.1 Zeitgeistforschung — Erziehungswissenschaft — Erwachsenenbildung Angesichts der von uns beschriebenen Wende von einer methodisch auf geisteswissenschaftliche Verfahren eingegrenzten Pädagogik zu einer dem Methodenpluralismus geöffneten Erziehungswissenschaft muß gesagt werden, daß sich inzwischen Frontstellungen aufgebaut haben, die nur noch das EntwederOder von hermeneutisch oder empirisch zuzulassen scheinen. Dadurch entsteht die Gefahr, daß sich die Empirie wie die geisteswissenschaftlich-historische Forschungsweise vereinzeln und nicht zu jenem Verbund finden, in dem die empirischen Verfahren die basierenden Detailinformationen liefern und die geisteswissenschaftliche Explikation den Rahmen herstellt, durch den die Details ihr Zuordnungs- und Bezugssystem erhalten. Es gibt heute vergleichsweise wenige Arbeiten in der Erziehungswissenschaft 153 , die Methodenfragen einen höheren « 1 [177], 153 w . Linke [1911, H . Rohrs [236],
152 Siehe [134].
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
und vor allem systematisierenden Stellenwert zuerkennen, aber in ihnen wird deutlich gemacht, daß die inzwischen konstituierte Antinomie von empirisch und normativ abgebaut werden sollte. Werner Linke, der mit der definitorisch gemeinten Formel „Erziehungs- und Bildungswissenschaft"154 die Antinomie aufzuheben versucht, weist auf die von Peter Petersen praktizierte Vorgehensweise hin, in der Empirie — hier insonderheit die pädagogische Tatsachenforschung — und die pädagogische Reflexion erst ein System von wissenschaftlicher Pädagogik begründen 155 . Von daher ist seine am Beispiel orientierte Formulierung zu verstehen: „Der Begriff des wissenschaftlichen Forschens wird heute mit der exakten pädagogischen Tatsachenforschung, weniger aber mit der pädagogischen Reflexion in Verbindung gebracht. Man muß schon auf den Ursprung des Begriffes ,Forschen' im Sinne des Fragens (ahd. ,forskon') zurückgreifen, um ihn allgemein verwenden zu können. Forschung und Fragen sind deshalb in der wissenschaftlichen Terminologie identisch"156. Es steht darüber hinaus außer Frage, daß der konstruierte und im Forschungsvollzug praktizierte Gegensatz von Empirie und Reflexion in der Antithese von Positivismus und metaphysischer Gedanklichkeit eine Entsprechung hat. Linke bezieht sich hier auf Spranger, der hinsichtlich des Selbstverständnisses von Erziehungswissenschaft formuliert: „Wenn — gemäß dem Programm des Positivismus — nur das Wissenschaft ist, was die Grenzen zum Metaphysischen hin nicht überschreitet, so fürchte ich, daß die pädagogische Theorie genau da aufhören muß, wo ihr entscheidendes Thema erst anfängt." Spranger äußert an gleicher Stelle noch eindeutiger: „Wer eine Pädagogik aufbaut, die das Metaphysische grundsätzlich ausschaltet, der hat das pädagogische Urphänomen noch gar nicht zu Gesicht bekommen" 157 . Solche Äußerungen und die von W. Flitner geforderte „Reflexion engagée" veranlassen Linke zu der Zielbestimmung von pädagogischer Wissenschaft: „Die pädagogische Wissenschaft beruht demnach auf zwei wissenschaftlichen Säulen, und zwar auf einer philosophischen und einer pragmatischen". In einer ansonsten die Methoden nur registrie154 w . Linke [191, S. 12], 156 (191, S. 15],
155 [191, S. 13], 157 E. Spranger [260, S. 124 f.].
2.6.1 Zeitgeistforschung
107
renden und ihre Effizienz untersuchenden Darstellung, kommt Hermann Rohrs zu der nahezu idealtypisch anmutenden Forderung: „Der empirisch Forschende — er müßte Glied einer möglichst breiten Gruppe im Rahmen der Erziehungswissenschaft sein — sollte geisteswissenschaftlich und geschichtlich so vorgebildet sein, daß die philosophisch-hermeneutische Sinndeutung seines Materials durchaus ein Teil seiner Arbeit bleiben kann. Das setzt eine Anlage der pädagogischen Studien in der Art voraus, daß neben der Übung geisteswissenschaftlich orientierter Methoden eine gründliche Einführung in die quantitativempirischen Verfahrensweisen erfolgt" 158 . Wir meinen, in diesen Äußerungen eine Entsprechung zu sehen zu der soziometrisch verfaßten Empirie, wie sie von / . L. Moreno vorgetragen und von Leopold v. Wiese für die deutschen Sozialwissenschaften rezipiert wurde159. Die von Moreno und v. Wiese benannten Kronzeugen wie F. Stuart Chapin, Read Bain, George A. Lundberg, Georges Gurvitch und Florian Znanieckieuo scheinen ein Verständnis dafür zu offenbaren, daß die mathematisierte Messung immer auch auf übergeordnete soziale Verhältnisse zu beziehen sei. So bemerkt Znanieckie: „Gemäß Morenos sinnvoller Bezeichnung opfert die Soziometrie nicht den Sozius dem Metrum, den empirischen Inhalt sozialer Wirklichkeit keiner formellen Methode" 161 . Letztlich darf noch darauf hingewiesen werden, daß angesichts der in Amerika bereits viele Jahre andauernden — übrigens auch in der Pädagogik — und zunehmenden Differenzierung empirischer Arbeitsmethoden die Skepsis gegenüber einer Vereinseitigung des empirischen Forschungsvollzugs zunimmt. Freilich trifft dieser Hinweis nur partiell, da auch argumentiert werden könnte, daß die Hinwendung zu einer geisteswissenschaftlichen Vorgehensweise als Nachholbedarf charakterisiert werden kann. Amerika verfügt nämlich im erziehungswissenschaftlichen Bereich über eine vergleichsweise kurze geisteswissenschaftliche Tradition und hat nur in bescheidenem Umfang eine Diltbey-Rezeption vollzogen. 158 H . Rohrs (236, S. 3241. 100 [211, S . X X I I ] .
159 J . L. Moreno [211], 1 « [211, S . X X I l j .
108
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Wir heben die Zeitgeistforschung als eine Form geisteswissenschaftlicher Vorgehensweise hervor. Wir werden an späterer Stelle noch darstellen, wie heute Zeitgeistforschung definiert und praktiziert wird. Hier wollen wir nur eine erste Definition versuchen. Hans-Joachim. Schoeps hat dem Begriff der Geistesgeschichte, unter Berufung auf Dilthey, Groethuysen und Wach, den der Zeitgeistforschung zugeordnet. Es geht der Geistesgeschichte in diesem Sinn um die Beschreibung der Manifestationen des Zeitgeistes in allen Lebens- und Wissensbereichen, womit sie einmal multidisziplinär additiv angelegt ist, aber durch den Bezugspunkt „Zeitgeist" interdisziplinär integrativ zu sein beansprucht162. Sie versucht politische, wirtschaftliche, soziale, pädagogische u. a. Manifestationen als Emanationen des jeweils herrschenden Zeitgeistes zu interpretieren und legt diesem Verfahren einen nicht verifizierten Consensus von Zeitgeist zugrunde. Zeitgeist wird ohne wissenschaftliche Präzisierung als Zeit- und Lebensgefühl der je repräsentativen Gesellschaftsschicht bezeichnet163. Wir weisen auf die damit konditionierten Fragwürdigkeiten hin. In der „Theorie der Geistesgeschichte"164 bleibt Zeitgeist unbestimmt, wird „repräsentative Schicht" nicht eingegrenzt und werden auch nicht die Kriterien benannt, nach denen die Quellen ausgewählt werden. Für den „Zeitgeist der Wilhelminischen Ära" lassen sich die Fragwürdigkeiten weitgehend aufheben, indem man den Zeitgeist der Wilhelminischen Ära mit dem Lebensgefühl des Großbürgertums vor 1914 identifiziert und die schriftlichen Äußerungen von Oberlehrern, Juristen, Industriellen und Pfarrern als den geronnenen Zeitgeist ausgibt185. Während sich die historische Forschung gemeinhin an Personen und Prozesse heftet, die über ihre Zeit hinausweisen und damit im Verständnis des Durchschnitts, des Common sense untypisch 162 H . J . Sdioeps [276, Einleitung]. 163 D i e ZfReligions- und Geistesgeschidite und die Gesellschaft für Geistesgeschidite haben die Fruchtbarkeit der Zeirgeiscforsdiung im thematischen Einzelfall nachgewiesen. Freilich sind die soziokulturellen Determinanten dabei nicht zureichend definiert worden. 164 Eine bündige Theorie der Geistesgeschidite liegt bislang nicht v o r . Teilaspekte finden sich bei H . J . Sdioeps, H . D i w a l d , K . Pfannkuch, F . Kreppel, H . Sdiallenberger, J . H . K n o l l u. a. 165 Hierzu u. a. F . Kreppel [180]; K . H . H ö f e l e [127]; J . H . K n o l l [157],
2.6.1 Zeitgeistforschung
109
sind, erkundet die Geistesgeschichte gerade die Durchschnittlichkeit; sie sieht nicht den „Held in der Geschichte"166, sondern den duldenden, leidenden, den Politik nur erfragenden Beteiligten und den dem „Weltgeschehen" Ausgelieferten. Sie ist — um ein konkretes Beispiel zu nennen — eher am politischen Impetus der in Wahrheit großbürgerlichen „Gartenlaube" interessiert als an den kulturkritischen Vorkriegsahnungen W. Rathenaus1". Weiß man solche hier nur peripher charakterisierten Einseitigkeiten und stellt man ihr bislang unscharf entwickeltes Instrumentarium in Rechnung, so bleibt doch, daß die Zeitgeistforschung Wandlungsprozesse vielfach schärfer zu konturieren vermag als die politische Geschichte, deren selbstbewußtes Quellenverständnis erst durch die zeitgeschichtliche Forschung erschüttert wurde168. Wir haben in diese Vorüberlegungen zur Zeitgeistforschung sogleich auch unseren kritischen Vorbehalt mit eingebracht. Fassen wir die Konstituanten der Zeitgeistforschung zusammen, so lassen sich folgende Merkmale benennen: 1. Zusammenschau der Emanationen von „Zeitgeist" in den verschiedenen Lebens- und Wirklichkeitsbezirken, 2. Orientierung an der nicht näher bezeichneten „Durchschnittlichkeit" einer als repräsentativ gesetzten Schicht, 3. Untersuchung der Möglichkeiten in einer geschichtlichen Situation, die auch jene Phänomene und Personen berücksichtigt, die die „Gunst der Stunde" nicht gefunden, die mit dem Zeitgeist nicht kongruent waren. HansJoachim Schoeps hat unter Einschluß einer u. a. an van der Leeuws Phänomenologie der Religionen orientierten Religionsgeschichte die Geistesgeschichte als eine selbständige Wissensdisziplin zu begründen versucht169, wobei ihm die bislang vorgetragenen Forschungsergebnisse diese Begründung schon zu motivieren scheinen, während er sogleich selbst einräumt, daß die wissenschaftstheoretische Grundlegung dieses Anspruchs schmal geblieben ist. Wir wollen nachfolgend einige der gegenwärtigen Bemühungen um die Zeitgeistforschung zunächst im Überblick besehen 166 So: S. Hook [128, S. 254]; vgl. ders. [129, S. 119 ff.]. 167 Dazu J . H. Knoll [156, S. 7 ff.]. 168 Siehe hierzu J . H . Knoll [163, S. 1 ff.]. 169 H. J . Schoeps [276, S. 91].
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
und dabei auch versuchen herauszufinden, ob sich seither die •wissenschaftstheoretische Fundierung konkretisiert hat. In der „Gesellschaft für Geistesgeschichte", einer wissenschaftlichen Vereinigung von Gelehrten, die von verschiedenen Disziplinen herkommen, ist bis auf den heutigen Tag die Kontroversdiskussion nicht ausgetragen, ob die Geistesgeschichte im Sinne von Zeitgeistforschung als Disziplin oder Methode zu verstehen sei. Hans-Joachim Schoeps hat ausgehend von seinen historischen, literarischen und religionswissenschaftlichen Arbeiten versucht den Nachweis zu erbringen, daß die Geistesgeschichte als Zeitgeistforschung eine selbständige Disziplin konstituiere. Abgesehen vom Methoden-Disziplinstreit hat die Zeitgeistforschung, zumal seit der Mitte der 50er Jahre, zahlreiche Anhänger gefunden, die mit den Mitteln der Zeitgeistforschung ihren Disziplinen neue Sichtweisen, neues Quellenmaterial und neue Bewertungsschemata eröffnet haben. Außerhalb der Erziehungswissenschaft praktizieren u. a. Geistesgeschichte als Zeitgeistforschung K. Kupisch für die Kirchengeschichte, W. v. Löhneysen für die Kunstgeschichte, H. Diwald für den Grenzbereich zwischen Philosophie und politischer Geistesgeschichte, K. Pf annkuck für die Philosophie, F. Bolle für die Naturwissenschaften, insbesondere die Biologie und A. Voigt für das öffentliche Recht. Im Bereich der Erziehungswissenschaft sind Arbeiten auf der Grundlage der Zeitgeistforschung vergleichsweise selten. Die Fruchtbarkeit dieses Ansatzes ist aus Arbeiten von F. Kreppel, K. H. Höfele, J. H. Knoll und H. Schallenberger, dessen Beitrag von der Geschichtswissenschaft herkommt, abzulesen. Daß Geistesgeschichte im Sinne von Zeitgeistforschung in die Erziehungswissenschaft erst jüngst Eingang gefunden hat und auch nur vergleichsweise peripher rezipiert wurde, gründet in disziplingeschichtlichen Motiven der Erziehungswissenschaft. Durch eine eindeutige Fixierung der Geistesgeschichte — die von einem nur partiellem Verständnis von Dilthey auszugehen scheint — hat sich die Erziehungswissenschaft — in ihrer systematischen und historischen Ausprägung — einem VerstehensbegrifT zugeordnet, der sich an den „Hochdokumenten" der Erziehungsphilosophie und Erziehungspraxis orientiert. Der Zeitgeistforschung geht es entgegen üblichen
2.6.1 Zeitgeistforschung
111
Verfahren weniger um den Nachweis und die Analyse der aus ihrer Zeit herausragenden Pädagogen und vorweisenden Erziehungsmaximen, sondern um die Manifestation des für die jeweilige Zeit Typischen, also um die „je gültige" Lebensweise, Selbstdarstellung der je repräsentativen Gesellschaftsschicht. In diesem Sinn erscheint für das erste Dezennium des 20. Jahrhunderts z. B. neben der Analyse der Reformpädagogik das Portrait von Schule, Schüler, Elternhaus wichtiger als die dezidierte Auseinandersetzung etwa mit Kerschensteiner, der erst in den 20er Jahren in den Zeitgeist der Schulwirklichkeit eingegangen ist. Die Zeitgeistforschung versucht daneben zu erkunden, welche Wege und Möglichkeiten in einem politischen, kulturpolitischen oder sozialen Kulminationspunkt angelegt waren, wodurch sie die sogenannten „unterlegenen Gruppen" stärker als mit herkömmlichen Verfahren ins Bewußtsein zu rücken vermag. Im Blick auf die Erziehungswissenschaft hat die Zeitgeistforschung neben neuartigen Themen aus dem Feld der Selbstdarstellung von Schule, Schüler, Schulverwaltung auch ein bislang weniger beachtetes Quellenmaterial erschlossen. In der Nachfolge von Groethuysens Verfahren gewinnen Schulansprachen, Schulchroniken, Schulberichte, Schüler- und Lehrertagebücher, Schulzeitschriften, kulturpolitische Gazetten in der Zeitgeistforschung als Manifestationen „durchschnittlicher" Meinungen, Gesinnungen und Verhaltensweisen an Gewicht. Solchermaßen wird versucht, der Aufforderung Diltheys zu entsprechen, in wissenschaftlichen Arbeiten auch ein Bild von der Wirklichkeit der Schulstube zu vermitteln. Gewiß findet eine solche sich an „Trivial- oder Mikrodokumenten" orientierende Methode erheblichen Zuspruch (so C. L. Furck in Zeitschrift für Pädagogik 1964), aber Arbeiten, wie sie für Geschichte, Kirchengeschichte und Philosophie vorgelegt wurden, haben in der Erziehungswissenschaft bislang keine Entsprechung gefunden. Am ehesten in der Nähe pädagogischer Problemstellungen befinden sich noch die Arbeiten von H. H. Muchow, der seine jugendkundlichen und jugendpsychologischen Portraits der
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2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Jugend in der Wilhelminischen Ära 170 von den Methoden her als an der Zeitgeistforschung orientiert deklariert hat. Er versucht, jugendliche Selbstdarstellung in den vielfältigen Lebensäußerungen junger Menschen zu erfassen, in ihren Gesellungsformen und Bündigungen, in ihren literarischen und musischen Gewohnheiten und Verliebtheiten, in ihrer Kleidung, in ihrem Verhältnis zu Schule, Elternhaus und Lehrerschaft, wobei er auf die verklärte autobiographische Retrospektive zumindest weithin verzichtet hat; was allerdings nicht auf eine Geringschätzung der Autobiographie als eine Quelle der Zeitgeistforschung hinausläuft. Auch Havemicks Arbeiten über das Verhältnis von äußerem Erscheinungsbild und Schulerfolg gehören in diesen Zusammenhang. Im Bereich von Schule und Lehrer hat insbesondere die heimatkundliche Forschung mit jenen von der Zeitgeistforschung favorisierten Materialien gearbeitet, allerdings vermag sich dieses Schrifttum in der Regel nicht in größere Bezüge einzuordnen. Als eine Ausnahme erwähne ich hier die universitäts- und schulgeschichtlichen Forschungen am Niederrhein, in der historiographisch editorischer Sachverstand mit der Fähigkeit einhergeht, die niederrheinische Geschichte auf die preußische Geschichte zu beziehen. Neben der erwähnten beiläufigen Behandlung schulpolitischer Phänomene stehen freilich nur wenige Darstellungen, die die Möglichkeit der Zeitgeistforschung in der Erziehungswissenschaft erwiesen haben. Da gibt es einmal den rhetorischen Zuspruch von C. L. Furckm, dem freilich entsprechende monographische Studien nicht gefolgt sind. Sodann müssen hier Arbeiten erwähnt werden, die Friedrich Kreppel verfaßt hat, einmal „Der Lehrer in der Zeitgeschichte" und „Der Lehrer in den 20er Jahren" 172 . Darüber hinaus eine mehr grundsätzlich theoretisch konzipierte Studie „Das Problem Zeitgeist"173, wobei der wis17» H . H . M u d i o w [212], « 1 C. L. Furck [101]. 172 F. K r e p p e l : Der Lehrer in der Zeitgeschichte. In: Z R G G 1961, H . 2., S. 128 ff.; ders., Der Lehrer in den 20er J a h r e n . I n : Zeitgeist im Wandel, Bd. 2, a. a. O . , S. 124 ff. 173 F. K r e p p e l : Das Problem Zeitgeist. I n : Z R G G 1968, S. 97 ff. H i e r findet sich u. a. audi eine Auseinandersetzung mit Jacob Burckhardts und York von Wartenburgs geschichtsphilosophischem Ansatz, S. 111.
2.6.1 Zeitgeistforsdiung
113
senschaftstheoretische Ort der Zeitgeistforschung auf dem Hintergrund der Philosophiegeschichte angegeben wird; hierbei befindet sich Kreppel in der Nähe von Pfannkuch und Schoeps' Aufsatz über Ernst Brandes (1758—1810), der in der Humboldt-'Kia. bereits zwei Bücher über den Zeitgeist in Deutschland publiziert hat 174 . Selbst die wenigen Arbeiten, die Erziehungs- und Bildungsgeschichte mit den Mitteln der Zeitgeistforschung schreiben, haben Klaus Schalter veranlaßt, folgende Typologisierung geschichtlicher Vorgehensweisen festzustellen: Die Ideengeschichte, die Geschichte im Spiegel der Zeitgeistforschung, die Geschichte der Erziehungswirklidikeit175. Hans-Joachim Schoeps hat gelegentlich Lexika als die reine Auskristallisierung des Zeitgeistes interpretiert und die Wandlungen des Zeitgeistes am Begriffs- und Inhaltswandel von Lexika demonstriert. Er ist dabei so weit gegangen, einen eigenen Forschungsbereich Lexikographie zu fordern. Übrigens laufen die sozialgeschichtlichen Arbeiten zur Geschichte des 19. Jahrhunderts, wie sie von W. Conze durchgeführt werden, in eine ähnliche Richtung. Wir haben versucht, diesen Gedanken auf die Lexika-Artikel des Stichworts „Pädagogik" zu übertragen und dabei den Begriffswandel und die Veränderungen des pädagogischen Selbstverständnisses im 19. und 20. Jahrhundert verfolgen können178. Es mag in diesem Zusammenhang nur darauf hingewiesen werden, daß der Begriff Erziehungswissenschaft in den Konversationslexika bereits vor der Jahrhundertwende auftaucht. Für unsere Fragestellung sei nur ein Beleg zitiert, in dem bereits am Beginn des vorigen Jahrhunderts Jugendbildung und Erwachsenenbildung voneinander abgehoben werden: „Die Methode, nach welcher Kinder und junge Leute unterrichtet werden müssen, ist eine ganz andere, als diejenigen, nach welcher Erwachsene zu unterrichten sind. Bei letzteren ist es genug die Regeln zu befolgen, welche die gewöhnliche Methodik aufstellt und welche auch allgemein befolgt wird, z . B . vom Einfachen anzufangen; auf nichts sich H . J . Schoeps [277]. Die Bücher von Brandes [421. " 5 K . Schaller [265], " 8 J . H . Knoll [163]. 8
Knoll,
Erwachsenenbildung
114
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
zu beziehen, was nicht vorher schon vorgetragen, auseinandergesetzt, erwiesen worden ist und dergleichen. Allein die pädagogische Methodik ist eine ganz andere. Hier ist nicht die Hauptsache die Mitteilung und das Fortrücken in Kenntnissen, sondern Hauptsache ist die Übung der Seelenkräfte, damit sie sidi entwickeln und in den gehörigen Zustand von Stärke und Vollkommenheit gelangen. Es muß hier nidit auf das Fortschreiten in Kenntnissen, sondern auf das Bearbeiten derselben gesehen werden. Es ist hier eine Ordnung im Erwerben der Kenntnisse, eine Kunst, sie vor den Zögling zu bringen, und ihn Entdeckungen an den Eigenschaften derselben machen zu lassen nöthig, von welcher der bloße, auch noch so geschickte Lehrer der Wissenschaften nicht einmal Ahnung hat" 177 . Wir fragen nunmehr, ob die Zeitgeistforschung in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung eine praktikable Methode sein könnte. Wir müssen uns hierbei allerdings auf wenige Hinweise beschränken, können nur einige denkbare Themen vorschlagen und müssen den Nachweis der Praktikabilität einer künftigen Detailforschung anheimgeben. Geht es wie dargestellt der Zeitgeistforschung um den Aufweis der eine Zeit charakterisierenden Emanationen des Zeitgeistes quer durch die vielfältigen Lebens- und Wirklichkeitsbereiche, so müßte die Erwachsenenbildung zunächst im Zusammenhang gesellschaftlicher, politischer und wissenschaftlicher Zustände und Entwicklungen gesehen werden. Die Erwachsenenbildung würde solchermaßen in den synchronoptischen Kontext aufklärerischer Bestrebungen eingebettet sein, aus der sie Bestätigung und Antrieb herleitete. Die philosophische Aufklärung und Weltbemächtigung durch die französische Aufklärung, die politische Aufklärung der liberal-konservativen Reformer Preußens und die sich auf sie gründende pädagogische Aufklärung in den Nationalerziehungsplänen des Vormärz, die naturwissenschaftliche Aufklärung von der angemessenen Form öffentlicher Wissenschaft Virchows bis zur plakativen Prophetie Haeckels — all diese aufklärerischen Aktivitäten haben die Erwachsenen177 I n : Conversationslexikon (Hrsg. lehrten, Cöln 1835, S. 142 f . ) .
von
einer
Gesellschaft
rheinländisdier
Ge-
2.6.2 Zur Methodologie
115
bildung in ihren Ansprüchen und Durchsetzungsbemühungen befördert. Zum zweiten hebt die Zeitgeistforschung auf Quellen ab, die von der Historiographie bislang vernachlässigt wurden 178 . V o n daher müßte sich die Forschung zur Erwachsenenbildung u. a. mit den Autobiographien praktischer Erwachsenenbildner befassen, müßte Analysen der Programme im historischen K o n t e x t vornehmen, müßte den publizistischen Niederschlag der Erwachsenenbildung in der veröffentlichten Meinung zu erkunden suchen. Hier würden sich Themen anbieten wie: Erwachsenenbildung in der Wilhelminischen Ära im Spiegel der Tages-, Wochen- und Parteipresse, die neuhumanistische Renaissance in der Erwachsenenbildung der Weimarer Republik im Spiegel des Veranstaltungsangebots, Leiterfunktion und Partizipation anhand von Sitzungsprotokollen ausgewählter Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Erwachsenenbildung im parteipolitischen Selbstverständnis auf der Grundlage archivarischer Mikrodokumente, Erwachsenenbildung im Spiegel ihrer Werbung, Erwachsenenbildung und Jugendbildung im Zeugnis von Lehrern, Eltern und Pädagogen. Diese Liste ließe sich verlängern, die Themen sollten nur anzeigen, in welche Richtung das bisher übliche Forschungsterrain ausgeweitet werden könnte. Kondition bleibt aber, daß geisteswissenschaftliche und empirische Vorgehensweisen so miteinander zu verbinden sind, daß die Verläßlichkeit der Aussage durch die Überprüfung der Repräsentativität, der Wirkung, der Kommunikationsabläufe gesichert ist.
2.6.2 Zur Methodologie des Vergleichs in Erziehungswissenschaft und Wissenschaft von der Erwachsenenbildung Zunächst müssen einige einschränkende Bemerkungen vorangestellt werden. Unsere Überlegungen beziehen sich vorrangig auf die in der Bundesrepublik Deutschland zu ermittelnden Befunde, sodann nimmt unsere Darstellung ihren Ausgang von der vorab beschriebenen wissenschaftsinstitutionellen Verfassung der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, und schließlich wollen wir jene erziehungswissenschaftlichen Versuche einbezie178 Siehe z. B . [210]; H . Sthallenberger [264], 8*
116
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
hen, die außerhalb der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung liegen, da in Deutschland eine Vergleichende Erwachsenenbildung (Comparative Adult Education) weder im theoretischen Zugang noch in der praktischen Realisierung bislang etabliert werden konnte. Zur Zeit gilt noch die behutsam wohlmeinende Umschreibung Oskar Auweilers: „Eine Ausweitung der international — vergleichenden Fragestellung im Bereich der Erwachsenenbildung zeichnet sich neuerdings ab" 179 . Ein derartiger Hinweis kann von unserer Sicht aus nur durch wenige Aktivitäten ins Recht gesetzt werden. In diesem Zusammenhang wären das „Journal" des International Congress of University Adult Education 180 , die Zeitschrift „Convergence" und das von uns edierte „Internationale Jahrbuch der Erwachsenenbildung" zu nennen; freilich neben jenen monographischen Darstellungen, die in letzter Zeit häufiger begegnen181, sich aber in der Regel an die Tradition der Auslandspädagogik heften. Im Bereich der Erziehungswissenschaft insgesamt würde eine Umschau über die vergleichende Literatur wohl positiver ausfallen. Hier ließen sich Methodendiskussionen 182 angeben, die das interdisziplinär angelegte Methodeninstrumentarium bis ins Detail auffächern, hier wäre eine die Genesis der Vergleichenden Erziehungswissenschaft verfolgende Literatur zu erwähnen, und hier wäre schließlich auf Arbeiten aufmerksam zu machen, die eine mikro- oder makrokosmische Vorgehensweise dokumentieren 183 . Darüber hinaus müßten noch jene Versuche erwähnt werden, die außerhalb der Erziehungswissenschaft mit dem Instrument des Vergleichs arbeiten. In Soziologie 17» O . Anwciler [7]. 180 Das »Journal" des International Congress of University A d u l t Education hat zumal im Zusammenhang m i t der Weltkonferenz in Montreal 1970 zahlreiche Länderstudien zur Erwachsenenbildung veröffentlicht ( „ J o u r n a l " 2, 3, 4, 1970, „Journal" 1, 2, 3, 1971]. Für die Erwadisenenbildungsweltkonferenz in J a p a n 1972 ist eine internationale vergleichende Studie angefertigt worden, s. d a z u : J . H . Knoll [167], Vgl. hierzu die jüngste Zusammenstellung von J . Kulich, W o r l d Survcy of Researdi in Comparative A d u l t Education: A Directory of Institutions and Personnel, 1972, Supplement, October, 1972, Vancouver 1972. 181 Wir verweisen hier stellvertretend auf H . Siebert [250]. 182 Siehe hierzu: Methodology of C o m p a r a t i v e Education. Meeting of Experts, H a m b u r g , 30. August—3. September 1971, durchgeführt von U N E S C O Institute for Education, H a m b u r g . 183 Siehe hierzu: S. B. Robinsohn [234],
2.6.2 Zur Methodologie
117
und Politikwissenschaft, in Anthropologie und Verhaltensforschung, in der Kommunikationswissenschaft — kurzum in den aus sozialem Handeln abgeleiteten und soziales Handeln prognostizierenden Disziplinen — hat sich der Vergleich als Forschungsinstrument angesiedelt, der sowohl „Entwicklungstrends im globalen Maßstab" (P. Rosello) aufzudecken versucht wie im Detail Divergenz oder Konvergenz vergleichbarer Erscheinungen nachweist. Überblickt man die relevante Literatur zu dem Thema, so darf vereinfachend festgestellt werden, daß sie sich vorrangig an sozialwissenschaftlichen Techniken orientiert und einem empirischen Forschungsvollzug nahezu extrem den Vorzug gibt. Diese Entwicklung scheint mir eine doppelte Gefahr zu signalisieren, daß nämlich einmal alle außerhalb der Empirie liegenden Techniken als vorwissenschaftlich oder als pure Vorleistungen abqualifiziert werden — Hermeneutik etwa als Hilfsinstrument zur Hypothesenbildung —, und sodann wird der Vergleich von seiner methodischen Orientierung her allzu sehr in die Nähe der Sozialwissenschaften rangiert. Der Vergleich ist im wissenschaftsinstitutionellen Verständnis entweder eine Methode — innerhalb einer bestehenden Disziplin angewandt — oder eine interdisziplinäre Veranstaltung, deren Thema von einer der bestehenden Disziplinen allein nicht abgehandelt werden kann. Für unseren Zusammenhang bietet sich wie gesagt an, die Vergleichende Erziehungswissenschaft in näheren Augenschein zu nehmen und von dort her zu überlegen, wie sich in Zukunft die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung auch komparatistisch organisieren kann. Wir sagen hier bewußt „auch", denn die komparatistische Dimension kann immer nur eine der Forschungs- und Lehrformen und Lehrgebiete sein, denen sich ein Lehrstuhl für Erwachsenenbildung zuwenden kann. Die Diskussionen anläßlich der 2nd World Conference des International Congress of University Adult Education in Montreal (1970) haben deutlich gemacht, daß weder vom inhaltlichen noch vom methodologischen Befund her eine weitere Auffächerung der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung — etwa in eine Unterdisziplin Comparative
118
2. Erwachsenenbildung als Gegenstand der Wissenschaft
Adult Education — empfohlen werden sollte184. Vielmehr scheinen uns die wissenschaftlichen Arbeiten der Vergleichenden Erziehungswissenschaft dazu angetan, von der Erwachsenenbildung akzeptiert und in ihre Forschungsvorhaben einbezogen zu werden, zumal die Vergleichende Erziehungswissenschaft einen Stand ihres methodologischen Instrumentariums erreicht hat, der die Behauptung nicht mehr zuläßt, hinter der Vergleichenden Erziehungswissenschaft verberge sich noch immer eine nur additiv verfahrende Auslandspädagogik. Der methodologische Progreß von der Auslandspädagogik zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft gründet seit einiger Zeit nicht mehr nur im Anspruch, sondern er hat sich in pädagogischer Detailforschung erwiesen. Die Vergleichende Erziehungswissenschaft in der Bundesrepublik hat sich in den verflossenen Jahren in den internationalen Standard integriert und hat die in Amerika und England üblichen Verfahren rezipiert und praktiziert. Es bedarf an dieser Stelle nicht einer langen Darlegung der wissenschaftsgeschichtlichen Genesis. Deutschland hat zumal in der sogenannten „klassischen Phase" der Vergleichenden Erziehungswissenschaft, die durch Namen wie Schneider und Hilker185 gekennzeichnet sei, Wesentliches zur Begründung einer Teildisziplin Vergleichende Erziehungswissenschaft beigetragen. Das festzuhalten scheint mehr als eine nur traditionsversichernde Reverenz, sondern markiert vielmehr einen Abschnitt in der wissenschaftstheoretischen und methodologischen Abfolge, deren Bewußtmachung heute ein Korrektiv gegenüber einer unbedingten Empirie bedeuten könnte. Schneider und Hilker sind von ihrem wissenschaftlichen Herkommen her der geistesgeschichtlich-hermeneutisch verfahrenden Pädagogik verpflichtet gewesen und haben in die Vergleichende Erziehungswissenschaft jene historische Forschungsweise eingebracht, die auch heute noch für eine Vergleichende Erziehungswissenschaft fruchtbar ist. In allen Darstellungen, 184 Dieser dort vorgetragene Plan scheint nidit weiter verfolgt worden zu sein. Der International Congress of University Adult Education wird im Rahmen seiner regionalen Kongresse den comparatistisdien Aspekt in Zukunft nodi stärker berüdtsiditigen. 185 Siehe hierzu die bibliographischen Verweise bei O . Anweiler [7, S. 296], L . Froese, H . H . Groothoff [100, Sp. 1304],
2.6.2 Zur Methodologie
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die die Vergleichende Erziehungswissenschaft in ihrer Entwicklung verfolgen186, wird dieser klassischen Phase, die in Nicholas Hans und I. L. Kandel ihre internationale Entsprechung hat, ein breiter Raum zugewiesen187. Doch sei auch bei einer Übersicht über das Schrifttum das Davor und Danach bedacht, wenngleich wir für unser Thema aus der klassischen Phase die nachhaltigsten Belege herleiten könnten. Im Grunde hat die Vergleichende Erziehungswissenschaft jenen methodologischen und erkenntnistheoretischen Prozeß begleitet oder nachvollzogen, der auch in der Allgemeinen Erziehungswissenschaft vonstatten gegangen ist. Ausgehend von einer ,subjektiv-impressionistischen Phase' wissenschaftlicher Vorgehensweise läuft dieser Prozeß über eine ,objektivdeskriptive' und findet in der ,analytisch-expressiven' einen vorläufigen Abschluß188. Um diesen Prozeß in Namen zu umschreiben: Am Beginn steht M. A. Jullien de Paris — dessen Traktat „Esquisse et Vue préliminaires d'un Ouvrage sur l'Éducation comparée" in der Regel als ein erster Beleg Vergleichender Erziehungswissenschaft ausgegeben wird — freilidi ist in disziplingeschiditlichen Arbeiten wiederholt darauf aufmerksam gemacht worden 189 , daß das geschichtliche Herkommen noch weiter zurückverfolgt werden könnte. In der sogenannten klassischen Phase der Vergleichenden Erziehungswissenschaft dominieren jene methodologischen, wissenschafts- und disziplingeschichtlichen Überlegungen und inhaltlichen Ausfüllungen wie sie in der geisteswissenschaftlichen Tradition der Erziehungswissenschaft, oder hier besser Pädagogik, vorlagen. In einer Untersuchung über diese Phase hat Oskar Anweiler bei Berücksichtigung der Arbeiten von Schneider, Hilker, Kandel, Hessen, Ulich folgende Gemeinsamkeiten ermittelt: „a) der Versuch einer Gesamtanalyse der Schul- und Erziehungssysteme der Nationen, b) die Betrachtung des Bildungswesens und der Pädagogik als Ausfluß des Nationalcharakters und der Nationen als geschlossener geistiger Einheiten, c) die historische Orientierung, d. h. die überwiegend genetisch verfahrende 18» O . Anweiler [6]. [[o^ nuy uosoAijnips j n j j o i t u a g "A
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198
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
In jüngster Zeit haben der Deutsche Volkshochschulverband und mit der Pädagogischen Arbeitsstelle dieses Verbandes die einzelnen Volkshochschulen ihr didaktisches Interesse zunehmend auf Zertifikatskurse konzentriert, deren Struktur am Prinzip des Baukasten-Modells orientiert ist. Hierbei geht es um systematische Kursprogramme, die nach übereinstimmenden inhaltlichen Richtlinien und deren Prüfung ebenfalls nach verbindlichen Kriterien durchgeführt werden. Es scheint, als hätten die Zertifikatskurse das Gewicht der Grundstudienprogramme, die weiterreichende gesellschaftliche, philosophisch-anthropologische und politische Zusammenhänge in Komplexveranstaltungen verdeutlichen, eingeschränkt318. Wir haben allerdings bereits hervorgehoben, daß die Grundstudienprogramme im Kontext des Bildungsurlau'bs Ausgangspunkt einer didaktischen Struktur kurzfristiger Bildungsgänge sein könnten. Zertifikatskurse werden durchgeführt oder befinden sich im Stadium inhaltlicher Ausfüllung in den Fächern Englisch, Französisch, Deutsch, Russisch, Mathematik, Elektrotechnik, Elektronik, Chemie. Zu diesen Zertifikatskursen liegt eine reiche, theoretisch reflektierte Literatur vor 319 , außerdem liegen für das Jahr 1971 erste statistische Daten vor, die über Beteiligung und Erfolg Auskunft geben. So nahmen 1970 an der Zertifikatsprüfung in Englisch 1146 Personen, 1971 1174 teil, der Französisch-Prüfung unterzogen sich 1971 380 Kandidaten, von denen 70 Vo die Prüfung bestanden haben 320 . Daß unter der Entwicklung der Zertifikatskurse die anderen Intensitäten erwachsenenbildnerischer Arbeit nicht zu leiden 318 [66 a]; bes. H . Tietgens [292]. 31» R . N o w a c e k [220], R . Raasch [231]. Aus den Schriftenreihen und Veröffentlichungen des D V V s. insbes. G r u n d f r a g e n zur Volkshochschularbeit und M i t teilungen der Pädagogischen Arbeitsstelle des D V V . Schließlich weisen wir hin auf die »Arbeitspapiere" der Pädagogischen Arbeitsstelle des DVV, so: Die Arbeitspläne der Volkshochschulen. Längsschnittanalyse 1948—1970; Vorschläge zur Systematisierung der Rechtskunde an Volkshochschulen; Das Angebot berufsbezogener Bildung. Allgemeine und punktuelle Einblicke i n : Zertifikatsprogramm f ü r Volkshochschulen, i n : Bildung und Wissenschaft, 12/1972, S. 28 und N e u e r A k z e n t : Volkshochschulzeugnis m i t Abschlußzeugnis, i n : Bildung und Wissenschaft, 1/1973, S. 8 f. 320 Mitteilungen der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes f ü r Leiter und hauptberufliche Mitarbeiter an Volkshochschulen, H . 16, 1971, F r a n k f u r t / M . , S. 6 f.
4.2 Zum Selbstverständnis der Volkshochschule
199
braudien, ergibt sich aus der Gesamtstatistik für das Arbeitsjahr 1970, aus der wir einem Bericht der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes folgend, einige Ergebnisse mitteilen dürfen: „— Das Kursangebot und die Belegungen stiegen um je 7 % 2 225 000 Teilnehmer belegten 110 000 Kurse (1969: 2 080 020 Teilnehmer bei 102 773 Kursen). — Das Gesamtangebot an durchgeführten Abenden vergrößerte sich um 5 °/o, auf 1 468 727. — Die Teilnahme an Einzelveranstaltungen und Vortragsreihen ging bei gleichbleibendem Veranstaltungsangebot um 17 °/o zurück. Bei einem Vergleich der Stoffgebiete ist bemerkenswert: Der im Jahr 1969 auffällige Anstieg der Kurse und Teilnehmer im sozialkulturellen Bereich konnte 1970 nicht wiederholt werden. Dagegen stiegen Kurse und Belegungen bei Sprachen um 23 % bei kaufmännischer Berufspraxis um 15 °/o die Belegungen im Bereich ,Manuelles und musisches Arbeiten' um 13 °/o. Erstmalig wurde der prozentuale Anteil einzelner Sprachen erhoben: 52 °/o Englisch, 22 °/o Französisch, 8 °/o Deutsch als Fremdsprache, 18 °/o sonstige Fremdsprachen. Starke Veränderungen zeigt die Personalstatistik: 1970 1969 Zahl der hauptberuflichen Leiter einschließlich Personalunion 270 206 Zahl der hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiter 163 104"321. U m die statistischen Daten an dieser Stelle nicht zu überhäufen, weisen wir darauf hin, daß weiter ins Detail gehende Aufschlüsse für einzelne Volkshochschulen vorliegen 322 , von den Landesverbänden erstellt werden (z. B. Volkshochschule in Niedersachsen) oder bereits in Ansätze zur Weiterbildungsstatistik eingegangen sind (Bayern). Für unseren Zusammenhang aufschlußreich dürfte jene im Bayerischen Bereich („Stand 321 w i e vor, S. 2. 322 c h . Ziegler [310]; Volkshochschule in Niedersadisen, Informationsdienst des Landesverbandes der Volkshodischulen in Niedersachsen. N r . 1, 1972, S. 9 f. [Die Benachteiligung der Volkshochschule durdi die Verordnung über den Stellenschlüssel.]
200
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
der Erwachsenenbildung in B a y e r n " ) ermittelte Verteilung der Veranstaltungen und Teilnehmer nach Arbeitsformen im B e reich der Volkshochschulen sein: Verteilung der Veranstaltungen und Teilnehmer nach Arbeitsformen a) Veranstaltungen VHS Einzelveranstaltung Exkursion Vortragsreihe Kurse, Arbeitsgemeinschaften etc. Wochenendseminare, Tagungen etc. Sonstige Veranstaltungen Arbeitsformen insgesamt b) Teilnehmer
Einzel Veranstaltung
Exkursion Vortragsreihe Kurse, Arbeitsgemeinschaften etc. Wochenendseminare, Tagungen etc. Sonstige Veranstaltungen Arbeitsformen insgesamt I m Vergleich mit anderen
absolut 8 089 716 775 8 668 739 1 669 20 656 420 26 31 154 29 210 874
883 908 395 549 488 982 205
i. v. H. 39,16 3,47 3,75 41,96 3,58 8,08 41,11 48,14 3,08 3,59 17,68 3,37 24,13 38,02
Einrichtungen der Erwachsenen-
bildung wird ersichtlich, daß die Volkshochschulen „besonders viele Kurse, Arbeitsgemeinschaften und Arbeitskreise in ihrem Bildungsprogramm anbieten (41,96 °/o)", damit also dem Trend nach Intensivierung und Systematisierung entsprechen und daß auch sowohl hinsichtlich der Zahl der Veranstaltungen als auch der der Teilnehmer die Berufsbezogenheit zumindest in Bayern signifikant hoch ausgewiesen wird 3 2 3 . D i e Teilnehmerstatistiken, soweit sie nach Alter, Geschlecht und Schulbildung spezifizieren, bestätigen die von Strzelewicz, Raapke und Schulenberg im empirischen Verfahren ermittelten Befunde. Allerdings scheint die Vermutung anfechtbar, daß mit der Zunahme berufsorientierender Veranstaltungen und dem Qualifizierungsprogramm traditionelle Barrieren abgebaut und auch neue Teilnehmerkreise der Volkshochschule erschlossen werden könnten. Allerdings muß auch gesagt werden, daß vielfach die nachgewiesene 323 [205, S. 6 0 ] ; s. dazu: Erwachsenenbildung — Stiefkind der Bildungspolitik?, Über eine empirisch-statistische Erhebung zum Stand der Erwachsenenbildung von G . Gorschenek. Deutschlandfunk, 3. M a i 1972. Als Ms.
4.2 Zum Selbstventändnis der Volkshochschule
201
Leistung nicht in direkter Proportion zu den Zuschüssen steht und daß zumal in Niedersachsen finanzielle Ungleichheiten in der Mittelzuweisung zu ungunsten der Volkshochschulen belegbar sind (s. „VHS-Niedersachsen"). Wir brauchen in unserem Zusammenhang nicht auf die gruppenspezifischen Auseinandersetzungen einzugehen, auch nicht auf die verbandspolitischen und verbandsegoistischen Abhebungen von „freier" und „gebundener" Erwachsenenbildung, zumal wir bereits darauf abgehoben haben, daß vormalige Abgrenzungen wenigstens zum Teil aufgehoben sind. Der von den Trägern suggerierte Eindruck, die Volkshochschulen würden im Bereich der Weiterbildung einen Dominanzanspruch reklamieren, was u. a. anläßlich der Pläne und Realisierungsversuche eines Zentralinstituts erkennbar geworden sei, kann in solcher Eindeutigkeit wohl jetzt nicht aufrechterhalten werden 324 . Davon unberührt bleibt allerdings, daß sich die Volkshochschulen am ehesten und am intensivsten der neuen Konzeption von Weiterbildung geöffnet haben und einen Themen- und Gegenstandsbereich vermessen, der in diesem Umfang von anderen Einrichtungen nicht erreicht wird. Zwei abschließende Hinweise mögen diese Aussagen belegen. Einmal verweise ich auf die Reden und die sieben Leitsätze zur Bildungspolitik auf dem 5. Volkshochschultag (Köln 2 . - 4 . 11. 1971) 3 2 5 , und sodann auf das Verhältnis Erwachsenenbildung und Massenmedien, dessen Stellenwert im Rahmen der Volkshochschulen durch den Adolf-Grimme-Preis angezeigt wird 328 . Die Ansprachen auf dem Volkshochschultag bedürfen hier keiner weiteren Interpretation, weil sie die vorgenannten Zielprojektionen beschreiben und den Beitrag der Volkshochschulen zur Weiterbildung 324 So H . Bienk, Gegenthesen und Vorschläge zur öffentlichen Aufgabe der E r wachsenenbildung/Weiterbildung, als A n t w o r t auf die Thesen von H . T h . J ü d i t e r , Klausurtagung der Planungskommission „Erwachsenenbildung und W e i terbildung" 17./18. August 1971. Als Ms. 325 Volkshodisdiultag in K ö l n . I n : V H S im Westen, H . 6, 1971 S . 243 ff. Siehe auch: Leitsätze zur Bildungspolitik. I n : V H S und Fernsehen, N r . 31/71, vom 14. 12. 1971, S. 3. 326 Hierüber informiert fortlaufend der Informationsdienst V H S und Fernsehen. H r s g . Deutscher Volkshochschulverband, R e f e r a t Fernsehen, M a r l , die insel. Redaktion B . D o n n e p p ; [67], Weitere Literatur i n : Bibliographie zur Erwachsenenbildung im deutschen Sprachgebiet, a. a . O . , S . 35.
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4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
klären; die Leitsätze, gewissermaßen als jüngste Bestimmung des Selbstverständnisses, wollen wir nachfolgend abdrucken: „Sieben Leitsätze zur Bildungspolitik 1. Weiterbildung als öffentliche Aufgabe. Weiterbildung ist eine öffentliche Aufgabe und Teil des Bildungssystems. Sie gehört zu den Pflichtaufgaben der Gemeinden. Durch gesetzliche Regelungen sind Gemeinden und Gemeindeverbände zur Errichtung und Unterhaltung von Volkshochschulen zu verpflichten. 2. Mindestprogramm in erreichbarer Nähe. Die Volkshochschulen müssen die Verwirklichung individueller Chancengleichheit und die Beseitigung des Bildungsgefälles zwischen Stadt und Land zum Ziel haben und sollen einen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Teilen der Bundesrepublik leisten. Dazu ist notwendig, daß jedem Bürger in zumutbarer Entfernung ein gleichwertiges Programm der Weiterbildung, das nach Umfang und Inhalt bestimmten Mindeststandards entspricht, angeboten wird. 3. Flächendeckende Versorgung und Verbundsystem. Um Qualität und flächendeckende Versorgung zu garantieren, richten sich Standorte und Ausstattung der Volkshochschulen nach der Raumordnungs- und Landesplanung. Dabei berücksichtigt die Programmplanung in einem Verbundsystem die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Einrichtungen in Gebietskörperschaften verschiedener Größe und Struktur. 4. Verzahnung mit den anderen Bereichen des öffentlichen Bildungssystems. Durch Abstimmung der Curricula und eines Teils der Veranstaltungen soll die Verzahnung mit den anderen Bereichen des öffentlichen Bildungssystems (Schule, Berufsbildung, Hochschule) sichergestellt werden. Dazu ist die Kooperation aller Einrichtungen des öffentlichen Bildungssystems weiter zu entwickeln, z. B. durch gemeinsame Programme der beruflichen Bildung unter Benutzung überbetrieblicher Lehrwerkstätten, gemeinsame Programme des 2. Bildungsweges, gemeinsame Elternarbeit, Veranstaltung von Hochschulseminaren und Kontaktstudien, Nutzung von Räumen und unterrichtstechnologischen Einrichtungen, Austausch des Lehrpersonals und nebenberufliche Mitarbeit. 5. Kooperation zwischen VHS und anderen Einrichtungen. Unabhängig davon, daß die Volkshochschulen für die Bevölkerung ein umfassendes Bildungsprogramm bereitstellen müssen, ergänzen andere Bildungsträger das Angebot der Weiterbildung. Dazu kann die
4.2 Zum Selbstverständnis der Volkshochschule
203
Kooperation zwischen Volkshochschulen und den anderen Einrichtungen der Weiterbildung beitragen. Zur Verbesserung der Information über die Bevölkerung ist erforderlich, daß alle Veranstalter von Weiterbildungsmaßnahmen Auskunft geben über Art, Qualität und Ausmaß ihres Bildungsangebots. Diese Maßnahmen und ihre Träger können bei entsprechender Leistung und planmäßiger Abstimmung öffentlich gefördert werden. Die Kontrolle erfolgt durch die Organe der Gebietskörperschaften. 6. Gesetzliche Regelungen. Damit die Volkshochschulen die künftigen Aufgaben der Weiterbildung erfüllen können, sind die gesetzlidien und finanziellen Voraussetzungen für ein jedem Bürger zugängliches, quantitativ und qualitativ angemessenes Volkshochschul-Angebot zu schaffen. Das Verhältnis zwischen öffentlichen und den anderen Trägern der Weiterbildung kann nur unter diesen Voraussetzungen gesetzlich geregelt werden. Vordringlich ist eine Gesetzgebung, der die genannten Leitsätze zugrunde liegen. Diese Gesetzgebung soll darüber hinaus u. a. berücksichtigen: Garantie der Freiheit der Lehre, der Wahl der Mitarbeiter und der Lehrplangestaltung im Rahmen der Mindeststandards — Festlegung eines Rechtsanspruchs der Träger der Volkshochschulen auf staatliche Förderung — Festlegung der staatlichen Zuschüsse (prozentualer Anteil) für Personalkosten, für den Lehrbetrieb, für die Verwaltungskosten und für den Bau und die Einrichtung von Volkshodischul-Häusern und -Räumen — Stellenschlüssel für die personelle Ausstattung der Volkshochschulen mit Berufschancen, die denen im öffentlichen Schulwesen und in Hochschulen vergleichbar sind — Anerkennung eines Baukastensystems durch die Länder nach einheitlichen Kriterien — Sicherung der Professionalisierung in der Weiterbildung (Aus- und Weiterbildung, Beurlaubung von Beamten, Angestellten im öffentlichen Dienst usw.) — Abbau von Benachteiligungen, die durch unterschiedliche Gesetzgebung in den einzelnen Bundesländern und zwischen Bund und Ländern (z. B. berufliche Fortbildung, Ausbildungsförderung) entstanden sind — Schaffung von Medienzentren unter Beteiligung von Volkshochschulen, öffentlichen Büchereien und Bildstellen. Bereit» erlassene Gesetze müssen überprüft und gegebenenfalls geändert werden.
204
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
7. Mehr Mittel für die Weiterbildung. Das öffentliche System in der Weiterbildung ist nur zu realisieren, wenn für den Ausbau und die Unterhaltung der Weiterbildungsinstituationen insgesamt erheblich mehr Mittel zur Verfügung stehen" 3 2 7 .
Über den Adolf-Grimme-Preis berichten wir im Zusammenhang einer kurzen Darstellung über „Erwachsenenbildung und Massenmedien" im 5. Kapitel.
4.3 ARBEIT UND LEBEN (DGB/VHS) Die Arbeitsgemeinschaft für politische und soziale Bildung — so die nähere Charakterisierung von A R B E I T U N D LEBEN — ist in ihrem geschichtlichen Herkommen eng an die Nachkriegsentwicklung der Bundesrepublik und die der Erwachsenenbildung gebunden. Sie hat — ähnlich wie das im theoretisch begründeten Vollzug auch Fritz Borinski getan hat — der Erwachsenenbildung die Funktion politisch-sozialer Orientierung zugewiesen und versieht solchermaßen einen Auftrag, der sich als Ergänzung der Erwachsenenbildung mehr berufsbezogener Richtung des Deutschen Gewerkschaftsbundes und — über die politischen Dimensionen der Volkshochschulen hinausgreifend — der Volkshochschulen versteht. Anläßlich der Gründung von A R B E I T U N D LEBEN am 23. Mai 1952 in Hausham ist dieses an die Zeitgeschichte geheftete Selbstverständnis bereits artikuliert worden. In der damaligen Erklärung wird u. a. ausgeführt: „Angesichts der sozialen, politischen und völkerrechtlichen Situation der Bundesrepublik, der Notwendigkeit, ihr demokratisches Fundament zu festigen und das gesamt öffentliche Leben demokratisch zu durchdringen, der Gefährdung der Jugend durch antidemokratische Strömungen, Parteien und Organisationen ist im besonderen Maße politische Bildung notwendig. Volkshochschulen und Gewerkschaften sind zur Übernahme dieser Aufgaben besonders berufen, weil die deutsche Volkshochschule S27
V o l k s h o c h s c h u l t a g in K ö l n , I n : V H S i m W e s t e n , a . a . O . , S . 2 5 1 f . H i n s i t h t l i d i des S e l b s t v e r s t ä n d n i s s e s und s e i n e r W a n d l u n g e n v e r w e i s e n w i r z u d e m noch a u f R . F e i g [92], H . R u p r e c h t [ 2 4 4 ] , d e r s . E d u c a t i o n p e r m a n e n t e , E i n e F o r d e r u n g des technischen Fortschritts. Sommerschule der Landesarbeitsgemeinschaft „ A r b e i t und L e b e n " N R W , 1 9 6 6 . A l s M s . ; H . T i e t g e n s [ 2 9 4 ] . E r w a c h s e n e n b i l d u n g u n d S d i u l e . H r s g . H . T i e t g e n s . B r a u n s c h w e i g 1 9 6 7 , insbes S . 61 f f . , S . 78 ff.; b e r e i t s f r ü h e r : R . R . B e e r [27, S . 13 f f . ] .
4.3 A R B E I T U N D L E B E N / D G B / V H S
205
schwerpunktmäßig eine politische Bildungsaufgabe hat, sich nach 1945 in immer stärkerem Maße dieser mitbürgerlich-politischen Bildungsarbeit widmet und ihre Arbeit als öffentliches Anliegen — ohne Bindungen an bestimmte Konfessionen und Parteien — durchführt; weil der Deutsche Gewerkschaftsbund die größte demokratische, parteipolitisch und weltanschaulich unabhängige Kraft darstellt und in seiner gesellschaftsbildenden Funktion über seine speziellen Aufgaben hinaus berufen ist, wesentlich an der Gesamtverantwortung für die Gestaltung unseres demokratischen und sozialen Schicksals mitzutragen" 3 2 8 .
Ausgehend von solcher, die politische Nadikriegssituation bedenkenden Stellung von Jugend- und Erwachsenenbildung, hat dann A R B E I T U N D L E B E N anläßlich der ersten Mitgliederversammlung im Februar 1957 in Gießen Thesen verabschiedet, die mit nur geringfügigen Abänderungen in die Satzungen der Bundes- und der Länderarbeitsgemeinschaften eingegangen sind. Diese Thesen lassen Intentionen erkennen, die in Richtung auf eine politisch-soziale Arbeiterbildung weisen 329 . Einmal kennzeichnet diese programmatische Aussage den Adressatenkreis, nämlich die Arbeitnehmer und erschließt solchermaßen den Volkshochschulen neue Rezipienten, an die ihre seitherige Bildungsarbeit nur über erhebliche Barrieren herankommen konnte, sodann geht es um eine Aktivierung der Mitverantwortung und Mitbestimmung, und schließlich bekennt sich auch A R B E I T U N D L E B E N — darin über die Bildungsarbeit der Gewerkschaften hinausgehend — zu einer grundsätzlichen Offenheit, was sowohl die Teilnehmer wie auch die Veranstaltungen betrifft. A R B E I T U N D L E B E N hat vom Anbeginn der Arbeit an das Tätigkeitsfeld nicht auf ein enges Verständnis von politischer Bildung eingeschränkt, sondern sich auch solchen Aufgaben zugewandt, die im Sinne gegenwärtiger Bildungspolitik für eine gesellschaftliche Umweltorientierung erforderlich sind. Diesen Rahmen von Aktivitäten zeichnen auch die Thesen vor: 328 [9, S . 7], Für diesen Zusammenhang insgesamt H . B o u l b o u l l i , A R B E I T U N D L E B E N . I n : [66, S . 218 ff.]. 329 H . Feidel-Mertz [91], O . N e g t [214]; s. ferner insbes. die räsonnierende Bibliographie von D . Heimann [117, S . 201 ff.]. Für den historischen Zusammenhang vgl. D . Urbach [297, S. 191 ff.].
206
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
A R B E I T U N D L E B E N wendet sidi an die Arbeitnehmerschaft. Ausgangspunkt seiner Bildungsarbeit sind die gesellschaftliche Situation der Arbeitnehmer und ihre Bildungsinteressen. A R B E I T U N D L E B E N will durch mitbürgerliche und politische Bildung die Arbeitnehmer zur Mitverantwortung und Mitbestimmung im öffentlichen Leben befähigen. Darüber hinaus können im Einvernehmen der Partner auch andere Sachgebiete behandelt werden, sofern sie der Bildungsaufgabe von A R B E I T U N D L E B E N dienen. Die Veranstaltungen von A R B E I T und L E B E N stehen
jedermann
ohne Rücksicht auf Partei-, Konfessions- oder Organisationszugehörigkeit offen. Sachliche Darstellung und Aussprache geben die Möglichkeit freier Meinungsbildung" 3 3 0 .
Formulierungen nahezu gleichlautender Art finden sidi wieder in der Satzung des Arbeitskreises „ A R B E I T U N D L E B E N für die Bundesrepublik Deutschland e. V . " vom 6. Februar 1969 und in der Satzung der Landesarbeitsgemeinschaft „ A R B E I T U N D L E B E N D G B / V H S von NordrheinWestfalen" 3 3 1 . Die endgültige Fassung der Satzung des Arbeitskreises ist durch die voraufgegangenen Mitgliederversammlungen vorbereitet worden, so die Mitgliederversammlungen in Gießen ( 8 . 2 . 1 9 5 7 ) , in Gummersbach ( 1 8 . 6 . 1 9 5 9 ) , in Bremen (26./ 27. 5 . 1 9 6 0 ) , in Recklinghausen (5. 6 . 1 9 6 3 ) , in Saarbrücken (18. 5 . 1 9 6 5 ) und in München (22./23. 6 . 1 9 6 7 ) . Überblickt man das Veranstaltungsprogramm und die von A R B E I T U N D L E B E N herausgegebenen Materialien, so lassen sich einige, in einem Prozeß zunehmender Konsolidierung entwickelte Zielprojektionen ausmachen. Einmal gilt ein Hauptaugenmerk von A R B E I T U N D L E B E N der Jugendbildung. Hierbei handelt es sich um ein pädagogisches Tätigkeitsfeld, das von den Einrichtungen der Erwachsenenbildung oft beiseite geschoben wird. Zwar gibt es im Bereich der Volkshochschulen, auch der konfessionellen Erwachsenenbildung, Bemühungen, sich der pädagogischen Sonderprobleme Jugendlicher anzunehmen, vor allem hinsichtlich der implizierten Freizeit- und Berufsprobleme, aber 330 [9, s . 7). 331 [10, S . 13]. Für den Gesamtzusammenhang — in historischer und gegenwärtiger Ausrichtung s. Ein Jahrhundert Arbeiterbildung in Deutschland. B e kenntnisse, Wege, Ziele, H r s g . U . Sdiulz und H . Jessen, Arbeit und Leben, Dusseldorf 1964.
4.3 ARBEIT UND LEBEN / DGB / VHS
207
ARBEIT UND LEBEN — und hierin erweist sich u. a. ihre Ergänzungsfunktion — rangiert die Jugendbildung gleichgewichtig neben die Erwachsenenbildung. Dieser Aktivität liegt die richtige Einschätzung gegenwärtiger Jugendbildung zugrunde. Man kann — trotz vielfältiger Unterstützung organisierter Jugendbildung durch den Bundesjugendplan — von einem pädagogisch weithin unbetreuten Raum zwischen dem 18. und etwa dem 25. Lebensjahr sprechen. Die die praktische Berufsausbildung begleitenden schulischen Veranstaltungen — wie Berufsschule — leisten in der Regel einen nur bescheidenen Beitrag zur politischen und sozialen Bildung berufstätiger Jugendlicher. Politische Bildung, sofern sie in der Berufssdiule überhaupt wegen der zu geringen Zahl von Unterrichtsstunden zustande kommt332, verfährt noch weithin in der Form der in der Weimarer Republik üblich gewesenen Institutionenkunde und übersieht solchermaßen die Unterschiede von Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit, sie übersieht vielfach die von Giesecke entwickelten Leitlinien einer „Didaktik der politischen Bildung"338, die vom Konfliktmodell ausgehend Aktionswissen herzustellen versucht. Freilich ist die Bewußtseinsbildung berufstätiger Jugendlidier334 in den letzten Jahren — nicht zuletzt unter dem Eindruck und Einfluß der sogenannten „Neuen Linken" — intensiviert worden, aber der Berufsschulunterricht basiert noch immer auf der Voraussetzung, daß sein Bildungsauftrag auf die beruflichen Erfordernisse im Sinne theoretischer Überhöhung vorrangig zu beziehen sei. Nach Abschluß der Lehrzeit und der damit auch endenden Schulzeit gibt es für die Mehrzahl berufstätiger, nichtorganisierter Jugendlicher zwar viele Möglichkeiten politischer und gesellschaftlicher Bildung, aber sie setzt voraus, daß Motivationen entwickelt werden, um diese Möglichkeiten auch zu nutzen. Hier kann ARBEIT UND LEBEN in ein Vakuum eintreten und Veranstaltungen anbieten, die mit der Erwartenshaltung jugendlicher Rezipienten korrespondieren. Der Arbeitskreis hat ein Veranstaltungsangebot entwickelt, das den jugendlichen Interessenhorizont zu erreichen sucht und jene Systematik von sich weist, die sich im 332 H . J . Gamm [102]. 333 H . Giese&e [104; 105, S. 320 ff.]. 334 Darauf geht im konkreten Beispiel ein: J . Weiler, R. Freitag [302].
208
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
stringenten Lernvollzug in die Nähe der Institutionenkunde begibt. Die Themen, die in kurz- oder längerfristigen Kursen abgehandelt werden, gruppieren sich um die Gebiete Ost-WestProbleme, Geschichte und Zeitgeschichte, Europäische Integration, Entwicklungsländer, Demokratie, Staat und Gesellschaft, Wirtschafts- und Sozialpolitik, Jugend im Betrieb, Massenmedien, Technik der geistigen Arbeit, Bildung und Ausbildung 335 . Diese Kurse werden in ihrer inhaltlichen Anlage so strukturiert, daß sie vom Erfahrungshorizont Jugendlicher ausgehen und gleichzeitig einen Kenntniszuwachs vermitteln. Jugendreisen und Sprachkurse gewährleisten auch eine Erfahrung internationaler Abhängigkeiten 336 . Eine Übersicht soll das Ausmaß „Politischer Bildung mit nicht-organisierten Jugendlichen zwischen 1968 und 1970" veranschaulichen. Veranstaltungen der Landesarbeitsgemeinsdiaften mit Unterstützung des Bundesjugendplans 1 9 6 8 — 1 9 7 0 LAG
Zahl der Veranstalt.
Zahl der Teilnehmer
Bayern Bremen Hamburg Hessen Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Rheinland-Pfalz Saarland Schleswig-Holstein
162 35 29 156 78 243 83 40 64
4 489 852 851 4 018 2 087 7 233 2 420 1 177 1 772
Bundesarbeitskreis
890
24 909 8 3 7
Zwar mögen diese Daten im Hinblick auf das Gesamt berufstätiger Jugendlicher noch bescheiden anmuten, aber es muß gleichzeitig bedacht werden, daß es sich hier nur um nichtorganisierte Jugendliche handelt und daß auch von anderen 335 [9, S. 10]. 337 ¡8, S. 22].
336 [9, S. 12 ff.].
4.3 ARBEIT U N D LEBEN / DGB / VHS
209
Einrichtungen der außer- und nachschulischen Jugendbildung dieser Adressatenkreis angesprochen wird. Kommt hinzu, d a ß sich etwa im Zusammenhang des Bildungsurlaubs der Kreis der Teilnehmer erheblich erweitern dürfte. Für unseren Zusammenhang sind allerdings die Absichten von A R B E I T U N D L E B E N im Hinblick auf die Erwachsenenbildung von besonderem Interesse. Auch hier soll zunächst der zahlenmäßige Hinweis die Aktivität verdeutlichen. Aus dem Geschäftsbericht der „Landesarbeitsgemeinschaft A R B E I T U N D LEBEN Nordrhein-Westfalen" nenne ich folgende Daten f ü r 1968: 518 Veranstaltungen im Bereich der Erwachsenenbildung mit 43 821 Teilnehmern, davon 27 617 männliche Besucher 7 269 weibliche Besucher 8 935 Teilnehmer, deren Geschlecht aus den Unterlagen nicht mehr zu ermitteln war.
Um auch die Dozenten- und Mitarbeiterfortbildung in Zahlen zu veranschaulichen, hier aus dem gleichen Berichtszeitraum die entsprechenden Daten: An den 17 Veranstaltungen der L A G beteiligten sich 530 Personen, davon 397 Herren und 133 Damen, bei 5 Veranstaltungen des BÄK 64 Personen, 61 Herren und 3 Damen 338 . Es sei hier nur im nebenhinein darauf hingewiesen, d a ß A R B E I T U N D LEBEN erhebliche Aufmerksamkeit der Dozentenfortbildung zuwendet, wobei die hier gemeinte Fortbildung immer beides umgreift, nämlich die inhaltliche Vertiefung wie auch die methodisch-didaktischen Hilfen f ü r den Erwachsenenunterricht. Auch die jüngsten uns zugänglichen Unterlagen von 1971 zeigen eine beträchtliche Spannweite des erwachsenenbildnerischen Aufgabenverständnisses bei A R B E I T U N D LEBEN. Aus der Jahresplanung f ü r 1971 der LAG A R B E I T U N D LEBEN N R W nenne ich folgende Veranstaltungen: Tagung für Leiter von Frankreichseminaren Nachbereitungstagung für Teilnehmer des Israelseminars Vorbereitungsseminar für bildungspolitische Studienreise nach Israel Bildungspolitische Studienreise nach Israel 338 [ii, s. 35]. 14 Knoll, Erwachsenenbildung
210
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Studienfahrt nach Polen Gesellschaftspolitische Studientage für Mitarbeiter und Dozenten Internationale Jugendbewegung und Studienreise in die CSSR Kultur- und bildungspolitisdie Studienreise in die Sowjetunion 25 Berlin-Seminare Sprachkurse in Französisch und Englisch in verschiedenen Niveaukursen
Hinzu kommt eine rege publizistische Tätigkeit von ARBEIT U N D LEBEN, um in die Themen einzuführen, sie zu intensivieren oder den Dozenten mit erwachsenenbildnerisch aufbereiteten Thematisierungen Hilfen für den Unterridit oder für die Vorbereitung von Reisen und für Diskussionen von Tagesaktualitäten an die Hand zu geben. Hier seien erwähnt: die Schriftenreihe ARBEIT U N D LEBEN, Sonderhefte ARBEIT U N D LEBEN 339 , Leitfaden für Referenten und Leiter von politischen Arbeitskreisen, Arbeitshefte und Arbeitsblätter für Teilnehmer an politischen Arbeitskreisen340. Daneben seien noch die als MS vervielfältigten Berichte der Arbeitsgruppen verschiedener Einzeltagungen hervorgehoben341. Ebenso hat sich ARBEIT U N D LEBEN auch in die laufende bildungspolitische Diskussion eingeschaltet, wie insbesondere die Mitgliederversammlung vom Februar 1969 deutlich gemacht hat. So findet sich in diesem Zusammenhang ein dezidiertes Votum über den Strukturplan, an dem die undifferenzierte Einschätzung der Politischen Bildung im Kontext neudefinierter Weiterbildung bemängelt 339 [12] ( H . 2, W. Schleicher: Gesellschaftpolitische Aspekte der Bildungsreform; Testfall Bildungsurlaub. H . 3, Innere R e f o r m e n , Materialien zu einem Bildungsprojekt. [13] H . 11» Bildungsplanung, Bildungsforschung und politisdie Bildung. Ferner Arbeitsblätter f ü r Teilnehmer an politischen Arbeitskreisen. In unregelmäßiger Publikationsfolge werden in diesen Materialien zentrale gesellsdiafts- und wirtsdiaftspolitisdie Fragestellungen aufgearbeitet und durch programmierte Frageteile intensiviert. 340 Arbeitsblätter f ü r Teilnehmer an politisdien Arbeitskreisen. 341 A R B E I T U N D L E B E N , Landesarbeitsgemeinsdiaft N R W , Düsseldorf o. J . , als Ms. vervielfältigte Materialien u. a. über Veranstaltungen in der Wintersdiule 1965/66 der Landesarbeitsgemeinsdiaft N R W A R B E I T U N D LEBEN in Inzell in O b b . , aus der Sommerschule der Landesarbeitsgemeinschaft A R B E I T U N D L E B E N N R W 1966 in Inzell/Obb., aus der Wintersdiule und der Sommersdiule 1968/69, Themen u. a . : Israel im Spannungsfeld der Weltpolitik, P r o bleme der Freizeit in der modernen Industriegesellsdiaft, Prinzipien des ganzheitlidien Unterrichts, Allgemeine Grundlinien der deutsdien Außenpolitik gegenüber den Entwicklungsländern, Aufgaben der Friedenspolitik, D i e Rolle von Madit und Militär in der internationalen Politik.
wird. Wir
4.3 A R B E I T U N D L E B E N / D G B / V H S
211
h a b e n bereits d a r a u f hingewiesen,
von
d a ß auch
a n d e r e r Stelle die so d o m i n a n t e H e r v o r h e b u n g der beruflichen B i l d u n g b e g r ü n d e t e m E i n s p r u c h ausgesetzt gewesen ist.
Hier
nun w i r d u n t e r d e m A s p e k t der Politischen B i l d u n g g e ä u ß e r t : „ E s überrascht, d a ß in der D e t a i l d a r s t e l l u n g der W e i t e r b i l d u n g die
Politische
konkreten
Bildung
Angaben
unerwähnt
über
die
bleibt
praktische
damit
keine
Anwendung
und
dieser
P r i n z i p i e n a u f L e h r - u n d L e r n z i e l e , I n h a l t e , didaktische u n d methodische K r i t e r i e n
der Politischen B i l d u n g
gemacht
wer-
d e n " 3 4 2 . U n t e r P u n k t 7 der S t e l l u n g n a h m e des Arbeitskreises ARBEIT
UND
LEBEN
zum
Strukturplan
finden
sich
K a t a l o g v o n W ü n s c h e n u n d der H i n w e i s a u f den O r t ,
ein den
A R B E I T U N D L E B E N i m R a h m e n einer neu v e r f a ß t e n W e i terbildung beziehen k a n n : „Hinsichtlich der zukünftigen Finanzierung der Bildungsarbeit muß über die allgemein gehaltenen Empfehlungen des Strukturplans hinaus gefordert werden: — daß eine allgemeine Anhebung der entsprechenden Haushaltsansätze für Förderungsmittel auf allen Ebenen erfolgt; — daß eine aufgabengerechte Koordinierung der Förderungsbedingungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden stattfindet; — daß die Praxis der Mittelverteilung durch mehr Transparenz der öffentlichen Kontrolle zugänglich gemacht wird; — daß die gesamte Finanzierungspraxis in geeigneter Weise in die mittelfristige Finanzplanung von Bund und Ländern aufgenommen wird. Der Bundesarbeitskreis A R B E I T U N D L E B E N wertet den Strukturplan des Deutschen Bildungrates als ein Dokument von weittragender bildungspolitischer Bedeutung. Seine Wirkung erweist sich in dem von der Bundesregierung vorgelegten Bildungsbericht, der in seinen Planungsvorstellungen in enger Anlehnung den Empfehlungen des Bildungsrates folgt. Aus diesem Grunde erscheint dem BundesArbeitskreis A R B E I T U N D L E B E N eine kritische Analyse des Strukturplans wichtig. Der Bundesarbeitskreis A R B E I T U N D L E B E N unterstützt die Forderung des Bildungsrates und die Feststellung der Bundesregierung, daß Bildungsplanung — einschließlich der Forschungsplanung — ein gesellschaftlicher Prozeß sein soll, der eine rechtzeitige Information und Beteiligung aller gewerkschaftlichen K r ä f t e notwendig macht. 342 [8, S. 221. 14 •
212
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Bildungsplanung muß einerseits — über die bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen in Bund und Ländern hinaus — eine weitere rechtliche Konsolidierung der Beziehungen zwischen staatlichen Stellen und den gesellschaftlichen Trägern der Weiterbildung zum Ziel haben, andererseits auch den Ausbau der frei vereinbarten Kooperation der gesellsdiaftlichen Träger fördern. Der Bundesarbeitskreis A R B E I T U N D L E B E N wertet seine eigene Tätigkeit als ein Modell erfolgreicher Kooperation zweier wichtiger gesellschaftlicher Träger der Weiterbildung und versteht seine heutige Stellungnahme als einen zustimmenden und zugleich kritischen Beitrag zum Prozeß einer zukunftsorientierten Bildungsplanung ( 1 5 . 1 2 . 1970)"343.
Anläßlich der Mitgliederversammlung von 1969 sind weitere Aspekte künftiger bildungspolitischer Aktivität von A R B E I T U N D LEBEN hervorgehoben worden. So einmal, und damit schließen wir an die Stellungnahme zum Strukturplan an, daß A R B E I T U N D LEBEN ein Modell von Kooperation —, eben zwischen Gewerkschaftsbund und deutschen Volkshochschulen — vorführe. Nun muß allerdings einschränkend deutlich gemacht werden, daß die im Strukturplan gemeinte Kooperation noch nicht vorrangig auf institutionalisierte Formen abhebt, sondern vielmehr auf Absprachen und Programmplanungen zielt, durch die Überschneidungen vermieden und eine wechselseitige Bezugnahme ermöglicht werden soll. Insofern versteht sich der Strukturplan als ein realistisches Konzept, der die gruppenspezifischen Abhebungen und die berechtigten partikularen Sonderinteressen einkalkuliert. Ein zweiter, von Wolfgang Schleicher gegebener Hinweis betrifft den Bildungsurlaub, wobei er deutlich zu machen versucht344, daß die Veranstaltungspraxis von A R B E I T U N D LEBEN als Vorarbeit für organisierten Bildungsurlaub anzusehen sei. Wir sind an anderer Stelle345 auf den Bildungsurlaub, dessen inhaltliche Orientierung und bildungspolitische Implikationen eingegangen und haben bereits 343 [14]. 344 Sdileicher, Kooperation als Wesenselement der Arbeitnehmerbildung. R e f e r a t , gehalten aus Anlaß der außerordentlichen Mitgliederversammlung des Bundesarbeitskreises »Arbeit und Leben" am 6 . 2. 1969 in Düsseldorf; ders., M o t i vation und Förderung, Anmerkungen zum Bildungsurlaub. I n : [8, S . 5 ff.]. Siehe dort auch Bildungspolitik und Bildungsplanung (S. 14 ff.). 345 J . H . K n o l l , Bildungsurlaub, Schlagwort oder Modell gegenwärtiger Erwachsenenbildung. I n : [168, S . 65 ff.].
4.3 ARBEIT UND LEBEN / DGB / VHS
213
damals betont, daß ein beruflich-politisch interaktiver Bildungsurlaub nicht auf vorhandene „Modelle" gegründet werden könne. Wir meinen, daß der einmal erreichte Konsens, daß im Bildungsurlaub beruflich orientierte und gesellschaftspolitische Aspekte zu verbinden seien, nicht dadurch in der Praxis eingelöst werden kann, daß vorhandene Programme von politischsozialer Relevanz in ihrem zeitlichen Umfang aufgebläht werden. Die Interdependenz von beruflicher und politischer Bildung muß am Einzelfall neu thematisiert und sodann inhaltlich strukturiert werden. Vorarbeiten sind in dieser Richtung in die Wege geleitet 346 . Außerdem gilt zu bedenken, daß der Bildungsurlaub aus finanziellen Überlegungen zunächst vom Tisch aktueller Politik verschwunden ist und daß die jetzt zur Verfügung stehende Zeit für Experimente genutzt werden sollte, wobei die Offenheit für neue Konstruktionen in weitem Maße gelten sollte. Sodann wird auf der Mitgliederversammlung von 1969 wiederum der ursprüngliche Ansatz von A R B E I T U N D L E B E N dadurch bewußt gemacht, daß auf die institutionalisierte Politische Bildung hingewiesen wird. In diesem Zusammenhang wird der seit 1966 hergestellte Verbund von Einrichtungen, die in dieser Absicht kooperieren, vorgestellt. Der Bundesarbeitskreis, der dem Arbeitsausschuß für Politische Bildung angehört, weiß sich in seiner Zielsetzung auf die folgenden Mitglieder bezogen: Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke, Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e. V., Arbeitskreis deutscher Studentenverbände, Bildungswerk Europäische Politik, Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, Deutsche Vereinigung für Politische Bildung e. V., Deutscher Bundesjugendring, Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutscher Volkshochschulverband e. V., Evangelische Trägergruppe für Politische Bildung mit nicht-organisierter Jugend, Friedrich-Ebert-Stiftung, Friedrich-NaumannStiftung, Hanns-Seidel-Stiftung, Konrad-Adenauer-Stiftung, Politischer Arbeitskreis Oberschulen, Ring Politischer Jugend, Verband ländlicher Heimvolkshochsdiulen e. V., Victor3*6 Eine K o o r d i n a t i o n der A k t i v i t ä t e n versucht das Institut für Kommunikationsplanung, Bonn s. I K - P r o j e k t : Weiterbildung, Erwachsenenbildung, Bildungsurlaub. Zwisdienstudie für die Bundeszentrale für politische Bildung. Bonn o. J . Ferner H . Siebert u. a. [256].
214
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Gollancz-Stiftung e. V. Letztlich wird, ebenfalls auf der genannten Mitgliederversammlung von 1969, auf den Heppenheimer Kreis Bezug genommen, der auf Initiative des Deutschen Gewerkschaftsbundes erstmals am 2. 10. 1968 zusammengetreten ist und in dem sich die außerhalb des Deutschen Volkshochschulverbandes befindlichen Einrichtungen der Erwachsenenbildung ein Gesprächsforum gebildet haben, das inzwischen über eine beachtete Reputation verfügt. In jüngster Zeit scheint allerdings der Heppenheimer Kreis in eine krisenhafte Phase getreten zu sein, was u. a. an dem Ausscheiden einiger Mitglieder und der Zurücknahme des Beobachters des Deutschen Volkshochschulverbandes ersehen werden kann. Neben vielfältigen bildungspolitischen Aktivitäten hat der Heppenheimer Kreis vor allem die Diskussion um das „Zentralinstitut für Erwachsenenbildung" wachgehalten. Auch ARBEIT U N D LEBEN hat sich mit den diesbezüglichen Vorstellungen solidarisiert347. Ein von H. H. Groothoff im Juni 1970 vorgelegtes Gutachten über ein Zentralinstitut hat freilich die Planung eines derartigen Instituts nicht wesentlich befördern können, was freilich nicht dem Autor, vielmehr der pluralistischen Divergenz der Erwachsenenbildungseinrichtungen anzulasten ist. Die vom Heppenheimer Kreis intendierte Struktur eines derartigen Instituts schließt die Nachteile verbandsspezifischer Partikularinteressen und der damit verknüpften Auftragsgebundenheit und die Vorteile einer breiten, alle Sonderformen einschließenden wissenschaftlichen Plattform ein. Aus den vorab gegebenen Hinweisen, vor allem auf die Selbstaktivierung von ARBEIT U N D LEBEN im Hinblick auf den Bildungsurlaub, mag ersichtlich geworden sein, daß gerade im Kontext eines neuen Systems von Weiterbildung dieser Kooperation von Volkshochschulen und Gewerkschaftsbund eine wichtige Aufgabe als politisch-soziales Ergänzungsinstrument zufallen dürfte. Danach wird sich, so darf angenommen werden, der Öffentlichkeitseffekt von ARBEIT U N D LEBEN gegenüber bisher noch erheblich steigern. [8, S. 17], s. dort audi S. 8 ff., K . Meissner: Bildungsplanung in der Bundesrepublik. D e r Stellenwert der Weiterbildung.
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
215
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung Der Versuch, die Erscheinungsformen und Absichten gewerkschaftlicher Erwachsenenbildung gewissermaßen überblickhaft darzustellen, ist von Schwierigkeiten und Gefährdungen begleitet, die wir in unserem Zusammenhang nicht ganz ausschließen können. Einmal verzichten wir auf eine Ausführung, inwiefern etwa die klassische Arbeiterbildung in der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung eine Fortführung erfährt, sodann müßte — und dies gilt insonderheit für den D G B — stärker nach den Einzelgewerkschaften differenziert werden, und schließlich lassen sich auch Unterschiede hinsichtlich der Bildung Heranwachsender und Erwachsener ausmachen. Die klassische Arbeiterbildung, wie sie etwa in der Wilhelminischen Ära von der Sozialdemokratischen Partei praktiziert wurde 348 , war auf klassenbewußte Solidarisierungseffekte hin angelegt; das zeigte sich etwa beim öffentlichen Auftreten der Sozialdemokraten und den dadurch konditionierten Abwehrmechanismen politischer und kulturpolitischer Verantwortungsträger 349 und bei den das Emanzipationsbestreben anzeigenden 1. MaiFeiern 350 . Erwachsenenbildung unter dieser Perspektive von Arbeiterbildung war auf Konsolidierung der politischen Aktivität und Formung hin angelegt. In der Weimarer Republik — hier müßten freilich die sozialdemokratischen und die kommunistischen Vorhaben unterschieden werden — wurde schon ein offe348 Siehe H . Feidel-Mertz [91]. E i n Jahrhundert Arbeiterbildung in Deutschland. Bekenntnisse, Wege, Ziele. H r s g . U . Schulz und H . Jessen. A R B E I T U N D L E B E N , Düsseldorf 1964. 349 Auf eine I n i t i a t i v e Wilhelms I I . von 1889 wurde 1890 eine Schulkonferenz einberufen, die auftragsgemäß Riditlinien für Unterriditsinhalte entwickelte und dabei insbesondere die Neuverfassung des Geschichtsunterrichts im Sinne staatsbürgerlicher Erziehung ins Auge f a ß t e . M i t den Mitteln eines p a t r i o t i schen Geschichtsunterrichts sollte die L o y a l i t ä t gegenüber dem vorfindbaren S t a a t bereits in der Schule gegründet und darüber hinaus der Nachweis geliefert werden, daß sozialpolitische Veränderung eher durch die K r o n e als durch die „sozialdemokratischen I r r l e h r e n " gewährleistet würden. Die Preußischen Schulpläne von 1890 haben die inhaltliche Neubestimmung des Geschichtsunterrichts auf diese Vorgaben abgestellt. Über diesen Zusammenhang haben wir eine Reihe von Untersuchungen angestellt, die demnächst veröffentlicht werden. Siehe dazu J . H . K n o l l [157], 350 Eine genauere Untersuchung über Anlage und Inhalte der 1. M a i - F e i e r n ist bislang nicht erstellt worden, auch nicht von der Geistesgeschichte; es würde sich dabei erweisen, daß die klassenbewußte Solidarisierung mit kleinbürgerlichen Bewußtseinsinhalten ausgefüllt war.
216
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
neres Verständnis von Erwachsenenbildung praktiziert, das über parteipolitische Eingrenzungen hinausführte. Diese breitere Anlage ließe sich einmal im Schrifttum nachweisen und sodann auch im belegten Einzelbeispiel vorführen. In dieser Form von Arbeiterbildung ging es schon vielmehr um reflektierte Wirklichkeitserfahrung und um eine Orientierung, die dem Niveau „bürgerlicher Bildung" zustrebte. Um im Einzelbeispiel diesen Sachverhalt zu belegen, möchten wir nur auf zwei Personen hinweisen, die ihr Herkommen aus der Arbeiterbildung nie zu überspielen versuchten. Hierher gehört einmal der der Verstehenssoziologie zuzurechnende Karl Bednarik, der seinen Ausgang vom Austromarxismus wiederholt unterstrichen hat 351 und Kurt Stechert, ein freilich weithin in Vergessenheit geratener Amateurhistoriker, der eine brillante Diagnose des Nationalsozialismus geliefert und nationalökonomisch-politische Erläuterungen der Weimarer Republik geliefert hat 352 . Eine Reihe von heute prominenten Sozialdemokraten belegen im Rückblick, welche Rolle die Arbeiterbildung für ihre politische Bewußtseinsbildung gespielt hat. In der unmittelbaren Nachkriegssituation ist dann auch wisenschaftlich der Eindruck suggeriert worden, daß wir an das Ende ideologiebewußter und ideologie-orientierter Auseinandersetzungen gekommen seien, Formeln wie die vom „Zeitalter der Entideologisierung" wurden ausgegeben und Hans Freyer hat von einer konservativen Position aus353 den euphorischen Glauben zurückgewiesen, daß wir in eine Zeit der Machbarkeit und Planbarkeit „sekundärer Systeme" 354 eingetreten seien. Im Zuge einer Re-ideologisierung, die ihre Heilsgewißheit und ihre Identifikationsschemata aus dem Reservoir des 19. Jahrhunderts bezieht, ist dann auch die Arbeiterbildung wieder zu einem aktualisierten Gesprächsgegenstand geworden. Wir meinen allerdings, daß sich diese Diskussion mehr im akademischen Raum vollzieht, Rückwirkungen auf die Praxis gewerkschaftlicher Erwachsenenbildung sind aus dem vorliegenden 351 K . Bednarik [24], 352 Siehe H . J . Sdioeps [278; 279]. 353 H . Freyer [96; 97]. 354 Zum Problem von Staatsbewußtsein und Geschichtlichkeit in Konservativismus s. H . Grebing [109]; M . Greiffenhagen [110].
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
217
Schrifttum nur kaum erkennbar 355 . In einem ersichtlichen Gegenlauf setzen die Gewerkschaften eine Form von Erwachsenenbildung kontinuierlich seit Beginn der Nachkriegszeit fort, die eine nur bedingt eingeschränkte Offenheit belegt und sich solchermaßen von der vormaligen Unterscheidung in „freie" und „gebundene" Erwachsenenbildung abhebt. Wollen wir die Zielprojektion gewerkschaftlicher Erwachsenenbildung bestimmen, so sind wir in eine doppelte Richtung verwiesen: einmal wird in ihr politische Bildung geleistet, sodann berufsbezogene. Dabei scheint uns nachweisbar, daß der D G B versucht, die beiden Richtungen auszubalancieren, während demgegenüber die D A G der Berufsbezogenheit offenkundig die Priorität zuweist. Bleiben wir zunächst beim D G B , wobei wir die Sonderformen in den Einzelgewerkschaften — wie gesagt — zunächst übersehen müssen 358 . Im Geschäftsbericht des BGB 3 5 7 wird zunächst bewußt gemadit, daß die gewerkschaftliche Bildungsarbeit nicht indoktrinieren solle 358 . Gleichzeitig wird allerdings der Grundsatz einer politischen Bildung aufrechterhalten. So heißt es in dem Bericht der Abteilung Bildungswesen: „Das entscheidende Merkmal der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit ist ihre politische Komponente. Es ist das Bewußtmachen der Konfliktsituationen, denen wir ständig ausgesetzt sind. Aus dem politischen Wirken der Gewerkschaften ergeben sich allenthalben Gegensätze und Berührungspunkte zu den Prinzipien und Praktiken anderer gesellschaftlicher Gruppen. Deshalb werden ständig und immer aufs neue die Rechte und Pflichten der Freiheit, der persönlichen und gesellschaftlichen Freiheit, ins Bewußtsein gerufen. Bildungsarbeit soll beitragen zur Entwicklung der positiven Anlagen eines jeden Menschen und ihn ermutigen, sich seiner jeweils einzigartigen Fähigkeiten 355 D . H e i m a n n [117, S . 201 ff.]. 356 Im S i n n e eines Beispieles weisen w i r hin a u f I G - M e t a l l : B i l d u n g s z e n t r u m S p r o c k h ö v e l . H r s g . Industriegewerkschaft M e t a l l , F r a n k f u r t o . J . F ü r den inhaltlichen A s p e k t : B i l d u n g s j a h r 1971/72. S e m i n a r e , Industriegewerkschaft M e t a l l f ü r die B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d , V o r s t a n d , A b t . B i l d u n g s w t s e n . F r a n k f u r t 1971. 357 [49],
358 [49, S . 327],
218
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
zu bedienen und am Ausbau einer zunehmend demokratischen Gesellschaft teilzunehmen" 359 . Über die Aufgaben der Abteilung Bildungswesen und die dort entwickelten Aktivitäten wird im folgenden berichtet: „Für den Bereich der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit ist die Abteilung Bildungswesen beauftragt, — die Zielsetzung der Bildungsarbeit zu entwickeln und ständig zu überprüfen, — die Initiativen und Vorstellungen aller gewerkschaftlichen Stellen zu koordinieren, — zentrale Lehrgänge und Arbeitstagungen zu planen und durchzuführen. Die Abteilung Bildungswesen hat in der Berichtszeit ihre Gestaltungs- und Koordinierungsaufgaben in dem beschriebenen Sinne weitergeführt. Soweit in Teilbereichen aus finanziellen Gründen Einschränkungen nicht zu vermeiden waren, wird das an den entsprechenden Stellen im Bericht erwähnt. Der Ausschuß für das Bildungswesen hat in 7 Konferenzen bildungspolitische Aufgaben beraten. Mit den Bildungssekretären der DGB-Landesbezirke und den Leitern der Bundesschulen und des Hauses der Gewerkschaftsjugend sind 4 Beratungen über die Gestaltung der Bildungsarbeit in den D G B Kreisen und der Lehrgänge in den Bundesschulen geführt worden. Des weiteren wurde mit der Abteilung Finanzen und den Leitern der Sdhiulen die Finanzplanung der Bundesschulen für jeweils ein Jahr beraten. Die Informationsschrift der Abteilung Bildungswesen „Bildungsarbeit im Deutschen Gewerkschaftsbund", die zunächst in einer Auflage von 5000 Stück herausgegeben worden ist, konnte in der Berichtszeit dreimal vollständig überarbeitet mit insgesamt 13 000 Stück neu aufgelegt werden"3®0. Bereits aus diesem Geschäftsbericht wird erkennbar, auf welchen Ebenen, mit welchem Anspruch, mit welcher Zielsetzung und mit welchem Adressatenkreis gewerkschaftliche Erwachsenenbildung zu realisieren ist. Einmal erfolgt die Bil35» [49, S. 327].
360 [49, S. 328],
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
219
dungsarbeit in den DGB-Kreisen. Ohne an dieser Stelle bereits in die Einzelheiten einzutreten, sei die hier intendierte Bildungsarbeit im Selbstverständnis der Gewerkschaften wiedergegeben: „ D a s Wesensmerkmal der örtlichen Bildungsarbeit sind kurzfristige Veranstaltungen. Es handelt sich dabei meist um Abendund Wochenendlehrgänge. Teilweise werden Abendkurse über eine längere Zeitspanne eingerichtet. Sie erhalten dann mit ihren zahlreichen Zusammenkünften Wirkung und E r f o l g mittelfristiger Ganztagslehrgänge. Weitaus häufigste Form in der örtlichen Bildungsarbeit sind der Vortrag und die Diskussion entweder in Verbindung miteinander oder auch für sich getrennt" 3 6 1 . Sodann erfolgt Bildungsarbeit in den Bundesschulen, die als zentrale Bildungseinrichtungen deklariert sind. Ferner gehören in diesen Kontext auch die bislang intensiv betriebenen OstWestseminare in Berlin, schließlich zählen zum Kern gewerkschaftlicher Erwachsenenbildung die Akademien, nämlich die Akademie der Arbeit, Frankfurt/Main; die Sozialakademie, Dortmund, und die Akademie für Wirtschaft und Politik, H a m burg 3 6 2 . Daneben stehen Kontaktgruppen, die sich speziellen Problemen zuwenden, die sich im Kontext der Erwachsenenbildung sowohl inhaltlich wie strukturell befinden. Hierher gehören die Bemühungen um ein Gesprächsforum mit den Arbeitgebern, die Mitwirkung an den Arbeitskreisen „Schule-Wirtschaft" 3 6 3 und die Aktivitäten, die in Richtung auf einen inhaltlich und rechtlich verfaßten Bildungsurlaub abzielen 3 6 4 . Die Palette wäre nicht vollständig, würde man nicht jene Einrichtungen berücksichtigen, die über die nationale oder systematisierte Erwachsenenbildung hinausweisen. Wir nennen, wobei wir der gewerkschaftlichen Selbstaussage folgen: die Internationale Bildungsarbeit, den Kulturpreis des Deutschen Gewerkschafts[49, S . 329]. 362 [49, s . 352], Ü b e r die A k a d e m i e f ü r Wirtschaft und P o l i t i k in H a m b u r g : S t u d i e n f ü h r e r H a m b u r g 1962; R . D a h r e n d o r f , P . O r t l i e b [59] ( z u m zehnj ä h r i g e n Bestehen der A k a d e m i e f ü r G e m e i n w i r t s d i a f t H a m b u r g ] ; A k a d e m i e f ü r Wirtschaft und P o l i t i k H a m b u r g . I n : P ä d a g o g i s c h e s L e x i k o n . G ü t e r s l o h 1970, B d . 1, S p . 43 f . 303 [15, S . 181 ff.]. 364 [49, s . 371],
220
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
bundes 385 , die Europäischen Gespräche 366 , die Ruhrfestspiele 367 und das Fernlehrinstitut des Deutschen Gewerkschaftsbundes „Die Briefschule" 368 . Wir gehen nunmehr dazu über, einige der aufgewiesenen Einzelphänomene am Beispiel deutlicher werden zu lassen. In der jüngsten uns zugänglich gewesenen Verlautbarung des Deutschen Gewerkschaftsbundes werden einmal Präzisierungen der Bildungszielvorstellungen vermittelt, allerdings auch Daten mitgeteilt, die das vorab Gesagte zu verstärken vermögen. Hinsichtlich der Bildungszielvorstellungen scheint uns ein Doppeltes von erheblichem Belang. Einmal, daß im Bildungsprozeß der Wissens- und Kenntnisvermittlung noch vor der Meinungsbildung 389 eine grundlegende Position zuzukommen scheint; und sodann, daß von den 6,5 Milionen organisierten Arbeitnehmern in den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes „möglichst viele Mitglieder" durch die gewerkschaftliche Bildungsarbeit erreicht werden sollen 370 . An dieser Zielprojektion wird erkennbar, daß sich die Bildungsarbeit fast ausschließlich auf Mitglieder bezieht, der Adressatenkreis also eingegrenzt ist. Die in diesem Zusammenhang angesprochenen Solidarisierungseffekte sollten nach unserem Dafürhalten nicht überbewertet werden, auch nicht die eindeutige Aussage in dem sogenannten Yier-Punkte-Katalog, daß die Bildungsarbeit auch das Ziel verfolge, bei den Mitarbeitern und Mitgliedern das Bewußtsein zu entwickeln „sich selbst solidarisch stets der gemeinsamen 395 [49, S . 380).
866 [49, S . 382).
»«7 [49, S . 387]. 868 [49, S . 391]. 369 [50, S . 3], s. dazu auch Grundsätze des Deutschen Gewerksdiaftsbundes zur Erwachsenenbildung, Düsseldorf, 4 . N o v e m b e r 1969: „Erwachsenenbildung ist keine unverbindliche Freizeitbeschäftigung. Sie hat den A u f t r a g , den vor allem im nadischulischen Bereich gegebenen Bildungsbedürfnissen des einzelnen und der Gesellschaft zu entsprechen. Sie wird durch ihr Bildungsangebot noch für längere Z e i t auch dazu beitragen müssen, die durch den Mangel im Bildungssystem verursachte Chancenungleichheit zu mildern. Erwachsenenbildung — so verstanden — ist T e i l des als Einheit zu sehenden Bildungssystems. D i e E r wachsenenbildung dient dem einzelnen zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit. Sie soll dem einzelnen zu kritischem Bewußtsein verhelfen, seine Urteilsfähigkeit stärken und ihn zu verantwortlicher Mitbestimmung in allen seinen Lebensbereichen befähigen. Sie bietet dem einzelnen darüber hinaus H i l f e n für seine berufliche Qualifizierung und seine persönliche Lebensgestaltung". 370 [50, S . 7}.
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
221
Aufgabe zur Verfügung (zu) stellen" 3 7 1 . Diese vier Punkte erfahren nämlich durdi die inhaltliche Bestimmung der Aufgabenhorizonte ihre Profilierung; Arbeiterbewegung, so wird in diesem Zusammenhang angegeben, sei „immer auch Lernbewegung gewesen" und das stoffliche Interesse zentriere sich um „Bereiche des gesellschaftspolitischen Engagements. Es sind die wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Lebensbeziehungen, die unter dem Aspekt abhängiger Arbeit einer eingehenden kritischen Betrachtung unterzogen werden" 3 7 2 . Wir möditen bereits an dieser Stelle deutlich machen, daß wir auf der Grundlage einer pluralistisch verfaßten und vermachteten Gesellschaft die Partikularansprüche für durchaus gerechtfertigt erachten und allen Partnern am Austrag der Pluralität die Chance selbständiger Bildungsarbeit, die mit allgemeinen Zielen der Erwachsenenbildung korrespondieren, zugestehen müssen. Dies gilt in dem zur Rede stehenden Bereich für Arbeitnehmer wie für Arbeitgeber. Wir hatten bereits im Vorwege auf die Ebenen der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit abgehoben, müssen aber noch deutlich madien, daß diese Abfolge von Ebenen auch im Sinne einer aufsteigenden Qualifizierung zu begreifen ist. Die Abhängigkeiten der Ebenen zeigt das Schema auf Seite 222 Nach dieser strukturellen und inhaltlichen Charakterisierung des Umfeldes gewerkschaftlicher Erwachsenenbildung seien nun die bezeichneten Einzelformen näher profiliert. Die fraglos größte Intensität vollzieht sich in der Basisarbeit, also in der örtlidien Bildungsarbeit. Hier ist die gewerkschaftliche Bildungsarbeit noch am ehesten auf die eigenen Belange eingegrenzt, weil durch diese Arbeit das für ehrenamtliche Tätigkeit erforderliche Wissen hergestellt werden muß. In den 9 DGB-Landesbezirken und den 271 DGB-Kreisen konzentriert sich die Bildungstätigkeit auf ein Rahmenprogramm, das sich an den folgenden drei Zielprojektionen orientiert: „1. Einführende Bildungsveranstaltungen Vertrauensleute und Funktionäre. »71 [ 5 0 , S . 8 ] .
872 [50, S . 9 ] ,
für aktive
Mitglieder,
222
4. Einrichtungen u n d der Wandel des Selbstverständnisses
Akademie der Arbeit Frankfurt am Main
Akademie f. Wirtschaft u. Politik Hamburg
Sozialakademie Dortmund
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
223
2. Weiterführende Bildungsveranstaltungen für aktive Mitglieder, Vertrauensleute und Funktionäre und 3. Spezialausbildung für Funktionäre und Arbeitnehmer — oder Gewerkschaftsvertreter in verschiedenen Organen" 3 7 3 .
In erläuternden Bemerkungen wird eindeutig darauf abgehoben, daß diese Orientierung durdi das Wissens- und Kenntnisdefizit und die zu fordernden gewerkschaftlichen Ansprüche konditioniert ist. In diesem Kontext werden dann auch Gewerkschaftskunde, Arbeitsrecht und Sozialpolitik, auch Wirtschaftsund Gesellschaftslehre, Gesdiichte und Politik 3 7 4 als wesentliche Bestandteile gewerkschaftlicher Grundlagenforsdiung apostrophiert. Uberblickt man eine auf 1969 zurückgehende Übersicht über die Bildungsarbeit in den DGB-Kreisen, so wird sich hinsichtlich der Thematisierung dieser Aufgabenkatalog wie auch in der quantitativen Gewichtung reproduzieren. Neben Politik nimmt die Sozial- und Wirtschaftspolitik den breitesten Raum ein, die internationale Politik — vermutlich auch unter gewerkschaftlicher Perspektive und Fragestellung angelegt — ist vergleichsweise bescheiden vertreten. Außerdem findet eine mit Rhetorik und Führungswissen zu charakterisierende Rubrik intensive Aufmerksamkeit, wobei auch in diesem Fall die praktischen Erfordernisse die Programmgestaltung beeinflußt haben mögen. Letztlich wird die Programmanlage auch nach Zielgruppen differenziert, und zwar in der Art, daß entweder spezielle Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen oder sich die gewerkschaftliche Bildungsarbeit in Adressaten-Bereiche hineinzuverlagern versucht, die bislang von den Gewerkschaften nicht erreicht wurden, so in die Gruppe der Angestellten und Beamten. Ähnlich wie in anderen gesellschaftlichen Organisationen, die sich mit Erwachsenenbildung befassen, versucht sich auch die gewerkschaftliche Erwachsenenbildung in den Veranstaltungsformen jenem Trend anzupassen, der sich von Intensivveranstaltungen, Gruppensituationen und längerfristigen Seminaren eine Effektuierung der übermittelten Bildungsinhalte verspricht. Während noch in den 20er Jahren, zum Teil auch in der Nachkriegssituation in der Erwachsenenbildung der in sich geschlossene und (!.„. «»
[50, S . 14].
374 [ 5 0 , S . 1 4 ] .
224
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
schlüssige Einzelvortrag favorisiert wurde, werden nun dem Seminar, dem Gruppengespräch, dem Wochenendseminar, den Komplexkursen vermehrte Beachtung geschenkt. Indes sind hierbei den Veranstaltungen auf örtlicher Ebene gewisse Beschränkungen vorgegeben. Aus der genannten Übersicht von 1969 ergibt sich folgende Verteilung auf die verschiedenen Veranstaltungsformen: A. Internatslehrgänge
B. Wochenendlehrgänge
von 3 bis 5 Tagen 6 bis 12 Tagen Anzahl der Anzahl der Lehr- TeilLehr- Teilgänge nehmer gänge nehmer
Lehr- Teilgänge nehmer
Lehr- Teilgänge nehmer
56
2 360 72 808
468
1 681
16
430
bis zu 5 Zumehr als 6 Zusammenkünften sammenkünften Anzahl der Anzahl der Semi- TeilSemi- Teilnare nehmer nare nehmer 15 573
396
Zweitägige Anzahl der
13 072
D. Bildende Einzelvorträge
C. Abendseminare mit
820
Eintägige Anzahl der
7 128
Vorträge
Anzahl der Teilnehmer
4 686
168 250
375
Der Versuch einer Korrektur der Veranstaltungsstruktur scheint sich aus der vorgelegten Übersicht ziemlich deutlich zu ergeben. Zwar wird der „bildende Einzelvortrag" noch mit den größten Belegungs- und Veranstaltungszahlen ausgewiesen, aber Abendseminare und Wochenendlehrgänge sind in ihrem Gewicht nicht übersehbar. Wir hatten bereits im Vorwege darauf aufmerksam gemacht, daß die Struktur der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit im Sinne einer aufsteigenden Qualifizierung zu interpretieren sei. Demzufolge ist die Arbeit der Bundes- und 375 Deutscher Gewerksdiaftsbund: Bildungsarbeit in den DGB-Kreisen 1969. Als Ms. vervielfältigt. Siehe ferner: Deutscher Gewerksdiaftsbund, Bundesvorstand, Abt. Bildung: Bericht über Ost-West-Seminare des DGB-Bundesvorstandes 1970. Als Ms. vervielfältigt.
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
225
Gewerkschaftsschulen auf einer höheren Ebene und Intensität des Wissenstransfers angesiedelt. Wir können hier nicht soweit ins Detail gehen und die Bemühungen der Einzelgewerkschaften um Fragen der Erwachsenenbildung darstellen. Wir weisen im Sinne eines Beispiels auf die von der IG-Metall initiierte und betreute neue Schule in Sprockhövel hin 376 , die gerade in jüngster Zeit in eine intensivere Kooperation mit der RuhrUniversität Bochum eingetreten ist. Uns scheint dieser Vorgang als ein vielleicht nur beiläufiges Indiz dafür zu gelten, daß sich die gewerkschaftliche Bildungsarbeit von ihrer thematischen und funktionalen Eingrenzung freisetzt und ein offenes, von gruppenspezifischen Interessen losgelöstes Gespräch mit der Wissenschaft sucht 377 . In diesem Zusammenhang sei vielleicht noch darauf hingewiesen, daß sich die soeben angesprochene Schule als Bildungszentrum versteht und demzufolge ein weites Aufgabenverständnis von Erwachsenenbildung nachweist. Freilich muß deutlich gesehen werden, daß sich die Bundesschulen in ihrer Offenheit selbst dadurch eingeschränkt haben, daß sie zu ihren Veranstaltungen nur Mitglieder der Gewerkschaften einladen und daß sie ihre Thematisierungen von speziellen Zielgruppen bestimmen lassen, bei denen ein besonders dringliches Interesse an Weiterbildung auf dem Hintergrund gewerkschaftlicher Funktionen vermutet werden darf (Betriebsvertrauensleute, Knappschaftsälteste, Betriebs- und Personalratsmitglieder) 3 7 8 . Die etwa 20 Bundesschulen — der D G B unterhält 5 Bundesschulen und das H a u s der Gewerkschaftsjugend, 10 DGB-Gewerkschaften unterhalten 14 Schulen — bieten ein Veranstaltungsprogramm an, das sich erkennbar von der örtlichen Bildungsarbeit abhebt. Bei einer Auflistung der Themenbereiche werden genannt: 376 Siehe A n m . 356. 377 E i n e intensivere Z u s a m m e n a r b e i t zwischen V e r t r e t e r n der R u h r - U n i v e r s i t ä t Bochum und d e m B i l d u n g s z e n t r u m S p r o c k h ö v e l d e r I G - M e t a l l soll durch einen paritätisch besetzten A r b e i t s k r e i s b e f ö r d e r t w e r d e n . Siehe R U B intern, N r . 4, 5 . 4 . 1972. F ü r die gewerkschaftliche und wissenschaftliche K o o p e r a t i o n s. f e r n e r : D G B - B u n d e s t a g u n g f ü r berufliche B i l d u n g 1970. I n : Berufliche B i l d u n g , 12, 1970. S t e l l u n g n a h m e n , A n a l y s e n , I n f o r m a t i o n e n . H r s g . A b t . Berufliche B i l d u n g im B u n d e s v o r s t a n d des D G B . D ü s s e l d o r f 1970. 378 [50, S . 18].
15 Knoll, Erwachsenenbildung
226
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Die industrielle Gesellschaft und die Gewerkschaften; Arbeitsrecht; Betriebswirtschaftslehre; Sozialpolitik; Arbeitsstudien; Sozialversicherungsrecht; Volkswirtschaftslehre; Sprechwirksamkeit und Versammlungswesen. Über die Bundessdiulen in Bad Kreuznach, Hattingen, Hochkamp, Niederpöcking, Springe und das Haus der Gewerkschaftsjugend in Oberursel informiert die DGB-Publikation „Lehrgänge der DGB-Bundesschulen"379, aus der die Intensität der Veranstaltungen, die jeweils beizuziehende Literatur und die Lernziele entnommen werden können. Die in diesem und anderem Zusammenhang beigebrachten Zahlen über Veranstaltungen und Teilnehmerstruktur weichen natürlich hinsichtlich ihres quantitativen Ausmaßes von den Veranstaltungen auf örtlicher Ebene signifikant ab. So weist eine Obersicht aus 1970380 nach, daß in den „Grundlagenbildenden Lehrgängen" (insgesamt 45) 999 Teilnehmer unterrichtet wurden, wobei der Prozentsatz der männlichen Teilnehmer bei 95,4 °/o lag. Aus dem statistischen Überblick seien hier einige Tabellen wiedergegeben, aus denen sich auch ohne intensivere Interpretation das Ausmaß und der Adressatenkreis der Veranstaltungen der Bundesschulen ablesen läßt: Alter und Altersgruppen der Lehrgangsteilnehmer: 17
18
bis 18
19
20
21
22
23
24
19—24
25
26
27
28
—
6
6
6
16
16
13
21
16
88
15
24
23
29
29
25—29
35"
126
30 31 32 33
35 36 37 38
34 30—34
40 23 33 37 48
39 35—39
41 25 26 33 49
181
174
40 41 42 43
44
40—44
45
46
47
48
49
45—49
50
51
52 45 34 35
34
200
26
27
29
31
23
136
20
10
52 53 54 5
13
55
7 50—54
55 56 57 58 3
5
8
5
59 3
55—59 60 24
2
über60 über 59 7
9
Durchschnittsalter: 37,3 Jahre 31» [51]. 380 Bericht über die Lehrgänge in den Bundesschulen 1970. H r s g . Deutscher werkschaftsbund, Bundesvorstand, Abt. Bildung. Als Ms. vervielfältigt.
Ge-
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
Beruf:
(arbeitsrechtlicher
1. Angestellte 2. Arbeiter 3. Beamte
227
Status)
276 629 94
27,6 v . H . 63,0v.H. 9,4v.H.
999
100,0 v . H .
Schulbildung: Volksschule 769 Mittelschule (ohne Abschluß) 59 höhere Schule (ohne Abschluß) 38 112 Obersekundareife 21 Abitur insgesamt
999
Hierzu sei angemerkt, daß diese Tabelle nicht als Gegenbeweis für die These dienen darf, daß mit höherem Bildungsstand auch die Motivation zur Weiterbildung wächst. D a offenbar bei der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit das Prinzip der Delegation vorherrscht, dürfte weder nach der Weiterbildungsbereitschaft nodi nach der Weiterbildungsbedürftigkeit selegiert werden. Berufsvorbildung
und zusätzliche
Berufsausbildung:
1. B e r u f s v o r b i l d u n g
2.
A. abgeschlossene Berufsausbildung nidit abgeschlossene Berufsausbildung
860 139
B. erlernter und ausgeübter Beruf stimmen überein"' erlernter und ausgeübter Beruf weichen voneinander ab
466 394
Zusätzliche
Berufsausbildung
A. Fachschulen** B. höhere Fachschulen***
156 40
C . Zusätzliche Berufsausbildungskurse, Fachseminare usw. D . Hochschulen (einschl. Pädag. Akademien)
162 14
* „Erlernter B e r u f " meint nur abgeschlossene Berufsausbildung. * * Hierunter fallen nidit die Pflichtfadischulen. * * * Alle höheren Fachschulen» wie Ingenieurschulen, höhere Handelsschulen, delsakademien usw., die keine Hochsdiulen sind. 15 *
Han-
228
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Erweiterung der Allgemeinbildung
und gewerkschaftliche
Schulung:
örtliche gewerkschaftliche Lehrgänge (nicht Berufskurse)
584
Lehrgänge bei: „Arbeit und Leben"
200
in Abendvolkshochschulen
192
in Hcimvolkshodischulen
102
in Bundesschulen des D G B
405
in Schulen der Gewerkschaften
618
in arbeiterbildenden Akademien Keine Vorbildung obiger A r t haben
Funktion in der
11 111
im Fernunterricht
77
Gewerkschaft:
hauptamtlich
42
ehrenamtlich
867
ohne Funktion
90
insgesamt
999
Als eine besondere Form gewerkschaftlicher Bildungsarbeit sind die drei Akademien auszuweisen, nämlich die „Akademie der Arbeit, Frankfurt am Main", die „Sozialakademie, Dortmund", die „Akademie für Wirtschaft und Politik, Hamburg". Alle drei Akademien rangieren im öffentlichen Bewußtsein nicht direkt unter gewerkschaftlichen Einrichtungen, wobei die Anbindung der Akademie für Wirtschaft und Politik in Hamburg an die Gewerkschaft wahrscheinlich die lockerste sein dürfte. An den Akademien wird die zu fordernde Offenheit sich wissenschaftlich verstehender Einrichtungen bewußt. Aus den Studienplänen für die Einrichtungen in Frankfurt und Dortmund wird erkennbar, daß wissenschaftlicher Anspruch ein breiteres Spektrum der Thematisierung und der Referenten voraussetzt und daß dabei dem wissenschaftlich begründbaren Pluralismus entsprochen werden muß 381 . Es steht darüber hinaus zu erwarten, daß diese sich als akademisch deklarierenden Institutionen hinsichtlich ihrer hochschulpolitischen Verortung 381 Akademie der Arbeit in der Universität Frankfurt/M.: Verzeichnis der Lehrveranstaltungen des 37. Lehrgangs 1971/72; Sozialakademie D o r t m u n d : Studienplan 1970/71.
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
229
(im Sinne von gesamthochsdiulartigen Einrichtungen) neu überdacht werden müssen. Soweit wir den Vorlesungsankündigungen, den Absichten und dem Kreis der Referenten entnehmen können, haben wir es hier mit Institutionen zu tun, die unter die Rubrik Fachhodisdiulen fallen, wobei dieser Trend am deutlichsten bei der Akademie für Wirtschaft und Politik ausgeprägt sein dürfte. Selbst im gewerkschaftlichen Selbstverständnis wird der Akademie für Wirtschaft und Politik ein Sonderstatus zugewiesen, und die Anbindung an die Gewerkschaft läßt sich heute auch nur noch vom Gründungsvorgang und der Stipendiengewährung her motivieren. D a wir es gerade hier mit einer Grenzerscheinung gewerkschaftlicher Bildungsarbeit zu tun haben und wir in unserem Zusammenhang — im Gegensatz zur Erwachsenenbildung der D D R — die Fachschul- und Hochschuleinrichtungen nicht der Erwachsenenbildung zurechnen, lassen wir an dieser Stelle eine lexikalische Darstellung der Akademie für Wirtschaft und Politik folgen, die insbesondere den Aspekt der Erwachsenenbildung hervorhebt. Wir haben vor einiger Zeit hinsichtlich der Akademie für Wirtschaft und Politik die folgende Darstellung gegeben: „Die Akademie wurde am 12. Juli 1948 durch Gesetz der Freien und Hansestadt Hamburg gegründet. Der ursprüngliche Name Akademie für Gemeinwirtschaft wurde am 1. November 1961 in Akademie für Wirtschaft und Politik abgeändert. Die Aufgaben beschreibt das Gesetz über die Akademie vom 30. 10. 1961 in § 1 wie folgt: ,Die Akademie ist eine Lehr- und Forschungsstätte, die das wirtschaftliche und politische Leben fördert und einen mit dem notwendigen Fachwissen ausgestatteten Nachwuchs durch ein besonderes Hochschulstudium heranbilden s o l l . . . ' . Die Akademie versteht sich als eine Einrichtung des Zweiten Bildungsweges, die .Menschen mit Volksschul- oder Mittelschulabschluß nach einer Zeit der praktischen Berufstätigkeit in Form schulischer oder hochschulischer Weiterbildung zu Berufen führt, die ein höheres Qualifikationsniveau voraussetzen' (R. Dahrendorf). Die Akademie dient im Hinblick auf die Erwachsenenbildung der Begabungsaktivierung und der Erwachsenenqualifizierung. Das Studium, das an die genannten Voraussetzungen gebunden ist, wird über 3 Jahre ganztägig durchgeführt, das Eintrittsalter liegt zwischen 20 und 35 Jahren, die Studienfächer sind: Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft und Soziologie. Innerhalb des Studienablaufs ist nach einem einführenden
230
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Grundstudium, dem ein Vorkurs zur Studienvorbereitung vorangestellt ist, am Ende des dritten Semesters eine fachliche Schwerpunktbildung vorgesehen. Je nach gewähltem Studienschwerpunkt wird der Student durch eine Abschlußprüfung zum Volkswirt, Betriebswirt oder Sozialwirt graduiert. Den Standort der Akademie im Gefüge der Bildungsanstalten in der BRD erläutert der Studienführer (Hamburg 1962) in folgender Weise: ,Zwar ist die Akademie in gewisser Weise nach dem Vorbild der wissenschaftlidien Hochschulen und Universitäten konstruiert worden, doch mußte sie mit Rücksicht auf ihre besondere Lehraufgabe einen genau durchdachten und in sich abgestimmten Lehrplan entwickeln, der sie in ihrer Lehrmethode in gewisser Hinsicht den höheren Fachschulen annähert. So liegt ihr Standort zwischen der wissenschaftlichen Hochschule und der höheren Fachschule'. Obwohl durch diese Strukturmerkmale die Akademie als eine Hochschule besonderer Art konstruiert ist und einen in sich abgeschlossenen Ausbildungsgang anbietet, bereitet sie einen Teil der Absolventen durch Zuerkennung der Universitätsreife auf die wissenschaftlichen Hochschulen vor. Absolventen, die die Abschlußprüfung mit gut bestanden haben und zudem .während ihres Akademiestudiums eine besondere wissenschaftliche Befähigung nachgewiesen haben', kann die Universitätsreife zuerkannt werden. In den ersten 13 Studienlehrgängen haben von 817 Studierenden 188 den Reifevermerk erhalten, von denen 108 ein Universitätsstudium begonnen haben. Die Berufschancen der Absolventen sind zufolge der sich ändernden technischen und technologischen Bedingungen der Arbeitswelt, die einen vermehrten Bedarf praktisch und theoretisch qualifizierter Intelligenz mit sich bringen, wie die Statistiken über den Berufserfolg nachweisen, ausgesprochen günstig. Die Akademie kann jährlich 100 Bewerber zum Studium zulassen. Neben den hauptamtlichen habilitierten Lehrkräften, Professoren und Dozenten, und den hauptamtlichen Dozenten und Assistenten sind an der Akademie als Lehrbeauftragte audi Professoren und Dozenten der Universität Hamburg sowie Praktiker aus Wirtschaft und Verwaltung tätig. Neben den Lehraufgaben stellt die Forschungsstelle der Akademie die Verbindung von Forschung und Lehre her. Die Forschungsstelle hat neben der Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen die Aufgabe, ,die Erkenntnisse der modernen Sozialwissenschaften nach pädagogischen Gesichtspunkten auszuwerten und durch entsprechende Publikationen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dadurch wird Bedürfnissen entsprochen, die in der Erwachsenenbildung in der BRD sehr dringlich geworden sind' (Studienführer Hamburg 1962). Auf Grund dieser Aufgabenstellung werden von der
4.4 Gewerkschaftliche Erwachsenenbildung
231
Forschungsstelle fortlaufend die folgenden Publikationsreihen betreut: Veröffentlichungen der Akademie für Wirtschaft und Politik (1954 ff.), das Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik (zusammen mit dem Hamburger Weltwirtschaftsarchiv 1956 ff.) und die der politischen Bildung dienenden .Unterrichtsmodelle'. Die Arbeit der Akademie wird von der 1952 gegründeten .Gesellschaft der Freunde und Förderer der Akademie e.V.' unterstützt" 382 . Die Pläne für eine Gesamthochschule in Hamburg werden audi für die Akademie strukturelle Veränderungen mit sich bringen.
Im Gegensatz zur Akademie für Wirtschaft und Politik „führt die Akademie der Arbeit keine Abschlußprüfungen durch und erteilt auch keine Zeugnisse. Von der Sozialakademie in Dortmund erhalten die Hörer nach einer Abschlußprüfung zwar ein Zeugnis, welches jedoch nicht zum Studium an einer Universität berechtigt"383. In der jüngsten gewerkschaftlichen Übersicht über die Bildungsarbeit wird neben den statistischen Berichten über die Ost-West-Seminare des DGB-Bundesvorstandes (1970 21 einwöchige Ost-West-Seminare mit 637 Teilnehmern)384, das Wirtschaftswissenschaftliche Institut unter der Rubrik „Forschung und Bildungsförderung" ebenso geführt wie die Stiftung „Mitbestimmung" 385 , die „Hans-Böckler-Gesellschaft" 389 ; unter die Rubrik „Publizistik und Literatur" fällt im Umkreis unseres Interesses vor allem die „Büchergilde Gutenberg". Am Ende unserer Überschau sei noch einmal betont, daß in der vom DGB betriebenen gewerkschaftlichen Bildungsarbeit neben der politischen Bildung auch die berufliche Weiterbildung ihren Ort hat. Diese Hinwendung zu beruflicher Qualifizierung ist indes bei der DAG eindeutiger ausgeprägt.
382 J . H . K n o l l : Akademie f ü r Wirtschaft und Politik. I n : Pädagogisches Lexikon. Gütersloh 1970, Bd. 1, Sp. 43 f. 383 [50, S. 31]. 384 Beridit über die Ost-West-Seminare des DGB-Bundesvorstandes 1970 in Berlin. H r s g . Deutsdier Gewerkschaftsbund, Bundesvorstand, Abt. Bildung. Als Ms. 385 [50, S. 43]. 386 [50, S. 44],
232
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
4.5 Zur Bildungsarbeit der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) Die Anlage und Zielprojektion der Bildungsarbeit der D A G tendiert hinsichtlich der berufsqualifizierenden Absichten in eine Richtung, die auch andere berufsständische Gruppierungen mit ihrer Bildungsarbeit anvisieren. Wir können in unserem Zusammenhang die Fülle diesbezüglicher Aktivitäten nicht auflisten, weisen indes nur allgemein darauf hin, daß diese Formen von Erwachsenenbildung die neue Konzeption von Weiterbildung mit ihrer berufsorientierten Komponente bereits lange vor 1971 antizipiert haben. Die Bildungsarbeit der D A G ist im Gegensatz zu der des D G B weniger politisch akzentuiert, was durch Tradition und Adressatenkreis begründet ist. Die D A G konzentriert ihre Arbeit auf Gesellschaftsgruppen, die sich teils bewußt, teils unreflektiert von der Arbeiterbildung traditioneller Observanz distanzieren und deren gesellschaftliches Selbstverständnis vorrangig durdi berufliche Qualifizierung konsolidiert wird. Zwar bekunden die Bundesbildungskonferenzen — etwa die vom 12. bis 1 4 . 1 1 . 1 9 7 0 in Darmstadt 387 — auch gesellschaftspolitische Ansprüche, sie entbehren aber jener klassensolidarisierenden Intention, wie wir sie beim D G B registrieren konnten. In einem scheinen — das betrifft freilidi ein verkürzendes Prinzip — beide gewerkschaftlichen Positionen übereinzustimmen, nämlich darin, daß sie ihre berufsorientierten Zielsetzungen in pragmatische Forderungen einkleiden und dabei konkrete Hilfestellungen anbieten. Die bereits genannte Bundesbildungskonferenz von 1970 hat sich in dreifacher Richtung profiliert, indem sie einmal Formen „progressiver Berufsausbildung" formulierte, sodann Unterrichtstechnologien in Bezug zu beruflicher Fortbildung setzte und schließlich „Fehlentwicklungen in der Erwachsenenbildung" markierte, die durch eine Verfälschung der pluralistisch funktionierten Erwachsenenbildung zustande kämen. Bei allen nicht der sogenannten freien Erwachsenenbildung zugehörenden Institutionen und Verbänden zeigt sich immer wieder die Sorge, daß sie durch den publizistischen und quantitativen Stellenwert der Deutschen Volkshochschulen 387
[60],
4.5 Zur Bildungsarbeit der D A G
233
im Prozeß der Gesetzgebung mediatisiert werden könnten. Im Blick auf die hessische Erwachsenenbildung, wo, wie gesagt, die gesetzliche Regelung sich ausschließlich auf die Volkshochschulen bezieht, muß eine derartige Sorge als nicht unbedingt abwegig erscheinen. Allerdings muß auch hier wieder betont werden, daß die gruppenspezifischen Einrichtungen gerade in dieser Frage eine Hypersensibilisierung nachweisen, die weder durch das kooperativ verfaßte Selbstverständnis der Volkshochschulen noch auch durch die Mehrzahl der gesetzlichen, alle Formen von Erwachsenenbildung einschließenden Regelungen erklärbar ist. Die Bundesbildungskonferenz von 1970 verlängerte solchermaßen die Kontroversdiskussion, in die schon der Deutsche Ausschuß mit seinem Gutachten von 1960 moderierend, wenn auch wenig geschickt und eindeutig, einzugreifen versuchte. Doch wir wollen diesem Aspekt hier nicht zu viel Raum zumessen. Im Hinblick auf die von uns angesprochene berufsorientierte Erwachsenenbildung der DAG scheinen vor allem jene Setzungen bedeutsam zu sein, die unter der Uberschrift „Forderungen an eine progressive Berufsausbildung" subsummiert sind. Es heißt dort: „Im Interesse einer optimalen Berufsausbildung sind folgende Forderungen zu erfüllen:
schnellstens
1. Stärkere Förderung der beruflichen Mobilität durch entsprechende Lehrpläne und die Einführung in die Arbeitswelt an den allgemeinbildenden Schulen. 2. Die Einführung einer beruflichen Grundausbildung und Systematisierung der beruflichen Bildung in Form eines Berufsgrundbildungsjahres an den Berufsschulen. 3. Anpassung der Studiengänge zur Lehrerausbildung an die Berufs- und Arbeitswelt, um eine methodisch-didaktische Grundlage für die Einführung in die Arbeitswelt zu schaffen. 4. Ein sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung möglichst in Form der Stufenausbildung mit anerkannten beruflichen Abschlüssen. 5. Eine Berufsberatung als kontinuierlicher Prozeß zur Unterstützung der beruflichen Mobilität. Die Berufsberatung muß sich über den gesamten Ausbildungsgang erstrecken. Dazu gehört auch
234
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
eine Qualifizierung der Berufsberater durch angemessene Aus- und Weiterbildung. 6. Eine verstärkte und systematische Kontrolle der Ausbildungsbetriebe, sowohl im Hinblick auf die Ausstattung der Betriebe selbst als auch auf die Eignung der Ausbilder. Der Bundesausschuß für Berufsbildung bzw. das Bundesinstitut für berufliche Bildungsforschung sollten Ausbildungsbedingungen und Qualifikationen der Ausbilder konkretisieren. 7. Stärkere Mitbestimmung der Arbeitnehmer und erweiterte Beschlußrechte der Kammerausschüsse für berufliche Bildung. 8. Einwirkung der Kammerausschüsse auf die Festlegung der Prüfungsausschüsse. Im Regelfall ist es nicht notwendig, daß spezielle Unterprüfungsausschüsse gebildet werden, zumal sich das in der Praxis nach dem Gesetz nicht verwirklichen läßt. 9. Ein schneller Ausbau der Berufsbildungsforschung, um endlich Berufsbilder schaffen zu können, die nicht nur auf Grund von „Erfahrungswerten", sondern auf wissenschaftlicher Basis erarbeitet worden sind. Dazu gehören insbesondere die Erstellung von didaktischmethodischen Hilfsmitteln für die Berufsausbildung und die Systematisierung der Berufsbilder sowie die Erstellung von beruflichen Ordnungsmitteln. Zu den Aufgaben des Bundesinstituts für Berufsbildungsforschung muß auch die Erarbeitung von Richtlinien für die Erwachsenenbildung gehören" 388 . Neben einigen deklamatorischen Floskeln werden hier Forderungen vorgetragen, die sich im Kontext moderner Bildungspolitik befinden und Ansätze formulieren, wie sie auch im Strukturplan aufgewiesen sind. Hierher gehören die Forderung nach einer beruflichen Grundausbildung, deren Kontur hier ebensowenig ausgeführt wird wie im Strukturplan, wie das Votum für die Stufenausbildung, die hierzulande, sofern sie überhaupt durchgesetzt ist, nur bis zur Meisterebene qualifiziert, wie die Neuvermessung und Neuverfassung der Berufsberatung, die unserer Meinung nach nur dann effizient wird sein können, wenn sie berufsprognostische Einsichten bedenkt, wie auch die Fürsprache für eine Systematisierung der Berufsbilder, die in einzelnen Wirtschaftszweigen auf der Grundlage sachmotivierter Eigeninitiative bereits realisiert ist. W i r erinnern in diesem 388 [60, S. 31].
4.5 Zur Bildungsarbeit der D A G
235
Zusammenhang nur an die Systematisierung, wie sie im Druckgewerbe bereits Wirklichkeit geworden ist. Ob sich die an das Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung geknüpften Hoffnungen als realistisch erweisen, wird die Zukunft lehren. Hinsichtlich des Einsatzes neuer Medien in der beruflichen Fortbildung bleiben die Forderungen — abgesehen vom Fernunterricht, bei dem die DAG auf Erfahrungen rekurrieren kann 389 — im Umfeld rhetorischer Umschreibungen. Das ist fraglos nicht den Autoren dieser Resolution allein anzulasten, vielmehr der bislang noch immer unzulänglichen theoretischen und wissenschaftlichen Bestimmung dieses Bildungsbereichs. So vernehmen wir wiederum Formeln, denen wir zu Zeiten der bildungspolitischen Euphorie begegneten, die sich an den Einsatz moderner Unterrichtstechnologien knüpften. Ohne daß wir bereits hier auf später darzustellende Sachverhalte vorgreifen, muß schon jetzt deutlich gemacht werden, daß in einer ersten Phase der Diskussion um die Verwendung neuer Unterrichtsmedien die Kosten, die didaktisch-dramaturgische Gestaltung wie auch die technischen Möglichkeiten der hard-ware nicht richtig eingeschätzt wurden. Dort, wo heute überhaupt mit Systemen eines Medienverbundes gearbeitet wird, beziehen sich die Programme entweder auf klar definierte Adressatengruppen mit berufspragmatischen Ansprüchen (siehe dazu die Kassettenprogramme für Lehrlingsausbildung oder für medizinische Fortbildung) oder reproduzieren etablierte Schulformen, indem sie den Direktunterricht dem Medium Fernsehen zuweisen (Telekolleg). So muß auch das von der DAG vorausgesagte Entwicklungstempo mit einem Fragezeichen versehen werden. In der Resolution wird zum Allgemeinen und zu der Abfolge der Vorbereitung und Planung eines multimedialen Unterrichts folgendes ausgeführt: „Durch den Einsatz unterschiedlicher Fernunterrichtsmedien, die den Direktunterricht zwar nicht in allen Phasen ersetzen, jedoch in hohem Maße ergänzen, vertiefen und veranschaulichen können, lassen sich in Zukunft Lernprozesse differenzierter und effektiver gestalten Neben anderen Materialien s. Bildung und W t n e n s d i a f t , I N T E R N A T I O N E S , B W 4/72, S. 5 ff. (Ein J a h r Zentralstelle für Fernunterricht). Die dort gemachten Aussagen nehmen bereits f r ü h e r formulierte Gedanken der D A G wieder a u f .
236
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
als es bis heute möglich war. Jeder Unterrichtsgang muß einem konkreten beruflichen Ziel zugeführt werden, dessen Erreichen durch einen Befähigungsnachweis zu dokumentieren ist. Diese neue Art der beruflichen Fortbildung muß als den bereits praktizierten konventionellen Arten der beruflichen Fortbildung gleichwertig und im Sinne des Arbeitsförderungsgesetzes als förderungsfähig anerkannt werden. Das System muß, getragen von Bund und Ländern, in engem Zusammenwirken der Sozialpartner, der Rundfunkanstalten und anerkannter Träger von Maßnahmen beruflicher Erwachsenenbildung sowie seriöser Fernunterrichtsinstitutionen gefunden werden. Ziel des Systems muß es sein, 1. ein Baukastenverfahren zu entwickeln, in das die Fernunterrichtseinheiten und -medien organisch für alle Phasen und Stufen der beruflichen Fortbildung eingefügt werden können. 2. die Unterrichtsinhalte und die unterschiedlichen Fernunterrichtsmedien zu koordinieren. Die Aufgabe der Koordinierung wird einer oder mehreren noch zu schaffenden Expertenkommissionen übertragen. Die Entwicklung des Fernunterrichts im Medienverbund zum Zwecke der beruflichen Fortbildung steht unter der Federführung der Bundesministerien für Arbeit und Sozialordnung und für Wirtschaft unter Mitwirkung des Bundesausschusses für Berufsbildung. Die Entwicklungskosten werden übernommen von Bund, Ländern, Rundfunkanstalten und der Bundesanstalt für Arbeit. Die Vorarbeiten zur Verwirklichung dieses Systems müssen unverzüglich aufgenommen werden" 3 9 0 . Was nun die Betonung der Eigenständigkeit jener Aktivitäten betrifft, die durdi die pluralistische Verfassung unserer Gesellschaftsordnung vorgegeben sind, so konvergieren diese Äußerungen mit Stellungnnahmen anderer Einrichtungen gruppenspezifischer Erwachsenenbildung. Einmal wird der vermutete Monopolanspruch — und das dürfte sich wohl unausgesprochen gegen die Volkshochschulen richten — zurückgewiesen. Auf 300 G e d a n k e n dieser A r t sind wiederhole auf den Bundesbildungskonferenzen v o r g e t r a g e n w o r d e n . Siehe Bundesbildungskonferenz der Deutsdien AngestelltenG e w e r k s d i a f t , Kassel 7 . - 9 . Oktober 1965. H r s g . D A G ; Bundesbildungsk o n f e r e n z d e r Deutsdien Angestellten-Gewerkschaft, B a d Godesberg, 24. bis 26. Oktober 1968. H r s g . B i l d u n g s w e r k d e r Deutsdien Angestellten-Gewerkschaft e. V . , H a m b u r g ; [60J.
4.5 Zur Bildungsarbeit der D A G
237
gleichlautende und gleichakzentuierte Einlassungen war von uns bereits hingewiesen worden. Dabei werden freilich auch die negativen Entwicklungen, die durch den Pluralismus der Bildungsabsichten und Bildungseinrichtungen konditioniert werden, richtig diagnostiziert. Es wird hier vermutet, daß die Fülle divergierender Vorstellungen und Programme nicht unbedingt erfreuliche und den Bildungsprozeß insgesamt stimulierende Vielfalt bewirken werde, daß Aktivitäten ohne wechselseitige Absprache und Abstimmung durchgesetzt würden und solchermaßen auch die Einheit von beruflicher und allgemeinbildend angelegter Erwachsenenbildung inhibiert werde 391 . Was den zuletzt genannten Aspekt betrifft, so meinen wir indes, daß durch die umgreifende Begrifflichkeit von Weiterbildung in der dreifachen Orientierung: berufliche, politische und allgemeinbildende Erwachsenenbildung, dieser Streit ausgetragen sein sollte, zumal sich — außer im Bezug auf die Akzentuierung — kaum ein bedenkenswerter Einspruch gegen diese Konzeption gemeldet hat. Im Anschluß oder Vorlauf zu den Setzungen des Bildungsrates bekennt sich auch die D A G zu einem Verbund bisher auseinanderfallender Intentionen, nämlich der beruflichen, der politischen und allgemeinbildenden Bildungsarbeit 392 . Wichtig erscheint uns darüber hinaus, daß dieser Verbund hier auch als eine wechselseitige Bezüglichkeit verstanden wird. Wie anders könnte sonst der Satz begriffen werden: „Darüber hinaus muß die durch das Arbeitsförderungsgesetz geförderte berufliche Weiterbildung stärker allgemeinbildende Inhalte berücksichtigen" 393 . In der D D R ist diese Einsidit, daß mit beruflicher Höherqualifizierung und dem Aufstieg in höhere Funktions- und Verantwortungsbereiche auch das allgemeine Orientierungswissen zunehmen müsse (Bezug von A- und C Qualifizierung) 394 , bereits seit mehreren Jahren in der Bildungspraxis durchgesetzt; auch in der Bundesrepublik wird diese 3»1 [60, S . 31], 392 [60, S . 3 4 j . Siehe ferner: Fachkonferenz C 12/71 Kooperationsfragen der E r wachsenenbildung der Friedridi-Naumann-Stiftung in der Theodor-HeussAkademie. Gummersbach, Sept. 1971, hier insbes. die als Ms. vervielfältigten Berichte der Arbeitsgruppen. »Jeder trägt für sich allein", Rheinische Post vom 7. 9. 1971. »93 [60, S . 34],
394 H . Siebert [250, S . 89 ff.].
238
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Tendenz in zunehmendem Maße verfolgt, obwohl sich noch immer Beispiele benennen ließen, an denen sich ein eng eingegrenztes Berufsbildungsverständnis nachweisen ließe. Die negativen Beispiele lassen sich zumal dort nachweisen, wo berufliche Weiterbildung arbeitsplatzspezifisch ausgerichtet ist und sich auf die Vermittlung neuer technologischer Erkenntnisse im Hinblick auf die Produktion beschränkt. Des weiteren setzt sich die DAG für einen weiteren rechtsverbindlichen Ausbau der beruflichen Weiterbildung ein, der die durch das Arbeitsförderungsgesetz ermöglichten Weiterbildungschancen expandieren ließe. Letztlich münden die Forderungen in das Problem hauptamtlicher Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung ein, wozu der „Zwischenbericht" auch hinsichtlich der Quantitäten einige Zielprojektionen zu geben versucht hat. Von einer gegenwartsorientierten Argumentationsebene aus gesehen sind die Äußerungen der DAG zu diesem Fragenkomplex ohne jeden höheren Auffälligkeitswert, freilich 1970 hatten sich die Vorstellungen über das Ausmaß und die zu fordernden Qualitätsmerkmale noch nicht eindeutig konkretisiert: „Die Erwachsenenbildung kann auf die Dauer nidit ohne hauptamtliche Lehrkräfte auskommen, wenn sie ihrem Bildungsauftrag gerecht werden soll. In den Feststellungen des Lehrerbedarfs der Länder muß deshalb der Bedarf der Erwachsenenbildung berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind in der Erwachsenenbildung die gleichen Besoldungs- und Aufstiegsbedingungen zu schaffen wie im öffentlichen Schulwesen. Es muß ein Berufsbild „Erwachsenenbildner'' geschaffen werden. Spezielle Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Erwachsenenbildner sind verstärkt einzurichten. An den Pädagogischen Hochschulen sind Lehrstühle für Erwachsenenbildung zu errichten" 395 . Wir hatten bereits im Vorwege darauf hingewiesen, daß die DAG sich nicht auf deklamatorische Appelle beschränkt, sondern ein noch immer expandierendes System von beruflicher Weiterbildung entwickelt hat, dessen Kontur bereits 1965 auf der damaligen Bundesbildungskonferenz in Kassel (7.—9. Oktober) 398 expli895 [60, S. 34]. 306 Bundesbildungskonferenz der Deutsdien Angestellten-Gewerkschaft, Kassel, 7. bis 9. O k t o b e r 1965. H r s g . D A G .
4.5 Zur Bildungsarbeit der D A G
239
ziert wurde. Damals wie heute mag als richtig gelten, daß sich die gewerkschaftliche Bildungsarbeit der DAG „vor allem (darum bemüht) berufliche und fachliche Kenntnisse zu vermitteln" 397 . Die „Gewerkschaftliche Schulung der Mitarbeiter", fraglos in den Kanon der Bildungsaufgaben eingeschlossen, mag demgegenüber einen nachgeordneten Rang besitzen. Bereits 1965 wird darauf abgehoben, daß die DAG von ihrem Bestehen an die Weiterbildung in das Zentrum ihrer Aktivität gerückt hat und versuchte, die im Berufsbereich der Erwachsenen liegenden Entwicklungen durch entsprechende Bildungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Das Ausmaß solcher Bemühungen sei mit einigen Daten belegt. 1964 bereits hatten „in den 80 DAG-Tages- und Abendschulen mehr als 75 000 Angestellte in mehr als 3200 Lehrgängen die ihnen von der DAG gebotenen Möglichkeiten genutzt" 398 . Wie auch beim DGB festzustellen war, besteht auch in der DAG ein System von Höherqualifizierung, das sich an einem Stufensystem orientiert. Intention und Anlage — zufolge des damaligen Standes — seien an einer Äußerung von 1965 verdeutlicht: „Nun ist die D A G seit jeher der Meinung, daß es nicht nur genüge, theoretische Forderungen aufzustellen, sondern daß man tunlichst bemüht sein müsse, auch das für den eigenen Bereich Nötige und Mögliche selbst zu verwirklichen. Deshalb hat sie ein solches Stufensystem aufeinander aufbauender beruflicher Bildungseinrichtungen im Rahmen ihrer Bildungsarbeit ins Leben gerufen, ausgebaut und weiterentwickelt. Dieses System geht aus von dem alljährlich durchgeführten .Europäischen Berufswettkampf der Angestelltenjugend', der schon dem Lehrling die Möglichkeit bietet, seine beruflichen Kenntnisse zu überprüfen und daraus Folgerungen zu ziehen. Der Scheinfirmenring der D A G mit über 250 Scheinfirmen im ganzen Bundesgebiet bietet als nächste Stufe den jungen Lehrlingen und Angestellten die Möglichkeit, theoretisch Erlerntes praktisch zu vertiefen und zu ergänzen. Das Kernstück unserer beruflichen Bildungsarbeit aber stellt die nächste Stufe dar, die mehr als 80 DAG-Sdiulen des Bildungswerkes 397 [60, S. 48], s. dazu auch Gesetzentwurf der Deutsdien Angestellten-Gewerksdiaft zur Förderung der Erwachsenenbildung im Lande N o r d r h e i n - W e s t f a l e n . Erwachsenenbildungsgesetz, Allgemeinbildung, Berufliebe Bildung, Politische Bildung. H r s g . D A G , Landesverband N o r d r h e i n - W e s t f a l e n , Mai 1971. 388 Bundesbildungskonferenz 1965, a. a. O . , S. 53.
240
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
der D A G e. V., die den weiterbildungswilligen Angestellten einen Katalog von Lehrgängen, Seminaren und Arbeitskreisen mit mehr als 120 verschiedenen Themenstellungen und Unterrichtsinhalten zur Verfügung stellen. Die letzte Stufe schließlich bildet die von der D A G initiierte und maßgeblich getragene Deutsche AngestelltenAkademie e. V. als eine besonders anspruchsvolle Form der beruflichen Weiterbildung für Angestellte, die seit mehr als fünf Jahren ihre Aufgabe erfolgreich löst, nämlich die, der Wirtschaft qualifizierte, umfassend beruflich vorgebildete und vielseitig verwendbare Nachwuchskräfte für Führungspositionen in möglichst vielen Zweigen dieser Wirtschaft bereitzustellen" 399 .
Aus der damaligen Summierung von Erfolgsdaten (1965) möchten wir zwei Aspekte herausgreifen, die die berufspragmatisch-prognostische Anlage der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit der DAG besonders signifikant darstellen. Einmal hat sich die DAG bereits frühzeitig für die Qualifizierung von Kräften für Datenverarbeitung eingesetzt und angesichts der damals zu erwartenden Nachfrage 1964 in 350 Lehrgängen und Seminaren 8000 Angestellte auf Entwicklungen vorbereitet, die im Umfeld von Datenverarbeitung, Automation und Rationalisierung zu erwarten waren400. Sodann konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf den Fernunterricht als eine Möglichkeit, die Intensität und Breitenwirkung beruflicher Fortbildung zu fördern. An dieser Stelle sei bewußt gemacht, daß die Hinwendung zum Fernunterricht in der Bundesrepublik im Gegensatz zur DDR vergleichsweise spät eingeleitet wurde, daß die Widerstände gegen ein nichtsoziables Lernen nicht unerheblich waren und daß der Fernunterricht zum Feld rivalisierender, kommerzieller Interessen wurde. In jüngster Zeit ist wiederholt (so auch in der Wochenzeitschriftpresse, u. a. DIE ZEIT) auf Fehlentwicklungen hingewiesen worden, die vor allem durch die kommerzielle Verfassung unserer Fernlehreinrichtungen bedingt ist. Die Fülle nachgewiesener „Skandalfälle", die von Unlauterkeit bis an den Verdacht betrügerischer Absichten heranreichen, hat die Forderung nach einer unabhängigen Kontrollkommission als berechtigt erscheinen lassen, die durch Prädikatisierung die empfehlenswerten Einrichtungen von den unlauteren aussondern 388 Ebd., S. 52, S. 53.
400 Ebd., S. 56.
4.5 Zur Bildungsarbeit der DAG
241
solle. Die DAG — deren Essener Fernlehrinstitut und deren Fernstudium der DAG-Akademie e. V. über öffentliche Wertschätzung verfügen — hat den Gedanken einer derartigen Kontrollkommission zu einem frühen Zeitpunkt propagiert, 1965 wurde dazu geäußert: „Als eine vordringliche Maßnahme sehen wir in diesem Zusammenhang die Schaffung eines sogenannten Fernschulrates an, in dem qualifizierte Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung darüber zu entscheiden haben, welche beruflichen Bildungsmaßnahmen des Fernunterrichts wirklich in Inhalt und Methode den an sie zu stellenden und notwendigerweise von ihnen zu erwartenden Anforderungen entsprechen. Solche Fernunterrichtseinrichtungen sollten dann im Falle eines positiven Urteils als in jeder Weise förderungswürdig und empfehlenswert bezeichnet werden" 401 . Nachdem wir bislang Einzelaspekte gewerkschaftlicher Bildungsarbeit der DAG behandelt haben und die institutionelle Abfolge der Bildungseinrichtungen nicht unter systematischer Perspektive betrachtet haben, lassen wir nunmehr eine Zusammenstellung der Formen der Erwachsenenbildung in der Deutschen Angestelltengewerkschaft folgen, die wir dem Bericht der Bundesbildungskonferenz von 1968 (Bad Godesberg, 24. bis 26. 10.) entnehmen „Die Erwachsenenbildung in der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft Träger der Bildungsarbeit: A. Bildungswerk der D A G e. V. B. DAG-Technikum, Gemeinnützige Fernunterrichts-GmbH C. Deutsche Angestellten-Akademie e. V. (DAA) A. B i l d u n g s w e r k d e r D A G 1. Berufliche Erwachsenenbildung — DAG-Schulen: a) Abendschulen (berufsbegleitender Unterricht) Sprachen — Kurzschrift — Maschineschreiben — Rechnungswesen — Betriebswirtschaft — Mathematik — Technik — Recht — Steuern — Datenverarbeitung — Organisation usw. (Programmierer — Technischer Betriebsassistent) 401 E b d . , S. 59. S i e h e d a z u j e t z t „Sechzehn F e r n l e h r k u r s e b i s h e r m i t a u s g e z e i c h n e t " , i n : D i e W e l t , 2 3 . 1. 1973, S. 9.
16 Knoll, Erwachsenenbildung
Gütesiegeln
242
—
—
•—
2.
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses b) Tagesschulen: einjährige und zweijährige Handelsschulen c) Fachseminare mit Fachprüfungen: Sekretärinnen — Bilanzbuchhalter — Steuerbevollmächtigte — Fachkräfte für Datenverarbeitung — Fremdsprachen — Spezialthemen (nach Bedarf) Zentrale Lehrgänge im Vollzeitunterricht: a) Fachseminar für Sekretärinnen mit Fachprüfung b) Repetitorium für Bilanzbudihalter mit Fadiprüfung c) Repetitorium für Steuerrecht und betriebliche Steuerlehre mit Fachprüfung d) Einführung in die Datenverarbeitung e) Englisch in England — Studienfahrt Bundesfachinstitut für Organisation und Datenverarbeitung (Düsseldorf): a) Tageslehrgänge (Vollzeitunterricht) 1. Halbjahreslehrgänge (Programmierer — Techn. Betriebsassistent — BüroOrganisator) 2. Jahreslehrgänge (EDV-Organisator — Tedin.-kfm. Assistent — Wirtsdiaftsorganisator) b) Abendlehrgänge (berufsbegleitend) 1. Büro-Organisator (4 Semester) 2. Verkaufs- und Werbefachmann (4 Semester) 3. Personalfachmann (4 Semester) 4. Organisator für maschinelle Datenverarbeitung (2 Semester) 5. Programmierer (40 Wochen) Berufswettkampf: Seit 1949 jährlich wiederkehrende Fortbildungsmaßnahme zur Uberprüfung des fachlichen Wissens und zur beruflichen Leistungsverbesserung Kulturelle Erwachsenenbildung Arbeitskreise — Neigungsgruppen — Theater — Film — Tonbildschau — Vorträge — Seminare
3. Politische Erwachsenenbildung Arbeitskreise — Arbeitswochen — Wochenendseminare Podiumgespräche — Diskussionsabende — Vorträge
—
243
4.5 Z u r Bildungsarbeit der D A G 4. Berufliche Fortbildungsberatung informiert Angestellte über Möglichkeiten bildung B.
DAG
—
beruflicher
Fort-
Technikum
Institut für kombinierten Unterricht (Fernunterricht mit ergänzendem Direktunterricht und Laborübungen) zur beruflichen Weiterbildung für Facharbeiter. Fachrichtungen: Ziel: Dauer: C.
Deutsche
Maschinenbau — Elektrotechnik — Bautechnik Staatliche Technikerprüfung 6 Semester Angestellten-Akademie
(DAA)
Einrichtung einer qualifizierten beruflichen Weiterbildung für kaufmännische Angestellte. Ziel: Fachrichtungen:
Studiengang:
Betriebswirt Absatzwirtschaft (Hamburg) Industriebetriebswirtschaft (Nürnberg) Organisation und Automatisierung (Düsseldorf) Fernstudieninstitut (Hamburg) Vorbereitungsseminar: Abendunterricht (12 Monate) Fern- und Kombinationsunterricht (12 Monate) Vollzeitunterricht (5 Monate) Zulassungsseminar: Repetitorium mit schriftlicher und mündlicher Prüfung (2 Wochen) Hauptstudium Vollzeitstudium (4 Semester) Fernstudium (6 Semester)" 4 0 2 .
Letztlich w o l l e n w i r aus einer v o n der D A G
publizierten
M o t i v a t i o n s u n t e r s u c h u n g einige D a t e n mitteilen, die über das Interesse — v o r a l l e m das thematische — u n d die M o t i v e des Lehrgangsbesuches
der
Kursanten
wie
auch
über
Leistungs-
k o n t r o l l e u n d Leistungsbewertung Auskunft geben k ö n n e n . D i e U n t e r s u c h u n g s t a m m t v o n 1 9 6 9 , v o n den 15 0 0 0 Fragebögen
wurden 6 5 4 3
verschickten
r e t u r n i e r t , v o n diesen w u r d e n ,
da
etliche F r a g e b ö g e n nicht k o r r e k t b e a n t w o r t e t w u r d e n , in die 402 Bundesbildungskonferenz 1968, a. a . O . , S . 66 f . Siehe dazu Fernsdiute, Organ des DAG-Technikums — Gemeinnützige G m b H Essen, 39. J g . , 1968 ff. 16 *
auch [57], D i e Fernunterrichts
244
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Auswertung 5238 einbezogen403. Die Frage nach dem thematischen Interesse der Kursanten scheint die Bildungskonzeption der DAG weitgehend ins Recht zu setzen. Auf die Frage: „An welchen Lehrgangsthemen zum Zwecke Ihrer beruflichen Weiterbildung sind Sie in Zukunft interessiert?" ergab sich das folgende Bild: Anzahl
°/o
1396
26,65
Rechnungswesen
581
11,09
Recht
115
2,19
Steuerwesen
460
8,78
Datenverarbeitung
969
18,49
Mathematik/Naturwissenschaft/Technik
341
6,51
Wissenschaftl. Seminar (z. B. Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, D A A usw.)
421
8,03
Fachlehrgang (z. B. Einkauf, Verkauf, Werbung, Organisation, Sekretärin usw.)
532
10,15
Staats-, Gemeinschaftskunde, Politik
196
Sprachen
3)74 401
Es muß allerdings hierbei bedacht werden, daß ausdrücklich die berufliche Weiterbildung zur Interessenabgrenzung vorgegeben wurde, weshalb auch der geringe Anteil an gesellschaftlichen und politischen Themen nicht besonders verwundern mag. Auch die für den Lehrgangsbesuch angegebenen Motive liegen ganz auf der Linie beruflicher Weiterqualifizierung. So wird in einer Zusammenfassung der Befragungsergebnisse die folgende Ubersicht mitgeteilt: 403 Untersudiungen über Motivationen von Teilnehmern an M a ß n a h m e n der b e r u f lichen Erwachsenenbildung. H r s g . Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, Bundesvorstand, H a u p t a b t e i l u n g Bildung. H a m b u r g 1970, S. 1. 404 Ebd., Tab. 38, S. 17.
4.5 Zur Bildungsarbeit der D A G
245
Gesamtheit
weibliche Befragte
ältere Arbeitnehmer
beruflicher Aufstieg
34 %
29%
12%
Vervollkommnung und Vertiefung der beruflichen Kenntnisse
20 %
22%
24 %
persönliche Information
13 %
19%
22%
Anpassung an neue berufliche Erfordernisse
12%
6%
21 %
2 %
2%
2%
19%
21 %
Motiv
Wunsch des Betriebes andere Motive
19 % 4 0 5
Aus der hier vorgenommenen Aufgliederung ergibt sich: „Der berufliche Aufstieg spielt bei weiblichen Lehrgangsbesuchern eine geringere Rolle als bei den männlichen. Die Vervollkommnung und Vertiefung der beruflichen Kenntnisse hingegen steht bei den Frauen an erster Stelle". Interessant und im Hinblick auf die Ausweitung des Zertifikatswesens in der Weiterbildung insgesamt bedenkenswert erscheinen uns die folgenden Aussagen über Leistungskontrolle und Leistungsbewertung: „Eine Leistungskontrolle mit Bewertung der Leistungen bereits während des Lehrganges wird von 62 °/o der Lehrgangsteilnehmer gewünscht. 84°/o der Lehrgangsbesucher wünschen am Ende des Lehrganges ein Zeugnis, in dem ihre Leistungen einzeln (fachweise) oder durch eine Gesamtnote bewertet sind. Nur 16 °/o wünschen keine Bewertung ihrer Leistungen. 91% der Lehrgangsbesucher, die während des Lehrganges eine Leistungsbewertung begrüßen, halten es auch für wünschenswert, daß während des Lehrganges Testaufgaben zur Überprüfung der Leistungen gestellt werden. Selbst von den Teilnehmern, die während des Lehrganges keine Leistungsbewertung wünschen, erachten es 71 °/o für richtig, daß ihnen im Unter405 Ebd., S. 172.
246
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
rieht Testaufgaben zur Überprüfung ihrer Leistungen gestellt werden. 76°/o der Befragten erachten Hausaufgaben nicht als überflüssige Belastung, sondern wünschen sie als eine geeignete Form des Leistungstrainings" 406 . Die hier wiedergegebenen Daten der DAG-Untersuchung — die freilich nicht in jeder Beziehung exakt ist — belegen wiederum, daß auch die Teilnehmer die vorrangig berufspragmatische Orientierung dieser gewerkschaftlichen Bildungsarbeit mit Zustimmung honorieren. Es steht zu erwarten, daß sich im Zuge weiterer technischer und technologischer Entwicklungen die beiden hier beschriebenen Formen gewerkschaftlicher Bildungsarbeit aufeinander zu bewegen werden, wenn auch beim D G B die politische Bildungsarbeit mit im Vordergrund des Interesses bleiben dürfte.
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung Bei einer ersten Durchsicht der publiziert vorliegenden Materialien zur konfessionellen Erwachsenenbildung lassen sich einige Beobachtungen summieren, die sowohl auf die evangelische wie auch auf die katholische Erwachsenenbildung zutreffen. Einmal läßt sich in beiden Gruppierungen ein reich entwickelter Binnenpluralismus ausmachen, die gruppenspezifische Sonderform konfessioneller Erwachsenenbildung wird in weitere Teilbereiche aufgefächert, die sich hinsichtlich ihres Adressatenkreises, ihrer Thematisierung und ihrer mehr engen, mehr lockeren Anbindung an die jeweiligen Kircheninstanzen unterscheiden. So gesehen, stellt sich weder die katholische noch auch die evangelische Erwachsenenbildung als eine in sich geschlossene und stringente Form von Erwachsenenbildung dar, auch die überwölbenden organisatorischen Zusammenschlüsse, wie Bundesarbeitsgemeinschaft für katholische Erwachsenenbildung und Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung, vermögen diesen Binnenpluralismus, gelegentlich auch Binnenpartikularismus, nicht aufzuheben. Des weiteren läßt 40» Ebd., S. 178.
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
247
sich feststellen, daß die Erwachsenenbildung dem in den Kirchen ablaufenden Prozeß kritischer Rückfrage an den je eigenen Ort innerhalb einer sich vehement säkularisierenden Welt in gleicher Weise unterliegt, ihn freilich zu Teilen antizipiert oder zumindest von ihrer Seite aus befördert hat. In dem Maße, in dem sich die gruppenungebundene Erwachsenenbildung von ihrer sie einengenden Tradition freizusetzen versuchte, von subjektiven zu objektiv geleiteten Motivationen voranschritt, ist auch die enge Verflechtung konfessioneller Erwachsenenbildung mit den kirchlichen Strukturen schwächer geworden. Während wir in früheren Dokumentensammlungen 407 noch belegen konnten, daß konfessionelle Erwachsenenbildung auf den kirchlichen Raum eingegrenzt und kirchlich-konfessionelle Tätigkeitsmerkmale nachwies, so läßt sich eine derartig eindeutige Fixierung heute nicht mehr belegen. Noch in den 60er Jahren wurde konfessionelle Erwachsenenbildung als Diakonie oder innerweltliche Seelsorge begriffen, sie war ganz bezogen auf den heilsgeschichtlichen Auftrag der Kirchen; demgegenüber reklamiert konfessionelle Erwachsenenbildung heute einen Bereich, in dem sie zwar die Beziehung zu den Kirchen aufrecht erhält, aber doch eine relative Autonomie beansprucht. Kommt hinzu, daß sie den Anschluß an ein modernes Verständnis von Erwachsenenbildung im Hinblick auf diesseitige Lebenshilfe und auch Berufshilfe gesucht und gefunden hat. An dieser Stelle muß allerdings sogleich festgehalten werden, daß die Akademien, in der die Generation „des Suchens und Fragens" 408 nach 1945 einen Ort fand, in dem sie Weltbemächtigung und Weltverständnis in einem weiten Zugang herzustellen suchte, sich bereits in ihren Anfängen von einem begrenzten Selbstverständnis katholischer oder evangelischer Erwachsenenbildung freigehalten haben409. Die Akademien haben für eine lange Zeit 407 J . H . Knoll, H . Siebert [172, S. 51 ff.]. 408 Über die Beurteilung jugendlicher Generationen vor und nach 1945 haben wir im Blidc auf die akademische Jugend b e r i e t e t . I n : Die Ansprüche der Gesellschaft an neuen Universitäten. I n : Pädagogische Rundschau, Ratingen, 18. Jg., 1964, S. 75 ff. 409 E. M ü l l e r : Der A u f t r a g der Evangelischen Akademie. I n : Evangelische Akademien in der Bundesrepublik Deutschland. H r s g . Leiterkreis der E v a n gelischen Akademien in Deutschland e. V. Bad Boll o. J . , S. 9 ff. H i e r auch ein kurzer Abriß der Gründungsmotive.
248
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
ihrer Geschichte als Alibifunktion konfessioneller Erwachsenenbildung gedient, indem sie sich als weltoffen, gegenwartsbewußt und problemorientiert erwiesen. Freilich darf bereits einschränkend gesagt werden, daß ihnen aus diesen Funktionen auch Gefährdungen erwachsen sind, zumal sie ihre Thematisierung oft nach dem Prinzip publizistischer Auffälligkeit ausrichteten. Für beide Formen konfessioneller Erwachsenenbildung gilt auch übereinstimmend, daß sie sich dem Aufgabenverständnis gegenwärtiger Erwachsenenbildung anschließen und berufliche, allgemeine und politische Bildung als aufeinander bezogen verstehen. Hinzu kommt noch eine theologische Bildung, die einmal einen eigenen Bereich konstituiert, allerdings gleichzeitig auf die anderen Bildungsbereiche fermentierend einwirken soll. Diese allgemeinen Vorbemerkungen sollen nachfolgend durch einige Hinweise auf die Materialien, in denen sich das Selbstverständnis artikuliert, konkretisiert werden. Evangelische Erwachsenenbildung. Die evangelische Erwachsenenbildung hat zumal aufgrund ihrer konfessionellen Fundierung, ihrer Distanz zu hierarchischen Strukturen und Autoritäten den Zugang zu einer Neubestimmung von Erwachsenenbildung eher gefunden als die katholische Erwachsenenbildung. So gelingt ihr auch der Anschluß an und die Einbeziehung in Strukturüberlegungen, wie sie vom Bildungsrat und der BundLänder-Kommission formuliert werden. Die Gleichrangigkeit und Gleichwertigkeit der pluralistisch begründeten Formen von Erwachsenenbildung, auf die die Bund-Länder-Kommission abhebt410, bedeutet für die evangelische Erwachsenenbildung der Auftrag, sich in den vierten Bildungsbereich411 zu integrieren und nach jenem Ort zu suchen, der nur von ihr unverwechselbar eingenommen werden kann. Sie versteht sich in dieser Ortsbestimmung in Übereinstimmung mit der inhaltlichen Zielprojektion künftiger Erwachsenenbildung und weist solchermaßen der beruflichen Erwachsenenbildung eine Priorität zu. Freilich wird in jüngster Zeit Zweifel daran laut, ob die Auf« 0 [ 5 2 , B d . 1, S . I I C/2], 411 D e r B e g r i f f „ v i e r t e r B i l d u n g s b e r e i c h " k ö n n t e sich als S t a b i l i s i e r u n g s f a k t o r f ü r d i e E r w a c h s e n e n b i l d u n g e r w e i s e n , d a er d e m e t a t i s t i s d i e n R e s s o r t d e n k e n e n t spricht.
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
249
reihung von Bildungsbereichen, wie sie die Bund-Länder-Kommission vornimmt, auch eine Zuweisung von Prioritäten einschließe, das heißt, ob sich aus der Aufreihung berufliche, allgemeine, politische Bildung eine Rangreihe ablesen ließe. Bei einem Blick auf die Diskussion scheint allerdings der Eindruck nicht unberechtigt, daß diese Abfolge als Prioritätenkatalog verstanden wird. Zufolge dieser Annahme rangiert die „Berufliche Fortbildung und (berufsbegleitende) Weiterbildung" 4 1 2 denn auch an erster Stelle und wird zudem noch mit dem Argument versehen, daß sich ausgehend von Motivuntersuchungen das Interesse Erwachsener gerade auf diesen Bereich zentriere 413 . Daran schließt sich Allgemeinbildung und Politische Bildung an, wobei in diesem Kontext Allgemeinbildung Familienbildung, Altenbildung, kreative und musische Bildung und auch Freizeitbildung einschließt. Hinsichtlich des hinzutretenden Bereichs „Theologische Bildung" wird ausgeführt: „Die kirchliche Erwachsenenbildung hat ihr Spezifikum darin, daß in ihr Bildung vom Evangelium her geschieht. Solche ,theologische Bildung' erfolgt in speziellen Veranstaltungen mit religiöser Thematik und durch die Bemühung, christliche Gesichtspunkte in den sonstigen Bildungsbereiciien zur Wirkung zu bringen" 4 1 4 . Diese zunächst allgemeine Umschreibung wird sodann näher bestimmt: „In den speziellen Veranstaltungen der theologischen Erwachsenenbildung geht es um religiöse Thematiken wie z. B. Gebet, Glaubensbekenntnis, Heilige Schrift usw. Mehr als bisher muß der Versuch gemacht werden, auf eine dem modernen Menschen angemessene Weise mit ihm über Fragen des Glaubens ins Gespräch zu kommen. Nur so wird es auch möglich sein, die Differenz, die zwischen Universitätstheologie und Gemeindefrömmigkeit entstanden ist, ein Stück weit zu überbrücken und die Menschen in den Gemeinden in die Lage zu versetzen, sich ein eigenes Bild von den Fragen des Glaubens zu machen und in diesen Fragen selbständige Entscheidungen zu treffen. Auch eine Erneuerung der kirchlichen Strukturen ist nicht denkbar, wenn nicht gleichzeitig ein 412 W. Böhme [37, S. 3], 414 [37, S. 41.
413 [37, S. 3].
250
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Bildungsprozeß parallel geht, der die Menschen befähigt, ihre Aufgaben in den erneuerten Strukturen wahrzunehmen (Seminare für Kirchengemeinderäte usw.). Theologische Erwachsenenbildung ist allerdings nicht nur ein Sonderbereich, sondern muß in allen Arbeitsbereichen kirchlicher Erwachsenenbildung geschehen. Es geht dabei darum, auch innerhalb der beruflichen, der allgemeinen und der politischen Erwachsenenbildung, wo dies möglich und notwendig ist, theologische Fragen aufzugreifen. Dabei wird es sich z.B. um Fragen der Berufsethik, der Sexualethik, der politischen Ethik sowie um die Öffnung des Sinnhorizontes menschlicher Existenz handeln. Der theologische Beitrag sollte in den Gesamtverlauf der Bildungsmaßnahme so eingefügt werden, daß er nicht als eine Art zusätzliche ,Religionsstunde' erscheint, sondern voll integriert ist. Dies wird am ehesten dort möglich sein, wo die Kirche selbst Träger einer Erwachsenenbildungsmaßnahme ist. Deshalb kann sie nicht darauf verzichten, eigene Maßnahmen der beruflichen, allgemeinen und politischen Bildung anzubieten. Bloße ,religiöse Reihen' im Rahmen der Maßnahmen anderer Bildungsträger reichen dazu nidit aus" 415 . An dieser Explikation theologischer Bildung wird erkennbar, wo und in welchem Ausmaß kirchliche Erwachsenenbildung sich als Sonderform von Erwachsenenbildung profiliert; man könnte von daher ein Modell konfessioneller Erwachsenenbildung aufstellen, in dem Basis und Zielprojektion theologisch gebunden sind, der dazwischen befindliche Raum allerdings Offenheit und Freiheit ermöglicht. Freilich würde dieses Modell nicht voll der Realität entsprechen, denn es gibt Themen und damit verbundene Arbeitsweisen, die weder die Basis noch auch die Zielprojektion konfessioneller Erwachsenenbildung in den Blick ziehen. Wir sehen solche theologisch nichtgebundene Arbeit vor allem in den berufsorientierten Bereichen, so bei der Lehrlingsweiterbildung, der beruflichen und allgemeinen Bildung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen (z. B. Kurse für Offiziere der Bundeswehr oder des Bundesgrenzschutzes im Rahmen evangelischer Akademien) und bei den sich verstärkenden Be415 [37, s .
4 f.).
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
251
mühungen um den Bildungsurlaub 416 . An diesen Bereichen, die wir hier nur im Ausschnitt und beispielgebend bezeichnet haben, läßt sich neben der Möglichkeit zu Offenheit und Unvoreingenommenheit audi die Chance zu Kooperation mit anderen Trägern ablesen. Die seit dem Pic^i-Gutachten von Baden-Württemberg wiederholt geforderte und in den Empfehlungen der BundLänder-Kommission institutionell verortete Kooperation findet auch im Bereich konfessioneller Erwachsenenbildung zunehmende Zustimmung. Allerdings scheint es, als sei die vormalig begründete Animosität gegenüber der freien Erwachsenenbildung, also insonderheit der Volkshochschulen, noch nicht restlos abgebaut. Audi in neueren Dokumenten aus der konfessionellen Erwachsenenbildung wird gegen ein vermutetes Monopol, wie es etwa im Hessischen Volkshochschulgesetz geradezu paradigmatisch vermutet wird, Stellung genommen und auf eine Kooperation in Schritten abgehoben. In diesem Zusammenhang wird einmal eine institutionelle Kooperation innerhalb der evangelischen Erwachsenenbildung angeregt, sodann wird die „Zusammenarbeit zwischen den Konfessionen" gefordert 417 , und schließlich wird die dritte Ebene anvisiert, nämlich die „Zusammenarbeit der konfessionellen Träger mit den anderen großen Trägern der Erwachsenenbildung" 418 . Ein erster Schritt wurde bereits 1961 (am 14.8.) mit der Gründung der „Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung" getan. Aus der seitherigen Entwicklung dieses überregionalen Zusammenschlusses seien einige Etappen markiert. 1963 wird in einer ersten Bundeskonferenz das Spezifikum konfessioneller Erwachsenenbildung näher bezeichnet (21.—23. 6.1963 „Grundsätze und Methoden Evangeli416 Evangelisdie Erwachsenenbildung ( H r s g . ) : Alle 10 J a h r e veraltet ein D r i t t e l ihres Wissens. F r a n k f u r t / M . o. J . Ferner: Z u r Diskussion um den Bildungsurlaub. H r s g . Arbeitskreis der Bildungsstätten und Akademien (Heimvolkshodisdiulen) in N R W . Als Ms. D a s Sozialamt der Evangelischen Kirche in Westfalen, H a u s Villigst, hat sich in besonderer Weise der Frage des Bildungsurlaubs angenommen und dabei neben der Zielprojektion audi inhaltliche Konkretisierungen vorgenommen. Siehe Mitteilungen des Sozialamtes der E v a n gelischen Kirche von Westfalen, 8. J a n u a r 1971, S. 95 ff. (Zur Diskussion um den Bildungsurlaub). 417 D e r evangelische Beitrag zur Erwachsenenbildung. 10 J a h r e deutsche evangelische Arbeitsgemeinschaft f ü r Erwachsenenbildung. Eine D o k u m e n t a t i o n . Karlsruhe 1971, S. 18. 416 Der evangelische Beitrag zur Erwachsenenbildung, a. a. O . , S. 18.
252
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
scher Erwachsenenbildung"). Die zweite Bundeskonferenz (3.—4. 6. 1964) verhandelt „Pädagogische Probleme der Erwachsenenbildungsarbeit". Die nachfolgenden Konferenzen versuchen sich in den Diskussionskontext der Erwachsenenbildung in der Mitte der 60er Jahre einzubeziehen. Hier sei vor allem auf die 6. Bundeskonferenz (25. bis 26. 6. 1968) verwiesen, die unter dem Thema „1. Religiöse Erwachsenenbildung, 2. Erwachsenenqualifizierung" stand. 1968 erfolgte (4. 11.) die Gründung der „Evangelischen Studienstelle für Erwachsenenbildung", die sich als wissenschaftliche Einrichtung konfessioneller Erwachsenenbildung verstand und damit eine Entwicklung einleitete, die auf partikular angelegte Wissenschaftsinstitutionen hinauszulaufen droht. Da eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung für Erwachsenenbildung nicht zustande gekommen war und sich keine Stelle fand, wissenschaftliche Fragestellungen einzelner Gruppen der Erwachsenenbildung übergreifend zu behandeln, haben sich die einzelnen Einrichtungen und Kräfte der Erwachsenenbildung bemüht, selbständige wissenschaftliche Institute einzurichten. Ähnliches gilt auch für die katholische Erwachsenenbildung, die in Münster über ein in den 60er Jahren weithin anerkanntes „Institut für Erwachsenenbildung" verfügte 419 . Die Pläne, ein Zentralinstitut um den wissenschaftlichen Kern der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes zu errichten, sind nicht zuletzt an den partikulären Besorgnissen gruppenspezifischer Erwachsenenbildung gescheitert; allerdings ist die Forderung nach einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung durch die Empfehlungen der Bund-Länder-Kommission wieder ins Gespräch gebracht worden. In den nachfolgenden Jahren hat die „Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung" sich dann solchen Fragestellungen zugewandt, wo ein offenbares Defizit festzustellen war. Zunächst 1968 (13./14. 11.) und dann 1969 (17./18. 11.) im Rahmen der ersten und zweiten Arbeitskonferenz, wur419 Das Institut f ü r Erwachsenenbildung firmiert jetzt als Neues deutsches Institut f ü r wissenschaftliche Pädagogik, Münster. In diesem Institut wurde das bisherige Institut f ü r katholische Erwachsenenbildung integriert, es will einen Beitrag zur wissenschaftlichen Fundierung von Pädagogik und Bildungspolitik leisten, um Christen in Fragen der Erziehung und Bildung Urteils- und h a n d lungsfähig zu machen (gegründet 1971).
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
253
den Fragen der Professionalisierung abgehandelt, wobei die erste Konferenz in Verbindung mit dem Heppenheimer Kreis ausgetragen wurde. Auch die dritte Arbeitskonferenz (4./5.11. 1970) beschäftigte sich mit der Ausbildung von Erwachsenenbildnern, hierbei konnte schon die Entwicklung berücksichtigt werden, wie sie durch die Diplom-Rahmenordnung und die Diplom-Studienordnung in Niedersachsen und Berlin eingeleitet worden war, nämlich künftige Erwachsenenbildner in einem pädagogischen Hauptfachstudiengang mit Schwerpunkt Erwachsenenbildung auf ihre Tätigkeit vorzubereiten. Neue Unterrichtstechnologien standen im Mittelpunkt der Arbeitskonferenz 1971 ( 7 . - 9 . 6.), während sich im gleichen Jahr (21./22. 9.) die 8. Bundeskonferenz „Grundfragen der theologischen Erwachsenenbildung" zukehrte, nicht zuletzt unter dem Eindruck einer sich als kritisch begreifenden Theologie, die Kirche und Welt in einem traditionsdistanzierten Verhältnis neu zu bestimmen sucht420. Durch die Gründung und die sich organisatorisch verfestigende Wirkung der Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung sind fraglos einige der binnenstrukturellen Kooperationsschwierigkeiten evangelischer Erwachsenenbildung aufgehoben worden, wenn man sich aber die Liste der in dieser Arbeitsgemeinschaft zusammengebundenen Einrichtungen näher besieht, wird man die extensive Vielfalt kirchlicher Erwachsenenbildung ermessen und auch daraus folgern können, daß von Thematisierung und Arbeitsweise her die Vereinheitlichung nicht eben einfach gelingen wird. Zu den Mitgliedern der Deutschen Arbeitsgemeinschaft gehören einmal die regionalen Zusammenschlüsse, also Arbeitsgemeinschaften in einer oder mehreren Landeskirchen. „Ihnen gehören Werke, Verbände und Einrichtungen an, die in der betreffenden Landeskirche Erwachsenenbildung betreiben (z. B. Evangelische Akademien, Heimvolkshochschulen, Evangelische Arbeitnehmerschaft, Männerarbeit, Frauenarbeit, Diakonisches Werk usw.)" 421. Solche Arbeitsgemeinschaften bestehen 420 Der evangelische Beitrag zur Erwachsenenbildung, a. a. O . , S. 96. 421 Ebd., S. 104. Siehe auch W . Sohn, Politische Theologie und Politische Bildung. Evangelische Sozialakademie Friedewald. Materialsammlung f ü r evangelische Sozialsekretäre. Als Ms.; Erwachsenenbildung in kirchlicher Trägerschaft. I n : Dokumentation epd/Materialdienst N r . 11, 6. Sept. 1971.
254
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
in Bayern, Niedersachsen, Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Hessen-Nassau, Kurhessen-Waldeck, Pfalz, Rheinland, Württemberg, Baden, West-Berlin. Zur zweiten Gruppe von Mitgliedern z ä h l e n : W e r k e und Verbände auf EKD-Ebene, deren Tätigkeitsbereich ganz oder teilweise A u f g a b e n der Erwachsenenbildung u m f a ß t . Im einzelnen sind es folgende W e r k e und V e r b ä n d e : Leiterkreis der Evangelischen Akademien in Deutschland e. V. Verein zur Förderung der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in Deutschland e. V. Deutscher Verband Evangelischer Büchereien e. V. Bundesvereinigung Evangelischer Eltern und Erzieher e. V. Arbeitskreis Evangelischer Heimvolkshochsdiulen in Deutschland Das Diakonisdie Werk — Innere Mission und Hilfswerk — der EKD Verein zur Förderung der Männerarbeit der EKD e. V. Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend Deutschlands Wirtschaftsgilde e. V. — Evangelischer Arbeitskreis für Wirtschaftsethik und Sozialgestaltung Verein zur Förderung der Volksmission e. V. Evangelische Buchhilfe e. V. Verband Evangelischer Handwerker — Gesellen- und Meistervereine in Deutschland e. V. Evangelische Akademikersdiaft in Deutschland Matthias-Film-Gesellschaft mbH. Evangelische Frauenarbeit in Deutschland Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelischer Mütterschulen Arbeitsausschuß für den Dienst auf dem Lande in der EKD Evangelisches Forum Berlin Schließlich treten als Mitglieder noch Vertreter von Einrichtungen und Dienststellen der E K D hinzu, so der Referent für Erwachsenenbildung der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in Deutschland, drei Vertreter der Konferenz der landeskirchlichen Referenten für Erwachsenenbildung, der Filmbeauftragte der EKD, der Fernsehbeauftragte der EKD, ein Vertreter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen. Nachdem wir solchermaßen das organisatorische Feld evangelischer Erwachsenenbildung beschrieben haben und die hier
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
255
angelegten Kooperationsschwierigkeiten transparent haben werden lassen, müssen einige inhaltlich-methodische Aspekte über das bereits Gesagte hinaus angefügt werden. Wir heben noch einmal darauf ab, daß die theologisch-konfessionellen Aspekte aus der vormaligen Dominanz abgedrängt und in einen anderen Funktionszusammenhang hineingebracht worden sind422. Merkmale gegenwärtiger evangelischer Erwachsenenbildung, die jenseits oder auch innerhalb konfessionellen Verständnisses liegen, sind durch die Chiffren informationsintensiv, dialogisch, offen und kooperativ angezeigt423 und haben im Hinblick auf eine personale Bildung den „mündigen Menschen" zum Ziel. Dabei werden einige Adressatengruppen besonders beachtet, so die Frauen, die Jugendlichen und Heranwachsenden, für die eigene Thematisierungen, institutionelle Vorkehrungen und Zugangsweisen ausgewählt werden. Besondere Aufmerksamkeit wird in den letzten Jahren der methodischen Verfahrensweise in den Veranstaltungen der evangelischen Erwachsenenbildung geschenkt, wobei allerdings einschränkend gesagt werden muß, daß hier nur Defizite korrigiert werden, die schon lange zuvor in der freien Erwachsenenbildung überwunden waren. Wie in allen anderen vergleichbaren Einrichtungen der Erwachsenenbildung versucht auch die Evangelische Erwachsenenbildung, den den Lernenden isolierenden und in einer passiven Rezipientenfunktion belassenden Frontalstil aufzugeben und aktivierende Gruppenarbeit anzuregen. Im Hinblick auf Gruppenarbeit und die Binnenkooperation innerhalb konfessioneller Erwachsenenbildung wird nunmehr ein methodisches Modell verfolgt, das Wolfgang Böhme, Präsident der Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung, wie folgt umschreibt: „Die Deutsche Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung hat inzwischen Modellversuche mit der Arbeit in selbsttätigen Gruppen begonnen, wobei auf Referate verzichtet wird und die Teilnehmer an Hand eines Arbeitsbuches in die Lage versetzt werden, unter Leitung eines ausgebildeten Diskussionsleiters gewisse Stoffe selbständig durchzuarbeiten. Ein erstes solches Arbeitsbuch 422 W. Sohn, a. a. O., S. 2. 428 Der evangelische Beitrag zur Erwachsenenbildung, a. a. O., S. 20 ff.
256
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
zum Thema .Liebe — Ehe — Sexualität' liegt bereits vor. Weitere Bücher sind in Vorbereitung. Als nächstes Thema sollen bearbeitet werden: ,Politik und Kirche', ,Der Umgang mit Massenmedien', ,Die Schöpfung geht weiter' (das Verhältnis von Glauben und Naturwissenschaft), ,Das Gebet' (Arbeitsvorhaben auf dem Felde der theologischen Erwachsenenbildung). . . . Nach Abschluß der Seminare werden die Teilnehmer dann in zentralen Tagungen zusammengefaßt und erhalten noch einmal die Gelegenheit, mit Experten über verschiedene Fragenkreise zu sprechen. Für später ist daran gedacht, daß in den einzelnen Gemeinden und Kirchenbezirken jeweils eine Anzahl von Seminaren angeboten werden, die mit den verschiedenen Arbeitsbüchern durchgeführt werden können. Zur Vorbereitung der Seminare ist dann nichts anderes notwendig, als daß die entsprechenden Seminarleiter eingeübt werden, was in zentralen Kursen geschehen muß. Der Vorzug dieser Methode, die nur eine unter verschiedenen möglichen Methoden ist, liegt darin, daß keine Redner benötigt werden und daß in einer Landeskirche an verschiedenen Orten sehr gleichmäßig an den gleichen Themen gearbeitet werden kann. Dabei ist das Arbeitsmaterial so angelegt, daß es die verschiedenen theologischen und sachlichen Positionen zum Ausdruck bringt und den Seminarteilnehmer in die Lage versetzt, im Verlauf der Gespräche sich eine eigene Meinung zu bilden und den eigenen Standpunkt zu finden. Solche Kurse in Form von selbsttätigen Gruppen können kombiniert werden mit Tagungen in Akademien, Bildungshäusern etc., so daß eine Verzahnung der Arbeit auf regionaler und überregionaler Ebene erfolgt. Es ist für später daran gedacht, das schriftliche Material mit audiovisuellen Lernmitteln zu verbinden, um auch Bildungsschichten ansprechen zu können, denen der Umgang mit schriftlichem Vorbereitungsmaterial ungewohnt ist"424. Allerdings läßt sich aus den Materialien auch entnehmen, daß einige der angestrebten Ziele noch vergleichsweise unpräzis ausgeführt sind. So ist noch nicht hinreichend verläßlich zu ermitteln, was evangelische Erwachsenenbildung konkret unter beruflicher Weiterbildung versteht. Hier wie in der katholischen Erwachsenenbildung wird unter beruflicher Fortbildung wiederholt an die Laienbildung gedacht, so, wenn in einer doch repräsentativ verfaßten Publikation unter beruflicher Fortbildung subsumiert wird: „Sie geschieht in längerdauernden Fortbildungskursen oder in berufsbegleitenden Maßnahmen und wen424 W. Böhme [37, S. 5].
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
257
det sich in der Hauptsache an haupt- und ehrenamtliche kirchliche Mitarbeiter" 4 2 5 . Wir haben allerdings bereits darauf hingewiesen, daß sich in jüngster Zeit fernab solcher eingegrenzten Auffassung von beruflicher Bildung die evangelische Erwachsenenbildung in die auch inhaltlich relevante Diskussion um den Bildungsurlaub eingeschaltet hat. Weitere Aufgabenfelder seien hier nur stichwortartig mitgeteilt: einmal wird die Familienerziehung betont, sodann gilt vermehrte Aufmerksamkeit der Professionalisierung, ferner werden europäische Kontakte angebahnt, die geeignet sind, die deutsche Erwachsenenbildung aus ihrer ,Provinzialität' zu befreien und schließlich werden die Bildungsbedürfnisse der Dritten Welt anvisiert 426 . Um die zunehmende sachlich-inhaltliche Konsolidierung der Erwachsenenbildung im evangelischen Raum zu verdeutlichen, sei noch einmal auf die Studienstelle für Erwachsenenbildung der Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung hingewiesen, die hinsichtlich ihrer Strukturierung einen Beitrag zu einer wissenschaftlichen Verfassung von Erwachsenenbildung wird leisten können. An dieser Stelle sei eine Organisationsskizze dieser Studienstelle mitgeteilt, die die Differenzierung und die je zugewiesenen Funktionsaufträge transparent werden läßt. „Der Auftrag der Studienstelle besteht in der Auswertung, Übertragung und Anwendung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse auf die Praxis der Erwachsenenbildung im evangelischen Raum sowie in der Erarbeitung von Unterlagen und Materialien, die sich aus der spezifischen Aufgabe einer evangelischen Erwachsenenbildung ergeben. Dabei lassen sich zwei Schwerpunkte unterscheiden: ein theoretischwissenschaftliches Aufgabenfeld und ein praktisches Aufgabenfeld. Das tbeoretisch-wissenschaflliche Aufgabenfeld umfaßt: — Die Analyse der gegenwärtigen Arbeit; — die Analyse gegenwärtiger und zukünftiger Erfordernisse Bedürfnisse der Teilnehmer; — die Analyse der Bedingungen, unter denen Erwachsene lernen. Das praktische Aufgabenfeld umfaßt: — Die Entwicklung von methodisch-didaktischen Konzepten; 428 D e r evangelische Beitrag zur Erwachsenenbildung, a. a. O . , S . 27. 426 w . Böhme [37, S . 12, 16, 21, 231.
17 Knoll, Erwachsenenbildung
und
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4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
— die Erarbeitung von Lehr- und Lernmaterial; — die Entwicklung von Kursen zur Zusatzausbildung und Weiterbildung der Mitarbeiter; — den Aufbau eines Archivs zur Information und Beratung der Mitglieder. Diese Aufgaben sollen in 6 Abteilungen wahrgenommen werden: Didaktik, Methodik, Ausbildung Religiöse Bildung Politische Bildung Berufsbezogene Bildung Familien-, Alten- und Freizeitbildung Allgemeinbildung (personale Bildung). Besonders vordringlich erscheinen dabei folgende Sachbereiche: Didaktik, Methodik, Ausbildung. Diese Abteilung hat eine übergreifende und koordinierende Funktion. Sie übernimmt die Auswertung und Übertragung der Kenntnisse von den andragogisch relevanten Disziplinen (Erziehungswissenschaften, Soziologie, Sozialpsychologie, Lernpsychologie usw.). Sie erarbeitet die Kriterien und Grundlagen für die Entwicklung didaktischer und methodischer Modelle und entwickelt in Zusammenarbeit mit entsprechenden Stellen (religionspädagogischen Instituten, katechetischen Ämtern, Zentralinstitut für Familienberatung, Landesarbeitsgemeinschaften usw.) Pläne von Kursen für die Zusatzausbildung und die Weiterbildung haupt- und nebenamtlicher Mitarbeiter. Daneben führt sie einige Modellversuche für solche Kurse durch"427. Die zukünftige Entwicklung der evangelischen Erwachsenenbildung in der von uns angedeuteten Offenheit wird jüngst belegt durch zwei Dokumente, auf die zumindest hingewiesen sei: Planung von Gemeinschaftsaufgaben als Struktur und Verfassungselement der E K D (Oberkirchenrat Prof. Dr. G. Wendt)i2B und Entschließung der württembergischen Landessynode zur Erwachsenenbildung vom 29. 3.1971 4 2 9 . Katholische Erwachsenenbildung. D i e katholische Erwachsenenbildung weist mit der evangelischen Erwachsenenbildung — soweit ein mehr allgemeiner, jenseits konfessioneller Spezifika 427 D e r evangelische Beitrag zur Erwachsenenbildung, a. a. O . , S. 44 f . 428 G . Wendt [303, S. 23], 429 Entschließung der Württembergischen Landessynode zur Erwachsenenbildung. I n : D o k u m e n t a t i o n epd, N r . 11, 6. Sept. 1971, S. 34 ff. Für vorstehenden Zusammenhang: Bibliographie zur Erwachsenenbildung im deutschen Spradigebiet (kirchliche und konfessionelle Bildungsarbeit), a. a. O . , S. 42 ff.
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
259
liegender Rahmen bedacht wird — viele Gemeinsamkeiten auf. Einmal das Defizit an Binnenkommunikation und Außenkommunikation mit anderen Einrichtungen der Erwachsenenbildung, die Aufgliederung in Funktionsbereiche, wobei zu der beruflichen, der politischen, der allgemeinen Bildung noch die theologische Bildung hinzutritt. Vielleicht stimmen evangelische und katholische Erwachsenenbildung auch darin überein, daß die theologische Bildung einmal Basis und sodann Ziel erwachsenenbildnerischer Tätigkeit ausmacht. Andererseits lassen sich nicht unerhebliche Unterschiede ausmachen. Wir dürfen diese hier zunächst schlagwortartig bezeichnen: Einmal scheint eindeutig, daß das Verhältnis von Erwachsenenbildung und Amtskirche nicht so unbefangen reguliert ist wie in der evangelischen Erwachsenenbildung. Hier erweist sich noch immer die Tradition in Form von Amtsautorität und Distanz zum Laienelement in der Kirche als beengend. Daß hier ein Wandel versucht wird, ist u. a. daran abzulesen, daß sich gerade in letzter Zeit, ausgehend von der konziliaren Liberalisierung, jene Publikationen mehren, die für die katholische Erwachsenenbildung einen Raum reklamieren, der die Anbindung an die Amtskirche nicht abschneidet, aber ihre Mitgestaltung in Fragen der Erwachsenenbildung reduziert. Erwachsenenbildung begreift sich heute schon nicht mehr als der verlängerte Arm kirchlich verfaßter Seelsorge, weshalb Felix Messerschmid auch eindeutig formuliert: „Daher bin ich auch entschieden gegen die Überlegungen, katholische Erwachsenenbildung den Seelsorgeämtern anzuvertrauen" 430 . Das meint indes keine Zurücknahme des theologischen Ferments in der Erwachsenenbildung — wie Messerschmid an gleicher Stelle deutlich macht: „Auch im Bereich der Erwachsenenbildung die Menschen für diese Selbstmitteilung Gottes offenzuhalten und zu öffnen, ist der eigentliche Grund eigenständiger, aber kooperativer Erwachsenenbildung"431. Bedenken wir weitere Unterschiede, so dürfte sich auch der Adressatenkreis katholischer 430 Neben den bei uns [172, S . 51 ff.], abgedruckten Materialien und den in der Bibliographie zur Erwachsenenbildung im deutschen Sprachgebiet, a. a. O . , S. 42 ff. genannten Publikationen verweisen w i r a u f : A . Benning [29; 30], Zehn J a h r e Katholische Akademie in Bayern, H r s g . Katholische Akademie in Bayern, München 1967; F . Pöggeler [226; 227], G . Böhme [38], G . Scherer [270]. 431 F . Messerschmid [206; S . 89].
17*
260
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Erwachsenenbildung von der der evangelischen abheben. In ihr ist es offensichtlich — und das wird von ihrer Geschichte her verständlich432 — eher gelungen, Arbeiter und insgesamt untere soziale Schichten zu erreichen. Ablesbar mag dieser Tatbestand an der Ausbreitung und Intensität der Kolping-Bewegung sein. Kommt hinzu, daß die katholische Kirche durch den Kulturkampf und dessen Nachfolgewirkungen zu einer stärkeren gesellschaftspolitischen Solidarisierung verpflichtet wurde und schließlich in der unbestrittenen Autorität der Amtskirche über ein Instrument verstärkter Binnenkommunikation verfügte. Das Amtscharisma der evangelischen Geistlichkeit ist schon immer durch die Betonung des Laienelements eingeschränkt gewesen, von daher ist der Übergang zu liberaleren Gemeindeformen erleichtert worden. Hinsichtlich der Zielbestimmung katholischer Erwachsenenbildung gilt zunädhst einmal festzuhalten, daß katholische Erwachsenenbildung sich als eigenständig betrachtet — und das in doppelter Richtung — einmal im Blick auf die Amtskirche, sodann auf das pluralistische Konzert der verschiedenen Formen von Erwachsenenbildung. Wie sich angesichts neuer Entwicklungen in der Erwachsenenbildung der katholische Standort definiert, sei an Thesen vorgeführt, die 1971 Wilhelm Niggemann auf der Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft für katholische Erwachsenenbildung in Stuttgart vorgetragen hat. Wir fügen diese Thesen — trotz ihres Umfanges — hier im vollen Wortlaut an, weil aus ihnen die Funktionsbezüge wie auch die Profilierung katholischer Erwachsenenbildung auf dem Hintergrund ihrer Tradition zu ersehen ist. „In der Betonung der Pluralität der Träger der Erwachsenenbildung darf sich nicht maditpolitische Intention verbergen vielmehr sollte aus dem Selbstverständnis der betreffenden Gruppe ein Beitrag zur Gesellschaft geleistet werden, der die Bejahung des Gesamtanliegens dieser Gesellschaft enthält, von der speziellen Struktur dieser Gruppe das Gesamtangebot wesentlich ergänzt und der Motivationsriditung der Gruppenzugehörigkeit angemessen entgegenkommt. Weiterbildung in christlicher Trägerschaft setzt die Eigengesetzlichkeit der Welt voraus, bejaht sie und trifft von ihr her das Ganze 432 W . Niggemann [216, S . 12], H . M i t t l e r [209, S . 196]. Für unseren hang vor allem F . Pöggeler [228].
Zusammen-
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
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umfassende Entscheidungen. Sie fürditet von daher nicht religiöse Entfremdung, sondern läßt sich leiten von der Einsicht, dem Menschen das selbständige kritische Lernen zu ermöglichen, um die Welt immer weiter und tiefer zu erschließen. Da die Sachanliegen überwiegend nicht gruppengebunden, sondern allgemein sind, ist Kooperation (Zusammenarbeit) mit anderen Gruppen zwingend und sinnvoll. Aus Kooperation folgt koordinierte (aufeinander abgestimmte) Arbeitsteilung und didaktische (unterrichtskundliche) Schwerpunktbildung. Weiterbildung in katholischer Trägerschaft sollte die bestehenden katholischen Institutionen unbedingt zur gegenseitigen Absprache, Kooperation und Konzentration auffordern. Nur ein konzentriertes, auf bestimmte Sachbereiche schwerpunktmäßig reduziertes Angebot ist für die Zukunft noch sinnvoll und gegenüber anderen Gruppen und dem Staat vertretbar. Bereits überzeugend arbeitende Institutionen (z. B. Kolping-Kolleg Stuttgart einschließlich Abendrealschulen, Begabtensonderkurse an Kath. Akademien und in der Arbeitsgemeinschaft .Zweiter Bildungsweg' u. a.) sollten besondere Förderung erfahren. Es käme also darauf an, neue Modelle der Weiterbildung zu entwickeln (Beispiel: .Bildungswerk im Kolpinghaus', Stuttgart-Bad Canstatt), die wissenschaftlich abgesichert und erprobt werden müßten. Grundsätzlich muß die didaktische Entscheidung der katholischen Träger gegenüber dem gesamten Curriculum, der Einheit von Lehrinhalten, Lehrmethoden und Lehrzielen, offen sein. Es empfiehlt sich aber curriculare Schwerpunktbildung, weil für bestimmte Sachbereiche Weiterbildung in katholischer Trägerschaft sowohl von der Aktualität und Dringlichkeit der Probleme als auch von der Institutionsstruktur her besonders ausgerüstet ist. Solche Sachbereiche wären Elternbildung, Berufsbegleitende Bildung, Theologische Bildung, Politische Bildung, Wirtschaft und Gesellschaft. Der Beitrag der Christen in einem kooperativen System der Erwachsenenbildung beruht auf dem ausgesprochenen kritischen Ansatz des Lernens. Die maßgebenden Vorentscheidungen ermöglichen die anhaltende Kritik innerhalb des Systems, um die Menschen zu befähigen, den vielfältigen Zwängen selbständig und kritisch bis hin zur Verweigerung zu begegnen und ermöglichen Kritik am System selbst, wenn dieses die Normen der Menschenwürde, der Gerechtigkeit und Freiheit durch grobe Eingriffe oder Verschleierung der Verneinung mißachtet. Erwachsenenbildung in christlicher Trägerschaft ist nicht die moderne Form der Seelsorge. Sie muß neben der Seelsorgegemeinde eigen-
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ständig und getrennt von ihr konzipieren und veranstalten. Aus der Seelsorgegemeinde darf nie rein instrumental eine Bildungsgemeinde werden. Der separate Raum der Erwachsenenbildung muß eine klare rechtliche Eigenständigkeit erfahren. Ein System der Erwachsenenbildung in christlicher Trägerschaft wird nur wirkungsvoll arbeiten, wenn für Ballungszonen vermehrt hauptberufliche Leiter eines Bildungs-Managements installiert werden. Daneben wären Trainingsstätten für nebenberufliche Leiter und Referenten unbedingt erforderlich, in denen nach neuen lerntheoretisch begründeten Modellen aus- und fortgebildet wird. Durch Kooperation mit anderen Trägern könnten solche Trainingszentren zweckmäßig ausgelastet und wirtschaftlich getragen werden".
Aus dieser Beschreibung der Aufträge und Neufassung katholischer Erwachsenenbildung lassen sich Einzelmaßnahmen herleiten, die die katholische Erwachsenenbildung von ihrer Tradition entbinden und sie auf eine die konfessionellen Schranken überschreitende gesellschaftspolitische Aufgabe verpflichten 433 . Von daher ergibt sich ein neues Verhältnis zum und Einverständnis mit dem Staat; Erwachsenenbildung erhält damit auch politische Kontur, indem sie zu einer „Bewußtseinsbildung" auf der Grundlage eines auch politisch interpretierten Christentums anzuleiten sucht. Und es kann — worauf verschiedentlich hingewiesen wurde — aus diesem Prozeß einer zunehmenden Mündigmachung katholischer Christen auch eine Rückwirkung auf das kirchlich praktizierte Christentum in den Gemeinden ausgehen. Auf diese beiden Aspekte neuverfaßter Erwachsenenbildung — eben der politischen Dimension und der des Feed-back von Erwachsenenbildung auf kirchliche Gemeinde — hat Franz Pöggeler aufmerksam gemacht: „Erwachsenenbildung ist Medium der Information und ,neuen Aufklärung' und verstärkt in unserer Gesellschaft die Züge der Mündigkeit und Säkularisiertheit. Auch der von der Kirche inspirierten Erwachsenenbildung sind jetzt beide Kennzeichen eigen. Dadurch ist Erwachsenenbildung nicht nur in bildungspolitischer, sondern auch in kirchenpolitischer Sicht ein Politikum geworden: Struk433 M . T h . S t a r k e [286, S . 252 ff.], J . Oelinger [221]; G . Gorschenek, P o l i t i s A e Bildung in der katholischen Erwachsenenbildung, i n : Neues Hochland, 5/ Sept./ O k t . 1972, S . 430 ff.; ders., Erwachsenenbildung — Stiefkind der Bildungsp o l i t i k , in: i b w - J o u r n a l , 1. Sept. 1972, S . 8 f .
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tur und Geist der Kirchen werden durch die Erwachsenenbildung, die von mündigen Gliedern der Kirche getan wird, verändert und erneuert" 434 . Freilich bedarf diese Entwicklung noch der unbefangenen Offenheit und der Verständnisbereitschaft auf Seiten der Amtskirche. Sie hat gelegentlich ihren Einspruch geltend gemacht, wenn sie den Eindruck hatte, daß die Liberalisierung der Diskussion mit dem berechtigten Stabilitätsanspruch der Kirche zu kollidieren drohte. In diesem Zusammenhang geriet insbesondere die linksliberale katholische Publizistik an den Widerstand der Bischöfe, wie das Beispiel der Wochenzeitung „Publik" zeigte. Und auch die Entwicklung der katholischen Akademien gab bisweilen Anlaß für besorgten Einspruch. Inzwischen haben sich diese anfänglichen Schwierigkeiten ein wenig geglättet, und zumal die Katholischen Akademien haben sich zu Gesprächsforen entwickelt, die die Zustimmung der Amtskirche erfahren, ohne sich durch Zustimmung oder Ablehnung in ihrem Handlungsspielraum einengen zu lassen. Die Katholische Akademie in Bayern (München) hat hinsichtlich ihrer Thematisierung und ihrer Präsentationsformen inzwischen zu der Offenheit Evangelischer Akademien aufgeschlossen. Ein Teil ihrer intensiven, auf spezifische Adressaten ausgerichteten Kurse bleiben allerdings einer größeren Öffentlichkeit — zufolge mangelnder Auffälligkeit solcher Veranstaltungen — verborgen. Die Berichtszeitschrift dieser Akademie „Zur Debatte" 435 vermag allerdings zu verdeutlichen, wie weit das Spektrum der Meinungen und der zur Stellung gebetenen Referenten aufgefächert ist. Insgesamt läßt sich wohl der Eindruck gewinnen, daß die katholische Erwachsenenbildung publizistisch intensiver die Fragen ihres eigenen Selbstverständnisses angeht als die evangelische Erwachsenenbildung. Wir sehen das nicht nur auf dem Hintergrund publizistischer Quantitäten bestätigt, sondern auch in dem angestrengten Versuch, Tradition mit Gegenwart zu konfrontieren und solchermaßen eine veränderte Glaubensdimension in der Erwachsenenbildung wirksam werden zu lassen. Die katholische Erwachsenenbildung — und von daher wird ihr intensives 434 F. Pöggeler [229, S. 223]. W i r verweisen ferner auf H . Mittler [209], dort auch ein reichhaltiger Literaturverweis. 433 Z u r Debatte. Themen der Katholisdien Akademie in Bayern 1. Jg. 1971 ff.
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Bemühen um Klärung plausibel — stand für eine lange Zeit unter den Bedingungen der Amtskirche und erhält erst jetzt ihre Chance, sich selbst eigengewichtige Gestalt zu verleihen. Wenn sie versuchen will, einen größeren als den traditionellen Adressatenkreis zu erreichen, muß sie die theologische Dimension unter einer veränderten Perspektive beleuchten. Als Handlungsziel gibt sie das „Humanuni" 436 aus und rangiert in den Mittelpunkt ihres Bildungsverständnisses unter Einschluß zweckrationaler Vorgehensweise im Sinne von Berufshilfe eine personale Bildung, die zur persönlichen Weltbemächtigung anleiten soll. Von daher erscheint ihr eine differenzierende Aufgliederung in „freie" und „gebundene" Erwachsenenbildung als nicht mehr zulässig, und sie entwirft einen übergreifenden Bildungsbegriff, dem ein Verständnis von Bildung unterlegt ist, „die den ganzen Menschen umfaßt, die dabei natürlich in Stufen oder parallel partielle Interessengebiete des einzelnen erfassen kann und so durch differenzierte Wissensakkumulation zu einer je gewollten Aspektstruktur der persönlichen Weltdeutung führt" 437 . Als Abhebungskriterium bleibt angesichts solcher Vereinheitlichung dann nur mehr die andragogische Zielfunktion, zu der Mittler konkretisiert äußert: „Katholische Erwachsenenbildung unterscheidet sich also nicht von Erwachsenenbildung schlechthin, wenn es um die methodologischen Grundzüge geht, sondern nur von ihrer andragogischen Zielfunktion her, die aus dem spezifisch christlich-katholischen Glauben gewonnen wird und die von Benning so formuliert wurde: ,Katholische Erwachsenenbildung als Dienst an der Selbstwerdung des zu seinem eigenen Sein entschlossenen Menschen will durch Seins- und Selbsterhellung den christlich Glaubenden zur Annahme der Gesamtwirklichkeit und zu ihrem seinsgerechten Vollzug in Freiheit und Verantwortung führen' "438. Daran anschließend wird hinwiederum auch der organisatorische Bezug zum Konstituans Katholischer Erwachsenenbildung erhoben: „Aber der Begriff ,Katholische Erwachsenenbildung' ist nicht nur aus seinem o. a. thematischen und methodischen, sondern auch aus seinem organisatorischen Bezug her zu sehen. Katholische Erwachsenenbil43« [209, S. 199], 438 [209, S. 200].
437 [209, S. 200].
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dung vermeint vielfach nur die von katholischen Gruppen und Organisationen getragene Erwachsenenbildung (Träger). Das bedeutet, daß in diesem Begriff neben der intentionsgebundenen funktionalen Komponente in bezug auf das andragogische Ziel die institutionelle Komponente mit eingebunden ist und eigentlich zum tragenden Faktor des so skizzierten Begriffssystems wird, wenn man bedenkt, daß die Postulierung und Formulierung des andragogischen Ziels von der oder den Gruppen vorgenommen wird, deren ureigenstes Anliegen hier zum Ausdruck kommt. Der Verlust dieser entscheidenden institutionellen Komponente in der andragogischen Praxis führt zwangsläufig zur Gefährdung der ursprünglichen Zielprojektion" 4 3 9 . Wie auch in der evangelischen Erwachsenenbildung zu beobachten war, ist der Spielraum konfessioneller Erwachsenenbildung durch normierende Vorentscheidungen oder auf Normen projizierte Vorgehensweisen in ihrer Offenheit eingeschränkt: „Nur dort, wo sich Umweltbeurteilung auf der Grundlage einer gefestigten Persönlichkeitsstruktur vollzieht, deren Genese im erlebten und eindeutig formulierten und vertretenen Normenund Wertehorizont zu verorten ist, kann sich eine wirkliche Diskussion und Auseinandersetzung mit den Problemen unseres gesellschaftlichen Lebens entwickeln" 440 . Freilich können vorweisende Zielprojektionen, die sich in den Kontext der Weiterbildung einzufügen suchen, nur dann realisiert werden, wenn die organisatorischen Voraussetzungen und die personellen Kapazitäten gleichlaufend verbessert werden. Wir können daher in jüngster Zeit Tendenzen zur Professionalisierung und Kooperation registrieren, die an dieser Stelle noch unsere Aufmerksamkeit beanspruchen sollen. Ähnlich wie in der evangelischen Erwachsenenbildung herrscht auch in der katholischen eine Pluralität von Einzelaktivitäten und gruppenspezifischen Organisationen, die in der „Bundesarbeitsgemeinschaft für katholische Erwachsenenbildung" (gegründet 1957) zusammengebunden sind. Die B A G ist der überwölbende Zusammenschluß vielfältiger Unternehmungen auf regionaler Ebene in 439 [209, S . 201].
440 [209, S . 206]
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4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Form von Landesarbeitsgemeinschaften f ü r katholische Erwachsenenbildung und koordiniert auch die Arbeit bis zu den Diözesanarbeitsgemeinschaften bzw. Diözesanstellen für Erwachsenenbildung. Nachfolgend bringen wir — um auch hier die Spannweite von konfessioneller Erwachsenenbildung transparent werden zu lassen — eine Aufstellung der Mitgliederorganisationen der B A G : 1. 11 Landesarbeitsgemeinschaften für katholische dung
Erwachsenenbil-
2. 11 Zusammenschlüsse auf Bundesebene a) Arbeitsgemeinschaft katholisch-soz. Bildungswerke in der BRD b) Leiterkreis der katholischen Akademien c) Verband der katholischen Landvolkshochschulen d) Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e) Bundesarbeitsgemeinschaft katholischer Mütterschulen f ) Gemeinschaft der katholischen Männer Deutschlands h) S ^ M i d i a X b u n d
( ö f f e n t l i c h e katholische Büchereien)
i) Katholische Arbeitsgemeinschaft für Laienspiel k) Katholische Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung 1) Ackermann-Gemeinde 3. Verbände a) Katholischer Akademikerverband b) Katholische Arbeitnehmerbewegung — KAB — c) Deutsche Kolpingsfamilie d) Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung — KKV — e) Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands — Zentralverband f ) Katholischer Deutscher Frauenbund g) St. Hedwigswerk — Arbeitsgem. d. Diözesanwerke heimatvertriebener Katholiken h) Verein katholischer deutscher Lehrerinnen i) Verband der katholischen Lehrerschaft Deutschlands k) Katholische Landvolkbewegung Deutschlands 1) Gemeinschaft katholischer berufstätiger Frauen 4. 23 Diözesanarbeitsgemeinschaften bzw. Diözesanstellen für Erwachsenenbildung
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
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5. Bischöfliche Arbeitsstellen a) Katholische Rundfunkarbeit in Deutschland (KRD) b) Katholische Fernseharbeit in Deutschland c) Kirchliche Hauptstelle für Bild- und Filmarbeit 6. Persönlichkeiten, die sich um die katholische Erwachsenenbildung verdient gemacht haben und die Aufgaben der BAG hervorragend unterstützen können 441 .
Wir braudien an dieser Stelle auf die innerorganisatorische Verfassung der einzelnen Mitglieder, deren quantitatives Ausmaß, deren Veranstaltungen und Intentionen nicht im einzelnen einzugehen, da wir hier auf eine zusammenfassende Darstellung von Frank Olszewski „Katholische Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik Deutschland" 442 verweisen können. Es soll allerdings auch in diesem Zusammenhang auf die internationalen Kooperationsbemühungen aufmerksam gemacht werden, die auch die evangelische Erwachsenenbildung organisatorisch nachzuweisen vermochte. So ist die BAG Mitglied der Europäischen Föderation f ü r katholische Erwachsenenbildung F.E.E.C.A., die unter anderem eine bedeutsame Stellungnahme zum „Amt in der Kirche und die Erwachsenenbildung als Teil des öffentlichen Bildungswesens" 443 und als Arbeitsunterlage f ü r die 10. Internationale Konferenz eine Bibliographie zur Katholischen Erwachsenenbildung vorgelegt hat, die eine intensivere Auseinandersetzung und Einführung in die katholische Erwachsenenbildung ermöglicht als das hier geschehen kann 444 . D a ß hinsichtlich der methodischen Durchführung der Erwachsenenbildungsarbeit, der personellen Zurüstung und der Vorbereitung von Materialien f ü r Kursprogramme ein beträchtliches und vor allem auch auf Koordination hin angelegtes Defizit vorhanden ist, mag schon aus der formulierten Aufgabenbestimmung der BAG abgelesen werden, wo es heißt: „Ihre Aufgabe ist die Förderung der praktischen Zusammen(41 B u n d e s a r b e i t s g e m e i n s d i a f t f ü r k a t h o l i s d i e E r w a c h s e n e n b i l d u n g . B o n n . A u f g a b e n u n d O r g a n i s a t i o n e n . Als Ms. 442 F . O l s z e w s k i [222, S. 116 ff.]. 443 D a s A m t in d e r Kirche u n d d i e E r w a c h s e n e n b i l d u n g als T e i l des ö f f e n t l i c h e n ilildungswesens. Ergebnisse eines Arbeitskreises der Europäischen F ö r d e r a t i o n f ü r k a t h o l i s c h e E r w a c h s e n e n b i l d u n g , 1971. Als Ms. 444 B i b l i o g r a p h i e [choix] c o m m e m a t é r i a l d e t r a v a i l p o u r la 10 e C o n f é r e n c e i n t e r n a t i o n a l e de la F . E . E . C . A . A l s M s .
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4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
arbeit und der fachlichen Anregung sowie die Vertretung der gesamten katholischen Erwachsenenbildung. Sie arbeitet in enger Verbindung mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und dem Institut für Erwachsenenbildung im Deutschen Institut für wissenschaftliche Pädagogik. Dazu dient vor allem: 1. der gegenseitige Meinungs- und Erfahrungsaustausch, 2. die Erarbeitung gemeinsamer Grundlinien inhaltlicher und methodischer Art, 3. die Vertretung gemeinsamer Interessen nach außen" 445 . Derartige Absprachen haben inzwischen ihren Niederschlag in Handreichungen und Kursmodellen gefunden, durch die die Arbeit vor allem auf lokaler Ebene neu verfaßt werden konnte. In diesem Zusammenhang verweisen wir auf die „Empfehlungen zur Struktur der örtlichen katholischen Erwachsenenbildung" der BAG446, wo hinsichtlich der Kooperation die folgenden Empfehlungen ausgesprochen werden: „Im einzelnen kann die Kooperation bestehen in: — gegenseitiger Information über das geplante Programm (mit der Möglichkeit der Themenabstimmung) — wechselseitigen Hinweisen auf besonders empfehlenswerte Veranstaltungen anderer Einrichtungen — gemeinsamer Organisation gleichartiger Veranstaltungen (Referentenaustausch) — Durchführung gemeinsamer Veranstaltungen — allgemeinem Erfahrungsaustausch — gemeinsamer Werbung für die Erwachsenenbildung" 447 . Ferner bieten Anregungen und Empfehlungen für lokale Kooperation die Überlegungen des Referats „Erwachsenenbildung" beim Bischöflichen Generalvikariat Münster „Erwachsenenbildung in der Gemeinde"448. Schließlich machen wir jenseits deklamatorischer Kundmachungen auf konkrete Arbeitshilfen für die katholische Erwachsenen445 F. Olszewski [222, S. 6]. 440 [48]. 447 [48, S. 7]. 448 Erwachsenenbildung in der Gemeinde, Probleme der K o o r d i n a t i o n und Zusammenarbeit. Ein Beitrag vom Referat Erwadxsenenbildung des Bisdiöflichen Generalvikariats. H r s g . Diözesankomitee der Katholiken im Bistum Münster.
4.6 Konfessionelle Erwachsenenbildung
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bildung aufmerksam, in denen auch das Problem der Professionalisierung und der berufsbegleitenden Weiterbildung für Erwachsenenbildner berücksichtigt wird; auch hier nur eine Auswahl aus dem reichen publizistischen Niederschlag: So hat die Diözesanstelle für Erwachsenenbildung im Seelsorgeamt des Erzbistums Köln „Hilfen für die Erwachsenenbildung" 449 zusammengestellt, die als ausgesprochen praxisdienlich charakterisiert werden dürfen. Auch die „Richtlinien zur Struktur der katholischen Erwachsenenbildung auf örtlicher und mittlerer Ebene", wiewohl allgemeiner abgefaßt, vermögen praxisdienliche Relevanz nachzuweisen; schließlich unterbreitet das Bildungswerk der Erzdiözese Freiburg einen Lehrgang für Erwachsenenbildner 450 , der zwei Zielgruppen im Auge hat, nämlich einmal die Lehrkräfte, die bereits in der Erwachsenenbildung tätig sind und mit neueren Einsichten in der Erwachsenenbildung vertraut gemacht werden sollen, und sodann die Personen, die eine Tätigkeit in der katholischen Erwachsenenbildung anstreben, nicht aber über eine sie pädagogisch qualifizierende Zugangsprüfung verfügen. Hierbei wird davon ausgegangen, daß ein verbindliches Programm der Professionalisierung in absehbarer Zeit noch nicht zu realisieren sein wird und daß bis zu diesem Zeitpunkt die praktische Erwachsenenbildung selbst Überbrückungshilfen zur Verfügung stellen muß. Diese Bemühungen liegen auf der Linie der diesbezüglichen Initiativen des Deutschen Volkshochschulverbandes. Der Stoffplan offeriert zwar ein breites Spektrum, in dem Situationsanalysen wie Fragen der Pädagogischen Psychologie, wie Präsentationsformen, wie auch methodische und organisatorische Aspekte der Erwachsenenbildung vorgesehen sind, allerdings scheint die veranschlagte Kursdauer (ein oder zwei Wochenenden) zu kurz bemessen zu sein. Wir sind am Beispiel konfessioneller Erwachsenenbildung in die Problemstruktur sog. „freier" und „gebundener" Erwachsenenbildung weiter vorgedrungen, haben die Konvergenzen und Divergenzen bewußt zu machen versucht, wobei die vor44» [246]. 4
50 Lehrgang für Erwadisenenbildner. Bildungswerk Erzdiözese Freiburg.
o. J.
Freiburg
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4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
malige Antinomie in ihrer Berechtigung wohl als weithin hinfällig diagnostiziert wurde. Wir wenden uns nunmehr — da die ganze Palette erwachsenenbildnerischer Aktivität nicht aufgefächert werden kann — in der Vorführung von Einzelerscheinungen der beruflichen Weiterbildung zu, die allerdings nicht in all ihren Manifestationen vorgeführt wird.
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft 451 Zufolge der von uns mehrfach charakterisierten Tradition von Pädagogik und Erziehungswissenschaft sind die pädagogischen Aspekte von Betrieb und Beruf lange Zeit nur beiläufig registriert oder analysiert worden. Zwar gibt es an nahezu allen wissenschaftlichen Hochschulen Lehrstühle, die sich partiell oder ausschließlich mit Fragen beruflicher Bildung befassen, aber vielfach dominieren in ihrem Lehr- und Forschungsvollzug die ökonomischen Betrachtungsweisen gegenüber solchen von erziehungswissenschaftlicher Relevanz. Auch die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung weist noch ein ambivalentes Verhältnis zu Fragen beruflicher Erwachsenenbildung auf. Die sich von beruflicher Zweckrationalität absetzende neuhumanistische Bildungstradition hat auch in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung blockierend gewirkt. Ähnlich wie in der Pädagogik, wurden angestrengte Versuche unternommen, das „klassische Bildungsideal mit der Arbeitswelt" auszusöhnen und solchermaßen wenigstens teilweise subjektive und objektive Bildungs451 Zu diesem Bereich s. v o r allem J . D i k a u [72]. Ferner Feststellung und Analyse der vorliegenden Dokumentationen und Aufstellungen über Einrichtungen und Maßnahmen der beruflichen Erwachsenenbildung sowie die Analyse der Finanzierung und sonstigen Förderung der beruflichen Erwachsenenbildung. In: W h M A , Institut für empirische Sozialforschung, I n f o r m a t i k und angewandte K y b e r n e t i k . Köln 1972; Berufliche Bildung zwischen Tradition und Fortschritt, D e r Betrieb als Feld der Ausbildung, Fortbildung und Umschulung. Köln 1972; F . Arlt [15, S. 181] (mit Bibliographie). An neueren Darstellungen sind besonders zu beachten: F. Arlt, Betrieblidie Bildungskräfte, Zu ihrer Funktion, zu ihrer Aus- und Fortbildung, Köln 1972; Reform der Finanzierung betrieblicher Berufsbildung?, Berichte des Deutschen Industrieinstituts zu bildungs- und gesellschaftspolitischen Fragen, J g . 4/1972, N r . 1, Köln Juni 1972. Mehr allgemein: K a r r i e r e '73, Eine Dokumentation, Sonderbeilage Die W e l t , 18. 1. 1973.
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
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bedürfnisse einander näher zu bringen. In dem Maße, in dem sich die Pädagogik auch mit nach- oder außerschulischen Bildungsfragen beschäftigte und ein geschärftes Sensorium für gesellschaftliche und berufliche Fragestellungen entwickelt hat, ist dann ein unbefangeneres Verständnis für die Interaktion von Bildung, Beruf und Betrieb zustande gekommen. Die gesellschaftspolitische Wachheit, die sich in den letzten Jahren insbesondere durch die Antriebe der „Neuen Linken" entwickelt hat, hat dazu geführt, die nachschulische berufliche Bildung stärker zu akzentuieren, wobei allerdings Ideologisierungen in Gang gesetzt wurden, die das Gespräch um berufliche Bildung auf die Formeln „affirmativ" oder „kritisch" zu reduzieren drohen. In der D D R ist durch den Prozeß der Erwachsenenqualifizierung und die gesetzliche Regelung von 1965 die berufliche Erwachsenenbildung in den Kontext des öffentlichen und einheitlichen Bildungssystems einbezogen worden, und die Empfehlungen des Bildungsrates wie auch der Zwischenbericht der Bund-Länder-Kommission sind dazu angetan, vormalige Antinomien von beruflicher und allgemeiner Bildung abzubauen. Die von der Wirtschaft praktizierte Erwachsenenbildung hat sich schon seit geraumer Zeit von dilettierenden Ursprüngen entfernt und präsentiert sich auch in dem Schrifttum als dem gegenwärtigen Gesprächshorizont um Erwachsenenbildung angemessen. Während die Weiterbildung aus dem bildungspolitischen Gespräch entlassen wurde, wird jetzt der beruflichen Bildung vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt. Erwachsenenbildung in der Wirtschaft muß allerdings in einem größeren, auch die schulischen Entwicklungen mitbedenkenden Rahmen gesehen werden. Sie wird nur verständlich auf dem Hintergrund der Lehrlingsproblematik und der damit verbundenen Reformen der Hauptschule, der Sekundarstufe I I und der vorberuflichen Bildung insgesamt. Wir können diesen Zusammenhang hier nicht im Detail ausführen 462 , wollen aber einige Belege dafür beibringen, daß die Wirtschaft unter der Beibehaltung des dualen Prinzips Versuche zur Neuverfassung des Ausbildungswesens unternommen hat. Sie lenkt dabei ein« 2 J . Gamm [102], M. Jagenlauf [137].
272
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
mal ihr Augenmerk auf die vorberufliche Bildung453 und in diesem Zusammenhang insonderheit auf die schulischen Formen und Reformen, durch die der Ubergang von der Schule zur Arbeitswelt gleitender gemacht werden soll. Aus mancherlei Gründen wird hierzulande eine polytechnische Bildung451 in anderen Vollzügen ablaufen als in staatsmonopolistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen. In der Bundesrepublik ist das Gespräch inzwischen darüber hinausgegangen, die Schule auf die allgemeine Bildung einzugrenzen und alle beruflichen Aspekte für den Raum des Betriebs und der Wirtschaft zu reservieren. Die Arbeitskreise Schule—Wirtschaft haben die Arbeitslehrekonzeptionen inhaltlich weiterbefördert — dies gilt in besonderer Weise für das Land Nordrhein-Westfalen —, wenn auch noch nicht eine interdependente, gesellschaftspolitisch expandierte Konzeption realisiert werden konnte, wie sie etwa Michael Jagenlauf jüngst in seiner Dissertation in Vorschlag gebracht hat455. Daß sich die an einen beruflich vorbereitenden Arbeitslehre-Unterricht anschließende Berufsausbildung ebenfalls zu verändert habe, unterliegt heute bei allen Beteiligten keinem Zweifel mehr. Die Problematik hat inzwischen auch eine politische Brisanz erfahren. So hat 1970 die Bundesregierung ein Aktionsprogramm zur beruflichen Bildung vorgelegt459, das die Opposition — ausgehend von dem Berufsbildungsgesetz — durch eine eigene Initiative auszuweiten und zu verändern versucht. In den Beratungen des Antrages der Fraktion der CDU/CSU betreffend Sofortprogramm zur Verbesserung der beruflichen Bildung (Bundestags-Drucksache VI/2979) sind jene Maßnahmen zusammengestellt, die von der Opposition als vordringlich erachtet werden: „1. Über eine Bund-Länder-Vereinbarung muß sichergestellt werden, daß zusammen mit den Ausbildungsordnungen Rahmenpläne für den Berufsschulunterricht erlassen werden. Auch sollten die in der Berufsschule erbrachten Lei453 A. Beelitz [25, S. 130], « 4 I . Szaniawski [2621. « 5 M . Jagenlauf [137], H . Siebert [249], 456 Verbesserungen der Berufsausbildung. I n : Das Parlament, N r . 9, 26. 2. 72, S. 3.
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
273
stungen bei der Abschlußprüfung mit berücksichtigt werden. 2. D i e Zahl der Ausbildungsberater muß gesetzlich erhöht werden. 3. Auszubildende sollten in bestimmtem Umfang für dernde Bildungsmaßnahmen freigestellt werden. 4.
för-
Jeder Auszubildende soll in die Lage versetzt werden, allgemeinbildende Abschlüsse, insbesondere im Rahmen des zweiten Bildungsweges zu erwerben.
5. Die Berufsbildungsforschung muß als Grundlage einer modernen beruflichen Bildungspolitik verstärkt werden" 4 5 7 . An Forderungen solch allgemeinen Charakters besteht indes kein Mangel, und die Diskussionen zielen heute schon mehr auf das Detail der Realisierung verbesserter Berufsbildung. Einmal sind in den letzten Jahren einige gesetzliche Regelungen eingeführt worden, mit denen der veränderten Berufsstruktur und der zunehmenden Mobilität und permanenten Umsetzung wie auch dem Wunsche nach Qualifizierung entsprochen werden kann. 1969 ist das Arbeitsförderungsgesetz und ebenfalls 1 9 6 9 das Berufsbildungsgesetz in Kraft getreten, wodurch die W i r t schaft auch in eine stärker pädagogische Pflicht genommen wird. Lehre und Ausbildung sind allerdings inzwischen in den Widerstreit verhärteter Fronten geraten 4 5 8 . Eine Teileinsicht gewährte der vom Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung initiierte Kongreß „Berufsbildung auf dem Weg in die Zuk u n f t " , der in München am 20. und 21. J a n u a r 1972 durchgeführt wurde 4 5 9 . Die Thematisierung macht den Problemstand bewußt: Wirtschaftliche Leistung und berufliche Qualität, handwerkliche Berufsausblidung und sozialer Aufstieg, Zusammenarbeit von Betrieb und Schule, Ausbildung in außer- und überbetrieblichen Ausbildungsstätten, Weiterbildung und Umschulung zur Verbesserung und Sicherung der Berufschancen. Dieser Kongreß kreiste zunächst die Veränderungen im Ausbildungswesen ein, 457 E b d . , S . 2; Moderne Berufsbildung — Eines der wichtigsten bildungspolitischen Probleme. I n : Informationen/Bildung-Wissenschaft, 5/72, S . 62. 458 J . W e i l e r , R . Freitag [302], 459 [183].
18 Knoll, Erwachsenenbildung
274
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
— so die Modelle zur Stufenausbildung — und machte auf Bedenken und Forderungen aufmerksam, die an Reformen gebunden sind, die in Richtung auf ein Berufsgrundbildungsjahr zielen. Auch in dieser Reformabsicht ist ein Bündel von Problemen eingeschlossen. Wir benennen sie hier nur stichwortartig: Duales System, Berufswahl und Berufsprognose, Berufsgrundbildung im Kontext bisheriger Ausbildungsgänge. Die Wirtschaft hat ihre Forderungen in einem Katalog (Januar 1972) zusammengebunden, dort heißt es: „1. Ein Berufsgrundbildungsjahr muß sich mit den bundeseinheitlidien Ausbildungsordnungen in Einklang befinden. Ein kontinuierlicher Ubergang zur Fachbildung im 2. Ausbildungsjahr ist nur möglich, wenn diese auf einer einheitlichen Grundbildung aufbauen kann. Das gilt insbesondere für Ausbildungsordnungen im Rahmen einer Stufenausbildung, in denen Inhalt und zeitliche Reihenfolge der Ausbildungsabsdinitte nach methodischen und didaktischen Prinzipien genau festgelegt sind. 2. Die Abgrenzung der Berufsfelder darf nur nach fachlichen Gesichtspunkten erfolgen. Die Zielvorstellung von einer breiten Grundausbildung darf nicht zu einer kleinen Zahl von Berufsfeldern führen, die ebenfalls den Übergang zur anschließenden Fachausbildung erheblich erschweren würde. 3. Die Curricula für das Berufsgrundbildungsjahr müssen grundsätzlich berufsfeldbezogen sein. Die sogenannten allgemeinbildenden Lerninhalte müssen miteinander in Beziehung stehen und einen gemeinsamen berufsfeldspezifischen Mittelpunkt haben. 4. Das Bundesinstitut für Berufsbildungsforschung sollte die endgültige Abgrenzung der Berufsfelder und die curriculare Festlegung für das Berufsgrundbildungsjahr bevorzugt und vordringlich in Angriff nehmen. 5. Das Berufsgrundbildungsjahr muß grundsätzlich auch im dualen System zu realisieren sein. Das duale System — auch in der Form des Blockunterrichts — garantiert besonders den notwendigen Praxisbezug. Schulische Formen sollten zur Anwendung kommen, wenn sich deren Notwendigkeit aus der Struktur bestimmter Berufsfelder und einzelner Berufe ergibt. 6. Bei der Durchführung des Berufsgrundbildungsjahres im dualen System muß die pädagogische Verantwortung bei den Trägern der jeweiligen Ausbildungsstätten liegen.
275
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
7. Die Ausbildung der Lehr- und Ausbildungskräfte muß auf die besonderen Aufgaben einer so konzipierten Berufsgrundbildung ausgerichtet werden. Die Wirtschaft ist bereit, eigene Modelle für das Berufsgrundbildungsjahr in Zusammenarbeit mit der Schule zu entwickeln und unter den aufgezeigten Bedingungen zu erproben" 460 .
Tatbestand bleibt, daß trotz partiell inzwischen in Gang gebrachter Reformen „die Masse der jährlich den Sekundarbereich verlassenden Jugendlichen in den nächsten Jahren nach wie vor angewiesen (bleibt) auf die betriebliche Ausbildung (Lehre) als Grundlage ihrer Qualifizierung für eine Erwerbstätigkeit" 461 . Eine vergleichende Ubersicht über den Zeitraum zwischen 1955 und 1969 setzt diesen Tatbestand weithin ins Recht, die in diesem Zeitraum sichtbar gewordenen Veränderungen sind kaum signifikant. Nach der Statistik der Berufsberatung wählten von den beratenen Schulabgängern als Ausbildungsweg: männlich 1955 1969 ein Hochschulstudium den Besuch von Fachschulen
weiblich 1955 1969 6,5
10,8 7,4
und höheren Fachschulen
(i. v. H.)
24,5 28,3
12,2
eine betriebliche Ausbildung
80,2
72,7
47,4
54,4
eine betriebliche Einarbeitung oder die sofortige Arbeitsaufnahme
12,4
4,3
28,1
10,8
100,0
100,0
100,0
100,0
462
In der D D R ist eine Reihe der in der Bundesrepublik intendierten oder bislang nur partiell realisierten Reformen bereits durchgesetzt; so das Berufsgrundbildungsjahr, so die Reduzie460 [183, S . 134). Siehe audi Erklärung der Wirtschaft zu den „Forderungen des D G B zur beruflichen Bildung", hrsg. K u r a t o r i u m der deutschen Wirtschaft für Berufsbildung, Bonn, Sept. 1972. « 1 [287, S . 97 ff.]. 4«2 [287, S . 98]. 18 *
276
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
rung der Zahl der Ausbildungsberufe, so auch eine nahtlose Einbeziehung der Berufsausbildung in das Gesamt beruflicher Erwachsenenqualifizierung. Trotz der in einigen Betrieben in der Bundesrepublik eingeführten Stufenausbildung markiert der Lehrabschluß weithin noch immer eine Zäsur, bei der die berufliche Bildung abbricht und eine weitere Qualifizierung durch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen nicht unmittelbar anschließt. Aus den von uns eingesehenen Materialien läßt sich sehr allgemein ablesen, daß der Impuls zur Weiterbildung erst dann wieder einsetzt, wenn die Fragen der Existenzsicherung und Familiengründung gelöst sind, d. h. in der Regel nach dem 25. Lebensjahr. Es kommt hinzu, daß die Stufenausbildung in der Bundesrepublik nur bis zu einer Ebene unterer oder mittlerer Verantwortlichkeit qualifiziert (in der Regel Meisterebene), während in der D D R die von Betriebsakademien und Betriebsschulen verfolgte Erwachsenenqualifizierung, idealtypisch betrachtet, bis zur Ebene der wissenschaftlichen Kader (Diplomingenieure mit Hochschulausbildung) führt 4 6 3 . Trotz der von uns vorgebrachten einschränkenden Bemerkungen müssen doch die Verbesserungen in der Bundesrepublik einen erläuternden Zuspruch erfahren. Einmal soll die Stufenausbildung am Modell dargestellt werden, sodann muß auf die verstärkten Bemühungen um Berufsprognose und Berufsberatung aufmerksam gemacht werden, und schließlich müssen auch jene institutionellen Vorkehrungen bedacht werden, die entweder wissenschaftlich (Bundesinstitut f ü r Berufsbildungsforschung) oder praktisch (Berufsförderungszentrum Essen) auf die veränderten Bedingungen der Berufsstruktur zu reagieren versuchen. Hinsichtlich der Stufenausbildung gilt allgemein, daß mit ihr beabsichtigt wird, Aufstiegsvorgänge mobiler zu gestalten, von den statischen Ausbildungszeiten abzugehen und einen Aufstieg je nach nachgewiesenem Leistungsvermögen zu befördern. Der Einwand, der gegen ein sich solchermaßen differenzierendes Ausbildungsprogramm vorgebracht wird, besteht darin, d a ß man dem Stufenmodell die Absicht unterschiebt, es verfahre weniger nach dem individuellen Leistungsvermögen und mehr nach den 463 H . Siebert [250, S. 73 ff.], J . H . Knoll, H . Siebert [171, S. 128 ff.].
277
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
arbeitsstrukturellen E r f o r d e r n i s s e n des Betriebes. Ü b r i g e n s w i r d d e r Gesichtspunkt, die Qualifizierung m i t den P e r s p e k t i v p l ä n e n der Volkswirtschaft u n d den d a m i t v e r b u n d e n e n A r b e i t s p l a t z situationen z u v e r b i n d e n , in d e r D D R keineswegs in A b r e d e gestellt. D i e Qualifizierung k a n n die objektiven
Erfordernisse
der A r b e i t s p l a t z s t r u k t u r nicht einfach beiseiteschieben u n d m u ß versuchen, i m Sinne langfristiger B e r u f s p e r s p e k t i v e n
Überqua-
lifizierungen m i t einzukalkulieren. D a s nachfolgende
Stufen-
m o d e l l s t ü t z t sich a u f die D a r s t e l l u n g eines R a h m e n p l a n e s der Arbeitsstelle für betriebliche Berufsausbildung ( A B B ) ; die M o delle der F i r m e n K r u p p u n d D a i m l e r k ö n n e n hier nicht a u f gefächert w e r d e n , folgen aber d e m hier angesprochenen G r u n d prinzip : Für die 5 Schlosserberufe: Maschinenschlosser, Mechaniker, Feinmechaniker, Werkzeugmacher, Betriebsschlosser entwickelte die Arbeitsstelle für betriebliche Berufsausbildung ( A B B ) einen einheitlichen Stufenplan und faßte sie zu einem industrieschlosserisdien Grundberuf zusammen. D e r Auszubildende entscheidet sich zunächst für einen Ausbildungsberuf, der ihn in einem weiten Berufsfeld sowohl auf die anschließende Spezialisierung vorbereitet, als auch in diesem Erwerbsbereich einsatzfähig machen kann. Die Stufenausbildung für diesen schlosserischen Bereich sieht drei Stufen vor, wobei die ersten beiden Stufen (1. und 2. Ausbildungsjahr) weitgehend eine Einheit bilden. Die beiden ersten Jahre führen einheitlich zum Grundberuf Metallwerker. In dieser Zeit werden grundlegende Fertigkeiten und Kenntnisse für die Werkstoffbearbeitung von H a n d und mit der Maschine, sowie für den Zusammenbau von Einzelteilen zu Baugruppen, M a schinen und Geräten vermittelt. Das 1. Ausbildungsjahr schließt mit einer betriebsinternen Prüfung. Die zweite Stufe endet mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer und führt zum Beruf „Metallwerker". Die 1. und 2. Stufe bilden zusammen eine Grundstufe, die für eine große Zahl praktisch orientierter Arbeitsplätze ausreichen dürfte. Die bisherigen zweijährigen Anlernberufe sind im Vergleich zu dieser breit angelegten Grundstufe viel enger gefaßt. Der systematische Aufbau der Grundstufe führte dazu, daß die Qualifikation der neuen Stufenordnung nach 2 Jahren im Niveau zwischen den bisherigen Anlernberufen und den jetzigen 3V2jährigen Ausbildungsberufen liegt. Die 3. Stufe vermittelt in einer speziellen Fachausbildung das spezifische Können und Wissen des jeweiligen Berufs. Aufbauend auf den
278
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
Kenntnissen und Fertigkeiten des Metall werkers können in der 18monatigen Aufbaustufe vier verschiedene Fachberufe angestrebt werden: Maschinen- und Gerätemechaniker, Feinwerkmechaniker, Betriebsmittelmechaniker, Betriebsanlagenmechaniker. Die 3. Stufe wird mit einer Facharbeiterprüfung abgeschlossen. Das Kenntnis- und Fertigkeitsniveau ist nach 3V2jähriger Stufenausbildung erheblich höher als bei der traditionellen Ausbildung. Einige Elemente der Technikerausbildung werden bereits in der 3. Stufe vermittelt. In den genannten schlosserischen Bereichen wird erstmals mit Beginn des Ausbildungsjahres 1970/71 generell die gestufte Ausbildung praktiziert, nachdem die Versuche erfolgreich abgeschlossen wurden. In diesen Berufen werden gegenwärtig etwa 57 % aller Lehr- und Anlernlinge der Metall- und Elektroberufe ausgebildet 494 .
Es steht außer Frage, daß ein so differenziertes Modell nur dann sinnvoll zu realisieren ist, wenn es von „flankierenden Maßnahmen" begleitet wird. Konkret: Berufsberatung auf dem Hintergrund wissenschaftlich verifizierter Berufsprognose muß entsprechende Hilfestellung leisten. Die Berufsprognose ist — wie jede andere prognostische Teildisziplin der Gesellschaftswissenschaften — in der Bundesrepublik, auch in anderen industriell hochentwickelten Gesellschaften, zunächst von Außenseitern betrieben worden und mußte von daher der wissenschaftlichen Verläßlichkeit entraten. Der „Stern" hat mit einer freilich die Einzelaspekte überpointierenden Darstellung erstmals in einer breiteren Öffentlichkeit das Bewußtsein dafür geschärft, daß sich in Zukunft die Berufswahl auf futurologische Einsichten einzulassen habe. Es gäbe, so wurde in dieser Darstellung gemeint, sogenannte „absterbende", d. h. nichtzukunftsträchtige Berufe, und darüber hinaus sei eine sich auf breiter Grundbildung vollziehende Ausbildung erforderlich, um in einer Berufswelt mit erhöhter Mobilität über die Disponibilität zu verfügen, die Abstiegsprozesse zu einem Teil inhibiere. Durch das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. Juni 1969 wurde der Bundesanstalt für Arbeit dann der gesetzlidie Auftrag zuteil, Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu betreiben. In § 6, Abs. 1 und 2 wird dazu ausgeführt: „Die Bundesanstalt hat Umfang und Art der Beschäftigung sowie Lage und Entwicklung des 4M D . Bauer [20, S. 131],
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
279
Arbeitsmarktes, der Berufe und der beruflichen Bildungsmöglichkeiten im allgemeinen und in den einzelnen Wirtschaftszweigen und "Wirtschaftsgebieten, auch nach der sozialen Struktur, zu beobachten, zu untersuchen und für die Durchführung der Aufgaben der Bundesanstalt auszuwerten (Arbeitsmarktund Berufsforschung) "48S. Das 1967 bereits vor dieser Aufgabenzuweisung gegründete Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Erlangen, war zunächst in eine Bestandsaufnahme und eine Auswertung der zu diesem Aspekt der Berufsbildung vorliegenden Literatur eingetreten. Schon im Yorwege wissenschaftlicher Arbeitsmarkt- und Berufsforschung konnte festgestellt werden, daß eine große Anzahl öffentlicher und privater Institute berufsprognostische Vorarbeiten geleistet haben und sich auch in Zukunft auf diesem Forschungsfeld zu betätigen beabsichtigen466. Die organisatorische Verfassung des Instituts läßt das Ausmaß der Forschungsorientierung erkennen. So untersucht oder bearbeitet: Bereich Bereich Bereich Bereich Bereich Bereich Bereich
I II III IV V VI VII
mittel- und langfristige Vorausschätzungen, Konjunktur- und Regionalprobleme, Berufssoziologie und empirische Sozialforschung, Berufsforschung technologische und betriebswirtschaftliche Fragen, Grundsatzfragen der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Aufgaben der Information und Dokumentation.
Bereits 1970 waren für diese Tätigkeitsbereiche über 100 Mitarbeiter vorgesehen. In der Zwischenzeit ist eine Reihe wichtiger Materialien erschienen, die unsere Berufsprognosen verläßlicher machen können. Einmal verweisen wir auf den grundsätzlichen Beitrag des Institutsleiters Dieter Mertens über „Berufsprognosen, Relativierung und Modifikationen" 497 , sodann auf die Stu485 Zit. nadi Materialien aus der A r b e i t s m a r k t - und Berufsforschung. D i e Arbeitsm a r k t - und Berufsforsdiung in der Bundesanstalt f ü r Arbeit, N r . 1, 1970. J e t z t s. a u d i : Forsdiungsdokumentation z u r A r b e i t s m a r k t - und Berufsforschung, hrsg. Institut f ü r Arbeitsmarkt- und Berufsforsdiung der Bundesanstalt f ü r Arbeit, N ü r n b e r g 19722. 46« Ebd., S. 5. D . Mertens, „Berufsprognosen": Relativierung und Modifikationen. I n : Institut f ü r A r b e i t s m a r k t - und Berufsforsdiung, Erlangen, Mitteilungen N r . 6, Februar 1969, d o r t audi Bibliographie.
280
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
die zur Frage globaler Berufsprognosen 468 und sodann auf Einzeldarstellungen verschiedener Berufe oder Berufsgruppen und deren künftige quantitative und inhaltliche Entwicklung 469 . Wie sich die künftige Berufs- und Arbeitsmarktsituation in prognostischer Sicht darstellt, sei an einem Aufsatz verdeutlicht, der die Entwicklung zwischen 1964 und 1974 beschreibt. Allerdings muß im vorhinein darauf hingewiesen werden, daß dieser Beitrag aus dem Jahre 1969 stammt und zufolge neuerer prognostischer Erfahrungen und instrumenteller Entwicklungen einer Korrektur wohl bedürfte. Es heißt dort: „Die durchschnittliche Qualifikation der Erwerbstätigen — ausgedrückt in der Art des Sdiulabschlusses — wird im Jahr 1974 höher sein als im Vergleichsjahr 1964. Unter den Neuzugängen zum Erwerbsleben im Zehnjahreszeitraum 1964 bis 1974 werden nämlich die Absolventen von Hochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Ingenieur- und Technikerschulen sowie Berufsfach- und Fachschulen mehr als dreimal so stark vertreten sein wie im Erwerbstätigenbestand des Jahres 1964. Dagegen ist der Anteil von Berufsschulabsolventen an der Zahl der Neuzugänge zum Erwerbsleben um etwa 9 °/o geringer als der entsprechende Anteil am ,Restbestand' der Erwerbstätigen des Jahres 1964, und der Prozentsatz der Personen ohne Ausbildung liegt bei den Neuzugängen ebenfalls um etwa 6 °/o niedriger als beim ,Restbestand' von 1964. Daraus folgt, daß der Anteil der Absolventen von Pädagogischen Hochschulen an der Erwerbstätigenzahl von 0,8 °/o im Jahr 1964 auf 1,9 °/o im Jahr 1974 ansteigt, der Prozentsatz der Absolventen von Universitäten und Hochschulen sich von 2,2 auf 2,8 °/o erhöht, die Zahl der Techniker und Ingenieure von 0,7 auf 1,3 °/o wächst und der Anteil der Erwerbstätigen, die Berufsfach- und Fachschulen besuchten, von 5,0 auf 7,3 °/o zunimmt. Dagegen stehen im Jahre 1974 etwa gleich viele Absolventen von Berufsschulen und 5 °/o weniger Personen ohne Ausbildung im Erwerbsleben als im Jahre 1964 (s. Schaubild). 468 Institut f ü r Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Erlangen. Globale Berufsprognosen sind f ü r die Beratung wertlos! — Warum?, Erlangen, 18. 6. 71. Als Ms. 469 Materialien aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, N r . 2, 1970; Berufe in Zahlen, N r . 3, 1970: Berufs- und Wirtschaftszweig, N r . 4, 1970; Die Streuung von Berufen über Wirtschaftszweige, N r . 7, 1970; Zur Beschäftigungsentwicklung in einzelnen Berufen, N r . 9, 1970; Kritischer Überblick über Methoden der Akademikerprognose in Deutschland.
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
281
Ausbildungsstruktur der Erwerbstätigen 1964 und 1974 Bundesgebiet
vH 60 50 1964
40
1974
30
20 10 0
.'
fy
.
rWi
"21 M ET I I — Universitäten u. HochIV = Berufsfach- u. Fachschulen schulen V = Berufsschulen u. prakt. II = Pädagogische Hochschulen Ausbildung III = Techniker- u. IngenieurVI = ohne Ausbildung schulen Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. Bis zum Jahre 1974 werden sich also die Anteile der Absolventen der vier höchsten Bildungsstufen an der Gesamtzahl der Erwerbstätigen erhöhen, teilweise sogar mehr als verdoppeln, aber diese Tatsache darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich diese Veränderung von einem sehr niedrigen Anteilsniveau her einstellen wird. Die Absolventen von Pädagogischen Hochschulen, Universitäten und Techniker- und Ingenieurschulen werden auch im Jahre 1974 noch nicht mehr als 6 °/o aller Erwerbstätigen stellen; hinzu kommen 7,3 °/o Absolventen von Berufsfach- und Fachschulen. Von den übrigen Erwerbstätigen (86,7 °/o) werden 58 °/o eine Berufsschul- und Lehr- oder Anlernausbildung erhalten, doch auch im Jahr 1974 bleiben nach rund 3 0 % der Erwerbstätigen ohne berufliche Ausbildung. Gemessen an der Anzahl von Ausbildungsjahren werden die Erwerbstätigen der Bundesrepublik auch in den kommenden Jahren schlechter qualifiziert sein als die vergleichbarer Industrienationen. Die Verbesserungen, die sich für die Zukunft abzeichnen, werden keineswegs ausreichen, den qualitativen Stand der westdeutschen Arbeitskräfte derart zu heben, daß sie auch nur das heutige Ausbildungsniveau etwa Frankreichs und Großbritanniens oder gar der USA erreichen. Hierzu muß man sich vor Augen halten, daß nach einer
282
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
amerikanischen Untersuchung Anfang der sechziger Jahre die deutschen Erwerbstätigen durchschnittlich 8,3 Jahre eine Vollzeitschule besuchten, wogegen die Franzosen bereits 9,1 Jahre, die Briten 9,2 Jahre und die Amerikaner sogar 11,1 Jahre der Ausbildung an Vollzeitschulen widmeten, bevor sie ins Erwerbsleben eintraten" 470 .
Die Erwachsenenbildung in der Wirtschaft oder die berufliche Erwachsenenbildung insgesamt dürfte voraussichtlich durch das Bundesinstitut f ü r Berufsbildungsforschung eine stärkere Systematisierung erfahren. Wenn auch durch die genannten gesetzlichen Regelungen zur Ausbildung und Mobilität (Arbeitsförderungsgesetz und Berufsbildungsgesetz) und auch durch die Empfehlungen von Bildungsrat und Bund-Länder-Kommission die berufliche Bildung in der Erwachsenenbildung bewußt integriert wurde, so werden sich einzelne Verfahrensweisen beruflicher Bildung erst dann verläßlich angeben lassen, wenn sie durch wissenschaftliche Expertisen abgesichert sind. Das Bundesinstitut f ü r Berufsbildungsforschung ist durch Gesetz in diese Pflicht genommen. Das inzwischen vorgelegte Forschungsprogramm des Bundesinstituts 471 folgt dem gesetzlichen Auftrag, der dem Bundesinstitut f ü r Berufsbildungsforschung vom Berufsbildungsgesetz (§ 60 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 in der Fassung vom 12. März 1971) erteilt wurde 472 . Freilich ist noch nicht abzusehen, in welchem Umfange die Forschungsprojekte auch als Entscheidungshilfe f ü r die weitere Entwicklung des intendierten Bildungsbereichs „Weiterbildung" verwendet werden. In der Hauptabteilung „Erwachsenenbildungsforschung des Bundesinstituts f ü r Berufsbildungsforschung" ist f ü r 1971/72 ein Forschungsprogramm vorgestellt worden, das einmal die Kenntnis beruflicher Erwachsenenbildung verstärken dürfte und sodann auch durch die Bearbeitung spezieller, bislang mehr im praktischen Vollzug bewältigter Probleme — wie Umschulung — einer wissenschaftlichen Bestimmung zugeführt werden. Das Bundesinstitut wird allerdings zufolge des immer dringender werdenden Kooperationsgebots 470 U . Peitz: D i e voraussichtliche Ausbildungsstruktur der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik im J a h r e 1974. I n : Mitteilungen, H . 2, 1969, S. 98 ff. 471 Mitteilungen des Bundesinstituts f ü r Berufsbildungsforschung, H . 2, Berlin 1971. 472 Ebd., S. 3.
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
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mit den in diesen Fragen engagierten Instituten in eine Absprache eintreten, die Parallelarbeiten in gleichen Fragestellungen ausschließen. Solchermaßen ist das Bundesinstitut auf das Erlanger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung verwiesen, auch auf das Institut für Bildungsforschung in der Max-PlanckGesellschaft und auf die wissenschaftlichen Einrichtungen der Sozialpartner. Aus dem für unseren Zusammenhang bedeutsamen Forschungsprogramm nennen wir die folgenden Themen, ohne freilich gegenwärtig prüfen zu können, inwieweit diese Arbeiten inzwischen abgeschlossen oder umorientiert wurden: Konzeptionelle Vorstellungen und rechtliche Grundlagen der beruflichen Erwachsenenbildung, Einrichtungen der beruflichen Erwachsenenbildung, Lehrverfahren in der beruflichen Erwachsenenbildung, Umschulung von Arbeitskräften, Ausbildungsordnungen für Erwachsenenberufe, Ausbildung von Meistern, Technikern und Datenverarbeitungspersonal 473 . Bereits an dem vom Bundesinstitut vorgelegten Forschungskatalog wird ersichtlich, daß die berufliche Erwachsenenbildung ihre Tätigkeitsfelder ausweiten muß, und das in dem Maße, wie sich die Struktur der Berufe, der Betriebe verändert, wie die vertikale Mobilität zu einer quasi folgerichtigen Begleiterscheinung neuer technologischer Prozesse wird. Viele der hier anstehenden pädagogischen Probleme berufsbegleitender Erwachsenenbildung können auch von Trägern der Erwachsenenbildung außerhalb der Wirtschaft einer Lösung zugeführt werden. Wir haben bereits in anderem Zusammenhang auf die starke Berufsbildungsorientierung nahezu aller Einrichtungen der Erwachsenenbildung abgehoben und in besonderer Weise die Bemühungen der Volkshochschulen kenntlich gemacht, durch eine Veränderung der Veranstaltungsprogramme zu einer stärkeren Konver473
Brief des Bundesinstituts f ü r Berufsbildungsforschung vom 21. 10. 1971 betreffend Berufliche Erwachsenenbildungsforschung. Z u Aufgabe und Arbeitsweise s. jetzt auch T . Kemp, Erwachsenenbildungsforschung im Rahmen des Bundesinstituts f ü r Berufsbildungsforsdiung, i n : ZfBerufsbildungsforsdiung, 2/1972, S. 1 f. und H . Göring, Berufliche Bildung, Das Bundesinstitut f ü r Berufsbildungsforsdiung, in: Der Arbeitgeber, 19/1972, S. 751 ff.; Zu einem speziellen Aspekt A. Gummersbach, Lehrmethoden und Medien in der praktischen E r p r o bung der beruflichen Erwachsenenbildung, i n : ZfBerufsbildungsforsdiung, 2/1972, S. 24 ff.
284
4. Einrichtungen u n d der W a n d e l des Selbstverständnisses
genz von beruflicher und allgemeiner Bildung anzuleiten4™. Die Gewerkschaften haben auf der Grundlage von Motivuntersuchungen dem Bedürfnis nach vermehrt beruflich orientierter Bildung ebenfalls entsprochen, und auch die konfessionelle Erwachsenenbildung versucht hier einen ihr gemäßen Ort zu finden475. Nun muß allerdings bei solchen Maßnahmen unterschieden werden, ob es sich um eine solche mehr allgemeiner beruflicher Orientierung handelt, oder betriebliche und produktionstechnische Besonderheiten vorliegen, die eine betriebsorientierte oder gar arbeitsplatzorientierte Weiterbildung zwingend machen. Eine Reihe der sich durch Strukturveränderungen ergebenden Weiterbildungsmaßnahmen ist von den genannten Trägern deshalb nicht zu leisten, weil ihnen etwa im Hinblick auf Umschulung die erforderliche apparative Ausstattung fehlt. Wir haben im Zusammenhang mit Überlegungen für ein Bildungszentrum deutlich gemacht476, welche Formen beruflicher Bildung außerhalb der Betriebe durchgeführt werden können; es geht dabei vor allem um solche Tätigkeiten, die im weitesten Sinn in den tertiären Sektor fallen. Die berufliche Erwachsenenbildung, in der Form von Umschulung und z. T. Höherqualifizierung, hat in der Bundesrepublik — sehen wir von der Sondereinrichtung des Rehabilitationszentrums in Heidelberg ab — im Berufsförderungszentrum Essen eine personell und vor allem apparativ leistungsfähige Modelleinrichtung gefunden. Der ursprüngliche Gedanke, mit Mitteln der Umschulung in die Strukturkrise im Ruhrgebiet einzugreifen, ist zwischenzeitlich in den Hintergrund getreten, da Umschulungsprogramme durch die Veränderung der Wirtschaftsstruktur insgesamt konditioniert werden und nicht mehr nur an momentane Krisenerscheinungen gebunden sind. Das Berufsförderungszentrum Essen ist eine Gemeinschaftsgründung des Bundes, des Landes Nordrhein-Westfalen, der 474 B e r u f s b i l d u n g und Volkshochschule. I n : V H S im Westen, 4, 1971. 475 H . B o l e w s k i [40, S . 188 ff.]. Ferner weisen wir hin auf die I n f o r m a t i o n s broschüre des Christlichen J u g e n d d o r f w e r k e s Deutschland „ D a s B e r u f s v o r b e r e i t u n g s j a h r " und den „Abschlußbericht über den zweiten B e r u f s f ö r d e r u n g s l e h r g a n g " d e r B e r u f s b e r a t u n g des A r b e i t s a m t e s Essen im J u g e n d d o r f Zehnthof des Christlichen J u g e n d d o r f w e r k e s Deutschland e. V . 476 J . H . K n o l l [170].
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
285
Stadt Essen, der Industrie- und Handelskammer Essen, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Bistums Essen und der evangelischen Kirche Essen. Das Zentrum wurde in den funktional gestalteten Räumen am 1 5 . 1 2 . 1 9 7 0 eröffnet und soll satzungsgemäß „450 Erwachsene durch eine Vollausbildung in zukunftsorientierte Berufe umschulen" 477 . Die Umschulungen dauern 16 Monate und werden mit einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer abgeschlossen. Es mag bedauert werden, daß die Lehrer des Zentrums die Prüfungen nicht in eigener Verantwortlichkeit durchführen können. Das Programm erfaßt folgende Berufe, auf die hin umgeschult wird: Industriekaufmann, Datenverarbeitungskaufmann, Elektroniker-Berufe, Meß- und Regelmechaniker, fernwerktechnische und maschinenbautechnische Berufe. Gleichzeitig wird eine Ausund Fortbildung der Ausbilder vorgesehen. Auf einige Besonderheiten und Auffälligkeiten sei stichwortartig hingewiesen. Es stehen 224 Internatszimmer zur Verfügung, die Förderung erfolgt nach den Bestimmungen des A F G , so daß auch während der Umschulungszeit eine zureichende Finanzierung der Kursanten gewährleistet ist, außerdem wird versucht, der Erwachsenengemäßheit im Lehr- und Lernvollzug zu entsprechen, und schließlich bietet das Zentrum auch die Möglichkeit, Forschungsarbeiten im Rahmen beruflicher Erwachsenenbildung durchzuführen. Hier hat die pädagogische Leitung des Zentrums schon einige Vorarbeiten eingeleitet; derzeit wird eine Sozialanamnese erstellt, aus der sich die soziale Zusammensetzung der Kursanten ablesen läßt. Neben Arbeitern, die durch die Umschulung eine Neigungskorrektur vornehmen, gibt es Strukturgeschädigte (wie Landwirte, Friseure, Schuhmacher, Bergarbeiter) und Ungelernte, die mit der Umschulung eine breitere Existenzsicherung anstreben. Diese Hinweise wollen wir dadurch abrunden, daß wir zwei Zusammenstellungen über die altersmäßige Struktur und die Belegungen der Umschulberufe folgen lassen. Es ist da477 Berufsförderungszentrum Essen: D i e moderne Berufsausbildungsstätte für E r wachsene. Essen o. J . ; Berufsförderungszentrum Essen. Informationen. Essen 1971; [33J; Berufsförderungszentrum Essen. I n : V H S im Westen, 4, 1971, S . 159.
286
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
bei davon auszugehen, daß zum Zeitpunkt der statistischen Erhebung das Zentrum mit 443 Teilnehmern belegt war. 1. Altersgliederung 18—20 21—25 26—30 31—35 36—40 41—45 46—50
Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre
30 137 130 88 38 17 3
Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer
Industriekaufmann Datenverarbeitungskaufmann Elektromedi./Elektroniker Meß- u. Regelmechaniker Feinmechaniker Werkzeugmacher Automateneinrichter
85 77 148 76 33 18 6
Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer Teilnehmer
davon: mit Berufsausbildung ohne Berufsausbildung
217 Teilnehmer 226 Teilnehmer
6,8 °/o 30,9 % 29,3 °/o 19,9 °/o 8,6 °/o 3,8 °/o 0,7 %
= = = = = = =
2. Belegungsübersicht
davon: Selbständige
8 Teilnehmer
= = =
= = •
= =
=
19,2 % 17,4 °/o 33,4 °/o 17,1 °/o 7,4 % 4,1 °/o 1,4 % 49,0 °/o 51,0 °/o 1,8 °/o4™
Freilich lassen sich abschließende Bemerkungen über die praktizierten Methoden in dieser Form beruflicher Erwachsenenbildung noch nicht vortragen; die Einrichtung ist von allen Förderern als eine Modelleinrichtung bezeichnet worden, was die Chance einschließen sollte, verschiedene Wege zu erkunden. N u r dürfte zu vermuten sein — und einige Hinweise des pädagogischen Leiters des Zentrums sprechen dafür —, daß durdi 478 Berufsförderungszentrum Essen: Jahresstatistik 1971. Als Ms.; s. auch Arbeit und Beruf, Berufliche Weiterbildung in N R W , H . 1, Düsseldorf 1971.
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
287
die rapide Umstrukturierung ganzer Wirtschaftsbereiche der Bedarf an Umschulungsplätzen so wachsen wird, daß langfristig anzulegende Forschungsvorhaben zugunsten aktueller Arbeitsmarktprobleme in den Hintergrund rangiert werden müssen. Aus einer Ubersicht des Statistischen Landesamtes von Nordrhein-Westfalen sind die Berufsveränderungen in dieser Region im Zeitraum zwischen 1960 und 1970 signifikant abzulesen. Gemessen an der Beschäftigtenzahl zeigen sich auffällige Verringerungen insbesondere im Bereich Stahlerzeugung, Bergbau und Textilindustrie, während positive Entwicklungen in der chemischen Industrie und in der feinmechanischen Industrie festzustellen sind. Die Beschäftigten in der Industrie Nordrhein-Westfalens: Industriegruppen (zusammengefaßt)
1960
1970
Veränderung in v. H . —
Stahlerzeugung, Walzwerke, Stahlbau
535 044
492 661
Maschinen-, Apparate u. Fahrzeugbau
374 886
464 165
Eisen-, Bledi- u. Metallwarenindustrie
283 022
282 349
—
0,2
Kohlenbergbau
461 404
244 914
—
46,9
Chemische Industrie
199 332
250 020
Elektrotechnische und Feinmechanische Industrie
185 122
222 692
+
20,3
—
31,3
—
3,4
—
0,8m
Textilindustrie
223 644
154 188
Nahrungs- und Genußmittelindustrie
136 816
132 198
Bekleidungsindustrie
107 546
106 748
+
+
7,9 23,8
25,4
Über die anstehenden akuten Probleme beruflicher Erwachsenenbildung informiert übrigens eindringlich die vom Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NordrheinWestfalen herausgegebene Publikation „Berufliche Weiterbildung in Nordrhein-Westfalen". Aus ihr sind auch die nach«9
Arbeit und Beruf, Berufliche Weiterbildung, a. a. O . , S. 32 ff.
288
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
folgenden Daten über die zahlenmäßige Bilanz beruflicher E r wachsenenbildung einzelner Trägereinrichtungen entnommen. 1. Lehrgangsteilnehmer und Lehrgänge des Berufsfortbildungswerkes des Deutschen Gewerkschaftsbundes GmbH Kurse/Klassen 1967 1968 738
707
1969
1967
680
Teilnehmer 1968 1969
16 966 16 313 15 536
2. Lehrgangsteilnehmer und Lehrgänge der Deutschen AngestelltenGewerkschaft NordrheinWestfalen
1970
Lehrgänge 1969 1968
1 070
1 029
1967
1966
903
867
1967
1966
1 001
Teilnehmer 1970
1969
1968
25 426 23 397 21 153 19 809 20 365 3. Berufliche Fort- und Weiterbildung im Handwerk — Lehrgangsteilnehmer 1969 — Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung — Prakt. und fachtheoretischer Hauptteil
9 897
Berufserz. Hauptteil, auch Lehrmeisterkurse
7 612
Geschäfts- und reditskundlicher Hauptteil Fachtechnische Lehrgänge
7 805 18 596
Betriebswirtsch. Lehrgänge
2 294
Sonstige Lehrgänge
3 532
Lehrgänge insgesamt
49 736
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
289
4. Berufliche Fort- und Weiterbildung im Handwerk — Lehrgänge 1969 — Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung Prakt. und fachtheoretischer Hauptteil
432
Berufserz. Hauptteil, auch Lehrmeisterkurse
303
Geschäfts- und reditskundlicher Hauptteil
292
Fachtechnische Lehrgänge
890
Betriebswirtsch. Lehrgänge Sonstige Lehrgänge Lehrgänge insgesamt
85 146 2 148
Wir lassen im Sinne einer Zustandsschilderung noch eine Zusammenstellung aus einem Bericht des Deutschen Industrieund Handelstages über die im Berichtsjahr 1971 durchgeführten Maßnahmen zur Fortbildung der Erwachsenen folgen: „Lehrgänge und Prüfungen für einige besondere Gebiete der Erwachsenenfortbildung führen die Kammern seit vielen Jahren, teilweise sogar seit Jahrzehnten, durch. Für 1970 ergibt sich noch ein Zahlenbild im Rahmen der Vorjahre, in denen die finanzielle Förderung noch nicht umfassend gesetzlich geregelt war. Danach führten 56 Industrie- und Handelskammern Lehrgänge und Prüfungen für Industriemeister durch (3944 Teilnehmer), 15 Kammern ähnliche Maßnahmen für Fachmeister verschiedener Art (z. B. für Blumenbinder-, Servier-, Küchen-, Kraftwerksmeister, 435 Teilnehmer). 20 Kammern befassen sich mit Ausbildungsmeister-Prüfungen nach § 77 BBiG oder Lehrmeisterprüfungen (852 Teilnehmer). 49 Kammern führten Bilanzbudihalter-Lehrgänge und -Prüfungen durch (1587 Teilnehmer). Dagegen boten nur 14 Kammern Sekretärinnenprüfungen an (344 Teilnehmerinnen). Auf diesem Gebiet ist das Angebot privater Lehrgänge bei herabgesetzem Zulassungsalter groß, und es scheint die Vorstellung zu herrschen, die Kammerprüfungen stellten zu hohe Ansprüche. Bei 73 Kammern wurden für 12 600 Teilnehmerinnen Prüfungen in Kurzschrift und Maschinenschreiben durchgeführt, bei 10 Kammern für 1747 Teilnehmer fremdsprachliche Prüfungen. Zunehmend treten neue Modelle hinzu, z. B. der Handelsfachwirt, der Versicherungsfachwirt, Spezialprüfungen für Berufe der Datenverarbeitung. Der D I H T bemühte sich auch hier um Vergleichbarkeit der Modelle". Wir haben hier eine Zustandsschilderung gegeben, ohne auf die mit beruflicher Erwachsenenbildung verbundene Bildungsidee einzugehen. D a hierzu eine breite, vielfach die Eindeutigkeit 19 Knoll, Erwachsenenbildung
290
4. Einrichtungen und der Wandel des Selbstverständnisses
allerdings verstellende Literatur vorliegt, verweisen wir auf Bemerkungen, die wir im Zusammenhang von Arbeiterbildung kurz vorgetragen haben. Wir haben hier auch nicht von der innerbetrieblichen Erwachsenenbildung gehandelt, über die Fritz Arlt aus der Sicht der Wirtschaft verschiedentlich berichtet hat480. In den Zeitschriften „Der Arbeitgeber" 481 und „Contact" 482 (Mitte 1973 eingestellt) sind Beispiele und Äußerungen zur innerbetrieblich organisierten beruflichen Erwachsenenbildung vorgeführt worden, wobei wiederholt die Befürchtung einer Pädagogisierung der Betriebe angesprochen und die Konkretheit von Maßnahmen erkennbar wurde. Nahezu alle Großbetriebe verfügen über ein breit angelegtes System beruflicher Erwachsenenbildung, die allerdings vielfach nur auf produktionsbedingte Erfordernisse reagiert. Das allgemeinbildende und gesellschaftspolitische Orientierungsprogramm fällt demgegenüber zurück; die in der D D R praktizierte Verbindung von A- (beruflicher) und C- (allgemeinbildender und gesellschaftspolitischer) Qualifizierung scheint in der Bundesrepublik einen oft nur rhetorischen Zuspruch zu erfahren. Mit den hier vorgelegten Skizzen über einige Formen praktischer Erwachsenenbildung sind die Aktivitäten noch keineswegs erfaßt. Wäre Vollständigkeit angestrebt, so müßten noch weitere Beispiele von beruflicher Erwachsenenbildung zusammengetragen werden. Ich verweise auf die berufliche Qualifizierung in der Bundeswehr und auf die dort ab Ende 1973 beabsichtigte akademische Sonderqualifizierung. Ich nenne die vielfältigen, auch zumeist berufsorientierten Programme des Christlichen Jugenddorfwerkes 484 , die sich vorrangig an Heranwachsende 480 F. Arlt, Erwachsenenbildung der Wirtschaft. I n : J . Münch Berufsbildung Erwachsener, a. a. O . , S. 37 ff.; ders. [15]. 481 Siehe dazu Der Arbeitgeber, H . 20, 22. O k t o b e r 1971, S. 209. 482 Siehe dazu Contact, H . 2, 1971, H . 3, 1968, H . 4, 1969. Ferner Bericht 1971, Deutsdier Industrie- und Handelstag, Bonn 1971, S. 120 ff. 483 Berufsförderung der Bundeswehr. I n : Wirtschaft und Berufserziehung, N o v e m b e r 1971, S. 322. Die Bundeswehrfadischule, Informationsschrift des Bundesministers der Verteidigung, Bonn, 1. 1. 1971; B. Fleckenstein [93]. 484 Christliches J u g e n d d o r f w e r k Deutschlands. I n : Wirtschaft und Berufserziehung, N o v e m b e r 1971, S. 341. An dieser Stelle w i r d nur ein Überblick über die vielfältigen Aktivitäten der beruflichen Fort- und Weiterbildung gegeben. Es kann an dieser Stelle nicht des näheren darauf eingegangen werden.
4.7 Erwachsenenbildung in der Wirtschaft
291
wenden. Ebenso wäre das Bemühen der politischen Parteien um Erwachsenenbildung näher zu kennzeichnen. Einmal kommt von ihnen ein programmatisch verfaßtes Bekenntnis zur Erwachsenenbildung 485 , dann aber auch ein praktischer Einsatz im Felde der politischen Bildung Erwachsener in den Akademien (Naumann-Stiftung, Ebert-Stiftung, Adenauer-Stiftung, Seidel-Stiftung). In diesen Zusammenhang politischer Bildung wären dann auch das publizistische Wirken und die Tagungsprogramme der Bundeszentrale für Politische Bildung zu rücken 486 . Wenn die Grenzziehung von Erwachsenenbildung extensiv vorgenommen wird, wäre auch Qualifizierung durch den Zweiten Bildungsweg — schulischer und beruflicher Ausprägung — zu berücksichtigen. Indes selbst diese abschließenden Hinweise haben nur einen ausschnitthaften Charakter. In einem letzten Zugang zu unserem Thema sollen noch einige Bemerkungen über das Lernen mit Erwachsenen und den Einsatz moderner Unterrichtstechnologien angefügt werden; hier wird dann auch der Fernunterricht für Erwachsene, zumindest hinsichtlich seiner Absichten und Lerneffizienz, angesprochen werden.
485 Ohne im einzelnen auf die Fundstellen in den Parteiprogrammen einzugehen, kann davon ausgegangen werden, daß alle politischen Gruppierungen die E r wachsenenbildung in ihre Programme einbeziehen. 486 Siehe Hausmitteilungen, 2, 1972, der Bundeszentrale für politische Bildung, betr. Mitarbeiterfortbildung in der außerschulischen politischen Bildung. Einen Überblick vermittelt H . Neubedc [215], s. auch Stichwort Bundeszentrale für politische Bildung. I n : Pädagogisches L e x i k o n . Gütersloh 1970, B d . 1, S p . 450 ff. Darüber hinaus Hausmitteilungen 4/1972 der Bundeszentrale für politische B i l dung, h i e r : eine entwicklungsgeschichtliche Darstellung der Bundeszentrale innerhalb der letzten 20 J a h r e . Dazu auch »Im Dienste der politischen Bildung, J u b i l ä u m der Bundeszentrale, ihre Geschichte und zukünftige Entwicklung", in: Das P a r l a m e n t , 2. 12. 1972. 19
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen mit Erwachsenen und moderne Unterriditstechnologie Es muß bereits im Vorwege und um unangemessene Erwartungshaltungen zu inhibieren, gesagt werden, daß die hier gegebenen Hinweise einen nur marginalen Charakter haben können und durch den Verweis auf die beigefügte Literatur zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Fragenkreis anregen wollen. Wir sagen das nicht nur im Sinne einer die Kritik abdrängenden Abschirmung, sondern auch deshalb, weil der gegenwärtige Forschungsstand verläßliche Eindeutigkeit nicht gestattet. Es mag einigermaßen verwundern, daß die Psychologie sich der altersspezifischen Dimension des Lernens bislang nur unzureichend angenommen und ihr Interesse vorrangig auf das Lernverhalten von Kindern und Jugendlichen eingegrenzt hat. Zwar wird in Publikationen wiederholt darauf abgehoben, daß das Schrifttum zum Lernen Erwachsener in den letzten Jahren erkennbar zugenommen habe487; es kann auch belegend darauf hingewiesen werden, daß sich in der Bundesrepublik zumal Thomae und Mitarbeiter488 der psychologischen Erforschung Erwachsener angenommen haben, aber die dabei zustande gekommenen Einsichten sind doch nicht mit jener Prägnanz ausgestattet, die es erlauben würde, darauf eine verläßliche Methodik und Didaktik zu gründen. In der praktischen Erwachsenenbildung wird in der Regel auf der Grundlage eines 487 H . Tietgens u. a. [293], H . Tietgens, J . Weinberg [295], s. ferner J . Vontobel [301]. Grundsätzlich auch für unseren Zusammenhang H . R o t h [240], H . S k o w r o n e k [258]. Einen ersten Bericht über das bereits erwähnte Forschungsvorhaben von H . Siebert und Mitarbeitern s. in: Lehr- und Lernverhalten in der Erwachsenenbildung, Forschungsprojekt, L L 1, H a n n o v e r 1973. 468 Arbeitsgruppe Alternsforsdiung B o n n : Altern — psychologisch gesehen. M i t einem V o r w o r t von H . T h o m a e . Braunschweig 1971. Wir verweisen vor allem a u f die Publikationen von U . Lehr [188, S . 275—378], D i e Frau im Beruf. E i n e psydiologisdie Analyse der weiblichen Berufsrolle. F r a n k f u r t 1969; Zur Psychologie des Alterns — Stereotypien und Ergebnisse. Vortrag gehalten auf dem 4. K o n g r e ß der D t . Ges. G e r o n t o l . , Nürnberg 1970; U . Lehr, R . Sdimitz-Sdierzer, Psychologische Störfaktoren des modernen Arbeitslebens im mittleren und höheren Lebensalter. 1969, S . 183—194; U . Lehr, H . Thomae [189],
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
293
in der Praxis erprobten Know-how verfahren; das gilt übrigens auch zugegebenermaßen für die Verwendung multimedialer Lernhilfen. Aber unsere Hoffnungen in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung gründen sich auf Forschungsarbeiten, wie sie derzeit an der Pädagogischen Hochschule Niedersachsen, Abteilung Hannover, eingeleitet werden. Erste Anstöße einer Psychologie des Erwachsenenalters konnten aus der Lebenslaufpsychologie Charlotte Bühlers hergeleitet werden 489 . Sie hat in ihrem Forschungszusammenhang auf die Funktion der Kontinuität aufmerksam gemacht490 und solchermaßen die Abhebung pädagogischer von andragogischen Vorgehensweisen eingeschränkt. Im Verfolg der Lebenslaufpsychologie sind dann Fragestellungen provoziert worden, die die besonderen Qualitäten, Ansprüche, Lernkonditionen und Lerneinstellungen Erwachsener betreffen. Von daher ergab sich eine Perspektive der Betrachtung, die das Erwachsenenalter einer vierfachen Klassifikation zuordnete: „Erwachsensein als dynamische Bestimmung Erwachsensein als Kultur Erwachsensein und Selbständigkeit Erwachsensein als Lernen und Reifen" 491 . Wir gehen in Übereinstimmung mit dem Holländer Herman Andriessen davon aus, daß sich diese Klassifikation als Aufgaben- und Verständnishorizont des Erwachsenenalters eignet. Von daher legt sich nun die Frage nahe, wie denn solche Bestimmung des Erwachsenseins realisiert werden kann. Unabhängig von den Konstituanten des Lernens von Erwachsenen — über die einiges später noch vorzutragen sein wird — sind sich die für uns maßgeblichen Autoren darüber einig, daß vorrangig die Frage nach dem „Was", also die Frage der Inhalte zu prüfen sei. Im Zusammenhang frühkindlicher Sozialisation ist diese Betrachtungsweise besonders aktuell geworden, und eine Reihe jüngster Publikationen 492 rangiert denn auch diesen Teilaspekt 489 H . Andriessen [4J. 4»» [4. S. 7], « 1 [4. S. 36], 482 Reihe Klett, E x t r a f ü r Eltern, S t u t t g a r t 1972, u. a . : K . Dietridi, Intelligenz läßt sidi lernen; A . Pordier, Vorsdiule zu Hause, K . Vortiscfa, Vorschulkinder erleben ihre U m w e l t ; T h . M . Z o t t m a n n , D i e ersten fünf J a h r e ; K . Dietrich und H . Schleifer, So werden Kinder schulreif; E. Sommer, D i k t a t : N o t e 6. Siehe dazu unsere Rezension. I n : Die Welt des Buches, N r . 160, 13. 7. 1972.
294
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
der Vorschulerziehung in den Mittelpunkt. Ausgehend von der interdependenten Komplexität unserer pluralistisch verfaßten und sich auch solchermaßen darstellenden und funktionierenden Gesellschaft müssen heute auch dem Erwachsenen Hilfen angeboten werden, die ihm eine Bemächtigung der gesellschaftlichen Bezüge ermöglichen. Hinsichtlich der didaktischen Komposition von Erwachsenenbildung hat sich die praktische Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik von ihrem traditionalen Verständnis von Allgemeinbildung, das zweckrationalen Betrachtungen keinen Raum gab, weitgehend emanzipiert und die „objektiven Bildungsbedürfnisse" in den Vordergrund ihres Interesses gebracht. Freilich ist diese Form eines didaktischen Zuganges dem Verdacht ausgesetzt — und dieser Verdacht wird vor allem von Dikau und Siebert angesprochen403 — sich auf technokratisch-affirmative Lösungen einzugrenzen und darüber die kritische Aneignung von Positionen zu vernachlässigen. Es scheint, als würde derzeit die praktische Erwachsenenbildung und mit ihr auch die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung unter Bezugnahme auf den Strukturplan der Bildungskommission des Bildungsrates und den Zwischenbericht der BundLänder-Kommission der objektiv angebbaren Bedürfnislage mehr zu entsprechen suchen und solchermaßen von dem Extrem der okkasionellen Bildung in das der beruflich orientierten Zweckbildung zu fallen. Heute sind diejenigen — und wir haben bereits darauf verwiesen —, die die praktische Erwachsenenbildung auf ihrem Weg zu einem mehr beruflich orientierten Selbstverständnis ermunternd begleiteten, in der Situation, die praktische Erwachsenenbildung aufzufordern, ihre politischgesellschaftliche Bildungs- und Aufklärungsfunktion nicht zu vergessen. Die angelsächsischen Länder, vor allem England und Kanada, sind uns in dieser Entwicklung um Jahre voraus und haben inzwischen erreicht, extreme Positionen zu vermeiden494. Auf dem Hintergrund der von uns skizzierten Entwicklung des Selbstverständnisses der Erwachsenenbildung scheint uns in der Tat die Fragenach dem „Was" von vorrangiger Relevanz; daran 493 J . D i k a u [73, S. 322 ff.]. D o r t audi ein diesbezüglicher Beitrag von H. Siebert. 494 J . H . Knoll [167],
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
295
anschließend m u ß freilich bedacht w e r d e n , in welcher F o r m das „Was"
transferiert
legen auch Tietgens
werden
kann. Auf
u n d Weinbergiss
diese
Vorgehensweise
ihre A k z e n t e .
Bei der I n h a l t s b e s t i m m u n g des Lernprozesses Andriessen
in A n l e h n u n g a n Allport
unterscheidet
drei F o r m e n des Lernens,
die w i r hier, weil für unseren Z u s a m m e n h a n g v o n besonderem B e l a n g , in v o l l e m U m f a n g wiedergeben m ö c h t e n : „Im Zusammenhang mit unserer Absicht kann man von drei Formen des Lernens sprechen. Bei der ersten verschafft sich jemand allmählich einen Platz in dem Milieu, in dem er aufwächst. M a n spricht hier vom ,sozialen Lernen' (social learning). I m Anschluß an die Aufzählung von Allport denken wir dabei zuerst an das Soziale, das gelernt werden muß. Das kann natürlich nicht losgelöst werden von dem Milieu, in dem es gelernt wird, von den Voraussetzungen, unter denen es gelernt, und von den Personen, von denen es gelehrt wird. Weiterhin gibt es eine Form des Lernens, die sich besonders in der Unterrichtssituation ergibt. Man spricht hier vom ,student-learning', das man auch ,Unterrichts-Lernen' nennen könnte. Es geht hier um die Aneignung von .Lernstoff', den die Kultur für ihre Angehörigen für notwendig erachtet. Hier wie auch im ersten Fall variiert das, was gelernt werden muß, je nach Kultur und Subkultur. Schließlich gibt es noch eine Form des Lernens, bei der man Lehren für sich selbst annimmt. Hierbei muß folgendes berücksichtigt werden: Auch in den beiden erstgenannten Lernformen nimmt man für sich selbst Lehren an. Van Parreren weist darauf hin, daß im Englischen ,to learn' auch .vernehmen' bedeuten kann. Das Gleiche gilt für das französische ,apprendre'. W o die Person in ihre Umgebung hineinwächst, deren Normen aufzunehmen und anzunehmen lernen muß, sich deren Werte aneignet, vernimmt sie ständig etwas über sich selbst. Sie vernimmt nicht nur, wie sie sein soll, sondern auch, wie sie tatsächlich ist. Sie vernimmt nicht nur, wo für sie Grenzen gesetzt sind, sondern auch, wo es für sie konkrete Entfaltungsmöglichkeiten gibt. Das Milieu, in dem sie aufwächst, hält eine Reihe von Kanälen bereit, durch die ihre Verhaltensimpulse fließen können und durch die sie gleichzeitig zu einem spezifisch eigenen Ganzen geformt werden. Auch im Unter105 H . T i e t g e n s , J . W e i n b e r g [ 2 9 5 , S . 8 2 ff.], s . f e r n e r G . P i d i t , F . E d d i n g u. a . [ 2 2 4 ] ; ( d o r t v o r a l l e m d i e A u f s ä t z e v o n W . S c h n e i d e r , W . M e r t i n e i t und d i e Passagen über „Lernprozesse und V e r f a h r e n s w e i s e n " S . 183 ff.). Nach F e r t i g s t e l l u n g d i e s e r A r b e i t e r s d i i e n : R . F e i g [92], D i e s e e m p i r i s d i e S t u d i e k o n n t e in unsere Ü b e r l e g u n g e n l e i d e r n i c h t m e h r m i t e i n b e z o g e n w e r d e n .
296
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
richts-Lernen vernimmt sie ständig etwas über sidi selbst, über den historischen, kulturellen, wissenschaftlichen, geographischen und volkskundlichen Zusammenhang, in dem ihr Leben steht. Das Ergebnis dieses Lernens über sich selbst ist ein bestimmtes Bild von sich selbst, das in der Person wirkt und ihr Verhalten in den verschiedenen Situationen mitbestimmt. S. M . Jourard f a ß t die vorhandene Literatur über dieses Bild sehr nutzbringend zusammen. E r unterscheidet darin drei Komponenten: das Selbst-Verständnis, das Selbst-Ideal und verschiedene Formen des öffentlichen Selbst. Charakteristisch für alle diese Formen ist, daß sich darin ausdrückt, was jemand von sich selbst hält, oder besser nodi: von sich selbst zu halten gelernt hat, in Interaktion mit seiner Umgebung. Diese Formen des Lernens über sich selbst sind mit der dritten Form des Lernens nicht gemeint. Diese letztere bezieht sich auf das, was — vor allem in Arbeiten, die sich auf die psychische Gesundheit beziehen — mit der wahren Arbeit eines Menschen umschrieben wird, seinem wirklichen Selbst (,real seif'). K . Horney sagt, das sei ,der tiefe Quell des Wachstums'. Die deutsche Psychologie bezeichnet diesen Bereich der Person mit dem W o r t , M i t t e ' " 4 9 6 .
Sind erst einmal die Vorgaben inhaltlicher Art fixiert, so ist man darauf verwiesen zu fragen, wie denn die solchermaßen bestimmten Inhalte zu ordnen oder gar zu kanonisieren seien und mit welchen Lernvoraussetzungen beim Vermittlungsprozeß zu rechnen ist. An den inhaltlichen Bezug schließt sich dann der der Strukturierung an, an ihn der der altersspezifischen Vermittlungsformen. Wir haben bereits im Vorwege bewußt zu machen versucht, daß gerade das Lernen von E r wachsenen bislang nicht eindeutig in all seinen Dimensionen bestimmt ist, allerdings meinen wir auf dem Hintergrund der von uns verfolgten Literatur annehmen zu können, daß sich vormalige Behauptungen der Lebenslaufpsychologie nicht bestätigen; so etwa die: Kontinuierlichkeit im Schema Anstieg— Konstanz—Abfall hinsichtlich der Lernleistung und der Lernfähigkeit. Wir können den derzeitigen Kenntnisstand wohl nicht anders wiedergeben, als durch eine Überschau über einige ausgewählte Belege, die wir hier nachfolgend ohne Paraphrasierung abdrucken : 496 H . A n d r i e s s e n [4, S . 5 6
f.\.
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
297
1. »Uber das Lernen kann man nicht allgemein sprechen. Man muß sich mit dem befassen, was von der Person erlernt werden soll. Wichtig ist auch die Frage, ob für sie eine Notwendigkeit der Veränderung besteht oder nicht. Wenn nämlich durch die Umstände eine Veränderung — und somit ein Lernen — erforderlich wird, zeigt sich bei vielen Menschen des mittleren Alters ein viel größeres Veränderungspotential als man durchweg erwarten sollte. Der wichtigste Faktor beim Lernen ist jedoch die Motivation der Person. Sie steht in engem Zusammenhang mit dem, was sie lernt, und mit der Notwendigkeit, aus der heraus sie lernt. Wenn diese Motivation vorhanden ist, bieten sich im mittleren Alter noch viele Möglichkeiten, und es gibt auch mehr Gebiete, auf denen man etwas lernen kann, als oft angenommen wird. Sensomotorische Fähigkeiten scheinen dabei die größten Schwierigkeiten zu bereiten. Das Wahrnehmungsvermögen — man denke an Musik, Lektüre, Hobbys usw. — kann im mittleren Alter noch beachtlich zunehmen. Die Möglichkeit, sich neue Kenntnisse anzueignen, bleibt bis zu etwa 60 Jahren unverändert. Voraussetzung dafür ist — wie gesagt —, daß die Dinge, die die Person lernt, sie tatsächlich angehen. Aus den vielen Dingen, die auf mancherlei Gebieten für das Lernen in Betracht kommen, wählt die Person aus, was mit ihrem Wertsystem, wie es sich in diesen Jahren herauskristallisiert, zusammenhängt"497. 2. Die Arbeitsgruppe Altersforschung teilt im Anschluß an U. Lehr mit: „Versuchen wir die Ergebnisse empirischer Studien über die Lernfähigkeit im Alter kurz stichwortartig zusammenzufassen, so ergibt sich: — Ältere lernen bei sinnlosem Material schlechter: bei sinnvollem Material — d. h., bei Einsichtigwerden des Sinnzusammenhangs — sind die Lernleistungen mit denen Jüngerer durchaus vergleichbar. — Älteren fehlt es oft an einer gewissen Lerntechnik (,Codierungsschwäche'), die sich jedoch beheben läßt, so daß ein dadurch bedingtes Lerndefizit ohne weiteres ausgeglichen werden kann. — Zu schnell gebotener Lernstoff behindert Ältere mehr als Jüngere. Bei Eliminierung des Zeitfaktors nivellieren sich die Altersunterschiede. — Der Ubungsgewinn bei den einzelnen Aufgaben-Wiederholungen ist bei Älteren und Jüngeren gleich. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, daß bei Jüngeren im Allgemeinen eine höhere Ausgangsbasis gegeben ist — und insofern bei Älteren mehr Wiederholungen nötig werden, um den gleichen Stand zu erreichen. 4»7 [4, S. 1581.
298
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
— Schlechtere ,Lernleistungen' bei Älteren sind häufig weniger ein Zeichen nachlassender Lernfähigkeit', sondern ein Zeidien von Unsicherheit, die einer Reproduzierung des bereits Gelernten im Wege steht. — Ältere lernen leichter, wenn der gebotene Lehrstoff übersichtlich gegliedert ist, d. h. wenn er einen geringen Komplexitätsgrad aufweist. — Der Lernprozeß bei Älteren ist störanfälliger als der Lernprozeß bei Jüngeren. Während der Übungsphase eingeschaltete Pausen führen häufig zur Verbesserung der Lernleistung Jüngerer, aber eher zur Verschlechterung der Lernleistung Älterer. — Lernen in Teilen begünstigt Jüngere; Lernen im Ganzen begünstigt Ältere. — Außerdem fand man aus Lernexperimenten, daß weniger der Altersfaktor als vielmehr der ,Begabungsfaktor' (d. h. die ,Ausgangsbegabung') eine Rolle spielt, daß dem ,Übungsfaktor', dem Ausmaß des Trainings während des ganzen Erwachsenenalters und schließlich dem ,Gesundheitsfaktor' beim Lernvorgang eine erhebliche Rolle zukommt. Von besonders starkem Einfluß erwiesen sich natürlich motivationale Faktoren, d. h., die innere Bereitschaft, einen gebotenen Stoff aufzunehmen und zu behalten. Die hier referierten Befunde machen deutlich, daß für ein etwaiges durch experimentelle Forschungen festgestelltes Lerndefizit nicht primär der ,Aiternsprozeß' verantwortlich zu machen ist, sondern, daß vielmehr eine Reihe von somatischen, sozialen, psychischen, pädagogischen und biographischen Faktoren wirksam werden" 498 . Wir wollen die in dieser Publikation unterbreitete Einschränkung nicht unterdrücken, in der ausgeführt wird: „Kontrolliert man mit entsprechenden statistischen Verfahren den Einfluß der Schulbildung auf die Testleistung, dann zeigt sich, daß die Leistungsunterschiede verschiedener Altersgruppen weitgehender durch schulische Bildung als durch bloße Zahlenangabe des kalendarischen Alters erklärt werden können. Das bedeutet: nimmt man aus den bisher verwendeten Tests die Aufgaben heraus, die ganz deutlich von erworbenem Schulwissen abhängig sind, dann verläuft der als altersabhängig dargestellte Leistungsabfall viel weniger steil"499. 498 Z i t . nagh: Arbeitsgruppe Alternstorsdiung Bonn. Altern psydiologisdi gesehen, a. a. O . , S. 62 f. «»0 Ebd., S. 54.
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
299
3. Neben allgemeinen Erörterungen stellt die Schrift von Tietgens und Weinberg den Praxisbezug her und folgert hinsichtlich des Lernverhaltens älterer Menschen: „Es ist angebracht, von einer Umstrukturierung, nicht aber vom Nachlassen der Lernfähigkeit zu sprechen. Bei der Bildungsarbeit mit älteren Menschen empfiehlt es sich allerdings, in besonders aufmerksamer Weise die lernpsychologischen Einsichten zu berücksichtigen, denn die Lernschwierigkeiten, auf die sie uns verweisen, gelten bei älteren Menschen in verstärktem Maße" 500 .
Wir können im Anschluß an diese Ergebnisse nicht auf Einzelaspekte wie die von daher konditionierten methodischen Vorgehensweisen näher eingehen. Wir haben bereits darauf aufmerksam zu machen versucht, daß sich die praktische Erwachsenenbildung zu einer Veränderung ihrer Veranstaltungsformen verstanden hat und daß zumal in jüngster Zeit gruppendynamische Techniken Eingang in die Erwachsenenbildung gefunden haben501. 4. Bevor wir diesen hinsichtlich seiner Bündigkeit gewiß nicht befriedigenden Teil unserer Überlegungen abschließen, wollen wir auf eine Publikation eingehen, von der wir meinen, daß sie in einer konzisen Form auf unseren Gesprächszusammenhang eingeht. Hier wird die Frage des Lernens mit Erwachsenen im Zusammenhang mit der Erwachsenenqualifizierung in der DDR aufgefächert 502 . Zunächst wird bewußt gemacht — und darin korrespondiert diese Publikation mit vergleichbaren in der Bundesrepublik —, daß bei einer Erörterung des Lernens von Erwachsenen auf die Vorerfahrung und Lernsituation im Kindes- und Jugendalter zurückgegangen werden muß. Der gegenwärtige Austrag konträrer Positionen — wie die Vereinseitigung eines marxistisch orientierten Milieudenkens, wie auch die biologistisch zu nennende Vereinseitigung des Begabungsbegriffes im Sinne von eingeborenen Anlagen — scheint eine ausgewogene Mittellage nicht mehr zuzulassen. Das Lernen von 50» H . Tietgens, J . Weinberg [295, S. 103]. Siehe dazu allgemein audl A. Beelitz [26, S. 56] und die Darstellung von R. Rohlmann und H . Siebert, Über Lernziele in der Erwachsenenbildung. I n : Hessische Blätter, H . 2, 1972, S. 137 ff., 5. 139 ff. 501 T . Brocher [47], 602 H . Siebert [250].
300
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
Erwachsenen ist mit der Situation schulischen und vorschulischen Lernens verbunden, da in Schule und Vorschule bereits Grundlagen für das Ausmaß späteren Lernverhaltens gelegt und von daher beeinflußt werden. Die von uns benannten empirischen Arbeiten zur Motivation gegenüber Veranstaltungen in der Erwachsenenbildung weisen eindeutig nach, daß mit steigendem Bildungsniveau auch die Motivation und Teilnahmebereitschaft direkt proportional ansteigt. Während sich die Erwachsenenbildung im Zweiten lind Dritten Bildungsweg heute noch als Korrektivinstrument versteht und zu verstehen hat, wird sie in Zukunft von einem durch ein einheitlich und differenziert verfaßtes Schulwesen begründeten Lernverhalten auszugehen haben. Sie wird in ihrer Effizienz konditioniert durch die vorangegangenen Schul- und Lerriverhältnisse. Auch von daher begreifen wir den Strukturplan und die Empfehlungen der Bund-LänderKommission als eine Zäsur, als hier eindeutig eine Kontinuität zwischen schulischen und nachschulischen Bildungsgängen hergestellt wird. Die Erwachsenenbildung wird sich auf die schulische Vorbereitung des Lernverhaltens einzustellen haben und sie wird ihre Effizienz in dem Maße zu steigern vermögen, als in der Schule die Voraussetzungen für einen Lern- und Motivationsprozeß im Erwachsenenalter gelegt werden. Von diesen Überlegungen ausgehend kommt dem Schulmilieu eine erhebliche Bedeutung zu, es ist gewissermaßen Vorstufe und Voraussetzung für künftige Erwachsenenbildung. Gleichzeitig mit dieser Wechselbeziehung von schulischen und nachschulischen Einstellungsveränderungen muß natürlich auch eine Bewußtseinsbildung unter den Erwachsenen Platz greifen, ihren Kindern jene Ausbildung zukommen zu lassen, die in dem Erwachsenenalter fortgesetzt werden muß, um den gesellschaftspolitischen und beruflichen Ansprüchen genügen zu können. Von daher dürfen wir folgern, daß das Lernen von Erwachsenen u. a. an die Variablen schulisches Milieu und häusliches Bildungsbewußtsein gebunden ist. Wachsen häusliches Bildungsbewußtsein und die schulischen Aufstiegsmöglichkeiten, so steht zu erwarten, daß auch die Motivation für Weiterbildung im Erwachsenenalter ansteigt. Allerdings ist dieser Anstieg limitiert durch die individuellen Möglichkeiten. Wir wollen uns nicht jenem unbedingten Milieu-
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
301
denken zugesellen, das schon beim frühen Humboldt vorformuliert zu sein scheint, das von der Annahme ausgeht, die Veränderung des Milieus würde schon die „höchstproportionierliche Entwicklung des Menschengeschlechts" garantieren. Freilich erfordern die Anlagen jenen milieubedingten Spielraum, der ihre höchstmögliche Entwicklung freisetzt 503 . Wir dürfen indes die Frage nach dem Milieu im Hinblick auf die Möglichkeiten von Erwachsenenbildung nicht auf Schule und Elternhaus eingrenzen, vielmehr gehören in diesen Zusammenhang auch Verhältnisse des jeweiligen Berufes. Berufe, die mit Lernaufforderungscharakter nicht ausgestattet sind, werden die Lernbereitschaft nicht provozieren. Oder anders gewendet: „Die(se) psychischen Leistungen sinken auch bei Personen mit Berufen, die intellektuelle Anforderungen verlangen, nicht ab, sondern nehmen sogar mit dem Alter noch weiter zu" 504 . Auf diesen Zusammenhang hat in der DDR insbesondere Löwe aufgrund vielfältiger empirischer Untersuchungen hingewiesen. In der neueren Literatur zum Lernen Erwachsener ist unter Rückgriff auf die Lernpsychologie insgesamt eine Auffächerung der Lernfähigkeit in Faktoren vorgenommen worden, die verläßlichere Aussagen über das Lernen von Erwachsenen gestatten. Harke und Mitarbeiter unterscheiden fünf Faktoren, nämlich — — — — —
Kapazität der Lernfähigkeit Leichtigkeit des Lernens Nachhaltigkeit des Lernens Anregbarkeit des Lernens Lernintensität. Ausgehend von dieser Differenzierung kann die von Thorndike aufgestellte „allgemeine Kurve der Lernfähigkeit in Beziehung zum Alter" revidiert werden, derzufolge nämlich die Lernfähigkeit etwa mit dem dreißigsten Lebensjahr signifikant nachlasse. Thorndikes allgemeine Kurve der „Lernfähigkeit" —
503 Hierzu jetzt vor allem R . Feig [92, S. 99 ff.]. D o r t auch weiterführende Literatur. D i e Arbeit von Strzelewicz, R a a p k e und Schulenberg [288] gehört ebenfalls zentral in diesen Sachverhalt. 504 Beiträge zur Erwadisenenqualifizierung. Ein Leitfaden f ü r nebenberufliche Lehrk r ä f t e zur effektiven Gestaltung und Organisation des Unterrichts an Volkshochschulen und anderen Bildungseinrichtungen. Berlin 1971. W i r verweisen insbesondere auf die Arbeiten von H . Löwe [194; 195; 196; 197; 198; 199], [200].
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5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
Lernfähigkeit im Sinne eines komplexen Begriffes — stellt sich so dar: Allgemeine Kurve der Lernfähigkeit
10
20
30
40
50
Im Anschluß an Clauss und Hiebsch haben Harke und Mitarbeiter gefolgert, daß es sich bei dieser graphischen Darstellung nur um eine schematische Reproduktion der „Merkfähigkeit" handele. Damit wird allerdings nur einer von den die Lernfähigkeit eingrenzenden Faktoren ausgesondert. Die Forscher in der D D R haben in Verfolg der Altersforschung und auch der Lebenslaufpsychologie Charlotte Bühlers gerade die Lernfähigkeit jener Personen untersucht, die sich jenseits der Berufsgrenze befinden. Während sich hierzulande die Arbeiten vor allem auf die zweite Berufsphase beziehen, sind die in der D D R gewonnenen Resultate vor allem f ü r die Altenbildung von erheblicher Bedeutung. Wir haben im Verlauf unserer Darstellung diesen Aspekt, den der Altenbildung, ausgeklammert und das, obwohl gerade hier erhebliche Aktivitäten bei den Einrichtungen der Erwachsenenbildung registriert werden können. Die Volkshochschulen und die kirchlichen Träger von Erwachsenenbildung nehmen sich dieses Bereichs mit zunehmender Intensität an. Die Altenbildung wird zumal in einer an Produktivitäts- und Effizienznormen orientierten Berufs- und Wirtschaftsgesellschaft zu einem sozialpsychologischen Problem, da die nicht mehr im Arbeitsprozeß befindlichen Personen als „unproduktiv" deklassiert werden. Die Integration dieser Personen in das gesellschaftliche Gefüge scheint nicht zu gelingen, und von daher ergeben sich individualpsychologische Fragestellungen, die mit finanziellen und existenzsichernden Maßnahmen allein nicht gelöst werden können. Die in der Bundesrepublik in Gang gebrachten Hilfestellungen durch das Fernsehen scheinen die Integration eher zu inhibieren als zu befördern, da sie die Alten als eine anthropologische Sonderform und nicht als integralen
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
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Bestandteil gesellschaftlichen Vollzuges begreifen505. Die lernpsychologischen Erkenntnisse über ältere Personen vermögen auch deren Einstellung und Interpretation aktueller Zustände aufzudecken: „Mit zunehmendem Alter (besonders nach 70 Jahren) wird immer zuerst das abgebaut, was zuletzt erworben wurde" 506 . Sehen wir von diesem Spezialfall des Lernens von Erwachsenen ab, so ergeben sich aus den Daten der hier in Rede stehenden Arbeit einige Einsichten, die auch von erheblicher Praxisrelevanz sein könnten. Allerdings wird — wie auch in anderen Schriften — von der Lernpsychologie zur Methodik und Didaktik des Erwachsenen„unterrichts" nicht vorangeschritten. Aus der russischen Literatur, auf die sich diese Arbeit neben den amerikanischen Forschungsergebnissen wiederholt bezieht, ergibt sich der folgende Satz: „Sofern das Einprägen nicht intensive geistige Aktivität verlangt, sind Merkleistungen der älteren Versuchspersonen signifikant schlechter als die der jüngeren. Wenn jedoch die Behaltensleistung geistige Aktivität voraussetzt, unterscheiden sich die Ergebnisse in beiden Gruppen nicht". Und in Verfolg dieses Satzes und der Untersuchungen von Faraponowa und Riedel wird weiter gefolgert: „Ergebnisse einer Untersuchung von Faraponowa zeigen Überlegenheit Erwachsener gegenüber Kindern verschiedener Altersstufen beim Einprägen von abstrakten und konkreten Begriffen sowie beim Lernen von anschaulichem Stoff. Ebenso zeigen Untersuchungen über Altersabhängigkeit informationspsychologischer Parameter, daß sowohl Informationsaufnahme-Geschwindigkeit des ,Kurzspeichers' als auch die Zuflußkapazität in das,vorbewußte Gedächtnis' sowie ,Gegenwartsdauer' und der Anteil des Behaltens vom Aufgenommenen bei Kindern und Jugendlichen geringer sind als bei Erwachsenen"507. Hierzu zwei graphische Darstellungen: 1. Tempo des Einprägens von verbalen und anschaulichen Stoffen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen 505 Wir verweisen hier im Sinne eines Beispiels auf das Programm »Mosaik" des Zweiten Deutsdien Fernsehens. 506 Beiträge zur Erwadisenenqualifizierung, a. a. O . , S. 46. Ferner s. L. Rubinstein [242]. 507 Beiträge zur Erwadisenenqualifizierung, a. a. O . , S. 46 f.
304
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
Reproduktions- 380 leistungen im Vergleich zur 2 , K l a s s e i n 7 . 300
200
A = Bilder B = konkrete Begriffe C = abstrakte Begriffe
-
2. 5. 8. Erwachsene Klasse Klasse Klasse
2. Altersabhängigkeit informationspsychologischer Parameter 14,4
16
Zuflußkapazitöt Kurzspeicher Zuflußkapazität Gedächtnis
Gegenwartsdauer
Anteil des Behaltens vom Aufgenommenen Lebensalter -. (Jahre)
0.2
Mn
1.8
7 Kinder
0.4
^
0,7
10
5,0
2,4
15 Jugend!.
über 18 Erwachsene
-,20 bit/s 15 10 5 -, 10 bit/s
J5
• 10 bitte 5
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
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Wir meinen, daß gerade für das Lernen mit Erwachsenen und dessen Konditionen die Aufreihung von Faktoren, die die vormalige monokausale Argumentation ausschließt, von Vorzug ist, weil sich daraus methodisch-didaktische Vorgehensweisen folgern ließen. Wir haben bereits deutlich zu machen versucht, daß sich die Motivationen für Erwachsenenbildung aus verschiedenen Quellen speisen, einmal aus habituellen Motivationen, die mit dem Terminus „Einstellungen" zu umschreiben sind, und sodann aus aktuellen Motiven, die sich aus den Motiven, die die Lebensund Berufsumstände bewirken, herleiten. Wir heben noch einmal hervor, daß sowohl der Begriff der Lernfähigkeit wie auch der der Motivation zu differenzieren ist. Für unseren Zusammenhang scheinen vor allem die aus solch angestrebter Differenzierung hergeleiteten Schlußfolgerungen von Belang. Einmal wird in dem Beitrag von Harke und Mitarbeitern deutlich, daß Thorndikes Meinung zuzustimmen sei „Der Fortschritt der 30 Jahre und darüber alten Schüler (bis 45 Jahre) ist beträchtlich größer als derjenige der 14 bis 16 Jahre alten, ebenso groß wie der 25 bis 29 Jahre alten und geringer als der 20 bis 24 Jahre alten Schüler"508. Für die Frage nach den Bedingungen und Voraussetzungen, unter denen das Lernen mit Erwachsenen abläuft, sind die folgenden vier Aussagen von maßgeblichem Wert: 1. Fast alles ist zu jeder Zeit bis zu 50 Jahren erlernbar. 2. Im allgemeinen erscheint der Einfluß des Alters auf die Fähigkeit zum geistigen Erwerb sehr viel geringer als auf die motorische Geschicklichkeit. 3. Die wirkliche Schwierigkeit beim Lernen Erwachsener ist in den meisten Fällen geringer als erwartet. 4. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, daß Erwachsene viel weniger lernen als sie könnten 508 . Zu diesen Sätzen seien einige interpretatorische Bemerkungen hinzugefügt. Der erste Satz deutet an, daß sowohl die Korreksos Ebd., S. 51. 509 Wir geben die dort benannte weiterführende Literatur hier an: H . Hiebsdi [125]; H . Hiebsdi und M. Vorwerg [126], W. Friedridi [99, bes. S. 46—112], H . Löwe [199]. 20 K n o l l , E r w a c h s e n e n b i l d u n g
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5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
tivfunktion in der Erwachsenenbildung wie die Funktion der berufsbegleitenden Fortbildung ihre lernpsychologische Rechtfertigung erfahren könnten. Die didaktische Strukturierung der Erwachsenenbildung würde ihre Billigung weniger aus den Altersspezifika, mehr aus den beruflichen und gesellschaftspolitischen Bedingtheiten erfahren. Es ließe sich von diesem Satz aus folgern, daß — unter der Prämisse, fast alles ließe sich zu jeder Zeit lernen — jene Lerninhalte ausgewählt würden, die die jeweilige berufliche und politische Situation der Erwachsenen betreffen. Der zweite Satz sollte dazu auffordern, auf die Ausbildung der motorischen Geschicklichkeit einen größeren Wert zu legen. Zufolge lexikalischer Definition bezeichnet die „motorische Aktivität" die Akte des Denkens und Vorstellens und die Bedingungen, die diese Akte voraussetzen510. Diese Klärung könnte dazu veranlassen, die Akte des Denkens und ihre Bedingungen auf dem Hintergrund objektiver und subjektivindividueller Bedürfnisse zu präzisieren und ihnen didaktische Ausformung folgen zu lassen. Der dritte Satz mindert die Sonderheiten eines erwachsenenspezifischen Lernens herab. Hier muß allerdings einschränkend erneut darauf hingewiesen werden, daß sich die Aussage im Kontext der Erwachsenenqualifizierung befindet, die in ihrer schulischen Variante in den VHS der DDR nach den Maßgaben der Schulmethodik und -didaktik verfährt — wie wir durch eigene Beobachtungen feststellen konnten 511 . In persönlichen Gesprächen wie auch beim Besuch von Lehrveranstaltungen konnten wir uns davon überzeugen, daß die in der theoretischen Literatur vielfach glaubhaft gemachte Behauptung, Erwachsenenbildung und Schulbildung seien durch die Spezifika didaktischer und methodischer Art geschieden, so in der DDR nicht für richtig gehalten wird. Soweit sich die Veranstaltungen nicht auf einen puren Technizismus einschränken, wird betont, daß sich didaktische Vorgehensweisen nur durch den Grad der Abstraktion voneinander abhöben. So wird auch verständlich, daß in der DDR eine eindeutige Unterscheidung zwischen Schul- und 510 So die Definition im Großen Brockhaus, 15. Aufl. 5U H . Siebert [250, S. 237 ff.], J . H . Knoll, H . Siebert [171], zur Erwachsenenbildung in der D D R , S. 9 ff.
5. Bemerkungen zur Literatur über das Lernen
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Erwachsenendidaktik nicht vollzogen wird. Das mag für den Bereich der schulischen Qualifizierung gerechtfertigt erscheinen, ob sich diese Verfahrensweise auch für kulturelle Massenarbeit und berufliche Qualifizierung anbietet, mag bezweifelt werden. Der vierte Satz schließlich verweist uns auf ein Problem, das in der Anthropologie in unterschiedlichem Zugang dargestellt wird. Die biologische, medizinische wie auch die spirituellmeditative Anthropologie haben wiederholt auf den Tatbestand aufmerksam gemadit, daß die in der menschlichen Physis angelegten geistigen Kapazitäten nicht ausgeschöpft würden. Allgemein gilt für erwiesen, daß nur etwa 20°/o des verfügbaren Potentials für geistige Leistungen ausgenutzt werden. Die Mantra-Meditation, eine Sonderheit der Joga 5 1 2 , gibt vor, dieses Potential aufschließen zu können und begreift sich von daher als eine die Lernfähigkeit fördernde Form von Erwachsenenbildung. Diese unseren Darstellungszusammenhang überschreitende Erwachsenenbildung erfährt in jüngster Zeit durch die Analyse der wissenschaftlich ausgewerteten und ausgenutzten Präkognitionen eine Beachtung, die allerdings vor allem außerhalb der wissenschaftlichen Welt vonstatten zu gehen scheint513. Wir haben in den vorstehenden Bezugnahmen auf wenige Ausschnitte aus der wissenschaftlichen Literatur versucht deutlich zu machen, daß das Wissen um die Lernformen und Lernfähigkeiten Erwachsener zugenommen hat, daß ein gewisses Maß an empirischer Verläßlichkeit erreicht ist, daß allerdings die „Nutzanwendung" auf didaktische Details bislang nicht stattgefunden hat. Sofern bislang didaktische Strukturierungen für neue Veranstaltungsprogramme offeriert wurden — hierher gehören unsere Überlegungen zum Dritten Bildungsweg ebenso wie die verschiedenen didaktischen Beiträge zum Bildungsurlaub 514 —, gründen sie nicht auf lernpsychologischen Einsichten, sondern filf
sla
514
20 *
J . G o n d a [ 1 0 8 ] . In der B u n d e s r e p u b l i k ist eine vereinfachte M a n t r a - M e d i t a t i o n durch M a h a r i s d i i M a h e s d i J o g y p o p u l ä r g e w o r d e n H i e r machen wir a u f m e r k s a m auf mehrfache Beschreibungen v o n A . K o e s t l e r (u. a . D e r Y o g y und der K o m m i s s a r u. a . ) und auf einen ü e r i d i i , der I-onrien der P r ä k o g n i t i o n in den sozialistischen L ä n d e r n a n a l y s i e r t ( P S I , München 1971). Siehe 4. K a p i t e l , A n m . 345 und 3 4 6 .
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5. Bemerkungen zu modernen Unterriditstechnologien
sind vielmehr orientiert an den Bedürfnissen und Ansprüchen, die durch die Arbeits- und Berufssituation vorgegeben sind. An dieser Stelle markieren wir ein deutliches Defizit in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, die sich noch kaum zu einer kooperativen Anbindung an die Psychologie entschlossen hat. D i e Funk- und Fernsehausstellung in Berlin 1971 hatte das Zeitalter der Audiovision angekündigt und durch die Vorführung einer breiten Palette von H a r d w a r e die Vermutung gestärkt, daß sich bereits in absehbarer Zeit neue Unterhaltungsund Bildungsmöglichkeiten ergäben und daß die Individualisierung, Systematisierung und allzeitige Verfügbarkeit („Ubiquit ä t " ) optisch-akustischer Medien unmittelbar bevorstünde. Allerdings war der technologische Fortschritt kaum synchron mit der pädagogischen Reflexion über die Software, d. h. über die inhaltliche Gestaltung von Unterrichts- und Bildungsvollzügen, die die neuen Medien gestatten. Es fehlt gewiß nicht an breiten und gelehrten Ausführungen über die Theorie des Medienverbundes, das meint den optimalen Einsatz des für einen Unterrichtsschritt je spezifischen Mediums, ein Desiderat bleiben allerdings P r o gramme, die auf der Grundlage lernpsychologischer Einsichten konzipiert und deren Durchführung an solchen Einsichten kontrolliert wäre. Inzwischen ist die mediendidaktische und medientheoretische Literatur nicht mehr überschaubar, auch nidit mehr die Aktivitäten, die die Technologie zum vielleicht verfrühten Einsatz bringen 5 1 5 . Es gibt eine Reihe von Zeitschriften und D o kumentationen, die sich ausschließlich oder zumindest vorrangig mit den Unterrichtstechnologien befassen, so die Zeitschrift „Audiovision", so „ A V Z " , Informationen der Audio-VisionsZentrale des Deutschen Industrieinstituts, so „ A V - P r a x i s " ; da515 Einen guten Überblidc geben die Beiträge der E x p e r t e n - K o n f e r e n z die 1972 in Paris vom Council o f Europe — C o m m i t t e e for O u t - O f - S d i o o l - E d u c a t i o n and Cultural Development durchgeführt wurde: Television N e w Broadcasting Techniques and Cultural Development, Strasbourg 1972, hier die Beiträge: Programme, Distribution in the P r e s e n t - D a y - W o r l d , The Video-Cassette, Audio-Visual Cassettes: European Perspectives, Satellite Broadcasting for Europe, Concerning A European Satellite Problems and Prospects, Audiovision for Information and Entertainment, Future Aspects of Society and T h e Mass-Media in Europe, Cultural Uses O f A European Sattelite With Receiving Stations. Siehe ferner die Schriftenreihe lehren und lernen im medienverbund. Heidelberg 1970 ff. B d . 1—4.
5. Bemerkungen zu modernen Unterriditstechnologien
309
neben haben sich auch die publizistik- und kommunikationswissenschaftlichen Fachblätter und mit ihnen auch die pädagogischen Zeitschriften des Gegenstandes angenommen. Es fällt in einem mehr wissenschaftstheoretischen Zusammenhang allerdings auf, daß erziehungswissenschaftliche Fragestellungen und solche der Kommunikationswissenschaft noch kaum einander näher gebracht wurden 5 1 6 . Allenfalls in den Vereinigten Staaten scheint in dieser Beziehung eine zunehmende Konvergenz erkennbar 5 1 7 . D a die Kommunikationswissenschaft, so sie empirisch angelegt ist, einige zutreffende Ergebnisse über die Wirkungsweise und Effizienz verschiedener Medien erbracht hat, müßte es eigentlich nahe liegen, diese Ergebnisse für pädagogische V o r überlegungen beim Einsatz von neuen Unterriditstechnologien fruchtbar zu machen. Freilich beziehen sich die kommunikationswissenschaftlichen Untersuchungen im Ausblick auf Effizienz und Wirkung zunächst nur auf die Sektoren von Politik, Unterhaltung und Vorschulerziehung 518 , während der Bereich bildungsintensiver Veranstaltungen, die sich an Jugendliche und Erwachsene wenden, noch kaum erforscht ist. Erst in jüngster Zeit werden einige auch für eine pädagogische Ausnutzung relevante Teilaspekte aufgeschlossen, so unterschiedliche Präsentationsformen und ihre Wirkungen, so auch Fragen inhaltlicher Strukturierung. D a wir hier auf die Detailfragen und Detailergebnisse nicht eingehen können, seien einige mehr allgemeine Überlegungen vorgetragen. Zunächst einmal kann festgestellt werden, daß die anfängliche Euphorie über neue Bildungsmedien einer mehr nüchternen, auch die finanziellen Aspekte bedenkenden Betrachtung gewichen ist. Die Vorzüge neuer Unterrichtstechnologien, wie akustische oder elektronische Verdeutlichung von Unterrichtsinhalten, können in mehrfacher Hinsicht bezeichnet werden. Sie bewirken einmal eine Individualisierung des Lernens. D e r Wissensstoff kann beliebig wiederholbar je nach Lernfortschritt und indi518 J . H . K n o l l [161, S. 91 ff.]. 517 [161, S . 100 ff., S . 114 ff.]. 518 Die neueste Arbeit in der Bundesrepublik im Hinblick auf die Wirkungsforschung: F . Bledjian, K . Stosberg [35], ferner H . Sturm, R . v . H a e b l e r , R . Helmreich [290].
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5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstechnologien
viduellem Aufnahmevermögen dosiert werden. Die Schüler oder Erwachsenen sind nicht an bestimmte Zeiten und Orte gebunden, wenn freilich auch sichergestellt werden muß, daß Phasen sozialintegrativen und personalen Unterrichts vorgesehen bleiben. Sodann können Unterrichtsinhalte verdeutlicht werden, die der Unterrichtende im Vortrag nicht veranschaulichen kann. In der Anfangsphase des Schulfernsehens mußte allerdings festgestellt werden, daß die Medienspezifika weithin übersehen wurden und daß versucht wurde, alles, also auch das, was der Lehrer mit eigenen Mitteln darzustellen vermag, ins Bild zu transportieren. Was der Lehrer gleichgut oder besser kann als ein anderes Unterrichtsmedium, bedarf keiner Umsetzung. Inzwischen haben sich unter der Perspektive medienspezifischer Rücksichtnahme einige Vorgehensweisen und Anwendungsmöglichkeiten herauskristallisiert, die kaum mehr einem Widerspruch ausgesetzt sind. So können Unterrichtsmedien eingesetzt werden im Sinne — von Enrichment — von Kontext — von schulinstitutionellen Reproduktionen. Enrichment liegt dort vor, wo nur einzelne Unterrichtsinhalte mit akustischen, optischen oder auch visuellen Technologien zur Veranschaulichung gebracht werden. Der Unterrichtende bedient sich der Schallplatte, des Tonbandes, der Bilder und Graphiken, der Mitschnitte von Fernsehsendungen, die heute schon vergleichsweise billig zu erstellen sind. Sodann können Unterrichtssequenzen oder eingegrenzte Themen im Zusammenhang einer differenzierten Unterrichtsplanung einem Medium anvertraut werden. So werden durch das Schulfernsehen Teilbereiche der Arbeitslehre vom Unterrichtenden an das Medium delegiert, als Beispiel erwähnen wir die Sendefolge „Wirtschaftskreislauf" des W D R / Westdeutsches Fernsehen. Für Erwachsene werden ganze Themenbereiche in einem Medienverbund strukturiert. Hier wäre an Sendereihen wie „Datenverarbeitung" und „Netzplantechnik" (ebenfalls WDR/Westdeutsches Fernsehen und andere Anstalten) zu denken. Dabei wird beachtet, daß das Fernsehen nicht das einzige Unterrichtsmedium, also nur das Mitmedium ist. Es scheint erwiesen, daß sich eine optimale Lerneffizienz einstellt,
5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstedinologien
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wenn ein Verbund -von Fernseh-, Fern- und Direktunterricht hergestellt wird. Dieser Verbund wird erreicht durch die Sendungen, die vom Fernsehen ausgestrahlt werden, durch das ebenfalls von den Anstalten und den Autoren veröffentlichte Begleitmaterial und durch die Kontaktwochenenden, die die Möglichkeiten eröffnen, sozialintegrative Situationen herzustellen und Rückfragen in einer personalisierten Unterrichtsatmosphäre zu gewährleisten. Hierher gehören auch die studienvorbereitenden Sendungen wie „Mathematischer Vorkurs". Schließlich lassen sich auch ganze Schulqualifizierungsprogramme in einen solchen Medienverbund einbetten. Das geschieht vor allem im Telekolleg, das durch Abstimmung mit den staatlichen Schulaufsichtsbehörden den rechtsverbindlichen Abschluß in Form der Fachschulreife, jetzt Fachhochschulreife, vermittelt 519 . Es muß allerdings noch einmal darauf abgehoben werden, daß die Mediendidaktik erst auf dem Wege ist, eine Wissenschaft zu werden, daß aufgrund des vorliegenden Schrifttums Handlungsanweisungen auf wissenschaftlicher Grundlage nur in begrenztem Umfange zulässig sind. Das Fernsehen hat mit erheblicher Umsicht und mit Einsatz hoher finanzieller Mittel den Prozeß bildungsintensiver Programme befördert. Es hat sowohl für den vorschulischen wie audi für den schulischen und nachschulischen Bereich Programmkonzeptionen durchgeführt. Allerdings ist dabei eine Reihe von Fragen aufgetaucht, die teils rechtlicher, teils mediendidaktischer Natur sind. Einmal ist zu fragen, ob denn eine öffentlich-rechtlich verfaßte Anstalt zufolge des Gebotes der Ausgewogenheit und der Berücksichtigung aller gesellschaftlich-relevanten Teile der Gesellschaft überhaupt für Minderheitenprogramme zuständig sein kann. Die Anstalten haben sich entschlossen, die Frage mit Ja zu beantworten, allerdings nur soweit, als diese Minderheiten nicht unter eine gesellschaftlich erhebliche Teilnehmerzahl ab319 Siehe Lern- und Bildungsprogramme von H ö r f u n k und Fernsehen, H r s g . Bundesminister f ü r "Wissenschaft und Bildung, o. O . , o. J . Telekolleg im Studienprogramm des Bayerischen R u n d f u n k s , Wissenchaftlidie Begleituntersuchung, H . 1, München 1970, H . 2, 1970, H . 3, 1970. Für die amerikanische Situation im bildungsintensiven Fernsehen vgl. L. J . Issing [136] und den als Ms. vorgelegten Erfahrungsbericht von M . Rühl, Lehre und Forschung in der Kommunikationswissensdiaft in den USA. N ü r n b e r g 1971.
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5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstechnologien
sinken. So wären wahrscheinlich Programme für spezifische Berufsgruppen nicht mehr vertretbar. Sodann begreifen sich die Anstalten als transitorische Sachwalter bildungsintensiver Veranstaltungen. D a sie vorrangig der aktuellen Information und Unterhaltung zu dienen haben, übernehmen sie bildungsintensive Qualifizierungs-Programme vermutlich nur bis zu dem Zeitpunkt, da andere Medien an ihre Stelle treten können. Dieser Zeitpunkt dürfte erreicht sein, wenn die Technologie von Kassette und Bildplatte zufriedenstellend entwickelt ist. In der bis dahin bestehenden Interimszeit hat das Fernsehen sich des bildungsintensiven Sektors bereits maßgeblich und Maßstäbe setzend zugewandt. Für die Vorschulerziehung, über deren defizitäre Verfassung wir gelegentlich und mehr beiläufig berichtet haben, steht unter anderem „Sesame Street" zur Verfügung, ein Programm, das von dem nichtkommerziellen Children's Television Workshop zunächst für die amerikanischen Verhältnisse konzipiert wurde und unter den dort vorgegebenen sozialen Verhältnissen frühkindliche Sozialisation anzubahnen versuchte. In jüngster Zeit kann eine Reihe von Aktivitäten auch mit eigenen deutschen Versuchen ausgemacht werden, so die „Spielschule" des Bayerischen Rundfunks, so die „Lachgeschichten" des W D R , so jetzt das „Feuerrote Spielmobil" des B R . Wir fügen an dieser Stelle einen Exkurs an, der sich mit „Sesame Street" und „Spielschule" befaßt, den wir an anderer Stelle und aus aktuellem rundfunkpolitischen Anlaß in feuilletonistischer Form vorgetragen haben. Wir haben damals — es war zu Beginn des Jahres 1972 — argumentiert: „ ,Sesame-Street' ist eine fernsehtechnisch brillant gemachte Sendung, in Amerika geboren und auf den Geburtsort fixiert. Die Sendungen dauern jeweils etwa 60 Minuten, sie dienen der Wortschatzmehrung, sie aktivieren die Zuschauer oder versuchen es zumindest durch die Vorgabe von Aufforderungsreizen, sie kombinieren Spiel und Lernen, wobei sie sich einem formalistischen und formalisierten Lernkonzept anschließen, das schon durch optische Signale und ersichtlich idealisierte Spielhandlungen zum Nachvollzug anregen möchte. Die Erlernung von Begriffen und Elementarfähigkeiten — Rechnen, Schreiben, Lesen — steht im Vordergrund, außerdem wird eine frühkindliche Sozialisation beabsichtigt, die allerdings der amerikanischen Wirklichkeit kraß entgegensteht. Vorzüge und Schwächen dieses Programms
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sind schon bei der ersten Pilotsendung deutlich geworden: Die Sendungen sind insgesamt zu lang, selbst der permanente Wechsel der Szenerien und Einstellungen kann diesen Nachteil nicht korrigieren. Die Welt, die hier vorgeführt wird, ist in Amerika bereits irreal, in Deutschland so nicht anzutreffen. Das friedliche Nebeneinander von Schwarz und Weiß übersieht die tatsächlichen Befunde, und die Idylle der ,Sesame-Street' ist eine hochgesteckte Wünschbarkeit, die mit der Wirklichkeit in keiner Weise korrespondiert. Die Probleme der Deklassierung und des materiellen und geistigen Pauperismus sind in der Bundesrepublik grundsätzlich anders verfaßt als in den Vereinigten Staaten: unsere Neger, die gesetzlich nicht faßbaren outcasts und outlaws leben in den massenhaft verfaßten suburbias, in denen Kommunikation nicht gelingt und die kollektive Individuation und Einsamkeit Platz greift. Und schließlich würde selbst ein traditioneller Pädagoge nicht auf den abstrusen Einfall kommen, den noch nicht Schulpflichtigen das Alphabet und die Zahlen einzudrillen. Und doch gelingt bei genauerer Betrachtung ein positives Votum für ,SesameStreet': Die Sendung ist zunächst nach Topoi des normalen Programms konzipiert, sie ist nicht abgehoben als Sonderveranstaltung erkennbar, sie ,erschleicht' sich die Gunst und das Zuhören und Zuschauen dadurch, daß sie so gar nicht von der aseptisch und willentlich gemachten Pose des Schulmeisters ausgeht. Nehmen wir in der Bundesrepublik den Tatbestand als gegeben an, daß Kinder im Vorschulalter vergleichsweise intensive Fernsehkonsumenten sind und müssen wir erwarten und befürchten, daß uns eine ähnliche Steigerungsrate wie in den Vereinigten Staaten bevorsteht, so wird vermutlich ein Programm um so mehr Zugang gewinnen, als es sich nicht von vornherein als abgesonderte pädagogische Veranstaltung ausweist. Uber das dramaturgische know-how braucht kein Wort verloren zu werden, auch nicht darüber, daß in dieser Sendung immer wieder Animierungseffekte eingebaut sind, die den kindlichen Drang nach Nachvollzug befriedigen. Die Figuren fordern außerdem in ihrer durchschnittlich angelegten Beschaffenheit zur Identifikation auf. ,Sesame-Street' ist ein Konzept, das auf deutsche Verhältnisse transponiert durchaus ein Vakuum ausfüllen kann, in das Vergleichbares zur Zeit jedenfalls nicht eintreten kann. Aber die Sendungen müssen, und das findet die volle Zustimmung der Programmverantwortlichen, für unsere Verhältnisse und Bedingungen umgeschrieben und umgefilmt werden. Über das Ausmaß der Veränderungen gehen die Meinungen auseinander: Da wird einmal von geringfügigen Anpassungen und Modifizierungen geredet, dann wird von der Eindeutschung ganzer Sequenzen gesprochen, sodann gibt es
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5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstechnologien
einen begründeten Sachverstand, der die Sendungen nur als Vorlage für eine grundsätzliche Neufassung gelten lassen will. Wenn ,SesameStreet' als eine Hilfskonstruktion bis zur Entwicklung eigenständigbundesrepublikanischer Vorschullösungen gelten soll, dann wird man sich nicht jener Meinung anschließen können, die da meint, man könne unter Beibehaltung der amerikanischen Originalversion auch einen anderen Adressatenkreis ansprechen. Natürlich könnten die Originalsendungen als Bildungsvehikel für sprachliche Exercitien von Gymnasiasten verstanden werden. Aber dabei würde dann die Intention der Vorschulerziehung umgebogen zu einem Nachhilfekurs in englischer Konversation. Es bleibt in summa nur die Aufforderung, die Sendung ,Sesame-Street' auf die Erfordernisse unserer Vorschulerziehung umzupolen und jene Teile konsequent zu eliminieren, die einer zeitgemäßen Pädagogik entgegenstehen: also der Fortfall des sinnlosen ABC-Gepaukes, Fortfall des formalistischen Zahlenspiels, das eine moderne und zum Teil modernistische Mengenlehre bereits ins Unrecht gesetzt hat, Reduzierung auf eine Zeitspanne, die der kindlichen Aufmerksamkeitsdauer angepaßt ist, Ausschluß jener Sozialisierungseffekte, die auf den amerikanischen Lebens- und Wirklichkeitszusammenhang bezogen sind. Eine in der Tat stupende Aufforderung und Leistungserwartung, die aber gerechtfertigt ist, solange hierzulande eigenständige Konzepte nicht nachzuweisen sind. Die deutsche Version — Sesam-Straße — hat viele dieser Ansprüche eingelöst. So wäre in einem zweiten Zugang von der ,Spielschule' — vom Bayerischen Rundfunk erarbeitet und jetzt revidiert — zu reden. Die Vorteile von ,Sesame-Street' sind die Nachteile der ,Spielschule' und vice versa. Die .Spielschule' ist fraglos ein bemühtes und pädagogisch angestrengtes Unternehmen. Sie hat sich in vielfältiger und umsichtiger Weise pädagogischer Einsichten versichert. Wir haben uns auch bereits dazu bekannt, daß alle Experimente auf diesem Gebiet Zuspruch erfahren sollen, aber die ,Spielschule' muß sich dem Vergleich mit ,Sesame-Street' aussetzen und ihn er- und vertragen. Die ,Spielschule' scheint einigen Leitlinien pädagogischen Einverständnisses über die Vorschulerziehung zu folgen: Die Sendungen dauern nur etwa 26 Minuten, sie gruppieren sich um eine, maximal zwei Spielhandlungen, sie werden angereichert durch Elterninformationen, die allerdings in der hochgestochenen Diktion pädagogischer Unbezweifelbarkeiten verfaßt sind. Die Autoren und Initiatoren dieser Sendungen haben zudem die demoskopische Akklamation bei der Hand, mit der sie den Nachweis führen können, daß das Zusammenspiel von ,Spielschule' und ,Elterninformation' zu ,klappen' scheint. Als Beobachter und Teilnehmer eines Streitgesprächs darf ich
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allerdings einige kritische Vorbehalte — wie dort bereits geschehen — vortragen: Zunächst ist die .Spielschule', darin vergleichbar mit ,Sesame-Street', der Wortmehrung und Differenzierung der Umweltbezüge zugewandt; sie ist darüber hinaus eine pädagogische Sendung in jenem Sinn, der die Absonderung von der Wirklichkeit mehr gilt als die wahrhaftige Direktheit der Gegenwart. Sie bettet sich bewußt nicht in den Kontext des alltäglichen Programms ein, setzt nicht das technische Raffinement ein, dessen sich die Kameras in der Farbaufzeichnung bedienen können: Stanzen auf blauem Hintergrund (blue screen) ist für die ,Spielschule' noch nicht erfunden, die Magie des Szenenwechsels, die Stakkato-Bildsprache des Werbefernsehens bleibt verbannt; hier wird eine pädagogische Provinz stilisiert, in der die Wirklichkeit heutigen Fernsehens ausgeschlossen zu sein scheint. Kinder werden in die Ausnahmesituation einer pädagogischen Veranstaltung im Fernsehen hineinmanövriert. Sodann muß die Frage zumindest zulässig sein, ob die so genüßlich .ausgefahrene' Geschichte — über eine halbe Stunde — das Interesse jugendlicher Zuschauer zu bannen vermag. .Sesame-Street' ist zu lang und will diesen Nachteil durch die Szenenwechsel zu einem Vorteil umkomponieren, die ,Spielschule' ist demgegenüber auf 30 Minuten angelegt und kastriert die Kamera zu einer Apparatur Andy Warhols: 30 Minuten ein Objekt und ein Thema im Auge. D a bleibt denn allenfalls noch ein ästhetischer Genuß für den erwachsenen Zuschauer, der, wie etwa in der Sendung vom ,Fliegen' die bayerische Szenerie an sich vorübergleiten sieht. Und schließlich bieten die Typen der Spielhandlungen kaum einen Anreiz der Identifikation, konturlose Wesen jener Jugendgeneration, deren unbeschwerte Attitüde der Werbung als Qualitätssiegel dient. D a ß diesen Einwänden begründete und begründbare Gegenargumente entgegengestellt werden können, soll zumindest erwähnt werden: So wird u. a. auf die .Elterninformationen' hingewiesen, denen ein interpretatorischer Charakter nachgesagt wird und die als Aktivierungs- und Verstehensinstrument gerühmt werden. Aber auch ,Sesame-Street' wird nur jenes Intervall überbrücken, das solange andauert, wie hierzulande die Ungewißheit über theoretische und praktische Verfahrensweisen in der Vorschulerziehung regiert" 5 2 0 . W i r haben a n einem Modell und unter Berücksichtigung mediendidaktischer B e z u g n a h m e Möglichkeiten und G r e n z e n eines medienspezifischen Unterrichts aufgewiesen. W i r meinen auch, d a ß es immer noch besser ist, etwas mit gewisser U n z u länglichkeit zu tun als jede A k t i v i t ä t einzuschränken bis zu 520 J . H. Knoll [166, S. 5 ff.].
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5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstedinologien
dem Zeitpunkt, da die Wissenschaft verläßliche Auskünfte und didaktisch-methodische Hinweise und Anweisungen zu geben imstande wäre. Neben der Vorschulerziehung wendet sich das Fernsehen der schulischen Bildung zu, wobei das Schulfernsehen nur zu oft die Bezugnahme und den Verbund mit dem Schulfunk vermissen läßt. W i r hatten bereits deutlich gemacht, daß beim Einsatz moderner Unterrichtstechnologien vor allem die Medienspezifika zu bedenken seien. Dieser Hinweis sei an zwei Sendungen veranschaulicht. D e r durch das Fernsehen übermittelte Sprachunterricht überdeckt vermutlich durch den Zwang zur Visualisierung die transferierten Unterrichtsinhalte. Es ist an diesen Sendungen nicht erkennbar, daß durch die Visualisierung die Inhalte verstärkt würden. In verbalintensiven und nur auf Verbalisierung abgestellten Programmen empfiehlt sich ein Medium, das in diesem Bezug spezifischer sein dürfte, also der Schulfunk 5 2 1 . An einer anderen Thematisierung fallen ebenfalls die medienspezifischen Besonderheiten auf. I m Westdeutschen Rundfunk ist das Thema Sexualerziehung — in der Form der Selbstreflektion von Schülern — sowohl vom Fernsehen wie auch vom Schulfunk aufgenommen worden. Dabei ist deutlich geworden, daß sich Schüler in der relativ anonymen Situation eines nur akustischen Mediums, also des Hörfunks, ungezwungener artikulieren als im Fernsehen, in dem neben der persönlichen Identifizierung noch das apparative Beiwerk als die Spontaneität eingrenzendes Element dem ungezwungenen Gespräch entgegensteht. Für nachschulische Bildungsmaßnahmen und Verfahren bieten sich ebenfalls aus den angegebenen Gründen neue Unterrichtstechnologien an, wobei allerdings Kassette oder Bildplatte, soweit es sich um berufsspezifische Programme handelt, vermutlich einen höheren Stellenwert einnehmen werden als H ö r f u n k oder Fernsehen. Die Anstalten ordnen ihr Interesse zwei Perspektiven zu: einmal den das Studium vorbereitenden Sendungen, wie der Mathematik-Vorkurs des W D R oder die Übersichten über Studienmöglichkeiten und Berufschancen künftiger 521 S i e h e d a z u d i e f o r t l a u f e n d e n B e r i c h t e in d e n Z e i t s c h r i f t e n A u d i o v i s i o n in Wirtschaft und Bildungswesen, Mündien und A V Z , I n f o r m a t i o n e n der A u d i o v i s i o n s z e n t r a l e des D e u t s c h e n I n d u s t r i e i n s t i t u t s , K ö l n . H . S i e b e r t [ 2 5 1 , S . 5 f f . ] .
5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstedinologien
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Akademiker (ebenfalls WDR/WDF) und sodann den eine Aktualität oder ein berufliches Interesse betreffenden bildungsintensiven Themen wie Datenverarbeitung und Netzplantechnik. Die Versuche, die Universität und das Studium insgesamt mehr auf das Medium Fernsehen zu beziehen, scheinen in jüngster Zeit nicht mehr ernsthaft verfolgt zu werden522. Der Gedanke einer Fernsehuniversität wie auch der das Studium in einzelnen Fächern durch das Fernsehen intensivierenden Programme scheint zunächst von der Tagesordnung genommen zu sein. Diese Beobachtung kann allerdings nur für die Bundesrepublik gelten; trotz Regierungswechsel und Veränderung der bildungspolitischen Zielvorstellungen wird in England das Projekt der OpenUniversity weiter verfolgt 523 und ausgebaut, die japanische University in the Air betreibt ebenfalls ein universitär-bildungsintensives Programm. Nebenbei sei bemerkt, daß die closedcircuit-programs hier nicht zur Diskussion stehen. Außerhalb des universitären Bereichs ist in der Bundesrepublik eine beträchtliche Aktivität zu registrieren, nämlich neue Unterrichtstechnologien für verschiedene Zielgruppen nutzbar zu machen. Es sei an dieser Stelle stellvertretend nur hingewiesen auf das medizinische und zahnmedizinische Fortbildungsprogramm der Ullstein-AV, „medicolloc" und „denticolloc". Darüber hinaus werden auf unterschiedlich technologisch-apparativer Grundlage vor allem Programme für innerbetriebliche Aus- und Fortbildung entwickelt, über deren Stand und mediendidaktische Konzeption vor allem „AVZ" 524 und „Contact" 525 fortlaufend berichten. Nach diesem, mehr allgemeine Aspekte berücksichtigenden Teil, sollen nunmehr einige Spezialprobleme anvisiert werden, wobei wir zunächst auf die technologische Diskussion eingehen wollen. In einer Sendung des 1. Fernsehprogramms hat Rüdiger Proske im Zusammenhang seiner prognostischen Vorblicke den derzeitigen Stand der Audiovision zu porträtieren versucht und dabei bewußt gemacht, daß die neuesten technischen Entwick522 B . Vogel und K . H o l z a m e r [299, S . 11 ff.]. 623 p . Drewek [83]. 524 A V Z , N r . 5/72. 525 Siehe dazu beispielhaft C o n t a c t , H . 2 , 1971, H . 3, 1968, H . 4, 1969.
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lungen, wie etwa die Bildplatte, einen absehbaren bildungsintensiven Einsatz noch nicht sinnvoll erscheinen lassen. Er befindet sich dabei in Übereinstimmung mit dem jüngsten Prognos-Gutachten. Er hat in diesem Beitrag allerdings auch zu erkennen gegeben, daß er der Audiovision gegenüber herkömmlichen Unterrichtsverfahren eine Verbesserung der Bildungserfolge zumesse. Er befindet sich solchermaßen auf der gleichen Linie jener Angaben von AVZ, wo es heißt: „Wird in einem begrenzten Umfang das Medienangebot variiert und so optimiert, daß die verschiedenen Informationen sich gegenseitig stützen und fördern und im Regelfall die anschauliche Basis sehr früh im Lernprozeß verankert und die begriffliche Klärung auf alle Fälle angestrebt werden, dann sind die hierbei zu erreichenden Erfolge je nach Verfahren und Medien bis zu 60 % größer als in bewährten konventionellen lehrerzentrierten Unterrichtsformen unter Verzicht auf solche Medienkombinationen. Vor allem läßt sich die Effektivität wesentlich steigern durch eine begrenzte Variation von Medien mit Methoden. Bei letzteren ist es besonders wichtig, daß aktivierende Verfahren sowie Einzelarbeit neben der Arbeit in der Gruppe in hinreichendem Umfang zum Zuge kommen" 526 . In einem Beitrag für den Sammelband „Massenmedien im Jahr 2000", herausgegeben von Uwe Magnus, werden wir demnächst diese Aspekte breiter ausführen. Auf der Grundlage dieser Erwartenshaltung ist die unverminderte Betriebsamkeit im bildungsintensiven, die Weiterbildung anvisierenden Bereich nur zu verständlich. Daß diese Betriebsamkeit auch in Unseriosität umschlagen kann, wird besonders im Feld der Fernlehrverfahren und -einrichtungen erkennbar. Im Gegensatz zur D D R ist das Fernlehrwesen in der Bundesrepublik im kommerziellen Raum angesiedelt. Damit sind ökonomische und werbliche Imponderabilien verbunden, die, wie die DAG bereits ausgewiesen hat, einer strengen Restriktion und Uberprüfung bedürfen. Solange das Fernlehrangebot solchen Anforderungen nicht unterworfen wird, bleibt der Raum für nichteinlösbare Versprechungen frei. Bildung wird dann als ein müheloses Freizeithobby ausgewiesen, das zu52« H . Rupredit [245, S . 3],
5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstechnologien d e m noch wohlfeil ist u n d n a h e z u grenzenlose nungen b e g r ü n d e t .
Die Anpreisungen
319
Aufstiegshoff-
durch die
Werbemaß-
n a h m e n sind allenthalben b e k a n n t . D u r c h eine Serie in W o c h e n z e i t u n g „ D i e Z e i t " v o n Hajo
Mathiesen
tiken einer breiteren Öffentlichkeit
einsehbar g e w o r d e n .
der
sind die P r a k Das
d o r t nicht i m m e r als seriös ausgewiesene H a m b u r g e r F e r n l e h r institut w i r b t g e r a d e in diesen T a g e n m i t d e m „ g r ö ß t e n u n d w e r t v o l l s t e n H F L - B i l d u n g s a n g e b o t , das es jemals g a b " 5 2 7 . D e n N e g a t i v k a t a l o g m a c h t ein B e i t r a g in der „Süddeutschen
Zei-
t u n g " v o m 8 . / 9 . J a n u a r 1 9 7 2 so a u f : „ . . . Für Gebiete, in denen es jedoch kaum Abendkurse und Volkshochschulen gibt, oder für Lernbegierige, die sich auf keine festen täglichen Zeiten festlegen können, bieten sich dann die sogenannten Fernlehrinstitute ,als bequemer und todsidierer Führer auf dem Weg zum Abitur oder jedem gewünschten anderen Abschluß' an. Was dabei passieren kann, zeigt am besten der Fall zweier Schwestern aus einem D o r f in der Umgebung Münchens. Obwohl sie die 50 bereits überschritten und nur die Volksschule besucht hatten, war es einem Vertreter gelungen, ihnen in kürzester Zeit einen Abiturkurs zu verkaufen (im Fachjargon: einer alten Frau den H u t mit dem Hammer aufsetzen). Ein Vertreter der Volkshochschule, an die sich die beiden Frauen kurz darauf in ihrer allerdings etwas spät erkannten Notlage wandten, bestätigte, daß sie weder befähigt noch überhaupt gewillt waren, das Abitur nachzumachen. ,Was hätten die beiden Damen auch damit anfangen wollen. Es war ein klassischer Fall, was ein Vertreter alles verkaufen kann.' Jene Vertreter, die meist großartig als ,Studienberater' eingeführt werden, arbeiten jedodi fast immer für Provision — das heißt, sie verkaufen so viele Lehrgänge und Kurse wie möglich, ohne dabei auch nur im geringsten die spezifische Eignung der Bewerber zu prüfen. Es gibt allerdings auch Angebote, die überhaupt keine besondere Begabung notwendig machen. Sie werden von den Fachleuten in die Reihe der sogenannten ,Seelenmassagen' eingereiht und versprechen dem Schüler, daß er ,in vier Wochen zur kompletten Persönlichkeit' heranreift oder innerhalb eines Jahres zur Führung eines G r o ß unternehmens geeignet sein werde. Für diese großartige Zukunft müssen dann nicht selten Beträge bis zu 50 M a r k im Monat berappt werden. 527 Werbeprospekt des Hamburger Fernlehrinstituts „Das größte und wertvollste H F L Bildungsangebotj das es jemals g a b ! " . Siehe dazu K . W . R u d o l f [243].
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Eine andere Masche, die für die Betroffenen ebenfalls sehr schmerzlich sein kann, ist die Unmöglichkeit, aus einem Kurs wieder auszusteigen. ,Bei manchen Instituten steht nur ganz kleingedruckt auf der Rückseite der Passus über die Unkündbarkeit', erklärt D r . Heinz Mahr, der an der Münchner Volkshochschule für die Erwachsenenfortbildung zuständig ist. ,Vor einigen Wochen kam beispielsweise ein Zeitsoldat zu mir, der einen Kurs zur Erlangung der mittleren Reife gekauft hatte. Nachdem er unterschrieben hatte, wurde er jedoch zu mehreren Lehrgängen abkommandiert und konnte deshalb sein privates Bildungsprogramm nicht weiter verfolgen. Erst nach langen zähen Verhandlungen war das Unternehmen zu einem Kompromiß bereit und ließ den Soldaten, nachdem er drei Monate für nichts gezahlt hatte, aussteigen'. U m den Dschungel wilder Werbemethoden dieser privatwirtschaftlichen Unternehmen nun etwas zu lichten, hat sich die Kultusministerkonferenz der Länder zur Einführung einer Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht entschlossen. Diese Stelle mit dem Sitz in Köln hat allerdings keine rechtlichen Möglichkeiten, gegen schlechtes Geschäftsgebaren vorzugehen, sondern kann nur an gute Fernlehrinstitute ein Gütesiegel verleihen. Brigitte Jöbges, die am Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung in München an einer bundesweiten Untersuchung über derartige Institute arbeitet, nennt die Kriterien für einen korrekten Fernunterricht: .Keine Vertreterbesuche, freie Kündbarkeit, kombinierter Fern- und Direktunterricht, bei dem sich mindestens alle drei Wochen die Schüler zu einem Seminartag treffen.' Die Zahl der Fernschüler ist mit 300 000, das sind 0,5 °/o der B e völkerung, in der Bundesrepublik relativ gering. In den Niederlanden, wo es öffentliche Auf sichtssteilen gibt, oder in Australien, das die Volkshochschule als Herausgeber des gesamten Fernschulwesens eingesetzt hat, gibt es oft die zehnfache Zahl von Fernschülern. Brigitte Jöbges: ,Es ist zu hoffen, daß durch die Einführung des Gütesiegels endlich einmal ein Konkurrenzkampf allein unter den Gesichtspunkten von Qualität und Erfolgsnachweis stattfindet. Zumindest kann man jetzt schon sagen, daß jene Kurse, die von der Zentralstelle ausgezeichnet werden, durch gute pädagogische Betreuung und perfektes Finanzgebaren eine positive Ausnahme auf diesem M a r k t bilden.' Das Gütesiegel ist bis jetzt erst sechs M a l vergeben worden. Nach Angaben von Experten erfüllen nur etwa 10 °/o aller Fernunterrichtsinstitute die Bedingungen, die von der Zentralstelle aufgestellt wurden."
Indes sollten die Fernlehrinstitute nicht ausschließlich auf dem Hintergrund von Negativkatalogen betrachtet werden,
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zumal die objektive Bewertung ihrer Vorgehensweisen und die intendierte Prädikatisierung zu einer Flurbereinigung führen dürften. Auf jeden Fall wird bei diesen Einrichtungen darauf zu achten sein, daß sie audi Formen des Direktunterrichts praktizieren, durch den erst eine erhöhte Effizienz zustande kommen kann. Inzwischen ist der „pädagogische Markt" auch für wirtschaftliche Absichten interessant geworden. Die großen Unternehmungen, die sich mit der hardware-Entwicklung neuer Unterrichtstechnologien befassen, meinen eine Marktlücke entdeckt zu haben, in die hinein sie expandieren können. Freilich sind die technologischen Entwicklungen — und wir haben diesen Umstand bereits angesprochen — nicht von pädagogischen Maßnahmen mit gleicher Zügigkeit begleitet. So werden neue Produkte auf den Markt gebracht, ohne daß deren pädagogisch unterrichtliche Relevanz geprüft wurde. Es fehlt — im Klartext gesprochen — an Programmen, die auf die technischen Vorgaben bezogen sind. Dieses Defizit ist im Bereich der Kassette — die als ein ubiquitäres Medium zum Transport von Informations- und Unterhaltungsangeboten zu betrachten ist528 — zu einem erheblichen Teil korrigiert worden. Auch das BASF-System 5000 529 ist bereits auf didaktische Vorgehensweisen hin orientiert. Es mag einigermaßen erstaunen, daß sich erst in jüngster Zeit politisch supranationale Einrichtungen wie der EuropaRat dieses Gegenstandes angenommen und den Versuch unternommen haben, die technologische Entwicklung im Einzelbeispiel zu dokumentieren 530 . Anläßlich einer Expertentagung, die der Europa-Rat im Frühjahr 1972 in Paris durchgeführt hat, ist offenbar erstmalig der derzeitige technologische Entwicklungsstand im Hinblick auf die mögliche Inanspruchnahme für Information und Unterhaltung breiter dokumentiert worden. Die 528 Siehe Anm. 515. Ferner: Recht aus der Kassette, Ein Gesprädi von J . Weiler mit T h . Schramm. In: I N , das deutsche Bildungsmagazin, H . 3, 1972, S. 40 ff. K . Boeckmann [36, S. 28], dort auch der Bericht über H a r d w a r e (S. 16 ff.). C. Sottorf [259, S. 843], H . Dietel [71]. Ober die weitere Entwicklung der Audiovision s. Audio vision — 1980 nodi kein Massenmedium, Prognos legt G u t a d n e n zur audiovisuellen Z u k u n f t vor, i n : Mediaperspektiven 1/1973, S. 7 if. 520 [18]. 530 Siehe A n m . 515, J . H . Knoll, Audiovision for I n f o r m a t i o n and E n t e r t a i n m e n t . Bibliography A p p e n d i x A . Einzeldarstellungen i n : AVZ, N r . 0/1971, 02/1971, N r . 1, 2, 3, 6, 7, 1972. 21
Knoll,
Erwachsenenbildung
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Themen der Tagung vermögen bereits das Ausmaß der Neuorientierung von pädagogischer und unterhaltungsbezogener Technologie auszuweisen: Programme distribution in the present-day world; The video-cassette; Satellite Broadcasting in Europe; Concerning a European satellite — problems and prospects; Audiovision for information and entertainment; Cultural uses of a satellite with receiving stations. Schließlich bemüht sich der Europa-Rat auch um eine Dokumentation der Konsumgewohnheiten der Rezipienten gegenüber neuen oder schon zum Teil traditionellen Unterrichtstechnologien, wie die Arbeit des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen, Mündien, belegt: „Methods of Audience Research Applied by Western European Broadcasting Stations" 531 . Die genannten Publikationen spiegeln den derzeitigen Stand der technologischen und pädagogischen Entwicklung neuer Medien verläßlich wider, und zwar von Hörfunk und Fernsehen bis zu den Möglichkeiten des Kabelf ernsehens, der Kassette und der Bild-Tonplatte. Dazu werden gerade auch im Blick auf die Erwachsenenbildung jene Projekte vorgestellt, die Alphabetisierung mittels Kommunikationssatelliten befördern. Richard W. Dill hat bereits im Anfangsstadium der technischen und pädagogischen Entwicklung von Kommunikationssatelliten auf die Möglichkeiten für die Erwachsenenbildung in den Entwicklungsländern hingewiesen und auch darauf abgehoben, daß sich das Interesse auf die Projekte für Indien und Mittelamerika konzentrieren dürfte532. In jüngster Zeit mehren sich nunmehr auch die Arbeiten, die die Relevanz neuer Unterrichtstechnologien für die Erwachsenenbildung auch im empirischen Zugang aufdecken. Während zunächst auf die mehr theoretischen Aspekte und lernintensivierenden Möglichkeiten eingegangen wurde, werden nun auch die Wirkungsweisen und Lerneffizienz untersucht. Im Blick auf mehr theoretische und programmatische Arbeiten kann hingewiesen werden auf die von Theodor Jüch581 [54].
532 R . D i l l [74, S. 133 ff.].
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ter unterbreiteten Vorschläge für Selbstlernzentren533; wir haben diese Blickrichtung im Zusammenhang von Bildungszentren angesprochen. Hier findet sich eine Wiederaufnahme eines bereits genannten Gedankens, nämlich der Individualisierung von Lernprozessen durch die ubiquitären und systematisch-stringent verfaßten Lernprogramme neuer Medien. Darüber hinaus finden nun auch didaktische Aspekte neuer Medien in der Erwachsenenbildung534 und medienspezifische Gesichtspunkte Berücksichtigung. Da eine Reihe von Einrichtungen der Erwachsenenbildung bereits mit modernen Unterrichtstechnologien arbeitet, ist der die Benutzung nur theoretisch und vor allem bildungstheoretisch reflektierende Bezugspunkt nicht sonderlich ertragreich. Die jüngst bekannt gewordenen Untersuchungsergebnisse von Hertha Sturm und Mitarbeitern dürften demzufolge in der Erwachsenenbildung schon auf größere Resonanz stoßen, da in diesen Ergebnissen auf die Medienspezifika abgehoben wird. In einem Bericht über die Arbeit von Hertha Sturm wird in Zusammenfassung der Ergebnisse mitgeteilt: „Bei beiden Rezipientengruppen — Sehern und Hörern — war ein Wissenszuwachs zu verzeichnen, ein medienspezifischer Einfluß auf die Lernleistung jedoch nicht feststellbar, weder auf die Erst-Lernleistung, noch auf die Verlaufsform des Vergessens des Gelernten. Im Gegensatz zum Wissenszuwachs zeigten die durch die Sendung vermittelten emotionalen Eindrücke eine deutliche Medienabhängigkeit. Seher und Hörer empfingen jeweils andere emotionale Eindrücke, die sich im Zeitablauf (hier drei Wochen) weder veränderten, noch abschwächten. Die Reaktionen der Hörfunkteilnehmer tendierten stärker in die Richtung erregend, mächtig; Fernsehteilnehmer empfanden die Sendung als unangenehmer. Die Autoren betonen, daß die Medienabhängigkeit und Stabilität emotionaler Eindrücke, wie sie sich hier nach einmaliger Hörfunk- und Fernsehdarbietung zeigten, für sie ebenso 533 H. Th. Jüditer [143, S. 199 f.], H . Th. Jüditer, G. Kadelbadi u. A. Konitzer [144, S. 120—126], Im Hinblick auf planerische und bildungspolitische Perspektiven s. A. O. Sdiorb, Planungsgrundlagen für eine medientechnische Gesamtentwicklung, in: AVZ, 2/1973, S. 2 ff.; A. Vulpius, Medienverbundsysteme für Erwachsene und öffentliche Hand, in: AVZ, 3/1973, S. 2 ff. 534 Mediensysteme in der Erwachsenenbildung. Zwölf Projektanalysen aus neun Ländern. Hrsg. Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen. München 1971. 21 »
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erstaunlich wie unerwartet waren. Um so stärker dränge sich die Notwendigkeit weiterführender Forschungsarbeiten im Bereich der Medienwirkungen auf, wobei den Relationen zwischen inhaltsorientierten Behaltensleistungen und dem Verlauf emotionaler Eindrücke stärkere Aufmerksamkeit zu widmen sei"635. Hertha Sturm hat den mehr allgemeinen Rahmen bildungsintensiver Programme bereits in ihrer Habilitationsschrift angesprochen586. Wir müssen allerdings im Hinblick auf die derzeitigen Befunde in der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung darauf hinweisen, daß diese Wissenschaft die kommunikationswissenschaftlichen Einsichten weithin unberücksichtigt läßt und dafür mehr den Mutmaßungen Raum einräumt. Insgesamt darf festgehalten werden, daß die Erziehungswissenschaft die Kommunikationswissenschaft nur insoweit berücksichtigt, als sie die Möglichkeit eröffnet, unterrichtliche Prozesse in ein Kommunikationsmodell einzubinden537. Wir brauchen der Erörterung technologischer Entwicklungen der Kassette hier keinen breiten Raum einzuräumen und verweisen statt dessen auf eine von uns vorgelegte Arbeit538, in der sowohl die apparativen Aspekte wie auch die pädagogigschen Probleme ausgebreitet sind. Schließlich sollen noch einige weitere Projekte und Programme bezeichnet werden, innerhalb derer die Erwachsenenbildung durch neue Unterrichtsverfahren und -technologien eine Förderung erfährt. Vom Fernunterricht und seiner mißlichen Verfassung war bereits die Rede539. Für die in unserem Zusammenhang interessierenden Hörfunk- und Fernsehprojekte verweisen wir auf die Publikation „Weiterbildung zahlt sich aus"540. Einzelmaßnahmen wie Funkkolleg 541 und Studienfernsehen können hier keine 585 536 538 53» 540
Mediaperspektiven, H . 5, 1972, S. 258. 537 H . Sturm [2891. K . H . Schäfer, K . Schaller [263], J . H . Knoll, Audiovision for I n f o r m a t i o n and Entertainment, Strasbourg 1972. Siehe A n m . 527. D a z u G . Dohmen, O . Peters [75]. Weiterbildung zahlt sich aus, Lern- und Bildungsprogramme von H ö r f u n k und Fernsehen, H r s g . Bundesminister f ü r Bildung und Wissenschaft, Bonn o. J . 541 Zum Beispiel H . Scheuerl, Sinn und Zielbestimmung des Funkkolleg. I n : Wissenschaft und Gesellschaft. E i n f ü h r u n g in das Studium von Politikwissenschaft, Neuerer Geschichte, Volkswirtschaft, Recht, Soziologie. H r s g . G . Kadelbach, H a m b u r g 1967 S. 28. K . Rebel und S. C o r i n t h [232, S. 14 f.].
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dezidierte Erörterung erfahren 542 . Zum Telekolleg liegt ebenfalls eine Begleituntersuchung vor, die Auskunft über den bildungswirksamen Ertrag gibt 543 . Die jüngste Entwicklung des Unternehmens Telekolleg beschreibt ein Beitrag in der „Süddeutschen Zeitung", der sich audi auf die Weiterentwicklung des Fachschulwesens im tertiären Bildungsbereich bezieht. Dort wird berichtet: „Seit 1967 hat sich das Telekolleg mit Lehrprogrammen, die bis zur Fachschulreife geführt haben, in Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland bewährt. Die Erfolgsbilanz hat die Initiatoren ermuntert, das Unterrichtsprogramm auszubauen und ,aufzustocken': Zur Zeit werden in den Studios des Bayerischen Rundfunks, des Südwestfunks, des Westdeutschen Rundfunks und der British Broadcasting Corporation Lehrsendungen für das Telekolleg II produziert, das den Erwerb der Fachhochschulreife ermöglichen will. Diese Sendungen werden vom 25. September an in Bayern und im Südwestraum, vom August an im Bereich des Westdeutschen Rundfunks in den jeweiligen dritten Programmen ausgestrahlt. Auch das Schweizer Fernsehen wird, voraussichtlich ab Januar 1974, die Sendungen übernehmen. Das Telekolleg II, das mit einem staatlichen Zeugnis abgeschlossen werden kann, berechtigt zum Studium innerhalb des Fachhochschulbereichs an über 60 Fachrichtungen. Der Bayerische Rundfunk übernimmt die Produktion von 169 Lehrprogrammen zu jeweils 27 Minuten (unter anderem 52 DeutschProgramme, 39 Physik-Lektionen, 52 Mathematik-Programme). Der Südwestfunk steuert 104 Sendungen bei: Geschichte (26 Programme), Volks- und Betriebswirtschaftslehre (26), Wirtschaftsgeographie (13), Sozialkunde (13), Biologie (13) und eine Einführung in die Technologie in 13 Lektionen. Der Westdeutsche Rundfunk wird sich mit dem Bayerischen Rundfunk und in Zusammenarbeit mit der BBC an einem 52teiligen Englischkurs beteiligen; er übernimmt in diesem Gemeinschaftswerk 26 Programme. Weiterhin produziert der WDR den Chemie-Kurs (13 Lektionen) und chemische Technologie (13). Zusammen mit der TR-Verlagsunion, München, werden die Redaktionen der 5 « Allgemein: R . S. Eime [85, S. 23 ff.]. 5*3 [21], Absidit und Verwirklichung des Telekollegs, D i d a k t i k der Lehrsendungen und empirische Untersuchung zum Problem des unmittelbaren feedbadc im Bildungsfernsehen f ü r Erwachsene. I n : Wissenchaftliche Begleituntersuchung, Telekolleg im Studienprogramm des Bayerisdien R u n d f u n k s , H . 1, 2, 3, M ü n chen 1970.
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beteiligten Funkhäuser auch diesmal wieder für die Erstellung des Begleitmaterials in Buchform sorgen. Die Kultusministerien der am .Telekolleg Ii-Verbund' beteiligten Länder übernehmen die Veranstaltung von Kollegtagen und die Prüfungen. Die Teilnehmer erhalten ein staatlidies Zeugnis. Die eigentliche Zielgruppe von Telekolleg II sind wieder jene Teilnehmer am Unterrichtssystem, die ein solches Zertifikat erwerben wollen. Darüber hinaus kann das Programmangebot vielfach genutzt werden: An vielen Volkshochschulen kann man Einzelkurse besuchen. Komplette Serien können im herkömmlichen Schulunterricht eingesetzt werden. Erwachsenenbildungseinrichtungen, Großbetrieben, der Bundeswehr, Fortbildungsstätten der Gewerkschaften usw. steht die Nutzung der Lehrprogramme via Bildschirm unbeschränkt offen. Ein wichtiger Programmpunkt ist in dieser Hinsicht auch die Einschaltung des Telekolleg-Systems in den Resozialisierungsprozeß von Häftlingen an Strafanstalten. Hier liegen bereits wichtige Erfahrungen aus der ersten Phase des Telekollegs vor. Das Telekolleg II dauert zwei Jahre; es umfaßt sedis Trimester zu je 13 Wochen. Eingeschriebene Teilnehmer mit dem Ziel der Fachhochschulreife zahlen für das schriftliche Studienmaterial je Trimester 26,— Mark, für die Einschreibung an die TR-Verlagsunion einmalig 15,— Mark, d. h. insgesamt also 171,— Mark in zwei Jahren. Aufhören kann der Teilnehmer jederzeit. Nicht eingeschriebene Teilnehmer zahlen den Buchhandelspreis. Ein Zusatzangebot innerhalb des Telekollegs II ist das ,Telekolleg für Erzieher', das der Fachschule für Sozialpädagogik entspricht und zum staatlich anerkannten Erzieher ausbildet, der seinen Beruf dann sofort in Kindergärten, Vorschulgruppen, Horten, Heimen und anderen sozialpädagogischen Bereichen ausüben kann. Die Ausbildung dauert drei Jahre und gliedert sich in einen theoretischen und pädagogischen Teil von zwei Jahren sowie ein einjähriges Praktikum" 544 . Letztlich wollen wir noch einmal deutlich machen, daß sich die praktische Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik bereits intensiv um die Möglichkeiten und Chancen neuer Medien bemüht. Die praktische Erwachsenenbildung verfolgt und begleitet dabei sowohl die bildungsintensiven wie die unterhaltenden Programme 545 und nimmt die von den Fernsehanstalten 544 M i t dem Telekolleg zur Fachhochschulreife. I n : Süddeutsche Zeitung, 24. Juni 1972, S. 19. 545 Mediensysteme in der Erwachsenenbildung. Zwölf Projektanalysen aus neun L ä n d e r n . H r s g . Internationales Zentralinstitut f ü r das J u g e n d - und Bildungsfernsehen, Mündien 1972. E u r o p a r a t , Conseil de l'Europe, Studienprojekt II 1.222 — Promotion culturelle: D i e Methoden von Kunstsendungen in
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vorgetragenen Programme in einen kritischen Augenschein. Zumal die Volkshochschulen haben durch die Begründung zahlreicher „ Fernseharbeitskreise" hier eine auch die Rezipientenfunktion berücksichtigende Position eingenommen. Über diese Arbeit berichtet die vom Deutschen Volkshochschulverband herausgegebene Publikation „Volkshochschule und Fernsehen", in der der Beitrag der Erwachsenenbildung an Begleitung und Auswertung unterhaltender und bildungsintensiver Programme des Deutschen Fernsehens verläßlich registriert wird. Ich verweise hier u. a. auf die Ausgabe vom 19.10.1971, in der eine Berichterstattung über die Arbeit an einzelnen Volkshochschulen vorgenommen wird. Die Erwachsenenbildung ist natürlich an jenen Unternehmungen zunächst interessiert, die ihre Bildungsarbeit durch andere Medien befördern. Dabei verfolgt sie sowohl jene Programme, die sich als systematisiertes Bildungsangebot verstehen wie auch jene, die mehr im Sinne von Enrichment wirken können. Der Deutsche Volkshochschulverband macht sich aber auch ein weitergreifendes Verständnis von Erwachsenenbildung zu eigen, wenn er im Adolf-Grimme-Preis auch jene Sendungen verfolgt, die über den unmittelbar bildungswirksamen Bereich hinausgreifen. Der Adolf-Grimme-Preis, der 1973 zum 10. Mal vergeben wurde, hat sich satzungsgemäß von der pädagogischen Zielsetzung seines Anfanges freigesetzt und darf heute als der bundesrepublikanische Fernsehpreis apostrophiert werden. Zum Adolf-Grimme-Preis liegt jetzt eine dezidierte Publikation vor (B. Donnepp u. a., Der Adolf-Grimme-Preis, Braunschweig 1973). Andere Fernsehpreise wie die Goldene Kamera, der Goldene Bildschirm, sind bei aller Angemessenheit der kritischen Position doch kommerziell ausgerichtet, da sie von Fernsehzeitschriften vergeben werden und den Publikumsgeschmack entweder direkt oder indirekt zur Geltung bringen. Der AdolfGrimme-Preis des Deutschen VolkshochsdiulVerbandes ist vor aleuropäisdien Fernsehprogrammen; D i e Möglichkeiten des Fernsehens auf dem Gebiete der bildenden Kunst, Züridi 1972. Fortlaufende Berichte in: Volkshochschule und Fernsehen, ein Informationsdienst, s. insbesondere N r . 27/71. Ebenfalls fortlaufend V H S im Westen, jüngst H . 3, 1972. Vermutlich werden sich weitere Aktivitäten aus dem Institut für Fernseharbeit in M a r l für diesen Bereich ergeben. Siehe Institut für Fernseharbeit in M a r l , in: D i e Welt 16. 12. 1972, S . 23.
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lern an die Initiative von Dr. Bert Donnepp gebunden, der bestrebt ist, das Konzept des Grimme-Preises auch hinsichtlich der kritischen Funktion und der mediendidaktisdien Relevanz auszubauen. Anläßlich der Verleihung des 9. Adolf-Grimme-Preises am 10. März 1972 ist denn auch angeregt worden, in Marl, dem Ort der Preisverleihung und der Auswahl der zu prämierenden Sendungen, ein Institut zu begründen, das sich der Erforschung der Fernsehwirkung und der Medienerziehung annehmen sollte. Wir haben diesen Gedanken durch eine Expertise unterstützt, in der es u. a. begründend heißt: Der Erwachsene ist in seiner Freizeit in einem ständig zunehmenden Maße dem Informations- und Unterhaltungsangebot ausgesetzt, ohne daß er über die Maßstäbe verfügt, das Angebot einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Daneben wird er mit einem bildungsintensiven Programm konfrontiert, dessen Verfahrensweise an den methodischen und didaktischen Einsichten der Erwachsenenpädagogik nur unzureichend orientiert ist. Während das Verhältnis Jugendlicher zum Fernsehen unter verschiedenen Zugängen wissenschaftlich näher bestimmt wurde — was sich u. a. in einer erheblichen Fülle wissenschaftlicher Publikationen niedergeschlagen hat —, befinden sich die Klärungsversuche des Verhältnisses Erwachsener—Fernsehen noch in einem Anfangsstadium. Der Adolf-Grimme-Preis hat seit der massenhaften Ausbreitung des Fernsehens die gesamte Fülle des preiswürdigen Materials gesichtet und archiviert. Er bietet sich solchermaßen als eine Stelle an, aus der die Wissenschaft ihr Forschungsmaterial beziehen könnte. Außerdem ist dort die Resonanz auf die Preisentscheidungen, soweit sie publizistischen Ausdruck gefunden haben, gesammelt worden. Daß die Entscheidungen dem kritischen Einspruch ausgesetzt waren, mag als ein Indiz erscheinen, daß zum derzeitigen Zeitpunkt eine wissenschaftlich haltbare Bewertung von Fernsehsendungen noch nicht möglich ist. Um die oben näher bezeichneten Aufgaben einer sichtbaren Beurteilung zuführen zu können und sie andererseits für eine effektivere Nutzung der Zusammenarbeit zwischen Fernsehen und institutioneller Erwachsenenbildung nutzbar zu machen,
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müßte eine institutionelle Basis erreicht werden, die auch längerfristige Forschungs-, Versuchs- und Auswertungsvorhaben gewährleistet sowie praktische Voraussetzung für die Medienerziehung bietet. Diesem für die Weiterbildung ständig an Bedeutung gewinnenden Zweck soll das geplante Institut dienen. Dabei würden zunächst folgende Themen und Probleme zur Bearbeitung anstehen: 1. 2. 3. 4. 5.
Kriterien der Bewertung von Fernsehprogrammen Qualität und Quantität des Programmangebots Fernsehgewohnheiten von Erwachsenen Anleitung zum Gebrauch des Programmangebots Methodische und didaktische Gestaltung bildungsintensiver Programme (Kurse, Reihen, Enrichment, Kontext) 6. Die transitorische Funktion des Fernsehens angesichts der Audiovision 7. Qualitative und quantitative Effizienz der bildungsintensiven Programme.
Es wird darauf hingewiesen, daß die Stadt Marl in Verbindung mit einer benachbarten Hochschule sowie mit dem durch die Volkshochschulen in der Bundesrepublik gegebenen Rückhalt und mit dem Fundus, der durch die Institution „Adolf-GrimmePreis" gegeben ist, ideale Voraussetzungen für die Bewältigung dieser Aufgabe bieten kann. Der Aufgabenhorizont, den der Deutsche Volkshodischulverband für das Adolf-Grimme-Institut vorgesehen hat, ist in einem Vorstandsbeschluß zusammengefaßt; Hauptziele sind danach: Einrichtung von Veranstaltungen für den praktischen Gebrauch des Fernsehens im Rahmen der Erwachsenenbildung einschließlich der Produktion von Sendungen. Einrichtung und Betreuung von Arbeitsgruppen für eine ständige kritische Beobachtung und Beurteilung von Fernsehprogrammen in der Bundesrepublik. Vorbereitung und Durchführung aller Veranstaltungen des 1961 vom Deutschen Volkshochschulverband gestifteten Fernsehwettbewerbs Adolf-Grimme-Preis.
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5. Bemerkungen zu modernen Unterrichtstechnologien
Ob die Realisierung eines derart gedachten und konzipierten Instituts gelingt, ist zunächst der bildungspolitischen Initiative anheimzugeben. Wir haben vorstehend versucht, ein Spektrum gegenwärtiger Erwachsenenbildung zu geben, wir haben auch einen Vorblick auf zu erwartende neue Entwicklungen gewagt; die nächsten Jahre werden erweisen, ob unsere Hoffnungen und die daran geknüpften Erwartungen berechtigt waren.
Literatur I.
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Literatur
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This is the most i m p o r t a n t journal f o r the Waloon p a r t of Belgium. A good survey of the journal is presented by the Subject Index of the contents for the years 1957—1966 in the special issue 1969/5. Convergence. An International J o u r n a l of Adult Education. E d . J . Roby K i d d . T o r o n t o . A q u a r t e r l y . In English, French, Spanish and Russian. The journal has not any institutional basis and its level is due above all t o the editor. I t is apparently the best international journal in the sphere of adult education nowadays. Die österreichische Volkshochschule. O r g a n des Verbandes Österreichischer Volkshochschulen (The Austrian People's University. An O r g a n of the U n i o n of Austrian People's Universities). Wien. A q u a r t e r l y . The journal ist mostly of a practical character. Education permanente. Boulogne-Nancy, Institut N a t i o n a l pour la Formation des Adultes. A q u a r t e r l y . This is the best French journal in the branch; it has appeared since 1969. Education permanente. Revue de la Fédération suisse pour l'éducation des adultes. Zurich. A q u a r t e r l y . The journal is published in French and G e r m a n ; it includes practical problems for the most p a r t , but it also publishes f u n d a m e n t a l theoretical articles. Out of the rest of Swiss journals it is possible to present: Evangelische Erwachsenenbildung (Evangelic A d u l t Education) Volkshochschule (People's University). Erwachsenenbildung (Adult Education). Munster, Institut f ü r Erwachsenenbildung. A q u a r t e r l y . The journal deals with the problems of the theory of adult education f r o m Catholic v i e w p o i n t . Erwachsenenbildung in Österreich (Adult E d u c a t i o n in Austria) Wien, Bundesministerium f ü r Unterricht. 12 issues per year. T h e most well-founded Austrian journal. U n t i l 1969 it was published under the title N e u e Volksbildung. Folkbildningsarbetet (Work in A d u l t Education). Stockholm, Folksbildningsforbundet and Samverkande Bildningsförbunden, 12 issues per y e a r . This is probably the most b r o a d l y conceived Swedish journal on adult education. Further we can present: Folkuniversitetet (People's Universities) Tidskrift for versities).
Svenska
Folkhögskolan
(Journal
for
the
Swedish
People's
Uni-
Hessische Blatter für Volksbildung (Hessian Papers f o r A d u l t E d u c a t i o n ) . Frank* f u r t a. M., Hessischer Landesverband f ü r Erwachsenenbildung. A q u a r t e r l y . This is the most important of the German regional journals. Indrumatorul cultural. Revista lunarâ a Comitetului de stat pentru cultura si a r t a . (Cultural I n d i c a t o r . A m o n t h l y of the State Committee for C u l t u r e and A r t ) . Bucharest. 12 issues per year. This is the central educational journal in R o u m a n i a . Journal of International Congress of University Adult Education. C a n b e r r a . The generalised institutional practice prevails over the general theory. In this respect the journal has h a r d l y any rival thanks to the breadth of its conception. Nepmiiveles (Adult Education). Budapest, Nepmüvelesi Intézet. A q u a r t e r l y . This is the basic journal on adult education in H u n g a r y . Notes and Studies. N o t e s et Etudes. Berichte und Aufsätze. Bergen, European Bureau of Adult Education. Irregular. 48 numbers have been issued since 1955. Oswiata dorosych (Adult Education). W a r s z a w a , Ministerstwo o l w i a t y . 12 issues per year. This is the basic Polish journal. Realtà e problemi dell éducazione degli adulti (Reality and Problems of A d u l t Education).
III. Auswahlverzeidinis
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Roma, Centro studi dell'Ünione nationale per la lotta contro l'analfabetismo. 6 issues per year. It publishes important theoretical articles with both national and international range of themes. N o s . 38—39, 1970, are particularly significant, as they are devoted to permanent education. Scottish Adult Education. Alloa, The Scottish Institute of Adult Education. 3 issues per year. Slovo lektora. Nau£no-metodi£eskij je£emesja£nik Vsesojuznogo obüestva „Znanije*. (Lector's Word. Scientific and Methodological Monthly of the All-Union Association „Znanije"). Moskva. 12 issues per year. „Znanije" concentrates all out-of-school forms of adult education in the USSR. The journal publishes theoretical articles and practical instructions for lectors. Out of the rest of Soviet journals it is necessary to present at least: Sovetskaja pedagogika (Soviet Pedagogics) Kul'turno-prosvetitel'naja rabota (Cultural and Educational Work). Studies in Adult Education. E d . T. Kelly. Liverpool, University of Liverpool. 2 issues per year. It has been published since 1969; it deals not only with the British problems but also with those abroad. Apart f r o m the articles its bibliographic and documentary part is significant. Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung. (Theory and Practice of Adult Education). Graz, Steirisches Volksbildungswerk. The importance of this journal is rooted in its articles which are of a good standard. The bibliographic p a r t is somewhat weaker. Vetern jaja srednjaja skola (Evening Classes at High Schools). Moskva, Ministerstvo prosveSienija SSSR. 6 issues per year. T h e journal is directed to practical prob« lems for the most p a r t . Volkshochschule im Westen (People's University in the West). Stuttgart, Verlag Kohlhammer. 6 issues per year. The journal informs on the development of People's Universities in the West, particularly in West Europe. It is one of the most significant journals. VO. Tidskrift for Volksoplaering (A Journal for Adult Education) Osla, Folkeumversitetet. A quarterly. Out of the rest of Norwegian journals on adult education it is necessary to present: Studie nytt. Tidskrift for Samnemnda for Studiearbeid. Volksopvoeding. Nederlands-belgisdi tijdsdirift. (Adult Education. Dutch-Belgian Journal) Brüssel, Algemene Directie Jeugd en Vrijetijdbesteding. Amersfoort. Nederlands Centrum voor Volksontwikkeling. 10 issues per year. English summaries. The journal publishes important theoretical articles; it has a good documentary and bibliographic part as well as information. I I I . AUSWAHL V E R Z E I C H N I S Publikationen, die uns nadi Fertigstellung des MS zugänglich wurden und f ü r unsere Darstellung belangvoll sdiienen, konnten jeweils nur unter den Anmerkungen aufgeführt werden. [1] Abelein, M. (Hrsg.): Deutsche Kulturpolitik — Dokumente. Düsseldorf 1970. [2] Akademie der Gesellsdiaftswissensdiaften beim ZK der K P d S U (Hrsg.): Die Grundlagen der kommunistischen Erziehung. Berlin 1964. [3] Anders, W. H.: Englands »Open University". I n : Zeitschrift f ü r Pädagogik, H . 3, 1972. [4] Andriessen, H.: Psychologie des Erwachsenenalters. Ein Beitrag zur Lebenslaufpsychologie. Köln 1972. (Original: Groei en grens in de Vol-
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Personenregister Abel, H . 31 Abelein, M. 333 A b r a h a m , K . 31 A d l e r , A. 128 A k e r , G. F. 54 A l l p o r t , G. W . 295 A n d e r s , W . H . 73, 333 Andriessen, H . 57, 293, 295, 296, 333 Anweiler, O . 13, 96, 116, 118, 119, 120, 121, 122, 124, 126, 333, 338 A r l t , F. 270, 290, 334 A u r i n , K . 78 B a i n , R. 107 Ballauff, T h . 61, 100, 103 Baiser, F. 80, 94, 133, 334 Barber, B. R. 130 Baske, S. 74, 334 Baudrexel, J. 186 Bauer, D . 278, 334 Bäuerle, T h . 134, 181 Bediel, A. 137, 138, 139, 338 Becker, C. H . 181 Becker, H . 137, 156, 186, 187, 334 Bednarik, K . 216, 334 Beelitz, A . 272, 299, 334 Beer, R. R. 204, 334 Beier, G . 94 Bennett, C. 132, 339 Benning, A . 259, 264, 334 Bereday, G. Z. F. 120, 121, 125, 158, 334 Berstedier, D . 121, 126, 127, 334 Bessler, H . 123, 334 Biedenkopf, K . 74, 341 Biela, L. 127 Bienek, H . 201 Blankertz, H . 31, 74 Bledjian, F. 309, 334 Boeckmann, K . 321, 334 Böhme, G . 259, 335 Böhme, W . 249, 255, 256, 257, 335 Boelsdie, W . 85 Bokelmann, H . 10, 31, 335 Bolewski, H . 284, 335 Bolle, F. 110 Bollnow, O . F. 17 Borinski, F. 25, 58, 66, 67, 72, 92, 93, 99, 194, 204, 335 BoulboulU, H . 205 Brandedter, F . 72 Brandes, E . 113, 335, 344 Brezinka, W . 9, 10, 14, 335 Brocher, T . 299, 335
Bühler, Ch. 17, 293, 302 Bungenstab, K . E. 139 Burckhardt, J . 112 Chapin, F. St. 107 Clauss, G . 302 Conze, W . 113 C o r i n t h , S. 324, 342 Creifelds, C . 139 Crummenerl, R . 156, 335 Cube, F. V. 38, 335 Dahmer, I . 10, 335 D a h r e n d o r f , R. 172, 219, 229, 336 Dave, R . H . 90 Dermine, G . 156, 335 Dickson, G. 80 Dieckmann, B. 158, 336 Dietel, H . 321, 336 Dietrich, K . 293 D i k a u . J . 60, 67, 94, 96, 270, 294, 336 Dill, R. W . 322, 336 Dilthey, 12, 13, 22, 107, 108, 110, 111, 128 D i w a l d , H . 108, 110 Doerry, G . 64, 72, 92, 93 D ö p p - V o r w a l d , H . 10, 11, 39, 41, 42, 337 Dohmen, G. 172, 324, 336, 339, 345 D o l f f , H . 138, 140, 151, 179, 194, 336, 337, 340 D o n n e p p , B. 201, 327, 328 D r e w e k , P . 73, 317, 337 Eckstein, M . A. 121, 126, 127, 342 Edding, F. 295, 342 E h m a n n , Ch. 73 E h r h a r d t , H . 103, 187, 337 E h r h a r d t , J . 66 Eime, R . S. 325, 337 Ellwein, T h . 177 Emmerling, E. 135, 337 Endievort, G. van 25, 337 Engelbert, M . 74, 334 Englert, L. 337 Erdberg, R. v. 134 Erny, R. 101, 151, 337 Eubel, K . D . 41 Feidel-Mertz, H . 72, 94, 205, 215, 337 Feig, R. 204, 295, 301, 337 Fleckenstein, B. 290, 337 Flitner, W . 10, 12, 17, 106, 128, 133, 134, 337
348
Personenregister
Freitag, R . 207, 273, 345 Freyer, H . 216, 337 Friebel, H . - D . 135, 337 Friedridi, W . 305, 337 Froese, L. 118, 337 Frommberger, H . 74 Fucks, W . 11 Furdc, C. L. 111, 112, 337 Galling, K. 337 Gamm, H . J . 207, 271, 337 Geissler, E. 17, 337 Geòrgie, Ch. 71 G i e s e i e , H . 207, 338 Girgensohn, J. 148 Göring, H . 283 Gotte, M. 103, 338 Gonda, J . 307, 338 Goppel, A. 144 Galling, K. 337 Gorsdienek, G. 200, 262 Graaff, van den J . 128 Grebing, H . 216, 338 Greiffenhagen, M. 216, 338 Griffith, W . S. 79, 338 Grimme, A. 181 Groethuysen, B. 22, 108, 111 Groothoff, H . H . 29, 61, 118, 214, 337 Gummersbach, A. 283 Gurvitdi, G. 107 Gutscfae, H . 135, 338 Haebler, R . v. 309, 345 Haeckel, E. 85, 114 Haedcel, E. 85, 114 Halls, W . D. 128 Hamacher, P. 157 Hans, N . 119, 338 Harke, E. 135, 301, 302, 305, 338 Hausmann, G. 119, 338, 344 Havernick, E. 112 Haygood, N. 341 Hedihausen, H . 96, 338 Heimann, D. 205, 217, 338 Heimann, P. 38, 338 Heimpel, H . 20, 90, 338 Heinrich, R. 135, 338 Heintz, P. 126, 338 Heitger, M. 14, 338 Helmreidi, R . 309, 345 Hellpach, W . 120 Henningsen, A. 158, 338 Henningsen, J. 94, 133 Hennis, W . 36 Hentig, H. v. 29, 74, 338 Hessen, S. 17, 119 Hiebsdi, H. 302, 305, 338 Hilker, F. 17, 22, 118, 119, 124 Höfele, K. H . 108, 110, 338 Holmes, B. 130, 131 Holste, B. 11 Holzamer, K. 317, 345
Hook, S. 109, 338 Horn, H . 39, 338 Horney, K. 296, 337 Houle, C. O. 54 Hürten, H . 137, 138, 139, 338 Hüther, J . 11, 13,. 339, 340 Humboldt, W . v. 19, 20, 80, 113, 134, 301 Husin, T . 12 Huth, G. 135, 339 Ingenkamp, K . H . 339 Issing, L. J . 311, 339 Jagenlauf, M. 60, 68, 72, 99, 103, 170, 271, 272, 339 Jessen, H . 206, 215 Jöbges, B. 320 John, E. 135, 339 Jourard, S. M. 296 Jüdner, H . Th. 101, 172, 201, 322, 323, 339, 345 Kadelbadi, G. 136, 323, 324, 339 Kahler, E. v. 81, 339 Kandel, I. L. 119, 339 Karbe, V . 331 Katz, I. 80, 339 Kazamias, A. M. 130, 339 Keim, H . 53, 66, 134, 139, 144, 331, 339 Kelly, T . 333 Kemp, T. 283 Kersdiensteiner, G. 111, 177, 180, 182, 337 Kidd, J . R. 54, 131, 132, 339 King, E. J . 120, 127 K l a f k i , W . 10, 335 Klinzing, H . G. 41 Klugert, K.-H. 136, 179, 183, 184, 185, 186, 339 Kodi, N. 77, 78, 340 König, R. 338, 340 Koestler, A. 307 Köngen, A. 179, 340 Konitzer, A. 323, 339 Kosdinitzke, R . 13, 136, 340 Koszyk, K. 59 Kreppel, F. 108, 110, 112, 113, 340 Kudritzki, G. 133 Küdienhoff, W . 179, 340 Kulich, J. 116, 131, 132, 340 Kupisdl, K. 110 Laack, F. 179, 340 Lande, W . 341 Lay, W . 17 Leeuw, van der 109 Lehr, U. 292, 297, 341 Leirman, W . 80 Lersdi, R . 96, 341 Linke, W . 31, 105, 106, 341
Personenregister Liveright, A. A. 341 Loch, W. 340 Lodiner, R. 9, 341 Löhneysen, W. v. 110 Löwe, H . 301, 305, 341 Lohmar, U . 74, 341 Lübke, H. 187 Lundberg, G. A. 107 Magnus, U . 318 MahesA, M. J . 307 Mahr, H . 320 Massialas, B. G. 130, 339 Mathiesen, H . 319 Matzat, H . L. 179, 180, 341 Maus, H. 340 Mehnert, M. 196 Meissner, K . 51, 72, 73, 125, 150, 186, 214, 341 Meister, J . J . 341 Mertens, D. 279 Mertineit, W. 150, 295 Merton, R. K . 122, 127 Messersdimid, F. 259, 341 Meumann, E. 17 Mikat, P. 50, 158, 172, 173, 193, 341 Mittler, H . 260, 263 , 264, 341 Model, O . 139 Moltmann, G. 342 Moreno, J . L. 107, 342 Mudiow, H . H . 111, 112, 342 Müller, E. 247 Müller, J . 60 Mündt, I. v. 10 Mündi, J . 290, 335 Muth, H. 137, 342 Muth, J . 340 Neemann, U. 17 Negt, O. 103, 205, 342 Neubeck, H . 291, 342 Nickolmann, E . 193 Niggemann, W. 60, 89, 94, 95, 96, 97, 260, 342 Niskala, H . 80 Noah, H. J . 121, 126, 127, 131, 342 Nohl, H . 128, 133 Nowcek, R. 198, 342 Oberndörfer, D. 121 Oelinger, J . 262, 342 Olbrict, J . 72, 92, 93 Olszewski, F. 267, 268, 342 Orthen, G. 69 Ortlieb, P. 219, 336 Parey, E. 339 Paris, M. A. J . de 119 Parreren, C . F. v. 295 Paulsen, F. 128 Peege, J . 31 Peitz, U . 282
349
Peters, H . 30, 342 Peters, O . 324, 336 Petersen, P. 106 Pfannkuch, K . 108, 110, 113 Pidit, G. 100, 136, 137, 144, 155, 172, 176, 251, 295, 342 Plessner, H . 81, 342 Pöggeler, F. 60, 68, 69, 100, 103, 259, 260, 262, 263, 342 Porcher, A. 293 Prager, H . 103, 342 Preuss, G. 341 Proske, R. 11, 317 Raapke, H . - D . 103, 187, 200, 301, 345 Raasdi, R. 198, 342 Ranke, L. v. 22 Rathenau, W. 109 Rebel, K . 324, 342 Reimers, K . F. 342 Richert, E. 135, 342 Richter, E . 104, 331 Riditer, H . 137 Riedel, H . 303 Ritters, C. 340 Robinsohn, S. B. 12, 116, 120, 121, 122, 124, 342 Roeder, P. M. 102 Röhrig, P. 69 Röhrs, H . 10, 11, 18, 22, 33, 105, 107, 343 Rohlmann, R. 299 Rombach, H. 9, 343 Rosello, P. 117 Rosenmayr, L. 343 Rosenstodc, E. 17, 134 Roth, H . 292, 343 Roth, L. 9, 343 Rubinstein, L. 303, 343 Rudolf, K . W. 319, 343 Rühl, M. 311 Ruprecht, H . 77, 103 , 204, 318, 343 Sadler, M. 126 Seifert, E. 94 Seiffert, H . 11, 343 Senzky, K . 69 Siebert, H . 3, 51, 55, 56, 59, 60, 72, 92, 93 , 94, 99, 100, 103, 104, 135, 156, 170, 172, 176, 213 , 237, 272 , 276, 292 , 294, 299, 306, 316, 339, 340, 343 Sitzmann, G.-H. 343 Skowronek, H . 292, 344 Smith, R. M. 54 Sohn, W. 253, 255 Sommer, E. 294 Sottorf, C. 321, 344 Spaeth, G. 136 Spedt, J . 335, 342 Sperling, D. 136 Spranger, E. 13, 17, 35, 106, 128, 182, 337, 344
68, 116, 247, 339,
180,
350
Personenregister
Springer, L. 140 Springer, U. K. 120 Sudiodolski, B. 130 Szaniawski, 1. 272, 344 Schäfer, K. H. 21, 324, 344 Sdiallenberger, H . 108, 110, 115, 344 Schaller, K. 9, 10, 11, 13, 17, 21, 22, 42, 93, 99, 113, 324, 344 Scheibe, W . 94, 103, 133 Scheler, M. 342, 346 Scbelsky, H . 10, 19, 50, 81, 344 Scherer, G. 259, 344 Scheuerl, H. 324 Schleicher, K. 344 Schleidler, W . 11, 210, 212, 344 Sdileiermadier, F. E. D. 17 Schleifer, H . 294 Schlutz, E. 193 Schmarbeck, C. 94 Sdimid, C. 156 Schmidt, R. 344 Schmitz-Scherzer, R. 292 Schneider, Frdr. 129, 130, 344 Schneider, F. 22, 118, 119 Schneider, W . 50, 82, 295, 344 Sdioeps, H . - J . 22, 108, 109, 110, 113, 216, 344 Schorb, A. O. 101, 103, 169, 323, 344 Schramm, Th. 321 Schulenberg, W . 60, 89, 100, 103, 155, 172, 176, 187, 200, 301, 344, 345 Schultze, W . 124 Schulz, U. 206, 215 Schwarzschild, L. 181 Starke, M. Th. 72, 144, 145, 148, 262, 345 Stechen, K. 216 Steinbuch, K. 11 Stosberg, K. 309, 334 Stooss, F. 345 Stratmann, K. 31 Strzelewicz, W . 103, 136, 187. 20D, 301, 345 Sturm, H. 309, 323, 324, 345 Ten Have, T . T . 56, 57, 345 Thomae, H . 292, 341 Thomdike, E. L. 301, 305
Tietgens, H . 57, 61, 70, 94, 96, 198, 204, 292, 295, 299, 342, 345 Tölke, H. W . 179 Troeltsch, E. 17 Turos, L. 55 Ulidi, R. 119 Urbach, D. 66, 75, 77, 134, 205, 331, 339, 345 Verner, C. 80 Virdiow, R. 85, 114 Vogel, B. 317, 345 Vogel, R . 133, 345 Voigt, A. 110 Vontobel, J . 292, 345 Vortisch, K. 293 Vorwerg, M. 305, 338 Vulpius, A . 323 Wach, J . 108 Warhol, A. 315 Wartenburg, Y. v. 112 Weber, M. 17, 173 Wehle, G. 335, 342 Weide, E. 71 Weiler, J . 207, 273, 321, 345 Weinberg, J. 57, 60, 70, 72 , 94, 292, 295, 299, 345 Weitsdi, E. 134, 181 Weizsäcker, C. C. v. 172, 339, 345 Wendt, G. 258, 345 Weniger, E. 335 Wenke, H . 17, 35, 50, 339, 345 Werner, C. A. 185, 346 Wiese, L. v. 10, 81, 107, 346 Wilhelm, Th. 171, 346 Wiltshire, H . C. 73 Winnefeld, F. 38, 346 Wodraschke, G. 11, 40, 100, 172, 340, 344 Wössner, J . 193 Zabedc, J . 31 Ziegler, Ch. 179, 199, 346 Zifreund, W . 40 Znaniedcie, F. 107 Zottmann, Th. M. 293
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O . W . Haseloff E. Jorswieck
Walter de Gruyter Berlin-Newark Geschichte der P ä d a g o g i k 18.. neubearbeitete Auflage von Walter Schüler 1973. In Vorbereitung. (Sammlung Göschen) Psychologie des L e r n e n s Methoden, Ergebnisse, Anwendungen 2. Auflage. Oktav VIII, 281 Seiten 1971. Kartoniert DM 19,80 ISBN 3 11 003691 6
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Etymologisches Wörterbuch d e r D e u t s c h e n Sprache 20. Auflage, bearbeitet von Walther Mitzka Groß-Oktav. XVI, 915 Seiten. 1967. Gebunden DM 42,— ISBN 3 11 000275 2
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D e r Deutsche Wortschatz nach S a c h g r u p p e n 7., unveränderte Auflage Lexikon-Oktav. IV, 922 Seiten 1970. Gebunden DM 38,— ISBN 3 11 000287 6
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Deutsche A u s s p r a c h e Reine und gemäßigte Hochlautung mit Aussprachewörterbuch Herausgegeben von Helmut de Boor, Hugo Moser und Christian Winkler 19., umgearbeitete Auflage. Groß-Oktav. IX, 494 Seiten. 1969. Gebunden DM 32 — ISBN 3 11 000325 2
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Soziologie Hauptfragen und Grundbegriffe 154 Seiten. 1971. DM 7,80 ISBN 3 11 003796 3 (Band 4000)
Grundfragen der Soziologie
(Individuum und Gesellschaft) 3., unveränderte Auflage. 98 Seiten. 1970. DM 4,80 ISBN 3 11 002762 3 (Band 1101)
"Werner Hofmann
Ideengeschidite der sozialen Bewegung des 19. und 20. Jahrhunderts Unter Mitwirkung von Wolf gang Abendroth 4. Auflage. 298 Seiten. 1971. DM 7,80 ISBN 3 11 003565 0 (Band 4205)
Peter Atteslander
Methoden der empirischen Sozialforschung Unter Mitarbeit von Klaus Baumgartner, Franz Haag, Jörg ötterli, Rudolf Steiner 2. Auflage. 291 Seiten. 1971. DM 7,80 ISBN 3 11 001902 7 (Band 4229)
Otto Neuloh
Arbeits- und Berufssoziologie
Etwa 160 Seiten. 1973. Etwa DM 9,80 ISBN 3 11 003892 7