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German Pages 663 Year 2018
Hans-Christian Harten Die weltanschauliche Schulung der Polizei im Nationalsozialismus
Hans-Christian Harten
Die weltanschauliche Schulung der Polizei im Nationalsozialismus
Ferdinand Schöningh
Der Autor: Hans-Christian Harten, Studium der Politikwissenschaft, Philosophie und Geschichte, Promotion zum Dr. phil. 1977 in Hamburg, anschließend Assistenzprofessor an der Freien Universität Berlin; Heisenberg-Stipendiat der DFG, 1991 Habilitation, 1993-1998 Professor für Historische Pädagogik an der LMU München, danach Professor für Erziehungswissenschaft an der Freien Universität Berlin; seit 2014 im Ruhestand. Umschlagabbildung: »Frühanwärter der Sicherheitspolizei beim taktischen Unterricht im Hörsaal der Führerschule der Sicherheitspolizei Berlin-Charlottenburg« Quelle: Bundesarchiv
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk sowie einzelne Teile desselben sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlags nicht zulässig. ©2018 Verlag Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland) Internet: www.schoeningh.de Einbandgestaltung: Evelyn Ziegler, München Herstellung: Brill Deutschland GmbH, Paderborn E-Book ISBN 978-3-657-78836-1 ISBN der Printausgabe 978-3-506-78836-8
Inhalt
Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Funktionen der weltanschaulichen Schulung in der SS . . . . . . . . . 2. Von der SS zur Polizei – »Weltanschauliche Schulung und Erziehung« im »SS-Polizei-Komplex« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Von der Staatsbürgerkunde zur weltanschaulichen Erziehung: Polizei-Ausbildung vor 1933 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Die weltanschauliche Schulung der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I.1.
I.2. I.3. I.4.
I.5. I.6.
Die weltanschauliche Schulung in Ausbildungsrichtlinien und Lehrplänen der Kriminalpolizei und der Gestapo . . . . . . . . . . . . . . . . Die Lehrgangsplanung für eine gemeinsame Ausbildung des leitenden Dienstes Sipo/SD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Führerlehrgänge« und Führerlager der Sipo und des SD . . . . . . . . . Schulungstätigkeiten des SD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Abteilung »Erziehung, Ausbildung und Schulung« im RSHA . . Abteilungen für Erziehung und Schulung in den besetzten Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Personal des Amtes I.F/I.B »Erziehung, Ausbildung und Schulung« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Schulen der Sipo und des SD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sipo-/SD-Schulen in den besetzten Gebieten . . . . . . . . . . . . . . »Theorie und Praxis«: Lehrer und Dozenten im sicherheitspolizeilichen Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pädagogen im sicherheitspolizeilichen Einsatz . . . . . . . . . . . . Drei biographische Studien: Rudolf Hotzel, Max Drexel, Paul Zapp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schulleiter und Dozenten im sicherheitspolizeilichen Einsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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41 56 74 86 96 103 105 116 133 139 145 150 163
II. Weltanschauliche Schulung in der Ordnungspolizei . . . . . . . . . . . . .
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II.1. Neue Inhalte in der Ausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2. Der Aufbau des Polizeischulungswesens durch die SS bis zum Beginn des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
165 179
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INHALT
II.3. Der weltanschauliche Unterricht im Ausbildungs- und Laufbahnsystem der Ordnungspolizei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Vom Wachtmeister zum Polizeioffizier: die Lehrgänge an den Polizeischulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 II.4. Das Hauptamt Orpo und die Amtsgruppe WE während des Krieges . . 224 Wochenschulung der Polizeibataillone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 Schulungschriften und -mittel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 Weltanschauliche Erziehung in der Endphase . . . . . . . . . . . . . 251 II.5. Die Polizeischulungsleiter – biographische Skizzen . . . . . . . . . . . . . . . 256 II.6. Die praktische Umsetzung der Richtlinien und Anweisungen zur Polizeischulung – regionale Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 SS-Oberabschnitt Südwest: Organisation der Polizeischulung durch die SS 1937-1939. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Die Polizeischulung im Land Braunschweig . . . . . . . . . . . . . . . 288 Die Polizeischulung im Land Oldenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 II.7. Forcierte Militarisierung: Ausbildung und weltanschauliche Schulung der Polizeibataillone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Polizeibataillone, die aus den bestehenden Hundertschaften gebildet wurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Reservisten und Reservepolizeibataillone . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Polizeiausbildungsbataillone, die aus der Rekruten-Aktion gebildet wurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Hilfspolizisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 Übernommene Polizei aus den annektierten Gebieten . . . . . 327 »Schutzmannschaften« der besetzten ehemals sowjetischen Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Exkurs zum »Protektorat Böhmen und Mähren« . . . . . . . . . . 328 II.8. Lehrbataillone, Führer- und Unterführerausbildung . . . . . . . . . . . . . . 330 III. Vertreibungen, »Bandenkampf« und Judenmord: weltanschaulichpolitische Schulung im Kriegseinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 III.1. Zwischen Theorie und Praxis: weltanschaulich-politische Schulung der Polizei im Kriegseinsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polizeischulung und Polizeibataillone im Bereich des BdO Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exkurs zum IdO Hannover . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polizeischulung und Polizeibataillone im Bereich des BdO Rhein-Westmark; Luxemburg und Lothringen . . . . . . . . III.2. Weltanschauliche Schulung der deutschen Polizei und der volksdeutschen Hilfspolizei in den annektierten und besetzten Gebieten Osteuropas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.2.1. Die Organisation der Polizeischulung im Bereich des BdO Posen; Hipo-Ausbildung im Warthegau . . . . . . . . . . .
347 364 376 378
393 396
INHALT
III.2.2 Ostoberschlesien und der »Oststreifen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausbildung der volksdeutschen Hilfspolizei . . . . . . . . . . . . . . . Schutzpolizeikommando und Gendarmerie . . . . . . . . . . . . . . . Weltanschauliche Schulung im Zeichen des Krieges gegen die Sowjetunion und der Judenvernichtung . . . . . . . . . . . . . . . III.2.3. Lublin und das Generalgouvernement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.2.4. Polizeischulung im Bereich der BdO Ostland und Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.3. »Einheimische« Polizei und »Schutzmannschaften«. . . . . . . . . . . . . . III.3.1. Rassisch-völkische Abstufungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III.3.2. Polnische und ukrainische Polizei im besetzten Polen . . . . . III.3.3. Einheimische Polizei und »Schutzmannschaften« im Bereich der BdO Ostland und Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . zum Beispiel Lettland (Libau) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . zum Beispiel (Ost-)Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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416 418 426 438 466 482 494 494 510 517 534 540
Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorbemerkung Die vorliegende Arbeit knüpft an den 2014 erschienenen Band »Himmlers Lehrer« an, in dem ich mich mit der SS beschäftigt habe. Sie stellt den zweiten Teil eines Forschungsvorhabens über die weltanschauliche Schulung in SS und Polizei dar. Aus praktischen Gründen habe ich das Kapitel über den Sicherheitsdienst und die Sicherheitspolizei in den Band über die Polizei übernommen, da es nicht sinnvoll gewesen wäre, dieses Kapitel noch einmal in einen SS- und einen polizeibezogenen Teil aufzuspalten. Das Vorhaben wurde von 2009 bis 2014 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert, für deren großzügige Unterstützung ich mich an dieser Stelle noch einmal bedanken möchte. Danach habe ich die Arbeit als Rentier fortgesetzt und Ende 2017 abgeschlossen. Als Materialergänzung zu den beiden Büchern habe ich meine Datensammlung zum Schulungspersonal im Internet zugänglich gemacht.1
Einleitung Die Polizei war neben der SS der Hauptakteur in der Umsetzung der nationalsozialistischen Rassenpolitik. Während die Mitgliedschaft in der SS – klammert man einmal die Rekrutierungen für die Waffen-SS in der Endphase des Krieges aus – auf Freiwilligkeit beruhte und in der Regel mit der Zustimmung zu ihrem »weltanschaulichen Selbstverständnis« einher ging, war diese Zustimmung bei der Polizei nicht von vorne herein gegeben, die Weltanschauung musste ihr erst noch »beigebracht« werden. Wenn man nach Motiven und mentalen Voraussetzungen, also der »subjektiven Seite« des genozidalen Handelns im Nationalsozialismus fragt, dann wirft die Beteiligung der Polizei daher weit mehr Fragen auf als die Mitwirkung der SS. Die weltanschauliche Schulung liefert einen Schlüssel zum Verständnis dieser Beteiligung. Sie wurde in der Polizei mit einem besonders großen Aufwand betrieben. Während die Schulung bei der SS eher der Verstärkung, Strukturierung und Festigung eines bereits vorhandenen Vor-Wissens diente, stand man bei der Polizei vor der Aufgabe, sie durch weltanschauliche Schulung der SS mental anzunähern und für die Ziele der SS zu gewinnen – hier musste also echte Überzeugungsarbeit geleistet werden. Über den Erfolg dieser Arbeit lässt sich nur spekulieren. Sie scheint aber nicht auf Skepsis oder Ablehnung gestoßen zu sein; die zahlreichen Berichte über die Schulungsarbeit in der Polizei, die erhalten sind, legen eher die Annahme einer grundsätzlichen Akzeptanz und interessierten Aufnahmebereitschaft nahe. Für diese Akzeptanz gibt es viele Gründe. Dazu gehörte die Wirkung einer seit 1933 betriebenen Propagandaarbeit, zu der der sich keine kritische Gegenöffentlichkeit mehr formieren konnte, dazu gehörte, bezogen auf die massenhafte Tötung von Juden, vermutlich auch ein latenter Antisemitismus oder mindestens eine Bereitschaft, entsprechende Stereotypen zu übernehmen, und dazu gehörte sicher auch die Disposition zu einer gewissen Autoritätsgläubigkeit und -hörigkeit. Vielfach wurde der weltanschauliche Unterricht auch lediglich im Rahmen des Dienstbetriebes und der Dienstpflichten des Polizeibeamten oder angehenden Beamten als selbstverständlich wahrgenommen, so wie man generell bestrebt war, die weltanschauliche Schulung in den normalen Aus- und Fortbildungsbetrieb der Polizei zu integrieren und »professionell« zu gestalten. Besonders verstörend ist, dass auch Männer, die keine Berufspolizisten waren, sondern im Rahmen von Mobilisierungsmaßnahmen seit Beginn des Krieges als Reservisten zur Polizei einberufen wurden, bereit waren, den Auftrag zur massenhaften Tötung wehrloser und unter polizeilichen Gesichtspunkten keines Verbrechens überführter Menschen in die Tat umzusetzen. Christopher Browning, der diese Bereitschaft in seiner Pionierarbeit zum Reservepolizeibataillon 101 untersucht hat, nennt eine Reihe möglicher Erklärungsfaktoren, die zusammenwirkten und sich wechselseitig verstärkten: insbesondere der situationsbedingte Umstand, unter Bedingungen des Krieges in einer fremden und feindlichen Umwelt handeln und den Zusammenhalt wahren zu müssen, verbunden mit einer Disposition zur Autoritäts-
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gläubigkeit, dazu kamen Gewöhnungsprozesse, Gruppendruck, Männlichkeitsbilder der »Härte« und des »Aushalten-Müssens«, schließlich auch die Wirkung von Propaganda und Indoktrinierung. In der erweiterten Auflage von 1998 hebt Browning noch den historischen Kontext der »gescheiterten Demokratisierung« hervor, die die Herausbildung einer starken autoritären Tradition in Deutschland begünstigt habe.1 Browning, der sich stark auf Milgram bezieht, hat mit seiner Arbeit eine Vielzahl vor allem sozialpsychologischer und organisationssoziologischer Studien ausgelöst, die insbesondere auch für eine allgemeine und vergleichende Genozidforschung von Interesse sind.2 Die spezifische historische Konstellation eines »eliminatorischen Antisemitismus« in Deutschland, auf die Daniel J. Goldhagen frühzeitig aufmerksam gemacht hat, droht in dieser Perspektive aber aus dem Blick zu geraten. Die weltanschauliche Schulung wird in Brownings Diskurs zwar erwähnt, wurde aber von ihm nicht in die Untersuchung einbezogen; denn Browning erachtete sie vorweg nicht als besonders relevant, die Materialien seien »plump« und langweilig gewesen und enthielten vor allem keine »Richtlinien«, »die die Polizisten darauf vorbereitet hätten, unbewaffnete jüdische Frauen und Kinder zu töten.«3 Das wäre allerdings auch überraschend gewesen, vermied man es doch generell, die Dinge offen auszusprechen und den Tötungsauftrag in concreto zu fixieren und schriftlich festzuhalten, während man gleichzeitig bemüht war, ihn durch eine euphemistische oder neutralisierende Sprache zu verschleiern. Tatsächlich trug die Schulung jedoch indirekt zum massenhaften Töten bei, indem sie den legitimatorischen Rahmen dazu lieferte und dadurch die Ausführung dieses Auftrags erleichterte.4 Zwar wurde die »Judenfrage« nur in vergleichsweise wenigen Schriften explizit zum Thema gemacht, antisemitische, judenfeindliche Inhalte und Argumentationsmuster waren aber in den meisten Texten präsent und in der Praxis der Schulung, vor allem in der »Wochenschulung« allgegenwärtig. Die Schulungscurricula der SS und der Polizei behandelten die »Judenfrage« oft nur en passant, stellten sie aber in einen größeren historischen, politischen und weltanschaulichen Kontext, der die »Dringlichkeit ihrer Lösung« für viele als sinnhafte Aufgabe erst erkennbar werden ließ. Diese Curricula wurden zuerst in der SS erprobt und kamen, nachdem man dort gute Erfahrungen damit gemacht hatte, anschließend in der Polizeiausbildung zur Anwendung. Gegenüber dem differenzierten Erklärungsansatz von Browning führte Goldhagen, der das gleiche Reservepolizeibataillon 101 einer erneuten Untersuchung unterzog, das Handeln der Polizisten primär auf eine in der deutschen Gesellschaft verbreitete und tief verankerte Kultur des Antisemitismus zurück, durch die sie geprägt waren und die es ihnen leicht gemacht habe, den Tötungsauftrag anzunehmen und umzusetzen. Der Schulung schrieb auch er aber nur geringe Bedeutung zu; es ist auch nicht einzusehen, warum die Polizei erst noch aufwändig geschult werden musste, wenn die innere Zustimmung ohnehin schon als latent gegeben angenommen werden kann. Goldhagen erwähnt die Schulungsaktivitäten daher auch nur ganz beiläufig und bedient sich dabei einer Sprache, die den Schluss nahe legt, es lohne sich nicht, sich damit zu befassen (»oberflächliche Vorbereitung«, »dürftige weltanschauliche Schulung«, »pädagogisch inkompetente Offiziere«).5 Die Dequa-
FUNKTIONEN DER WELTANSCHAULICHEN SCHULUNG IN DER SS
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lifizierung als propagandistische »Indoktrination« – Browning rekurriert sogar auf die Praxis der »Gehirnwäsche« im Koreakrieg – hat beide Autoren daran gehindert, sich näher mit dem Ausbildungssystem der Polizei und dem Platz und der Funktion, den die weltanschauliche Schulung in ihm einnahm, auseinanderzusetzen. 1. Funktionen der weltanschaulichen Schulung in der SS Nachdem Himmler 1936 von Hitler zum Chef der deutschen Polizei ernannt worden war, ließ er im folgenden Jahr ein System der weltanschaulichen Schulung in der Polizei errichten, das sich eng an die in der SS inzwischen etablierte Schulung anlehnte und vom Schulungsamt der SS geleitet wurde. Der Besuch der bis zum Beginn des Krieges auch hauptsächlich von Lehrkräften der SS abgehaltenen Schulungsstunden wurde zur Dienstpflicht aller Polizeibeamten. Die »weltanschauliche Schulung« gehörte zu Himmlers Obsessionen. Das hing sicher auch damit zusammen, dass Himmler Sohn eines Gymnasiallehrers war und sich selbst in der Rolle eines obersten Erziehers und Lehrers seiner Männer sah.6 Für die große Bedeutung, die die »weltanschauliche Schulung« in der SS hatte, gab es aber vor allem eine Reihe funktioneller Gründe: 1. Die SS verstand sich in rassischer und geistiger Hinsicht als Elite und Avantgarde der nationalsozialistischen Bewegung; sie sollte einen durch »Rasse und Leistung« legitimierten, vom rassischen Selbstverständnis der Bewegung durchdrungenen und weltanschaulich besonders zuverlässigen »Orden« bilden und als neue Führungselite den künftigen »Adel« der Volksgemeinschaft verkörpern.7 Der besondere Aufwand, mit dem die rassische Auslese und die weltanschauliche Schulung gleichermaßen in der SS betrieben wurden, sollte diesen Anspruch untermauern. Dies galt sowohl gegenüber anderen Organisationen der Bewegung selbst als auch gegenüber anderen Trägern staatlicher Macht, insbesondere der Wehrmacht. Innerhalb der Partei beanspruchte die SS einen Sonderstatus: Während beispielsweise die gesamte rassenpolitische Schulung der Aufsicht des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP unterlag, war die SS davon ausgenommen; die für die Auslese und Schulung zuständigen Ämter der SS, das Rasse- und Siedlungshauptamt, ab 1938 das SS-Hauptamt gestalteten die rassenpolitische Schulung in alleiniger Verantwortung. Als die Waffen-SS während des Krieges expandierte und zunehmend auch Männer rekrutierte, die die strengen Auslesekriterien nicht erfüllten, wurde gleichwohl an diesen Kriterien festgehalten, um den Sonderstatus gegenüber der Wehrmacht zu wahren, indem man Einheiten der Waffen-SS schuf, deren Angehörige nicht in die Allgemeine SS aufgenommen wurden und nach dem Krieg wieder zu entlassen waren. Auch für diese Einheiten galten die Richtlinien und Konzepte der weltanschaulichen Schulung – sie sollten die Überlegenheit der Waffen-SS gegenüber der Wehrmacht demonstrieren und ihre Sonderrolle rechtfertigen.8 2. Der Machtzuwachs der SS, der Ausbau und die Vervielfältigung ihrer Funktionen, die Übernahme der Polizei durch Himmler und die Expansion der Waffen-SS während des Krieges führten dazu, dass Himmlers Imperium aus SS und Polizei im-
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EINLEITUNG
mer komplexer und in der personellen Zusammensetzung heterogener wurde. Prozesse organisatorischer Differenzierung drohten das System unübersichtlich zu machen, die zunehmend heterogene Zusammensetzung schwächte die inneren Bindungskräfte. Der weltanschaulichen Schulung kam daher in zunehmendem Maße auch die Funktion der mentalen Integration zu.9 Sie war von essentieller Bedeutung, um den Sonderstatus der SS aufrechtzuerhalten und die Sonderrechte des SS-Polizei-Komplexes zu sichern. Im späteren Verlauf des Krieges sollte die mentale und seelische Mobilisierung durch »weltanschauliche Erziehung« darüber hinaus den Mangel an materiellen Ressourcen kompensieren und nachlassendem Kampfeswillen entgegenwirken.10 3. Als rassisch-weltanschauliche Elite war die SS zum Hauptakteur für die praktische Umsetzung der völkisch-rassenpolitischen Ziele des Nationalsozialismus prädestiniert; Aufgabe der weltanschaulichen Schulung war es, eine theoretische Legitimation für diese »Praxis« zu liefern. Im Zentrum der Schulung stand daher stets auch die Vermittlung der rassentheoretischen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung. Zu diesen Grundlagen gehörten zeitgenössischen Konzepte der Rassenhygiene, Rassenanthropologie und -psychologie sowie Erblehre und Bevölkerungswissenschaft, die mit völkischen Ideen amalgamiert wurden. Das Schulungsamt der SS fügte diese Elemente zu einem rassenbiologischen Paradigma zusammen, das in unterschiedlichen Ausarbeitungen und Präsentationen für den Schulungsunterricht aufbereitet wurde. Für das Verständnis der Wirkung dieses Unterrichts wesentlich ist, dass dieses Paradigma wissenschaftlich begründet erschien und akademisch kontextualisiert war: Rund zwei Drittel aller Schulungskräfte der SS waren Akademiker, ein Viertel trug sogar einen Doktor-Titel, ein Drittel waren professionelle Lehrer und Studienräte. Die große Mehrheit des Schulungspersonals gehörte außerdem dem Führerkorps der SS an. Bildungsstatus und Führerrang verliehen dem Schulungspersonal eine »natürliche« Autorität.11 4. Darüber hinaus dürften die speziellen Aufgaben der physischen Vernichtung, die die SS als Avantgarde der nationalsozialistischen Rassenpolitik während des Krieges übernahm (und die der Polizei mit übertragen wurden), auch im zeitgenössischen Erwartungshorizont so außergewöhnlich gewesen sein, dass sie einen zusätzlichen Schulungs- und Erziehungsaufwand erforderlich machten.12 Insbesondere galt es, Handlungs- und speziell Tötungshemmungen abzubauen und Energien psychosozialer Handlungsfähigkeit zu mobilisieren. Innerhalb des völkisch-rassenbiologischen Paradigmas war dies vor allem Aufgabe der »Gegnerkunde«. Durch den Aufbau paranoider Bedrohungsbilder einerseits, die systematische Abwertung und Dehumanisierung der Gegner, vor allem der Juden andererseits trug die weltanschauliche Schulung zum Abbau von Handlungshemmungen bei und unterstützte die Entwicklung einer Mentalität des »eliminatorischen Antisemitismus«. Gleichzeitig wurde das eigene Volk zum Herrenvolk aufgewertet, das eine Mission zu erfüllen hatte und einer »höheren Moral« folgte, die unter Rekurs auf die Rassenhygiene als »Ethik der Fernstenliebe« ausgegeben werden konnte, nämlich die Menschheit von »krankem und schlechtem Erbgut«, von »minderwertigen und schädlichen Rassen«, in der Hauptsache zunächst und vor allem von der »parasitä-
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ren jüdischen Rasse« und dem »jüdisch-bolschewistischen Untermenschen« zu »befreien«. Die weltanschauliche Schulung sollte dazu plausible Deutungsmuster liefern, die das eigene Handeln rechtfertigten und das Gewissen beruhigten. Damit erleichterte die Schulung Grenzüberschreitungen, sie begünstigte auch die Freisetzung sadistischer Handlungspotentiale und -energien, die Massaker in großem Stil in der Regel nicht nur begleiten, sondern für ihre Durchführung auch funktional und unerlässlich sind, indem sie mittels einer stereotypisierten »Gegnerkunde« die Opfer als Täter erscheinen lässt, an denen scheinbar zu Recht Vergeltung geübt wird.13 Empathische Regungen sind disfunktional und müssen erstickt werden; deshalb werden den Opfern destruktive Fähigkeiten zugeschrieben, die bei den Tätern aggressive Reaktionen, Bestrafungs- und Vergeltungswünsche auslösen. Auch wenn man davon ausgeht, dass die »genozidale Situation« in vielen Fällen auch primäre sadistische Impulse freisetzte, erleichterte die weltanschauliche Schulung sadistisches Handeln im weitesten Sinne, denn die Täter konnten ihr Handeln als gerechtfertigt rationalisieren und primäre Impulse kaschieren; dies gilt ebenso im Hinblick auf materielle Motive der Bemächtigung und Bereicherung.14 5. Die Ausstattung mit der Mentalität eines Herrenvolks und plausiblen Deutungsmustern hatte darüber hinaus die Funktion der Selbstvergewisserung. Die Akteure, die in fremde Länder einbrachen und weite Gebiete eroberten, die es zu verwalten und zu beherrschen galt, brauchten ein hohes Maß an Selbstsicherheit und einen inneren Kompass für selbständiges Handeln unter Bedingungen äußerer Gefahr, Unsicherheit und Ungewissheit; an die Akteure vor Ort musste in einem hohen Maß Verantwortung delegiert werden, sie mussten auch ohne eindeutige Befehle und klare Anweisungen Entscheidungen treffen und auf sich gestellt improvisieren können. Eine unsichere Haltung hätte den eigenen Herrschaftsanspruch in Frage gestellt, »herrisches Auftreten« musste gelernt und durch ideologische Schulung unterstützt werden. Die Schulungsmaterialien präzisierten die Ziele und erläuterten den Sinn der geopolitischen, völkischen und rassenpolitischen »Neuordnung Europas«, sie beschrieben die Rolle der Eroberer, erstickten Zweifel an dieser Rolle und gaben stereotypisierte, vielfach »rassenpsychologisch fundierte« Anleitungen für den Umgang mit den eroberten Völkern. Im späteren Verlauf des Krieges diente die Selbstvergewisserung durch Schulung auch dazu, dem nachlassenden Glauben an den »Endsieg« entgegenzuwirken. Generell trug die weltanschauliche Schulung zu einer »Aufwertung des Selbst« bei, indem sie die Überzeugung vermittelte, an der »Herrenrasse« zu partizipieren. 6. Die Delegation von Verantwortung erfolgte im Vertrauen darauf, dass die nationalsozialistische Weltanschauung als Richtschnur der Urteilsbildung und des Handelns internalisiert und »gefestigt« war. Dies galt vor allem für das Führerkorps: Je höher der Rang und die mit ihm verbundene Entscheidungskompetenz, desto wichtiger war, dass der Betreffende von der nationalsozialistischen Weltanschauung durchdrungen war. Zugleich sollten die Einheitsführer durch ihr Vorbild und kraft ihrer Kompetenz als Träger dieser Weltanschauung auch die Erzieher ihrer Untergebenen sein. Die Vermittlung der nationalsozialistischen Weltanschauung und ihrer Grundlagen nahm deshalb einen besonderen Platz in der Führerausbildung ein. In
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der genozidalen Handlungssituation mussten die Einheitsführer häufig Initiativfunktionen übernehmen und »mit gutem Beispiel vorangehen«. Diese »Vorbildfunktion« konnten sie umso glaubwürdiger erfüllen, je überzeugender sie sich zugleich als Weltanschauungsträger präsentieren konnten. 7. Die weltanschauliche Erziehung vermittelte nicht nur das Bewusstsein, einer Elite anzugehören, sie erzeugte auch eine hohe Leistungsbereitschaft, da jeder, der in diese Elite Aufnahme fand, einem starken Bewährungsdruck ausgesetzt war und seine Zugehörigkeit stets durch seine Gesinnung und sein Handeln zu rechtfertigen hatte. Die rassischen Grundlagen und Kriterien der Auslese waren Gegenstand des weltanschaulichen Unterrichts. Die Ausleseprinzipien waren den Männern daher ständig präsent, und der rassenpolitische Unterricht verstärkte diesen Leistungsund Bewährungsdruck: Mangelnde Leistung konnte stets auch ein Indiz für »schlechtes Blut« sein.15 Die Verknüpfung von Rasse und Leistung war funktional für die Leistungsanforderungen der Organisation und wirkte radikalisierend im Hinblick auf die rassenpolitische Theorie und Praxis. Zudem schwebte über jedem das Damokles-Schwert der Unreinheit – wer konnte schon sicher sein, dass sich in der langen Reihe seinen Vorfahren nicht doch ein Nicht-Arier oder ein Erbkranker fand; der kleinste Verdacht konnte dazu führen, dass ein Kandidat den Orden wieder verlassen musste oder die Ehe eines SS-Mannes vom Rasse- und Siedlungshauptamt nur »auf eigene Verantwortung« genehmigt wurde. Neben »vollwertigen« Mitgliedern bildete sich daher eine große Gruppe »zweitklassiger« SS-Angehöriger heraus, die unter noch einmal erhöhtem Leistungs- und Bewährungsdruck standen.16 8. Erwähnen wir schließlich noch, dass zum Aufgabenbereich der Abteilungen für Weltanschauliche Erziehung neben der Schulung stets auch die »Truppenbetreuung« und die Organisation eines kulturellen Programms gehörte, das vor allem bei den geschlossenen Formationen und den SS- und Polizeiangehörigen, die sich im »auswärtigen Einsatz« befanden, für Zersteuung und Unterhaltung sorgen sollte, vielfach aber auch die Schulungsarbeit ergänzte. Das Programm reichte von »Bunten Abenden« bis zu Konzerten mit klassischer Musik, von komödiantischen Darbietungen über Dichterlesungen bis zu Sondervorträgen zu politischen und weltanschaulichen Themen, von Unterhaltungsfilmen und fröhlichen KdF-Veranstaltungen bis zu politischen Propagandafilmen. Gerade diese Mischung und Vielfalt des kulturellen Angebots trug dazu bei, einen Schein von »Normalität« zu erzeugen, hinter dem die Monströsität des eigenen Handelns verschwinden konnte, der die »Eindrücke des Tages«, wie Himmler es formulierte, »verwischen« sollte.17 Insbesondere diente auch die häufige Beschwörung eigener nationalkultureller Größe durch Darbietungen klassischer deutscher Musik dazu, dem möglichen Eindruck eines Zivilisationsbruchs entgegenzuwirken. 9. Zur »Normalisierung« gehörte auch, und dies leitet unmittelbar zur Polizei über, die Integration des rassenpolitischen Handelns in die Berufsrolle. Eine Funktion der Schulung war es, den rassenpolitischen Praxisauftrag so darzustellen und zu erläutern, dass er als ein Auftrag im Rahmen polizeilichen Handelns wahrgenommen und verstanden werden konnte. Juden wurden zu Volksfeinden erklärt und in die Nähe geborener Verbrecher gerückt, in den besetzten Gebieten wurden sie sehr
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schnell als potentielles Sicherheitsrisiko identifiziert und mit Widerstandskämpfern hinter der Front zusammen als Partisanen und »Banden« deklariert. Der Ausdruck »Bandenkampf« suggerierte, dass es sich um sicherheits- und ordnungspolitzeiliche Maßnahmen handelte. Der rassische, völkische und weltanschauliche »Gegner« wurde kriminalisiert, Aufgabe der Polizei war es, die eigenen »Rassegenossen« zu schützen, die Volksgemeinschaft zu sichern und Vergehen gegen die völkische Ordnung zu ahnden. Die weltanschauliche Schulung half dabei, SS und Polizei in Krieger zu verwandeln. 2. Von der SS zur Polizei – »Weltanschauliche Schulung und Erziehung« im »SS-Polizei-Komplex« Wer in die SS eintrat, tat dies in der Regel in dem Bewusstsein, Zugang zu einer rassischen und weltanschaulichen Elite zu finden, und er tat dies vielfach bereits mit einem Vorwissen, das durch die Schulung nur geordnet, strukturiert und gefestigt werden musste. Bei der Polizei lagen die Dinge ganz anders. Himmler wollte die Polizei mit der SS zu einem »Staatsschutzkorps« verschmelzen und letztlich in ein ausführendes Organ der SS umwandeln. Da die Polizeibeamten aber größtenteils noch vom Weimarer Staat übernommen worden und nicht »freiwillig« in »Himmlers Reich« eingetreten waren, mussten sie erst noch »im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung« erzogen werden; und da man nicht mit einem vergleichbaren Vorverständnis wie in der SS rechnen konnte, waren in der Polizei intensivere Erziehungsanstrengungen als in der SS erforderlich. Nach seiner Ernennung zum »Chef der deutschen Polizei« beauftragte Himmler das Schulungsamt der SS damit, ein ähnliches System der weltanschaulichen Schulung wie es sich inzwischen in der SS etabliert hatte, in der Polizei zu errichten. In der Folgezeit wurde dieses System zügig auf- und weiter ausgebaut. Unter Aufsicht und Leitung des SS-Schulungsamtes entstand in kurzer Zeit ein Netz von Schulungsrednern und -lehrern, die während der Aufbauphase auch noch vorwiegend aus der SS kamen. Für alle Polizeibeamten wurde die Teilnahme an monatlichen Vorträgen Dienstpflicht, an den Polizeischulen wurde das obligatorische Unterrichtsfach »Nationalsozialistische Lehre« eingeführt. Wer in der Polizei vorankommen wollte, musste die »NS-Lehre« studieren und seine Kenntnisse in entsprechenden Prüfungen nachweisen. Die Lehrpläne erstellte das Schulungsamt der SS. Eine Differenz zur SS war, dass die Schulung in der SS auf besonderen Zusammenkünften an einem Abend oder einem Sonntag stattfand, während sie bei der Polizei in den regulären Dienstalltag integriert und dadurch »normalisiert« wurde. Zu Beginn des Krieges im September 1939 hatte daher die gesamte Polizei bereits Himmlers Schulungsprogramm zwei Jahre durchlaufen. Das bedeutet unter anderem, dass jeder Polizeibeamte, der seit dem Spätsommer 1937, als das Programm der Monatsschulung begann, im Dienst war, bis zum Beginn des Krieges im Schnitt mindestens 70 Monatsvorträge angehört haben dürfte. Da es sich um dienstliche Pflichten für Beamte oder Beamtenanwärter handelte, wurde die Durchführung der Richt-
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linien, Anordnungen und Erlasse, die die weltanschauliche Schulung betrafen, auch strenger kontrolliert und beachtet als in der SS. Die Dienststellen hatten laufend Berichte über den Stand der Schulung anzufertigen. Die Berichte weisen, sofern sie erhalten sind, auf einen durchweg intensiven, regelmäßigen Schulungsbetrieb hin, der weitgehend auch auf Interesse stieß und angenommen wurde. Gleichzeitig waren die Angehörigen der Polizei wie alle Bürger des Dritten Reichs seit 1933 der nationalsozialistischen Propaganda ausgesetzt. Deren Inhalte konvergierten mit denen der Schulung, aber die Schulung war nicht nur wesentlich breiter in den Inhalten angelegt, sondern auch »wissensbasiert«, das heißt sie stützte sich auf das »Paradigma« einer völkisch-rassenbiologischen Wissenschaft, die an den Hochschulen und Universitäten gelehrt wurde, den SS-Curricula zugrunde lag und von Schulungskräften vermittelt wurde, die in den meisten Fällen einen akademischen Hintergrund hatten. Diese wissenschaftlich-akademische Kontextualisierung verlieh auch der charismatischen Erziehung zum «politischen Soldaten« eine starke, »höhere« Legitimation. Die Schulung unterfütterte zudem die Propaganda, der alle ausgesetzt waren, mit scheinbar seriösen Begründungen und Erläuterungen. Vor diesem Hintergrund dürften die Schulungskräfte der SS, die oft auch einen Führerrang hatten, als anerkannte Autoritätspersonen wahrgenommen worden sein, deren Botschaften kaum in Zweifel gezogen wurden.18 Als der Krieg begann, war es der SS nicht mehr möglich, in ausreichendem Maß Schulungsleiter abzustellen, so dass die Polizeiverwaltungen jetzt gezwungen waren, die Schulungsarbeit mit eigenen Kräften durchzuführen. Nach der Aufbauphase unter Regie der SS stand inzwischen eine große Zahl qualifizierter Offiziere bereit, denen man die Organisation der Schulung anvertrauen konnte. Für die zentrale Planung und Organisation wurde im Hauptamt Ordnungspolizei eine eigene Abteilung »WE« eingerichtet. Etwa gleichzeitig entstand mit der Gründung des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) auch dort eine Abteilung für Nachwuchs und Erziehung, die für die Organisation der weltanschaulichen Schulung und Erziehung in der Kriminalpolizei und der Gestapo sowie im Sicherheitsdienst zuständig war.19 Das RSHA hatte in Himmlers Reich aus Polizei und SS eine relative Autonomie, die Aufsicht über die Schulung der Ordnungspolizei (wie auch der Waffen-SS) blieb dagegen in den Händen des SS-Schulungsamtes, das in der Regel auch die Unterrichtsmaterialien bereitstellte und dessen Chef seit dem Herbst 1939 zugleich Inspekteur für die Weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei war. Erst im August 1944 wurde im SS-Hauptamt eine gemeinsame Instanz für die Leitung der weltanschaulichen Schulung und Erziehung, jetzt »Führung« genannt, für SS, Orpo und Sipo/SD geschaffen. Die Schulungsarbeit in der Ordnungspolizei wurde mit Erlass vom Juni 1940 noch einmal verstärkt: Zu den laufenden Monatsvorträgen kam jetzt auch eine Tages- und Wochenschulung hinzu. Die Richtlinien galten für die Revierpolizei und die Polizeibataillone gleichermaßen, mit dem Unterschied, dass die Wochenschulung für die »geschlossenen Formationen«, also die Polizeibataillone am Leitbild des kämpferischen »politischen Soldaten« zu orientieren war, während für die Polizisten, die in den Revieren Dienst taten, eine »informatorische« Schulung angeordnet wurde.
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Denn die Bataillone waren hauptsächlich für den Kampf-Einsatz in den besetzten Gebieten vorgesehen, die Revierpolizei, die ja im Alltag mit den einfachen Bürgern in Berührung kam, sollte dagegen eine volkserzieherische Funktion wahrnehmen und unter anderem in der Lage sein, falschen Gerüchten entgegenzutreten, zweifelnde Volksgenossen über die wahren Ziele der politischen Führung aufzuklären und überhaupt kritische Fragen aller Art zu beantworten und so auch für Ruhe an der Heimatfront sorgen.20 Himmler hatte dabei auch das »Versagen« der Polizei am Ende des 1. Weltkrieges im Auge – die Fehler von 1918 dürften sich nicht wiederholen: »Ein Ende wie 1918 muß uns vor Augen stehen, wenn wir nach dem Grund der weltanschaulich-politischen Schulung und Erziehung fragen. So weit darf es nie wieder kommen.«21 Die Schulungskräfte sollten jetzt wie in der Waffen-SS grundsätzlich Einheitsführer, d.h. in der Regel Offiziere sein, in deren Person sich vorbildhaft die Einheit von Führung und Erziehung, Theorie und Praxis, Schulungskompetenz und praktische Erfahrung im polizeilich-militärischen Handeln, möglichst auch Einsatzerfahrungen verkörperten.22 Die meisten Lehrer und Dozenten der Sipo-/SD-Schulen etwa hatten selber Einsatzerfahrungen, Führer, die vom Ost-Einsatz zurückkehrten, wurden als Referenten bei Lehrgängen herangezogen. Der wissenschaftlich-akademische background blieb in den Unterrichtsmaterialien des Schulungsamtes präsent, die Vermittlung durch Offiziere, die als Kompanie- und Zugführer schon per se Autoritätspersonen waren, erhöhte noch einmal die autoritative Wirkung der Schulung. Die Schulungsoffiziere hatten ihre Ausbildung zumeist im Dritten Reich erhalten und waren nationalsozialistisch ausgerichtet und ausgebildet.23 Daher kam dem politisch-weltanschaulichen Unterricht auch besondere Bedeutung in der Offiziers- und Unteroffiziersausbildung der Polizei zu. Während die Richtlinien für die Tages-, Wochen- und Monatsschulung für alle Angehörigen der Polizei galten, erhielten die Führungskräfte auf den Polizeischulen noch einmal einen vertieften Unterricht in »NS-Lehre«, ein Fach, das in allen Lehrgängen fest institutionalisiert war, zu den Prüfungsfächern gehörte und mit einer hohen Bewertung in die Abschlußnoten einging. Zur Ausbildung gehörten stets auch »Menschenführung« und Pädadagogik, und darüber hinaus wurden laufend Fortbildungslehrgänge und Tagungen organisiert, in denen Einheitsführer und Schulungsoffiziere Instruktionen in »Technik und Praxis« der Weltanschaulichen Schulung erhielten und in die jeweils vorgesehenen Themen eingewiesen wurden.24 Dies gilt in gleicher Weise für die Ausbildung der Kriminal- und Sicherheitspolizei, für die 1940 außerdem noch besondere »Führerlehrgänge« angeordnet wurden, auf die man sich in »Schulungsgemeinschaften« vorbereiten musste. Je höher der Rang war und je mehr Verantwortung jemand trug, desto mehr hatte er in der Regel auch Inhalte der nationalsozialistischen Weltanschauung in sich aufgenommen. Die »Führer« sollten die »Träger der politischen Erziehung und Schulung« sein. Ihnen wurde daher auch reflexives Wissen zugestanden, während »der Unterführer, der unmittelbar in der Mannschaft steht«, nicht mit einer »zu großen Wissensfülle ausgestattet« und »vor Probleme gestellt« werden dürfe, »die ihn der Sicherheit des Handelns und der Sicherheit des Vorlebens nur berauben würden« – so war es in
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den »Leitsätzen für die weltanschauliche Erziehung der SS und Polizei« formuliert, die der Chef der Ordnungspolizei 1942 herausgab. Gleichwohl sei es Aufgabe des weltanschaulichen Unterrichts, Führer und Unterführer »durch Vermittlung nationalsozialistischen Wissens und durch Vermittlung der Anschauung zu nationalsozialistischem Denken zu schulen und zu erziehen.«25 »Schulung« war im nationalsozialistischen Selbstverständnis eine »wissensbasierte« Veranstaltung, auch wenn sie »auf den ganzen Menschen« abzielte und insbesondere die »Willensbildung« mit einschloss. Zu den Grundprinzipien der nationalsozialistischen Redner-Schulung gehörte das Verstehen der Inhalte: Je besser ein Redner die Inhalte seiner Rede verstehe und von ihnen überzeugt sei, desto besser und überzeugender könne er sie vermitteln. Der Begriff der »Schulung« sollte, wie der Leiter des Reichsschulungsamtes der NSDAP Otto Gohdes schon 1934 postuliert hatte, für die Heranbildung des Führernachwuchses in der Partei und ihren Gliederungen reserviert sein, abzugrenzen von beruflicher und fachlicher Ausbildung, aber auch von Propaganda – Propaganda zielte in instrumenteller Weise auf das »Volk«, darauf, »in kürzester Zeit das gesamt Volk in eine bestimmte Marschrichtung zu setzen«, Schulung war dagegen auf eine nachhaltige und tiefe Wirkung gerichtet. Für die Schulung des Führernachwuchses war die Kenntnis und Beherrschung des Stoffs wesentlich, damit sie als Träger der Erziehung und Schulung die Inhalte der nationalsozialistischen Weltanschauung weitergeben konnten. Um die Inhalte der Weltanschauung als Erzieher und Propagandisten vermitteln zu können, mussten sie sie sich selbst auch zuvor innerlich angeeignet haben. Dies erklärt die Aufgeschlossenheit für moderne pädagogische Methoden: »Es hat psychisch gesehen keinen Sinn, wenn wir die Menschen nur mit Vorträgen füttern, ohne dass wir die innere Resonanz feststellen und die nun durch den Vortrag aufgeworfenen Fragen durch Arbeitsgemeinschaften erarbeiten.«26 Die Rezeption der Inhalte sollte nicht bloß oberflächlich bleiben – deshalb ist auch der häufig gebrauchte Begriff der »Indoktrination« in der Literatur irreführend: Er lässt sich auf die Propaganda, nicht aber auf die Schulung anwenden. Wenn die gesamte Polizei in die SS-Schulung einbezogen wurde, dann bedeutete dies auch, dass sie wie eine »Gliederung« der Partei behandelt wurde, das heißt so als wäre sie bereits eine Abteilung der SS. Polizeibeamte sollten generell Volkserzieher sein und mussten daher entsprechend geschult werden. Damit ging ein Wandel der Berufsrolle einher: Sie waren jetzt nicht mehr nur Vertreter der Staatsmacht, sondern eines nationalsozialistischen Staates, der sich als eine weltanschauliche Macht verstand, die seine Beamten zu verinnerlichen und »volkserzieherisch« zur Geltung zu bringen hatten. Die Polizei hatte von Anfang an unter einem starken Bewährungs- und Anpassungsdruck gestanden. Polizeibeamte, die noch vor kurzem die Weimarer Republik nicht nur gegen Extremisten von links, sondern auch von rechts zu schützen hatten, mussten sich jetzt als Diener eines neuen Staates beweisen, der von ihnen nicht nur Dienst- und Pflichtbewusstsein, sondern auch eine »innere Zustimmung« zu den Werten des Nationalsozialismus und der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft verlangte: Im Führerstaat wurde die innere Bejahung zur Rechts- und Moralpflicht.27
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Die nationalsozialistische Bewegung war von der Utopie einer rassisch gereinigten, homogenen Volksgemeinschaft getragen, die den Wiederaufstieg des Deutschen Reichs zu neuer Größe und Macht verhieß und als Antriebskraft für die Mobilisierung kollektiver Energien wirkte. Auf diese Utopie und Verheißung stützte sich das Charisma »des Führers« und all der Führer und Unterführer, die an der Kraft seines Charismas partizipierten. Die Verbindung von Utopie und Charisma war ein Wesensmerkmal des Nationalsozialismus.28 Sie verlieh ihm seine besondere Dynamik, die noch einmal zusätzliche Schübe erfuhr, als sich mit den schnellen Erfolgen und Eroberungen bis zum Herbst 1941 der »Möglichkeitshorizont« öffnete und die Utopie realisierbar zu werden schien.29 Diese Verbindung von Utopie und Charisma markiert auch einen grundlegenden Unterschied zur Weimarer Republik, die als »Vernunftstaat« nicht annähernd vergleichbare Kräfte und Energien aus »innerer Bejahung« freizusetzen vermochte. Im Unterschied der Konzepte von »Staatsbürgerlicher Bildung« und »Weltanschaulicher Erziehung« schlug sich dies unmittelbar nieder: Forderte die »Staatsbürgerkunde«, weil sie an Prinzipien der politischen Neutralität, Sachlichkeit und Objektivität orientiert war, in erster Linie intellektuelle Distanz, so suchte die »Weltanschauliche Erziehung« die innere Überzeugung und Bejahung, appellierte an Gefühle und forderte den einzelnen zur Stellungnahme und zu einer leidenschaftlichen Parteilichkeit heraus. In den 30er Jahren war das »Charisma der Weltanschauung« dem der »Vernunft« deutlich überlegen, weil es (nach einem verlorenen Krieg und einer - so empfundenen - nationalen Demütigung) starke kollektive Wünsche und Bedürfnisse ansprach. Die nationalsozialistische Pädagogik konnte daran anknüpfen. Mühelos gelang es ihr, innerhalb weniger Jahre eine Schulungspraxis zu etablieren, hinter der alle Anstrengungen, die die Weimarer Republik auf dem Feld der politischen Bildung unternahm, verblassten. Schon vor 1933 hatte die NSDAP eine besonders ausgeprägte Rednerschulung betrieben.30 Die Überlegenheit der »Weltanschauung« manifestierte sich auch darin, dass sie mit Erfolg auch eine scheinbar wissenschaftliche Fundierung für sich behaupten konnte. Die Schulung konnte deshalb den Schein einer wissensbasierten Unterrichtsveranstaltung annehmen, die sich in der Form kaum vom üblichen Unterricht an Schulen und Hochschulen unterschied. Dies gilt etwa auch für die Lehrgangstexte und für die vergleichsweise elaborierten Stoffsammlungen des Schulungsamtes, die, mit Anschauungsmaterial und Literaturhinweisen ausgestattet, zumeist im seriösen Gewand eines Unterrichtsbuchs für die höheren Schulen daherkamen. Für einen »normalen« Polizisten war dieser Schein wissenschaftlicher Fundierung kaum zu durchschauen, er erhöhte aber die Plausibilität der NS-Lehre und stattete sie mit einer höheren Autorität aus. Mit welchen Mitteln und aus welchen Gründen hätte man diesen Hintergrund auch hinterfragen sollen? Ohnehin traf der Nationalsozialismus bei vielen Polizeibeamten auch auf eine Aufnahmebereitschaft, die die Umsetzung der Schulungsprogramme erleichterte, insbesondere brachte die Mehrheit der Beamten nationalkonservative Einstellungen und autoritäre Dispositionen mit, manche waren froh, endlich frei von rechtsstaatlichen Fesseln etwa gegen Kommunisten und Sozialisten vorgehen zu können, und für viele eröffnete das Dritte Reich
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die lang ersehnte Perspektive einer militärischen Karriere – 1935 wurde die zuvor schon nach militärischen Richtlinien ausgebildete Landespolizei in die Wehrmacht überführt. Damit schied etwa ein Drittel der aktiven Polizisten aus dem Polizeidienst aus. Sie wurden größtenteils ersetzt durch Angehörige von SA, SS und StahlhelmReserve, die sich zuvor als »Hilfspolizisten« im Kampf gegen die Gegner des Regimes hatten bewähren können. Die Polizei des Dritten Reichs war daher 1939 strukturell und mental eine andere als die der Weimarer Republik. Und Neuzugänge, Reservisten und Rekruten, die jetzt mobilisiert wurden, hatten bereits viele Jahre nationalsozialistischer politischer Sozialisation hinter sich, waren der Propaganda ausgesetzt gewesen und hatten die schleichende Aushöhlung und den Strukturwandel des Rechts miterlebt, die Einführung der Schutzhaft, die Durchsetzung der nationalsozialistischen Rassenpolitik und die Ausgrenzung der Juden, und all dies, ohne dass es einen spürbaren Widerstand gab. Die jüngeren Neuzugänge waren darüber hinaus durch die Formationen der Bewegung, insbesondere die HJ geprägt, die bereits ihre eigene weltanschauliche Schulung und Erziehung praktizierten. Auch wenn nur wenige der einfachen Polizisten in die SS eintraten – viele erfüllten auch gar nicht die Auslesekriterien der »SS-Fähigkeit« – war die Polizei zu Beginn des Krieges doch durch die »nationalsozialistische Weltanschauung« wie sie in der SS definiert und vermittelt wurde geprägt. Entscheidend war aber, dass ein großer Teil des Offizierskorps sich diese Weltanschauung und das Selbstverständnis der SS zu eigen machte: 1941 gehörten bereits 30% der aktiven Polizeioffiziere der SS und 66% der NSDAP an.31 Sicher gab es dafür auch opportunistische Gründe, ebenso evident ist aber auch, dass ein Zusammenhang zwischen dem Rang, dem im Laufe der Ausbildung »akkumulierten weltanschaulichem Wissen« und nationalsozialistischem Aktivismus bestand.32 Es waren oft gerade diese Offiziere, die während des Krieges die Maßstäbe des Handelns setzten, Initiativfunktionen wahrnahmen, als Schulungsoffiziere für die weltanschauliche Legitimation sorgten und »als Rückgrat der Bataillone die personelle Verbindung zwischen Weltanschauungsapparat und durchschnittlichen Polizisten herstellten«.33 Die Führer sollten Erzieher, die Erzieher Führer sein, in der Gestalt des Einheitsführers sollten beide Funktionen zusammenkommen. Selbst die Fachlehrer an den Polizeischulen sollten »einsatzerfahren« sein, um als Vorbild und Lehrer überzeugend wirken zu können. Unterricht und Ausbildung hatten daher stets auch einen Bezug zur Praxis. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die ganz konkreten Instruktionen in Methoden des Tötens als auch auf die demgegenüber abstrakte Unterweisung in der »NS-Lehre«. In den besetzten Ostgebieten gehörte die rassen- und volkstumspolitische »Neuordnung« einschließlich des Umgangs mit der »Judenfrage« zu den selbstverständlichen Themen in der Schulung und Ausbildung der Polizei, und nicht selten war der Offizier, der die Monatsvorträge hielt, zugleich für die Durchführung der »Vernichtungsaktionen« verantwortlich. Der Bezug zur Praxis schlug sich auch im Wandel der Schulungsschwerpunkte während des Krieges nieder. Waren 1940 die »polnischen Greueltaten« an den Volksdeutschen, der Haupt-Kriegsgegner England und die großgermanische Eroberungsutopie die zentralen Themen, so trat mit Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion sofort der »jüdische Bolschewismus« an die erste
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Stelle. Als die Siegeszuversicht nachzulassen schien, suchte man dies durch eine Rückbesinnung auf die eigenen Kräfte zu kompensieren, indem man sich wieder mit der Rassentheorie beschäftigte. Und schließlich rückte »die Idee des neuen Europa« in den Vordergrund, als sich abzeichnete, dass ohne Unterstützung der bis dahin unterdrückten Völker die Niederlage nicht mehr abzuwenden war. Um die immer deutlicher zutage tretenden Mängel an materiellen Ressourcen der Kriegsführung zu kompensieren und nachlassender Kampfbereitschaft entgegenzuwirken, musste mehr denn je das Ideal des politischen Soldatentums und der Mythos von der rassischen Überlegenheit beschworen werden. Es galt noch einmal, mittels weltanschaulicher Erziehung und Führung alle kämpferischen Energien zu mobilisieren. Bereits im Dezember 1943 ordnete Hitler den Aufbau eines Stabes aus nationalsozialistischen Führungsoffizieren in der Wehrmacht an: »Die zunehmende Härte und das Ausmaß des Krieges zwingen zum Einsatz aller Kräfte für den Sieg. In diesem Ringen müssen die nationalsozialistische Weltanschauung und die politische Haltung als stärkste Kampfmittel eingesetzt werden.« Hitler befahl deshalb: »1. Die vordringliche Aufgabe des Truppenführers ist die politische Aktivierung und Fanatisierung seiner Truppe … 2. Der NS-Führungsoffizier als sein Gehilfe und Berater ist bei der Durchführung der dem Truppenführer gestellten politischen Führungsaufgabe mit verantwortlich. Nur kämpferische, fanatische Nationalsozialisten, gleich welchen Dienstgrades, können als NSFO erfolgreich wirken. Persönlichkeiten, die diese Bedingungen nicht erfüllen, sind zu ersetzen. … 3. Der NSFO ist dem taktischen Gehilfen als Truppenführer gleichgestellt.«34
Das Vorbild für dieses Erziehungsprojekt lieferte die Waffen-SS. Die SS konnte sich in ihrem Anspruch als weltanschauliche Erziehungsavantgarde bestätigt fühlen, als Hitler Goebbels zufolge nach der Niederlage von Stalingrad äußerte: »Hätten wir rechtzeitig die ganze deutsche Wehrmacht so erzogen, wie die SS-Verbände erzogen worden sind, so wäre sicherlich der Kampf im Osten wesentlich anders verlaufen …«.35 Die NS-Führung glaubte selber an die überlegene Kraft der Überzeugung, die aus dem Inneren kommt. Himmler war sich noch Ende Juli 1944 sicher, dass die »Krise an der Ostfront« im Wesentlichen auf einen »Mangel an Pflichterfüllung und weltanschaulicher Ausrichtung« zurückging; der deutsche Sieg sei gleichwohl aufgrund des besseren Erbgutes gewiss.36 Schon im Februar 1940 hatte er in einer Rede vor Gauleitern und Parteifunktionären dieses bemerkenswerte Glaubensbekenntnis ausgesprochen: »Wir sind fest davon überzeugt, ich glaube das, genau so wie ich an einen Gott glaube, ich glaube, dass unser Blut, das nordische Blut tatsächlich das beste Blut dieser Erde ist. Solange wir zurücksehen, solange wir unsere Gegenwart betrachten – wie die ferne, ferne Zukunft sein wird, das weiß niemand von uns. In Jahrhunderttausenden wird auch dieses nordische Blut immer das beste sein. Es zeigt sich kein anderes. Über alles andere, allen anderen sind wir überlegen. Wenn wir befreit sind von Hemmungen und Fesseln, gibt es niemand, der an Qualität und Kraft uns besiegen kann.«37
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Diese Überzeugung, der Glaube an das »Charisma des nordischen Blutes«, beförderte die Herausbildung eines paranoiden Größenselbst. Bei aller »wissenschaftlichen Fundierung« ließ die nationalsozialistische Weltanschauung letztlich keine grundlegenden Korrekturen zu, weil das den Verlust dieses Charismas bedeutet hätte. Einer realitätsgerechten Auseinandersetzung mit der Erfahrungswelt waren damit enge Grenzen gesetzt; dies führte zu Fehlschlüssen mit verheerenden Folgen. Der im Verlauf des Krieges fortschreitende Realitätsverlust begünstigte Radikalisierungs- und Entgrenzungsschübe, in denen die Realität mit dem Bild, das Schulung und Propaganda von ihr vermittelten, immer wieder in Einklang gebracht werden musste. In dieser Hinsicht war die nationalsozialistische Weltanschauung nicht nur eine Ideologie, sondern eine eigene Wirkungsmacht.38 Schon als die Polizeibataillone 1939/40 nach Polen kamen, brachten sie die Stereotypen von »polnischer Wirtschaft« und »jüdischem Untermenschentum« als handlungsleitende Orientierungskompasse mit und schufen durch die Errichtung eines Apartheid- und Terrorregimes, durch Ghettoisierung und Drangsalierung eben jene Wirklichkeit, die das mitgebrachte Bild zu bestätigen und das eigene Handeln zu legitimieren schien.39 Zwar gab es vereinzelt auch Korrekturen, die aber nur Modifikationen darstellten oder taktischer Art waren. Zum Beispiel fuhr man den »antibolschewistischen Feldzug« in der weltanschaulichen Schulung für die kurze Zeit des Hitler-Stalin-Paktes etwas herunter, um ihn danach um so aggressiver zu führen. Später, 1944 ließ das SS-Hauptamt wiederum eine Schulungsschrift über den Bolschewismus einziehen, weil die Rede von der Minderwertigkeit der Slawen und vom russischen »Untermenschen« angesichts der überraschenden Widerstandskraft der Sowjetunion kaum noch überzeugen konnte. Inzwischen differenzierte man zwischen den Ostvölkern, denen man auch Gefühle wie Heimatliebe und Patriotismus attestieren musste, und den jüdischbolschewistischen Funktionären, die angeblich nur darauf aus waren, diese teilweise doch »gutmütigen« Völker auszubeuten und ihre Kultur zu zerstören. Entlang dieser Differenzierungslinie musste die Schrift neu verfasst werden.40 Dies war aber nur ein Zugeständnis, um Angehörige der »Ostvölker« für den Kampf an deutscher Seite zu gewinnen. Am Bild der Hauptgegner – Bolschewismus, Amerikanismus und als gemeinsamer Feind dahinter »der Jude« – gab es bis zum Schluss keine Korrektur. Im Kern galt der Kampf dem »jüdischen Bolschewismus«. In der Schulungsarbeit kam nach dem Kriegseintritt der USA das Thema »Amerikanismus« hinzu; dabei suchte man aber auch hier hauptsächlich den Nachweis einer »Judenhörigkeit« der US-Regierung zu führen, den man vorher schon für England meinte erbracht zu haben – insbesondere für die erbitterte Gegnerschaft Englands als »germanisches Brudervolk« gab es innerhalb des nationalsozialistischen Weltbildes keine andere »rationale« Erklärung als die einer jüdischen Unterwanderung. Den Krieg gegen die Sowjetunion begann Hitler in der Überzeugung, dass »der Bolschewismus wie ein Kartenhaus zusammenbrechen« und der Krieg höchstens vier Monate dauern werde, weil es im Prinzip genüge, die »jüdisch-bolschewistische Führungsschicht« zu beseitigen. Den Amerikanern sprach Hitler die Moral ab, einen längeren Krieg durchzuhalten. Unter deutschen Soldaten, vor allem unter solchen der Waffen-SS war der Glaube an den Endsieg trotz Kenntnis von der Materialüberlegenheit der Alliierten
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weit verbreitet, die Amerikaner, von einer jüdischen Clique um Roosevelt fremdgesteuert, würden gar nicht wissen, wofür sie kämpfen und sich nach großen Verlusten zurückziehen.41 Solche Fehleinschätzungen waren die Folge paranoider Wahrnehmungsmuster. Die weltanschauliche Schulung stützte diese Muster, indem sie scheinbar rationale Erklärungen lieferte. Rassenbiologisch war »das Judentum« zwar nur eine unter vielen Bedrohungen des »guten Blutes«, aber sie war mit Abstand die größte, weil sie universell und allgegenwärtig zu sein schien. Zigeuner oder Geisteskranke ließen sich relativ »problemlos eliminieren«, und es hätte eigentlich ein Leichtes für eine geborene »nordisch-germanische« Herrenrasse gewesen sein müssen, das russische oder das polnische Volk zu beherrschen, da ihnen die Rassenanthropologie doch jede Fähigkeit zu selbständigen kulturschöpferischen Leistungen abgesprochen hatte. »Das Judentum« dagegen konnte sich nicht nur auf eine internationale Verschwörungsmacht stützen, es beherrschte seine »Wirtsvölker« auch von innen, und der »jüdische Geist« verseuchte sie auch noch, wenn die Juden schon vertrieben und vernichtet waren. Der antijüdische Kampf richtete sich daher sowohl gegen die physische Existenz als auch gegen den Geist »des Juden«. Hier lag eine der großen Aufgaben und Herausforderungen der »weltanschaulichen Schulung«: Sie sollte helfen, sich von allem »Fremden« zu befreien und das eigene Selbst wiederzufinden. So formulierte es Heydrich 1936. In der programmatischen Schrift »Wandlungen unseres Kampfes«, die zuerst im »Schwarzen Korps« erschien und noch während des Krieges in der Führer-Schulung der SS Verwendung fand, fordert er dazu auf, »das Gegnerische« nicht nur in seinen äußeren Formen, sondern auch im eigenen Inneren zu bekämpfen, weil der fremde und vor allem der »jüdische Geist« Kultur und Gesellschaft durchdrungen habe. Deshalb müsse die SS »als der weltanschauliche Stoßtrupp« zu allererst an sich selber arbeiten: »Wir müssen die guten Elemente unserer deutschen Erbanlagen vertiefen … Wir müssen ferner das Wissen um unsere Ahnen erweitern oder meist überhaupt erst erarbeiten. Es ist das Wissen von allen den Werten, die Gott unserem Volk gegeben hat: Unser Blut, unsere Art, unsere wahre geschichtliche Vergangenheit. Dazu gehört auch unser altes Volkstum, das seine Wurzel in Zeiten hat, die entgegen der Behauptung vieler weit vor der Zeitenwende und weiter vor dem für das Germanentum so bedeutungsvollen 8. Jahrhundert liegen.« 42 Die nationalsozialistische Weltanschauung lieferte den Kompass auf dem Weg zum wahren Selbst, und die »Gegnerkunde« diente der Konturierung des eigenen Größenselbst. Die Hintergründe für die Konstruktion dieses Größenselbst sind komplex; sie zu untersuchen ist vor allem Aufgabe sozialisationsgeschichtlicher und psychohistorischer Forschungen. Ein wesentlicher Faktor war zweifellos die Beschädigung des Männlichkeitsbildes und der männlichen Rolle durch die Folgen des 1. Weltkrieges. Insbesondere entzog die Reduktion der Reichswehr durch die Versailler Verträge der rechtsnationalen Jugend ein zentrales Medium traditioneller männlicher Sozialisation. Der Aufstieg paramilitärischer Verbände ist in diesem Zusammenhang zu sehen, und auch die Polizei bot hier eine Kompensation. Die – nicht angenommene – Niederlage im Krieg, der – vermeintliche – Dolchstoß durch die
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»Novemberverbrecher und die – so empfundene – Demütigung durch die von den Siegermächten oktroyierte Nachkriegsordnung, all dies hinterließ ein kollektives Trauma vor allem bei Teilen der Kriegsjugend- und Nachkriegsgeneration, die nach 1933 bestrebt war, ihre »männliche Ehre« wiederherzustellen. Dazu waren Kampfbereitschaft und unbeugsamer Kampfeswillen, innerer Zusammenhalt, Härte gegen sich selbst und andere, Siegesgewissheit und – als entscheidende Grundlage – ein unbezweifeltes Überlegenheitsgefühl vonnöten. Diese Grundlage lieferte das Curriculum aus Rassenkunde und einer zurechtgelegten Geschichte »des Reichs«. 3. Von der Staatsbürgerkunde zur weltanschaulichen Erziehung: Polizei-Ausbildung vor 1933 Nach dem 1. Weltkrieg und mit der Gründung der Weimarer Republik stand die Polizei vor einem Grundwiderspruch: Einerseits musste sie Aufgaben übernehmen, die traditionell vom Militär wahrgenommen worden waren – dies betraf vor allem die Niederschlagung von Aufständen und inneren Unruhen; andererseits sollte sie sich selbst als republikanische Polizei eines demokratisch verfassten Staates neu organisieren und präsentieren.43 Die Armee war nach den Versailler Verträgen drastisch reduziert worden und sollte nicht mehr für Aufgaben der inneren Sicherheit eingesetzt werden. Daher wurde 1919 in Preußen neben der neu organisierten Ordnungspolizei eine Sicherheitspolizei geschaffen, die in geschlossenen Einheiten organisiert war und sich zu einem großen Teil aus demobilisierten Soldaten und Freikorpsangehörigen zusammensetzte. Auf Druck der Alliierten, die eine verdeckte Remilitarisierung durch die Entstehung von Quasi-Ersatzarmeen der Länder befürchteten, musste die Sicherheitspolizei schon ab 1920 wieder aufgelöst werden, im Kern blieb aber die Zweiteilung der Schutzpolizei in eine Revierpolizei des Einzeldienstes und eine kasernierte Polizeibereitschaft bestehen. Der Gebrauch schwerer Waffen wurde zwar begrenzt und die kasernierten Einheiten mussten in die Schutzpolizei eingegliedert werden, sie wurden aber jetzt zu Ausbildungs- und Fortbildungsformationen der gesamten Polizei umgewandelt, in denen sowohl für den Einzeldienst als auch für den geschlossenen Einsatz ausgebildet und vorbereitet wurde; sie konnten daher jederzeit auch zu geschlossenen Einsätzen herangezogen werden. 1933 wurde die kasernierte Polizei aus der Polizeiorganisation wieder ausgegliedert, militärisch ausgebildet und 1935 in die Wehrmacht überführt – die Entwicklung hin zu einer Einheitspolizei, den die alliierten Beschlüsse intendiert hatten, wurde damit wieder rückgängig gemacht.44 Während die Armee nach dem 1. Weltkrieg auf ein Rumpfheer von 100 000 Mann beschränkt worden war, hatte es bei der Polizei eine Stellenvermehrung gegeben: Der Personalbestand war von rd. 100 000 im Jahr 1913 auf etwa 150 000 in der Weimarer Republik angestiegen; gleichzeitig hatte die Polizei in großem Umfang militärische Ausrüstungsgegenstände, Fahrzeuge etc. übernommen. Da es den Nationalsozialisten ab 1933 sehr schnell gelang, innere Opposition und Widerstände auszuschalten und mit Hilfe ihrer Parteiarmeen ein allgemeines Klima der Einschüchterung zu schaffen, so dass sich das Regime rasch konsolidierte und
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nicht mehr mit nennenswerten Unruhen rechnen musste, konnte dieser Zugewinn an Personal und Ausrüstung an die Wehrmacht zurückgegeben werden.45 Ein Hauptproblem, das die Entwicklung hin zu einer modernen, zivilen republikanischen Polizei von Anfang an belastete und alle Reformversuche erschwerte, lag darin, dass es 1919/20 nicht zu einem wirklichen personellen Neuanfang kam. Teils wurde die alte wilhelminische Polizei übernommen, teils wurden entlassene Soldaten und Kämpfer aus den Reihen der Freikorps und Einwohnerwehren aufgenommen, und generell bot die Polizei eine Alternative für Männer, denen die militärische Laufbahn durch die drastische Verkleinerung der Armee versperrt war.46 Vor allem fanden Berufsoffiziere, für die in der Rumpfarmee kein Platz mehr war, eine neue Zukunft in der Polizei, sie wurden bevorzugt auf Führungspositionen und in leitenden Funktionen der Ausbildung eingesetzt. Das Lehrpersonal der Polizeischulen setzte sich überwiegend aus ehemaligen Offizieren der Armee zusammen, an jeder zweiten Polizeischule in Preußen wurden ehemalige Heeresoffiziere zu Schulleitern berufen.47 Dadurch erhielt die Polizeiausbildung einen stark militärischen Zug. Dies war auch von der politischen Führung gewollt, um die Polizei als ein effizientes Instrument zur Bekämpfung von Aufständen und Unruhen einsetzen zu können, nachdem das Militär für solche Aufgaben nicht mehr in Frage kam. Ausbildung im Straßenkampf und militärtaktisch geprägte Konzepte standen im Vordergrund, die Offiziersausbildung orientierte sich an der militärischen Ausbildung der Vergangenheit: »Prinzipien und Inhalte der infanteristischen Ausbildung des Heeres der Kriegs- und Vorkriegszeit wurden fast bruchlos übernommen.«48 Den Regierungen war an einer starken und disziplinierten Polizeimacht gelegen. Sie verzichteten daher auf durchgreifende Maßnahmen zur Durchsetzung eigener Reformvorstellungen. Im Ergebnis entstand so in der Weimarer Republik »eine nach militärischen Prinzipien organisierte, von ehemaligen Heeres-Offizieren geführte und ausgebildete Schutzpolizei«.49 Dennoch ist das Bild einer primär militärisch geprägten Polizei der Weimarer Republik zu einseitig. Im Verlauf der Zwanziger- und zu Beginn der Dreißigerjahre kam neues Personal hinzu, das bereits unter anderen gesellschaftlichen und politischen Bedingungen sozialisiert war, darunter republiktreue Polizisten und Offiziere. Von ihnen fiel allerdings ein großer Teil, insbesondere unter den Offizieren, den politischen Säuberungen zum Opfer, die bereits 1932 begannen und sich 1933 fortsetzten. Während der Weimarer Republik war es zu weitreichenden Reformen im Bereich der Ausbildung gekommen. Sie betrafen zum einen den Aufbau eines formalisierten und geregelten Ausbildungssystems überhaupt, zum anderen die verbindliche Einführung eines allgemeinbildenden Unterrichts und insbesondere eines Unterrichts in Staatsbürgerkunde, der die Grundlagen der neuen Staats- und Verfassungsordnung vermitteln sollte. Hatte es vor dem 1. Weltkrieg nur eine oberflächliche Ausbildung gegeben, die hauptsächlich im learning by doing im täglichen Streifendienst bestand, zu dem lediglich Lehrgänge von wenigen Wochen Dauer und einem minimalen theoretischen Anteil hinzu kamen, so wurde ab 1921 ein Ausbildungssystem aufgebaut, das als Minimalziel die Hebung aller Polizeibeamten auf das Bildungsniveau der mittleren Reife beinhaltete und die Errichtung eines polizeieigenen Schul-
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wesens vorsah, das bis zum Polizeiabitur mit anschließender Polizeioffiziersbildung führte.50 Im Prinzip erlangte die Polizei dadurch eine größere Unabhängigkeit von der Reichswehr; unter anderem konnte der Anteil ehemaliger Reichswehroffiziere am Polizeioffizierskorps während der 20er Jahre deutlich verringert werden.51 Damit verbunden war der Anspruch einer Modernisierung und Professionalisierung der Ausbildung, der allerdings durch die genannten Tendenzen der Militarisierung auf eine spezifische Weise gebrochen wurde. Der Widerspruch zwischen militärischer Ausbildung und dem neuen Anspruch einer bürgernahen republikanischen Polizei war für die ganze Zeit der Weimarer Republik prägend.52 Die Forderung, die Kurt Perels auf der Reichspolizeischulkonferenz 1921 in Berlin stellte, sollte sich letztlich nicht erfüllen: »Die alten Zeichen müssen aufhören, Embleme der Polizei zu sein: Säbel, Gummiknüppel, Armeerevolver. Sie soll nicht den Gegensatz verkörpern zwischen Macht und Recht, sondern sie soll als stärkstes Glied mitwirken zu einer Durchgeistigung der Macht durch Recht, durch sittliche Hingebung und durch die Kräfte eines vertieften, gründlichen Wissens.«53
Gleichwohl führte der Anspruch, eine qualifizierte »Volkspolizei« zu schaffen, die befähigt war, sowohl für Ruhe und Ordnung und innere Sicherheit zu sorgen, als auch die Demokratie und die neue Republik zu schützen, zum Aufbau eines differenzierten Polizeischulwesens.54 In ihm nahm die Förderung der Allgemeinbildung durch Errichtung von Polizeiberufsschulen einen bemerkenswerten Platz ein. Alle Polizisten und Polizeianwärter ohne mittlere Reife, die der Berufsschulpflicht unterlagen, hatten die Unter- oder Vorstufe der Polizeiberufsschule zu besuchen, in der die allgemeine Volksschulbildung »gefestigt« wurde. Daran schloss sich eine zweibis dreijährige Mittelstufe an, die mit der mittleren Reife abgeschlossen wurde, sowie die dreijährige Oberstufe, die zum Abitur führte: Unterstufe:
Mittelstufe:
Oberstufe:
U III U II U I: erfolgreiches Bestehen war die Voraussetzung der Beförderung zum Polizeiwachtmeister M III M II M I: Abschlussprüfung entsprach der mittleren Reife und berechtigte zum Besuch des Oberwachtmeisterlehrgangs an einer Polizei(fach)schule sowie zum Besuch der Oberstufe O III O II O I: »Polizeiabitur«, berechtigte zum Besuch eines Polizeioffizierslehrgangs an der Höheren Polizeischule in Potsdam-Eiche
Auch Volksschulabgänger konnten danach im Rahmen des polizeieigenen Bildungssystems zum Offizier aufsteigen. Für Abiturienten und andere Anwärter mit höhe-
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ren Bildungsabschlüssen galten verkürzte Bildungswege. 1930 wurde der Ausbildungsgang vereinfacht und die Unterstufe mit der Mittelstufe zu einer »Hauptstufe« mit den Klassen A III, II und I zusammengefasst; aus der zentralen M I- wurde die A I-Abschlussprüfung. Dem Eintritt in die Hauptstufe war eine Vorstufe (Klasse V) vorgeschaltet, die nicht an der Polizeiberufs- sondern an der Polizeifachschule eingerichtet wurde.55 Unterrichtsfächer waren Deutsch, Rechnen, Erdkunde und Geschichte sowie Stenographie und Maschineschreiben, auf der Oberstufe kam eine Fremdsprache hinzu. Die Polizeiberufsschule war eine Teilzeitberufsschule, in der zweimal die Woche für drei bis vier Stunden Unterricht erteilt wurde. Parallel dazu wurden Polizeischulen für die polizeieigene Fachausbildung errichtet. In Preußen sollte jede Provinz eine Schule erhalten; insgesamt entstanden 10 Provinzialpolizeischulen, an denen Vollzeit-Lehrgänge von drei bis vier Monaten Dauer durchgeführt wurden, deren erfolgreiches Bestehen die Beförderung in den nächst höheren Rang eröffnete. Polizeianwärter erhielten in einem einjährigen Lehrgang eine Grundausbildung. Die Aufgabe der Polizei(fach)schulen war daher die Grundausbildung der Neuzugänge sowie die Durchführung von Beförderungslehrgängen.56 Der Polizeifachunterricht umfasste fünf Fächer: I. II. III. IV. V.
Staats- und Bürgerkunde Polizeiverwaltungsrecht Strafrecht einschließlich Gerichtsverfassung und Strafprozessordnung Gewerberecht Waffen- und Schießlehre, Kartenlehre, Skizzen zeichnen, Sicherung von Spuren am Tatort.
Hinzu kamen Geländeübungen und täglich zumeist zwei Stunden Sport. Im Anwärterlehrgang wurde auch an den Provinzialschulen allgemeinbildender Unterricht in den Fächern Deutsch, Rechnen, Geschichte und Erdkunde erteilt. Der Ausbildungsgang lässt sich danach etwas vereinfacht so darstellen: 1. Ein Jahr Grundausbildung als Polizeianwärter an einer Polizei(fach)schule.57 2. Anschließend praktische Ausbildung in den Bereitschaften, die zugleich als Reserve-Ersatzeinheiten dienten; parallel dazu der Besuch der Polizeiberufsschule bis zur Klasse M I bzw. A I. 3. Lehrgang für Oberwachtmeisteranwärter von 3 bis 4 Monaten Dauer. Die Ernennung zum Oberwachtmeister setzte die mittlere Reife voraus, erfolgte also für die berufsschulpflichtigen Anwärter nach Abschluss der Mittel- bzw. Hauptstufe der Polizeiberufsschule (M I bzw. A I). Der erfolgreiche Besuch des Lehrgangs war Voraussetzung für die Anstellung auf Lebenszeit und den Wechsel in eine andere Beamtenstellung des öffentlichen Dienstes. 4. Beförderungslehrgänge für Polizeimeister- und -obermeisteranwärter von zwei bis vier Monaten; sie begründeten den Eintritt in den »gehobenen mittleren Dienst«. 5. Lehrgänge für Offiziersanwärter und Fortbildungslehrgänge für Offiziere der Polizei.
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Während die Lehrgänge 1, 3 und 4 an den Provinzialpolizeischulen durchgeführt wurden, fanden die Offiziersanwärter- und Offizierslehrgänge in Preußen zentral an der eigens dafür errichteten Höheren Polizeischule Eiche bei Potsdam statt. Ab 1921 wurden hier Lehrgänge für die Eingangsstufe und die weiteren Ränge der Polizeioffizierslaufbahn durchgeführt, d.h. getrennt für angehende Leutnante, Hauptleute und Majore.58 Ähnliche Lehrgänge und einige eigene Schulen gab es für die »Landjägerei«, wie in Preußen die Gendarmerie hieß. Hinzu kamen Lehrgänge an speziellen Ausbildungsstätten wie der Polizeischule für Leibesübungen in Spandau und der Polizeischule für Technik und Verkehr in Berlin. Spandau war die zentrale Ausbildungsstätte für den Polizeisport. Hier wurden Übungsleiter und Riegenführer für die Provinzialschulen ausgebildet, spätestens ab 1926 begannen hier auch Offizierslehrgänge: Dem Offizierslehrgang in Eiche wurde ein zwei- bis dreimonatiger Lehrgang in Spandau vorgeschaltet.59 Die Polizeischule für Technik und Verkehr entstand im März 1927 durch die Zusammenlegung der drei technischen Sonderschulen (der Kraftfahrschule, der Nachrichten- und der Luftfahrtüberwachungsstelle der Polizei). Die Schule war auch für die technische Anfertigung der Lichtbildreihen für den Unterricht zuständig – während der Weimarer Republik stellte sie die Lichtbildreihen für den Staatsbürgerkundeunterricht her, später fertigte sie Lichtbildreihen für den Unterricht in nationalsozialistischer Weltanschauung an.60 Im Mai 1920 war für das Land Preußen zunächst eine Höhere Sipo-Schule im Gebäude einer Unteroffiziersschule in Potsdam eröffnet worden; sie wurde nach der Auflösung der Sicherheitspolizei Anfang 1921 nach Potsdam-Eiche verlegt und als Höhere Polizeischule neu konstituiert. Neben den Offiziersanwärter-Lehrgängen sowie Lehrgängen für Oberleutnante, Majore und Hauptleute wurden hier auch Lehrgänge für Kriminalkommissare durchgeführt.61 Die Ausbildung der Kriminalpolizei war in Preußen – Stand 1930 – so geregelt, dass Bewerber aus der Schutzpolizei zunächst den mittleren Bildungsabschluss (M I bzw. A I) erreicht haben mussten. Nach erfolgreichem Besuch des Oberwachtmeisterlehrgangs war eine Fachprüfung und eine Eignungsprüfung abzulegen, danach erfolgte die Aufnahme in eine Probedienstzeit von neun Monaten, an deren Ende ein Lehrgang stand, der mit der 1. kriminalistischen Fachprüfung abschloss. Anschließend konnte man als Kriminalassistent oder -sekretär eingestellt werden. Die 2. Kriminalistische Fachprüfung eröffnete die Laufbahn der Kriminalbeamten. Sie begann mit der Zulassung zum Kriminalkommissar. Voraussetzung waren 18 Monate praktische Unterweisungen im Kriminalpolizeilichen Dienst sowie zweimal drei weitere Monate Dienst bei der Polizeiverwaltung und anderen Polizeidienststellen; danach folgte der Besuch eines 6monatigen Lehrgangs für Kriminalkommissaranwärter in Potsdam-Eiche, später im »Polizei-Institut« in Berlin.62 Bezeichnend für die Widersprüchlichkeit der »Weimarer Verhältnisse« war, dass an der Höheren Polizeischule nicht nur Staatsund Bürgerkunde, die rechtskundlichen Fächer und Kriminalistik unterrichtet wurde, sondern auch Wehrsport, Waffenkunde, Polizeitaktik und taktische Übungen breiten Raum einnahmen und einen Ausbildungsschwerpunkt bildeten, der in dem Maß noch an Bedeutung gewann, wie die innenpolitischen Spannungen wieder zunahmen. Man verfügte nicht nur über einen »Sandkasten« wie das Militär, sondern auch
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über einen »Stadtkasten«, um Straßenkämpfe simulieren zu können – Kritiker, unter ihnen Tucholsky, warnten vor der Gefahr, dass sich die Polizei zu einer Bürgerkriegstruppe entwickeln könne.63 Dieses Ausbildungs- und Laufbahnsystem wurde im Dritten Reich weitgehend beibehalten, bis die Vorbereitung auf den Krieg und die damit verbundene forcierte Militarisierung grundlegendere Änderungen erforderlich machten. Insgesamt lassen sich für die Zeit der Weimarer Republik neben den genannten militaristischantirepublikanischen Aspekten auch deutliche Tendenzen der Professionalisierung und Modernisierung festhalten. Sie fanden einen besonderen Ausdruck in der Gründung des »Polizei-Instituts« in Berlin als einer Stätte moderner kriminologischer und polizeiwissenschaftlicher Forschung und Lehre. Das Institut ging aus einer Forschungsabteilung der Höheren Polizeischule Eiche hervor und wurde 1927 in Gebäuden einer ehemaligen Kaserne in Berlin-Westend errichtet.64 Es gibt aber Hinweise auf die Existenz eine Höheren Polizeischule schon 1925 und 1926 in der ehemaligen Festungsbauschule Berlin-Charlottenburg: Im September 1925 wurde hier ein Weiterbildungslehrgang für höhere Kriminalbeamte angekündigt, im Oktober 1926 begann hier ein Lehrgang in Berufs- und pädagogischer Psychologie für Polizeihauptleute.65 Beide Lehrgangstypen sollten danach einen Schwerpunkt in der Weiterbildungsarbeit des Instituts bilden. Lehrgänge für Kriminalkommissaranwärter und höhere Kriminalpolizeibeamte begannen in Eiche schon 1923 und 1924, wurden aber offensichtlich ab 1925 an die Abteilung in Berlin-Westend verlegt. Nur vereinzelt fanden danach noch Lehrgänge in Eiche statt, wo man sich stattdessen ganz auf die Ausbildung von Polizeioffizieren und -offiziersanwärter konzentrierte. Das gleiche gilt für Weiterbildungsangebote für Polizeischullehrer: Im April 1924 begann in Eiche noch ein Lehrgang für Polizeischulfachlehrer,66 später fanden pädagogische Lehrgänge hauptsächlich im Polizei-Institut statt. Im Oktober 1927 gab das Preußische Innenministerium eine Aufgabenbeschreibung für das Institut heraus; danach hatte es folgende Arbeitsgebiete durch Forschung und Weiterbildungsangebote »für die Bedürfnisse der Polizei« zu bearbeiten: 1. Polizeirecht 2. Berufspsychologie und Pädagogik 3. Geschichte und Soziologie 4. Organisation und Verwendung 5. Kriminologie und Kriminalistik. Dazu kam der Auftrag zur Errichtung einer Lehrmittelsammlung, aus der eine Muster-Lehrmittelsammlung für die Einrichtung entsprechender Sammlungen für einen anschaulichen Unterricht in den Provinzialschulen entstand.67 Aufgaben des Arbeitsgebiets »Berufspsychologie und Pädagogik« waren: »Erforschung der psychologischen Grundlagen für die polizeiliche Tätigkeit (Berufskunde), Bearbeitung der Frage der geistigen Berufseignung. Nutzbarmachung der berufspsychologischen Forschungsergebnisse für den praktischen Polizeidienst wie für Unterricht und Erziehung in der Polizei«. Zum Punkt »Geschichte und Soziologie« hieß es: »Bevölkerungs-, Gesellschafts- und Wirtschaftslehre in ihren Beziehungen zur Polizei. Geschichte der in-
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und ausländischen Polizei in Verbindung mit sozialen Verhältnissen.«68 Der Unterricht sollte den Standards eines modernen seminaristischen Universitätsbetriebs entsprechen, in dem sich Vorlesungen mit »Aussprache« und Übungen mit eigenen Referaten der Teilnehmer abwechselten.69 Dem Weiterbildungslehrgang für obere Kriminal- und Polizeiverwaltungsbeamte 1928 zum Beispiel lag ein durchaus modernes hochschuldidaktisches Konzept zugrunde – so war neben Vorträgen über »Staatspolitik, polizeiliche Soziologie und Polizeiberufspsychologie« ein Seminar vorgesehen, »das unter Leitung eines Dozenten aus Referaten und Gegenreferaten der Lehrgangsteilnehmer und allgemeiner Aussprache« bestehen sollte.70 Entsprechend breiten Raum nahm die Behandlung berufspädagogischer Fragen ein. Seit dem ersten Kurs im Oktober 1925 fand regelmäßig jedes Jahr ein Lehrgang über »Berufs- und pädagogische Psychologie« statt, der sich hauptsächlich an Polizeioffiziere richtete; etwas später wurden diese Kurse in »Lehrgänge für Führerkunde, Berufspsychologie und Pädagogik« umbenannt. 1928 startete ein umfangreiches Lehrgangsprogramm: unter anderem begann im April ein sechsmonatiger Lehrgang für Kriminalkommissaranwärter, im November und Dezember wurden die schon erwähnten Weiterbildungskurse für obere Verwaltungs- und Kriminalpolizeibeamte abgehalten, vom 12.4. bis 10.5.1928 fand ein Lehrgang für Polizeischulräte statt – die Polizeischulräte führten die Aufsicht über die Polizeiberufsschulen und waren für die Einstellung und Entlassung der Lehrkräfte, für die Durchführung von Prüfungen und die Verwaltung der Lehrmittel zuständig.71 Es bildete sich daher eine Arbeitsteilung heraus, nach der an der Höheren Polizeischule in Eiche hauptsächlich die Offiziersausbildung durchgeführt wurde, während das Polizei-Institut in Berlin für die berufspädagogische und die höhere kriminalpolizeiliche Ausbildung zuständig war. In den 6monatigen Lehrgängen für Kriminalkommissaranwärter wurde neben den Rechtsfächern und der eigentlichen »Kriminalpolizeiberufslehre« auch eine Einführung in Kriminalsoziologie und Kriminalpolitik gegeben.72 1929 erhielt das Institut eine symbolische Aufwertung durch den Umzug in den Stüler-Bau in der Schlosstrasse 1, unmittelbar dem Charlottenburger Schloss gegenüber gelegen.73 1930 wurde ein Beirat aus Wissenschaftlern, Politikern und Experten der Praxis berufen, mit der Aufgabe, »grundsätzliche Fragen der Aus- und Weiterbildung zu begutachten und Anregungen zu geben«.74 Zu den weiteren Aufgaben des Instituts gehörte auch die Begutachtung von Prüfungsarbeiten an den Polizeischulen und die Durchführung von »Einweisungslehrgängen von Prüfern« für Schulräte, Polizeioberlehrer und Schulleiter.75 Mit Erlass vom 6.2.1931 wurde die Schule in Eiche mit dem Polizei-Institut institutionell zusammengelegt und dem Präsidenten des Instituts unterstellt; die offizielle Bezeichnung der gemeinsamen Einrichtung lautete jetzt »Polizei-Institut – Höhere Polizeischule Eiche«.76 Die Integration war allerdings nur von kurzer Dauer: Sie wurde im März 1933 wieder rückgängig gemacht, die Polizeischule Eiche wurde wie vor 1931 wieder dem Innenministerium unmittelbar unterstellt.77 1935 ging in Eiche der letzte Lehrgang zu Ende; die Aufgaben der Schule gingen an die neu gegründeten Polizeioffiziersschulen in Köpenick und Fürstenfeldbruck über, die Gebäude in Eiche wurden wieder für eine Unteroffiziersschule der Wehrmacht genutzt.
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Für unser Thema bedeutsam ist, dass auf allen Stufen dieses Schul- und Ausbildungssystems auch Unterrichtsinhalte institutionalisiert wurden, die die Grundlagen und Grundwerte des neuen Staates vermitteln sollten. Bereits im Oktober 1920 ordnete das Preußische Innenministerium vierwöchige Fortbildungskurse für höhere Polizeioffiziere in Eiche an, auf denen neben fachspezifischen Vorträgen in Polizei- und Verwaltungsrecht, Gewerberecht, Straf- und Strafprozessrecht, Kriminalistik und Polizeitaktik auch solche in Staats- und Bürgerkunde auf dem Plan standen; hinzu kamen Sondervorträge zu Themen von allgemeinem Interesse, etwa aus den Bereichen Volkswirtschaft und Gesundheitslehre. Diese Lehrgänge, in die wenig später auch Polizeioffiziere im Leutnantsrang einbezogen wurden, wurden in der Folgezeit fortgesetzt.78 Staatsbürgerkunde stand auch bald auf dem Lehrplan der Polizeiberufs- und Polizeiprovinzialschulen. Auf den vollzeitschulischen Lehrgängen der Provinzialschulen wurden stets auch einige Stunden »Staats- und Bürgerkunde« unterrichtet; der Anteil schwankt in den verschiedenen Lehrgängen zwischen drei und sechs Wochenstunden. Im Wesentlichen handelte es sich aber nur um einen institutionenkundlichen Unterricht über den Aufbau des Staates, die Verfassung, das Wahlrecht und dergl. Der Unterricht sollte generell »rein sachlich« ausgerichtet bleiben. In einer Aufgabenbeschreibung für Polizeiberufsschullehrer wurde der Lehrer darauf verpflichtet, sich im Unterricht »jeder parteipolitischen, konfessionellen und weltanschauungsgemäßen Beeinflussung der Schüler zu enthalten«, gleichzeitig war er jedoch gehalten, »sein Bestes zu geben, um die ihm anvertrauten Schüler zu freudiger Bejahung der verfassungsgemäßen Staatsform und zu tätiger Mitarbeit an den Aufgaben zu erziehen, die den Staatsbürgern unserer Zeit gestellt sind.«79 Bei aller Betonung der Sachlichkeit und der von Hitler so geschmähten »Objektivität« bestand also gleichwohl ein positiver Erziehungsauftrag der politischen Bildung. Der Berliner Polizeischulrat Carl Bose formulierte es für die Polizeiberufsschule so: »Der gesamte Unterricht hat das Ziel der staatsbürgerlichen Erziehung. Wenn ein Beamter den Staat schützen soll, so muß er ihn auch schätzen lernen. Das kann er aber nur, wenn er ihn auch wirklich kennengelernt hat. Diese Aufgabe hat das neue Unterrichtsfach ›Staats- und Wirtschaftskunde‹ in der Polizeiberufsschule. … Die Polizei im Volksstaate hat nach Maßgabe des Gesetzes den Staat vor Erschütterungen zu bewahren, die friedliche Arbeit seiner Bürger zu sichern und den einzelnen in der Wahrnehmung seiner persönlichen Rechte zu unterstützen. Diese der Polizei gestellten Aufgaben erfordern eine Beamtenschaft, die den republikanischen Staat innerlich bejaht, die Grundlagen der deutschen Wirtschaft und die gesellschaftliche Schichtung zu erkennen vermag und dem einzelnen und der Masse Verständnis und Takt entgegenbringt. Die schulmäßigen Voraussetzungen so wichtiger Berufsfelder soll die Polizeiberufsschule schaffen.«80
Zwar waren schon im Kaiserreich Volkswirtschaftslehre, Gesetzes- und Bürgerkunde an Berufs- und Gewerbeschulen unterrichtet worden, in der Weimarer Republik wurde jedoch das Fach »Staatsbürgerkunde« aufgewertet, indem es zum Verfassungsziel erhoben – »Staatsbürgerkunde und Arbeitsunterricht sind Lehrfächer der Schulen« (Art. 144 Abs. 3 der Verfassung von 1919) – und mit dem Auf-
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trag der politischen Bildung verbunden wurde. Zur Institutionalisierung eines eigenen Unterrichtsfachs kam es allerdings nur in den Fortbildungs- und Berufsschulen.81 Und auch hier blieb dies weitgehend ein formaler, institutionenkundlicher Unterricht, der nur bedingt geeignet war, jene von Bose geforderte »innerliche Bejahung« hervorzubringen. Wie schwer es offensichtlich war, eine entsprechende Unterrichtsform zu finden, zeigt nicht zuletzt das von Bose selbst mit herausgegebene Unterrichtsbuch für Staats- und Wirtschaftskunde an Polizeiberufsschulen, das – bei einem Umfang von 617 Seiten – lediglich eine halbe Seite den parteipolitischen Verhältnissen der Zeit widmete und keinen Ansatz für eine Auseinandersetzung mit den großen politischen Konflikten und Spannungen der Zeit lieferte.82 Die curricularen Konzepte der Polizeiberufs- und Fachschulen nahmen gleichwohl moderne soziologische und pädagogische Entwicklungen der Zeit auf. So betonte beispielsweise der Lehrplan für den allgemeinbilden Unterricht in der Vorbzw. Unterstufe der Polizeiberufsschulen von 1926 die Bedeutung eines erfahrungsnahen Unterrichts und des selbständigen Lernens: »Mit allen Mitteln sind eigenes Denken und eigenes sachliches Urteilen zu fördern«, reines Auswendiglernen sei auf das »unentbehrlichste Allgemeinwissen« zu beschränken. Der Unterricht sollte als Gesamtunterricht gestaltet und daher nach Möglichkeit nur von einem Lehrer erteilt werden. Er umfasste nach diesem Lehrplan zwei Wochenstunden »Heimatkunde (einschließlich Heimatgeschichte)«, vier Wochenstunden Natur- und Arbeitskunde sowie drei Wochenstunden Sprachkunde, also insgesamt neun Stunden die Woche. Für den Sprachunterricht waren zwei Stunden Sprachkunde und Sprachübungen sowie eine Stunde Schreibübungen und schriftliche Arbeiten vorgesehen. Der Heimatkundeunterricht sollte in konzentrischen Kreisen vom Wohnort über die Nachbarorte, den Kreis, Regierungsbezirk und die Provinz bis zum Preußischen Staat führen und sich jeweils mit den Beschäftigungsverhältnissen, der sozialen Schichtung, Sitten und Gebräuchen etc. beschäftigen. In Natur- und Arbeitskunde ging es um den Gesamtzusammenhang von Körperbau- und Gesundheitslehre, Ernährungslehre, Kleidung, Wohnung, Bedingungen und Formen der Arbeit und der sozialen Organisation im Allgemeinen.83 Diese soziologische Ausrichtung war noch 1932 präsent. So enthielt der Lehrplan für die Abschlussklasse einen Abschnitt »Die Gesellschaft« mit folgenden Themenpunkten, die allerdings auch schon eine nationalistische Akzentuierung zeigen: »I. Die gesellschaftlichen Verhältnisse des Dienstortes und der Provinz. II. Volk und Erdraum. 1. Deutsches Volk in deutschen Landen (Kulturlandschaften Deutschlands). 2. Deutsches Volk in fremdem Lande (Grenzlanddeutschtum, europäisches Auslandsdeutschtum, Überseedeutschtum). 3. Vom fremden Volkstum und seinem Lebensraum. III. Die Familie als Grundform der Gesellschaft. IV. Die Entwicklung zum Gesellschaftsbilde der Gegenwart. V. Die gesellschaftlichen Verhältnisse der Gegenwart und ihre Beeinflussung durch den Staat.«84
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Beispielhaft lässt sich der Unterricht kurz an der Polizeiberufsschule WesermündeLehe-Bremerhaven verdeutlichen. Der Lehrplan von 1924 enthielt die Fächer Deutsch, Rechnen, »Bürgerkunde« und Geschichte, Erdkunde und Wirtschaftslehre; er umfasste 8 bis 9 Wochenstunden, für Bürgerkunde und Geschichte war jeweils eine Stunde vorgesehen. Den Unterricht erteilten Studienräte und -assessoren zusammen mit einigen Volksschullehrern. Auch hier wurde das Verbot parteipolitischer Erörterungen und die Bedeutung eines Unterrichts nach modernen Methoden hervorgehoben: »Die Erarbeitung der Wissensstoffe muß grundsätzlich auf der Selbsttätigkeit der Schüler beruhen.« Anders als später in den nationalsozialistischen Curricula lag ein Schwerpunkt des Geschichts- und Staatsbürgerkundeunterrichts in der Behandlung der Neuzeit, zu den zu behandelnden Themen gehörten unter anderem die Aufklärung (»Rousseau, Montesquieu«), die Stein-Hardenbergschen Reformen und ein Überblick über die Verfassungsgeschichte vom 19. Jahrhundert bis 1919. Im Staatsbürgerunterricht der Oberstufe sollten unter anderem die verschiedenen Staatsformen und Parteien, die Reichsverfassung, die Preußische und die Bremer Landesverfassung, das Völkerrecht, die Versailler Verträge und die »Großmächte der Gegenwart« behandelt werden.85 Ende 1930 kam es an der Schule zu einem Eklat, nachdem die »Republikanische Beschwerdestelle« republikfeindliche Äußerungen und Verhaltensweisen zweier Lehrer der Schule publik gemacht hatte. Einer der beiden Lehrer – Studienrat Dr. Lehmann, der Staatsbürgerkunde und Volkswirtschaftslehre unterrichtete – wurde anschließend zurückgezogen, bei dem anderen, dem Leiter der Schule, beließ es die vorgesetzte Stelle bei einer Ermahnung, sich künftig politische Zurückhaltung aufzuerlegen. Bei Studienrat Lehmann sah man sich offenbar genötigt, härter durchzugreifen, weil er ein besonders sensibles Fach unterrichtete und auch noch mit antisemitischen Äußerungen auf sich aufmerksam machte.86 Als Teil des allgemeinbildenden Unterrichts an den Polizeiberufsschulen blieb der Staatsbürgerliche Unterricht allerdings hauptsächlich auf die Oberstufe beschränkt. Nach den preußischen Lehrplanrichtlinien von 1924 sollte auf der Unter- und Mittelstufe Geschichte und erst auf der Oberstufe auch Staatsbürgerkunde unterrichtet werden, und der Lehrplan für die Polizeiberufsschule Wesermünde-Bremerhaven von 1925 sah für die Unter- und Mittelstufe zwar einen Unterricht in Staatsbürgerkunde vor, aber es handelte sich nur um einen geschichtlichen Unterricht, beginnend mit den Themen »Zusammenleben zur Zeit der Völkerwanderung, Übergang zur Sesshaftigkeit, Entstehung des Eigentumsbegriffs, Dingpflicht, Wehrpflicht zur Zeit Karl des Großen« usw. Eine Auseinandersetzung mit gegenwartsbezogenen Themen und Problemen fand daher für die große Mehrheit der Polizeischüler nicht statt.87 Auch reformpädagogische Konzepte etwa der Arbeitsschule, wie sie Carl Bose vertrat, wurden sicher nicht von allen Polizeilehrern geteilt. Insbesondere kritisierte Bose die übliche, in den Polizeischulen verbreitete Methode des »entwickelnd-fragenden« Unterrichts, die nur scheinbar das selbständige Lernen fördere, weil der Gedankengang vorab schon durch die »Frageketten« festgelegt sei.88 Die »alte Schule mit ihrem Frage-Antwortapparat« (Bose) dürfte während der Weimarer Zeit fortbe-
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standen haben, und die »entwickelnd-fragende« Methode bildete auch während des Dritten Reichs ein zentrales Prinzip des Polizeischulunterrichts, das gleichwohl als progressiv und modern gegenüber dem Frontalunterricht und dem alten herbartianischen Prinzip des »darstellenden Unterrichts mit vorherrschendem Lehrervortrag« galt, weil die »Entwicklung des Stoffs« durch die »Einstreuung von Schülerfragen« die Aktivität und Selbsttätigkeit der Schüler fördern sollte.89 Zur Förderung des Unterrichts veranstaltete das Ministerium Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen für Schulleiter und Lehrer, auf denen unter anderem auch Methoden und Lehrproben des Staatsbürgerunterrichts präsentiert wurden. Daneben wurden Lehrmittel und Diasammlungen zur Unterstützung eines anschaulichen Unterrichts versandt – zum Beispiel erhielten die Polizeischulen 1926 eine Sammlung von 57 Lichtbildern zur Unterrichtseinheit »Die deutsche Reichsverfassung« sowie weitere Lichtbilder über den Reichstag und den Preußischen Landtag.90 Eine kleine Auswahl höherer Polizeibeamter besuchte die drei- bis vierwöchigen Kurse der »Vereinigung für staatswissenschaftliche Fortbildung«, die seit 1924 regelmäßig jedes Jahr an wechselnden Orten stattfanden und einen aktualisierten Überblick über Entwicklungen und Probleme in Politik und Wirtschaft, aber auch allgemeine »geistige Strömungen« der Zeit vermittelten. Auf dem Lehrgang etwa, der 1924 in Sassnitz stattfand, ging es neben wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen auch um Themen von allgemeiner Bedeutung; so hielt beispielsweise Rudolf Smend einen Vortrag über die »Ethik des staatlichen Lebens«, Theodor Litt sprach über »Die pädagogische Ideenbewegung der Gegenwart«.91 Daneben organisierte auch die »Reichszentrale für Heimatdienst«, eine Einrichtung des Weimarer Staates, die als Vorläufer der späteren Bundeszentrale für politische Bildung gelten kann, Vortragsreihen, zu denen ausgewählte Polizeibeamte eingeladen wurden.92 Im Winterhalbjahr 1924/25 etwa hielten Dozenten der »Reichszentrale« insgesamt 202 Vorträge vor Angehörigen der preußischen Schutzpolizei. Die Bildungsarbeit der »Reichszentrale« fand eine Grenze jedoch darin, dass sie noch nicht als Medium demokratischer Bewusstseinsbildung begriffen wurde. Sie war auf Überparteilichkeit verpflichtet und sollte hauptsächlich institutionenkundliches Wissen vermitteln, sich aus den politischen Konflikten der Zeit aber heraushalten. Der vergleichsweise geringe Stellenwert, den man staatlicherseits der politischen Bildung zumaß, wird auch daran deutlich, dass die Regierung Brüning im Krisenjahr 1930, als eine politische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus dringend geboten gewesen wäre, die Mittel für die »Reichszentrale« um die Hälfte zusammenstrich.93 Im Winter 1930/31 begann man im Polizei-Institut mit der Durchführung von »Wintervorträgen«, die zwar weiterhin fachspezifisch orientiert waren, aber auch auf aktuelle Probleme, mit denen die Polizei mittlerweile immer mehr zu tun hatte, Bezug nahm. So lautete zum Beispiel das 2. Thema der Wintervorträge 1931/32: »Organisation und Kampfschulung radikaler Verbände«. Den Vortrag hielt der Präsident des Instituts Ernst van den Bergh.94 Um die Bindung der Beamten an die Weimarer Republik zu festigen, wurde alljährlich am 11. August die Verfassungsfeier zelebriert, an der auch die Polizeibeamten teilzunehmen hatten, die an diesem Tag schon Mittags Dienstschluss hatten. Für die Polizei war die Verfassungsfeier zumeist ein An-
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lass zur Durchführung sportlicher Wettkämpfe. Feste und Feiern, Ausflüge und andere gemeinsame Aktivitäten dienten vorwiegend der Zerstreuung und Unterhaltung. Und auch der »Verfassungstag« war kein geeignetes Mittel, die Beamten nachhaltig an den republikanischen Staat zu binden, denn allzu oft wurden die verordneten Feiern dazu genutzt, die Missachtung der Weimarer Republik und ihrer politischen Ordnung zum Ausdruck zu bringen.95 In den wenigen Feiern mit politischer Bedeutung, die zu Beginn der 30er Jahre begangen wurden, begann der republikanische Geist bereits zu verblassen. So begingen etwa die Angehörigen der Polizeischule Münster 1931 eine »Vaterländische Feier« am Herrmannsdenkmal, 1932 feierte man Hindenburgs Geburtstag. Verglichen mit den Anstrengungen, die man während des Dritten Reichs unternahm, blieben die Ansätze zur politischen Bildung der Polizei in der Weimarer Republik insgesamt bescheiden. Die Nationalsozialisten investierten ein Vielfaches dessen in die »Weltanschauliche Schulung«, was die Weimarer Republik in die Staatsbürgerliche Bildung steckte. Die Bemühungen um eine staatsbürgerliche Bildung mussten letztlich aber auch ins Leere laufen, solange die Mehrheit der Polizeioffiziere eine antirepublikanische Gesinnung aufwies und dem Konzept eines autoritären Staates anhing. Gravierend war, dass gerade an den Polizeischulen republikfeindliche Offiziere überproportional vertreten waren.96 Eine politische Einstufung des Lehrpersonals an der Höheren Polizeischule in Potsdam-Eiche etwa ergab noch Anfang 1933, dass »nationalkonservative Gesinnungen in unterschiedlicher Ausprägung« dominierten.97 Wie das Beispiel Wesermünde zeigt, waren selbst die Lehrer für den Unterricht in Staatsbürgerkunde nicht gegen republikfeindliche Einstellungen gefeit. Die Offiziere und Lehrkräfte, die die Weimarer Republik bejahten, fielen dagegen zu einem großen Teil den politischen Säuberungen zum Opfer, die bereits vor 1933 mit dem sogenannten »Preußenschlag« am 20.7.1932 einsetzten. In Altona war es im Juli 1932 während einer nationalsozialistischen Demonstration in einem Arbeiterviertel zu Straßenkämpfen und einem Schusswechsel mit der Polizei gekommen, bei dem 18 Menschen ums Leben kamen. Die Preußische Regierung nahm den Vorfall zum Anlass, eine Notverordnung in Kraft zu setzen, mit der die SPD-geführte Landesregierung abgesetzt wurde. Anschließend wurde ein großer Teil der politischen Beamten ausgetauscht, sozialdemokratische Polizeipräsidenten wurden abgesetzt, antidemokratische Polizeioffiziere gelangten an die Schaltstellen der Macht. In Preußen wurden bis zum 10.10.1932 von 588 politischen Beamten 94 in den einstweiligen Ruhestand versetzt, 11 wurden zwangsweise beurlaubt, im November wurden weitere 69 Ministerialbeamte entlassen, die meisten Sozialdemokraten; innerhalb weniger Wochen hatte die Regierung Papen »die jahrelangen und erfolgreichen Bemühungen der preußischen Regierung um eine Demokratisierung der höheren Beamtenschaft zunichte« gemacht.98 Besonders ausgeprägt war diese erste Säuberungswelle bei der Politischen Polizei, die jetzt von dem Auftrag, die NSDAP zu observieren entlastet wurde und stattdessen die Anweisung erhielt, ab sofort auch die SPD zu beobachten.99 Kurz nach dem »Preußenschlag«, im August 1932, wurde das Verbot der Zugehörigkeit von Beamten zur NSDAP, SA oder SS – nicht dagegen zur KPD – aufgehoben. In Hamburg etwa bildete sich daraufhin eine na-
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EINLEITUNG
tionalsozialistische Gruppe unter den Polizeioffizieren, der sich 27 von 240 Oberbeamten anschlossen, 30 von 200 Offizieren traten der NSDAP bei. Auch wenn der Anteil der Mitglieder noch relativ gering blieb, fand die NSDAP doch schon eine starke Unterstützung unter der Polizei; so hatten nach einer Analyse des Wahlverhaltens in drei Hamburger Distrikten 1931 schon 31% der Polizeibeamten die NSDAP gewählt.100 Nach 1933 verschwand die »Staatsbürgerkunde« aus den Lehrplänen. Erziehungsziel war nicht mehr der mündige Staatsbürger, sondern der Volksgenosse der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft, einer Gemeinschaft, die sich nicht mehr auf eine historisch aufgeklärte Vernunft, sondern auf essentialistische Vorstellungen von Volk, Blut und Rasse gründete. Folgerichtig trat an die Stelle der politischen Bildung die »weltanschauliche Schulung«. Der Begriff der »Weltanschauung« war in der Weimarer Verfassung von 1918 zunächst lediglich als Sammelbegriff für nicht kirchlich gebundene Welt- und Lebensauffassungen verwendet worden, die jetzt den kirchlichen Glaubensgemeinschaften verfassungsrechtlich gleichgestellt wurden. Dabei hatte man etwa Theosophen und Anthroposophen, freireligiöse Gemeinden, Freimaurer und Atheisten im Blick. Dies war schulpolitisch bedeutsam: In der Weimarer Republik war ursprünglich die »Gemeinschaftsschule« ohne konfessionelle Trennungen als Regelschule angestrebt worden, auf Druck der Zentrumspartei, die den Fortbestand des katholischen Schulwesens sichern wollte, konnten aber nach dem »zweiten schulpolitischen Kompromiß« auf Antrag Bekenntnis- und Weltanschauungsschulen eingerichtet werden; faktisch blieb die bis dahin bestehende Bekenntnisschule unangetastet, und auch die Nationalsozialisten ließen das katholische Schulwesen bestehen, schränkten aber den Religionsunterricht zunehmend ein – auf den Adolf-Hitlerschulen, Nationalpolitischen Erziehungsanstalten oder der SA-Oberschule Feldafing wurde der Religionsunterricht durch das Fach »Lebenskunde« oder »Weltanschauung« ersetzt. Schrittweise versuchte man dies auch in den öffentlichen Schulen durchzusetzen – in Württemberg etwa führte der besonders eifrige Kultusminister Mergenthaler, der bestrebt war, Württemberg zu einem nationalsozialistischen Mustergau umzugestalten, 1939 den »Weltanschaulichen Unterricht« als Ersatz für den staatlichen Religionsunterricht ein, um die Beschulung auch der »gottgläubigen« Schüler sicherzustellen, die von der Teilnahme am Religionsunterricht dispensiert waren. Im Unterricht sollten »auf nationalsozialistischer Grundlage« Fragen der Philosophie, Ethik und praktischen Lebenshilfe behandelt werden.101 War der Begriff der Weltanschauung zu Beginn der Weimarer Republik noch mit dem Prinzip der Toleranz verbunden gewesen, so verwandelte er sich im Nationalsozialismus in das totalitäre Konzept einer umfassenden Weltdeutung, das für andere als die nationalsozialistische Weltauffassung keinen Platz mehr ließ und daher nicht nur die konkurrierenden politischen Weltanschauungen, sondern auch die traditionellen religiösen Bindungen perspektivisch überflüssig machen sollte. Dies war vorerst nur in den parteieigenen Organisationen und Bildungseinrichtungen möglich und wurde vor allem in der Schulung der SS als der Avantgarde der Partei betrieben. Zwar betonte auch Himmler immer wieder das Prinzip der religiösen Toleranz, faktisch wurde aber mindestens
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vom Führerkorps der Kirchenaustritt bei gleichzeitigem Bekenntnis zur »Gottgläubigkeit« erwartet. Die SS beanspruchte eine eigene »Religiösität«, deren Fundament die nationalsozialistische Weltanschauung war. In den Polizeischulen wurde die »Staatsbürgerkunde« zunächst durch den »nationalpolitischen Unterricht«, dann durch den Fächerkomplex »Geschichte und nationalsozialistische Gesetzeskunde« ersetzt, bis sich die Begriffe »weltanschauliche Schulung« oder einfach »NS-Lehre« (für die »Lehre der nationalsozialistischen Weltanschauung«) etablierten. Der Begriff der Weltanschauung verweist auf einen außergeschichtlichen, quasi-religiösen Begründungszusammenhang, auf vorgegebene Wertvorstellungen, die dem rationalen Diskurs entzogen sind und daher auch nicht kritisch hinterfragt werden können. Im Unterschied zu den von ihnen bekämpften Weltanschauungsgemeinschaften der Weimarer Republik behaupteten die Nationalsozialisten für ihre »Weltanschauung« jedoch eine naturwissenschaftliche Fundierung, die sie in der »modernen« Rassenanthropologie und -biologie gegeben sahen. Auch wenn sich in der nationalsozialistischen Weltanschauung »Wissenschaftliches« und »Mythisches« untrennbar vermischten, konnten die Schulungsmaterialien doch einen Schein von Wissenschaftlichkeit erzeugen, der für den einfachen Polizeibeamten kaum zu durchschauen war. Vor allem aber war diese Weltanschauung viel eher als die abstrakte Staatslehre der Weimarer Republik geeignet, eine »innere Zustimmung« der Polizei zum Staat zu erzeugen. Das »Charisma« der Weltanschauung (»Volk, Blut und Rasse«) war weit stärker und attraktiver als das des liberalen Verfassungsstaates. Unter den Bedingungen weltanschaulich-politisch aufgeladener Konflikte und Auseinandersetzungen in der Gesellschaft war es für einen Polizeibeamten, der ja schließlich auch Teil dieser Gesellschaft war, sicher nicht einfach, sich mit einem Verfassungsstaat zu identifizieren, der ihm das Gebot politischer Neutralität auferlegte und ihn wie den Verfassungsjuristen zum »treuen Diener jedweder Macht erniedrigte«.102 Der Staat, zu dem die Staatsbürgerkunde erzog, war im Prinzip auswechselbar. Geht man davon aus, dass die Mehrheit der Polizisten ohnehin nationalkonservativ und völkisch eingestellt war, dann versprach der Nationalsozialismus, die Spannungen zwischen Berufsrolle und Gesinnung abzumildern wenn nicht überhaupt zu beseitigen. Die »Staatsbürgerkunde« war im Wesentlichen nur ein institutionenkundlicher Unterricht; die politischen Konflikte blieben ausgeklammert, und auf die weltanschaulich aufgeladenen Auseinandersetzungen der Zeit bot sie keine Antworten.
I. Die weltanschauliche Schulung der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes I.1. Die weltanschauliche Schulung in Ausbildungsrichtlinien und Lehrplänen der Kriminalpolizei und der Gestapo Noch im Jahr der »Machtergreifung« wurden erste Maßnahmen ergriffen, den »nationalsozialistischen Geist« auch in der Kriminalpolizei zu verbreiten. In einem »Erlass zur Pflege des Nationalsozialismus bei der Kriminalpolizei« ordnete das Preußische Innenministerium im November 1933 an, von Dezember 1933 bis April 1934 »monatlich mindestens 4 Vortrags- oder Aussprachestunden über das Wesen des Nationalsozialismus und die Stellung und Aufgaben der Beamten im nationalsozialistischen Staat« durchzuführen und für diesen Zweck »politisch geschulte« Parteiangehörige als Redner heranzuziehen. Das bedeutete, dass Folgen von 16 bis 20 Vorträgen bei den Dienststellen zu organisieren waren. Der Beamte habe beim »Wiederaufbau« des Staates nach der »nationalsozialistischen Revolution« besondere Pflichten und Aufgaben zu erfüllen: »Diesen kann der Beamte jedoch nur gerecht werden, wenn er sich innerlich mit dem Nationalsozialismus eng verbunden fühlt.«1 Wie George C. Browder am Beispiel von Wesermünde gezeigt hat, stießen diese Vorträge offenbar weitgehend auf positive Resonanz, weil sie auch professionsspezifische Interessen ansprachen, d. h. politisch-weltanschauliche Inhalte wurden zumeist mit Themen und Aufgabenstellungen verbunden, die für Kriminalpolizeibeamte von beruflichem Interesse waren; außerdem waren die Redner bis auf zwei Gymnasiallehrer Offiziere aus den eigenen Reihen – die nationalsozialistische »Indoktrination« der Kriminalpolizei, so Browder, vollzog sich generell in einem professionellen Rahmen; Ausbildungs- und Rekrutierungsstandards seien, sieht man einmal von den rassistisch und politisch bedingten Säuberungen nach dem Gesetz zur »Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« ab, weitgehend intakt geblieben. Gleichwohl waren die Vortragsthemen in Wesermünde hochgradig politisch: 4.12.33 Der Beamte im neuen Staat (KPR Schoen), 11.12. Rasse und Schicksal (KK Jensen) 18.12. NS und Strafrecht (KK Bockhacker) 28.12. Adolf Hitler unser Führer (KS Bader) 5.1.34 Nationalsozialistische Bevölkerungspolitik (Stud.rat Dr. Saul) 15.1. Vom ›Front- und Soldatengeist‹ zum Volksgeist (KS Körner) 22.1. Vom I. Reich zum III. Reich (KS Bohn) 30.1. Horst Wessel (KS Klein) 5.2. und 12.2. Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, Zustandekommen, Auswirkung im marxistischen Staate (KS v. Felden) 19.2. Das Winterhilfswerk (KPR Schorn)
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5.3. 26.2. 12.3. 19.3. 26.3.
Die Erfolge der nationalen Regierung auf dem Gebiete der Verbrechensbekämpfung (KPR Schorn) Sprich Deutsch, eine Forderung der Zukunft (K.Ass. Alboldt) Aus der Geschichte der SA und der Partei (Stud.rat Lehmann) wegen dringender dienstlicher Angelegenheiten ausgefallen Ein politisches Mahnwort an die infolge Entstaatlichung versetzten Beamten (KPR Schorn).
Bei den beiden Studienräten handelte es sich um den 1932 zum Leiter der Polizeiberufsschule berufenen Dr. Saul und den Fachlehrer für Volkswirtschaft und Staatsbürgerkunde Dr. Lehmann, der inzwischen offenbar wieder eingestellt worden war, nachdem das Polizeipräsidium Hannover im Dezember 1930 noch beschlossen hatte, ihn wegen »republikfeindlicher« Äußerungen vom Unterricht abzuziehen (s. o.). An der Vortragsreihe nahmen, so der Bericht der Polizeidirektion, alle Beamten der Kriminalpolizei und der Staatspolizeistelle Wesermünde teil.2 Auch wenn es sich hierbei zunächst um eine singuläre Maßnahme handelte, zeigt sie doch schon früh eine bemerkenswerte Differenz zum »Weimarer Staat« an, der vergleichbare Anstrengungen zur »politischen Bildung« nie unternommen hatte. Der nationalsozialistische Staat signalisierte von Anfang an Entschlossenheit, die Kriminal- und Politische Polizei auch geistig für sich zu gewinnen. Allerdings hatte man auch einigen Anlass dazu; denn man brauchte insbesondere in der Anfangsphase die Politische Polizei, um sich der politischen Gegner zu entledigen. Unter den Beamten der Politischen Abteilungen der Kriminalpolizei hatte es zuvor umfangreiche Säuberungen gegeben. Nach einer Studie von Carsten Dams schwankte die Entlassungsquote in verschiedenen Orten zwischen 20 und 50%, und die politische Polizei war generell der am stärksten von Säuberungen betroffene Teil der Polizei.3 Ein Teil dieser Beamten, die jetzt entlassen wurden, war vor 1933 mit der Überwachung der nationalsozialistischen Organisationen befasst gewesen oder hatte der SPD angehört. Innerhalb der Polizei insgesamt war die personelle Kontinuität jedoch sehr hoch: Einem Bericht Dalueges vom Dezember 1933 zufolge waren 1933 lediglich 1,7% der Wachtmeister nach dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen worden; nach anderen Schätzungen lag die Entlassungsquote bei allen Polizeibeamten bei 3%.4 Bei der Mehrheit der Beamten dürfte die nationalsozialistische Überzeugungsarbeit denn auch auf fruchtbaren Boden gefallen sein, denn es gab eine verbreitete Unzufriedenheit mit den Verhältnissen in der Weimarer Republik. Während sich die Ausbildungsstandards erhöhten und immer mehr Beamte akademische Abschlüsse aufwiesen, verschlechterte sich die Stellensituation zunehmend: Der Staat erleichterte zwar die Zugangsbedingungen zur höheren Bildung, konnte aber aufgrund der Finanzkrise Ende der Zwanziger Jahre immer weniger Beschäftigungsmöglichkeiten bereit stellen. So steckten insbesondere auch Kriminalkommissare zu Beginn der 30er Jahre im »Beförderungsstau«, nur etwa jeder vierte konnte auf eine spätere Beförderung hoffen.5 Und während die kriminalistische Wissenschaft und Technik einen Aufschwung erlebten und eine effektivere Verbrechensbekämpfung verhießen, wurden die rechtsstaatlichen Begrenzungen zunehmend als Fesseln wachsender Handlungsmöglich-
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keiten empfunden. Der Nationalsozialismus versprach neue Aufgabenfelder der Verbrechensbekämpfung und -verfolgung, die Umsetzung vieler Forderungen der Kriminalpolizei wie etwa die Sicherungsverwahrung und generell die Befreiung von rechtsstaatlichen Beschränkungen.6 Es überrascht daher nicht, dass es schon vor der »Machtergreifung« und zu Beginn des Dritten Reichs in der Polizei im Allgemeinen und in der Kriminalpolizei im Besonderen eine starke Unterstützung für den Nationalsozialismus gab: So konnte beispielsweise die »Fachschaft Kripo der NS-Beamten-Arbeitsgemeinschaft« im Dezember 1932 in Berlin bei den Wahlen zum Beamtenausschuss des Polizeipräsidiums alle sieben Sitze erringen, die für Vertreter der höheren Kriminalbeamten reserviert waren; und in Hamburg gehörte bis Ende 1934 bereits jeder zweite Kripo-Beamte der NSDAP an.7 Eine formale Ausbildung der Kriminalpolizei hatte in Preußen 1922/23 mit der Einführung zunächst drei-, dann viermonatiger Lehrgänge für Kriminalkommissaranwärter an der Polizeischule Eiche begonnen. Nachdem es zu Klagen wegen unzulänglicher Allgemeinbildung der Anwärter gekommen war, wurde die Dauer der Lehrgänge auf sechs Monate verlängert. Die Teilnehmer mussten zuvor eine psychotechnische Prüfung ablegen, hinzu kam eine praktische Ausbildung von acht Monaten bei der Verwaltungs-, Kriminal- und Schutzpolizei.8 Nach der Gründung des Polizei-Instituts 1927 fanden die Lehrgänge nicht mehr in Eiche sondern in Berlin statt. Seit 1925 waren bereits Weiterbildungskurse für höhere Kriminalbeamte in der Vorgänger-Einrichtung in Berlin-Westend durchgeführt worden, die am Polizei-Institut weitergeführt wurden und deren Dauer zwischen drei und acht Wochen schwankte; sie dienten unter anderem dazu, Beamte, die in der Ausbildung tätig waren, in ihrer Arbeit zu unterstützen.9 Höhere Kriminalbeamte besuchten auch die berufspädagogischen Kurse des Instituts. Daneben wurden auch Lehrgänge für Kriminalkommissare zur Ausbildung in der Politischen Polizei organisiert.10 Nach einem Runderlass vom Juli 1932 hatten Bewerber für die kriminalpolizeiliche Laufbahn künftig eine Prüfung auf »geistige Eignung« abzulegen; an 16 verschiedenen Orten wurden Prüferstellen eingerichtet, die Prüfungen wurden durch den jeweils zuständigen Polizeischulrat und einen höheren Kriminalbeamten durchgeführt, die in Lehrgängen am Polizei-Institut auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden.11 Die Anwärter für die Kriminalpolizeilaufbahn wurden hauptsächlich aus der Schutzpolizei und aus freien Berufen rekrutiert, allerdings wurde der Zugang für Bewerber aus freien Berufen 1930 vorübergehend gesperrt, weil »auf absehbare Zeit kein Bedarf mehr bestand«; erst im Dezember 1932 wurde die Sperre wieder aufgehoben.12 Der Anteil der Nachwuchskräfte aus freien Berufen lag inzwischen bei 56,7%, darunter war ein hoher Anteil von Studienabbrechern und akademisch vorgebildeten Beamten, für die die Anstellung bei der Kriminalpolizei zuvor einen Ausweg aus einer generell schwierigen Stellensituation zu bieten schien.13 Am Ausbildungssystem änderte sich 1933 zunächst nur wenig. Nachdem die Höhere Polizeischule Eiche und das Polizei-Institut Charlottenburg institutionell wieder getrennt wurden, erklärte ein Erlass vom 30.8.1933 das Polizei-Institut zur zentralen Ausbildungsstätte der preußischen Kriminalpolizei. Zuvor waren in Eiche noch Lehrgänge für Kriminalassistentenanwärter durchgeführt worden. Die Ernennung zum Kriminal-
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kommissar setzte den Besuch eines Lehrgangs von 6 Monaten im Polizei-Institut voraus, an den sich nach erfolgreich abgelegter Kommissarprüfung eine 6monatige Probezeit anschloss; vor Besuch des Lehrgangs waren 18 Monate praktischer Unterweisung im Kriminaldienst zu absolvieren.14 Zu den Aufgaben des Instituts gehörte neben der Lehrtätigkeit die Prüfung aller Kriminalkommissar- und Kriminalassistentenanwärter sowie der Anwärter für die Laufbahn der oberen Polizeiverwaltungsbeamten auf ihre »geistige Eignung«, einschließlich der psychologischen Begutachtung von Patienten der neurologisch-psychiatrischen Station des Staatskrankenhauses der Polizei. Auch die Zulassung zu Lehrgängen in Eiche setzte eine Berufseignungsprüfung durch das Polizei-Institut voraus.15 Um den Mangel an »nationalsozialistisch gebildeten« Polizeischullehrern zu beheben, veranstaltete das Institut im Oktober 1935 einen Sonderlehrgang von 14 Tagen »für diejenigen Kriminalräte und -kommissare, denen die theoretische Schulung der Anwärter der Kriminalkommissar- und -assistentenlaufbahn obliegt«. Damit wurde ein erster Schritt zur nationalsozialistischen Ausrichtung der Kriminalpolizei getan.16 Weiterhin führte das Institut Kriminalkommissar-Lehrgänge für die inzwischen in die Gestapo überführte Politische Polizei in Preußen durch – bis zum Frühjahr 1936 fanden ein 10wöchiger und zwei 6monatige Lehrgänge statt; an die Anwärter wurden erhöhte politische Anforderungen gestellt, der Nachwuchs sollte überwiegend aus den Reihen »alter Kämpfer«, der SS und des SD rekrutiert werden. Vom 20.9.1935 bis zum 9.4.1936 fand im Polizei-Institut ein Lehrgang für Kommissaranwärter der Gestapo statt, zu dem speziell «verdiente Kämpfer der nationalsozialistischen Bewegung” einberufen wurden.17 Göring hatte 1933 die Politische Polizei aus der allgemeinen Polizeiorganisation herausgelöst, von der Kriminalpolizei getrennt und einem neu gebildeten Geheimen Staatspolizeiamt (Gestapa) unterstellt, das zunächst dem Innenminister, dann ihm selbst als preußischem Ministerpräsidenten unterstand.18 Gleichwohl blieb die Ausbildung der Gestapo-Kommissaranwärter eng mit der kriminalpolizeilichen Ausbildung verbunden: Ein Erlass vom 14.12.1936 legte fest, dass die Kommissaranwärter der Gestapo nach vier Monaten Ausbildung für neun Monate zur Kriminalpolizei abzuordnen waren.19 Daneben betrafen die wichtigsten Änderungen im Ausbildungssystem politische Einstellungskriterien und, wie erwähnt, eine politische Weiterbildung der Beamten. Ein Erlass vom 17.11.1933 verlangte von Kriminalkommissaranwärtern jetzt eine Prüfung auf politische Zuverlässigkeit »im Einvernehmen mit der NSDAP«; die Anwärter sollten die Gewähr bieten, »sich stets rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat einzusetzen.«20 Der Erlass erschien etwa gleichzeitig mit der erwähnten Anordnung von Vortragsstunden über das »Wesen des Nationalsozialismus«. Weitere Erlasse der Jahre 1934 bis 1936 bestimmten, dass Anwärter der Kriminalkommissarlaufbahn zuvor den Arbeitsdienst absolviert haben mussten und den Nachweis arischer Abstammung sowie der Zugehörigkeit zur NSDAP oder einer ihrer Gliederung zu erbringen hatten.21 Von programmatischer Bedeutung hinsichtlich der Durchsetzung nationalsozialistischer Inhalte und Konzepte in der Kriminal- und Sicherheitspolizei war außerdem, dass zur Aufgabenbeschreibung des Polizei-Instituts ab 1933 auch die »Auswertung von Erfahrungen der Rasseforschung« und die Institutionalisierung der Kriminalbiologie gehörten.22
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Zum 1.11.1934 wurden das Preußische und das Reichsministerium des Inneren zusammengelegt, am 17.6.1936 ernannte Hitler Himmler zum »Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern«. Damit begannen die Prozesse der Zentralisierung und Vereinheitlichung der Polizei sowie der tendenziellen Verschmelzung von Polizei und SS, die für die weitere Entwicklung der Polizei im Dritten Reich von zentraler Bedeutung werden sollten. Himmlers Ziel war der Aufbau eines »Staatsschutzkorps« mit einem politischen Beamtentum. Die fachliche Ausbildung sollte in Zukunft mit einer weltanschaulich-politischen Schulung nach den Standards der SS verknüpft, beruflicher Aufstieg an die Verinnerlichung der nationalsozialistischen Weltanschauung gebunden werden. Unmittelbar nach Himmlers Ernennung erfolgte eine Neuordnung der Polizei durch die Bildung der beiden Hauptämter Ordnungs- und Sicherheitspolizei. Die Kriminalpolizei wurde jetzt dem Hauptamt Sipo unterstellt, das mit Erlass vom 26.6.1936 in die beiden Ämter Politische Polizei und Kriminalpolizei unter Leitung Reinhard Heydrichs gegliedert wurde. Ergänzend wurde ein Amt V »Verwaltung und Recht« unter Leitung von Heydrichs Stellvertreter Werner Best gebildet, das übergreifend für Haushalts-, Organisations-, Rechts-, Personal- und Ausbildungsangelegenheiten von Politischer Polizei resp. Gestapo und Kriminalpolizei zuständig war. Hauptamt Sipo (Heydrich) Amt Politische Polizei (Heydrich/Müller)
Amt Kripo (Heydrich/Nebe)
Amt »V« Verwaltung und Recht (Best) Abt. V.5 Ausbildung (Thiele)
Eine Abteilung V.5 unter Leitung von Landeskriminaldirektor Thiele führte die Aufsicht über das Ausbildungswesen; ihr war jetzt auch ein Referat für »weltanschauliche Schulung« angeschlossen:23 a) b) c) d)
Laufbahnbestimmungen Schulen und Polizei-Institut Weiterbildung der Beamten der Politischen Polizei und der Kriminalpolizei Politischpolizeiliche und kriminalpolizeiliche Ausbildung der Beamten der Gendarmerie und der Gemeindepolizei e) Schiessausbildung f) Sport g) Weltanschauliche Schulung.
Eine nur geringfügig veränderte, aber differenziertere Gliederung der Abt. V.5 lag mit dem Geschäftsverteilungsplan des HA Sipo vom Januar 1938 vor: 24
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a) b) c) d) e) f) g) h) i)
Laufbahnbestimmungen Führerschule Sipo und Kriminal-Fachschule Eignungsprüfungen Aus- und Fortbildung der Beamten der Gestapo und Kripo Politisch-polizeiliche und kriminalpolizeiliche Ausbildung der Beamten der Gendarmerie und des Einzeldienstes Schießausbildung Körperschulung, Leistungsprüfung, sportliche Veranstaltungen Weltanschauliche Schulung fremde Polizeien
Als Mitarbeiter Thieles wurden jetzt Kriminalrat Bonatz und die Kriminalkommissare Dr. Bittner, Dr. Maly und Dr. Fleischmann gelistet. Von ihnen waren Maly und Fleischmann auch später noch in der Schulungsabteilung des RSHA beschäftigt.25 Mit der Errichtung einer zentralen Ausbildungs- und Schulungsabteilung war der Kriminalpolizei die selbständige Gestaltung der weltanschaulichen Schulung entzogen worden, für das Amt Kriminalpolizei war lediglich ein Referat »Mitwirkung bei Fragen der Schiessausbildung, des Sports und der weltanschaulichen Schulung« vorgesehen.26 Die Abt. V.5 hatte die zentrale Zuständigkeit für die Aus- und Fortbildung von Beamten der Kriminal-, Verwaltungs- und politischen Polizei, für Laufbahn- und Ausbildungsbestimmungen, für die Lehrgänge des Polizei-Instituts sowie für den Sport (»körperliche Schulung)« und die weltanschauliche Schulung der Kriminalbeamten. Sämtliche Lehrgänge für angehende Kriminalkommissare, -assistenten und -sekretäre der »staatlichen Kriminalpolizei« sowie der »Politischen Polizei« fanden jetzt am Polizei-Institut statt.27 Ab 1936 fanden mehr oder weniger regelmäßig abwechselnd Lehrgänge für Anwärter der Kriminalpolizei und der Gestapo statt. Da die Lehrgänge seitdem fortlaufend nummeriert wurden und insofern nicht mehr unterschieden wurden, dürfte der Lehrplan weitgehend für beide Gruppen der gleiche gewesen sein.28 Dennoch bestanden Unterschiede in der Laufbahnregelung fort: Die praktische Ausbildung führten Kripo und Gestapo in eigener Regie durch, die Kommissaranwärter der Kriminalpolizei mussten jedoch nach Richtlinien von 1938 ein zweimonatiges Praktikum bei der Gestapo ableisten, während die Kommissaranwärter der Gestapo drei Monate bei der Kriminalpolizei zu absolvieren hatten. Die Politische Polizei bildete 1933 noch den kleineren Teil der Kriminalpolizei. Mit den Aufgaben, die sich aus der Etablierung des nationalsozialistischen Überwachungs- und Verfolgungsstaates ergaben, kehrte sich das Verhältnis während der Zeit des Dritten Reichs um: Personalbestand in Preußen – Kriminalpolizei – Gestapo (hauptamtl.)
1933 7.200 2.700
1944 13.000 31.00029
Entsprechend bekam die Gestapo eine größere Bedeutung gegenüber der Kriminalpolizei. Dies kam auch in der Bezeichnung »Hauptamt Sicherheitspolizei« zum Aus-
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druck und in der Umbenennung des Polizei-Instituts zur »Führerschule der Sicherheitspolizei«: Die Kriminalpolizei wurde begrifflich der Sicherheitspolizei susbsumiert. Die Umbenennung des Polizei-Instituts erfolgte mit Wirkung zum 1.4.1937.30 »Die Führerschule«, hieß es im Runderlass, »ist die Kriminalakademie für die höheren Vollzugsbeamten der Sicherheitspolizei des Reiches sowie des Reichssicherheitsdienstes«. Damit war die Intention verbunden, die Sicherheitspolizei mit dem Sicherheitsdienst (SD) der SS auf der Ebene der Ausbildung miteinander zu verschmelzen. Für die Ausbildung der mittleren Vollzugsbeamten wurde der Führerschule eine »Kriminal-Fachschule« angegliedert. Die Führerschule unterstand dem Chef der Sicherheitspolizei, also Heydrich, unmittelbar. Ihre Aufgaben wurden wie folgt definiert: »(4) Sie hat durch weltanschauliche und körperliche Erziehung allen Vollzugsbeamten der Sicherheitspolizei und des Reichssicherheitsdienstes die Grundlagen zu vermitteln, deren sie zur Erfüllung ihrer Berufsaufgaben und zum Dienst am nationalsozialistischen Staat und an der Volksgemeinschaft bedürfen. (5) Der Führerschule teile ich im Besonderen folgende Aufgaben zu: (a) Weltanschauliche Schulung (b) Fachliche Schulung (c) Körperliche Schulung (d) Berufseignungsprüfung (e) Ausbau der zentralen Muster-Lehrmittelsammlung (f) Ausbau der Bücherei (Literaturauskunft) (g) Bearbeitung von Sonderaufträgen.«31
In der Aufgabenbeschreibung wird die weltanschauliche Schulung und Erziehung an die erste Stelle gerückt – dies verdeutlicht den zentralen Stellenwert, der dem Konzept eines an der nationalsozialistischen Ideologie ausgerichteten politischen Beamtentums bei der Ausbildung von Kriminal- und Politischer Polizei zukam. In diesem Zusammenhang wechselte Heydrich auch den Leiter der Schule aus. Seit 1933 hatte Felix Linnemann das Polizei-Institut geleitet. Linnemann war bereits 1927 zum Organisationsdezernent der Berliner Kriminalpolizei berufen worden; er wurde 1934 zum Kriminaldirektor, 1936 zum Oberregierungs- und -kriminalrat ernannt und verfügte über organisatorische Erfahrungen und Fähigkeiten, die er auch als Sportfunktionär bewies – Linnemann war 1. Vorsitzender des Deutschen Fußballbundes, Kuratoriumsmitglied der Deutschen Hochschule für Leibesübungen, Reichsfachamtsleiter im NS-Reichsbund für Leibesübungen, Mitglied des Deutschen Olympischen Ausschusses und des Kuratoriums der Deutschen Sporthilfe. Eine besonders profilierte politische Vita hatte er aber nicht aufzuweisen; er wurde erst 1937 in die NSDAP aufgenommen und trat 1940 der SS bei.32 Sein Nachfolger Dr. Otto Hellwig, den Heydrich im April 1937 zum ersten Kommandeur der Führerschule Charlottenburg ernannte, gehörte bereits seit 1933 der NSDAP, seit 1935 der SS und dem SD an. Hellwig war Freikorps-Kämpfer und hatte schon bei der Sicherheitspolizei von 1920 gedient. Seine Ernennung signalisierte die führende Rolle, die der Politischen Poli-
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zei jetzt zugedacht war, denn Hellwig kam nicht aus der Kriminalpolizei: Er war Offizier der Schutzpolizei, leitete Anfang 1933 die Politische Polizei in Minden und war zuletzt (1935-1937) Gestapochef von Breslau gewesen.33 Über die Arbeit des Polizei-Institus von 1933 bis zu seiner Umwandlung 1937 sind nach jetzigem Kenntnisstand keine Akten erhalten. Auch über das Lehrpersonal ist kaum etwas bekannt. Ein Teil des Personals wurde aber offensichtlich 1937 übernommen. So wurde etwa Walter Zirpins, der seit 1933 am Institut unterrichtete, 1937 zum Stabsführer der Führerschule ernannt; er gehörte zu den Referenten eines Schulungslehrgangs für die weibliche Kriminalpolizei, der vom 20. bis 26.11.1937 unter dem Leitwort »Die weibliche Kriminalpolizei im nationalsozialistischen Staat« im NSV-Heim Blumberg bei Berlin stattfand.34 Zirpins spielte, wie wir noch sehen werden, während des Krieges eine maßgebliche Rolle in der kriminalpolizeilichen Ausbildung des RSHA. Einige Lehrer der Führerschule waren auch schon 1936 neu eingestellt worden. Zu ihnen gehörten der Kriminalrat Dr. Heinrich Eweler als Lehrer für Kriminologie und Kriminalistik, der Diplomkaufmann und Kriminalkommissar Dr. Heinrich Estenfeld, der unter anderem auch nationalsozialistische Weltanschauung unterrichtete, sowie Kurt Zillmann, ebenfalls Fachlehrer für Kriminologie und Kriminalistik – Zillmann begleitete später Otto Hellwig als dessen Adjutant bei der Einsatzgruppe zur besonderen Verwendung während des Polen-Feldzuges. Die Sicherheitspolizei stand im Zentrum des Prozesses der von Himmler angestrebten Verschmelzung von SS und Polizei, die mit der Gründung des RSHA im September 1939 auch einen institutionellen Rahmen erhielt. Die Integration suchte man vor allem über eine Angleichung und schließlich Vereinheitlichung der Ausbildungsgänge für Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst zu erreichen. Ab 1940 kam die Einrichtung von »Führerlehrgängen« hinzu, mit denen ein weltanschaulich einheitlich ausgerichtetes Führerkorps für Sipo und SD geschaffen werden sollte. Darüber hinaus waren schon seit April 1938 ähnlich wie in der Ordnungspolizei auch für die Sicherheitspolizei weltanschauliche Monatsschulungen anhand der SS-Leithefte angeordnet worden. Ein Erlass Heydrichs vom 14.4.1938 schrieb den dienstlichen Bezug der Leithefte vor; die 1937 erschienenen Hefte, die das Grundschulungscurriculum des SS-Schulungsamtes enthielten, waren, sofern noch nicht vorhanden, nachzubestellen. Die Schulung sollte unter Leitung der Vorgesetzten oder geeigneter SS-Führer möglichst für Gestapo und Kripo gemeinsam durchgeführt werden: »Die als Gegenstand der Schulung in den SS-Leitheften bezeichneten Abhandlungen werden einmal im Monat in einer Aussprache, an der alle Beamten teilnehmen, behandelt.«35 Neben der Verankerung in der formalisierten Ausbildung wurde die weltanschauliche Schulung damit auch in den täglichen Dienst eingebaut. Wie weit dieser Erlass in die Tat umgesetzt wurde, ist nicht bekannt, doch folgte wenig später eine Anordnung zur »monatlichen Aussprache« für alle Beamten und Angestellten der Sicherheitspolizei in Berlin. Zu diesem Zweck ließ Heydrich die SS-Leithefte anfordern und 45 Exemplare an die verschiedenen Referate der Gestapo verteilen. Für Schulung und »Aussprache« stand der Hörsaal des Hauptgebäudes der Sipo/Gestapo in der Prinz-Albrecht-Straße zur Verfügung. Ein gleichlautendes Rundschreiben ging an das Reichskriminalpolizeiamt.36
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Eine wichtige Station auf dem Weg zur Verschmelzung von Sicherheitspolizei und SS war der Erlass der Laufbahnrichtlinien für den Vollzugsdienst der (staatlichen) Sicherheitspolizei und des (zur SS gehörigen) SD vom 18.2.1938, der erstmals einen gemeinsamen Ausbildungsgang vorsah. Damit sollte eine der Sicherheitspolizei entsprechende Laufbahn auch für die hauptamtlichen Mitarbeiter des SD geschaffen werden, während die Sicherheitspolizei den gleichen weltanschaulich-politischen Ausbildungsbedingungen unterworfen wurde wie der SD. Die Richtlinien sahen für den einfachen Vollzugsdienst der Sicherheitspolizei und den »Unterführerdienst« des SD einen Ausbildungsgang von 12 Monaten vor, von denen 9 Monate als praktische Ausbildung bei Kriminal-, Staatspolizei- und SD-Dienststellen zu absolvieren waren, an die sich 3 Monate Besuch eines Lehrgangs an der Kriminalfachschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg anschlossen. Lediglich die Anteile der praktischen Ausbildung differierten: Für die Kriminalpolizei waren 8 Monate bei Kripo- und ein Monat bei SD-Dienststellen, für Anwärter der Gestapo und des SD 5 Monate bei Staatspolizeidienststellen und je 2 Monate bei Kriminalpolizei- und Sicherheitsdienststellen vorgeschrieben. Die Ausbildung schloss mit der 1. Fachprüfung zum Kriminalassistenten ab. Für den leitenden Vollzugsdienst – die Ausbildung zum Kriminalkommissar – und den »Führerdienst« des SD waren 13 Monate praktischer Ausbildung zu absolvieren, an die sich ein Lehrgang von 9 Monaten an der Führerschule der Sicherheitspolizei anschloss. Die praktische Ausbildung war wiederum für Kripo, Gestapo und SD differenziert: – Kripo: 7 Monate bei Dienststellen der Kripo, 2 Monate bei Dienststellen der Gestapo, 3 Monate bei SD-Dienststellen sowie jeweils ein halbes Jahr beim Revierdienst der Schutzpolizei und beim Polizeiverwaltungsdienst. – Gestapo und SD: 6 Monate bei Dienststellen der Gestapo, 3 bei Dienststellen der Kripo, 3 beim SD und jeweils ein halbes Jahr bei der Schutzpolizei und der Polizeiverwaltung. Nach bestandener Abschlussprüfung erfolgte die Ernennung zum Hilfskommissar und Beamten auf Widerruf, nach einer Bewährungszeit von ein bis zwei Jahren die planmäßige Anstellung als Kriminalkommissar. Mit gleichem Erlass wurden politische und »rassische« Zugangs- und Einstellungskriterien für den Dienst bei der Sicherheitspolizei festgelegt, die deutlich über die allgemeinen beamtenrechtlichen Bestimmungen hinausgingen und erste Schritte der Angleichung an die SS darstellten. So wurden als Einstellungsvoraussetzungen für den einfachen und mittleren Dienst u. a. Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer Parteigliederung, »unbedingte politische Zuverlässigkeit« und »SS-Fähigkeit« vorgeschrieben; die Bewerber hatten Urkunden vorzulegen, die die deutsche bzw. »artverwandte Abstammung« bis 1800 belegten, bei verheirateten Bewerbern galt diese Bestimmung auch für die Ehefrau, Bewerber des leitenden Dienstes mussten die Abstammung sogar bis 1750 nachweisen. Alle Bewerber hatten sich vor der Zulassung zur Ausbildung sowohl für den einfachen als auch für den leitenden Dienst einer Eignungsprüfung an der Führerschule zu unterziehen; Bewerber für den leitenden Vollzugsdienst aus freien Berufen hatten das Reifezeugnis einer höheren Schule oder eine abgeschlossene Junkerschulausbildung der SS vorzuweisen. Die körperliche Leistungsfähigkeit war im
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Regelfall durch SA- und Reichssportabzeichen nachzuweisen.37 Erlasse vom 23.6. und 30.11.1938 regelten die Durchführung der Eignungs- und Abschlussprüfungen an der Charlottenburger Schule. Die Berufseignungsprüfung dauerte zwei Tage und umfasste eine persönliche Vorstellung, eine körperliche Leistungsprüfung und eine Prüfung der geistigen Fähigkeiten, die wiederum aus einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung bestand. Sie sollte vor allem ein Gesamtbild der Persönlichkeit des Bewerbers vermitteln. Getestet wurden Allgemeinbildung, Fähigkeiten zu logischem Denken und methodischem Arbeiten, die Fähigkeit, »sich begrifflich klar zu äußern«, »Führereignung« (»Auftreten vor Untergebenen«) und rhetorische Fähigkeiten sowie »Verhalten und Einstellung zur Umwelt« – hier ging es auch um »weltanschauliche und lebenskundliche Fragen«.38 Für die Zwischen- und Abschlussprüfungen wurde im November 1938 eine allgemeine Prüfungsordnung erlassen. Während des Lehrgangs waren Zwischenprüfungen vorgesehen: die Kandidaten für den einfachen (und mittleren) Vollzugsdienst der Sipo (und den Unterführerdienst des SD) hatten drei, die Kandidaten des leitenden Vollzugsdienstes (Kriminalkommissaranwärter und Anwärter des Führerdienstes des SD) fünf schriftliche Klassenarbeiten anzufertigen. Zur Abschlussprüfung waren für die Kommissaranwärter 20 Stunden schriftliche Prüfungen vorgeschrieben, für die Anwärter des einfachen und mittleren Dienstes 12 Stunden, darunter für beide Gruppen eine 2stündige schriftliche Prüfungsarbeit zum Themenschwerpunkt »Nationalsozialistische Weltanschauung«; weitere Themengebiete waren Kriminalistik, Strafrechtskunde, Polizeiverwaltungsrecht und »SD-Kunde«. Anschließend folgten mündliche Prüfungen über alle Unterrichtsfächer durch die jeweiligen Fachlehrer der Schule. In die Endnote gingen neben den Leistungen in den schriftlichen und mündlichen Prüfungen sowie den fachlichen Leistungen während der Lehrgangsdauer auch die körperliche Leistungsfähigkeit und das »Gesamtverhalten« ein; bei der Bewertung waren »die charakterliche Haltung und die weltanschauliche Grundhaltung« zu berücksichtigen. Die Prüfungsordnung sicherte dem SD bereits einen substantiellen Einfluss auf die Ausbildung der Sicherheitspolizei, weil der 2. Beisitzer der Prüfungskommission ein hauptamtlicher SS-Führer des SD sein sollte.39 Mit dem Erlass vom 18.2.1938 und den ergänzenden Prüfungsverordnungen waren zwar die Grundlagen eines gemeinsamen Ausbildungsganges für Sicherheitspolizei und SD geschaffen worden, es zeigte sich aber bald, dass diese Integration vor allem zu Lasten des SD gehen würde. Um den SD speziell für Akademiker attraktiv zu machen, sollte eine an die Gestapo angelehnte Laufbahn mit entsprechender Besoldung und Altersversicherung geschaffen werden; damit drohte aber der SD in der Gestapo aufzugehen.40 Die Gestapo hatte jedoch polizeilich-exekutive Funktionen, während der SD als Nachrichtendienst der SS und der NSDAP hauptsächlich die Aufgabe hatte, Informationen aus allen Lebensbereichen der Gesellschaft zu sammeln und auszuwerten. Von daher wies der SD stets auch eine offenere Organisationsform mit einer breiteren Rekrutierungsbasis auf. In den Jahren 1938/39 traten innerhalb des Hauptamtes Sipo Meinungsverschiedenheiten über die weitere Entwicklung des Verhältnisses von Sipo und SD auf, die die Konzeptualisierung der Laufbahn- und Ausbildungsrichtlinien betrafen; insbesondere
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bestand Unklarheit darüber, was mit den hauptamtlichen SD-Angehörigen geschehen sollte, die keinen Beamtenstatus hatten. Die Meinungsverschiedenheiten wurden vor allem in einer Auseinandersetzung zwischen Werner Best, dem stellvertretenden Leiter des Hauptamtes Sipo und Chef des Verwaltungsamtes und Heydrichs Mitarbeiter aus dem SD-Hauptamt Walter Schellenberg ausgetragen.41 Während Best eine juristische Laufbahn auch für den SD anstrebte, die den SD in die Sicherheitspolizei integrieren würde, wollte Schellenberg dem SD – und damit der SS – die führende Rolle im Prozess der Integration sichern; die Polizei sollte zum Staatschutzkorps werden, indem sie in der SS aufging, nicht umgekehrt.42 Er schlug deshalb eine »arteigene Laufbahn« vor, die der besonderen Stellung des SD Rechnung trug. Bests Konzepte sahen für die Zukunft eine SS-mäßige Grundbildung und ein obligatorisches Jurastudium vor; Schellenberg wollte dagegen den SD für Quereinsteiger und für andere Berufsgruppen offenhalten. Heydrich, der sich wie Himmler ein politisch-kämpferisches, soldatisches Beamtentum wünschte und die Rolle von Fachbeamten und Verwaltungsjuristen auf beratende Funktionen beschränken wollte, beauftragte Schellenberg im Februar 1939 damit, ein neues Konzept auszuarbeiten, das die Interessen des SD stärker berücksichtigte.43 Es ging hier um eine zentrale Kontroverse: »Für Himmler, Heydrich, Schellenberg war es der SD, der weltanschaulich gefestigt, politisch radikal und administrativ ungebunden die Polizei zu führen hatte… Nicht die in ihren Augen juristische Gängelei durfte die Praxis eines künftigen Reichssicherheitshauptamtes beschränken, sondern der politische Kampf gegen die rassischen Gegner musste sowohl in weltanschaulich verlässlichen Händen liegen als auch von jedem Regulierungsanspruch befreit sein.«44
Für Himmler und Heydrich stand die SS-Sozialisation im Vordergrund, während Best stärker das Prinzip der Fachkompetenz gewahrt wissen wollte.45 Noch Ende Februar 1939 legte Schellenberg den Entwurf für eine Dienstanweisung vor, die einige Monate später auch umgesetzt wurde, nach der die Stellen der 1936 geschaffenen Inspekteure der Sicherheitspolizei (IdS) in Zukunft mit den Oberabschnittsführern des SD besetzt werden sollten. Von besonderer Bedeutung war, dass dem Stab des IdS in Schellenbergs Plan jeweils ein Schulungsreferent aus dem SD zugeordnet war, so dass jetzt zentrale Instanzen entstünden, die für eine einheitliche weltanschauliche Erziehung der Angehörigen von Sipo und SD zuständig wären und die Integration von Sipo/SD auf der »mentalen« Ebene vorantreiben sollten.46 Maßgeblich war für Schellenberg die Zielsetzung, »dass die SS als Gliederung der Bewegung, ausgerichtet nach ihren besonderen Gesetzen der militärischen Zucht und weltanschaulichen Haltung, den Sektor ›Polizei‹ des Staatsapparates in sich aufnimmt.« Durch die »Klammer der Personalunion SD-Führer – Inspekteur« würde »ein künftiger Reichssicherheitsdienst im Gesamtrahmen der Verankerung der Polizei in der SS in der Mittelinstanz« vorbereitet.47 Gleichzeitig entwarf Schellenberg den groben Plan für den Aufbau eines neuen Reichssicherheitshauptamtes, der die Ämter des Sicherheitsdienstes und der Sicherheitspolizei organisatorisch zusam-
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menfasste und bereits weitgehend die Grundstruktur des im September 1939 geschaffenen RSHA vorwegnahm. Hinsichtlich der Laufbahn- und Ausbildungsregelung kam Best Heydrich und Schellenberg mit einem Entwurf vom 1.3.1939 ein Stück entgegen, indem er für den leitenden Dienst zwar am obligatorischen Jura-Studium mit anschließendem Referendariat festhielt, danach könne sich jedoch ein Spezialstudium (»z.B. Geschichte, Wirtschaftswissenschaft, Religionswissenschaft, Chemie, Sprachen o.ä.«) anschließen, so dass alternativ zum juristischen Assessorexamen auch ein anderer Abschluss denkbar wäre. Abiturienten sollten zur »informatorischen Beschäftigung« bei Gestapo, Kripo und SD geworben werden; Zulassungsvoraussetzung zur Laufbahn wären »SS-Fähigkeit« – die Bewerber sollten als »SS-Bewerber« aufgenommen werden – sowie der abgeleistete Arbeits- und Wehrdienst. Dem rechtswissenschaftlichen Studium sollte ein dreimonatiger Lehrgang an der Sipo-Führerschule vorgeschaltet sein, ein weiterer Lehrgang sollte später folgen, der mit der Kriminalkommissarprüfung abschloss. Schellenberg kritisierte den Plan: »Vom Standpunkt des SD der SS« verschwinde der SD »als selbständiger Teil«, das »SS-mäßige« komme nicht genug zum Ausdruck. Neben der fachlichen Ausbildung zum Kriminalkommissar müsse eine »SS-mäßige« Ausbildung stehen, die mit einer Untersturmführerprüfung abzuschließen sei; die SS müsse »das grundtragende Element zur Entwicklung eines neuen Instruments der inneren Sicherheit sein.«48 In Besprechungen mit Schellenberg und dessen Vorgesetzten Wilhelm Albert, dem Leiter des Personal- und Verwaltungsamtes des SD-Hauptamtes, entwickelte Heydrich im April 1939 eigene Vorstellungen zum Aufbau und den Aufgaben des geplanten Reichssicherheitshauptamtes sowie zu den Laufbahn- und Ausbildungsfragen. Danach skizzierte Heydrich folgenden Ausbildungsgang: – informatorische Beschäftigung von Abiturienten bei Sipo/SD; – Ableistung der Arbeits- und Wehrpflicht, dann – 3 Monate Lehrgang an der Führer-Schule; anschließend Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn und über das künftige Studium: dies müsse kein Jura-Studium sein, es könne auch ein Studium der Philologie, Germanistik, Geschichte, Wirtschaft, Chemie, Betriebswissenschaft etc. sein, entsprechend: – Hochschul-Studium der »Reichswissenschaft«, in den Semesterferien kurzfristige Kurse an der Führerschule (»sportlich und weltanschaulich/SS-mäßig«), nach 6 Semestern Referendar-Examen; – Haupt-Lehrgang an der Führerschule (maximal 12 Monate), mit Abschlussprüfung »entsprechend heutiger Kriminalkommissarsprüfung«; – Vorbereitungszeit in Polizeibehörden und allgemeiner und innerer Verwaltung – juristische Staatsprüfung, bei Spezialstudium entsprechende Abschlussprüfung.49
Der Begriff der »Reichswissenschaft« wird in den Vorlagen nicht erläutert und war wohl eine Verlegenheitsformulierung für die Gesamtheit der Wissenschaften im Hinblick auf ihren Nutzen und ihre Relevanz für Sipo und SD. Es ist evident, dass bei diesem als »arteigene Laufbahn« titulierten Konzept neue und aufwendige Lehr-
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plangestaltungen notwendig werden würden, die sowohl die Curricula der Führerschule als auch die Abstimmung mit den Universitätsstudiengängen betrafen. Die »arteigene Laufbahn« bedurfte zudem der Anerkennung des Innen- und Finanzministeriums. Mit einer schnellen Umsetzung war also nicht zu rechnen. Eine zentrale Voraussetzung war zunächst, innerhalb des geplanten RSHA eine Instanz zu schaffen, deren Aufgabe es wäre, die entsprechenden Laufbahnrichtlinien und Lehrpläne zu erarbeiten. Schellenberg hatte bereits in seinem Plan für das RSHA vom 4. April eine solche Abteilung vorgeschlagen, die Heydrich unmittelbar unterstehen sollte; sie sollte im Wesentlichen durch eine Verlegung der Zentralabteilung I.2 »Personal« des SD-Hauptamtes entstehen, zu der auch die Schulungsabteilung des SD gehörte – Schellenberg plante also die Führungsrolle des SD in der Leitung des Schulungswesens von Sipo/SD organisatorisch mit ein. Er plante die neue Abteilung gleichzeitig als zentrale Instanz für die Schulungsreferenten der IdS: »Im Hinblick auf die Schaffung der Personalunion in der Mittelinstanz zwischen SD-Führer und Inspekteur und der ihnen führungsmäßig übertragenen Behandlung personeller Dinge lässt die Schaffung einer dem Chef unmittelbar unterstehenden Personalstelle ratsam erscheinen [sic!]. Diese dem Chef unmittelbar unterstehende Personalstelle hätte neben der laufenden SS-mäßigen Betreuung sämtlicher SD-Angehörigen der Reichszentrale (auch der ehrenamtlichen) die Aufgabe mittels Durchführung der für beide Institutionen gemeinsam geltenden Laufbahn den Nachwuchs zu gewinnen, zu fördern und zu betreuen. Inwieweit dieser Personalstelle die künftige Schule angegliedert wird, steht noch offen, obwohl beides in einem natürlichen Zusammenhang steht.«50
Eine beim Chef des künftigen RSHA angesiedelte »Personalstelle« wäre mit den Aufgaben jedoch überfordert gewesen. Deshalb ergänzte Heydrich Schellenbergs Entwurf mit dem Einschub eines eigenen Amtes »Nachwuchs und Erziehung«, das in den folgenden Gliederungsplänen für das RSHA als »Amt II« erschien. Die Leitung sollte der bisherige Personal- und Verwaltungschef des SD-Hauptamtes Wilhelm Albert übernehmen. Im Juli 1939 lagen schließlich weitergehende Entwürfe für die Gliederung des RSHA vor, die 7 Ämter vorsahen: I. Verwaltung und Recht, II. Nachwuchs und Erziehung, III. Weltanschauliche und wissenschaftliche Forschung [später: »Weltanschauliche Gegner«], IV. ND Inland, V. ND Ausland, VI. Staatspolizeiliche Abwehr [Gestapo], VII. Kriminalpolizeiliche Verbrechensbekämpfung [Kripo]
Dem Amt II kam die Aufgabe zu, reichsweit für eine einheitliche Laufbahn »für alle Sparten« – d.h. Gestapo, Kripo und SD – zu sorgen und »die Laufbahn durch einen entsprechend ausgebauten Lehrplan der großen Führerschule (Unterführerschule) zu entwickeln und zu garantieren«; es sollte die zentrale Zuständigkeit für die »Nach-
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wuchsgewinnung« und die Verwaltung der Schulen haben und »neben der eigentlichen Betreuung der Schulen … vor allem der weltanschaulichen Betreuung und Erfassung des Nachwuchses dienen«. Der erste Gliederungsentwurf sah drei Hauptabteilungen vor: I. Laufbahn und Werbung: a) Laufbahnrichtlinien (Vereinheitlichung), b) Nachwuchsgewinnung und -werbung; II. Schulwesen: a) Organisation, b) Lehrpläne (fachliche, körperliche und weltanschauliche Schulung), III. Inspektion der Schulen: a) Führerschule Sipo (Charlottenburg), b) Unterführerschule Sipo, c) Grenzpolizeischule (Pretzsch), d) Sport(fecht)schule (Bernau).51
Im August 1939 hob Schellenberg in einer Stellungnahme zum letzten Entwurf der Laufbahnregelung durch Best noch einmal die zentrale Aufgabe der Erziehung für den Aufbau eines neuen Korps der Sicherheitspolizei hervor. Ziel müsse es sein, »dem Reich auch nach innen eine Form der Festigung zu geben, die im Gesamtrahmen des staatsgestaltenden Willens des Führers Garant sein kann, mit dem kleinsten personellen Aufwand unter Abstoßung aller hemmender bzw. überkommener Gedanken … eine nach Form und Inhalt gänzlich neue Verwaltungsapparatur zu schaffen.« Schellenberg verwies dabei auf das englische Kolonialreich als Vorbild: England habe Indien, ein Land mit 330 Millionen Menschen, mit lediglich 40.000 Beamten und Offizieren verwaltet, während Deutschland allein für das Protektorat mit 7½ Millionen Einwohnern fast 10.000 benötige. Eine solche »neue Form der Beweglichkeit« erreiche man nur durch eine entsprechende Erziehung: »Die durchschnittlich veranlagten Menschen müssen meines Erachtens hierzu erzogen werden, da der richtige Gebrauch der organisatorischen Formen stets mit abhängt von der lehr- und erziehungsmäßigen Übermittlung der sich wandelnden Erfahrungen und sonstigen zeitgebundenen Bedingungen. Die Erziehung als wesentlicher Faktor zur Sicherung des Gelingens groß angelegter organisatorischer Planungen, sofern sie sich auf alte Formen, übernommene Vorstellungen bezw. Einrichtungen abstützt, muß zwangsläufig ein Fehlschlag bedeuten, da diese Erziehungsmittel selbst noch Bestandteile des brüchigen Fundaments des umzubauenden Apparates selbst darstellen. Mit Hilfe dieser Erziehungsformen erzogene Menschen würden also nur schwer gemäß ihrer inneren, auf Grund der Erziehung gebildeten Haltung nach bereit sein können, z.B. der oben erwähnten Zielsetzung die notwendige Unbefangenheit und innere Gestaltungsbereitschaft mitzubringen.«
Bei einer ausschließlich juristischen Ausbildung dagegen laufe man Gefahr, »den künftigen Nachwuchs so einheitlich juristisch zu nivellieren, dass die zu verlangende Beweglichkeit … nicht verwirklicht wird.«52
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Allerdings war Schellenberg zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass sich eine gänzlich neue Laufbahn mit einem »wesensartigen« staatlich anerkannten Ausbildungsgang nicht so schnell durchsetzen ließ. Der bevorstehende Angriff auf Polen setzte diesen hochfliegenden Plänen ohnehin erst einmal ein Ende.53 Andere Aufgaben wie die Aufstellung von Einsatzgruppen und die Vorbereitungen für den Aufbau sicherheitspolizeilicher Herrschafts- und Verwaltungsstrukturen in Polen rückten in den Vordergrund. Man war jetzt gezwungen, schnell zu handeln und pragmatische Lösungen für den Aufbau des RSHA zu finden. In einer Besprechung über eine »kurzfristige Lösung« der Reorganisationsprobleme am 1.9. hielt Heydrich zwar noch am Konzept eines eigenständigen Amtes »Nachwuchs und Erziehung« fest, der Plan wurde aber offensichtlich in den folgenden Wochen wieder aufgegeben.54 Stattdessen kam es zur Bildung einer Abteilung »I.F Erziehung« in dem von Best geleiteten Amt I »Verwaltung und Recht«. Best war jetzt auch für Personal und Organisation des SD zuständig. Damit war vorerst auch eine Entscheidung gegen die Abschaffung des von Best vertretenen »Juristenmonopols« und gegen die Einführung einer »arteigenen Laufbahn« gefallen. Der Konflikt zwischen Heydrich und Schellenberg auf der einen, Best auf der anderen Seite schwelte jedoch weiter und führte dazu, dass Best im Mai 1940 schließlich das RSHA verließ. Offenbar hatte sich Best, als die Diskussion der Laufbahngestaltung im Frühjahr 1940 wieder aufgenommen wurde, nicht durchsetzen können, denn im April und Mai 1940 kamen neue Erlasse zur Laufbahn des leitenden Dienstes heraus, die wieder an die Pläne Schellenbergs und Heydrichs vom Vorjahr anknüpften – wenn auch mit der Einschränkung, dass die bisherige Kriminalkommissarslaufbahn »aus personalpolitischen Gründen« noch vier Jahre fortbestehen müsse, so dass es für eine Übergangszeit zwei Laufbahnen nebeneinander gab – die Kriminalkommissarslaufbahn und die neue »Laufbahn des leitenden Dienstes«.55 In dieser Hinsicht blieb das RSHA ein Torso: »Die gewünschte Einheitlichkeit von Laufbahnen, Ausbildung und Besoldung des höheren Dienstes einerseits und der nicht per Gesetz festgelegten Führungsrekrutierung des SD andererseits blieb ebenso erhalten wie die unterschiedliche Finanzierung: beim SD nach wie vor durch den Schatzmeister der NSDAP, bei der Polizei über den staatlichen Haushalt.«56 Gleichwohl blieb das Konzept einer »arteigenen Ausbildung« in der Diskussion, und in einer abgeschwächten Version wurde es auch realisiert. In einem Merkblatt vom Mai 1940 für Abiturienten, die die Laufbahn des leitenden Dienstes in der Sicherheitspolizei und im SD einschlagen wollten, heißt es unter dem Punkt »Studium«: »Die SS-Untersturmführer studieren drei Jahre geschichtliche, biologisch-rassenkundliche, weltanschauliche, philosophische, auslandswissenschaftliche und rechts- und staatswissenschaftliche Fächer.«57 Damit waren aber offensichtlich keine regulären Studienfächer gemeint, sondern ein »arteigenes« Curriculum, das Anteile dieser verschiedenen Fächer in ein eigenes Ausbildungskonzept integrierte. Daraus wurde das Äquivalent einer »arteigenen« Ausbildung, die zwar ein rechts- und staatswissenschaftliches Studium vorsah, in der die Dominanz des Juristischen aber durch umfangreiche weltanschaulich-geschichtliche Studienanteile abgeschwächt wurde.
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Die Lehrgangsplanung für eine gemeinsame Ausbildung des leitenden Dienstes Sipo/SD Nach Angaben von Streckenbach hatten sich bis Oktober 1942 etwa 2500 Männer für die neue Laufbahn des leitenden Dienstes beworben, von denen 700 angenommen wurden. Bedingt durch die Kriegsumstände konnte allerdings nur ein Teil dieser Männer alle vorgesehenen Stufen der Ausbildung regulär durchlaufen.58 Anspruch und Ziel einer einheitlichen Ausbildung blieben jedoch bestehen. Dies fand seinen Ausdruck auch in der Institutionalisierung der Amtsgruppe I.F (ab März 1941 I.B), die zwar jetzt Bests Amt »Verwaltung und Recht« unterstellt war, aber, wie wir noch sehen werden, als eine übergreifende, gemeinsame Instanz für Kripo, Gestapo und SD konzipiert war, während etwa Personal- und Haushaltsangelegenheiten streng nach Sicherheitspolizei und SD getrennt wurden.59 Die Amtsgruppe I.F brachte im Frühjahr 1940 und im Februar 1941 Richtlinien und Ausbildungsvorschriften für die Laufbahn des leitenden Dienstes heraus, die von Heydrich abgesegnet wurden. Die Amtsgruppe hatte die Zuständigkeit für Lehrpläne, Einberufungen von Schülern und Bestellung von Dozenten, ihr Leiter übte zugleich die Aufsicht über die Schulen aus. Maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung der Lehrgänge hatten Martin Sandberger als stellvertretender Amtsgruppenleiter und Rudolf Hotzel, der im Frühjahr 1940 die Abteilungen I.F 1 »Allgemeine Erziehungsfragen« und I.F 2 »Weltanschauliche Erziehung« leitete. Im März 1941 war Hotzel für die Gebiete Nachwuchswerbung, Auslese und Schulung für den leitenden Dienst Sipo/SD zuständig, während Sandberger neben seiner Funktion als stellvertretender Amtsgruppenchef auch die Abteilung »Lehrplangestaltung der Schule« leitete (s. u.). Sandberger, der im Frühjahr 1940 auch noch für Ergänzungsfragen und Auslese der Führeranwärter zuständig war, legte Ende April 1940 ein Konzept für die Neuordnung des Ergänzungswesens von Sipo und SD vor, in dem er die große Resonanz einer Werbungsaktion unter Abiturienten und Studenten hervorhob. Über 800 hätten sich gemeldet, von denen ein Teil bereits mit Erfolg an Ausleselehrgängen teilgenommen hatten, die im April in Pretzsch durchgeführt wurden. Viele Bewerber seien auch deswegen an der neuen Laufbahn interessiert, weil ihnen ein »politischer Lebensberuf«, also eine nicht nur juristische Laufbahn in Aussicht gestellt würde. Die Werbungsarbeit sollte deshalb an Napolas und höheren Schulen intensiviert werden, mit dieser Aufgabe sollten die Inspektoren der Sipo und des SD und deren Schulungsreferenten beauftragt werden. Die Schulungsreferenten wurden zu diesem Zeitpunkt als Prüfer in den Ausleselehrgängen eingesetzt und verfügten daher bereits über umfassende Erfahrungen. Die nächsten Ausleselehrgänge sollten schon in den Sommerferien stattfinden; die Bewerber, die das Ausleselager mit Erfolg bestanden hatten und für den Lehrgang angenommen wurden, sollten Heydrich persönlich vorgestellt werden. Anschließend sollten sie sich freiwillig zur Waffen-SS melden, um dort ihren Wehrdienst abzuleisten, danach würde dann die Grundausbildung bei der Sicherheitspolizei beginnen.60 Im Mai 1940 brachte das RSHA ein »Merkblatt über die Laufbahn des leitenden Dienstes in der Sicherheitspolizei und im Sicherheitsdienst des RFSS« heraus, das
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diese Pläne reflektierte. Darin wurde als ideale Laufbahnvoraussetzung und SS-typische Sozialisation jeweils ein Jahr Dienst bei der Waffen-SS und ein Jahr Besuch einer SS-Junkerschule genannt; damit sollte die Wehrpflicht abgedeckt sein.61 Unter Einschluss der zuvor abgeleisteten Arbeitsdienstpflicht hätte der Bewerber dann bereits »zweieinhalb Jahre Ausbildung in der straffen Zucht des Gemeinschaftslebens hinter sich«, hieß es in den Ausbildungsvorschriften für die Grundausbildung. Dies entsprach Schellenbergs Vorschlag vom August 1939, stärker »bei den Nachwuchsquellen anzusetzen« und ein Jahr bei den Verfügungstruppen sowie ein Jahr bei einer Junkerschule zur Voraussetzung für die Zulassung zum Ausbildungsgang für den leitenden Dienst zu machen. Diese Regelung trug auch Himmlers Zielsetzung Rechnung, den Besuch der Junkerschulen zu einer allgemeinen Zugangsvoraussetzung zu den Führerlaufbahnen zu machen, um eine »Militarisierung« des Führerkorps zu erreichen: »Wer den Anforderungen der SS-Junkerschule nicht entspricht, wird zur weiteren Ausbildung bei der Sicherheitspolizei und dem SD nicht zugelassen.«62 Für den im »Merkblatt« skizzierten Ausbildungsgang wurde eine groß angelegte Werbe-Aktion in höheren Schulen und Napolas gestartet. Inspekteure und Schulungsreferenten sollten in die Schulen gehen und dort Vorträge halten, um »die rassisch, körperlich und geistig wertvollsten und tüchtigsten jungen Männer« für die Laufbahn des leitenden Dienstes zu gewinnen. Im November und Dezember 1940 folgten Anordnungen, die Werbearbeit bis auf die 7. Klassen auszudehnen und von November bis März sämtliche höheren Schulen durch 45-Minuten-Vorträge unter Hervorhebung des »Wertes der Gemeinschaftserziehung« und »Betonung der politischen und weltanschaulichen Ausbildungsfächer« zu erfassen; etwa alle zwei Monate sollten in Zukunft Ausleselehrgänge für Bewerber durchgeführt werden, dem Ausleselehrgang sollte die Musterung für die Waffen-SS vorgeschaltet sein.63 Gleichzeitig mit dem »Merkblatt« erließ das RSHA Ausbildungsvorschriften für die Grundausbildung, die dem Hauptlehrgang für die Anwärter des leitenden Dienstes vorangehen sollte. Die Grundausbildung sollte ein Jahr dauern; in der Mitte und am Ende des Lehrgangs sollten die Teilnehmer jeweils zu einem Lager zusammengezogen werden, »wo durch Sport, Aussprache und Schulung ihr Zusammengehörigkeitsgefühl zur Sicherheitspolizei gestärkt werden soll.« Die Ausbildung umfasste eine »SS-mäßig weltanschauliche Erziehung«, einen fachwissenschaftlichen, einen berufspraktischen und einen sportlichen Teil. Für die »weltanschauliche Erziehung« war ein umfangreiches Curriculum vorgesehen: »1. Die wichtigsten Epochen der deutschen Geschichte – nationalsozialistisch gewertet, 2. die innerpolitische Geschichte und Entwicklung in Deutschland von 1914-1920, 3. das Parteiprogramm der NSDAP, seine Erfüllung, seine Bedeutung für die Zukunft, die wichtigsten Lebens- und Volksgesetze, die sich darin darstellen, 4. Klärung der wichtigsten politischen Grundbegriffe (Nationalismus, Internationalismus, Kapitalismus, Marxismus, Plutokratie, Klassenkampf, Volksgemeinschaft, Liberalismus, Materialismus usw.), 5. Studium des ›Mythus des 20. Jahrhunderts‹ von Alfred Rosenberg (Behandlung von einzelnen Themen an Hand des ›Mythus‹),
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6. der Faschismus, seine Lehre, seine Führung und seine Bedeutung für den Nationalsozialismus, 7. die weltanschaulichen Gegner des Nationalsozialismus, a) Marxismus, b) Kommunismus c) Judentum d) Freimaurerei e) politische Kirchen und Sekten f) Reaktion g) sonstige geistige und weltanschauliche Gegner. 8. (1) Die Gesetze des Lebens als Grundlage einer neuen Weltschau, (2) das Weltall und seine Gesetze, (3) die Gesetze des Blutes, (4) die sittlichen Gesetze, die sich aus den Lebensgesetzen ergeben, (5) Kampf gegen alle Unklarheiten auf dem Gebiet der Weltanschauung (Okkultismus, Astrologie, Spiritismus), (6) praktische Gestaltung eines echten Brauchtums, das sich aus den Gesetzen des Jahreslaufes und des menschlichen Lebens ergibt. 9. Zusammenfassender Rückblick und Ausblick.«64
Der fachwissenschaftliche Teil sah ein rechts- und staatswissenschaftliches Universitätsstudium vor. Das Curriculum war stark grundlagentheoretisch – rechtsgeschichtlich und -philosophisch – ausgerichtet: »Im ersten Halbjahr müssen folgende Vorlesungen gehört werden: 1. Weltgeschichte der Neuzeit. 2. Deutsche Vor- und Frühgeschichte. 3. Rechtsgeschichte (z.B. germanische Rechtsgeschichte). 4. Verfassungsgeschichte (z.B. Verfassungsgeschichte der neuen Zeit). 5. Rechtsschutz (z.B. Verbrechen und Strafe I). Erwünscht ist das Hören folgender Vorlesungen: 1. Einführung in die Philosophie. 2. Politische Geographie der Großmächte. Im zweiten Halbjahr müssen folgende Vorlesungen bzw. Übungen besucht werden: 1. Volk und Staat. Verbrechen und Strafe II. 2. Grundlagen des Zivilrechts. 3. Übungen im Strafrecht für Anfänger. Erwünscht ist das Hören folgender Vorlesungen: 1. Überblick über die bedeutendsten Erscheinungen der geistigen und kulturellen Entwicklung Deutschlands. 2. Probleme der Rechtsphilosophie. 3. Teilnahme an einem strafrechtlichen Seminar. 4. Verwaltungsrecht.«65
Für die praktische Ausbildung, die parallel zur weltanschaulichen, fachwissenschaftlichen und sportlichen Ausbildung laufen sollte, waren vier Monate im einfachen
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Vollzugsdienst der Kriminalpolizei, drei Monate bei der Gestapo und weitere drei Monate beim SD vorgesehen; anschließend sollten die Anwärter für einen Monat einer Strafabteilung eines Amtsgerichts zugeteilt werden. Dies war ein insgesamt ambitioniertes und dichtes Programm, das kaum realisierbar erscheint, kamen doch auch noch 2 Wochenstunden Grundausbildung in Schwimmen, Boxen, Turnen, Geländelauf sowie zwei Stunden die Woche Fechten, ein Nachmittag »Kampfspiele«, einmal wöchentlich Schießübungen und alle 14 Tage Reitübungen hinzu, außerdem bis zu drei Wochenstunden Unterricht in einer Fremdsprache (englisch wurde vorausgesetzt). Und da es um die Heranbildung einer gesellschaftlichen Elite ging, sollten auch noch gesellschaftliche und kulturelle Veranstaltungen, Theatervorstellungen und dergleichen besucht werden. Während das Grundausbildungsjahr bei den Inspekteuren Sipo/SD zu absolvieren war, sollte der Hauptlehrgang an der Führerschule Charlottenburg stattfinden. Den Lehrplan stellte die Abt. I.F erst Anfang 1941 fertig. Zuvor, im Juli 1940, hatte sie »Richtsätze« für die Führerschule herausgebracht, die die Grundlinien der künftigen Ausbildung skizzierten. Sie stammen vermutlich von Hotzel, der von Beruf Volksschullehrer war, denn sie lassen den erfahrenen Pädagogen erkennen: Die Führerschule müsse die Fehler vermeiden, die der Nationalsozialismus der »liberalen Hochschule« vorwerfe, nämlich die einseitige Förderung des Intellektes – Körper, Geist und Seele stünden gleichrangig nebeneinander. Die Erziehung, so die »Richtsätze« weiter, müsse auf dem Gedanken der »kameradschaftlichen Arbeitsgemeinschaft zwischen Lehrenden und Lernenden« beruhen, die Schule dürfe kein »unpersönlicher Kollegbetrieb« sein, der Lehrer müsse zugleich« – menschlich und politisch« – Erzieher sein. Die Fachausbildung sollte gleichwohl dem Niveau einer Hochschule entsprechen. Hochschuldidaktisch wurde die traditionelle Trennung von Vorlesung, Übung und Seminar abgelehnt, stattdessen sollte eine »organische Verbindung von Vortrag, Aussprache, praktischer Übung, verantwortlichem Selbststudium und wissenschaftlicher Einzelarbeit« angestrebt werden. Während die »Richtsätze« hier reformpädagogische Vorstellungen aufnahmen, wurde gleichzeitig eine verschärfte Auslese gefordert: »Versager« sollten nicht erst am Ende des Lehrgangs in der Schlussprüfung, sondern möglichst schon im ersten Vierteljahr »entdeckt und ausgeschieden« werden. Hinsichtlich der Unterrichtsinhalte unterschieden die »Richtsätze« zwischen dem, was jeder »führende Mann im nationalsozialistischen Staat« wissen müsse, den Gebieten, die er zur Ausübung führender Funktionen in der Sipo oder dem SD kennen müsse und den speziellen rechts- und verwaltungskundlichen Gebieten. Zur nationalsozialistischen Allgemeinbildung eines Führers gehöre die Kenntnis der nationalsozialistischen Weltanschauung und der deutschen Geschichte (»nationalsozialistisch gewertet«), die Kenntnis der »großen Führungs- und Erziehungssysteme der Weltgeschichte«, der Geschichte, des Aufbaus und der Aufgaben von Partei und Staat sowie »Inhalt und Technik der staatlichen Befehlsgebung«. Zu den Gebieten, die ein Führer der Sicherheitspolizei beherrschen müsse, gehörten außerdem die Geschichte, die Aufgaben und der Aufbau der deutschen Polizei sowie die Kenntnis der Gegner der nationalsozialistischen Weltanschauung. Darüber hinaus müsse sportliche Erziehung betrieben werden,
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dabei sei Sportarten wie Fechten, Reiten, Schiessen und Schwimmen der Vorzug zu geben.66 Die gleichen Grundsätze lagen einer von Heydrich unterzeichneten »Dienstanweisung für den Kommandeur der Führerschule« vom 8.2.1941 zugrunde, die das Referat I.F1b für den Beginn des neuen, auf eineinhalb Jahre ausgelegten Lehrgangs für Anwärter des leitenden Dienstes erarbeitet hatte. Einiges wurde in der Anweisung pointierter formuliert: »Ziel ist die Schaffung eines charakterlich wertvollen, politisch klar ausgerichteten, weltanschaulich kompromisslosen und fachlich hochwertigen Führerkorps der Sicherheitspolizei.« Der Sipo-Führer müsse den »höchsten fachlichen Anforderungen« genügen, der Schwerpunkt der Ausbildung habe aber auf erzieherischem Gebiet zu liegen: »Auch in schlechten Tagen unserer Geschichte hat es in Deutschland niemals an geistig und wissenschaftlich hervorragenden Persönlichkeiten gefehlt, wohl aber oft an Männern, die mit zäher Energie, kompromissloser Härte und unbedingter Treue Führer ihres Volkes gegen seine Feinde im Innern und nach außen wurden. Der alte Fehler im deutschen Erziehungswesen, an die Stelle wirklicher Erziehung nur ›objektive‹ Wissensvermittlung zu setzen, ist mit allen Mitteln zu bekämpfen«.
Daraus resultierte ein in Ansätzen durchaus progressives hochschuldidaktisches Konzept: »Das an der Hochschule übliche ›Vorlesen‹ soll vermieden und durch ›Rundgespräche‹ aufgelockert werden.« Es dürfe keine traditionellen Fakultätsschranken geben, die Erziehung müsse gleichrangig Geist, Körper und Seele umfassen, Schüler und Lehrer sollten aufgrund ihrer gemeinsamen Zugehörigkeit zum SS-Führerkorps »auf den Grundsätzen soldatischer Disziplin und Ordnung« in »kameradschaftlichen Arbeitsgemeinschaften« miteinander verbunden sein und »Unterrichtsgemeinschaften« bilden: »In diesen verwenden die Dozenten und Assistenten die vom pädagogischen und psychologischen Standpunkt aus wirkungsvollste Unterrichtsform.« Das Rundgespräch stand allerdings nicht im Dienste kritischer Diskussion und Urteilsbildung, sondern diente eher der Leistungs- und Gesinnungskontrolle: »Es soll nicht Wichtiges und Unwichtiges gleichmäßig vorgetragen, sondern weniger wichtige Stoffgebiete sollen den Lehrgangsteilnehmern zur Durcharbeitung nach angegebener Literatur aufgegeben werden; die Dozenten beschränken sich dann – anstelle des vollständigen Vortrages – auf Wiederholungsfragen in Form des Rundgespräches.«67 Die »Bekämpfung« einer »nur objektiven Wissensvermittlung« bedeutete die Absage an ein primär wissenschaftsorientiertes Bildungskonzept, sie gehörte zu den Kernbestandteilen der konservativen Kulturkritik und fand sich auch in Hitlers »Mein Kampf«. Hotzel kannte sich in diesem pädagogischen Diskurs gut aus: Er hatte in Jena Erziehungswissenschaft studiert und 1933 seine Staatsexamensarbeit über Ernst Krieck geschrieben, den damals führenden nationalsozialistischen Erziehungsphilosophen.68 Der planmäßige Lehrgang wurde auf 1 ½ Jahre projektiert, eingeteilt in vier Lehrabschnitte von je vier Monaten, zwei Monate waren für Urlaub, Schlußprüfung und eine gemeinsame Grenz- oder Auslandsreise reserviert. Der erste Lehrgang, zu dem
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man »besonders bewährte« Kriminalkommissare und SD-Führer einberief, wurde unter Anrechnung einer bereits erfolgten Grundausbildung an den Standorten auf ein Jahr verkürzt.69 Dieser Vor-Ausbildung waren eine Vorprüfung durch die Inspekteure Sipo/SD und der Besuch eines Ausleselagers vorausgegangen. Die Hauptausbildung sollte teils an der Führerschule, teils an der Berliner Universität stattfinden und in drei Lehrabschnitten vom 20.4.1941 bis zum 18.2.1942 erfolgen. Die Zeit vom 1.3. bis zum 10.4.1942 war Wiederholungskursen und der Prüfungsvorbereitung vorbehalten. Der erste Lehrabschnitt vom 20.4. bis zum 31.7. war so geplant, dass er zeitlich mit dem 2. Trimester an der Berliner Universität korrespondierte. Der zweite Lehrabschnitt sollte berufspraktisch ausgerichtet sein und fiel deshalb in die Semesterferien. Der dritte Lehrabschnitt sollte ebenfalls einen berufspraktischen Schwerpunkt haben, war aber so terminiert, dass gleichzeitig die Lehrveranstaltungen im Wintertrimester vom 1.11.1940 bis 28.2.1942 besucht werden konnten. Der Wochenstundenplan sah ein dichtes Arbeitspensum vor: Montag bis Freitag von 8.00 bis 13.00 und 15.00 bis 17.00 Unterrichts- und Arbeitsstunden, unterbrochen nur von Sport am Dienstag und Donnerstag Nachmittag; Samstags war Unterricht von 8.00 bis 12.30, Sport von 14.00 bis 16.00 vorgesehen; einmal in der Woche sollte es einen Abendvortrag von »führenden Persönlichkeiten« geben. Die Einteilung der Stunden zeigt, dass die angedachte Auflockerung des herkömmlichen Vorlesungsbetriebes zunächst einmal nur in Gestalt einer minimalen Öffnung zugelassen wurde: Insgesamt waren 37 Stunden die Woche geplant, von denen 31 auf Vorlesungen, drei auf eigene Arbeiten, eine auf den Abendvortrag und lediglich zwei auf wissenschaftliche Seminare entfielen. Außerdem waren zwei- bis dreimal je Lehrabschnitt von den Studenten selbst gestaltete Feiern geplant – »außer den bereits üblich gewordenen Jahres- und Sippenfeiern besondere Feierstunden (z. B. über die Themen ›Bismarck‹, ›Beethoven‹, ›Schiller‹, ›Horst Wessel‹).« Bei einem derart dichten Stundenplan, bei dem die Zeit hauptsächlich mit dem Besuch von Vorlesungen ausgefüllt war, ließ sich das Ziel einer »organischen Verbindung von Vortrag, Aussprache, praktischer Übung, verantwortlichem Selbststudium und wissenschaftlicher Einzelarbeit« kaum realisieren. Die Ausbildung sollte modernen pädagogischen Prinzipien und wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Der Dienstanweisung war ein »Wissenschaftlicher Lehrplan für die Ausbildung des leitenden Dienstes« beigefügt, der die Inhalte der Ausbildung festlegte, gegliedert in sechs Komplexe: I. Deutsche Geschichte und nationalsozialistische Weltanschauung II. Volk, Partei, Staat, Recht III. Inlands-Nachrichtendienst: A. Deutsche Lebensgebiete, B. Nachrichtentechnik und -taktik IV. Verbrechensbekämpfung V. Gegner: 1. Gegnerkunde, 2. Gegnerbekämpfung VI. Ausland: A. Auslandskunde, B. Nachrichtendienst, C. Sprachen
Das Lehrgebiet I »Deutsche Geschichte und nationalsozialistische Weltanschauung« sah folgende Unterrichtsfächer vor:
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A. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. B. 1. 2. 3. 4. 5. 6. C.
Geschichte Deutsche Vor- und Frühgeschichte Epochen der deutschen Geschichte (in zwei Teilen) Übungen zur nationalsozialistischen Geschichtsauffassung Geschichte der deutschen Ostkolonisation Geschichte von 1870 bis zur Gegenwart Die Gegenkräfte der deutschen Geschichte Der Reichsgedanke in der deutschen Geschichte Übungen zur Geschichte der europäischen Staatensysteme Kultur- und Geisteswissenschaften Kulturkunde (Führungen und Besichtigungen) Antike, Christentum und germanische Frühzeit Die deutsche Geistesgeschichte unter Berücksichtigung der europäischen Denksysteme und Weltbilder Die großen Führungs- und Erziehungssysteme der Weltgeschichte Lebensbilder großer Deutscher Germanischer Geist in der deutschen Literatur und Kunst. Rasse und Volk
Die Themen »Rasse und Volk« waren noch einmal Gegenstand einer Unterrichtseinheit in der Fächergruppe III unter »Deutsche Lebensgebiete«: III.A. 2) Volkstum, Rasse, Politik, Volksgesundheit a) Die Grundbegrifffe b) Rassenpolitik c) Volksgesundheit d) Volkstum
Im 1. Lehrabschnitt standen in der Fächergruppe I vier Wochenstunden Vorlesungen über »Epochen der germanisch-deutschen Geschichte« an der Universität, jeweils eine Stunde »Vor- und Frühgeschichte«, »Der Reichsgedanke in der deutschen Geschichte« und »Germanischer Geist in der deutschen Literatur« an der Führerschule sowie drei Stunden »Volk und Rasse«, ebenfalls an der Führerschule, auf dem Plan. Im 2. Lehrabschnitt sollte der Schwerpunkt auf der berufspraktischen Ausbildung liegen. Über die weitere Planung hatte man sich zu diesem Zeitpunkt offenbar noch keine Gedanken gemacht. Dienstanweisung und Lehrplan stellten auch nur Entwürfe dar, galten aber »vorläufig als Anhaltspunkt und Richtlinie für die Erziehung und Ausbildung des 1. Lehrganges des leitenden Dienstes« und waren »sinngemäß anzuwenden«.70 Von einem wie auch immer regulären rechtswissenschaftlichen Studium kann bei dem vorliegenden Lehrplan schwerlich die Rede sein. Im Gesamtkonzept blieben im engeren Sinn juristische Themen eher sekundär; sie waren hauptsächlich in der Themengruppe II zu finden, die staats-, rechts- und gesellschaftswissenschaftlichen Fragen gewidmet war: II. Volk, Partei, Staat, Recht A. Geschichtliches
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B.
C. a)
b)
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1) Germanische Rechtsgeschichte 2) Verfassungsgeschichte der Neuzeit Die Ordnung der Gemeinschaft 1) Geschichte, Aufbau, Aufgaben und Recht der NSDAP 2) Verfassung 3) Verwaltung 4) Geschichte, Aufgaben, Aufbau und Recht der deutschen Polizei 5) Staat und Wirtschaft 6) Finanz- und Steuerrecht Stellung der Volksgenossen in der Gemeinschaft Beziehungen der Volksgenossen untereinander: 1) Ordnung der Familie und Recht der Persönlichkeit 2) Ordnung der Arbeit 3) Boden- und Bauernrecht 4) Fahrnis und Güterumsatz 5) Vertrag und Haftung Verstöße gegen die Gemeinschaft: 1) Verbrechen und Strafe 2) Verfahren
Außerdem war ein Abschnitt im Themenkomplex III »Deutsche Lebensgebiete« dem »deutschen Recht« gewidmet: III. 3) Grundlinien und Aufbau des deutschen Rechts a) Die politischen und weltanschaulichen Zusammenhänge des Rechtslebens b) Die gemeinsamen Grundlinien der Rechtsordnung c) Grundfragen von Partei und Staat d) Nachrichtendienstliche Tätigkeit auf den Gebieten »Rechtsordnung und Reichsaufbau«.71
Für den 1. Lehrabschnitt waren vier Wochenstunden »Epochen der germanischdeutschen Geschichte« und 8 Wochenstunden zu den Themen »Ordnung der Arbeit«, »Fahrnis und Güterumsatz« sowie »Vertrag und Haftung« als Universitätsvorlesungen angeordnet. Da der Lehrplan unter Einschluss dieser vier Vorlesungen von zusammen 12 Wochenstunden auf insgesamt 37 Wochenstunden berechnet war, hätte auch kein zusätzliches Studium an der Universität absolviert werden können. Es handelte sich aber ohnehin nur um ein »idealtypisches« Programm, von dem unter Bedingungen des Krieges erhebliche Abstriche gemacht werden mussten. Nicht nur wurde der 1. Lehrgang von 1 ½ auf ein Jahr verkürzt, auch für die Grundausbildung genügten im Frühjahr 1941 schon 7 Monate.72 Schon im Mai 1941 wurde der 1. Lehrgang für einen längeren Osteinsatz unterbrochen, als der Lehrgangsleiter Günther Herrmann den Auftrag erhielt, als Sonderkommandoführer mit seinen Schülern an den Aktionen der Einsatzgruppen im Russland-Feldzug teilzunehmen; die Teilnehmer, die ja schon Kriminalkommissare oder SD-Führer waren, stellten einen großen Teil des Führungspersonals der Einsatzgruppen und -kommandos, die vor Beginn des Russland-Feldzuges in Pretzsch aufgestellt und auf ihre Aufgaben
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vorbereitet wurden. Die meisten kehrten im September und Oktober des Jahres nach Berlin zurück, um ihr Studium fortzusetzen; der Einsatz in der Sowjetunion wurde gewissermaßen als Ausbildung mit »berufspraktischem Schwerpunkt« gewertet und den Teilnehmern auf ihre Ausbildungszeit angerechnet. Da der Lehrgang aber schon bald wieder für den Osteinsatz unterbrochen wurde, schaltete man im Sommer 1942 ein »Zwischensemester« ein und führte erst im Oktober 1942 die Referendariatsprüfungen an der Führerschule durch, die ursprünglich schon im Frühjahr geplant waren. Das Studium fand hauptsächlich an der Schule statt, wurde aber durch Vorlesungen von Professoren der Berliner Universität ergänzt; dadurch konnte die Ausbildung nach einer Vereinbarung mit dem Reichserziehungsministerium als vollwertiges Universitätsstudium anerkannt werden.73 Ein Teil der Anwärter, die die Prüfung im Oktober 1942 bestanden, absolvierte anschließend den juristischen Vorbereitungsdienst, der unter Anrechnung bereits geleisteter Dienste wiederum verkürzt und mit einer erneuten Prüfung an der Führerschule im Juli 1943 abgeschlossen wurde; im September 1943 folgte dann die Ernennung der Absolventen zu Hauptsturmführern und Regierungsassessoren. Nach dem Assessordienst sollte schließlich die Ernennung zum Regierungsrat und Sturmbannführer folgen. Zum 1. Lehrgang waren nach dem Rundbrief Heydrichs vom 8.2.1941 etwa 75 »besonders bewährte« Kriminalkommissare der Kriminalpolizei und der Gestapo sowie SS-Führer des SD nach Berlin einberufen worden. Von ihnen durchlief nur ein Teil den gesamten Ausbildungsgang, da die mehrfachen Unterbrechungen zu Abordnungen und anderweitigen Verwendungen führten und es zu Versetzungen in andere Arbeitsbereiche kam, von denen die Betroffenen nicht wieder zurückkehrten.74 Wie viele Personen diesen Ausbildungsgang des leitenden Dienstes letztlich durchliefen, ist nicht bekannt. Streckenbach zufolge waren bis zum Oktober 1942 etwa 700 Bewerber für die Laufbahn des leitenden Dienstes angenommen worden, und mindestens bis zum Sommer 1943 fanden noch Ausleselehrgänge statt.75 Die Teilnehmer wiesen zum Teil markante Profile auf. Max Drexel beispielsweise war als Referent in der Abt. I.F 2 des RSHA selber an der Konzeptualisierung der Lehrpläne für die weltanschauliche Erziehung beteiligt gewesen, bevor er zum Lehrgang einberufen wurde; er übernahm die Führung des Ek 12 der Einsatzgruppe B. Besonders berüchtigt waren die Kriminalkommissare bzw. Anwärter Peter Eisenbarth und Joachim Hamann, die im Sommer 1941 für die Ermordung eines großen Teils der litauischen Juden im Rahmen des Einsatzkommandos 3 verantwortlich waren. Beide wurden 1942 für Ausbildungsaufgaben zum »Unternehmen Zeppelin« beordert.76 Dazu gehörte auch der Volksschullehrer Gottlieb Bussinger. An seiner Biographie lässt sich der Ausbildungsgang zum leitenden Dienst noch einmal nachzeichnen. Bussinger, der schon 1930 nach dem Abitur der NSDAP beigetreten war und seit 1931 der SS in Ulm angehörte, hatte 1933/34 schon nationalsozialistische Weltanschauung bei der Politischen Bereitschaft Ellwangen unterrichtet, danach war er bei der SS-Grenzüberwachung und als Lehrer für Staatskunde und Weltanschauung an der Grenzpolizeischule Pretzsch tätig. Nach dem Besuch eines Lehrgangs an der Führerschule Sipo legte er 1939 die Kommissarprüfung ab. Im September 1940 wurde er zum Obersturmführer befördert. Gleichzeitig begann er im Rahmen der Grundaus-
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bildung für die Ausbildung zum leitenden Dienst mit dem Studium; Anfang 1941 wurde er zum Studium an der Universität Frankfurt am Main einberufen, danach folgte die Abordnung zum Studium und Lehrgang für den leitenden Dienst in Berlin. Lehrgang und Studium wurden von Juni bis Anfang Oktober 1941 für einen sicherheitspolizeilichen Einsatz mit dem Ek 4 in der Ukraine unterbrochen. Im Wintertrimester 41/42 nahm er das Studium wieder auf, wurde aber im Februar 1942 erneut zu einem Osteinsatz einberufen. Wann er den Lehrgang fortsetzte ist nicht bekannt, aber er dürfte im Juli 1943 an den Assessorprüfungen des Ausbildungsgangs teilgenommen haben, denn er wurde anschließend zum Hauptsturmführer befördert und war danach als Regierungsassessor der Gestapo und als Referent im Amt VI des RSHA tätig; im Januar 1945 folgte schließlich die Beförderung zum Sturmbannführer und Regierungsrat.77 Die Lehrgänge für Kommissaranwärter und Anwärter der mittleren Laufbahn der Kriminalpolizei und der Gestapo liefen vorerst weiter formell getrennt ab und bezogen den SD nicht mit ein. Der Laufbahn-Hierarchie entsprechend wurden Lehrgänge für Kriminalassessor-, -inspektor- und -kommissaranwärter der Sicherheitspolizei (Kripo und Gestapo) an den Schulen des RSHA durchgeführt, für Kommissare an der Führerschule Charlottenburg, für angehende Assistenten und Inspektoren in der Regel an den Schulen in Bernau und Fürstenberg. Eine Zeit lang fanden noch getrennte Lehrgänge für Gestapo und Kripo statt. 1941 und 1942 wurden beispielsweise an der SD-Schule Bernau zweimonatige Lehrgänge für Anwärter des gehobenen Verwaltungsdienstes der Gestapo durchgeführt. Ab 1942 sollten die Lehrgänge für den Vollzugsdienst der Kripo und Gestapo jedoch zusammengelegt werden. Im Juli ordnete das RSHA einen gemeinsamen Lehrplan für die gehobene Laufbahn des Vollzugsdienstes von Kripo und Gestapo (Inspektorenanwärter) an, im August folgte ein Lehrplan für die mittlere Laufbahn (Kriminalassistentenanwärter). Anfang 1942 hatte man bereits mit der gemeinsamen Ausbildung von Kommissaranwärtern der Kripo und der Gestapo begonnen. Der weltanschauliche Unterricht erhielt in allen Lehrplänen eine starke, aber unterschiedliche Gewichtung. Im Juni 1943 wurde ein neuer Lehrplan für die Ausbildung der Kommissaranwärter erlassen, der in größerem Umfang kriegsbedingte Aufgaben (»z.B. Einsatz, Kriegsfahndung usw.«) berücksichtigte, während der stundenmäßige Anteil des weltanschaulichen Unterrichts gekürzt wurde, weil man inzwischen davon ausging, dass den Anwärtern, die schon andere Ausbildungsgänge hinter sich hatten und ja auch noch die Führerlehrgänge zu absolvieren hatten, die wesentlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung mittlerweile bekannt waren: »Die Schulung auf der Führerschule kann dementsprechend auch nur eine Wiederholung und Abrundung sein; es muß vorausgesetzt werden, dass die Anwärter mit den Grundgedanken der nationalsozialistischen Weltanschauung, mit den Grundfragen der Geschichte und mit der Ideologie und den Kampfmethoden der politischen Gegner bereits eingehend vertraut sind.«78
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Gleichwohl waren insgesamt 100 von 750 reinen Unterrichtsstunden – der Lehrgang war auf 9 Monate ausgelegt – für die »SS-mäßige und weltanschauliche Erziehung« vorgesehen. Der Lehrplan enthielt als einen zusätzlichen Themenschwerpunkt einen eigenen Lehrabschnitt »Ostkunde, besetzte Gebiete, Ausland«, in dem u. a. die deutsche Ostraumpolitik und die rassische, soziale, politische und religiöse Struktur der besetzten Gebiete behandelt wurde. Ein breiter Raum war auch für Besichtigungen (u. a. eine Führung durch das KZ Sachsenhausen) und die taktische Ausbildung, etwa »Bandenkampf-Übungen« vorgesehen. Ergänzend kam 1942 auch ein Lehrplan für Kommissaranwärterinnen der weiblichen Kriminalpolizei heraus. Der Lehrgang fand ebenfalls an der Führerschule in Charlottenburg statt und wurde kriegsbedingt, aber auch weil die »SS-mäßige Erziehung« in diesem Fall wegfiel und die Anwärterinnen andererseits insgesamt bereits höhere Qualifikationsvoraussetzungen mitbrachten als dies bei den Männern der Fall war, auf 6 Monate begrenzt.79 Aber auch hier entfiel mit 108 von insgesamt 660 Unterrichtsstunden ein hoher Anteil auf die »politisch-weltanschauliche Erziehung«. Lehrfächer waren: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Politisch-weltanschauliche Erziehung (108 Std.) Volk, Staat, Recht (209 Std.) Deutsche Lebensgebiete (30 Std.) Raum und Politik. Deutscher Lebensraum. Auslandsnachrichtendienst (20 Std.) Verbrechensbekämpfung (107 Std.) Gegnerbekämpfung (30 Std.) Grundzüge der Menschenkenntnis, Menschenbeurteilung und Menschenführung (45 Std.).
Im Vordergrund standen daher Rechts- und Staatswissenschaften (»Volk, Staat, Recht«), Kriminalistik (»Verbrechensbekämpfung«) und weltanschaulich-politische Erziehung, während die spezifischen SD-Fächer nur am Rande behandelt wurden. Vor allem im Fachgebiet »Verbrechensbekämpfung« wurde ein besonderer Akzent auf Aufgaben der weiblichen Kriminalpolizei gelegt (Delikte von Kindern, Jugendlichen und Frauen; Jugendgefährdung und Jugendkriminalität etc.); einen breiten Raum nahm in dieser Unterrichtseinheit auch die Kriminalbiologie ein: Allein acht Stunden waren den Themen »Rasse, Volkscharakter und Verbrechen; Umwelt des Volkes und Verbrechen«, weitere zehn Stunden der »verbrecherischen Persönlichkeit« gewidmet, und auch hier ging es hauptsächlich um »das Verbrechen als Ausdruck der biologischen Persönlichkeit des Täters«, während der Frage nach den Umwelt-Einflüssen nur sieben Stunden beigemessen wurde. Das Lehrfach »Politisch-weltanschauliche Erziehung« war trotz des Wegfalls der »SS-mäßigen Erziehung« stärker gewichtet als im Kommissarlehrgang. Bei der Lehrplanaufstellung wollte man »dem Umstand Rechnung […] tragen, dass der Dienst der WKP. [weiblichen Kriminalpolizei] wie kaum ein anderer weiblicher Beruf die Beamtinnen auch sehr stark mit den negativen Seiten des Lebens beschäftigt, so dass schon bei der Ausbildung die positiven
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Werte und Seiten des Lebens in umso höherem Maße in den Vordergrund gerückt werden müssen. Dieser notwendige Ausgleich wird in erster Linie durch die politisch-weltanschauliche Erziehung erzielt.«
In der Gliederung des Lehrplans sollte dies seinen Ausdruck in der starken Gewichtung von Themenkomplexen wie Rassenkunde, deutsche Geschichte, Geschichte und Aufbau der NSDAP und des nationalsozialistischen Staates finden; allerdings war auch hier eine Unterrichtseinheit von 20 Stunden zur »Gegnerkunde« eingebaut: »1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
Begriff der Weltanschauung allgemein (2 Std.) Die Bedeutung der politischen Erziehung (1 Std.) Die Bewegung als Durchbruch einer neuen Weltanschauung (2 Std.) Hinweis auf bedeutsame Werke des nat.-soz. Schrifttums (3 Std.) Vergleich der nat.-soz. Weltanschauung mit anderen uns fremden Weltanschauungen (3 Std.) Die Erkenntnisse der Rassenlehre als Grundlage der nat.soz. Weltanschauung (11 Std.) Welches Ziel verfolgen wir mit dem Studium der Geschichte? (2 Std.) Der Weg zum Reich (10 Std.) Die deutsche Geschichte unter Berücksichtigung europäischer Denksysteme und Weltbilder (4 Std.) Die weltanschaulichen Gegner und ihr Kampf gegen die politische und völkische Einheit (20 Std.) Die Entstehung der Parteien (2 Std.) Partei und Staat (30 Std.) Übungen zur Erschließung des Verständnisses für das Zeitgeschehen (15 Std.) Nat.-soz. Lebensführung (1 Std.) Nat.-soz. Fest- und Feiergestaltung (2 Std.).«
Auch hier kamen Sondervorträge, Exkursionen und Besichtigungen hinzu – etwa Besuche des Frauen-KZ und des »Jugendschutzlagers« bei Ravensbrück oder des Instituts für Erbbiologie beim Reichsgesundheitsamt, außerdem waren Theater-, Ausstellungs- und Museumsbesuche eingeplant. Eine herausragende Rolle spielte der weltanschauliche Unterricht im Lehrgang für Kriminalinspektor-Anwärter; lag sein Anteil am Stundenunterricht im Kommissaranwärterlehrgang bei 13,3% (bzw. 16,4% für die weibliche Kripo), so machte er hier mit 29% mehr als das Doppelte aus. Diese Schwerpunktsetzung dürfte damit zusammenhängen, dass der Kriminalinspektor die Eingangsstufe des gehobenen Dienstes darstellte und man hier die »weltanschauliche Schwelle« besonders hoch setzen wollte; die Anwärter hatten daher neben einem Ausleselager auch bereits die SS- bzw. Sipo-Führerprüfung zu absolvieren.80 Als Ziel des Lehrgangs wurde formuliert: »Vor allem müssen die Anwärter befähigt werden, den politischen Gehalt ihrer Tätigkeit zu erkennen und ihre Aufgabe im Bewusstsein der unlösbaren Verbundenheit mit der nationalsozialistischen Weltanschauung richtig sehen und lösen zu können. Die größte Stundenzahl ist daher der SS-mäßigen und politisch-weltanschaulichen Erziehung vorbehalten«.81
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Der Lehrgang dauerte zwei Monate und umfasste 170 Stunden theoretischen Unterricht, davon entfielen allein 50 auf den weltanschaulichen Unterricht, die übrigen verteilten sich auf die Themenkomplexe »Volk, Staat, Recht«, Verbrechensbekämpfung, Gegnerbekämpfung und Nachrichtendienst. Der Lehrplan für »SS-mäßige und politisch-weltanschauliche Erziehung« umfasste folgende Hauptthemen: A. B. C. D. E. F. G.
Die nationalsozialistische Weltanschauung Die Erkenntnisse der Rassenlehre als Grundlage der nat.soz. Weltanschauung Die Deutsche Geschichte Der deutsche Lebensraum. Das Großdeutsche Reich Die weltanschaulichen Gegner und ihr Kampf gegen die politische und völkische Einheit Die NSDAP Politische Tagesfragen.
Aufschlussreich ist, dass für die Teilnahme am Unterricht die Kenntnis einiger Bücher bereits vorausgesetzt wurde, so die »Politische Fibel« von H. Männel, die Schriften »Der Weg zum Reich – Geschichte in den gröbsten Zügen« und »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« vom SS-Schulungsamt, »Das Reich als europäische Ordnungsmacht« von Ganzer und Himstedts Buch über das Programm der NSDAP. Zu erwähnen wäre noch, dass in diesem wie den anderen Lehrplänen stets auch Themen wie »Kriminalbiologie« oder »Das kommende Gemeinschaftsfremdengesetz«, die Jugendschutzlager u. ä. behandelt wurden. Alle Lehrpläne enthielten übrigens auch immer einige Stunden Völkerrecht. In der Laufbahnhierarchie ging dem Inspektorenlehrgang die Ausbildung für Kriminalassistentenanwärter – also die Eingangsstufe des mittleren Vollzugsdienstes – voraus. Die Lehrgänge wurden anfangs in Charlottenburg und dann zentral in der Sicherheitspolizeischule Fürstenberg durchgeführt. Auch hier wurde die Ausbildung für die Geheime Staats- und Kriminalpolizei zusammengelegt. Die Dauer der Lehrgänge wurde auf 4 Monate festgesetzt; zuvor sollten die Anwärter der Kriminal- und der Staatspolizei im Rahmen einer 8monatigen praktischen Standortausbildung von ihren Dienststellen schon einmal jeweils für mindestens einen Monat zur »Schwestersparte« abgeordnet werden, um einen praktischen Einblick in deren Arbeitsweise zu gewinnen. Ein Passus in der Ausbildungsordnung zur Methodik des Unterrichts betonte als ein Erziehungsziel erneut die Befähigung zu selbständigem Denken und eigeninitiativem Handeln: »Der Unterricht ist seminarmäßig, unter ständiger Anlehnung an praktische Fälle, recht lebensnah zu gestalten. Es ist darauf Bedacht zu nehmen, dass dem Anwärter kein theoretisches Ballastwissen vorgesetzt wird; vielmehr soll in großer Linie das Gesamtgebiet aufgezeigt und das ›Warum‹, vor allem des bisher in der Praxis Gelernten, nahegebracht werden. Nur so kann erreicht werden, dass sich der Anwärter auch stets über das ›Wie‹ seiner Arbeit Gedanken macht und befähigt wird, aus eigener Initiative tätig zu werden.«82
Der Unterricht umfasste die gleichen fünf Gebiete wie im Inspektoren-Lehrgang, mit dem Unterschied, dass hier statt der weltanschaulichen Erziehung der Themen-
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komplex »Volk, Staat, Recht«, insbesondere der Strafrechts-Unterricht im Vordergrund stand; trotzdem entfiel, weil die Ausbildung 4 statt 2 Monate dauerte, annähernd die gleiche Stundenzahl auf die weltanschauliche Erziehung: I. SS-mäßige und politisch-weltanschauliche Erziehung (65 Std.) II. Volk, Staat, Recht (Staatskunde, Völkerrecht, Verwaltungs-, Beamten-, Strafrecht etc.) (148 Std.) III. Verbrechensbekämpfung (90 Std.) IV. Gegnerbekämpfung (75 Std.) V. Nachrichtendienst (6 Std.)
Der Unterricht fand vormittags statt; hinzu kamen je einmal in der Woche abwechselnd eine Stunde Nachmittagsunterricht in Deutsch und Erdkunde. Sonst war der Nachmittag für Leibesübungen, Waffenkunde und Schießen, Polizeitruppendienst und kriminalistische Übungen vorgesehen. Es lohnt sich, den Lehrstoffplan des weltanschaulichen Unterrichts in seinen übergeordneten Themen wiederzugeben; er lehnte sich inhaltlich an den Inspektor-Lehrgang an, trug aber deutlicher den Charakter einer politisch-weltanschaulichen Propädeutik: »1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Begriff der Weltanschauung allgemein Kurze einführende Übersicht über die Grundlagen der nat.-soz. Weltanschauung Hinweis auf bedeutsame Werke des nat.soz. Schrifttums Vergleich der nat.-soz. Weltanschaung mit anderen uns fremden Weltanschauungen Die Erkenntnisse der Rassenlehre als Grundlage der nat.soz. Weltanschauung Welches Ziel verfolgen wir mit dem Studium der Geschichte? Der Weg zum Reich – Deutsche Geschichte in großen Zügen Einführung in das Thema: Raum und Politik Der Sinn des gegenwärtigen Krieges als Kampf zweier Welten Die NSDAP Die weltanschaulichen Gegner und ihr Kampf gegen die politische und völkische Einheit Politische Tagesfragen Haltungserziehung. Führen und Folgen.«
Für jedes Thema standen im Durchschnitt fünf Stunden zur Verfügung – man kann daher kaum eine bloß oberflächliche ideologische Indoktrination unterstellen. Nehmen wir als Beispiel die Rassenlehre; allein dafür waren insgesamt elf Stunden vorgesehen, in denen folgende Themen behandelt werden sollten: a) Der Rassengedanke. Die Vererbungslehre. Rassenkunde des deutschen Volkes. b) Gegenüberstellung der Begriffe: Rasse, Volk, Nation, Staat. c) Die staatlichen Maßnahmen zur Verwirklichung der Rassenerkenntnisse. Die Nürnberger Gesetze vom 15.9.1935. Sonstige Maßnahmen gegen die Juden. d) Die Bedeutung der Gesundheitsführung für das deutsche Volk. e) Der Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums und die seiner Tätigkeit zugrunde liegenden volkspolitischen Anschauungen und Ziele.
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»Theoretische Begründungen«, praktische Schlussfolgerungen und staatliche Maßnahmen wurden bereits hier als ein systematischer Bedingungszusammenhang dargestellt, der auf spätere Lehrstoffthemen verwies und etwa die »staatspolizeiliche Behandlung der Judenfrage« im Rahmen der »Gegnerbekämpfung« oder das »kommende Gemeinschaftsfremdengesetz« und die »Jugendschutzlager« im Rahmen der »Verbrechensbekämpfung« als plausible Anwendungsbereiche erscheinen ließ. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der weltanschauliche Unterricht nur die explizite Thematisierung von Inhalten darstellte, die auch in den anderen Lehrstoffeinheiten präsent waren. Dies galt in besonderer Weise natürlich für die »Gegnerforschung«, aber auch in »Staat, Volk, Recht« etwa wurden Themen behandelt, über die gleichzeitig politisch-weltanschauliche Inhalte transportiert und entsprechende Einstellungen gefestigt werden konnten, wenn es zum Beispiel um die »Verfassung des großdeutschen Reichs«, die Stellung »des Führers« und das Konzept des Führerstaats, die staatsrechtlichen Grundlagen der eingegliederten Gebiete oder um die Beziehungen zwischen SS und Polizei ging. Und der strafrechtliche Teil war im Wesentlichen den Strafgesetzen gewidmet, die seit 1933 in Kraft getreten waren. – Der Erlass nennt übrigens gleichfalls einige Schriften, die die Teilnehmer schon vor dem Lehrgang als eine Art Mindestvoraussetzung studiert haben sollten, hielt aber für die Assistentenanwärter offenbar Männels »Politische Fibel« und die vom SS-HA herausgegebene Schrift »Der Weg zum Reich« für ausreichend. Erwähnt sei, dass auch in der dem Lehrgang vorgeschalteten Standortausbildung weltanschaulichpolitischer Unterricht abgehalten wurde. So ordnete beispielsweise die Stapo-Leitstelle Prag im Frühjahr 1943 einen laufenden Unterricht in Rechtskunde, Kriminologie und den allgemeinbildenden Fächern Deutsch, Erdkunde, Geschichte und Weltanschauung für jeden Samstag an, beginnend am 1.5. von 8.00 bis 13.30 mit den Fächern Kriminalkunde, Geschichte, Strafrecht und Deutsch.83 War in diesen Lehrplänen die Ausbildung von Anwärtern der Gestapo und Kripo zusammengelegt worden, so folgten 1944 Erlasse, die für kriegsbeschädigte Anwärter der »mittleren Laufbahn der Sipo und des SD« einen gemeinsamen Ausbildungsgang festlegten, die nur noch in geringfügigen Schwerpunktsetzungen differierten. Am 1. Januar 1944 begann ein Versehrten-Lehrgang an der Sipo-/SD-Schule Fürstenberg, der als Sonderlehrgang von 6 Monaten Dauer geplant war, um einen Ersatz für die fehlenden berufspraktischen Erfahrungen der Anwärter zu schaffen.84 Der Lehrplan sah zwei Lehrabschnitte vor: einen allgemeinen Teil von 6 Wochen, in dem eine allgemeine Einführung in die Bereiche »SS-mäßige und weltanschauliche Erziehung«, »Volk, Staat, Recht«, »Sicherheitspolizei und SD« gegeben, Unterricht in Deutsch und Stenographie erteilt und Sport getrieben werden sollte. Dieser erste Teil diente auch dazu, ein Gesamtbild von der Persönlichkeit der Anwärter zu gewinnen; er war daher zugleich als Auslese-Lehrgang gedacht. Der anschließende Haupt-Lehrabschnitt, der 20 Wochen dauern sollte, wurde für zwei Gruppen getrennt durchgeführt: zum einen für Anwärter des Vollzugsdienstes und des SD, zum anderen für Anwärter des Verwaltungsdienstes. Die Lehrpläne waren für beide Gruppen weitgehend identisch und differierten nur in einer jeweils stärkeren Gewichtung der Themengebiete »Sipo/SD« und »Verwaltungsdienstkunde«. Für beide Gruppen waren jeweils insgesamt 65 Unter-
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richtsstunden »SS-mäßige und weltanschauliche Erziehung« und 100 Stunden »Volk, Staat, Recht« vorgesehen. Der Lehrstoff für die »SS-mäßige und weltanschauliche Erziehung« war so aufgeteilt: A. Welches Ziel verfolgen wir mit dem Studium der Geschichte? (10 Stunden) Der Weg zum Reich – Deutsche Geschichte in den größten Zügen Der Sinn des gegenwärtigen Krieges als Kampf zweier Welten B. Die Erkenntnis der Rassenlehre als Grundlage der nat.-soz. Weltanschauung (8 Stunden) C. Die weltanschaulichen Gegner und ihr Kampf gegen die politische und völkische Einheit (12 Stunden) D. Die NSDAP (8 Stunden) E. Raum und Politik (10 Stunden) in Verbindung mit einem Erdkunde-Unterricht (alle 14 Tage 1 Stunde) F. Politische Tagesfragen (17 Stunden) (jede Woche 1 Stunde).
Im Themengebiet »II. Volk, Staat, Recht« ging es u. a. noch einmal um die »weltanschaulichen Grundlagen der Verfassung des Großdeutschen Reiches«. Bemerkenswert ist, dass unter »Gegnerbekämpfung« nicht nur Kommunismus, politische Kirche, Judentum und Freimaurerei, sondern auch die »Behandlung fremden Volkstums« thematisiert wurde. An den Lehrgang sollte sich ein Jahr Berufspraxis anschließen. Ein weiterer Erlass vom Dezember 1944 präzisierte den Ausbildungsgang für versehrte Anwärter der »Unterführerlaufbahn der Sipo und des SD«, wie es jetzt hieß – auch terminologisch näherte sich die staatliche Laufbahnregelung der SS an.85 Der Ausbildungsgang sah wie der Erlass vom Dezember 1944 eine berufspraktische »Vor-Ausbildung« von 6 Monaten vor, an die sich 8 Monate berufspraktische Vorbereitungszeit anschließen sollte; den Abschluss sollte dann ein Fachlehrgang von 3 ½ Monaten bilden, der dem bisherigen Kriminalassistentenlehrgang entsprach. Zwei Wochen waren »zur besonderen Verwendung« vorgesehen, so dass der gesamte Ausbildungsgang auf 1½ Jahre ausgelegt war. Für die »Vor-Ausbildung« war ein Ausbildungsleiter bei den Standorten der IdS/BdS zuständig, dem »Spartenausbildungsleiter« für die berufspraktischen Schwerpunkte (Stapo, Kripo, SD, Verwaltung) beigeordnet werden sollten. Für alle Sparten war ein gemeinsamer Unterricht insbesondere in allgemeinbildenden Fächern (Deutsch, Erdkunde, Geschichte, Rechnen), »weltanschaulicherund SS-mäßiger Erziehung«, aber auch ein gemeinsamer fachwissenschaftlicher Unterricht (Einführung in die verschiedenen Aufgabengebiete, Polizeirecht, Versorgungswesen etc.) vorgesehen. Auch während des achtmonatigen berufspraktischen Vorbereitungsdienstes bei verschiedenen Stapo-, Kripo- und SD-Leitstellen sollte der gemeinsame Unterricht noch fortgesetzt werden: je eine Wochenstunde »SSmäßige und politisch-weltanschauliche Erziehung«, Deutsch, Stenographie/Maschineschreiben und zwei bis drei Stunden fachwissenschaftlicher Unterricht. Besondere Betonung wurde neben der »SS-mäßigen und politisch-weltanschaulichen
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Erziehung« auf eine »Haltungserziehung« gelegt, die auf die Einübung einer spezifischen »Berufsethik« abzielte: »Erziehung zur positiv-willensmäßigen Einstellung gegenüber den Aufgaben des Dienstes der Sicherheitspolizei und des SD, zur Einsatzbereitschaft, Verantwortungsfreudigkeit, Verantwortung aus eigener Initiative und zu ehrlicher Freude an der Arbeit, Belehrung über die Grundlagen der Disziplin, Verhalten gegenüber Kameraden, Untergebenen und Vorgesetzten, Auftreten in der Öffentlichkeit, Beschaffenheit der Kleidung, Pünktlichkeit im Dienst usw.«
Zu den Erziehungsaufgaben des Ausbildungsleiters gehörte es darüber hinaus, die Teilnehmer »zu verständnisvollem Lesen der Tageszeitungen anzuhalten und anzuleiten« und mit ihnen »die tagespolitischen Ereignisse laufend zu erörtern«.86 In diesen Versehrten-Sonderlehrgängen war das Ziel einer gemeinsamen Ausbildung von Sipo und SD verwirklicht worden. Vor allem der weltanschauliche Unterricht oder, wie es später hieß, die »SS-mäßige und politisch-weltanschauliche Erziehung« bildete den Motor und das Medium dieser Integration. Dies gilt insbesondere für die »Führerlehrgänge«, die zwar formell für SS- und Sipo-Angehörige getrennt organisiert wurden, aber von den Inhalten und der Gestaltung her weitgehend identisch waren und auch gemeinsam durchgeführt wurden (s. u.). Darüber hinaus kam es schon seit 1940 zu Teil-Integrationen speziell auf dem Feld des weltanschaulich-politischen Unterrichts. Hervorzuheben ist, dass sie unter der Regie des SD und damit der SS stattfanden. So waren dem RSHA im Oktober 1940 Ersatzkräfte der Jahrgänge 1914-1919 von der Waffen-SS zugewiesen worden, die noch in getrennten Lehrgängen eine Kurzausbildung für die Verwendung bei der Sipo oder dem SD erhielten; der weltanschauliche Unterricht erfolgte aber für beide Gruppen nach dem gleichen Lehrplan. Die zweimonatigen Lehrgänge fanden für Anwärter der Sicherheitspolizei in Pretzsch, für den SD in Bernau statt. Ihnen waren Eignungsprüfungen für alle Teilnehmer in Pretzsch vorgeschaltet. Hier wurden 10 Kommissionen gebildet, die innerhalb von zwei Tagen jeweils 100 Mann daraufhin prüften, ob sie für eine Tätigkeit als einfacher Wachtmeister oder für einen Lehrgang in der »Ausbildungsabteilung Pretzsch«, für einen SD-Unterführerlehrgang oder einen gehobenen SD-Lehrgang in Frage kamen. Der sicherheitspolizeiliche Lehrgang umfasste eine Kurzausbildung in Rechtskunde, Kriminalistik, Staats- und Grenzpolizeidienstkunde, der SD-Lehrgang beinhaltete die Fächer Deutsche Lebensgebiete, Nachrichtendienstkunde, Sicherheitspolizei und Rechtskunde. An »allgemeinen Fächern« waren für alle Teilnehmer vorgesehen: I. Weltanschauliche Erziehung 1. Überblick über die wichtigsten Epochen der deutschen Geschichte, nationalsozialistisch gewertet 2. Aufbau und Aufgaben der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände 3. Die weltanschaulichen Gegner des Nationalsozialismus II. Rechtschreibung III. Grundzüge der Geographie.
AUSBILDUNGSRICHTLINIEN UND LEHRPLÄNE DER KRIMINALPOLIZEI UND GESTAPO
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Hinzu kamen Wehr- und Leibesübungen. Für den weltanschaulichen Unterricht waren sechs, für Orthographie und Geographie jeweils drei Wochenstunden vorgesehen. Für die fachliche Ausbildung der Sipo-Anwärter wurden Kommissare der Kripo und Gestapo von verschiedenen Dienststellen entsandt. Als Dozenten für den weltanschaulichen Unterricht der Sipo-Anwärter wurden mit Kraus, Scheu und Knigge jedoch ausschließlich SD-Führer abgeordnet: Kraus war Schulungsreferent beim IdS Kassel und Wiesbaden, Knigge beim IdS München, Scheu kam vom SDStuttgart. Der SD sollte die führende Rolle in der weltanschaulichen Erziehung und Schulung haben. Den Unterricht in Bernau bestritten die Sturmbannführer Zapp und Steimle sowie die Obersturmführer Dörnte, Hubig und Gutekunst vom SD.87 Ein anderer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Integration von Sipo und SD war die Organisation gemeinsamer Schulungslehrgänge für Dienststellenleiter in der SD-Schule Bernau ab Herbst 1941. Von November 1941 bis April 1942 wurden insgesamt 6 Lehrgänge von jeweils zwei Wochen für Leiter der Außendienststellen und Grenzpolizeikommissariate der Gestapo und Außenstellenleiter des SD durchgeführt, ab dem 2. Lehrgang wurden auch die Leiter der Kriminal-Abteilungen der Kripo einbezogen. Die Lehrgänge waren »hochkarätig« besetzt. Die Einführung besorgten jeweils die Amtschefs Streckenbach und Müller sowie Amtsgruppenleiter Gengenbach. Die ersten Vorträge hielten Nickol von der Bernauer Schule (»Die Schutzstaffel und ihre Aufgaben«), Dr. Caesar vom SS-HA-Schulungsamt (»Der Aufgabenbereich des RFSS besonders im Kriege«) und Erwin Schulz, Leiter der Schulungsabteilung des RSHA (»Die Haltung des SS-Mannes«). Es folgten Vorträge über die verschiedenen Aufgabenbereiche des SD und der Gestapo. Unter den Rednern waren Hartl und Eichmann, die über ihre Spezialgebiete der »Gegnerforschung« (»Die politische Kirche« und »Die Judenfrage«) referierten, Dr. Werner vom Reichskriminalpolizeiamt, der die »vorbeugende Verbrechensbekämpfung« erläuterte, Dr. Ehlich mit Beiträgen über Volksgesundheit und Rassenfrage, Dr. Engel mit einem Vortrag über »Das Reich als Idee und politische Macht«, SD-Experten aus der Rassen-, Volkstums- und »Lebensgebietsforschung« wie Spengler und Rössner und andere bekannte Größen. Auch hier fand ein Teil der Vorträge für Sipo und SD getrennt statt. Die »weltanschaulich relevanten« Themen wurden jedoch für alle gemeinsam behandelt und wiederum von SD-Führern und Vertretern des Amtes I.B im RSHA bestritten.88 In den Ausbildungsordnungen wird stets eine »moderne« Unterrichtsmethodik gefordert. Der Unterricht sollte seminarmäßig und lebensnah gestaltet werden, Arbeitsgemeinschaften sollten gebildet werden, das bloße Einpauken des Lehrstoffs, heißt es in der Ausbildungsordnung für die weibliche Kriminalpolizei, »verbietet sich von selbst«. Angesichts der hohen Unterrichtsstundenzahlen, deren Inhalte oft bis ins Detail festgelegt waren und der zusätzlichen Inanspruchnahme der Lehrgangsteilnehmer durch weitere Aktivitäten – die Assistentenanwärter hatten z. B. jeweils einen ganzen Nachmittag in der Woche mit Leibesübungen, Waffenkunde, Polizeitruppendienst u. ä. zu verbringen – dürfte für selbständiges Arbeiten aber nur wenig Zeit gewesen sein. Stattdessen wurde ein erheblicher Prüfungsdruck ausgeübt. Parallel zu den Ausbildungsordnungen und Lehrplänen erschien im März
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1943 eine neue Prüfungsordnung der Sicherheitspolizei, die für die Anwärter aller Laufbahnen und alle Lehrgänge galt. Danach waren während der theoretischen Ausbildung mindestens drei »Besprechungen und Beurteilungen« durchzuführen, die in eine Schlussbeurteilung eingingen, aufgrund derer über die Zulassung zur Abschlussprüfung des jeweiligen Lehrgangs entschieden wurde. Die Abschlussprüfung beinhaltete vier schriftliche Aufsichtsarbeiten, d.h. Klausuren, für die den angehenden Kommissaren 16, den angehenden Inspektoren 13 und den angehenden Assistenten 12 Stunden Zeit zur Verfügung stand; davon waren jeweils drei, bei den Kommissarsanwärtern vier Stunden für eine Arbeit aus dem Lehrgebiet »SS-mäßige und weltanschauliche Erziehung« vorgesehen. Die Anwärter der Führerlaufbahn hatten darüber hinaus im 2. Ausbildungsabschnitt innerhalb von sechs Wochen eine Hausarbeit anzufertigen. Der Anteil der »SS-mäßigen und weltanschaulichen Erziehung« war gegenüber der Prüfungsordnung von 1938, die nur zwei Stunden vorgesehen hatte, noch einmal stärker gewichtet worden. Bedeutsam ist nicht nur, dass die (männlichen) Kriminalbeamten sich in allen Lehrgängen mit der »SS-mäßigen« Erziehung zu befassen hatten, sondern dass auch die Prüfer aus der SS kamen: »Die Prüfung wird von einem Prüfungsausschuss abgenommen, dessen Mitglieder SSFührer der Sicherheitspolizei sind, welche dem Prüfungsamt angehören.« Der Chef der Amtsgruppe I.B »Nachwuchs, Erziehung und Ausbildung« im RSHA, der das gemeinsame Prüfungsamt der Sipo und des SD leitete, konnte außerdem nach Belieben einen SS-Führer seiner Gruppe als zusätzliches Mitglied in den Prüfungsausschuss entsenden.89 Ein weiterer Leistungsdruck in Richtung einer »SS-mäßigen und weltanschaulichen Erziehung« ging von den »Führerlagern und -prüfungen« aus, die ab 1940 für die Anwärter des gehobenen und leitenden Vollzugsdienstes sowie des mittleren und gehobenen Verwaltungsdienstes verpflichtend gemacht wurden.
I.2. »Führerlehrgänge« und Führerlager der Sipo und des SD Im April 1940 ordnete Heydrich für alle SS-Angehörigen der Sipo und des SD den Besuch eines »Führerlagers« als Voraussetzung für die Beförderung zum SS-Führer, d.h. zum Untersturmführer als Eingangsstufe der SS-eigenen »Führerlaufbahn« an. Die Anordnung galt auch für ehrenamtliche Mitarbeiter des SD. Wenig später wurde der Besuch eines solchen Lagers auch für alle Anwärter des gehobenen und höheren Vollzugs- und Verwaltungsdienstes der Sipo verpflichtend gemacht. Diese Lager bildeten das wichtigste Instrument einer einheitlichen »SS-mäßigen« weltanschaulichen Schulung und Erziehung von Sipo und SD; sie dienten daher nicht nur der Integration von Sipo und SD sondern generell einer weiteren Durchdringung der Sipo mit SS-spezifischem Gedankengut. Die Lager dauerten zwar nur eine Woche, zur Vorbereitung wurden aber Schulungsgemeinschaften der Bewerber gebildet, die sich über Monate hinweg zu Referaten und Aussprachen nach der Dienstzeit trafen. Denn der Zulassung zum Lehrgang ging eine »Vorausleseprüfung« voraus, auf die sich die Führeranwärter gründlich vorzubereiten hatten. Die Vorbereitung oblag den
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Schulungs- und Sportreferenten bei den Inspekteuren und Befehlshabern Sipo/SD, die zu diesem Zweck »Schulungsgemeinschaften« zu bilden hatten.90 Die Vorbereitung sollte sich neben sportlichen und wehrsportlichen Übungen auf folgende Themenbereiche »weltanschaulichen Wissens« erstrecken: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Geschichte der NSDAP Aufbau, Gliederung und Aufgaben der NSDAP Bedeutung und Verwirklichung des Parteiprogramms die wichtigsten nationalsozialistischen Grundgesetze Geschichte, Aufbau und Aufgaben der SS Geschichte, Aufbau und Aufgaben der Deutschen Polizei die wichtigsten und aktuellsten politischen Gegenwartsfragen.
Zweck der Schulung sei »nicht die Anhäufung intellektuellen Wissens, sondern die Feststellung, ob der Führeranwärter mit regem politischem Interesse am Zeitgeschehen teilnimmt«.91 Etwas detaillierter wurde das weltanschauliche Grundwissen für angehende Führer des RSHA in der »Beurteilungsordnung für die SS-Lehrgänge« vom Mai 1940 festgelegt: 1. a) b) c) d) e) 2. a) b) c) d) e) f) 3. a) b) 4. a) b) c) d) 5. a) b) c) d)
Die nationalsozialistische Bewegung: Die Geschichte der NSDAP Das Leben des Führers Die wichtigsten Gedanken im Buche des Führers in ›Mein Kampf‹ Das Parteiprogramm und seine Verwirklichung Aufbau, Gliederung und Aufgaben der NSDAP und ihrer Gliederungen SS und Polizei: Geschichte der SS Geschichtliche Entwicklung der deutschen Polizei in den Grundzügen Aufgaben der SS und Polizei Gliederung und Aufbau der SS und Polizei Die Pflichten des SS-Mannes und SS-Führers Der Sippengedanke Weltanschauliche Grundfragen: Der nationalsozialistische Rassengedanke und seine Gegner Die wichtigsten nationalsozialistischen Grundgesetze und ihre weltanschaulichen Voraussetzungen Geschichte: Was wissen wir von der germanische Vor- und Frühgeschichte? Heinrich I. Der 30jährige Krieg Bismarck SD-Wissen: Der konfessionelle Gegner Spionage und Sabotage Hoch- und Landesverrat Vorsatz und Fahrlässigkeit
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6. Aktuelles politisches Wissen: a) Die politischen Ereignisse in den letzten zwei Jahren und ihre geschichtlichen und politischen Voraussetzungen b) Die Neuordnung im Osten c) Die Kolonialfrage.92
Diese Lehrgänge, die im Juli 1940 begannen, wurden zu einem wichtigen Instrument der weltanschaulichen Gleichschaltung von SD und Sipo. Die »Untersturmführerprüfung« galt zwar nur für Mitglieder der SS, die »Führer-Eignung«, die durch die Teilnahme an einem Führerlehrgang nachzuweisen war, wurde aber zwischen 1940 und 1942 zur allgemeinen Zugangsvoraussetzung für den gehobenen und höheren Dienst gemacht worden, galt also auch für alle Kriminalkommissare und -inspektoren.93 Seitdem wurde etwas umständlich stets zwischen »SS-Führerlehrgängen« für die SS-Mitglieder und »Führerlehrgängen der Sipo« unterschieden, an denen alle übrigen Angehörigen der Sicherheitspolizei teilnehmen mussten, die eine gehobene oder höhere Laufbahn anstrebten. Beide Lehrgangsformen waren aber faktisch identisch; für die nicht der SS angehörenden Beamten entfielen lediglich die militärischen und sportlichen Übungen, während der Hauptteil, die weltanschaulichen Unterweisungen für beide Gruppen gleich war. Diese Differenzierung wurde insbesondere auch für ältere, aus der Weimarer Republik übernommene Beamte der Kriminalpolizei getroffen, denen die in der SS gepflegte Praxis des Kampfsports und des militärischen Exerzitiums nicht zuzumuten war (und für die die Sprachregelung getroffen wurde »wer aus entschuldbaren Gründen nicht in die SS aufgenommen wurde«).94 Nach Beendigung einer ersten »Angleichungsphase«, in der die Beamten der Sicherheitspolizei als SS-Führer übernommen werden sollten, war geplant, die Lehrgänge »unter Beseitigung ihres teilweisen Prüfungscharakters« zu regelmäßigen Auffrischungslehrgängen umzugestalten, an denen jeder SS-Führer alle zwei bis drei Jahre teilzunehmen hätte.95 Seit 1942 wurden Bewerber aus freien Berufen und der Schutzpolizei für den gehobenen Dienst nur noch unter dem Vorbehalt angenommen, daß sie innerhalb der ersten zwei Jahre ihres Vorbereitungsdienstes mit Erfolg an einem SS-Führerlager teilnehmen – hier wurde schon nicht mehr zwischen SS-Führerlagern und solchen der Sipo differenziert; Bewerber, die nicht der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen angehörten, wurden grundsätzlich nicht mehr zugelassen.96 Die Führerlehrgänge dienten der Integration von SS/SD und Sicherheitspolizei durch eine »einheitliche weltanschauliche Ausrichtung« und die »Pflege der Kameradschaft zwischen den SS-Führeranwärtern der Gestapo, der Kriminalpolizei und des hauptamtlichen und ehrenamtlichen Dienstes im SD des RFSS« im gemeinsamen Lager. Darüber hinaus sollten sie aber auch dazu beitragen, aus dem Sipo/ SD-Führer einen Volkserzieher zu machen, der durch sein Auftreten und seinen Vorbildcharakter erzieherisch auf die Gesellschaft wirken kann: »Ein Führer der SS muß … in der Lage sein, unkundige und zweifelnde Volksgenossen jederzeit über die Grundsätze der nationalsozialistischen Politik und über die Pflichten jedes Deutschen zu belehren.«97 Die volkserzieherische Aufgabe von SS-Männern und Polizisten wird auch in anderen Erlassen betont. So machte es Himmler in einem Befehl
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vom 6.4.1940 allen SS- und Polizeiangehörigen zur Pflicht, die Bevölkerung über die Notwendigkeit der mit dem Krieg verbundenen Einschränkungen »aufzuklären« und entsprechende Klagen »nicht stillschweigend anzuhören, sondern ihnen sachlich entgegenzuwirken«. Zu diesem Zweck wurden die Schulungsreferenten der Inspekteure angewiesen, diese Aufgabe »in ihren allgemeinen Schulungsplan einzubauen« und in der Rednerausbildung zu berücksichtigen.98 Die ersten beiden Führerlehrgänge wurden im Juli und August 1940 an der Grenzpolizeischule Pretzsch durchgeführt, die nächsten fanden an der SD-Schule Bernau statt; ein Lehrgang wurde im Dezember 1940 auch in der Führerschule Charlottenburg durchgeführt. Nach der Errichtung der SD-Schule Frauenberg bei Fulda Anfang 1941 fanden die Lehrgänge für ein Jahr hauptsächlich hier statt, danach, ab Frühjahr 1942 an der neu errichteten Reichsschule der Sicherheitspolizei und des SD in Prag – im Mai 1942 wurde hier bereits der 26., im September 1942 der 33. SS-Führerlehrgang veranstaltet. In Verbindung mit den Lehrgängen für Anwärter des gehobenen Verwaltungsdienstes der Gestapo, die 3 bis 4 Monate dauerten, wurden in Bernau bis 1942 Führerlehrgänge für Anwärter, die noch keine SS-Führer waren oder noch nicht mit Erfolg an einem entsprechenden Lager teilgenommen hatten, abgehalten. Im Laufe des Jahres 1943 wurden die zentralen Lehrgänge wieder eingestellt und die Aufgabe der Führerausbildung ganz den Inspektoren Sipo/SD übertragen, die bereits für die Vorbereitung zuständig waren.99 Da diese Vorbereitungen inzwischen immer aufwendiger geworden waren und schließlich den Hauptteil der Führeranwärterausbildung darstellten, lag es nahe, auch die abschließenden Prüfungen in die Zuständigkeit der Inspekteure zu legen. Aus Pretzsch ist ein Bericht über den ersten Führerlehrgang vom 2. bis 9. Juli 1940 erhalten. Die Teilnehmer, 37 Angehörige der Gestapo und des Sicherheitsdienstes, kamen unmittelbar vom Einsatz in den besetzten polnischen Gebieten. Der Lehrgang umfasste einen militärischen Teil: Kleinkaliberschießen, FormalExerzieren, einen 25-Km-Gepäckmarsch und eine theoretische Prüfung der militärischen Fähigkeiten; sportliche Übungen mit einer Leistungsprüfung; sowie als Hauptteil weltanschauliche Vorträge und »Rundgespräche« (»im Trainingsanzug am Ufer der Elbe«), die mit schriftlichen Prüfungen abgeschlossen wurden. An Themen wurden behandelt: Geschichte (das »Erste, Zweite und Dritte Reich«, Heinrich I. – er und nicht etwa Karl oder Otto d. Gr. galt den Experten des RSHA als Gründer des Ersten Reichs), der Sippen- und Rassengedanke, die »Eheweihe«, Aufbau der SS und der Polizei, weltpolitische Lage und Außenpolitik. Für die schriftliche Prüfung musste eine 2stündige Arbeit zur weltanschaulichen Haltung und eine Kurzthemen-Arbeit zu 10 Themen in jeweils 15 Minuten angefertigt werden; jeder Teilnehmer hatte Kurzvorträge über Themen aus dem Prüfungsstoff der Untersturmführerprüfung zu halten.100 Der erste Lehrgang verlief offenbar nicht sehr befriedigend. Einige Teilnehmer empfanden die Einberufung zu einem besonderen Lehrgang als lästige Pflicht, andere auch als eine Herabsetzung, von offizieller Seite gab es Beschwerden über mangelnde Vorbereitung, außerdem wurde kritisiert, dass in einigen Fällen auch Teilnehmer gegen ihren Willen abkommandiert worden waren. Deshalb wurde anschließend noch
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einmal das Freiwilligkeitsprinzip hervorgehoben, zugleich aber auch betont, das die Lehrgänge für eine einheitliche Ausrichtung von Sipo und SD und für die Sicherung von Mindestanforderungen unabdingbar seien; trotz der Umstände des Krieges könne einer Senkung der Anforderung oder Verschiebung der Lehrgänge nicht zugestimmt werden.101 Um eine erfolgreiche Durchführungen zu gewährleisten, waren in den meisten Standorten inzwischen Schulungsgemeinschaften gebildet worden – nach den Durchführungsbestimmungen zur Neuordnung der Untersturmführerprüfung vom April 1940 waren bei jedem größeren SS-Standort unter Leitung des Schulungsreferenten des jeweils zuständigen Inspekteurs Sipo/ SD entsprechende Arbeitsgemeinschaften zur Vorbereitung auf die Führerlager zu bilden. Solange die Schulungsreferenten als Prüfer bei den zentralen Ausleseund Führerlehrgängen benötigt wurden, oblag diese Aufgabe den Leitern der Leitstellen und Leitabschnitte von Sipo und SD.102 Die Gesamtleitung der Schulungsgemeinschaften wurde Rudolf Hotzel von der Amtsgruppe I.F bzw. I.B (Erziehung, Ausbildung, Schulung) des RSHA übertragen. Ein Bericht über den 6. Führerlehrgang, der vom 21.-30.10.1940 in Bernau stattfand, fiel positiver aus. Oberscharführer Dr. Gürtler, der für das RSHA einen Bericht erstellte, äußerte sich vor allem anerkennend über die pädagogische Arbeit: »Im Allgemeinen muss gesagt werden, dass die in dem Lehrgang gestellten Anforderungen von jedem Teilnehmer erfüllt werden konnten, zumal sich die Beurteilung nach der Vorbildung jedes einzelnen richtete. Darüber hinaus wurden Fragen in den Rundgesprächen und gestellte Themen für Kurzvorträge der Vorbildung, Herkunft oder dem Fachgebiet des einzelnen angemessen. Im Übrigen waren die Prüfer bemüht, dass jeder Teilnehmer das Ziel des Lehrgangs erreichte.«
Auch hier waren zweistündige Aufsätze und Kurzthemen-Arbeiten zu schreiben; am Schluss stellte Stubaf. Sandberger, der stellvertretende Chef der Amtsgruppe I.F, allen Teilnehmern mündliche Fragen zur Beantwortung.103 Die Planung vom Mai 1940 sah vor, die inhaltlichen Anforderungen an die Lehrgänge von Jahr zu Jahr zu erhöhen. Waren die »weltanschaulichen« Themen im ersten Lehrgangsjahr noch relativ allgemein gehalten, so sollten im 2. Jahr stärker auf die Praxis bezogene Themen wie »Die Aufgaben des Reichsführers SS als Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums«, »Die Disziplinarstraf- und Beschwerdeordnung der SS«, »Das Judentum« und »Vorbeugende Verbrechensbekämpfung« hinzukommen, während im dritten Jahr u. a. wiederum die Werke Rosenbergs, Darrés und Günthers behandelt werden sollten.104 Insgesamt war ein zusammenhängendes Curriculum für die ersten drei Jahre geplant, in dem die einzelnen Themenschwerpunkte sukzessive ergänzt und erweitert wurden. Folgerichtig sollten die Lehrgänge 1942 auf drei Wochen ausgedehnt werden, für die Abschlussprüfung waren 3 Tage vorgesehen.105 Zur Vorbereitung waren weiterhin Schulungsgemeinschaften zu bilden, an denen übrigens auch die nicht der SS angehörenden Beamten teilnahmen, für die alle Neuregelungen in gleicher Weise galten, mit den entsprechenden, den militärischen und sportlichen Teil betreffen-
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den Ausnahmebestimmungen. Die Lehrgänge wurden jetzt an der inzwischen etablierten Reichsschule der Sipo und des SD in Prag durchgeführt, Lehrgangsleiter war der Kommandeur der Schule. Die Abschlußprüfung des weltanschaulichen Wissens erfolgte durch schriftliche Arbeiten und Kurzthemenarbeiten, Rundgespräche, Vortragsübungen und eine Schlussbesprechung vor einer Kommission, zusammengesetzt aus dem Lehrgangsleiter, einem Lehrer der Reichsschule, einem SS-Führer des RSHA sowie zwei von der Amtsgruppe I.B des RSHA berufenen Beurteilern als Beisitzer; über die Amtsgruppe I.B lief übrigens auch die Zulassung und Einberufung der Lehrgangsteilnehmer. Der Lehrplan umfasste jetzt neben 45 Stunden militärischer Ausbildung und 15 Stunden Sport bereits 70 Stunden weltanschauliche Ausbildung in folgenden Themenbereichen: 1. »Grundlagen nationalsozialistischer Weltanschauung« – hier stand die Rassenlehre im Mittelpunkt; 2. »Die deutsche Geschichte, der Kampf um politisch-völkische Einheit und die Durchsetzung germanisch-deutscher Art«, 3. »Das nationalsozialistische Reich und seine innere Gestaltung«, mit einem Schwerpunkt auf Geschichte und Organisation von SS und Polizei; 4. »Die weltanschaulichen Gegner« (Judentum, Freimaurerei, Marxismus, politische Kirchen und das »Parteiunwesen«); 5. »Politische Zeitkunde« – hier ging es vor allem um die deutsche Großmachtpolitik im Kontext des internationalen Systems.106
In der Methodik werden reformpädagogische Einflüsse sichtbar. Zur Veranschaulichung seien einige Eindrücke aus dem Bericht eines Teilnehmers an einem dieser Führerlager wiedergegeben. Es handelte sich noch um einen einwöchigen Lehrgang, der im März 1942 in Prag-Bubentsch stattfand. 51 Anwärter nahmen teil, die in fünf Gruppen mit je einem »Beurteiler« aufgeteilt wurden; 42 bestanden am Ende die Prüfung. Den Teilnehmern wurde eingangs erklärt, dass es nicht primär um Wissen gehe, sondern auf politische Haltung und weltanschauliche Klarheit ankomme. Der Lehrgang begann mit Rundgesprächen: Die Gruppe saß in zwangloser Form mit dem »Beurteiler« um einen Tisch herum, der »Beurteiler« warf ein Stichwort in die Runde, über das dann frei diskutiert wurde, so dass er sich einen Eindruck über den geistigen Stand der einzelnen Teilnehmer machen konnte. Den Nachmittag verbrachte man mit sportlichen Übungen – wobei es auch hier nicht um das »Aufstellen von Rekorden« sondern um »Einsatzfreudigkeit und Kampfeswillen« ging. Der zweite Tag war am Vormittag mit Rahmenarbeiten ausgefüllt, nachmittags folgten wieder sportliche Übungen. Für die Rahmenarbeit wurden drei Themen zur Bearbeitung gestellt: »1. Weltanschauungen als gestaltende Kräfte in der deutschen Geschichte; 2. Der Weg Japans zur Weltmacht; 3. Die Gefahr der geographischen Lage Deutschlands und ihre Überwindung im 19. und 20. Jahrhundert.« Am dritten Tag standen Kurzthemenarbeiten auf dem Programm. Insgesamt mussten elf Fragen beantwortet werden, für die den Lehrgangsteilnehmern jeweils 10 bis 20 Minuten Zeit zur Verfügung standen:
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»1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Wichtige kirchliche Entscheidungen in Worms Gefahren der fremdvölkischen Unterwanderung Die strategische Bedeutung des indischen Ozeans Warum treibe ich Leibesübungen? Was geht in Rom vor? Wer ist Cripps? Das Ergebnis des Bismarckschen Kulturkampfes Wichtige Staatsgrundgesetze des Großdeutschen Reichs Stellung der SS zur Familie Aufgabentrennung von Partei und Staat Warum kulturelle Veranstaltungen im Kriege?«
Der ganze folgende Tag war wieder mit Rundgesprächen ausgefüllt, ebenso der Vormittag des 5. Tages – vermutlich wurde hier über die Ergebnisse der Arbeiten gesprochen. Im Anschluss an die letzten Rundgespräche hatte jeder Teilnehmer einen Vortrag von 10 Minuten zu halten. Am 6. Tag folgten ein Gepäckmarsch und militärische Übungen, am 7. Tag stand eine Besichtigung von Prag auf dem Programm.107 Der Ablauf zeigt, dass es sich hier weniger um einen Lehrgang als um eine lang gezogene Prüfungsveranstaltung handelte, die vor allem darauf abzielte, dem einzelnen ein Bild seiner eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, um sich selber klarer einzuschätzen und an sich selbst weiter zu arbeiten. Es handelte sich keineswegs um Wissensdrill, und man hat es hier auch nicht mit einer autoritären Pädagogik zu tun, sondern um eine Methode, die auf subtile Weise den einzelnen zwang, »politische Haltung und weltanschauliche Klarheit« in Rundgesprächen vor der Gruppe unter Beweis zu stellen.108 Das Beispiel zeigt auch, dass das Bestehen eines solchen Lehrgangs eine gründliche Vorbereitung voraussetzte. Der Schwerpunkt der Schulungsarbeit verlagerte sich daher zunehmend auf die Schulungsgemeinschaften. Wie ernst man diese Vorbereitungsarbeit im Einzelfall nehmen konnte, lässt sich am Beispiel des Amtes IV des RSHA – die zentrale Leitung der Gestapo – verdeutlichen. Hier erging im Dezember 1941 die Anordnung, dass sich alle Führeranwärter des Amtes für vier Monate jeden Freitag von 16.30 bis 18.30 in einer AG zusammenzufinden haben, um sich gemeinsam auf das Führerlager vorzubereiten. Die Leitung der AG hatte Albert Hartl von der Amtsgruppe IV B inne. In 17 Doppelstunden sollten sich die Teilnehmer die Grundlagen eines weltanschaulichen Curriculums für Fortgeschrittene erarbeiten; dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass in der Arbeitsgemeinschaft unter Leitung von Experten im Führungsrang vorwiegend Rundgespräche bei »möglichst starker Heranziehung und Beteiligung aller« erfolgten, während die Aneignung des »reinen Wissens- und Gedächtnisstoffes« von jedem einzelnen zu Hause zu leisten war. Das Themenspektrum reichte von historischen Stoffen (germanische Vor- und Frühgeschichte, Heinrich I, Der 30jährige Krieg, Bismarck) über Geschichte, Aufbau und Programm von NSDAP und SS bis zu geopolitischen Fragen der Gegenwart (einschließlich »Kolonialfragen« und »Neuordnung im Osten«), und natürlich standen auch Themen wie Rassenlehre, Erbgesundheitspflege, der SS-Sippengedanke und die welt-
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anschaulichen Gegner des Nationalsozialismus auf dem Programm. Über »weltanschauliche Grundlagen und Gegner« des Nationalsozialismus referierte Hartl selbst, weitere Referenten waren Friedrich Panzinger (Geopolitik), Dr. Jonak (Geschichte), Dr. Weinmann (Rassenlehre und Erbgesundheitspflege) und andere Führungskräfte der Amtsgruppe IV. In der 18. Doppelstunde waren schriftliche Abschlussarbeiten vorgesehen, danach sollte eine Vorauslese für die Zulassung zum Führerlager erfolgen; regelmäßige Teilnahme an der AG war eine Zulassungsvoraussetzung.109 Die Mitarbeiter der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes, die einen Führerrang anstrebten, müssen daher unter einem erheblichen Leistungsdruck gestanden haben, der zudem noch durch die wachsenden Ansprüche während des Krieges ständig gesteigert wurde. Nicht alle waren diesem Druck gewachsen. Für Kandidaten, die die Prüfung nicht bestanden, wurden eigens Wiederholungslehrgänge abgehalten; den Anwärtern wurde genügend Zeit eingeräumt, um sich erneut vorzubereiten.110 Die Pflicht zur Vorbereitung bewirkte einen zusätzlichen Druck, an einer außerdienstlichen Schulung teilzunehmen; Anwärter, die nicht mit ausreichendem Ergebnis oder gar nicht an einer Schulungsgemeinschaft teilgenommen hatten, wurden gar nicht erst zum Führerlager zugelassen.111 Noch mehr Aufwand betrieb das Amt VII des RSHA, das als Amt für »Gegnerforschung« besonders hohe geistige Ansprüche an seine Mitarbeiter stellen musste. Der Amtschef, Franz Six, befahl für die Führeranwärter die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft zur Vorbereitung auf den weltanschaulich-politischen Teil der SS-Führerprüfung, die sich vom 1.2. bis 31.7.1942 einmal die Woche treffen sollte. Auch hier wurde eine seminaristische Form mit größeren Referaten (45 Minuten) und anschließenden Rundgesprächen angestrebt. Den Lehrplan stellte Paul Dittel vom Amt VII C (Archiv, Museen und wissenschaftliche Sonderaufträge) zusammen, die Lehrkräfte kamen im Wesentlichen aus dem Führungspersonal des Amtes: Ostubaf. Mylius, 5 Vorträge: Spionage und Sabotage. Hoch- und Landesverrat. Vorsatz und Fahrlässigkeit. Vorbeugende Verbrechensbekämpfung. Die Disziplinarstraf- und Beschwerdeordnung der SS-Gerichtsbarkeit. Stubaf. Schick, 3 Vorträge: Die Vorläufer des Nationalsozialismus. Die wichtigsten Gedanken im Buche des Führers ›Mein Kampf‹. Die Bedeutung der SD-Arbeit auf den Lebensgebieten. Stubaf. Hans Richter, 2 Vorträge: Die Geschichte der NSDAP. Das Leben des Führers Stubaf. Mehringer: Der nationalsozialistische Rassengedanke und seine Gegner. Stubaf. Burmester, 4 Vorträge: Geschichte der SS. Geschichtliche Entwicklung der deutschen Polizei in Grundzügen. Aufgaben der SS und Polizei. Gliederung und Aufbau der SS und Polizei. Hstuf. Franke-Gricksch, 3 Vorträge: Die Pflichten des SS-Mannes und SS-Führers. Der Sippengedanke – Grundlagen und Folgerungen. Die wichtigsten nationalsozialistischen Grundgesetze und ihre weltanschaulichen Voraussetzungen. Hstuf. Stein, 2 Vorträge: Die wichtigsten Werke des nationalsozialistischen Schrifttums. Die Werke Rosenbergs, Darrés und Günthers. Hstuf. Ehlers: Die Freimaurerei.
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Hstuf. Rudolf Richter, 2 Vorträge: Das Parteiprogramm und seine Verwirklichung. Aufbau, Gliederung und Aufgaben der NSDAP und ihrer Gliederungen. Pg Duchêne: Der konfessionelle Gegner. Ustuf. Steudle: Die Aufgaben des RFSS als RKF.
An der Arbeitsgemeinschaft nahmen sechs Führeranwärter und acht Sachbearbeiter eines Fortbildungskurses teil, die zuvor schon eine Schulungsfolge über Themen der Geschichte und Außenpolitik besucht hatten.112 Für die Schulungsgemeinschaften stellte die für Nachwuchs und Erziehung zuständige Abteilung des Amtes I im RSHA ein Kompendium aus 23 »Grundrissen« auf über 200 Seiten zusammen, zum Teil mit Texten, die noch aus den Leitheften des Jahrgangs 1936/37 stammten.113 Ähnlich war es in anderen Sipo/SD-Stellen. In Stuttgart zum Beispiel gab der IdS eine Schrift mit dem Titel »Was ich über die Untersturmführerprüfung wissen muß« heraus, die neben dem erwähnten Bericht über den Lehrgang in Prag, der dem Leser als Anschauungsmodell diente, ein weiteres Verlaufsmuster für eine Prüfung sowie ein Schulungskompendium von 210 Seiten enthielt; davon entfielen über 50 Seiten allein auf die deutsche Geschichte.114 Der IdS Stettin brachte ein eigenes Schulungsblatt heraus, das einmal im Monat erschien und alle erdenklichen Themen behandelte, aber im Schwerpunkt geopolitisch ausgerichtet war; die Blätter des 3. Jahrgangs (1942) brachten in Fortsetzung Auszüge aus dem Werk »Amerika« des Wirtschaftspolitikers Paul Bang, Hauptautoren waren aber der Lehrer Walter Haynberg mit Beiträgen über den osteuropäischen Raum und der Studienrat Dr. Heinz Rogge aus Köslin mit Fortsetzungsfolgen über den »britischen Imperialismus« und den »tschechischen Geschichtsmythos«.115 Der IdS Hamburg brachte 1941 Schulungsmaterialien für die Leiter von Schulungsgemeinschaften und »Merkblätter« für die Teilnehmer an Arbeitsgemeinschaften zur Vorbereitung auf die Führerlager heraus, die in ihrer Gesamtheit ein ähnlich umfangreiches Kompendium wie die Zusammenstellung des IdS Stuttgart ergeben. Bis Anfang 1942 erschienen 10 Merkblätter, zuletzt zu den Themen »Freimaurerei«, »Politischer Katholizismus« und »Christentum und Kirche als weltanschauliche Gegner«, verfasst von Dr. Hermann Trog, Oberstudienrat in Hamburg-Altona und zu diesem Zeitpunkt als Obersturmführer Mitarbeiter des IdS. Trog hatte zuerst Germanistik studiert und 1924 mit der Arbeit »Rahel Varnhagen und die Romantik« in Kiel promoviert, schloss später aber noch ein religionswissenschaftliches Studium an und promovierte 1934 mit einer theologischen Dissertation über die »Religionstheorie der Psychoanalyse«, die als »Kritik und Widerlegung dieser vom jüdischen Geist erfüllten Theorie« angelegt war.116 Für das Merkblatt über »Das Judentum« griff man auf eine Ausarbeitung von Heinz Ballensiefen zurück, Judenreferent im Berliner RSHA und Herausgeber von »Informationsberichten zur Judenfrage« für die Schulungsarbeit.117 Das Merkblatt 4 »Staatsgrundgesetze und andere wichtige Gesetze des nationalsozialistischen Staates« verfasste der Schulungsreferent beim IdS Hamburg Emil Evert. Evert war Oberlehrer und Fachlehrer für Leibesübungen und körperliche Erziehung am Staatlichen Studienseminar Altona. Von ihm stammte auch der mit 66 Seiten schon recht umfangreiche »Druckbogen für eine Schulungs-
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gemeinschaft über den Rassegedanken und seine gesetzliche Gestaltung«, den das RSHA danach mit geringfügigen Änderungen als Schulungsschrift übernahm. Vermutlich stammt von ihm auch ein weiterer »Druckbogen« über »die Grundlagen und den Aufbau des nationalsozialistischen Reiches«.118 1941 veranstaltete der IdS Hamburg mehrere Wochenendlehrgänge zur Vorbereitung auf die SS-Führerlager, auf denen das »Grundcurriculum« noch einmal im Zusammenhang durchgenommen wurde: Das erste Wochenende behandelte die Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung sowie Aufbau, Gliederung und Aufgaben von NSDAP, SS und Polizei als den Trägern dieser Weltanschauung, der 2. Wochenendlehrgang war ausschließlich geschichtlichen Themen gewidmet, der dritte der »Gegnerkunde« und Verbrechensbekämpfung.119 Auch hier wurde eine beachtliche Weiterbildung betrieben. Im 2. Lehrgang etwa wurden diese Themen (mit Literaturangaben) behandelt: 1. Grundlagen der germanischen Frühgeschichte (Kosinna) 2. Gestalten der germanisch-deutschen Geschichte (Pastenaci, Die großen germanischen Führer) 3. Heinrich I. (J. Schaffner) 4. Martin Luther und die deutsche Reformation (Gehl, Deutsche Geschichte) 5. Die Gegenrevolution und der 30jährige Krieg (Gehl) 6. Otto von Bismarck (F.O.H. Schulz) 7. Das Werden Großdeutschlands (Merkblatt) 8. Die Vorläufer des Nationalsozialismus (Mein Kampf) 9. Das Leben des Führers (Mein Kampf) 10. Geschichte der NSDAP (Dr. Hans Volz)
Darüber hinaus gab der IdS Hamburg laufend »Aktuelles Schulungsmaterial für die Leiter von Schulungsgemeinschaften« heraus, das hauptsächlich über politische und geopolitische Ereignisse und Entwicklungen unterrichtete und etwa dreimal im Monat erschien. Rechtzeitig zu Beginn des Angriffs gegen die Sowjetunion erschien im Juni 1941 ein Heft über Russland.120 Vermutlich ließ sich die Intensität dieser Schulungsarbeit im weiteren Verlauf des Krieges nicht aufrechterhalten. 1943 wurden die Führerlehrgänge in Prag, auf die ja all diese Arbeits- und Schulungsgemeinschaften bei den IdS vorbereiten sollten, »vorübergehend« eingestellt.121 In einem Rundschreiben vom April 1943 wies Kaltenbrunner die Dienststellen an, trotz der »gesteigerten arbeitsmäßigen Belastung« die »regelmäßige weltanschauliche Schulung« der Sipo-/SD-Angehörigen fortzusetzen und sich besonders derjenigen Dienststellenangehörigen anzunehmen, »die in absehbarer Zeit die Einberufung zu einem Führerlehrgang zu gewärtigen haben«.122 An die Stelle der zentralen Führerlager sollten jetzt Kurzlager bei den Inspektoren und Befehlshabern der Sipo und des SD treten. Ob die bis dahin aufwendig betriebene »Führerschulung« damit zum Erliegen kam, ist aber unwahrscheinlich. Dagegen spricht u. a., dass etwa das Amt IV des RSHA noch Ende Juni 1943 die Bildung einer neuen Schulungsgemeinschaft zur Vorbereitung von SS-Führeranwärtern
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des Amtes ankündigte, die sich unter Leitung von Friedrich Panzinger wieder zweimal die Woche treffen sollte. Auch der IdS Hamburg beispielsweise führte im Sommer 1943 noch Kurzlager »zur Feststellung der Eignung als SS-Führer/Führer Sipo« durch.123 Wie es scheint, wurde in der Sicherheitspolizei kein System laufender monatlicher und wöchentlicher Schulung eingeführt, wie es in der Ordnungspolizei seit 1937 bzw. 1940 aufgebaut worden war. Stattdessen bildeten die Führerlager und die Schulungsgemeinschaften zur Vorbereitung auf die Lager und Prüfungen neben den regulären Lehrgängen das wichtigste Medium weltanschaulicher Schulung und Erziehung in der Sicherheitspolizei. Sicherheitspolizei und SD nahmen in dieser Hinsicht eine gewisse Sonderstellung in Himmlers »Imperium« aus SS und Polizei ein. Auffallend ist auch, dass das RSHA die weltanschauliche Schulung in seinem Bereich weitgehend eigenständig organisierte, während die Schulungsmaterialien für die Ordnungspolizei größtenteils vom SS-Hauptamt übernommen wurden und die allgemeinen Richtlinien für die weltanschauliche Schulung in der Waffen-SS faktisch auch für die Ordnungspolizei galten. Sofern es eine Zusammenarbeit zwischen RSHA und Schulungsamt gab, bestand sie zumeist in der Bereitstellung von Informationsmaterialien des SD für das Schulungsamt. Erst im August 1944 ordnete Himmler die Errichtung einer zentralen Abteilung für »weltanschauliche Führung« bei den Stäben der HSSPF an, geleitet von einem »Führer für weltanschauliche Führung«, der dem HSSPF direkt unterstand. Diese Abteilung, nach dem Vorbild der Waffen-SS als »Abt. VI« bezeichnet, sollte jetzt als zentrale vorgesetzte Dienststelle aller Schulungsleiter bei den Befehlshabern der Ordnungspolizei, den Befehlshabern der Sicherheitspolizei und des SD sowie der SS-Oberabschnitte fungieren.124 In den meisten Fällen wurden die Schulungsleiter bei den Befehlshaber der Ordnungspolizei zugleich zu Leitern der Abt. VI bei den HSSPF ernannt, während für die Befehlshaber der Sicherheitspolizei ein eigener Schulungsleiter eingesetzt wurde.125 Im Amt C I des SS-Hauptamtes entstand eine Abteilung für »Auswahl, Ausbildung und Einsatz des Nachwuchses für das Arbeitsgebiet der Abt. VI bei den Einheiten der Waffen-SS und der Polizei« unter Leitung von Sturmbannführer Hohmüller.126 Gegen Ende des Krieges, im März 1945, als solche Anordnungen längst Makulatur waren, erließ Kaltenbrunner »Richtlinien für die weltanschauliche Erziehung in Sicherheitspolizei und SD«, mit denen die Angleichung an die Schulungsprinzipien vollzogen wurde, die für die Waffen-SS und die Ordnungspolizei schon lange galten. Dies betraf vor allem die Einführung der Monatsschulung, die Durchführung des weltanschaulichen Unterrichts in Schulen und Ausbildungseinheiten auf der Grundlage des vom SS-Hauptamt erstellten »Lehrplans für weltanschauliche Erziehung in SS und Polizei« und der »Handblätter« des SS-Schulungsamtes, die Ernennung von Beauftragten für die weltanschauliche Führung (»WF«), die Verwendung der Leithefte, des »Politischen Dienstes« und der Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes als grundlegendes Schulungsmaterial usw.127 Die »Richtlinien« erschienen in einem Sonderheft des »Befehlsblatts des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD«; vorangestellt war ein Befehl Himmlers vom November 1943, der ganz generell die Gleichrangigkeit von militärischer und weltanschaulicher Führung betonte:
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»Die Fähigkeit, eine Truppe zu führen, werde ich nicht nur nach dem Vermögen, eine gute, waffenmäßige Ausbildung zu vermitteln, taktisch und soldatisch richtige Entschlüsse im Kampf zu fassen, tapfer und anständig sich als Führer im Kampf zu verhalten, bemessen, sondern ebenso sehr nach dem Vermögen, jeden einzelnen Führer, Unterführer und Mann zu einem überzeugten, weltanschaulich in jeder Lage krisenfesten Kämpfer zu erziehen, der in guten und schlechten Zeiten des Krieges frisch und ungebeugt steht und ficht.«128
In Kaltenbrunners »Richtlinien« wurden die Führer und Männer der Sipo und des SD noch einmal zu »Trägern des revolutionären Willens der Bewegung« hochstilisiert. Diese Männer müssten, da sie »fast täglich der negativen Beeinflussung durch den Gegner ausgesetzt« seien, »ein außerordentliches Maß von Härte und Krisenfestigkeit aufbringen.« Die Richtlinien beschworen das Idealbild des harten, gläubigen Weltanschauungskämpfers, der selbständig und aus eigener Initiative zu handeln vermag, gerade auch unter Bedingungen zerfallender Organisations- und Befehlsstrukturen. Dies erschien nur möglich auf der Grundlage einer festen, innerlich geteilten Weltanschauung und durch das Vorbild eines Dienststellenleiters, der mehr als nur ein Amtsleiter war: »Die Kommandeure müssen durch Fanatismus und Gläubigkeit ihre Führer und Männer hinreißen. Von ihnen muß jene Kraft ausgehen, die weit über das bürokratische Vorgesetztenverhältnis hinausgeht und ihre Männer zu freien, selbständigen Trägern der Gedanken der Bewegung und der SS macht.« Selbständiges Handeln, und damit auch die Delegation von Verantwortung, bedingten ein sicheres Urteilsvermögen, das sein Fundament nicht allein in einer soliden fachlichen Ausbildung haben konnte, sondern ebenso sehr ein festes weltanschauliches Fundament erforderte: »Die gesamte fachliche Ausbildung der Angehörigen von Sich.Pol. u. SD [sic] kann von der weltanschaulichen Erziehung nicht losgelöst werden. Jeder SS-Führer, überhaupt jeder Angehörige der Sich.Pol. u. des SD, kommt in die Lage, aus seinem Gewissen und seiner Gesinnung heraus selbständig handeln zu müssen, mag er sich noch so sehr an Befehle und Vorschriften halten wollen. Selbst die Durchführung gegebener Befehle hängt davon ab, dass der Mann, der sie durchführt, sich persönlich aufs engste mit den Gedanken der SS verbunden fühlt. Der beste Fachmann ist für uns wertlos, ja sogar gefährlich, wenn er nicht von dem politischen und weltanschaulichen Sinn seiner Aufgabe durchdrungen ist. Auch der Jude, der Intellektuelle und der Liberalist kann ein hervorragender Fachmann sein. Die weltanschauliche Erziehung der Angehörigen von Sich.Pol. u. SD ist daher die Grundlage der fachlichen Ausbildung, muß diese durchdringen und sie zur Wirkung bringen.«129
Die näheren Anweisungen und Vorschläge der Richtlinien entsprechen im Wesentlichen denen, die bereits bei der Waffen-SS und der Ordnungspolizei galten: Unterweisung bei jeder sich bietenden Gelegenheit, 14tägige Lageberichte, monatliche Schulungsvorträge »aus dem Gedankengut der Bewegung und der SS«, regelmäßige Schulungen bei den Einsatztruppen, Feiergestaltungen etc. Nach Himmlers Befehl vom 27.11.1943 war der Kommandeur bzw. Dienststellenleiter für die weltanschau-
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liche Führungsarbeit verantwortlich; zu seiner Unterstützung sollten jetzt Beauftragte für die weltanschauliche Führung (WF) durch die Amtsgruppe I.C des RSHA eingesetzt werden, und zwar jeweils auf der Ebene der RSHA-Ämter, der BdS, der Einsatzgruppen, der Sipo-Schulen und überall dort, wo eine Dienststelle aus mindestens 15 Angehörigen bestand. Die WF-Beauftragten wurden angewiesen, das Schulungsmaterial des SS-HA zur Grundlage ihrer Arbeit zu machen.130
I.3. Schulungstätigkeiten des SD Wie in allen Einheiten und Ämtern der SS gab es auch im SD eine interne Schulung und Fortbildung. Ein früher Geschäftsverteilungsplan des SD-Hauptamtes vermutlich von 1934 weist in der Abteilung I »Organisation« bereits eine Unterabteilung I.6 »Schulungsleiter« aus.131 Zum Januar 1936 trat ein Gliederungsplan für das SD-Hauptamt in Kraft, der in der Zentralabteilung I.2 »Personal« neben den beiden Abteilungen »Führerpersonal« (I.21) und »Unterführer- und Mannschaftspersonal« (I.22) auch eine Abteilung »Schulung« (I.23) mit den folgenden fünf Referaten vorsah: I.23.11 I.23.12 I.23.13 I.23.14 I.23.15
Weltanschauliche Schulung Wissenschaftliche Schulung Praktische Schulung Sportliche Schulung Verwaltung.132
Über die Arbeit und das Personal dieser Abteilungen und Referate ist jedoch nichts bekannt. Eine Telefonliste der Mitarbeiter des »Sicherheits-Hauptamtes« vom Januar 1938 enthält zwar zahlreiche Mitarbeiter der Zentralabteilung I.2 Personal, sie gehören aber ausschließlich der Abteilung I.21 – Führerpersonal – an, so dass unklar ist, ob die Abteilungen I.22 und I.23 zu diesem Zeitpunkt bereits (oder noch) besetzt waren.133 Eine reguläre, durchgehende Monatsschulung wie sie ab 1937 für die Ordnungspolizei organisiert wurde, verbunden mit dem Aufbau eines Netzes von Schulungskräften, lässt sich weder für den SD noch für die Sipo nachweisen. Aus Arbeitsberichten des SD-Hauptamtes in Berlin geht hervor, dass die interne Schulung während des Dienstes hier weitgehend der Initiative von Abteilungsleitern und Referenten überlassen blieb. Die Referate des Amtes II.1 (»Weltanschauliche Auswertung«) des SD-Hauptamtes beispielsweise erstellten selber Schulungsmaterialien, organisierten Tagungen und Kurse und stellten Vortragsredner für Lehrgänge und andere Einheiten der SS ab, führten aber offenbar nur sporadisch eigene Schulungen für die Mitarbeiter durch. Das Referat 113, in der Abteilung »Weltanschauliche Gegnerforschung« für die »konfessionell-politischen Strömungen« zuständig, meldete für den Zeitraum vom November 1936 bis Februar 1937 lediglich »regelmäßige Abteilungsbesprechungen«; für die Schulung seiner Mitarbeiter sei jeder Referent selber verantwortlich.134 Nach der Errichtung des Schulungsamtes im SS-Hauptamt
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Mitte 1938, das als »sachbearbeitendes Amt für alle Fragen der Weltanschaulichen Schulung der Gesamt-SS« eigentlich auch für die SS-Angehörigen im SD zuständig war, scheint man auch im SD-Hauptamt mit der Durchführung von Schulungsabenden begonnen zu haben. Das Referat 121 (»Linksbewegungen«) in der Abteilung »Politische Gegnerforschung« etwa meldete für das 2. Halbjahr 1938 die Teilnahme der Mitarbeiter an Schulungsabenden, die das SD-Hauptamt offenbar inzwischen in der Emser Straße in Berlin durchführte – das SD-Hauptamt hatte hier ein Logengebäude beschlagnahmt, das vor allem für die Unterbringung der stetig wachsenden Bibliothek genutzt wurde. Das Referat 112 (»Judentum«) kündigte schon Ende 1937 an, im kommenden Jahr zweimal im Monat weltanschauliche Schulungen durchzuführen, aus Mangel an Zeit und Gelegenheit kam es aber weder im ersten noch im zweiten Halbjahr 1938 dazu. In einem Bericht des Referats 122 hieß es: »Die weltanschauliche Schulung innerhalb der Abteilung beschränkte sich darauf, dass den einzelnen Angehörigen Bücher zur Lektüre empfohlen wurden«.135 Beispiele aus den SD-Abschnitten vermitteln jedoch ein anderes Bild. So sind etwa Dokumente des SD-Unterabschnitts Württemberg-Hohenzollern erhalten, die auf einen vergleichsweise intensiven Schulungsbetrieb vor dem Krieg hinweisen. Der Studienassessor Eugen Steimle, damals Stabsführer beim SD in Stuttgart, gab bereits 1936 Schulungsbriefe heraus, die er an die Außenstellen des Unterabschnitts sandte mit dem Vermerk, sie nach gründlicher Durcharbeitung spätestens nach 14 Tagen wieder zurückzusenden. Von Anfang August bis Ende Oktober 1936 erschienen 4 solcher Briefe.136 Das lässt den Schluss zu, dass man bestrebt war, einmal im Monat einen Schulungsabend durchzuführen. Diese Praxis wurde offenbar beibehalten, denn die Stabsbefehle der Leitstelle Stuttgart weisen für die ersten Monate des Jahres 1939 etwa alle vier Wochen einen Schulungsabend für die Sicherheitspolizei aus, an dem auch die Angehörigen des SD teilnahmen. Zum Schulungsabend am 16.1. war Werner Best als Redner zum Thema »Aufgabe und Organe der Staatssicherung« geladen, am 14.3. sprach Arthur Nebe über »Kriminalpolitik im Dritten Reich«. Parallel dazu begann am 25.1. ein ganzjähriger fachlicher Fortbildungszyklus für die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes mit einer Stunde die Woche, in dessen Rahmen auch politische und weltanschauliche Vorträge vorgesehen waren. Der Lehrgang beinhaltete Vorlesungen über Staats- und Verwaltungsrecht, Recht der NSDAP, Strafrecht, Polizeirecht, »politisches Polizeirecht«, sonderpolizeiliche Aufgaben, Kriminaltechnik und -taktik sowie geschichtliche und weltanschauliche Themen und sollte mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung abschließen. Schon nach vier Wochen hatten die Dienststellenangehörigen im Rahmen der fachlichen Schulung eine kurze Arbeit zu drei Themen abzuliefern; ein Thema lautete »Warum fordert der Führer im Parteiprogramm die Ersetzung des römischen Rechts?« Die Vorlesungen fanden anfangs mittwochs, später freitags von 17 bis 18 Uhr im Hörsaal der Technischen Hochschule statt.137 An weiteren Schulungsaktivitäten führte der Unterabschnitt im Mai und Juni 1939 außerdem insgesamt sieben zweitägige Kurzlehrgänge für Außenstellenleiter durch. Für den SD-Unterabschnitt Württemberg-Hohenzollern lässt sich somit eine vergleichsweise intensive Schulungspraxis nachweisen. Sie wurde durch regelmäßigen Sport und Wehrsport (Schiessen und Schwimmen) ergänzt. Dazu kamen besondere
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Ereignisse – im Juni z. B. die Austragung der »Frühjahrswettkämpfe«, die Vorbereitung und Durchführung der Sommersonnwendfeiern (mit Teilnahme der »Frauen und Bräute« und einem gemeinsamen »Singabend« am Vorabend), die Abnahme der Prüfungen für das SA-Wehrabzeichen usw.138 Dass der Unterabschnitt Württemberg-Hohenzollern keine Ausnahme darstellte, zeigt das Beispiel des SD-Unterabschnitts Aachen, der im Mai 1939 eine Folge von Vortragsabenden ankündigte, auf denen Mitarbeiter alle 14 Tage über die verschiedenen Aufgabengebiete sprechen sollten. Der Besuch war für alle Dienst- und Außenstellenangehörigen obligatorisch. Die Planung sah insgesamt 20 Veranstaltungstermine vor, beginnend mit einem Vortrag des SS-Standortführers über »Aufbau, Wesen und Grundgesetze der Schutzstaffeln«, den zweiten Abend sollte der SDFührer des Unterabschnitts mit einem Vortrag über den »Sicherheitsdienst des RFSS« bestreiten, für die weiteren Termine waren Vorträge über so unterschiedliche Themen wie Gesundheitsfragen, »Presselenkung im nationalsozialistischen Staat« (Parteigenosse Eiche vom Gaupropagandaamt Köln), Fahndungstechniken, »Kunstbetrachtung und Kunstkritik«, »Verbrauchsgüterversorgung und Organisation des Einzelhandels« u. ä. geplant.139 Einen Hinweis auf Schulungsaktivitäten gibt u. a. auch ein erhaltener »Grundplan für die Referenten-Besprechungen« des SD Solingen vom Dezember 1942, der unter dem Themenkomplex »Wissensgrundlagen für die SD-Arbeit« als Abschnitt I »Politisch-weltanschauliche Grundlagen« und II »SSmäßige Grundlagen« aufführt. Unter I sollten behandelt werden: »a) Allgemeine weltanschauliche Grundlagen. – Der Weg zum Reich. – Politische Kirche und deutscher Gottglaube (Schulungsreferent). b) Weltanschauliche Grundlagen für die Referatsarbeit (Referent Nr. 1). c) Die weltanschaulichen Gegner und ihr Kampf gegen die politische und völkische Einheit (Außenstellenleiter).«
Um »Weltanschauliche Grundlagen« ging es außerdem noch einmal beim Themenkomplex »Besonderes zum Zeitgeschehen«.140 Im Berliner SD-Hauptamt scheint man eine interne weltanschauliche Schulung dagegen für nicht so wichtig erachtet zu haben, vermutlich weil hier ohnehin Experten mit grundlegenden Themen der nationalsozialistischen Weltanschauung beschäftigt war. Der SD erbrachte selber Dienstleistungen für die Schulungsarbeit in der »Gesamt-SS« und steuerte Vorträge und Schulungstexte für Lehrgänge der Sipo und des SD, aber auch für andere Ämter der SS und die Ordnungspolizei bei. Bereits 1936 war eine Vereinbarung zwischen Schulungsamt und SD-Hauptamt über die Bereitstellung von Materialien und Ausarbeitungen des SD speziell über »Staatsfeinde« für die Schulungsarbeit getroffen worden.141 Zu den Hauptaufgaben des SD, der auf diesem Gebiet ein Deutungsmonopol für sich beanspruchte, gehörte es, »in Schriften und Vorträgen eine Didaktik der Gegnerkunde [zu] erarbeiten«.142 Insbesondere die Abteilung »Gegnerforschung« war daher mit der Erstellung von Schulungsmaterialien befasst, die zwar hauptsächlich für die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter des SD selber erstellt wurden, sie lieferte aber auch zahlreiche Beiträge für das SS-Schulungsamt
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und die Leithefte. Solche Kooperationsbeziehungen bestanden auch während des Krieges fort; so unterhielt beispielsweise die Abteilung III.C 4 (Presse und Schrifttum) des RSHA Verbindungen zum »Schwarzen Korps«, der illustrierten Zeitschrift der SS, und noch im Juni 1944 erwog man im RSHA, das Schulungsamt mit »wöchentlichen Schnellinformationen« durch die Hauptabt. VII B, die aus der Hauptabteilung »Gegnerforschung« des SD-Hauptamtes hervorgegangen war, zu beliefern.143 1938 wurde auch eine Kooperationsvereinbarung zwischen SD und Hauptschulungsamt der NSDAP getroffen. Danach sollte der SD »Ausarbeitungen in Form von Leitheften über alle Grundzüge politischer und weltanschaulicher gegnerischer Strömungen und deren Bekämpfung« zur Weiterleitung an die Gauschulungsleiter zur Verfügung stellen; im Gegenzug sollte der SD die monatlichen Berichte der Gauschulungsleiter zur weltanschaulichen Lage und alle sonstigen nachrichtendienstlichen Meldungen erhalten. Außerdem wurden mehrtägige Kurse des RSHA für die Gauschulungsleiter angekündigt, um eine »einheitliche Grundlage zur Unterrichtung auf dem Gebiet der Gegnerbekämpfung« zu schaffen.144 Vor allem die für die Erforschung der »gegnerischen Weltanschauungen« zuständigen Abteilungen und Referate des SD-Amtes II lieferten seit 1936 und verstärkt nach der Übertragung der zentralen Zuständigkeit für die »Gegnerforschung« auf den jungen, frisch habilitierten Zeitungswissenschaftler Franz Alfred Six durch Heydrich im April 1937 Unterlagen für das Schulungsamt der SS, organisierten Fortbildungsseminare und Lehrgänge und stellten die eigenen Experten für Vorträge in anderen Gliederungen und Verbänden der SS und der NSDAP zur Verfügung.145 Die Mitarbeiter der Abt. »Judentum« (II.112) etwa, die von Herbert Hagen geleitet wurde und der auch Dannecker und Eichmann angehörte, waren in den ersten Jahren ganz überwiegend mit Ausbildungsfragen beschäftigt, mit der Erstellung von Materialien für örtliche SD-Stellen und die SS-interne Schulung sowie der Ausbildung und dem Aufbau eines Netzes von Informanten und Experten.146 Hinzu kamen Dienstleistungen für andere Stellen, z. B. erarbeitete die Abteilung auch einen Schulungsplan über das Judentum für die Ordensburgen der NSDAP.147 Die Vortragstätigkeit der Abteilung erreichte im ersten Halbjahr 1938 ihren Höhepunkt mit 24 Vorträgen der Mitarbeiter, bevor dann die praktischen Aufgaben der erzwungenen Auswanderung und schließlich Deportation von Juden in den Vordergrund rückten. Unter anderem wurden in den ersten Monaten des Jahres 1938 folgende Vorträge von Angehörigen der Abteilung in Schulungseinrichtungen der SS und Polizei gehalten: 15.1. Hagen im Polizeihaus Kurmark über das Judentum 18. + 19.1. Hagen beim Sturmbannführerlehrgang Bernau: Geschichte der Judenfrage; Organisatorischer Aufbau des Judentums und seine praktische Behandlung Außenstellenleiterkurs Bernau: 23.2.38 Eichmann (»Ziel und Methodik in der Lösung der Judenfrage«), Dannecker (»Lage im innerdeutschen Judentum«; Gesetze und Verordnungsfragen auf dem Gebiet des Judentums), 16.3. Dannecker (Judentum) 23.2. Hagen in der Grenzpolizeischule Pretzsch: Organisation des Judentums in Deutschland und die praktische Behandlung der Judenfrage
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2.3. 10.3.
Hagen beim Sturmbannführerkurs in Bernau: Geschichte des Judentums; Organisation des Judentums Hagen in der Führerschule Sipo über das Judentum.148
Die Abt. II.112 beanspruchte für sich eine weit gefasste »sachliche« Definition des Begriffs »Judentum als Gegner des Staates und der Partei«, die sie ihrer Schulungsarbeit zugrunde legte: »Der Jude ist schon als Mensch, bewiesen durch den Unterschied seiner Rasse und damit seines Volkstums, 100prozentiger Gegner des Nationalsozialismus. Dort, wo er versucht, seine Arbeit, seine Wirkung und seine Weltanschauung auf die nicht-jüdische Welt zu übertragen, läuft er aus in gegnerische Weltanschauungen, wie wir sie im Liberalismus, insbesondere in der Freimaurerei, im Marxismus und nicht zuletzt auch im Christentum wiederfinden. Diese Anschauungen entsprechen also im weiteren Begriff der jüdischen Mentalität.«149
In den Jahren 1936/37 entstanden in der Abt. II.112 eine Reihe von »Leitheften« über jüdische und zionistische Organisationen, die den Judenreferenten der SD-Abschnitte als Schulungsmaterial dienen sollten.150 Eichmann selber verfasste das 1936 erschienene Leitheft »Die zionistische Weltorganisation«.151 Er beteiligte sich auch als Vortragsredner an der Schulungsarbeit des SD und hielt noch Ende 1941 einen Vortrag über die »Judenfrage« auf einem Lehrgang an der Schule des SD in Bernau.152 Noch reger war die Vortragstätigkeit, die das Referat 113 »Politische Kirchen« entfaltete – offenbar gab es auf diesem Sektor den größten »Aufklärungsbedarf«. Insgesamt 49 Vorträge hielten die Mitarbeiter allein in der ersten Hälfte des Jahres 1938, hauptsächlich in der SD-Schule Bernau, aber auch in der RuS-Schule Grunewald, vor SS-Führern, Führern der Totenkopfverbände u. a.153 Referatsleiter war Albert Hartl, der auch zusammen mit seinem Mitarbeiter Gerhard Otto die meisten Vorträge in den Jahren 1936-38 bestritt. Otto, der sich im Referat 113 vor allem mit dem Thema »Weltkatholizismus und Weltpolitik des Vatikan« befasste, war Lehrer mit abgebrochenem Theologie-Studium und seit 1930 Mitglied der NSDAP, seit 1932 der SS; 1935 trat er in die Dienste des SD ein, 1936 war er Untersturmführer im SD-Hauptamt, 1938 wurde er zum Abteilungsleiter beim SD-Unterabschnitt Breslau berufen.154 Offenbar folgte er Paul Zapp nach, der 1937 ebenfalls Referent in Hartls Referat war (mit dem Aufgabengebiet »Methodik des praktischen Kampfes« betraut) und im November 1937 als Abteilungsleiter und Stabsführer zum Unterabschnitt Breslau berufen wurde. Zapp hatte bis Februar 1936 die Geschäftsstelle der Deutschen Glaubensbewegung geleitet und kannte sich daher in religionspolitischen Fragen aus. Er spezialisierte sich aber während seiner Arbeit in Breslau zunehmend auf Fragen des Judentums und kehrte später als »Judenexperte« zum RSHA zurück (s. u.). Albert Hartl war für das Beobachtungsgebiet »Politische Kirchen« prädestiniert. Er hatte 1929 die Priesterweihe empfangen und war Lehrer an einem katholischen Seminar gewesen, wurde aber 1934 aus politischen Gründen suspendiert und exkommuniziert und fand danach Aufnahme bei der SS und beim SD.155 Spätestens seit 1935
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wurde er als Redner bei Schulungslehrgängen der SS eingesetzt. Um einen Eindruck von der Vortrags- und Schulungstätigkeit des Referates zu vermitteln, sei hier die Vortragsliste für die Zeit vom 1.11.1936 bis 15.2.1937 wiedergegeben: 1.11.36 OStuf. Hartl vor den Landesbauernführern der LBS Sachsen 2.11. Hartl: Beamtennachwuchsabteilung des Braunen Hauses in München-Tutzing 4.11. UStuf. Otto: HJ-Führerschule Potsdam 9.11. Otto, Hartl, Scharf. Jakobs und Rottenf. Altinger: SD-Schule Bernau 10.11. UStuf. Gahrmann: SD-Schule Bernau 12.11. Hartl vor SA-Führern im Kameradschaftshaus in der Schadowstraße 15.11. Hartl vor den Führern des SS-Abschnitts V in Essen 18.11. Hartl: SS-Ärzte-Lehrgang 19.11., 26.11., 3.12. Hartl vor SS-Führern in der RuS-Schule des RuSHA 4.12. Hartl vor Führern der SS-Totenkopfverbände 6.12. Hartl auf der Führerbesprechung des SS-Abschnitts XXX in Bochum 8.12. Hartl: Vortrag vor Führern der Leibstandarte in der Schule des RuSHA 9.12. Hartl: Reichsführerschule der SA 10.12. Hartl: Beamtennachwuchsabteilung des Braunen Hauses, Tutzing 11.12. Hartl: HJ-Führerschule Potsdam 13.12. Hartl: SS-Abschnitt 17 Münster 17.12. Otto: Führer der Leibstandarte in der Schule des RuSHA 17.12. Otto: HJ-Führerschule Potsdam 12.1.37 Hartl: SS-Führer im Haus der Jugend 19.1. Hartl: N.S.-Lager für Beamte, Tutzing 12.2. Hartl: Gemeinschaftslager Hanns Kerrl, Jüterbog 11.2. Scharf. Zapp: Sonderkommando des RuSHA in Kyritz 13.2. Hartl: Ordensburg Vogelsang 15.2. Hartl: N.S.-Lager für Verwaltungsbeamte156
Das Beispiel verdeutlicht, dass der SD keineswegs nur mit sicherheits- und nachrichtendienstlicher Beobachtung und Berichterstattung befasst war, sondern zu dieser Zeit auch eine substantielle Rolle in der Schulungsarbeit der SS und anderer Gliederungen der Partei spielte. Dies gilt auch für die anderen Referate der Abteilung »Gegnerforschung«. Der Leiter des Referates 121 »Marxismus« zum Beispiel, der Studienassessor und Hauptsturmführer Martin Wolf, hielt von Oktober 1937 bis Februar 1938 mindestens fünf mal Vorträge über Marxismus und Bolschewismus vor Polizeioffizieren und Polizeischulungsleitern in Babelsberg. Im März 1938 weilte er zu einem Vortrag auf einer Schulungstagung des SS-Oberabschnitts Ost in Küstrin, Ende Juni 1938 wurde er zur Weiterbildung der Schulungsleiter der österreichischen NSDAP nach Gmunden geschickt.157 UScha. Mühler vom Referat 122 »Mittelbewegungen« (»Reaktion«) hielt Vorträge in der SD-Schule Bernau über »Liberalismus, Demokratismus, Pazifismus« usw. Die Abteilungen wurden auch mit der Formulierung von Prüfungsthemen für Lehrgänge und mit Stellungnahmen zu den Ausarbeitungen beauftragt, die ihr Gebiet betrafen. Das Referat 122 legte z. B. im Oktober 1936 als Prüfungsthema fest: »Die Zersetzungstätigkeit der pazifistischen Organisationen
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in Deutschland auf kulturellem Gebiet«. Die interne Schulung geschah hier offenbar hauptsächlich durch eigene Weiterbildung der Mitarbeiter auf der Grundlage von Lektüre-Empfehlungen, einmal die Woche traf man sich zu einer Besprechung von Tagesereignissen: »Durch den Hinweis auf die größeren Grundlinien des Weltgeschehens durch Fragen und kleinere Sonderreferate wurden die Angehörigen der Abteilung für die Weiterarbeit geschult.«158 Auf die Expertenschaft des SD gründete sich offensichtlich auch der Anspruch einer relativen Autonomie in Angelegenheiten der weltanschaulichen Schulung gegenüber dem Schulungsamt der SS. Als im Mai 1936 die erwähnte Kooperationsvereinbarung zwischen SD-Hauptamt und Schulungsamt geschlossen wurde, kündigte Heydrich zwar an, einen SD-Führer zur Ausbildung zum Rasse- und Siedlungshauptamt (RuSHA) zu schicken, der anschließend als leitender Sachbearbeiter für weltanschauliche und »Rasse- und Siedlungsfragen« im SD zuständig sein sollte; außerdem regte er wöchentliche Vorträge durch Referenten des RuSHA im SD an.159 In der Tat gab es eine große Zahl von Schulungsleitern, die gleichzeitig für den SD arbeiteten oder nach einer Tätigkeit für das Schulungsamt zum SD wechselten. Von der Einsetzung eines Sachbearbeiters für die weltanschauliche Schulung beim SDHauptamt ist jedoch nichts bekannt; von Seiten des RuSHA wurde vorgeschlagen, den Rassereferenten »Ost« Hans Albert von Lettow-Vorbeck als Schulungsleiter zum SD-Hauptamt abzustellen, Heydrich lehnte ihn aber als «zu gewandt« ab.160 Unklar ist auch, wie weit eine eigene zentrale Leitung der Schulungsarbeit innerhalb des SD realisiert wurde, die in den Geschäftsverteilungsplänen auftaucht. Die dort Anfang 1938 aufgeführte Abteilung I.23 »Schulung« sollte im Herbst 1939 in der Amtsgruppe I.F des RSHA aufgehen. Eine bedeutsame institutionelle Veränderung ergab sich etwa zur gleichen Zeit mit der Übertragung von Schulungsaufgaben auf die Inspekteure der Sipo und des SD (IdS). Bereits mit Runderlass vom 20.9.1936 war die Einsetzung von Inspekteuren der Sicherheitspolizei in den SS-Oberabschnitten bzw. Wehrkreisen ankündigt worden. Sie sollten auf »verständnisvolles Zusammenarbeiten« mit Zentralstellen der staatlichen Verwaltung, den Gauleitern der NSDAP und den Dienststellen der Wehrmacht hinwirken und um eine »organisatorischen Angleichung« der Behörden der Gestapo und Kripo »besorgt sein«. Die Inspekteure unterstanden aber zunächst noch den Oberpräsidenten der Länder bzw. dem Innenministerium, so dass ihre Wirkungsmöglichkeiten eher mittelbar waren; sie hatten kein sachliches Weisungsrecht gegenüber Stapo- und Kripo-Leitstellen, sondern nur allgemeine Koordinations- und Aufsichtsfunktion.161 Dies waren aber ohnehin vorerst nur Absichtserklärungen, denn die ersten Inspekteure nahmen ihre Arbeit erst im Dezember 1937 und Februar 1938 auf (in München und Hamburg)162. In Zusammenhang mit seinen Plänen zur forcierten Verschmelzung von Sipo und SD unter der Führung des SD schlug Schellenberg im Februar 1939 vor, als Inspekteure grundsätzlich die Oberabschnittsführer des SD einzusetzen. Schellenberg empfahl außerdem, bei den »SDFührern und Inspektoren der Sicherheitspolizei im Bereich des HSSPF« einen »inspektionell führungsmäßigen Arbeitsstab« aufzustellen, dem jeweils ein Schulungsreferent aus den Reihen des SD angehören sollte.163 Ein Erlass Heydrichs vom September 1939 folgte diesem Entwurf weitgehend. Die Kompetenzen des IdS
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wurden präzisiert, seine Stellung wurde gestärkt, die Vorrangstellung des SD und damit der SS gesichert. Heydrich befahl die Umwandlung der Inspektorenstellen in Inspekteure der Sipo und des SD und ihre Besetzung mit SD-Führern. Dies bedeutete eine Verstärkung des ideologischen Einflusses des SD auf die Sicherheits- und insbesondere die Kriminalpolizei. Dieser Einfluss erfuhr eine weitere Akzentuierung durch Anordnungen vom 22.1. und 12.6.1941, die die Leitungsaufgaben der Staatspolizeistellen und der Kriminalpolizeileitstellen den Inspekteuren übertrugen.164 Die IdS unterstanden unmittelbar den Höheren SS- und Polizeiführern, die ebenfalls im September 1939 institutionalisiert wurden, und die als höchste Repräsentanten Himmlers die Einheit von SD, Sipo und Orpo auf der Ebene der Wehrkreise verkörperten. Heydrichs Erlass vom 23.9.1939 betonte die erzieherische Rolle des IdS als »persönlicher Führer, Erzieher und Betreuer« aller Angehörigen von Sipo und SD.165 In einer Dienstanweisung vom 19.12.1939 wurde dem Stab der IdS deshalb ein »Sachbearbeiter für Schulungsangelegenheiten« zugeordnet. In einer »Ergänzenden Dienstanweisung« vom 1.2.1940 wird noch einmal die erzieherische Aufgabe der IdS betont: »Sie sind die persönlichen Beauftragten des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD in ihrem Aufgabenbereich und die persönlichen Führer, Betreuer und Erzieher der ihnen unterstellten Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD.… Der Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD hat für einheitliche und gleichmäßige weltanschauliche und SSmäßige Schulung sowie für die körperliche Ausbildung und Waffenausbildung der Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD in seinem Bereich nach den vom Chef der Sicherheitspolizei und des SD erlassenen Richtlinien zu sorgen.«166
Damit wurde mit Verzögerung eine Entwicklung nachvollzogen, die bei der Ordnungspolizei schon 1937 mit der Ernennung von Polizeischulungsleitern eingesetzt hatte. Anfang 1940 dürften bei allen Inspekteuren und Befehlshabern der Sicherheitspolizei und des SD entsprechende Sachbearbeiter- bzw. Schulungsreferentenstellen geschaffen worden sein. Sie wurden als Dozenten und Prüfer auf den Auslese- und Führerlehrgängen des Jahres 1940 in Pretzsch und Bernau eingesetzt. In späteren Erlassen und Ausbildungsrichtlinien des RSHA werden sie auch als »Ausbildungsleiter« bezeichnet.167 Über das Personal und die weitere Arbeit dieser Schulungsreferenten ist so gut wie nichts bekannt. Anhand einiger Personalakten lassen sich aber doch einige Personen ermitteln, die diese Funktion wahrnahmen:168 Erwin Dörnte, promovierter Jurist, in den 20er Jahren Mitglied des Jungdeutschen Ordens, seit 1933 Angehöriger der SS, bis 1938 Schulungsleiter beim Oberabschnitt Fulda-Werra, im Juni 1938 wurde er als hauptamtlicher Wirtschaftsreferent beim SD-Oberabschnitt in München eingestellt, 1940 war er Schulungsreferent im Obersturmführerrang beim IdS in Dresden. Max Drexel, bis zum hauptamtlichen Eintritt in den SD Volksschullehrer in Leonberg; im Januar 1933 mit 18 Jahren in die SA eingetreten, 1936 zum SD und zur SS gewechselt; er war Ausbilder bei der HJ und hatte bereits Wehrsportkurse und weltanschauliche Lehrgänge auf Führerschulen der HJ besucht; Drexel war Schulungsreferent beim SD in Stuttgart.
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Siegfried Engel, promovierter Historiker und Studienreferendar, 1931 Mitglied des Nationalsozialistischen Studentenbundes, seit 1932 Mitglied der NSDAP und der SA, 1936 der SS, war Everts Vorgänger als Schulungsleiter beim IdS Hamburg, bis er im April 1940 mit der Einsatzgruppe Sipo/SD nach Norwegen kommandiert wurde. Emil Evert, Oberlehrer in Hamburg und Seminarlehrer für Leibeserziehung in Altona, seit 1933 Angehöriger der SS und der NSDAP, war 1940 Schulungsleiter beim IdS Hamburg. Hermann Hubig, promovierter Jurist, seit 1933 Parteimitglied, 1935 Eintritt in die SS, Ende 1936 Verpflichtung für den SD beim Oberabschnitt Stuttgart, dann Leiter des Referats II.213 im SD-Hauptamt, 1939/40 Obersturmführer und Sachbearbeiter für Schulungsangelegenheiten beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Prag.169 Hans-Joachim Knigge, nach Examen an der Hochschule für Leibesübungen in Berlin als Sportlehrer und Referent im Sportwesen tätig, 1933 Beitritt zum Nationalsozialistischen Studentenbund und zur SS, vermutlich 1938-1941 Referent für Schulung und Leibeserziehung beim IdS München. Heinz Kraus, Studienreferendar, seit 1931 Mitglied der NSDAP, 1936 hauptamtlich als Lehrer für »Rasse- und Raumfragen« an der Gauschule Hessen-Nassau, dann als Leiter des Gauschulungsamtes für die NSDAP tätig, 1940 SS, seit Januar 1940 Schulungsreferent beim IdS Kassel.170 Erich Löbus, Studienrat, Sturmbannführer, noch im Februar 1945 als Schulungsreferent beim BdS Prag eingesetzt.171 Alfred Nickol, Kaufmann, 1926 als 14jähriger Mitglied im Deutschnationalen Jugendbund, Anfang 1931 NSDAP, 1932 SS, Schulungsreferent beim IdS Königsberg, Kommandeur der SD-Schulen Bernau und Bad Rabka. Manfred Pechau, promovierter Germanist und Historiker, Studienassessor in Berlin, 1930 Mitglied des Nationalsozialistischen Studentenbundes, 1931 der SA, 1932 der NSDAP, 1937 ehrenamtlicher Mitarbeiter des SD, 1940 Schulungsreferent beim IdS Berlin. Fritz Scheu, Ingenieur, Zugführer und Lehrer an der Bezirksschule Süd-West des FAD für staatspolitischen Unterricht, 1935 Leiter der Abt. Presse und Schrifttum beim SD Südwest, 1940 Hauptsturmführer und vermutlich Schulungsreferent beim SD in Stuttgart.172 Karl Schnittert, abgebrochenes Medizinstudium, anschließend 1926 zur Polizei, 1936 Polizeihauptmann; 1923 SA, 1931 SS, Gauschulungswart der NSDAP, vermutlich 1939 Polizeischulungsleiter beim IdO Reichenberg.173 Dr. Hermann Trog, promovierter Germanist und Theologe, Oberstudienrat, Untersturmführer beim SD-Hamburg, vermutlich 1942 Schulungsreferent beim IdS Hamburg.174 Paul Zapp, kaufmännischer Angestellter, Leiter der Geschäftsstelle der Deutschen Glaubensbewegung, 1934 Eintritt in die SS und den SD, Referent der Abt. II.113 im SD-Hauptamt, 1940 vermutlich Schulungsreferent beim BdS in Krakau.175
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Paul Zapp war von Mai bis Dezember 1940 mit der Organisation und Leitung der weltanschaulichen Schulung für die Sipo und den SD zunächst in Schlesien und danach auch im Generalgouvernement beim BdS Krakau beauftragt. Im Juni 1940 hatte das RSHA die Einsetzung eines »Ausbildungsleiters« beim BdS Krakau angeordnet – eines der wenigen Dokumente, das auch eine Aufgabenbeschreibung enthielt. Sie umfasste die weltanschaulich-politische Schulung und »fachliche Weiterbildung« aller im Generalgouvernement tätigen »SS-Führer und -Männer, Beamten und Angestellten der Sipo und des SD«. Weitere Schulungsbeauftragte sollten bei den Kommandeuren der Sipo/SD eingesetzt werden. Als mögliche Themen für die Schulungsarbeit unter den besonderen Verhältnissen des besetzten Polens und des »Osteinsatzes« wurden u. a. die Geschichte des polnischen Volkes und Staates, die Volksgruppen Osteuropas, der ostdeutsche Wirtschaftsraum und der Katholizismus, aber auch Vernehmungs- und Fahndungstechniken genannt. Von besonderer Bedeutung für den Osteinsatz erschien die »staatspolizeiliche Behandlung der Judenfrage (Grundsätze der Rassenlehre, Rassenkunde der Juden, Nürnberger Gesetze, Verordnungen und Erlasse über die Judenfrage und ihre praktische Durchführung)« – vor diesem Hintergrund dürfte Zapp, der sich ja vorher beim SD hauptsächlich mit der »politischen Kirche« beschäftigt hatte, auch zum Experten für die »Judenfrage« geworden sein. Für die Durchführung der Schulung sollten AG’s aus maximal 25 Teilnehmern gebildet werden, die sich jeweils drei bis vier Monate für eine bis eineinhalb Stunden treffen sollten, um einen »in sich abgeschlossenen Stoff« zu behandeln; nach den Unterrichtsstunden sollten jeweils Druckbögen des Amtes I.F 3 zur Wiederholung und Vertiefung verteilt werden. Die Teilnahme an der Schulungsarbeit war »dienstliche Pflicht«.176 Nach den Beschlüssen vom Frühjahr 1940, die die Neuorganisation des Ergänzungswesens von Sipo und SD, die neue Laufbahn des leitenden Dienstes und die Einrichtung von Auslese- und Führerlehrgängen betrafen, bildeten die Schulungsreferenten die »Träger des Ergänzungswesens«.177 Sie waren für die Nachwuchswerbung und -gewinnung und alle Ausbildungsangelegenheiten im Inspektionsbereich zuständig. Sie hatten die Bewerbungen für den leitenden Dienst zu sichten und die Vorprüfung der Kandidaten zu organisieren, die über die Zulassung zur Laufbahn und die anschließende Entsendung nach Berlin entschied; sie organisierten die Ausleselager, und sie waren für die Organisation der Schulungsgemeinschaften und die Anmeldung zu den Führerlagern an den SD-Schulen zuständig. Sie wurden auch als Lehrer zu den zweimonatigen Kurzlehrgängen für Ersatzkräfte aus der Waffen-SS abgeordnet, die von November 1940 bis Januar 1941 in Bernau und Pretzsch stattfanden. Die Schulungsreferenten waren neben der Organisation von Schulungsveranstaltungen auch für die Zusammenstellung des Schulungsmaterials verantwortlich, das im jeweiligen SD-Bereich zur Verwendung kam, einige erstellten auch eigene Schriften – der Hamburger Schulungsreferent Emil Evert war zum Beispiel Verfasser der Schrift »Der Rassegedanke und seine gesetzliche Gestaltung«, die als Heft 1 der Schriftenreihe zur »politischen und weltanschaulichen Erziehung der Sipo und des SD« erschien.
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Nur am Rande sei noch erwähnt, dass der SD auch Experten in seinen Reihen hatte, die sich mit der sicherheitsdienstlichen Überwachung auch des allgemeinen Erziehungs- und Bildungswesens beschäftigt. So existierte 1936 im Amt II.2 »Deutsche Lebensgebiete« ein Referat »Erziehung«, geleitet von Gerd Schulte.178 Das Referat wurde später im Amt III C »Kultur« des RSHA als Abteilung 2: »Erziehung und religiöses Leben« bzw. »Wissenschaft und Erziehung« fortgeführt. Die Hauptabteilung »Kultur« bzw. »Kulturelles Leben« leitete seit 1936 Wilhelm Spengler, ein Gymnasiallehrer, der mit einer Arbeit über »Das Drama Schillers« promoviert hatte. Das Erziehungsreferat leitete seit Januar 1940 Heinrich Seibert, Studienassessor für Deutsch, Geschichte und Englisch, und, als Seibert zur Wehrmacht einberufen wurde, Rudolf Böhmer, Studienrat für Deutsch, Geschichte und Erdkunde. Beide waren zuvor beim SD in Bayern tätig: Seibert als Kulturreferent beim Oberabschnitt Süd in München, Böhmer als Referent beim SD-Abschnitt Bayreuth.179 In diesem Zusammenhang wäre auch die Abteilung III. C 4 »Presse und Schrifttum« zu erwähnen. Die Abteilung lieferte Beiträge für das »Schwarze Korps« und dürfte auch für die Erstellung von Bildmaterial für die Schulungs- und Propagandaarbeit zuständig gewesen sein. 1942 erging beispielsweise ein Aufruf an alle Angehörigen der Sipo und des SD um Mithilfe bei der Beschaffung von Einsatzberichten und Bildmaterial, die für Propagandazwecke und bei der Nachwuchsrekrutierung Verwendung finden sollten. Unter anderem wurde um Einsendung von Aufnahmen »zum Beispiel bolschewistischer Elendsbehausungen oder Untermenschentypen usw.« gebeten.180
I.4. Die Abteilung »Erziehung, Ausbildung und Schulung« im RSHA Mit der Bildung des RSHA sollte aus den zentralen Schulungsabteilungen des SDHauptamtes und des Hauptamtes Sipo ein gemeinsames Amt für Nachwuchs-, Schulungs- und Ausbildungsangelegenheiten entstehen. Die führende Rolle kam dabei dem SD zu, denn mit den Vorbereitungen wurde der Personal- und Verwaltungschef des SD-Hauptamtes beauftragt, und die Leitung wurde von Anfang an SD-Führern übertragen. Wie wir sahen, plante Heydrich im Juli 1939 ein eigenes Amt II »Nachwuchs und Erziehung« im neuen RSHA. Eine Hauptaufgabe des Amtes sollte die Entwicklung einheitlicher Laufbahnrichtlinien und Lehrpläne für die Schulen des SD und der Sipo sein. »Das Amt II«, hieß es weiter im Planungskonzept, »soll neben der eigentlichen Betreuung der Schulen und der Errichtung und Erhaltung eines auf Breitenarbeit ausgerichteten Sportbetriebes vor allem der weltanschaulichen Betreuung und der Erfassung des Nachwuchses dienen.«181 Zum Leiter hatte Heydrich Brigadeführer Dr. Wilhelm Albert bestimmt. Albert war Ingenieur für Elektrotechnik, hatte aber noch ein geisteswissenschaftliches Studium absolviert und 1940 in Erlangen mit einer von der rassenhygienisch-bildungssoziologischen Diskussion der Zeit beeinflussten Arbeit »Auslese, Ausbildung und Beruf: Ein sozialpädagogischer Beitrag auf der Grundlage einer Reihenuntersuchung berufstätiger Erwachsener« promoviert. Er war Freikorpskämpfer, hatte schon seit 1930 für den Nachrichten-
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dienst der NSDAP gearbeitet und war 1932 der SS beigetreten; im Herbst 1933 war er bereits zum Leiter des SD-Oberabschnitts West in Frankfurt aufgestiegen. 1935 wurde er zum Obersturmbannführer ernannt und wenig später mit der Leitung des Amtes für Personal und Verwaltung im SD-Hauptamt betraut, im April 1939 folgte die Beförderung zum Brigadeführer der SS und Generalmajor der Polizei. Albert, der im Sommer 1939 noch an der Planung des neuen Amtes beteiligt war, fiel aber offenbar bei Heydrich in Ungnade, denn er wurde im September 1939 auf den Posten eines geschäftsführenden Polizeipräsidenten nach Oppeln abgeschoben. Damit gerieten aber auch die Planungen für das Amt II »Nachwuchs und Erziehung« erst einmal ins Stocken.182 Im September 1939 musste angesichts des beginnenden Krieges rasch gehandelt werden, und für die Gründung des RSHA galt es pragmatische Lösungen zu finden. Der beginnende Krieg, der Sicherheitspolizei und SD vor neue Herausforderungen stellte, ließ auch nicht mehr genügend Zeit, um so weitreichende Änderungen, wie sie mit dem geplanten Amt II verbunden waren und die vor allem die Laufbahnrichtlinien und Ausbildungsgänge der Sicherheits- und Kriminalpolizei betrafen, zügig in die Tat umzusetzen.183 Die Pläne für ein selbständiges Amt »Nachwuchs und Erziehung« wurden daher im September 1939 aufgrund sowohl personeller als auch struktureller Probleme wieder aufgegeben. Die Entscheidung muss allerdings sehr kurzfristig gefallen sein, denn in einer Besprechung zwischen Schellenberg und Heydrich am 1. September stand das geplante Amt noch nicht zur Disposition, erst in der endgültigen Gliederung des RSHA vom 27. September war es nicht mehr enthalten.184 Stattdessen richtete man in dem von Werner Best geleiteten Amt I (Verwaltung und Recht) eine Hauptabteilung I.F »Erziehung und Nachwuchs« ein. Dabei dürften auch die Pläne für die künftige Besatzungspolitik in Polen eine Rolle gespielt haben. Bei einer Amtsleiterbesprechung im RSHA am 7.9.1939 wurden die Teilnehmer darüber informiert, dass für Polen keine Protektoratsregierung wie in Tschechien, sondern eine »völlig deutsche« Verwaltung vorgesehen sei. Daher sei ein starker Einsatz von Staats- und Kriminalpolizei zu erwarten. Um diesen Einsatz bewältigen zu können, müsse die Nachwuchsfrage so schnell wie möglich gelöst werden – die Errichtung der Amtsgruppe I.F bzw. I.B und die Auseinandersetzungen um die Institutionalisierung der neuen Laufbahn des leitenden Dienstes und der damit verbundenen Laufbahnrichtlinien sind daher auch vor diesem Hintergrund zu sehen. Am 7. und (unter Teilnahme der Einsatzgruppenleiter) am 21.9. wurde in dieser Runde auch besprochen, innerhalb weniger Wochen die polnische Führungsschicht in Konzentrationslager, die Mittelschicht ins künftige Generalgouvernement zu deportieren und die Juden in städtischen Ghettos zusammenzufassen, »um eine bessere Kontrollmöglichkeit und später Abschubmöglichkeit zu haben.«185 Da die Hauptabteilung »Nachwuchs und Erziehung« in Bests Amt I errichtet wurde, dürfte Best auch vorerst die Federführung für die weitere Planung gehabt haben. Die nächsten organisatorischen Konzepte waren nicht mehr primär auf die Vereinheitlichung von Lehrplänen und Ausbildungsgängen ausgerichtet, sondern rückten die weltanschauliche Erziehung als Medium der Verschmelzung von SS und Polizei in den Vordergrund. Der erste erhaltene Geschäftsverteilungsplan des RSHA
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vom Januar 1940 sah neben einer starken Gewichtung von Leibesübungen und »Kampfsport« eine Zweiteilung in »weltanschauliche Erziehung« und »fachliche Schulung« vor: 1. 2. 3. 4.
Weltanschauliche Erziehung Fachliche Schulung Dienstliche Leibesübungen Kampfsport.186
Zu diesem Zeitpunkt stand lediglich Helmut Willich als Amtsgruppenleiter fest. Damit wurde die Führung der Gruppe erneut in die Hände eines erfahrenen SD-Experten gelegt, denn mit Willich wurde ein ehemaliger Mitarbeiter Alberts zum ersten Amtsgruppenchef ernannt. Willich, wie Albert ein alter Kämpfer – er war 1919 beim Grenzschutz und gehörte seit 1931 der NSDAP und der SS an – hatte 1936 die Personalabteilung (I.2) des SD-Hauptamtes geleitet, zu der auch die schon erwähnte Schulungsabteilung (I.2.3) gehörte. Er war 1939 SD-Führer des Unterabschnitts Main-Franken und wurde noch Anfang Dezember des Jahres zum IdS Stuttgart berufen, kann also frühestens Anfang 1940 die Leitung der Amtsgruppe I.F übernommen haben.187 Bis dahin dürfte die Gruppenleitung vakant gewesen sein; wahrscheinlich existierte die ganze Amtsgruppe noch nicht, da sich die meisten späteren Mitarbeiter im Herbst 1939 im sicherheitspolitischen Einsatz, bei der Waffen-SS oder der Wehrmacht befanden. Der erste Geschäftsverteilungsplan vom 1.2.1940 nennt lediglich Willich als Leiter, alle Abteilungen waren zu diesem Zeitpunkt noch »in Umbesetzung«. Man kann daher davon ausgehen, das Willich im Januar oder Februar 1940 sein Amt antrat und zunächst mit der Zusammenstellung des Mitarbeiterpersonals beschäftigt war. Der erste ausgeführte Organisationsplan stammt vom Mai 1940. Er fügte eine zusätzliche Abteilung für »allgemeine Erziehungsfragen« ein und fasste die beiden Sportabteilungen zu einer zusammen. Mit der Abteilung »Allgemeine Erziehungsfragen« sollte eine organisatorische Form für den institutionellen Gesamtzusammenhang des Schulungswesens von Sipo und SD geschaffen werden. Dies signalisiert wieder das vorrangige Ziel einer Integration der Ausbildung von Sipo und SD. Die »Weltanschauliche Erziehung« behielt ihre Bedeutung als inhaltsbezogenes Medium der Integration, daneben rückten aber organisatorische Prozesse in den Vordergrund, die die Schulen, die Arbeit der Schulungsreferenten bei den Inspekteuren und die Führerschulung betrafen. Die fachliche Schulung war weiterhin nach den verschiedenen Sparten differenziert; vor allem hier wurden in der Folgezeit auch Mitarbeiter aus dem ehemaligen Hauptamt Sipo eingesetzt. Inzwischen waren die Abteilungen und Referate zum Teil auch schon personell besetzt: Abteilung I.F Erziehung (15.5.1940):188 Gruppenleiter Willich, Stellvertreter Sandberger 1. Allgemeine Erziehungsfragen: Leiter ?; Referent Hotzel, Stellvertreter und Hilfsreferent Gwosdz, zugeteilt Buss a) Allgemeine Geschäftsführung; b) Führerschule Sipo/SD,
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c) sonstige Schulen, d) Angelegenheiten der Schulungsreferenten und Sportreferenten der Inspekteure sowie der Ausbildungsleiter; e) Ergänzungsfragen, Auslese der Führeranwärter, Untersturmführerprüfung der Sipo und der SD-Lehrgänge 2. Weltanschauliche Erziehung: Leiter Hotzel (Vertr. Gwosdz), Hilfsreferent Drexel a) Weltanschauliche Erziehung des Nachwuchses, b) Weltanschauliche Erziehung Sipo/SD 3. Fachliche Schulung: Leiter Herbst, Vertreter und Hilfsreferent Maly Gestapo, Kripo, Inlands-ND, Auslandsfragen, fachwissenschaftliche Ausbildung des Nachwuchses (wissenschaftliche Ausbildung während der Grundausbildungszeit an den Hochschulen und auf der Führerschule)189 4. Leibesübungen: Leiter v. Daniels (?); Vertr. und Hilfsref. Schänzlin, zugeteilt Hohmann und Bauer a) dienstliche Körperschulung …, b) Wehrsport, c) Schießen, d) Fechten, e) Volkstümliches Turnen und Spiele, f) Schwimmen, g) Schwerathletik, h) moderner Fünfkampf, i) verschiedene Sportarten, k) ärztliche Betreuung und Beratung, l) Berichterstattung
Die wichtigsten Mitarbeiter – das waren vor allem Sandberger und Hotzel – dürften im April ihre Arbeit aufgenommen haben.190 Die Amtsgruppe muss spätestens seit April 1940 funktionsfähig gewesen sein, denn aus diesem Monat sind auch erste Erlasse, insbesondere der Abteilung I.F 1e erhalten. Sie betreffen die »Neuordnung des Ergänzungswesens« und die Führerlehrgänge, die am 20.4.1940 beginnen sollten, weitere grundlegende Ausbildungsvorschriften und Richtlinien zur »Führerlaufbahn« und zur Laufbahn des leitenden Dienstes folgten im Mai 1940. Die Konstitution der neuen Amtsgruppe fällt daher mit der Neuausrichtung der Führerschulung und der erneuten Konzeptualisierung einer gemeinsamen Laufbahn des leitenden Dienstes für Sipo und SD zusammen.191 Die wichtigsten Initiativen der Amtsgruppe gingen deshalb während dieser Anfangszeit auch vom Referat I.F 1e aus. Die eigentliche Verantwortung dieser Initiativen lag bei Sandberger und Hotzel, zwei SD-Führern mit einschlägigen Erfahrungen: Sandberger, ein promovierter Jurist, war Persönlicher Referent für Wissenschaft und Erziehung beim SD-Führer Südwest Gustav Scheel in Stuttgart gewesen, der ihn auch für das RSHA empfahl; Hotzel, der vor seiner Berufung ins RSHA den SD-Unterabschnitt Gumbinnen in Tilsit leitete, war selber von Beruf Lehrer. Auf die Gründungsphase folgte ein zügiger Auf- und Ausbau der Amtsgruppe. Inzwischen hatte Werner Best den maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Ausbildungswesens verloren und im Mai 1940 schließlich das RSHA verlassen; danach wurde das von ihm zuvor geleitete Amt I »Verwaltung und Recht« in die beiden Ämter I »Personal« und II »Organisation, Verwaltung und Recht« geteilt und die Erziehungsabteilung als Amtsgruppe I.B »Erziehung, Ausbildung und Schulung« noch einmal umstrukturiert. Leiter des Amtes I war ab Juni 1940 Bruno Streckenbach, der
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zugleich zum Inspekteur der Schulen von Sipo und SD ernannt wurde. Zum Amtsgruppenleiter I.B wurde Erwin Schulz berufen, nachdem Willich im Oktober 1940 das Amt des IdS in Danzig angetreten hatte. Streckenbach war Gestapochef und bis zum Beginn des Krieges IdS in Hamburg, danach BdS in Krakau; Schulz, 1933 Gestapochef von Bremen, war Anfang 1940 IdS für das Sudetenland in Reichenberg, dann ebenfalls IdS in Hamburg, bevor er im März 1941 nach Berlin berufen wurde. Als Inspekteure waren sie alle mit der Aufgabe der weltanschaulichen Erziehung von Sipo und SD vertraut. Stellvertretender Gruppenleiter blieb bis zu seiner Abkommandierung als Einsatzkommandoleiter im Juni 1941 und seiner anschließenden Ernennung zum KdS Estland Martin Sandberger, danach rückte Hotzel als stellvertretender Gruppenleiter nach. Zu Schulz’ Amtsantritt Anfang März 1941 umfasste die Amtsgruppe vier Abteilungen, von denen zwei übergreifenden Charakter hatten, während die anderen beiden fachlich bzw. nach Sparten differenziert waren. Die Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« rückte wieder an die erste Stelle und schloß jetzt auch die Zuständigkeit für die Führerlehrgänge ein; ihr kam danach die Hauptaufgabe der »SS-mäßigen Erziehung« von Sipo und SD gleichermaßen zu. Dies gehörte auch in den Aufgabenbereich der Abteilung 2 »Nachwuchs«, doch ihre Aufgaben lagen hauptsächlich in der organisatorischen Arbeit. Die Abteilungen 3 und 4 waren für die Lehrplangestaltung der verschiedenen Sparten und Fachgebiete zuständig. Die Lehrplangestaltung nahm inzwischen einen breiten Raum ein, weil sie alle Ebenen der Aus- und Fortbildung betraf und mit Beginn des Krieges neue Aufgaben hinzu gekommen waren wie die Ausbildung der Polizei in den besetzten Ländern oder die Durchführung von Sonderlehrgängen für die Angehörigen der Einsatzgruppen. Die vormalige Abteilung 4 »Leibesübungen« wurde unter Leitung Herbert Edler von Daniels zu einer eigenen Amtsgruppe I.C verselbständigt und schied aus der Amtsgruppe I.B aus. Amtsgruppe I.B Erziehung, Ausbildung und Schulung (1.3.1941): 192 Gruppenleiter Erwin Schulz, Stellv. Sandberger I.B1 Weltanschauliche Erziehung (Engel; Zapp) a) SS-dienstliche weltanschauliche Schulung b) Schulungsbriefe, Informationsmitteilungen und Schriftenversand c) Feierabendgestaltung d) SS-Führerlehrgänge I.B2 Nachwuchs (Hotzel; Thomas) a) Nachwuchswerbung b) Auslese c) Prüfungs- und Beurteilungswesen d) Betreuung I.B3 Lehrplangestaltung der Schulen (Sandberger; Zirpins) a) Verbrechensbekämpfung b) Gegnerbekämpfung c) Inlandsnachrichtendienst
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d) Auslandsnachrichtendienst e) Politik und Geschichte f) Recht g) Lehrmittel I B4 sonstige Lehrpläne (Rennau) a) Fortbildung der Sicherheitspolizei b) Fortbildung des SD c) Kolonialschulung d) Ausbildung der Polizeien unter deutscher Oberhoheit stehender Länder e) Sonderlehrgänge (z. B. für Ergänzungs- und Ersatzkräfte, Einsatz-Gruppen, Auslandsstudenten, Funker)
Einige leitende Mitarbeiter waren neu hinzugekommen. Leiter der Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« wurde Anfang 1941 Siegfried Engel, den Schulz offenbar aus Hamburg nachholte, denn er war dort Schulungsreferent des IdS, bevor er im Mai 1940 mit einer Sipo/SD-Einsatzgruppe nach Norwegen abkommandiert wurde. Engel leitete die Abteilung für nahezu drei Jahre und prägte ihre Arbeit daher maßgeblich. Hotzel, der bis dahin sowohl für die weltanschauliche Erziehung als auch für die »allgemeinen Erziehungsfragen« zuständig war, übernahm die Leitung der Abteilung Nachwuchs, die er bis zu seiner Ernennung zum Amtsgruppenchef im Oktober 1943 innehatte. Nachdem Sandberger aus der Gruppe ausgeschieden war, hatte Hotzel bereits seine Nachfolge als stellvertretender Gruppenleiter angetreten. Die Leitung der Nachwuchs-Abteilung ging im Oktober 1943 von Hotzel an Heinrich Rennau über, der vorher für die »sonstigen Lehrpläne« zuständig gewesen war und gleichzeitig jetzt Hotzels Stellvertreter als Amtsgruppenleiter wurde. Für die Lehrplangestaltung war ab 1941 hauptsächlich Walter Zirpins zuständig. Beide, Rennau und Zirpins, kamen aus der Kriminalpolizei, waren aber gleichzeitig SD-Führer. Zirpins war vor dem Krieg Stabsführer der Führerschule Charlottenburg gewesen. In den Jahren 1941 bis 1943 herrschte ein vergleichsweise hohes Maß an personeller und organisatorischer Kontinuität. 1943 gab es noch einmal eine kleine organisatorische Veränderung, als im Mai des Jahres die Amtsgruppe I.C Leibesübungen wieder aufgelöst und die Aufgaben der Leibesübungen innerhalb des RSHA erneut der Amtsgruppe I.B zugeordnet wurden. Amtsgruppe I.B Nachwuchs, Erziehung und Ausbildung (1.10.1943):193 Gruppenleiter Hotzel, Vertr. Rennau I.B1 Politisch-weltanschauliche und SS-mäßige Erziehung (Engel) I.B2 Nachwuchs (Rennau) I.B3 Ausbildung, Fortbildung, Sonderschulung (Zirpins) I.B4 Leibeserziehung und Wehrausbildung (Folkerts) I.B5 Laufbahnrichtlinien, Prüfungsamt etc. (Gindel)
Hinzu kam die Inspektion der Schulen der Sipo und des SD, die Heydrich unmittelbar unterstellt war. Inspekteur der Schulen war auch zu diesem Zeitpunkt noch Erwin Schulz. Ihm unterstanden:
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I. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG DER SICHERHEITSPOLIZEI
1. Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg (Kommandeur Hotzel) 2. Sicherheitspolizeischule Fürstenberg (Kommandeur Trummler) 3. SD-Schule Bernau (Kommandeur Nickol) 4. Reichsschule der Sipo und des SD in Prag (Kommandeur Rennau)
Die relative Kontinuität des Führungspersonals weist darauf hin, dass die Amtsgruppe im Frühjahr 1941 weitgehend konsolidiert war. Bis zum Frühjahr 1942 war eine zwar kleine, aber doch beachtliche Institution entstanden, der inzwischen 45 Personen angehörten; davon waren knapp die Hälfte Büroangestellte. Die gleiche Zahl an Personal lässt sich auch noch für den Sommer 1943 ermitteln.194 1943 und 1944 leitete Rudolf Hotzel die Amtsgruppe. Er war gleichzeitig Kommandeur der Führerschule. Im Oktober 1944 wurde er von seinen Aufgaben entbunden und als Führer des Sonderkommandos 7b in der EG B einberufen. Vermutlich wurde Zirpins sein Nachfolger als Amtsgruppenchef.195 Für die Zeit danach sind keine Unterlagen zur Gliederung und Arbeit der Amtsgruppe bekannt. Nachdem die Amtsgruppe I.C »Leibesübungen« 1943 aufgelöst und in die Gruppe I.B integriert worden war, kam es aber offenbar 1944 vor dem Hintergrund der Errichtung einer zentralen »Abt. VI« für »Weltanschauliche Führung« noch einmal zu einer Reorganisation der für die Schulung zuständigen Abteilungen im RSHA, in deren Folge neben der Amtsgruppe I.B eine neue Amtsgruppe I.C entstand, bei der die zentrale Zuständigkeit für die »Weltanschauliche Führung« und die »Führungsoffiziere« lag. Vermutlich wurde Wilhelm Gschwend, der vorher die »weltanschaulich-wissenschaftliche Arbeit« im Amt C.I des SS-Hauptamtes geleitet hatte und im Oktober 1944 zum RSHA wechselte, zum Leiter der Amtsgruppe I.C im RSHA bestellt. Gschwend war, bevor er in die Dienste des SSHauptamtes eintrat, Studienrat und Oberregierungsrat im Württembergischen Kultusministerium. Über die Amtsgruppe I.C ist nichts bekannt. Sie wird im Befehlsblatt des Chefs der Sipo und des SD vom Dezember 1944 erwähnt; danach war sie für die Belieferung sämtlicher Dienststellen der Sipo und des SD mit weltanschaulichem Material zuständig.196 In einem Vermerk über Ausweichstellen und Standorte des RSHA vom 21.12.1944 werden Stubaf. Zirpins und Oberstubaf. Gschwend jeweils in leitender Funktion für die Amtsgruppen I.B und I.C genannt.197 RSHA – Abt. IF, dann I.B (Erziehung) – die Abteilungen und die wichtigsten Stellenbesetzungen im Überblick198 Mai 1940 Gruppenleitung
März 41
Oktober 43
Willich (Poliz.off.) Stellv. Dr. Sandberger (Jurist)
Schulz (Poliz.off.) Stellv. Dr. Sandberger
Hotzel (Lehrer) Stellv. Dr. Rennau (Krim.Rat)
DIE ABTEILUNG »ERZIEHUNG, AUSBILDUNG UND SCHULUNG« IM RSHA
Abt. 1 Allg. Erz.fragen
1. Weltanschaul. Erz.
1. Weltanschaul. Erz.
Hotzel Gwosdz Buss (Angest.)
Dr. Engel (Historiker) Zapp (kaufm. Angest.) Dr. Endres (Dozent) Knigge (Sportlehrer)
Dr. Engel
Abt. 2 Weltansch. Erz.
2. Nachwuchs
2. Nachwuchs
Hotzel Gwosdz Drexel (Lehrer)
Hotzel Thomas (Kaufmann) Buss (Angest.)
Dr. Rennau
Abt. 3 Fachl. Schulung
3. Lehrplangestaltung
3. Aus- und Fortbildung
Herbst (Krim.komm.) Maly (Krim.Rat) Thomsen (Krim.komm.)
Dr. Sandberger Dr. Zirpins Dr. Pechau (Lehrer)
Dr. Zirpins (Krim.Rat) Hubig (Gerichtsref.)
Abt. 4 Leibesübungen
4. sonst. Lehrpläne
4. Leibeserz.+Wehrausbi.
Schänzlin (Kaufmann)
Dr. Rennau (s. o.) Hammer (Studienass.)
Folkerts (Hochschuldoz.)
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Abt. 5. Laufbahnrichtlinien Gindel (Amtsrat)
Abteilungen für Erziehung und Schulung in den besetzten Ländern Analoge Organisationsstrukturen wurden auf der regionalen Ebene bei den Inspektoren bzw. Befehlshabern der Sipo/SD institutionalisiert. So existierten beispielsweise 1942 Abteilungen I.B »Erziehung, Ausbildung, Schulung« beim IdS Hamburg oder beim BdS Metz. Ähnliches gilt auch noch für die darunter liegende Ebene der Kommandeure der Sipo und des SD. 199 Auch in den besetzten Ländern Osteuropas wurden ähnliche Strukturen eingeführt. Im September 1942 wurde der organisatorische Aufbau in allen besetzten Ländern nach dem Muster des RSHA vereinheitlicht. 200 Die Geschäftsverteilungspläne der Kommandeure Sipo/SD von Warschau und Lublin vom Herbst 1942 z. B. weisen jeweils eine Abt. I.B »Erziehung, Ausbildung, Schulung« auf. Dabei wird auch hier der dominierende Einfluss der SS und des SD auf die »geistige Formierung« der Sicherheitspolizei deutlich – in Lublin etwa hatten der Chef des SD (Abt. III) und sein Vertreter zugleich die Leitung der Abt. I.B inne.201 Als paradigmatisch kann vermutlich die Organisationsstruktur gelten, die Martin Sandberger als KdS Estland errichtete. Sandberger übertrug die Berliner Struktur, an deren Gestaltung er selber maßgeblich beteiligt war, auf die Verhältnisse in Estland. Hier bestand nach dem Geschäftsverteilungsplan des KdS vom
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I. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG DER SICHERHEITSPOLIZEI
März 1944 eine Abteilung I.B »Erziehung, Schulung und Ausbildung« mit sieben Referaten:202 I.B 1 I.B 2 I.B 3/4 I.B 5 I.B 6 I.B 7
Politische und weltanschauliche Erziehung der Angehörigen von Sipo und SD Nachwuchs für Sipo und SD Ausbildungspläne der Sipo-/SD-Schule allgemeine körperliche Erziehung körperliche Erziehung der Angehörigen von Sipo/SD Militärische Ausbildung
Die Leitung der Abteilung I.B teilten sich zu diesem Zeitpunkt Untersturmführer Ferdinand de Buhr für das deutsche und Untersturmführer Kompus für das estnische Personal. Sandberger hatte eine Parallelverwaltung für das deutsche und das estnische Personal eingeführt, um die Intention der von ihm angestrebten weitgehenden Gleichbehandlung der Esten zu unterstreichen. In den Geschäftsverteilungsplänen wurde dies dadurch kenntlich gemacht, dass dem jeweiligen Dienststellen-Zeichen ein »A« für die deutsche und ein »B« für die estnische Abteilung vorangestellt wurde. Beide Abteilungen arbeiteten eng zusammen und hatten auch ihr Hauptquartier in Tallinn in derselben Straße.203 Die Dienststelle de Buhrs lautete danach A I.B, die Kompus’ B I.B204 Zeitweise leitete auch der Chef der Abteilung »Kriminalpolizei« Heinrich Bergmann die Abt. I.B. Der spätere BKA-Mitarbeiter Bergmann, der schon 1920 als Zeitfreiwilliger an der Niederschlagung der »Spartakistenaufstände« in Thüringen mitgewirkt hatte, wurde von Sandberger auf unterschiedlichen Positionen und Funktionen eingesetzt und war unter anderem auch für die Organisation der Verfolgung von Kommunisten und Juden sowie – in der »vorbeugenden Verbrechensbekämpfung« – von »Zigeunern und Asozialen« tätig.205 De Buhr, im Zivilberuf Studienrat an der Napola Spandau, war 1944 gleichzeitig Untersuchungsführer und leitender Referent für den Bereich Grenzpolizei beim KdS Estland.206 Für die estnischen Dienststellenangehörigen war Untersturmführer Paul Kompus zuständig, zugleich Hauptreferent für die Sipo-/SD-Schule in Reval. Die Schule unter der Leitung Arnold Viidings, der gleichzeitig die Abt. I.B 3 leitete (s. u.), unterstand dem KdS unmittelbar.207 Die Abteilung I.B war seit September 1943 auch für die fachliche und weltanschauliche Schulung des Wachpersonals der »Arbeits- und Erziehungslager« in Estland zuständig.208 Auch die »Führer-Schulung« gehörte zu ihren Aufgaben. Für die deutschen Führeranwärter fanden laufend Rundgespräche zur Vorbereitung auf die Untersturmführerprüfung statt. Im April 1943 stand die Beschäftigung mit dem »Ostraum« im Mittelpunkt – behandelt wurden die Themen »Der Ostfeldzug« und »Die Völker im Ostsee-Raum«. Im Rahmen der weltanschaulichen Schulung aller deutschen Angehörigen der Sipo und des SD des Kommandos wurden im April sechs Vorträge gehalten, unter anderem referierte der Vorsitzende des Akademischen Karelien-Vereins über Ostkarelien, dazu wurden die Filme »Waffen-SS im Kampf gegen Bolschewismus« und »Freiheit für Finnland« gezeigt; der Kieler Professor Otto Vehse sprach über »Wikinger im Ostraum«. Im Sommer 1943 stand
DIE ABTEILUNG »ERZIEHUNG, AUSBILDUNG UND SCHULUNG« IM RSHA
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im Rahmen der »Vorbereitungsschulung für SS-Führer-Anwärter« das übliche allgemeine Curriculum weltanschaulicher Schulung auf dem Plan: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Machtpolitische Stellung der Kirche Jesuitenorden als Waffe gegen den Protestantismus Kunstgeschichte – allgemein Vom Westfälischen Frieden bis zur Wiederaufrichtung des Reiches durch Bismarck Gründung des Reiches bis zum Dreißigjährigen Krieg Bauernkriege Europas Leistung am geistigen Aufbau des Abendlandes Deutsche Kulturmittelpunkte Die Kirche als weltanschaulicher Gegner
Hinzu kamen fachliche und weltanschauliche Vorträge für das gesamte deutsche Personal, die offensichtlich sehr unregelmäßig stattfanden. Während der KdS-Bericht vom Mai 1943 für den April sieben Vorträge auswies, vermeldete der Juli-Bericht nur die Teilnahme an einer Vortragsveranstaltung der NSDAP.209 Die Abteilungen »I.B« beim RSHA und bei den BdS hatten auch die Federführung für die weltanschauliche Schulung der Kriminalpolizei. Die Kriminalpolizeiämter sollten nur »beratend« hinzu gezogen werden.210 Gleichwohl bestanden während des Krieges auch bei den Kriminalpolizeileitstellen Abteilungen, die für die Organisation der weltanschaulichen Schulung zuständig waren. In der Kriminaldirektion Litzmannstadt zum Beispiel, die 1941 von Zirpins geleitet wurde, bestand eine Abteilung »KD 7 Schulung«, gegliedert in die Referate »a) fachliche Aus- und Weiterbildung, b) Krim.Lehrmittelsammlung c) Krim.Bücherei, Archiv und Literaturnachweis d Weltanschauliche Schulung e) Körperschulung f) Schiessausbildung.«211
Die Kriminalpolizei-Leitstellen organisierten auch eigene weltanschaulich-politische Fortbildungsveranstaltungen. So führte beispielsweise die Kripo-Leitstelle Prag Anfang 1942 einen dreimonatigen nationalpolitischen und fachlichen Fortbildungslehrgang für alle Beamten und Angestellten der deutschen Kriminalpolizei in Böhmen und Mähren durch, der an vier Tagen die Woche jeweils von 17 Uhr bis 18.30 stattfand; der Lehrplan sah 12 Stunden »nationalpolitische Schulung« mit den Schwerpunkten Staatslehre, Staatskunde und Völkerrecht vor.212 Das Personal des Amtes I.F/I.B »Erziehung, Ausbildung und Schulung« Die Mitarbeiter der Amtsgruppe I.B des RSHA waren überwiegend akademisch gebildet und hatten ein juristisches oder philologisches Studium absolviert. Viele nah-
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men gleichzeitig Lehraufgaben an den Schulen der Sipo und des SD wahr. Die meisten nahmen auch an sicherheitspolizeilichen Einsätzen im Osten teil, so dass sich bei dieser Personengruppe in besonderer Weise theoretisches Wissen und Lehrerfahrungen mit praktischen Einsatzerfahrungen verbanden. Biographisch etwas aus dem Rahmen fällt der erste Amtsgruppenchef Helmut Willich, der von Beruf Landwirt und Polizeioffizier war; er wurde 1895 bei Konitz geboren, hatte die Kadettenschule besucht und als Oberleutnant am 1. Weltkrieg teilgenommen. 1931 wurde er Mitglied der NSDAP und der SS. 1934 trat er in die Dienste des SD ein, 1936 wurde er Leiter des Amtes I.2 (Personal), 1939 IdS in Stuttgart, bevor er Anfang 1940 Amtsgruppenleiter im RSHA wurde. Willich schied aber schon im September 1940 aus der Amtsgruppenleitung wieder aus und übernahm den Posten eines Inspekteurs der Sicherheitspolizei in Danzig; 1942 nahm er vorübergehend die Aufgaben des HSSPF von Danzig-Westpreußen wahr.213 Sein Nachfolger wurde im März 1941 Erwin Schulz, ehemals Gestapochef von Bremen. Schulz wurde im Jahr 1900 als Sohn eines städtischen Verwaltungsinspektors in Berlin geboren und nahm noch als Freiwilliger am 1. Weltkrieg teil, kam aber nicht mehr an die Front. Nach dem Krieg nahm er eine Banklehre auf und begann ein Jura-Studium, musste es aber aus Mangel an finanziellen Mitteln infolge der Inflation wieder abbrechen. 1923 ging er zur Schutzpolizei in Bremen, erhielt dort 1927 eine Festanstellung als Polizeioffizier und wurde 1928 mit der Leitung der Bremer Polizeischule betraut. Seit 1930 leitete er die Nachrichtenstelle der Bremer Polizei, aus der 1933 die Bremer Gestapo entstand, zu deren Chef er im November 1933 ernannt wurde. Schulz gilt zwar in der Literatur weniger als der typische »Weltanschauungskrieger« des RSHA, sondern eher als »Typus des korrekten Beamten« und als ein Vertreter der Weimarer Beamtenschaft.214 Er war allerdings schon nach dem Krieg am »Kampf gegen die Spartakisten« eingesetzt und nahm 1921 mit dem Freikorps Oberland an den Kämpfen in Oberschlesien teil. Nach eigener Aussage stand er seit 1931 den Nationalsozialisten nahe; 1932 gehörte er der NS-Beamten-Arbeitsgemeinschaft an, trat aber aus beamtenrechtlichen Gründen erst 1933 in die NSDAP ein. Seit 1935 gehörte er auch dem SD an. Schulz’ Karriere lief zügig weiter. Obwohl er kein abgeschlossenes Studium vorweisen konnte, wurde er 1938 zum Regierungsrat ernannt. In den Jahren 1938 und 1939 wurde er zum Aufbau von Gestapo-Stellen ins annektierte Österreich und ins Sudetenland entsandt, im Juni 1939 folgte seine Ernennung zum Gestapochef von Reichenberg, wenig später zum IdS Sudetenland, im April 1940 rückte er als Nachfolger Fischers und Streckenbachs weiter auf zum IdS in Hamburg. Streckenbach, der inzwischen Leiter des Amts I im RSHA geworden war, holte ihn nach dem Weggang Willichs als Amtsgruppenchef I.B nach Berlin. Schulz hatte die Gruppenleitung bis Juni 1942 inne und war während dieser Zeit zugleich Kommandeur der Führerschule in Charlottenburg. 1941 führte er als Einsatzkommandoführer 5 in der Einsatzgruppe C rd. 100 Teilnehmer des laufenden Lehrgangs der Schule in den sicherheitspolizeilichen Osteinsatz. Schulz war zwar für zahlreiche Erschießungskommandos verantwortlich, gehörte aber zu den wenigen Kommandeuren, die sich weigerten, auch auf Frauen und Kinder zu schießen; es gelang ihm darauf hin, vorzeitig nach Berlin zurückbeordert zu werden. Seiner Karriere tat dies keinen Abbruch. Im Juli 1942 wurde er zum Leiter
DIE ABTEILUNG »ERZIEHUNG, AUSBILDUNG UND SCHULUNG« IM RSHA
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der Personalabteilung (Amtsgruppe I.A) im RSHA ernannt; gleichzeitig übernahm er von Streckenbach das Amt des Inspekteurs für die Schulen der Sipo und des SD. Im Februar 1943 avancierte er schließlich zum Nachfolger Streckenbachs als Leiter des Amtes I (Personal). Im Mai 1944 wurde er BdS in Salzburg. 215 Von Schulz stammen einige erwähnenswerte Ausführungen zu »allgemeinen Fragen der Lehrgangsgestaltung an den Schulen«, in denen er vor allem die Bedeutung eines ausgewogenen Verhältnisses von »sachlicher Arbeit, Kameradschaftspflege, Körperschulung und Freizeitgestaltung« betonte. »Niemand soll mit einem Gefühl von Angst, Bedrückung und Unwillen der Einberufung zu einem Lehrgang Folge leisten«. Der Lehrer müsse auch den inneren Kontakt zu den Teilnehmern suchen und »Verstand und Herz« gleichermaßen berücksichtigen.216 Willichs und anschließend Schulz’ Stellvertreter war bis zum Frühsommer 1941 der promovierte Jurist Martin Sandberger. Auch er nahm als Sonderkommandoführer einer Einsatzgruppe am Russland-Feldzug teil; Ende 1941 wurde er zum Kommandeur der Sicherheitspolizei in Estland ernannt. Sandberger wurde 1911 in Berlin geboren, sein Vater war Kaufmann und brachte es zum Werksdirektor bei der IG Farben. Sandberger besuchte das Realgymnasium in Höchst, studierte anschließend Jura und betätigte sich seit 1931 als Aktivist des NS-Studentenbundes an der Universität Tübingen; 1933 promovierte er zum Dr. jur., im Herbst des gleichen Jahres wurde er Bundeshochschulinspektor des NS-Studentenbundes. 1934/35 war er im Hochschulreferat beim Chef des Ausbildungswesens der SA beschäftigt, danach absolvierte er das juristische Referendariat in Stuttgart (zu seinen Betreuern gehörte der spätere SPD-Politiker Carlo Schmidt). Nach Besuch eines Lehrgangs an der SD-Schule Bernau trat er Anfang 1936 als hauptamtlicher Mitarbeiter in die Dienste des SD Südwest in Stuttgart ein und wurde dort persönlicher Referent des SD-Chefs Gustav Adolf Scheel und Referent für Wissenschaft und Erziehung. Im Oktober 1939 betraute ihn Heydrich auf Empfehlung Scheels mit der Leitung der Einwandererzentrale Nordwest in Gotenhafen (Gdingen), hier bewährte er sich vor allem bei der Durchführung der Umsiedlung von Baltendeutschen. Parallel zu dieser Tätigkeit übte er spätestens ab April 1940 die Funktion eines stellvertretenden Leiters der Amtsgruppe I.F im RSHA aus, etwas später leitete er zusätzlich das Referat I.B 3: »Lehrplangestaltung der Schulen«.217 Sandberger erhielt im April 1941 von Himmler den Auftrag, die Vertreibung der in der Untersteiermark lebenden Slowenen zu organisieren und wurde daraufhin von seinen Verpflichtungen im RSHA entbunden.218 Wenig später, im Juni 1941 wurde er zum Kommandeur des Einsatzkommandos 1a in der EG A berufen und Ende 1941 zum Kommandeur der Sicherheitspolizei in Estland ernannt, kehrte also anders als Schulz nicht wieder zum RSHA nach Berlin zurück. Sein Nachfolger als stellvertretender Gruppenleiter wurde Rudolf Hotzel, ein Volksschullehrer aus Thüringen. Hotzel war 1931 der NSDAP und der SA beigetreten und war 1932 in den SS-Sturm Jena aufgenommen worden. Er war während des Studiums Aktivist des NS-Studentenbundes und leitete 1932/33 das Amt für politische Bildung und das Grenz- und Auslandsamt des Nationalsozialistischen Studentenbundes in Jena. Hotzel war Sportwart und Schulungsleiter in der SS, wurde 1936 zum Untersturmführer ernannt und
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trat 1937 in die Dienste des SD ein. Während des Polen-Feldzuges nahm er an einem Einsatzkommando teil und hatte den Auftrag, den SD in Hohensalza aufzubauen, bevor er im April 1940 ins RSHA berufen wurde. Er war zunächst Referent für »Allgemeine Erziehungsfragen« und Leiter der Abteilung Weltanschauliche Erziehung, ab März 1941 leitete er die Abteilung »Nachwuchs«, 1943 wurde er zum Amtsgruppenchef ernannt. Mit seiner Lebensgeschichte werden wir uns später noch ausführlicher beschäftigen. Hotzels Stellvertreter als Amtsgruppenleiter wurde im Oktober 1943 Heinrich Rennau, der zuvor schon als Abteilungsleiter in der Amtsgruppe I.B gearbeitet hatte. Rennau, 1899 geboren und promovierter Jurist, hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen, war Freikorps-Kämpfer und Teilnehmer am Kapp-Putsch gewesen; während seines Jura-Studiums gehörte er dem Deutsch-völkischen Studentenbund an. Er trat 1933 der NSDAP und dem NSKK bei, 1936 wurde er Mitglied der SS. Nach seiner Ausbildung zum Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium Potsdam wurde er 1935 zum Kriminalrat und 1936 zum Gestapochef von Oppeln ernannt. 1938 folgte die Ernennung zum Sturmbannführer und Kriminaldirektor der Stapo-Leitstelle Wien, von dort wurde er ins RSHA berufen. Hier wurde er Anfang 1941 Leiter der Abteilung I.B4 »Sonstige Lehrpläne«, später der Abt. »Nachwuchs«. 1942 wurde er zum Oberregierungsrat ernannt. Rennau war zugleich stellvertretender Kommandeur der Reichsschule Sipo/SD in Prag. Im Mai 1944 wurde er als Oberregierungsrat und Gestapochef nach Brünn versetzt.219 Zu diesem Zeitpunkt übernahm der Oberregierungsrat Hans Fischer als IdS Berlin zugleich das Amt des Inspekteurs der Schulen der Sipo und des SD, das zuvor Streckenbach und Schulz innegehabt hatten. Fischer, der bereits 1923 für die NSDAP im Einsatz war, dem Bund Nothung und seit 1927 dem NS-Studentenbund angehört hatte, war 1932 in die SS eingetreten; er war promovierter Jurist und Gestapochef unter anderem in Erfurt und Breslau und hatte die Einsatzgruppe III während des Polen-Feldzuges geführt.220 Die Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« wurde zuerst von Hotzel, dann von Siegfried Engel geleitet. Hotzels Stellvertreter als Leiter der Abteilung war anfangs Rudolf Gwosdz. Gwosdz wurde 1913 als Sohn eines Krankenpflegers in Oberschlesien geboren. Er gehörte 1930 als 17jähriger einem Wehrsportverband an, trat 1933 in die SA, 1934 in die SS ein, absolvierte eine Ausbildung bei den Verfügungstruppen und leistete Dienst bei der SS-Wachstandarte Dachau, bis er 1938 zum Untersturmführer im SDHauptamt ernannt wurde; ab 1941 war er bei der Waffen-SS eingesetzt, zwischenzeitlich nahm er an sicherheitspolizeilichen Einsätzen in Polen teil.221 Während Hotzels Amtszeit war Max Drexel als Referent in der Abteilung beschäftigt. Drexel war Volksschullehrer in Leonberg-Ettlingen gewesen, bevor er 1936 hauptamtlich beim SD anfing. Mit seiner Biographie werden wir uns später beschäftigen. Nachfolger Hotzels als Referatsleiter war Siegfried Engel, 1909 in Wartnau/Havel geboren. Engel war Sportlehrer, Studienreferendar und promovierter Historiker. Er gehörte seit 1931 dem NSStudentenbund, seit 1932 der NSDAP in Österreich an und hatte sich während des Studiums in Innsbruck an der illegalen Partei-Arbeit beteiligt. 1934 wechselte er von Innsbruck nach Kiel, trat dort in die Dienste des SD ein, wurde Unterleiter des Unterabschnitts Kiel und nahm 1936 eine Tätigkeit als hauptamtlicher Referent beim Oberabschnitt Hannover an. Daneben arbeitete er im NS-Studentenbund und im VDA mit;
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auf Empfehlung Scheels wurde er zum kommissarischen Bereichsführer Nord des Reichsstudentenbundes ernannt. Gleichzeitig war er Gebietsbeauftragter Nordwest und Schulungsleiter beim IdS Hamburg. Nach mehreren durch die politische Arbeit bedingten Unterbrechungen legte er 1939 in Hamburg noch das Staatsexamen ab. Während dieser Zeit gehörte er als Obersturmführer dem SD Hamburg an. Nach der Auflösung der SD-Oberabschnitte Anfang September 1939 wurde Engel zum Schulungsreferenten beim IdS Hamburg bestellt – das war zu diesem Zeitpunkt noch Bruno Streckenbach, etwas später Erwin Schulz. Im April 1940 wurde Engel mit einer Einsatzgruppe der Sicherheitspolizei und des SD nach Norwegen kommandiert. Als Schulz 1941 zum Amtsgruppenchef I.B nach Berlin berufen wurde, nahm er Engel mit und setzte ihn zum Leiter der Abt. »Weltanschauliche Erziehung« ein, ein Amt, das er bis 1943 innehatte.222 1943 erschien in der Berufszeitschrift »Die deutsche Polizei« ein Artikel von Engel über »Die historischen und politischen Grundlagen der europäischen Neuordnung.« Die Kenntnis des Artikels, hieß es in einem Mitteilungsblatt des BdO Breslau, sei auch für die Offiziere der Ordnungspolizei erforderlich.223 Anfang 1941 war für kurze Zeit Paul Zapp Engels Stellvertreter als Abteilungsleiter. Zapp wurde 1904 als Sohn eines Unternehmers in Hersfeld geboren; nach dem Abitur begann er eine Lehre bei der Dresdner Bank, arbeitete für einige Jahre in der Firma seines Vaters, danach als kaufmännischer Angestellter und Korrespondent bei Borsig in Berlin, bis er 1931 stellungslos wurde. Nach eineinhalb Semestern Studium der Philosophie, Geschichte und Volkswirtschaft nahm er eine Stelle als Verwaltungskorrespondent bei Shell an, schied dann aber endgültig aus der Privatwirtschaft aus und wurde Privatsekretär von Jakob Hauer und Leiter der Geschäftsstelle der von Hauer gegründeten »Deutschen Glaubensbewegung« in Tübingen. Über Hauer lernte er Werner Best kennen, der damals den Stuttgarter SD leitete und ihn 1936 als hauptamtlichen Mitarbeiter in den Sicherheitsdienst holte. Für kurze Zeit war Zapp Referent in der Abteilung II.113 des SD-Hauptamtes, von 1937 bis 1940 war er Abteilungsleiter beim SD-Leitabschnitt Breslau, 1940 leitete er die weltanschauliche Schulung und Ausbildung der Anwärter für den leitenden Dienst bei der Sipo und beim SD für Schlesien und das Generalgouvernement, danach wurde er in die Abt. I.B 1 des RSHA berufen und gleichzeitig als Dozent für weltanschauliche Erziehung an der SD-Schule Bernau eingesetzt. Von Juni 1941 bis Juli 1942 war er im sicherheitspolitischen Osteinsatz, 1942 wurde er zum Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Simferopol auf der Krim ernannt, am Ende des Krieges war er noch IdS in Dresden. Zapp verfasste neben Schriften zu deutsch-völkischen Weihestunden und Festen auch Schulungsmaterial zum weltanschaulichen Unterricht; unter anderem ist von ihm ein Unterrichtskonzept von Ende 1940 zur »Judenfrage« erhalten. Wir werden uns an späterer Stelle ausführlicher mit Zapp beschäftigen. Als Zapp im Mai/Juni 1941 zum sicherheitspolizeilichen Osteinsatz berufen wurde, dürfte Hans-Joachim Knigge seinen Platz in der Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« eingenommen haben. Knigge, 1907 in Nordschleswig geboren, hatte sechs Semester Medizin studiert und war dann zur Hochschule für Leibesübungen in Berlin gewechselt, machte dort das Examen und arbeitete anschließend als Referent im Sportwesen, zuerst bei der Reichsführung der Deutschen Studentenschaft, dann als
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Sportreferent im Reichsbund »Volkstum und Heimat«, als Schriftleiter des »Dietwart«, der Zeitschrift des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen, schließlich als Sportlehrer und Lehrgangsleiter an der Sportschule Bad Blankenburg. 1933 trat er der SS bei, 1937 der NSDAP, seit 1936 arbeitete er für den SD. Knigge war Kreisbeauftragter für Rassepolitik in Rudolstadt und wurde 1938 als Sportreferent ins hauptamtliche Dienstverhältnis des SD übernommen, wurde als Untersturmführer und Referent für Leibeserziehung und weltanschauliche Schulung beim IdS München sowie als Lehrer für weltanschauliche Erziehung an der Grenzpolizeischule Pretzsch eingesetzt und kam schließlich 1941 zur Gruppe I.B 1 im RSHA. Zwischenzeitlich war er von September 1941 bis Januar 1942 mit dem Sonderkommando 4a der EG A im sicherheitspolizeilichen Osteinsatz, 1944 wurde er als Sturmbannführer zur EG G nach Rumänien abgeordnet.224 Vermutlich war auch Georg Elling in der Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« beschäftigt; er wurde 1941 vom Amt III C »Religiöses Leben« zur Gruppe I.B versetzt und kam wie Zapp aus der Deutschen Glaubensbewegung, in der er bis 1935 als Reichsredner aktiv war. Elling, 1899 geboren, hatte das Humanistische Gymnasium in Passau besucht, war nach dem 1. Weltkrieg in eine Benediktinerabtei eingetreten und hatte anschließend Theologie und Philosophie studiert; 1927 hatte er die Priesterweihe empfangen. Während der 20er Jahre leitete er zeitweise ein Internat und eine Berufsschule. 1928 verließ er den Orden, 1930 auch die katholische Kirche, studierte noch einige Semester Medizin und schlug sich mit wechselnden Tätigkeiten als Hilfsarbeiter, Fachlehrer, Sparkassenaushilfe u. a. durch. 1934 begann er ehrenamtlich als Mitarbeiter beim SD, 1935 wurde er hauptamtlich als Rassereferent des Oberabschnitts Südwest ins RuSHA übernommen, im August 1935 wurde er mit der Führung der Abteilung »Weltanschauung« beim SD-Südwest betraut. 1940 war er an sicherheitspolizeilichen Einsätzen im besetzten Lothringen beteiligt und erwarb sich dort »Verdienste beim Aufbau des Schulwesens«. Später wechselte er von der Amtsgruppe I.B zur Abteilung VI B im RSHA (Auslands-SD), im Januar 1944 war er bei der Deutschen Botschaft im Vatikan beschäftigt, nach der Besetzung Roms durch die Alliierten wurde er als vermisst gemeldet.225 Die Geschäftsverteilungspläne der Jahre 1942 und 1943 weisen als Mitarbeiter Engels’ Willi Gindel, Helmut Brummerloh, Otto Schrader und Gustav Weber aus. Gindel hatte die Unteroffiziersschule in Potsdam besucht und anschließend am 1. Weltkrieg teilgenommen; nach dem Krieg diente er noch beim Freikorps »Lichtschlag«, danach meldete er sich zur Schutzpolizei und arbeitete als Verwaltungsbeamter, später als Amtsrat bei der Polizei. Gindel gehörte in den 20er Jahren dem Stahlhelm an. 1933 trat er der NSDAP bei und wurde er in die Gestapo Wesermünde übernommen; danach baute er die Gestapo in Stade auf. 1937 wurde er zur Staatspolizeileitstelle in Karlsruhe versetzt und dort zum Polizeirat ernannt, wenig später folgte die Beförderung zum Amtsrat und die Ernennung zum Sturmbannführer. 1944 wurde er zur Einsatzgruppe H beordert und zum Leiter der Abt. I in Pressburg ernannt.226 Helmut Brummerloh gehörte zu den ehemaligen Mitarbeitern Streckenbachs und Erwin Schulz’ in Hamburg: Er leitete 1940 als Untersturmführer das SD-Personalreferat beim IdS Hamburg. Brummerloh, 1914 in Bremen geboren, hatte nach der ObersekundaReife zunächst eine kaufmännische Lehre absolviert, sich aber dann zur Wehrmacht
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und 1937 zum SD gemeldet. Er hatte bereits 1930 dem Nationalsozialistischen Schülerbund angehört und war 1932 der NSDAP, 1933 der SS beigetreten.227 Zu den Mitarbeitern gehörten außerdem die Polizeiinspektoren Gustav Weber (1942) und Otto Schrader (1943). Bei Schrader düfte es sich um den Verwaltungsbeamten Otto Schrader handeln, der bei der Staatspolizeistelle Weimar beschäftigt war und 1938 zum SD-Hauptamt versetzt wurde. Schrader wurde 1941 zum Obersturmführer ernannt und anschließend als Dozent bei den Lehrgängen in Bernau eingesetzt.228 Die Abteilung »Nachwuchs« wurde von Rudolf Hotzel geleitet. Unter seiner Regie waren hier 1941 die Hilfsreferenten Buss und Thomas beschäftigt. Hotzels Stellvertreter war 1941 Alfred Thomas, von Beruf Kaufmann. Er war Ende 1930 der NSDAP, 1931 der SS beigetreten und arbeitete seit 1935 als Untersturmführer im SD; im Amt I.B war er für die Organisation der SS-Führerlehrgänge zuständig. Er war später als Sturmbannführer und Abteilungsleiter beim IdS Stettin, dann beim BdS Brüssel beschäftigt.229 Daniel Buss, 1914 in Ostfriesland geboren, hatte vorher als Angestellter und Bürogehilfe in einem Rechtsanwaltsbüro gearbeitet. Er war im Januar 1932 der HJ, 1933 der NSDAP und der SS beigetreten, wurde 1937 nach dem Dienst bei der Wehrmacht als Hauptscharführer beim SD-Hauptamt eingestellt und 1940 als Mitarbeiter im Referat I.F 1 übernommen; 1940 folgte die Beförderung zum Untersturmführer im Referat I.B 2. Buss war hier für die Betreuung der Anwärter des leitenden Dienstes zuständig.230 1942 und 1943 gehörten der Abteilung neben Hotzel und Buss noch Alfons Pfoser, Georg Fleischmann und Friedrich Feldmann an. Alfons Pfoser stammte aus Österreich und war 1937 als verfolgter Nationalsozialist ins Reich geflohen. Er war ursprünglich Bank- und Zollbeamter, war aber aus politischen Gründen schon 1933 entlassen worden und hatte sich danach als freier Vertreter durchgeschlagen. Pfoser hatte sich schon 1930 den Nationalsozialisten angeschlossen und war 1932 der NSDAP, 1934 der SS in Österreich beigetreten; 1934 hatte er am Sturm auf das Wiener Bundeskanzleramt teilgenommen und war anschließend inhaftiert worden. Nachdem er im Reich bei verschiedenen Wacheinheiten untergekommen war, wurde er 1938 als hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Personalabteilung des SD-Hauptamtes übernommen. Im Herbst 1939 nahm er an einem Einsatzkommando in Polen teil. 1941 wurde er zum Untersturmführer ernannt.231 Der Jurist Dr. Georg Fleischmann gehörte zu den wenigen Mitarbeitern der Abteilungen I.B 1 und 2, die aus der Kriminalpolizei kamen. Fleischmann war Kriminalkommissar in Königsberg, arbeitete aber schon seit 1937 im SD-Hauptamt. 1940 wurde er zum Kriminalrat und Hauptsturmführer befördert. In der Abteilung I.B 2 bearbeitete er Angelegenheiten des Prüfungswesens. 1944 wechselte er, inzwischen zum Sturmbannführer ernannt, als stellvertretender Dienststellenleiter zur Kripo-Leitstelle Linz. Fleischmann, 1906 in Kolberg geboren, war seit 1930 NSDAP-Mitglied.232 Zu den Mitarbeitern der Abteilung gehörte außerdem der kaufmännische Angestellte Friedrich Feldmann. Feldmann war nach einer Folge wechselnder Beschäftigungsverhältnisse – unter anderem war er als Geschäftsführer im Auslieferungslager des Zentralverlages der NSDAP tätig gewesen – 1941 im RSHA eingestellt worden. Er hatte in den 20er Jahren dem Jungstahlhelm angehört, trat bereits 1931 der NSDAP und der SS bei, schied 1937 aus der SS wieder aus und wurde später als Sturmmann wieder aufgenommen.233
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Während die Abteilungen für Weltanschauliche Erziehung und Nachwuchsfragen von SD-Führern dominiert waren, gehörten den Abteilungen 3 und 4, die für fachliche Schulung und Lehrpläne zuständig waren, in höherem Maße auch Angehörige aus Gestapo und Kripo an, weil bei der Lehrplangestaltung weiterhin zwischen den verschiedenen Sparten von SD und Sipo differenziert werden musste. Die Abteilung »Fachliche Schulung« leitete 1940 der Jurist Friedrich-Wilhelm Herbst; Herbst war Gerichtsassessor, hatte an der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin das Kriminalkommissar-Examen abgelegt und anschließend eine Stelle als stellvertretender Leiter der Gestapo Darmstadt angetreten; kurz darauf wurde er im August 1940 als Referatsleiter ins RSHA nach Berlin berufen. Herbst unterrichtete gleichzeitig Zivilrecht an der Bernauer Schule. 1941 wechselte er als Regierungsrat zur Staatspolizeistelle Potsdam. 1943 wurde Herbst zum Führungsstab für Bandenbekämpfung beim Beauftragten des RFSS in Kroatien entsandt (EG Sipo/SD Kroatien).234 Herbst’ Stellvertreter war 1940 Hans Maly, ein promovierter Jurist und Kriminalrat. Er gehörte erst seit 1937 der NSDAP und seit 1938 der SS als Obersturmführer im SD an. Maly war 1932 zur Polizei gegangen und gehörte bereits seit 1937 dem Hauptamt Sipo an. 1942 arbeitete er als Leiter der Kriminalabteilung beim Befehlshaber der Sicherheitspolizei für die Niederlande; zwischenzeitlich war er im Reichskriminalpolizeiamt für das Sachgebiet »Vorbeugungsmaßnahmen gegen Berufsverbrecher, Gewohnheitsverbrecher und Gemeingefährliche« zuständig, bevor er erneut zum BdS Niederland kommandiert wurde.235 Der Abteilung I.F 3 »Fachliche Schulung« gehörte 1940 noch Harro Thomsen an. Thomsen, Sohn eines Lehrers aus dem Kreis Husum, wurde nach dem Jura-Studium Assessor bei der Staatspolizei in Hamburg, dann Stellvertreter des Leiters der Staatspolizeistelle und Kriminalkommissar. 1939 wurde er zum Untersturmführer im RSHA ernannt und danach als Referent in der Abteilung I. F 3 eingestellt. Im Winter 1940/41 war er als Dozent für Rechtskunde an der Grenzpolizeischule Pretzsch tätig. Später wurde er als Sturmbannführer und Regierungsrat zur Staatspolizeileitstelle Graudenz versetzt.236 Als Friedrich-Wilhelm Herbst von Berlin nach Potsdam wechselte, übernahm Sandberger die Leitung der Abteilung 3, jetzt unter der Bezeichnung »Lehrplangestaltung der Schulen« (1943 »Aus- und Fortbildung«). Stellvertretender Leiter des Referats I.B 3 war jetzt Walter Zirpins, wie Sandberger ein promovierter Jurist. Zirpins arbeitete seit 1933 bei der Politischen Polizei in Berlin und wirkte als Kriminalrat und Dozent an der Führerschule Charlottenburg; er war im RSHA für Aus- und Fortbildung sowie Sonderschulungen von Sipo und SD zuständig. Zwischendurch – 1940/41 – war er als Kripo-Chef in Litzmannstadt im Osteinsatz; im Ghetto Litzmannstadt hatte er eine eigene Dienststelle, die vor allem mit Schmuggel und der Beschlagnahmung jüdischen Eigentums befasst war.237 Zirpins, geboren 1901, war nach dem Abitur 1919 zunächst zum Grenzschutz Oberschlesien gegangen, machte dann eine Banklehre, absolvierte anschließend ein Jura-Jura und promovierte 1927. Ab 1929 leitete er die Kriminalinspektion und das politische Kommissariat in Marienburg. Zum 1.2.1933 wurde er als Kriminalkommissar zur politischen Polizei in Berlin versetzt; dort war er mit Ermittlungen zum Reichstagbrand befasst und wurde, als er wegen der Verwendung eines jüdischen Spitzels in die Kritik geriet, als Lehrer ans Ausbildungs-
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und Forschungsinstitut der Polizei in Berlin-Charlottenburg versetzt. 1934 wurde er zum Kriminalrat befördert, 1937 zum Stabsführer der Führerschule der Sicherheitspolizei in Charlottenburg ernannt. Nachdem Sandberger das Amt I.B verlassen hatte, übernahm Zirpins für die folgenden Jahre die Leitung der Abt. I.B 3. Im März 1945 wurde er noch zum letzten Kripo-Chef von Hamburg berufen. Von Zirpins, der sich auch mit allgemeinen kriminalpolizeifachlichen Veröffentlichungen einen Namen machte, sind verschiedene Schulungsmaterialien erhalten, darunter ein umfangreiches Lehrplankonzept für den Unterricht der Politischen Polizei an der Führerschule der Sicherheitspolizei.238 Vermutlich war es auch Zirpins, der für die Gestapo Litzmannstadt ein umfangreiches Schulungskompendium mit Materialien aus der Führerschule Charlottenburg zusammenstellte bzw. aus Berlin mitbrachte; die Texte, einige hatte Zirpins selbst verfasst, stammten aus den Jahren 1933 bis 1937, darunter auch ein achtseitiger Text über »Die Juden in Deutschland«. Der Gestapo Litzmannstadt gehörten 1940 etwa 200 Mitarbeiter an, die auch schulungsmäßig zu betreuen waren.239 Zirpins wurde erst 1939 als Hauptsturmführer in die SS aufgenommen, war aber bereits 1933 »Förderndes Mitglied« der SS. Nach dem Krieg konnte er seine Karriere fortsetzen: 1951 wurde er Referatsleiter im niedersächsischen Innenministerium, 1956 Leiter der Kriminalpolizei in Hannover und schließlich Leiter des Landeskriminalpolizeiamtes Niedersachen.240 In der Abt. I.B 3 war Anton Wrede für Ausbildungsangelegenheiten der Grenzpolizei zuständig. Wrede war kaufmännischer Angestellter gewesen und hatte bis 1933 in der Pharmazeutischen Industrie gearbeitet. Nachdem er 1932 der SA und der NSDAP beigetreten war, wurde er 1933 beim Chef des Ausbildungswesens der SA beschäftigt; 1935 war er Gruppen- und Zugführer an einer SA-Geländesportschule. 1936 wechselte er zur SS und wurde als Sachbearbeiter und Kriminalangestellter im Bereich »Grenzpolizei« beim RSHA eingestellt; 1938 leitete er die Dienststelle des SD bei der Grenzpolizeischule Pretzsch. Nachdem er einen Kriminalkommissarlehrgang in Berlin absolviert hatte, kam er als Lehrer nach Fürstenberg. Wrede war später stellvertretender Führer eines Sonderkommandos der Einsatzgruppe G in Rumänien.241 Vermutlich gehörte auch Hans Ogilvie als Referent für »Werkschutz, Industriesicherung und Sonderschulung« der Abteilung I.B 3 an. Ogilvie, 1901 als Sohn eines Veterinärarztes im Elsass geboren, war promovierter Diplomingenieur für Schiffs- und Flugzeugbau und hatte in der Industrie gearbeitet, bis er 1932 infolge der Wirtschaftskrise arbeitslos wurde. 1933 ging er zur Kriminalpolizei, Anfang 1941 war er Kriminal- und Regierungsrat der Gestapo-Leitstelle Düsseldorf, 1942 holte man ihn als Experten in die Amtsgruppe I.B und an die Führerschule Charlottenburg. Ogilvie trat erst 1933 der NSDAP und der SA bei, gehörte aber schon in den frühen Zwanziger Jahren dem Freikorps Rossbach an. 1937 ging er zur SS, 1938 wurde er zum Untersturmführer im SD ernannt.242 Die von Zirpins geleitete Abt. I.B 3, die für Lehrplangestaltung, Aus- und Fortbildungsangelegenheiten zuständig war, dürfte 1942/43 die größte Abteilung der Amtsgruppe gewesen sein. Neben einigen Assistenten und Sekretären der Kripo und Gestapo waren hier auch mehrere SD-Führer beschäftigt.243 Unter ihnen befand sich für kurze Zeit – vermutlich Ende 1942/Anfang 1943 - mit Hermann Hubig ein weiterer
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promovierter Jurist. Hubig war 1933 der NSDAP und der SA beigetreten, wechselte 1935 von der SA zur SS und arbeitete seit Januar 1937 hauptamtlich für den SD Südwest in Stuttgart; nach einer kurzen Tätigkeit beim Amtsgericht und bei der Abteilung Mannschaftshäuser der Dienststelle Heißmeyer wurde er zum SD-Leitabschnitt Prag geschickt und als Schulungsleiter beim BdS Prag (Walter Stahlecker) eingesetzt. Nach einem sicherheitspolizeilichen Einsatz in Lettland – Hubig war Führer eines Einsatzkommandos der EG A – kam er Ende 1942 als Hilfsreferent zur Abteilung I.B 3. 1944 wurde er zum »Unternehmen Zeppelin« kommandiert, dessen Aufgabe es war, sowjetische Kriegsgefangene als Agenten für den SD-Auslandsnachrichtendienst anzuwerben und auszubilden.244 Zu den Mitarbeitern gehörten mit Manfred Pechau und Friedrich Seekel auch zwei Geisteswissenschaftler. Pechau, 1909 in Halle geboren, war promovierter Studienrat. Er hatte die Oberrealschule der Franckeschen Stiftung in Halle besucht und nach dem Abitur Germanistik, Geschichte, Philosophie und Leibesübungen studiert. 1934 promovierte er in Greifswald mit einer Arbeit über »Nationalsozialismus und deutsche Sprache«. Nach dem Assessorexamen ließ er sich vom Schuldienst beurlauben, um die Leitung des Amtes »Wissenschaft und Facherziehung« in der Gaustudentenführung Berlin zu übernehmen. 1938-39 war er Stellenleiter im Amt Rosenberg. Pechau gehörte bereits seit 1930 dem NS-Studentenbund, seit 1931 der SA und seit 1932 der NSDAP an, war Mitglied des NSLB und seit 1937 ehrenamtlicher Mitarbeiter des SD. Nachdem er zwischenzeitlich wieder als Studienassessor in Berlin-Friedenau tätig war, wurde er 1940 als hauptamtlicher Schulungsreferent beim IdS Berlin eingestellt, 1941 folgte die Ernennung zum Hauptsturmführer und die Berufung als Hilfsreferent für die Sachgebiete Aus- und Fortbildung sowie »Sonderschulung« im Amt I.B des RSHA. Wie Hubig war Pechau Führer eines Einsatzkommandos der EG A und später als Leiter der Agentenschule beim Unternehmen »Zeppelin« des Amtes VI (Auslands-SD) tätig; Anfang 1943 leitete er die Zeppelin-Schule bei Riga.245 Friedrich Seekel, 1910 als Sohn eines Kriminalpolizeibeamten in Berlin geboren, war 1941 Dozent für Polizeirecht in Bernau und unterrichtete von 1939 bis 1943 an der Führerschule Charlottenburg Geschichte und Kriminalistik. Er hatte in Berlin Geschichte, Germanistik und evangelische Religionswissenschaft studiert und u. a. Lehrveranstaltungen bei Rieffert und Spranger besucht; 1933 promovierte er mit einer Dissertation über den mittelalterlichen Kirchenlehrer Petrus Damiani. Nach dem Staatsexamen fürs höhere Lehramt wechselte er 1935 den Beruf und ging zur Polizei, absolvierte eine Ausbildung zum Kriminalkommissar und wurde schließlich als Regierungsrat und Lehrer an der Führerschule Charlottenburg eingestellt. Zwischendurch absolvierte er noch das auf ein Jahr verkürzte Studienreferendariat und legte 1942 die pädagogische Abschlussprüfung als Studienassessor ab. 1943 gehörte Seekel einem Sonderkommando der Einsatzgruppe C an.246 Von März 1941 bis zum Sommer 1943 bestand noch eine Abteilung 4: »sonstige Lehrpläne«, geleitet von Rennau. Mitarbeiter war 1943 Sturmbannführer Kurt Loba. Loba hatte die Oberrealschule bis zur Unterprima besucht und anschließend eine Bürolehre bei der Polizei begonnen; 1937 arbeitete er als Büroangestellter bei der Gestapo. Im Februar 1933 war er mit 20 Jahren der SS und kurz darauf der NSDAP beigetreten, im September 1939 wurde er zum Untersturmführer ernannt. Der Ab-
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teilung gehörte außerdem der Jurist Dr. Hans Vollbrecht an. Vollbrecht unterrichtete Staats-, Straf- und Wirtschaftsrecht an der SD-Schule Bernau. Für die Sachgebiete »kolonialpolitische Schulung, Inlands-SD und Fortbildung des SD« war Erich Hammer zuständig. Hammer war Studienassessor und hatte Mathematik, Physik und Geographie studiert, er war darüber hinaus als Schwimmlehrer ausgebildet und leitete die Wehrsportabteilung des Schwimmvereins Grimma; 1933 war er Schieß- und Schulungsleiter bei der SA. Seit 1936 arbeitete er für den SD, zunächst nebenamtlich bei der Außenstelle Annaberg, dann als Referent in Leipzig und Dessau und schließlich im RSHA, zuerst in der Abteilung »Deutsche Lebensgebiete«, dann im Referat I.B 4. 1941 unterrichtete er an der SD-Schule Bernau über »Politik und Raum«. Hammer nahm zwischen Herbst 1941 und Mai 1943 an zwei sicherheitspolizeilichen Einsätzen beim BdS Belgrad teil.247 Die Abteilung B 4 wurde später offenbar mit der Abt. B 3 (Lehrplangestaltung der Schulen) zu einer neuen Abteilung »Aus- und Fortbildung« zusammengelegt. Die Abteilung 4 war dann wieder – wie schon 1940 – die Abteilung für Leibeserziehung und Wehrausbildung. Gleichzeitig wurde im Oktober 1943 eine zusätzliche Abt. 5 für Laufbahnrichtlinien, Prüfungsangelegenheiten und dergl. unter Leitung Willi Gindels errichtet, über deren Zusammensetzung aber nichts weiter bekannt ist. Geschäftsführender Leiter der Abt. Leibesübungen war zuerst Hermann Schänzlin als Sportreferent der Sipo und des SD. Schänzlin, Kaufmann und ausgebildeter Sportlehrer, war bereits 1930 der NSDAP und der SS beigetreten, hatte aber zwischenzeitlich beim Chef AW, das heißt im Sport-Ausbildungswesen der SA gearbeitet. Ende 1940 wurde er zu einem Führeranwärterlehrgang nach Tölz und anschließend zum Einsatzstab der Waffen-SS nach Oslo einberufen.248 Die Abteilung Leibesübung wurde vermutlich im Dezember 1940 zu einer eigenen Amtsgruppe I.C im RSHA erhoben und mit Herbert von Daniels als leitendem Sachbearbeiter besetzt, nachdem Himmler Heydrich zum Inspekteur für Leibesübungen in der SS ernannt hatte. Nach Heydrichs Tod wurde das Amt des Inspekteurs dem Chef des SS-Hauptamtes Gottlob Berger übertragen; die zentrale Zuständigkeit für alle Sport-Angelegenheiten in der SS lag danach beim SS-Hauptamt unter Leitung von Daniels, und die Amtsgruppe I.C wurde wieder aufgelöst.249 Für die Zwecke des RSHA wurde wieder eine kleinere Abteilung in der Amtsgruppe I.B eingerichtet, deren Leitung Gerhard Folkerts innehatte. Folkerts, 1901 als Sohn eines Lehrers geboren, kam aus der Lehrerbildung und war als Dozent für Leibeserziehung an den Hochschulen für Lehrerbildung in Lauenburg und Weilburg tätig gewesen, 1939 wurde er zum Regierungsrat für körperliche Erziehung im Reichserziehungsministerium ernannt. Er war auch ein erfolgreicher Sportler gewesen: Folkerts hatte 1922 die niedersächsischen Meisterschaften im Hochsprung gewonnen und war noch 1934 Zehnkampfmeister in Brandenburg geworden. Er trat 1933 in die SA ein, wurde 1937 in die NSDAP aufgenommen und wechselte gleichzeitig zur SS. Seit 1940 war er Untersturmführer im RSHA, 1943 übernahm er die Leitung des neu eingerichteten Referats für Leibeserziehung und Wehrausbildung; Folkerts war 1944 als Lehrer und Beurteiler auch an der Reichsschule der Sicherheitspolizei und des SD in Prag tätig. Im August 1944 wurde er zum BdS Slowakei berufen und nahm als Angehöriger der EG H an der Niederschlagung des
Die weltanschauliche Schulung der Polizei im Nationalsozialismus, 9783506788368, 2018
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Aufstandes gegen die Kollaborationsregierung unter Tiso und an der Machtübernahme in der Slowakei teil.250 Neben diesen Fachabteilungen gab es unter I.B eine Verwaltungszentrale des Amtsgruppenleiters und eine Registraturabteilung. Der größte Teil der Amtsgruppe war in der Schlosstrasse 1 untergebracht, d.h. in dem Gebäudekomplex, in dem sich auch die Führerschule der Sipo befand. Einige Mitarbeiter waren für Angelegenheiten der Schule zuständig, mehrere Abteilungsleiter und eine ganze Reihe von Referenten unterrichteten zugleich als Dozenten an der Führerschule sowie an der SDSchule in Bernau. Insgesamt ließen sich etwa 50 Mitarbeiter identifizieren, die zwischen 1940 und 1943 der Amtsgruppe angehörten – Schreibkräfte und Büropersonal nicht mit gerechnet.251 Etwa 20 waren Beamte der Kripo, Gestapo und Verwaltungspolizei; rund 80% waren Akademiker, mehr als jeder vierte (28%) war promoviert. Betrachtet man die fachliche und berufliche Herkunft, so handelte es sich etwa zu gleichen Teilen um Juristen (11), kaufmännische Angestellte (11) und Geisteswissenschaftler (10), d.h. Lehrer oder Studienreferendare, -assessoren und -räte. Die meisten Mitarbeiter waren 1933 zwischen 20 und 30 Jahre als – das Durchschnittsalter lag 1933 bei 25 Jahren, sieben waren 1933 noch minderjährig. Es handelte sich daher um eine junge, akademisch gebildete Elite, für die die Phase der beruflichen Formation und Etablierung zu einem großen Teil bereits in die Zeit des Dritten Reichs fällt. Darüber hinaus haben wir es mit einer politisch aktiven Gruppe zu tun: Von 38 Personen, zu denen wir politische Daten haben, waren 23 bereits vor 1933 einer nationalsozialistischen oder völkischen Organisation beigetreten, zehn traten 1933 und lediglich 5 erst nach 1933 einer nationalsozialistischen Organisation bei. Mindestens 32 Männer machten innerhalb der SS Karriere und stiegen ins SS-Führerkorps (ab Untersturmführer aufwärts) auf. Für die Rekrutierung der Mitarbeiter waren einige personale Netzwerke von besonderer Bedeutung, allen voran das Hamburger Netzwerk Streckenbach – Schulz – Engel und das Netzwerk des südwestdeutschen Sicherheitsdienstes mit Gustav Adolf Scheel im Zentrum, auf dessen Empfehlung u. a. Sandberger als stellvertretender Leiter in die Amtsgruppe kam. An beiden Netzwerken wird auch die maßgebliche Rolle sichtbar, die den IdS/BdS bei der Konstitution der Schulungs- und Erziehungsorganisation des RSHA zukam; in dieser Hinsicht erfüllten sie die Erwartungen, die Heydrich in sie gesetzt hatte: Streckenbach und Schulz waren IdS in Hamburg, ebenso Hans Fischer, der später Nachfolger von Streckenbach und Schulz als Inspekteur der Schulen der Sipo und des SD wurde; Scheel, Willich und Fischer waren IdS in Stuttgart.252
I.5. Die Schulen der Sipo und des SD Das RSHA verfügte über eine Reihe von Schulen, für die die Amtsgruppe I.B zuständig war: in erster Linie die Führerschule der Sicherheitspolizei in Charlottenburg, die SD-Schule Bernau und die Schule in Drögen bei Fürstenberg, die durch die Verlegung der Grenzpolizeischule Pretzsch 1941 entstanden war. Ein Ableger der SD-
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Schule bestand 1941 in Frauenberg bei Fulda, 1942 kam noch die Reichsschule der Sipo und des SD in Prag hinzu, an der vor allem SS-Führerlehrgänge durchgeführt wurden. Der Geschäftsverteilungsplan des RSHA von 1941 nennt außerdem noch eine Funkschule der Sipo und des SD im Schloß Grueneberg im Protektorat Böhmen und Mähren, geleitet von Sturmbannführer Hoffmann und eine Schießschule in Zella-Mehlis unter Leitung von Standartenführer von Daniels.253 Mindestens zwei weitere Schulen für Sipo und SD entstanden für den regionalen Bedarf in den besetzten Ländern Osteuropas; bekannt wurde die Schule in Bad Rabka in Polen. Darüber hinaus bestanden »Agenten-Schulen« des SD, hauptsächlich im Rahmen des »Unternehmens Zeppelin«, in denen V-Männer aus den besetzten Ländern ausgebildet wurden. Formell waren die Schulen Heydrich direkt unterstellt. Heydrich übertrug 1940 dem Chef des Amtes I im RSHA Bruno Streckenbach die Aufgaben eines Inspekteurs der Schulen. Die zentrale organisatorische Leitung und Verwaltung wurde durch die Amtsgruppe I.F bzw. I.B wahrgenommen. Nach der Ernennung von Erwin Schulz zum Amtsgruppenleiter I.B war Schulz auch für die Schulen zuständig und nahm gleichzeitig das Amt eines Kommandeurs der Charlottenburger Sipo-Führerschule wahr.254 Im Juli 1942 wurde Schulz zum Inspekteur der Schulen ernannt, während Hotzel als stellvertretender Amtsgruppenchef I.B Kommandeur der Charlottenburger Schule wurde. Als Schulz im Juli 1942 als Leiter zur Amtsgruppe I.A im RSHA wechselte, rückte sein bisheriger Stellvertreter Hotzel als Amtsgruppenchef I.B und Kommandeur der Schule nach. Das Amt des Inspekteurs der Schulen Sipo/SD übte Schulz weiterhin bis zu seiner Ernennung zum BdS Salzburg am 1.4.1944 aus. Danach ging dieses Amt auf Hans Fischer über, der 1944 zum IdS Berlin berufen wurde. Dass der Amtsgruppenleiter zugleich Kommandeur der Schule war, hatte vermutlich auch praktische Gründe, weil die Führerschule im gleichen Gebäude wie die Amtsgruppe untergebracht war, brachte aber vor allem die Zielsetzung zum Ausdruck, die der Amtsgruppe aufgegeben war, die gemeinsame Ausbildung des leitenden Dienstes für Sipo und SD voranzutreiben und die Schule als »große Führerschule« zur zentralen Ausbildungsstätte des leitenden Dienstes auszubauen. Die Charlottenburger Schule war daher nicht nur als Führerschule der Sipo, sondern als die eigentliche Führerschule des RSHA geplant. Nach den Vorschlägen Schellenbergs vom April und Juli 1939 sollte es neben der »großen Führerschule« des leitenden Dienstes lediglich nachgeordnete Schulen geben – eine Unterführerschule, Spezialschulen der Grenzpolizei und des Nachrichtendienstes und eine Sportschule. Da die Verschmelzung von Sipo und SD aber in Ansätzen stecken blieb, behielt die SD-Schule in Bernau ihren Sonderstatus als SD-Führerschule. Die Lehrgänge des leitenden Dienstes fanden jedoch in Charlottenburg statt. Waren die Schulen in Charlottenburg und Bernau bis 1939 jeweils ausschließlich Schulen der Sipo und des SD, so blieb dies zwar in der schwerpunktmäßigen Ausrichtung auch während des Krieges bestehen, in Bernau wurden jetzt aber auch Lehrgänge für die Sipo durchgeführt. Die Führerschule Charlottenburg war aus dem 1927 gegründeten Polizei-Institut der preußischen Kriminalpolizei hervorgegangen, das 1933 zur zentralen Ausbildungsstätte der Kriminalpolizei erklärt worden war. 1937 erfolgte die Umbenen-
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nung in »Führerschule der Sicherheitspolizei«. Angeschlossen war eine Kriminalfachschule, an der die Fachprüfung I für den mittleren Dienst abgelegt werden konnte. Neben der Durchführung von Lehrgängen für Kriminalkommissare und -inspektoren gehörte die Durchführung von Berufseignungsprüfungen zu den Aufgaben der Schule. Leiter war bis zur Umwandlung des Instituts in die Führerschule der Sipo der Kriminalrat und Sportfunktionär Felix Linnemann. Heydrich setzte 1937 mit Otto Hellwig einen zuverlässigen SS-Führer als Kommandeur ein; Hellwig hatte zuvor als SS-Sturmbannführer die Stapo-Stelle Breslau geleitet, während Linnemann erst 1940 der SS beitrat. Hellwigs Adjutant wurde Kurt Zillmann, der vorher schon Kriminologie und Kriminalistik an der Schule unterrichtete; Zillmann wurde 1938 als Untersturmführer in die SS aufgenommen und 1940 zum Obersturmführer, 1940 zum Hauptsturmführer und Kriminalrat ernannt. Er gehörte gleichzeitig dem für die Führerschule zuständigen Referat I.F 1b im RSHA an. Nach der Besetzung von Luxemburg wurde er dort als Chef der Kriminalpolizei eingesetzt.255 Zum Stabsführer der Schule wurde 1937 Kriminalrat Walter Zirpins ernannt, der auch maßgeblichen Anteil an der Lehrplangestaltung hatte und schon seit 1933 an der Schule unterrichtete. Otto Hellwig gehörte ähnlich wie Erwin Schulz zur älteren Garde der Polizeioffiziere, die sich schon während der Weimarer Republik im Polizeidienst etabliert hatten. Er war 1898 als Sohn eines Kaufmanns in Nordhausen geboren worden, hatte das Gymnasium nach der Obertertia verlassen und eine kaufmännische Lehre gemacht; mit 15 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger, 1919 nahm er als Angehöriger der Sturmabteilung Rossbach an den Kämpfen im Baltikum teil. Seit 1920 war er bei der Sicherheits- und Schutzpolizei beschäftigt. In den folgenden Jahren holte er das Abitur nach, absolvierte einen Polizeioffiziersanwärterlehrgang in Eiche und tat bis 1933 als Leutnant und Adjutant beim Kommando der Schutzpolizei in Bielefeld Dienst. Zwischendurch nahm er Aufgaben als Hundertschaftsführer, Panzerwagenkommandant und Ausbildungsoffizier wahr. Nachdem er 1933 in die NSDAP aufgenommen worden war, trat er 1935 in die SS und den SD ein und wurde zum Leiter der Gestapo in Breslau ernannt; 1937 folgte die Ernennung zum Obersturmbannführer, Oberregierungsrat und Kommandeur der Führerschule Charlottenburg, ein Amt, das er bis 1939 ausübte.256 Hellwig nahm im September 1939 mit einer Gruppe aus Schülern der Charlottenburger Schule zusammen mit Schülern der Grenzpolizeischule Pretzsch unter Leitung Trummlers am fingierten Überfall auf den Sender Gleiwitz teil, der den formellen Anlass zum Krieg mit Polen lieferte.257 Anschließend wurde Hellwig als Gestapochef in Kattowitz eingesetzt, kehrte also nicht an die Führerschule zurück. Im März 1941 ging die Leitung der Schule an Erwin Schulz über. Wer in der Zwischenzeit die Leitung innehatte, ist nicht bekannt, möglicherweise nahm Martin Sandberger als stellvertretender Amtsgruppenleiter und Leiter des Referats I.F 1b »Führerschule Sipo/SD« diese Funktion wahr. Von Juni/Juli 1942 bis Oktober 1944 war Rudolf Hotzel Kommandeur der Schule.258 Die Schule verfügte zwar über einen eigenen Stamm an Lehrkräften, die insbesondere das kriminologische Fachwissen abdeckten. Zu speziellen Themen wurden auch externe Professoren und Dozenten als Experten herangezogen.259 Die für die
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weltanschaulichen und politischen Fächer und Inhalte zuständigen Dozenten kamen aber hauptsächlich aus der Amtsgruppe I.F/I.B und anderen Abteilungen des RSHA. So unterrichteten unter anderem Elling, Knigge, Rennau und Zirpins an der Schule.260 Zirpins umfangreiche »Lehrstoffübersicht für den politisch-polizeilichen Unterricht« dürfte für den Unterricht an der Sipo-Führerschule bestimmt gewesen sein. Sie enthält einen Abschnitt über »staatsfeindliche Bestrebungen«, in dem auch »das Judentum« behandelt wird.261 Zu den WE-Dozenten gehörten Friedrich Seekel und Oskar Wendzio. Seekel, der Polizeirecht in Bernau unterrichtete, war Kriminalkommissar, hatte aber auch ein geisteswissenschaftliches Studium und das Studienreferendariat absolviert, bevor er 1935 zur Kriminalpolizei wechselte.262 Wendzio unterrichtete von 1937 bis 1940 »Nationalpolitik«, »Gegnerbekämpfung« und »Weltanschauung«. Er war Freikorps-Kämpfer und Offizier der Reichswehr gewesen, gehörte seit 1932 der NSDAP an, war Kriminalkommissar in Hamburg Altona und später Kriminalrat und Referent für Ostarbeiter bei der Stapo-Leitstelle Wien.263 Einen großen Anteil am Vorlesungsbetrieb hatte das von Six geleitete Amt VII »Weltanschauliche Forschung und Auswertung«. Ein (undatierter) »Plan der vom Amt VII zu übernehmenden Vorträge für den Lehrgang für Kriminalkommissar-Anwärter in der Führerschule der Sipo« weist allein 12 Vorlesungen auf: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Grundsätzliches über »Raum und Politik«, 2 Std. (Dr. Levin) Das europäische Interessengebiet (Hass, Steudle) Das asiatische Interessengebiet (DAI) Das atlantische Interessengebiet (DAI) Der deutsche Lebensraum im Osten (Hirt) Die besetzten Gebiete (Gürtler, Hass, Steudle) Organisation und Aufgabenstellung des Amtes VII (Six) Freimaurerei (Ehlers) Judentum (Ballensiefen, 6 Std.) Politische Kirchen (Duchêne) Marxismus (Mahnke) Liberalismus (Mehringer)
Dazu kam eine Reihe von Vorträgen, unter anderem über die »Endlösung der Judenfrage«, die das Amt IV (Gestapo) beisteuern sollte: 1. Die Freimaurerei und ihre staatspolizeiliche Behandlung 2. Das Judentum: a) Rechtsbestimmung und andere Vorschriften betr. die Stellung der Juden im nationalsozialistischen Staat und die staatspolitische Bedeutung; b) Die Endlösung der Judenfrage 3. Die politische Kirche 4. Der Marxismus 5. Der Kommunismus (?) 6. Das Emigrantenwesen 7. Die Rechtsopposition.264
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Über den Lehrbetrieb der Schule ist jedoch bislang kaum etwas bekannt. Ein Stundenplan der Schule für die Woche vom 12.5. bis 17.5.1941 weist auf ein dicht gedrängtes Programm hin; parallel fanden drei Kurse für Kriminalkommissaranwärter sowie ein Lehrgang für Kriminalassistenten in vier Hörsälen statt, den Unterricht erteilten zehn Lehrer, unter ihnen Kurt Zillmann und Friedrich Seekel. Ergänzt wurde der Unterricht durch Fechten, Waffenkunde, Schießübungen und Sport.265 Im Nachlass des späteren BKA-Präsidenten Paul Dickopf befinden sich einige Dokumente zum 13. Kriminalkommissaranwärter-Lehrgang an der Führerschule Charlottenburg, der von Oktober 1938 bis Juni 1939 lief und den wir hier beispielhaft heranziehen können. Danach umfasste der Lehrplan folgende Fächer: I. Nationalpolitische Schulung 1. Nationalsozialistische Weltanschauung (KK Dr. Estenfeld) 2. Allgemeine Staatslehre und deutsche Staatskunde (Estenfeld) 3. Völkerrecht (Estenfeld) II. Führerschulung 4. Lebenskunde (?) 5. Führerausbildung (OStubaf. Kdr. Hellwig) 6a Unterrichtslehre, 6b Lerntechniken (KK Zillmann) III. A. Kriminalwissenschaft und Praxis 7. Förderung der Berufseignung (Zillmann). Der Gegenstand der sicherheitspolizeilichen Tätigkeit und seine spezielle Bearbeitung: 8 Kripo (KK Dr. Eweler) 9a Gestapo (KK Dr. Wendzio) 9b (Abwehr) (KK Kluthe) 10. Kriminalpolizeiliche Untersuchungen 11. Einrichtungen, Arbeitsweise und Hilfsmittel der Sipo (Zillmann) 12. Spezialwissenschaften im Dienste der Kriminalistik III. B. Rechtskunde 13. Verwaltungs- u. Polizeirecht und Dienstkunde (Estenfeld) 14. Materielles Strafrecht (Kriminalrat Dr. Böhmer) 15. bis 18: Privatrecht, ZPO, freiw. [?] Gerichtsbarkeit usw. (Dr. Meyer), Einführung in die kaufmännische Praxis (Estenfeld), Beamtenrecht (Dr. Ziese) IV. 19. Körperschulung (OStuf. Wawrzyk [?]) 20. Waffenausbildung und Schießlehre (OStuf. Wawrzyk u. OScha. Grant) 21. Polizeitaktische Ausbildung (OStubaf. Hellwig) 22. Innendienst (wie 19/20)
Parallel zum Unterricht wurden Arbeitsgemeinschaften gebildet. Während des Lehrgangs waren schriftliche Arbeiten anzufertigen, abschließend fanden vom 26. bis 29. Juni mündliche Prüfungen statt, am 30. Juni wurden die Teilnehmer dem SipoChef Heydrich vorgestellt, der auch die Prüfungsergebnisse bekannt gab.266 Für den nationalpolitischen Unterricht war zu diesem Zeitpunkt Dr. Heinrich Estenfeld zuständig, der seit 1936 an der Charlottenburger Schule unterrichtete. Estenfeld hatte nach dem Abitur zunächst eine kaufmännische Lehre absolviert und danach an der
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Handelshochschule Köln und an der TH München studiert, bevor er sich 1932 als Kriminalkommissaranwärter zur Kripo in Recklinghausen meldete. Lehrgangsleiter war Kriminalrat Obersturmführer Eweler, ein promovierter Jurist und ebenfalls seit 1936 an der Schule tätig; er wurde 1941 zum Sturmbannführer und Leiter der Kripo Recklinghausen ernannt.267 Einige Themen deckten der Kommandeur der Schule Hellwig und sein Adjutant Zillmann ab – beide waren vor allem für die »Führerschulung« zuständig; Wendzio erteilte Unterricht über die Gestapo. Unter den Lehrgangsteilnehmern waren mehrere Geisteswissenschaftler, hauptsächlich Lehrer und Lehramtsstudenten, die sich für einen Wechsel zur Kriminalpolizei entschieden hatten. Einige Schüler nahmen später selber Unterrichtsaufgaben an den Schulen des RSHA wahr, wie der Diplomkaufmann Hans Lichtenegger, der später zur Reichsschule in Prag abgeordnet wurde und dort Vorlesungen über »Staatsaufbau« hielt, der Musikwissenschaftler Heinrich Wilhelm Funck, der 1941 an der Fürstenberger Schule unterrichtete oder der Philologe Otto Gunia, der später bei der Kripo München für die weltanschauliche Schulung zuständig war.268 Aus der Zeit des Krieges ist eine Vorlesungsübersicht für das Wintersemester 1941/42 erhalten, die neben rechts- und staatswissenschaftlichen Veranstaltungen folgende Zusammenstellung von Vorlesungen externer Professoren und Dozenten enthält: 1.) 2.) 3.) 4.) 5.) 6.) 7.) 8.) 9.) 10.) 11.) 12.) 13.)
Gieseler (Uni Tübingen): Rasse und Volk, Jankuhn (Uni Rostock): Vor- und Frühgeschichte Timme (Lehrerbildungsanstalt Braunschweig): Besiedlung Osteuropas und Ostfragen Strack (Berlin): Einführung in die Philosophie Wetz (Berlin): Einführung in die Psychologie Neesse (Parteikanzlei München): Geschichte, Aufbau und Rechtsstellung der NSDAP »Der englische Faschist Joice« (Deutscher Kurzwellensender Berlin): Der englische Faschismus sowie akute Fragen des englischen Weltreiches Spengler (RSHA): Das Recht der deutschen Kultur Werner (RSHA): Kriminalpolitik Roesner (ORR, Statist. Reichsamt): Kriminalstatistik sowie Aufgaben und Organisation des amtlichen statistischen Dienstes Knopp (Reichsjugendführung) Bekämpfung der Jugendkriminalität in Zusammenarbeit zwischen Polizei und HJ. Heess (Uni Berlin): Neueste Ergebnisse von kriminaltechnischen Untersuchungen Dressler (Generalsekretär der Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission): Die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission.
Hinzu kamen »Vorträge über die Arbeit auf dem polizeilichen und sicherheitsdienstlichen Fachgebiet, einschließlich besonderer Schulung über das Ausland«. Das Studium sollte durch die Bildung von Arbeitsgemeinschaften und Wiederholungsstunden unterstützt werden, für die Herrmann, Zirpins und Vollbrecht zuständig waren. Günther Herrmann leitete den 1. Lehrgang des leitenden Dienstes, deren Teilnehmer er als Einsatzkommandoführer im Sommer 1941 zum sicherheitspolizeilichen Ein-
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satz nach Russland führte. Er kehrte zum Wintersemester zurück und setzte seine Arbeit offenbar an der Führerschule fort. Zirpins war von seiner Tätigkeit als KripoChef des Ghettos Litzmannstadt zurückgekehrt.269 Ende 1941 fand in der Führerschule Charlottenburg auch ein »Umschulungslehrgang« für ehemalige elsässische, lothringische und luxemburgische Beamte der Kriminalpolizei statt, überwiegend Kriminalsekretäre, -assistenten und -oberassistenten. Der Lehrgang dauerte 6 Wochen und erfolgte unter Zugrundelegung des Lehrplans für Kriminalassistentenanwärter.270 Bereits im September 1939, als der Krieg gegen Polen begann, hielt sich eine Gruppe norwegischer Polizeibeamter in Berlin auf, um für drei Wochen an einem Lehrgang an der Führerschule Charlottenburg teilzunehmen; sie traten anschließend eine Rundreise durch das Reich an.271 Da die Räumlichkeiten in Charlottenburg nicht ausreichten, wurden während des Krieges Teile der Ausbildung an die Führerschule des SD in Bernau verlegt; hier fanden 1941 und 1942 auch Lehrgänge für Anwärter des gehobenen Dienstes, d.h. angehende Kriminalinspektoren der Gestapo statt. Die Schule in Bernau, nordöstlich von Berlin gelegen, war in der ehemaligen Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes eingerichtet worden, ein moderner Bau, der in den späten 20er Jahren vom damaligen Bauhaus-Direktor Hannes Meyer entworfen worden war. Bevor das Gebäude an den SD kam, bestand hier eine Reichsführerschule der NSDAP, an der Schulungskurse für Gau-Beauftragte und Schulungsleiter der Partei durchgeführt wurden. Die Aufgaben der NSDAP-Schule gingen Anfang 1936 an die neu eröffneten Ordensburgen Crössinsee und Vogelsang über, auch das Personal wechselte dorthin.272 Bereits im September 1934 hatte Gustav Adolf Scheel, der spätere Reichsstudentenführer und SD-Führer Südwest, damit begonnen, in Berlin eine Schule zur Ausbildung von SD-Leuten aufzubauen.273 Der SD nutzte zunächst gemeinsam mit dem RuSHA ein Gebäude in Berlin-Grunewald. Der erste Lehrgang des SD fand hier vom 8. bis 16. Januar 1935 statt, mit einer Eröffnungsrede Heydrichs und Vorträgen unter anderem von Albert Hartl über den politischen Katholizismus und Reinhard Höhn über die Aufgaben des Kulturreferates des SD.274 Ende 1935/Anfang 1936 ging die Grunewalder Schule als RuS-Schule ganz an das RuSHA über, und der SD bezog eine eigene Schule in Bernau. Wahrscheinlich wurde dort auch die Schulungsabteilung I.23 des SD-Hauptamtes untergebracht. Ein Mitarbeiter-Verzeichnis des SD-Hauptamtes vom Januar 1938 enthält zwar keine namentlichen Angaben zur Abteilung, nennt aber insgesamt elf Personen mit Dienstort Bernau, darunter der Kommandeur der Schule Klingemann, sein Adjutant Zachmann und der Verwaltungsleiter Behringer. Die Schule war nach militärischem Muster organisiert und wurde von einem Kommandeur geleitet, dem ein Adjutant zur Seite stand. Zum Stammpersonal, das auf dem Schulgelände untergebracht war, gehörten außerdem der Verwaltungsführer, Lehrgangsleiter, Sportreferenten und Dienstpersonal.275 Erster Leiter der Schule war seit September 1935 Alf Berg, ein Wehrsportlehrer, der zuvor als stellvertretender Leiter einer Geländeschule beim Chef des Ausbildungswesens der SA beschäftigt gewesen war. Berg, der Chemie und Kraftfahrwesen an der TH Dresden studiert hatte, gehörte seit 1931 der NSDAP und der SA an, war seit 1935 als Untersturmführer in der SS und im SD tätig und leitete die Schule bis
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November 1937; danach wurde er zum Führer des SD-Unterabschnitts Mecklenburg berufen.276 Stellvertretender Leiter war 1935, als sich die Schule noch in Berlin-Grunewald befand, Arnold Brügmann. Brügmann hatte Geschichte und Staatsphilosophie studiert und 1934 in Heidelberg mit der Arbeit »Staat und Nation im Denken Carls von Clausewitz« promoviert. Ende 1935 gab er die Tätigkeit in Bernau wieder auf, um das Studium fortzusetzen, 1937 habilitierte er sich bei Franz und Maschke in Jena mit der Schrift »Roms Kampf um den Menschen«. Brügmann gehörte schon früh dem NS-Schülerbund und seit 1931 der NSDAP und dem NS-Studentenbund an; 1931 bekleidete er in Freiburg das Amt für politische Bildung des Studentenbundes, 1936 war er Führer des SS-Mannschaftshauses in Heidelberg. Nach der Habilitation war er 1938/39 erneut als Lehrgangsleiter in Bernau tätig, bis er 1939 zum Leiter des Instituts für deutsche Studentengeschichte in Würzburg berufen wurde; 1942 folgte die Ernennung zum Leiter des Hauptarchivs der NSDAP in München.277 Stellvertretender Lehrgangsleiter war der Student Herbert Beyer. Beyer, 1909 in Calau geboren, hatte Mathematik und Physik in Berlin und Greifswald studiert und war Doktorand in Tübingen; er war 1931 der NSDAP, 1932 der SS beigetreten, arbeitete seit 1935 als V-Mann für den SD, wurde 1938 zum Untersturmführer ernannt und im gleichen Jahr als hauptamtlicher Mitarbeiter in Bernau eingestellt. 1939 wird er als Inspektionsführer der Schule geführt.278 Von Ende 1937 bis 1939 war Gottfried Klingemann Kommandeur der Schule. Klingemann, ein Offizier des 1. Weltkriegs, gehörte seit 1931 der NSDAP, seit 1932 der SA an und wurde 1937 als Sturmbannführer in die SS übernommen. Während des Krieges wurde er zum Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS und zum Kommandeur der Junkerschule Tölz ernannt.279 Als er im Januar 1940 zum Kommandeur der 13. Totenkopf-Standarte bestellt wurde, nahm Paul Hirschberg die Aufgaben eines kommissarischen Leiters der Schule wahr; er wurde wenig später mit der Leitung der SD-Schule im Kloster Frauenberg bei Fulda betraut. Im April 1941 wurde Hirschberg zum Abschnittsführer des SD in Darmstadt ernannt und im August darauf als SD- und Einsatzkommandoführer ins Elsass geschickt. Hirschberg war Polizeioffizier und Nationalsozialist der ersten Stunde – er hatte noch am Marsch auf die Feldherrenhalle in München 1923 teilgenommen und mehrere Monate auf der Festung Landsberg eingesessen. Von 1926 bis 1928 war er bei der Reichsleitung der NSDAP beschäftigt, danach arbeitete er einige Jahre als Reisevertreter bei Henkel, bis er 1934 hauptamtlich in der SS eingestellt wurde.280 Sein Nachfolger war Alfred Nickol, der vorher schon als stellvertretender Leiter der Schule amtierte und die Schule zunächst geschäftsführend leitete, bis er auch offiziell zum Kommandeur ernannt wurde. Nickol wurde 1911 in Lauterbach bei Eisenach in einer Arbeiterfamilie geboren. Er besuchte die Volksschule, fing als Lehrling in einer Farbenfabrik an und arbeitete sich zum selbständigen Kaufmann hoch. Er gehörte seit 1926 dem Deutschnationalen Jugendbund an, schloss sich 1931 der NSDAP, 1932 der SS an und trat 1936 hauptamtlich in die Dienste des SD ein, war als SD-Referent und Sturmbann-Schulungsleiter beim Oberabschnitt Nordost und – vermutlich als Schulungsreferent – beim IdS Königsberg tätig und kam schließlich 1940 an die Bernauer Schule. Neben der Leitung der Schule erteilte er auch selbst als Lehrgangsleiter und Dozent weltanschaulichen Unterricht.281 Adjutant der Bernauer
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Schule war Ferdinand Zachmann, 1911 in Rosenheim geboren und von Beruf Kaufmann; er gehörte von 1929 bis 1932 dem Stahlhelm an, war 1931 NSDAP- und 1933 SSMitglied geworden. Nachdem er 1937 zunächst bei den Totenkopfverbänden war, wechselte er 1938 zum SD und wurde 1939 zum Obersturmführer im SD-HA ernannt.282 Alfred Nickol übernahm neben der Leitung der Bernauer Schule, die er vermutlich bis zum Ende ihres Bestehens innehatte, gleichzeitig die Leitung einer zusätzlichen SD-Schule, die nach der Besetzung Polens in Zakopane gegründet, dann im Sommer 1940 nach Bad Rabka in den polnischen Karpaten verlegt wurde. Mitte 1944 leitete er außerdem die Ausbildungsabteilung der Sicherheitspolizei und des SD in Konitz. In einer Beurteilungsnotiz des RSHA vom Dezember 1944 werden Nickol, der inzwischen zum Sturmbannführer befördert worden war, besondere Verdienste attestiert, die er sich »um die weltanschauliche Ausrichtung und Weiterbildung der Inspektoren- und Assistenten-Lehrgänge erworben« habe: »Die unter seiner Führung ausgebildeten Einheiten haben sich zu einem erheblichen Teil bereits hervorragend in verschiedenen harten Einsätzen (Warschau, Slowakei usw.) bewährt.«283 Die Bernauer Schule betrieb der SD für eigene Ausbildungszwecke zur Durchführung von Seminaren, Lehrgängen, Arbeits- und Schulungstagungen sowie Feiern – in Bernau fanden zum Beispiel 1937/1938 die zentralen Sommer- und Wintersonnwendfeiern des SD statt.284 1937 wurde der Schule auf Betreiben Heydrichs, der selber aktiver Fechtsportler war, eine Fechtschule angeschlossen; unter Leitung Karl Hoffmanns begann hier im Januar 1938 ein zweijähriger Lehrgang zum staatlich geprüften Fechtlehrer, dem sich im Frühjahr 1939 ein zweiter Lehrgang anschloß. Die Absolventen sollten danach als Fechtsportreferenten und -lehrer in den Oberabschnitten der SS eingesetzt werden. Mit Beginn des Krieges wurde der Lehrbetrieb aber wieder eingestellt.285 Erste Hinweise auf den Betrieb der Schule finden sich im September 1935, als das Amt Presse und Schrifttum des SD hier einen Fortbildungskurs durchführte. Six, der die Leitung des Amtes gerade erst übernommen hatte, ordnete für die Zeit vom 22. bis 29.9. einen seminaristisch ausgerichteten Schulungskurs für alle Abschnitts- und Oberabschnittsreferenten des Amtes an. Der Planung lagen durchaus moderne hochschuldidaktische Prinzipien zugrunde: Die Vorträge waren vorher in stichwortartiger Ausfertigung vorzulegen und zu vervielfältigen, so dass jeder Teilnehmer sich vorher schon vorbereiten konnte. »Zu jedem Vortrag wurden große Wandtafeln zur plastischen und lebendigen Darstellung des gesprochenen Wortes hergestellt.« Zur weiteren Fortbildung wurden alle drei Monate »Kurzschulungskurse« angeordnet.286 Vom 9. bis 14.3.36 fand in Bernau die erste Schulungstagung für die Judenreferenten der SD-Oberabschnitte und -Abschnitte statt, auf der führende Vertreter der »Weltanschaulichen Gegnerforschung« wie von Mildenstein, Schröder, Hartl, Wolf, Wisliceny und Dr. Behrends Vorträge hielten. Die Experten aus dem Judenreferat des SD – vor allem Hagen und Dannecker, gelegentlich auch Eichmann – gehörten zu den regelmäßigen Dozenten auf diesen Lehrgängen.287 Sie stellten der Schule auch Material »zur Regelung der Judenfrage« für andere Schulungslehrgänge zusammen.288 Ziel war die Vermittlung von Grundwissen und die Gewährleistung einer einheitli-
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chen Bearbeitung der »Judenfrage«. Nachdem sich gezeigt hatte, dass viele Referenten in den Worten Eichmanns nur »oberflächliche Kenntnisse« hatten, wurden ab Sommer 1936 vergleichsweise gründliche und intensive zentrale Schulungslehrgänge von einer Woche Dauer für kleinere Gruppen von Judenreferenten organisiert.289 Anfang 1937 wurde in Bernau ein dreimonatiger Lehrgang für Absolventen der Junkerschulen durchgeführt, die eine Karriere beim SD anstrebten. Von November 1937 bis März 1938 fanden hier drei Lehrgänge für Sturmbannführer der Allgemeinen SS von jeweils vier Wochen Dauer statt. Ab 1938 veranstaltete man in Bernau 14tägige Fortbildungskurse für Außenstellenleiter des SD. Experten des SD hielten Vorträge zu den verschiedenen Aufgaben und Arbeitsgebieten; etwa die Hälfte der Vorträge befasste sich mit der Erforschung und Überwachung der Gegner – Freimaurerei, Judentum, »politischer Katholizismus«, Sektenwesen etc. Der Freimaurerei wurde 1938 noch erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet, unter anderem weil sie als Wegbereiter der Judenemanzipation galt. Auf dem Außenstellenleiter-Lehrgang, der Ende Februar/Anfang März stattfand, berichtete Dannecker über die Lage des Judentums und die Gesetzgebung bezüglich des Judentums, während Eichmann »Ziel und Methodik in der Lösung der Judenfrage« skizzierte: Um die Juden aus allen Lebensgebieten auszuschalten, müsse, so Eichmann, ihre Auswanderung aus Europa gefördert werden; um die Auswanderung auch der Mittellosen zu ermöglichen, müssten die jüdischen »Kapitalisten« herangezogen werden. Dr. Ehlich, der im SD das Referat Volksgesundheit und Bevölkerungspolitik leitete, steuerte einen Beitrag über »Erb- und Rassepflege und Volksgesundheit« bei, in dem er perspektivisch die Aufgabe einer erweiterten Erfassung »Erbkranker« präsentierte: »zum Beispiel Asoziale, Bazillenträger, Verbrecher, Arbeitsunwillige«, für die »jetzt schon Gesetzesunterlagen gesammelt« würden, »damit auch diese Mängel abgestellt werden können.«290 Im Sommer 1939 wurde ein Lehrgang über Polen organisiert, in dem es um Presse und Propaganda, Innen- und Außenpolitik, Wirtschaft, Kirchen etc. in Polen ging. Mitarbeiter der SD-Gegnerforschung steuerten Beiträge über Judentum und Bolschewismus sowie über volksdeutsche Minderheiten bei. Der Lehrgang unter Leitung von Six und Ehrlinger fand vom 8. bis 24.6. statt und wurde im Juli noch einmal wiederholt; jede Wiederholungsstunde wurde mit Kursarbeiten von 15 Minuten abgeschlossen – es lag den Veranstaltern also sehr viel an einer nachhaltigen Verankerung des vermittelten Stoffs. Daneben wurde Sport, Ordnungsdienst und Ausbildung in Pistolenschießen betrieben.291 Offensichtlich diente dieser Lehrgang der Vorbereitung der Einsatzgruppen für den Polen-Feldzug. Zuvor war im SD-HA im Mai 1939 eine Zentralstelle II P (Polen) eingerichtet worden, die unmittelbar Six unterstand; ihre Aufgabe war die »Zusammenfassung sämtlicher das Deutschtum in Polen berührenden Vorgänge weltanschaulich-politischer, kultureller, propagandistischer und wirtschaftlicher Art« und der Aufbau einer Zentralkartei für die Arbeit der künftigen Einsatzgruppen im besetzten Polen.292 1940 fanden zweimonatige Lehrgänge für Männer aus der Waffen-SS statt, die zum SD überstellt wurden. Daneben führte man in Bernau ab 1940 auch Schulungslager für Führeranwärter der SS durch. Darüber hinaus diente die Schule während des Krieges, wie erwähnt, auch als Ausbildungsstätte für den gehobenen Verwaltungsdienst bei Sipo und SD; nach Abschluss
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des Vorbereitungsdienstes mussten hier mehrmonatige Lehrgänge absolviert und die Abschlussprüfungen abgelegt werden. Der letzte bekannte Lehrgang, der in Bernau stattfand, war ein Ausleselehrgang Ende Juni/Anfang Juli 1943 für Anwärter des leitenden Dienstes Sipo/SD. Für den Unterricht wurden in der Regel jeweils ad hoc Mitarbeiter aus den verschiedenen Abteilungen und Dienststellen des RSHA zu den Lehrgängen herangezogen. Zu den regelmäßigen Dozenten gehörten insbesondere die Mitarbeiter – Abteilungsleiter und Referenten – der Amtsgruppe I.F/I.B des RSHA. Den weltanschaulichen Unterricht erteilte zeitweise Paul Zapp und ab 1941 zumeist Alfred Nickol selber, nachdem Zapp zur Einsatzgruppe D abgeordnet worden war. Für deutsche Geschichte wurde mehrfach Siegfried Engel vom Referat I.B 1 herangezogen, für kulturelle Themen Wilhelm Spengler von der Hauptabteilung »Kulturelles Leben« oder Hans Rössner vom Amt III C.2 »Wissenschaft und Erziehung«; Rössner hatte auch seinen Dienstsitz in der Führerschule Bernau – im Herbst 1943 wurden die Referate III C.1 bis 3 aus Schutz vor Luftangriffen nach Bernau verlagert.293 Die Schule organisierte auch externe Schulungslager in landschaftlich reizvollen Gegenden – so plante man beispielsweise im Herbst 1942 ein 8tägiges SD-Führerlager im Harz.294 Einige Beispiele zur Illustration der Lehrgangspraxis. Nach Befehl des SD-Hauptamtes vom Oktober 1937 fanden in den folgenden Monaten mehrere Lehrgänge für Sturmbannführer der Allgemeinen SS statt, die der allgemeinen Schulung, aber auch der Auswahl geeigneter Führungskräfte für den SD dienten. Die Lehrgänge bildeten einen Vorläufer der späteren Führer-Lehrgänge, die ab April 1940 institutionalisiert wurden und zum Teil in Bernau durchgeführt wurden. Als Redner wurden Experten aus dem SD-Hauptamt herangezogen. Einen ganzen Tag bestritt beispielsweise Herbert Hagen von der Abt. 112 mit Vorträgen über das Judentum.295 Über die Lehrgänge sind einige didaktische Materialien erhalten, die auf einen »klassischen« Betrieb mit Vorlesungen und Seminaren nach akademischem Vorbild schließen lassen. Danach erhielten die Referenten genaue Zeitvorgaben: 8.30 – 9.50 Vortrag 9.50 – 10.10 Pause 10.10 – 11.40 Seminar 11.40 – 11.50 Pause 11.50 – 12.15 Einzelfragen, Kurzarbeiten
Nach dem gleichen Muster folgte ein zweiter Vortrag mit anschließendem Seminar am Nachmittag. Die Referenten wurden aufgefordert, eine »stichwortartige Linienführung« des Vortrags vorzulegen und das Seminar so vorzubereiten, dass es nicht in eine »vom Zufall abhängige Diskussion« ausarte. Jede Unterrichtseinheit war mit einer Kurzarbeit (Klausur) der Teilnehmer von einer halben bis dreiviertel Seite abzuschließen. Am Ende des Lehrgangs standen mündliche Prüfungen vor einer Prüfungskommission. Die Themen für die Kurzarbeiten und die mündlichen Prüfungen stellten die Referenten. Der Referent der Abteilung II.122 beispielsweise, der Stu-
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dienreferendar Rolf Mühler, gab als Thema für die Kurzarbeit an: »Demokratie, Liberalismus und Pazifismus in ihrem Verhältnis zu Moskau«. Die Abt. II.122 war für die »Mittelbewegungen« zuständig, mit denen vor allem der Liberalismus gemeint war. Sie schlug im Oktober 1937 folgende Vortragsthemen vor: 1. 2. 3. 4.
»Die Grundlagen der demokratischen Staatsauffassung« oder »Theoretische und wahre Demokratie«, »Bedeutung und Gefahr des Pazifismus« »Die Emigration von 1933 und ihre Bedeutung für die Weltmeinung gegen Deutschland«.296
Zuvor hatte Anfang 1937 ein Lehrgang für Absolventen der Junkerschule Braunschweig stattgefunden, für den die Abt. II.122 unter anderem diese Themen angab: »Der demokratische Staatsgedanke als Grundlage der demokratischen Parteien«, »Der Genfer Völkerbund als Einrichtung zur Erhaltung des Weltfriedens« und »Die Zersetzungstätigkeit der pazifistischen Organisationen in Deutschland auf kulturellem Gebiet«.297 Auch die Außenstellenleiter-Lehrgänge, die zumeist 2 Wochen dauerten, wurden zu einem großen Teil mit eigenem Personal des SD-Hauptamtes bestritten. Auf den Lehrgängen der Jahre 1938 und 1939 referierten unter anderem Helmut Knochen über »Juden und Freimaurer als weltanschauliche und politische Gegnergruppe«, Adolf Eichmann über »Ziel und Methodik in der Lösung der Judenfrage«, Theodor Dannecker über »Die Lage im innerdeutschen Judentum« und «Gesetzes- und Verordnungsfragen auf dem Gebiet des Judentums«, Albert Hartl über »Kirchen und Sekten als weltanschauliche und politische Gegner«, Otto Ohlendorf über »Weltanschauung und Wirtschaft«, Hans Ehlich über »Erb- und Rassenpflege«, Wilhelm Spengler über »Kultur und Rasse«, Gerd Schulte über »Nationalsozialismus und Erziehung«.298 Zwischen November 1941 und April 1942 wurden insgesamt 6 solcher 14tägiger Lehrgänge durchgeführt, in die jetzt auch die Grenzpolizeikommissariate der Gestapo einbezogen waren. Die Federführung lag bei der Abteilung I.B 4 im RSHA. Der Vortragsplan für den ersten Lehrgang sah am ersten Tag eine Einführung durch die Amtschefs Streckenbach, Müller und Gengenbach vor; danach folgten mehrere Tage mit Vorträgen hauptsächlich zu weltanschaulichen Themen, darunter auch ein Vortrag von Eichmann zur Judenfrage: 2. Tag: Die Schutzstaffel und ihre Aufgaben (Nickol); Der Aufgabenbereich des RFSS besonders im Kriege (Caesar); Die Haltung eines SS-Mannes (Schulz) 3. Tag: Kultur als Beispiel der Lebensgebietsarbeit (Dr. Spengler); Überblick über die gegenwärtige Wirtschaftslage (Dr. Leetsch); Nachrichtendienstliche Arbeit in Volkstumsfragen (Hummitzsch) 4. Tag: Die politische Kirche (Hartl); Die Judenfrage (Eichmann); Die Völkerschaften Sowjetrusslands (Dr. Speer vom Wannsee-Institut) 5. Tag: Marxismus/Bolschewismus (Reg.- u. Krim. Rat Dr. Vogt); Aufbau des Nachrichtennetzes (Sepp); Nationalsozialistische Feiergestaltung (Nickol)
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Danach ging es mit sicherheitsdienstlichen und polizeifachlichen Themen weiter, es wurden jedoch immer wieder weltanschauliche Themen eingefügt, so dass die Rückbindung des »Fachlichen« an die nationalsozialistische Weltanschauung stets gewahrt blieb: 6. Tag: Passwesen; Stimmungsberichterstattung; Ausländerpolizei und Grenzsicherung; Die öffenlichen Führungsmittel (v. Kielpinski) 7. Tag: Werkschutz; Erziehung (Duffner); Grenzpolizei; Religiöses Leben (Duffner); Das Reich als Idee und politische Macht (Dr. Engel) 8. Tag: Britischer Nachrichtendienst; Recht; Schutzhaft; Verwaltung; Der russische Wirtschaftsraum 9. Tag: Vorbeugende Verbrechensbekämpfung; Kapitalverbrechen; Fingerabdrücke etc.; Besichtigung des Kriminaltechnischen Instituts 10. Tag: Führerschutz; Volkskultur und -kunst (Dr. Rössner); Sabotage; Volksgesundheit (Ehlich); Die Rassenfrage (Ehlich) 11. Tag: Ausländische Arbeiter; Polen im Reich; Emigranten; Versorgung und Ernährung; Industrie- und Rohstoffversorgung; Arbeits- und Sozialwesen 12. Tag: Die Aufgaben des Amtes IV; Staatspolizei und Wirtschaft.299
Die »nationalsozialistische Weltanschauung« war in allen Themenfeldern präsent, bildete aber stets auch ein eigenes Unterrichtsfach mit vergleichsweise starkem Stundenanteil. Der Ausbildungslehrgang für Anwärter des gehobenen Verwaltungsdienstes der Gestapo, der vom 18.10. bis 16.12.1941 in Bernau durchgeführt wurde, sah z. B. folgende Fächer- und Stundenaufteilung vor: Nationalsozialistische Weltanschauung, 14 Doppelstunden (Nickol) Deutsche Geschichte, 9 Doppelstunden (Engel) Politik und Raum, 9 Doppelstunden (Hammer) Staatsrecht (Volk, Partei, Reich), 6 Doppelstunden (Hubig) Verwaltungsrecht, 5 Doppelstunden (Kriminalrat Stindt) Polizeirecht, 5 Doppelstunden (Seekel) Beamtenrecht, 4 Doppelstunden (Reg.rat Metzker) Zivilrecht, 11 Doppelstunden (Herbst) Strafrecht, 10 Doppelstunden (Rennau) Verwaltungsdienstkunde, insges. 29 Doppelstunden (verschiedene Dozenten)
Der Lehrgang, an dem 41 Anwärter teilnahmen, war mit einem einwöchigen SS-Führerlager in Bernau verbunden und schloss mit der schriftlichen und mündlichen Inspektorenprüfung ab.300 »Nationalsozialistische Weltanschauung«, »Deutsche Geschichte« und »Politik und Raum« bildeten zusammen das »Lehrfach A: Weltanschauliche Schulung«, das fast ein Drittel der gesamten Unterrichtszeit einnahm. Während Nickol als Schulleiter den Hauptpart der »nationalsozialistischen Weltanschauung« übernahm, erteilte Siegfried Engel Lektionen über die Geschichte »vom großgermanischen zum großdeutschen Reich«, die von der germanischen Vorgeschichte, die mittelalterlichen Reiche und den preußischen Ritterorden in raschen
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Schritten mit kurzer Zwischenstation »Bismarck und das Zweite Reich« zum Großdeutschen Reich der Gegenwart gelangte. Bemerkenswert war die starke Gewichtung geo- und europapolitischer Themen im dritten Teil des »Lehrfachs Weltanschauliche Schulung«, den Erich Hammer bestritt: »III. Politik und Raum. Teil I: Deutschland und Europa. 1. Einführung in die geographisch-politischen Gegebenheiten Europas (u.a. geographische Ursachen des Weltkrieges – weltwirtschaftliche Verschiebungen). 2. Kann Deutschland Anspruch auf Führung Europas erheben? a) Die Stellung der germanischen Welt zu Europa und Deutschlands Weg zum Großdeutschen Reich. b) Deutschlands geopolitische Lage als Herz Europas und die Leistungen des deutschen Menschen für Europa. 3. Großdeutschland als Europas Führer. a) Der Aufbruch der jungen Völker Europas und der Kampf der völkischen Ordnung gegen die Plutokratien. b) Europas Neuordnung. 4. Deutschlands rassepolitische Forderungen an Europa. Das deutsche Volk und die rassenpolitischen Forderungen im neuen Europa. Teil II: Deutschland und die Welt 1. Großraum Europa – Afrika 2. Großamerika – UdSSR 3. Japan, die führende Macht in Fernost.«301
1942 wurden in Bernau hauptsächlich Lehrgänge für Anwärter des gehobenen Dienstes der Gestapo durchgeführt, mit Nickol und Engel als regelmäßigen Dozenten für weltanschauliche und geschichtliche Themen. 1943 fanden mehrere Tagungen von Ämtern des RSHA hier statt, für Ende Juni 1943 ist ein letzter Ausleselehrgang für Anwärter des leitenden Dienstes bei Sipo/SD in Bernau belegt. Da im Verlauf des Jahres 1943 zunehmend Abteilungen des RSHA aus Sicherheitsgründen von Berlin nach Bernau verlegt wurden, dürfte der Lehrgangsbetrieb weitgehend zum Erliegen gekommen sein.302 Wurde die Führerschule Charlottenburg durch die Auslagerung von Lehrgängen des gehobenen Dienstes nach Bernau entlastet, so übernahm die Grenzpolizeischule Pretzsch Aufgaben der Ausbildung des mittleren Dienstes. 1940 wurde hier ein Ausbildungsgang für den mittleren Dienst (Kriminalassistenten) der Gestapo institutionalisiert, außerdem fanden in Pretzsch 1940/41 Kurzlehrgänge für Ersatzkräfte aus der Waffen-SS für die Sipo sowie Führer- und Ausleselehrgänge für Anwärter des leitenden Dienstes statt. Für die Grenzpolizei der Gestapo hatte Heydrichs Stellvertreter Werner Best, Chef der Abwehrpolizei, ein Schulungs- und Ausbildungssystem aufgebaut und zu diesem Zweck schon 1937 eine Schule im Schloss Pretzsch bei Wittenberg an der Elbe errichtet. Hier wurden Anwärter und Beamte für die Laufbahn des mittleren Dienstes der Grenzpolizei ausgebildet.303 Zuvor war Pretzsch als Geländesportschule und für Schulungslager genutzt worden – 1934 und 1935 wurden
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hier mehrwöchige Wehrsportlehrgänge durchgeführt, 1935 fand im Schloss unter anderem ein Vorgeschichtsschulungslager unter Leitung von Walther Schulz, dem Direktor der Landesanstalt für Vorgeschichte in Halle, statt.304 Ab 1937 wurden in Pretzsch Grenzpolizei-Lehrgänge von 2 Monaten Dauer durchgeführt. Ein Lehrplan der Schule weist von insgesamt 341 Einzelstunden 34 Stunden für den weltanschaulichen Unterricht und 18 Stunden für »Staatskunde« aus; die anderen Fächer waren Rechtskunde, Kriminalwissenschaft, Staatspolizei- und Grenzpolizeidienstkunde, 32 Stunden waren für Waffenschulung, 39 Stunden für Körperschulung vorgesehen. In Staatskunde waren 7 Stunden »Geographie des Reichs und der Welt«, 6 Stunden »Geschichte des Reichs« und 5 Stunden »Staat, Bewegung und Volk« angesetzt. Im weltanschaulichen Unterricht waren diese Themen zu behandeln: 1. 2. 3. 4.
Die Geburt der Idee (Der Führer, die Bewegung etc.), Die Verwirklichung der Idee (nationalsozialistisch-staatliche Politik), Die Träger der Idee (Bauerntum, Arbeitertum, Soldatentum, Beamtentum), Fortsetzung des Kampfes (»Kampf um die Jugend, die Kultur, die Rasse, den Glauben und gegen den Gegner in uns selbst«).305
Während der letzten Wochen des Lehrgangs stand eine Vortragsreihe von Referenten des Geheimen Staatspolizeiamtes Berlin auf dem Programm; das Schulungsmaterial stellten die Mitarbeiter des für die Grenzpolizei zuständigen Referates III H des Gestapa zusammen. Zu Beginn des Krieges wurden in Pretzsch auch Angehörige der Hitler-Jugend zu Kurzlehrgängen im Streifendienst und für Hilfsdienste bei der Sicherheitspolizei einberufen.306 Im Frühjahr 1940 wurden in Pretzsch die ersten Ausleselehrgänge für Anwärter der Ausbildung für den leitenden Dienst veranstaltet, insgesamt dürften von April bis August 1940 acht solcher Lehrgänge durchgeführt worden sein. Im Juli fand hier der erste SS-Führerlehrgang statt, bis Mitte Oktober folgten drei weitere Lehrgänge. Von Oktober 1940 bis Januar 1941 diente die Schule als Ausbildungsstätte für Ersatzkräfte aus der Waffen-SS, die hier eine sicherheitspolizeiliche Grund- und Kurzausbildung von zwei Monaten erhielten und anschließend entweder zur Sipo oder zum SD einberufen werden sollten. Die Ausbildung für den SD fand in Bernau, für die Sipo in Pretzsch statt. Vor Beginn der Lehrgänge wurde in Pretzsch eine Prüfung für alle Teilnehmer durchgeführt, nach der eine Zuordnung auf die verschiedenen Lehrgänge erfolgte.307 Für das Fach »weltanschauliche Erziehung« waren 3 Wochenstunden zu diesen Themenkomplexen vorgesehen: »1. Überblick über die wichtigsten Epochen der deutschen Geschichte, nationalsozialistisch gewertet; 2. Aufbau und Aufgaben der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände; 3. Die weltanschaulichen Gegner des Nationalsozialismus.«
Als Dozenten für weltanschauliche Erziehung wurden die Schulungsreferenten der IdS Kassel-Wiesbaden, Stuttgart und München Heinz Kraus, Fritz Scheu und HansJoachim Knigge nach Pretzsch geschickt (s. o.).
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Erster Leiter der Grenzpolizeischule war der Buchdruckereibesitzer Karl d’Angelo, seit 1930 SS-Mitglied, 1935 Schutzhaftlagerführer von Dachau; er wurde 1939 Polizeidirektor von Cuxhaven, 1943 von Heilbronn.308 1938 wurde der promovierte Staatswissenschaftler Hans Trummler zum Leiter der Schule berufen. Trummler kam aus dem Ausbildungswesen der SA und wurde 1937 als Führer der SS-Grenz-Überwachung in die Gestapo übernommen. Er leitete die Schule in Pretzsch und anschließend in Fürstenberg fast während der ganzen Kriegszeit hindurch bis zu seiner Ernennung zum BdS Rhein-Westmark. Trummler wurde im Jahr 1900 in Friedrichsroda als Sohn eines Kaufmanns geboren. Er kam 1918 noch für einige Monate zum Fronteinsatz in Flandern und diente danach bis 1920 bei Freikorps in Sachsen. Anschließend machte er eine Banklehre, wurde Diplomkaufmann, nahm noch ein staatswissenschaftliches Studium auf und promovierte zum Dr. rer. pol. In den 20er Jahren arbeitete er zuerst als Volontär bei der Commerzbank in Zittau, dann bei der Gothaer Feuerversicherung, von 1925 bis 1927 als Personalchef bei den Horch-Werken in Zwickau. Von 1927 bis 1932 arbeitete er in der Firma seines Vaters in Leipzig; nach Erkrankung des Vaters übernahm er das Geschäft, musste aber 1933 Konkurs anmelden. Trummler, der bereits seit 1928 der NSDAP und der SA angehörte, wechselte jetzt hauptberuflich zur SA. Von 1933 bis 1935 war er beim Chef des Ausbildungswesens tätig und leitete u. a. das Wehramt der Leipziger Hoch- und Fachschulen. Dazu gehörte auch die Leitung der Wehrsportschule Borna, an der er Lehrgänge für Professoren und Dozenten durchführte. Nachdem er in Borna durch Übergriffe gegen Polizeibeamte missliebig aufgefallen war, versetzte man ihn als Lagerführer zum Ausbildungslager Luttensee bei Mittenwald. 1935 wurde ihm die Leitung der Reichssportschule für Leibesübungen der Reichsbauernschaft auf der Burg Neuhaus übertragen, an der die sportliche Ausbildung der Bauernschullehrer stattfand.309 Auch hier fiel Trummler durch Alkohol-Exzesse und körperliche Übergriffe negativ auf. Vor allem Beschwerden von Schülerinnen wegen sexueller Belästigung führten bereits im Dezember 1935 zu seiner fristlosen Entlassung; hinzu kam eine Scheidungsklage seiner Ehefrau wegen Untreue. Für einige Tage wurde er zudem vom SS-Dienst suspendiert. Im Mai 1936 erhielt er eine neue Chance: Trummler wurde zur Grenzüberwachung nach München überstellt und 1937 als Führer der SS-Grenzüberwachung in die Gestapo übernommen. 1938 vertraute man ihm schließlich die Leitung der Grenzpolizeischule Pretzsch an, Ende des Jahres wurde er zum Regierungsrat im Referat III H des Gestapa ernannt und war dort für die Einrichtung der Grenzpolizeikommissariate und -posten sowie die Ausbildung der Grenzpolizei zuständig.310 Im Mai und Juni 1941 wurden die Räumlichkeiten in Pretzsch für die Aufstellung und Vorbereitung der Einsatzgruppen und -kommandos für den Russland-Feldzug genutzt. Im Herbst 1941 wurde die Schule schließlich aufgelöst und als Unterführerschule bzw. Schule für den einfachen und mittleren Vollzugsdienst der Sipo nach Fürstenberg in Mecklenburg verlegt.311 An ihre Stelle sollte dem Geschäftsverteilungsplan des RSHA vom März 1941 zufolge offenbar eine zentrale Sportschule des RSHA unter Leitung Edler von Daniels’ treten. Die Abteilung Leibesübungen im RSHA wurde jedoch wenig später dem Amt Leibeserziehung im SS-Hauptamt unter Leitung von Daniels’ eingegliedert; das SS-HA eröffnete später eine Reichsschule für
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Leibeserziehung in Prag. Die Schule in Pretzsch hatte bereits aufgrund der zusätzlichen Aufgaben, die ihr 1940/41 mit der Übertragung der Ausbildung für den mittleren Dienst zugewiesen wurden, provisorisch erweitert werden müssen, so dass Anfang 1941 Pläne aufkamen, eine größere Schule zu errichten. Einen geeigneten Ort fand man auf dem stillgelegten Gelände eines ehemaligen Arbeitslagers in Drögen bei Fürstenberg in der Nähe des KZ Ravensbrück. Bis zum Ende des Jahres 1941 errichtete hier ein Außenkommando von Sachsenhausen die Sicherheitspolizeischule Fürstenberg. Insassen aus Ravensbrück wurden danach als Dienstpersonal für die Schule herangezogen.312 Unter der Leitung Trummlers zog die Polizeischule Pretzsch Ende 1941 nach Fürstenberg um. In Fürstenberg wurde vor allem die gemeinsame Ausbildung der Kriminalassistentenanwärter der Gestapo und Kripo institutionalisiert. Die Schule war jetzt auf etwa 1100 Schüler ausgelegt. Mit diesem Aufgabenwandel war zugleich eine erhebliche Personalaufstockung verbunden: 313 Planstellen: Führerschule Charlottenburg Pretzsch/Fürstenberg
1940 44 37
1941 45 124
1942 45 119
1942 wurden für die Schule in Fürstenberg auch 3 Polizeischullehrer-Planstellen ausgewiesen. Über das Lehrpersonal in Pretzsch und Fürstenberg ist nur wenig bekannt. Den Unterricht erteilten in der Regel höhere Beamte der Gestapo und Kripo, die, sofern sie nicht zum Stammpersonal gehörten, vom RSHA oder von Leitstellen der Kriminal- und Staatspolizei zu einzelnen Lehrgängern abgeordnet wurden. 1937/38 hatte bereits der Volksschullehrer Gottlieb Bussinger in Pretzsch Unterricht in Staatskunde und nationalsozialistischer Weltanschauung erteilt.314 Wahrscheinlich erteilte auch der Hauptschullehrer Anton Egerter, der 1939/1940 für fast ein Jahr in Pretzsch tätig war, hier weltanschaulichen Unterricht; er wurde anschließend als WS-Lehrer an den Junkerschulen Tölz und Prag eingesetzt.315 Der erste Lehrgang begann am 12.1.1942 und dauerte vier Monate, nachdem am 8.1. ein gemeinsamer Lehrplan für Assistentenanwärter der Kripo und der Gestapo erlassen worden war.316 1943 fand in Fürstenberg auch ein Ausleselehrgang für volksdeutsche Umsiedler statt, die zuvor in Umsiedlerlagern für einen möglichen Dienst bei der Sipo gemustert worden waren und anschließend als sicherheitspolizeiliche Hilfskräfte zurückgeschickt wurden.317 Nach Häftlingsaussagen wurden auch lettische, litauische, ukrainische und kroatische SS-Männer als Kräfte der Sicherheitspolizei hier ausgebildet, die sich zuvor bei Kampfeinsätzen und Tötungskommandos hervorgetan haben sollten.318 Unter anderem fanden schon 1942 Lehrgänge für lettische und estnische Hilfskräfte statt. Trummler selbst kam Anfang 1942 nach Lettland und suchte dort 120 Männer mit mittlerer und höherer Bildung sowie 160 Männer mit Elementarschulbildung aus, die in zwei Kompanien zusammengefasst und für drei Monate zur Ausbildung nach Fürstenberg geschickt wurden. Nach Zeitzeugenberichten bildeten antisemitische Inhalte einen selbstverständlichen Bestandteil des Unterrichts: Sie lernten, »dass Juden auf Kosten anderer Nationen lebten, Parasiten waren und beseitigt werden
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müssten.«319 Die Teilnehmer kehrten anschließend nach Lettland zurück und wurden dort unter anderem bei der Bewachung von Konzentrationslagern und der Exekution von Juden eingesetzt. Unter den Lehrgangsteilnehmern in Fürstenberg waren zahlreiche Angehörige des berüchtigten Arajs-Kommandos, darunter auch Viktor Arajs selbst. Dem Kommando wird der Mord an 26 000 Juden zugeschrieben.320 Um die Schulen in Bernau und Pretzsch von Ausbildungsaufgaben zu entlasten, suchte man einen zusätzlichen Ort vor allem für die Durchführung der Führerlehrgänge und wurde im Kloster Frauenberg bei Fulda fündig. Das Franziskanerkloster wurde im Dezember 1940 unter dem Vorwand des Verstoßes gegen die Lebensmittelbewirtschaftung von der Gestapo beschlagnahmt und geschlossen und anschließend für Ausbildungszwecke des RSHA umgewidmet. Im Januar 1941 zog die SDSchule unter Leitung Paul Hirschbergs hier ein, der zuvor kommissarisch die Schule in Bernau geleitet hatte. Die SD-Schule Frauenberg war ungefähr ein Jahr in Betrieb. Während dieser Zeit fanden hier hauptsächlich Führer- und Ausleselehrgänge statt. Im Oktober 1941 wurde auch ein »Wiederholungsführerlager« für Anwärter durchgeführt, die zuvor zurückgestellt worden waren und jetzt eine neue Chance erhielten.321 Nach einem Jahr, Februar/März 1942 wurde die Schule wieder aufgelöst und nach Prag verlegt.322 Sipo-/SD-Schulen in den besetzten Gebieten Ab Frühjahr 1942 fanden die Führerlehrgänge an der neu errichteten Reichsschule der Sicherheitspolizei und des SD in Prag-Bubentsch statt – im Mai 1942 wurde hier bereits der 26., im September 1942 der 33. SS-Führerlehrgang veranstaltet. Im Laufe des Jahres 1943 wurden die Lehrgänge aber vorerst wieder eingestellt.323 Der Standort Prag wurde aber auch für andere Ausbildungsformen genutzt. So begann hier beispielsweise im April 1944 ein sechsmonatiger Auswahllehrgang für Anwärterinnen der Sipo und des SD, dem im Oktober ein weiterer Lehrgang folgte.324 Die Schule wurde in einem ehemaligen jüdischen Palais eingerichtet, Leiter war Sturmbannführer Karl Hermann Rabe. Rabe war bereits 1937 Abteilungsleiter im Personalamt des SD-Hauptamtes. Er war schon früh politisch aktiv; wegen Teilnahme am HitlerPutsch war er als Obersekundaner vom Humanistischen Gymnasium verwiesen worden und hatte deswegen nur eine kaufmännische Lehre machen können. Während der 20er Jahre gehörte er dem Wiking-Bund und der Brigade Ehrhard an, 1931 trat er der SA, 1932 der SS bei. Stellvertretender Leiter war der Sturmbannführer und Regierungsrat Kurt Gornig; Gornig wurde im Juni 1943 als Abteilungsleiter zur Einsatzgruppe B abgeordnet und 1944 zum KdS Königsberg ernannt. An seine Stelle trat Obersturmbannführer Dr. Rennau vom Referat I.B 4 des RSHA als stellvertretender Schulleiter. Rennau, der zuvor schon als Dozent für Strafrecht an der SD-Schule Bernau tätig gewesen war, wurde im Mai 1944 als Oberregierungsrat und Gestapochef nach Brünn versetzt.325 Gerhard Folkerts, der die Abt. Leibesübungen in der Amtsgruppe I.B leitete, war als »Beurteiler« an der Schule tätig. Von Hans Lichtenegger,
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der 1942 als Lehrer an die Schule abgeordnet wurde, sind Skripte einer Vorlesung über Staatslehre, den Aufbau des Dritten Reichs und den Themenkomplex Volk und Staat erhalten, die er Ende Oktober/Anfang November 1942 in Prag hielt.326 Lichtenegger, von Beruf Diplomkaufmann, kam aus der nationalsozialistischen Bewegung in Österreich und war dort bereits 1930 der NSDAP beigetreten; er gehörte der Hochschulgruppe »Welthandel« des Nationalsozialistischen Studentenbundes an. 1936 floh er aus politischen Gründen nach Deutschland, ging 1937 zur Polizei und wurde 1939 zum Untersturmführer im SD ernannt. Er nahm am 13. KriminalkommissarLehrgang an der Führerschule Charlottenburg teil und kehrte später als Kriminalrat nach Wien zurück.327 Weitere Schulen für Sipo und SD entstanden in anderen Teilen des besetzten Osteuropa. So wurde speziell für Volksdeutsche unter Leitung Alfred Nickols eine Ausbildungsabteilung der Sipo und des SD in den SS- und UWZ-Lagern Konitz und Leberechtsdorf in Westpreußen errichtet; nach einem Erlass vom 28. Juni 1944 sollte hier in Lehrgängen von drei Monaten volksdeutschen »Unterführern und Männern« eine fachliche und militärische Ausbildung vermittelt werden. Die fachliche Ausbildung bestand aus allgemeinbildenden Inhalten, einer weltanschaulich-politischen »Ausrichtung« und einer Einführung in die Arbeitsfelder von Sipo und SD.328 Bereits unmittelbar nach der Besetzung Polens hatte Streckenbach Ende 1939 eine Schule in Zakopane einrichten lassen, die im Juli 1940 nach Bad Rabka südlich von Krakau verlegt wurde. Sie diente zunächst der Ausbildung ukrainischer Hilfskräfte zu Agenten und Verbindungsleuten, ab 1942 wurden hier aber auch Ausbildungslehrgänge für österreichische und polnische Polizeioffiziere durchgeführt. Im Sommer 1942 fand auf dem Schulgelände ein Massaker an Juden statt, nachdem man zuvor die örtliche jüdische Bevölkerung für Instandsetzungs- und Reinigungsarbeiten herangezogen hatte.329 Die Lehrgänge für Rekruten dauerten zumeist einen Monat, für Führer und Unterführer drei bis sechs Monate. In Bad Rabka wurde die Schule zuerst in einem jüdischen Kinderheim, dann im »Theresianum«, einer höheren Mädchenschule untergebracht. Die Schule unterstand dem BdS Krakau Dr. Schoengarth. Kommandeur war zunächst der Kriminalkommissaranwärter und Hauptsturmführer Hans Krüger, der im Juli 1941 zum KdS Lemberg ernannt wurde, dann der Polizeisekretär und Untersturmführer Wilhelm Rosenbaum, der zuvor schon die wirtschaftliche Leitung innehatte. Er leitete die Schule bis zum Frühjahr 1943, mit einer Unterbrechung zwischen Mai und November 1941 – während dieser Zeit ruhte der Schulbetrieb, weil die Mitarbeiter bei den Vorbereitungen für den Feldzug gegen die Sowjetunion benötigt wurden.330 Zum Lehrpersonal gehörten Angehörige der deutschen Kriminalverwaltung wie Walter Proch und Eugen Krause. Der Österreicher Proch, Kriminalassistent bei der Kripo-Leitstelle Köln, gehörte bereits 1929 der SA, seit 1934 der SS an. Er war 1933 wegen nationalsozialistischer Betätigung aus dem österreichischen Heer entlassen und zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden. Krause, Hauptscharführer bei der SD-Dienststelle Brünn in Mähren, kam aus der völkischen Jugendbewegung, war 1930 der NSDAP und 1933 der SS beigetreten und hatte einen Kriminalkommissarlehrgang an der Führerschule Charlottenburg besucht; 1939 nahm er an einem Lehrgang für Polizeischulungsredner teil.331 Für die
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ukrainischen Studenten standen spezialisierte Lehrkräfte bereit, unter ihnen die volksdeutschen Brüder Wilhelm und Johann Maurer, ehemalige Offiziere der polnischen Armee, die über ukrainische Sprachkenntnisse verfügten. Führende Vertreter des SS- und Polizeiapparates im besetzten Polen kamen als Redner, Referenten und Gastdozenten nach Bad Rabka, unter ihnen Generalgouverneur Hans Frank, der SSPF Lublin Odilo Globocnik, der BdS des Generalgouvernements Eberhardt Schoengarth und der SSPF Galizien Fritz Katzmann. Rosenbaum ließ die Schule um mehrere Gebäude erweitern. Zur Schule gehörten unter anderem ein Gästehaus bzw. »Führerheim«, ein Kasino, ein Sportplatz und Schießanlagen. Für handwerkliche Arbeiten, Bau- und Umbaumaßnahmen wurden Juden herangezogen, Baumaterial beschaffte man sich unter anderem auf jüdischen Friedhöfen des Distriktes. Die »jüdische Frage« wurde im Unterricht behandelt und mit praktischen Anleitungen verbunden; in den Wäldern hinter der Schule wurden unterschiedliche Tötungsmethoden vorgeführt, auf dem Schulgelände selbst fanden Exekutionen von Juden aus den umliegenden Gemeinden statt, aus Auschwitz wurden Kinder herangebracht, um den Studenten als »laufende Schießscheiben« zu dienen. Walter Proch soll die Studenten über Tötungsmethoden instruiert und selber Exekutionen durchgeführt haben. Im September 1943 wurden die letzten Arbeitskräfte des jüdischen Arbeitslagers ins KZ Plaszow transportiert. Als sich die Rote Armee 1944 näherte, wurde die Schule nach Berlin transferiert.332 In Reval (Tallinn) ließ Martin Sandberger, der im Herbst 1941 zum KdS für Estland ernannt worden war, Ende 1941 eine Schule für die estnische Sicherheitspolizei errichten, über die die Lageberichte des KdS Estland Auskunft geben. Die Schule wurde im Januar 1942 eröffnet. Dem Bericht vom Juli 1942 folgend lief an der Schule ein Grundlehrgang von sechs Monaten Dauer, außerdem fanden verschiedene Sonderund Fortbildungslehrgänge für estnische Hilfskräfte statt. Bis zum Juli hatten insgesamt 189 Esten an diesen Lehrgängen teilgenommen. Ende Juni wurden fünf leitende Beamte der estnischen Sipo zur Information nach Berlin geschickt, im Juli 1942 nahmen 30 Beamte an einem mehrwöchigen Lehrgang an der Führerschule Charlottenburg teil. 130 Anwärter des estnischen Sipo besuchten einen dreimonatigen Lehrgang an der Sipo-/SD-Schule in Fürstenberg, der am 30.4.1942 begann.333 Diese Anwärterlehrgänge fanden auch danach weiter statt: Ein Lagebericht vom Mai 1943 erwähnt, dass 126 Anwärter der estnischen Sipo, die den Lehrgang in Fürstenberg bestanden hatten, wieder in Estland eingetroffen waren und auf die verschiedenen Dienststellen verteilt wurden; gleichzeitig wurden 120 Mann für einen neuen Lehrgang in Fürstenberg »in Marsch gesetzt«. An der Revaler Schule fanden auch Lehrgänge für Assistentinnen der Kriminalpolizei statt, im Juni 1943 wurde bereits der 3. Lehrgang abgeschlossen, den 28 Teilnehmerinnen mit Erfolg beendeten.334 Die Esten galten als »rassisch wertvoll«, und Sandberger war um eine Kooperation bemüht, die den Esten möglichst viel Selbständigkeit ließ. Die Kriminalassistentenanwärter erhielten SS-Ränge und Sipo-Uniformen, man beging mit den Deutschen gemeinsame Sonnwendfeiern, hielt gemeinsame sicherheitspolitische Tagungen ab usw.335 Leiter der estnischen Sipo-Schule war der Polizeibeamte Arnold Viiding, ein bekannter Sportler, der 1936 für Estland als Schütze und Diskus-Werfer an den Olym-
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pischen Spielen in Berlin teilgenommen hatte.336 Die KdS-Berichte geben auch Einblick in die sonstige weltanschauliche Schulung. Im Juli 1942 wurde eine regelmäßige Schulung zu fachlichen, politischen, militärischen und weltanschaulichen Themen für die deutschen Dienststellenangehörigen gemeldet. Die Berichte von 1943 nennen außer Vorträgen für die deutschen auch solche für die estnischen Dienststellenangehörigen. Sie dienten hauptsächlich der politisch-militärischen Information und fachlichen Weiterbildung. Der Januar-Bericht erwähnt Vorträge durch Lehrer der SipoSchule: Kriminalrat Viiding sprach über »Die praktische Durchsuchung«, Hauptmann Parrest gab eine »allgemeine politische Übersicht«. Für April 1943 werden vier Vorträge erwähnt: 1. 2. 3. 4.
Vernehmungstaktik und -technik Politische und militärische Wochenübersicht Praktische Durchsuchung Die Achsenmächte und der Antikominternpakt
Drei der Vorträge wurden von Viiding und Kompus gehalten, den vierten bestritt der Leiter des Hauptamtes für Volkserziehung in Estland Meret. Der Bericht vom Juli 1943 nennt sieben solcher Vorträge im Juni, außerdem Sondervorträge und gemeinsame Tagungen für deutsche und estnische Dienststellenangehörige in der SipoSchule: eine Arbeitstagung für Abteilungsleiter und Referenten am 28./29. Juni, an der auch die Außendienststellenleiter teilnahmen und auf der vermutlich auch Fragen der Ausbildung besprochen wurden, nachdem zu Beginn des Jahres ein Ausbildungsplan aufgestellt worden war, der den Unterricht für die Außen- und Zweigstellen in ganz Estland bis zum Dezember festlegte; außerdem eine Arbeitstagung der »politisch-polizeilichen Abwehrbeauftragten« am 30. Juni. Sandberger hielt auf dieser Tagung einen Sondervortrag für alle Dienstellenangehörigen über »Die allgemeine politische und militärische Lage und ihre Auswirkungen auf Estland«. In einem weiteren Sondervortrag referierte Landesdirektor Dr. Mäe über die Geschichte Estlands.337 Bereits 1942 hatte der Auslands-SD (Amt VI) des RSHA auch mit der Ausbildung von Kriegsgefangenen und anderen Angehörigen der besetzten Länder Osteuropas zu Agenten in deutschen Diensten begonnen, die unter dem Decknamen »Unternehmen Zeppelin« lief. Für die Ausbildung vor Ort waren die jeweiligen Einsatzgruppen des RSHA zuständig. So ist z. B. für die EG B ein »Schulungsplan für Aktivisten« erhalten, der eine Ausbildung russischer Agenten in Vorlagern von insgesamt 3 bis 4 Wochen vorsah, beginnend mit einem 10tägigen Kursus in »allgemeiner Bildung«, in dem es hauptsächlich um politische und weltanschauliche Fragen ging. Im Tagesablauf wechselten sich Vorträge, Filmvorführungen, Exerzierübungen und Gesprächsrunden ab: 1. Tag: 8-10 Uhr Vortrag »Nationalsozialismus«; 10-11 Uhr zwei Propagandafilme in russischer Sprache; Exerzierübungen; 15-17 Uhr Aussprache über den Vortrag und die Filme;
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für die weiteren Tage standen u. a. folgende Themen im Mittelpunkt: 2. Tag: »Warum führt Deutschland Krieg gegen die Sowjetunion?« 3. Tag: »Die Juden und die übrige Menschheit« (zwischen den Vorträgen zum Thema wurde der Film »Der ewige Jude« gezeigt«) 4. Tag: »Welche Ziele verfolgt Deutschland in diesem Kriege?« 5. u. 6. Tag: Thema: Agrarreform 8. Tag: »Russische Kultur« (anschließend Spielfilm »Unser Frl. Doktor«) 9. Tag: Allgemeine Zusammenfassung und Wiederholung (anschließend Spielfilm »Paradies der Junggesellen« 10. Tag: Schlussbesprechung.
Ziel der Ausbildung war, »in dem als Aktivisten ausgesuchten Sowjetrussen einen seelischen Umbruch zu vollziehen« und in ihm »den Wunsch vorzubereiten«, die eigene Zukunft ohne den Bolschewismus zu gestalten: »Der Sowjetmensch soll einen Begriff von der deutsch-europäischen Kultur bekommen und soll die Behandlung der sozialen Fragen durch den Nationalsozialismus kennenlernen.«338 Die Schulung suchte an bereits bestehende antikommunistische und antisemitische Einstellungen unter den Teilnehmern anzuknüpfen. In einer anderen Themengliederung wurde die »Judenfrage« noch stärker in den Vordergrund gerückt: zwei der neun Tage waren dem Thema »Die Juden und die arische Menschheit«, ein dritter der Frage »Wie können die Juden besiegt werden?« gewidmet. Ein Tätigkeitsbericht informierte darüber, dass auf einem in der Nähe der EG B gelegenen Gut ein Sonderlager für 30 Personen errichtet worden war, das aktuell allerdings erst mit sieben Aktivisten belegt war, von denen drei aus russischen Kriegsgefangenenlagern, die anderen aus der russischen Bevölkerung stammten, die alle als geeignet angesehen wurden und zunächst im Raum Moskau zur Nahaufklärung eingesetzt werden sollten.339 Angrick erwähnt in seiner Monographie zur Einsatzgruppe D die Ausbildung krimtatarischer Freiwilliger, zu der auch eine »propagandistische Schulung im antibolschewistischen Sinn« gehörte. »Die weltanschaulicher Ausrichtung umfasste unter anderem folgende Themen: ›Der Bolschewismus, der Unterdrücker der nationalen und persönlichen Freiheit, die Rolle des Judentums im Bolschewismus, das neue Deutschland – Person und Wirken Adolf Hitlers, die politische und militärische Weltlage oder weshalb müssen Tataren bzw. Kaukasier an unserer Seite kämpfen?‹« 340 In den Lagern des »Unternehmen Zeppelin« befanden sich zeitweise 10- bis 15 000 Kandidaten, die als Agenten ausgebildet werden sollten, von denen allerdings nur ein Teil auch zum Einsatz kam, hauptsächlich im Rahmen des »Antipartisanenkampfs«. Etwa 250 Kandidaten erwiesen sich bei den Musterungsprozeduren als so ungeeignet, dass sie ins KZ Auschwitz eingewiesen wurden.341 Das Unternehmen war in drei Hauptkommandos gegliedert (»Nord, Mitte, Süd«) mit jeweils drei Abteilungen, von den eine auch für Ausbildungsangelegenheiten zuständig war. Den Hauptkommandos war jeweils eine Schule zugeordnet. Rekrutierung und erste Auslese erfolgte in Sammel- und Auffanglagern, von dort wurden die angenommenen Kandidaten zu einer allgemeinen Grundausbildung in Vorlager und schließlich in Hauptlager bzw. Schulen geschickt, in denen sie neben einer Spezialausbildung auch
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eine weltanschauliche Schulung erhielten.342 Anfangs verlief die Rekrutierung sehr erfolgreich. Es meldeten sich sowohl ehemalige Soldaten der Roten Armee, die auf diesem Wege hofften, der Kriegsgefangeschaft entgehen zu können, als auch national motivierte Freiwillige, die sich für den antibolschewistischen Kampf mobilisieren ließen. Leiter des Unternehmens war 1943 Dr. Heinz Gräfe, Baltikum-Spezialist und Amtsgruppenleiter im Amt VI des RSHA; Gräfe hatte bereits maßgeblichen Anteil an der Vorbereitung der Einsatzgruppen auf den Feldzug gegen die Sowjetunion in Pretzsch, während der er landeskundliche Vorträge beisteuerte. Letzter Leiter war Albert Rapp, zuvor Regierungsrat und IdS Braunschweig, 1942/43 Führer des Sk 7a; als SD-Chef von München hatte er ein umfangreiches Schulungs-Leitheft für Führeranwärter der Sipo und des SD herausgebracht.343 Lagerleiter war unter anderem Dr. Oebsger-Röder, vor dem Krieg Assistent am Institut für Zeitungswissenschaft der Universität Leipzig und anschließend Leiter der Abteilung Gegnerforschung beim SD Nordost in Königsberg. Ein weiterer Lagerleiter war Waldemar Klingelhöfer, im Zivilberuf Opernsänger am Staatlichen Theater Kassel, bevor er Ende 1934 in die hauptamtlichen Dienste des SD eintrat und dort die Leitung des Referats »Freimaurerei« übernahm.344 Als Dozenten wurden Führungs- und Lehrkräfte des RSHA mit Einsatzgruppen-Erfahrungen eingesetzt. Unter anderem wurden Hermann Hubig von der Amtsgruppe I.B und Gottlieb Bussinger, der schon an der Grenzpolizeischule Pretzsch Staatskunde und nationalsozialistische Weltanschauung unterrichtet hatte, zum »Unternehmen Zeppelin« abgeordnet. Als die Hauptabteilung »Nord« des Unternehmens Zeppelin im Herbst 1943 nach Riga verlegt wurde, errichtete der SD hier in Zusammenarbeit mit der lettischen SS-Legion eine Schule unter dem Tarnnamen »Taubenschlag«; Leiter war Dr. Manfred Pechau von der Amtsgruppe I.B, vorher Einsatzkommandoführer in der EG A. Pechau organisierte in Riga die Aufstellung und Ausbildung lettischer und estnischer Partisanengruppen.345 Weitere »Schulen« waren speziell der Ausbildung von V-Männern gewidmet. Dem Amt VI (Auslands-ND) des RSHA unterstand seit Juni 1944 weitgehend auch der »Geheime militärische Meldedienst«, der unter dem Tarnnamen »Lehrregiment Kurfürst« im Herbst 1944 eine Agentenschule in Kamenz bei Bautzen betrieb, auf der künftig auch Meldeoffiziere ausgebildet werden sollten. Für die Schule sind Lehrplanentwürfe vom Oktober und Dezember 1944 erhalten, die Walter Schellenberg als Chef des Auslandsnachrichtendienstes des RSHA erstellen ließ. Danach waren Lehrgänge von drei Monaten Dauer vorgesehen, mit den Lehrfächern »nationalsozialistische Weltanschauung« und »Auslandskunde« neben den eigentlichen Fächern des »Geheimen Meldedienstes«. Zur Auslandskunde gehörten Geopolitik, Völkerkunde und Völkerpsychologie, im Fach »nationalsozialistische Weltanschauung« schienen – auch Ende 1944 noch – vor allem gründliche Geschichtskenntnisse für einen Agenten des »Geheimen Meldedienstes« unverzichtbar zu sein; ein Lehrplanentwurf vom 25.10.1944 sah diese Themenfelder vor: »I. Das Reich und Europa (von den Germanen bis zum 3. Reich; 19 Std.), II. Die nationalsozialistische Weltanschauung: A. Ihre Grundlagen (2 Std.),
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B. Die weltanschaulichen Gegner (4 Std.): Judentum, Freimaurerei, Marxismus, Bolschewismus, Amerikanismus; III. Weltanschauung und Heereswesen (3 Std.): 1. Überblick über die heeresgeschichtliche Entwicklung von der Armee Friedrichs d. Gr. bis Adolf Hitler, 2. Die SS als moderner Typus der politischen Armee.«346
I.6. »Theorie und Praxis«: Lehrer und Dozenten im sicherheitspolizeilichen Einsatz Die Aufsicht über die Schulen wurde durch die Amtsgruppe I.B des RSHA ausgeübt. Inspekteur der Schulen war zunächst Bruno Streckenbach, dann Erwin Schulz. Die meisten Mitarbeiter der Amtsgruppe I.B waren zugleich als Dozenten und Leiter an den Schulen der Sicherheitspolizei und des SD tätig. Ab 1939 wurden die Schulen unmittelbar in die Politik der Eroberung und Vernichtung einbezogen. Sowohl zu Beginn des Polen- als auch des Russland-Feldzuges wurden jeweils Einsatzgruppen und -kommandos aus Lehrgangsteilnehmern zusammengestellt. So wurde bereits im September 1939 ein vollständiger Kurs von 50 bis 80 Polizeischülern an der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg zur »Einsatzgruppe zur besonderen Verwendung« unter Udo v. Woyrsch abkommandiert, geleitet vom Kommandeur der Schule Dr. Hellwig. Hellwigs Gruppe war u. a. für die Ermordung von 500 bis 600 polnischen Juden im September 1939 in Przemysl verantwortlich. Hinzu stieß eine Gruppe von 40 bis 50 Polizeischülern aus der Grenzpolizeischule Pretzsch unter dem Kommandeur Dr. Trummler; die Gruppe kam in Ostoberschlesien zum Einsatz.347 Man kann davon ausgehen, dass der weltanschauliche Unterricht, der in den Lehrgängen seinen festen Platz hatte, den Polizeischülern die Durchführung dieser Aufgaben erleichterte: »Angesichts dessen, was diese Schüler über das Wesen ›des Juden‹ gernt hatten, gab es zweifellos keinen Grund, Einwände gegen Befehle zur physischen Vernichtung zu erheben.«348 Während der Vorbereitungen zum Russland-Feldzug erging an Erwin Schulz, den Kommandeur der Führerschule in Charlottenburg, der Befehl, 100 Schüler eines laufenden Lehrgangs für Kriminalassistentenanwärter auf den sicherheitspolizeilichen Osteinsatz vorzubereiten. Darüber hinaus wurde der Lehrgang für den leitenden Dienst, an dem zu diesem Zeitpunkt 88 Studenten unter Leitung Günther Herrmanns teilnahmen, für den Osteinsatz unterbrochen. Am 21. Mai wurden die Studenten zur Grenzpolizeischule Pretzsch einberufen, um dort auf den Einsatz vorbereitet zu werden.349 Die Schule kannten sie bereits vom Ausleselager her, das der Zulassung und Einberufung zum Lehrgang 1940 vorausgegangen war. Eine besondere Auswahl der Männer erschien nicht notwendig, da, wie Streckenbach später äußerte, die Angehörigen der Sicherheitspolizei und des SD schon bei ihrer Einstellung überprüft worden waren und daher »grundsätzlich als zuverlässig im Sinne der nationalsozialistischen Staatsführung« gegolten hätten.350 Insgesamt wurden
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in Pretzsch vier Einsatzgruppen mit etwa 3000 Männern aufgestellt. Als Chef des Amtes I war Bruno Streckenbach für alle Personal- und Ausbildungsangelegenheiten zuständig; ihm unterstand auch die Schule in Pretzsch, und er dürfte auch die Zuteilung führender Mitarbeiter der Abt. I.B auf Einsatz- und Sonderkommandos vorgenommen haben.351 Schulz selbst übernahm die Leitung des Einsatzkommandos 5 der Einsatzgruppe C, das sich Ende Juni 1941 mit 150 Angehörigen aus Sicherheitspolizei, Ordnungspolizei und Waffen-SS in Richtung Ukraine in Bewegung setzte. In Pretzsch und – da der Raum in der Grenzpolizeischule nicht ausreichte – einigen Nachbargemeinden fand eine gründliche theoretische Vorbereitung statt, die u. a. Vorträge in Kriminaldienstkunde, Strafrechtskunde, Grenzpolizeidienst und nationalsozialistische Weltanschauung umfasste und durch landeskundliche Vorträge von Ostexperten vor allem des SD aus Berlin ergänzt wurden. Dazu kamen Gelände-, Schiess- und Sportübungen.352 Bemerkenswert ist, dass die Teilnehmer auf dem Lehrgang in Pretzsch offenbar auch erfuhren, wie im Falle der Verweigerung von Befehlen im Zusammenhang mit Judenexekutionen zu verfahren sei: »Danach sollte derjenige in die Heimat zurückversetzt bzw. zur Waffen-SS kommandiert werden, der vortrug, dass er die Beteiligung an Judenexekutionen aus Gewissensgründen oder deswegen ablehnen müsse, weil er den seelischen Belastungen nicht gewachsen sei«, so die spätere Zeugenaussage eines Beteiligten.353 In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dass auch während des Kriegseinsatzes und im Operationsgebiet straf- und polizeirechtliche Unterweisungen ein Grundbestandteil der Ausbildung blieben und vermutlich auch über das Recht, einen verbrecherischen Befehl zu verweigern, instruiert wurde.354 Im Übrigen konnte, was die Frage des Befehlsnotstandes betrifft, jeder Beamte im Taschenkalender der deutschen Polizei §7 des Beamtengesetzes nachlesen: »Der Beamte darf eine Anordnung nicht befolgen, deren Ausführung für ihn erkennbar den Strafgesetzen zuwiderlaufen würde.«355 Allerdings macht Angrick auch darauf aufmerksam, dass der polizeifachliche Unterricht vor allem bei den Polizeireservisten zugunsten der Waffen- und Gefechtsausbildung stark verkürzt war und viele sich ihrer Rechte vermutlich nicht bewusst waren.356 Der Lehrgang in Pretzsch bereitete daher auch auf die bevorstehenden Tötungsaktionen vor. Vorangegangen war eine Gruppenführerbesprechung vom 11. bis 15. Juni in der »Führerschule Haus Wewelsburg«, auf der Himmler ankündigte, die Bevölkerung der Sowjetunion müsse um 20 bis 30 Millionen Menschen dezimiert werden. Am 17.6. berief Heydrich eine Besprechung mit den Einsatzkommandoführern in Berlin ein; noch am gleichen Tag fuhr er nach Pretzsch weiter, wo er die Mannschaften in einer Rede auf die bevorstehenden Aufgaben einstimmte. In der letzten JuniWoche (am 23.6.) begann dann der Abmarsch der Einheiten in Richtung Sowjetunion. Die erste schriftliche Fixierung eines Tötungsbefehls war eine Mitteilung Heydrichs an die Einsatzgruppenführer vom 2. Juli, der unter anderem die Anweisung enthielt, alle »Juden in Partei- und Staatsstellungen« zu exekutieren. Die Ausdehnung auf alle männlichen Juden als vermeintliche »Partisanen« und schließlich die Ausweitung zu allgemeinen Tötungsbefehlen, die auch jüdische Frauen und Kinder einschlossen, erfolgte sukzessiv in den folgenden Wochen.357 In der Literatur ist
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mehrfach hervorgehoben worden, dass die Anweisungen zum »Judenmord« widerspruchslos und offenbar wie selbstverständlich entgegengenommen wurden. Dies wird auch eine Folge der weltanschaulichen Schulung gewesen sein. Insbesondere das Führungspersonal der Einsatzgruppen hatte eine besonders intensive weltanschauliche Schulung erfahren. Die Mehrheit der Einsatzgruppen- und -kommandoführer kamen aus dem SD und hatten dort bereits eine entsprechende Schulung in nationalsozialistischer Weltanschauung und »Gegnerkunde« erhalten. Nach den Vorbereitungen in Pretzsch wurden die Studenten auf die Einsatzgruppen verteilt und mit Beginn des Krieges in Richtung Sowjetunion in Marsch gesetzt. Mit Befehl vom 10.10.1941 wurden sie wieder nach Berlin zurückbeordert; nach einem kurzen Urlaub sollte der Vorlesungsbetrieb Anfang November wieder aufgenommen werden.358 Insbesondere für die Anwärter des leitenden Dienstes war der Osteinsatz eine wichtige Praxis-Erfahrung, die ihnen für die weitere Karriere von Nutzen sein sollte.359 Fast das gesamte Führungspersonal des Schulungswesens des RSHA war am Osteinsatz der Einsatzgruppen beteiligt: – Erwin Schulz leitete, wie erwähnt, das Einsatzkommando 5 der Einsatzgruppe C; das Kommando war für das Lemberger Massaker mit verantwortlich, bei dem 2500 bis 3000 Juden durch SS-Angehörige ermordet wurden. Schulz bildete dennoch eine Ausnahme unter seinen Kollegen, weil er es ablehnte, den Anweisungen weiter Folge zu leisten, als auch Frauen und Kinder in die Exekutionen einbezogen werden sollten. Es gelang ihm auch, den vorzeitigen Abbruch des Einsatzes für seine Schüler zu erwirken und früher als geplant in den Berliner Hörsaal zurückzukehren. Gleichwohl rechtfertigte er den Einsatz vor den Lehrgangsteilnehmern als eine »harte Pflicht«; insbesondere war er um ihre »sittliche Erziehung« bemüht: »… über diese Dinge zu sprechen verbiete ich Ihnen. Sie sind zu ernst, um als Gesprächsstoff zu dienen. Wer sich aber der Erschießung von Juden als Tat rühmt, den werde ich wegen charakterlicher Unzulänglichkeit aus dem Lehrgang entfernen. Wer so denkt, kann kein Führer sein.«360 Schulz’ Haltung brachte ihm keine Nachteile ein: Er behielt seine führende Stellung in der Amtsgruppe I.B und wurde noch im November 1941 zum SS-Oberführer befördert. – Martin Sandberger, bis zu seiner Abordnung zum Osteinsatz Schulz’ Stellvertreter als Amtsgruppenchef, war ab Juni 1941 Kommandeur des Sonder- und Einsatzkommandos 1a in der Einsatzgruppe A und wurde im Dezember 1941 als Kommandeur der Sicherheitspolizei in Estland eingesetzt. Bei seinem Einzug in Riga im Juli 1941 wurde sogleich die Erschießung von 100 Juden als Vergeltungsmaßnahme angeordnet, nachdem ein Jude einen deutschen Soldaten erschlagen haben sollte. Sandberger organisierte den Judenmord in Estland und betrieb dort eine besonders rigorose rassenbiologische Politik – z. B. ließ er eine Jüdin, die einen Christen geheiratet hatte, konvertiert und deshalb aus der jüdischen Gemeinschaft ausgestoßen worden war, gleichwohl hinrichten. Sandberger betrieb eine »vorbeugende Verbrechensbekämpfung«, zu der die Exekution von »Asozialen« gehörte – so ließ er 35% der »Berufs- und Gewohnheitsverbrecher« in seinem Amtsgebiet exekutieren.361
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– Rudolf Hotzel nahm 1939/40 mit der Einsatzgruppe V am Polen-Feldzug teil, kehrte 1940 als Gruppenleiter ins RSHA zurück, übernahm dort die Leitung des Referats »Nachwuchs« und kam 1944 erneut als Führer des Sonderkommandos 7 der EG B zum Einsatz (s. u.). – Ähnlich Hans-Joachim Knigge, der 1941 bei der Amtsgruppe I.B 1 beschäftigt war, abschließend zum sicherheitspolizeilichen Osteinsatz abkommandiert wurde, danach wieder zur Amtsgruppe I.B zurückkehrte und 1944 erneut zur Einsatzgruppe G nach Rumänien kam.362 – Siegfried Engel war bereits 1940 mit einem Einsatzkommando der Sicherheitspolizei und des SD in Norwegen, bevor er 1941 Referatsleiter für weltanschauliche Erziehung im RSHA wurde. – Paul Zapp, Engels Stellvertreter im Referat I.B 1, übernahm 1941 das Sonderkommando 11a der Einsatzgruppe D, 1942 wurde er als Kommandeur der Sicherheitspolizei auf der Krim eingesetzt (s.u.) – Max Drexel wurde ebenfalls nach Pretzsch abberufen und übernahm die Leitung des Sk 12 in der Einsatzgruppe B.363 – Willi Gindel, der 1943 als Referent für Laufbahnrichtlinien u. a. zur Amtsgruppe I.B gestoßen war, nahm 1944 an den »Befriedungsmaßnahmen« der Einsatzgruppe H in der Slowakei teil, ebenso wie – Gerhard Folkerts; Folkerts und Gindel begleitete ein kompletter Jahrgang der Sicherheitspolizeischule Fürstenberg in die Slowakei. Zu den Aufgaben der Einsatzgruppe gehörte u. a. die Deportation der dort verbliebenen Juden.364 – Friedrich Wilhelm Herbst wurde 1943/44 zur EG der Sipo und des SD Kroatien entsandt und übernahm sicherheitspolizeiliche Aufgaben im Führungsstab für Bandenbekämpfung beim Beauftragten des RFSS für Kroatien.365 – Erich Hammer, der seit 1939 als Referent im RSHA arbeitete, wurde im September 1941 zum sicherheitspolizeilichen Einsatz nach Serbien geschickt, von dort kam er für einige Monate als Dozent (»Politik und Raum«) nach Bernau und kehrte anschließend wieder zum BdS Belgrad zurück.366 – Einige Mitarbeiter kamen bereits mit Einsatz-Erfahrungen zur Amtsgruppe I.B: Georg Elling war vorher an sicherheitspolizeilichen Einsätzen in Lothringen beteiligt, Rudolf Gwosdz kam vom sicherheitspolizeilichen Einsatz in Polen Anfang 1940 zum RSHA zurück, Hans Fischer hatte bereits 1939 die Einsatzgruppe III in Breslau geleitet und war 1941 zum BdS Straßburg ernannt worden. Andere wechselten sich ab: Hermann Hubig, war 1941/42 zum »sicherheitspolitischen Fronteinsatz« in Riga abgeordnet und nahm zeitweise die Führung des Einsatzkommandos 1b wahr, bevor er im Herbst 1942 als Hilfsreferent zur Abt. I.B des RSHA zurückkehrte;367 ihm folgte Manfred Pechau, der im Referat I.B 3 tätig war, als Leiter des Einsatzkommandos 1b; 1943 übernahm er zudem das Einsatzkommando 2 in der Einsatzgruppe A.368 – Anton Wrede, in der Amtsgruppe I.B für Ausbildungsangelegenheiten der Grenzpolizei zuständig, war stellvertretender Führer eines Sonderkommandos der Einsatzgruppe G in Rumänien.
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Von insgesamt 25 Personen, die sich als führende Mitarbeiter der Amtsgruppe I.F bzw. I.B ausmachen ließen, waren mindestens 17 aktiv an Einsätzen der Einsatz- und Sonderkommandos beteiligt. Weitere sechs bekleideten Leitungsfunktionen bei der Gestapo: Rennau war gegen Ende des Krieges Gestapochef von Brünn, Harry Thomsen war Regierungsrat bei der Staatspolizeileitstelle Graudenz, Alfred Thomas war Abteilungsleiter beim BdS Brüssel, Maly wurde 1942 zum BdS in den Niederlanden versetzt, Willich war schon im Herbst 1940 zum IdS Danzig ernannt worden. Walter Zirpins, der kontinuierlich an der Führerschule Charlottenburg und im Amt I.B tätig war, nahm zwischenzeitlich die Aufgabe eines Kripo-Chef im Ghetto Litzmannstadt wahr – in dieser Eigenschaft konnte er Gold- und Silbergegenstände aus jüdischem Besitz im Wert von etwa 1 ½ Millionen Reichsmark an die Haupttreuhandstelle übergeben.369 Lediglich für Buss und Schänzlin lässt sich kein weiterer sicherheitspolizeilicher Dienst nachweisen. Nicht nur die Leiter und Referenten der Abt. I.B des RSHA, auch Lehrgangsleiter und Dozenten der Schulen der Sicherheitspolizei und des SD nahmen am Einsatz in den besetzten Gebieten, vor allem im Osten teil. Lehrer und Schüler führten aus, was zuvor nur Gegenstand theoretischer Begründung war. Das Vorbild der Lehrer war bei dieser Form der »Integration von Theorie und Praxis« von einer nicht zu unterschätzender Bedeutung. Alle Kommandeure der Sipo-Führerschule Charlottenburg waren wie Erwin Schulz und Rudolf Hotzel auch im sicherheitspolizeilichen Osteinsatz. Günther Herrmann, Lehrgangsleiter für Anwärter des leitenden Dienstes, war Leiter des Sonderkommandos 4b der Einsatzgruppe C, später des Ek 12 der Einsatzgruppe D, KdS im Kaukasus und Chef der EG E »Kroatien«.370 Otto Hellwig, Kommandeur der Schule von 1937 bis 1939, war bereits als Befehlshaber der Schutzpolizei-Abteilung der »Einsatzgruppe z.B.V.« in Ostoberschlesien für die Erschießung jüdischer Zivilisten verantwortlich. 1941 wurde er SS- und Polizeiführer von Shitomir in der Ukraine; während seiner Amtszeit wurden alle jüdischen Gemeinden des weißrussischen Teils des Generalkommissariats Shitomir ausgelöscht. Später wurde er in einen »kleineren und leichteren« Bezirk, nach Bialystok versetzt, nachdem er nur mäßige Erfolge in der »Bandenbekämpfung« vorweisen konnte, aber wohl auch wegen Alkoholproblemen. Hellwig hatte im Januar 1943 die Anweisung gegeben, Dörfer, die als »Partisanennester« bekannt seien, niederzubrennen und die Bevölkerung geschlossen abzutransportieren, sofern keine »Sonderbehandlung an Ort und Stelle« möglich sei.371 Paul Hirschberg, 1940 Kommandeur der SDSchule Bernau, dann der SD-Schule Frauenberg, wurde 1941 als Einsatzkommandoführer ins Elsass geschickt. Der Kommandeur der Schulen von Pretzsch und Fürstenberg Hans Trummler war 1939 als Teilkommandoführer an den Aktivitäten der »Einsatzgruppe z.b.V.« in Ostoberschlesien beteiligt. Zahlreiche Dozenten der Führer- und Unterführerschulen des SD und der Sicherheitspolizei waren im »auswärtigen Einsatz« aktiv. Einige brachten bereits »Praxis-Erfahrungen« vom Auslandseinsatz mit, andere kehrten nach einem Einsatz mit neuen Erfahrungen an die Schule zurück, für wieder andere war der sicherheitspolizeiliche Osteinsatz eine Bewährungsprobe auf dem Weg zu höheren Ämtern. Zu den Dozenten, die bereits Einsatz-Erfahrungen mit in den Unterricht
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brachten, gehörte zum Beispiel Dr. Erwin Dörnte. Er kam vom Einsatzkommando in Den Haag als Dozent nach Bernau. Dörnte war Jurist und hatte vorher als Referatsleiter für die Bereiche »Gericht und Versorgung« beim SD Oberbayern gearbeitet; im Mai 1940 wurde er Schulungsreferent beim IdS Dresden, wenige Wochen später wurde er zum sicherheitspolizeilichen Einsatz in die Niederlande abgeordnet, im Herbst kam er für drei Monate als Lehrer nach Bernau, anschließend wurde er zum Kommandeur der Sicherheitspolizei in Warschau versetzt; bis 1943 hatte er sich zum Regierungsrat und Gestapochef von Bremen hochgearbeitet.372 Heinz Hummitzsch, studierter Geisteswissenschaftler und Mitarbeiter im Referat III.B 1 »Volkstumsfragen«, hatte bereits an Sipo-/SD-Einsätzen 1938 und 1939 im Sudetenland, in der Tschechoslowakei und in Polen teilgenommen und referierte daher als einsatzerfahrener SD-Mann im November 1941 über »Nachrichtliche Arbeit in Volkstumsfragen« an der Schule Bernau; 1944 war er erneut im sicherheitspolizeilichen Einsatz.373 Der Tübinger Arzt Dr. Erwin Weinmann war 1940 in einem SD-Einsatz in Lothringen mit der »Bereinigung Lothringens von volks- und reichsfeindlichen Elementen« befasst. Im Winter 1941/42 wirkte er als Dozent für Rassenlehre und Erbgesundheitspflege bei der Schulungs-AG des Amtes IV des RSHA zur Vorbereitung auf die Führerlehrgänge mit; kurz darauf wurde er zum Führer des Sonderkommandos 4a der EG C bestellt.374 Helmut Hirthe, geboren 1914 in Schneidemühl, war zuerst bei den Totenkopfverbänden gewesen, bevor er an einem Lehrgang für Kriminalkommissaranwärter in Berlin teilnahm. 1941 wurde er als Hilfskriminalkommissar und Untersturmführer des SD einem Einsatzkommando in der Sowjetunion zugewiesen. 1943 kam er als Lehrer an die SD-Schule in Fürstenberg.375 Ebenso wie Hirthe kam Erich Reschke vom sicherheitspolizeilichen Einsatz in der Sowjetunion an die Fürstenberger Schule. Reschke, Jahrgang 1886, hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und war nach dem Krieg zur Polizei gegangen. Er trat erst 1933 in die NSDAP ein, hatte aber schon in den 20er Jahren dem Stahlhelm angehört. Reschke war Kreisstellenleiter der NSDAP und Obmann im Kameradschaftsbund deutscher Polizeibeamter. 1940 wurde er zum Untersturmführer im SD-HA ernannt und im Jahr darauf zum sicherheitspolizeilichen Einsatz in die Sowjetunion abgeordnet.376 Hermann Herz, Kriminalkommissar und Polizei-Sportlehrer, unterrichtete seit 1938 in Pretzsch und anschließend in Fürstenberg; zwischenzeitlich nahm er an einem sicherheitspolizeilichen Einsatz in Polen teil, von dem er wieder an die Schule zurückkehrte. Er wurde später zum Sturmbannführer und Kriminalrat bei der Gestapo in Königsberg befördert.377 Zahlreiche Einsatzgruppen- und -kommandoführer hatten vorher als Dozenten an den Lehrgängen in Bernau mitgewirkt, so beispielsweise Otto Ohlendorf als Leiter und Johannes Leetsch als stellvertretender Leiter der EG D, Erich Ehrlinger als Chef der EG B oder Dr. Heinrich Daeumling als Leiter des Einsatzkommandos 10b. Emil Augsburg, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Wannsee-Institut, dozierte als Bolschewismus-Experte auf den Lehrgängen über Polen im Sommer 1939 in Bernau; danach nahm er an den sicherheitspolizeilichen Einsätzen in Polen und im Sommer 1941 in der Sowjetunion teil, Ende 1941 wurde er an der Auslandswissenschaftlichen Fakultät der Universität Berlin mit einer Arbeit über die sowjetische Presse promoviert.378
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Diese Formen der »Integration von Theorie und Praxis« bildeten einen festen und wichtigen Bestandteil der Personal- und Ausbildungspolitik des RSHA. Heydrich wollte, dass möglichst jeder Angehöriger der Sipo und des SD, sofern er nicht bei der Wehrmacht oder der Waffen-SS war, auch zu einem auswärtigen sicherheitspolizeilichen Einsatz kam. »Um allen in der Heimat verbliebenen Männern das niederdrückende Gefühl zu nehmen, an dem großen Geschehen unserer Zeit nicht aktiv teilzuhaben und nicht als Drückeberger zu gelten«, hatten daher alle in Frage kommenden einsatzfähigen Männer unter 40 Jahren grundsätzlich mit einer entsprechenden Abordnung zu rechen.379 Dahinter stand auch das nationalsozialistische Prinzip der Auslese und Beförderung durch die Bewährung im Kampf. Erst recht musste dieses Prinzip für die Lehrer und Dozenten gelten, die für ihre Männer eine Vorbildfunktion erfüllen sollten. Wie wichtig man dies nahm, beleuchtet ein Konflikt, den das RSHA zwischen 1939 und 1941 mit dem Finanzministerium austrug. Das Reichsfinanzministerium beanstandete 1939 die Zahlung von Auslandszulagen an Lehrer der Grenzpolizeischule Pretzsch, die jeweils für kurze Zeit an Einsätzen bei der Besetzung von Böhmen und Mähren sowie Ostoberschlesiens teilnahmen, weil das »pauschale Bewegungsgeld« nur als Sonderausgabe bei Ermittlungen, Feststellungen, Verhaftungen etc. für Vollzugsbeamte gedacht sei, nicht aber für Polizeischullehrer, die dem Verwaltungsdienst zugerechnet wurden, gezahlt werden könne. Werner Best argumentierte demgegenüber, es handle sich nicht einfach nur um Lehrer, die lediglich über theoretische Kenntnisse verfügen; vielmehr müssten sie »auch im Praktischen stets auf dem laufenden sein«, sie dürften sich dem Vollzugsdienst nicht entfremden, sondern sollten sich in den praktischen Ermittlungsdienst einschalten, damit sie die bei diesem Einsatz gemachten Erfahrungen an ihre Schüler weitergeben könnten. Das Ministerium beharrte lange Zeit auf einem formalen verwaltungsrechtlichen Standpunkt; Nockemann, im RSHA inzwischen Chef des Amtes II (Organisation, Verwaltung, Recht), bestand für das RSHA 1941 weiterhin auf der Auffassung, es seien »nicht nur Lehrer«: »Sie haben darüber hinaus die Verpflichtung, in engem kameradschaftlichen Zusammensein mit den Schülern in weltanschaulicher und beruflicher Hinsicht erzieherisch zu wirken.« Damit war offensichtlich gemeint, dass nur ein Lehrer mit eigenen Einsatzerfahrungen auch von seinen Schülern als Autorität Anerkennung finden würde.380 Der Lehrer der Führerschule Charlottenburg Friedrich Seekel erklärte während des Prozesses, den die Staatanwaltschaft Hamburg 1960 gegen ihn führte, »Polizeibeamtenschüler, die bereits an Massenerschießungen im Osten teilgenommen hätten, hätten sich darüber beklagt, dass sie von Polizeilehrern, die noch keine derartigen praktischen Erfahrungen gemacht hätten, gewissermaßen noch als Schuljungen behandelt wurden.« Die Abordnung der Lehrer zum Einsatz sollte dieses »Missverhältnis« beseitigen.381 Pädagogen im sicherheitspolizeilichen Einsatz Neben Juristen bildeten Lehrer und Studienräte die größte Berufsgruppe im Schulungs- und Vortragswesen des RSHA. Weltanschauliche Versiertheit, Führungsqua-
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litäten, pädagogische und rhetorische Fähigkeiten waren gefragte Qualifikationen, die gerade unter Philologen zu finden waren.382 Dass auch Pädagogen in sicherheitspolizeiliche Einsätze involviert waren, ist ein besonders verstörendes Beispiel einer déformation professionelle. Über Lehrer und Studienräte in Diensten des SD wäre eine eigene Untersuchung anzustellen. Nach einer Vereinbarung mit dem Reichserziehungsministerium wurde insbesondere Studienassessoren die Arbeit für den Sicherheitsdienst erleichtert.383 Im Folgenden nenne ich nur einige Beispiele von Pädagogen, die auch im Schulungswesen des SD und der Sipo tätig waren und an Sipo-Einsätzen teilnahmen: – Dr. Paul Gutekunst, von Beruf Studienrat, wurde vom Einsatz beim BdS Straßburg im Herbst 1940 als Dozent nach Bernau abgeordnet und kehrte später wieder zum sicherheitspolizeilichen Einsatz nach Frankreich zurück. Er war zwar erst 1933 der SA beigetreten, hatte aber vorher schon dem Stahlhelm angehört. 1938/39 war er als Untersturmführer und Referent beim SD in Stuttgart angestellt gewesen und hatte gleichzeitig einen halben Lehrauftrag als Studienassessor an der Höheren Handelsschule in Stuttgart wahrgenommen. Gutekunst wurde 1911 als Sohn eines Kaufmanns in Stuttgart geboren. Er studierte in Tübingen neuere Sprachen und verbrachte längere Studienaufenthalte in England und Frankreich; 1935 legte er das 1. Staatsexamen ab, das Referendariat absolvierte er am Reformrealgymnasium in Stuttgart. Aufgrund seiner Sprachkenntnisse wurde er während des Krieges zum BdS Straßburg abgeordnet.384 – Friedrich Seekel, Studienassessor, Kriminalkommissar und von 1939 bis 1943 Dozent an der Führerschule Charlottenburg (s. o.), war 1943 im Rahmen eines Sonderkommandos der Einsatzgruppe C und als regionaler Stellvertreter Paul Blobels in Weißrussland mit der Beseitigung von Spuren der Vernichtungsverbrechen gegen die Juden befasst. Dabei wurden Leichen aus Massengräbern wieder ausgegraben und verbrannt; die zu diesen Arbeiten herangezogenen Juden und russischen Gefangenen wurden anschließend umgebracht. 385 – Wie Seekel vollzogen auch Heinrich Funck und Gottlieb Bussinger einen Wechsel vom Pädagogen zum Kriminalkommissar. Bussinger nahm nach bestandener Prüfung als Grenzpolizeikommissar noch ein Jura-Studium auf, wurde aber von Juni bis Oktober 1941 für einen sicherheitspolizeilichen Osteinsatz zum Sonderkommando 4b einberufen; anschließend setzte er das Studium an der Berliner Universität fort. Unmittelbar nach den Massakern der Einsatzgruppe C Anfang Juli 1941 in Lemberg erschoss ein Kommando des Sk 4b unter Bussingers Führung in Tarnopol 127 Juden und Kommunisten; Einsatzgruppenchef Rasch hatte sich zuvor beschwert, dass das Sk 4b noch keine Exekutionen durchgeführt hätte.386 Funck, 1908 als Sohn eines Justizbeamten in Bremen geboren, hatte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Germanistik studiert und in Freiburg mit einer Arbeit über den protestantischen Schulmusiker Martin Agricola promoviert. Anschließend arbeitete er als Musiklehrer und als Assistent am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Freiburg; mit Hilfe eines DFG-Stipendiums habilitierte er sich 1935 als Musikwissenschaftler. 1937 vollzog er einen Berufswechsel und absolvierte eine Ausbildung zum Kriminalkommissar. 1939 kam er als Krimi-
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nalkommissar und Untersturmführer zur Sipo-Schule Charlottenburg, 1941 wurde er als Dozent nach Fürstenberg versetzt, bevor er zum Sonderkommando 4a beordert wurde. Gegen Ende des Krieges war er als Kriminalrat bei der Gestapo Augsburg beschäftigt.387 – Als häufiger Gast-Dozent wurde Albert Hartl zu den Lehrgängen in Bernau und Charlottenburg herangezogen. Er wurde 1942 zur Einsatzgruppe C abkommandiert. Hartl war Lehrer an einem katholischen Seminar gewesen, schloss sich aber 1934 der SS an und brachte es beim SD-HA zum führenden und gefragten Experten für »Politischen Katholizismus«, der auch von anderen »Gliederungen der Bewegung« gerne als Referent eingeladen wurde; unter anderem hielt er auch mehrfach Vorträge an der RuS-Schule in Grunewald. Hartl, 1904 in Roßholzen bei Rosenheim als Sohn eines Volksschullehrers geboren, hatte in München Theologie studiert, 1929 die Priesterweihe empfangen und an verschiedenen höheren Lehranstalten in München und Pasing, zuletzt als Lehrer am erzbischöflichen Seminar Freising gearbeitet. Seit 1929 trat Hartl für die Ziele des Nationalsozialismus ein. Als er 1933 mit der Kirche in Konflikt geriet und 1934 suspendiert und exkommuniziert wurde, holten Himmler und Heydrich ihn zur SS und zum SD. Er war 1936 Leiter des Referates II.113 (»konfessionell-politische Strömungen«), 1941 stieg er zum Leiter der Amtsgruppe IV B im RSHA auf388 und war damit für kurze Zeit unmittelbarer Vorgesetzter Adolf Eichmanns, bevor er nach einem Disziplinarverfahren zum sicherheitspolizeilichen Einsatz in den Osten abgeordnet wurde. 1942 war er als Leiter der Abteilungen I und II beim Stab des BdS Kiew auch für die Organisation der weltanschaulichen Schulung des Personals zuständig. Nach Krankheit und Verwundung kehrte er 1943 nach Berlin zurück und wurde dort dem SD-Auslandsnachrichtendienst zugeteilt. Nach dem Krieg lebte Hartl als Schriftsteller und Kunsthistoriker am Bodensee und unterrichtete Kunstgeschichte an einer Mädchenschule.389 – Ebenso gehörte Wilhelm Spengler von der Hauptabteilung »Kulturelles Leben« im RSHA zu den häufig herangezogenen Dozenten der SD-Lehrgänge. Auch er wurde 1942 zu sicherheitspolizeilichen Sonderaufgaben im Rahmen der Einsatzgruppe D in den Osten abgeordnet, nachdem er bereits mit der EG IV Sipo/SD am Überfall auf Polen beteiligt gewesen war. Spengler, ebenfalls Sohn eines Volksschullehrers, hatte Germanistik und Geschichte studiert und 1931 mit einer Dissertation über das Drama Schillers promoviert. Danach arbeitete er als Studienassessor in Leipzig. 1934 gab er den Beruf des Gymnasiallehrers auf, um in den hauptamtlichen SD-Dienst einzutreten. Spengler baute in Leipzig die Schrifttumsstelle des SD-Hauptamtes auf. Ab 1936 leitete er die Hauptabteilung »Kulturelles Leben« im SD-Hauptamt bzw. die Amtsgruppe III.C »Kulturelle Gebiete« im RSHA.390 – Eugen Steimle, ebenfalls Studienassessor und im Winter 1940/41 Dozent in Bernau, befehligte anschließend das Sonderkommando 7a der Einsatzgruppe B, später das Sonderkommando 4a der Einsatzgruppe C. Steimle stammte aus einem streng pietistischen Elternhaus und hatte Geschichte, Germanistik und Romanistik in Tübingen und Berlin studiert. 1943 wurde er zum Studienrat am Real-
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gymnasium in Stuttgart ernannt. Er war seit 1932 bei der SA und als Kreisredner für die NSDAP tätig und gehörte zur Führungsgruppe des NS-Studentenbundes in Tübingen. 1936 trat er der SS bei, wurde Führer im SD Stuttgart und 1938 Sturmbannführer im SD-HA. Als Stabsführer des SD-Unterabschnitts Württemberg-Hohenzollern gab er eine Folge von Schulungsbriefen für die Fortbildung in den Dienststellen heraus (s. o.). Nach dem sicherheitspolizeilichen Osteinsatz wurde er zum Amtsgruppenleiter im Auslands-SD des RSHA befördert. Steimle wurde 1948 in Nürnberg zum Tode verurteilt, später zu 20 Jahren begnadigt; nach der vorzeitigen Freilassung 1954 fand er wieder eine Anstellung als Lehrer und Studienrat an einem evangelischen Gymnasium. Steimle, der bereits am Judenpogrom November 1938 in Württemberg beteiligt gewesen sein soll, wurde im Nürnberger Einsatzgruppenprozess unter anderem der Befehl zur Ermordung von über 500 Menschen im Dezember 1941 zur Last gelegt. Im Sommer 1942 war er für die »Liquidierung« eines Heims für behinderte Kinder verantwortlich; die Kinder wurden vor einer Grube am Waldrand erschossen.391 – Einer der begehrtesten Redner für Schulungseinrichtungen und Lehrgänge in der SS war Hermann Löffler, 1940 Hauptsturmführer und Referent im Amt III »Deutsche Lebensgebiete« des RSHA; er wurde 1943 zum Einsatzkommando »Agram« der EG Kroatien kommandiert. Löffler, 1908 als Sohn eines Seminaroberlehrers in Ottweiler geboren, hatte das Humanistische Gymnasium in St. Wendel besucht und Geschichte, Germanistik, vergleichende Religionswissenschaft und Kirchengeschichte studiert. 1935 war er Studienassessor in St. Wendel, später folgte die Ernennung zum Studienrat. Er war bereits 1928 erstmals der NSDAP und SA beigetreten, nach deren Verbot im Saarland schloss er sich Nachfolgeverbänden an. 1935 trat er in die SS ein und wurde mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Schulungsleiters der 85. Standarte beauftragt. Seine Arbeit in der Standarte stieß aber wegen »völlig unsoldatischen Benehmens und Auftretens« auf Kritik; der Rassereferent Südwest Spaarmann empfahl stattdessen eine »rein wissenschaftliche Beschäftigung«. Löffler wurde daraufhin als Abteilungsleiter für Geschichte ins Rassenamt des RuSHA und nach der Auflösung der Abteilung ins Ahnenerbe übernommen. Während der folgenden Jahre wurde er vom Schulungsamt regelrecht auf Tournee geschickt mit Vorträgen zu geschichtlichen Themen und zum politischen Katholizismus auf Lehrgängen und Schulungsabenden der SS und der Polizei; gleichzeitig verfasste er eine Reihe von Beiträgen für die SS-Leithefte. Als Abteilungsleiter des Ahnenerbe erstellte er unter anderem einen Bericht über «Juden in den Geisteswissenschaften«, von Himmler wurde er 1939 mit einer Arbeit über die »Verfassung der Dogenrepublik« beauftragt. Parallel zu seiner Tätigkeit beim RSHA war Löffler ab 1941 als Assistent und ab 1942 als Dozent am Historischen Seminar der Universität Straßburg beschäftigt. Nach dem Krieg arbeitete er wieder als Gymnasiallehrer, 1961 wurde er als Professor für Geschichte an die Pädagogische Hochschule Heidelberg berufen.392 – Mit ähnlichen Themen beschäftigte sich Helmut Looß, der im SD-Hauptamt für »politischen Katholizismus« und Kirchenfragen zuständig war. Looß hatte Jura und Philosophie studiert, das Studium aber vorzeitig abgebrochen; er arbeitete
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einige Zeit als Haus- und Dorfschullehrer, legte aber erst nach dem Krieg 1947 die Lehramtsprüfung ab. 1933 trat er der SS bei. Bevor er zum SD kam, war er als Leiter des Amtes für politische Erziehung für die Deutsche Studentenschaft in Königsberg tätig. 1935/36 gehörte er der Deutschen Glaubensbewegung an; Paul Zapp, der bis Februar 1936 Geschäftsführer der Bewegung war, dürfte ihn von dort gekannt und anschließend ins Referat II.1 131 geholt haben, das er zu diesem Zeitpunkt leitete. Looß wurde für Vorträge in Schulungslagern der Allgemeinen SS und Lehrgängen des SD eingesetzt. Nachdem er 1942 zum Beauftragten des RSHA bei der deutschen Botschaft in Rom ernannt worden war, schickte man ihn Ende 1942 zum BdS Kiew; 1943 war er als Führer des Sonderkommandos 7a im Einsatzgebiet Minsk für Massenexekutionen und Deportationen bei Bobruisk mit verantwortlich. Danach kam er als Generalstabsoffizier zur SS-Panzergrenadier-Division »Reichsführer-SS«. »Im Osten im Bandenkampf bewährt«, wurde er 1944 zum Obersturmbannführer befördert. Im August und September 1944 war Looß an Massenexekutionen bei Monte Sagro und Vergeltungsaktionen im Kartäuserkloster Farneta bei Lucca in Italien beteiligt. Nach dem Krieg lebte er unter falschem Namen in Bremen und arbeitete dort bis zur Zwangspensionierung Ende der 60er Jahre als Hauptschullehrer.393 Auch die Pädagogen, die in der Amtsgruppe I.B des RSHA arbeiteten, nahmen allesamt an sicherheitspolizeilichen Einsätzen teil: Erich Hammer wurde zwischen 1941 und 1943 mehrmals zum BdS Belgrad abgeordnet, Georg Elling war an sicherheitspolizeilichen Einsätzen in Lothringen und Estland beteiligt, Max Drexel war Einsatzkommandoleiter in der EG B, Gerhard Folkerts nahm mit der EG H 1944 an den Aktionen des BdS in der Slowakei teil. Manfred Pechau ersetzte im Herbst 1942 Hermann Hubig als Führer des Einsatzkommandos 1b und nahm im Spätherbst am »Unternehmen Sumpffieber« teil, bei dem unter anderem 8350 Juden exekutiert und 1270 Personen »evakuiert« wurden. 1943 wurde Pechau, der inzwischen zur Amtsgruppe VI (Auslands-SD) des RSHA gewechselt war, als Führer des Einsatzkommando 2 der EG A eingesetzt und als Ausbilder zum Unternehmen »Zeppelin« abgeordnet. Während dieser Zeit war er unter anderem mit der Organisation lettischer und estnischer Partisanengruppen beschäftigt.394 Siegfried Engel legte im März 1941 noch die Pädagogik-Prüfung fürs höhere Lehramt in Hamburg ab, war aber zu diesem Zeitpunkt bereits hauptamtlicher Schulungsreferent beim IdS Hamburg und wurde kurz darauf im April 1940 zur EG Sipo/SD nach Norwegen abgeordnet; 1941 bis 1943 war er Referatsleiter in der Amtsgruppe I.B, während dieser Zeit unterrichtete er regelmäßig als Dozent für Geschichte in Bernau. 1944 kam Engel zu einem Einsatzkommando nach Italien und wurde als Chef der SS und der Polizei in Genua eingesetzt. Nach dem Krieg lebte er als Prokurist in Hamburg. 1999 wurde er von einem italienischen Militärgericht zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er als schuldig für den Mord an 246 Geiseln befunden wurde; Engel gab die Verantwortung für den Tod von 59 Menschen zu und wurde dafür 2002 vom Hamburger Landgericht zu 7 Jahren Haft verurteilt, der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch 2004 wieder auf. Engel starb 2006 mit 97 Jahren in Hamburg.395
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Drei biographische Studien: Rudolf Hotzel, Max Drexel, Paul Zapp Rudolf Hotzel hat als langjähriger Stellvertreter, dann Nachfolger von Erwin Schulz als Leiter der Amtsgruppe I.B sowie als Leiter des Referats »Nachwuchs«, als Gesamtleiter der Schulungsgemeinschaften zur Vorbereitung auf die Untersturmführerprüfung und schließlich als Kommandeur der Sipo-Führerschule die Arbeit der Amtsgruppe I.B zweifellos am stärksten geprägt. Hotzel nahm zuerst mit einem SDEinsatzkommando der EG V an der Besetzung Polens teil und baute den SD in Hohensalza auf, bis er im April 1940 als Abteilungsleiter der Amtsgruppe I.B nach Berlin zurückkehrte. Im Herbst 1944 wurde er als Führer des Sonderkommandos 7b der EG B erneut zu einem sicherheitspolizeilichen Einsatz abgeordnet.396 Über seine Aktivitäten als Sonderkommandoführer ist nichts bekannt. In einer Vernehmung vor der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt 1965 machte Hotzel Aussagen zu der während des Krieges üblichen Praxis der Heranziehung von Lehrgangsteilnehmern zu sicherheitspolizeilichen Einsätzen, die er euphemistisch als »Kriegseinsätze« bezeichnete. Erstmals seien zwischen den Semestern im Juni 1941 alle Teilnehmer laufender Lehrgänge in Pretzsch zusammengezogen und dort auf die einzelnen Einsatzkommandos verteilt worden; am 15.10. seien sie zur Fortsetzung des Lehrgangs zurückkommandiert worden. Während der Vernehmung äußerte er, ihm sei nicht bekannt, dass sich einer der Teilnehmer über die Erschießungen beschwert und seinen Unwillen zum Ausdruck gebracht hätte: »Es war lediglich so, dass über den Kriegseinsatz nicht gesprochen werden sollte, um den Zusammenhalt der einzelnen Lehrgangsteilnehmer wieder herzustellen und zu erhalten.« Dies sei auch ein persönliches Anliegen von Schulz gewesen. Lediglich ein Lehrgangsteilnehmer habe in Russland einen »Knacks« bekommen und den Lehrgang auf ärztliches Anraten hin abgebrochen.397 Hotzel selber geriet 1945 zuerst in amerikanische, dann britische Gefangenschaft und wurde 1948 zwar zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, aber unter Anrechnung der Internierungszeit noch im gleichen Jahr freigelassen. Er kam danach bei Verwandten in Bad Hersfeld unter und arbeitete dort als Glasermeister. In seinen Beruf als Lehrer kehrte er nicht wieder zurück. Hotzel starb 1983 in Bad Hersfeld. Rudolf Hotzel wurde 1909 als Sohn eines Lehrers in Vitzeroda in Thüringen geboren. Sein Vater fiel 1917 in Flandern, Hotzel galt damit als »Kriegerwaise«. Nach dem Besuch der Volksschule kam er auf das Realgymnasium Eisenach, musste die Schule aber wegen »Differenzen persönlicher und weltanschaulicher Art mit verschiedenen Lehrern« vorzeitig verlassen und zur Oberrealschule Salzungen wechseln. 1931 legte er die Reifeprüfung ab und nahm ein Studium am Pädagogischen Institut der Universität Jena auf. Noch im gleichen Jahr trat er in die NSDAP und die SA ein. An der Universität schloss er sich dem Nationalsozialistischen Studentenbund an, war dort zuerst Kassenwart, dann Geschäftsführer der Hochschulgruppe Jena und schließlich Leiter des Amtes für politische Bildung und des Grenz- und Auslandsamtes des Nationalsozialistischen Studentenbundes in Jena. Wie viele seiner Kollegen war Hotzel schon früh sportlich aktiv: Von 1927 bzw. 1929 bis 1932 war er Jugendwart im Eisenacher Ski-Club und Ruderwart im Ruderclub, als SA-Schar-
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führer leitete er den Sport des SA-Sturms. Das Sommersemester 1932 hatte Hotzel in Wien verbracht. Dort war er für den SD angeworben worden; Ende Juli 1932 meldete er sich daraufhin nach seiner Rückkehr in Jena bei der SS. 1933 wurde ihm die Führung eines SS-Trupps anvertraut. Außerdem leistete er, als im Februar 1933 in Jena die Hilfspolizei aufgestellt wurde, für etwa 5 Wochen Dienst bei der Hilfspolizei. Hotzel war also schon früh politisch aktiv und hatte von Beginn an seine politische Heimat in der nationalsozialistischen Bewegung gefunden. Dies bestimmte auch sein Studium, denn als Thema seiner Staatsexamensarbeit wählte er 1933 »Kriecks Theorie des Schulaufbaus« – Ernst Krieck war damals der führende nationalsozialistische Erziehungsphilosoph. Es scheint aber, dass Hotzel über allen politischen Aktivitäten das Studium vernachlässigte, denn sowohl das 1. als auch das 2. Staatsexamen wurden nur mit »genügend« bewertet. Auch während der Vorbereitungszeit tat er »ununterbrochen Dienst« als Truppführer bei der Eisenacher SS. Das zweite Staatsexamen legte Hotzel 1935 beim Schulamt Eisenach ab. Er hatte inzwischen eine Schulhelferstelle in Eisenach, dann im etwa 5 Km entfernten Hötzelroda erhalten. Der Eisenacher SS-Sturm richtete daraufhin für ihn ein Gesuch an das Schulamt, ihn doch in Eisenach zu belassen, weil er sonst so viele zeitraubende Wege zurücklegen müsse, und der Sturm hatte dabei sicher auch die Teilnahme am SS-Dienst in Eisenach im Sinn. Der Schulrat ließ sich jedoch nicht beirren: Eisenach sei mit dem Rad in einer Viertelstunde zu erreichen, Hotzel sei zudem erst Schulanwärter und habe sich im Schuldienst bis dahin nicht besonders ausgezeichnet, bewährte Lehrkräfte mit mehreren Kindern, die schon lange auf eine Versetzung nach Eisenach warteten, müssten sich zurückgesetzt fühlen. Im September 1936 wurde Hotzel die Verwaltung einer Lehrerstelle in Stedtfeld angeboten, das etwas näher bei Eisenach lag, doch inzwischen hatte sich ihm die Möglichkeit einer hauptamtlichen Stelle beim SD geboten, deshalb ließ er sich im Oktober 1936 zunächst für ein Jahr vom Schuldienst beurlauben. Der Entschluss, das Angebot des SD anzunehmen, war nur folgerichtig, denn der Einsatz für die »Bewegung« lag Hotzel offensichtlich mehr als die Arbeit in der Schule. 1934 hatte er es in der lokalen SS bereits zum Schulungs- und Sportreferenten und zum stellvertretenden Sturm-Führer gebracht. Hier war auch sein Weiterbildungswille ungebrochen: Im Oktober 1934 nahm er an einem einwöchigen Schulungslager des Rassereferenten Mitte in Kahla teil und hielt dort ein Referat über »Bevölkerungsbewegung und rassische Veränderung im deutschen Volk«. Im Jahr darauf besuchte er einen 14tägigen Kurs für Lehrer, den das Landesamt für Rassewesen in der »Staatsschule Egendorf« veranstaltete; 1936, inzwischen zum Untersturmführer ernannt, nahm er an einem weiteren Schulungslager des Oberabschnitts Mitte teil. Danach ging er für drei Jahre als SD-Führer nach Ostpreußen, um die Stabsführung des SD-Unterabschnitts Gumbinnen bei Tilsit zu übernehmen. 1938 ließ er sich endgültig aus dem Schuldienst entlassen. Im Januar 1939 wurde er zum Sturmbannführer befördert, danach folgten die Stationen, die wir schon kennen – der rasche Aufstieg im RSHA bis zum Amtsgruppenführer und Kommandeur einer Führerschule, die vom Status her einer Fachhochschule entsprach: ein Aufstieg, der für Hotzel im »zivilen« Schuldienst so kaum möglich gewesen wäre.398
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Auch Max Drexel gab den Schuldienst auf, weil sich beim SD mehr Aufstiegs- und »Gestaltungsmöglichkeiten für ihn ergaben. Drexel wurde am 2.5.1914 in Böblingen als Sohn eines Polizisten geboren, er war also zur Zeit der »Machtergreifung« gerade erst 19 Jahre alt geworden. Er hatte die Volks- und Realschule, dann von 1928 bis 1934 das evangelische Lehrerseminar in Backnang besucht – anders als in Thüringen gab es in Württemberg noch keine akademische Volksschullehrerausbildung. 1934 legte er die 1. Lehramtsprüfung ab, danach wurde er noch zu einem Fortbildungslehrgang am Oberseminar in Esslingen einberufen. Da noch keine Anstellungsmöglichkeit bestand, meldete er sich zunächst zum Freiwilligen Arbeitsdienst und bewarb sich auch bei der Reichswehr, wurde dort aber bereits nach wenigen Tagen wegen einer Knieverletzung wieder entlassen. Er fand aber schon bald eine Anstellung als Lehramtsbewerber in verschiedenen Orten des Kreises Schwäbisch Hall und schließlich 1935 in Leonberg, wo er gleichzeitig zum Jungvolkführer in der HJ ernannt wurde. Drexel war bereits im Januar 1933, also noch mit 18 Jahren, der SA und dem Nationalsozialistischen Studentenbund beigetreten und gehörte seit März 1935 der HJ an, die ihn nach dem Besuch wehrsportlicher und weltanschaulicher Kurse als Ausbilder einsetzte. In seinem 1950 für das Entnazifizierungsverfahren verfassten Lebenslauf schreibt er, in der Zeit als Jungvolkführer habe er begonnen, sich intensiver mit dem nationalsozialistischen Gedankengut zu beschäftigen. Aber schon vorher sei in ihm der Wunsch entstanden, »an entscheidenderer Stelle an der sozialen Neuordnung und der Durchsetzung der nationalsozialistischen Idee mitzuwirken«. Dies verband sich bei Drexel mit einem starken Aufstiegsstreben. Bereits am Seminar habe er den Entschluss gefasst, zu studieren, »um einmal aus der unteren Sozialstufe, der ich entstammte, in eine höhere zu gelangen«, aber auch, weil er in sich überdurchschnittliche Fähigkeiten verspürte, die er »in einem größeren Rahmen« einsetzen wollte. Vor diesem Hintergrund habe er zuerst geplant, eine Offizierslaufbahn einzuschlagen; dies blieb ihm trotz mehrfacher Anläufe verwehrt. Das Stigma der »Wehruntauglichkeit« stürzte ihn zwar in Depressionen, festigte aber seinen Entschluss, zu studieren, umso mehr. Für Drexel war daher der Wunsch leitend, sich aus einfachen sozialen Verhältnissen emporzuarbeiten und gleichzeitig aktiv an der nationalsozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft mitzuwirken. Das Volksschullehramt musste ihm eher wie eine Sackgasse vorkommen. Da erschien das Angebot, beim SD mitzuarbeiten, als Lösung seiner Probleme: Er konnte bei der »sozialen Umgestaltung« als »politischer Soldat« mitwirken und erhielt gleichzeitig die Aussicht auf ein späteres Studium. Diese Chance war allerdings an seine Bewährung im Dienst gebunden, und der daraus resultierende Bewährungsdruck begleitete Drexel die nächsten Jahre. Ende 1936 ließ sich Drexel vom Schuldienst beurlauben und trat in den hauptamtlichen Dienst beim SD Württemberg-Hohenzollern ein. Dort wurde er vom damaligen Unterabschnittsführer Eugen Steimle vereidigt und als Hilfsreferent der Abteilung »Erziehung und Volkstum« zugewiesen.399 Seine Aufgabe bestand darin, ein Netz von V-Männern aufzubauen und mit ihrer Hilfe die in seinem Sachgebiet bestehenden Probleme zu erfassen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Ab 1939 hatte er außerdem nachrichtendienstliche Stimmungsberichte zu erstellen. Inzwischen hatte er 1937 auch den Beitritt zur NSDAP und den Austritt aus der evangelischen Kirche
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vollzogen. 1938 war Drexel an der Verhaftung von Juden beteiligt, die nach Dachau transportiert wurden.400 Im gleichen Jahr richtete er ein Verlobungs- und Heiratsgesuch ans RuSHA, das ihm aber nach der Wehruntauglichkeit einen weiteren Makel bescherte, denn das RuSHA erteilte die Heiratsgenehmigung nur »auf eigene Verantwortung«, weil der künftige Schwiegervater wegen chronischer Alkoholprobleme für ein Jahr in eine Trinkerheilanstalt eingewiesen worden war. Drexel war um Erklärungen nicht verlegen und machte geltend, der Vater der Braut sei Kesselreiniger bei der Reichsbahn und habe deshalb viel in der Hitze zu arbeiten, was die Ursache für seinen übermächtigen Durst gewesen sei, der Alkoholismus sei daher wohl nicht erblich bedingt. Das Sippenamt erteilte vorerst nur die Verlobungsgenehmigung und erlaubte die Heirat erst mit dem 25. Lebensjahr – Drexel vollzog daher die Eheschließung erst Ende 1939. Inzwischen war er zum Untersturmführer und Sport- und Schulungsreferenten beim SD-Leitabschnitt Stuttgart ernannt worden. Der nächste Karrieresprung kam, als in Berlin der leitende Dienst Sipo/SD durch das RSHA aufgebaut und Sandberger zum stellvertretenden Amtsgruppenleiter I.B berufen wurde. Sandberger, der vorher persönlicher Referent des SD-Oberabschnittsführers Südwest Scheel und dessen Berichterstatter für Wissenschaft und Erziehung gewesen war, kannte Drexel aus Stuttgart und holte ihn ins RSHA nach. Dort wurde er zunächst nur mit organisatorischen Aufgaben beschäftigt, indem er die Unterlagen der Bewerber für den leitenden Dienst formell zu überprüfen und die Einberufungen zu den Ausleselehrgängen zu erledigen hatte. Offenbar veranlasste Sandberger aber schon bald, dass Drexel selber zu einem solchen Ausleselehrgang einberufen wurde; Drexel bestand die Aufnahmeprüfung und wurde daraufhin zum Lehrgang für den leitenden Dienst und zum juristischen Studium an der Berliner Universität zugelassen, musste aber vorher noch das Begabtenabitur ablegen. Bis Ende 1942 absolvierte er das Jura-Studium in Berlin und Frankfurt am Main, legte das 1. juristische Staatsexamen ab und wurde anschließend als Referendar zum Landratsamt Heiligenbeil und zur Regierung in Königsberg nach Ostpreußen geschickt. 1943 bestand er auch die 2. Staatsprüfung und hatte damit, wie er in einem nach dem Krieg verfassten Lebenslauf schrieb, das von ihm »seit 1936 angestrebte Ziel« erreicht. Während dieser Jahre habe er keine Zeit gehabt, sich politisch zu betätigen, weil das RSHA auf eine rasche Beendigung der Ausbildung drängte, um juristisch vorgebildete Kräfte zu haben. Allerdings erfuhr das Studium eine Unterbrechung, als er zu einem Einsatzkommando abgeordnet wurde. Er sei aber schon in Rumänien an Ruhr erkrankt und zur Genesung nach Berlin zurückgekehrt; danach konnte er das Studium fortsetzen. Nach Ablegung des 2. juristischen Staatsexamens wurde Drexel zum Regierungsassessor und Hauptsturmführer ernannt und mit der Organisation der Abt. III (SD) beim BdS Lothringen in Metz beauftragt. Als die Front näher rückte, wurde er im Juli 1944 zum Verbindungsoffizier des BdS beim Stadtkommandanten von Metz ernannt, nach dem Fall von Metz im Oktober 1944 übernahm er die Leitung der Abt. III beim BdS in Wiesbaden, im Dezember 1944 folgte die Versetzung nach Bayreuth, wo er die Vertretung des abkommandierten Abschnittsführers des SD wahrnahm. Als die militärische Niederlage Deutschlands schon unabwendbar war, meldete er sich noch im März als Soldat bei einer durch Bayreuth ziehenden Fronttruppe. Im Mai 1945
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kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er zwei Monate später als gewöhnlicher Soldat entlassen wurde. Nachdem er sich neue Personalien beschafft hatte, ließ er sich in der Nähe seiner Familie nieder und schlug sich mit verschiedenen Arbeiten auf einem Bauernhof als »Handarbeiter, Volontär und Aufseher« durch. Im März 1950 meldete er sich, um aus dem Status der Illegalität herauszukommen, selbst bei der Polizei in Tübingen. Die Spruchkammer, der Drexels Tätigkeit als Einsatzkommandoführer nicht bekannt war, stufte ihn aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in leitender Stelle beim SD zwar als Belasteteten, aber nur »Minderbelasteten« ein und verhängte eine Strafe von 3 Jahren, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt wurde; sein Leumund lasse erwarten, dass er sich nach einer Probezeit dem demokratischen Staat einordnen werde. Seinen Lebenslauf schloss Drexel mit der Bemerkung: »Ich glaube mit dieser Arbeit, die ich weiterhin fortzusetzen gedenke und durch die seelischen Belastungen, die sich aus meiner Illegalität ergeben, einen Grossteil meiner Schuld, die ich nach dem Gesetz trage, abgebüsst zu haben.«401 Das Schwurgericht München konnte sich dem nicht ganz anschliessen und verurteilte Drexel in einem späteren Prozess wegen Beihilfe zum Mord in 7 Fällen mit rund 770 Opfern zu 5 Jahren Freiheitsstrafe.402 Der sicherheitspolizeiliche Einsatz von 1941, über den er in seinem Lebenslauf so rasch hinweggegangen war, beinhaltete eine gravierende Beteiligung Drexels an den Massenexekutionen der Einsatzgruppen, die während des Prozesses, der 1971 vor dem Landgericht München geführt wurde, zur Sprache kam. Drexel, der sich im Frühjahr 1941 auf dem Lehrgang in der Sipo-Schule befand, war im Juni 1941 nach Pretzsch beordert worden. Im Frühjahr hatte man den Lehrgangsteilnehmern bereits mitgeteilt, dass eine »Auseinandersetzung mit Russland« bevorstehe, auf die sie sich durch das Erlernen der kyrillischen Schrift und durch Aneignung russischer Sprachkenntnisse vorbereiten sollten. Nach 14 Tagen Vorbereitung in Pretzsch kamen die Lehrgangsteilnehmer nach Düben, wo sie auf die verschiedenen Einsatzgruppen und -kommandos aufgeteilt wurden. Drexel wurde dem Einsatzkommando 12 unter Führung von Gustav Adolf Noßke und seinem Vertreter Haussmann unterstellt. Von Haussmann will er auch erfahren haben, dass Juden »ausgesiedelt« werden sollten. Drexel war mit Emil Haussmann, den er aus seiner Zeit beim SD in Stuttgart, kannte, befreundet; Haussmann war dort Referent für »Judentum und Freimaurerei« gewesen. Haussmann beging vor Beginn des Einsatzgruppenprozesses Selbstmord. Für ihn waren die Juden »Ungeziefer«, das man zertreten müsse.403 Es ist unwahrscheinlich, dass diese Einstellung nicht auch auf Drexel abfärbte, der sich mehrmals mit Haussmann über die »Judenfrage« und die Exekutionen besprach. »Aussiedlung« war daher eine irreführende Formulierung: Noßke, der bereits im Einsatzgruppenprozess 1948 zu lebenslanger Haft verurteilt, 1951 aber wieder freigelassen worden war, gab in seiner Vernehmung im Prozeß gegen Drexel im Mai 1971 an, Streckenbach habe am Abend vor dem Aufbruch nach Osten vor den Einsatzkommandoführern einen Vortrag gehalten, in dem er in großen Zügen die künftigen Aufgaben erläuterte; danach waren »sowohl bolschewistische Funktionäre wie auch Juden in führenden Positionen zu liquidieren«. Dazu sollten auch »alle diejenigen zu zählen sein, die in irgendeiner Weise Unruhe stifteten oder sonst die Sicherheit des Heeres im rückwärtigen Gebiet gefährdeten.«
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Einen ausdrücklichen Führerbefehl, nach dem unterschiedslos alle Juden einschließlich Frauen und Kinder zu ermorden waren, habe Streckenbach nicht mitgeteilt. Diesen, so Noßke, habe er im Hochsommer durch Ohlendorf erhalten, als das Kommando bereits in Transnistrien lag.404 Drexel nahm an dieser Besprechung nicht teil. Er wurde aber mit der Führung des Teilkommandos 12b beauftragt. Von Pretzsch aus setzte sich das Einsatzkommando 12 in Richtung Bessarabien und Transnistrien in Bewegung. Drexel erkrankte in Rumänien an der Ruhr und musste einige Tage im Lazarett verbringen; anders als in seinem Lebenslauf geschildert, kehrte er aber nicht nach Berlin zurück, sondern begab sich nach der Entlassung aus dem Lazarett als Teilkommandoführer wieder zu der ihm anvertrauten Truppe, die schließlich in Dubossary in Transnistrien stationiert wurde. Hier wurde unter Bewachung rumänischer Wachmänner ein Ghetto für die Juden der Stadt und der Umgebung errichtet. Anfang September 1941 gab Drexel dem Gemeindevorsteher von Dubossary den Befehl, vor der Stadt Gruben ausheben zu lassen. Am 12.9. wurden etwa 2500 Juden zu den Gruben gebracht und dort unter Drexels Kommando erschossen – zuerst die Männer, dann Frauen und Kinder.405 Drexel stand nicht selbst an den Gruben, sondern auf einer Anhöhe, von der aus er das Geschehen beaufsichtigen und Befehle geben konnte. Er gab von seinem Standort aus »durch Handzeichen« zu verstehen, wann eine neue Gruppe an die Gruben geführt werden sollte. Walter Kehrer, der als Dolmetscher fungierte, gab Drexels Befehle weiter. Die Opfer mußten sich am Rand der Grube niederknien, so dass sie die Leichen der zuvor Erschossenen sahen und nach den Schüssen »von selbst in die Grube fielen«. Drexel selbst gab folgende Schilderung zu Protokoll: »Nachdem die Männer sämtlich erschossen worden waren, kamen die Frauen und Kinder zur Exekution. Auch sie wurden je nach der Zahl der vorhandenen Schützen in Gruppen zu 10 oder 12 zur Exekution geschickt. … Man hat auch die Frauen nicht zur Exekutionsstätte treiben müssen. Größere Kinder liefen zur Exekutionsstätte, kleine Kinder wurden von ihren Müttern getragen. Ich bin mir sicher, dass für jedes Kind, auch für jedes kleine Kind, ein Schütze vorhanden war. Mütter mit kleinen Kindern erhielten den Befehl von Kehrer, ihre Kinder seitlich von sich weg zu halten, damit diese getroffen werden konnten. Auch die Frauen und Kinder mussten vor ihrer Exekution an der Grube niederknien und konnten in derselben die Leichen der zuvor Erschossenen sehen. Auch ich empfinde diese Tötung als grausam. Ich habe jedoch keine Möglichkeit gesehen, eine menschlichere Exekutionsart zu finden, für eine so große Zahl von Menschen.«406
Drexel hatte vorher, bei der »Aktion Jampol«, etwa 100 Km nordwestlich von Dubossary von dem Führerbefehl erfahren, dass die Juden »aufgrund ihrer rassischen Zugehörigkeit zur semitischen Rasse zu erschießen seien«. Er selbst habe, wie er nochmals betonte, nur die »Aussiedlung« der Juden für notwendig gehalten. Aber: »Ein Führerbefehl war für mich oberstes Gesetz und man hat uns gelehrt, dass ein solcher Befehl auch zu vollziehen sei, wenn man ihn persönlich als Unrecht ansehe.« Er gab allerdings zu, dass es für ihn einen Ausweg gegeben hätte, da er nach dem Lazarett-Aufenthalt einen Erholungsurlaub hätte nehmen können, er sei aber da-
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mals auf diese Idee nicht gekommen. Tatsächlich waren für ihn ganz andere Motive entscheidend, nämlich das berufliche Fortkommen beim Sicherheitsdienst und die »Solidarität mit den Kameraden«: »Ich wollte jedoch in den Krieg; unter uns jungen Leuten gab es nichts anderes, als dass man Fronteinsatz nachweisen müsste, wenn man weiterkommen wollte. Wenn ich mich … in die Heimat zum Erholungsurlaub begeben hätte, hätte ich damit rechnen müssen, daß mir mein bisheriger Wirkungskreis nicht als Fronteinsatz angerechnet worden wäre. Das Verbleiben beim Kommando war für mich die einzige Chance, zum Fronteinsatz zu kommen. Hand in Hand mit diesen Erwägungen ging noch eine innere Einstellung bei mir, welche es mir verboten hat, in die Heimat zurückzukehren, während meine Kameraden nach Russland vorrückten und die Köpfe hinhielten.«
Es waren also ganz eigennützige Karriere-Gründe, verbunden mit dem Wunsch, nicht als Schwächling oder Versager dazustehen. Rudolf Hotzel sagte 1964 über Erwin Schulz, der sich geweigert hatte, auch Frauen und Kinder zu erschießen, aus, Schulz habe sich nach Meinung der Lehrgangsteilnehmer »gedrückt«407 – aber Schulz, der bereits Amtsgruppenchef war, stand nicht mehr unter dem Bewährungsdruck, dem Drexel ausgesetzt war, der sich noch mitten in der juristischen Ausbildung befand, und dessen ganzes Bestreben dahin ging, einen höheren sozialen Status zu erreichen, der 1941 für ihn schon zum Greifen nahe war und den er sicher nicht durch »illoyales« Verhalten noch aufs Spiel setzen wollte. Drexel musste gegenüber seinen Vorgesetzten noch beweisen, dass er die Erwartungen, die an ihn gerichtet wurden, auch erfüllte und die Förderung, die ihm zuteil wurde, auch verdiente. In einem Brief an seinen Sohn, den er schon 1962 verfasste, gab er dem eine vermutlich dem Zeitgeist geschuldete existentialistische Deutung, indem er sein Verhalten als Ausdruck einer »Ur-Angst« zu erklären versuchte, die »besonders im Krieg« herrschte: »Man hatte Angst vor den Vorgesetzten wie vor den Untergebenen, nicht zu bestehen, man hatte Angst vor der Vergangenheit wie vor der Zukunft, weil das jeweilige ›Richtmaß‹ dauernd geändert wurde, man hatte Angst vor allem und jedem und am Schluss sogar vor sich selbst!«408 Übereinstimmend berichteten Noßke und Rohde, dass es für Drexel um eine Frontbewährung gegangen sei. Rohde, der als Zeuge der am Einsatzkommando beteiligten Polizisten vernommen wurde, erklärte, nach seinem Eindruck sei das Teilkommando für Drexel eine Bewährungsaufgabe gewesen, die ihm als Sprungbrett für seine spätere berufliche Laufbahn dienen sollte. Noßke leitete daraus auch eine besondere Härte im Handeln von Drexel ab. So habe er zum Beispiel die Bitte von Untergebenen zurückgewiesen, einer Exekution fernbleiben zu dürfen. Rohde berichtete dazu: »Nach der Exekution herrschte bei uns eine große Aufregung und es wurde darüber diskutiert, dass solche Aktionen nicht Aufgabe von uns Ordnungspolizei-Reservisten sei. Drexel erklärte jedoch, es läge ein Führerbefehl vor und man könne sich hiervon nicht ausschließen.«409 Da Drexel schon seit Jahren davon überzeugt war, dass Juden »ausgesiedelt« werden müssten und schon 1938 in Stuttgart den Abtransport von Juden nach Dachau mit veranlasst hatte, wird er mit dem »Füh-
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rerbefehl« auch wenig Probleme gehabt haben; vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass er sich als Teilkommandoführer besonders einsatzfreudig zeigen wollte. Er betonte zwar mehrmals die Grausamkeit des Vorgehens, dachte dabei aber mehr an sich selbst und seine Männer, die dies durchstehen mussten, als an die Opfer: »Die Art der Hinrichtung habe ich persönlich mehr als grausam empfunden. Auch für die Schützen war die Durchführung dieser Befehle grausam. Die meisten von ihnen haben sich nach Exekutionen betrunken, um ihren Ekel abzutöten.« Drexel sorgte dafür, dass reichlich Alkohol zur Verfügung stand und vergaß beim Abmarsch aus Dubossary nicht, dem zurückgebliebenen Kehrer einen Zettel zu hinterlassen, auf dem er ihm den Auftrag erteilte, seiner Ehefrau einen Pelzmantel zu schicken. 410 Als SS-Führer, SD-Schulungsreferent und Mitarbeiter der Amtsgruppe I.B des RSHA war Drexel gewiss auch mit den einschlägigen Theorien vertraut, die die «Ausscheidung der Juden aus dem deutschen Volkskörper« rechtfertigen sollten. Zu den Lieferanten und Propagatoren dieser Theorien gehörte Drexels Kollege in der Amtsgruppe I.B Paul Zapp. Zapp lieferte Vorlagen zur »Judenfrage«, die vom Schulungsamt übernommen wurden und in der Schulungsarbeit der SS zum Einsatz kamen, er wirkte darüber hinaus als Lehrer und Experte für die »Judenfrage« in der Ausbildung und an den Schulen des SD. Im Mai 1941 wurde er nach Pretzsch berufen und dort zum Führer des Einsatzkommandos 11a ernannt. Er nahm auch an der Besprechung am 17.6. in Berlin teil, bei der Heydrich die Einsatzgruppen- und Kommandoführer über ihre Aufgaben instruierte.411 Zapp hinterließ eine besonders eindrucksvolle Blutspur. Er verließ Pretzsch im Juli 1941 mit knapp 100 Mann in Richtung Südosten/Bessarabien. Nach seinem Einmarsch in Kishinew gab er den Befehl, 68 »kommunistische Juden« zu erschießen, wenige Tage später ließ er 551 Juden exekutieren, kurz darauf auch Kinder. Mitte September 1941 gab er in Nikolajew den Befehl, alle Ghettobewohner zu erschießen – rd. 5000 Menschen, wenige Tage später in Gerson fielen dem Sonderkommando noch einmal 5000 Juden zum Opfer. Im Dezember vernichteten Zapps Männer die jüdische Gemeinde von Simferopol, über 12 000 Menschen. Gleichzeitig ließ Zapp in Jalta einen Weihnachtsbaum für die Julfeiern organisieren. Nach Weihnachten setzte er die Ermordung der Juden in Jalta fort. Seine »sicherheitspolizeilichen Aktionen« wurden von Einheiten der rumänischen Armee begleitet und unterstützt. Die rumänischen Soldaten nahmen gelegentlich »wilde« Exekutionen vor, die Zapp in geordnete Bahnen zu bringen versuchte. So ließ er Juden in ein Ghetto mit zugehörigem KZ (für rd. 1000 Männer) schaffen und nutzte das KZ als »Geiselreserve« zur Sühne bei Attentaten und Sabotageakten. Zapp führte das Sonderkommando 11a von Juli 1941 bis Juli 1942, danach wurde er als Kommandeur Sipo/SD in Simferopol auf der Krim eingesetzt (als »KdS Taurien«). In Simferopol inspizierte er einen Gaswagen, der danach bei der Dienststelle verblieb.412 Offiziell leitete er die Dienststelle bis zum April 1944, nach eigenen Angaben kehrte er im Herbst 1943 wegen Krankheit – vermutlich aufgrund einer Verwundung – nach Kassel zurück.413 1944 wurde er zum SD-Führer im Leitabschnitt Dresden ernannt. Zapp war der letzte IdS in Dresden. Im April 1945 geriet er in amerikanische Gefangenschaft, aus der er, da er sich wie Drexel falsche Papiere beschafft
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hatte, als einfacher Soldat im Juli 1945 wieder entlassen wurde. Wenig später fand er eine Arbeit als Hilfsangestellter bei der Bundesbahn, ab 1952 lebte er unter falschem Namen als Angestellter bei der Bundesbahnwohnungsbau-Gesellschaft in Kassel, dann als kaufmännischer Angestellter einer Privatfirma; zuletzt lebte er in Bebra. 1967 wurde er schließlich festgenommen und 1970 zu lebenslangem Zuchthaus wegen Mord in 13 449 Fällen verurteilt. Zapp scheint noch weniger »moralische« Bedenken gehabt zu haben als Drexel. Für ihn ging es offensichtlich von Anfang an um die Umsetzung eines legitimen Führerbefehls, den er schon in Pretzsch erhalten haben will. So stellte er es auch gegenüber seinen Untergebenen dar, denen er den »Führerbefehl« zur »Vernichtung aller Juden« etwa in der zweiten Juli-Hälfte mitteilte: Ein Führerbefehl müsse befolgt werden, wer sich weigerte, schüchterte er die Männer ein, dem drohe das Kriegsgericht, möglicherweise auch die Todesstrafe, außerdem müsse mit Folgewirkungen für die Familien gerechnet werden.414 Zapp war daher weit mehr als nur ein Befehlsempfänger. Ob er während der Einsätze noch Schulungsarbeit geleistet hat, wissen wir nicht. Aber wer wäre mehr dazu berufen gewesen, seine Untergebenen von Sinn und Richtigkeit der Maßnahmen zu überzeugen als Zapp, der als »Judenexperte« des SD, Dozent und Referent für weltanschauliche Erziehung bei der Amtsgruppe I.B an maßgeblicher Stelle an der Schulungs- und »Aufklärungsarbeit« über das Judentum beteiligt war? Von Zapp ist ein Vortragsskript »Das Judentum« erhalten, das offensichtlich als Grundlage seines Lehrauftrags an der SD-Schule Bernau diente, zu dem er von November 1940 bis Januar 1941 abgeordnet worden war. Darin schreibt er, durch die seit 1933 ergriffenen Maßnahmen des nationalsozialistischen Staates sei eine »erneute Verjudung des Volkes« ausgeschlossen, die »Judenfrage« scheine damit abgeschlossen zu sein; die »völlige Lösung der Judenfrage« werde jedoch erst dann gelungen sein, »wenn die Frage des Weltjudentums gelöst ist. … An die restlose Beseitigung der Judenfrage kann erst gedacht werden, wenn es gelingt, das Weltjudentum entscheidend zu treffen. Die politische und diplomatische Führung Adolf Hitlers hat die Grundlagen für die europäische Lösung der Judenfrage geschaffen. Von hier aus wird der Hebel für die Lösung der Weltjudenfrage angesetzt werden müssen.«415
Nicht auszuschließen, dass Zapp auch für den Grundriß Nr. 19 »Judentum« verantwortlich war, den die Amtsgruppe I.B für die »Schulungsgemeinschaften« zur Vorbereitung auf die Untersturmführerprüfung herausgab – die zentrale Organisation der Schulungsgemeinschaften lag bei Hotzel, für die Schulungsbriefe der Amtsgruppe waren Engel und Zapp zuständig; in diesem Text wurde bereits offen die Lösung der Judenfrage durch die »Vernichtung« des Judentums avisiert.416. Zapp ist erst relativ spät zum »Judenexperten« geworden – 1936 war er als Experte für religionspolitische Fragen und »Politischen Katholizismus« ins SD-Hauptamt geholt worden. Von ihm stammen unter anderem die Beiträge zu den Themen »Freimaurerei« und »Politischer Protestantismus« für ein Schulungskompendium des RSHA, das Anfang 1941 entstand. Bevor er zum SD kam, war er Geschäftsführer der von Jakob Hauer gegründeten »Deutschen Glaubensbewegung« und persönlicher Se-
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kretär Hauers gewesen. Hauer war auch Gründer und Führer des nationalreligiösen »Bundes der Köngener«, dem Zapp schon 1921 als 17jähriger beitrat. Hauer verfügte über gute Kontakte zum SD und vermittelte auch seinen Assistenten Hans Endres ans RSHA weiter, als er von Albert Hartl nach Experten gefragt wurde, die im Schulungswesen der SS und des SD eingesetzt werden könnten.417 Über Hauer lernte Zapp Werner Best kennen, der ihn als V-Mann für den SD anwarb. Im Juli 1934 trat er der SS und dem SD bei und lieferte seitdem regelmäßig Berichte ans Religionsreferat des SD. Im Februar 1936 gab er schließlich die Arbeit bei der Deutschen Glaubensbewegung auf und trat als hauptamtlicher Mitarbeiter in die Dienste des SD. Gleichzeitig war Zapp Schulungsleiter beim Tübinger SS-Sturm 8/63. Ende 1936 wurde er als Referent in die von Hartl geleitete Abteilung II.113 »Politische Kirchen« im SD-Hauptamt in Berlin berufen.418 Die Referententätigkeit an untergeordneter Stelle war nur eine Zwischenetappe auf dem Weg nach oben. Nachdem er im Frühjahr 1937 einen Dienst bei der Reichswehr abgeleitet hatte, wurde er im November 1937 als Stabsführer und Abteilungsleiter zum SD Breslau berufen und 1938 zum Untersturmführer, noch im gleichen Jahr zum Obersturmführer und Anfang 1939 zum Hauptsturmführer ernannt. Inzwischen hatte er sich offenbar auch umfangreiche Kenntnisse über die »Judenfrage« erworben, denn ab Mai 1940 war Zapp für die weltanschauliche Schulung und Ausbildung der Anwärter des leitenden Dienstes Sipo/SD für Schlesien und das Generalgouvernement im RSHA zuständig und als Judenexperte für den SD beim BdS in Krakau tätig. Im August 1940 folgte die Ernennung zum Sturmbannführer, im November die Abordnung als Dozent nach Bernau. Von Januar bis März 1941 war er stellvertretender Leiter des Referates I.B 1 »Weltanschauliche Erziehung« im RSHA, im April schließlich wurde er zum Führer des SD-Abschnitts Kassel ernannt; nur wenige Wochen später kam die Abordnung nach Pretzsch, gut ein Jahr später war Zapp Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD von »Taurien«.419 Zapp entspricht in geradezu idealtypischer Weise dem Bild eines »Weltanschauungskriegers«, der von seinem Handeln überzeugt war und auch bestrebt war, seine Überzeugungen an andere weiterzugeben. Dass er im Dezember 1941 in Jalta einen Weihnachtsbaum aufstellen ließ und anschließend die Ermordung der Juden von Jalta organisierte, war keine »makabre Entgleisung«. Im Jahr zuvor hatte er in Breslau für den Rundfunk »Hörfolgen« zu den Themen »Frühling«, »Gott – Welt – Vaterland« und »Vom Gesetz des Lebens« verfasst, die im Rahmen seiner Tätigkeit als »SS- und Schulungsführer« entstanden waren und seine Begabung zur Feiergestaltung dokumentierten. 1934/35 hatte er ein dreibändiges Werk »Deutsche Weihestunden« und die Zusammenstellung »Germanisch-deutsche Weihnacht« mit »Vorschlägen und Anregungen zur Julfestgestaltung« veröffentlicht, 1935 folgte noch das Werk »Deutscher Glaube und religiöser Zerfall«. Band 3 der »Deutschen Weihestunden«, 1942 in 5. Auflage erschienen, widmete sich den Themen »Aufgang des Lebens (Geburt – Namengebung – Jugendleite). Des Lebens Mittagshöhe (Eheweihe – Sippentag). Lebensneige (Lebensvollendung – Totenweihe)«.420 Das Werk enthielt Vorschläge zur Feiergestaltung mit Regieanweisungen für Sprecher, Chöre, Musiker, Kranz- und Fackelträger. Zapp stilisierte in seinen Texten das deutsche Volk zum geschundenen Opfer:
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»Mehr als ein Jahrtausend überflutete fremder Geist, fremdes Seelengut, ja fremdes Blut Volk und Heimat … Tausend Jahre Fremdgeist liegen hinter uns. Tausend Jahre Artseele liegen vor uns.« – »Tausende unserer germanischen Ahnen mussten zugrunde gehen, ehe das deutsche Blut wieder aufbrach und unsere Generation zu sich selbst zurückführte. Hunderte von Kameraden mussten bluten, ehe der große Durchbruch unter dem Führer des Reiches gelang.«421
In Zapps Entwurf für ein oratorienhaftes Spektakel zur »Totengedenkfeier«, eingeleitet mit Edward Griegs Musik »Trauer um Ases Tod«, findet sich diese Passage: »Zweiter Kranzträger (bräunlicher Kranz): Doch hört: durch tausend Jahr Millionenfachen Schmerzensschrei! Entsetzen rast an uns vorbei, Erkennt: Kraftvolle Glieder gebrochen von folternder Hand! Lebendige Menschen auf glutendem Holze verbrannt! Irre vor Qual die Gesichter - - aber noch Stolz und entschlossen! - - Seht Sprechchor: Unser Blut! Kranzträger: Unser Blut! Millionenfach geschunden und verbrannt, Weil es sich stolz und frei zu deutschem Sein bekannt! Sprechchor: Ihr maßlos geächteten, Hassvoll entrechteten deutschesten Deutschen: Euch alle hören wir rufen in jedem Schlag unseres Herzens. Kranzträger: Ihr seid erwacht in uns, um bittre Schmach zu wenden. Wir werden kämpfen, dass wir siegend euch vollenden!«
Es folgte Händels Trio g-moll op. 2 für 2 Violinen und Klavier.422 Diese Zeilen weisen auf tief liegende, projektive Rache- und Vergeltungswünsche hin, die Zapp als Einsatzkommandoführer ausagierte. Wie viele Deutsche seiner Zeit litt er unter der Schmach, die Deutschland angeblich angetan worden war und sah sich als Opfer fremder Mächte. In ihm wird sich ein kollektives Feindbild geformt haben, auf das er eigene Erfahrungen des Scheiterns und der Demütigung projizierte. Paul Zapp wurde 1904 als zweites Kind eines Kaufmanns in Hersfeld geboren; er wuchs in Kassel auf, wo sein Vater Teilhaber einer Sattlerwarengroßhandlung war, besuchte dort die Oberrealschule und legte 1923 das Abitur ab. Anschließend begann er eine Lehre bei der Dresdner Bank, brach sie aber vorzeitig ab, weil sich eine Arbeit in der Firma seines Vaters ergab. Die kaufmännische Lehre führte er aber auch dort nicht zu Ende. Als sein Vater gezwungen war, die Geschäftsbeteiligung aufzugeben, musste sich Zapp nach einer anderen Arbeit umsehen und fand nach einiger Zeit eine Stelle als Hilfskraft bei der Ortskrankenkasse in Rotenburg a. d. Fulda, blieb aber auch dort nur ein halbes Jahr. Von 1929 bis 1931 arbeitete als Kor-
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respondent im Sekretariat der Lokomotiven-Werke Borsig in Berlin, bis er 1931 aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage stellungslos wurde. Inzwischen hatte Zapp geheiratet, und sein Schwiegervater finanzierte ihm ein Studium an der Universität Berlin, das er jedoch schon im 2. Semester wieder abbrechen musste, weil der Schwiegervater die Zahlungen einstellte. Zapp hatte sich an der Universität für Philosophie, Geschichte und Volkswirtschaft eingeschrieben. 1932 nahm er eine Stelle als Verwaltungskorrespondent bei Shell an, schied aber auch dort im April 1933 wieder aus. Zu diesem Zeitpunkt, mit fast 30 Jahren, war Zapp daher ohne abgeschlossene Ausbildung und ohne eine klare berufliche Perspektive. Die Lösung kam von einer ganz anderen Seite: Seit 1921 war Zapp Mitglied im »Bund der Köngener« und kannte daher den Führer und »Kanzler« des Bundes, den Tübinger Religionswissenschaftler Jakob Hauer. Hauer holte Zapp im April 1933 als »Bundesamtmann« nach Tübingen mit dem Auftrag, für eine Auflagensteigerung der Zeitschrift des Bundes »Die kommende Gemeinde« zu sorgen und neue Zielgruppen zu erschließen. Wenig später erließ Hauer einen Aufruf zur Gründung einer »germanisch-deutschen Glaubensbewegung«. Im Juli 1933 konstituierte sich die Bewegung auf einer Tagung in Eisenach. Dem »Führerrat« gehörten unter anderem führende Vertreter der »nordischen Bewegung« wie Hans F. K. Günther, Lothar Stengel-Rutkowski und Hermann Wirth an; Günther schied zwar im August wieder aus, arbeitete aber weiter in der Bewegung mit. Paul Zapp wurde zum Leiter der Hauptgeschäftsstelle ernannt und fungierte gleichzeitig als Hauers Privatsekretär. Das neue Amt verlieh ihm mit einem Schlag »Bedeutung«, konnte er doch jetzt an einer vorderen Front zumindestens der geistigen Erneuerung im Zeichen einer »deutsch-germanischen Religiosität« mitwirken. Für dieses Ziel verfasste er seine Entwürfe und Regieanweisungen für »deutsch-germanische Weihestunden«. Die Deutsche Glaubensbewegung wurde im SD kritisch beäugt, und Heydrich plante zeitweise die Auflösung des Bundes. Um seinen Fortbestand zu sichern, trat Hauer im Juni 1934 dem SD und im August der SS bei. Die »Deutsche Glaubensbewegung« wurde rasch eine Art informeller Organisation der »nordischen Bewegung«, die mit dem Gedankengut der SS weitgehend konform ging.423 Gleichzeitig, im Juli 1934 trat auch Zapp der SS und dem SD bei. Die SS erschien ihm, wie er in seinem Lebenslauf schreibt, als »geistiges Zentrum der sich entwickelnden neuen Bewegung«, das heißt, Zapp verstand die Arbeit für die SS schon bald als eine Fortsetzung der Arbeit für die Erneuerung Deutschlands, jetzt auf einer höheren Stufe, die mehr praktischen Einfluss verhieß als die Deutsche Glaubensbewegung. Werner Best, der selber seit Januar 1934 Mitglied der »Deutschen Glaubensbewegung« war, warb ihn für den SD an. Von da an war der Weg vorgezeichnet. Auch die antisemitische Grundeinstellung war schon da, denn noch als Leiter der Geschäftsstelle hatte Zapp in einem Vortrag erklärt, dass Juden »selbstverständlich« nicht in die »Deutsche Glaubensgemeinschaft« aufgenommen werden können, da diese Gemeinschaft sich auf das »Erbgut des deutsch-nordischen Menschen« aufbaue.424 Da die völkische Erneuerung die Eliminierung des »Fremden« voraussetzte, die sich im Feindbild des »Juden« verdichtete, war es nur folgerichtig, dass sich das Ziel seines Kampfes bald von der »politischen Kirche« auf das »Judentum« verschob.
2. Nachwuchs
Hotzel Dr. Rennau (s. o.) Thomas (Kaufmann) > zum IdS Stettin u. BdS Brüssel Buss (s. o.) 3. Lehrplangestalt. d. Schulen 3. Aus- und Fortbildung
Abt. 2 Weltansch. Erz.
Hotzel (s. o.) Gwosdz Drexel (Lehrer) > EG B Abt. 3 Fachl. Schulung
Schänzlin (Kaufmann) > Waffen-SS Oslo Dr. Rennau (s. o.) Hammer (Studienassessor) > zum BdS Belgrad
Gindel (Amtsrat) > EG H
5. Laufbahnrichtlinien etc.
Folkerts (HfL) > EG H
4. Leibeserz. + Wehrausbildung
Abt. 4 Leibesübungen
4. sonst. Lehrpläne
Dr. Zirpins (Krim.Rat) > Kripochef Hamburg Hubig (Gerichtsref.) (EG A) > »Unt. Zeppelin« Dr. Pechau (Stud.ass.) > EG A; »Untern. Zepp.«
Herbst (KK.) > EG Kroatien Dr. Sandberger (s. o.). Maly (Krim.Rat) > zum BdS Niederlande Dr. Zirpins > Gestapo Litzm. Thomsen (KK.) > Gestapo Graudenz Dr. Pechau (Stud.ass.)
2. Nachwuchs
Dr. Engel > SSPF Genua
Dr. Engel (Historiker) Zapp (kaufm. Angest.) > EG D > KdS Taurien/Krim Dr. Endres (Dozent) > Kaukasienexpedition > Junkerschuldozent Knigge (Sportlehrer) > EG A
Hotzel (EG, SD Polen) Gwosdz (Abiturient; SD Polen) Buss (Angest.; SD Polen)
Hotzel (Lehrer) > EG B Stellv. Dr. Rennau (Krim.Rat) > Gestapo Brünn 1. Weltanschaul. Erz.
Okt. 43
Schulz (Poliz.off.) > EG C > BdS Salzburg Stellv. Dr. Sandberger > EG A > KdS Estland 1. Weltanschaul. Erz.
März 41
Willich (Poliz.off.) > IdS Danzig Stellv. Dr. Sandberger (Jurist) Abt. 1 Allg. Erz.fragen
Gruppenleitung
Mai 1940
RSHA – Abt. IF, dann I.B (Erziehung) – »Theorie und Praxis«:
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LEHRER UND DOZENTEN IM SICHERHEITSPOLIZEILICHEN EINSATZ
Schulleiter und Dozenten im sicherheitspolizeilichen Einsatz Führerschule der Sicherheitspolizei Charlottenburg, Leiter: 1937 Hellwig > EG Ostoberschlesien 1939 > SSPF Shitomir/Ukraine 1941 Schulz > EG C > BdS Salzburg 1942 Hotzel > EG B SD-Schule Bernau, Leiter: 1935 Berg > SD Unterabschnitt Mecklenburg 1937 Klingemann > Kommandeur Waffen-SS 1940 Hirschberg > Ek Elsaß 1940 Nickol > Sipo/SD Konitz Grenzpolizeischule Pretzsch > Sipo/SD-Schule Drögen-Fürstenberg, Leiter: 1937 Karl d’Angelo > 1939 Pol.dir. Cuxhaven, dann Heilbronn 1939 Dr. Trummler > EG Ostoberschlesien; BdS Rhein-Westmark Sipo/SD-Dozenten im sicherheitspolizeilichen Einsatz (Beispiele): Bussinger (Volksschullehrer) > Ek 4 Dr. Dörnte (Jurist) > KdS Warschau Dr. Funck (Musiklehrer) > EG C Dr. Gutekunst (Studienassessor) > Sipo Frankreich Hartl (Priester; Seminarlehrer) > EG C Herz (Krim.komm.) > Sipo-Einsatz Polen Hirthe (Krim.komm.) > Ek Sowjetunion Reschke (Krim.insp.) > Ek Sowjetunion Dr. Seekel (Studienassessor) > EG C Dr. Spengler (Studienrat) > EG C Steimle (Studienassessor) > SK 7a Anton Wrede (kaufmänn. Angest.) > EG G (Rumänien)
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II. Weltanschauliche Schulung in der Ordnungspolizei II.1. Neue Inhalte in der Ausbildung Am institutionellen Rahmen des Ausbildungssystems der Polizei, das sich während der Weimarer Republik etabliert hatte, änderte sich 1933 zunächst nur wenig. Man begann aber schon früh damit, missliebige Personen auszutauschen und nationalsozialistische Inhalte in der Aus- und Fortbildung zu verankern. Unmittelbar nach der »Machtergreifung« setzten politische Säuberungen ein, die vor allem zu erheblichen personellen Veränderungen im Polizeischulwesen führten. So musste z. B. in Hamburg neben dem sozialdemokratischen Leiter fast die Hälfte der hauptamtlichen Lehrer der Polizeischule den Dienst aufgeben. Bis 1935 wurden 55% aller 1932/33 amtierenden Polizeischulleiter in Deutschland ausgetauscht – die »Exponenten eines republikanischen Kurses« waren bis 1934 weitgehend aus der Ausbildung der Polizei wieder entfernt worden.1 Politisch bedingte Entlassungen und Beurlaubungen betrafen neben dem Polizeischulpersonal im Wesentlichen nur die Führungsebene; in Hamburg wurden 10% aller Polizeioffiziere, aber nur 2% der »Unterführer und Mannschaften« aus politischen Gründen entlassen; insgesamt waren in Hamburg etwa 3%, in Preußen 3,3% aller Polizeibeamten betroffen.2 Der Eindruck einer personellen Kontinuität für die breite Masse der einfachen und mittleren Polizeibeamten täuscht aber darüber hinweg, dass generell eine starker Anpassungs- und Disziplinierungsdruck bestand. So wurden regional Kommissionen eingesetzt, die die politische Zuverlässigkeit der Polizeibeamten überprüften; lokale Stellen der NSDAP und der SA fertigten Listen über Beamte an, deren Entlassung sie empfahlen. Nach Untersuchungen von Daniel Schmidt dürfte insgesamt jeder 5. Offizier und jeder 10. einfache Polizist mit politischen Ermittlungen und Vorwürfen konfrontiert gewesen sein. In der Mehrzahl der Fälle beließ man es bei Zurechtweisungen und Disziplinarmaßnahmen, demonstrierte aber deutlich das »Sanktionspotential« des neuen Regimes: »Angst und Dankbarkeit verbanden sich auf diese Weise zu Loyalität.«3 Die Beitrittswelle zur NSDAP, die im Frühjahr 1933 unter Beamten einsetzte, dürfte daher nicht nur Ausdruck von innerer Zustimmung sondern auch eines starken Anpassungsdrucks gewesen sein. In Hamburg etwa traten bis zum 1.5.1933 rund 30% der Polizeibeamten der NSDAP bei, bis 1937 waren es etwa 60%. Nach einer Aufstellung Dalueges vom Januar 1939 für die gesamte Polizei des Reichs gehörten zu diesem Zeitpunkt 70% der Offiziere und 30% der Meister und Wachtmeister der NSDAP an; außerdem liefen 16 200 Anträge von Polizeibeamten auf Aufnahme in die SS.4 Gleichzeitig wurde der Polizei vorgeführt, wer im neuen Staat das Sagen hatte: In mehreren preußischen Städten wurden SA- und SS-Führer zu Polizeipräsidenten ernannt, bei Neueinstellungen wurden arbeitslose Nationalsozialisten bevorzugt – bis zum Januar 1934 konnte der neue Chef der Ordnungspolizei in Preußen Kurt Daluege die Unterbringung von 3669 Parteigenossen bei der staatlichen Polizei ver-
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
melden. Auch in den folgenden Jahren wurden Anordnungen erlassen, frei werdende Beamtenstellen bevorzugt mit Parteiangehörigen zu besetzen.5 Besonders einschüchternd wirkte die »Machtergreifung« der SA, die für kurze Zeit Polizeifunktionen an sich reißen und nach Belieben schalten und walten konnte, um mit den Mitteln staatlich legitimierten Terrors jede Formierung einer oppositionellen Bewegung schon im Keim zu ersticken. Bereits im Februar 1933 begann Göring in Preußen mit der Aufstellung von Hilfspolizeieinheiten aus Angehörigen hauptsächlich der SA, aber auch der SS und des Stahlhelms, die vor allem bei einer ersten Welle der Repression für die Zerschlagung der kommunistischen Organisationen und generell der Terrorisierung von Oppositionellen und Juden benötigt wurden. Die Ausstattung von SA- und SS-Männern mit polizeilicher Macht, die es ihnen ermöglichte, unter dem Deckmantel der Staatsautorität mit ehemaligen Gegnern abzurechnen, trug entscheidend zur Festigung der nationalsozialistischen Herrschaft in den ersten Monaten nach der »Machtergreifung« bei; sie wirkte auch einschüchternd auf die reguläre Polizei, die sich einem erheblichen Anpassungsdruck ausgesetzt sah.6 Innerhalb weniger Wochen wurden 25 000 SA- und 15 000 SS-Männer sowie 10 000 Angehörige des Stahlhelms als Hilfspolizisten rekrutiert; den SS-Männern wurden ab April 1933 Aufgaben im Bereich der politischen Polizei, den SA-Männern solche im Bereich der Ordnungspolizei zugewiesen. Etwa 10 000 SA- und SS-Männer wurden später übernommen.7 Ähnliche Entwicklungen vollzogen sich auch in anderen Ländern des Reichs. In Hessen zum Beispiel gab es im März 1933 neben 2158 regulären Polizeibeamten 4594 Hilfspolizisten, von denen drei Viertel aus der SA kamen.8 Die Hilfspolizisten wurden in Kurz-Lehrgängen auf ihre Aufgaben vorbereitet. Ausbildungsunterlagen, die aus Hessen erhalten sind, verdeutlichen, worum es ging: Sie beinhalteten praktisch nur militärische und wehrsportliche Übungen, polizeikundliche Inhalte standen nicht auf dem Programm. Die ersten Kurse im März 1933 dauerten in der Regel vier Wochen. Ein Lehrplan der Darmstädter Polizeiführung vom Mai 1933, die offenbar mit einer dauerhaften Einrichtung rechnete, sah bereits eine Ausbildung von 12 Wochen vor; in der 3. Woche war auch ein »Vaterländischer Unterricht« vorgesehen, vier Kameradschaftsabende sollten den Zusammenhalt stärken, hauptsächlich wurde aber ein kampfbetontes Training angestrebt. Ein Konzept zur »Neuaufstellung der Hilfspolizei am 1.5.1933« sah eine Einteilung in drei Gruppen vor: In Gruppe 1 sollte eine Auslese von insgesamt 800 Mann als »ständige Bereitschaft« kaserniert und ausgebildet werden; sie sollten eine dreimonatige militärische Ausbildung nach SA-Vorschrift sowie eine Spezialausbildung nach Polizeivorschrift erhalten, die hauptsächlich auf eine Indienstnahme der Hilfspolizei für den politisch motivierten Straßenkampf abzielte: Ausbildungsinhalte waren Handhabung des Polizeischutzes, Räumung von Straßen und Plätzen, Begleitung von Umzügen; Theoretischer Unterricht in Durchsuchungen und Beschlagnahmungen, Festnahmen und Verhaftungen; Waffengebrauch des Beamten, Notwehr und Notwehrrecht des Polizeibeamten; Unruhebekämpfung und Straßenkampf; Hochwasserschutz. Gruppe 2, ebenfalls nach SA-Dienstvorschrift auszubilden, sollte als örtliche Standortreserve fallweise zu Einsätzen herangezogen werden: »Die Polizeistellen sind anzuweisen, in jedem nur möglichen
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Falle auf die Hilfspolizei zurückzugreifen, um auf alle Fälle auch schon einen Versuch der Staatsgegner, Unruhe zu stiften, im Keime zu ersticken.« Gruppe 3 schließlich sollte als Hilfspolizeireserve bei besonders schweren Unruhen, in denen ein Masseneinsatz der Polizei erforderlich wurde, herangezogen werden.9 Diese Differenzierung, die den größten Teil der SA-Hilfstruppen wieder auf Funktionen einer Polizeireserve beschränkte, stand offensichtlich im Zusammenhang mit dem Bestreben, den ausufernden Terror der SA unter Kontrolle zubringen, der unter dem Deckmantel scheinbar staatspolizeilicher Legalität um sich griff und zu einer Bedrohung der staatlichen Ordnung wurde.10 Die Hilfspolizei-Einheiten wurden, nachdem sie ihren Beitrag zur raschen Herrschaftssicherung des Nationalsozialismus geleistet hatten, im August 1933 wieder aufgelöst, ein großer Teil des Personals erhielt aber Festanstellungen bei der Schutzpolizei.11 Eine Kompensation bot der Ausbau der SA-Feldpolizei zum SA-Feldjägerkorps im Oktober 1933, das Funktionen polizeilicher Exekutive für die eigenen Mitglieder wahrnahm, also eine SA-interne Polizei darstellte, die die Eingriffsmöglichkeiten der Schutzpolizei gegenüber der SA einschränkte. Das Feldjägerkorps, dem etwa 3300 SA-Männer angehörten, bestand bis 1935 und wurde dann in die Schutzpolizei überführt.12 Bereits zu Beginn des Dritten Reichs zeigten sich zwei Tendenzen, die bald für die weitere Entwicklung der Polizei bestimmend wurden: zum einen der Versuch, die Polizei mit den »Parteiarmeen« – zunächst der SA, dann der SS – zu durchdringen, zum anderen ihre fortschreitende Militarisierung. Die Militarisierung der Polizei setzte bereits mit einer Anordnung des preußischen Innenministeriums am 25.4.1933 ein, die Bereitschaften aus dem täglichen Polizeidienst herauszunehmen, um sie für einen »landespolizeilichen Einsatz« auszubilden. Im Sommer darauf wurden sie als Landespolizei offiziell von der übrigen Schutzpolizei abgetrennt und einer militärischen Organisation und Ausbildung unterworfen; ab Herbst 1933 unterstanden alle Landespolizeien in Ausbildungsangelegenheiten bereits dem Reichswehrtruppenamt. Für die Offiziersausbildung war die Höhere Polizeischule Eiche zuständig.13 Nachdem Ende Januar 1934 mit dem Gesetz über den Neuaufbau des Reichs die Länderhoheit über die Polizei auf das Reich übergegangen war, wurde die Landespolizei im Februar 1934 für den Kriegsfall dem Kriegsministerium unterstellt. 1935 schließlich ordnete Hitler die Eingliederung der kasernierten Landespolizei in die Wehrmacht an; 1936 folgten auch die Verbände aus der entmilitarisierten Zone. Mit einem Bestand von 56 000 Mann machte sie knapp ein Viertel der Heeresverbände aus und bildete ein tragendes Element beim Neuaufbau der Wehrmacht.14 Die Kehrseite dieser Entwicklung war, dass dadurch der Personalbestand bei der Polizei mehr als halbiert wurde und eine Personallücke entstand. Sie konnte mit dem Aufbau neuer Hundertschaften und der Errichtung des »Verstärkten Polizeischutzes« erst allmählich wieder geschlossen werden.15 Das Innenministerium rechtfertigte die Herausnahme der Bereitschaftspolizei aus dem täglichen Polizeidienst damit, dass mit dem nationalsozialistischen Umbruch eine »völlig veränderte Einstellung der Masse der Bevölkerung zum Staate« entstanden sei und es deswegen »des Masseneinsatzes geschlossener Bereitschaften nicht mehr bedürfe«. Die Zustimmung weiter Teile der Bevölkerung zum neuen Staat, verbunden mit dem
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Terror der »Parteiarmeen« und wirkungsvollen Strategien der Einschüchterung von Beginn an erlaubten es schon bald, die Präsenz der Polizei im öffentlichen Raum zu verringern. Die »Kontrolldichte« sank, während gleichzeitig das neue Bild von der »Polizei als Freund und Helfer« der Volksgemeinschaft propagiert wurde. Unter dem Deckmantel landespolizeilicher Ausbildung konnte stattdessen ein beträchtlicher Teil der Polizeikräfte für die Vorbereitung des Wiederaufbaus der Wehrmacht genutzt werden.16 Die Polizei, die in den letzten Jahren der Weimarer Republik zunehmend in den Kampf gegen die Bedrohungen durch Extremisten von rechts und links eingespannt gewesen war und auch gegen die Nationalsozialisten hatte vorgehen müssen, stand jetzt zwar unter einem hohen Anpassungs- und Bewährungsdruck, konnte sich aber gleichzeitig auch entlastet fühlen: »Aus Sicht der Polizei herrschte endlich wieder Ruhe. Die Konsolidierung des ’Dritten Reichs’ hatte sie von der Last der politisch bedingten Einsätze befreit, die in den letzten Jahren der Weimarer Republik ihren Dienst dominierten.«17 Die bürgerkriegsähnlichen Zustände waren vorbei, die Polizei konnte sich jetzt als »Freund und Helfer« einer neuen Volksgemeinschaft präsentieren.18 Parallel zu diesen Entwicklungen änderten sich, wenn auch erst allmählich, die Inhalte der Ausbildung. Schulbücher, insbesondere für den Staatskundeunterricht, wurden aus dem Verkehr gezogen, auf Länderebene wurden erste Lehrplanänderungen vollzogen. Bereits im April 1933 traten beispielsweise in Hamburg Änderungen in Kraft, die der neuen Lage in den Fächern Geschichte und Staatsbürgerkunde Rechnung trugen: »Die Führergestalten Hindenburgs und Hitlers sind zu besprechen. Hitlers Buch ›Mein Kampf‹ ist weitgehend heranzuziehen…«19 Als eigenes Fach kommt die nationalsozialistische Weltanschauung in den Hamburger Lehrplänen allerdings noch nicht vor.20 In Sachsen schrieb das Innenministerium in einer Verordnung vom 4.5.1933 die Behandlung des Themas »Wesen, Ziele und Aufgaben der nationalen Bewegung Adolf Hitlers« im Unterricht der Bereitschaftspolizei vor, eine Stunde wöchentlich sollte darauf verwendet werden. An die Stelle von Geschichte und Staatsbürgerkunde trat in den Polizeischulen das Fach »vaterländische Geschichte und Politik (nationale Bewegung Adolf Hitlers)« als Prüfungsfach, in dem eine schriftliche Arbeit angefertigt werden musste.21 In Württemberg dagegen wurden noch bis Anfang 1937 Prüfungen im Fach »Staatsbürgerkunde« abgehalten und das Fach »Staats- und Kulturkunde« unterrichtet; dem Geschichtsunterricht lag allerdings ein Schulbuch von Walter Gehl zugrunde, das bereits stark nationalsozialistisch ausgerichtet war.22 Das Thüringische Innenministerium ließ ab Ende 1934 laufend ein von der Reichspropagandaleitung herausgegebenes »Aufklärungsund Rednerinformationsmaterial« an die Polizeireviere verteilen.23 Insgesamt ergibt sich für die Zeit zu Beginn des Dritten Reichs ein uneinheitliches und unklares Bild. Eine Lehr- und Prüfungsordnung für die preußischen Polizeischulen vom Juli 1933 schreibt nur unspezifisch das Fach »Staats- und Beamtenrechtskunde« und für den Polizeioffizierslehrgang außerdem »politische Zeitgeschichte« vor; der Nationalsozialismus wird noch nicht explizit genannt. Ein Lehrplan für Anwärter der Wasserschutzpolizei, den das Preußische Innenministerium nur zwei Monate später herausbrachte, sah jedoch bereits drei Wochenstunden Unterricht
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in Polizeirecht, Staatskunde, politischer Zeitgeschichte und »nationalsozialistischer Weltanschauung« vor.24 Etwas konkretere Bestimmungen enthielt erstmals die Aufgabenbeschreibung im Lehrplan für die Revierpolizeianwärterlehrgänge an den Polizeifachschulen, den das Preußische Innenministerium am 6.2.1934 herausgab. Darin wurde für das Fach Staats- und Beamtenrechtskunde festgehalten, die Beamtenrechtskunde müsse vom »nationalsozialistischen Geist« getragen sein und der staatskundliche Unterricht solle das Verständnis für die »Aufgaben der Polizei im Staat und für die Stellung der nationalsozialistischen Polizei im Volk« vertiefen. Die staatliche Polizei wurde also bereits als »nationalsozialistische Polizei« reklamiert. An neuen Unterrichtsbüchern mangelte es offenbar immer noch, denn als »Lehrstoff« wurden neben »geeigneten geschichtlichen, geopolitischen und wehrpolitischen Werken« auf »nationalpolitische Reden« des Reichskanzlers, der Reichsregierung und der preußischen Staatsregierung, auf die Tagespresse sowie die beamtenrechtlichen Bestimmungen des Polizeigesetzbuchs »in Verbindung mit den seit dem 30.1.1933 erlassenen Bestimmungen« verwiesen. Ein neuer, »nationalsozialistischer« Lehrplan lag damit aber noch nicht vor.25 Bei aller Uneinheitlichkeit des Prüfungs- und Lehrplanwesens in den Ländern des Reichs werden schon früh Tendenzen sichtbar, die Polizei-Ausbildung nationalsozialistisch auszurichten und vor allem in die Polizeischulen nationalsozialistisches Gedankengut hineinzutragen. An die Stelle der »Staatsbürgerkunde« sollte die »Nationalsozialistische Weltanschauung« treten. Ein rascher, grundlegender Wandel stieß allerdings schon deshalb an seine Grenzen, weil in der Kürze der Zeit keine neuen Unterrichtsbücher erstellt und erlassen werden konnten. Die Lehrkräfte an den Schulen mussten sich weitgehend noch selbst behelfen. Ein Dokument des Übergangs war ein Runderlass des Preußischen Innenministers vom April 1933 für die Polizeiberufsschulen, der den Unterricht nach den bisherigen Lehrbüchern gestattete, doch sollten diejenigen geschichtlichen Persönlichkeiten und Zeitströmungen, »in denen sich der deutsche Gedanke besonders klar verkörpert« stärker als bisher berücksichtigt werden. Gleichzeitig wurde folgende Änderung in die MusterDienstverträge mit Polizeiberufsschullehrern aufgenommen: »Herr … verpflichtet sich, die ihm anvertrauten Schüler zu aufrechten Deutschen zu erziehen, die in Ehrfurcht vor der großen Vergangenheit des Volkes ihren Lebensinhalt darin sehen, der deutschen Nation mit Stolz zu dienen. – Er verpflichtet sich ferner, entsprechend dem Willen der nationalen Regierung, die christliche Weltanschauung zur Grundlage seiner Arbeit zu machen und seine Schüler mit dem Geiste der völkischen und rassischen Verbundenheit der deutschen Stämme und Stände zu durchdringen.«26
War hier noch lediglich vom »deutschen Gedanken« und der »nationalen Regierung« die Rede, so wird in einem Erlass vom Juli 1933 erstmals auch explizit die »nationalsozialistische Weltanschauung« genannt; der Erlass verpflichtete die Leiter der Polizeiberufsschulen darauf, »durch Vertiefung der Kenntnisse um die nationalsozialistische Weltanschauung unter der Schutzpol.-Beamtenschaft das Bekenntnis zum nationalsozialistischen Staate ehrlich und freudig zu gestalten.« Einstellungs-
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voraussetzungen für Polizei-Oberlehrer und -Schulräte, die als Schulleiter in Frage kamen, waren »unbedingte Zuverlässigkeit im nationalsozialistischen Sinne und entsprechende Gewähr für positive Aufbauarbeit.«27 Im Januar des folgenden Jahres berief das Preußische Innenministerium die Polizeiberufsschulleiter zu einer Konferenz vom 19. bis 21. Februar im Polizei-Institut Berlin-Charlottenburg ein, auf der grundlegende Fragen der verschiedenen allgemeinbildenden Fächer besprochen wurden. Den Einleitungsvortrag hielt Polizeischulrat Dr. Zwingelberg über den »Neubau der Polizeiberufsschule«.28 Im September 1935 schließlich wurde generell verfügt, dass als Lehrer an einer Polizeiberufsschule nur eingestellt werden könne, wer »die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat eintritt.«29 Im Mai 1934 kündigte der Referent im Innenministerium Dr. Zwingelberg einen Runderlass für die Polizeifachschulen an, nach dem die »großen Geschehnisse der Gegenwart« im Geschichtsunterricht zu behandeln waren; wöchentlich sollte ein Schüler jeweils in der ersten Viertelstunde des Unterrichts ein Referat über die »Politik der Woche« halten und dazu vor allem den »Völkischen Beobachter« heranziehen, der auch in den Lehrerzimmern ausliegen sollte.30 Die »Polizei in ihrer Gesamtheit« müsse »vom nationalsozialistischen Gedankengut durchdrungen sein«. Jeder Angehörige der Polizei, ließ das Reichsinnenministerium in einem Runderlass vom 28.6.1934 deshalb verlautbaren, habe sich »nationalsozialistisch weiterzubilden« und deshalb die nationalsozialistische Presse zu lesen: »Es ist unbedingt erwünscht, dass der Polizeibeamte des nationalsozialistischen Staates auch in seinen freien Stunden in der eigenen Häuslichkeit oder in den Unterkünften ernstlich bestrebt ist, die in der Presse zum Ausdruck kommende Verlebendigung der nationalsozialistischen Staatsauffassung in sich aufzunehmen und zu verarbeiten.« Insbesondere die Vorgesetzten, »Offiziere und Beamte«, sollten in dieser Hinsicht ein Vorbild sein.31 Um die Polizei anzuspornen, schrieb man 1935 einen Wettbewerb aus, in dem Polizeibeamte aufgerufen wurden, ihre Ideen zum Thema »Der Polizeibeamte als Nationalsozialist im Leben und Handeln« niederzuschreiben.32 Bis Ende 1935 besaßen immerhin bereits rund 75%, in Preußen 90% aller Polizeibeamten Hitlers »Mein Kampf«.33 Der Reichs- und Preußische Minister des Innern erließ im Januar 1935 allerdings noch recht allgemein gehaltene »Grundsätze für die Polizei«, die als eine Art Tugendkanon eine Richtschnur des Denkens und Handelns abgeben sollten und »immer wieder zum Gegenstand der Schulung sämtlicher Polizeiangehörigen« zu machen waren: »I. II.
Halte Deinen Eid in voller Treue und ganzer Hingabe an Führer, Volk und Vaterland. Die außerordentlichen Vollmachten, Dir als dem sichtbarsten Träger der Staatsgewalt gegeben, sind keine Vorrechte, sondern Pflichten. Erfülle sie vorbildlich als Diener Deines Volkes. III. Sei aufmerksam und verschwiegen in dienstlichen Dingen, mutig und selbstbewusst, aber gerecht, rücksichtslos im Kampf gegen alle Feinde des Volkes und Staates. IV. Handle so gegen andere, wie Du an ihrer Stelle behandelt zu werden wünschtest. V. Sei wahr, schlicht und genügsam. Lügen sind gemein; Geschenke verpflichten; Genußsucht ist unwürdig.
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VI. Hilf dem, der Deiner Hilfe bedarf. VII. Vernachlässige nicht den äußeren Menschen, er ist das Spiegelbild des inneren. VIII. Sei gehorsam Deinen Vorgesetzten, ein Vorbild Deinen Untergebenen, halte Manneszucht und pflege Kameradschaft. IX. Du bist als Träger einer Waffe der größten Ehre des deutschen Mannes teilhaftig, sei dessen stets eingedenk. X. Schule Dich und arbeite an Dir. Wer viel leistet, wird anerkannt. Anerkennung sei Dein höchster Stolz.«34
Diese Grundsätze erscheinen banal, sie suggerierten der Polizei aber ein Ethos der Anständigkeit, das tragfähig genug war, um noch 1943 im Rahmen der Ausbildung für den Osteinsatz eine Grundlage für die weltanschauliche Ausrichtung der Polizei auf den »großen Entscheidungskampf« zu liefern.35 Von der »NS-Lehre« und der »Weltanschaulichen Schulung«, die später unter Regie der SS institutionalisiert wurde, war man noch weit entfernt. Dennoch brachte das Jahr 1935 einen Einschnitt: Zum einen gab es inzwischen vermehrt Lehrpläne für einen nationalpolitischen Unterricht, zum anderen begann jetzt eine intensive weltanschauliche Schulungsarbeit durch den »Kameradschaftsbund der deutschen Polizei«. Die Anstellung bei der Gemeindevollzugspolizei in Sachsen setzte zum Beispiel nach einem Erlass vom Mai 1935 das Bestehen einer Vorprüfung in Allgemeinbildung in den Fächern »Deutsch, vaterländische Geschichte und Politik, vaterländische Erdkunde und Rechnen« voraus. »Vaterländische Geschichte«, Politik und Erdkunde traten an die Stelle von Geschichte und Staatsbürgerkunde.36 Im gleichen Monat brachte das Sächsische Innenministerium »Richtlinien für die nationalpolitische Erziehung der staatlichen Polizei- und Gendarmeriebeamten« heraus, die die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen zur allgemeinen Pflicht machte. Mindestens einmal im Monat sollten nationalpolitische Vorträge gehalten werden, für die Schupo-Bereitschaften im Rahmen der geschlossenen Lehrgänge, für die Bezirksgendarmerie während der regelmäßigen Dienstbesprechungen. Darüber hinaus erging an alle Polizeibeamten die Aufforderung, Kurse in den Schulungseinrichtungen von Staat und Partei zu besuchen. Für die Durchführung der nationalpolitischen Grundlagenschulung erließ das Ministerium einen verbindlichen Lehrplan: »I. Der Zweck der nationalpolitischen Schulung: Einführung in die nationalsozialistische Weltanschauung, Vermittlung des Erlebnisses und der wissensmäßigen Grundlagen dieser Idee, Erziehung zum Träger dieser Idee, damit zur Haltung des neuen Deutschen, des nationalsozialistischen Menschen. II. Die natürlichen Grundlagen unseres völkischen Daseins, der Kern der nationalsozialistischen Lebensauffassung: Blut und Boden. 1. Volk und Rasse. Die Grundtatsachen der Rassenkunde. a) Die Grundzüge der Vererbungslehre. Vom Volkstum und seinen Quellen; unsere Vorfahren; die Familie als Keimzelle unseres Volkes (Erb- und Familienforschung). b) Die europäischen Rassen. Die Rolle der nordischen Rasse. Die Artfremdheit des Judentums. Die Rassenfrage als der Schlüssel zur Weltgeschichte.
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2. Raum und Boden. Die natürliche Verbundenheit mit dem Boden. Das Bauerntum, der Lebensquell deutschen Volkstums und der Erhaltung deutschen Volksbodens. Das Problem Stadt und Land: Der Volkstod in den Großstädten. Die Arbeit am deutschen Boden: Siedlung (Ostsiedlung), Bodenverbesserung, Landgewinnung (Deutscher Arbeitsdienst).«37
Die Polizeibeamten hatten sich also schon ab 1935 mit der »Artfremdheit des Judentums« auseinanderzusetzen. Weitere Abschnitte (Teil III bis VI) waren im Wesentlichen der Geschichte und dem Programm der NSDAP gewidmet, der letzte Teil (VII) befasste sich mit den wichtigsten Gesetzen zur Neuordnung von Staat und Gesellschaft, die inzwischen erlassen worden waren. Ergänzend zur Grundlagenschulung war eine Reihe von vertiefenden Sonderthemen angefügt. Das Programm unterschied sich nur wenig von späteren, unter der Ägide der SS erlassenen Lehrplänen. Wichtigster Unterschied war, dass die nationalpolitische Schulung zu diesem Zeitpunkt noch in Zusammenarbeit mit den Kreisschulungsämtern und unter der Leitung des Gauschulungsamtes der Partei erfolgte: Die Kreisschulungsämter sollten Vortragsredner stellen, das Gauschulungsamt einen Beauftragten ernennen, der für die Durchführung zuständig war. Der Lehrplan wurde 1936 durch einen neuen Lehrplan abgelöst, der geringfügige Modifikationen enthielt und vor allem die wehrpolitische Erziehungsaufgabe stärker betonte. Er blieb bis zum Juli 1937 in Kraft; danach wurden die Curricula vom Hauptamt Orpo in Zusammenarbeit mit der SS erstellt. Bis zur Institutionalisierung einer »SS-mäßigen« weltanschauliche Schulung der Polizei unter Regie des SS-Hauptamtes war der »Kameradschaftsbund« der wichtigste Träger für die fachliche, politische und weltanschauliche Fort- und Weiterbildung und die außerdienstliche Schulungsarbeit in der Polizei. Der »Kameradschaftsbund der deutschen Polizei« war am 1. September 1933 als gleichgeschaltete Berufsorganisation der Polizei offiziell gegründet worden und an die Stelle aller Verbände und gewerkschaftlichen Organisationen der Polizei getreten. Er hatte von Anfang an neben der Wahrnehmung der Berufsinteressen wie Fürsorge- und Versicherungseinrichtungen eine nationalerzieherische Aufgabe: »§2 Der Bund hat den Zweck und die Ziele: a.) unter seinen Mitgliedern echte deutsche Kameradschaft zu pflegen, die auf der Verbundenheit durch deutsches Blut und deutschen Boden auf nationalsozialistischer Weltanschauung und nationaler Überlieferung beruht und geeignet ist, die Mitglieder zur vollen, freiwilligen und selbstlosen Hingabe an die Führer des Staates und an das Volk zu erziehen.«38
Der Bund unterhielt für diese Zwecke eine eigene Abteilung für Schulung und Fortbildung, die auch für die Herausgabe der Berufszeitschrift »Der deutsche Polizeibeamte« bzw. »Die deutsche Polizei« und die Taschenkalender der Polizei zuständig war, Lichtbildervorträge anbot, Wettbewerbe organisierte und Vortragsveranstaltungen durchführte. Parallel dazu entstanden ähnliche Abteilungen auf Gauebene.39
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Die Leitung hatte ein Bundes- bzw. Gauschulungswart inne. Welches Ausmaß die Vortragstätigkeit annahm, zeigt eine Statistik für die Zeit vom September 1933 bis April 193540: Zahl der Vorträge Teilnehmer staatspolitische Vorträge 1618 172 074 polizeifachliche Vorträge 1693 124 977 allgemeinbildende Vorträge 1197 108 629 Dazu kamen Fortbildungslehrgänge in Kurzschrift und Maschineschreiben. Dass sich selbst solche Lehrgänge für Politisierungszwecke nutzen ließen, zeigt ein Beispiel aus Berlin, wo 1934 nach einem Wettbewerb zum Abschluss eines KurzschriftKurses nationalsozialistische Werke als Preise verteilt wurden: Hitlers »Mein Kampf«, Rosenbergs »Mythus«, Günthers »Rassenkunde« etc.41 Die Zeitschrift »Die deutsche Polizei« war mehr als nur eine Berufs- und Fachzeitschrift. Sie brachte berufs- und fachspezifische Informationen, aber auch zahlreiche Beiträge zu weltanschaulichen und politischen Themen. In den Heften der Jahrgänge 1933 bis 1943 erschienen rund 100 Artikel zu den Themenkomplexen Rassenhygiene/Rassenkunde, Judentum/ Antisemitismus und völkische Geschichte. Ab 1940 kamen dann vor allem Berichte über den Kriegseinsatz der Polizei und der Polizeibataillone hinzu. Die geschichtlichen Beiträge erschienen ähnlich wie im Fall des SS-Leitheftes vorwiegend in den Jahren 1937/38, als das SS-Hauptamt die »Stoffsammlungen für die weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei« mit zahlreichen Beiträgen zur deutsch-germanischen Geschichte herausbrachte, während sich die anderen Artikel relativ gleichmäßig über die Jahre verteilen. Unmittelbar auf das Judentum bezogene Beiträge waren weit stärker präsent als etwa in den SS-Leitheften oder in der SS-Illustrierten »Das Schwarze Korps«. Insgesamt mindestens 24 Beiträge befassten sich explizit mit dem Judentum und der »Judenfrage«, 44 mit rassenkundlichen und rassenpolitischen Themen.42 explizite Thematisierung des Judentums und der »Judenfrage« in der Zeitschrift »Der deutsche Polizeibeamte« bzw. »Die deutsche Polizei« 1933-1943: Goethe und die Juden (1934) Sozialdemokratie und Judentum (1934) Unser Kampf gegen das Judentum (1935) Der Jude in der Kriminalitätsstatistik (1935) Die Juden sind unser Unglück (1935) Die Lösung des Judenproblems (1935) Was tut der Jude? (1936) Der Jude meidet Handarbeit! (Schaubild) Der Jude in den geistigen Berufen (1936) Juden »machten« in deutscher Kultur (1937) Immer noch jüdische Musik (1937) Juda du bist entlarvt (1937) Das Alte Testament als Selbstzeugnis der Juden (1937) Genf zerfällt – Europa erwacht (1938) Die Juden in Wien (1938)
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Klare Antwort auf Juda (1938) Der Einfluss der Juden in Spanien im Wandel der Zeit (1939) Im Getto aller Gettos (1940) Unser Kampf gegen das Chaos (1941) Blick in ein Judengetto (zweimal 1941) Treck der Juden (1941) Das Getto in Litzmannstadt, kriminalpolizeilich gesehen (1941) Die Strategie des Weltjudentums (1943) Die antijüdische Weltbewegung (1943)
Vor allem in den Jahren 1934 bis 1936 erschienen zahlreiche Artikel zur Rassenkunde und Rassenhygiene, die die Polizeibeamten mit den Zielen und Grundlagen der nationalsozialistischen Rassenpolitik vertraut machen sollten und eine praktische »Aufklärungsfunktion« erfüllten (»Welcher Rassetyp bist du?«, »Was verstehen wir unter ›Aufnordnung‹?«, »Von Rassenhygiene und Ahnenpaß« usw.). Unter den Autoren der Zeitschrift waren prominente »Gastautoren« wie die NS-Literaten Eberhard Wolfgang Möller, Hans Friedrich Blunck oder Werner Jansen, Partei-Schulungsprominenz wie der Reichsschulungsleiter der NSDAP Dr. Frauendorfer oder der RPA-Chef Prof. Groß, und führende Vertreter der nationalsozialistischen Rassenlehre wie Johann von Leers oder Paul Schultze-Naumburg. Die meisten Beiträge kamen jedoch von Polizeioffizieren in leitenden Funktionen, unter ihnen viele Polizeischulleiter und -lehrer. Dies verlieh der Zeitschrift einen professionellen Charakter, der die Akzeptanz auch weltanschaulicher Beiträge erhöht haben dürfte. Allein Karl Olfenius, Kommandeur der Schupo-Schule Köln, verfasste mindestens sieben Artikel, die in der Formulierung und Kombination der Themen diesen Eindruck »professioneller Sachlichkeit« vermitteln: Vorzeitiges Kündigungsrecht für versetzte Beamte (1933) Die Lösung des Judenproblems (1935) Über Maßnahmen des Dritten Reichs zum Schutze und zur Erhaltung der Volksgesundheit (1935) Was müssen wir über die Entstehung der nordischen Rasse und unseres Volkes wissen? (1936) Außerdeutsche Rassengesetzgebung der Gegenwart (1937) Unbeaufsichtigte Hunde auf der Straße (1938) Heirat nur noch mit Ehetauglichkeitszeugnis (1938)
Ab 1935 leitete Horst Hartmann die weltanschauliche Schulung des Kameradschaftsbundes; als Abteilungsleiter für die Außerdienstliche Polizeischulung im Schulungsamt der SS blieb er auch nach 1937 für den Kameradschaftsbund zuständig. Er steuerte selber zahlreiche Beiträge zur Verbandszeitschrift bei. Hartmann, 1905 in Berlin geboren, war von Beruf kaufmännischer Angestellter, bevor er als Gauhauptstellenleiter für die NSDAP zu arbeiten begann. Seit Juni 1932 gehörte er der SS an, während des Krieges war er stellvertretender Leiter der Abteilung »Weltanschauliche Erziehungsführung« im SS-HA. Hartmann hatte sich schon mit 17 Jahren einem Freikorps
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angeschlossen und gehörte zu den »alten Kämpfern« der Partei. Dies verband ihn mit dem »Bundesschulungsreferenten II« des Bundes, Willi Haase, auch er ein jugendlicher Freikorpskämpfer. Haase, 1906 in Neukölln geboren, war schon 1925 der NSDAP und der SA, 1927 der SS beigetreten. 1924 bis 1926 hatte er als Volontär auf einer Werft in Rendsburg gearbeitet und während dieser Zeit die Ortsgruppe Rendsburg der NSDAP gegründet; während des anschließenden Studiums am Technikum Mittweida gründete er dort die NSDAP-Ortsgruppe und engagierte sich in der Hochschulgruppenarbeit in Sachsen. 1930 kehrte er nach Berlin zurück und betätigte sich dort als Parteiredner und SS-Schulungsleiter. Von Beruf war er Maschinenbau-Ingenieur, ging aber nach einer Phase der Arbeitslosigkeit 1933 zur Staatspolizei und wurde im November 1933 als Abteilungsleiter beim Kameradschaftsbund eingestellt. Reichsleiter Rosenberg berief ihn 1934 zum weltanschaulichen Schulungsleiter des Bundes.43 »Bundesschulungsreferent I« war der Kriminalkommissar und SA-Angehörige Dr. Georg Bartsch, Koautor eines »Handbuchs für die deutsche Polizei«.44 Im Herbst 1934 führte der Bund einen ersten politischen Fortbildungslehrgang für die Schulungswarte der Länder bzw. Gaue durch und tat damit den ersten Schritt zum Aufbau eines eigenen Schulungsleiterwesens. Der Kurs fand in der Gauführerschule in Berlin-Wannsee statt. Hier wurden Vorträge über nationalsozialistische Weltanschauung, Erb- und Rassenlehre, das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, die deutsch-völkische Geschichte und die Freimaurerei gehalten.45 Nach positiven Erfahrungen folgte drei Monate später, im Januar 1935 ein zweiter 14tägiger weltanschaulicher Schulungslehrgang, diesmal in der »Staatsschule für Führertum und Politik« in Egendorf, der Gauführerschule der NSDAP in Thüringen. Vor 1933 war hier eine Erziehungsanstalt für straffällig gewordene Jugendliche untergebracht gewesen. In der Begrüßungsansprache hob der Leiter der Schule, Schulrat Eybel diesen Funktionswandel des Ortes besonders hervor, wie die Zeitschrift »Der Deutsche Polizeibeamte« berichtete: »Ausgehend von der Erkenntnis, daß das Erbbild dieser Insassen nicht durch eine bessere (lies marxistische) erzieherische Umgebung bewirkt wird, hat der neue Staat, es ist unser Staat, diese Anstalt umgewandelt in eine Schule zur Heranziehung eines tüchtigen, politischen Führernachwuchses. Um so mehr sei zu beachten, daß in diesem Hause jetzt jene Männer weilen, denen berufsmäßig die Verfolgung der straffälligen Jugend obliegt. ›Deutschland braucht Sie, meine Kameraden‹, so schloß Staatsrat Eybel, ›als Garant für die Erziehung einer deutschen Jugend der Sauberkeit, Pflichterfüllung und Ordnung.‹«46
Rund 300 Ortsgruppen- und Schulungswarte aus allen Gauen nahmen an diesem Kurs teil. Das Programm war anspruchsvoll: Neben den üblichen »Lagererziehungselementen« wie Flaggenhissen, Sport, Feierstunden und Kameradschaftsabenden sowie Ausflügen und Hospitationen präsentierte man eine dichte Folge von Experten-Vorträgen aus den verschiedensten Gebieten. Eröffnet wurde die Vortragsreihe mit einer Rede des Leiters des Sozialamtes der DAF, Dr. Theine, über das Thema »Der Weg des deutschen Arbeiters«; es folgte ein Vortrag von Professor Dr. Astel, dem Leiter des Thüringischen Landesamtes für Rassewesen über »Die Notwendig-
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keit und Grundlage des Rassewesens«; Dr. Alpers vom Landesamt ergänzte Astels Ausführungen mit Erläuterungen zur neuen rassenpolitischen Gesetzgebung. Mit seinem Abteilungsleiter Dr. Neuert entsandte das Landesamt für Rassewesen einen dritten Mitarbeiter zum Lehrgang, er sprach über »erbbiologische Bestandsaufnahme durch Ahnen- und Sippschaftstafeln«. Überhaupt spielte das »Rassewesen« eine besondere Rolle auf diesem Lehrgang, und vermutlich hatte man sich deswegen auch die Egendorfer Schule ausgesucht, die als »qualifizierte Hausschule« des Rasseamtes fungierte. So hielt der Direktor der Weimarer Kunsthochschule Prof. Dr. Schultze-Naumburg einen Vortrag über »Die Bedeutung der Kunst für die rassische Auslese«, während der Direktor der Weimarer Musikhochschule Prof. Dr. Oberborbeck einen mit Liedern ergänzten Vortrag über Rasse und Musik hielt – sicher auch für Polizeibeamte nützliches Wissen, die ja unter anderem auch für die Durchsetzung der zahlreichen Verbote »artfremder« Musik zuständig waren. Unter den weiteren Rednern waren der Kriminalrat Paulus (»Deutsch die Saar immerdar«), der Gauarbeitsdienstführer Staatsrat Schmückle (»Arbeitsdienst als Schule der deutschen Volksgemeinschaft und des Nationalsozialismus der Tat«), der Gebietsleiter der HJ Thüringen Günther Blum (»Die Hitlerjugend im neuen Staat«), der Gauamtsleiter des NSLB Oberregierungsrat Papenbrock (»Erziehung der deutschen Jugend in der Schule«) und viele andere. Ein Teil der Vorträge hatte »internen« Charakter und war der Arbeit des Kameradschaftsbundes und speziell der Schulungswarte gewidmet. Zur Begrüßung richteten auch Gauleiter Sauckel und der Befehlshaber der deutschen Polizei Daluege das Wort an die Teilnehmer.47 Im Sommer 1935 konnte der Kameradschaftsbund mit dem Haus »Kurmark« in Babelsberg ein eigenes Schulungshaus einweihen, und im Winter startete hier das erste Lehrgangsprogramm in eigener Regie mit Kursen in weltanschaulicher und polizeifachlicher Schulung.48 Von Oktober 1935 bis Anfang Mai 1936 fanden insgesamt sieben 14tägige Lehrgänge unter Leitung von Horst Hartmann statt. Der Vormittag war jeweils dem fachlichen, der Nachmittag dem weltanschaulichen Unterricht gewidmet; auf 2 Unterrichtsstunden folgte jedes Mal eine Diskussion, in der Fragen gestellt und beantwortet wurden, sowie das Kurzreferat eines Lehrgangsteilnehmers »über das Gehörte«, so dass jeder Teilnehmer selber einmal einen Vortrag halten musste – ein durchgängiges Prinzip der »Aktivierung« in der Polizeischulungsarbeit. Begonnen wurde der Tag mit Frühsport, beendet wurde er mit einem gemeinsamen Abendspaziergang und einem Abendlied. Außerdem wurden praktische Fragen behandelt, etwa: »Wie bereite ich einen Kameradschaftsabend vor? Wie bereite ich ein Fest der Polizei vor? Wie verfasse ich einen Pressebericht? Wie lese ich eine Zeitung?« Dass »fachlicher« und »weltanschaulicher« Unterricht nicht immer deutlich zu trennen waren, zeigt die Themenfolge des ersten Lehrgangs vom Oktober 1935, der der Fortbildung von Gauschulungswarten diente: Fachliche Unterrichtsthemen: 1. Ein historischer Überblick über die Entwicklung des Strafrechts und der Strafen unter Berücksichtigung der jeweiligen politischen Verhältnisse 2. Der Kampf gegen den Verbrecher im Dritten Reich
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Das Polizeiverwaltungsrecht als Teil des nationalsozialistischen Staatsaufbaus Stellung und Aufgabe der Polizei im 3. Reich Volkswirtschaftliche Bedeutung und Schutz des Waldes Die Polizei und der berufsständische Aufbau im Handel Zusammenarbeit des Werberats der deutschen Wirtschaft mit der Polizei Jäger und Jagdschutz Forstpolizei-Fragen
Weltanschauliche Unterrichtsthemen: 1. Die geschichtlichen Grundlagen unseres völkischen Daseins 2. Das deutsche Volkstum als Grundlage deutscher Politik 3. Der deutsche Staatsbürger 4. Die deutsche Wirtschaft 5. Das deutsche Recht 6. Das deutsche Bildungs- und Erziehungswesen 7. Die körperliche Ertüchtigung 8. Deutsche Außenpolitik 9. Presse, Kirche und Religion 10. Die staatliche Ordnung des Reichs
Aufgelockert wurde der Lehrgang durch zwei Ausflugstage nach Berlin und Potsdam und einen freien Sonntag sowie zwei Filmabende, an denen »rassen-« und »bevölkerungspolitische Kurzfilme« gezeigt wurden. Die Teilnehmer erhielten für den Besuch des Lehrgangs einen Sonderurlaub.49 Für die Inbetriebnahme des »Hauses Kurmark« als zentrale Stätte für die Polizeischulung erhielt der Kameradschaftsbund vom Reichsinnenministerium einen Zuschuss von 6000 Reichsmark, um eine Bibliothek mit nationalsozialistischer Literatur aufzubauen; 90% der Bücher, die sich zuvor in den Büchereien des Bundes befanden, wurden ausgesondert. Die Bücherliste für die Lehrgangsbibliothek des Hauses Kurmark enthielt jetzt die einschlägige nationalsozialistische Literatur, darunter auch zahlreiche rassenhygienische und antisemitische Werke, so die bekannten Werke von H.F.K. Günther, Darré, v. Leers, Erbt, Dürre usw. Die Dienstbücherei des Leiters für die weltanschauliche Schulung, Horst Hartmann, umfasste 112 Bände, unter denen die große Zahl einschlägiger rassenpolitischer, rassenkundlicher und -hygienischer Schriften auffällt. Viele dieser Schriften waren auch in den Heimbüchereien präsent – der Bund unterhielt vier Heime, die neben der Schulung auch dem Sport und vor allem der Erholung dienten; daneben bestand eine Frauenbücherei im Haus Kurmark sowie eine Jugendbücherei. In all diesen Bibliotheken waren reichlich antisemitische Werke präsent, so dass davon auszugehen ist, dass antisemitische Inhalte auch einen breiten Raum in der Schulungsarbeit einnahmen. Nur einige besonders signifikante Titel: Beek, Die Geheimnisse der Weisen von Zion; Fritsch, Handbuch der Judenfrage; Kernholt, Vom Ghetto zur Macht; Rosenberg, Die Protokolle der Weisen von Zion; Schickedanz, Sozialparasitismus; Wiedenmeyer, Die entlarvten Judenfreunde; Wagner, Das Judentum in der Musik; Feder, Die Juden; Bartels, Jüdische Herkunft und Literaturwissenschaft; Rosenberg, Der staatsfeind-
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liche Zionismus; von Leers, Juden sehen dich an!; Schulz, Jude und Arbeiter sowie – besonders wichtig für eine Polizeibibliothek – Pötsch, Die jüdische Rasse im Lichte der Straffälligkeit. Welche Bedeutung die antisemitische Ausrichtung der Polizei bereits 1935 hatte, wird auch daran sichtbar, dass der Kameradschaftsbund im gleichen Jahr insgesamt 50.900 Exemplare eines Sonderdrucks »Der Jude in der Kriminalstatistik« an die verschiedenen Polizeidienststellen verteilen ließ. Die Finanzierung des Drucks wurde vom Innenministerium übernommen.50 Auch die Landesverbände beschlossen die regelmäßige Durchführung weltanschaulicher Schulungsprogramme. Der Landesverband Mecklenburg z. B. hielt im März 1935 in Schwerin die erste weltanschauliche Schulungstagung für Beamte der Schutzpolizei und der Gendarmerie ab. In Württemberg plante man, jeden Monat einen Schulungsabend durchzuführen, in dessen Mittelpunkt politisch-weltanschauliche Vorträge stehen sollten, daneben waren aber auch fachwissenschaftliche Vorträge vorgesehen; im Dezember 1935 organisierte der Landesbund in Zusammenarbeit mit der Landesbauernschaft einen Schulungsabend über »agrarpolitische Fragen«. 51 Besonders rührig war der Thüringer Landesbund – im Winterhalbjahr 1933/34 hatte man bereits 240 Versammlungen und 40 Lichtbildervorträge zur politischen Schulung durchgeführt. Der Thüringer Landesverband arbeitete eng mit dem Landesamt für Rassewesen zusammen und entsandte nicht nur zahlreiche Polizeibeamte zu den rassebiologischen Lehrgängen des Landesamtes, sondern führte auch gemeinsam mit den Experten des Rasseamtes das Großprojekt einer erbbiologischen Untersuchung der gesamten Thüringer Polizei durch, die damit als erste Polizei in Deutschland »erbbiologisch restlos erfasst« wurde.52 Die Landesverbände ernannten eigene »Gauschulungswarte« und betrieben eigene Schulungshäuser. Der Gau »Nordmark« zum Beispiel unterhielt ein gleichnamiges Haus, geleitet vom Gauwart des Kameradschaftsbundes Polizeiobermeister Karl Krzykowski, der schon seit 1928 Verbindungsmann der Polizei zur NSDAP war.53 Unter den Gauschulungswarten waren mehrere spätere Polizeischulungsleiter, die für die Organisation und Leitung der weltanschaulichen Schulung in den IdO-/BdO-Bereichen zuständig waren und sich durch ihre Arbeit beim Kameradschaftsbund offensichtlich Kompetenzen erwarben, mit denen sie sich danach für höhere Aufgaben empfahlen.54 Auch nach Beginn der Errichtung eines amtlichen Schulungswesens im Jahr 1937 gingen die weltanschaulichen Veranstaltungen des Kameradschaftsbundes weiter,55 und insbesondere dort, wo es an Lehrkräften aus der SS fehlte, nahm der Bund auch weiterhin Polizeischulungsaufgaben wahr.56 Vor allem in der Gründungsphase des Polizeischulungswesens unter SS-Regie 1937 griff das Schulungsamt auf die Erfahrungen des Kameradschaftsbundes zurück. So wirkte der Bund an der Schulungsfahrt der neu ernannten Polizeischulungsleiter nach Ostpreußen im August 1937 mit (s. u.), und kurz darauf beauftragte das RuSHA ihn mit der Durchführung von Lehrgängen für künftige Schulungskräfte. Einen ersten »Sonderlehrgang« für Schulungsredner und -lehrer führte der Bund im Oktober 1937 in Zusammenarbeit mit der SS im Haus Kurmark durch; er diente der Verzahnung von SS und Polizei auf dem Gebiet der weltanschaulichen Schulung: Jeder SS-Oberabschnitt entsandte je zwei
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»weltanschauliche Lehrkräfte«, die anschließend als Lehrer in der SS und Polizei tätig werden sollten, während zugleich aus jedem Inspektionsbezirk der Polizei ein Polizeioffizier teilnahm, der als Schulungsredner der Polizei zum Einsatz kommen sollte. Beteiligt war auch die Sicherheitspolizei, für die Werner Best den Hauptvortrag übernahm.57 Als vorbereitende Maßnahme dieser Verzahnung und Vereinheitlichung ist auch die Abgabe von rd. 1000 Leitheften des SS-Schulungsamtes an die Schulungswarte des Kameradschaftsbundes schon im Frühjahr 1937 zu werten.58 Das »Polizeihaus Kurmark« wurde in der Folgezeit häufig als Tagungsort für SS-Führer in Anspruch genommen, während der Kameradschaftsbund hier weiterhin Lehrgänge für Schulungskräfte durchführte, an denen auch SS-Angehörige teilnahmen.59 Bis Ende August 1938 steuerte der Bund auch noch regelmäßige finanzielle Leistungen zur Polizeischulung bei.60 Im Frühjahr 1939 fand in Babelsberg bereits der 25. »außerordentliche« Schulungslehrgang des Kameradschaftsbundes statt. Mit Beginn des Krieges wurde die Schulungstätigkeit des Kameradschaftsbundes der Aufsicht durch die Inspektion für die weltanschauliche Erziehung im Hauptamt Orpo unterstellt. Danach scheint die Schulungsarbeit vorübergehend zum Erliegen gekommen zu sein, denn in einem Finanzbericht aus dem Jahr 1942 wurden die für Fortbildung und Schulung eingeplanten Mittel zur Fürsorgeabteilung umgeschichtet. Im September 1944 verfügte Himmler schließlich die Übernahme der Abteilung »Weltanschauliche Erziehung« im Bundesamt des Kameradschaftsbundes durch den zuständigen Gruppenleiter im Hauptamt Orpo; gleichzeitig wurden den Polizeischulungsleitern bei den Inspekteuren der Ordnungspolizei die Funktionen der Sachbearbeiter für Weltanschauliche Erziehung bei den Gauwarten des Kameradschaftsbundes übertragen.61 Diese Maßnahme stand im Zusammenhang mit dem Versuch einer Intensivierung der weltanschaulichen Erziehung in SS, Polizei und Wehrmacht während der letzten Phase des Krieges. Sie markierte auch das Ende jeder eigenständigen Schulungsarbeit des Kameradschaftsbundes, der damit faktisch dem amtlichen Polizeischulungswesen eingegliedert wurde.
II.2. Der Aufbau des Polizeischulungswesens durch die SS bis zum Beginn des Krieges Zwar wurden bereits ab 1933 neue »nationalpolitische« Unterrichtsinhalte in die Lehrpläne der Polizei-Ausbildung eingebaut, von einer »SS-mäßigen« weltanschaulichen Schulung konnte aber noch nicht die Rede sein, Curricula für »NS-Lehre« bzw. »nationalsozialistische Lehre«, wie das Fach später hieß, lagen bestenfalls in Ansätzen vor und die Arbeit des Kameradschaftsbundes beschränkte sich auf eine außerdienstliche Schulung. Die bedeutsamste Zäsur im Polizeischulungswesen kam nach der Übernahme der Polizeiführung durch Himmler im Juni 1936.62 Himmlers langfristiges Ziel war die Verschmelzung von SS und Polizei, oder genauer gesagt: die Eingliederung der Polizei in die SS, wie der Stabsführer des RuSHA George Ebrecht formulierte. Dabei galt es, so Ebrecht, »zu berücksichtigen, dass die rund 200 000
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
Mann der deutschen Polizei ja großen Teiles nicht wie unsere SS-Männer freiwilllig und aus innerer Überzeugung zu uns gekommen sind, sondern erst zu Nationalsozialisten überhaupt erzogen werden müssen.« Ihre Eingliederung in die SS könne deshalb zu einer Gefahr für die SS werden, wenn neben der organisatorischen »nicht auch die weltanschauliche Eingliederung der Polizei mit allem Nachdruck betrieben« werde.63 »Weltanschauliche Eingliederung« bedeutete, die Polizei mit dem »Geist der SS« zu durchdringen. Deshalb legte Himmler diese Aufgabe in die Hände des SS-Schulungsamtes. Das Amt gehörte zu diesem Zeitpunkt noch zum Rasse- und Siedlungshauptamt der SS. Gleichzeitig wurden die institutionellen Voraussetzungen für eine reichsweite Vereinheitlichung und zentrale Verwaltung der Polizei zügig ausgebaut. Nachdem Himmler am 17.6.1936 zum Chef der deutschen Polizei ernannt worden war, ordnete er wenige Tage später, am 26.6. die Neuorganisation der gesamten Polizei durch die Bildung der beiden Hauptämter Orpo und Sipo an; in den folgenden Monaten wurden Inspekteure der Ordnungspolizei und der Sicherheitspolizei eingesetzt. Mit der Gründung des HA Orpo war die Errichtung eines zentralen Ausbildungsamtes für die Ordnungspolizei verbunden, der auch ein Referat für weltanschauliche Erziehung unter Leitung Werner Zwingelbergs angegliedert war. 1940 wurde aus diesem Referat eine eigene Amtsgruppe – erst jetzt erhielt das Hauptamt Orpo selbständige Kompetenzen im Bereich der weltanschaulichen Schulung. Zuvor beschränkten sich diese Kompetenzen zunächst auf die »Mitwirkung bei der nationalsozialistischen Schulung«, dann auf die weltanschauliche Schulung »in Verbindung« mit dem RuSHA und dem Kameradschaftsbund der Polizei.64 Der erste Geschäftsverteilungsplan des HA Orpo vom 1.9.1936 weist Abteilungen für »Schulung und Ausbildung« sowie »Berufsschulen« aus. Unter »Schulung und Ausbildung« (»Sch 1«) fielen das Fachschulwesen und die fachliche Ausbildung, aber auch ein eigenes Referat »Nationalsozialistische Schulung«, dessen Aufgaben »federführend« von Zwingelberg wahrgenommen wurden. Zu den Aufgaben der Abteilung »Berufsschulen« (»Sch 3«) gehörte unter anderem auch die Aufstellung von »Richtlinien für die weltanschauliche Schulung in Verbindung mit der SS« sowie – was unter »Berufsschulen« etwas deplaziert erscheint – die Organisation von Vorlesungen über nationalsozialistische Weltanschauung und Unterrichtslehre an der Polizeioffiziersschule Köpenick.65 Die Organisationsstruktur wurde wenig später noch einmal verändert. Ein revidierter Geschäftsverteilungsplan vom März 1937 sah jetzt ein »Ausbildungsamt (A)« unter Leitung des Oberleutnants der Gendarmerie Dr. Lossen vor, mit vier Abteilungen: A 1 Ausbildung der Schutz- und Gemeindevollzugspolizei (Major Wenner) A 2 Ausbildung der Gendarmerie und Gendarmeriebereitschaften einschließlich Gendarmerieschulen (Hauptmann der Gendarmerie Niemann, November 1937 Major Flade) A 3 Dienstvorschriften (Major Rottmann) A 4 Berufsschule (Dr. Zwingelberg)
Zu den Aufgaben der Abteilungen A 1 und A 2 gehörte neben der Waffen- und fachlichen Ausbildung, der Einberufung zu Lehrgängen und der Erstellung von Ausbil-
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dungsplänen auch die »Mitwirkung bei der nationalsozialistischen Schulung«; zu den Aufgaben der Abteilung »A 4 Berufsschule« gehörte unter anderem die Organisation der »Weltanschaulichen Schulung in Verbindung mit dem SS-HA RuS bzw. Kameradschaftsbund« und weiterhin die Durchführung von Vorlesungen über nationalsozialistische Weltanschauung sowie Pädagogik und Unterrichtsmethodik an der Offiziersschule Köpenick.66 Mit dem Bedeutungszuwachs der Aufgaben der weltanschaulichen Erziehung und Schulung in der Polizei wurde die Abteilung A 4 wenig später in Abteilung für »Allgemeinbildenden Unterricht und Weltanschauliche Schulung« umbenannt. Als der Chef des SS-Schulungsamts Joachim Caesar im Oktober 1939 zum Inspekteur für die Weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei« ernannt wurde, gingen die Aufgaben der weltanschaulichen Erziehung auf seine Dienststelle über. Caesars Aufgabe war es, eine eigene »Amtsgruppe WE« aufzubauen.67 Bis dahin lag die eigentliche Zuständigkeit beim Schulungsamt der SS im RuSHA bzw. ab 1938 SS-Hauptamt. Hier wiesen die Stellenpläne erstmals im März 1937 Abteilungen für Polizeischulung und Polizeischulungsmaterial auf. Beide Abteilungen leitete zunächst Werner Schütt, er war insbesondere auch für die Herausgabe der »Stoffsammlung für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« verantwortlich. Schütt, ein »alter Kämpfer« mit abgebrochenem VWL-Studium, wechselte 1940 zum OKW und übernahm dort zum 1.1.1941 die Schriftleitung der »Soldatenblätter für Feier und Freizeit«.68 Als Referenten waren 1937 Heinrich Crost und Karl Heyse für Polizeirednermaterial und die Ausbildungshundertschaften der Polizei zuständig. Crost war Erzieher an der Adolf-Hitler-Schule in der Ordensburg Crössinsee und Polizeilehrer bei der Schupo Berlin, Heyse war Mittelschullehrer, er wurde 1938 zum Polizeischulungsleiter beim IdO Dresden ernannt. Für die »außerdienstliche Polizeischulung« war Horst Hartmann vom »Kameradschaftsbund« zuständig, für »Rednereinsatz und -beurteilung« Herbert König, die Personalkartei führte Walter Lienau. Hartmann gehörte bereits seit 1930 der NSDAP an, hatte sich dort als Politischer Leiter und Reichsredner hervorgetan und leitete seit 1935 die Abteilung für weltanschauliche Schulung und Propaganda im Kameradschaftsbund.69 König war 1930 der NSDAP in Österreich beigetreten und 1934 ins Reich geflohen. Er leitete später die Abteilung »Bild und Film« im SS-Schulungsamt; zusammen mit Ludwig Proeschold erstellte er 1942 die berüchtigte Propagandaschrift »Der Untermensch«. Lienau war Diplomlandwirt, gehörte seit 1925 der NSDAP, seit 1928 der SS an und war bereits 1935 als hauptamtlicher Abteilungsleiter für Organisation im Schulungsamt der SS tätig. Zu den Mitarbeitern gehörten außerdem der Abiturient und SSJunker Gerhard Schwarz sowie Karl Heinz Unseld, ein gelernter Buchhändler, der an der Erstellung von Schulungsmaterial mitwirkte.70 Die Abteilungen für »Polizeischulung« im SS-Schulungsamt 1937: I. Schulung (Bayer) Ia. SS-Schulung (Bayer) Ib. Polizeischulung (Schütt) Ref. Ausbildung Hundertschaft (Heyse) Ref. Schutzpolizei –
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
Ref. Einzeldienst – Ref. Polizeischulen – Rednereinsatz und Beurteilung (König) II. Schulungsmittel (Runge) IIa. Schriftleitung (Weibgen, dann Runge) IIb. Bildtechnik, Ausstellungswesen (Pietzner, Mitarb. Hoppe d.J.) IIc. Polizeischulungsmaterial (Schütt) Ref. Polizeischulungshefte (Schütt) Ref. Polizeipresse Ref. Polizeirednermaterial (Heyse; Crost)71
Mit der Errichtung einer eigenen »Gruppe WE« im Hauptamt Orpo im April 1940 wurden die Polizeischulungsabteilungen im SS-Hauptamt aufgelöst. Zuvor war Joachim Caesar im Oktober 1939 zum Inspekteur für die Weltanschauliche Erziehung der Orpo ernannt worden. Caesar war jetzt in Personalunion Leiter des SS-Schulungsamtes und Inspekteur für die weltanschauliche Erziehung der Polizei. In dieser Doppelfunktion sollte er dafür sorgen, dass die Übertragung von Schulungsaufgaben in die eigene Verantwortung der Polizei im Sinne der SS verlief.72 Um die staatliche Polizei in einen Verband »politischer Soldaten« mit ähnlicher weltanschaulicher Ausrichtung wie die SS umzuwandeln, ordnete Himmler schon bald nach seinem Amtsantritt als »Chef der deutschen Polizei« den Aufbau eines Netzes von Polizeischulungsleitern an, die die weltanschauliche Schulung und Erziehung der gesamten Polizei organisieren und leiten sollten. Die Federführung dieses Projektes lag beim Schulungsamt der SS: »Die Schulung der Ordnungspolizei wird unter Führung des Rasse- und Siedlungsamtes-SS durch die SS durchgeführt.«73 Wie später für die Sicherheitspolizei wurden auch für die Ordnungspolizei Inspekteure ernannt. 74 Jedem Inspekteur der Orpo (IdO) wurde ein SS-Führer als hauptamtlicher Polizeischulungsleiter an die Seite gestellt. Damit waren die Inspekteure auch für die Organisation der weltanschaulichen Erziehung verantwortlich, die jetzt zu einer dienstlichen Aufgabe wurde, während die Aktivitäten des Kameradschaftsbundes hauptsächlich auf die Durchführung außerdienstlicher Schulungs- und Fortbildungsangebote beschränkt blieben. Im März 1937 fand in der RuS-Schule Grunewald ein Einführungslehrgang für die künftigen Polizeischulungsleiter statt. Daluege, der Chef des HA Orpo begründete in seiner Eröffnungsrede die besondere Notwendigkeit einer einheitlichen weltanschaulichen Schulung der Polizei mit der »Heterogenität des Menschenmaterials« – viele Polizisten seien politisch indifferent gewesen oder hätten früher zum »feindlichen Lager« gehört – und der Unzulänglichkeit des bisherigen nationalpolitischen Unterrichts. Zwar habe es vorher schon Formen der weltanschaulichen Schulung gegeben, sie seien aber »auf die großen Grundsätze des Nationalsozialismus beschränkt« gewesen, hätten bevölkerungspolitische Probleme nur an der Oberfläche gestreift und sich bei der Rassenkunde auf »allgemeingültige und bekannte Grundsätze« beschränkt.75 Am 15.4.1937 folgte ein grundlegender Erlass, der die weltanschauliche Schulung generell zur Dienstaufgabe erklärte: Sie sei in die Dienstpläne
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der Polizei einzubauen und das ganze Jahr fortlaufend durchzuführen. Für die in der Ausbildung befindlichen Polizisten wurden je nach Lehrgangstypus jeweils zwei bis vier Wochenstunden Unterricht in »Geschichte und Nationalpolitik einschließlich Weltanschaulicher Schulung« vorgeschrieben, für die Beamten des Einzel- und Revierdienstes sollte ein bis zweimal im Monat ein Vortrag von einer bis eineinhalb Stunden gehalten werden, für die Gendarmerie wurde eine Stunde im Monat vorgeschrieben. Die weltanschauliche Schulung sollte also nicht auf die Lehrgänge in den Ausbildungsabteilungen und Polizeischulen beschränkt bleiben, sondern als »Monatsschulung« auf den gesamten Dienstbetrieb ausgedehnt werden. Der Schulungsbetrieb sollte beginnen, sobald die Polizeischulungsleiter bei den Inspekteuren der Ordnungspolizei ihren Dienst aufgenommen hätten. Die Polizeischulungsleiter waren in Zukunft für die gesamte weltanschauliche Schulung in ihrem Inspektionsbereich zuständig und verantwortlich; zu ihren Aufgaben gehörte die Auswahl und Verpflichtung von Schulungsrednern und -lehrern im Einvernehmen mit dem Schulungsamt, die Festlegung von Themen und Stoffgebieten nach den vorgegebenen Richtlinien und Lehrplänen des Schulungsamtes sowie die Aufsicht über alle Schulungseinrichtungen einschließlich der Veranstaltungen des Kameradschaftsbundes. Nach einem Erlass vom 3.1.1938 hatten sie außerdem regelmäßig Jahresberichte über den Stand der Schulung und die eingesetzten Schulungskräfte vorzulegen.76 Wenige Tage nach dem Erlass vom 15.4.1937 wurden aus allen Standorten der Ordnungspolizei Offiziere zu einem kurzem Lehrgang nach Berlin einberufen, auf dem die Aufnahme der weltanschaulichen Schulung in den Dienstplan erläutert werden sollte. Daluege erklärte in seiner Eröffnungsansprache, bisher sei die weltanschauliche Schulung vorwiegend außerhalb des Dienstes erfolgt und habe sich auch dort zumeist auf die Behandlung der »großen Grundsätze des Nationalsozialismus« beschränkt. Vordringlich seien zunächst »organisatorische Aufgaben« gewesen – damit meinte er vor allem die Aufstellung der Landespolizei und ihre Überführung in die Wehrmacht. Nun sei der nächste Schritt gekommen: die »Vereinigung und Verschmelzung« von Polizei und SS. Mit der Ernennung des RFSS zum Chef der Polizei sei dieses Ziel »Tatsache« geworden: »Die Polizei wurde damit ein Teil der nationalsozialistischen Bewegung«. Erstmals sei eine Abordnung der Polizei in den Reihen der SS beim Parteitag in Nürnberg mitmarschiert. Jetzt sei der Auftrag, die Polizei auch innerlich nationalsozialistisch auszurichten und zu erziehen: »Wir haben jetzt die Aufgabe, das große Korps der deutschen Polizei mit dem Geiste der nationalsozialistischen Schutzstaffeln anzufüllen und zu durchdringen, und es ist klar, dass diese große Aufgabe nicht mehr außerdienstlich zu erledigen ist, denn nach dem Willen des Reichsführers SS sollen Schutzstaffeln und Polizei an dieselben Ordensgesetze gebunden sein und sollen ein nach gleichen Richtlinien weltanschaulich ausgerichtetes Korps darstellen.«77
Hitler selbst verkündete auf dem Reichsparteitag am 10.9.1937 die »Eingliederung« der Polizei »in die große Front der marschierenden und für die Nation kämpfenden deutschen Volksgemeinschaft«, das heißt in die nationalsozialistische Bewegung.
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
»Die Polizei«, so Hitler, »soll immer mehr in lebendige Verbindung gebracht werden mit der Bewegung, die politisch das heutige Deutschland nicht nur repräsentiert, sondern darstellt und führt.«78 In der Position des »Polizeischulungsleiters« bereitete sich die institutionelle und personelle Integration von SS und Polizei vor, wie sie ähnlich in der Gestalt des SSund Polizeiführers entstand; denn der Polizeischulungsleiter unterstand dem IdO, gehörte zugleich dem SS-Schulungsamt an und hatte in der Regel den Status eines Polizeioffiziers und eines SS-Führers.79 Die Bestätigung der Polizeischulungsleiter behielt sich Himmler selber vor. Ihre Wahl erfolgte nach Vorschlag der RuS-Führer in den SS-Oberabschnitten durch das RuSHA.80 Dabei sei, so Himmler, darauf zu achten, dass nur «äußerst taktvolle und zurückhaltende Männer genommen werden, da schon in der Schulung der SS in vielen Fällen zu grob und zu taktlos vorgegangen worden ist. Das ist natürlich für die Polizei, die ja nicht nur aus SS-Männern besteht, völlig unmöglich.«81 Für die Polizeischulungsleiter waren nicht polizeifachliche Kenntnisse und Erfahrungen ausschlaggebend, sondern Kenntnisse der nationalsozialistischen Weltanschauung, der SS-Ideologie und ausgewiesene pädagogische Qualifikationen. Der Chef des RuSHA Darré, dessen Adjutant Hans Albert von Lettow-Vorbeck Anfang 1937 mit den vorbereitenden Maßnahmen beauftragt worden war, formulierte als wichtigstes Eignungskriterium: »Als besonders bevorzugt gelten fachlich gut vorgebildete SS-Führer oder auch Unterführer (Lehrer, Studienassessoren u. ä.), die in der Lage sind, im Rahmen des für die Reichsschulen der Ordnungspolizei aufgestellten Lehrplanes Geschichts- und nationalpolitischen Unterricht zu erteilen.«82 Bereits im Januar 1937 hatte Daluege bei einem Besuch der Polizeioffiziersschule Köpenick angekündigt: »Wo der künftige Offiziersersatz nicht schon bereits die politische Schulung der Schutzstaffeln der Bewegung durchlaufen hat, da wird er durch festangestellte Lehrer des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS weltanschaulich auf den großen Orden der nationalsozialistischen Schutzstaffeln ausgerichtet werden.«83 Die Polizeischulungsleiter wurden daher vorwiegend aus dem Kreis der Lehrer und Studienassessoren aus der Allgemeinen SS mit Schulungserfahrungen rekrutiert und gehaltsmäßig vergleichsweise hoch eingestuft.84 Die Kandidaten sollten mindestens 24 Jahre alt und »soldatisch und politisch vorbildlich« sein; sie würden zunächst im Angestelltenverhältnis eingestellt, aber später als Beamte übernommen werden. Lettow-Vorbeck hatte die Aufgabe, nach Vorlage der RuS-Führer Besetzungsvorschläge für 12 bis 15 hauptamtliche Schulungsleiter-Stellen bei den Inspektionen der Ordnungspolizei zu machen, die durch das Innenministerium genehmigt werden mussten und zu finanzieren waren. Bis Anfang April 1937 waren 11 Schulungsleiter berufen worden, nachdem im März bereits der erste Einweisungslehrgang an der RuS-Schule Berlin-Grunewald stattgefunden hatte. Die meisten waren vorher schon im Schulungswesen der SS tätig gewesen. Im Juli 1937 bestätigte Himmler schließlich die Ernennung der Polizeischulungsleiter für alle damals 14 Inspektionsbereiche; von ihnen waren 12 Lehrer oder Studienassessoren, nur zwei kamen aus anderen Berufsfeldern.85 Während des Krieges erweiterte sich die Zahl der Inspektionsbereiche und damit auch der Polizeischulungsleiter. Viele der in den Anfangsjahren berufenen Polizei-
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schulungsleiter hatten ihre Stellung bis zum letzten Kriegsjahr inne – das bedeutete ein für SS-Verhältnisse ungewöhnlich hohes Maß an Kontinuität, und es bedeutete auch, dass die Polizeischulung während dieser Zeit zu einem großen Teil von professionell ausgebildeten Pädagogen geleitet wurde. Ihre Arbeit wurde allerdings oft durch Einberufungen unterbrochen; während dieser Unterbrechungen wurden sie von Polizeioffizieren vertreten, und im Verlauf des Krieges wurden zunehmend auch Polizeioffiziere eingestellt. Ähnliche Positionen wurden auch auf der nachgelagerten Ebene der Kommandeure der Schutzpolizei geschaffen, doch wird es sich hier nur um nebenamtlich beschäftigte Schulungsleiter gehandelt haben. Beim Kommandeur der Schutzpolizei Kiel war zum Beispiel Erich Burck, Altphilologe, Studienrat und seit 1935 Professor an der Universität Kiel, »WE-Offizier« und Leiter der Polizeischulung.86 Der Geschäftsverteilungsplan der Kölner Schutzpolizei, um ein anderes Beispiel zu nennen, weist noch 1944 die Position eines »Offiziers für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« aus.87 Eine gemeinsame »Schulungsfahrt« der gerade erst ernannten Polizeischulungsleiter mit den RuS-Führern und anderen Angehörigen des RuSHA, vor allem des Schulungsamtes im August 1937 nach Ostpreußen sollte das neue Band zwischen SS und Polizei weiter festigen. An der Fahrt nahmen auch Vertreter des »Kameradschaftsbundes« teil, der gleichzeitig als Veranstalter fungierte. Die »weltanschauliche« Leitung der Fahrt hatten Caesar und Ebrecht inne, die organisatorische Leitung lag bei Horst Hartmann. Die Fahrt begann am 18.8. in Stettin mit einer Morgenfeier und einer Rede von Karl Heinz Bürger, dem »Rassereferenten« des SS-Oberabschnitts Nord. Anschließend schiffte man sich in Swinemünde nach Zoppot ein. Dort hörten die Teilnehmer Vorträge über die Politische Polizei Danzigs und das Ostland als »altes germanisches Kernland«, anschließend wurden Spielbank und Anlagen der Kurverwaltung in Zoppot besichtigt. Danach ging die Fahrt per Schiff weiter nach Danzig, wo die Teilnehmer ein Empfang durch Vertreter von Partei und Staat und eine Stadtrundfahrt erwartete. In den weiteren Tagen folgte eine Rundreise durch die bedeutendsten Stätten und Städte des deutschen Ostens: Besichtigung der Marienburg und des Tannenberg-Denkmals, Stadtrundfahrten durch Elbing, Königsberg, Tilsit. Schiffsfahrten auf der Memel und Ausflüge zu Ostseebädern standen ebenso auf dem Programm wie Betriebsbesichtigungen, der Besuch eines Arbeitsdienstlagers, einer Segelfliegerschule, eines Gestüts oder einer Vogelwarte sowie die Teilhabe am regionalen Volkstum – im Seebad Cranz etwa sangen und tanzten Fischersfrauen für die Gruppe, in Karkeln am Kurischen Haff nahm man an einem Dorfgemeinschaftsabend teil. SS- und Polizei-Kameradschaftsabende lockerten die Stimmung weiter auf. Die Rückfahrt erfolgte wiederum per Schiff nach Swinemünde: »Frohe Stunden erlebten die Kameraden mit über 200 im Berufswettkampf ausgezeichneten BdM-Mädels und Führerinnen an Bord.« Es wird eine unvergessliche Reise gewesen sein. Die Fahrt dauerte vom 15. bis 27.8. und war mit täglichen politisch-weltanschaulichen Vorträgen verbunden. Zum Beispiel hielt RuS-Führer Heinrich Thole in Marienburg einen Vortrag über den »Ordensgedanken einst und jetzt«, Hauptschulungsleiter Dr. Rudolf Jacobsen sprach über »Ostraumpolitik« und am folgenden Tag in Königsberg über »Volkstumskampf an der Ostgrenze« – anschließend
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gestaltete die örtliche HJ einen »politisch-satirischen und fröhlichen Teil«. Insgesamt standen der »deutsche Osten« und der »Grenzkampf Ost« im Mittelpunkt des Schulungsprogramms, ergänzt durch »institutionenbezogene« Vorträge über Aufgabe und Funktion von SS und Polizei wie »Die Arbeit der RuS-Führer«, »Die dienstliche Schulung der Deutschen Polizei« und »Die Entwicklung und Aufgabe der Sicherheitspolizei«. Den Abschluss bildete ein Empfang im Polizeihaus Kurmark mit einer Rede Dalueges.88 Zwei Jahre später, im Juni 1939, folgte eine »Mitteldeutschlandfahrt« der Polizeischulungsleiter unter Leitung Zwingelbergs, betreut durch den Polizeischulungsleiter beim IdO Magdeburg Paul Fahnenschreiber. Die Rundreise stand unter dem Thema »Die Bedeutung des mitteldeutschen Raums von der Frühzeit bis heute«. Sie startete mit einer Begrüßung durch den IdO Knofe in Halle, am Tag darauf nahm der Leiter der »Landesanstalt für Volkheitskunde« Prof. Walther Schulz die Teilnehmer in Empfang, am Nachmittag besichtigte man das Geiseltalmuseum und verschiedene Ausgrabungsfelder in der Umgebung von Halle, begleitet von Vorträgen des Oberabschnitts-Schulungsleiters Dr. Butschkow, ein Experte für die Vorgeschichte Mitteldeutschlands und Assistent an Schulz’ Landesanstalt. Butschkow übernahm die Aufgabe eines wissenschaftlichen Reiseführers.89 Weitere Fahrten führten die Teilnehmer zu weiteren Ausgrabungsstätten und unter anderem zur Kaiserpfalz Tilleda, zum Kyffhäuser, zu den Schlachtfeldern bei Lützen und Rossbach, zum »Kampfgebiet des mitteldeutschen Aufstandes von 1921«, man besuchte das Nietzsche-Grabmal und Nietzsche-Museum in Halle, die Dome von Quedlinburg und Naumburg, besichtigte aber auch bedeutende Industriebetriebe wie die IG-Farbenfabrik in Bitterfeld, die Leuna- und Buna-Werke, in Freyberg an der Unstrut wurde der Sektkellerei Kloß & Förster ein Besuch abgestattet. Nach feierlichem Empfang durch den Oberbürgermeister im Rathaus Halle konnten die Teilnehmer eine Aufführung von Shakespeares »Was ihr wollt« im Halleschen Stadttheater erleben. Die Rundreise endete mit einer mehrstündigen »Dienstbesprechung der Schulungsleiter«, am Vorabend traf man sich zu einem Kameradschaftsabend im Offizierskasino Halle.90 Weitere Veranstaltungen und Maßnahmen von symbolischer Bedeutung sollten das Band zwischen Polizei und SS festigen. Zum Beispiel veranstaltete das SS-Schulungsamt im April 1938 einen gemeinsamen Kameradschaftsabend mit den Teilnehmern des Offizierslehrgang der Polizeioffiziersschule Köpenick – in diesem Fall handelte es sich um einen Lehrgang für angehende Polizeileutnante, die zuvor eine Junkerschule der SS besucht hatten.91 Ein Erlass vom 12.5.1938 enthielt die Anweisung an alle Beamten und Anwärter der Polizei, möglichst an den Feiern der SS zur Sommersonnenwende teilzunehmen; um einen erfolgreichen Verlauf sicherzustellen, waren die Pläne der Feiergestaltung zuvor dem Polizeischulungsleiter vorzulegen.92 Seit dem Mai 1937 hatten SS-Mitglieder unter der Ordnungspolizei das Recht, zur Polizeiuniform die SS-Runen zu tragen, seit dem August 1938 durften Polizeioffiziere den SS-Degen tragen. Generell wurde die Aufnahme in die SS für Angehörige der Ordnungspolizei erleichtert. Zum Beispiel wurde, wer schon vor dem 30.1.1933 der NSDAP oder einer nationalsozialistischen Organisation angehörte, mit einem seinem Polizeidienstgrad entsprechenden SS-Rang übernommen.93
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Zu den wichtigsten Aufgaben der Polizeischulungsleiter gehörte die Einsetzung geeigneter Schulungsredner und -lehrer in ihrem Inspektionsbereich. Dort wo die weltanschauliche Schulung klassenmäßig in regulären Lehrgängen erfolgte, sollten Schulungslehrer, in anderen Fällen Schulungsredner verpflichtet werden – dies betraf vor allem die Beamten des Einzeldienstes der Schutzpolizei und der Gendarmerie sowie der Gemeindevollzugs- und Verwaltungspolizei, die sich nicht mehr in einem Ausbildungsverhältnis befanden, also weder der Berufsschulpflicht unterlagen noch an einem Lehrgang teilnahmen. Für sie war nach dem Erlass vom 15.4.1937 und einem weiteren Runderlass vom 5.6.1937 mindestens ein Vortrag im Monat durch einen Schulungsredner vorgeschrieben. Generell galt nach Erlass vom 10.10.1937 für alle Polizisten des Einzeldienstes eine Weiterbildungspflicht von 16 Stunden im Monat, die Polizeifachkunde, Waffenausbildung und Schießübungen, Luftschutz und Weltanschauliche Schulung umfasste.94 Die Schulungsredner sollten grundsätzlich aus der SS stammen, nach Möglichkeit bereits Erfahrungen als Schulungsleiter in der SS haben und in Absprache mit dem RuS-Führer des jeweiligen Oberabschnitts ausgewählt werden. Wenn sich nicht genügend Schulungsredner aus der lokalen SS fanden, konnten auch Mitarbeiter der Kreis- und Gauschulungsämter der Partei herangezogen werden, sofern sie sich an die Lehrpläne des RuSHA hielten. Die Redner-Liste wurde vom Polizeischulungsleiter im Einvernehmen mit dem RuS-Führer ans Schulungsamt weitergeleitet, dort geprüft und schließlich Himmler selbst zur Genehmigung vorgelegt.95 Der Einsatz von Angehörigen der Polizei bedurfte zusätzlich der Genehmigung durch den IdO nach Vortrag des Polizeischulungsleiters. Jedem Polizeischulungsleiter standen 2000 Reichsmark für den Rednerdienst zur Verfügung. Ihre unmittelbaren Anweisungen erhielten die Redner zunächst durch die jeweils regional zuständigen Sturmbann-Schulungsleiter der SS, die in diesem Fall als »Vertrauensleute« und Vertreter des Polizeischulungsleiters fungierten und die Verbindung zwischen den Dienststellen der Polizei und den Schulungsrednern herzustellen hatten.96 Die Sturmbann-Schulungsleiter bildeten in der Anfangsphase das Rückgrat für den Aufbau des Polizeischulungswesens, weil sie am ehesten über die nötigen Kenntnisse und Beziehungen vor Ort verfügten und als erfahrene Kräfte bereit standen, um für eine Übergangszeit selber die Schulungsarbeit zu übernehmen. Der »klassenmäßige« Unterricht in Polizeischulen und Ausbildungsabteilungen wurde zumeist von haupt- oder nebenamtlich tätigen Lehrern abgehalten. Lehrkräfte, die zuvor schon den Unterricht in »Geschichte und Nationalpolitik« erteilt hatten, konnten nach positiver Begutachtung durch den Polizeischulungsleiter als »Schulungslehrer« übernommen werden.97 Polizeiberufsschulleiter bedurften schon seit November 1936 der Bestätigung durch den RFSS.98 Vertragslehrer, die allgemeinbildenden Unterricht bei der Polizei erteilten, mussten die »Gewähr dafür bieten, jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat einzutreten«. Wer weltanschaulichen Unterricht erteilte – der Fächerkomplex hieß jetzt »Geschichte und nationalsozialistische Gesetzeskunde« –, musste darüber hinaus nach einem Erlass vom 3.1.1938 in Zukunft der SS oder der NSDAP angehören. Im Allgemeinen sollte der weltanschauliche Unterricht von nebenamtlich – in größeren Polizeischulen auch hauptamtlich – tätigen Lehrern öffentlicher Schulen mit Parteibuch und im
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Idealfall SS-Zugehörigkeit erteilt werden, die sich dazu verpflichteten, die Klasse mindestens für ein Jahr zu führen.99 In der Praxis führten diese Bestimmungen zu einem starken Personalwechsel bei Polizeischulen und Ausbildungsabteilungen, da viele Polizeilehrer die Anforderungen nicht mehr erfüllten. Die sukzessive Aufwertung und Ausweitung des geschichtlich-politischen Unterrichts in Gestalt der »weltanschaulichen Schulung« eröffnete aber auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten für Lehrer, die der SS angehörten. Gegenüber der »lehrgangsmäßigen Beschulung« war die »Monatsschulung« in der Polizei auch formell ein Novum, für das geeignete Schulungskräfte erst noch gefunden und ausgebildet werden mussten. Eine erste Vorbereitung der Schulungskräfte, die bei der Polizei zum Einsatz kommen sollten, übernahm zunächst der Kameradschaftsbund der deutschen Polizei. Vom 10. bis 21. Oktober 1937 fand im Polizeihaus Kurmark ein entsprechender Lehrgang statt, zu dem jeweils aus jedem SS-Oberabschnitt zwei weltanschauliche Lehrkräfte aus der SS und aus jedem Inspektionsbezirk ein geeigneter Polizeioffizier entsandt wurden. Die eigentliche Aufgabe der Ausbildung der Schulungsredner lag aber bei den Polizeischulungsleitern; für die vorgesehenen Vorträge sollten sie sich Redner »heranziehen«, die möglichst aus der SS kamen.100 Im Dezember 1937 beschloss das Hauptamt Orpo, den Anteil polizeieigener Schulungskräfte zu erhöhen und ihre Vorbereitung in die Hände der Polizeiinspektionen zu legen: Offiziere und Wachtmeister, die vor dem 30. Januar 1933 der NSDAP beigetreten waren und für diese Aufgaben geeignet erschienen, sollten für die Teilnahme an einem Vorbereitungslehrgang benannt werden. Die Polizeischulungsleiter erhielten den Auftrag, bis Ende März 1938 jeweils 5- bis 7tägige Lehrgänge für »Nachwuchsredner« für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei mit maximal 30 Teilnehmern in ihrem Inspektionsbereich abzuhalten; ihr Einsatz war ab Sommerhalbjahr 1938 geplant. Die Teilnehmer sollten sich – ähnlich wie es im Oktober 1937 schon im Haus Kurmark praktiziert worden war – je zur Hälfte aus Polizeimeistern bzw. -wachtmeistern mit Parteibuch und vom RuS-Führer vorgeschlagenen SS-Männern des Inspektionsbereichs zusammensetzen. Auf dem Lehrgang sollten Experten aus dem Inspektionsbereich grundlegende Vorträge zur nationalsozialistischen Weltanschauung und »Geschichtswertung«, über weltanschauliche Gegner, aber auch über Methodik und Rhetorik halten. In eigenen Vorträgen sollten die Teilnehmer die Themen behandeln, die nach dem Sommerlehrplan des Einzeldienstes vorgesehen waren (s. u.). Abgesehen davon blieb die inhaltliche Festlegung den Polizeischulungsleitern überlassen, die bei der Schwerpunktbildung regionale Aspekte berücksichtigen konnten.101 So plante z. B. der Polizeischulungsleiter des Oberabschnitts Südwest Ludwig Rösinger für den Lehrgang in Stuttgart auch Vorträge ein, die sich mit dem »katholischen Gegner« auseinandersetzten, weil sich in der Schulungsarbeit »vor Ort« immer wieder ein besonderer Bedarf für diese Auseinandersetzung gezeigt hatte. Der Stuttgarter Lehrgang beinhaltete zehn Experten-Vorträge an fünf Vormittagen, darunter auch ein Vortrag zu »Fragen der Schulungsgestaltung (Methodik und Rhetorik)«, während an den Nachmittagen Kurzvorträge der Lehrgangsteilnehmer auf dem Plan standen, in denen die Monatsthemen des Sommerlehrplan behandelt wurden.102
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Die Lehrgänge dienten gleichermaßen der Einübung in die praktische Vortragstätigkeit als auch der Auswahl geeigneter Lehrkräfte. Die Anordnung sah deshalb vor, dass je drei Teilnehmer zuvor für die Ausarbeitung und Vorbereitung der Kurzvorträge bestimmt wurden; einen sollte der Schulungsleiter während des Lehrgangs dann auswählen, die beiden anderen sollten korreferieren, daran sollte sich eine Aussprache anschließen. Die Vorträge waren möglichst frei zu halten. Am Schluss entschied der Polizeischulungsleiter, welche Teilnehmer am ehesten für den Einsatz in der weltanschaulichen Schulung der Ordnungspolizei geeignet waren. Dabei wurden das allgemeine Auftreten und vor allem die Fähigkeit des Vortrags besonders hoch bewertet. Um den Lehrgang abwechslungsreich zu gestalten, waren außerdem Kameradschaftsabende, Film- oder Museumsbesuche vorgesehen.103 Diese Lehrgänge, die im Februar und März 1938 stattfanden, bildeten den Auftakt einer Folge von vergleichsweise anspruchsvollen didaktischen Veranstaltungen für die Ausbildung der Polizei-Schulungskräfte, die insbesondere nach Beginn des Krieges notwendig wurde, als die Polizei die weltanschauliche Schulung in eigene Regie übernahm. Die ersten Themen für die Monatsschulung des Einzeldienstes,104 die von den neu eingesetzten Schulungsrednern zu behandeln waren, wurden bereits im Juni 1937 für die Sommermonate zentral festgelegt. Am Anfang stand eine Einführung in die nationalsozialistische Rassenkunde: 1. 2. 3. 4.
Die geistige Lage unserer Zeit Was verstehen wir unter Rasse (Definition nach Günther) Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung Warum Erb- und Rassenpflege
Zum Thema »geistige Lage« war dieser kurze Kommentar beigefügt: »Der Nationalsozialismus erscheint und trifft eine Welt, die durch die Gedanken des Liberalismus, Bolschewismus und die politischen Bestrebungen der Konfessionen abgedrängt ist von der gottgewollten Ordnung aller Dinge. Die Auseinandersetzung ist im Gange und erfordert die Stellungnahme jedes einzelnen. Darum Beschäftigung mit dem nationalsozialistischen Gedankengut.«105
Für das Winterhalbjahr, das heißt für die Zeit von Oktober 1937 bis März 1938 schloss sich der »Lehrplan II« mit grundlegenden geschichtlichen Themen an, die von der Rassenlehre zum »Germanentum« überleiteten: 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Unser Geschichtsbild Steinzeit Brauchtum als Ahnenerbe Die hohe Kultur der Bronzezeit Neues Siedlungsland als stetes Ziel der germanischen Wanderungen Armin der Cherusker
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
Dem Lehrplan waren kurze Kommentare und Literaturhinweise zur Vorbereitung der Redner beigefügt, die den Anschein der Wissenschaftlichkeit vermittelten. Zum Thema »Brauchtum als Ahnenerbe« beispielsweise hieß es: »Ergänzung der Spatenwissenschaft und der Frühgeschichtswissenschaft (Sachkultur) durch die Volkskunde: Sitten und Gebräuche berichten über die Geisteshaltung unserer Vorfahren. Alle Bräuche und Sitten (Sitte eines Volkes – Rassengedächtnis) sind aus dem natürlichen Geschehen geboren. Kein ›Götzendienst‹. Rein und tiefgläubig waren die Lebensbeobachtung und die Weltanschauung unserer Vorfahren. Die Sonne (Hakenkreuz – Sonnenrad) war unseren Vorfahren der stärkste Ausdruck der göttlichen Ordnung (Wintersonnenwende/Julfest – Frühjahrsbrauchtum – Sommersonnenwende – Erntefest). Runen und Sinnbilder (Schulung über Brauchtum muß das örtliche Brauchtum und die Jahreszeit berücksichtigen.)«
Und zur »hohen Kultur der Broncezeit«: »Goldenes Zeitalter der Germanen: Kultur auf allen Gebieten in einer kaum vorstellbaren Höhe. (Moorfunde) Bronceguß. Haus und Hof. Totenehrung = Großsteingräber. Bäuerliche Lebensweise nach harten und einfachen Naturgesetzen. (Bei der Schulung ist auf örtliche Funde, Stätten und Ausgrabungen hinzuweisen). Gesetzliche Bestimmungen: Ausgrabungen. Achtung vor den Stätten unserer Ahnen. (Anschauungsmaterial in Form von Bildern, Museumsbesuch, Besuch von Ausgrabungen.)«106
Es mutet reichlich seltsam an, dass sich Polizeibeamte plötzlich mit »Spatenwissenschaft« und Bronzekultur befassen sollten, als sollten sie zu Archäologen umgeschult werden. Aber die Vorträge, meldete etwa der Polizeipräsident Stuttgart ans Innenministerium, »wurden mit großer Aufmerksamkeit aufgenommen.«107 Im Sommerhalbjahr (April bis September) ging es mit dem deutsch-germanischen Mittelalter weiter: 1. 2. 3. 4. 5.
Kaiser Karl I. und der Sachsenherzog Widukind Der Einbruch des Christentums in die germanische Welt Heinrich I, der Gründer des 1. Reichs Der Ostraum in der deutschen Geschichte Knechtung und Zerfall des Bauerntums seit der Christianisierung
Dies waren die Themen, die auch auf dem erwähnten Stuttgarter Lehrgang für Schulungsredner auf dem Programm standen – es waren für Polizeibeamte sicher nicht ganz einfach zu bewältigende Themen. Danach folgten für das Winterhalbjahr 38/39: 1. 2. 3. 4. 5.
Reformation und Gegenreformation Der 30jährige Krieg, Bildband Der gestirnte Himmel über mir108 Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums Deutsche in aller Welt. Wandkarte
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Und für das folgende Sommerhalbjahr bis zum Beginn des Krieges: 1. 2. 3. 4. 5.
Der Kampf gegen die Landflucht Die deutsche Kolonialfrage Ahnenerbe und Volkszukunft Friedrich d. Gr. erhebt Preußen zur europäischen Macht Das Recht in der deutschen Geschichte (Bildband)109
Zu den Themen wurden ab Herbst 1937 laufend kleine Ausarbeitungen von im Durchschnitt 4 bis 6 Seiten versandt, die in der vom Schulungsamt herausgegebenen Reihe »Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« erschienen. Außerdem gab es Literaturvorschläge, die hauptsächlich auf die SS-Leithefte und die Reichsschulungsbriefe der NSDAP verwiesen. Die Leithefte waren nach einem Runderlass vom 19.7.1937 für Schulungsleiter und -lehrer dienstlich zu beschaffen.110
II.3. Der weltanschauliche Unterricht im Ausbildungsund Laufbahnsystem der Ordnungspolizei Während der Weimarer Republik war in Deutschland ein System aus Polizeischulen und Polizeiberufsschulen geschaffen worden, die für die fachliche Ausbildung und die allgemeine Bildung der Polizei zuständig waren. Bereits ab 1920 wurde in Preußen in jeder der 10 Provinzen eine Provinzialpolizeischule errichtet. In einjährigen vollzeitschulischen Lehrgängen erhielten hier Anwärter der Schutzpolizei eine fachliche Ausbildung; nach bestandenem Lehrgang erfolgte die Ernennung zum Wachtmeister, nach Besuch eines weiteren Lehrgangs von 3 bis 4 Monaten Dauer konnte man zum Oberwachtmeister befördert werden. Während der Ausbildung konnten die Schüler als Reserve-Ersatz-Einheiten zu Einsätzen der Schutzpolizei herangezogen werden. Der Unterricht dauerte acht Stunden täglich und umfasste neben den polizeifachlichen Anteilen auch Staats- und Bürgerkunde sowie Sport. Die Polizeiberufsschulen waren demgegenüber teilzeitschulische Einrichtungen der allgemeinen Bildung für Polizeiangehörige, die noch der Berufsschulpflicht unterlagen und an denen die mittlere Reife oder in Oberstufen-Lehrgängen das Polizei-Abitur erworben werden konnte, das zum Fachhochschulstudium berechtigte. Der Besuch war für jeden Beamten Pflicht, der weder das Abitur noch die mittlere Reife besaß; damit sollte erreicht werden, daß jeder Polizeibeamte mindestens über einen mittleren Bildungsabschluss verfügte.111 Am institutionellen Rahmen dieses Ausbildungssystems änderte sich 1933 zunächst wenig. Erst 1936 setzte eine umfassende Reorganisation der Polizeiausbildung ein, die vor allem den Wachtmeister-Ersatz und die nationalsozialistischen Ausbildungsinhalte betraf. Nachdem mit der Landespolizei 1935/1936 bereits ein großer Teil des Polizeipersonals an die Wehrmacht abgegeben worden war, begann man bei den grö-
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ßeren Polizeiverwaltungen wieder kasernierte Schupo-Hundertschaften aufzustellen. Damit begann eine »zweite Militarisierungswelle«, denn die Hundertschaften wurden erneut vor allem auf militärische Einsätze vorbereitet – aus ihnen gingen zu Beginn des Krieges die Polizeibataillone hervor.112 Die Kasernierung hatte auch den Zweck, Polizeianwärter und -beamte zu einer intensiveren militärischen Ausbildung zusammenzufassen, als sie in den Polizeischulen zuvor üblich war. An den größeren Standorten mit Schupo-Hundertschaften sollten eigene Ausbildungsabteilungen bzw. »Ausbildungshundertschaften« errichtet werden. Nach Erlass vom Mai 1936 war der Wachtmeister-Ersatz »ab sofort« in die Hundertschaften einzustellen, dort auszubilden und polizeifachlich in Lehrgängen von der Dauer eines Jahres zu beschulen. Zulassungsvoraussetzung war unter anderem das Bestehen einer »Körperleistungsprüfung« sowie einer Prüfung der »geistigen Tauglichkeit« anhand schriftlicher Aufgaben, die so zu stellen waren, »dass sie ein Durchschnittsvolksschüler lösen kann«.113 In der Folge entstanden an elf Standorten Ausbildungsabteilungen mit zumeist drei, insgesamt 30 »Ausbildungshundertschaften«; die Organisation der Ausbildung oblag den Inspekteuren der Ordnungspolizei. Diese Ausbildungsabteilungen übernahmen schrittweise auch die allgemeinbildenden Aufgaben der Polizeiberufsschulen, die im März 1938 aufgelöst wurden. Die Errichtung der Ausbildungsabteilungen kostete jedoch Zeit, daher wurden zuerst »Übergangsausbildungshundertschaften« bei den Schupo-Hundertschaften geschaffen. Anfang 1938 befanden sich insgesamt 5046 Wachtmeister in solchen Ausbildungs- bzw. Übergangsausbildungshundertschaften an 45 Standorten.114 Die Ausbildung war vollzeitschulisch und dauerte ein Jahr, die Dauer wurde aufgrund von Personalmangel aber zeitweise auf sechs bzw. neun Monate verkürzt. Sie trat an die Stelle der in der Regel einjährigen Polizeianwärterlehrgänge, die es in den meisten Ländern schon in den 20er Jahren gab. Für den Wachtmeisternachwuchs wurden bevorzugt Männer eingestellt, die aus der Wehrmacht ausschieden und/oder der Landespolizei angehört hatten, ab 1938 wurde verstärkt auch die Rekrutierung aus den SS-Verfügungstruppen angestrebt. Für Wachtmeister, die schon früher an einem Anwärterlehrgang teilgenommen hatten oder aus der Landespolizei in den Einzeldienst überführt wurden, genügte der Besuch eines dreimonatigen Schutzpolizeianwärterlehrgangs, andere hatten den einjährigen Lehrgang in den neu aufgestellten Ausbildungshundertschaften zu absolvieren; an allen Standorten, an denen die Zahl der Nachwuchskräfte unter 30 lag, war weiterhin der Schupo-Anwärterlehrgang zu besuchen.115 Eine Anstellungsberechtigung erhielt man jedoch erst mit der Ernennung zum Hauptwachtmeister; sie setzte die mittlere Reife voraus, die bis 1938 auf der Polizeiberufsschule erworben werden konnte, sowie den Besuch eines dreimonatigen »Lehrgangs für die Anstellung auf Lebenszeit« an einer Polizeischule. Pfeffer-Wildenbruch, der Generalinspekteur der Schulen der Ordnungspolizei erkannte 1936, dass es die Ordnungspolizei künftig schwer haben würde, in der Konkurrenz mit Wehrmacht, Arbeitsdienst und Wirtschaft noch genügend »wertvolle Kräfte« zu gewinnen; der Polizei würde in Zukunft nur der »weniger gute Ersatz« bleiben. Daher müsse man bestrebt sein, weiterhin wenigstens den allgemeinen Standard des einfachen mittleren Dienstes zu erreichen und zu sichern.116
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Zum Verständnis des Ausbildungssystems ist zwischen den (allgemeinbildenden) Polizeiberufsschulen und den (fachlichen) Polizeischulen zu unterscheiden. Die Polizeiberufsschule war in drei Stufen gegliedert: – die A-Stufe, die mit der A-I-Prüfung abschloss: die Prüfung entsprach der mittleren Reife und bildete die Eingangsberechtigung zum »einfachen mittleren Dienst« als Hauptwachtmeister, – die O-Stufe (Oberstufe), die mit der »A-II-Prüfung« abschloss und zum Eintritt in den »gehobenen mittleren Dienst« als Polizeimeister berechtigte, – die »S-Stufe«, die dem Abitur entsprach und zur Offizierslaufbahn führte.117 Auf der »A-Stufe« umfasste der Unterricht in der Regel zweimal wöchentlich 5 bis 6, in der Oberstufe dreimal 6 Stunden. Schulpflicht und Schulbesuch richteten sich nach dem Abschluss, den die Anwärter aus dem allgemeinbildenden Schulwesen mitbrachten. Insgesamt konnte die schulische Bildung bis zu sieben Dienstjahre umfassen: drei bis vier Jahre A-Stufe, zwei Jahre O-Stufe, ein Jahr S-Stufe. Parallel dazu waren Lehrgänge auf den Polizei(fach)schulen zu besuchen, die zumeist drei Monate dauerten: Offiziersanwärterlehrgang (5 Monate) Bezirks-/Revieroffiziersanwärter-Lehrgang (3 Monate) Obermeisteranwärterlehrgang (3 Monate) Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit (3 Monate) Schupo-Anwärterlehrgang (3-4 Monate)
Polizeioffizier (Leutnant – Major – Hauptmann) Revier-/Bezirksleutnant Polizeiobermeister Hauptwachtmeister Wachtmeister (ohne Anstellungsberechtigung)
Alle Angehörigen der Polizei, die noch der Berufsschulpflicht unterlagen oder noch nicht die A-I-Prüfung bestanden hatten, hatten die Polizeiberufsschule zu besuchen, die in der Regel nach 3 Jahren Schulbesuch zur mittleren Reife führte. Auch für die Feldjäger, die aus der SA übernommen worden waren und jetzt in die Schutzpolizei eingestellt wurden und nicht über die mittlere Reife verfügten, wurde ab April 1936 der Besuch der Polizeiberufsschule angeordnet, der Lehrstoff wurde aber auf 2 Jahre zusammengezogen.118 Für die Polizeiberufsschule und die Polizeifachschulen galten unterschiedliche Lehrpläne. In den Berufsschulen standen allgemeinbildende Inhalte, in den Fachschulen stand die polizeifachliche Ausbildung im Vordergrund. In beiden Fällen wurde Unterricht in Geschichte und Nationalpolitik bzw. später nationalsozialistischer Weltanschauung erteilt. Der Lehrplan für Geschichte in der Polizeiberufsschule sah zum Beispiel nach Erlass vom März 1936 im 1. Schuljahr die Behandlung der Zeit von 1648 bis 1815 vor, im 2. Jahr die Zeit bis 1919, während das 3. Jahr dem »Kampf für das Dritte Reich von 1919 bis 1933« und dem »Neubau des Dritten Reichs von 1933 bis zur Gegenwart« gewidmet war. Im 2. und 3. Schuljahr waren jeweils vier Klassenarbeiten zu schreiben. Zum Deutsch-Unterricht gehörte eine Unterrichtseinheit
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»Kampf gegen das Fremdwort«, und auch dem Erdkunde-Unterricht lag ein nationalpolitisch ausgerichtetes Curriculum zugrunde: 1. Jahr: »Deutschland physisch und politisch einschließlich der abgetretenen Gebiete« 2. Jahr: »a) Übersichtliche Behandlung der für Deutschland wichtigen europäischen und außereuropäischen Länder«; b) 4 schriftliche Arbeiten« 3. Jahr: »a) Die geraubten deutschen Kolonien; b) Auslandsdeutschtum; c) Vorgeschichte und Rassenkunde; d) Das Deutsche Reich in seinen Landschaften; e) 4 schriftliche Arbeiten.«119
An der Polizeiberufsschule konnte die Abschlussprüfung I als Voraussetzung für den einfachen mittleren Dienst (Hauptwachtmeister) und II für die gehobene mittlere Laufbahn abgelegt werden. Für Prüfung I waren nach Erlass vom Oktober 1936 zwölf Wochenstunden an zwei Halbtagen vorgesehen, von denen die Hälfte auf Deutsch, Geschichte, Erdkunde und – als neu hinzugekommenes Fach – Nationalpolitik (eine Stunde) entfielen; für Prüfung II waren 18 Wochenstunden vorgeschrieben, von denen sieben auf diesen Fächerkomplex entfielen. Die anderen Stunden entfielen auf Rechnen, Englisch, Naturwissenschaften, Kurzschrift und Maschineschreiben. 1937 wurde für das zweite Schuljahr, das am 1. April 1937 begann, der Unterricht auf die Fächer Deutsch (7 Stunden) und Geschichte (3 Stunden) beschränkt, die anderen Fächer fielen weg. Die Abschlussprüfung I im März 1938 fand daher nur noch in Deutsch und Geschichte statt, die schriftlichen Prüfungen bestanden aus einem Deutsch-Aufsatz, einem Diktat und einer Geschichtsarbeit.120 Danach wurden die Polizeiberufsschulen aufgelöst, ihre Aufgaben gingen auf die Ausbildungsabteilungen bei den Schutzpolizeihundertschaften über.121 Für die Ausbildungshundertschaften war eine vollzeitschulische Grundausbildung von der Dauer eines Jahres vorgesehen; dabei sollte das erste Halbjahr »rein lehrgangsmäßigen« Charakter haben, danach konnten die Anwärter auch zu »praktischen Verwendungen« herangezogen werden. Nach Erlass vom 5.5.1936 waren 48 Wochenstunden Unterricht vorgesehen, davon allein die Hälfte für Gesetzeskunde, zu der auch 5 Stunden »Staats- und Beamtenrecht einschließlich der »Lehre von der nationalsozialistischen Weltanschauung« gehörten. Die restlichen Stunden entfielen auf Waffenkunde, Revierkunde, Körperschulung und »Pflichtarbeitsstunden«.122 Im Februar 1937 wurde der Lehrplan abgeändert und ein eigenes Fachgebiet »Allgemeinbildender Unterricht« eingeführt, dem jetzt auch die weltanschauliche Schulung zugeordnet war; die Stundenanteile für Körperschulung, Waffendienst und Waffenkunde wurden dafür herabgesetzt: 1. Körperschulung (4 Std.) 2. Waffendienst und Waffenkunde (9 Std.) 3. Luftschutz (theoret.) (2 Std.) 4. Gesetzeskunde (16 Std.) 5. Praktischer Polizei-Dienst (2 Std.) 6. Allgemeinbildender Unterricht (11 Std.) 7. Pflichtarbeitsstunden (4 Std.) insgesamt 48 Wochenstunden
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Der allgemeinbildende Unterricht umfasste 7 Stunden Deutsch sowie 4 Stunden »Geschichte und Nationalpolitik einschließlich nationalsozialistische Weltanschauung«. Als Unterrichtsziel wurde die »Kenntnis der großen Zusammenhänge der deutschen Geschichte« und »eingehende Kenntnisse von der Entstehung und dem Aufbau des Dritten Reiches« ausgegeben. Dabei sollte der historische Stoff nur »in Übersichten«, die Nachkriegszeit und vor allem das »Dritte Reich« dagegen ausführlich behandelt werden. Näher gegliedert war nur das Thema »Das Dritte Reich«. Hier war noch ein stark politisch-institutionenkundlich ausgerichteter Unterricht vorgesehen: a) b) c) d) e) f) g)
Leitgedanken des Nationalsozialismus, Programm der NSDAP, Geschichte der nationalsozialistischen Bewegung, die nationalsozialistische Revolution, die wichtigsten Aufbaugesetze, Staat und Partei, 1. und 2. Vierjahresplan.
Neben dem eigentlichen Unterricht waren 30 Stunden im Jahr für »Freie Vorträge« vorgesehen: »Erziehung zum freien Sprechen durch Kurzvorträge der Schüler über Aufgaben aus den verschiedenen Unterrichtsgebieten nach Anleitung der Fach- und Deutschlehrer.«123 Ein Erlass vom 8. Juni 1937 verschob den Schwerpunkt des Lehrplans für das politisch-weltanschauliche Unterrichtsfach, das jetzt »Geschichte und weltanschauliche Gesetzeskunde« hieß, stärker auf die geschichtlichen Anteile: das erste Halbjahr war der Geschichte von den Germanen bis zum Dritten Reich, das zweite Halbjahr, das nur 5 Monate umfasste, der nationalsozialistischen Weltanschauung gewidmet. 4 von 48 Wochenstunden waren für diesen Fächerkomplex vorgesehen. Das Curriculum zeigt sehr deutlich die Präferenzen des SS-Schulungsamtes für die weiter zurückliegende Vergangenheit – die ersten drei Monate waren allein der germanischen Geschichte und dem Mittelalter gewidmet: »1. Monat: Geschichtsauffassung / Vor- und Frühgeschichte. Germanische Landsuche. Zusammenstoß mit Rom. Germanische Kulturhöhe. Allodverfassung. Germanische Reiche auf römischem Boden. 2. Monat: Entstehung des Frankenreiches / Entwicklung des Papsttums. Christianisierung der Germanen / Karl I. Sachsenkriege / Wikingertum / Heinrich I. der Gründer des Ersten Reiches, Kampf um den Osten. Deutschritterorden. Hansa / Kreuzzüge. 3. Monat: Kaisertum. Papsttum / Städte – Zünfte. Rittertum. Entstehung des Territorialfürstentums. Lage des Bauern.«
Im 4. Monate ging es dann sehr schnell von der Reformation über den Dreißigjährigen Krieg und das Preußen Friedrichs des Großen bis zu den preußischen Reformen weiter, im 5. Monat wurden die Themen »1848, Liberalismus, Das Zweite Reich und Industrialisierung« behandelt, im 6. Monat die Themen Marxismus, Weltkrieg
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und die Zeit von 1918 bis 1933. Die »Weltanschauliche Gesetzeskunde« behandelte anschließend in den Monaten 7 und 8 staatsrechtliche Grundlagen des Dritten Reichs, in den Monaten 9 und 10 die gesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Rassen- und Gesundheitspolitik (»Schutz des Blutes«), der 11. und letzte Monat war den Themen »Schutz des Blutes, des Bodens, der Ehre, der Arbeit und der Wehrkraft« gewidmet. Für die Behandlung all dieser Themen standen insgesamt rd. 180 Unterrichtsstunden zur Verfügung.124 Für den Unterricht konnten nach einer entsprechenden Überprüfung durch den Polizeischulungsleiter beim Inspekteur der Orpo die Lehrkräfte herangezogen werden, die zuvor schon »Geschichte und Nationalpolitik« unterrichtet hatten. Für die Grundausbildungslehrgänge, die noch nicht in eigenen Ausbildungsabteilungen, sondern in den Schupo-Hundertschaften durchgeführt wurden, wurde mit Erlass vom 5.10.1937 die Bezeichnung »Übergangsausbildungshundertschaften« eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 3448 Wachtmeister in diesen Lehrgängen. Aufgrund einer angespannten Lage des Ersatzes der Schutzpolizei wurde die Dauer der Ausbildung vorübergehend von einem Jahr auf 6 Monate herabgesetzt. Mit der Verkürzung der Ausbildungsdauer wurde eine Reduktion der Inhalte erforderlich; sie ging vor allem zu Lasten des überdimensionierten Geschichtsanteils. Der Bezug auf das »Germanentum« blieb aber erhalten: 1. Geschichte (2 Monate/18 Doppelstunden) 2. Weltanschauliche Gesetzeskunde (4 Monate/33 Doppelstunden) A. Vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich Deutscher Nation B. Das Dritte Reich C. Der Reichsbürger D. Arbeit und Eigentum E. Die Kultur F. Bewegung und Staat.
Die »Weltanschauliche Gesetzeskunde« begann mit einer Einführung in die »deutsche Rechtsordnung als Lebensordnung« und ihre Geschichte, in Teil B. wurde unter anderem die rassenpolitische Gesetzgebung behandelt. In 2.A ging es sehr zügig von den alten Germanen zum 3. Reich: »… 2. Sippe, Stamm und Volk in der germanischen Frühzeit, 3. Die verfassungsmäßige Entwicklung der germanischen Stammesstaaten bis zu Otto I., 4. Das ›Heilige Römische Reich Deutscher Nation‹, 5. Das II. Reich (1871-1933), 6. Die nationalsozialistische Bewegung und das III. Reich, 7. Das Parteiprogramm vom 24. Febr. 1920 als Richtlinie für die Verwirklichung des Volksstaates«.125
Im Februar 1938 hatte sich die Lage etwas entspannt, und die Ausbildungszeit wurde jetzt wieder auf 9 Monate ausgedehnt. Das curriculare Grundkonzept mit der Schwerpunktsetzung auf »Weltanschaulicher Gesetzeskunde«, auf die jetzt 6 Monate ent-
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fielen, wurde beibehalten. Nach wie vor waren 4 Wochenstunden vorgesehen.126 Die Abschlussprüfung umfasste schriftliche Prüfungen in Rechtskunde (allgemeine Rechtskunde, Polizei-, Beamten-, Verkehrsrecht), Kriminalistik, Deutsch (Aufsatz und Diktat), »Geschichte und weltanschauliche Gesetzeskunde« sowie Prüfungen in Waffendienst und Körperschulung.127 Für den Wachtmeister-Ersatz wurden einige allgemeine Einstellungsvoraussetzungen festgelegt. Ähnlich wie in der SS wurden keine Brillenträger eingestellt, die Mindestgröße sollte im Regelfall 1,70 Meter betragen, dazu kamen »deutschblütige oder artverwandte« Abstammung (keine »jüdischen Mischlinge«; Nachweis Geburtsurkunden oder Ahnenpass der Eltern und Großeltern), Zugehörigkeit zur NSDAP oder einer ihrer Gliederungen, möglichst sportliche Leistungsnachweise wie das SAWehrabzeichen und das Bestehen einer Eignungsprüfung. Von der Zugehörigkeit zur NSDAP oder einer NS-Organisation konnte abgesehen werden, wenn die zuständige NS-Kreisleitung die politische Zuverlässigkeit des Bewerbers bescheinigte. 1937 kam als weiteres Einstellungskriterium die »SS-Fähigkeit« hinzu. Sie wurde durch eine ärztliche, erbgesundheitliche und rassische Untersuchung durch Experten des Rasse- und Siedlungsamtes festgestellt, für die die Bewerber einen eigenen Unkostenbeitrag zu leisten hatten. Der Kandidat musste kein Mitglied der SS sein, hatte aber eine Verpflichtungserklärung zu unterschreiben, »zu gegebener Zeit auf Aufforderung Antrag oder Aufnahme in die Allgemeine SS zu stellen«. Außerdem wurde, wer bereits der SS angehörte, bei der Einstellung bevorzugt. In einem Merkblatt für die Nachwuchswerbung der Orpo vom September 1938 wird die SS programmatisch zum bevorzugten Rekrutierungsfeld für die Polizei erhoben: »Da sich die Polizei in Zukunft hauptsächlich aus den Schutzstaffeln der NSDAP ergänzen soll, muß die Polizei das größte Interesse mit einer starken Schutzstaffel verbinden; und zwar, solange der Ersatz aus der SS-Verfügungstruppe noch nicht ausreicht, auch mit der allgemeinen SS, da Bewerber, die vor Eintritt in die Wehrmacht der SS angehört haben, bevorzugt werden.«128
Die Eignungsprüfung sollte dem Bildungsstand eines »Durchschnittsvolksschülers« entsprechen. Sie umfasste eine schriftliche Prüfung, in der zehn Fragen vor allem aus dem Bereich Geschichte und Erdkunde zu beantworten waren und Rechenaufgaben gelöst werden mussten, eine mündliche Prüfung und eine sportliche Leistungsprüfung für Kandidaten, die keine entsprechenden Leistungsnachweise vorlegen konnten (1500-Meter-Lauf, Weitsprung, Handgranatenweitwurf). Anschließend musste man den Lehrgang bei einer Ausbildungshundertschaft absolvieren. Für Anwärter, die bereits polizeipraktische Erfahrungen mitbrachten, genügte die Teilnahme an einem dreimonatigen Schutzpolizeianwärterlehrgang an einer Polizeischule, in dem in vier Wochenstunden Deutsch und zwei Wochenstunden weltanschaulicher Unterricht in gedrängter Form das Curriculum der Ausbildungshundertschaften zu absolvieren war. Die Prüfungsanforderungen waren für beide Ausbildungsgänge gleich und bestanden zum einen in einer Deutsch-Prüfung (ein Aufsatz und ein Diktat), zum anderen in mehreren schriftlichen Arbeiten zur »welt-
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anschaulichen Rechts- und Gesetzeskunde«.129 Die Deutsch-Püfung konnte notfalls wiederholt werden, wer sie auch beim zweiten Mal nicht bestand, musste aus der Polizei entlassen werden. Ein Runderlass vom 24.5.1938 legte für alle Wachtmeister ohne mittlere Reife zwei Jahre Deutschunterricht fest, der im ersten Jahr sieben, im zweiten Jahr vier Unterrichtsstunden die Woche beinhaltete; bei den 1939 gebildeten Ausbildungsbataillonen konnte der Unterricht schon im 1. Jahr auf 4 Stunden begrenzt werden. Als Lesestoff für die 1. Stufe wurden nach Erlass vom 17.7.1939 das SS-Leitheft und der Schulungsbrief der NSDAP empfohlen, für die 2. Stufe war die Verwendung des Leitheftes verbindlich.130 Die Schupo-Anwärterlehrgänge bildeten ein Äquivalent zu den längeren Lehrgängen der Ausbildungshundertschaften, der Unterricht war an die Lehrpläne für die Ausbildungshundertschaften angelehnt. Auch in diesen Lehrgängen wurde Wert auf Deutsch-Unterricht und die »Erziehung zum freien Sprechen« durch Kurzvorträge gelegt.131 Mit dem erfolgreichen Abschluss des Schupo-Anwärterlehrgangs oder des Lehrgangs in der Ausbildungshundertschaft war der Nachweis der »Befähigung für den Dienst in der Schutzpolizei« erbracht; der Abschluss eröffnete Beförderungsmöglichkeiten bis zum Revieroberwachtmeister.132 Nach bestandenem Lehrgang in der Ausbildungshundertschaft wurden die Anwärter zu Wachtmeistern ernannt und in die kasernierten Schupo-Hundertschaften eingestellt. Hier wurde die Ausbildung im Rahmen des Dienstes fortgesetzt. Für die Schupo-Hundertschaften war seit April 1937 eine regelmäßige weltanschauliche Schulung von 2 Wochenstunden vorgeschrieben. Der besseren Übersicht halber: 1938 galt folgende Dienstanweisung für die weltanschauliche Schulung in den verschiedenen Formationen der Ordnungspolizei: 1. Schupo-Ausbildungs-/Übergangsausbildungshundertschaften: wöchentlich vier Stunden 2. Schupo-Hundertschaften: wöchentlich zwei Stunden133 3. Schupo-Einzeldienst: im Monat eine bis eineinhalb Stunden134 Die weltanschauliche Schulung der Schupo-Hundertschaften begann im Sommer 1937 mit folgendem Lehrplan, der wie im Einzeldienst vor allem die rassenbiologischen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung in den Vordergrund stellte:135 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Die geistige Lage unserer Zeit Der Weg des Nationalsozialismus bis zur Machtübernahme Parteiprogramm Was verstehen wir unter Rasse (Definition nach Günther) Warum Erb- und Rassenpflege Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung.
Während die Schulungslehrer bei diesen Themen noch weitgehend improvisieren mussten, orientierte sich der Unterricht danach an den Heften der »Stoffsammlung für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«, die inzwischen im Schulungsamt erarbeitet wurden und von Herbst 1937 bis März 1940 herauskamen. Diese
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Hefte, von denen mindestens 79 Ausgaben erschienen, folgten anfangs einem chronologisch angelegten Geschichtskurs, später ist aber keine klare Systematik mehr erkennbar.136 Nach den Vorgaben des Hauptamtes Orpo waren für die Zeit von Januar 1938 bis März 1939 insgesamt 49 Themen in jeweils einer Doppelstunde pro Woche zu behandeln; die Zahl der Stunden war so bemessen, dass stets genug Zeit blieb, um Themen, mit denen man in Rückstand geraten war, nachholen zu können. Zwischen die Texte der Stoffsammlungen wurde gelegentlich eine Lesestunde eingefügt, außerdem wurden Bildbände für die Grundschulung aus dem Schulungsamt in den Lehrplan einbezogen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Unser Geschichtsbild Die Steinzeit Die hohe Kultur der Bronzezeit (Bildband) Germanische Landsuche und die Gründung großer Reiche (Bildband) Aus dem Leben unserer Vorfahren – der Germanen Hermann der Cherusker – der Befreier Germaniens Der große Gotenkönig Theoderich der Große Das Frankenreich Die Vernichtung des germanischen Freibauerntums Kaiser Karl I. und der Sachsenherzog Widukind Urchristentum und der Beginn des päpstlichen Machtstrebens Der Einbruch des Christentums in die germanische Welt Germanische Freizügigkeit – Christliche Unduldsamkeit137 Heinrich I., der Gründer des I. Reichs Die Päpste wollen die deutschen Kaiser beherrschen. a) schriftliche Beantwortung von 9 Fragen aus der bisher behandelten Geschichte; b) Geographie an der Wandkarte. 17. Der Ostraum in der deutschen Geschichte 18. Der deutsche Ritterorden – ein Männerbund 19. Lesestunde (W. Jansen) 20. Knechtung und Zerfall des Bauerntums seit der Christianisierung 21. Deutsches Leben im Mittelalter 22. Der Revolutionär Luther 23. Lesestunde (Kurt Eggers über Hutten) 24. Die Gegenreformation kämpft gegen die Freiheit des deutschen Geistes 25. Der Jesuitenorden als Stoßtrupp des Papsttums und Todfeind der germanischen Völker 27. Lesestunde (Löns: Wehrwolf) 28. Die Folgen des 30jährigen Krieges 29. Der Aufbau Preußens durch den Kurfürsten und Soldatenkönig 30. Friedrich der Große erhebt Preußen zur europäischen Macht 31. Lesestunde (Friedrich der Große) 32. Die jüdischen Grundlagen der Freimaurerei und die Logenarbeiten des 18. Jh. 33. Die französische Revolution. 34. Die Befreiungskriege und das vergebliche Streben nach deutscher Einheit (Bildband) 35. Lesestunde (W. Hegeler)
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36. Das Judentum (Bildband) 37. Bismarck und die Gründung des 2. Reichs 38. Lesestunde (Bismarck) 39. Deutschland vor dem Weltkriege (Bündnisse und Kolonien) 40. Die Freimaurei, ein Werkzeug des Judentums (Bildband) 41. Erster Weltkrieg 42. Lesestunde (Beumelburg) 43. Die »Dokumente« (Versailles, St. Germain) 44. Frontgemeinschaft, der Kern des neuen Deutschland 45. Vom Zusammenbruch zum Aufbruch 46. Der Bolschewismus, ein Werkzeug des Judentums (Bildband) 47. Lesestunde (Der unbekannte SA-Mann) 38. Der Neuaufbau des Reichs 49. Deutsche in aller Welt. Wandkarte138
Im Wesentlichen handelt es sich hier um einen Geschichtskurs, der um einige »gegnerkundliche« Themen ergänzt wurde. Damit knüpfte der Lehrplan für die Schutzpolizei an das Konzept des SS-Schulungsamtes an, nach dem sich an die Grundschulung in der Allgemeinen SS mit den Themenkomplexen »Blut und Boden«/ Rassenbiologie, deutsche Geschichte, Gegnerkunde und Brauchtum im zweiten Ausbildungsjahr ein ausgedehnter Durchgang durch die deutsche Geschichte anschließen sollte. Die Jahrgänge 2 (1936/37) und 3 (1937/38) des SS-Leitheftes folgten diesem Konzept.139 Für die Polizei hielt man offenbar spezielle Ausarbeitungen in Form der »Stoffsammlungen« für erforderlich, die zum Teil an Beiträge im Leitheft angelehnt waren, aber stärker dem schulmäßigen Betrieb bei der Polizei Rechnung trugen und didaktisch ausgerichtet waren; bei den (kasernierten) Ausbildungs- und Polizeihundertschaften erfolgte die Schulung »in klassenmäßigem Unterricht« durch »Schulungslehrer«.140 Nach Abschluss dieses Geschichtskurses wandte man sich gegenwartsbezogenen Themen zu. Der Lehrplan für die Zeit vom April 1939 bis März 1940, den das Hauptamt Orpo im Februar 1939 herausgab, sah 29 Einzelthemen in drei großen Komplexen vor; er sollte »das Ergebnis der behandelten Geschichte« zeigen: A. Der deutsche Mensch der Gegenwart 1. Der deutsche Mensch im Großdeutschen Reich 2. Der deutsche Mensch in seiner Landschaft 3. Der Kunstausdruck unserer Zeit 4. Deutsche Volkskunst 5. Gesundes Leben – frohes Schaffen 6. Der deutsche Wirtschaftsaufbau 7. Das Recht in der deutschen Geschichte 8. Lesestunde: Rothacker, »Das Dorf an der Grenze« 9. Die Randstaaten des Deutschen Reiches und das Grenzlanddeutschtum 10. Deutsche in aller Welt 11. Lesestunde: Zillich, »Zwischen Grenzen und Zeiten«.
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B. Deutschland und die Welt. Politische Weltkunde für den Deutschen 12. Geographisch-politische Wanderung auf der Erdkarte 13. Nationalsozialistische Außenpolitik 14. Der Donauraum 15. Moskau bedroht den Frieden der Welt 16. Die deutsche Kolonialfrage 17. Lesestunde: Grimm, «Der Zug des Hauptmannes von Erckert« 18. Das Britische Weltreich 19. Schicksalsraum Mittelmeer 20. Die Macht des Ostens 21. Melting pot: USA 22. Die südamerikanischen Staaten 23. Die großen Religionen der Erde 24. Welt in Waffen C. Deutsche Leistung in der Welt 25. Verbreitung des Deutschtums auf der Erde 26. Lesestunde: Müller-Guttenbrunn, »Der große Schwabenzug« 27. Die volksdeutsche Leistung in der Welt 28. Deutsche Soldaten unter fremder Fahne 29. Lesestunde: Colin Roß, »Unser Amerika«.141
Weiterhin wurden Stoffsammlungen und Bildbände zu den verschiedenen Themen versandt. Die Schulung sollte aber jetzt zusätzlich mindestens einmal im Monat auch nach dem jeweiligen SS-Leitheft erfolgen: »Aus ihm sind die Abschnitte: Adolf Hitler ›Mein Kampf‹, die wichtigsten politischen Ereignisse des Monats und Erzählungen nach Wahl und der zur Verfügung stehenden Zeit zum Gegenstand zu machen. Gerade die Erzählungen haben die Aufgabe, dem Manne an Beispielen in leicht fasslicher Form klarzumachen, wie er sich verhalten soll.«142 Die Verzahnung des Polizeiunterrichts mit der weltanschaulichen Schulung der SS sollte also noch enger werden. Während des ganzen Zeitraums von Anfang 1937 bis Anfang 1940 war auf diese Weise ein umfangreiches Curriculum der weltanschaulichen Schulung entstanden, das einen ersten Ausbildungsabschnitt in den Ausbildungshundertschaften mit 4 Wochenstunden und drei Jahre Weiterbildung in den Schupo-Hundertschaften mit jeweils 2 Wochenstunden Unterricht beinhaltete. Dies entsprach der alten Regelung, nach der man nach 4 Dienstjahren und Besuch der Polizeiberufsschule die mittlere Reife erwerben und zum Hauptwachtmeister ernannt werden konnte. Vom Wachtmeister zum Polizeioffizier: die Lehrgänge an den Polizeischulen Bewerber für den Polizeidienst wurden zunächst als Anwärter, Rott- oder Unterwachtmeister eingestellt. Mit Bestehen des Schupo-Anwärterlehrgangs bzw. des Lehrgangs in den Ausbildungshundertschaften für die kasernierte Polizei erfolgte die Übernahme in den Dienst als »Wachtmeister« mit der Möglichkeit der Beförde-
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rung bis zum Ober- und Revieroberwachtmeister. Der Schupo-Anwärterlehrgang wurde 1937 vereinheitlicht und ersetzte alle bis dahin noch in den Ländern des Reichs geltenden, zum Teil sehr unterschiedlichen Bestimmungen für Anwärterlehrgänge. Im Anschluss an den Erlass vom 15.4.1937 zur weltanschaulichen Schulung in der Polizei wurden zwei Wochenstunden »Weltanschauliche Schulung« eingeführt. Die zu behandelnden Themen wurden nur sehr grob angegeben: »1. 2. 3. 4.
Die geistige Lage unserer Zeit. - Geschichte und Werden der NSDAP und der SS. Das Parteiprogramm. Die lebensgesetzliche Gesetzgebung des Dritten Reiches. Nationalsozialistische Lebenshaltung.«143
Im Dezember 1937 kam ein »ergänzender Lehrplan« heraus; danach sollten in insgesamt 16 Doppelstunden – die Lehrgangsdauer war inzwischen auf vier Monate heraufgesetzt worden – folgende Themen behandelt werden: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Unser Geschichtsbild Germanische Frühzeit (Bildband RuS) Vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich deutscher Nation Der Neuaufbau des Reichs Die Führung des Reichs Arbeitsdienst und Wehrmacht Vom Glied der Sippe zum Reichsbürger Die Reinhaltung des Blutes Die Verhütung erbkranken Nachwuchses Die neue Ehegesetzgebung Die Ordnung der nationalen Arbeit Der Jude in der deutschen Geschichte Die Arbeit der politischen Kirchen Die jüdischen Grundlagen der Freimaurerei und die Logenarbeit Komintern und Sowjetunion Der politische Soldat (Erziehung zum deutschen Menschen: Ehre und Treue, Kampf und Arbeit als germanisch-deutsche Grundwerte).144
Die Themen 4 bis 6 waren institutionenkundlich angelegt, die Themen 8 bis 9 behandelten die wichtigsten rassenpolitischen Gesetze des Dritten Reichs, die Themen 12 bis 15 waren den Hauptgegnern des Nationalsozialismus gewidmet. Rassenhygiene, Rassenpolitik und Antisemitismus bildeten einen nicht zu übersehenden Schwerpunkt des Curriculums. Die Einstellung als Polizeibeamter auf Lebenszeit erfolgte mit der Ernennung zum Hauptwachtmeister. Sie setzte die erfolgreiche Teilnahme an einem »Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit« voraus. Erst danach begann die eigentliche Polizeilaufbahn; jeder höhere Rang war an den Besuch eines weiteren Lehrgangs gebunden; all diese Lehrgänge fanden an Polizeischulen statt und unterbrachen den regulären Dienst für einige Monate:
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Voraussetzung für die Ernennung zum: Wachtmeister Schupo-Anwärterlehrgang 4 Monate, 2 Wo.std. WS Beförderungsmöglichkeit bis zum Rev.Oberwachtmeister Hauptwachtmeister Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit 3 Monate, 2 Wo.std. WS Beförderungsmöglichkeit bis zum Pol.Meister Polizeiobermeister Obermeister-Anwärter-Lehrgang 3 Monate, 2 Wo.std. Nationalpolitik und WS Bezirks-/Rev.leutnant Bezirks-/Revieroffizierslehrgang 5 Monate; 2-4 Wo.std. Nationalpolitik und WS bzw. »NS-Lehre« Leutnant etc. Offiziersanwärterlehrgang 6 Monate, 2-4 Wo.std. Nationalpolitik Um die Eingangsvoraussetzung zu erfüllen, musste der »Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit« absolviert werden. Er dauerte drei Monate und umfasste zwei, später drei Wochenstunden weltanschaulichen Unterricht. Mit dem Erlass vom 8.6.1937 wurden auch hier zwei Wochenstunden »Weltanschauliche Schulung« eingeführt – bezeichnenderweise gingen sie zu Lasten des Fachs »Staats- und Beamtenrecht«: »Der Lehrstoff des Staatsrechts geht zum größten Teil auf die weltanschauliche Schulung über«. Die zu behandelnden Themen waren die gleichen wie im SchupoAnwärterlehrgang.145 Auch der differenzierte Lehrplan, der im Februar 1938 beschlossen wurde, enthielt im Wesentlichen das gleiche Programm wie der Schupo-Anwärterlehrgang, nur in gedrängter Form; folgende Themen waren in jeweils einer Doppelstunde durchzunehmen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Unser Geschichtsbild, Germanische Frühzeit Vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich deutscher Nation Der Neuaufbau des Reichs Die Führung des Reichs Die Reinheit des Blutes Die Verhütung erbkranken Nachwuchses Die neue Ehegesetzgebung Arbeit und Eigentum Gegner unserer Weltanschauung: Judentum, Freimaurerei und Marxismus Gegner unserer Weltanschauung: Politische Kirchen und »bürgerliche« Menschen Der politische Soldat (Erziehung zum deutschen Menschen: Ehre und Treue, Kampf und Arbeit als germanisch-deutsche Grundwerte).146
Auch hier standen Rassenpolitik, deutsche Geschichte und »Gegnerkunde« im Mittelpunkt. Mit diesem vergleichsweise anspruchsvollen und komplexen Programm,
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das in der kurzen Zeit von 12 Wochen zu absolvieren war, dürften die Schutzpolizeischulen vor Ort aber eher überfordert gewesen sein. So berichtet der Kommandeur der Kölner Schutzpolizeischule Karl Olfenius, der vorgesehene Lehrstoff habe sich für die Lehrgänge als zu umfangreich erwiesen und sei deshalb an seiner Schule mit Zustimmung des Polizeischulungsleiters beim IdO erheblich gekürzt worden. Für künftige Lehrgänge schlug Olfenius deshalb vor, den Umfang für den weltanschaulichen Unterricht von 2 auf 3 Stunden die Woche zu erhöhen, um den Stoff bewältigen zu können.147 Den weltanschaulichen Unterricht an der Kölner Schule erteilte ein Mittelschullehrer aus der Region148. Um eine einheitliche weltanschauliche Ausrichtung der fest angestellten Polizei zu gewährleisten, wurde später angeordnet, dass vor der Abordnung zum Lehrgang Hitlers »Mein Kampf« durchzuarbeiten sei. Dies galt auch für alle sich anschließenden Lehrgänge des »gehobenen mittleren« und höheren Dienstes.149 Zum Polizeimeister konnte nur befördert werden, wer das Fach »NS-Lehre« mit mindestens »ausreichend« bestanden hatte.150 An den Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit schloss sich der ObermeisterAnwärter-Lehrgang an, wenn man in der Hierarchie der Vollzugsbeamten weiter aufsteigen wollte. Auch dieser Lehrgang dauerte drei Monate. Bei den Abordnungen zum Lehrgang sollten Parteigenossen und Familienväter bevorzugt werden.151 Der Lehrplan der anfangs für diese Lehrgänge zuständigen Schutzpolizeischule BerlinSchöneberg von 1937 umfasste 44 Wochenstunden vor allem in Polizei- und Strafrecht, 2 Stunden waren für »Nationalpolitik und weltanschauliche Schulung« reserviert, zu erteilen durch Schulungsleiter der SS. Der Lehrplan teilte den Stoff in die Schwerpunkte Geschichte und nationalsozialistische Weltanschauung auf. Im Geschichtsunterricht sollte behandelt werden: »Das Werden und Vergehen der nordischen Völker; Die Germanen – Das Frankenreich – Das Erste Reich. Der Kampf zwischen Kaiser und Rom; Der Weg des deutschen Volkes nach Osten; Die deutsche Erhebung gegen den römischen Geist und der Gegenstoß Roms; Vom preußischen Staat zum Zweiten Reich.«
Im Fach »nationalsozialistische Weltanschauung«: »Der völkische Kampf und seine Gegner, Die nationalsozialistische Partei. Ihr Werdegang. SS – Aufbau und Aufgabe, Der nationalsozialistische Staat und die wichtigsten Gesetze zum Schutze des völkischen Daseins.«152
Hier stand vor allem das Bemühen um eine geschichtliche Legitimation des neuen Staates im Vordergrund – ein Polizeiobermeister sollte wissen, dass der nationalsozialistische Staat in der germanischen Geschichte wurzelte und seine Verwirklichung im »germanischen Volksstaat« fand. Dies galt auch noch 1938; zu den Prüfungsan-
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forderungen gehörten aber jetzt auch Kurzvorträge der Teilnehmer über Themen, die die »lebensgesetzliche Gesetzgebung des Reiches« betrafen: Bevölkerungspolitik, »Schutz des Reiches«, Marktordnung, Reichserbhofgesetz, »Der politische Soldat« und »Erziehung zur nationalsozialistischen Lebenshaltung durch Vorbild«. Im gleichen Jahr wurde als schriftliche Prüfungsarbeit das Thema »Maßnahmen zum Schutz der Erbgesundheit« gestellt.153 1940 wurde der Titel des Polizeiobermeisters durch den des Revierleutnants für die Schutzpolizei und des Bezirksleutnants für die Gendarmerie ersetzt. Die ehemaligen Obermeister gehörten damit jetzt auch dem Offizierskorps der Polizei an.154 An die Stelle des Obermeisterlehrgangs trat der »Gendarmeriebezirks- und Revieroffiziersanwärterlehrgang«. Gleichzeitig wurden die Anforderungen erhöht. Die Beförderung zum Revier-/Bezirksoffizier setzte drei Jahre Dienstzeit als Hauptwachtmeister, Führereigenschaften und nationalsozialistische Haltung, den erfolgreichen Besuch eines Lehrgangs für die Anstellung auf Lebenszeit und die Teilnahme am Revier-/Bezirksoffizierlehrgang voraus.155 Um zu diesem Lehrgang zugelassen zu werden, musste man zuvor eine Vorprüfung ablegen, die sich drei Tage – 1943 waren es schon fünf Tage – hinzog und schriftliche Arbeiten in »nationalsozialistischer Lehre«, Kriminalistik und Gesetzeskunde beinhaltete. Während des Lehrgangs selbst, der drei Monate dauerte und jetzt vier Wochenstunden »NS-Lehre« beinhaltete, waren nach einem Erlass vom Dezember 1940 sechs schriftliche Arbeiten anzufertigen, für die Abschlussprüfung waren noch einmal vier schriftliche Arbeiten vorgeschrieben, jeweils in »nationalsozialistischer Lehre«, Unterführerausbildung und Taktik, Kriminalistik sowie Straf- und Polizeirecht. Dazu kamen eine mündliche Prüfung und eine Prüfung in der »Waffen- und Unterführerausbildung«.156 Im Gebiet »Unterführerausbildung« war die Fähigkeit, einen Zug oder eine Gruppe zu führen, nachzuweisen. Darin schlugen sich die Erfordernisse des Krieges nieder; während des Krieges etablierten sich Formen einer weitgehend militärisch ausgerichteten Unter- und Zugführerausbildung, die vor allem an den Polizeischulen Deggingen und Hellerau im Rahmen der Lehrbataillone und Ausbildungsregimenter speziell für Polizeimeister und -obermeister durchgeführt wurden (dazu weiter unten); hier fanden auch Auswahllehrgänge statt, die auf die Offiziersanwärterlehrgänge vorbereiteten. Im Zuge der allgemeinen Militarisierung der Polizeiausbildung während des Krieges wurde der Vorprüfung bald eine Waffenausbildung vorgeschaltet – so etwa in 2wöchigen Lehrgängen an den Schutzpolizeischulen in Berlin-Schöneberg und Pelplin 1942. Prüfungsgebiete der Vorprüfung waren hier für die Schutzpolizei »nationalsozialistische Lehre« (»Der Prüfling muß das Buch des Führers ›Mein Kampf‹ durchgearbeitet haben«), Unterführerausbildung (»die Fähigkeit, eine Gruppe oder einen Zug zu führen«), praktischer Polizeidienst (Revierkunde) und Rechtskunde. Die Waffenausbildung wurde danach als Teil des Lehrgangs institutionalisiert, die Dauer des Lehrgangs daher auf 3 ½ Monate ausgedehnt.157 Zur Unterführer-Ausbildung gehörte in der Regel auch eine Stunde Unterrichtslehre. Hier war man, wie Unterlagen aus der Polizeischule Deggingen zeigen, offensichtlich um die Vermittlung einer lebendigen und anschaulichen Gestaltung bemüht (»der fragenden Lehr-
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form gegenüber der vortragenden den Vorzug geben«, »menschlichen Kontakt zum Schüler suchen«, »den Stoff mundgerecht darbieten, beleben durch Beispiele« etc.).158 Der Unterricht in den Bezirksoffizierslehrgängen lässt sich am Beispiel der Gendarmerieschule Freiburg illustrieren.159 Hier fanden von 1941 bis 1944 insgesamt 12 Lehrgänge von drei bis dreieinhalb Monaten Dauer statt. Den Unterricht erteilten Lehroffiziere der Schule, für die »NS-Lehre« war hauptsächlich Hauptmann Ruffing zuständig. Ruffing nahm auch an der Arbeitstagung für Lehroffiziere der Orpo in NS-Lehre im November 1941 in Berlin teil. Er präsentierte dort eine Lehrprobe zum Thema »Der RFSS und seine Aufgaben« und hielt das Korreferat zum Thema »Germanische Frühzeit«. 1943 unterrichtete er an der Polizeioffiziersschule Fürstenfeldbrück. 1944 erteilte u. a. Major Seeling, vorher Kompaniechef eines Gendarmerie-Bataillons in Frankreich, WS-Unterricht in Freiburg. Seeling hatte, bevor er zur Polizei ging, sieben Semester Lehramtsstudium absolviert.160 Die Absolventen der Bezirksoffizierslehrgänge sollten später als Einheits- bzw. Abteilungsführer selber einmal politisch-weltanschaulichen Unterricht erteilen können. Dem Unterricht in »nationalsozialistischer Lehre« lag deshalb ein umfangreicher Lehrplan zugrunde: 1. Monat: A. Völkische Grundgesetze I. Im Mittelpunkt des nationalsozialistischen Denkens steht das Volk Das Volk, eine Lebens- und Schicksalsgemeinschaft Verhältnis Volk und Raum, Volk und Staat Schaffung einer völkischen Ordnung (völkische Weltanschauung) II. Zusammensetzung des deutschen Volkes 1. Die rassische Zusammensetzung des deutschen Volkes – Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung 2. Wer gehört zum deutschen Volk? 3. Minderheiten (Judenfrage siehe unter B/I.1) III. Wer führt das Volk? 1. Vom Wesen der Führung – Adolf Hitler, der Führer 2. Führerauslese durch die Partei 3. Führung des Staates (Gesetz über das Staatsoberhaupt vom 1.8.34) 4. Die Partei befiehlt dem Staat – Einheit von Partei und Staat 2. Monat: B. Rasse und Vererbung I. Rasse im Mittelpunkt des Volks- und Staatslebens 1. Die Judenfrage in Deutschland 2. Reinerhaltung des deutschen Blutes (Blutschutzgesetz) II. Das Reichsbürgergesetz III. Pflege des Erbgutes 1. Verhinderung der Fortpflanzung erblich Minderwertiger 2. Die ehegesunde Familie – Garantin der Erbgesundheit des deutschen Volkes 3. Monat: C. Die neue Grossraumordnung 1. Neuordnung Europas 2. Grossraumordnung – Grossraumwirtschaft 3. Deutschland und die Kolonialfrage161
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Als Unterrichtsmaterial wurden umfangreiche Hefte aus der Schriftenreihe »Neugestaltung von Recht und Wirtschaft« zugrunde gelegt: H. 1 »Das Reich im nationalsozialistischen Weltbild«, H. 5 »Rassen- und Erbpflege im nationalsozialistischen Weltbild« und H. 13 »Neues Staatsrecht« (in zwei Bänden: 13/I »Der neue Reichsaufbau« und 13/II »Die Errichtung des Großdeutschen Reiches«). Autor des ersten Heftes war Regierungsrat Hermann Messerschmidt, Gauamtsleiter und »Beauftragter für staatspolitische Erziehung« an der Universität Göttingen, die anderen Texte waren Gemeinschaftsarbeiten von Wilhelm Stuckart und Rolf Schiedermair; Stuckart, der zu den führenden Juristen des Dritten Reichs gehörte, war Staatssekretär, Schiedermair Regierungsrat im Reichsinnenministerium. Als Himmler 1943 zum Innenminister des Reichs bestellt wurde, führte Stuckart faktisch dessen Amtsgeschäfte.162 In der Auswahl der Texte spiegelt sich die starke rassenpolitische Ausrichtung des Curriculums: Stuckart und Schiedermair behandelten in Heft 5 auf 110 Seiten die nationalsozialistische Rassenpolitik, und Messerschmidt erläuterte in seiner Schrift die Grundlagen der Rassenlehre nach Hans F. K. Günther. Der Unterrichtsstoff sollte an der Freiburger Schule nicht in Vortragsreihen vermittelt werden. Besonderer Wert wurde vielmehr auf eine aktive und selbständige Erarbeitung der Themen gelegt, die deshalb in Arbeitsgemeinschaften unter Leitung des zuständigen Lehroffiziers erfolgen sollte. Im Verlauf des Lehrgangs hatte jeder Teilnehmer ein Thema selbständig zu bearbeiten, und in den Arbeitsgemeinschaften waren Kurzreferate zu halten. Ergänzt wurde der Unterricht durch Vorträge im Rahmen der »Monatsschulung« durch den Polizeischulungsleiter Südwest Rösinger und den Freiburger SS-Schulungsleiter und Studienrat Dr. Glattes.163 Rösinger und Glattes kannten sich persönlich und arbeiteten in Freiburg eng zusammen. So legte Rösinger die Prüfungsthemen fest, während Glattes mit der Korrektur und Beurteilung der Arbeiten beauftragt wurde. Über den Verlauf der Lehrgänge wurden Berichte erstellt, die zunächst positiv ausfielen. Dies änderte sich im Herbst 1942.164 Bei den Teilnehmern des 5. Lehrgangs wurden in der »NS-Lehre« zum Teil »erschreckende Lücken« festgestellt. Schon die Vorprüfung hatten einige Bewerber nicht bestanden. Von insgesamt 187 Teilnahmen kamen nur 136 bis zur Abschlussprüfung, von ihnen erreichten lediglich 32 die Note »befriedigend«, alle anderen erhielten nur ein »ausreichend«. Insbesondere die seit dem März 1942 vorgeschriebene Kenntnis der Grundgedanken von »Mein Kampf« war nicht gegeben. Gleichzeitig monierte Glattes anhand der ihm vorgelegten Prüfungsarbeiten Mängel in der Zeichensetzung, vor allem aber politisch-weltanschauliche Verständnisprobleme; das Kolonialproblem sei völlig missverstanden und die Ostfrage sei völlig unklar: «Das Vorweltkriegsdeutschland Bismarcks und sein Verhältnis zum zaristischen Rußland ist nicht verstanden. Daraus folgt die Ansicht, als hätten Verhandlungen mit Polen oder der Sowjet-Union uns im Osten den notwendigen Raum bringen können. Ein einziger Bearbeiter sah, daß der Osten (Ukraine!) für uns Kolonialland ist. Niemand hat erkannt, daß der Osten in der Zukunft eine gewaltige Bewährungsprobe für das deutsche Volk bedeuten wird.«
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Hinsichtlich des Verhältnisses von Volk und Rasse herrschten unklare Begriffe, z. B. würde von einer deutschen und slawischen Rasse geschrieben: »Die Begriffe Rasse und Volk bedürfen in der Schulung und im Unterricht immer wieder eingehender Behandlung.«165 In der Schule war man bemüht, diese Mängel zu beheben. Der Erfahrungsbericht zum 6. Lehrgang vom April 1943 monierte erneut teilweise vorhandene Lücken, besonders in der Rassenlehre, die aber inzwischen offenbar ausgefüllt werden konnten; die Schüler seien mit großem Eifer bei der Sache. Ähnlich der Erfahrungsbericht zum 8. Lehrgang vom August 1943: trotz teilweise bestehender Kenntnislücken habe der umfangreiche Stoff in NS-Lehre bewältigt werden können, weil die Schüler »großes Interesse zeigten und mit größtem Fleiß die vorgetragenen Lektionen verarbeiten.« Entsprechend verbesserten sich auch die Prüfungsergebnisse.166 Den Lehrgängen waren Vorbereitungslehrgänge vorgeschaltet, die mit einer Vorprüfung abschlossen, erst danach wurden die Teilnehmer zum Lehrgang zugelassen. In »NS-Lehre« stellte Rösinger 1943 unter anderem diese Themen zur Bearbeitung in der Vorprüfung: »Bedeutung und Aufgabe der ›inneren Front‹ für die Erringung des Sieges« und »Die politisch-weltanschauliche Zersetzung der Heimatfront als Kampfmittel des Gegners und ihre Bekämpfung unter Berücksichtigung der besonderen Aufgabe der Polizei«.167 Für die allgemeine und höhere Offiziersausbildung der Polizei war ursprünglich die Höhere Polizeischule Eiche zuständig. Ihr war nach der Bildung der Landespolizei auch die Offiziersausbildung der Landespolizei mit ihrer militärischen Ausrichtung übertragen worden. Nach der Überleitung der Landespolizei 1935 wurde sie an die Wehrmacht abgegeben. Für die Offiziersausbildung der Polizei wurde stattdessen im Januar 1936 die Offiziersschule in Berlin-Köpenick gegründet; sie war ab 1.2.1936 für die gesamte Fort- und Ausbildung der Polizeioffiziere und -offiziersanwärter zuständig.168 1937 kam als zweite Offiziersschule die bis dahin als »Polizeihauptschule« geführte Schule in Fürstenfeldbruck bei München hinzu. Ein Runderlass vom März 1936 legte einige Bedingungen für den OffiziersErsatz fest: zuverlässige nationalsozialistische Gesinnung, die durch ein politisches Zeugnis der Parteistellen nachzuweisen war, und einen Ausbildungsgang, der für Offiziersanwärter insgesamt 30 Monate umfasste; dazu gehörten drei Monate Dienst in einer Schupo-Hundertschaft, 12 Monate in einem größeren Polizeirevier, zwei Monate bei einem Schupo-Kommando sowie der Besuch eines Offizierslehrgang von 9 Monaten, zwischendurch Teilnahme an mehreren Reserveübungen. Im April 1938 wurde der Ausbildungsgang modifiziert; der Erlass berücksichtigte jetzt stärker die Aufgaben des Polizeioffiziers selbst als Ausbilder und Erzieher: »6 Monate in der Pol.-Schulung (in dieser Zeit Ableistung einer Reserveübung), 3 Monate Zug- und Gruppenführerausbildung, 3 Monate Lehrgang (1. Teil) auf einer Pol.-Offiziersschule, 3 Monate Dienst in einem größeren Pol.-Revier und weitere 6 Monate Lehrgang (2. Teil) auf einer Pol.-Offfiziersschule.«
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Zu den allgemeinen Voraussetzungen gehörten weiterhin der Nachweis einer zuverlässigen nationalsozialistischen Gesinnung, die Beibringung mehrerer Bürgen und das Bestehen einer Körperleistungsprüfung. Ein Erlass vom Mai 1939 setzte auch »SSFähigkeit« voraus, festzustellen durch eine SS-ärztliche Untersuchung und eine Eignungsprüfung durch den RuS-Führer.169 Seit 1937 war bei Beförderungen die Befähigung zur weltanschaulichen Erziehung zu berücksichtigen; bei der Vorlage von Beurteilungen anlässlich der Auswahl für höhere Funktionsstellen war »in jedem Fall zu der Frage Stellung zu nehmen, ob der zu Beurteilende es versteht, seinen Untergebenen das nationalsozialistische Gedankengut zweckmäßig und überzeugend zu vermitteln.«170 Vor der Zulassung zum Offiziersanwärterlehrgang war eine mündliche und schriftliche Vorprüfung abzulegen. Bei der Vorprüfung für den 14. Offiziersanwärterlehrgang im Frühjahr 1939 beispielsweise waren in jeweils eineinhalb Stunden drei schriftliche Arbeiten anzufertigen, davon eine in nationalsozialistischer Weltanschauung, für den 18. Offizierslehrgang, der im Oktober 1940 in Köpenick begann, waren ein Aufsatz zu einem allgemeinen Thema, eine polizeirechtliche und eine weltanschauliche Arbeit vorgeschrieben, für die jeweils zwei Stunden zur Verfügung standen.171 Die Köpenicker Schule wurde erst 1936 gegründet, war also von Anfang an eine nationalsozialistische Institution. Ihr erster Kommandant war Reiner Ließem, vorher schon an der Polizeischule Brandenburg tätig; er übernahm 1938 die Leitung der Schutzpolizei in Köln und wurde später BdO in Münster. Sein Nachfolger wurde 1938 Oberstleutnant Ritzer; von ihm stammt eine Abhandlung über »Kriegsgeschichte in der Schutzpolizei«, in der er den Kampf eines Hauptmanns der deutschen Kolonialtruppen gegen die Hereros in Südwestafrika zum heroischen Vorbild stilisiert – Kriegsgeschichte war zuvor als Unterrichtsfach in Köpenick eingeführt worden.172 Aber auch Ritzer war nicht lange in Köpenick, 1939 wurde er als Stabschef der Polizei zum BdO Prag versetzt. Von dort wiederum wurde Generalmajor Grünwald nach Köpenick geschickt, der die Schule bis 1942 leitete und anschließend ins Ministerium berufen wurde.173 An seine Stelle rückte Polizeioberst Jilski nach, zuvor Kommandeur der Schule für Auslandsverwendung in Oranienburg. Die Schule wurde von Anfang an mit in die Kriegshandlungen und die Besatzungspolitik einbezogen. So unterbrach man im September 1938 für zwei Monate den Lehrbetrieb und entsandte einen motorisierten Polizeiverband zur besonderen Verwendung zum Polizeiregiment 1, das damals am Einmarsch ins Sudetenland beteiligt war; dabei stellte die Schule auch Ausbilder und Führungskräfte für den Aufbau der Polizeiverwaltung im Protektorat Böhmen und Mähren zur Verfügung. Ähnlich war es zu Beginn des Polen-Feldzuges. Mit Kriegsbeginn führte man hier auch eine Reihe von Zugführerlehrgängen für die neu einberufene Polizeireserve durch. Die Schule versorgte u. a. auch Polizeiregimenter und Lehrbataillone mit Kommandeuren. Während der Unterrichtsbetrieb in Köpenick zu Beginn des 2. Weltkrieges nur kurz unterbrochen war – die Lehroffiziere kehrten schon im Oktober vom »Auslandseinsatz« wieder zurück – ruhte der reguläre Betrieb in Fürstenfeldbruck für längere Zeit, da die Schule für die Aufstellung und Ausbildung eines Polizeiausbildungsbataillons genutzt wurde, das im November
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1940 als PB 253 zum Einsatz nach Norwegen kam. Danach wurde der Schulbetrieb im Januar 1941 mit einem Zugführerlehrgang für die Polizeibataillone und einem Revieroffizierslehrgang wieder aufgenommen. Ein Teil des Lehrpersonals von Fürstenfeldbruck war zuvor als Ausbilder in anderen Polizeiausbildungsbataillonen tätig gewesen: Im Januar 1941 wurden der Schule 12 Offiziere zugewiesen, von denen neun zu Polizeibataillonen und Ausbildungsbataillonen abgeordnet gewesen waren, fünf hatten bereits zum Stammpersonal der Schule gehört.174 Von Anfang an stand die Ausbildung in Köpenick und Fürstenfeldbruck auch im Zeichen der nationalsozialistischen Weltanschauung. Ausbildungsunterlagen aus der Anfangszeit der Schule zeigen das Bestreben, eine relativ anspruchsvolle polizeifachliche Didaktik mit einer allgemeinen Fundierung des Unterrichts in der nationalsozialistischen Weltanschauung zu verbinden, die stets die »Richtschnur für jedes polizeiliches Handeln« sein müsse: »Der Polizeiwachtmeister ist also zunächst im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu schulen.« Der Polizist benötige im Übrigen eine allgemeine politische, wirtschaftliche und kulturelle Bildung, um als »Erzieher der Volksgenossen« wirken zu können.175 Erst recht mussten solche Anforderungen an Polizeioffiziere gestellt werden. In einer Ansprache in der Köpenicker Schule am 14.1.1937 propagierte Daluege das Idealbild des Polizeioffiziers als eines »politischen Soldaten«, der stets auch »Aktivist der nationalsozialistischen Weltanschauung« sein müsse: »Wo der künftige Offziersersatz nicht schon bereits die politische Schulung der Schutzstaffeln der Bewegung durchlaufen hat, da wird er durch festangestellte Lehrer des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS weltanschaulich auf den großen Orden der nationalsozialistischen Schutzstaffeln ausgerichtet werden…«176 Und in einer Druckschrift des Hauptamtes Orpo vom März 1942 hieß es zur Offiziersausbildung während des Krieges, die Anforderungen an den Polizeioffizier seien »nicht nur in führungsmäßiger, sondern vornehmlich in weltanschaulicher Hinsicht von ausschlaggebender Bedeutung.« Jeder Offizier müsse »ein klares Vorbild nationalsozialistischer Lebenshaltung sein, mehr noch er muß diese Lebenshaltung mit der Kompromisslosigkeit des politischen Soldaten vertreten. … Jeder Offizier muß seinen Männern der weltanschaulich-politische Führer sein.« Eine besondere Pflicht jedes Offiziers sei es deshalb, sich mit »Mein Kampf« zu beschäftigen und sich die Gedanken des Werks zu Eigen zu machen.177 Eine Einführung in die Aufgaben als Erzieher und Lehrer gehörte deshalb zu den Kernaufgaben gerade auch der höheren Offiziersbildung. So sah zum Beispiel ein vierwöchiger Fortbildungslehrgang für Hauptleute je 4 Wochenstunden NS-Lehre und Unterrichtslehre vor; eine Woche war den Aufgaben der Weltanschaulichen Erziehung gewidmet: Nationalsozialistische Lehre: 1. Woche: Die Weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei 1. Grundsätzliches 2. Der Offizier als Erzieher 3. Die weltanschaulich-politische Schulung: a) Tages-, b) Monats-, c) Wochenschulung, d) Mitteilungsblätter
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2. Wo.: 3. Wo.: 4. Wo.:
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4. Weltanschauliche Erziehung im Dienst: a) Weltanschauung und Leibesübungen, b) Weltanschauung und Fachunterricht, c) Weltanschauung und Dienstausübung 5. Freizeitgestaltung und Truppenbetreuung Die biologischen Grundlagen Das deutsche Volk. Rassen- und bevölkerungspolitische Gegebenheiten und Maßnahmen Die Gegner178
Nach einem Erlass vom Juni 1937 hatte jeder Offizier der Ordnungspolizei vor der Beförderung zum Hauptmann eine schriftliche »höhere Offiziersprüfung« abzulegen, die neben Kenntnissen in Polizeiverwendung und polizeifachlichem Wissen auch »National- und Weltpolitik« umfasste. Für die erste Prüfung wurden im November 1937 zwei »Stoffgebiete« vorgeschrieben: a) Rassenpflege, b) »Die wehrpolitische Lage Deutschlands von der Reichsgründung 1871 bis zur Gegenwart«.179 Für Anfang Mai 1938 wurde auch ein erster Lehrgang von drei Monaten für Hauptleute einberufen. Jeder Hauptmann, Leutnant und Oberleutnant hatte außerdem jedes Jahr eine schriftliche Arbeit über »National- und Weltpolitik« anzufertigen und regelmäßig in jedem Winterhalbjahr einen freien Vortrag zu halten; daneben sollten ältere Offiziere und »besonders geeignete Persönlichkeiten« zu weiteren Vorträgen herangezogen werden. Themengebiete waren außer National- und Weltpolitik »Polizeiverwendung im Frieden und Krieg«, »Gegenwartsfragen aus dem Rechtsgebiet« sowie Erziehungs- und Ausbildungsfragen.180 Seit dem Winter 1938/39 wurden daraufhin an der Köpenicker Schule regelmäßig während des Winterhalbjahres »weltanschauliche Monatsschulungen« durchgeführt; allein im Halbjahr 38/39 fanden insgesamt 15 Vorträge statt, zum Teil von ranghohen externen Experten. Zu den Dozenten gehörten z. B. der General a.D. Horst Metzsch, Dozent und Leiter der Wehrpolitischen Abteilung der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, Hermann Löffler, Studienrat und Abteilungsleiter für Geschichte im Rasseamt des Rasse- und Siedlungshauptamtes und Walther M. Schering, Dozent für »Kriegsphilosophie und -soziologie«. Schering war seit 1937 Professor an der Berliner Universität und unterrichtete ab 1942 auch in Köpenick.181 Er referierte über »Form und Bedeutung des gegenwärtigen Krieges«. Hermann Löffler sprach über »Entwicklung und Kampfmethoden der katholischen Aktion«, Gerhard Schinke vom SS-Schulungsamt räsonnierte über den »neuen Sinn des Lebens«. Zu den Dozenten zählte auch Otto Flug, Professor für Erziehungswissenschaft an der Hochschule für Lehrerbildung in Frankfurt/Oder. Er hielt u. a. im Winter 1942/43 einen Vortrag über »Unser Verhältnis zu den Angehörigen fremden Volkstums im europäischen Raume«.182 Flug hatte 1923 mit einer Dissertation über die »soziologische Typenbildung bei Max Weber« promoviert und war von 1927 bis 1929 Assistent bei Herman Nohl in Göttingen gewesen.183 Von 1938 bis 1940 war Wolfgang Wieckberg als Lehroffizier und Polizeischulungsleiter für die weltanschauliche Erziehung an der Schule zuständig. Im Zyklus der allgemeinbildenden Vorträge steuerte er Lektionen über »Die Gottesfrage in vorderasiatisch-semitischer und nordisch-germanischer Auffassung« oder »Das
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Schweden Gustav Adolfs und die germanische Verantwortung« bei. Als Wieckberg zum BdO Posen beordert wurde, trat Gerhard Wetzel seine Nachfolge an; er sprach unter anderem über die »erbbiologischen Grundlagen unserer Weltanschauung«. Die Schulungsvorträge waren nicht nur für die Mitglieder der Köpenicker Schule gedacht, sondern richteten sich auch an die Offiziere des Hauptamtes Orpo in Berlin, für die ein Busverkehr zu den Vorträgen nach Köpenick eingerichtet wurde.184 Wie in Köpenick mit Wieckberg und Wetzel wurden auch in Fürstenfeldbruck eigens Lehroffiziere und Polizeischulungsleiter für die weltanschauliche Schulung eingesetzt. 1937 nahm Wilhelm Gutensohn, promovierter Zahnarzt und Polizeischulungsleiter beim IdO Bayern-Süd, diese Aufgabe für kurze Zeit wahr, er führte mit Beginn der weltanschaulichen Schulung 1937 selbst den Unterricht in den Offiziersanwärterlehrgängen durch. Als Gutensohn 1938 zum IdO Wien ging, trat der Volksschullehrer und Schulrat Eichstädter an seine Stelle als Polizeischulungsleiter. Danach übernahmen Polizeioffiziere dieses Amt in Fürstenfeldbruck, zunächst Hans-Joachim Schieritz, dann Major Heizmann. Schieritz, 1903 als Sohn eines Arztes in Hohenschönhausen geboren, war nach einem abgebrochenen staatswissenschaftlichen Studium 1925 zur Schutzpolizei gegangen; 1932 wurde er zum Oberleutnant ernannt – wegen Propagandatätigkeit für den Nationalsozialismus sei er mehrmals bei Beförderungen übergangen worden. 1933 trat er in die SS ein, übernahm die Führung einer Polizeihundertschaft und die Leitung einer SS-Unterführerschule, 1935 folgte die Einstellung als Lehrer an der Polizeischule Jena, bevor er 1937 nach Fürstenfeldbruck berufen wurde. Während des Krieges war er als Leiter der Abteilung Ausbildungs- und Verwendungsvorschriften im Hauptamt Orpo beschäftigt.185 Schieritz, der bereits 1937 als Schulungsredner in den Lehrgängen für die Anstellung auf Lebenszeit und in den Schutzpolizeianwärterlehrgängen eingesetzt wurde, leitete 1938/39 den Unterricht in »Nationalpolitik und Weltanschauung« in Fürstenfeldbruck, Heizmann war während des Krieges auch für die Tages- und Wochenschulung zuständig. Für den regulären Unterricht in Geschichte und »NS-Lehre« wurden aber weiterhin auch Zivillehrer aus dem Münchener Raum herangezogen.186 Die Anordnungen des Hauptamtes Orpo zur Tages-, Wochen- und Monatsschulung wurden in Fürstenfeldbruck so umgesetzt, dass die Wochenschulung in den Unterricht in »NS-Lehre« eingebaut wurde, während für die tagespolitische Unterrichtung einmal die Woche Sondertermine festgesetzt wurden. Das vom Hauptamt Orpo vorgegebene Monatsthema wurde jeweils von einem vom Kommandeur der Schule ausgewählten Offizier vorgetragen.187 In Köpenick und Fürstenfeldbruck fanden Lehrgänge für Offiziere und Offiziersanwärter, Überprüfungslehrgänge für Major-Anwärter und Lehrgänge für Hauptleute statt, während des Krieges wurden auch Reserveoffiziersanwärterlehrgänge und einige Unterführer- und Zugführeranwärterlehrgänge durchgeführt. Im Major-Anwärterlehrgang wurden, um ein Beispiel zu nennen, hauptsächlich Fragen der Taktik, des Staats- und Beamtenrechts sowie des Polizei- und Strafrechts behandelt; unter »Staats- und Beamtenrecht« fielen u. a. folgende Themen, die zeigen, in welchem Maß nationalsozialistische Inhalte auch außerhalb des Fachs »NS-Lehre« präsent waren:
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»12) Welche Grundsätze des Nationalsozialismus sind im deutschen Beamtengesetz verankert? … 24) Ruft nicht Deutschland erwache sondern Europa erwache! … 27) Faschismus und Nationalsozialismus … 30) Der Sinn der Begegnung Hitler – Mussolini. – 31) Die Juden Italiens. – 32) Gehen Völker am verlorenen Krieg zugrunde? – 33) Hat der Nationalsozialismus Südtirol verraten? … 37) Der Führergedanke in der Gemeindeverwaltung. – 38) Privateigentum und seine Behandlung nach den verschiedenen Weltanschauungen. – 39) Die politische Führung nach dem Führerprinzip und die Leitung der Verwaltung.«188
Ein Klassenarbeitsthema, das im Fach »Allgemeines Polizeirecht« Ende 1938 in einem Lehrgang in Fürstenfeldbruck gestellt wurde, verdeutlicht zugleich, dass der Nationalsozialismus als eine »moderne« Bewegung begriffen wurde: »Nach welchen Gedanken entwickelt sich der moderne Polizeibegriff nach der Machtübernahme?«189 Wie intensiv man sich auch in der Polizeioffiziersausbildung mit dem »Judentum« auseinandersetzte, zeigt dieses Beispiel aus der Niederschrift eines Kurses vom August 1938: »1. Tag: Zentrale, Registratur, Aktenhaltung; Auskunftsstelle; Gestapo; Kriminalistik 2. Tag: Judentum – Geschichte nach der 3. Zerstörung Jerusalems - Ost und Westjuden – Talmud wurde richtungsgebend für heuchlerische Bestrebungen, die Weltherrschaft zu erringen – Französische Revolution ausschlaggebend für weitere Entwicklung (Gleichstellung/Emanzipation).«190
Die regulären Offiziersanwärterlehrgänge der Schutzpolizei endeten nach erfolgreich abgelegter Abschlussprüfung mit der Ernennung zum Polizeileutnant, oft verbunden mit der gleichzeitigen Übernahme als Untersturmführer in die SS. Die Lehrgänge dauerten während des Krieges in der Regel fünf Monate, zwei Wochenstunden waren für Nationalpolitik und weltanschauliche Schulung reserviert. Die Zulassung zum Lehrgang war an eine Vorprüfung gebunden, in der u. a. drei schriftliche Arbeiten, darunter eine über ein weltanschauliches Thema angefertigt werden mussten.191 Der Vorprüfung wiederum gingen Vorbereitungslehrgänge für Unterführer an einer Polizeischule voraus, deren Dauer während des Krieges zwischen 3 und 8 Wochen schwankte. Ähnliche Bestimmungen galten für die Gendarmerie, doch dauerten die Offiziersanwärterlehrgänge hier nur drei Monate; während des Lehrgangs waren sechs schriftliche Arbeiten anzufertigen, davon mindestens je eine aus dem Bereich »nationalsozialistische Lehre« und »Unterführerausbildung«, zur Abschlussprüfung waren noch einmal vier schriftliche Arbeiten anzufertigen (in den Fächern NS-Lehre, Unterführerausbildung, Kriminalistik sowie Polizei- und Strafrecht).192 Nebenbei sei bemerkt, dass zu diesen Lehrgängen auch jeweils eine Stunde »Lebenskunde« und eine Stunde Unterrichtslehre gehörten. In einem Lehrgang für niederländische Polizeioffiziere Anfang 1945 standen Themen wie die »Führerpersönlichkeit«, Menschenkenntnis im Umgang mit Untergebenen und praktische Aspekte der Aufgaben als Kompanieführer im Vordergrund.193 In einem Lehrgang für Reserveoffiziersanwärter, die aus den Reihen der SA rekrutiert wurden, hielt man es offenbar für er-
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forderlich, die Vermittlung standesgemäßer Benimmregeln, die sich an der traditionellen Kultur des militärischen Führungskorps orientierten, besonders zu betonen: 1. Von der Berufung zum Offizier, der Offizier als Führer und Erzieher 2. Die soldatischen Tugenden 3. Der Offizier unter Offizieren: Benehmen gegenüber Vorgesetzten, Gleichrangigen und Untergebenen 4. Im Dienst: mündlicher und schriftlicher Verkehr – Anzug – Meldungen 5. Außer Dienst: In der Öffentlichkeit, Einladungen, Besuche und Kasino 6. Mit Messer und Gabel durch Dick und Dünn194 7. Verhalten bei Festen und Feierlichkeiten 8. Der Offizier in Zivil 9. Wiederholung – allgemeine Fragen.195
Der Unterricht an den Polizeischulen war streng schulmäßig organisiert und dürfte generell mit einem hohen Maß an Stress verbunden gewesen sein. So mussten im Hörsaal unter Aufsicht laufend Klassenarbeiten geschrieben, Zwischenprüfungen sowie mündliche und schriftliche Abschlussprüfungen abgelegt werden, deren Themenstellung den Offiziersanwärtern erst zur Prüfung mitgeteilt wurden. Dies galt auch hinsichtlich der »NS-Lehre«; hier standen Offiziere und Offiziersanwärter unter einem besonderen Druck, denn nach einer Prüfungsordnung von 1943 galt ein Offizierslehrgang als nicht bestanden, wenn in einem Hauptfach – und dazu zählte stets die »NS-Lehre« – nur ein »ungenügend« erreicht wurde.196 Die Abschlussprüfungen zogen sich über mehrere Tage hin und beinhalteten zum Beispiel 1941 bei den Offiziersanwärterlehrgängen in Fürstenfeldbruck je zwei vierstündige und zwei dreistündige schriftliche Arbeiten, denen später noch mündliche Prüfungen folgten.197 Die Offiziersanwärterlehrgänge umfassten 50 Wochenstunden in Taktik und Führerschulung, Zugführerausbildung, Revierkunde, Polizeirecht, Strafrecht, NSLehre, Lebenskunde etc. – das bedeutete ein dicht gedrängtes Unterrichtsprogramm mit einem durchorganisierten Tagesablauf, der kaum Luft zum Atmen und Nachdenken ließ. Aufgelockert wurde der Unterricht durch Filmvorführungen, Sondervorträge und Exkursionen. Die Lehrgangsteilnehmer in Fürstenfeldbruck besuchten z. B. 1941 die Ausstellung »Deutschlands Größe« im Deutschen Museum, für die Teilnehmer eines Fortbildungslehrgangs für Oberleutnante der Schutzpolizei wurde im gleichen Jahr eine Führung durch das »Haus der Kunst« in München veranstaltet, 1943 organisierte man u. a. eine Exkursion zur Feste Landsberg und besichtigte dort die »Führerzelle«.198 An der Köpenicker Schule fanden zwischen 1936 und 1942 insgesamt 23 Offiziersanwärterlehrgänge statt, die von knapp 2300 Anwärtern besucht wurden. Die Zahl der Lehrgänge stieg in der ersten Phase des Krieges deutlich an – fast die Hälfte aller an der Schule veranstalteter Lehrgänge entfiel allein auf die Jahre 1940 und 1941. Aus einer Zusammenstellung von Teilnehmer-Daten geht hervor, dass gut die Hälfte der Teilnehmer (52%) zuvor schon Mitglieder der NSDAP waren, 11% gehörten der SS an; 53% kamen von der Wehrmacht. Alle durchliefen die nationalsozialistische
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Ausbildung; auch wenn sie keine Parteimitglieder waren, wurden sie sie doch ideologisch geprägt. Auffallend ist, dass mit der Expansion zu Beginn des Krieges auch vermehrt Anwärter zur Schule geschickt wurden, die den Anforderungen nicht mehr gewachsen waren; denn während bis 1939 in der Regel jeder Teilnehmer den Lehrgang auch bestand, kam es danach häufiger zu größeren Ausfällen. Sie betrafen vor allem Reserveoffiziersanwärter, von denen viele den inzwischen angestiegenen militärischen Anforderungen (der »frontmäßigen« Ausbildung) nicht gewachsen waren. Bis 1939 lag auch der Anteil der Anwärter mit höherem Bildungsabschluß noch relativ hoch, danach ging er stark zurück. Im Durchschnitt verfügten 38% der Teilnehmer über einen Gymnasialabschluß.199 Anfang 1942 begann auch ein erster »Ausbildungslehrgang« für Lehroffiziere, der fast ein ganzes Jahr dauerte und von 22 Offizieren besucht wurde, die allesamt der SS angehörten; bemerkenswert ist, dass die meisten nur über einen niedrigen Schulabschluß (Volksschulabschluß) verfügten, lediglich zwei hatten das Gymnasium bzw. eine Oberrealschule besucht. Vom 16.8. bis 6.9. wurde ein pädagogisches Praktikum an der Polizeischule Mariaschein absolviert.200 Im Oktober schloss sich noch ein dreimonatiger »Pädagogischer Lehrgang« für Lehroffiziere an, mit 13 Teilnehmern, von denen 12 der NSDAP und 5 der SS angehörten; in diesem Fall war die Zusammensetzung etwas anders, denn die meisten Teilnehmer hatten eine höhere Schule besucht. Rechnet man beide Lehrgänge zusammen, so gehörten alle 35 angehenden Polizeilehrer entweder der SS oder der NSDAP und immerhin 77% der SS an – ein deutliches Indiz dafür, dass beim Lehrpersonal die politische Gesinnung eine zentrale Rolle spielte.201 Nach der Auflösung des Kolonialpolizeiamtes wurde die Köpenicker Schule 1943 in die Räume der ehemaligen Kolonialpolizeischule nach Oranienburg verlagert und dort im Juni 1943 als Offiziersschule Oranienburg neu eröffnet.202 Die »Kolonialpolizeischule« in Oranienburg war mit der Bildung des »Kolonialpolizeiamtes« im Hauptamt Orpo im März 1941 entstanden, im April 1941 begann hier ein erster, viermonatiger Lehrgang. Nach den Niederlagen in Stalingrad und Nordafrika wurden die kolonialen Vorbereitungen eingestellt, die Oranienburger Schule wurde in »Polizeischule für Auslandsverwendung« umbenannt und auf den Osteinsatz ausgerichtet.203 Zahlreiche Schüler der Kolonialpolizeischule hatten zuvor in den Polizeibataillonen gedient, die in Nord- und Osteuropa im Einsatz waren.204 1941 bestand auch noch eine Kolonialpolizeischule in Wien. Im Mai 1941 wurden hier Vorträge zu Themen wie »Koloniale Rassenzusammensetzung«, »Der Afrikaner heute und morgen« oder »Eingeborenen-Erziehung« gehalten; der Redner war der bekannte Ethnologe Prof. Dr. Westermann.205 Man wollte darauf vorbereitet sein, eventuell die Verwaltung der französischen Kolonien zu übernehmen. Daher fanden gleichzeitig auch koloniale Lehrgänge für die Sicherheitspolizei und den SD in Oranienburg und auf der Sipo-Führerschule Charlottenburg in Zusammenarbeit mit der italienischen Kolonial-Polizeischule Rom statt. Im Februar 1942 ordnete Heydrich noch die Fortsetzung der »kolonialen Nachbeschulung« an, obwohl inzwischen entschieden worden war, »einen Teil der für eine Verwendung in Afrika vorgesehenen Kräfte vorübergehend … in den Osteinsatz zu bringen«; trotzdem legte Heydrich Wert darauf,
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»jederzeit einen Stamm von geschulten Kräften für einen Einsatz in Afrika zur Verfügung zu haben.«206 1944 wurde die Offiziersschule von Oranienburg wiederum nach Mariaschein bei Aussig in Böhmen verlegt. Wegen der wachsenden Beanspruchung der Schulen während des Krieges war bereits Anfang 1941 ein Teil der Offiziersausbildung an die Polizeischule Mariaschein verlagert worden. Hier und an den Gendarmerie- und Polizeischulen Deggingen und Hellerau wurden 1942 bis 1944 Vorbereitungslehrgänge für die Zulassung zum Offiziersanwärterlehrgang durchgeführt.207 Nach Anordnungen vom November 1940 und Juli 1942 wurde für Meister und Wachtmeister der Schutzpolizei die Möglichkeit geschaffen, nach einem 4wöchigen Vorbereitungslehrgang an Sonderlehrgängen für die Zulassung zur Offizierslaufbahn teilzunehmen. Damit sollte vor allem Männern, die sich im Einsatz bei den Polizeibataillonen hervorgetan und als Unterführer bewährt hatten, eine zusätzliche Aufstiegschance eröffnet werden; als allgemeine Voraussetzungen wurden u. a. mindestens Mitgliedschaft in der NSV, Eignung für die Aufnahme in die SS und eine Mindestgröße von 1,68 verlangt, Parteigenossen wurden bevorzugt.208 Dabei wurden auch Abstriche bei den Qualifikationsanforderungen gemacht. So fand 1942 ein Reserveoffiziersanwärterlehrgang für Wachtmeister der Reserve in Fürstenfeldbruck statt, von denen sich die Mehrheit als ungeeignet erwies. Dem Lehrgang war ein Vorbereitungslehrgang in der Gendarmerieschule Deggingen vorausgegangen, zu dem 78 Reservisten abgeordnet wurden, von denen ein Teil gar nicht erschien, ein anderer Teil vorzeitig ausschied. Obwohl nur 22 Teilnehmer »bei Anlegung eines sehr milden Maßstabes« den Anforderungen entsprachen, konnten 49 Wachtmeister am Hauptlehrgang in Fürstenfeldbruck teilnehmen, von denen dem Abschlussbericht zufolge trotz erneut »milder Beurteilung« aber nur 16 das Lehrgangsziel erreichten. In diesem Fall handelte es sich um einen Lehrgang für SA-Führer, die allein wegen ihres SA-Dienstgrades, nicht jedoch aufgrund ihrer Eignung zum Lehrgang abgestellt worden waren.209 Vom Lehrgang ist der Lehrplan für »NS-Lehre« erhalten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Erkenntnisquellen des Nationalsozialismus Der Rassegedanke Judentum. Nürnberger Gesetze Vererbung, Erbgesundheit, Bevölkerungspolitik Der Reichsgedanke, Schaffung des großdeutschen Reiches Führung des Reiches Partei und Staat Die innere Ordnung des Reiches Neuordnung Europas und Großraumpolitik.210
»NS-Lehre« wurde mittwochs von 8.00 bis 9.35 unterrichtet. Im Oktober war eine schriftliche Hörsaalarbeit zum Thema »Warum kämpfen wir gegen das Judentum?« anzufertigen, für die drei Stunden Zeit zur Verfügung standen. Vermutlich lagen die Schwächen der Teilnehmer weniger auf diesem Gebiet als in anderen Fächern; insgesamt wurden folgende Fächer unterrichtet:
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Taktik, Großer Aufsichtsdienst Luftschutz Waffendienst und Waffenkunde Nationalpolitik und Weltanschauliche Schulung Strafrecht, Strafprozeß- und Polizeirecht Verkehrsrecht Körperschulung Lebenskunde Waffenwesen.
Zunehmend kehrten auch Polizeioffiziere der Schulen vom Osteinsatz zurück und brachten von dort »wertvolle Erfahrungen« mit. 1942/43 kamen mehrere neue Lehroffiziere vom Russland-Einsatz an die Köpenicker Schule. Für 1942 lässt sich eine deutliche Akzentverlagerung in der Ausbildung hin zu militärischen und NahkampfÜbungen konstatieren. In der Schule wurden vermehrt auch schwere Infanteriewaffen angeschafft und eine Nahkampfanlage eingerichtet – die Nahkampfausbildung, vermerkt der Chronist der Schule, hatte sich im Kampf gegen die Sowjets als notwendig erwiesen. Zwei Lehroffiziere der Schule bildeten sich an einem Nahkampflehrgang an der Polizeisportschule Spandau weiter und nahmen anschließend an einem Ausbildungslehrgang für schwere Infanteriewaffen an der Polizeischule Oranienburg teil.211 Sie gaben ihre Kenntnisse danach in einer nun in Köpenick eingerichteten »Nahkampfvorschule« weiter. Im Mai 1943 führte man noch ein gemeinsames Übungs- und Gefechtsschießen mit dem Lehrbataillon Hellerau auf dem Truppenübungsplatz Königsbrück durch, im Juni erfolgte dann der Umzug nach Oranienburg.212 Die Kampfausbildung stand im Mittelpunkt der Unterführerlehrgänge, die ab 1942 hauptsächlich in den Lehrbataillonen bzw. Polizeiwaffenschulen stattfanden (s. u.). Mit Beginn des Krieges kam der »normale« Unterrichtsbetrieb in vielen Polizeiund Gendarmerieschulen zum Erliegen, teils aufgrund von Einsatz-Abordnungen, teils aber auch, weil die Schulen jetzt für die Ausbildung der Polizeibataillone genutzt wurden. Während in Köpenick im Herbst 1939 die Lehrkräfte schon nach kurzer Zeit vom Einsatz wieder zurückkehrten und der Lehrbetrieb wieder aufgenommen werden konnte, war er in Fürstenfeldbruck für längere Zeit unterbrochen, weil hier ein Polizeibataillon aufgestellt wurde. Während des Krieges entstanden neue Schulen, einigen Schulen wurden neue Aufgaben übertragen – so wurden für die Zug- und Unterführerausbildung Lehrbataillone errichtet, die 1943 in »Polizeiwaffenschulen« umbenannt wurden; sie deckten auch Teilfunktionen für die Offiziersausbildung ab, zu denen vor allem die Unterführer- und Kampfausbildung gehörte. In einigen Polizei- und Gendarmerieschulen, insbesondere in Berlin-Schöneberg, Pelplin, Freiburg und Bad Ems, wurden auch Lehrgänge für Revier- oder Bezirksoffizieranwärter durchgeführt. Daneben existierten einige Spezialschulen, an denen auch Fortbildungslehrgänge für Offiziere stattfanden. Dazu gehörte etwa die Reichsfeuerwehrschule in Eberswalde: Hier wurden Lehrgänge für Unterführer, 1944 auch für Bezirksoffziersanwärter durchgeführt – die Schule war inzwischen in eine Offi-
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ziersschule umgewandelt worden. In 6wöchigen Lehrgängen konnte die Berechtigung zur Beförderung zum Bezirksoberleutnant erworben werden. Der Bezirksoffiziersanwärterlehrgang dauerte nach Richtlinien vom Juli 1944 dreieinhalb Monate; in den ersten zwei Wochen war eine Vorprüfung abzuhalten, in der nicht nur der Kenntnisstand in Unterführerausbildung, Kampfmittellehre und feuerschutzpolizeilicher Dienstkunde sondern auch in »NS-Lehre« ermittelt wurde – auch hier galt wie für alle Revier- und Bezirksoffiziersanwärter: »Der Prüfling muß das Buch des Führers ›Mein Kampf‹ durchgearbeitet haben«. Während der Vorprüfung war daher eine schriftliche Arbeit in »NS-Lehre« anzufertigen.213 Teilnahmevoraussetzung war der erfolgreiche Besuch eines Unterführerlehrgangs. Der Unterführerlehrgang dauerte etwa 6 Wochen und umfasste präzise 265 Unterrichtsstunden, von denen 22 auf »NS-Lehre« entfielen; während des Lehrgangs und zur Abschlussprüfung war jeweils eine schriftliche Arbeit auch in »NS-Lehre« zu schreiben. Nach dem Lehrplan für »NS-Lehre« waren in den ersten beiden Stunden die institutionellen und organisatorischen Grundlagen der weltanschaulichen Schulung in der Polizei zu behandeln, den Lehrstunden 3 bis 10 sollten Hefte der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« zugrunde gelegt werden: – »Die lebensgesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung« (H. 8/1942) – Sonderheft »SS-Mann und Blutsfrage« – »Deutsches Volk« (H. 3/1941) – »Deutsches Blut in aller Welt« (H. 1/1941) – »Deutschland ordnet Europa neu« (H. 4/1942) – »Rassenpolitik« (H. 4/1943)
Die beiden letzten Stunden waren Kurzvorträgen der Lehrgangsteilnehmer über den behandelten Stoff vorbehalten.214 Generell galten für die Feuer- und Wasserschutzpolizei die gleichen Bestimmungen zur weltanschaulichen Schulung wie für die gesamte Ordnungspolizei.215 In Anwärterlehrgängen der Wasserschutzpolizei war bereits seit 1937 ein Unterricht von 3 Wochenstunden in »Geschichte und Nationalpolitik einschließlich nationalsozialistischer Weltanschauung« zu erteilen; Anwärterlehrgängen der Wasser- oder Feuerschutzpolizei war der Lehrplan in »NS-Lehre« für die Ausbildungshundertschaften bzw. für Schupo-Anwärterlehrgänge zugrunde zu legen.216 Die Feuer- und Wasserschutzpolizei des Dritten Reichs waren also keine politisch »neutralen« Institutionen. Weltanschauliche Schulung und NS-Lehre durchdrangen sämtliche Sparten der Polizei. Ebenso war die Zulassung zu einem Lehrgang im Nachrichtenverbindungsdienst für Revieroffiziersanwärter an eine Vorprüfung und eine schriftliche Arbeit im Fach NS-Lehre gebunden.217 An weiteren Spezialschulen wären die Polizei-Sanitätsfachschule und die Technische Polizeischule in Berlin zu nennen.218 Die Sanitätsfachschule, die dem Staatlichen Polizeikrankenhaus der Polizei in Berlin angeschlossen war, führte eigene Lehrgänge für die Anstellung auf Lebenszeit und für Polizeiobermeister im Sanitäts-
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dienst durch. Die Lehrpläne sahen jeweils zwei Wochenstunden »Nationalpolitik und Weltanschauung« vor, die stärker als üblich rassenhygienische und -politische Themen akzentuierten und sie in den Kontext der nationalsozialistischen Weltanschauung und Geschichtsauffassung stellten; sie bezogen insbesondere auch den »Heiratsbefehl« der SS mit ein, der die Grundlage für die rassische Auslesepraxis in der SS bildete.219 Für den Obermeister-Anwärterlehrgang wurden 1938 diese Themen vorgegeben: a) b) c) d) e) f)
Geistige Struktur unserer Zeit. Die Weltanschauung des Nationalsozialismus. Nationalsozialistische Geschichtsbetrachtung. Politische Kirche. Freimaurertum und Besuch des Freimaurermuseums. Rassische Auslese. Erbbiologie – die rassenhygienische Gesetzgebung des Dritten Reiches – Bevölkerungspolitik des Dritten Reiches. g) Heiratsbefehl SS. h) Nationalsozialistische Lebensführung.
Grundlagen der nationalsozialistischen Rassenbiologie waren bereits auf dem Sanitäts-Fachschullehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit vermittelt worden: A. B. C. D. E. F. G. H. I. K.
Die Erkenntnis der Rasse als Grundlage unserer Weltanschauung; Naturgesetz – Vererbungsgesetz, Erb- und Rassengesetzgebung des Dritten Reichs, Rassengesetzgebung des Auslandes, Bevölkerungspolitische Maßnahmen des NS, Bevölkerungspolitik des Auslandes, Der Gedanke der rassenpolitischen Auslese, Heiratsbefehl der SS, Gegner unserer Weltanschauung, Nationalsozialistische Lebenshaltung.
Die Lehrer für das Fach »Nationalpolitik und Weltanschauung« wurden vom Rasseund Siedlungshauptamt der SS und dem Amt für Bevölkerungspolitik und Erbgesundheitspflege gestellt.220 Nach Runderlass vom 10.12.1942 wurde für den März 1943 ein dreimonatiger Lehrgang für Revieroffiziersanwärter im Sanitätsdienst angesetzt, dem eine Vorprüfung im Rahmen einer zweiwöchigen Unterführerausbildung vorausging. In der Vorprüfung wurden auch Grundkenntnisse der nationalsozialistischen Weltanschauung geprüft: »der Prüfling hat zu beweisen, dass er sich mit den wichtigsten innen- und außenpolitischen Gegenwartsfragen vertraut gemacht hat und in der Lage ist, in einfacher Form über diese Fragengebiete zu sprechen. Er muß das Buch des Führers ›Mein Kampf‹ durchgearbeitet haben.« Auch ein Sanitätsoffizier musste ein nationalsozialistischer Aktivist sein. Die Vorprüfung schloss mit drei schriftlichen Arbeiten ab: neben einer Arbeit in NS-Lehre zwei Arbeiten aus dem Gebiet des Sanitätsdienstes.221
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
Wie an der Sanitätsfachschule fanden auch an der Technischen Polizeischule Lehrgänge für Revieroffiziersanwärter statt. Die Schule ging 1936 aus der Technischen Schule der Landespolizei in Berlin hervor. Sie bildete im Kraftfahr-, Nachrichten-, Waffen- und Verkehrswesen aus; die weltanschauliche Schulung gehörte auch hier zum Programm, Lehrpläne und Unterrichtsmaterial scheinen aber nicht erhalten zu sein. An der Schule wurden auch Filme für den technischen Unterricht, aber auch für Propagandazwecke und die weltanschauliche Schulung hergestellt, darunter Filme wie »Verleihung von 2000 SA-Sportabzeichen an die Schutzpolizei durch Stabschef Lutze«, »Reichsparteitag Großdeutschland 1938«, »Der 20. April 1937, der Geburtstag des Führers«, »Reichsparteitag der Arbeit«. Im Dezember 1938 beispielsweise kamen im Kinosaal des Innenministeriums Polizeifilme zur Vorführung, die an der Schule hergestellt worden waren: »Ein Volk, ein Reich, ein Führer«, »Horty in Berlin«, »Motorsportlehrgänge der Deutschen Polizei« sowie zwei Farbfilme.222 Während des Krieges versorgte die Schule sämtliche Polizeieinheiten in den besetzten Gebieten mit Filmen und technischen Geräten, Mitarbeiter der Schule hielten den Einsatz der Polizeibataillone in Bildreportagen fest, hinzu kamen Sonderaufgaben wie die Errichtung von Sendeanlagen für neue Funknetze im Osten und Filmdokumentationen über die Lage in den besetzten Gebieten. Die kriegsbedingte Aufgabenerweiterung schlug sich in einem deutlichen Personalzuwachs des Stamm- und zugeordneten Personals von 148 Personen im August 1939 auf 857 im Oktober 1941 nieder.223 1942 befahl Hitler den Umbau der Schule in eine »Technische SS- und Polizeiakademie«. Nach Gebäudebeschädigungen durch Bombenangriffe wurde die Akademie 1943 ins Protektorat nach Brünn verlegt und dort in einem ehemaligen Priesterseminar neu errichtet. Kommandeur der Schule war seit 1941 der SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei Prof. Gerloff, ein alter Freikorps-Kämpfer, der aus der völkischen Bewegung kam und 1932 der NSDAP, 1933 der SS beigetreten war.224 Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch für die Angehörigen des Polizeiverwaltungsdienstes nach dem Erlass vom 15.4.1937 eine regelmäßige Monatsschulung durchzuführen war. Allerdings musste mehrmals mit neuen Erlassen daran erinnert werden. Für die Verwaltungspolizei galt der gleiche Lehrplan wie für die Vollzugsbeamten des Einzeldienstes; wegen der geringen Zahl der Verwaltungsbeamten hatten sie zumeist an den Schulungen des Schupo-Einzeldienstes mit teilzunehmen.225 Im März 1943 ordnete das HA Orpo an, auch den Verwaltungsbeamten das Geschichtsbuch »Der Weg zum Reich« und die Hefte der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« zukommen zu lassen; jährlich sollten 10.000 Exemplare des Buchs und ebenso viele Hefte der Schriftenreihe für die Beamten des mittleren und gehobenen Verwaltungsdienstes verschickt werden.226 Ebenso war die »NS-Lehre« in der Fachausbildung verankert. In den Jahren 1937 und 1938 waren Prüfungsordnungen erlassen worden, aus denen Struktur und Anteil des weltanschaulichen Unterrichts während des Vorbereitungsdienstes hervorgehen. Die Polizeiverwaltungsbeamten des einfachen mittleren Dienstes hatten 1937 eine Vorprüfung in den Fächern Deutsch, Geschichte und Nationalpolitik, Erdkunde und Rechnen sowie Kurzschrift und Maschineschreiben abzulegen. In Geschichte und
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Nationalpolitik wurden Kenntnisse in Themengebieten wie »Judenemanzipation« und »Marxismus« und ein Abriss der deutschen Geschichte von Friedrich Wilhelm I. bis zum 3. Reich verlangt. In der abschließenden Fachprüfung nach einem Jahr Vorbereitungsdienst mit vorwiegend praktischer Ausbildung mussten vier schriftliche Arbeiten angefertigt werden, darunter eine aus dem Themenbereich »nationalsozialistische Weltanschauung oder Geschichte des deutschen Volkes«, die anderen über Themen der Verwaltungspraxis. Im April 1938 folgte eine Festlegung der Inhalte, die Gegenstand der Hauptprüfung für Anwärter des gehobenen mittleren Verwaltungsdienstes waren: Staats- und Beamtenrecht, Verwaltungs- und Polizeirecht, Strafrecht und Zivilrecht. Unter der Kategorie »Staats- und Beamtenrecht« verbarg sich nichts anderes als eine nationalsozialistische Staats- und Gesellschaftslehre; das Fach war aufgegliedert in: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Staats- und Beamtenrecht, Die nationalsozialistische Weltanschauung, verwandte und ähnliche Strömungen im Ausland, Liberalismus, Freimaurertum, Demokratie, Marxismus, Kommunismus, Kirche und Staat, Die Entwicklung zum Einheitsstaat, Der deutsche Einheitsstaat, Die Wehrmacht im 3. Reich, Das Bauerntum im 3. Reich, Der Arbeiter vor der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus, Der Arbeiter im 3. Reich, Nationalsozialismus und Judentum, Aufbau der deutschen Wirtschaft, des deutschen Handels und Handwerks. Das Berufsbeamtentum im 3. Reich.227
Für die Prüfung waren fünf Tage angesetzt, zunächst drei Tage schriftliche, dann zwei Tage mündliche Prüfungen, in denen vor allem die Fähigkeit der freien Rede beurteilt wurde. Die Kandidaten dürften auch hier unter einem hohen Leistungsdruck gestanden haben, und dies war auch beabsichtigt: »Den Anwärtern sind schwierige Fragen zu stellen.«228 Für die Anwärter des gehobenen Verwaltungsdienstes (Polizeiinspektoren und Polizeiräte) kam ein weiterer Ausbildungsabschnitt hinzu. Der Polizeipräsident Hamburg zum Beispiel gab im April 1939 einen Schulungsplan heraus, der begleitend zur praktischen Ausbildung täglich von Montag bis Samstag jeweils von 8 bis 9 Uhr eine Stunde theoretischen Unterricht vorsah. Dienstags waren insgesamt 30 Stunden Straf-, Zivil- und Staatsrecht sowie 30 Stunden »nationalsozialistische Weltanschauung« zu absolvieren.229 Im letzten Jahr des Vorbereitungsdienstes sollte ein Lehrgang des Kameradschaftsbundes der deutschen Polizei oder einer Gauschule der NSDAP besucht werden. Die Anwärter des gehobenen Dienstes sollten »Träger der nationalsozialistischen Idee« sein. Nach der Auflösung der Polizeiberufsschulen im Frühjahr 1938 wurden die Oberstufenlehrgänge, die zur Abschlussprüfung II, dem Äquivalent zum Reifezeugnis
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
führten, bei den größeren Polizeiverwaltungen fortgeführt. Sie dienten hauptsächlich der Fortbildung von Wachtmeistern der Schutzpolizei, die einen Übergang in die gehobene Laufbahn des Polizeiverwaltungsdienstes anstrebten. In Hamburg etwa begann am 1. August 1939 ein solcher Lehrgang; er beinhaltete 36 Stunden in der Woche Unterricht in Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Mathematik, Englisch, Kurzschrift und Maschineschreiben; während der Dauer des Lehrgangs waren die Teilnehmer von jedem anderen Dienst befreit, hatten aber weiter an der weltanschaulichen Schulung ihrer Dienststelle teilzunehmen.230 Im März 1940 kam eine Prüfungsordnung für die Abschlussprüfung II heraus, die mündliche und schriftliche Prüfungen in allen Fächern vorsah; in Geschichte standen zwei Arbeiten zur Wahl, für die zwei Stunden Zeit war. Den Vorsitz in allen Prüfungen hatte Polizeioberschulrat Dr. Zwingelberg vom Hauptamt Orpo. Der Prüfungskommission für den zweiten Oberstufenlehrgang gehörten Zwingelberg und Schegg vom Hauptamt Orpo sowie die Unterrichtsleiter Rektor Uhlig und Polizeischulrat a.D. Mielke an.231 Ab Herbst 1940 fanden verkürzte Kriegslehrgänge von 10 Monaten statt. Erst 1941 wurde zusätzlich zu Deutsch und Geschichte das Fach »NS-Lehre« eingeführt und für die Abschlussprüfung wahlweise eine Arbeit in NS-Lehre oder Geschichte vorgeschrieben.232 Im August 1943 wurden die Oberstufenlehrgänge für die Dauer des Krieges ganz eingestellt.233 Im Januar 1944 begann jedoch erneut ein Oberstufenlehrgang für Versehrte. Der Lehrplan sah einen hohen Anteil für Geschichte und »NSLehre« vor, während Englisch gestrichen wurde. 16 Wochenstunden waren für Deutsch, 6 für Mathematik, 5 für NS-Lehre, jeweils 4 für Geschichte und Erdkunde und jeweils 2 für Kurzschrift und Maschineschreiben vorgesehen. Die in »NS-Lehre« zu behandelnden Themen waren: A. Die politische Ordnung 1. Die weltanschaulichen Grundlagen 2. Volk und Staat 3. Volk und Rasse 4. Das Führerprinzip 5. Partei und Staat 6. Der Aufbau des Reichs 7. Die innere Ordnung des Reiches B. Rassenkunde C. Vererbungslehre, Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik
Als Lehrbücher waren in »NS-Lehre« vorgeschrieben: Messerschmidt, Das Reich im nationalsozialistischen Weltbild; Günther, Kleine Rassenkunde des deutschen Volkes; Siemens, Vererbungslehre, Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik. Dem Geschichtsunterricht lagen die nationalsozialistisch ausgerichteten Schulbücher von Klagges, Gehl, Göbel und Franke/Demelt (Merkbuch zur deutschen Geschichte) zugrunde.234 Ende 1940 wurde die Einrichtung einer speziellen Polizeiverwaltungsschule für den gehobenen und mittleren Polizeiverwaltungsdienst in Dahme bei Potsdam angekündigt; bis zur Inbetriebnahme der Schule fanden ab Januar 1941 ersatzweise
DER WELTANSCHAULICHE UNTERRICHT DER ORDNUNGSPOLIZEI
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Lehrgänge für Polizeisekretäre und -inspektoranwärter in Wendefurt im Harz statt.235 Im September 1941 wurde die Errichtung einer Polizeiverwaltungsschule für den gehobenen Dienst in München-Haar angeordnet. Die Schule in Wendefurt war danach für den mittleren Dienst zuständig. Der erste Lehrgang in München-Haar begann im Oktober 1941 und dauerte 3½ Monate.236 Staats- und Volkskunde einschließlich Nationalsozialismus, gegnerische Weltanschauungen etc. waren auch hier Gegenstand der theoretischen Ausbildung. 1943 wurden an der Schule auch zwei Sonderlehrgänge für sudetendeutsche Beamte des mittleren und gehobenen Dienstes durchgeführt; sie sollten »Schwächen« bei Beamten ausgleichen, die 1938 ohne ausreichende Vorbereitung übernommen worden waren. Die Lehrgänge dauerten zwei Monate und waren fachlich ausgerichtet. Alle 14 Tage veranstaltete Sturmbannführer Wrede, Standarten-Schulungsleiter und Schulungsreferent beim SS-Abschnitt München, eine »Weltanschauliche Feierstunde«.237 Im März 1944 wurde schließlich noch eine Polizeioffiziersschule des Verwaltungsdienstes in Weimar eröffnet.238 An der Schule unterrichteten unter anderem die SS-Obersturmführer Dr. Hermann Stevens und Dr. Magnus Block; Block war Mittelschullehrer, Stevens Studienassessor, beide hatten vorher schon als Dozenten an der SS-Verwaltungsführerschule in Arolsen unterrichtet. Zusammen mit ihnen kam der Obersturmführer und Studienassessor für neuere Sprachen Dr. Willi Schubert im Dezember 1944 von Arolsen an die Polizeiverwaltungsschule Weimar.239 Alle drei – Stevens, Block und Schubert - wurden gleichzeitig noch im Februar 1945 als Dozenten für Geschichte und Rassenbiologie an der SS-Helferinnenschule in Erfurt herangezogen, die zu diesem Zeitpunkt mit der »Polizeischule für Helferinnen der Ordnungspolizei« zusammengelegt worden war. Die Polizeischule in Erfurt war im Oktober 1942 für die Ausbildung von Stabs- und Nachrichtenheferinnen errichtet worden, die anschließend im »auswärtigen Einsatz« Verwendung finden sollten.240 Das »Lehr- und Führungspersonal« war männlich, »zur Wahrung der fraulichen Interessen« wurde dem Kommandeur aber »eine besondere Führerin als Vertreterin in allen fraulichen Angelegenheiten« zugewiesen; sie war für die Aufrechterhaltung der Disziplin, für die Freizeitgestaltung, die Durchführung der Körperschulung und die weltanschauliche Erziehung zuständig. Die Ausbildung umfasste nach Erlass vom April 1944 fachliche und allgemeine Unterrichtsfächer, zu den allgemeinen Fächern gehörten die nationalsozialistische Weltanschauung und Instruktionen über die »SS- und Polizeiorganisation«. Nach dem gleichen Erlass sollte den BdO bei den HSSPF eine »Führerin« unterstellt werden, die für Freizeitgestaltung und weltanschauliche Erziehung, Fürsorge und »Beratung in fraulichen Angelegenheiten« des weiblichen Personals zuständig war.241 Von Ende 1944/ Anfang 1945 ist ein dreimonatiger Lehrplan für die Ausbildung von Polizeifunkerinnen erhalten, der neben Fächern wie Funktechnik und Schiesslehre auch einen umfangreichen Anteil »Weltanschauliche Erziehung« vorsah: a) geschlossene Vorträge: Das Werden des Reiches und unser Auftrag Die Grundzüge des nationalsozialistischen Staates
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Rassenpolitische Fragen Die Frau in der Familie Frau im Beruf Aufgabe und Verpflichtung der deutschen Frau im Einsatz Die Frau im Wandel der Zeiten b) Wochenschulung: Übersicht über militärische, innen- und außenpolitische Ereignisse an Hand der Schulungshinweise c) Unterrichtsstunden: Durch SS-Stubaf. Wimmer nach festgelegtem Unterrichtsplan.
Karl Wimmer, im Zivilleben Studienrat für Geschichte, Latein und Leibesübungen, war ab Herbst 1944 WE-Führer und stellvertretender Kommandeur der Reichsschule für SS-Helferinnen – offenbar nahmen die Polizeihelferinnen an seinem Unterricht teil. Die SS-Helferinnenschule wurde Ende 1944 aus Oberehnheim im Elsass evakuiert, Personal und Lehrgangsteilnehmer wurden in Heidenheim und Erfurt untergebracht. Die Polizeischulabteilung in Heidenheim und die Polizeischule Erfurt wurden Ende 1944/Anfang 1945 vom SS-Hauptamt übernommen, die laufenden Lehrgänge für Polizeifunkerinnen und -technikerinnen wurden aber fortgeführt. Die Dienstgeschäfte der Erfurter Polizeischule sollten bis Mitte Februar 1945 »abgewickelt« werden – ob es tatsächlich dazu kam, ist unklar, da es zwischen Polizei und SS zu Spannungen und Kompetenzgerangel kam, die vermutlich bis zum Ende des Krieges nicht mehr aufgelöst werden konnten.242
II.4. Das Hauptamt Orpo und die Amtsgruppe WE während des Krieges Der Aufbau des Polizeischulungswesens erfolgte in den ersten Jahren personell und organisatorisch weitgehend durch die SS und unter Leitung des SS-Schulungsamts. Dies änderte sich mit Beginn des Krieges. Zwar war man bemüht, die vorhandenen Reserven an geeigneten SS-Männern in der Polizei auszuschöpfen – so erging im Dezember 1939 ein Rundschreiben, alle SS-Männer mit Schulungserfahrungen in der Polizeireserve zu erfassen.243 Doch standen infolge von Einberufungen zur Wehrmacht oder zur Waffen-SS, aber auch aufgrund der mit dem Krieg einsetzenden Expansion und dem damit verbundenen wachsenden Eigenbedarf der SS immer weniger Schulungskräfte aus der SS für die Polizei zur Verfügung. Darüber hinaus dürfte aber sicher auch der Gedanke eine Rolle gespielt haben, der Polizei mehr Autonomie zuzugestehen, um dem Eindruck einer beschleunigten Vereinnahmung durch die SS entgegenzuwirken, die bei einigen Beamten auch auf Abwehrhaltungen stieß. So betonte Himmler rückblickend, man habe zwar zum ersten Mal in Deutschland die Möglichkeit, die Polizei mit weltanschaulichem Inhalt zu füllen und zum Instrument einer Weltanschauung zu machen, das Ziel, SS und Polizei »zu einem Körper zusammenwachsen zu lassen« würde man aber besser erreichen, wenn man
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dabei Schritt für Schritt vorgehe, »nicht ruckzuck in schroffster«, sondern in »höflicher« Form: »Alles, was wir taten, geschah sehr vorsichtig, sehr langsam und immer in einer menschlichmöglichen, gütigen und für den Anderen annehmbaren Form.«244 Um die Übernahme der weltanschaulich-politischen Schulung durch polizeieigene Kräfte zu erleichtern, wurde im Hauptamt Ordnungspolizei (HA Orpo) der organisatorische Rahmen für eine eigene Schulungsverwaltung geschaffen. Zunächst wurde die Schulungsleitung bei den Inspekteuren der Ordnungspolizei im August 1939 institutionell und personell weiter ausgebaut, indem den Polizeischulungsleitern Referenten »im Untersturmführerrang« beigeordnet wurden, die als ihre Vertreter fungieren und zusätzliche Schulungsaufgaben übernehmen sollten; die Referenten wurden vom SS-Hauptamt abgeordnet und sollten Absolventen einer SS-Junkerschule sein.245 Einen bedeutsamen Schritt zur Institutionalisierung eines eigenen Schulungswesens markierte dann die Ernennung Joachim Caesars zum »verantwortlichen Sachbearbeiter« und Inspekteur für die gesamte weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei zum 1. Oktober 1939; Caesar leitete damit in Personalunion mit der Dienstbezeichnung »Der Chef des Schulungsamtes SS und Polizei« das Schulungswesen der SS und der Polizei und sollte für eine Übergangszeit sicherstellen, dass die Verselbständigung des Polizeischulungswesens im »SS-mäßigen« Sinn erfolgte. Zu seinen Aufgaben gehörte daher insbesondere die einheitliche Ausbildung aller bei der Polizei eingesetzten Schulungskräfte.246 Dieser Prozess der Verselbständigung war mit dem Weggang Caesars zum Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt im Februar/März 1942 abgeschlossen, auch wenn im Dezember 1943 erneut das übergreifende Amt eines Inspekteurs für die gesamte weltanschauliche Erziehung in der SS und der Polizei geschaffen wurde.247 Das HA Orpo erlangte in Angelegenheiten der weltanschaulichen Schulung allerdings nur eine »Teil-Autonomie«, da vor allem die meisten Unterrichtstexte weiter vom SS-Hauptamt kamen, das damit auch die Inhalte der Schulung definierte. In der Zuständigkeit Caesars lag zu Beginn des Krieges die Aufsicht über die weltanschauliche Erziehung der Ordnungs- und Hilfspolizei, die außerdienstliche Schulung durch den Kameradschaftsbund, die Durchführung weltanschaulicher Lehrgänge und die Ausbildung des gesamten Personals, d.h. aller Polizeischulungsleiter, Schulungslehrer und -redner sowie das Vorschlagsrecht und die Beteiligung bei der Einstellung hauptamtlicher Schulungskräfte an den Polizeischulen.248 Die Nähe zu zeitlichen Entwicklungen im RSHA fällt auf: Etwa zur gleichen Zeit, mit Beginn des Krieges, wurde nicht nur im RSHA, sondern auch im HA Orpo eine zentrale, von der SS gesteuerte Leitung des Schulungswesens aufgebaut. Langfristiges Ziel war in beiden Fällen die Verschmelzung von SS und Polizei. Nur wenige Tage nach der Ernennung Caesars zum Inspekteur für die weltanschauliche Erziehung erging der Runderlass, alle SS-Befehle seien künftig auch der Polizei zu übermitteln.249 Unter Caesars Leitung wurde wenig später, im April 1940 ähnlich wie im RSHA eine selbständige »Gruppe WE« (Weltanschauliche Erziehung) im Kommandoamt des HA Orpo gebildet.250 Gruppenleiter unter Caesars Aufsicht war Werner Zwingelberg, Oberschulrat und Generalleutnant der Polizei, gleichzeitig SS-Obersturmbann-
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
führer. Er hatte zuvor bereits die Referate »Polizeiberufsschulen« und »Weltanschauliche Schulung« im Ausbildungsamt des HA Orpo geleitet und war somit eine Schlüsselgestalt im Polizeischulungswesen.251 Zwingelberg wurde 1903 in Hannover als Sohn eines Bahnbeamten geboren; er besuchte zunächst die Präparandenanstalt und das Lehrerseminar, wurde Volksschullehrer und arbeitete dann als Lehrer an der Polizeiberufsschule Hannover. 1926 nahm er ein Studium der Mathematik, Physik und Geographie an der TH Hannover auf, das er an der Universität Halle fortsetzte und 1933 mit der Promotion abschloss. 1929/1930 war er gleichzeitig an der Städtischen Berufsschule und nebenamtlich an der Polizeiberufsschule Halle beschäftigt, wurde aber wegen nationalsozialistischer Betätigung wieder entlassen, fand jedoch bald wieder eine Stellung im Volksschuldienst. Im März 1933 wurde er zum kommissarischen Leiter der Polizeiberufsschule Hannover berufen, im Oktober folgte die Einstellung als Referent für das Polizeiberufsschulwesen im Innenministerium, 1934 wurde er zum Polizei-Oberschulrat ernannt. In den Folgejahren verwaltete er die Referate Polizeiberufsschulwesen und Weltanschauliche Schulung beim Chef der Ordnungspolizei. Zwingelberg war bereits in den frühen Zwanziger Jahren der NSDAP beigetreten und hatte davor schon dem Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund angehört. Nach dem Verbot der Partei hatte er sich vorübergehend dem Jungdeutschen Orden angeschlossen, war aber 1929 erneut der NSDAP und der SA beigetreten und 1930 Kreisleiter von Naumburg-Querfurt geworden. Als Sachbearbeiter und Referatsleiter im Hauptamt Orpo hatte er maßgeblichen Anteil an der Aufstellung der Polizeischulungsleiter in Zusammenarbeit mit dem SS-Schulungsamt; für die »reibungslose Zusammenarbeit« wurde er 1937 als Untersturmführer in die SS aufgenommen und in rascher Folge zum Obersturmführer und 1939 zum Obersturmbannführer befördert.252 Zwingelberg verfasste 1936 einen Beitrag für das »Jahrbuch der deutschen Polizei«, in dem er sein Erziehungskonzept für die Polizei darlegte.253 Nachdem der Nationalsozialismus die Bürgerkriegsgefahr, die im Gefolge der Revolution von 1918 drohte, abgewendet und die Einheit der Nation wiederhergestellt habe, müsse die Polizei jetzt als nationalsozialistische Polizei neu aufgebaut und für ihre Aufgaben im neuen Staat ausgebildet werden. Der Polizeibeamte müsse im Volk eine »Führerstellung« einnehmen, er müsse »Mittler zwischen Gesetzgeber und Volk und damit zwischen Partei und Staat« werden und die Funktion eines »Volkserziehers« wahrnehmen: »Durch seine Berufsarbeit steht er mitten im Volk, kennt seine Sorgen und Nöte und kann hier mit seiner wirklich staatspolitischen Arbeit einsetzen. – Die Gesetze des Staates werden im Interesse und zum Wohle der Gesamtheit erlassen. Sie werden gern und willig befolgt, wenn das Volk ihre Gründe, ihre Ziele und ihre Auswirkungen kennt. Diese Aufklärungsarbeit kann der Polizeibeamte leisten, denn seinen Worten und Ausführungen wird man besondere Beachtung schenken.«
»Volksaufklärung« sei aber im Nationalsozialismus unlösbar mit propagandistischer Arbeit verbunden. Der nationalsozialistische Polizeibeamte müsse daher zugleich
DAS HAUPTAMT ORPO UND DIE AMTSGRUPPE WE WÄHREND DES KRIEGES
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»ein Propagandist des nationalsozialistischen Staates sein, der aus einer tiefen Erkenntnis und aus einem inneren Drange heraus so handelt. Auf der Straße und im Revier, in der Amtsstube und im Privatleben, immer muß sich der Polizeibeamte bewusst sein, dass auch er ein Soldat und ein Kämpfer für das neue Reich ist.«
Um die Polizei zu diesen neuen Aufgaben zu befähigen, müsse zuerst mit der Ausbildung des Offizierskorps begonnen werden. Insbesondere für die älteren Offiziere, die noch nicht durch die nationalsozialistischen Organisationen geprägt wurden, seien Sonderlehrgänge zu organisieren. Für den Nachwuchs sei eine »scharfe Auslese« zugrunde zu legen, danach seien sie in das nationalsozialistische Gedankengut einzuführen und nach einem Lehrplan zu unterrichten, der von der Frühgeschichte bis zum Leben des Führers und der Geschichte der Bewegung reiche: »So ausgebildet und mit allen notwendigen Fachkenntnissen seines Berufes versehen, tritt er in den Dienst der Polizei. Doch die Aus- und Fortbildung des Polizeibeamten ist damit nicht abgeschlossen. Fortlaufend wird er im Dienstunterricht und in Sonderlehrgängen weitergebildet. Richtungweisend ist dabei immer wieder die nationalsozialistische Weltanschauung.«
Dieses Konzept eines Nebeneinanders von Lehrgängen und fortlaufender Schulung während des Dienstes sollte die weltanschauliche Schulung der Polizei in den folgenden Jahren bestimmen. Anders als die Amtsgruppe I.F im RSHA hatte die »Gruppe WE« im Hauptamt Orpo aber im Wesentlichen nur nachgeordnete Funktionen, die vor allem im organisatorischen Bereich lagen; die Zuständigkeit für die Inhalte der Schulung blieb weitgehend beim SS-Schulungsamt, die Aufsicht übte mit Caesar der Chef des Schulungsamtes aus. Da eine vergleichbar starke Präsenz der SS, wie sie schon durch die Expertenschaft des SD im RSHA gegeben war, in der Ordnungspolizei fehlte, musste der Einfluss der SS durch eine externe Aufsicht gesichert werden. Die »Gruppe WE« gliederte sich 1941/42 in vier Abteilungen: Richtlinien und Durchführung: Zwingelberg WE 1: Organisation und Personal (Stelzer, dann Kropp) – Organisation der WE bei der Orpo, Polizeireserve, Hilfspolizei und bei den Freiwilligen Polizeien; Personalangelegenheiten der Polizeischulungsleiter, der Schulungslehrer und -redner; Ausbildung der Lehroffiziere WE 2: Lehrpläne und Lehrmittel (Schegg, dann Altendorf) – Aufstellung von Lehrplänen; Herausgabe von Schriftenreihen; Lehrbücher WE 3: Lehrgänge (Stelzer, dann Kropp) – Lehrgänge, Schulungsfahrten und Dienstbesprechungen für Polizeischulungsleiter; Lehrgänge für Offiziere, Wachtmeister und Beamte der Ordnungspolizei; Lehrgänge für Schulungslehrer und -redner; Vorträge WE 4: Truppenbetreuung (Marquier) – Richtlinien zur Freizeitgestaltung; Aufbau und Einsatz von Spiel- und Musikgruppen und Singeleitern, KdF-Einsatz, Unterhaltungsfilme. Inspektion der WE.254
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
Analog entstanden kleinere WE-Abteilungen auf der nachgeordneten Ebene der Kommandeure der Ordnungspolizei.255 Für allgemeine und fachliche Ausbildungsangelegenheiten war die »Gruppe A« (Ausbildungswesen) zuständig. Sie war im März 1942 in folgende vier Abteilungen gegliedert: A. Aufstellung der Richtlinien für die Ausbildung und Beschulung der Orpo (Hitschler) A.1 Lehrgangsmäßige Beschulung der Schupo (Kühhas) A.2 Lehrgangsmäßige Beschulung der Gendarmerie (Major Borchert) A.3 Aus- und Fortbildung der Schupo (Oberstleutnant Abesser) A.4 Allgemeinbildender Unterricht (Zwingelberg).256
Zwingelberg war danach sowohl für den weltanschaulichen als auch für den allgemeinbildenden, also für den gesamten nicht-fachlichen Unterricht der Ordnungspolizei zuständig. Die von ihm früher geleitete Abteilung A.4 Berufsschulen (s. o.) war nach der Auflösung der Berufsschulen offensichtlich in eine Abteilung für allgemeinbildenden Unterricht umgewandelt worden; sie wurde später der »Gruppe WE« angeschlossen. Bis zur Bildung der »Gruppe WE« kamen alle Rundschreiben, die die weltanschauliche Schulung betrafen, insbesondere die Lehrpläne und das Unterrichtsmaterial für den Einzeldienst und die Hundertschaften, von der Abteilung A.4.257 Die »Stoffsammlungen« für den weltanschaulichen Unterricht, die seit 1937 laufend versandt wurden, wurden jedoch im SS-Schulungsamt erstellt – als Herausgeber zeichnete das SS-Hauptamt bzw. das »Schulungsamt SS und Polizei«. Die Abteilung A.4 und danach die »Gruppe WE« hatten hier nur eine distributive Funktion. Die meisten Mitarbeiter der »Gruppe WE« verfügten bereits über praktische Erfahrungen als Polizeischulungsleiter. Für Organisation und Personal (WE 1) sowie Lehrgänge (WE 3) war zuerst Hugo Stelzer, dann August Kropp zuständig. Kropp war zuvor Polizeischulungsleiter beim IdO Rheinland in Koblenz, Stelzer beim IdO Nordwest in Hamburg gewesen. In der Abteilung Lehrpläne und Lehrmittel (WE 2) arbeitete 1941 Hermann Schegg, zuvor Polizeischulungsleiter beim IdO in München, und 1942 der Polizeischulungsleiter und Hauptmann der Schutzpolizei Heinz Altendorf. Sachbearbeiter der Abteilung Truppenbetreuung (WE 4) war der Polizeileutnant Marquier.258 1942/43 kamen zu den vier bestehenden zwei weitere Abteilungen hinzu: die Abteilung Allgemeinbildender Unterricht (WE 5), die zuvor der Amtsgruppe A (Ausbildungswesen) zugehörte und hier bereits von Zwingelberg und seinem Mitarbeiter Sommerlade geleitet worden war, sowie eine Abteilung Haushaltsund Rechnungsangelegenheiten (WE 6). Ende 1942 teilten sich Stelzer, der Polizeihauptmann der Reserve Dr. Reichert und Zwingelbergs Mitarbeiter Sommerlade die Leitung der sechs Abteilungen; Gruppenchef war weiterhin Zwingelberg, sein Stellvertreter war Stelzer, der 1943 vorübergehend auch die Leitung der Gruppe innehatte.259 Der »Gruppe WE« nachgelagert waren die Schulungsleiter- und Referentenstellen bei den Inspekteuren bzw. Befehlshabern der Orpo. Ähnlich wie im Fall der Amtsgruppe I.F im RSHA dürfte auch hier die Bildung der neuen Arbeitsgruppe durch die Umstände des beginnenden Krieges erschwert
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gewesen sein, die auch den Ausbildungs- und Schulungsbetrieb vorübergehend zum Erliegen brachten. Die Lehrgänge an den Polizeischulen waren unterbrochen oder konnten nur mit Abstrichen weitergeführt werden. Wegen der Einberufung zahlreicher Schulungsredner, Unterführer und Polizeioffiziere konnte die Schulungsarbeit nicht mehr nach den bestehenden Richtlinien fortgeführt werden und blieb daher der eigenen Initiative der Einheiten überlassen. Vage hieß es in einem Rundbrief des HA Orpo: »An die Stelle der weltanschaulichen Schulung tritt überall da, wo es noch irgend angängig ist, eine aus der eigenen Initiative jedes einzelnen und aller Offiziere entspringende eingehende Unterrichtung über alle mit der gegenwärtigen Lage zusammenhängenden Probleme.« »Die Dauer und Anzahl der Schulungsstunden«, hieß es in einem Rundbrief des IdO Hannover, »stelle ich in das dortige Ermessen«.260 Vielfach kam der Unterricht daher zum Erliegen oder wurde in die Freizeit abgedrängt.261 Aber da viele Einheiten schon bald wieder zurückkehrten, andere im Rahmen der Besatzungsverwaltung stationiert wurden, ordnete Daluege in Rundschreiben von Ende November und Dezember an, die Schulung ab Anfang Januar 1940 nach den geltenden Richtlinien wieder aufzunehmen.262 In den folgenden Wochen kamen auch wieder neue Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes für den weltanschaulichen Unterricht zum Versand. Die Monatsschulung, die zuvor historischweltanschaulich ausgerichtet war, erfuhr jetzt eine deutliche Orientierung auf den Krieg und das Kriegsgeschehen. Damit reagierte man auf einen erhöhten politischmilitärischen Informationsbedarf. »Neben den Schulungsvorträgen«, hieß es im Runderlass Dalueges vom 20.11.1939, »sind die Männer laufend über die politische Lage (politischer und wirtschaftlicher Art innerhalb und außerhalb Deutschlands) zu informieren.« Die Themen der folgenden Monate waren: Januar: Februar: März: April: Mai: Juni:
Englands schwache Punkte (Stoffsammlung A 74)263 Deutschland – eine englische Kolonie (A 75) Juda in England (A 76) Das deutsche Weißbuch entlarvt die Kriegshetzer (A 77) Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit (Stoffsammlung A 78/Schriftenreihe H. 1) Deutschlands Schicksalskampf im Westen (Stoffsammlung A 79/Schriftenreihe H. 2)
Speziell für die Polizeieinheiten, die in Norwegen stationiert wurden, kam im Juli 1940 das Sonderheft »Norwegen« heraus. Im Mittelpunkt stand während des ersten Halbjahres 1940 die Auseinandersetzung mit England. Auch im April-Thema (»Das deutsche Weißbuch«) ging es um England und die USA als »Kriegshetzer«, die Polen in den Krieg mit Deutschland getrieben hätten. Zugleich sollte das Heft aber auch eine nachträgliche Legitimation für die Besetzung Polens liefern. Die Stoffsammlung wurde auf der Grundlage des 2. Weißbuchs »Polnische Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges« erstellt, das Ende 1939 vom Auswärtigen Amt zusammengestellt worden war. Darin hatte man den Nachweis zu führen versucht, dass vor allem England und »der von Juden be-
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
ratene« Roosevelt Polen gegen Deutschland aufgehetzt hätten und die polnische Regierung alle Verhandlungsangebote von deutscher Seite ausgeschlagen hätte. Zu den »Dokumenten«, die die polnische Schuld belegen sollten, gehörte auch der in Wahrheit von der SS fingierte Überfall auf den Sender Gleiwitz. Das umfangreiche Werk enthielt ein Kapitel über polnische Ausschreitungen gegen Volksdeutsche – dieser Aspekt rückte 1940 in einer erweiterten Auflage unter dem Titel »Dokumente polnischer Grausamkeit« in den Vordergrund; dazu wurden mehrere Kurz-Ausgaben erstellt. 1940 erschien ein 3. Weißbuch, das hauptsächlich außenpolitische Dokumente enthielt. Ergänzend fand im Reichskriminalpolizeiamt eine Ausstellung über »polnische Greueltaten« und »Massenverbrechen an Volksdeutschen« statt, zu denen die Polizeibehörden Exkursionen organisierten. Das Reichskriminalamt stellte medizinische und kriminologische Mitarbeiter für Führungen durch die Ausstellung zur Verfügung.264 Die Hefte über England und die Stoffsammlung zu den »polnischen Greueltaten« spielten eine zentrale Rolle in der weltanschaulich-politischen Schulung der während dieser Zeit in Polen stationierten Einheiten.265 Am 2.6.1940 brachte die »Gruppe WE« Richtlinien für die Durchführung der weltanschaulichen Schulung während der Kriegszeit heraus, die die Grundlagen für die Schulungsarbeit der folgenden Jahre legten.266 Erscheinungen wie in der Zeit des 1. Weltkrieges dürften sich auch bei längerer Dauer des Krieges nicht wiederholen – gemeint war die Erosion des inneren Zusammenhalts, die entscheidend zur Niederlage von 1918 beigetragen hätte.267 Deshalb seien die Wachtmeister zu soldatischen Kämpfern im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung zu erziehen. Gleichzeitig sollten sie selbst die Rolle von Volkserziehern ausüben können. Die Männer der Polizei müssten sich »im Umgang mit der Bevölkerung als politisch geschulte Organe des nationalsozialistischen Staates bewähren« und fähig sein, auch die laufenden politischen und militärischen Ereignisse, etwa auch kriegsbedingte Verknappungserscheinungen zu erklären, falschen Gerüchten entgegenzuwirken und generell »aufklärend und beruhigend« auf die Bevölkerung einzuwirken. Sie »müssen nicht nur die Ereignisse kennen, sie müssen auch in der Lage sein, die großen Zusammenhänge zu sehen und zu verstehen, sie müssen die getroffenen Maßnahmen richtig beurteilen und damit auch richtig ausführen können«. Daher rückte neben der »Monatsschulung«, in der einmal im Monat in einem Vortrag »bedeutsame Gegenwartsfragen mit weltanschaulichem Hintergrund« zu behandeln waren, auch die Tagesschulung zum Zeitgeschehen stärker in den Vordergrund: Jeden zweiten Tag sollte über laufende politische, militärische und wirtschaftliche Ereignisse informiert werden. Für die Polizeibataillone wurde darüber hinaus als Novum eine Wochenschulung angeordnet, die der Haltungserziehung und »politischen Willensformung des soldatischen Kämpfers« dienen sollte; hier dachte man an »fesselnde« Kurzvorträge etwa anhand der SS-Leithefte über »Erlebnisse und Begebenheiten im Krieg« und »Taten deutscher Männer aus allen Zeiten der deutschen Geschichte«. Die Bedeutung der politischen Tagesschulung wurde auch noch einmal ausdrücklich für die Polizeibataillone im auswärtigen Einsatz betont, für die es weniger Möglichkeiten gab, sich anhand von Zeitungen und Rundfunksendungen über laufende Ereignisse zu informieren; allerdings kam
DAS HAUPTAMT ORPO UND DIE AMTSGRUPPE WE WÄHREND DES KRIEGES
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es hier weniger auf eine objektive Berichterstattung an, die Tagesschulung sollte vielmehr an das übergeordnete Ziel der Erziehung zum politischen Soldatentum zurückgebunden bleiben: »Letzten Endes soll auch die Tagesschulung die Männer für die Taten des Führers begeistern.«268 Während die Bataillone, die auf den Kriegseinsatz vorbereitet wurden oder bereits im Einsatz standen, durch eine soldatisch-kämpferische Haltungserziehung für den Kriegseinsatz mobilisiert werden sollten, war für die Polizisten des Einzeldienstes, die ja im Revierdienst zugleich als Mittler zwischen Staat und Bürger fungierten und als solche eine »volksaufklärerische« Aufgabe zu übernehmen hatten, eine mehr informatorische Wochenschulung in politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten vorgesehen, wie Zwingelberg erläuterte: »Die Dienstobliegenheiten des Einzeldienstes bringen diesen in eine dauernde, enge Berührung mit allen Schichten des Volkes. Die Anordnungen der Polizei und die Art ihrer Durchführung beeinflussen sehr erheblich die Stimmung der Bevölkerung. Das muß besonders während des Krieges mit seinen einschneidenden Maßnahmen beachtet werden. Aufklärend und beruhigend müssen die Männer des Einzeldienstes hier ihren Dienst vollführen. Von ihrer Sachkenntnis, ihrem Taktgefühl und ihrem Gerechtigkeitssinn hängt sehr viel ab. Die laufende Unterrichtung des Einzeldienstes in allen politischen und wirtschaftlichen Fragen ist daher eine unbedingte Notwendigkeit.«269
Die Tagesschulung sollte nach späteren Merkblättern jeweils 10 bis 15 Minuten dauern, für die Wochenschulung wurden 45 Minuten, für die Monatsschulung eine bis eineinhalb Stunden zugrunde gelegt.270 Neben der für alle gleichermaßen geltenden Tages- und Monatsschulung gab es hinsichtlich der Wochenschulung eine aufschlussreiche Differenzierung: lehrgangsmäßiger Unterricht an den Schulen, informatorische Unterweisungen für die Polizisten des Einzeldienstes und eine charismatische kämpferische Haltungs-Erziehung für jene Polizisten, die sich in den Polizeibataillonen in Einsatz und Ausbildung befanden. Mit dem Erlass vom 2.6.1940 wurde ein komplexes Schulungssystem etabliert, das sich schematisch so darstellen lässt: 1. Polizeibataillone und Ausbildungsbataillone: Heranbildung des »soldatischen Kämpfers« a) Tagesschulung (über laufende politische, militärische und wirtschaftliche Ereignisse) durch Einheitsführer b) Wochenschulung (Erziehung zum soldatischen Kämpfer) c) Monatsschulung (Behandlung von Gegenwartsfragen mit weltanschaulichem Hintergrund mit dem Ziel der einheitlichen Ausrichtung der gesamten Orpo) 2. Einzeldienst der Schutzpolizei und Gendarmerie: Heranbildung des »politischen Willensträgers« durch dienstlichen Unterricht: a) Tagesschulung (wie oben) b) Informationsdienst (Unterrichtung in politischen und wirtschaftlichen Fragen) c) Monatsschulung (wie oben)
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3. Schulen der Ordnungspolizei: a) Tagesschulung b) lehrgangsmäßiger Unterricht nach den Lehrplänen c) Monatsschulung Der Erlass wurde durch eine Anweisung Himmlers vom 7.3.1941 ergänzt, nach dem ausdrücklich auch für die »im auswärtigen Einsatz befindlichen Polizei- und SS-Einheiten … laufend politisch-weltanschauliche Vorträge gehalten werden« sollten. Die Polizeieinheiten wurden aufgefordert, geeignete Offiziere für diese Aufgabe zu benennen. Sie sollten zu einem Lehrgang »zwecks Überprüfung und Ausrichtung« einberufen werden und im Winterhalbjahr 1941/42 zum Einsatz kommen. Offensichtlich hatte man hier Einheiten im Auge, die aufgrund von Kampf-Einsätzen keine reguläre Schulungsarbeit leisten konnten und für die erst das Winterhalbjahr die nötige Ruhe dafür erwarten ließ.271 Um diese vielfältigen Aufgaben bewältigen zu können und weil aus den Reihen der Allgemeinen SS nur noch wenige Redner zur Verfügung standen, sollten die Schulungskräfte in Zukunft »weit mehr als bisher« aus den eigenen Reihen kommen. Die meisten Angehörigen der Allgemeinen SS, die zuvor die Hauptlast der Polizeischulungsarbeit getragen hatten, waren zur Waffen-SS oder zur Wehrmacht eingezogen worden oder wurden anderweitig gebraucht. Gleichzeitig wurde über die Schulung hinaus auch die Aufgabe der »Erziehung« stärker betont. Damit war stets die Einwirkung auf den »ganzen Menschen« durch das Vorbild gemeint, die »politische Formung des ganzen Menschen« als fächerübergreifende Aufgabe, wie Zwingelberg formulierte: »Dazu ist es notwendig, dass alle Dinge des polizeilichen Lebens von einer politisch-weltanschaulichen Plattform gesehen werden, dass die nationalsozialistische Weltanschauung überhaupt das Kernstück der gesamten Erziehung und Ausbildung der Ordnungspolizei bildet.« Eine Aufgabe, die idealerweise vom Einheitsführer und Dienstvorgesetzten erfüllt wurde und daher, wie schon in der Waffen-SS, zur Aufgabe des Führerkorps deklariert wurde: »Erziehen kann man nur durch dauerndes Vorbild, durch dauernde Beeinflussung. Erziehen muß man in der Waffenausbildung und in den Leibesübungen, im Fachunterricht und im übrigen Dienst, wie auch außerhalb des Dienstes. Wesentlich ist nur, dass alle Erziehungsfaktoren auf ein einheitliches Erziehungsziel ausgerichtet sind bezw. werden. Erziehen kann daher nur der eingesetzte Führer. Damit ist dem Offizierskorps der Ordnungspolizei eine große und verantwortungsvolle Aufgabe übertragen worden; es für diese politisch-weltanschauliche Erziehungsarbeit vorzubereiten und zur höchsten Vollendung zu bringen, es zum politischen Führerkorps im nationalsozialistischen Sinne zu machen, wird Aufgabe der nächsten Monate und Jahre sein.«272
Die Polizei musste daher verstärkt auf eigene Kräfte zurückgreifen. Deren Auswahl, Ausbildung und Vorbereitung in Standortbesprechungen und Wochenendlehrgängen sowie die Beratung der Kompanieführer in der Stoffauswahl für die Tages- und Wochenschulung wurde zu einer Hauptaufgabe der Polizeischulungsleiter, deren
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Aufgabenbereich sich damit erheblich erweitert.273 Nach Erlass des HA Orpo vom 2. Dezember 1940 hatten die Polizeischulungsleiter künftig »Einsatzmappen« mit Personalbögen, Lebenslauf und Einsatzdaten für alle Offiziere und andere Kräfte anzulegen und zu führen, die in der Polizeischulung tätig waren.274 Im März 1941 wurde auch die »Sonderlaufbahn« der Polizeischulungsleiter, die sich ursprünglich aus der Gruppe der Studienassessoren und ausnahmsweise auch Volksschullehrer aus der Allgemeinen SS rekrutieren sollten, wieder abgeschafft: Ihre Aufgaben sollten in Zukunft ausschließlich von Polizeioffizieren wahrgenommen werden. Zu diesem Zeitpunkt bestanden insgesamt 25 Polizeischulungsleiter-Stellen bei den IdO/BdO und der Gruppe WE, die jetzt in Majors- und Hauptmannsstellen umgewandelt und übergeleitet wurden.275 Vor dem Hintergrund dieser Aufgabenerweiterungen begleitete das HA Orpo die Arbeit der Polizeischulungsleiter mit mehreren Tagungen, die dem Meinungsaustausch und der internen Fortbildung dienten. Schon im November 1940 organisierte die »Gruppe WE« eine einwöchige Tagung der Polizeischulungsleiter im Reichsministerium des Inneren. Vormittags wurden im Kinosaal des Innenministeriums Vorträge allgemeinen Charakters von Vertretern verschiedener Parteistellen gehalten, während die Nachmittage Dienstbesprechungen der Polizeischulungsleiter über ihre Arbeit gewidmet waren. Die Tagung begann am 11.11. mit einer Begrüßung durch Daluege, es folgte ein Vortrag von Alfred Baeumler, neben Krieck der führende Erziehungsphilosoph des Dritten Reichs, über »Erziehung zum Reich«, Reichshauptstellenleiter Bahr sprach über »Die Schulungs- und Erziehungsaufgaben der NSDAP«. Am Nachmittag befasste man sich anhand von Referaten der Polizeischulungsleiter Woelfert und Heigl mit Fragen der Tages-, Wochen- und Monatsschulung a) bei den Polizeibataillonen und Ausbildungsbataillonen, b) beim Einzeldienst der Schupo und Gendarmerie. Am nächsten Tag folgten Vorträge von Gruppenführer Heißmeyer über »Die Erziehungsaufgabe der SS« und Oberarbeitsführer Hermann-Lejeune über »Erziehung und Schulung im RAD«, am Nachmittag ging es um Fragen der Vorbereitung der Schulungskräfte und den Einsatz der Polizeioffiziere in der Schulungsarbeit; Referenten waren die Polizeischulungsleiter Raulien und Stelzer. Am 3. Tag besuchte man die Napola Spandau, nachmittags referierte Polizeischulungsleiter Schegg über »Die Erziehungsaufgabe in der Orpo«, anschließend war eine »Aussprache« vorgesehen. Die Vormittagsvorträge des 4. und 5. Tages waren außenpolitischen und kriegsbezogenen Themen gewidmet: »Die nationalsozialistische Außenpolitik und die Neuordnung Europas«, »Deutschland und Frankreich im jetzigen Krieg«, »Nationale Autarkie und Großraumwirtschaft«, »Die volkspolitische Neuordnung im Osten«, ein Nachmittag entfiel auf den Besuch des Zentralverlags der NSDAP, der andere auf die »Besprechung von Einzelfragen aus dem Dienstbereich der Polizeischulungsleiter«. Die Tagung klang am 16.11. mit einer Rede Karl-Heinz Rüdigers vom Amt Rosenberg (»Aufbau einer neuen Welt«) und einer Schlussansprache aus.276 Eine weitere Arbeitstagung der Polizeischulungsleiter fand vom 28.4. bis 3.5. 1941 ebenfalls in Berlin statt.277 Bereits im Januar 1941 hatte das HA Orpo außerdem eine Besprechung für Kommandeure und Schulleiter der Gendarmerie organisiert, auf der es um Fragen der
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Ausbildung und weltanschaulichen Schulung der Gendarmerie ging. Der Leiter der Gruppe »Ausbildung« Oberstleutnant Hitschler gab einen Überblick über bisher durchgeführte Lehrgänge und die künftige Gestaltung der Ausbildung, Dr. Kühhaas führte in Ausbildungsvorschriften und Richtlinien ein, Zwingelberg trug für das Arbeitsgebiet »WE« vor. Zusätzlich war Prof. Alfred Baeumler erneut zu einem Vortrag »aus dem weltanschaulichen Gebiet« mit dem Thema »Erziehung zum Reich« geladen. Am dritten Tag trafen sich die Kommandeure aller Gendarmerieschulen beim Leiter der Gruppe »Ausbildung« des Hauptamtes sowie die Gendarmeriekommandeure der eingegliederten Ost- und Westgebiete zu gesonderten Besprechungen.278 Im November 1941 veranstaltete das HA Orpo eine zentrale Arbeitstagung für Schulungskräfte der Ordnungspolizei, die als hauptamtliche Lehroffiziere an den Polizeischulen den Unterricht in »nationalsozialistischer Lehre« erteilten. Offensichtlich war man bestrebt, den Anteil ziviler Lehrer in diesem Fach zu verringern, vermutlich war man auch dazu gezwungen, weil aufgrund von Einberufungen nicht genug zivile Lehrer zur Verfügung standen. An der Tagung nahmen ausschließlich Polizeioffiziere teil, darunter allerdings auch einige, die vorher schon im Volksschullehrerdienst gestanden hatten und danach in den Polizeidienst gegangen waren.279 Auch hier wurden Vorträge von allgemeiner Bedeutung gehalten, doch gleichzeitig hatte die Veranstaltung den Charakter eines Lehrerseminars, denn alle 20 Teilnehmer hatten jeweils eine Lehrprobe zu einem vorgegebenen Thema von einer halben Stunde vor einer Wachtmeisterklasse abzuhalten, die anschließend von einem Korreferenten besprochen wurde. Insgesamt wurden daher auf diese Weise 20 Themen behandelt, die in ihrer Gesamtheit einen Lehrplan für den Unterricht in nationalsozialistischer Lehre an den Polizeischulen abbildeten: 1. Die Zerschlagung von Versailles 2. Die Erkenntnis der Rasse bildet die Grundlage unserer Weltanschauung 3. Die Verhütung erbkranken Nachwuchses. Das Gesetz vom 14.7.1933 4. Die Reinerhaltung deutschen Blutes. Das Gesetz vom 13.9.1935 5. Die völkerfeindliche jüdische Plutokratie 6. Die Weltfreimaurerei, Aufbau und Wirken 7. Gold und Wirtschaft 8. Die politische Kirche und das Sektenwesen 9. Germanische Frühzeit 10. Die Landnahme der Germanen 11. Kampf zwischen Kaisertum und Papsttum 12. Brandenburg – Preußen – Großdeutschland 13. Das Bauerntum, der Lebensquell der nordischen Rasse 14. Der Krieg im Jahre 1940 15. Der Krieg im Jahre 1941 16. Adolf Hitler, der Führer aller Deutschen 17. Führerstaat, Diktatur und Demokratie 18. Der RFSS und seine Aufgaben 19. Tagespolitik 20. Der Polizeibeamte als Beispiel und Propagandist der Weltanschauung
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Die Abfolge der Lehrproben wurde durch Expertenvorträge und Besichtigungen aufgelockert. Den letzten Sondervortrag hielt Dr. Dennert vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda über »Judentum und Bolschewismus«. Die Gesamtleitung der Veranstaltung lag bei Fritz Raulien, SS-Sturmbannführer und Polizeischulungsleiter beim IdO Königsberg, der bereits auf der Arbeitstagung der Polizeischulungsleiter im November 1940 ein Referat über die »Vorbereitung der Schulungskräfte« gehalten hatte und offenbar auf Fragen der Polizeischullehrerbildung spezialisiert war.280 Die Teilnehmer waren zumeist Offiziere, die bereits Erfahrungen als Ausbilder und Hundertschaftsführer oder Polizeischullehrer hatten. Sie spielten eine wichtige Rolle im Prozess der Vermittlung von Theorie und Praxis. Hauptmann Walkhoff etwa, ein gelernter Volksschullehrer und Lehroffizier an der Frankfurter Polizeischule, hatte 1938 als Hundertschaftsführer am Einmarsch nach Österreich teilgenommen; Leutnant Niekerke war als Lehroffizier der Schupo-Schule Gnesen mit der Ausbildung volksdeutscher Hilfspolizisten im besetzten Polen befasst, er wirkte anschließend als Ausbilder beim Polizeilehrbataillon Hellerau an der Unterführerausbildung der Polizeibataillone mit. Leutnant Noweck, ein gelernter Automechaniker, war Gruppenführer in einem Polizeiausbildungsbataillon, bevor er Lehroffizier für NS-Lehre an der Schupo-Schule Pelplin wurde; 1942 kam er als Ausbildungsoffizier zur Polizeiwaffenschule Den Haag, wurde Kompanieführer im SS-Polizei-Regiment 13 und nahm 1944 als Kampfgruppenführer am «Bandenkampf« teil. Hauptmann Kopff, Lehroffizier an der Schupo-Schule Jena, war im November 1939 zum Kommandeur des 3. Bataillons der 10. SS-Totenkopf-Standarte in Buchenwald berufen worden, später war er als Hauptmann des PB 122 an der Besetzung Lothringens beteiligt.281 Der Gendarmeriehauptmann Hugo Zimmermann war als Lehroffizier der Gendarmerieschule Fraustadt an der Ausbildung von Gendarmen beteiligt, die für den Osteinsatz vorgesehen waren; er wurde 1944 zum leitenden Mitarbeiter der Abt. C I.3 Truppenbetreuung im Schulungsamt des SS-Hauptamtes berufen.282 Hauptmann Cremer, Lehrer an der Polizeischule Frankfurt und Gauschulungswart des Kameradschaftsbundes, wurde 1942 zum Polizeischulungsleiter beim BdO Ukraine ernannt. Cremer war alter Freikorpskämpfer und hatte bereits an der Niederschlagung der Spartakistenbewegung in Mitteldeutschland teilgenommen. Wie er waren viele der Lehroffiziere »alte Kämpfer« in dem Sinn, dass sie bereits vor 1933 nationalsozialistisch oder völkisch organisiert waren – Helmut Kopff etwa war bereits Anfang 1932 der SA beigetreten, Niekerke hatte 1931 zur NSDAP gefunden, Zimmermann war Mitglied der Artamenbewegung und gehörte schon 1929 der SA an.283 Wochenschulung der Polizeibataillone Zu den Hauptaufgaben der »Gruppe WE« gehörte die Festlegung der Themenfolge für die Monatsschulung. Themen und Inhalte der Monatsschulung wurden allerdings weitgehend vom SS-Hauptamt übernommen. Die Ausgestaltung der Wochenschulung war nach den Richtlinien vom 2.6.1940 Aufgabe der Polizeischulungsleiter; später versandte das HA Orpo aber auch hier Themenvorgaben. Da das Ziel der Wo-
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chenschulung die »Erziehung zum soldatischen Kämpfer« war, wählte man mit Vorliebe Soldatenliteratur aus. In Hamburg zum Beispiel machte der Polizeischulungsleiter Hugo Stelzer die Behandlung des Buchs »Die Weisheit des Soldaten« von Bruno Jahn zur Aufgabe, im September versandte er »Männer an den Feind« von Rolf Bathe an die Dienststellen mit der Auflage, es für die nächsten acht Wochen zur Grundlage der Wochenschulung zu machen. Bathes Buch, ein umfangreiches Werk mit Heldengeschichten deutscher Soldaten aus der Zeit des 1. Weltkrieges, war schon in den »Richtlinien« beispielhaft genannt worden, und dem Vorschlag folgten auch andere Inspektionen. Im November 1940 legte Stelzer die Behandlung des Buchs »Ewiges Soldatentum« für 4 Monate fest.284 Durchdachte Konzepte, curriculare Programme oder methodische Anweisungen scheint es zunächst nicht gegeben zu haben, und in vielen Fällen wurde die Wochenschulung in Anlehnung an die Themen der Monatsschulung betrieben. Dies änderte sich Anfang 1941: Im Februar 1941 erging ein Erlass, die Wochenschulung in den Polizeibataillonen und -ausbildungsbataillonen unter den Leitgedanken »Das Reich« zu stellen. In der folgenden Zeit wurden daher vorzugsweise Themen aus der deutschen Geschichte behandelt: »An geschichtlichen und gegenwartspolitischen Stoffen ist das Werden des Großdeutschen Reiches zu zeigen. – Ziel der Schulung ist es, den Männern aus der Geschichte des deutschen Volkes die Sehnsucht um das Reich erleben zu lassen.« Zur Vertiefung wurde das Werk »Unseres Volkes Schicksalsweg« versandt; Verfasser waren Walter Köhn, Dozent für Rassenbiologie an der Hochschule für Lehrerbildung Würzburg und Alfred Pudelko, der stellvertretende Leiter des Deutschen Zentralinstituts für Erziehung.285 Das Rundschreiben enthielt jetzt auch allgemeine methodische Anweisungen zur Wochenschulung: Nach einer einleitenden Ansprache des Kommandeurs sei ein Abschnitt aus dem Buch vorzulesen (»vorherige Übung im lauten Lesen«!), ergänzt durch eine zum Thema passende Erzählung; passende Lieder, Gedichte, Sprüche oder musikalische Darbietungen – »möglichst Streichmusik, Quartette usw.« – sollten für einen würdigen Rahmen sorgen. Die Wochenschulung dürfe nicht nach körperlich anstrengendem Dienst durchgeführt werden, überhaupt möge man alles unterlassen, was die Konzentration und »seelische Aufnahmefähigkeit« stört und z. B. auch keine Anordnungen zum Sitzen erlassen, die »körperliche Verkrampfungen herbeiführen«. Da »Das Reich« zugleich das laufende Monatsschulungsthema war, zielte die Anweisung offensichtlich darauf ab, die Ausrichtung am Monatsthema für die Wochenschulung zu empfehlen. Ein Beispiel aus dem Bereich des BdO Wiesbaden illustriert den didaktischen Gestaltungsspielraum, den die Polizeischulungsleiter bei der Umsetzung hatten. In diesem Fall wurden Textausschnitte mit historischen Erinnerungsdaten verbunden, die regionale Besonderheiten einbezogen; der »kämpferisch-soldatische« Aspekt blieb dabei durchgängig erhalten: Wochenschulungsplan vom 1.3.-30.3.41: 1. Woche: a) Erinnerungstage: 1.3.1871 Einzug in Paris, 1.3.1935 Rückgliederung der Saar, 2.3.1689 Verwüstung Heidelbergs durch die Franzosen, 3.3.1918 Friede von Brest-Litowsk,
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4.3.1152 Friedrich Barbarossa zum deutschen König gewählt, 7.3.1936 Besetzung des Rheinlandes durch deutsche Truppen b) Thema: »Ein Brief über die Zerstörung Speyers im Jahre 1689« (Unseres Volkes Schicksalsweg Bd. 2 S. 12 f.) 2. Woche: a) 12.3.1938 Einmarsch in Österreich, 15.3.1920 Fliegerhauptmann Berthold von Marxisten ermordet, 16.3.1913 Preußens Erhebung, 16.3.1935 Wiederherstellung der deutschen Wehrhoheit, 16.3.1939 Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren b) Thema: 1. »Treueschwur« (Unseres Volkes Schicksalsweg Bd. 2, S. 301), 2. »Sie kommen« (ebd.) 3. Woche: a) 20.3.1890 Entlassung Bismarcks, 20.3.1931 Abstimmung in Oberschlesien, 21.3.1933 Staatsakt in Potsdam, 22.3.1939 Rückgliederung des Memellandes b) Thema: 1. »Der Sturm auf den Annaberg« (Bd. 2, S. 261), 2. »Seine Stimme« (Bd. 2, S. 260) 4. Woche: a) 24.3.1929 Entstehung des Horst-Wessel-Liedes, 25.2.1915 Untergang des U 29 mit Weddingen b) Thema: »Goebbels erobert Berlin« (Bd. 2, S. 283).286
Mit Beginn des Russland-Feldzuges im Juni 1941 war die vorübergehende »ideologische Abstinenz« gegenüber der Sowjetunion beendet.287 Zuvor hatte es noch Anweisungen gegeben, »gegen Sowjetrussland gerichtete Sätze« aus den Schulungstexten zu streichen.288 Bereits Ende Juni ging eine Zusammenstellung über Russland als Unterrichtsmaterial an die Leiter von Schulungsgemeinschaften.289 Im Juli 1941 folgte ein Runderlass, die Wochenschulung unter den Leitgedanken »Der Entscheidungskampf gegen den jüdischen Bolschewismus« zu stellen: »Unter dem Leitgedanken ›Der Entscheidungskampf gegen den jüdischen Bolschewismus‹ ist ab sofort in der Wochenschulung bei den Polizeibataillonen und Schulen der Ordnungspolizei die angebrochene große Auseinandersetzung des Nationalsozialismus mit dem Bolschewismus durch Darbietung und eindringliche Gestaltung entsprechender Stoffe, die aus den nachfolgend angeführten Werken sorgfältig auszuwählen sind, zu untermalen und erlebnismäßig zu vertiefen«.
Dazu wurden verschiedene Bücher empfohlen, insbesondere Werke von Dwinger.290 Ergänzend kamen im August die Broschüren »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus«, »Warum Krieg mit Stalin?« und »Bolschewistisches Frauenschicksal« zum Versand.291 Im Februar 1942 gab das HA Orpo das Thema »Das ganze Volk kämpft für den Sieg« aus: »Neben Darstellungen aus dem Erleben der kämpfenden Truppe treten somit Schulungsstoffe, die den Einsatz und das bewusste Ringen des ganzen Volkes um den Sieg aufzeigen.« Schauplätze der kämpfenden Truppe und der Einsatz der Heimatfront sollten im Wechsel thematisiert werden:
238 1. Woche: 2. Woche: 3. Woche: 4. Woche: 5. Woche: 6. Woche: 7. Woche: usw.292
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Ostfront: PK-Berichte des Heeres Heimat: Rüstungsarbeiter Front: Einsatz der Luftwaffe (PK-Berichte) Heimat: Die deutsche Frau in Wirtschaft und Haushalt Front: Afrika-Korps Heimat: Die Arbeit des Bauern Front: Einsatz der Marine
Damit konnte man die Einheiten auf lange Sicht beschäftigen. Dabei fiel es ersichtlich schwer, dem soldatischen Kampf und dem militärischen Geschehen gleichwertige Themen von der Heimatfront gegenüberzustellen. Im August 1942 legte der Polizeischulungsleiter für Thüringen zum Beispiel unter dem Leitthema »Das ganze Volk kämpft um den Sieg« eine Themenfolge für die Wochenschulung fest, die außer einer Gedenkfeier für Georg von Schönerer nur noch Elogen auf die kämpfende Truppe und ihre Heldentaten beinhaltete: Die erste August-Woche stand noch im Zeichen der Gedenkfeier, die Themen der folgenden Wochen aber waren »Kampfentscheidende Infanterie«, »Rommels stolzer Siegeslauf«, »Sewastopol, eine der besten Waffentaten des Krieges« und »SS-Obergruppenführer Sepp Dietrich und die LSSAH«. Der Ablauf war für jede Wochenschulung genau vorgeplant: ein geeigneter »Kernspruch«, ein passendes Lied, Ausführungen und Erläuterungen zum »Leitgedanken« des Themas, ein vorzulesender Text (Auszüge aus einem Buch oder aus der Kriegsberichterstattung) und ein abschließendes Lied: Wochenschulung für August 1942: 1. Wo. (Samstag 1.8.): Konzept für Feierablauf zu Schönerer. 2. Wo. (Sa. 8.8.): Kampfentscheidende Infanterie (Kernspruch – Lied – Leitgedanke: Das Hohelied der deutschen Infanterie wird nie ausgesungen werden … (ausführlicher Text) – Vorlesung: Auszug aus »Der Glaube an Deutschland« von Hans Zöberlein – Lied. 3. Wo. (Sa. 15.8.): Rommels stolzer Siegeslauf; Kernspruch – Lied – Leitgedanke: Der glänzende Sieg der deutsch-italienischen Waffen auf dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz – Vorlesung: Panzervorstoß in die Wüste (PK-Bericht) – Lied. 4. Wo.: Sewastopol, eine der besten Waffentaten des Krieges. Kernspruch (Ernst Jünger) – Lied – Leitgedanke: Der Führer beförderte den Oberbefehlshaber der Krim-Armee … Vorlesung: PK-Bericht von den Kämpfen um Sewastopol – Lied. 5. Wo.: SS-OGruf. Sepp Dietrich und die LSSAH. Kernspruch – Lied – Leitgedanke: SS-Oberstgruf. u. General d. Waffen-SS Sepp Dietrich schuf … – Vorlesung (SS-PK-Bericht) – Lied. Anlagen: Texte für Vorlesungen.293
Offenbar war diese Themenfolge schon länger geplant, denn für den August hatte das HA Orpo wieder ein spezielles Thema vorgegeben: »Der Osten – das Schicksal des deutschen Volkes«.294 Das Thema beschäftigte die Polizeibataillone im Herbst 1942.
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Praxis und Umsetzung dieser Vorgaben lassen sich beispielhaft an der Reservepolizeikompanie Saarbrücken illustrieren. Für die Kompanie sind Dienstpläne aus dem Jahr 1942 erhalten, die eine durchgängige Tages- und Wochenschulung dokumentieren. In der Regel fand dienstags am frühen Morgen eine Besprechung statt, auf der unter anderem über aktuelle militärische Ereignisse informiert wurde, während Samstags ein Schulungsthema auf dem Plan stand, ein Vortrag oder eine Vorlesung, eingeleitet von einem gemeinsamen Lied und einem »Kernspruch«: 30.12.41 2.1.42 6.1. 10.1. 13.1. 17.1. 20.1. 24.1. 27.1. 3.2. 7.2. 10.2. 14.2. 17.2. 24.2. 28.2. 3.3. 7.3. 10.3. 14.3. 17.3. 21.3. 24.3. 28.3. 31.3. 4.4. 7.4. 11.4. 14.4. 18.4. 20.4. 25.4.
Die Kämpfe im fernen Osten Die Welt Ostasiens II (Wachtm. Güth); Schulungsredner Leutnant Schneider Front und Heimat Politische Umschau; Lied «Schwarzbraun ist die Haselnuß« Die Jugend und der Krieg Die Kämpfe in Ostasien Der Winterfeldzug im Osten Betrachtung der politischen Lage Nordafrika und die Bedeutung der Aufgabe des General Rommel Die Wehrverfassung unserer Vorfahren (Mittelalter bis 1933) Der soziale Staat, das Ziel Ad. Hitlers Die Waffen-SS Die deutsche Infanterie Der RAD Die deutsche Heimat, Vorlesung: »35 Waggons zur Ostfront« Die deutsche Frau in Wirtschaft und Haushalt »Die deutsche Luftwaffe« – Vorlesung: PK-Bericht. »Aufstieg und Niedergang der englischen See- und Handelsmacht« Lied »Lebewohl du kleine Monika…«; Vorlesung: »Die Maginotlinie wird durchbrochen« Lied »Kamerad, wir marschieren im Westen«, Thema: »Aufstieg und Niedergang der englischen See- und Handelsmacht« (Forts.) »Die deutsche Polizei« Thema »Die deutsche Kriegsmarine«, Vorlesung »Die Kriegsmarine im Norwegen-Einsatz Die neuesten Ergebnisse unter dem Blickwinkel der Militärkonvention; Vorlesung: PK-Berichte Thema »Die Pioniere«, Vorlesung: »Minensperre in Eis und Schnee« Thema NSKK; Vorlesung »NSKK jenseits des Polarkreises« Thema »Die deutsche Rüstungsindustrie«, Vorlesung »Vor Rüstungsarbeitern« »Geschichte deutschen Bauerntums« »Amerikas Neutralität einst und jetzt« »Gedanken über die Neuordnung Europas«; Streifzug durch Europa »Aufstieg und Niedergang Englands als See- und Weltmacht« Morgenfeier (Geburtstag des Führers) »Alfred Krupp, der Gründer der größten deutschen Rüstungswerkstätten« (anl. Krupps Geburtstag)
240 28.4. 1.5. 9.5. 12.5. 16.5. 19.5. 23.5. 26.5. 30.5. 2.6. 6.6. 10.6. 13.6. 20.6. 27.6. 30.6. 4.7. 7.7. 11.7. 14.7. 18.7. 21.7. 25.7. 28.7. 1.8. 4.8. 8.8. 18.8. 22.8. 24.8. 29.8. 1.9. 5.9.42 8.9. 12.9. 15.9. 19.9. 22.9. 26.9. 29.9 3.10. 6.10. 10.10.
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»Die Bedeutung Indiens für den Ausgang des Krieges«; Vorlesung »Das Leben und Treiben in einer indischen Stadt« »Die Neutralität Amerikas und ihre Hintergründe« »Die Schlacht im Atlantik«, Vorlesung »Die Gewissheit des Endsiegs« Thema »Nachtjäger« Thema »Gedanken zum Tag der Mutter«, Vorlesung »Treue und Opfersinn der deutschen Frau und Mutter« Vorlesung »Amerika im Kriege« Gedenken zum Jahrestag der 1. Reichstagsrede des Führers 1933 Thema »Die Kameradschaft«, Vorlesung »Deutsche Gebirgsjäger« Thema »Erhaltung der Volkskraft und die Mittel dazu »Wir durchbrechen die Maginot-Linie« Skagerak 1916; Vorlesung »Die Hochseeflotte« Kernspruch: »Der deutsche Kampf«; Thema: »Die letzten Ereignisse an den Fronten«, Vorlesung »Heldenkampf deutscher Gebirgsjäger« »Die Kohle«, Vorlesung »Die Arbeit in der Kohlengrube« »General v. Clausewitz« »Freiherr vom Stein« Besprechung und Vorlesung »Männer ohne Schlaf am Feind« »Amerika« Politische Wochenschau »Erlebtes aus Indien« Besprechung »Deutsche Schnellboote« Besprechung »Die Komintern« Politische Umschau »Der Suezkanal«; Vorlesung «Die Panzerwaffe« Politische Umschau der Woche »Komintern« Besprechung »Suezkanal« Besprechung »Die Gemeinschaft« Besprechung der neuesten Ereignisse an den Fronten; gemeinsames Lied Lied, Leitspruch; Thema: Die Gemeinschaft; Gedicht Besprechung … »Der Osten – Das Schicksal des deutschen Volkes« (I) Besprechung … »Der Osten…« (II) Besprechung … »Der Osten ...« (III) Besprechung … »Der Osten …« (IV: »Kaukasien«) Erntedanktag. Leitgedanke: »Brot und Kinder sichern das Leben des Volkes« Besprechung…, Tagesfragen
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13.10. 17.10. 20.10. 24.10. 27.10. 31.10.
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»Der Osten, deutsches Siedlungsland« Besprechung »Der Osten ruft« Politische Tagesfragen Besprechung »Aufmarsch und Kampf im Orient«295
Womöglich gingen all diese Konzepte aber schon wieder viel zu sehr in Richtung einer konkreten politisch-zeitgeschichtlichen Bildung, denn für Himmler waren die Heldentaten an der Front immer nur Anknüpfungspunkte für eine Erziehung zum politischen Soldatentum, die auf allgemeine Tugenden und Haltungen zielte, und so beschloss man, ab Februar 1943 die Wochenschulung an den allgemeinen »Leitgedanken« auszurichten, unter denen die SS-Leithefte nach Himmlers Anweisung inzwischen erschienen.296 Seit dem Sommer 1942 waren die Leithefte so konzipiert, dass um ein Kernthema herum, das einen allgemeinen und nach Himmlers Vorstellung zeitunabhängigen »Grundwert« der nationalsozialistischen Weltanschauung verkörperte, historische Erzählungen, Helden- und Frontgeschichten, Soldatenlyrik etc. gruppiert wurden. Solche »Grundwerte« waren etwa für September 1942 »Ewigkeit« (»Die Kraft des germanischen Glaubens«), für Oktober »Sinn der Ernte«, für November mit Bezug auf den 9. November, an dem der »Blutzeugen der Bewegung« des Putschversuchs von 1923 gedacht wurde, »Das Opfer«: H. H. 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12:
2 (Februar): Ordensgeist, 3 (März): Sieghafter Glaube, Pflicht und Verantwortung, Sippengedanke, Ehre, Lebensbejahung, Gottglaube, Ehrfurcht (Ahnenverehrung), Ernte, Sinn des Opfers, Weihnachten.297
Die Leithefte nahmen zwar auch auf Gedenktage und besondere Ereignisse Bezug, die meisten Beiträge sollten aber »von zeitlosem Gehalt« sein. Zuvor war bereits nach einem Runderlass vom 28.9.1942 angeordnet worden, sämtliche Dienststellen der Polizei laufend mit SS-Leitheften zu beliefern, damit sie als Grundlage der Wochenschulung dienen konnten. »Das SS-Leitheft«, bekräftigte man 1944 noch einmal, »ist das Schulungsheft der SS und Polizei nach dem Willen des Reichsführers-SS.«298 Schulungsschriften und -mittel Für die Monatsschulung gab die Amtsgruppe WE die »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« heraus. Die Hefte hatten einen Um-
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fang von in der Regel mindestens 25 Seiten und waren jeweils einem Thema gewidmet, das im laufenden Monat zu behandeln war, so dass ihre Abfolge zugleich das Curriculum der Monatsschulung abbildete; sie waren aber auch eine wichtige TextGrundlage für die lehrgangsmäßige Schulung. Die meisten Texte wurden nicht im Hauptamt Orpo selbst erarbeitet, sondern vom SS-Schulungsamt übernommen und lediglich in der Folge, wie sie in die Lehrpläne der Polizei passten, neu herausgebracht.299 Die ersten Hefte der Reihe waren thematisch noch mit den letzten Folgen der »Stoffsammlung« identisch, die die Abteilung »Polizeischulung« im SS-Hauptamt herausgegeben hatte, danach zeichnete das HA Orpo für die Herausgabe verantwortlich.300 Für die Zeit vom Sommer 1940 bis zum Frühjahr 1942 folgen die Hefte aber thematisch und inhaltlich weitgehend den Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes für die Weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS. Der erste Jahrgang, der im Sommer 1940 begann, war ganz auf den Krieg und geopolitische Fragen eingestimmt: Heft 1: Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit Heft 2: Deutschlands Schicksalskampf im Westen Heft 3: Kampf ums Mittelmeer Heft 4: Deutschlands Recht auf Kolonien301 Heft 5: Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland Sonderheft: Norwegen.302
Der Jahrgang 1941 war in der ersten Hälfte vor allem den völkischen Grundlagen der deutschen Lebensraumpolitik gewidmet, danach stand, nach Beginn des RußlandFeldzuges, wie in der Wochenschulung der Kampf gegen den Bolschewismus im Vordergrund: H. 1: Deutsches Blut in aller Welt H. 2: Das Reich H. 3: Deutsches Volk (mit einem Anhang »Können Völker sterben?«) H. 4: Der deutsche Lebensraum H. 5: Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich H. 6: Europas Schicksalsgemeinschaft gegen den Bolschewismus H. 7: Die anglo-amerikanische Welt H. 8: Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum H. 9: Rote Weltrevolution Sonderheft 1: Theodor Seibert, Das amerikanische Rätsel Sonderheft 2: Elsaß und Lothringen – deutsches Land Sonderheft 3: Grenzkampf Ost [= Der Kampf um die deutsche Ostgrenze]
Der 3. Jahrgang reflektierte den Kriegseintritt der USA und brachte mehrere Hefte zum »Amerikanismus« und zum atlantischen Kriegsschauplatz. Gleichzeitig war aber inzwischen offensichtlich der Legitimationsdruck gestiegen, denn etwa die Hälfte der Hefte widmete sich jetzt den Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung. Das erste Heft des Jahres 1942 griff bereits programmatisch das vom Hauptschulungsamt der NSDAP reichseinheitlich vorgegebene Thema »Dieser Krieg
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ist ein weltanschaulicher Krieg« auf, in dem vor allem die »Judenfrage« in den Vordergrund gestellt werden sollte, »wie überhaupt diese Frage in der Schulung wieder eindringlich zu behandeln« und eine »Auffrischung« nötig sei: »Der Jude in der Sowjetunion, in England und in der Umgebung Roosevelts ist als der Treiber in diesem Krieg herauszuarbeiten. Er muß als der ausschließliche und entscheidende Gegner erkannt werden, auf den sich der Vernichtungswille unseres Volkes zu konzentrieren hat.« In der Partei-, Polizei- und SS-Schulung gleichermaßen sollte also der Vernichtungsfeldzug gegen die Juden als festes und zentrales Element der Kriegführung vermittelt werden.303 Es ist evident, dass solche Formulierungen zu einem Zeitpunkt, als die physische Vernichtung längst im Gange war, nicht mehr nur »rhetorisch« gemeint waren und verstanden wurden. Die Tendenz zur verstärkten Thematisierung grundlegender weltanschaulicher Fragen setzte sich im 4. Jahrgang (1943) fort, der sich hauptsächlich mit der nationalsozialistischen Rassenpolitik und dem deutschen Führungsanspruch in Europa beschäftigte: 1942: H. 1: Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg H. 2: Weltkrieg im Pazifik. USA gegen Japan H. 3 Die Schlacht im Atlantik H. 4 Deutschland ordnet Europa neu! H. 5 Darré, Neuordnung unseres Denkens H. 6 Atlantische Seegeltung H. 7 Der Dollar rollt H. 8 Die lebensgesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung H. 9 Der Kampf um das Reich Sonderheft: SS-Mann und Blutsfrage 1943: H. 1 Sicherung Europas I H. 2 Bauerntum H. 3 Sicherung Europas II H. 4 bis 6: Rassenpolitik H. 7 Der Weg der NSDAP H. 8 Das Reich und Europa I H. 9 Das Reich und Europa II H.10 Amerikanismus eine Weltgefahr 1944: H. 1 Europa und der Bolschewismus
Dass man sich im Frühjahr und Frühsommer 1943 noch einmal in einer auf drei Monate ausgelegten Themenfolge der rassenpolitischen Grundlagen des eigenen Handelns vergewisserte, weist auf einen erhöhten Legitimationsbedarf für die Polizei hin, deren Mitwirkung an der Durchführung der rassenpolitischen Praxis und der Judenvernichtung zu diesem Zeitpunkt ihren Höhepunkt schon überschritten hatte. Die Akzentuierung des »Europa-Themas« ab Anfang 1943 reflektiert das verstärkte
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Bemühen, in den besetzten Ländern mehr Unterstützung für den »Kampf gegen den Bolschewismus« an deutscher Seite und unter deutscher Führung zu gewinnen; vor allem Goebbels’ Rundschreiben zur »Behandlung der europäischen Völker« vom Februar 1943, nach der Niederlage in Stalingrad, leitete in dieser Hinsicht eine »flexiblere« Propagandatätigkeit in den besetzten Ländern ein, die sich auch in der Schulungsarbeit niederschlug.304 Die Hefte waren zum Teil mit didaktischen Hinweisen, einige auch mit Fotos und Karten ausgestattet, die für Vorträge mit einem Epidiaskop verwendet werden konnten. Manchmal waren den Sendungen weitere, das Hauptthema ergänzende Broschüren beigelegt; so wurden zum Beispiel zusammen mit dem Heft 6/1941 (»Europas Schicksalsgemeinschaft gegen den Bolschewismus«) die Schriften »Warum Krieg mit Stalin?« und »Bolschewistisches Frauenschicksal im Spiegel der Sowjetpresse und Gesetze« verschickt.305 Die Hefte der »Schriftenreihe« erschienen monatlich in hoher Auflage – vom Heft »Deutschlands Raum- und Wirtschaftsschicksal« etwa wurden 1941 über 13 600 Exemplare versandt. Allein der BdO Hamburg versandte beispielsweise vom Heft »Deutsches Blut in aller Welt« im Januar 1941 insgesamt 864 Exemplare.306 Gleichzeitig ergingen meistens Anweisungen des HA Orpo/Gruppe WE zur weltanschaulichen Monatsschulung an die Inspektoren bzw. Befehlshaber der Ordnungspolizei und die Polizeioffiziersschulen. Insgesamt bildet die Folge der Hefte ein Grundcurriculum der Monatsschulung ab, das auch weitgehend so umgesetzt wurde. Im Dezember 1943 teilte das HA Orpo mit, dass die Reihe vorerst eingestellt werden müsse. Ein Grund waren erschwerte Produktionsbedingungen und Papiermangel. Danach erschien nur noch das vom SS-Hauptamt erstellte Heft »Europa und der Bolschewismus«. Die Monatsschulung lief jedoch wie gehabt weiter. Man griff jetzt auf die »Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« zurück, daneben wurden ältere Ausgaben der »Schriftenreihe« herangezogen oder man stützte sich verstärkt auf eigene Ausarbeitungen. So gab z. B. der BdO Hamburg ab Dezember 1943 eine Folge von Sonderdrucken zu verschiedenen Themen für die Monatsschulung heraus, die zumeist von eigenen Mitarbeitern erstellt wurden.307 Der Sonderdruck »Japans Aufstieg zu Macht und Größe« etwa stammte aus der Feder des Altphilologen und Kieler Universitätsprofessors Erich Burck, der damals als Polizeileutnant der Reserve und WE-Offizier die politische Schulung beim Schupo-Kommando Kiel leitete; der Polizeileutnant Triloff steuerte den Sonderdruck »Amerika von heute« bei, der Hamburger Polizeischulungsleiter Rasack verfasste mehrere Sonderdrucke, darunter »Europa arbeitet in Deutschland – Deutschland kämpft für Europa« und »Deutscher Sozialismus«. Das Ende der »Schriftenreihe« markierte einen schleichenden Übergang von der weltanschaulichen Schulung zur »Führung«, die mit einer stärker propagandistisch ausgerichteten Erziehungsarbeit einherging. Dies schlug sich auch in der Einführung der »Offiziere für weltanschauliche Führung« und der Umettikettierung der Amtsgruppe WE im Hauptamt Orpo in »Gruppe WF: Weltanschauliche Führung« im November 1944 nieder. Im Begriff der »Führung« hat das charismatische Element eine größere Bedeutung als das »kognive«, die Zielerreichung wird wichtiger als die Methode des Unterrichts. Zwar änderte sich in den Lehrgängen nur wenig, und die
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Monatsschulung lief noch eine Zeit lang in den gewohnten Bahnen weiter, doch propagandistische Materialien erhielten im Verlauf des Jahres 1944 ein größeres Gewicht, nicht zuletzt auch dadurch, dass die Lücke, die die Einstellung der »Schriftenreihe« hinterließ, zum Teil auch durch Texte aus dem Propagandaministerium gefüllt wurde. Dies gilt auch für die erwähnten Sonderdrucke, von denen einige Umarbeitungen von Vorlagen aus dem Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda waren. Die Sonderdrucke erschienen zum Teil als Beilagen zu den »Mitteilungsblättern für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«, die noch bis zum Herbst 1944 herauskamen. Während die »Schriftenreihe« den Schulungskräften und Kompanieführern vergleichsweise anspruchsvoll ausgearbeitetes thematisches Material für die Vorbereitung von Unterrichtsstunden und Vorträgen an die Hand geben sollte, hatten die »Mitteilungsblätter« eher den Charakter eines einfach gehaltenen Informations- und Propagandablatts, das sich an alle Angehörigen der Ordnungspolizei richtete und daher auch von allen gelesen bzw. im Dienstunterricht vorgelesen werden sollte, mit kurz und schlicht gehaltenen Beiträgen zur nationalsozialistischen Weltanschauung, Informationen zum politischen und militärischen Geschehen, Frontberichten, Vorschlägen zur Feiergestaltung, besinnlichen Betrachtungen und anderem.308 Sie erschienen seit Oktober 1940 zuerst unter dem Titel »Politischer Informationsdienst« (PID) und umfassten anfangs nur wenige Seiten. Der PID wurde Ende April 1941 (ab Folge 13) in »Mitteilungsblatt für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« umbenannt.309 Die Blätter waren »für die laufende Unterrichtung aller Angehörigen der Ordnungspolizei in besonders wichtigen weltanschaulichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen« gedacht und sollten anfangs in kurzen Zeitabständen von 10 bis 14 Tagen und einem Umfang von 2 bis 4 Druckseiten erscheinen. Sie lieferten vor allem Grundlagen für die laufende Tagesund Wochenschulung. Die Mitteilungsblätter sollten bei den geschlossenen Einheiten und beim Einzeldienst nach Eingang im Dienstunterricht behandelt werden: »Der Dienstvorgesetzte veranlasst, dass der Inhalt in einwandfreier Form vorgelesen und, soweit erforderlich, durch anschließende Aussprache geklärt und vertieft wird.« In den Schulen der Orpo waren sie »laufend für die weltanschaulich-politische Schulung der Lehrgangsteilnehmer zu verwerten«. Die Mitteilungsblätter brachten zwar auch informative Kurz-Berichte, etwa über wirtschaftliche Themen (»Das Problem der lothringischen Kohlengruben«; »Sowjetindustrie am unteren Don«) oder administrative Strukturen (»Der deutsche Verwaltungsaufbau in den besetzten Ostgebieten«), hatten aber eine deutlich propagandistische Zielsetzung. Der PID, hieß es programmatisch, sollte helfen, aus dem einfachen Polizeibeamten einen nationalsozialistischen Volkserzieher zu machen, der alle politischen und ideologischen Fragen auf der Straße zu beantworten wusste: »Er soll die Polizeibeamten über alle die Öffentlichkeit bewegenden Fragen aufklären, damit er selbst wiederum in der Bevölkerung aufklärend wirken kann. Da sein Inhalt ›Nur für den Gebrauch innerhalb der Orpo‹ bestimmt ist, kann er auch Fragen behandeln, die aus gewissen Gründen nicht in der Presse veröffentlicht werden können, an deren Beant-
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wortung aber die Polizei interessiert ist, damit sie den unter Umständen in der Bevölkerung aufsteigenden Redereien gleich die Spitze abbiegen kann, indem sie in sachgemäßer Form unter Berücksichtigung der ihr durch den ›PID‹ gewordenen Erkenntnisse den interessierten Personenkreis aufklärt. So ist die Polizei nicht nur Freund und Helfer, sondern wirkt auch belehrend und vermittelnd zwischen Staatsführung und Bevölkerung und trägt dadurch dazu bei, die Heimatfront im Kriege zu stärken.«310
Der PID bzw. die Mitteilungsblätter waren in zwei Abteilungen gegliedert: »Gruppe A« der Reihe befasste sich mit »grundsätzlichen Fragen weltanschaulichen, politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Inhalts, die der Lenkung der politischen Schulung dienen sollen«. Dieser Teil wurde von der Amtsgruppe WE im Hauptamt Orpo herausgegeben. Themenbeispiele aus Heften des Jahres 1941 illustrieren den ideologisch-propagandistischen Charakter der Hefte: »Rassische Auslese und ihre Maßstäbe – Der Einsatz für den biologischen Sieg – Die Bevölkerungspolitik in und nach dem Kriege – Die Bestandsaufnahme der Zigeuner – Rüstung steigert die Leistungskraft der Großdeutschen Nationalwirtschaft – Wahrung der rassischen Eigenart der europäischen Völker – Das judenfreie Europa – Judentum und Kriminalität«. Die »Gruppe B« des Informationsdienstes sollte auf regionale Besonderheiten und »örtliche Verhältnisse« bezogen sein und daher bei den jeweiligen IdO/BdO erscheinen.311 Hier fanden sich neben ideologischen Beiträgen häufiger auch solche von eher sachlich-informativer Natur. So enthielten zum Beispiel die Blätter der »Gruppe B« des BdO Stuttgart Beiträge zum Brauchtum in der Fastnachzeit, zur Geschichte des Elsass oder zum Umgang mit fremdvölkischen Zwangsarbeitern in Deutschland, während die Mitteilungsblätter des BdO Ostland Landschaftsschilderungen und Reiseberichte aus dem Baltikum brachten und sich ausgiebig mit dem »Bandenkampf« im Osten, der »slawischen Seele« und Ähnlichem befassten. Die Mitteilungsblätter des BdO für die Ukraine brachten neben allgemeinen Betrachtungen z. B. zum Geburtstag und Lebensweg des »Führers« oder zum Muttertag eine fortlaufende Folge zur Geschichte der Ukraine oder Berichte über den »Bandenkampf« in der Region, der BdO in Den Haag informierte über den Stand der nationalsozialistischen Bewegung in den Niederlanden usw.312 Die Folgen der Gruppe A und B sind aber nur zum Teil voneinander zu unterscheiden, da auch die Blätter der Gruppe B häufig »grundlegende Betrachtungen zur nationalsozialistischen Weltanschauung« enthielten. Zum Beispiel war im Mai 1943 ein umfangreiches Heft der Mitteilungsblätter des BdO Ostland ganz dem Thema »Judentum« gewidmet: Einer programmatischen Rede von Goebels »Der Krieg gegen die Juden« folgten die Beiträge »Der herrschende Jude im Kreml«, »Warum kam es zur Judenfrage«, »Judentum und Bolschewismus«, »Judenmacht von ehedem« und »Juden. Die Beherrscher des Bolschewismus« sowie eine Reihe antisemitischer Karikaturen. Dieses Heft war ausdrücklich auch für die »Schutzmannschaftsbataillone« bestimmt, die aus einheimischen Hilfskräften der Polizei in den besetzten Ländern rekrutiert wurden. An Sinn und Zielsetzung des nationalsozialistischen Rassenkrieges ließ es keinen Zweifel. Schon immer habe es Judenverfolgungen gegeben; aber:
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»niemals ist man mit diesem menschlichen Ungeziefer wirklich fertig geworden… Dieser Krieg ist nun wirklich ein Krieg von rassischem Charakter geworden, ein Kampf der rassebewußten Völker gegen den ewigen, teuflischen Störenfried der menschlichen Gesellschaft, gegen den Juden in der ganzen Welt. Dies müssen wir klar erkennen, um hiermit den tiefen Sinn unseres Kampfes zu begreifen. Es geht jetzt darum, Europa judenrein zu machen und damit allen Kulturnationen unseres Kontinents die Möglichkeit zum positiven Zusammenleben und zum schöpferischen Aufbau der Kultur zu verschaffen.«313
Im Juli 1943 folgte ein Heft mit Berichten über »unmenschliche Folterungen«, »grausige Körperverstümmelungen« und »Morde der Bolschewisten« in Litauen: mit Hilfe der örtlichen Juden hätten sie rücksichtslos an der Vernichtung des litauischen Volkes gearbeitet.314 Die Gruppe B der Mitteilungsblätter wurde im August 1944 wie zuvor schon die »Schriftenreihe« wegen Papiermangels eingestellt, die »Gruppe A« erschien noch eine Zeit lang weiter in 14täglichem Rhythmus – im September 1944 kam bereits das 92. Heft heraus, im Oktober erschien vermutlich das letzte Heft (Nr. 95), unter anderem mit einem Essay über Nietzsche (»Über den Wert einer guten Schule«) und einem Beitrag über die »Parole: Selbstbehauptung«. Das Thema »Selbstbehauptung bis zum Äußersten« war für die Monatsschulung im November 1944 ausgegeben worden. Nach wie vor ergoss sich – trotz Papiermangels – eine Flut von Schulungsschriften und -blättern über die Polizeiangehörigen. Allein der BdO Hamburg versandte im Oktober 850 Exemplare der »Mitteilungsblätter«, 1739 Hefte der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« sowie 5871 Exemplare des SS-Leitheftes.315 Danach gingen fast täglich formlose Hinweise für die Tages- und Monatsschulung, »Führungs- und Propagandahinweise« zu laufenden politischen und militärischen Vorgängen an die Einheiten, die an den Durchhaltewillen jedes einzelnen appellierten. Offensichtlich fehlte die Zeit, die eigenen Mitteilungsblätter noch redaktionell und gestalterisch weiter zu bearbeiten.316 Am 1. November 1944 wurden die Mitteilungsblätter noch einmal umbenannt in »Die Zeit und wir«; sie sollten weiterhin zweimal im Monat erscheinen und den Polizeioffizieren »die erforderlichen Unterlagen für die Wochenschulung geben«, bestanden aber weitgehend nur noch aus dem Abdruck von Artikeln aus anderen Zeitungen und Zeitschriften. Das erste Heft knüpfte an das letzte Heft der Mitteilungsblätter an und begann mit einem Vorspruch zu heroischem Kämpfertum, Worten des Führers und einem weiteren Essay über Nietzsche, der als »einer der großen Erzieher unseres Volkes« und als Beispiel eines »heldischen Kämpfers« gerühmt wurde.317 Daneben wurden die Polizeidienststellen 1944 noch mit dem »Politischen Dienst für SS und Polizei« aus dem SS-Hauptamt beliefert. Dies waren umfangreiche Hefte von 50 bis 60 Seiten zur Unterrichtung der Einheitsführer, die damit in ihrer Aufgabe als Träger der Schulung unterstützt werden sollten. Sie hatten daher, anders als der Titel vermuten lässt, eine stark didaktische Ausrichtung und enthielten jeweils aktuelle politische Beiträge, eine Rubrik »Beobachtung des Gegners«, Beiträge zu »allgemeinen Fragen«, vor allem aber Themenvorschläge, Materialien und Kon-
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zepte zur Schulungsarbeit einschließlich konkreter Beispiele zur Unterrichtsplanung und -methodik. Ab Mai 1944 erschien außerdem ein »Lagebericht« mit Informationen zum Zeitgeschehen als Beiblatt zum »Politischen Dienst«. Für die Herausgabe war das Referat 1g im Amt C I »Weltanschauliche Erziehung« des SS-Hauptamtes zuständig, Referatsleiter war der Biologe Walter Greite, Schriftleiter der Anthropologe Paul Krellmann, die Lageberichte erstellte der Studienassessor Erwin Thomas.318 Darüber hinaus verschickte die Amtsgruppe WE nicht nur laufend Listen mit empfohlener Literatur, sondern versorgte die Polizeidienststellen immer wieder mit ausgewählten Büchern und anderem Propagandamaterial. Zum Beispiel wurden 1940 die Bücher »Deutschland im Kampf« und »Männer am Feind« für die Wochenschulung versandt. Im gleichen Jahr erging die Anweisung, das vom Auswärtigen Amt herausgegebene Buch »Die polnischen Greueltaten an den Volksdeutschen in Polen« allen Polizeibataillonen zugänglich zu machen; parallel dazu war eine Ausstellung über »polnische Massenverbrechen an Volksdeutschen« im Reichskriminalpolizeiamt eröffnet worden. Im Januar 1941 wurde Werner Bests Schrift »Die deutsche Polizei« an die Dienststellen versandt, im Februar »Einsatz der Polizei. Bei den Polizeibataillonen in Ost, Nord und West« von Hans Richter (mit Vorwort Dalueges) und »Unseres Volkes Schicksalsweg« von Pudelko und Kühn für die laufende Wochenschulung. Wie für die SS sollte 1941 auch an alle Angehörigen der Polizei der Bildband »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes« verteilt werden.319 1942 folgte die Lieferung einer 5 Hefte umfassenden Schriftenreihe »Bücherei des Ostraums« an die Handbibliotheken der Polizeischulungsleiter.320 Nach einer Anordnung vom 15.12.1942 sollten alle Angehörigen der Ordnungspolizei bei einer Beförderung oder anlässlich der Übernahme in den aktiven Polizeidienst das vom SS-Hauptamt herausgegebene Geschichtswerk »Der Weg zum Reich« erhalten – denn ein »ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein« sei die Voraussetzung jeder weltanschaulichen Erziehung; im März 1943 beschloss die Amtsgruppe WE, jährlich 10.000 Exemplare des Werks an Beamte des gehobenen und mittleren Dienstes zu verteilen.321 In unregelmäßigen Abständen wurden »zur Unterrichtung der Angehörigen der Ordnungspolizei« Broschüren über »Führer der Partei und des Staates« versandt – im Frühjahr und Sommer 1941 etwa Hefte über Himmler und Daluege, Anfang 1942 erschien Heft 3 über Frick; die Lebensläufe von Himmler und Daluege sollten im Unterricht studiert und von Zeit zu Zeit wiederholt werden.322 Eines der am häufigsten gelesenen Bücher wird aber Hitlers »Mein Kampf« gewesen sein, denn jeder Polizeiwachtmeister, der an einem Lehrgang teilnehmen wollte – vom Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit bis zum Offiziersanwärterlehrgang – hatte nach einem Erlass vom 23.3.1942 vor der Abordnung zum Lehrgang eingehend »Mein Kampf« durchzuarbeiten.323 Immer wieder kamen auch ergänzend zu Anordnungen des ReichspropagandaMinisteriums Rundschreiben und Artikel von Goebbels zum Versand – so etwa zwei Monate nach Beginn des Überfalls auf die Sowjetunion ein Rundschreiben, dass zu verstärkter Beschäftigung mit dem Judentum aufrief, dem im Dezember 1941 der Goebbels-Artikel »Die Juden sind schuld« mit den »Zehn Punkten über die Juden« folgte; im Oktober 1942 der Artikel »Seid nicht allzu gerecht«, der eine Moral der unbarmherzigen Härte gegenüber den »Feinden« propagierte, oder im Februar/
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März 1943 Goebbels’ Richtlinien über die Behandlung der europäischen Völker, in denen – nach der Niederlage bei Stalingrad – aus taktischen Gründen ein maßvolleres und konzilianteres Verhalten gegenüber den Völkern des Ostens angemahnt wurde: »Alles, was die notwendige Mitarbeit aller europäischen Völker, in Sonderheit der Ostvölker, für den Sieg gefährdet«, müsse unterlassen werden: »Jede Kraft des europäischen Kontinents, also auch vor allem der Ostvölker, muß in dem Kampf gegen den jüdischen Bolschewismus eingesetzt werden.« 324 Weitere Schulungsmittel waren Filme und der Besuch von Ausstellungen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Stelzer ließ im Februar 1939 als Polizeischulungsleiter beim IdO Hamburg im Regierungsbezirk Oldenburg die Filme »Der ewige Jude« und »Erbkrank« vorführen; ergänzend dazu wurden im März Gemeinschaftsfahrten der Polizeidienststellen aus Oldenburg, Osnabrück, Emden und Wilhelmshaven zum Besuch der Ausstellung »Der ewige Jude« in Bremen organisiert.325 Zur gleichen Zeit wurde der Polizei in Braunschweig eine Führung durch die Ausstellung »Erbgut und Rasse« geboten.326 Im November 1940 erging folgender Runderlass der Amtsgruppe WE im Auftrag des RFSS: »Ich wünsche, dass alle Angehörigen der deutschen Polizei im Laufe des Winters den Film ›Jud Süß‹ zu sehen bekommen, und ordne daher folgendes an: 1. Die staatlichen Pol.-Verw. vereinbaren mit den örtlichen Filmtheaterbesitzern Sondervorstellungen für diejenigen Angehörigen der Ordnungs- und Sicherheitspolizei, die den Film noch nicht gesehen haben. 2. Den Gendarmen, die den Film nicht kennen, ist er während einer Kreisdienstversammlung vorzuführen...«327
In den folgenden Wochen und Monaten dürften alle deutschen Polizeibeamten und -reservisten den Film gesehen haben. Um auch moderne Medien für die Schulungsarbeit zu nutzen, war bereits im Juni 1940 ein Abkommen mit dem Reichserziehungsministerium getroffen worden, das der Waffen-SS und der Polizei die Nutzung der Unterrichts- und Bildorganisation des Ministeriums außerhalb der Schulzeiten eröffnete – dazu gehörten die 30 Landesbildstellen und rd. 1000 Kreis- und Stadtbildstellen mit ihren umfangreichen Beständen an Geräten und Filmen.328 Filme wie »Jud Süß« oder »Der ewige Jude« wurden von der Technischen Polizeischule Berlin an Einheiten und Dienststellen versandt. Ein Film-Verzeichnis der Technischen Polizeischule von 1942 listet 31 »weltanschauliche Schulungsfilme« auf (siehe Anhang). Wie bei der Waffen-SS gehörten Film- und Theatervorführungen zum festen Programm der Schulung und Truppenbetreuung der Polizei während des Krieges. Die Abteilung Truppenbetreuung im Hauptamt Orpo organisierte für die Polizeitruppen im Front- und Osteinsatz ein eigenes Unterhaltungsprogramm. Im September 1940 wurden »Richtlinien für die Freizeitgestaltung bei den Polizeibataillonen, Ausbildungsbataillonen und Schulen« erlassen, in denen die »erzieherische Wirkung« der Freizeitgestaltung betont wurde. Als Material für die Freizeitgestaltung wurden Liederbücher von SS und Wehrmacht sowie, speziell zur Unterhaltung, die Werke »Der Kilometerstein (eine lustige Sammlung)«, »Die Gulaschkanone« und »Das lachende
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Eifeldorf (Schnurren und Schwänke)« versandt.329 Im November 1941 folgten Dienstanweisungen für »Singeleiter«, in der erneut u. a. »Der Kilometerstein« empfohlen wurde. Im gleichen Monat erging übrigens auch die Anweisung, den Text des beliebten Soldatenliedes »In einem Polenstädtchen …« zu ändern, alle polnischen Bedeutungen zu streichen und stattdessen zu singen »In einem kleinen Städtchen«, »das man im Städtchen findt«, »vergiß Mariella nicht, das schöne Kind« usw.330 Jeder Polizei-Feldbücherei wurde ein kombiniertes Unterhaltungsspiel mit den üblichen Spielen von Schach bis »Mensch ärgere dich nicht« beigegeben. Für die Ausgestaltung der Freizeit wurde ein Schulungsheft »Truppenbetreuung« angekündigt, das zweimal im Jahr erscheinen sollte. Außerdem wurden polizeieigene Gruppen »Spiel für Kameraden« für Einheiten im auswärtigen Einsatz aufgestellt.331 Im Dezember 1941 waren mehrere dieser Gruppen auf einer Rundreise im Osten. Die Spielgruppe »Kub« mit 23 Wachtmeistern traf am 4.12. beim BdO Riga ein – unmittelbar vorher, am 30.11., waren die Juden des Rigaer Ghettos, zwischen 12 000 und 15 000 Personen, erschossen worden, so dass die Ankunft der Spielgruppe für die Männer eine »willkommene Ablenkung« gebracht haben dürfte. Am 13.12. kam die Spielgruppe »Fähnle« mit 15 Wachtmeistern und behelfsmäßiger Bühnendekoration beim BdO Rowno im Gebiet des HSSPF Ukraine an; nach Bespielung sämtlicher Einheiten« zog sie weiter zum HSSPF Russland-Süd. Im Januar 42 wurde die Spielgruppe »Ostermann« mit 27 Wachtmeistern von Berlin über Posen zum HSSPF RusslandMitte nach Bialystock in Marsch gesetzt.332 Zu den kreativen Höhepunkten zählten sicher die Gastspiele der Polizei-Spielgruppe »Die 16 Orgelpfeifen«, die Ende 1942 in Litauen auftrat und neben Märschen und Volksliedern auch Opernpotpourris (»z. B. aus Puccinis Opern«), zeitgenössische Schlager, Film- und Operettenmusik darbot: »Ein interessantes musikalisches Experiment vollzog das Orchester mit dem bekannten Liedchen von der ›Lili Marlen‹ in verschiedenen Variationen, angefangen mit dem Original, dann wie Richard Wagner es komponiert hätte, im Rhythmus eines Wiener Walzers, Polka u.s.w.«333 Mit der Einsetzung von »Singeleitern« sollte die Arbeit der weltanschaulichen Schulung und Truppenbetreuung durch die Kompanieführer unterstützt werden. Das HA Orpo strebte an, möglichst jedem Polizeibataillon im auswärtigen Einsatz einen »Singeleiter« zur Verfügung zu stellen und organisierte zu diesem Zweck seit 1941 »Singeleiter-Lehrgänge«; der erste Lehrgang fand vom 5. bis 18.10.1941 im Polizeihaus Kurmark statt. Aufgabe des »Singeleiters« war die »Pflege des Marsch-, Volks- und Chorliedes« sowohl für die Fest- und Feier- als auch für die Freizeitgestaltung – mit Rücksicht »auf die langen Winterabende«, an denen »die Unterhaltung im kameradschaftlichen Kreis der Männer angeregt werden« müsse. Der Singeleiter war an der Ausgestaltung der Wochenschulung bei der Auswahl und Einübung der entsprechenden Lieder zu beteiligen und sollte unter anderem dafür sorgen, dass Kameradschaftsabende nicht bloß »Bierabende« waren, indem er »den Männern durch geschickte Plangestaltung ein bleibendes Erlebnis« vermittelte.334 Damit suchte man wohl auch Himmlers im Februar 1941 erlassenenen »Richtlinien für Kameradschaftsabende« gerecht zu werden, nach denen die Kommandeure solche Abende sorgfältig vorbereiten und durch Einsetzung eines Helfers für einen geord-
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neten Ablauf sorgen sollten. Als fürsorglicher Bayer mahnte Himmler an, »insbesondere in Süddeutschland (München) darauf zu achten, dass nicht geldgierige Wirte durch ein dauerndes Neuauftragen von Maßkrügen die Menge der Flüssigkeit bestimmen«, sondern vorher eine Grenze auszumachen.335 Weltanschauliche Erziehung in der Endphase Während des letzten Kriegsjahres standen noch einmal größere organisatorische Veränderungen im Schulungswesen der Polizei an. Die Bestrebungen des SS-Hauptamtschefs Gottlob Berger um eine Vereinheitlichung und Integration der weltanschaulichen Schulung in der SS und Polizei unter seiner Regie zeigten zunehmend Erfolge. Bereits im März 1943 hatte Berger eine Initiative bei Himmler gestartet, die gesamte Sicherheits- und Ordnungspolizei hinsichtlich der weltanschaulichen Erziehung dem Amt für weltanschauliche Erziehung im SS-Hauptamt zu unterstellen und ihn selbst, Berger zum Inspekteur für die WE der SS und Polizei zu ernennen und damit das Inspektorat, das nach dem Weggang Caesars zum Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS unbesetzt geblieben war, wieder zum Leben zu erwecken.336 Ob Himmler die Vorlage unterzeichnet hat und ob das Inspektorat Bergers, wenn es denn zustande kam, eine praktische Relevanz hatte, ist nicht bekannt. Aber im Oktober 1943 schlug Berger Himmler den Kommandeur des SS-Ausbildungslagers Sennheim Ernst Fick als Inspekteur für die weltanschauliche Erziehung der SS und Polizei vor, und im Dezember darauf erfolgte seine Ernennung zum 1.1.1944. Da Fick gleichzeitig Kommandeur in Sennheim blieb, wurde die Dienststelle auch dort eingerichtet.337 Am 10.8.1944 folgte eine Anordnung Bergers, nach der bei jedem HSSPF eine »Abt. VI (Weltanschauliche Führung)« unter Leitung eines »SS-Führers für weltanschauliche Führung« zu errichten war. Diese Abteilung war jetzt die vorgesetzte Dienststelle der Schulungsleiter sowohl bei den SS-Oberabschnitten als auch bei den Befehlshabern der Ordnungs- und Sicherheitspolizei. Die »Schulungsorgane« der BdO, BdS und der Oberabschnitte der Allgemeinen SS sollten entsprechend zu Abteilungen VI »ausgebaut« werden, wie sie seit 1940 bereits in der Waffen-SS bestanden. Die hauptamtlichen Polizeischulungsleiter bei den BdO blieben in ihrem Amt und ihrer Funktion, wurden aber jetzt dem Stab des jeweiligen HSSPF als »Führer für weltanschauliche Führung« und Leiter der Abt. VI bei den BdO zugeteilt.338 Vermutlich wurde die Leitung bei den HSSPF den Polizeischulungsleitern aufgrund ihrer größeren Erfahrung in der Organisation der Schulungsarbeit übertragen. Zum 1.12.1944 wurden die Polizeischulungsleiter »unter Beibehaltung ihrer Kommandierung zu den HSSPF« auch personell dem Amt C I (Schulungsamt/Stammkompanie VI) des SS-Hauptamtes unterstellt, der inzwischen auch alle Führer der »Abteilungen VI« der Waffen-SS, die vorher dem SS-Führungshauptamt unterstanden hatten, angehörten.339 Nach Erlass vom 7.11.1944 wurde die Amtsgruppe WE im Hauptamt Orpo in »Gruppe WF: Weltanschauliche Führung« umbenannt, die »Polizeischulungsleiter« hießen jetzt »Offiziere für weltanschauliche Führung«; damit wurde eine Angleichung an
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die Waffen-SS und die Wehrmacht vollzogen, wo der Begriff »weltanschauliche Erziehung« bzw. »Schulung« ebenfalls durch »weltanschauliche Führung« ersetzt wurde.340 Aus »Schulung« wurde »Führung«. Das bedeutet, dass der schulungsmäßige Unterricht gegenüber der Haltungserziehung zum Ideal des politischen Soldaten durch das Vorbild und die Autorität des Einheitsführers in den Hintergrund trat. Im Zeichen der heraufziehenden militärischen Niederlage war man wie in der Waffen-SS auch in der Polizei bestrebt, die weltanschauliche Ausrichtung durch eine charismatische Führer-Erziehung zu intensivieren und noch fester im Dienstalltag der SS- und Polizeiverbände zu verankern. Schon im Februar 1943 hatte Himmler in einem Befehl zur weltanschaulichen Erziehung das Vorbild des Führers der Truppe zum wichtigsten Erziehungsmittel erklärt – Unterricht und Unterweisung kämen erst an zweiter Stelle – und eine charismatische Willenserziehung proklamiert: »Je länger der Krieg dauert, um so mehr müssen wir unsere gesamten Führer, Unterführer und Männer zu immer fanatischeren und überzeugteren Willensträgern der nationalsozialistischen Weltanschauung, zur Idee unseres Führer Adolf Hitler erziehen.«341 Ähnlich äußerte sich Hitler selbst in einem Führer-Befehl am 8.1.1944: Der gegenwärtige Krieg werde deswegen »so erbittert und erbarmungslos geführt, weil er das entscheidende Ringen zweier völlig entgegengesetzter Weltanschauungen« darstelle. »Der Offizier« – gemeint war der Offizier der Wehrmacht, der Waffen-SS und der Polizei gleichermaßen – müsse deshalb »auch auf weltanschaulichem Gebiet aktiver Vorkämpfer sein und seine Soldaten zu überzeugten und unüberwindbaren Kämpfern« für das »große germanisch-deutsche Reich« im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung erziehen können: »Diese politische Schulung ist ebenso kriegsentscheidend wie die Ausbildung an der Waffe.«342 Unter Bezugnahme auf den Führer-Befehl vom 8.1. ließ Himmler im August 1944 neue Richtlinien für die weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei ausarbeiten.343 Himmlers Befehl brachte zwar im Vergleich zu den Richtlinien vom Juni 1940 wenig Änderungen in der Sache, stellte aber jetzt das Prinzip der »seelischen Beeinflussung durch das Vorbild« in den Vordergrund. Träger der politisch-weltanschaulichen Erziehung seien die Einheitsführer und das Offizierskorps. Die Offiziere müssten »aktivste Propagandisten« sein, in ihnen müsse ein »heiliges Feuer der Begeisterung glühen«, um ihre Männer »zu politischen Menschen zu formen und zu Trägern der revolutionären Idee des Nationalsozialismus zu machen.« In den Richtlinien wurde erneut ein umfangreiches Programm skizziert, das freilich – im Sommer 1944 – eher den Charakter einer Beschwörung hatte. Im Mittelpunkt der Schulungsund Erziehungsarbeit stand die Gestalt des Einheitsführers, der mit all dem, was von ihm erwartet wurde, gewiss hoffnungslos überfordert war. So sollte er »Tages-, Wochen- und Monatsschulung« betreiben. In der Tagesschulung waren tagespolitische Ereignisse zu besprechen und in die »größeren Zusammenhänge« einzuordnen, anhand der Wehrmachtsberichte war die militärische Lage zu erläutern – dies möglichst zu einem Zeitpunkt, zu dem die Männer noch frisch und aufnahmefähig seien. Für die Wochenschulung war eine »Vertiefung der politischen Erkenntnisse«, die kontinuierliche »Erarbeitung der Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung«
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mit dem Ziel eines »gefühlsmäßigen Hineinwachsens in den Geist des Nationalsozialismus« vorgesehen: a) Zusammenfassung der in der Tagesschulung behandelten Ereignisse der Woche unter größeren Gesichtspunkten; b) Grundprobleme der nationalsozialistischen Weltanschauung; c) gefühlsmäßige Beeinflussung: kleine Feierstunden.
Insbesondere in der Gestaltung der Wochenschulung könne der Einheitsführer zeigen, ob er auch der politische Führer seiner Männer ist. Als Material sollten neben »Mein Kampf«, dem »Schwarzen Korps« u. ä. vor allem die einschlägigen Schriften und Hefte des SS-Schulungsamtes und des HA Orpo dienen. Noch im November 1944 wurden die »Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« neu konzipiert und unter dem Titel »Die Zeit und wir« in 14tägiger Folge herausgebracht, um den Offizieren Unterlagen für die Wochenschulung bereitzustellen.344 Für die Monatsschulung schließlich werde der RFSS, hieß es, jeweils ein zeitnahes Thema stellen, »das bedeutsame Gegenwartsfragen mit weltanschaulichem Hintergrund von höherer Warte aus behandelt«, und das in Vortragsform darzustellen ist, im allgemeinen wiederum durch den Vorgesetzten, doch könne man hierfür gelegentlich auch fremde Kräfte heranziehen. Ganz allein wollte man den Einheitsführer (oder Dienststellenleiter) mit diesen vielfältigen Aufgaben nicht lassen; wie in der Waffen-SS sollte zu seiner Unterstützung ein geeigneter Offizier als WE-Offizier benannt werden und die Aufgaben eines Sachbearbeiter und Gehilfen erfüllen. Der »Führungsgehilfe des Truppenführers« würde seine Weisungen weiterhin vom Polizeischulungsleiter bzw. jetzt »Offizier für weltanschauliche Führung« (OWF) beim zuständigen BdO erhalten, der nach der gleichzeitig ergangenen Anordnung Gottlob Bergers künftig dem Stab des jeweiligen HSSPF angehören sollte. Dessen Aufgaben werden recht genau beschrieben, und es drängt sich der Schluss auf, dass der Polizeischulungsleiter die Erziehungsarbeit des Einheitsführers durch den WE-Offizier vor Ort steuern und kontrollieren sollte: a) Herausgabe von Hinweisen für die Durchführung der tagespolitischen Schulung b) Beratung der Einheitsführer in der Stoffauswahl für die Wochenschulung und Herausgabe von Richtlinien für die Art der Durchführung c) Lenkung der Monatsschulung d) Auswahl geeigneter Lehroffiziere für die NS-Lehre an den Schulen e) Vorschläge über Auswahl und Einsatz der WE-Offiziere, Einweisung in die Schulungsarbeit und laufende Unterstützung und Zusammenarbeit f) Durchführung von Standortbesprechungen, Wochenend- und sonstigen Lehrgängen g) Überprüfung der Schulung im Auftrag des Befehlshabers.345
Die Stellung der Polizeischulungsleiter (bzw. »OWF«) bei den BdO’s wurde im September 1944 noch dadurch gestärkt, dass ihnen gleichzeitig die weltanschauliche Erziehung in den Gauleitungen des Kameradschaftsbundes der Polizei übertragen
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wurde; Zwingelberg als Leiter der Amtsgruppe WE übernahm zugleich die Leitung der Abteilung Weltanschauliche Erziehung im Bundesamt des Kameradschaftsbundes. Damit sollte die einheitliche Ausrichtung der politisch-weltanschaulichen Führung und Erziehung der Polizei im und außer Dienst gewährleistet werden.346 Unterhalb der BdO-Ebene wurden auch Offiziere für Weltanschauliche Führung bei den Kommandeuren der Ordnungspolizei und der Gendarmerie ernannt.347 Für viele Ämter und Dienststellen lassen sich regelmäßige Monats-Schulungsvorträge noch bis Ende 1944/Anfang 1945 nachweisen. Viel wird dieser letzte Restrukturierungsversuch aber in den letzten Monaten des Krieges nicht mehr bewirkt haben. Im Februar 1945 sah sich Himmler in einem Rundbrief an die Befehlshaber der Ordnungspolizei zu einem erneuten Appell veranlasst, der die ganze Widersprüchlichkeit und Aussichtslosigkeit des Bemühens dokumentiert: »Je schwieriger und ernster die Lage, desto bedeutsamer ist die politisch-weltanschauliche Führung für Offizier, Unterführer und Mann. Bei dieser Gelegenheit erweist sich erst, ob der Offizier nicht nur militärisch, sondern auch politisch Führer seiner Männer ist…. Die Durchführung der politisch-weltanschaulichen Erziehung ist, ebenso wie die Ausführung taktischer Kampfaufträge, notfalls zu erzwingen. Dabei ist an dem Grundsatz festzuhalten, dass politisch-weltanschauliche Erziehung des Mannes nur Erfolg hat, wenn sie sich an die Einsicht und den guten Willen wendet und wenn die nationalsozialistische Weltanschauung von überzeugten und vorbildlichen OWF [Offiziere für weltanschauliche Führung] vertreten und auf die Truppe übertragen wird.«348
»Einsicht und guter Wille« sollten also »notfalls erzwungen« werden. Eine Woche später folgte die Amtsgruppe WF mit einem Schnellbrief an die Polizeidienststellen, der hier ganz wiedergegeben sei, um zu illustrieren, welch absurde Formen die weltanschauliche Erziehung inzwischen – im Februar 1945 – angenommen hatte. Die Tagesschulung sollte jetzt die Wende bringen: »1. In Krisenzeiten tritt als politisches Führungsmittel an die Stelle des Schriftsatzes und der Druckschrift weitgehend das Wort. Der Mann darf in diesen Zeiten unter keinen Umständen sich selbst überlassen bleiben; er muß vielmehr von seinem Vorgesetzten politisch klar und überzeugend geführt werden. 2. Aus diesem Grund wirkt der Einheitsführer, Revierführer usw. laufend auf seine Männer ein, bespricht mit ihnen die Lage, zeigt ihnen die Zusammenhänge, stärkt ihr Selbstbewusstsein und ihre Zuversicht und unterbindet jede Gerüchtemacherei und jeden Pessimismus. Die Kommandeure greifen persönlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit ein. 3. Wo Ort und Lage es erfordern, hat jede Starrheit im Schulungssystem zu verschwinden, die politische Führung hat sich beweglich den gegebenen Verhältnissen anzupassen. Die Tagesschulung rückt immer mehr in den Vordergrund und ist zum wirksamsten Führungsmittel auszubauen. 4. Die OWF, Einheitsführer, Dienststellenleiter, Revierführer usw. haben laufend und eingehend die Presse- und Rundfunknachrichten zu verfolgen, um stofflich allen Anforderungen gewachsen zu sein. Die Führungshinweise des Chefs der Ordnungspoli-
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zei und ergänzende Anweisungen der Befehlshaber der Ordnungspolizei geben Richtung und Ziel der Führungsarbeit an. 5. Wichtig ist die persönliche Einwirkung der OWF auf die nachgeordneten Stellen. Die OWF bei den Befehlshabern der Ordnungspolizei müssen die OWF bei den Kommandeuren, diese wiederum die Einheitsführer, Revierführer usw. so oft wie möglich zusammenfassen, um ihnen Weisungen und Richtlinien zu geben. Wie die Organisation je nach den örtlichen Verhältnissen am zweckmäßigsten durchgeführt wird, bleibt den Befehlshabern und Kdr. überlassen. 6. Für die OWF bei den Befehlshabern der Ordnungspolizei lautet die Parole: ›Weg vom Schreibtisch, hin zu den Einheiten und Dienststellen!‹ Da die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel z. Zt. sehr zeitraubend und in einigen Gebieten sogar unmöglich ist, wird dadurch die persönliche Einflussnahme der OWF bei den BdO auf die nachgeordneten Dienststellen nicht nur erschwert, sondern überhaupt in Frage gestellt. Bis zur Wiederzurverfügungstellung eines Kraftwagens müssen die OWF alle Möglichkeiten ausschöpfen, um schnell und ohne großen Zeitverlust zu den Einheiten und Dienststellen zu gelangen. Gegebenenfalls müssen sie sich von Standort zu Standort mit Kraftwagen weiterleiten lassen. Die Dienststellen haben die Beförderung der OWF auf das weitgehendste zu unterstützen.«349
Parallel zur Umbenennung der »weltanschaulichen Schulung« in »weltanschauliche Führung« brachte das HA Orpo nach Erlass vom 19.9.44 »Führungshinweise« zur »Unterrichtung der Schulungskräfte« in der Ordnungspolizei heraus, propagandistische Blätter von zumeist nur einer oder zwei Seiten, die eine zeitlang alle zwei bis drei Tage verschickt wurden und vor allem darauf abzielten, den Durchhaltewillen zu stärken, unter anderem eher kontraproduktiv dadurch, dass man Bilder des Schreckens zeichnete, die das deutsche Volk nach einem Sieg der Alliierten erwarten würden. Während die Amtsgruppe WE im Februar 1943 noch Zweckoptimismus verbreitend davor warnte, den Bolschewismus «schlimmer hinzustellen« als er in Wirklichkeit sei und relativierend darauf verwies, dass England und die USA die Sowjetunion nur »im Kriege zu halten« versuchten, »um sie nachher, wenn sie sich geschwächt habe, zu betrügen«, hatte sich der Tenor inzwischen gründlich geändert. So war in den Führungshinweisen vom Oktober 1944 mehrfach im Zusammenhang mit dem Morgenthau-Plan von der Absicht die Rede, Deutschland zu »verstümmeln« und Millionen deutscher Arbeiter als Arbeitssklaven in die Sowjetunion zu deportieren. »Der von Roosevelt und Churchill sanktionierte Morgenthauplan mit dem darin zutage tretenden Vernichtungswillen und die amtliche Erklärung Atlees im Unterhaus über die Deportation deutscher Arbeiter sind in der Schulung besonders hervorzuheben.« Im Führungshinweis vom 14.10.1944 kehren die Juden als Rächer zurück: »Die ersten anglo-amerikanischen Verordnungen für den besetzten deutschen Gebietsstreifen im Westen und das in ihnen angekündigte brutale Bajonett- und Hungerregime zusammen mit den getroffenen Vorbereitungen zum Abtransport der deutschen Arbeitskräfte und den Einsatz von Juden als Sklavenhalter sind als Anlaß zu nehmen, die innere Zusammengehörigkeit von Plutokratie und Bolschewismus eindeutig herauszustellen.«350
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Die »jüdische Bedrohung« war auch jetzt noch lange nicht gebannt: »Das Bekenntnis Churchills im Unterhause, er sei unentwegt ein Freund der Juden und ständiger Baumeister an ihrer Zukunft gewesen, ist in der weltanschaulichen Schulung entsprechend auszuwerten.«
Doch die »Vernichtungsprogramme« der Feinde, so der »Führungshinweis« vom 20.11.1944, würden nur die deutsche Widerstandskraft stärken: »Der Feind versucht in letzter Zeit, die Forderung der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands aus propagandistischen Gründen harmloser darzustellen, weil er eingesehen hat, dass die Vernichtungsprogramme nur unsere Widerstandskraft gestärkt haben. In der weltanschaulichen Schulung ist dieser neue Trick Wilsonscher Art besonders hervorzuheben.«351
Noch Anfang Februar 1945 gab das Hauptamt Orpo die »12 Thesen unserer geistigen Kriegsführung« der Reichspropagandaleitung an die Polizeidienststellen für die Tagesschulung weiter, in denen nach wie vor »der Jude« zum eigentlichen Kriegsgegner deklariert wurde: »Hinter allem steht der Jude! Schüre den Judenhaß! Er wächst in der ganzen Welt. Der jüdische Sieg setzt die Ausrottung des letzten Deutschen voraus. Die Juden des Kreml und die internationalen Börsen sind das Ferment der feindlichen Koalition. Kläre unser Volk unermüdlich über diesen Zusammenhang auf und zeige ferner: mit jedem Tag, den der Krieg länger dauert, wächst der Judenhaß in der Welt.«352
Gegen den um sich greifenden Pessimismus wurde der entscheidende »Gegenschlag« beschworen, der infolge der Maßnahmen der »totalen Kriegführung« unmittelbar bevorstünde. »Wir sind keineswegs am Ende«, ließ der BdO West in seiner »Anordnung für die Weltanschauliche Erziehung Nr. 6« Anfang Januar 1945 verlautbaren: »Wir kennen keine verzweifelten Situationen, sondern nur verzweifelte Menschen. Zu denen aber gehören wir nicht.«353
II.5. Die Polizeischulungsleiter – biographische Skizzen Die eigentlichen Träger der Schulungsarbeit in der Polizei waren die Polizeischulungsleiter bei den IdO/BdO. Sie wurden hauptsächlich aus dem Kreis der in der SS aktiven Lehrer rekrutiert. Von den in der folgenden Aufstellung erfassten 47 Polizeischulungsleitern waren 22 Lehrer, vorwiegend Volksschullehrer, 10 waren zeitweise bereits als Polizeischullehrer tätig gewesen. 17 kamen aus anderen Berufen – 5 Kaufleute, 3 Schriftleiter, 2 Juristen, 2 Ingenieure bzw. Techniker etc. – die übrigen 8 hatten bereits unmittelbar nach Verlassen der Schule eine Laufbahn bei der Polizei eingeschlagen. Fast alle waren bereits vor 1933 nationalsozialistisch (71%) bzw. völkisch
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oder nationalsozialistisch (82%) organisiert, lediglich 6 traten erst 1933, nur einer (August Kropp) nach 1933 der NSDAP bei. Die meisten gehörten der SS an, mindestens die Hälfte aller Polizeischulungsleiter hatte vor ihrer Ernennung bereits als Schulungsleiter der SS oder der Partei gearbeitet.354 Alle Polizeischulungsleiter traten aus der Kirche aus und bezeichneten sich von da an als »gottgläubig«. Laufbahnmäßig wurde, wer 1942 noch im Amt war, in den Majorsrang erhoben und zum Sturmbannführer d. R. der Waffen-SS ernannt. 1944 folgte die Ernennung zu Führern der Abteilung VI bei den HSSPF. Trotz ihrer herausgehobenen Funktion in der Umsetzung und Organisation der politisch-weltanschaulichen Schulung wurde, so weit bekannt, gegen niemanden von ihnen nach dem Krieg wegen dieser Funktion strafrechtlich ermittelt. In den Entnazifizierungsprozessen verstanden sie es, ihre Tätigkeit so darzustellen, als habe es sich lediglich um allgemeinbildende und fachgebundene Fortbildungsmaßnahmen gehandelt. Über Rasssenlehre, liest man etwa in der Verteidigungsschrift Ludwig Rösingers, habe er nie gesprochen, nationalsozialistische Propaganda nie betrieben: »Sein Aufgabengebiet umfasste vielmehr die ganze allgemeine Bildung der Polizeibeamten, wie Geschichte, Literatur, Mathematik, Sprachen, Stenographie, Schreibmaschinenschrift u.a.m.«355 Als gegen Wolfgang Wieckberg wegen der Beteiligung an Kriegsverbrechen in Polen ermittelt wurde, gab er zu Protokoll: »Mein Arbeitsgebiet erstreckte sich auf die Beaufsichtigung des gesamten allgemeinbildenden Unterrichts (Deutsch, Erdkunde, Geschichte, Rechnen) bei den Polizeischulen Gnesen und Alexandrow und sämtlichen Standorten der Polizei. Ich hatte während der ganzen Zeit nur diese Dienststellung inne. Mit dem Polizeidienst hatte ich nichts zu tun.«356 Polizeischulungsleiter bei den Inspekteuren und Befehlshabern der Ordnungspolizei I Nordost (Königsberg): 1937-44 Raulien (Volks- und Mittelschullehrer); 1941 Timm (kaufmänn. Angest./Polizeioffizier)357 II Nord, ab 1940 Ostsee (Stettin): 1937 bis 1944 (?) Karl Krüger (Handelsschul- und Polizeilehrer) III Ost (Brandenburg/Kurmark ohne Berlin), ab 1939 Spree (Berlin): 1937/38 Timmermann (Volksschullehrer), 1938 Rittsteiger (Volksschullehrer), bis 1944 Härtel (Kaufmännischer Angestellter) III Ost (Reichshauptstadt Berlin), Kdo. Schupo, ab 1939 Spree: 1937 Crost (Lehrer), 1937 Härtel, 1944 Stelzer (Volksschullehrer) IV Elbe (Dresden): 1937 Mildebrath (Studienassessor), 1938-1944 Heyse (Mittelschullehrer) V Südwest (Stuttgart): 1937-1944 Rösinger (Volksschullehrer) VI West (Münster; HSSPF Düsseldorf): 1937-1944 Heckmann (Volksschullehrer); 1942 Balthasar (Volks- und Polizeischullehrer) VII Süd/Bayern-Süd (München): 1937 Gutensohn (Zahnarzt), 1937-1938 Eichstädter (Volksschullehrer); 1939-1941 Schegg (Volksschullehrer), 1942 Karpp (Bankbeamter/ Polizeioffiz.) VIII Südost (Breslau)358: 1937-1944 Woelfert (Ingenieur) IX Fulda-Werra (Kassel, HSSPF-Standort Arolsen): 1937-1944 Pohl (Studienassessor), 1941 Timm (kaufm. Angest., Polizeioffiz.), Karpp (Bankangest./Polizeioffiz.)
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Nordwest, ab 1940 Nordsee (Hamburg): 1937-1940 Stelzer (Volksschullehrer)359, danach die Polizeioffiziere Görhard, Burkart, Rasack und Framenau (1944) XI Mitte (Hannover, HSSPF-Standort Braunschweig): 1937-1940 und 1941-1943 Wagener (Volksschullehrer), 1944 Heckmann (Volksschullehrer); 1937/38 noch IdO Magdeburg: 1937 Doctor (Volksschullehrer); 1938 Fahnenschreiber (Kaufmann) XII Rhein (Koblenz), ab 1943 Rhein-Westmark (Wiesbaden)360: 1938/39 Kropp (Volksschullehrer), 1940 Rumler (Polizeioffiz.), 1941 Karpp (Bankbeamter/Polizeioffiz.), 1941/42 Kühn, 1942/43 Heinemann (Polizeioffiz.) XIII Main/Bayern-Nord (Nürnberg): 1937-1944 Heigl (Volksschullehrer) XVII Donau, vorher Österreich (Wien): 1938 Gutensohn (Zahnarzt), dann Endres (Landwirtschaftslehrer) (?) XVIII Alpenland (Salzburg, ab 1939) ? XX Weichsel (Danzig, ab Ende 1939): Vietz (Kaufmann)?; 1944 Raulien (Volks- und Mittelschullehrer) XXI Wartheland (Posen, ab Ende 1939): 1940 Wagener (Volksschullehrer), 1940-1944 Wieckberg (Schriftleiter) BdO Böhmen und Mähren (Prag, ab 1939): 1941 Axt (Gendarmerieoffizier), 1942 Framenau (Polizeioffizier) BdO Ost (Krakau, ab Ende 1939): 1939-1941 Fahnenschreiber (Kaufmann), 1943 Wagener (Volksschullehrer) ? BdO Nordwest (Den Haag, ab 1940): 1940 Schoenfelder (Schriftleiter), 1940/41 Heckmann (Volksschullehrer), 1942 Altendorf (Kaufmann/Polizeioffz.) BdO Nord (Oslo, ab 1940): 1942 Friebel (Angest./Polizeioffizier), 1944 Raubenheimer (Landwirtschaftsverwalter) ? BdO Ostland (Riga, ab 1941): Witt (Polizeioffiz.) BdO Ukraine (Kiew, ab 1941): Cremer (Polizeioffizier) BdO Kroatien (Agram): 1943 Wagener (Volksschullehrer) Offiziersschule Köpenick: 1937 Wieckberg (Schriftleiter), 1941-1943 Wetzel (Handelsschullehrer) Offiziersschule Fürstenfeldbruck: 1937 Eichstädter und Gutensohn X
Heinz Altendorf 1912 als Sohn eines Gesanglehrers in Berlin geboren, nahm nach dem Abitur zunächst ein Musikstudium mit dem Berufsziel des Organisten auf, musste es aber 1932 aus finanziellen Gründen abbrechen. Er machte stattdessen eine kaufmännische Lehre und arbeitete bis 1934 als Eisenhändler, ging dann zur Polizei und war 1939 als Oberleutnant der Schutzpolizei in Elbing tätig. Altendorf trat bereits 1930 der NSDAP, 1931 der SA bei, wurde 1940 als Hauptmann in die SS aufgenommen und im August 1940 als Sachbearbeiter für weltanschauliche Schulung ins Hauptamt Orpo berufen. 1941 war er dort als Hauptsturmführer in der Abteilung WE 2 für Lehrpläne und Lehrmittel der weltanschaulichen Erziehung zuständig. Zwischenzeitlich leitete er vermutlich die Abteilung WE beim BdO in Den Haag.361
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Edgar Balthasar 1897 in Hamburg geboren, Lehrer, ab 1928 Polizeischullehrer, 1935 zum Polizeischulleiter ernannt. 1933 Eintritt in die NSDAP in Hamburg. 1938/39 Lehrer für die Ausbildungshundertschaft in Hamburg, 1939 VPS-Hundertschaftsführer; ab November 1939 neben der Tätigkeit als Polizeischulleiter Personalsachbearbeiter für die Polizeireserve beim Kommandeur der Schutzpolizei Hamburg. Anfang 1941 als Hauptmann der Schutzpolizei übernommen, im Juli 1941 Versetzung zur Polizeiverwaltung Köln, im März 1942 zum Stab des BdO Münster, dort als Polizeischulungsleiter eingesetzt. Balthasar betreute 1942 eine Gruppe luxemburger Polizisten, die dem BdO Münster zur Ausbildung zugewiesen worden waren.362 Johann/Hans Cremer 1896 in Neuss als Sohn eines Seilermeisters geboren, nach Besuch der Volks- und Gewerbeschule Arbeit als Gärtner. Nach der Teilnahme am 1. Weltkrieg war Cremer beim Freikorps Maerker und ging anschließend zur Polizei. Als Angehöriger der Sicherheitspolizei war er am Kapp-Putsch und an der »Niederwerfung der Spartakistenaufstände« beteiligt. Von 1922 bis 1934 arbeitete er als Lehrer und Ausbilder an der Polizeischule Burg bei Magdeburg. Nach Besuch eines Offizierslehrgangs wurde er zum Polizeioffizier ernannt. 1933 trat er in die NSDAP ein. Cremer wurde Ortsgruppen-Schulungsleiter und Gauschulungswart für Weltanschauliche Schulung beim Kameradschaftsbund. Ab 1934 war er Revierführer, dann Polizeischullehrer in Frankfurt/M., Ausbildungsleiter beim Feldjägerkorps und Leiter der Personalabteilung der Frankfurter Polizeiverwaltung. 1941 nahm er als Lehroffizier der Frankfurter Polizeischule an der Tagung für Lehroffiziere der NS-Lehre des HA Orpo teil. Im Februar 1942 wurde er als Major der Schutzpolizei zum Polizeischulungsleiter beim BdO Ukraine ernannt.363 Heinrich Crost 1913 als Sohn eines Beamten in Meerholz geboren. Crost war Erzieher an der AdolfHitler Schule in der Ordensburg Crössinsee. Er trat 1929 in die HJ, 1933 in die NSDAP und SS ein, war Pressereferent im Sturmbann I/2, ab 1937 Referent für Rednermaterial in der Abteilung Polizeischulung des SS-Schulungsamtes, 1938 als Obersturmführer. 1937 wurde er als Polizeilehrer beim Kommando der Schutzpolizei in Berlin eingesetzt und als einer der ersten Polizeischulungsleiter bestätigt.364 Carl Doctor Doctor wurde 1896 in Aslar/Kreis Wetzlar als Sohn eines Bauern geboren. Nach der Volksschule besuchte er die Präparandenanstalt und das Lehrerseminar und studierte
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einige Semester Geschichte und Philosophie. Seit 1921 war er im Volkschuldienst tätig, 1927 in Festanstellung, zuvor hatte er noch eine Schwimmlehrerprüfung abgelegt. Im Oktober 1932 wurde Doctor NSDAP-Mitglied, im März 1933 trat er der SS bei, übernahm dort Aufgaben als Sturm-Schulungsmann und wurde nach seiner Beförderung zum Untersturmführer des RuSHA Ende 1937 zum Polizeischulungsleiter beim IdO Magdeburg ernannt. 1938 war er als Schulungsleiter im Oberabschnitt West registriert.365 Albert-Leo Eichstädter Eichstädter, 1893 als Sohn eines Steinmetzes und »Baumeisters« in Pfaffenhofen geboren, war seit 1920 im Volksschuldienst tätig. Er brachte es im Laufe der Zeit zum Hauptlehrer und Bezirksschulrat für Dachau-Friedberg. Eichstädter, der als Freiwilliger am 1. Weltkrieg teilnahm, war von 1915 bis 1918 in französischer Kriegsgefangenschaft. Schon 1922 trat er der NSDAP und SA bei und betätigte sich als Schriftleiter in der Ortsgruppe Ingolstadt. Nach seinem Wiedereintritt 1928 wurde er Ortsgruppenleiter in Tölz, war Gauredner und Kreisschulungsleiter der Partei, außerdem wurde er 1934 Kreis-Schulungsleiter des NSLB, war Ortsgruppenleiter des VDA, Rednerkursleiter und SD-Außenstellenleiter in Miesbach. Im Juni 1933 wurde er vom RuS-Amt mit dem weltanschaulichen Unterricht für die Standarte 34 (München) beauftragt. 1937 wurde er zum Polizeischulungsleiter beim IdO Bayern-Süd ernannt und zum SSUntersturmführer befördert. Zu seinen Aufgaben gehörte auch die Erteilung weltanschaulichen Unterrichts an der Polizeioffiziersschule Fürstenfeldbruck.366 Dr. Klaus Endres Endres wurde 1906 als Sohn eines Offiziers in München geboren. Er besuchte eine private Volksschule, machte das Abitur am Realgymnasium, absolvierte ein landwirtschaftliches Praktikum und nahm ein Studium der Landwirtschaft auf, das er mit dem Diplom abschloss. Danach arbeitete er als Referendar an der Landwirtschaftsschule und als Assessor an der Bäuerlichen Werkschule Fürstenfeldbruck. Zwischendurch besuchte er einen Lehrgang an der Bauernhochschule Gransee. 1933 trat Endres der SS bei und wurde sofort mit Schulungsaufgaben betraut. 1937 war er an der Schulung der Polizei in München beteiligt, nach dem »Anschluss« wurde er im folgenden Jahr zum Polizeischulungsleiter in Wien kommandiert und dürfte dort etwas später die Nachfolge von Gutensohn angetreten haben (s. u.).367 Paul Fahnenschreiber Fahnenschreiber, geboren am 9.3.1903 in Düren, stammte aus einer wohlhabenden Familie, sein Vater besaß eine Metallwarenfabrik. Fahnenschreiber absolvierte zunächst, nachdem er das Realgymnasium mit der Obersekundareife verlassen hatte, eine Lehre als Kfz-Schlosser, um sich auf eine Tätigkeit in der Fabrik des Vaters vorzubereiten. Nachdem er sich 1923 an Aktionen gegen die französische Besatzung des
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Ruhrgebiets beteiligt hatte, war er gezwungen, den Wohnort zu wechseln. Im gleichen Jahr trat er in die Reichswehr ein, der er für 7 Monate als Offiziersanwärter angehörte. Danach war er als Automobilverkäufer tätig. 1928 trat er schließlich in das Geschäft des Vaters ein, überwarf sich aber wenig später mit ihm, als er sich 1930 der NSDAP und der SA anschloß. Weil der Vater und dessen Teilhaber andere politische Ansichten vertraten, kam es zu Auseinandersetzungen, die damit endeten, dass Fahnenschreiber die Fabrik des Vaters wieder verließ. Nach einer kurzen Phase der Arbeits- und Perspektivlosigkeit verschrieb er sich ganz der nationalsozialistischen Bewegung. 1932 wurde er Adjutant beim Sturmbann Düren, ein Jahr darauf betraute man ihn mit der Führung des Sturmbanns. Danach war er bei den Feldjägern. Nach der Überführung der Feldjäger in die Schutzpolizei wurde er zum Hauptmann ernannt und in die Schutzpolizei übernommen. Nachdem er bis 1937 zwei Polizeireviere geführt hatte, erhielt er eine Anstellung als Lehrer an einer Polizeischule. Daneben war er für die Ausbildung von Polizeihundeführern zuständig, übernahm die Führung einer Kraftfahrstaffel und die Leitung der Ortsgruppe Halle des Kameradschaftsbundes der Polizei. 1938 wurde er als Hauptsturmführer in die SS aufgenommen und zum Schulungsleiter beim IdO Magdeburg ernannt. Zu Beginn des Krieges arbeitete er zunächst als Schulungsleiter für die Hilfspolizei und den Selbstschutz beim BdO Posen, von Januar 1940 bis März 1941 war er als Polizeischulungsleiter beim HSSPF Ost in Krakau eingesetzt. 1943 wurde er zum Major der Schutzpolizei und Sturmbannführer der Waffen-SS ernannt; im Mai 1943 wurde er als Bataillonskommandeur zum BdO Serbien versetzt.368 Kurt Framenau 1902 in Breslau als Sohn eines Oberstadtsekretärs geboren, nach der mittleren Reife Besuch der Verwaltungsakademie, anschließend Tätigkeit als Verwaltungsangestellter und Sozialarbeiter. Framenau ging 1935 zur Polizei, besuchte die Offiziersschule und wurde zum Leutnant der Schutzpolizei ernannt. 1943 war er Major der Schutzpolizei beim Polizeipräsidium Breslau; von dort wurde er als Bataillonsführer zum Einsatz auf dem Balkan kommandiert. 1944 kam er als Polizeischulungsleiter zum BdO Hamburg, nachdem er 1942 bereits für ein halbes Jahr Erfahrungen als Schulungsleiter im Protektorat Böhmen-Mähren hatte sammeln können. Framenau war bereits in den frühen 20er Jahren Mitglied des Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbundes und des Jungdeutschen Ordens, bevor er 1925 der NSDAP und der SA beitrat. Er war Gau- und Kreisredner der Partei, Kreisgerichtsbeisitzer, Unterrichtsleiter und Kompanieführer im Grenzschutz Ost und Schulungswart beim Kameradschaftsbund der deutschen Polizei. 1940 wurde Framenau, der auch hauptamtlicher SA-Führer war, als Sturmbannführer in die SS übernommen.369 Werner Friebel 1910 in Berlin als Sohn eines Klempnermeisters geboren. Nach dem Abitur nahm Friebel zunächst ein Studium auf, musste es aber aus finanziellen Gründen abbre-
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chen und arbeitete danach in der Klempnerei seines Vaters mit. 1934 war er als Angestellter bei der DAF, dann beim Konsistorium der evangelischen Kirche tätig. 1933 ging er zur SS, war Rechnungsführer beim Sturm 7/6. 1942 war er als Leutnant der Reserve Leiter der Abteilung Weltanschauliche Erziehung beim BdO Norwegen.370 Dr. Wilhelm Gutensohn Wilhelm Gutensohn wurde am 21.1.1905 in München als Sohn eines Seminarlehrers geboren und verbrachte seine Kindheit in einem Dorf am Starnberger See. 1917 starb seine Mutter. Gutensohn besuchte in München das Humanistische Gymnasium; nach dem Abitur arbeitete er zunächst ein halbes Jahr in einer Fabrik, studierte dann ein Semester Maschinenbau und entschied sich schließlich für ein Studium der Zahnmedizin. 1928 erhielt er die Approbation als Zahnarzt. Nachdem er einige Jahre als Assistent an der Münchener Universität gearbeitet hatte, ließ er sich 1932 als Zahnarzt in Neuendettelsau nieder und betrieb die Praxis dort bis 1937, um sie gegen die Stelle eines Polizeischulungsleiters einzutauschen, promovierte aber noch 1940 in Wien zum Dr. med. dent. 1939 war er als Sturmbannführer beim IdO in Österreich tätig. Gutensohn hatte bereits sehr früh den Weg zur nationalsozialistischen Bewegung gefunden. Nach eigenen Angaben war er schon 1921 bei einer Vorläufer-Organisation der SA und bei der »Hofbräuhausschlacht« dabei gewesen; vorher war er Mitglied beim Jugendbund des Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbundes, im November 1923 gehörte er dem »Jungsturm Adolf Hitler« an und war Kreiskassenwart des NS-Jugendbundes. Nachdem das Verbot der NSDAP wieder aufgehoben wurde, trat er 1926 wieder der Partei und der SA bei. 1927 betraute ihn Himmler mit nachrichtendienstlichen Aufgaben; in einer Gefahrensituation musste sein Mitgliedsbuch verbrannt werden, er wurde aber später mit der alten Mitgliedsnummer wieder aufgenommen. 1934 wurde er Propagandaleiter der Ortsgruppe Neuendettelsau und SA-Referent, seit November 1934 war er auch wieder Mitglied der SS, seit 1935 als Standartenschulungsleiter 73 im Oberabschnitt Main. 1936 wurde er zum Hauptsturmführer befördert, im Juni 1937 folgte die Ernennung zum Schulungsleiter beim IdO Bayern-Süd, daneben nahm Gutensohn vorübergehend auch die Geschäfte des Schulungsleiters beim IdO Bayern-Nord und der Polizeioffiziersschule Fürstenfeldbruck wahr. 1938 wurde er zum Sturmbannführer ernannt und mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Polizeischulungsleiters beim IdO in Österreich beauftragt; später wechselte er vermutlich als Polizeischulungsleiter zum BdO Prag. Gutensohn war Träger des Blutordens und des Goldenen Parteiabzeichens; für seinen ersten Sohn übernahm Himmler die Patenschaft.371 Max Härtel 1897 in Breslau als Sohn eines Regimentsquartiermeisters und Gerichtsvollziehers geboren. Nach dem Abitur Aufnahme eines Jura-Studiums, vorzeitig abgebrochen,
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Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter, 1926/27 arbeitslos, dann Beschäftigung bei den Hamburger Elektrowerken. Härtel trat erst 1933 der NSDAP und der SS bei, hatte aber schon 1927 bis 1930 der Ludendorff-Bewegung angehört. Er war Schulungsleiter der SS-Reiterstandarte in Hamburg, wurde 1936 zum Untersturmführer befördert und 1937 als Polizeischulungsleiter für Groß-Berlin eingesetzt. 1941 wurde er zum Sturmbannführer im Hauptamt Orpo ernannt.372 Wilhelm Heckmann Wilhelm Heckmann wurde am 23.1.1904 als Sohn eines Zugführers der Reichsbahn in Hamm geboren. Er besuchte dort nach der Volksschule die Präparandenanstalt und das Lehrerseminar. 1924 legte er die 1. Lehramtsprüfung ab. Da er zunächst keine Arbeit im Schuldienst fand, war er bis 1926 in wechselnden Stellen tätig: als Bergmann, Postaushelfer, Buchhalter, Bademeister und Expedient. Schließlich erhielt er eine Anstellung an der Berufs- und Handelsschule in Hamm, danach als Hilfslehrer an der Schule der Pädagogischen Akademie Dortmund und an verschiedenen Volksschulen im Ruhrgebiet. Zwischenzeitlich war er auch an der Bauernhochschule Goslar tätig. Heckmann ließ sich noch als Schwimmlehrer ausbilden, besuchte das Institut für Leibesübungen in Münster und legte 1931 die Sportlehrerprüfung ab; daneben besuchte er noch eine Fliegerschule. Nachdem er 1932 die 2. Lehramtsprüfung abgelegt hatte, fand er zum 1.4.1933 eine Festanstellung in Hamm. Im März 1937 wurde er Leiter der Polizeiberufsschule in Hamm, und noch im gleichen Jahr, am 1.8.1937, erhielt er die Berufung zum Polizeischulungsleiter beim IdO Münster. Heckmann war erst 1933 in die SS eingetreten. Nachdem er zuerst Sportlehrer einer Standarte war, wurde er 1935 zum Sturmbann-Schulungsleiter ernannt; darüber hinaus war er Leiter für weltanschauliche Schulung in einem HJ-Bann. Kurz vor seiner Berufung zum Polizeischulungsleiter wurde er zum Untersturmführer befördert. Im Mai 1939 meldete er sich als Freiwilliger zur Wehrmacht und absolvierte dort ein halbes Jahr Wehrausbildung, anschließend kam er 1940 am Westwall zum Einsatz. Im April 1940 wurde er aus der Wehrmacht entlassen und zum Stab des BdO Münster und Den Haag kommandiert. 1941 folgte die Beförderung zum Sturmbannführer. 1943 war Heckmann Polizeischulungsleiter beim HSSPF West, 1944 beim BdO Hannover, im August 1944 wurde er zum Leiter der Abt. VI für Weltanschauliche Führung beim HSSPF Mitte ernannt.373 Josef Heigl Josef Heigl, geboren am 10.3.1898 in Larsbach/Niederbayern, entstammte einer katholischen Bauernfamilie. Er besuchte die Volksschule und das Gymnasium und legte 1919 ein Kriegssonderabitur ab, nachdem er sich Ende 1914 freiwillig zum Militär gemeldet hatte, bei dem er es zum Leutnant der Reserve brachte. 1919 schloß er sich dem Freikorps Epp an. 1921 absolvierte er das Lehrerseminar in Straubing und erhielt
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anschließend verschiedene Stellen als Aushilfs- und Hilfslehrer, bis er schließlich als Lehrer in Gottfrieding (zwischen Landau und Dingolfing gelegen) angestellt wurde; später war er hier auch Mitglied im Gemeinderat. Bereits 1925 war Heigl der NSDAP beigetreten, 1927 der SA, 1929 der SS. Nach einem Rednerkurs setzte man ihn als Kreisund Gauredner und als Kreisschulungsleiter der NSDAP in Landau-Dingolfing ein. 1931 erhielt er von der Kreisregierung Niederbayern einen strengen Verweis wegen seiner politischen Aktivitäten. Im gleichen Jahr wurde er zum Sturmführer, 1933 zum Obersturmführer, 1934 zum Standartenschulungsleiter und zum Führer der 31. Standarte ernannt; er erhielt den Auftrag, die Geschichte der Standarte zu schreiben und ein entsprechendes Archiv anzulegen. Nach der Teilnahme an einem Lehrgang an der Reichsschule Bernau wurde er 1936 als Mitarbeiter und weltanschaulicher Lehrer im Hauptamt für Beamte eingestellt. Mit der Ernennung zum Schulungsleiter beim IdO Bayern Nord am 1.8.1937 gab er seine hauptamtliche Tätigkeit im Schuldienst auf. Wenig später folgten die Beförderung zum Hauptsturmführer und die Ernennung zum Polizeischulungsleiter. Mit Ausbruch des Krieges drängte es auch Heigl erneut an die Front, seiner Bitte um Einberufung wurde aber nicht entsprochen, weil, so die Begründung des SS-Personal-Hauptamtes, die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei wegen der großen Zahl auszubildender Polizeireservisten und -rekruten eine zu wichtige Aufgabe sei. Im November 1940 nahm Heigl an der Arbeitstagung der Polizeischulungsleiter im Reichsministerium des Inneren teil und hielt dort einen Vortrag über »Tages-, Wochen- und Monatsschulung beim Einzeldienst der Schutzpolizei«.374 Nach seiner Beförderung zum Obersturmbannführer wurde er im Dezember 1944 zum Leiter der Abt. VI beim HSSPF Main ernannt.375 Hans Heinemann 1915 in Schlüchtern als Sohn eines Polizeimeisters geboren. Er verließ die Oberrealschule mit der Prima-Reife und meldete sich 1934 zur Landespolizei in Darmstadt. Mit Kriegsbeginn kam er zur Feldgendarmerie, besuchte dann einen Offizierslehrgang in Köpenick und nahm als Nachrichtenoffizier mit dem Polizeiregiment Russland-Süd am Russland-Feldzug teil. 1942 war er als Major der Gendarmerie und Polizeischulungsleiter beim BdO Wiesbaden tätig. Heinemann gehörte schon als 14jähriger dem Jungstahlhelm an; er trat 1933 in die SA und die NSDAP ein. 1938/39 besuchte er Lehrgänge auf einer NS-Ordensburg.376 Karl Heyse Karl Heyse wurde am 31.7.1909 in Hindenburg als Sohn eines Oberförsters geboren. Nach dem Abitur nahm er zunächst ein naturwissenschaftliches Studium auf, entschied sich dann aber für ein Lehramtsstudium und legte 1934 die Mittelschullehrerprüfung ab. Anschließend erhielt er eine Anstellung als Hilfs- und Mittelschullehrer in Greifswald, 1935 als Mittelschullehrer in Neuruppin. Er trat 1933 der NSDAP
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und der SS bei, der er als Schulungsleiter der 15. Standarte diente. Seine Tätigkeit als Lehrer war nur von kurzer Dauer, denn noch 1935 wurde er als Referent im RuSHA eingestellt. 1937 war er hier in der Abteilung Polizeischulung als Referent für Rednermaterial zuständig, wenig später übernahm er, inzwischen zum Untersturmführer befördert, das Referat für die Ausbildung der Hundertschaften. 1937/38 war Heyse auch weltanschaulicher Schulungsleiter der Polizeischule Berlin. 1939 folgte die Ernennung zum Polizeischulungsleiter beim IdO Dresden, eine Stelle, die er seit dem Mai 1937 bereits kommissarisch wahrgenommen hatte. 1944 wurde er als Sturmbannführer zum Führer der Abt. VI beim HSSPF Elbe ernannt.377 Willi Karpp Willi Karpp war während der Abwesenheit Werner Pohls (s. u.) vorübergehend Polizeischulungsleiter beim IdO Kassel, anschließend (1942) beim IdO München. 1944 war er Kommandeur der Schutzpolizei in Minsk. Karpp wurde 1896 in Swinemünde geboren. Sein Vater war Handelsschullehrer und Inhaber einer privaten Handelsschule. Karpp besuchte das Realgymnasium, wurde zur Reichswehr eingezogen und erlebte die Kämpfe bei Verdun mit. Nach Ablegung des Notabiturs machte er eine Banklehre und fand anschließend eine Anstellung bei der Kreisbank in Lebus, wurde aber 1924 wieder entlassen. Nach einem halben Jahr Arbeitslosigkeit ging er 1925 zur Schutzpolizei in Berlin; 1929 wurde er zum Leutnant, 1929 zum Oberleutnant ernannt. 1933 wirkte er an der Organisation der Hilfspolizei in Berlin mit, anschließend kam er als Bereitschaftsführer zur Landespolizei; von 1935 bis 1937 war er Adjutant beim SA-Feldjägerkorps in Berlin. Nach der Auflösung der Feldjäger wurde er, inzwischen zum Hauptmann befördert, zur Polizeiverwaltung Köln versetzt und dort 1940 zum Major ernannt. Karpp war schon früh völkisch und nationalsozialistisch orientiert: Er gehörte der DNVP und dem Deutsch-Völkischen Schutz- und Trutzbund als aktives Mitglied an – Karpp war Redner und Ortsgruppengründer und trug die Goldene Ehrennadel des Bundes; bis 1924 gehörte er dem Stahlhelm an, 1929 gründete er die erste nationalsozialistische Zelle bei der Schupo-Inspektion Alexander in Berlin, im Juli 1932 trat er der NSDA bei.378 August Kropp August Kropp wurde am 25.12.1904 in einer evangelischen Familie in Saarbrücken geboren, besuchte dort die Volks- und Mittelschule und absolvierte anschließend eine Ausbildung als Lehrer; ergänzend nahm er an Weiterbildungs- und Sportlehrgängen teil. 1935 trat er der SS und der NSDAP bei. Er besuchte zwischen 1935 und 1939 mehrere Führerlehrgänge der SS. 1936 war er Schulungsleiter der 85. Standarte, im Jahr darauf wurde er zum Untersturmführer im RuSHA ernannt, 1938 folgten die Beförderung zum Obersturmführer und die Einstellung als Polizeischulungsleiter beim IdO Koblenz. Im Mai 1939 meldete sich Kropp freiwillig zur Wehrmacht, absolvierte dort eine
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Ausbildung und diente anschließend als Unteroffizier in einem Infanterieregiment. Anfang 1941 wurde er zum HA Orpo in Berlin abkommandiert und arbeitete hier als Sachbearbeiter im Amt WE 1 (Organisation und Personalien) und WE 3 (Lehrgänge). 1943 war er als Sturmbannführer der Waffen-SS beim HSSPF Russland-Süd eingesetzt, 1944 wurde er zum Führer der Abt. VI beim HSSPF Böhmen und Mähren berufen.379 Karl Krüger Karl Krüger, geboren am 27.6.1903, stammte aus Barth in Pommern; sein Vater war Prokurist. Er besuchte die Volks- und Realschule, die Präparandenanstalt und das Lehrerseminar in Anklam. 1923 legte er die 1. Lehrerprüfung ab; neben der Tätigkeit als Junglehrer begann er noch ein Studium an der Handelshochschule Berlin mit dem Ziel, Diplom-Handelslehrer zu werden. Krüger gab den Volksschullehrerberuf 1927 gegen eine Abfindung wieder auf und schlug sich danach mit wechselnden Arbeiten durch; für die Fortsetzung des Handelsschulstudiums fehlte ihm das Geld. Nach der »Machtergreifung« fand er eine Anstellung zunächst als Hilfspolizist und Wachhabender im Reichsministerium der Luftfahrt, wenig später beim Staatskommissariat Daluege und als Hilfsangestellter im Preußischen Innenministerium. Im Dezember 1934 wurde er als Lehrer bei der Landespolizei Brandenburg und danach in gleicher Funktion an der Polizei-Berufsschule Berlin angestellt. Krüger war bereits 1931 der NSDAP und der SS beigetreten und war Schulungsredner der Partei. 1933 wurde er zum Unterscharführer ernannt, 1934 war er als Pressemitarbeiter und Schulungsleiter beim Sturmbann 75 in Berlin tätig, im April 1937 wurde er als Untersturmführer ins RuSHA übernommen und kurz darauf zum Schulungsleiter, 1938 zum regulären Polizeischulungsleiter beim IdO Stettin ernannt. 1939 folgte die Beförderung zum Hauptsturmführer. Ende 1940 wurde Krüger zur Waffen-SS einberufen, bis Mai 1941 war er als Angehöriger der SS-Totenkopf-Division im besetzten Polen stationiert. Anschließend nahm er, zum Sturmbannführer befördert, die Amtsgeschäfte in Stettin wieder auf. 1943 wurde er zum HSSPF Ostsee kommandiert und dort 1944 zum Führer der Abt. VI ernannt.380 Robert Kühn Über den Gendarmeriehauptmann Robert Kühn, der zwischen 1940 und 1942 mit Unterbrechungen und zwischenzeitlicher Abordnung zum BdO Königsberg Polizeischulungsleiter beim BdO Wiesbaden war, ist nur bekannt, dass er 1904 in Köln geboren wurde und 1933 der NSDAP beitrat.381 Lothar Mildebrath 1905 in Bodenwach geboren, Abitur, Staatsexamen für das Höhere Lehramt, Studienassessor, Studiendirektor. Mildebrath gehörte 1921 dem Freikorps »Freiherr von Reib-
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nitz« an, wurde 1929 Mitglied der NSDAP und war Kreisamtsleiter des NSLB. 1936 trat er der SS bei und wurde Schulungsleiter in der 87. Standarte. Nach der Beförderung zum Untersturmführer wurde er 1937 als Polizeischulungsleiter beim IdO in Dresden eingesetzt. Mildebrath war Leutnant d. R.; er geriet 1944 in britische Gefangenschaft.382 Dr. Werner Pohl Werner Pohl wurde am 12.7.1908 in Kassel geboren, wo sein Vater als Bautechniker tätig war. Er besuchte das Realgymnasium und studierte anschließend in Innsbruck, Königsberg und Jena Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Leibeserziehung. In Innsbruck beeindruckte ihn nach eigener Aussage der »Kampf der Nordtiroler um Südtirol«, er habe hier den »heiligen Zorn der Grenzvölker« erlebt. Pohl, der selbst aktiver Sportler war und schon als Schüler an Ruderregatten teilgenommen hatte, legte eine Ruder- und Schwimmlehrer- und die Turn- und Sportlehrerprüfung ab. Sein Vater war zeitweise erwerbslos, und Pohl war gezwungen, sein Studium zu einem großen Teil selbst zu finanzieren. Während des Studiums arbeitete er als Hilfsassistent am Pädagogischen Institut der Universität Königsberg, in Jena war er als Büroarbeiter im Universitätsrentenamt, zwischendurch auch als Hilfsarbeiter bei Zeiss beschäftigt. 1930-1933 arbeitete er als Sportassistent an der Universität Jena und leitete den Ruderlehrkursus der Universität. 1932 übernahm er für fünf Wochen eine Vertretung am Landerziehungsheim Haubinda, vielleicht auf Vermittlung seines Bruders Erich, der von 1931 bis 1935 in Haubinda arbeitete. Im gleichen Jahr promovierte er bei dem bekannten Reformpädagogen Peter Petersen mit einer Dissertation über »Bündische Erziehung«, eine Arbeit, in der er die deutsch-völkisch ausgerichtete »Bündische Jugend« zum Wegbereiter einer artreinen, »durch Blut, Raum und Geschichte geformten Schicksalsgemeinschaft« deklarierte und die »Abwehrstellung gegen alles Fremde« als eine Hauptaufgabe ihrer Erziehungsarbeit definierte.383 1933 legte er das Staatsexamen ab und arbeitete anschließend als Studienreferendar in Kassel. Von 1935 bis 1937 war er Assessor und Zugführer an der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Bensberg. 1937 wechselte er zur Polizei und wurde Polizeischulungsleiter beim IdO Kassel. Pohl trat erst im April 1933 der NSDAP und im Mai der SS bei, war aber bereits 1931 Mitglied im völkischen »Tannenbergbund« gewesen und im gleichen Jahr aus der Kirche ausgetreten. In der SS übernahm er sogleich Aufgaben der sportlichen und kulturpolitischen Schulung, 1934 wurde er Sturmbannschulungsleiter. Der Dienst als Polizeischulungsleiter wurde 1939 durch den Kriegseinsatz zunächst bei der Wehrmacht, dann bei der Waffen-SS unterbrochen. 1944 wurde er – inzwischen zum Sturmbannführer der Waffen-SS und Major der Schutzpolizei befördert – zum Führer der Abt. VI beim HSSPF FuldaWerra ernannt.384 Pohl versuchte als Polizeischulungsleiter und SS-Offizier ein in jeder Hinsicht vorbildliches Leben zu führen; dazu gehörte auch eine kinderreiche Ehe – für das 6. Kind übernahm Himmler die Patenschaft. Seine Ehefrau starb 1944 im Wochenbettfieber.385
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Karl-Heinz Raubenheimer Raubenheimer war »WE-Führer« und (1944) Leiter der Abt. VI beim HSSPF Nord in Oslo. Er kam nicht aus der Polizei, sondern aus der Waffen-SS. Raubenheimer, 1909 in Kusel in Rheinland-Pfalz geboren, trat bereits mit 18 Jahren der NSDAP bei und wurde, nach kurzer Zeit der Tätigkeit als Landwirtschaftsverwalter, als Gauhauptstellenleiter der Partei und als Gauschulungswalter der DAF beschäftigt. 1939 war er Schulungsleiter beim SS-Oberabschnitt Mitte. Im September 1939 wurde er zur Waffen-SS eingezogen, 1940 besuchte er einen Lehrgang an der Junkerschule Braunschweig, anschließend wurde er als Untersturmführer zum Schulungsleiter einer Totenkopfstandarte und Führer der Abteilung VI der Unterführerschule Lublinitz berufen; nach Auflösung der Schule kam er als WE-Führer zum HSSPF Nord; vermutlich war er in dieser Funktion auch für die Polizei zuständig.386 Fritz Raulien Fritz Raulien, geboren am 29.3.1901 in Waldau/Ostpreußen als Sohn eines Postassistenten, besuchte die Realschule, die Präparandenanstalt und das Lehrerseminar in Waldau. 1921 legte er die erste Lehrerprüfung ab, später absolvierte er noch die Hilfsschullehrerprüfung sowie die Mittelschullehrerprüfung für Biologie und Erdkunde. 1924 erhielt er eine Anstellung als Lehrer im Kreis Waldau, von 1934 bis 1937 arbeitete er als Hilfs-, Volks- und Mittelschullehrer in Königsberg. In seinem eigenen Lebenslauf schreibt er, dass er sich vor allem während der Ausbildung zum Hilfsschullehrer und während des Biologie-Studiums ausgiebig und mit großem Interesse mit Fragen der Vererbungslehre und der Rassenhygiene beschäftigt hätte; unter anderem studierte er die Werke von Klassikern der Rassenhygiene wie Lenz, v. Siemens und Grotjahn. Dadurch erwarb er sich ein Expertentum, das er in eine eigene Vortragstätigkeit beim NSLB und anderen NS-Organisationen in Waldau einbrachte. Raulien war vor 1933 Mitglied der Deutschen Volkspartei und der Nationalsozialistischen Beamtenabteilung, die später in den NSLB überführt wurde. In die NSDAP wurde er am 1.4.1933 aufgenommen. Im folgenden Jahr trat er der SS bei, hatte aber schon im August 1933 begonnen, für das RuS-Amt zu arbeiten. Nach dem Besuch mehrer Schulungslager wurde er 1935 zum Unterscharführer und Standarten-Schulungsleiter in Königsberg ernannt, nach der Teilnahme an einem Lehrgang der RuSSchule in Berlin-Grunewald folgte die Ernennung zum Untersturmführer im RuSHA. Ab 1937 arbeitete er als Polizeischulungsleiter beim BdO Königsberg. Zu Beginn des Krieges wurde er für ein halbes Jahr zur Wehrmacht eingezogen. Im November 1940 hielt er einen Vortrag über »Die Vorbereitung der Schulungskräfte« auf der Tagung der Polizeischulungsleiter im Reichsinnenministerium, 1941 leitete er die Arbeitstagung der Lehroffiziere der Orpo für die NS-Lehre.387 Während des Krieges wechselte er zum BdO Danzig, Ende 1944 wurde er zum Führer der Abt. VI beim HSSPF Danzig-Westpreußen ernannt. In Danzig nahm er Aufgaben des überlasteten RuSFührers wahr und übernahm die Schulung im Oberabschnitt Weichsel. In einem persönlichen Vermerk des BdO vom Mai 1944 heißt es, Raulien sei stark beansprucht
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und sehr empfindlich«, er mache »einen ständig eingeschnappten Eindruck«; der BdO attestierte ihm »aber überdurchschnittliche Leistungen«.388 Johann Rittsteiger Rittsteiger, 1910 in Wiesbaden als Sohn eines Straßenbahnschaffners geboren, legte 1929 das Abitur ab und studierte anschließend an der Pädagogischen Akademie in Frankfurt; 1931 legte er die erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen ab, 1932 erhielt er eine Anstellung an einer Wiesbadener Volksschule, seit 1934 war er vollbeschäftigter Lehrer. 1933 trat er der NSDAP und der SA, 1935 der SS bei, wurde zum Schulungsleiter beim Oberabschnitt Rhein ernannt und gleichzeitig als Schulungsleiter der Gendarmerie eingesetzt. Im November 1937 wurde er für ein Jahr als Polizeilehrer und Polizeischulungsleiter zum Schupo-Kommando Berlin berufen, danach kehrte er nach Wiesbaden zurück.389 Ludwig Rösinger Ludwig Rösinger wurde am 28.9.1898 in Kaiserslautern geboren. Er besuchte nach der Volksschule die Lehrerbildungsanstalt, meldete sich bei Kriegsausbruch freiwillig zum Fronteinsatz, setzte anschließend das Studium fort und begann 1919 als Lehrer in Kaiserslautern; danach war er als Lehrer in Landschulen tätig, bis er 1935 wieder nach Kaiserslautern zurückkehrte. In seinem selbst verfassten Lebenslauf betont er, dass er sich vor allem mit Naturwissenschaften und Literatur und schon seit 1922 auch mit der »Judenfrage« beschäftigt hätte. 1928 trat er öffentlich in Versammlungen als Redner und Werber für die NSDAP auf, 1929 engagierte er sich im Kampfbund für deutsche Kultur, im Frühjahr 1932 trat er der NSDAP bei, war aber schon im Jahr zuvor für die Partei als Schulungsleiter »für weltanschauliche Fragen« tätig gewesen. Rösinger war Kreisobmann des NSLB und Kreisschulungsleiter der NSDAPOrtsgruppe Kaiserslautern, 1935 wurde er auch Kreis-Schulungswalter der DAF. Im November 1935 nahm er an einem 14tägigen Schulungskurs teil, bei dem ihm »überdurchschnittliche Begabung« attestiert wurde. Nach seinem Eintritt in die SS 1936 war er zunächst als Schulungsleiter der 10. SS-Motorstandarte tätig, bis er 1938 zum Obersturmführer und Polizeischulungslehrer beim IdO Stuttgart ernannt wurde. In dieser Funktion war er auch für die weltanschauliche Schulung der Polizeibataillone zuständig, die zu Beginn des Krieges im Wehrkreis V aufgestellt werden. Im März 1942 erhielt er die Ernennung zum Sturmbannführer d. R. der Waffen-SS, 1944 wurde er zum Führer der Abt. VI beim HSSPF Südwest ernannt.390 Günther Rumler Günther Rumler, 1904 als Sohn eines Senatsrats in Bonn geboren, hatte nach dem Besuch des Realgymnasiums – das Abitur holte er 1931 nach – zunächst eine land-
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wirtschaftliche Lehre absolviert und ein Studium an der Landwirtschaftshochschule Bonn-Poppelsdorf aufgenommen, musste Bonn aber wegen einer drohenden Verhaftung durch die französische Besatzungsverwaltung verlassen. Er arbeitete danach in einer Landmaschinenfabrik und als Gutsinspektor, meldete sich aber 1926 zur Polizei und stieg dort rasch zum Offizier auf. Rumler war bereits 1921 bei der Grenzwehr, gehörte in den frühen 20er Jahren dem Geheimbund »Hakenkreuzler« an, war 1925 Mitglied der Deutsch-Völkischen Freiheitspartei und Mitgründer des Wehrwolfs in Bonn. Spätestens ab 1932 arbeitete er politisch für die NSDAP – Rumler war 1932 Mitgründer der NS-Beamten-AG der Fachschaft Polizei in Bonn. 1933 wurde er auf einen Sonderlehrgang für SS- und SA-Führer, die als Polizeioffiziere übernommen werden sollten, an der Polizeihochschule Eiche geschickt; anschließend erfolgte 1934 seine Ernennung zum Leutnant. 1937 wurde er in die Partei aufgenommen, 1939 als Hauptsturmführer in die SS. 1942 folgte die Ernennung zum Sturmbannführer und Major der Polizei, 1944 war er im Hauptamt Orpo tätig.391 Rumler war Verfasser der Schrift »Freigemachtes Grenzland«, die nach einem Runderlass vom Juni 1942 für alle Büchereien der Ordnungspolizei anzuschaffen war; das Buch verarbeitete »in volkstümlicher Form« Erfahrungen der Ordnungspolizei im Westfeldzug 1940. Noch 1943 war eine Neuauflage angekündigt; der Erlös aus dem Vertrieb sollte in einen Sonderfonds für Hinterbliebene gefallener Orpo-Angehöriger fließen.392 Hermann Schegg Hermann Schegg wurde am 18.7.1908 in Würzburg geboren. Er wuchs ohne Vater auf; seine Mutter arbeitete als Buchhalterin und musste den Sohn offenbar an eine Pflegefamilie abgeben, die er selber als einfache Arbeiterfamilie bezeichnete. 1922 bis 1928 besuchte er die Lehrerbildungsanstalt Pasing, anschließend fand er ein Auskommen als Aushilfslehrer an Landschulen in Unterfranken. Nach dem Staatsexamen für den Volksschuldienst wurde er am 1.3.1933 als Hilfslehrer in Steinbach bei Aschaffenburg eingestellt, 1936 folgte die endgültige Ernennung zum Lehrer und eine Festanstellung in Regensburg. Scheggs Ehrgeiz richtete sich aber schon früh auf die Politik. 1930 trat er der NSDAP bei und betätigte sich als Parteiredner und Schulungsleiter; im Januar 1931 wurde er mit der Führung der nationalsozialistischen Junglehrerschaft in Unterfranken beauftragt. Mehrmalige politisch begründete Versetzungen im Schuldienst konnten ihn nicht davon abhalten, mit Beiträgen für nationalsozialistische Zeitungen hervorzutreten. Im Juli 1932 wurde er Stützpunktleiter und 2. Bürgermeister in Steinbach, nach der Machtübernahme avancierte er zum Bürgermeister und Politischen Leiter, gleichzeitig wurde er Führer der Junglehrerschaft im NSLB Unterfranken. Nach einem Besuch der Reichsführerschule Gildenhall bei Neuruppin wurde er im Herbst 1933 zum Kursleiter an der Gauführerschule Velburg in der Oberpfalz berufen, im Dezember 1933 folgte die Ernennung zum Gauschulungsleiter, danach war er hauptberuflich als Dienst- und Schulungsleiter im Grenzlandamt bei der Gauleitung Bayerische Ostmark der NSDAP und der in Personalunion geführten Landesgruppe des Bunds Deutscher Osten (BDO) tätig. In
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diesem Rahmen erarbeitete er den Plan für eine »Schulungsstätte für Grenzkämpfer«. 1935 trat Schegg der SS bei. Im September 1935 nahm er in Berlin an einem Schulungskurs für eine Tätigkeit beim SD teil. 1937 war er als Unterscharführer, Sturmschulungsmann, stellvertretender Sturmbann-Schulungsleiter und Pressereferent beim SS-Sturm 10/68 in Regensburg aktiv, wo er inzwischen wieder als Volksschullehrer tätig war. Lange hielt es ihn nicht im Lehrerberuf. 1937 nahm er an einem Kurs des RuSHA teil, nach einem weiteren Kurs im Januar 1939 wurde er zum Untersturmführer im SS-HA ernannt und am 20. Februar 1939 als Polizeischulungsleiter beim IdO Bayern-Süd in München eingestellt. Schegg hatte sich zuvor selber schriftlich um eine solche Position beworben. 1941 wechselte er als Hauptsturmführer zur Abteilung »WE« im Hauptamt Orpo und arbeitete dort abwechselnd in den Abteilungen WE 2 und WE 3. Ein halbes Jahr später, im August 1941, fiel er als Sturmbannführer der Waffen-SS in Estland.393 Roland Schoenfelder Schoenfelder wurde 1903 in Altdamm bei Stettin geboren. Der Vater war Offizier der Reichswehr und hatte seinen Sohn offensichtlich für eine militärische Laufbahn bestimmt, denn Schoenfelder besuchte eine Kadettenanstalt, konnte aber nicht mehr am Krieg teilnehmen. Er schloss sich 1919/20 dem Grenzschutz Westpreußen an und gehörte zeitweise der »Schwarzen Reichswehr« an, eine Offizierslaufbahn war aber nicht möglich, und er absolvierte deshalb eine landwirtschaftliche Lehre. Er arbeitete einige Jahre als Landwirtschaftsbeamter, dann als Kaufmann bei Krupp und als freier Journalist. Schoenfelder gehörte schon früh der NSDAP an, musste die Partei aber aufgrund von Feme-Prozessen verlassen; 1931 erfolgte der Wiedereintritt, 1933 wurde er zum SA-Sturmführer ernannt. Aufgrund seiner journalistischen Tätigkeit war Daluege auf ihn aufmerksam geworden und machte ihn noch im gleichen Jahr zum Hauptschriftleiter der Zeitschriften »Der deutsche Polizeibeamte« und »Deutscher Polizeisport«. Anfang 1938 wurde Schoenfelder als Hauptmann in die Schutzpolizei, 1940 als Hauptsturmführer in die SS übernommen und im gleichen Jahr zum Polizeischulungsleiter beim BdO Den Haag in den Niederlanden ernannt. Im späteren Verlauf des Krieges nahm er als Kompaniechef und Sturmbannführer der Waffen-SS am »Bandenkampf« im Osten teil.394 Hugo Stelzer Stelzer, geboren am 15.9.1901 als Sohn eines Töpfermeisters, besuchte das Lehrerseminar in Uelzen und legte dort 1922 die Volksschullehrerprüfung ab. 1923 erhielt er eine Anstellung als Lehrer für Leibesübungen und Naturkunde an einer privaten Realschule in Kiel-Friedrichsort. 1928 nahm er noch ein Studium an der Kieler Universität auf, studierte Biologie, Psychologie und Leibesübungen und legte 1931 die Prüfung als Turn- und Sportlehrer ab. Von 1932 bis 1937 war er an verschiedenen
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Schulen in Ostfriesland tätig. Stelzer trat zwar erst am 1.4.1933 der NSDAP bei, war aber schon 1932 am Aufbau des NSLB in Ostfriesland beteiligt. Nach der Machtergreifung wurde er Kreisschulungswalter im NSLB sowie Ortsgruppenschulungsleiter und Kreishauptstellenleiter der NSDAP. 1935 wurde ihm die Zuständigkeit für die weltanschauliche Schulung der Schulamtsbewerber im Kreis Leer übertragen, außerdem war er Mitglied im Kreis-Prüfungsausschuss für Volksschullehrer. Seit dem 1.5.1933 gehörte Stelzer auch der SS an; im Herbst 1933 wurde er zum »Rassereferenten«, danach zum Schulungsleiter, wenig später zum Sturmbann-Schulungsleiter in Leer ernannt. Ab 1937 war er Schulungsleiter beim IdO in Kiel und Hamburg, dann Hauptsturmführer und Polizeischulungsleiter beim IdO Hamburg. Bei Beginn des Krieges, im November 1939, wurde er als 2. WE-Führer zur SS-Polizei-Division abgeordnet. Auf der Arbeitstagung der Polizeischulungsleiter im Innenministerium im November 1940 hielt er einen Vortrag über »Die Offizierskorps und die weltanschauliche Erziehung«, im November 1941 referierte er über »Gemeinschaft und Einzelpersönlichkeit im Staate« auf der Arbeitstagung der Lehroffiziere der Ordnungspolizei für »NS-Lehre«.395 Stelzer war inzwischen zum Sturmbannführer d. R. befördert worden und arbeitete seit dem März 1941 als Sachbearbeiter in der Abteilung »WE« des HA Orpo. 1942 war er stellvertretender Leiter der Gruppe WE, 1943 wurde er Amtsgruppenleiter. Ende August 1944 übernahm er, inzwischen zum Major der Schutzpolizei befördert, neben seiner Tätigkeit im HA Orpo die Dienstgeschäfte des Polizeischulungsleiters beim Kommando der Schutzpolizei Berlin, Ende 1944 folgte die Ernennung zum Führer der Abt. VI beim Oberabschnitt Spree.396 Hans-Joachim Timm Timm, 1909 als Sohn eines Ingenieurs in Breslau geboren, hatte nach dem Abitur zunächst eine kaufmännische Lehre gemacht und anschließend als technischer Angestellter gearbeitet, schlug dann aber eine Laufbahn bei der Polizei ein. Er gehörte seit 1931 der SA, seit 1932 der NSDAP an. 1933 war er bei den SA-Feldjägern, 1935 wurde er in die Schutzpolizei übernommen, legte die Offiziersprüfung ab und wurde 1936 zum Leutnant ernannt. 1938 wurde er zum Hauptmann befördert und als Hauptsturmführer beim Oberabschnitt Nordost in die SS aufgenommen. In Königsberg war er als Hundertschaftsführer in der Polizeiausbildung tätig, bei Kriegsausbruch marschierte er als Kompanieführer mit dem PB 11 in Polen ein. Timm war Polizeischulungsleiter beim BdO Königsberg – genaue Daten sind nicht bekannt – und nahm 1941 vorübergehend die Aufgabe des Polizeischulungsleiters beim IdO Kassel wahr.397 Richard Timmermann Richard Timmermann, 1899 in Elmenhorst geboren, war Lehrer, zuletzt als Rektor in Wesselburen tätig. Er hatte am 1. Weltkrieg teilgenommen und trug das »Front-
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kämpferehrenzeichen«. 1924 wurde er Mitglied im Stahlhelm, am 1.9.1932 trat er der NSDAP bei und übernahm dort Aufgaben als Kreisredner und Ortsgruppenleiter. 1935 wechselte er von der SA zur SS; hier betätigte er sich als Standarten-Schulungsleiter. Im Juli 1937 wurde er zum Untersturmführer und Schulungsleiter im Schulungsamt des RuSHA ernannt, kurz darauf folgte die Abordnung als Schulungsleiter beim IdO Brandenburg und Kurmark, 1938 folgte die Ernennung zum Polizeischulungsleiter, 1939 die Beförderung zum Hauptsturmführer. Bei Kriegsausbruch meldete Timmermann sich freiwillig zur Front; wenig später fiel er im Juni 1940.398 Franz Vietz Franz Vietz, 1908 als Sohn eines Steinmetzmeisters in Ebstorf bei Hannover geboren, machte nach Volks- und Privatschulbesuch zunächst eine Lehre als Bankkaufmann und arbeitete anschließend als Sparkassenangestellter, meldete sich aber schon 1925 als Freiwilliger zur Kriegsmarine. Bis 1932 war er als Unteroffizier (Steuermannsmaat) bei der Marine, danach folgte eine kurze Phase der Arbeitslosigkeit, spätestens ab 1935 war er in hauptamtlichen Diensten bei der SS beschäftigt. Vietz kam aus der völkischen Jugendbewegung – 1923 gehörte er dem Wiking-Bund an – und schloss sich im Frühjahr 1932 der SS an; er wurde zum Schulungsleiter der 28. Standarte, dann (1935) zum Schulungs- und Musterungsreferenten des RuS-Führers Nordost, nach seiner Beförderung zum Hauptsturmführer schließlich zum Polizeischulungsleiter in Königsberg ernannt. Ab November 1939 war er »RuS-Führer Weichsel« in Danzig; dort baute er den Selbstschutz Westpreußen mit auf. In seiner Funktion als RuS-Führer gab er Schulungsbriefe heraus, die auch in der Polizei der eingegliederten Ostgebiete Verwendung fanden.399 Wilhelm Wagener Wilhelm Wagener stammte aus einem niedersächsischen Dorf in der Nähe von Gifhorn; sein Vater war selbständiger Kaufmann. Wagener besuchte die Oberrealschule in Wolfenbüttel, machte dort das Abitur und absolvierte anschließend ein Studium an der Erziehungswissenschaftlichen Abteilung der TH Braunschweig. 1933 legte er die Lehramtsprüfung für Volksschulen ab und arbeitete danach als Lehrer in Braunschweig. Bereits 1923 war er dem völkischen Jugendbund der »Adler und Falken« beigetreten, während des Studiums schloss er sich dem Nationalsozialistischen Studentenbund an, 1930 trat er der NSDAP und dem NSLB bei und wurde Gau-Unterabteilungsleiter im NSLB. Im Winter 1934/35 und 1935/36 ließ er sich jeweils für Schulungsaufgaben in der Landesbauernschaft vom Schuldienst beurlauben. Wagener war Schulungsleiter und Abteilungsvorstand der Landjugend und hielt Lehrgänge für Bauernführer und die Landjugend ab; unter anderem führte er »Brauchtumslehrgänge« und »Dorfgemeinschaftsabende« durch. Hier wurde der zuständige Rassereferent des RuSHA auf ihn aufmerksam und holte ihn als Schulungsleiter in
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die SS. Nach dem Besuch eines Vorbereitungslehrgangs für Schulungsleiter bei den Inspekteuren der Orpo in der SS-Schule Grunewald wurde er 1937 zum Untersturmführer und Leiter für weltanschauliche Schulung beim IdO in Hannover ernannt, 1938 folgte die Beförderung zum Obersturmführer und die Einsetzung als Polizeischulungsleiter. Anfang 1940 wechselte er als Schulungsleiter zum BdO Posen, im Juli 1940 wurde er für kurze Zeit auch mit der Schulung der Allgemeinen SS im Oberabschnitt Warthe beauftragt; er sollte sich vor allem der »neu aufgenommenen volksund baltendeutschen SS-Bewerber« annehmen. Zum 1. September 1940 schied er aus dem Dienst wieder aus, vermutlich, weil er zur Waffen-SS einberufen wurde; im Mai 1941 kehrte er als Schulungsleiter zum OA Mitte zurück, gleichzeitig erfolgte die Ernennung zum Sturmbannführer und Reserveführer der Waffen-SS. 1942 war er weiterhin als Polizeischulungsleiter beim HSSPF Mitte tätig, im Frühjahr 1943 wurde er zum HSSPF Krakau versetzt. Im September 1943 kam Wagener als Polizeischulungsleiter des BdO Agram nach Kroatien, wurde aber nach wenigen Wochen wieder versetzt, weil der Beauftragte des RFSS für Kroatien, Gruppenführer Kammerhofer Einwände wegen mangelnder Fronterfahrung erhob. Wagener sollte daraufhin als Stabsoffizier für Weltanschauliche Führung bei der im Aufbau befindlichen Albanischen Division eingesetzt werden, kam aber zunächst als Zugführer zu einer Panzergrenadierschule der SS und im Mai 1944 zur SS-Division »Wiking«. Im gleichen Jahr wurde er dem BdO Münster unterstellt, aber es scheint, dass er in der folgenden Zeit bis zu seinem Tod im Januar 1945 als Führer der Abt. VI bei der Division Wiking eingesetzt war.400 Dr. Gerhard Wetzel Gerhard Wetzel, Jahrgang 1893, war Diplomhandelslehrer und promovierter Naturwissenschaftler. Er hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und war bereits 1914 für die restliche Dauer des Krieges in französische Kriegsgefangenschaft geraten. Er wurde erst 1937 in die NSDAP aufgenommen, war aber schon im November 1933 in die SS eingetreten. Zu Beginn des 2. Weltkrieges diente er als Untersturmführer in der 7. SS-Reiter-Standarte. Von 1941 bis 1943 arbeitete Wetzel im Hauptamt Orpo und wurde im Rang eines Obersturmführers als Lehroffizier an die Polizeioffiziersschule Köpenick berufen, wo er mit Vorträgen zu Themen wie »Die erbbiologischen Grundlagen unserer Weltanschauung« hervortrat. 1944 war er als Polizeimajor an der Offiziersschule der Ordnungspolizei in Mariaschein tätig, Ende 1944 wurde er als Führer der Abt. VI in Mariaschein dem SS-HA unterstellt.401 Dr. Wolfgang Wieckberg Wieckberg wurde 1894 als Sohn eines evangelischen Pfarrers in Libau im Kurland (Lettland) geboren. Er besuchte das deutsche humanistische Landesgymnasium in Goldingen und legte dort 1913 das Abitur ab. Während des 1. Weltkrieges musste er
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auf russischer Seite gegen die deutschen Truppen kämpfen. Nach dem Krieg studierte er in Dorpat, Berlin und Greifswald Theologie, Germanistik, Geschichte und Philosophie. 1922 promovierte er an der Universität Greifswald mit einer kunstphilosophischen Dissertation (»Grundwissenschaftliche Unterlagen der Kunstwissenschaft«). Danach arbeitete er als Lehrbeauftragter zunächst an der Greifswalder Universität, dann am Lessingmuseum in Berlin. Die Dozententätigkeit in Greifswald hatte er aus wirtschaftlichen Gründen wieder aufgeben müssen, ein Stipendium der Notgemeinschaft verfiel durch die Inflation. Wieckberg betätigte sich hauptsächlich als Schriftsteller und Mitarbeiter völkischer Zeitschriften und Zeitungen. Unter anderem war er Schriftleiter der von Moeller van der Bruck herausgegebenen politischen Wochenschrift »Das Gewissen« und der »Gelben Blätter«, der Zeitschrift des »Bundes der Wandervögel und der Kronacher«. Bereits 1919 gab er die »Blätter zur Kunst fürs Baltenland« heraus, die als Beilage zu den »Baltischen Blättern« erschien. Für seine geistige Entwicklung waren, wie er selbst angibt, die Werke Hans F. K. Günthers entscheidend, daneben war er vor allem von Darré und Rosenberg beeinflusst. Wieckberg kam aus der deutsch-baltischen Bewegung. Schon 1912 gehörte er dem »Verein der Deutschen in Kurland« an, 1920 dem »Deutschen Baltenverband«; zwischenzeitlich übernahm er eine leitende Tätigkeit im »Verband der im Ausland geschädigten Inlandsdeutschen«. 1929 fand er über das Studium Günthers zum »Nordischen Ring«, danach wurde er Mitglied der Deutschen Glaubensbewegung. 1932 trat er der SA bei, im März 1933 der SS und kurz darauf der NSDAP. Von 1934 bis 1937 war er hauptamtlicher Fachgruppenleiter im NS-Reichsbund für Leibesübungen, 1938 bekleidete er das Amt eines stellvertretenden Leiters des »Bundes für deutsche Leibeszucht im Deutschen Reichsbund für Leibesübungen«. Gleichzeitig war Wieckberg seit 1934 als Schulungsleiter bei der SS tätig. Im April 1937 wurde er zum Untersturmführer im RuSHA ernannt und bald darauf als Polizeischulungsleiter eingestellt. In den Jahren 1938 bis 1940 war er als hauptamtlicher Polizeischulungsleiter an der Offiziersschule Köpenick beschäftigt und hielt hier Vorträge zur weltanschaulichen Erziehung, u. a. über »Die Gottesfrage in vorderasiatisch-semitischer und nordisch-germanischer Auffassung« und »Das Schweden Gustav Adolfs und die germanische Verantwortung«.402 Ende August/Anfang September 1940 trat er die Nachfolge Wageners als Polizeischulungsleiter beim BdO Posen an, eine Stellung, die er bis zur Räumung Posens behielt. Beim HSSPF Posen leistete er auch 1942 seinen aktiven Wehrdienst ab. Inzwischen im Rang eines Polizeimajors und Sturmbannführers der Waffen-SS, wurde er Anfang 1945 noch als WE-Führer zur SS-Polizei-Grenadier-Division beim BdO Hannover und HSSPF Mitte abkommandiert.403 Karl Witt Karl Witt weist die Laufbahn eines typischen nationalsozialistischen Polizeioffiziers auf. Er wurde 1902 als Sohn eines Obermonteurs in Altona geboren. Noch während der Schulzeit diente er 1919/20 beim Hamburger Zeitfreiwilligen-Jägerkorps. Nach dem Abitur an der Oberrealschule meldete er sich 1923 zur Schutzpolizei. Er be-
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suchte zunächst für ein Jahr die Polizeischule in Kiel und kam anschließend als Wachtmeister nach Altona; nach dem Besuch von Lehrgängen an der Polizeischule für Leibesübungen in Spandau und der Höheren Polizeischule in Eiche wurde er 1929 zum Leutnant ernannt. 1928 nahm er darüber hinaus an einem einjährigen Offiziers-Reiterlehrgang in Potsdam teil. Obwohl er offenbar kein exzellenter Reiter war (»reiterliche Veranlagung kaum ausreichend«), wurde er anschließend als Zugführer bei der berittenen Polizeibereitschaft in Berlin eingesetzt. Ende 1929 folgte die Beförderung zum Oberleutnant. Danach kehrte er als Zug- und Hundertschaftsführer nach Altona zurück. 1935 wurde er zum Hauptmann ernannt. Witt war bereits früh politisch engagiert. In einer Beurteilung durch den Polizeipräsidenten von Altona aus dem Jahr 1933 heißt es, Witt verfüge über eine »gefestigte und betätigte nationalsozialistische Weltanschauung« und sei deswegen vor 1933 im beruflichen Fortkommen benachteiligt worden, deshalb habe sich bei ihm auch »eine gewisse Verärgerung« angesammelt – vermutlich galt er als leicht aufbrausend. Witt, dessen Vater Industriearbeiter war, gehörte 1922 nach eigenen Angaben für etwa ein Vierteljahr der SPD an, will aber schon seit 1926 in der Altonaer Schupo Werbung für den Nationalsozialismus betrieben haben; zusammen mit dem späteren Lehroffizier für NS-Lehre in Fürstenfeldbruck Hans-Joachim Schieritz, der aus gleichen Gründen ebenfalls mehrmals bei Beförderungen übergangen worden sei, gründete er die nationalsozialistische Zelle im Offizierskorps Altona. 1930 schloss er sich der völkischen Glaubensgemeinschaft »Nordungen« an. Im Mai 1932 schließlich trat er auch formell der NSDAP bei. Ein früherer Beitritt, so Witt, sei vom damaligen Gauleiter »aus Tarnungsgründen« nicht erwünscht gewesen, denn schon seit 1931 habe er die Bewegung systematisch über alle Vorgänge bei der Polizei unterrichtet und rechtzeitig vor Hausdurchsuchungen warnen können. Im April 1933 trat Witt auch der SS bei; 1934 wurde er zum Ober-, 1935 zum Hauptsturmführer ernannt. Witt besuchte den weltanschaulichen Schulungslehrgang in Berlin vom 3. bis 8.5.1937 und einen weiteren Lehrgang in Babelsberg vom 10.10. bis 21.10.1937. 1940 erfolgte seine Ernennung zum Sturmbannführer und Polizeischulungsleiter zunächst beim IdO in Königsberg, 1941 nahm er die Funktion des Polizeischulungsleiters vorübergehend in Hamburg wahr, kehrte anschließend für kurze Zeit nach Königsberg zurück und wurde schließlich zum 1.10.1941 als Polizeischulungsleiter beim BdO Ostland in Riga ernannt. Schulungserfahrungen hatte er bereits als Gauschulungswart des Kameradschaftsbundes Deutscher Polizeibeamten in Altona machen können. Bis 1943 blieb Witt Polizeischulungsleiter in Riga; zeitweise war er auch als Verbindungsoffizier in ostländischen Schutzmannschaftsbataillonen eingesetzt. Im Mai 1943 wurde er zur Aufstellung von Hilfspolizeibataillonen als Bataillonskommandeur zum BdO Serbien kommandiert.404 Ulrich Woelfert Woelfert, Jahrgang 1894, stammte aus einer Unternehmerfamilie, sein Vater betrieb ein Baugeschäft in Regenwalde (Pommern). Nach dem Abitur am Humanistischen
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Gymnasium Kolberg absolvierte Woelfert ein Ingenieurs-Studium, das er mit dem Diplom abschloss. Danach arbeitete er als Bauingenieur und übernahm die Leitung des Baugeschäfts und Sägewerks seines Vaters. Er nahm als Freiwilliger am 1. Weltkrieg teil, wurde bei Verdun schwer verwundet und nahm nach dem Krieg als Freikorps-Abgehöriger an der Niederschlagung des Spartakisten-Aufstandes in Berlin teil. Auch am Kapp-Putsch war Woelfert beteiligt. 1929 trat er der NSDAP bei und baute die SA in Regenwalde auf, deren Führer er auch wurde; bei einer Straßenschlacht mit der »Kommune« in Regenwalde zog er sich eine Verletzung zu. Nach dem Wechsel zur SS Ende 1931 wurde er 1934 zum Untersturmführer, 1936 zum Hauptsturmführer ernannt. Ab 1937 war er als Polizeischulungsleiter beim IdO Schlesien in Breslau beschäftigt, 1941 folgte die Beförderung zum Sturmbannführer, 1942 zum Obersturmbannführer der Waffen-SS. Ein Sohn von Woelfert war auf der Napola Köslin.405 Wie sehr sich Woelfert mit der SS und besonders auch mit dem Reichsführer-SS identifizierte, illustriert ein Huldigungsschreiben, das er 1936 Himmler als Dank für den zur Wintersonnenwende erhaltenen Jul-Leuchter zusandte: »Solange, bis die Sonne strahlend uns wieder neues Licht und neue Wärme gab, über 10 Stunden lang, brannte der Jul-Leuchter, das Geschenk meines Reichsführers, mit klarer und stetiger Flamme ins neue Jahr hinein. Aufrecht und stolz ließ der SS-Mann das alte Jahr hinter sich und schreitet kampfentschlossen, neu gewappnet, voller Siegesgewissheit in das neue Jahr; bereit, weiter seine Pflicht zu tun. Die Kinder und Kindeskinder sollen es dereinst leichter haben und unlösbar mit dem Heimatboden verwurzelt sein, für den wir kämpfen wollen bis zum letzten Atemzug! Dankbar für das persönliche Geschenk zur Wintersonnenwende, nehme ich meine Sippe fester an die Hand. Wir marschieren weiter, beseelt von dem Wunsche, dass es unserem Reichsführer SS vergönnt sein möge, bei bestem Wohlergehen seine Schutzstaffeln noch viele Jahre hindurch nach dem Willen des Führers zu leiten!«406
II.6. Die praktische Umsetzung der Richtlinien und Anweisungen zur Polizeischulung – regionale Beispiele Die Errichtung des Polizeischulungswesens begann 1937 mit der Berufung der Polizeischulungsleiter bei den Inspektoren der Ordnungspolizei. Ihre ersten Aufgaben bestanden darin, Schulungsredner und -lehrer zu überprüfen, neu zu rekrutieren und einzusetzen, sie in Lehrgängen einzuweisen und – wo es erforderlich war – die ersten Monatsvorträge selber zu halten. Entscheidend war, genügend Lehrkräfte zu finden, die in der Lage waren, Geist und Inhalt der Materialien und curricularen Vorgaben des Schulungsamtes umzusetzen. Da es daran in der Polizei noch fehlte, wurden anfangs hauptsächlich erfahrene Schulungsleiter aus der SS herangezogen, mit deren Hilfe sich auch mittelfristig ein polizeieigenes Rednerkorps aufbauen ließ. Im Bereich des IdO Bayern-Süd, um ein Beispiel zu nennen, begann der Aufbau der weltanschaulichen Polizeischulung mit der Berufung Wilhelm Gutensohns zum
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Polizeischulungsleiter. Gutensohn stellte gleich zu Beginn seiner Amtszeit klar, dass die weltanschauliche Schulung »eine befohlene und nicht vielleicht bloß halbdienstliche oder nebensächliche Angelegenheit« ist. In den ersten Wochen übernahm er selbst einen großen Teil der Schulungsvorträge; so führte er in den Monaten Juni und Juli zusammen mit dem Hauptmann der Gendarmerie SS-Untersturmführer Bourier die weltanschauliche Schulung der Münchner Schutzpolizei durch, hielt Monatsvorträge vor dem Offizierskorps München und den Gendarmeriebezirksoffizieren Oberbayerns und erteilte 2 Wochenstunden Unterricht im Offiziersanwärterlehrgang in Fürstenfeldbruck.407 Er musste diesen Unterricht allerdings im August 1937 schon wieder unterbrechen, um an der Ostpreußenfahrt des RuSHA teilnehmen zu können. Beim Kommando der Schutzpolizei München setzte Gutensohn, nachdem er die ersten Vorträge noch selbst gehalten hatte, zwei Berufskollegen für die Monatsschulung ein, nämlich den Arzt Peters und den Heilpraktiker Wrede, beide Standarten-Schulungsleiter der Münchener SS, sowie den Landwirtschaftslehrer und SS-Scharführer Klaus Endres. Gutensohn dürfte Endres aus der Arbeit in der SS-Standarte 73 (Ansbach) gekannt haben, der Gutensohn bis zu seiner Berufung nach München angehörte und in der auch Endres als Schulungsleiter tätig war, bevor er nach München wechselte; auf seine Vermittlung hin dürfte auch die Berufung von Endres zum Polizeischulungsleiter in Wien zustande gekommen sein. In Augsburg leitete der dortige Kommandeur der Schutzpolizei die Schulung, wurde aber unterstützt durch den Abschnittsschulungsleiter der Augsburger SS, den Diplomingenieur und Architekten Walter Schäfer, dem noch weitere SS-Männer zur Seite standen. Während die Monatsschulung in München und Augsburg nach Plan anlief – insgesamt wurden von Juni bis September 18 Vorträge gehalten – , hinkte sie in den Kommandobereichen Ludwigshafen und Kaiserslautern, für die Gutensohn zu diesem Zeitpunkt auch noch zuständig war, hinterher: In Ludwigshafen waren gerade einmal 3 Vorträge durch den Kommandeur, in Kaiserslautern zwei durch den dortigen Standarten-Schulungsleiter, den Diplomlandwirt Herbert gehalten worden. Noch schlechter stand es bei den Gendarmerien: Hier waren offenbar größere Vorbereitungsarbeiten nötig, so dass der Beginn der Schulung überhaupt erst für den September 1937 angeordnet wurde. Ein Vortrag Gutensohns vor den Gendarmerieoffizieren Oberbayerns sollte dazu die Orientierung geben. Ähnlich sah es bei den Schutzpolizeien der kleineren Städte und Gemeinden aus: Auch hier waren die organisatorischen Vorbereitungen noch im Gang, so dass der Beginn der Schulung auf den 1. Oktober verlegt wurde. Bis dahin fanden lediglich außerdienstliche Schulungsmaßnahmen des Kameradschaftsbundes statt.408 Am Beispiel München fällt auf, dass hier 1937 überwiegend SS-Führer ohne professionelle pädagogische Qualifikationen berufen wurden – dies war eher ein Ausnahmefall. Schon die Ernennung eines Zahnarztes zum Polizeischulungsleiter beim IdO war ungewöhnlich, und dass Gutensohn zwei weitere Ärzte mit der Polizeischulung beauftragte, hängt sicher mit seinem eigenen beruflichen Hintergrund zusammen. Gutensohn übernahm anfangs auch einen Teil des Unterrichts an der Offiziersschule Fürstenfeldbruck. Aber vor allem in den Lehrgängen an den Polizeischulen und in den Ausbildungshundertschaften brauchte man qualifizierte Lehrkräfte. In
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Hamburg etwa, wo 1937/38 fünf Ausbildungshundertschaften aufgestellt wurden, waren es durchweg Studienassessoren und Volksschullehrer, die den Unterricht in »Geschichte und weltanschaulicher Gesetzeskunde« erteilten – Anfang 1938 waren hier acht Zivillehrer tätig, weitere zehn Lehrer erteilten Deutschunterricht.409 Nach Runderlass vom Februar 1937 sollten für den Geschichtsunterricht »bewährte Zivillehrkräfte« der Polizeischulen und Polizeiberufsschulen übernommen werden. Da das Fach jetzt »Geschichte und Nationalpolitik einschließlich weltanschaulicher Schulung« und etwas später »Geschichte und weltanschauliche Gesetzeskunde« hieß, war der Geschichtsunterricht mit der weltanschaulichen Schulung verbunden und damit in allen Angelegenheiten dem Polizeischulungsleiter unterstellt, der alle Lehrkräfte »im Einvernehmen mit dem RuSHA« zu bestellen hatte. Dies führte vorübergehend zu Unklarheiten bezüglich des Fachs und des Status der Lehrer; viele Polizeischullehrer waren zur Aufgabe gezwungen, weil sie den Anforderungen des RuSHA nicht entsprechen konnten und wegen fehlender SS- oder Parteimitgliedschaft nicht akzeptiert wurden. Vielfach wurden kurzfristig Absolventen der Junkerschulen Braunschweig und Tölz als Leutnante in die Schutzpolizei übernommen und mit dem Unterricht beauftragt. Für sie fand vom 1. bis 31.7.1937 eigens ein Einweisungslehrgang an der Polizeischule Berlin-Schöneberg statt.410 Ein neuer Erlass vom 3.1.1938 bekräftigte jedoch, dass die Lehrkräfte für den weltanschaulichen Unterricht in den Lehrgängen neben der Zugehörigkeit zur Partei oder SS eine erfolgreich abgeschlossene Lehramtsprüfung vorweisen sollten.411 Offenbar gab es aber Unklarheiten darüber, ob dies für den ganzen Fächerkomplex oder nur für das Fach Geschichte galt, da ja »weltanschauliche Gesetzeskunde« oder »Weltanschauliche Schulung« keine Schulfächer waren, für die es ausgebildete Lehrer gab. Jedenfalls sah die Praxis an den Polizeischulen danach so aus, dass sowohl Zivillehrer als auch Polizeioffiziere den Unterricht erteilten. In Fürstenfeldbruck etwa beteiligte sich der Polizeischullehrer Eichstädter 1937 am Unterricht, 1938/39 leitete der Polizeioffizier Schieritz den Unterricht, 1941 erteilten sowohl zivile Lehrer als auch Polizeioffiziere den Unterricht in weltanschaulicher Schulung und »NS-Lehre«.412 An der Polizeischule Berlin-Schöneberg leitete 1937/38 der Mittelschullehrer Karl Heyse den weltanschaulichen Unterricht; als Heyse zum Polizeischulungsleiter beim IdO in Dresden ernannt wurde, übernahm Leutnant Metzger diese Aufgabe. Metzger hatte zuvor einen Junkerschulkurs in Braunschweig und einen Zugführerlehrgang in Dachau besucht; zu Beginn des Krieges wechselte er als Oberleutnant zum Polizeiausbildungsbataillon nach Heidenheim. Als Schulungsredner wurden nach der Einsetzung der Polizeischulungsleiter 1937/38 hauptsächlich Lehrer und Schulungsleiter aus der SS für die Polizeischulung rekrutiert. Die Aufbauphase des Polizeischulungswesens sollte so weit wie möglich in den Händen der SS liegen. Dies lässt sich exemplarisch für den SS-Oberabschnitt Südwest verdeutlichen, der etwa das heutige Baden-Württemberg umfasste. Mit Beginn des Krieges setzte eine grundlegende Änderung ein, weil mit den Einberufungen zur Wehrmacht und zur Waffen-SS immer weniger Schulungskräfte zur Verfügung standen, so dass die Polizei dazu überging, zunehmend Kräfte aus den eigenen Reihen auszubilden und einzusetzen; dies waren zwar in der Regel Parteimitglieder,
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aber sie gehörten nicht immer auch der SS an. Die Inhalte der Schulung – Themen und Materialien – wurden jedoch weiterhin vom Schulungsamt der SS vorgegeben. Dieser Prozess lässt sich gut am Beispiel der ehemaligen Länder Braunschweig und Oldenburg nachzeichnen. Da für diese Länder vergleichsweise umfangreiche Aktenbestände erhalten sind, können wir an ihnen auch exemplarisch die praktische Umsetzung der Richtlinien und Anweisungen zur Polizeischulung veranschaulichen. SS-Oberabschnitt Südwest: Organisation der Polizeischulung durch die SS 1937-1939 Als das RuSHA im Februar 1937 die Einrichtung hauptamtlicher Polizeischulungsleiterstellen bei den IdO ankündigte, schlug der RuS-Führer Südwest die Lehrer Rösinger, Bähr, Kropp und Kunzmann zur Auswahl für diese Aufgabe vor. August Kropp wurde zum Polizeischulungsleiter beim IdO Koblenz ernannt. Kunzmann, der seit 1930 der NSDAP und der SS angehörte, war Studienassessor für Mathematik und Naturwissenschaften, Geschäftsführer des Landesverbandes des VDA Baden, Hauptsturmführer und Schulungsleiter des SS-Abschnitts XIX in Karlsruhe. Der Volksschullehrer Ludwig Bähr, Schulungsleiter der 86. Standarte (Offenburg), war ebenfalls schon seit 1931 Mitglied der NSDAP und der SS, 1931 bis 1933 war er Propagandaleiter der NSDAP in Heidelberg, 1933 diente er bei der Hilfspolizei. Als Pflegestellenreferent der 86. Standarte war er für die Bearbeitung der Abstammungs- und Sippschaftstafeln der SS-Bewerber verantwortlich; zu Beginn des Krieges arbeitete er als Eignungsprüfer bei der für die rassische Überprüfung der volksdeutschen Umsiedler zuständigen EWZ Litzmannstadt, danach als Schulungs- und Musterungsreferent beim RuS-Führer Donau. Vor dem Hintergrund seiner Karriere im RuS-Wesen ist bemerkenswert, dass er 1934 als Anstaltslehrer in einer Erziehungs- und Pflegeeinrichtung für erbkranke Kinder in Baden-Baden (Lichtental) beschäftigt war.413 Das RuSHA entschied sich jedoch für Ludwig Rösinger als Polizeischulungsleiter Südwest. Kunzmann war vermutlich als Abschnitts-Schulungsleiter unentbehrlich, und gegenüber Bähr wies Rösinger, der schon seit 1919 als Lehrer tätig war, deutlich mehr an pädagogischen Erfahrungen sowie Erfahrungen in der nationalsozialistischen Schulungsarbeit auf – schon 1931 war er zum Kreis-Schulungsleiter in Kaiserslautern bestellt worden, seit 1936 war er Schulungsleiter der 10. SS-Motorstandarte (Kaiserslautern), die damals noch zum SS-Abschnitt XIX (Karlsruhe) gehörte. Auf einem Schulungslager des RuS-Führers Südwest in St. Georgen im Oktober 1936 hatte Rösinger einen Vortrag über »Nationalsozialismus als Weltanschauung« gehalten. Anfang April 1937 kündigte das RuSHA seine Einberufung zum Polizeischulungsleiter beim IdO des Oberabschnitts Südwest an. Im Frühsommer 1937 standen wichtige Veränderungen und Aufgaben an. Für den Einzeldienst musste ein Rednerwesen aufgebaut werden, bei den Hundertschaften und Ausbildungsabteilungen waren die Schulungslehrer zu überprüfen und gegebenenfalls auszutauschen. Daneben liefen noch Schupo-Anwärterlehrgänge und allgemeinbildende Lehrgänge an der Polizeiberufsschule in Stuttgart. Den Unterricht in Geschichte und Nationalpolitik in der Ausbildungshundertschaft, bei den
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Anwärterlehrgängen und generell an der Polizeiberufsschule erteilte der Volksschullehrer Georg Niederer, der seit 1924 als hauptamtlicher Polizeilehrer bei der Württemberger Schutzpolizei tätig war und die Polizeiberufsschule leitete. Im Dezember 1936 war mit ihm noch ein Dienstvertrag abgeschlossen worden, der ihm die Vergütung eines Polizeioberlehrers bei 25 Wochenstunden Lehrverpflichtung im allgemeinbildenden und nationalpolitischen Unterricht zusicherte. Wenige Monate später hatten sich die Verhältnisse grundlegend geändert – Niederer, der weder der SS noch der Partei angehörte, kündigte zum 1.6.1937. Kurzfristig wurden daraufhin mehrere Untersturmführer der SS, die als Leutnante in die Schutzpolizei übernommen wurden, mit dem Unterricht in »weltanschaulicher Gesetzeskunde« für die Ausbildungshundertschaft beauftragt.414 Über pädagogische Qualifikationen verfügten sie nicht. Einer, Paul Maurer, war immerhin zuvor ein Jahr zur informatorischen Ausbildung im RuSHA gewesen und hatte dort Erfahrungen als Mitarbeiter beim Schulungsamt machen können.415 Im Juli 1937 kündigte der Polizeipräsident von Stuttgart die Aufstellung einer zweiten Ausbildungshundertschaft an, für die sieben Wochenstunden Deutsch- und vier Wochenstunden Geschichtsunterricht zu erteilen war. Für die Organisation des Geschichtsunterrichts war jetzt Rösinger zuständig. Die Ausbildungshundertschaften bestanden aus insgesamt fünf Zügen, in denen jeweils vier Wochenstunden »Geschichte und nationalsozialistische Gesetzeskunde« unterrichtet werden mussten; dazu kamen zwei Wochenstunden »weltanschauliche Schulung«, die »hundertschaftsweise« erteilt wurden.416 Vermutlich setzte Rösinger die erwähnten Untersturmführer für diese Aufgaben in den Zügen ein und gab die übrigen Unterrichtsstunden selbst. Eine Lösung fand sich aber offenbar 1938, als der Abschnitts-Schulungsleiter und Studienassessor Willi Kunzmann nach der Rückkehr von Wehrmachts-Übungen nicht nur die Monatsschulung der Karlsruher Polizei, sondern auch 12 Wochenstunden weltanschaulichen Unterricht bei den Ausbildungshundertschaften übernahm.417 Erheblich mehr organisatorischen Aufwand erforderte der Aufbau des Rednerwesens für den Einzeldienst von Schupo und Gendarmerie in einem weitläufigen Gebiet, das ungefähr dem heutigen Baden-Württemberg entsprach. Für das SchupoKommando Stuttgart übernahm Rösinger selbst die Monatsschulung. Ab Mitte Juli 1937 hielt er an jeweils zwei Tagen im Monat Vorträge zu den vorgeschriebenen Themen »Die geistige Lage unserer Zeit«, »Was verstehen wir unter Rasse?«, »Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung« und »Warum Erb- und Rassepflege?«. Für die Schupo-Hundertschaften versandte der IdO den zentral angeordneten Lehrplan mit der gleichen rassenbiologischen Ausrichtung, aber erweitert um einen Abschnitt über die NSDAP.418 Das weitere Prozedere sah so aus, dass Rösinger sich an die Standarten- und Sturmbannschulungsleiter des Gebiets wandte und um Mitarbeit oder die Nennung geeigneter Schulungsleiter aus der SS bat und dann nach Rücksprache mit dem RuS-Führer Vorschlagslisten ans SS-Schulungsamt schickte, das die Einsetzung der Redner bestätigen und genehmigen musste. In den meisten Fällen wurden Sturmbann-Schulungsleiter der SS ernannt, die die »Betreuung« der Polizei in ihrem Gebiet mit übernahmen. Da auch ein Sturmbann ein weitläufiges Gebiet umfassen konnte, war diese Betreuung oft mit einem erheblichen Aufwand
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für die ja nur ehrenamtlich tätigen Schulungsleiter verbunden. So berichtete beispielsweise der Obersturmführer Dr. Franz Maier, von Beruf Chemiker in Neu-Ulm, für die Zeit vom 28.6. bis 29.9.1937 über insgesamt 17 Vorträge, davon die ersten vier zu den Themen »Blut und Boden«, »Judentum« und »Die geistige Lage unserer Zeit«, die anderen 13 bezeichnete er als »Rassevorträge«, reihum gehalten bei der Schupo Ulm, der Gendarmerie Ulm sowie der Gendarmerie Blaubeuren und Heidenheim – wohlgemerkt Vorträge, die er zusätzlich und ehrenamtlich zu seinen Aufgaben als SS-Schulungsleiter leistete. Aus Tuttlingen meldete der Sturmbann-Schulungsleiter Max Teufel für das erste Quartal 1938 neben 11 planmäßigen Schulungsvorträgen für die Tuttlinger SS noch 12 »außerdienstliche« Vorträge vor Orpo und Gendarmerie gemäß den Lehrplänen des HA Orpo.419 Die Belastungen waren daher zum Teil erheblich. Der Sturmbann-Schulungsleiter Oberscharführer Dr. Kramer aus Weinsberg bei Heilbronn schrieb, er könne nicht alles alleine schaffen, deshalb schlug er mehrere Kollegen aus der SS zur Unterstützung vor, unter anderem für die Polizei in Wertheim den aus Österreich geflohenen Otto Pommer – Pommer kehrte später als Studienassessor an der Napola Traiskirchen nach Österreich zurück. Kramer selber war Oberregierungsrat, Lehrer und Vorstand der Höheren Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Weinsberg; er gehörte der NSDAP schon seit Mai 1932 an und war als Redner, Pressewart und Stadtrat für die Partei tätig. Nach erfolgreichem Besuch eines Schulungslagers des RuSHA in Hohenheim war er zum Sturm-Schulungsmann und 1936 zum Sturmbann-Schulungsleiter der SS ernannt worden. Kramer meldete für den Sommer und Herbst 1937 den Vollzug der Polizeischulung nach Lehrplan in Heilbronn und Neckarsulm an Rösinger.420 An der Polizeischulung nahmen, wie Untersturmführer Lühr für Baden-Baden und Rastatt berichtete, regelmäßig auch die Angehörigen der Kriminalpolizei und der Gestapo teil.421 Franz Maier setzte wie andere Schulungsleiter des Oberabschnitts einen Film »Rassenkunde des deutschen Volkes« in seiner Arbeit ein, der auf der Grundlage des gleichnamigen Buchs von Hans F. K. Günther erstellt worden war, außerdem kam eine Lichtbilderfolge zum »Bewegungsbild der deutschen Rassen« bei der Polizeischulung zum Einsatz, den der Schulungsleiter Schnitzer aus St. Georgen im Schwarzwald erstellt hatte. Beim RuS-Führer Nordost Rudolf Jacobsen bestellte Rösinger vier Exemplare einer Lichtbildsammlung mit Textheft zum Thema »Bolschewismus«, »nicht geschichtlich, sondern lebens- und rassenkundlich gesehen«, die als Ergänzung zu einem schon im Frühjahr versandten Werk »Brennendes Spanien« empfohlen worden war. Die Filme und Lichtbildsammlungen wurden reihum verliehen, so dass einiges an Anschauungsmaterial für die rassenkundlichen Vorträge der Lehrpläne des 2. Halbjahres 1937 zur Verfügung stand. Im Februar 1938 kam der Film »Erbkrank« hinzu, den Rösinger an den Abschnittsschulungsleiter XXIX in Freiburg sandte. Allen Sturmbann-Schulungsleitern standen im Übrigen die Bildbänder und Lichtbilder-Vorträge des SS-Schulungsamtes aus der Grundschulung der SS zur Verfügung: »Blut und Boden I und II«, »Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus I, II und III«, »Deutsche Geschichte I: Germanische Frühzeit«. Die rassenkundliche Sammlung des Zahnarztes Dr. Schnitzer aus St. Georgen war eine lokalgeschichtliche Kuriosität; Schnitzer versuchte sich an rassenseelenkund-
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lichen Beschreibungen im Stile Ludwig Ferdinand Clauss’. Unter anderem kontrastierte er das Bild einer »Negerfürstin« und einer »Negerin aus Südmarokko« mit dem eines »europäisierten Negers«. Während die ersten beiden Bilder zeigen sollten, »daß selbst die primitive Art nicht abstoßend oder lächerlich wirkt, solange die Art rein verkörpert wird«, verdeutlichte er am »europäisierten Neger« (Bild Nr. 55) den »rassenseelischen Stilbruch«: »Der Lacherfolg dieses Bild ist ein Zeichen dafür, wie richtig der Bruch des Stiles durch den Beschauer empfunden wird.« Als Nr. 56 folgte eine Wiedergabe der bekannten Skulptur »Das Wiedersehen« von Barlach, mit dem Kommentar: »Die Jämmerlichkeit der Haltung zeugt für die innere Haltung des Herstellers«.422 Die »Sammlung Schnitzer«, die bei den »Rassenvorträgen« in der Polizeischulung zur Verwendung kam, war zuvor auf einer Schulungsleiter-Tagung des Oberabschnitts Südwest im April 1937 im Rahmen eines Vortrags des damaligen RuS-Führers Theodor Henschel vorgeführt und besprochen worden.423 Henschel organisierte eine ganze Reihe von Tagungen und Fortbildungsveranstaltungen für Schulungsleiter, bis er 1938 als Hauptabteilungsleiter ins RuSHA berufen wurde. Während des Krieges war er im Stabshauptamt des Reichskommissars für die Festigung des deutschen Volkstums tätig und leitete unter anderem den Ansiedlungsstab Shitomir im Reichskommissariat Ukraine. Der Standartenschulungsleiter für Freiburg Heinz Schmitz, Professor für Forstbotanik an der Freiburger Universität, legte im Oktober einen Quartalsbericht vor, der zeigt, dass ein qualifizierter Redner auch größere Gebiete alleine abdecken konnte. So hielt Schmitz seinen ersten Polizeischulungsvortrag am 9.8.1937 vor der gesamten Polizei Freiburgs einschließlich der Polizeiverwaltungsbeamten und der Gendarmerie des Kreises Freiburg – es muss eine kundgebungsartige Veranstaltung gewesen sein, denn insgesamt waren etwa 470 Mann anwesend, um seinen Ausführungen zur »weltanschaulichen Bedeutung der Rassenlehre« (»Was verstehen wir unter Rasse?«) beizuwohnen. Der Vortrag dauerte 65 Minuten und wurde durch Lichtbilder aufgelockert. Den gleichen Vortrag hielt er am 31.8. vor 43 Polizeibeamten und Gendarmen in Emmendingen. Zwischendurch nahm Schmitz an der Arbeitstagung der Schulungsleiter des Abschnitts XIX vom 20.-22. August in Scheibenhardt teil.424 Schmitz teilte sich die Arbeit allerdings mit seinen Kollegen von der Freiburger SS. Den Monatsvortrag im Emmendingen hielt im September darauf der Studienrat Dr. Glattes. Im Oktober fiel der Monatsvortrag aufgrund einer ungewöhnlichen Häufung von Sondereinsätzen aus, die im Zusammenhang mit dem Parteitag, einem Mussolini-Empfang, einer Rosenberg-Kundgebung u. a. standen. Schmitz hielt den Lichtbildervortrag über die »weltanschauliche Bedeutung der Rassenlehre« in Neustadt im Schwarzwald. Im November hielten Schmitz und Glattes Vorträge zur nationalsozialistischen Geschichtsauffassung in Freiburg, im Dezember sprach Schmitz über »altgermanische Kultur« in einem Hörsaal der Universität vor der Freiburger Polizei.425 Neben Schmitz als Standarten- und Glattes als Sturmbannschulungsleiter waren auch die anderen Freiburger Sturmbannschulungsleiter, die Architekten Hellmuth Phleps und Herbert Kasper an der Polizeischulung beteiligt.426 Rösinger übertrug ihnen neben der Monatsschulung für den Einzeldienst 1939 auch den weltanschaulichen Unterricht an der Gendarmerieschule in Freiburg. Offiziell
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nicht als Lehrer sondern nur als Redner engagiert, absolvierten sie im ersten Halbjahr 1939 ein ambitioniertes Vorlesungsprogramm, das etwa zwei Vorlesungen pro Woche beinhaltete und das ganze Curriculum der »NS-Lehre« umfasste, wie es damals in der SS gepflegt wurde. Den Lehrplan, den Rösinger Ende Januar genehmigte, hatten Glattes und Schmitz selber zusammengestellt; am Anfang standen die Themen »Rasse« und »Judentum«: 1. Was verstehen wir unter Rasse? (Schmitz) 2. Das Judentum (Phleps) 3. Die Geschichte der Bewegung (Kasper) 4. Der Führer (Glattes) 5. Die Rassenlehre als Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung (Schmitz) 6. Das Bauerntum als Lebensquell des Volkes (Phleps) 7. Unser Geschichtsbild (Glattes) 8. Die Stein- und Bronzezeit (Kasper) 9. Odalsrecht und Erbhof (Glattes) 10. Germanische Rassenpflege und das Christentum (Kasper) 11. Warum Erb- und Rassenpflege? (Schmitz) 12. Nationalsozialistische Bevölkerungspolitik (Phleps) 13. Nordische Wanderzüge (Glattes) 14. Das Parteiprogramm (Glattes) 15. Das Dritte Reich (Schmitz) 16. Das Wesen der SS (Kasper) 17. Der Bolschewismus (Phleps) 18. Armin der Cherusker (Glattes) 19. Die eiserne Zeit der Germanen (Kasper) 20. Die Freimaurerei (Schmitz) 21. Germanische Stammesstaaten auf dem Boden des römischen Weltreichs (Glattes) 22. Brauchtum als Ahnenerbe (Phleps) 23. Der Kampf der Franken und Sachsen (Glattes) 24. Das ursprüngliche Christentum der Germanen (Schmitz) 25. Knechtung und Zerfall des Bauerntums (Glattes) 26. Die Gründung des 1. Reiches durch Heinrich I. (Schmitz) 27. Das Hl. Römische Reich Deutscher Nation (Phleps) 28. Das Papsttum (einschl. Kreuzzüge) (Glattes) 29. Reformation und Gegenreformation (Glattes) 30. Der 30jährige Krieg (Kasper) 31. Die Ostkolonisation (Phleps) 32. Die Jesuiten (Schmitz) 33. Der Aufstieg Preußens und die Freiheitskriege (Phleps) 34. Bismarck und das 2. Reich (Kasper) 35. Der Weltkrieg und das Diktat von Versailles (Phleps) 36. Die katholische Aktion (Schmitz) 37. Die Bekenntnisfront (Kasper) 38. Der Kampf der Rassen (Schmitz).427
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Für den letzten Vortrag hatte sich Schmitz zwar selbst eingesetzt, schlug Rösinger aber vor, er möge doch diesen selbst als »Kundgebungsvortrag« halten, denn er stellte sich einen Abschlussvortrag von »mehr aufrüttelnder als belehrender Art« vor, »in dem nach kurzem geschichtlichem Rückblick auf Zeiten des Hochstandes und des Niederganges des deutschen Volkes unsere heutige Lage kurz dargestellt werden soll und dann vor allem auf die Folgerungen für den Einzelnen, seine Pflichten, seine Lebenshaltung und seine Eingliederung in das Volksganze hingewiesen werden soll.«428 An der Freiburger Schule liefen 1938/39 Lehrgänge für Gendarmeriebezirksoberund -hauptwachtmeister.429 Im Juli 1939 begann ein 5monatiger Lehrgang für Anwärter aus dem Sudetenland, bei dem Schmitz erneut als Redner zum Einsatz kam, doch musste er seine Schulungstätigkeit vorzeitig abbrechen, da er im September zu den Totenkopf-Standarten eingezogen und im Januar 1940 als Eignungsprüfer des RuSHA zur EWZ nach Posen und Litzmannstadt bestellt wurde. Im Juli 1940 kehrte er noch einmal als Eignungsprüfer und Abteilungsleiter der Ergänzungsstelle der Waffen-SS in Straßburg zum Oberabschnitt Südwest zurück, im August 1941 wurde er jedoch zur Dienststelle des RuSHA nach Prag beordert, um die vererbungswissenschaftliche Ausbildung der RuS-Eignungsprüfer zu übernehmen, die in Prag ihre theoretische Ausbildung erhielten. Die Eignungsprüfer wurden in den Musterungskommissionen der Waffen-SS gebraucht, wo sie die rassische Eignung von SS-Bewerbern feststellten, in den besetzten Gebieten entschieden sie darüber hinaus über die rassischen Voraussetzungen der Eindeutschungsfähigkeit bzw. der Aufnahme in die »Deutsche Volksliste«. War Schmitz somit endgültig für die Freiburger Polizeischulung verloren, so wurde Lothar Glattes, der schon Anfang 1940 wegen eines Magenleidens vorzeitig von der Wehrmacht zurückkehrte, in der Folge zu Rösingers rechter Hand in Freiburg. An der Gendarmerieschule bestritten inzwischen nach Anweisung des HA Orpo eigene Offiziere den weltanschaulichen Unterricht – Glattes äußerte sich in einem Brief an Rösinger besorgt darüber, dass »die Offiziere jetzt in Weltanschauung machen«, denn »was da herauskommt, das weiß ich vom Kommiss zu genau«. Die Revierschulung der Ordnungspolizei in Freiburg blieb jedoch in den Händen der SS, und Glattes hielt in den folgenden Jahren auch die Monatsvorträge an den Gendarmerieschulen in Freiburg und Deggingen. Als im September 1940 ein Kurs für Polizeireservisten in der Jugendherberge von Titisee angeordnet wurde, für den die weltanschauliche Schulung der NSDAP-Kreisleitung von Neustadt übertragen werden sollte, intervenierte Rösinger beim Badischen Innenministerium und sorgte dafür, dass diese Aufgabe seinem Duz-Freund Glattes übertragen wurde. Glattes frohlockte, er werde sich »über Rasse verbreitern« und am Schluß »ein flammendes Fanal in den Herzen der Reservisten entzünden«. Rösinger schrieb ihm einige Tage später: »Nachdem Du wieder im alten Rahmen eingespannt bist, ist die Sache in Ordnung«, und kündigte schon neue Aufgaben an: »Also ran an die Polizeireservisten, von wegen ›flammenden Fanal in die Herzen‹, ich glaube, dass ich Dich auch benötige für die dankbare Aufgabe der weltanschaulichen Bearbeitung der elsässischen Hilfspolizei.« Glattes hielt im September mehrere Vorträge vor den Polizeireservisten in Titisee und bei der Schulung elsässischer Reservisten in
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Mühlhausen. Nach seinen Erfahrungen im Elsass wurde Glattes auch zum weltanschaulichen Unterricht beim ersten Umschulungslehrgang für ehemalige Gendarme aus dem Elsass, aus Lothringen und Luxemburg herangezogen, der am 4.2.1941 an der Freiburger Schule begann; darüber hinaus setzte Rösinger Glattes auch für die Korrektur der schriftlichen Arbeiten an den Gendarmerieschulen in Freiburg und Deggingen ein.430 Die Schulungsredner aus der SS, die in der Aufbauphase 1937/38 die weltanschauliche Schulung der Polizei trugen, hatten alle zuvor die Auswahl- und Fortbildungslehrgänge des RuS-Führers Südwest besucht und waren »qualifizierte« Kräfte mit teils langjährigen Erfahrungen in der Schulungs- und Parteiarbeit. Im März 1938 führte Rösinger selber in Stuttgart einen 5tägigen Lehrgang für »Nachwuchsredner« der Polizeischulung durch, die die bis dahin eingesetzten Schulungsleiter entlasten sollten; die Teilnehmer sollten, so hatte es das HA Orpo angeordnet, zur Hälfte aus der SS, zur Hälfte aus den Reihen der Polizei kommen. Der Tagesablauf sah vormittags zwei größere Vorträge von erfahrenen Lehrkräften zu grundlegenden Themen und nachmittags Kurzvorträge der Lehrgangsteilnehmer mit anschließender »Aussprache« vor. Abends traf man sich zu einem Kameradschaftsabend, zu einem Theater- oder Filmbesuch. Vortragsthemen waren: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Notwendigkeit der weltanschaulichen Schulung Der Kampf um ein neues Weltbild Unser politisches Soldatentum Neue Mittel und Methoden im Kampf gegen die nationalsozialistische Idee Unsere nationalsozialistische Geschichtswertung Kampf gegen den Volkstod Aufbau des Aktionsbereichs der katholischen Kirche Weltanschauliche Auseinandersetzung mit den »Dunkelmännern« Was uns bewegt Zur Frage der Schulungsgestaltung (Methodik und Rhetorik).431
Die Abschnitts- und Standarten-Schulungsleiter sandten in Frage kommende Nachwuchskräfte zum Lehrgang, die sich auf Kurzvorträge zu den Themen der laufenden Polizeischulung vorbereiten mussten. Walter Dongus zum Beispiel, der Standartenschulungsleiter der Tübinger SS, schickte den Unterscharführer Fuchs aus Böblingen zum Lehrgang mit dem Auftrag, sich auf die beiden Themen »Einbruch des Christentums« und »Ostern in der deutschen Geschichte« vorzubereiten. Der SSSturmmann und Polizei-Obermeister Scheerer aus Pfahlbronn hatte sich auf die Themen »Heinrich I.« und »Knechtung und Zerfall des Bauerntums seit der Christianisierung« vorzubereiten, der Gerichtsreferendar Karl Hanner, SS-Staffel- und Schulungsmann in Hechingen auf »Kaiser Karl I. und der Sachsenherzog Widukind« sowie gleichfalls auf »Knechtung und Zerfall des Bauerntums«.432 Walter Dongus, Volksschullehrer in Eningen, übernahm 1939 für kurze Zeit die Leitung des allgemeinbildenden Unterrichts der motorisierten Gendarmerie in Deggingen und war für die Leitung einer Polizeischule mit Rösinger im Gespräch, wurde aber im Sep-
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tember 1939 zur Waffen-SS eingezogen und anschließend wie Schmitz im Eignungsprüferwesen des RuSHA verwendet; im Verlauf des Krieges avancierte er zum Chef des Rassenamtes und Inspekteur des gesamten Eignungsprüferwesens in Prag.433 Im März 1939 fanden mehrere Lehrgänge für Schulungsleiter der SS statt, an denen auch die Polizeischulungsredner der SS teilnahmen.434 Zuvor hatte Rösinger weitere Wochenendlehrgänge für die Schulungskräfte der Polizei angekündigt, die vermutlich reihum in den drei SS-Abschnitten des OA Südwest stattfanden. Bei der Auswahl der Nachwuchskräfte ging er wie in einem Lehrerseminar vor; erhalten ist ein Formblatt »Beurteilung«: 1. Erscheinungsbild, 2. Charakterliche Eigenschaften, Lebensführung 3. Eignung zum Schulungsdienst a) Klassenmäßiger Unterricht b) Vortrag vor kleinem Kreis c) Vortrag vor großem Kreis d) Vortragsweise 4. Haltung und äußeres Auftreten 5. Allgemeines, Bemerkungen.435
Bei der Beurteilung von Polizeioffizieren war nur der Punkt 3 auszufüllen. Zur Vorbereitung der Besprechungen wurden Listen der in der Polizeischulung tätigen SSAngehörigen erstellt, von denen die Liste für Karlsruhe erhalten ist; sie weist für den Abschnitt XIX (Baden) zehn Namen auf, so dass man davon ausgehen kann, das zu diesem Zeitpunkt ungefähr 30 SS-Männer in der weltanschaulichen Schulung der Polizei des Oberabschnitts Südwest tätig waren.436 Das entspricht auch der Zahl von 31 SS-Männern, die wir für diese Zeit als Polizeischulungsredner des Oberabschnitts nachweisen und identifizieren konnten. Für diese Gruppe lässt sich ein relativ klares Profil zeichnen: Die größte Berufsgruppe bilden Lehrer und Studienassessoren, die knapp die Hälfte (14 = 45%) ausmachen, es folgt eine kleine Gruppe von 5 Diplomlandwirten (davon sind drei als Landwirtschaftslehrer zugleich in der Gruppe der Lehrer enthalten), die anderen verteilen sich auf die verschiedensten Berufe: drei Juristen, zwei Verwaltungsangestellte, zwei Architekten, zwei Kaufleute usw.; die meisten – mindestens 75% - waren bereits vor 1933 nationalsozialistisch und/ oder völkisch organisiert, und fast alle verfügten bereits über Erfahrungen in der praktischen Schulungsarbeit als Schulungsleiter der SS. Das Durchschnittsalter lag im Frühjahr 1939 bei 35 Jahren. Die meisten waren beruflich etabliert, alle hatten einen höheren Bildungsabschluss, die meisten einen akademischen Abschluss, zehn, also immerhin ein Drittel, trugen einen Doktor-Titel. Mit Beginn des Krieges hatte Rösinger die weltanschauliche Schulung der Freiwilligenformationen und der Polizeihundertschaften, die im Wehrkreis V/OA Südwest aufgestellt wurden, zu organisieren. Dazu gehörten auch die Reservisten und Polizeibataillone des Wehrkreises. Unter anderem fiel die Schulung des Stuttgarter PB 53 in seinen Zuständigkeitsbereich, das im Juni 1940 ins Elsass kommandiert
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wurde, um bei der Zusammentreibung von Juden ins Lager Ruffach mitzuwirken, und später an der Bewachung und Räumung des Warschauer Ghettos beteiligt war.437 Weiterhin war er für die Organisation des weltanschaulichen Unterrichts an den Gendarmerieschulen zuständig, an denen er immer wieder auch selber Vorträge hielt.438 Auch die Schulung des Einzeldienstes ging schon wenige Monate nach Kriegsbeginn in gewohnter Weise weiter. Noch aus dem Jahr 1943 sind Rundschreiben Rösingers zur Monatsschulung erhalten. So kündigte er etwa für den August 1943 das Thema »Der Weg der NSDAP« an; zu behandeln waren: 1. 2. 3. 4. 5.
Von Bismarck bis zum Zusammenbruch Von den Anfängen der Bewegung bis zur ersten Erhebung 1923 Sturmjahr 1923 Kampf um die Macht Endkampf um die Macht.439
Die Polizeischulung im Land Braunschweig Für das Land Braunschweig war der IdO Hannover zuständig. Im Juni/Juli 1937 wurde der Lehrer Wilhelm Wagener als Polizeischulungsleiter in Hannover ernannt und bestätigt.440 Wagener hatte an der TH Braunschweig Erziehungswissenschaft studiert und dürfte noch bei Gerhard Pfahler studiert haben, der 1931 in Braunschweig lehrte; Pfahler ist als Kroh-Schüler einer völkischen Richtung der Reformpädagogik zuzurechnen – die Aufgeschlossenheit für reformpädagogische Konzepte des »aktiven Unterrichts« ist jedenfalls auch Wageners Anweisungen zur Methodik des weltanschaulichen Unterrichts für die Polizei anzumerken. Vom IdO Hannover ging Mitte Juli 1937 ein Rundschreiben an die SS-Einheiten des Befehlsbereichs, Schulungsredner für die Ordnungspolizei zu stellen; wo dies nicht möglich sei, sollten Kreis-Schulungsleiter der Partei angefordert werden. Die weltanschauliche Schulung sollte noch im Juli mit einer Einführung in die »geistige Lage unserer Zeit« beginnen. Nur wenige Tage später folgte ein Rundschreiben mit der Präzisierung, nur »in unumgänglichen Fällen« Schulungsredner außerhalb der SS anzufordern, da andere Redner womöglich »nicht im Sinne des RFSS« über Rassefragen sprechen würden.441 Dies war deshalb besonders bedeutsam, weil die Eingangsphase der Schulungsarbeit dem zentralen Selbstverständnis der SS als eines rassischen Ordens entsprechend der nationalsozialistischen Rassenlehre gewidmet sein sollte. Dem Lehrplan für den Einzeldienst folgend, den das HA Orpo im Juni herausgebracht hatte, wurden für die Monate August und September die Themen »Was verstehen wir unter Rasse« und »Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung« angeordnet, im September sollte damit die »Vorstufe der Schulung« abgeschlossen werden, daran sollte sich analog zur Grundschulung in der SS ein längerer Zyklus zur deutschen Geschichte anschließen, wie er in den Lehrplänen für den Einzeldienst und die Schupo-Hundertschaften vorgesehen und in den Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei niedergelegt war. Wagener gab auch selbst
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stichwortartige Empfehlungen für die Vortragsgliederung und -gestaltung aus, so z. B. zum Thema »Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung«: »Die Rasse als Trägerin der seelischen, charakterlichen Kräfte. Einheitliche Betrachtung der Welt von der Rasse aus: ›Weltanschauung‹. Entstehung einer Weltanschauung am Beispiel Bauer – Nomade in ihren grundverschiedenen Einstellungen (Darré: Das Bauerntum). Ausdruck der Weltanschauung in allen Dingen des Lebens (Kultur, Politik, Wirtschaft, persönliche Haltung, Religion usw.) (Geeignete Lichtbilder zeigen!). Ergebnis der weltanschaulichen Haltung unseres Volkes ist die Geschichte (unsere Lehrmeisterin). Nordisch als Ideal – Rassefimmel bekämpfen. Germanische Weltanschauung – dogmatische Weltanschauung.« 442
Dazu gab Wagener die didaktische Empfehlung, »Fragen und Antwort anzuwenden« und auf passende Tagesfragen einzugehen, außerdem möge darauf geachtet werden, dass der Schulungsraum »mit Fahne und Führerbild« geschmückt ist. Einige Themen, für die es schwer war, geeignete Redner zu finden, übernahm Wagener selbst. Er bereiste in den folgenden Monaten den gesamten Befehlsbereich, um eigene Vorträge zu halten und die jeweils eingesetzten Schulungsredner vor Ort zu den laufenden Monatsthemen reden zu hören und in ihrer Arbeit kennen zu lernen. Für die Rekrutierung geeigneter Redner und Schulungskräfte suchte er die enge Zusammenarbeit mit dem für das Gebiet zuständigen RuS-Führer Spaarmann. In kurzer Zeit war ein Stamm von Schulungsrednern aufgebaut, der sich im Wesentlichen aus Schulungsleitern und Lehrern der SS zusammensetzte. Zu den Schulungsrednern der ersten Stunde gehörte im Land Braunschweig Friedrich Berger, der seit 1934 als Professor für Pädagogik an der HfL Braunschweig wirkte und als Standarten-Schulungsleiter sowie Mannschaftshausführer der SS zu den prominentesten und einflußreichsten Schulungskräften der Region zählte. Berger lässt sich wie sein Vorgänger Pfahler der völkischen Reformpädagogik zurechen, wie dieser kam er aus der Schule Oswald Krohs.443 Mehrere seiner Schüler finden wir im SS- und Polizei-Schulungswesen wieder – die HfL Braunschweig spielte daher eine tragende Rolle beim Aufbau der Polizeischulung des Landes. Zusammen mit seinem Assistenten, dem Volksschullehrer Ludwig Amberger, der 1938 bei Berger mit einer Arbeit über »Friedrich den Großen als Erzieher« promovierte, bestritt er ein umfangreiches Schulungsprogramm für die Ordnungspolizei. Zwischen August 1937 und Februar 1938 hielt Berger mindestens 19 Vorträge vor allem vor Angehörigen der Braunschweiger Gendarmerie, Schutzpolizei und Polizeiverwaltung, daneben nahm er einige Termine in Helmstedt wahr. Danach stellte er seine Vortragstätigkeit ein, vermutlich ließ ihm die Ernennung zum Direktor der HfL 1938 dazu keine Zeit mehr. Von Amberger lassen sich mindestens 15 Vorträge nachweisen, die letzten im März 1938 vor der Braunschweiger Schutzpolizei, danach wird auch er wegen der Arbeit an seiner Dissertation und der Vorbereitung auf die Doktorprüfung keine Zeit mehr gehabt haben. Amberger übernahm neben dieser Vortragstätigkeit im November 1937 auch den weltanschaulichen Unterricht in der Ausbildungshundertschaft Braunschweig. Er war wie Berger ein viel beschäftigter Aktivist, denn während des glei-
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chen Zeitraums war er Führer des nationalsozialistischen Studentenbundes und des Mannschaftshauses in Braunschweig. Während des Krieges arbeitete er als Eignungsprüfer in Litzmannstadt; seine rassischen Beurteilungen und Einstufungen waren gefürchtet und mussten in vielen Fällen wegen überzogener Härte revidiert werden.444 Neben Berger und Amberger bestritten die SS-Schulungsleiter Richard Schill und Wilhelm Wedekind den Hauptteil der Vortragstätigkeit. Schill, von Beruf Kaufmann, war Standarten-Schulungsleiter und als hauptamtlicher Referent des RuSFührers Mitte für die Polizeischulung abgeordnet, der Diplomlandwirt Wedekind war Landwirtschaftslehrer und Direktor der Bauernschule Eschershausen. Mit Walter Kolan, der mindestens 6 Vorträge bis Februar 1938 bestritt, gehörte ein weiterer Diplomlandwirt zum Kreis der Schulungsredner; Kolan war Stabsführer der Kreisbauernschaft und SS-Schulungsleiter, er wurde etwas später als Bauernreferent eingesetzt.445 Andere Redner traten nur gelegentlich auf. Zum Beispiel hielt der Lehrer Karl Brosche, auch er ein Schüler von Berger, im Februar 1938 einen Vortrag über die Bedeutung der Kolonien vor der Gendarmerieabteilung Helmstedt; Brosche hatte 1936 in Braunschweig mit der Arbeit »Schleiermachers Ansichten über Volk, Staat und Volkserziehung« bei Berger promoviert.446 Die Schulungsredner hielten sich an das Curriculum zur deutsch-germanischen Geschichte, das in ausführlicher Version dem Lehrplan für die Ausbildungshundertschaften, in einer Kurzfassung dem Lehrplan für den Einzeldienst zugrunde lag und im einen Fall zwei Wochenstunden, im anderen eine Monatsstunde umfasste. Textgrundlage waren die Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Orpo Nr. 1 bis 14 von der Vor- und Frühgeschichte bis zum frühen Mittelalter (s. Anhang). Durch den raschen Aufbau eines Stamms qualifizierter Redner, von denen vier mindestens zwei bis drei mal die Woche im Einsatz waren, gelang es, alle Schutzpolizeiabteilungen und Gendarmeriebezirke des Landes zu erreichen. Allein für den Gendarmeriebezirk Braunschweig weist eine Aufstellung für den Zeitraum vom August 1937 bis Februar 1938 insgesamt 47 Vorträge aus, die von 353 Beamten besucht wurden. Diese Themen wurden behandelt: 1. Die geistige Lage unserer Zeit 2. Was verstehen wir unter Rasse? Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung 3. Unser Geschichtsbild. Bisherige Geschichtsauffassung 4. Kirchliche Fragen, Religion, Gegensatz zum Nationalsozialismus 5. Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit 6. Völkerwanderung, Landsuchende 7. Bäuerliches Brauchtum; Bauer, Nomade, Verbundenheit mit Blut und Boden 8. Der nordische Mensch in der Steinzeit.447
Die Vortragstätigkeit wird in den Berichten der Polizeiverwaltung durchweg positiv beurteilt. Häufig hervorgehoben wird vor allem die freie Rede und die Fähigkeit der ja überwiegend pädagogisch geschulten Redner, das Interesse der Zuhörer zu wecken, sie zu fesseln und zu Mitarbeit, Fragen und Diskussionen anzuregen. Dazu
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trug sicher auch der Einsatz moderner Medien bei wie Lichtbilder, Filmstreifen und Schautafeln etwa zur Vererbungslehre und Rassenkunde. Nebenbei sei bemerkt, dass in den ersten Vorträgen stets auch der rassenpolitische Aspekt im Vordergrund stand und die »Judenfrage« präsent war; jeder Redner setzte dabei eigene Akzente. Berger und Amberger erläuterten in ihren Vorträgen vergleichsweise sachlich die Vererbungslehre, die Nürnberger Gesetze und die Bedeutung von Erbkrankheiten, der Tierzuchtinspektor Kolan präsentierte »Rassen-Lichtbilder« und beschrieb die Gefahren von Rassenvermischungen und Degenerierungen. In Tanne im Harz hielt Kolan im August 1937 vor der Gendarmerie Blankenburg eine »freie und fesselnde« Rede über »Die geistige Lage«, in der er über das Weltjudentum sprach, im September setzte er der Gendarmerie Ballenstedt die Bedeutung des Gegensatzes von »nordischem Menschen« und »nomadisierendem Judentum« auseinander, während Wedekind zur gleichen Zeit in Holzminden und Bad Gandersheim Lichtbildervorträge über die einzelnen Rassen hielt, die »großes Interesse«, »lebhaftes Fragen« und »den Wunsch nach mehr« erregten. Ebenfalls im September sprach Schill vor der Gendarmerie Braunschweig und Vechelde über Rassefragen und Judentum. Im Oktober hielt Amberger vor der Gendarmerie Helmstedt einen Vortrag über »Volk, Rasse, Raum, Geschichte und Sitte«, Wedekind sprach in Eschershausen über den Kampf gegen Juden, Freimaurer und die »internationale Kirche« und zeigte Lichtbilder über das »Wirken des Judentums«, in Holzminden sprach er über »fremde Rassen, Juden und Zigeuner« usw. Im Frühjahr 1938 schieden Berger und Amberger aus der Schulungsarbeit für die Polizei aus, ihr Part wurde jetzt größtenteils von Schill und Wedekind mit übernommen. Erst im September konnten mit dem Lehrer und Untersturmführer Kurt Fuhrmann und dem Studienassessor und Schulungsmann Fritz Sievers zwei neue Schulungsredner verpflichtet werden, im November kam Obersturmführer Wendt hinzu. Während des ganzen Jahres 1938 stand das Geschichtscurriculum des Schulungsamtes von der Völkerwanderung bis zum Dreißigjährigen Krieg auf der Tagesordnung; es gab ein Pensum vor, das sicher nur mit professionellen Kräften zu bewältigen war. 1939 ist dann kein systematischer Zusammenhang zwischen den Vortragsthemen mehr erkennbar: Themen wie »germanische Religiosität«, »Das Judentum als Gegner des nationalsozialistischen Staates«, »Kampf gegen die Landflucht«, »Der Bolschewismus«, »Die Kolonialfrage« oder »Ahnenerbe und Volkszukunft« folgen unverbunden aufeinander.448 Vor dem Hintergrund der Kriegsvorbereitungen wurden alle Unterrichtsaktivitäten und mit ihnen auch die weltanschaulichen Schulungsvorträge schließlich vorübergehend eingestellt. Bis dahin trugen Schill und Wedekind weiterhin den Hauptteil der Schulungsarbeit, es wurden aber einige neue und zusätzliche Schulungskräfte aus den Reihen der SS herangezogen, so der Lehrer Wilhelm Pralle, der bei Berger an der Braunschweiger Hochschule studiert hatte, der Gerichtsreferendar Dr. Sartorius, der Mitarbeiter des RuS-Führers Mitte Walter Lippert und Gerhard Fischer von Himmlers »Gedächtnisstiftung für König Heinrich I.« in Quedlinburg.449 Nach einer Anordnung des HA Orpo vom Februar 1938 waren die Polizeischulungsleiter gehalten, Lehrgänge für »Nachwuchsredner« durchzuführen, die je zur
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Hälfte aus der SS und der Polizei kommen sollten. Im Bereich des IdO Hannover fand der erste dieser Lehrgänge im Mai 1938 im Harz statt. Die Teilnehmer versammelten sich am 15.5. zunächst in Braunschweig zu einem gemeinsamen Essen, einer Stadtführung und einem Kameradschaftsabend. Am nächsten Vormittag fanden »Musterschulungen« durch den »WS-Lehrer« der Junkerschule Braunschweig und Professor Berger von der HfL statt, der sich hier noch einmal der Polizeischulung zur Verfügung stellte. Danach fuhren die Teilnehmer geschlossen nach Königskrug im Harz; dort hörten sie noch am Abend einen Vortrag über »Organisation und Aufgaben der Ordnungspolizei« und wohnten schließlich noch einer Veranstaltung des Kameradschaftsbundes der deutschen Polizei (»Die Polizei einmal anders gesehen«) bei. Am 17.5. standen ein Rundgespräch über Polizeischulung, Vorträge über »Organisation und Aufgaben der Gestapo« und »Unsere politischen und weltanschaulichen Gegner« sowie Arbeit in AG’s auf dem Programm; der Tag klang mit einem »Nietzsche-Abend« aus. Die übrigen Tage waren Einzelvorträgen und Kurzreferaten zu Schulungsthemen gewidmet. Neben Frühsport gab es an jedem Tag eine Wanderung oder einen »Ausmarsch«; am letzten Tag fuhr man zu einer Stadtführung nach Hildesheim.450 Der zweite dieser einwöchigen Lehrgänge fand im Januar, der dritte im März 1939 statt. Aus dem Land Braunschweig und der Stadt Hannover wurden die Lehrer Weygandt, Fuhrmann, Sprung, Uhlig und Borchers abgeordnet, außerdem Lippert und der Gauredner der NSDAP Dr. Bestmann, die beide aus kaufmännischen Berufen kamen: Lippert war kaufmännischer Angestellter, Bestmann Bankkaufmann und Syndikus. Außer Uhlig und Borchers gehörten alle der SS an; Borchers war Hauptstellenleiter in der Kreisleitung der NSDAP Braunschweig. Lippert, Bestmann und Sprung waren vom RuS-Führer als Lehrer für die Hundert- bzw. Ausbildungshundertschaft in Braunschweig benannt worden.451 Aus den Reihen der Polizei sind vier Offiziere als Teilnehmer identifizierbar, die aber alle nicht als Vortragsredner in Erscheinung traten.452 Im März 1939 meldete der RuS-Führer, dass er wegen starker Inanspruchnahme nur noch in Ausnahmefällen eigene Mitarbeiter für die Polizeischulung zur Verfügung stellen könne. Schill fiel damit als Schulungskraft aus, sein Platz wurde aber vor allem durch Fuhrmann, Wendt und Sartorius ausgefüllt, die inzwischen engagiert worden waren. Von Mai bis August fanden mindestens 30 weitere Vorträge im Land Braunschweig statt. Kurz vor Beginn des Krieges kam am 10. August die Anweisung, den Unterrichtsbetrieb und damit auch die weltanschauliche Schulung vorerst einzustellen, da die meisten Schulungskräfte zur Wehrmacht oder zur Waffen-SS eingezogen wurden. Am 1.12. – der Feldzug gegen Polen war beendet – wurde die Anweisung wieder aufgehoben, die Umsetzung der Schulungsrichtlinien aber vorerst ins Ermessen der lokalen Dienststellen gestellt. Erst im Frühjahr 1940 setzte wieder ein regulärer Schulungsbetrieb ein. Zu einer tragenden Gestalt der weltanschaulichen Schulung wurde jetzt der Gendarmeriemajor Karl Sattler, den Wagener zu seinem Stellvertreter machte. Sattler hatte vorher schon beim IdO Königsberg als Polizeischulungslehrer gearbeitet. Er übte zunächst die Funktion eines »Springers« aus, der überall dort zum Einsatz kam, wo reguläre Schulungskräfte fehlten. Gelegentlich hielt auch Schill noch einmal Vorträge. Daneben lassen sich sechs weitere
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Personen ausmachen, die als Schulungskräfte eingesetzt wurden und die bis auf einen alle aus der SS kamen. Es war aber eine nahezu komplett neue Mannschaft: In Braunschweig wurden Schönel und Schramm ernannt – Schönel war Lehrer und SS-Unterscharführer, Schramm Untersturmführer und Polizeileutnant; für die Braunschweiger Verwaltungspolizei wurde der Kriminalkommissar und Untersturmführer Leichtweiß eingesetzt.453 In Blankenburg übernahmen der Bürgermeister SS-Oberscharführer Philipps und der Regierungsassessor und Parteiredner Dr. Hauer die weltanschauliche Polizeischulung, Sattler und Philipps waren auch für die Monatsschulung in Helmstedt zuständig. In Gandersheim war mit Wilhelm Pralle noch ein weiterer Lehrer neben Schönel tätig. Pralle war in der SS inzwischen zum Untersturmführer aufgerückt. Aus den Berichten der Polizeiverwaltungen geht hervor, dass die Monatsschulung weitgehend regelmäßig stattfand. Von den geschlossenen Einheiten meldete das bei Hallendorf nahe Salzgitter stationierte PB 112, das später zum »Bandenkampf« nach Russland abkommandiert wurde, für den Spätsommer 1940 reguläre Tages-, Wochen- und Monatsschulung; Wochen- und Monatsschulung wurden durch die Kompanieführer und eigene Polizeioffiziere durchgeführt. Inhaltlich war die Schulung im ersten Kriegsjahr von einer kriegsbezogenen Geographie – Kriegsschauplätze und Themen der »Politischen Weltkunde« – bestimmt, die Monatsschulung folgte den Stoffsammlungen und ab Mai 1940 der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«. Im Juni 1941 teilte der IdO Hannover mit, dass in Zukunft keine externen Schulungsredner mehr zur Verfügung gestellt werden könnten und die Polizei daher die Schulungsarbeit mit eigenen Kräften bestreiten müsse.454 Da die Schulungsarbeiten bis dahin ganz überwiegend von SS-Angehörigen getragen wurde und außer Sattler Polizeioffiziere nur in geringem Umfang beteiligt waren, entstand kurzfristig ein Engpass an geeigneten Kräften, der zu einem Ausfall von Schulungsstunden führte. Um dem zu begegnen, wurde die Ausbildung und Betreuung eigener Schulungskräfte intensiviert. Bis 1940 hatte es lediglich drei Lehrgänge gegeben, an denen zudem noch zahlreiche polizeiexterne Redner teilgenommen hatten. In Zukunft sollte es monatliche Rednerbesprechungen und Arbeitstagungen für Schulungskräfte geben. Bereits im November 1940 hatte der IdO angeordnet, in jedem Regierungsbezirk und Land jeweils eine verantwortliche Schulungskraft im Offiziersrang zu benennen, dessen Aufgabe es wäre, zu Beginn jedes Monats die Schulungskräfte seines Bezirks zu einer Besprechung zusammenzurufen, um ihnen an einem Unterrichtsbeispiel vor Angehörigen der Ordnungspolizei die Behandlung des kommenden Monatsthemas vorzuführen. Zu jeder Besprechung sollte außerdem ein Redner für ein grundlegendes Thema bei der SS oder beim Schulungsamt der Partei angefordert werden.455 Wie es scheint, kam die Umsetzung dieser Anordnung nur langsam in Gang, weil man zunächst damit beschäftigt war, Listen geeigneter Polizeibeamten zu erstellen und Personalunterlagen zu überprüfen, zudem war Wagener zwischenzeitlich zum Einsatz nach Polen abkommandiert worden.456 Nach seiner Rückkehr im Frühjahr 1941 ging er zügig daran, das Rednerwesen neu aufzubauen. Im Juli 1941 versandte er eine Dienstanweisung für die Durchführung der Rednerbesprechungen. Der IdOBereich war inzwischen in fünf Schulungs-Arbeitsgemeinschaften aufgeteilt, denen
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jeweils ein Leiter zugeordnet war; zu deren Aufgabe gehörte die regelmäßige Einberufung von Rednerbesprechungen. Für die AG des Landes Braunschweig wurde Karl Sattler als Leiter eingesetzt. Ende Juli 1941 fand eine Besprechung der AG-Leiter in Hannover statt, auf der Wagener seine Dienstanweisung erläuterte. Die AG-Leiter bzw. »Leiter der Rednerbesprechungen« wurden zu Stellvertretern des PSL ernannt, die ihn auch bei der Aufgabe der Schulungskontrollen entlasten sollten. Ihre Hauptaufgabe war die regelmäßige Einberufung der Schulungskräfte ihres Bereichs zu Rednerbesprechungen, auf denen der Stoff der laufenden Monatsschulung erläutert, methodisch-didaktische Anregungen gegeben und alle Schulungsangelegenheiten besprochen werden sollten. Wageners Anweisung lässt den seminaristisch gebildeten Lehrer erkennen: »Die Leiter der Rednerbesprechungen beauftragen je eine Schulungskraft, sich auf das kommende Monatsthema, eine Wochen- bzw. Tagesschulung so vorzubereiten, daß diese mit der Klasse besprochen werden können. Jedes Unterrichtsbeispiel ist durch eine Kritik der übrigen Schulungskräfte, des Leiters der Rednerbesprechungen oder eine Selbstkritik des Vortragenden abzuschließen.«
Für jede Schulungskraft war ein Überprüfungsbogen auszufüllen und an den PSL zu schicken. »Die Leiter der Rednerbesprechungen regen Aussprachen über methodische Unterrichtsfragen oder über Erfahrungen aus der Praxis an und leiten diese. Gegebenenfalls ziehen sie Vortragende aus dem Schulaufsichtsdienst für methodisch-didaktische und rhetorische Themen heran.« Möglichst jede Rednerbesprechung sollte mit einem Vortrag über ein grundsätzliches Thema abgeschlossen werden. Nach jeder Besprechung war dem PSL ein Bericht mit einer Anwesenheitsliste zuzusenden.457 1942 ließ Wagener noch Anweisungen zur Unterrichtsmethodik an die Schulungskräfte versenden, in denen er – hier zeigt sich der Einfluss der Reformpädagogik – aktives Lernen, selbständiges Denken und einen abwechslungsreichen Unterricht propagierte: »Bei der Behandlung weltanschaulich-politischer Fragen ist es erforderlich, stets die geistige Mitarbeit der Zuhörer zu wecken und diese zu eigenem Denken anzuregen. Daher sollte soviel wie nur irgend möglich die sogenannte Arbeitsmethode angewendet werden. Auf keinen Fall ist die weltanschauliche Schulung gleich Vortrag zu setzen. Dabei ist zuzugeben, daß manche Stoffe am zweckmäßigsten ›vorgetragen‹ werden; aber auch dabei sollte die gemischte Unterrichtsmethode, die den Vortrag durch eingeschobene Fragen und Antworten vertieft, angewendet werden. – Es ist notwendig, den Begriff des Frageund Antwortspiels zu klären; auf das entschiedenste werden Antworten abgelehnt, die vorher eingepaukt sind (sogenanntes Abfragen). Es soll nichts vorher eingespielt sein. Jede Frage hat zum Denken anzuregen … Die weltanschauliche Erziehung verlangt die gemischte Unterrichtsmethode. Vortragen, Vorlesen, Frage und Antwort, Anschauung, an der Karte zeigen, anschreiben, zeichnen usw. müssen einander abwechseln.«458
Etwa um die gleiche Zeit gab der IdO eine Anordnung des HA Orpo weiter, in der die Lehrer für NS-Lehre ermahnt wurden, problemorientierte Prüfungen durchzu-
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führen und nicht nur Fragen zu Gesetzestexten zu stellen, sondern auch solche, »die erkennen lassen, ob sich der Prüfling mit den Problemen der Politik und Weltanschauung beschäftigt hat.«459 Parallel zu diesen Rednerbesprechungen, die sich für die Zeit von November 1941 bis September 1943 nachweisen lassen, organisierte Wagener einwöchige Arbeitstagungen für die Schulungskräfte des IdO-Bereichs. Die erste Tagung fand im September 1941 im Braunschweiger Landtagsgebäude statt und bestand aus Vorträgen von Experten aus der SS und der Partei zu grundlegenden Themen, ergänzt durch Kurzvorträge der Teilnehmer, dazu kam ein Theaterbesuch, die Besichtigung des vorgeschichtlichen Museums »Haus der Vorzeit«, eine Stadtführung, ein Kinobesuch und der übliche Kameradschaftsabend. Wagener selbst hielt den Grundsatzvortrag über »Die weltanschauliche Erziehung der Ordnungspolizei«, Sattler folgte mit Berichten aus der Praxis der weltanschaulichen Erziehungsarbeit. Von der NSDAP sprachen u. a. Gauhauptstellenleiter Bark, Gauamtsleiter Dr. Kopp, Reichsamtsleiter Daitz und Gauschulungsleiter Kieckbusch, Verfasser der Schulungsschrift »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg«. Ferdinand Roßner, Professor für Rassenbiologie an der HfL Hannover und Schulungsleiter im Rassenpolitischen Amt sprach über »Rasse als Lebensgesetz«, und Friedrich Berger steuerte erneut einen Beitrag bei, diesmal zum Thema »Nationalsozialismus als Glaubensform unserer Zeit«. Begrüßung und Schlussansprache hielt SS-Gruppenführer Pancke. Alle Teilnehmer hatten Kurzvorträge zu halten, für die ihnen zuvor Unterlagen zugesandt wurden.460 Die folgenden Arbeitstagungen im November 1941 in Magdeburg und Februar 1942 in Hannover waren ähnlich konzipiert, mit jeweils anderen thematischen Schwerpunkten; nur die grundlegenden rassenpolitischen Vorträge von Roßner und Kopp – Kopp war Hauptstellenleiter im Rassenpolitischen Amt des Gaus SüdhannoverBraunschweig – wurden noch einmal wiederholt. An den Arbeitstagungen nahmen auch stets Offiziere der jeweils im IdO-Bereich stationierten Polizeibataillone teil.461 Zeiteinteilungsplan für die 3. Arbeitstagung für Schulungskräfte in Hannover.462 9.2.1942: 8.30 Uhr: Eröffnung (Oberst d. Schupo Basset) »Die weltanschauliche Erziehung der Orpo« (SS-Stubaf. Wagener) Kurzvorträge (Teilnehmer) 14.30 Uhr: »Kriegsführung im Wandel der Zeiten« (Schriftleiter Palm-Gerth/Braunschweig) Kurzvorträge (Teilnehmer) 10.2.1942: 8.30 »Aus der Praxis der weltanschaulichen Erziehung der Ordnungspolizei« (Maj. Gend. Sattler) Kurzvorträge (Teilnehmer) 18.00 Theaterbesuch 11.2.1942: 8.30 »Rasse als Lebensgesetz« (Prof. Dr. Roßner/Hannover) 10.30 »Rassepolitik im Kriege« (Gauhauptstellenleiter Dr. Kopp/Hannover)
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Eintreffen der Stabsoffiziere und Kommandeure 15.00 »Japan« (Studiendirektor Korselt/Leipzig) 18.30 Feierstunde im Konzerthaus mit Ansprache (Gauschulungsleiter Kieckbusch/ Hannover) 12.2.1942: 9.30 »Das Verhalten der Kirchen im Kriege« (SS-Sturmbannführer Hartl/Berlin) 11.30 Militärisches Thema Einladung des HSSPF in die Maschseegaststätten 17.00 Ansprachen (SS-Gruppenführer Pancke, Gauleiter Lauterbach) »Großraumwirtschaft« (Reichsamtsleiter Gesandter W. Daitz/Berlin) Essen 13.2.1942: 8.30 Besuch des Dr. Göring-Kolonialhauses und Vortrag: »Die Bedeutung reichseigenen Kolonialbesitzes« (Pg. Thiemann-Groeg/Hannover) 15.00 Besichtigung des vorgeschichtlichen Museums 18.00 Entlassung (Oberst d. Schupo Basset)
Innerhalb kurzer Zeit gelang es, das SS-Personal zu ersetzen und ein nahezu ausschließlich aus Polizeioffizieren und einigen Polizeimeistern bestehendes neues Rednerkorps aufzubauen, das ungefähr 20 Personen umfasste, von denen nur Sattler, Leichtweiß und Schramm vorher schon dabei waren; außer Leichtweiß und Schramm dürften lediglich noch zwei weitere Personen der SS angehört haben. Die weltanschauliche Schulung war bald »vorbildlich« organisiert. Die zahlreich erhaltenen Berichte der für die Schulung eingesetzten Offiziere, in denen minutiös Datum und Uhrzeit, Teilnehmerzahl, Themen und benutzte Textgrundlagen festgehalten sind, dokumentieren eine pflichtbewusste und gewissenhafte Umsetzung der Richtlinien und Anordnungen des HA Orpo und des Polizeischulungsleiters. Diese Berichte weisen zumeist nicht nur die Monats-, sondern auch eine regelmäßige Wochenschulung aus. Der Tätigkeitsbericht der Schutzpolizeidienstabteilung Salzgitter für die Zeit von Juli bis September 1942, um nur ein Beispiel zur Veranschaulichung zu nennen, listet insgesamt 11 Termine auf – 8 Wochenschulungen und 3 Monatsschulungen: eine Wochenschulung fiel aus dienstlichen Gründen aus, an den Tagen der Monatsschulung fand keine Wochenschulung statt. Die Monatsschulung erfolgte regulär anhand der Hefte 4 und 5/1942 der Schriftenreihe des HA Orpo: »Deutschland ordnet Europa neu« und »Neuordnung unseres Denkens«, beide Hefte wurden in zwei Folgen während der Sommermonate behandelt. Die Wochenschulung, die jeweils morgens von 8.00 bis 9.00 Uhr stattfand, war durchweg unmittelbar kriegsbezogen und erfolgte auf der Grundlage von Zeitungsberichten und Artikeln aus dem »Völkischen Beobachter« oder der »Deutschen Wehr«; die Themen waren: »Die zweite Front; Englische Raubmethoden; Die Bedeutung und Erfolge unserer U-Boote im jetzigen Weltkrieg; Das Schwarze Meer und der Kaukasus als Nachschubbasis für die Sowjets; Neue Siege im Osten;
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Die Wolga als strategische und wirtschaftliche Bedeutung; Der Einfluß ausländischer Arbeitskräfte und Kriegsgefangener auf die Geisteshaltung der Deutschen; Das Eismeer und die Murmanskbahn als strategische und wirtschaftliche Bedeutung.«
Der Bericht erstattende Revieroberleutnant notierte dazu: »Die Themen werden mit großem Interesse aufgenommen und verarbeitet. Eine lebhafte geistige Mitarbeit ist bei fast allen Schulungsteilnehmern festzustellen.« Die Zahl der Teilnehmer schwankte zwischen 12 und 17.463 Die Schulungsoffiziere hatten einen großen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung der Richtlinien. So vermittelt beispielsweise der Tätigkeitsbericht für die Schutzpolizei der Gemeinde Schöningen bei Helmstedt vom Sommer 1942 ein ganz anderes Bild als in Salzgitter. Für die vier Monate von Juni bis September werden insgesamt 15 Wochenschulungen aufgelistet, an denen regelmäßig 10 bis 11 Polizisten teilnahmen; zur Monatsschulung fuhr man ins nahe gelegene Helmstedt. Die Themen wurden u. a. dem »Schwarzen Korps« entnommen, waren aber auch an den Heften für die laufende Monatsschulung orientiert; für die Ausarbeitung der Vorträge zog der Schulungsredner, Polizeimeister Morel, auch »häufig kleinere politische Schriften und Bücher« heran. Insgesamt ergab sich eine unsystematische Folge vielfältiger Themen, die von der Geschichte zur politischen Weltkunde, von grundlegenden Fragen der nationalsozialistischen Weltanschauung bis zum aktuellen Kriegsgeschehen reichten. Themen waren z. B. »Rommels Erfolge«, »Richelieu und seine Auswirkungen«, »Geld kann Blut nicht ersetzen«, »Der Nationalsozialismus als europäische Tatsache und Leistung«, »Grundkräfte der europäischen Gestaltung«, »Der Vielvölkerstaat Rußland«, »Aus Gottes eigenem Land« etc. Die Abwechslung war ein Prinzip des Schulungsleiters, weil dadurch die Schulung interessanter und die Beteiligung lebhafter würde. Einen roten Faden gab es aber doch: »Fast in jede Schulung ist das Intrigenspiel der Juden eingespielt worden, als Gegenstück die aufrechte germanische Haltung.«464 Die Polizeischulung im Land Oldenburg Für das Land Oldenburg war der BdO Hamburg zuständig; er ernannte im Sommer 1937 den Volksschullehrer Hugo Stelzer zum Polizeischulungsleiter. Als Stelzer 1941 ins HA Orpo berufen wurde, wurde auch die Polizeischulungsleitung beim BdO Hamburg mit Polizeioffizieren besetzt: An seine Stelle trat zunächst der Gendarmeriemajor Burkart, dann im Frühjahr 1943 der Schutzpolizeileutnant d. R. Rasack, der zuvor Burkarts Stellvertreter gewesen war.465 Erst im September 1944 wurde mit Hugo Framenau wieder ein SS-Führer mit eigenen Schulungserfahrungen eingesetzt: Framenau war Sturmbannführer und Major der Schutzpolizei, gehörte seit 1925 der NSDAP und seit 1940 der SS an und war als Schulungsleiter beim HSSPF im Protektorat tätig gewesen. 1943/44 hatte er ein Polizeibataillon auf dem Balkan geführt.466 Wie Wagener beauftragte auch Stelzer zunächst ganz überwiegend SS-Angehörige mit der weltanschaulichen Schulung der Polizei. Tragende Gestalt der Schulung
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war hier der Arzt Curt Brand, ein »alter Kämpfer«, der schon am »Kampf gegen Spartakus« teilgenommen hatte, 1929 der SA und der NSDAP beigetreten und Träger des Ehrenzeichens der Partei war; seit 1930 gehörte er der SS an, ab 1936 als Oberführer. Brand war Ratsherr der Stadt Oldenburg, Gauredner und Gauamtsleiter des Rassenpolitischen Amtes. Er fiel später bei Himmler in Ungnade und wurde im Mai 1941 aus der SS entlassen, offiziell aus »gesundheitlichen Gründen«, tatsächlich aber aufgrund von »Ordensschwindel« und wegen eines »schweinischen Briefwechsels« mit einer Lehrerin.467 Ihm war im Sommer 1937 die Leitung der weltanschaulichen Schulung im Polizeiamt Oldenburg übertragen worden. Für die Gendarmeriebezirke der Landratsämter wurden die SS-Angehörigen Lammers, Spitz, Dr. Winkler und Dr. Becker ernannt. Weil es zunächst an Schulungskräften fehlte und Dr. Brand vorübergehend ortsabwesend war, kam der Schulungsbetrieb erst mit Verspätung in Gang. Brand begann im Oktober/November mit regelmäßigen Monatsvorträgen; bis zum März 1940 lassen sich über 20 Termine nachweisen, danach wurde er zur Sanitätsinspektion der Waffen-SS einberufen. An seine Stelle trat der Kaufmannsgehilfen und Schriftleiter Hugo Stratmann – kein SS-Angehöriger, aber wie Brand ein »alter Kämpfer«, der der Partei schon 1929 beigetreten war und über reichlich Erfahrungen in der Schulungsarbeit als stellvertretender Gau-Schulungsleiter und Leiter der Gauführerschule Weser-Ems II in Pewsum verfügte.468 Brand absolvierte ein beachtliches und eigenwilliges Pensum an Vorträgen, bei dem er sich nicht an den vorgegebenen Lehrplan zur deutschen Geschichte hielt, sondern – als Arzt und Mitarbeiter des Rassepolitischen Amtes – den Akzent stärker auf rassen- und vererbungskundliche Themen legte. Das Beispiel zeigt den individuellen Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinien. So hielt er im November und Dezember 1937 Vorträge über »Rasse und Vererbung« und die »Erbgesundheitsgesetze« des nationalsozialistischen Staates, im November 1938 über die Frage »Gibt es für Deutschland eine schwarze und eine gelbe Gefahr?«, im Februar 1939 sprach er über das »Recht der jüdischen Mischlinge« und führte den Film »Erbkrank« für die Oldenburger Schutz-, Kriminal- und Verwaltungspolizei vor, es folgten Vorträge über die »Stellung des Nationalsozialismus zum unehelichen Kind« und die Ziele des Lebensborns. Daneben befasste Brand sich vorzugsweise mit außenpolitischen Themen wie »Europäische Politik seit Versailles«, »Japan und der Osten«, »Österreich und die Tschechei und ihre Beziehungen zu Deutschland«. Gegen Ende des Jahres 1939 begann er mit einer Reihe von Vorträgen über England und folgte damit den Vorgaben der »Stoffsammlungen«. Nur ausnahmsweise – in lediglich drei Vorträgen – wandte er sich der deutschen Geschichte zu.469 Vermutlich gestand man Brand als Gauamtsleiter und SS-Oberführer eine so eigenmächtige Themensetzung zu. Anderswo hielt man sich enger an die vorgegebenen Lehrpläne. In Wilhelmshaven etwa wurde das Geschichtscurriculum des HA Orpo mit Vorträgen über die Bronzezeit, die germanischen Wanderungen, Armin den Cherusker etc. exakt umgesetzt.470 Hier waren durchweg Lehrer im Einsatz, und mit dem Studienassessor Heinrich Segelken war in Wilhelmshaven auch ein gelernter Historiker tätig. Segelken hatte das Lehrerseminar in Oldenburg besucht, anschließend in Jena studiert und dort mit einer Arbeit über die Grafschaft Oldenburg
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im 17. Jahrhundert promoviert; er gehörte nicht der SS an, war aber bereits im Januar 1932 in die NSDAP aufgenommen worden.471 Segelken, der vorher schon bei der Schutzpolizei Oldenburg Schulungsarbeit geleistet hatte, wurde im Frühjahr 1937 als Lehrer für Deutsch, Geschichte und »weltanschauliche Gesetzeskunde« in der in Wilhelmshaven stationierten Übergangsausbildungshundertschaft eingesetzt. In einem Tätigkeitsbericht vom Januar 1938 wird lobend hervorgehoben, er habe alle Wachtmeister des Lehrgangs veranlasst, sich um eine Mitgliedschaft in der NSDAP zu bemühen.472 Segelken führte bis zum März 1938 auch die Monatsschulung für den Einzeldienst der Schupo durch, danach trat der Wilhelmshavener Volksschul- und Hauptlehrer Johann Tyarks an seine Stelle.473 Tyarks, der auch den Unterricht in der Ausbildungs- und Schupo-Hundertschaft nach deren Rückkehr vom Österreich-Einsatz übernahm, war ein nationalsozialistischer Aktivist der ersten Stunde, der später noch wichtige Funktionen im Rasse- und Siedlungshauptamt wahrnehmen sollte. Er war Ende 1931 der NSDAP beigetreten, schloß sich ein Jahr später der SS an und war bereits Kreisamtsleiter der NSV, Ortsgruppen-Amtsleiter des NSLB, Lehrer an der Oldenburger Gaufrauenschule in Bad Zwischenahn, Kreisbeauftragter des RPA und Ausbilder beim SS-Sturmbann 24, bevor er als Schulungslehrer und -redner der Wilhelmshavener Polizei bestätigt wurde. Während des Krieges arbeitete er als Eignungsprüfer des RuSHA in Litzmannstadt, avancierte zum Abteilungsleiter im Rassenamt und schließlich als Hauptsturmführer zum Hauptabteilungsleiter beim Rasseamt in Prag, wo er insbesondere für die Ausbildung der RuS-Führer zuständig war. Nach dem Krieg arbeitete er wieder als Lehrer im Raum Wilhelmshaven.474 In Tyarks »Amtszeit« als Polizeischulungslehrer fiel die Fahrt der Wilhelmshavener Polizeiangehörigen zur Ausstellung »Der ewige Jude« in Bremen; gemeinsame Fahrten dorthin wurden auch von Oldenburg, Emden und Osnabrück aus organisiert.475 Neben Tyarks war der Studienrat und SS-Unterscharführer Helmut Wiemann in der Wilhelmshavener Polizeischulung tätig, auch er seit 1931 NSDAP-Mitglied. Als Wiemann eingezogen wurde, sprang der Schulrektor Wilhelm Horstmeyer ein, der vorher schon Deutschunterricht in der Ausbildungshundertschaft erteilt hatte.476 Die weltanschauliche Monatsschulung der Schutzpolizei begann in Wilhelmshaven im Mai 1937; darüber hinaus nahmen die Polizeibeamten auch an Morgenfeiern der NSDAP und den Sonnwendfeiern der SS teil. Die Polizeioffiziere besuchten übrigens die Vorträge beim Marinekommando des Standortes Wilhelmshaven; dort hielt Prof. Oberländer im März 1938 einen Vortrag über »das heutige Rußland.«477 Ab Mitte August 1939 kam der Schulungsbetrieb auch hier zum Erliegen. Ende 1939 ordnete ein Rundschreiben des IdO Hamburg die Wiederaufnahme zum 1. Januar 1940 an; die Männer seien laufend über die politische Lage zu unterrichten, Monatsthema war »Englands schwache Punkte«. Für die Vorträge sollten nicht eingezogene Schulungsredner herangezogen werden. Generell führte jedoch die Einberufung von SS-Angehörigen mit Beginn des Krieges auch im Freistaat Oldenburg dazu, dass die Polizei ihre Schulungskräfte verstärkt aus den eigenen Reihen rekrutieren musste. 1940 waren von neun identifizierbaren Schulungskräften bereits fünf Polizeioffiziere; neben Horstmeyer war mit dem Kreis-Schulungsleiter der NSDAP Rolf Kemmerich noch ein weiterer Lehrer tätig. Weitere Schulungsredner waren der
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schon erwähnte Hugo Stratmann und der Jurist Dr. Herbert Haag, Amtsgerichtsrat und Ratsherr in Nordenhamm. Haag, 1941 zum Untersturmführer ernannt, nahm eine ganze Reihe von Aufgaben und Funktionen in der SS und der Partei wahr, er war unter anderem Kreisrechtsamtsleiter der NSDAP, Kreis-Schulungsleiter im Nationalsozialistischen Richterbund, Bannrechtsreferent der HJ und Kreisverbandsleiter des VDA, Sturmbann-Schulungsleiter der SS und SD-Außenstellenleiter.478 Gelegentlich wurden noch polizeiexterne Redner zu einzelnen Sondervorträgen eingesetzt - so fand beispielsweise nach der Besetzung Norwegens im September 1940 eine Sonderschulung über Norwegen statt, zu der Kapitän zur See Gerlach, der Partei-Schulungsleiter Wulff aus Bremen und der Studienrat Brück herangezogen wurden. 479 Nach der Anweisung vom Juni 1941, nur noch Polizeioffiziere für die weltanschauliche Schulung der Polizei einzusetzen, wurde der Unterricht durchweg von polizeieigenen Kräften durchgeführt. Nur einige dieser Offiziere gehörten zugleich der SS an, und nur ganz vereinzelt wurden noch externe Redner herangezogen.480 Für die Schutzpolizei in Oldenburg war bereits 1940 Hauptmann Kuhfahl mit der weltanschaulichen Schulung beauftragt worden, er nahm diese Aufgabe bis 1943 in leitender Funktion wahr, danach wurde Oberleutnant Quaas als WE-Offizier eingesetzt. Quaas, der sich schon 1942 die Schulungsvorträge mit Kuhfahl geteilt hatte, war SSUntersturmführer und gehörte bereits seit 1927 der NSDAP an.481 Ähnlich wie hier kam es auch in anderen Regionen mit der Etablierung einer polizeieigenen Schulung zu einem vergleichsweise hohen Maß an personeller Kontinuität, wie etwa in Delmenhorst, wo der Leutnant Fritz Meyer von 1942 bis 1945 die Schulung durchführte. Die weitere Entwicklung gleicht der in Braunschweig: eine regelmäßige Monatsschulung weitgehend in der vorgegebenen Themenfolge anhand der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« durch Polizeioffiziere, die auf ihre Aufgaben in Lehrgängen und Standortbesprechungen vorbereitet wurden. Ende Juni/Anfang Juli 1941 führte der Polizeischulungsleiter – vermutlich Major Burkart – Kontrollbesuche zur weltanschaulichen Schulung im Freistaat durch, die in 6 von 11 Fällen zu Beanstandungen Anlass gaben: entweder war der Unterricht ausgefallen oder das Thema wurde nicht wie vorgeschrieben behandelt; außerdem hielten die Schulungsredner ausschließlich Vorträge statt den Stoff durch »Frageund Antwortspiel« mit den »Schülern« zu erarbeiten.482 Wohl auch aufgrund solcher Erfahrungen wurden daraufhin mehrere Lehrgänge für Schulungskräfte der Polizei des BdO-Bereichs Hamburg organisiert. Der erste dieser Lehrgänge fand vom 7.20.9.1941 im Schulungsheim (»Ulrich Peters-Heim«) der Kieler Hochschule für Lehrerbildung in Kalifornien bei Schönberg an der Ostsee statt, bis Ende Oktober folgten drei weitere 14tägige Lehrgänge, mit denen alle Offiziere, die für die Schulungsarbeit in Frage kamen, erreicht worden sein dürften. Auf den Lehrgängen war jeder Tag einem weltanschaulich und politisch relevanten Schwerpunktthema gewidmet, zu dem jeweils ein Experte Vorträge hielt. Auffallend ist, dass keine SSExperten, sondern regionale Parteiprominenz mit pädagogischer Qualifikation herangezogen wurden. Den ersten Vortrag hielt der Mittelschullehrer und Kreisschul-
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rat Karl Graucob aus Oldenburg/Holst. zum Thema des Tages »Die biologischen Grundlagen unserer Weltanschauung«, der zweite Tag war dem Thema »Praktische Bevölkerungspolitik« gewidmet, es referierte der Leiter der Kieler Sektion des »Reichsbundes für Deutsche Familie« (Reichsbund der Kinderreichen), am dritten Tag trug der Schulungsreferent aus dem Kolonialpolitischen Amt in Schleswig Prüß zum Thema »Rückforderung der Kolonien« vor, am 4. Tag sprach der Kieler Studienrat Otto Thiesen über »Die überstaatlichen Mächte – Judenfrage – Freimaurerei und katholische Aktion«, am 5. Tag der Leiter der Gauschulungsburg in Bordesholm Jordan über »Die geschichtlichen Grundlagen unserer Weltanschauung«. Unter den weiteren Rednern waren der Gauschulungsreferent der DAF Walter Russack, der Hamburger Volkshochschulleiter und Leiter des Gaupropaganda-Amtes Schrewe sowie der Gauschulungsleiter und Oberschulrat Henze. Zwei Tage bestritt der Polizeischulungsleiter mit Vorträgen und Anweisungen zur Praxis der weltanschaulichen Erziehung in der Ordnungspolizei.483 Weitere Kurz-Lehrgänge organisierte der BdO Hamburg im Dezember 1942 speziell für Schulungskräfte der Luftschutzpolizei und »erst seit kurzer Zeit in der Schulung tätige Schulungsredner der Ordnungspolizei«. Die Redner waren zum Teil dieselben, die schon auf den Kieler Lehrgängen aufgetreten waren, die Kurse waren aber noch stärker auf die Praxis ausgerichtet. Burkart und sein Stellvertreter Rasack stellten jeweils Beispiele einer Tages- und einer Monatsschulung vor (»Wie packe ich das Thema ›Tagesschulung‹ als Redner an?« »Wie gehe ich bei der Bearbeitung des Vortrags vor?«), Rasack präsentierte außerdem einen beispielhaften Lichtbildervortrag und hielt darüber hinaus einen Vortrag über nationalsozialistische Rassenpflege; am Ende fand jeweils eine Aussprache über praktische Fragen der weltanschaulichen Schulungsarbeit statt.484 Ähnlich wie in Braunschweig wurden auch in Oldenburg darüber hinaus ab Ende 1941/Anfang 1942 regelmäßige Rednerbesprechungen durchgeführt – hier hießen sie »Standortbesprechungen«, da der Polizeischulungsleiter zu festgesetzten Terminen Rundreisen durch den BdO-Bereich unternahm und die Besprechungen vor Ort abhielt. Unmittelbarer Anlass für die Einführung der Standortbesprechungen waren offenbar Probleme bei der Durchführung der Tagesschulung, die vermutlich auch damit zusammenhingen, dass es hierfür anders als bei der Monatsschulung keine verbindliche und regelmäßig erscheinende Materialgrundlage gab, sondern die Schulungskräfte vor Ort sich die Unterlagen selber zusammenstellen mussten. Die Besprechungen sollten zunächst 3 Stunden dauern, mit der Erweiterung des Konzeptes im Sommer 1942 wurde die Dauer dann aber auf einen ganzen Tag ausgedehnt. Insgesamt lassen sich für die Zeit vom Juni 1942 bis März 1944 mindestens zehn solcher Besprechungen nachweisen. In der Regel waren es jeweils sechs über den Inspektionsbereich verteilte eintägige Veranstaltungen, zu denen die Schulungsredner der Monats- und Tagesschulung und bis zu einer Gesamtzahl von 40 Teilnehmern weitere Offiziere des Standortes delegiert wurden. Der Verlauf einer Standortbesprechung beinhaltete Erläuterungen zur Durchführung einer Tagesschulung, einen Vortrag über das laufende Monatsthema, zwei Kurzvorträge anhand von Büchern, die zu diesem Zweck verschickt wurden, sowie einen
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Vortrag eines Experten aus der Partei oder der SS über ein grundlegendes weltanschauliches oder politisches Thema.485 Bei der Standortbesprechung am 23.6.42 beispielsweise, die für Oldenburg und Aurich zusammen durchgeführt wurde, nahmen 31 Polizeibeamte aus dem Land Oldenburg sowie zehn aus dem Regierungsbezirk Aurich teil; zwei Teilnehmer aus Delmenhorst und Aurich führten eine Tagesschulung vor, vier Angehörige der Polizeiverwaltung Wilhelmshaven und der Gendarmerie Oldenburg hielten die Kurzreferate. Dies war wieder ein seminaristisches Konzept, nach dem jeweils zwei Delegierte ein Buch durcharbeiten und anschließend referieren mussten. Zur Standortbesprechung im September 1942 wurden für das Land Oldenburg (zusammen mit dem Regierungsbezirk Aurich) die Themen »Die Protokolle der Weisen von Zion und die Wirklichkeit« anhand des Buchs von Gottfried zur Beek und »Englands Gewaltherrschaft in Irland« anhand des gleichnamigen Buchs von Werner Schaeffer festgelegt; als Referenten wurden Gendarmeriemeister Groenhagen aus Wardenburg und Polizeihauptmann Albert Kuhfahl aus Oldenburg bestimmt, denen die entsprechenden Bücher übersandt wurden. Den Vortrag zum Monatsthema hielt Obermedizinalrat Dr. Kaltentoth aus Wilhelmshaven, den grundlegenden weltanschaulichen Vortrag hielt der stellvertretende GauSchulungsleiter Hugo Stratmann. In den anderen Regierungsbezirken des BdO-Bereichs galten andere Themen für die Kurzreferate – in Bremen und Hannover z. B. waren die Bücher »Die Judenfrage« von Ernst Dobers (Thema: »Die Judenfrage und die Methodik ihrer Behandlung«) und »England und die Buren« von Stefan Schroeder zu bearbeiten. 486 Die Themen wanderten jeden Monat zu einem anderen Standort – so hatten die Bücher von Dobers und Schroeder z. B. im August bereits in Stade, im Juni in Schleswig auf dem Programm gestanden. Die Themen für die Referate der Standortbesprechungen geben einen interessanten Einblick in die »Fortbildungspraxis« für die Schulungskräfte, weil sie zeigen, welches Gewicht der Auseinandersetzung mit den »Feinden« des Nationalsozialismus zu diesem Zeitpunkt zukam – hier insbesondere der Auseinandersetzung mit dem Judentum und mit England, die mit insgesamt neun Themen im Sommer 1942 den Schwerpunkt der Themenstellung bildeten. So standen außer den beiden Büchern von Dobers und zur Beek auch noch das vom SD erarbeitete Buch »Das Weltjudentum« sowie die Bücher »Die Judenfrage in der deutschen Geschichte« von Wilhelm Grau und »Alljuda als Kriegstreiber« von Hans Gracht auf den Referate-Listen. Das Thema »England« stand ebenfalls viermal auf dem Programm: »Englands Gewalherrschaft in Irland«, »Englands Gewaltpolitik am Nil«, »England und die Buren«, »Englands Herrschaft in Indien«. Im September 1942 war in Oldenburg das Kapitel »Volk und Rasse« aus Hitlers »Mein Kampf« vorzubereiten.487 Hier herrschte also ein »dichter Diskurs«. Die Wirksamkeit der Fortbildungsmaßnahmen wurde durch Erfahrungsberichte und Kontrollbesuche vor Ort überprüft. Anhand dieser Berichte lässt sich auch feststellen, dass die Monatsschulung zumeist regulär durchgeführt wurde und in den meisten Fällen offenbar auch auf positive Resonanz stieß. Aus Delmenhorst etwa meldeten Polizeiverwaltung und Gendarmerie regelmäßige Tages- und Monatsschulung anhand des Völkischen Beobachters, der SS-Leithefte, der »Schriftenreihe« und der Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei, für
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die Tagesschulung wurden zudem die Mitteilungsblätter des BdO, Zeitungsartikel und Heeresberichte verwendet; allerdings sei der Stoff für die Monatsschulung für eine Stunde zu umfangreich – wohl deshalb ging man zu einer 14tägigen Schulung über. Besonders geeignete Polizeibeamte wurden zu Kurzvorträgen herangezogen. Zuversichtlich meldete Revierleutnant Meyer, »Zweifelsfragen« der Polizeibeamten könnten im »kleinen Kreis mit dem Dienststellenleiter geklärt« werden und die weltanschauliche Schulung könne »den Optimismus in Bezug auf den Krieg steigern.« Fritz Meyer, der die Schulung hier leitete, hatte im Herbst 1941 an den Kieler Lehrgängen teilgenommen; für seine vorbildliche Schulungsarbeit erhielt er zum Julfest 1942 als Anerkennung das Buch »Der Weg zum Reich« geschenkt. Ähnlich positiv fielen die Berichte über Meyers Arbeit auch 1942 aus: seine Tages- und Monatsschulung fände das »größte Interesse«, die Beamten würden »teils geschlossen« an Parteiveranstaltungen teilnehmen.488 Positiv fielen auch die Berichte der Schutzpolizei Oldenburg aus: Ein Polizeioffizier halte die laufende Monatsschulung, zwei mal die Woche würden der Revierführer oder sein Stellvertreter über laufende politische und militärische Ereignisse informieren; die Mitteilungsblätter des BdO würden »eifrig gelesen«, die Teilnahme sei regelmäßig, hieß es in einem Bericht für das letzte Quartal 1941. Die Gendarmerie Oldenburg meldete dagegen im März 1942, die Tagesschulung müsse »aus organisatorischen Gründen mehr oder weniger geeigneten Unterführern überlassen bleiben« und könne nur einmal im Monat stattfinden, insgesamt sei die Lage unbefriedigend; die Monatsschulung werde durch einen Offizier erteilt, die Zeit von 45 Minuten reiche jedoch nicht aus, die Stoffsammlung sei zu umfangreich und zu detailliert.489 Der Mangel an Zeit für die Behandlung des Monatsstoffs wurde auch in anderen Berichten konstatiert; der Polizeischulungsleiter schlug dem BdO deshalb 1943 vor, den Monatsvortrag wenigstens von 45 auf 60 Minuten auszuweiten. Kritische Berichte blieben aber insgesamt die Ausnahme. Ob die Berichte geschönt waren, lässt sich nicht feststellen. Paradigmatisch ist vielleicht die Beurteilung anlässlich einer Dienstüberprüfung der Monatsschulung des Revierleutnants Nissen in Nordenham: Nissen habe über »Der Kampf um das Reich« aus dem Schulungsheft »ruhig sitzend am Tisch« vorgetragen, die Polizisten hätten interessant zugehört, die monotone, lediglich aus einem Vortrag bestehende Schulungsform wurde jedoch bemängelt.490 Der Polizeischulungsleiter kündigte im November 1943 eine Intensivierung der Fortbildung der Schulungskräfte an, die sich aufgrund der Erfahrungen bei Dienstüberprüfungen und Standortbesprechungen als notwendig erwiesen hätte. Die »Härte des totalen Krieges« verlange eine »Einheitlichkeit der Ausrichtung und eine klare, eindeutige politisch-weltanschauliche Haltung aller Angehörigen der Ordnungspolizei«. Deshalb sollte jetzt bei jedem größeren Standort ein geeigneter und in der Schulungsarbeit erfahrener Offizier als »WE-Offizier« eingesetzt werden, der für die Leitung und Organisation der weltanschaulichen Erziehung zuständig war. Nach einer Aufstellung vom Dezember 1943 wurden daraufhin 13 WE-Offiziere für den gesamten Bereich des BdO Hamburg ernannt. Für das Land Oldenburg war dies Oberleutnant Quaas. Unter ihrer Leitung sollten für alle Schulungskräfte eines Standortes laufend Standortbesprechungen durchgeführt werden, in denen das Monats-
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thema und »die Behandlung der tagespolitischen Schulung praktisch durchzusprechen« war; auch die Themen der tagespolitischen Schulung waren vom WE-Offizier festzulegen.491. Im März 1944 kam ein weiteres Rundschreiben des BdO, das die Tagesschulung in den Fokus rückte und dafür mindestens 30 bis 60 Minuten pro Woche anordnete. Die bisherige Durchführung der Tagesschulung wurde moniert, denn ein großer Teil der Schulungsredner führe den Auftrag »falsch und damit ohne Erfolg« durch: »Wer sich auf die Tagesschulung mit einem langen Vortrag, der vom Redner abgelesen wird, vorbereitet, zeigt, daß er der Aufgabe nicht gewachsen ist, denn nicht das Wissen des Redners hat im Vordergrund der Tagesschulung zu stehen, sondern durch geschickte und richtige Fragestellung an die Männer, die sich auch erst aus den Antworten der Männer ergeben wird, sind die Männer zu einem nationalsozialistischen Denken zu erziehen und zu politischer Mitarbeit zu erziehen.«
In den Standortbesprechungen müssten in Zukunft alle Teilnehmer damit rechnen, Tagesschulungsbeispiele durchzuführen. Zur Verdeutlichung wurde an einem Beispiel die »Methode des richtigen Fragens« vorgeführt, die »auch dem schwächsten Tagesschulungsredner« einen Anhalt geben könne: »1. Frage des Redners an die Männer: Was haben Sie Wichtiges in den letzten Tagen gelesen oder im Rundfunk gehört? (Diese den Männern wichtig erscheinenden Dinge werden durch Aufzeichnung festgehalten. Hierbei kann nun ein jeder das sagen, was er für wichtig hält.) 2. Frage des Redners: Was erscheint Ihnen davon besonders wichtig? (Durch Beteiligung aller Männer wird man die erwähnten Dinge nach dem Grad ihrer Wichtigkeit einteilen. 3. Nun wird ein Ereignis näher behandelt mit der Frage: Was können Sie dazu sagen? (Hier kann nun ein jeder Mann sein Wissen vorbringen.) 4. Wenn die Antworten der Redner noch nicht befriedigen oder eine bestimmte Tendenz oder Klarstellung noch nicht erfolgt ist, wird die weitere Frage des Redners kommen müssen: Wer kann noch etwas dazu sagen? 5. Nach der Behandlung einer Frage oder auch mehrerer Ereignisse empfiehlt sich das Eingehen auf weitere Dinge, die zuweilen die Männer bewegen, mit der Frage: Hat jemand sonst noch eine Frage? Hier können die Männer auch die persönlichen Dinge vorbringen, die den Offizier und Vorgesetzten interessieren müssen und die oft wichtiger erscheinen, als irgendeine politische Frage.«492
Offensichtlich sollte mit dieser Anregung, verstärkt auf die Fragen einzugehen, die »die Männer« bewegten, auf einen zunehmenden Erklärungsdruck reagiert werden. Das Beiblatt zum »Politischen Dienst« des SS-Hauptamtes, das ab Mai 1944 alle 14 Tage erschien und vor allem für die Tagesschulung gedacht war, sollte dem Rechnung tragen. Mit dem Amtsantritt Framenaus als Polizeischulungsleiter kamen schließlich fast täglich Hinweise für die Tages- und Monatsschulung heraus, etwa alle drei Tage versandte Framenau »Führerhinweise« und »Propagandahinweise«,
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die vor allem zu aktuellen politischen und militärischen Vorgängen Stellung nahmen und Durchhalteparolen enthielten. Was die Inhalte der Schulung betrifft, so folgte die Monatsschulung ebenso wie im Land Braunschweig weitgehend dem Curriculum, das die »Schriftenreihe« des HA Orpo vorgab: 1940 stand der Krieg im Westen im Vordergrund, in der ersten Jahreshälfte 1941 war das zentrale Thema »Deutschland« (»Deutsches Blut in aller Welt, Deutsches Reich, Deutsches Volk, Deutscher Lebensraum, Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker«), die zweite Jahreshälfte war durch den Russland-Feldzug bestimmt, das Jahr 1942 vom Zwei-Fronten-Krieg gegen Russland und die USA und seinem weltanschaulichen Hintergrund (»Bolschewismus« und »Weltplutokratie«); 1943 rückten noch einmal die weltanschaulichen Grundlagen des Nationalsozialismus in den Vordergrund, die dem Krieg seinen tieferen Sinn geben sollten, insbesondere die Rassenpolitik, aber auch das Thema »Bauerntum« kamen noch einmal zu Ehren. Wie ernst und wichtig man diesen Themenkomplex zu diesem Zeitpunkt noch nahm, zeigt, dass der BdO Hamburg in diesem Zusammenhang über die Hefte »Rassenpolitik« und »SS-Mann und Blutsfrage« des SS-Hauptamtes hinaus umfangreiche zusätzliche Materialien zur Unterstützung der Schulungsarbeit versandte. Dazu gehörten im April 1943 vier Wandtafeln zum rassen- und vererbungskundlichen Unterricht mit Begleittexten zu den wichtigsten europäischen Rassen, im Mai folgten didaktische Anweisungen zur Behandlung des Themas »Rassenpolitik« sowie zahlreiche Büchersendungen, darunter Günthers »Rassenkunde des deutschen Volkes«, Jakob Grafs Schulbuch »Vererbungslehre, Rassenkunde und Erbgesundheitspflege«, Werke von Darré, Lagarde, Kosinna, Gehl und anderen; außerdem standen Lichtbildreihen zum Thema »Vererbung und Rasse, des Volkes Schicksal« zur Verfügung. Im September wurden noch einmal Bücher zur »Judenfrage« für die Vorbereitung von Kurzreferaten auf den Standortbesprechungen verschickt.493 1944/45 zerfaserte sich die Schulungsarbeit. Sofern noch ein übergreifendes Thema erkennbar ist, war es »Europa und die Aufgaben Deutschlands«, d.h. die Aufgaben der NSDAP und der SS, die Europa mit der Hilfe der europäischen Völker vor dem Bolschewismus retten und den »Deutschen Sozialismus« errichten sollten. Ab Frühjahr 1944 erschienen keine Hefte der »Schriftenreihe« mehr, die bis dahin stets eine relativ konsistente Themenfolge begründet hatten. Die Text- und Materialgrundlage der Schulung wurde heterogener. Einzelne Hefte vergangener Jahrgänge wurden gelegentlich wieder herangezogen, der BdO Hamburg brachte aber jetzt eine Reihe eigener Sonderdrucke für die Monatsschulung heraus, außerdem wurden in einigen Fällen auch die »Handblätter« für die weltanschauliche Schulung der Waffen-SS verwendet, in anderen griffen die Schulungsredner auf Schriften der Reichsorganisationsleitung und des Reichspropagandaministeriums zurück. Die wichtigste Materialgrundlage bildeten schließlich Ende 1944/Anfang 1945 die laufend vervielfältigten »Führungs- und Propaganda-Hinweise« des BdO. Offenbar fehlte im letzten Kriegsjahr eine konsistente Politik des HA Orpo, so dass die WE-Führer bei den BdO in höherem Maße improvisieren und eigene Initiativen ergreifen mussten. Die letzten Monatsthemen, die Framenau im März und April 1945 noch anordnete, waren »Der Nationalsozialismus rettet das nordisch-germanische Erbgut Europas« und
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»Die Partei, Kraftfeld des Reiches«. Auch die relative personelle Kontinuität der vergangenen Jahre ging verloren: Im Frühsommer 1944 war Hauptmann Knieriem an die Stelle von Quaas als WE-Offizier in Oldenburg getreten; er hielt im Juni einen Vortrag über Ludwig Ecksteins Essay »Die Überwindung der Enge«, im August über »Die SS, Geschichte und Aufgaben«.494 Mit der Übernahme der Amtsgeschäfte des Polizeischulungsleiters durch Framenau wurde im September 1944 der Leutnant d. R. Triloff vom Stab des BdO als WE-Offizier nach Oldenburg und Wilhelmshaven geschickt. Noch im gleichen Monat ersetzte Dr. Fuhse, der zuvor WE-Offizier in Bremen gewesen war, Triloff in Oldenburg; Fuhse hielt im Oktober zwei Vorträge über »Europa und der Bolschewismus« und »Deutscher Sozialismus«. Im Dezember 1944 schließlich wurde Knieriem erneut als WE-Offizier eingesetzt.495
II.7. Forcierte Militarisierung: Ausbildung und weltanschauliche Schulung der Polizeibataillone Der Beginn des Krieges bedeutete auch für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei eine tiefgreifende Zäsur. In organisatorischer Hinsicht erleichterte die Verlagerung der Polizeischulungsabteilung aus dem SS-Hauptamt ins HA Orpo und die Bildung der Amtsgruppe WE wenig später die Umsetzung der Anordnungen zur weltanschaulichen Schulung innerhalb der Polizei; die Verbindung mit der SS blieb dadurch gewährleistet, dass der neu ernannte Inspekteur für die weltanschauliche Erziehung mit Joachim Caesar zugleich der Chef des SS-Schulungsamtes war und die Polizeischulungsleiter bei den IdO SS-Führer des Schulungsamtes waren. Die Organisation der weltanschaulichen Schulung führte das HA Orpo aber jetzt in Eigenregie durch. Zum anderen leitete die Aufstellung der Polizeibataillone zu Beginn des Krieges einen massiven Prozess weiterer Militarisierung der Polizei ein, der sich auch in der Schulung niederschlug. Die Polizei wandelte sich zu einem Kampfverband, der für Ordnung und Sicherheit an der »inneren Front« sorgen sollte, die sich jetzt immer weiter in die besetzten Länder verlagerte. Die weltanschauliche Schulung begründete den Kampfauftrag: Kriegführung gegen gegen völkische, rassische und andere weltanschaulich definierte Gegner. Im Zentrum stand der Krieg gegen »die Juden«, der jetzt, in den Ländern des Ostens, ganz andere Dimensionen annahm als man sie vom »Altreich« kannte. Zum anderen sollte die Polizei die Wehrmacht im Kampf gegen Partisanen und »Banden« unterstützen, hinter denen man aber auch stets »das Judentum« vermutete. Die Militarisierung war daher zugleich eine »weltanschauliche Militarisierung«. Rückblickend wird deutlich, dass die Auffüllung des Personalbestandes der Ordnungspolizei nach der Abgabe der Landespolizei an die Wehrmacht durch den Aufbau von Schupo-Hundertschaften wiederum militärischen Zwecken folgte, da mit Beginn des Krieges die Polizeibataillone aus den Hundertschaften gebildet wurden. Dem Ziel, möglichst rasch eine auch militärisch einsetzbare Polizeitruppe verfüg-
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bar zu haben, wurde alles untergeordnet. Nach Erlass vom 3.6.1939 sollte der Wachtmeister-Ersatz künftig aus der Wehrmacht und der Waffen-SS genommen werden – Neuzugänge sollten also bereits eine militärische Ausbildung absolviert haben. Weitere Kriterien waren unter anderem politische Zuverlässigkeit, SS-Fähigkeit und eine Verpflichtung, »zu gegebener Zeit« in die Allgemeine SS einzutreten. Zu Beginn des Krieges wurden der Ordnungspolizei in einer Sonderaktion 26 000 ungediente Wehrpflichtige als Anwärter und als Wachtmeister-Ersatz zugewiesen. Für ihre Ausbildung wurden die bestehenden Ausbildungsabteilungen in Polizeiausbildungsbataillone umgewandelt; nach einer Grundausbildung, die für die Anwärter ein halbes Jahr, für den Wachtmeister-Ersatz im Durchschnitt etwa 9 Monate dauerte und an die Stelle der Grundausbildung in den Ausbildungshundertschaften trat, wurden die Einheiten als Polizeibataillone aufgestellt und an die Front abkommandiert. Die Ausbildung wurde in den Polizeibataillonen fortgesetzt. Sie ersetzte die Wehrpflicht. Im Vordergrund stand daher die »Gefechtsausbildung«, hinzu kamen neben einer rudimentären polizeifachlichen Ausbildung die weltanschauliche Schulung und Elemente eines allgemeinbildenden Unterrichts, insbesondere Deutsch-Unterricht, der zuvor zu den Aufgaben der Polizeiberufsschulen gehört hatte. Nach Abschluss dieser »Rekrutenaktion« wurden die Ausbildungsbataillone im Verlauf des Jahres 1941 wieder aufgelöst. Im gleichen Jahr wurde der Ausbildungsgang für den Wachtmeisterersatz, der in der Zielvorstellung weiterhin aus Wehrmacht und Waffen-SS kommen sollte, noch einmal vereinfacht und verstärkt auf die Kriegsbedürfnisse abgestellt. Eine zweijährige militärische Ausbildung bei Wehrmacht und Waffen-SS wurde auf die Dienstzeit bei der Polizei angerechnet; anschließend sollten die Nachwuchspolizisten nicht mehr in Ausbildungsbataillonen ausgebildet, sondern unmittelbar in die Kompanien der Polizeibataillone eingestellt werden und dort eine laufende militärisch-weltanschauliche Aus- und Fortbildung erhalten. Nach zwei Dienstjahren bei Kompanien in den besetzten Gebieten sollte die Überführung in Polizeikompanien des Reichs, nach sieben Dienstjahren und Besuch eines Anstellungslehrgangs an einer Polizeischule die Überführung in den Einzeldienst erfolgen. Nahezu die gesamte Ausbildung fand also jetzt in geschlossenen Formationen und zu einem großen Teil in Einsatzgebieten statt; sie diente der raschen Auffüllung der Kompanien: »Eine frühere Überführung in den Einzeldienst ist nicht möglich, weil die Jahrgänge vom 3. bis einschl. 7. Dienstjahr für die Polizei-Kompanien benötigt werden.«496 Die Ausrichtung auf den Krieg und die damit verbundene Militarisierung der Polizei fand ihren Ausdruck auch in der neuen Nomenklatur: An die Stelle der Hundertschaften traten jetzt die Kompanien der Polizeibataillone. Gleichzeitig gab die Polizei aber noch einmal Personal an die Wehrmacht ab: Im Oktober 1939 wurde eine Polizei-Division aus etwa 15 800 militärisch ausgebildeten Offizieren und Wachtmeistern der Ordnungspolizei aufgestellt, die zwar weiter der Polizei angehörte, aber der Wehrmacht zur Verfügung stand und, nachdem sie mit Heereseinheiten weiter aufgefüllt worden war, 1940 beim West-Feldzug eingesetzt wurde. Die Division wurde im August 1940 neu aufgestellt, in »SS-Polizei-Division« umbenannt, im April 1941 der Waffen-SS zugeordnet, im Russland-Feldzug eingesetzt und Anfang 1942 auch
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offiziell in die Waffen-SS eingegliedert. Das SS-Hauptamt stellte im Herbst 1939 Otto Bayer vom Schulungsamt und den Polizeischulungsleiter Hugo Stelzer für einige Monate zur SS-Polizei-Division ab, um dort die weltanschauliche Schulung zu organisieren.497 Darüber hinaus wurden etwa 8000 Angehörige der Feldgendarmerie als Militärpolizei vom Hauptamt Orpo der Wehrmacht zur Verfügung gestellt. Diese Abgaben konnten durch die »Rekruten-Aktion« kompensiert werden; aufgrund eines Führer-Entscheids erhielt die Polizei mit Beginn des Polen-Feldzugs die Erlaubnis, insgesamt 26 000 ungediente Wehrpflichtige der Jahrgänge 1909-1912 sowie 1918-1920 als Freiwillige zu rekrutieren. Zu Beginn des Krieges lag der Personalbestand der aktiven Polizei bei 131 000, ohne Sicherheitspolizei und Polizeiverwaltungsangehörige bei 121 000. Dieser Bestand wurde jetzt durch die zusätzliche Rekrutierungsaktion, die Mobilisierung von Reservisten und die Übernahme von Volksdeutschen, in der Hauptsache Angehörigen des Selbstschutzes im besetzten Polen, ungefähr verdoppelt. Eine Aufstellung des Hauptamtes Orpo vom August 1940 weist folgende Bestandszahlen aus: 121.000 26.000
aktive Polizei zu Beginn des Krieges aus einer einmaligen Rekruten-Aktion (angeworbene Anwärter für den Polizeiberuf) 6.000 in die Polizei übernommene Volksdeutsche aus den annektierten polnischen Gebieten 91.500 eingezogene Polizeireservisten 244.500 insgesamt
Vor allem durch weitere Mobilisierungen von Reservisten konnte die Gesamtzahl Anfang 1941 auf 276 500 gesteigert werden. Im Januar 1943 betrug die Zahl der einberufenen Reservisten bereits 132 000, unter denen inzwischen viele Volksdeutsche aus den besetzten Ländern waren.498 Darüber hinaus kam es in den Jahren 1943/44 erneut zu Rekruten-Aktionen durch Überstellungen von der Wehrmacht und der Waffen-SS. Die Bataillone, dies stellte Daluege im November 1939 klar, sollten einen primär militärischen Charakter haben und Aufgaben erfüllen, die jenseits traditioneller Polizeiarbeit lagen. Dies fand in den »Richtlinien für die Durchführung der weltanschaulichen Schulung der Ordnungspolizei während der Kriegszeit« vom 2.6.1940 seinen Ausdruck, die speziell für die Polizeibataillone eine Wochenschulung mit dem Ziel der »Heranbildung des soldatischen Kämpfers« vorschrieben: Dies unterstrich den besonderen Status der Polizeibataillone gegenüber der übrigen Ordnungspolizei.499 Die Polizeibataillone wurden im Juli 1942 zu »Polizeiregimentern« zusammengefasst und erhielten im Februar 1943 »in Anerkennung ihrer Leistungen im Osten« die Bezeichnung »SS-Polizei-Regimenter«. Sie blieben Verbände des Hauptamtes Orpo, die Umbenennung suggerierte aber, dass die Polizei durch ihre Bewährung im Kampf dem übergeordneten Ziel einer Verschmelzung mit der SS ein ganzes Stück weit näher gekommen war.500 Die ersten Bataillone, die bereits 1939 zum Einsatz kamen, wurden aus den bestehenden Ausbildungsabteilungen und Hundertschaften gebildet und mit Reser-
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visten, die jetzt eingezogen wurden, »vermischt«. Offiziere und Unterführer kamen aus den Reihen der aktiven Polizeibeamten. Die älteren Reservisten aus dem »Verstärkten Polizeischutz« sollten hauptsächlich Polizeibeamten im Reich ersetzen, die jetzt in die besetzten Gebiete abgeordnet wurden, während die jüngeren für den auswärtigen Einsatz herangezogen werden sollten. Je nachdem ob die Zahl der Reservisten gegenüber den aktiven Wachtmeistern überwog, wurden die Bataillone als »Polizeibataillone« (PB) oder »Reservepolizeibataillone« (RPB) bezeichnet. Die Bezeichnung wechselte daher im Zeitverlauf oft für ein Bataillon; der Einfachheit halber gebrauche ich im Folgenden den Ausdruck »Polizeibataillon« auch als übergreifende Bezeichnung. Im ersten Kriegsjahr wurden 101 Bataillone mit rd. 60 000 Mann aufgestellt. Davon wurden 38 aus der 26 000-Mann-Rekrutenaktion gebildet, drei aus den in den besetzten polnischen Gebieten rekrutierten Volksdeutschen, die übrigen 60 Bataillone waren aus aktiven Polizisten und Reservisten zusammengesetzt. Im weiteren Verlauf des Krieges wurden weitere Bataillone gebildet – die genaue Zahl ist nicht bekannt, die Nummerierung geht bis zur Nr. 328, es wurden aber nicht alle Nummern vergeben und alle geplanten Bataillone aufgestellt; dazu kamen noch einmal etwa 270 Schutzmannschaft (»Schuma«)-Bataillone, die aus einheimischen Kräften der besetzten Länder zusammengesetzt waren.501 Nur ein Teil dieser Bataillone war jeweils auch in den besetzten Ländern eingesetzt. Nach einer Aufstellung des HA Orpo vom August 1940 befanden sich zu dieser Zeit 40 Polizeibataillone mit zusammen 22 836 Mann in den besetzten Ländern: 10 im Protektorat, 13 im Generalgouvernement, 7 in den annektierten polnischen Gebieten, 6 in Norwegen und 4 in den Niederlanden. Nach dem Russland-Feldzug verdoppelte sich die Zahl: Als 1942 Lehrbataillone für den Ersatz und die Ausbildung der Bataillone im auswärtigen Einsatz gebildet wurden, waren ihnen insgesamt 81 PB zugeordnet.502 Der Anteil der Reservisten, die zum »auswärtigen Einsatz« kamen, dürfte sich aufgrund der starken Fluktuation in der Zusammensetzung der Bataillone kaum ermitteln lassen. Die geringen Zahlen von nur 8513 der bis Anfang 1940 aufgerufenen 64 872 und 7325 der bis Anfang 1942 mobilisierten 117 525 Reservisten, die Peter Longerich aus den Berichten des HA Orpo zitiert, dürften jedenfalls missverständlich sein, weil ein großer Teil der Reservisten zumeist nur für kurze Zeit in den besetzten Ländern und danach am Heimatstandort eingesetzt und durch andere ausgetauscht wurden, so dass wesentlich mehr Reservisten »Auslandserfahrungen« hatten als jeweils in den besetzten Ländern im Einsatz waren.503 Die Zahl der Männer in den Hundertschaften lag 1938 bei 12 319, davon befanden sich 3389 in Ausbildungs-Hundertschaften; nur durch die rasche und fortgesetzte Mobilisierung großer Zahlen von Reservisten ließ sich die kurzfristige Aufstellung der genannten 60 Polizeibataillone im ersten Kriegsjahr erreichen. Die Polizeibataillone setzten sich daher aus sehr unterschiedlichen Gruppen zusammen: 1. Wachtmeister, die aus den bestehenden Schupo- und Ausbildungshundertschaften hervorgingen – aus ihnen wurden die ersten Bataillone gebildet, die während des Polen-Feldzugs zum Einsatz kamen;
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2. Polizeireservisten des Verstärkten Polizeischutzes, die der Ordnungspolizei von der Wehrmacht und der Waffen-SS überlassen wurden; 3. Wachtmeister und Schutzpolizeianwärter aus den Ausbildungsbataillonen, die im Rahmen der Rekrutierungsaktion im Herbst 1939 gebildet wurden; sie kamen im folgenden Jahr zum Einsatz; 4. Hilfspolizisten («Hipo«), die aus dem Kreis der Volksdeutschen in den besetzten Gebieten rekrutiert wurden; 5. einheimische Polizei in den annektierten Gebieten, die übernommen und auf Umschulungslehrgänge geschickt wurde; 6. einheimische Hilfskräfte in den besetzten Gebieten der Sowjetunion, die für Schutzmannschafts-(»Schuma«-)Bataillone rekrutiert wurden; 7. Polizeiverwaltungsbeamte bzw. -angestellte und -lohnempfänger, die im späteren Verlauf des Krieges zum Truppendienst abkommandiert wurden. Entsprechend wurde zwischen Anwärten der aktiven Polizei, Reservisten, Hilfspolizisten und »Schutzmannschaftsangehörigen« unterschieden.504 Für diese verschiedenen Gruppen galten unterschiedliche Laufbahnperspektiven, Ausbildungsbestimmungen und Regelungen hinsichtlich ihrer weltanschaulichen Schulung. Bedeutsam ist, dass dem stark anwachsenden Bedarf an Polizeikräften generell mit einer erheblichen Erleichterung von Einstellungs- und Beförderungsmöglichkeiten begegnet wurde. Prüfungen wurden vereinfacht, Probeund Anwartschaftszeiten wurden verkürzt.505 Freiwillige der Jahrgänge 1905 bis 1912, die als kriegsverwendungsfähig, aber eigentlich polizeiuntauglich galten, konnten für die Dauer des Krieges bei der Polizei bleiben.506 Die Bedingungen der Übernahme von Reservisten in die aktive Polizei wurden erleichtert. Für Reservewachtmeister der Jahrgänge 1900 bis 1904 entfiel im September 1940 bereits wieder das Kriterium der »SS-Fähigkeit«, und auch Brillenträger konnten jetzt aufgenommen werden – allerdings sollten nur »rassisch gut aussehende« Reservisten übernommen werden. Nach wie vor bestand man aber auf einer Bescheinigung der politischen Zuverlässigkeit. Die Reservisten konnten nach 6 Monaten Dienst in den aktiven Polizeidienst übernommen werden und anschließend an einem Schutzpolizeianwärterlehrgang teilnehmen, der die Möglichkeit einer Beförderung bis zum Revieroberwachtmeister eröffnete. Da inzwischen viele Volksdeutsche als Polizeireservisten rekrutiert wurden, traf man zusätzliche Erleichterungen, indem diese Beförderung auch unabhängig von einer erfolgreich abgelegten Deutsch-Prüfung ermöglicht wurde, die ja zur obligatorischen Grundausbildung gehörte.507 Zu den Lockerungen der Einstellungsbedingungen, die die Personallage während des Krieges erzwang, gehörte auch, dass Beamte, die 1933 aus politischen Gründen entlassen worden waren, jetzt nach einer erneuten Prüfung ihrer politischen Zuverlässigkeit eine zweite Chance erhielten; ausgenommen blieben weiterhin ehemalige Kommunisten, sofern sie nicht schon vor dem 31.1.1933 der NSDAP beigetreten waren, und »Nicht-Arier«. Einschränkende Bedingungen der Beförderung von Beamten, die »aus der Systemzeit politisch belastet« waren, wurden aufgehoben.508 Besondere Laufbahnerleichterungen wurden für Polizisten geschaffen, die sich im Osteinsatz »bewährten«; der Osteinsatz stellte daher auch einen Karriere-Anreiz
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dar. So wurde z. B. die Anwartschaftszeit auf die Beförderung zum Oberwachtmeister für Wachtmeister verkürzt, die sich als Unterführer in der Ausbildung bewährt hatten oder auswärts eingesetzt waren.509 Die Einsatzbereitschaft der Gendarmerie im Generalgouvernement etwa sollte durch bevorzugte Berücksichtigung bei Beförderungen gestärkt werden, hinsichtlich des Einsatzortes konnten eigene Wünsche geäußert werden; der Einsatz im Osten, hieß es, müsse als eine Auszeichnung und Ehrenpflicht wahrgenommen werden.510 Nach einem Erlass vom März 1942 konnten Oberwachtmeister, die in den besetzten Ostgebieten, Norwegen und Serbien im Einsatz waren, nach 12 Dienstjahren zu Hauptwachtmeistern befördert werden, auch ohne zuvor einen Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit absolviert zu haben. Ende 1942 wurden die Lehrgänge für die Anstellung auf Lebenszeit vorübergehend ganz eingestellt.511 Für Unterführer der Polizeibataillone wurden darüber hinaus mehrfach Sonderlehrgänge für die Zulassung zur Offizierslaufbahn eingerichtet, wenn sie sich zuvor sechs Monate im Kampfeinsatz bewährt hatten, davon drei Monate als Zug- oder Gruppenführer. Parteimitglieder wurden bevorzugt, SS-Mitgliedschaft war keine Bedingung, die »SS-Fähigkeit« genügte. Dem 5monatigen Offiziersanwärterlehrgang war lediglich ein 4wöchiger Auswahl- und Vorbereitungslehrgang vorgeschaltet.512 Die zum Truppendienst abkommandierten Polizeiverwaltungsbeamten konnten nach einer Frontbewährung von drei Monaten an einem Reserveoffiziersanwärterlehrgang teilnehmen. Reservisten, die aus der Waffen-SS übernommen wurden, konnten ohne weitere Vor-Ausbildung in einen Lehrgang zur Anstellung auf Lebenszeit eingewiesen werden; ehemalige Offiziere wurden umstandslos als Polizeioffiziere der Reserve übernommen usw.513 Polizeibataillone, die aus den bestehenden Hundertschaften gebildet wurden Die Schupo- und Ausbildungs-Hundertschaften bildeten den personellen Grundstock der Polizeibataillone. Erste Erfahrungen mit der Aufstellung von Polizeibataillonen für den auswärtigen Einsatz hatte man bereits während der Angliederung Österreichs sowie der Besetzung des Sudetenlandes, Böhmens und Mährens machen können. Die Einsätze dauerten zwar nur kurze Zeit, es blieben aber stets Polizeibeamte zurück, die den Aufbau der Polizeibehörden und -dienststellen nach deutschem Muster und Ausbildungsaufgaben übernahmen. Im Protektorat wurden darüber hinaus auch dauerhaft Polizeibataillone stationiert. Vor allem hier bot der Einsatz eine erste Gelegenheit, jene »Herrenmenschen-Mentalität« einzuüben, die das Verhalten der deutschen Polizei mit Beginn des Polen-Feldzuges bald in ganz Osteuropa prägen sollte. Die Einheiten in Böhmen und Mähren erhielten die Anweisung, sich als Repräsentanten des deutschen Volkes zu zeigen und als »Herren« aufzutreten. Als »Polizeisoldaten und Kämpfer Hitlers« sollten sie Disziplin üben, Alkohol und den Umgang mit tschechischen Frauen meiden und stattdessen die Freizeit zur Weiterbildung nutzen. In der Schulung sollte ihnen vermittelt werden, dass sie sich nicht in einem fremden, sondern einem »deutsch geformten« Land befanden, das über Jahrhunderte deutsch gewesen, aber von einer von Osten zuge-
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wanderten »minderwertigen«, weil von »mongolidem Einschlag« durchsetzten Variante des Slawentums besiedelt worden sei, das deswegen nicht einmal als rein arisches Volk angesehen werden könne.514 Zur Ausbildung der Polizeibataillone gehörte ein regelmäßiger auf den Einsatz im Protektorat bezogener Unterricht, wie der folgende Stoffplan für einen 18 Stunden umfassenden Unterricht während der Zeit vom 1. bis 28.5.1939 für das PB V/1 zeigt: »a) Das Protektorat Böhmen und Mähren. Verwaltung. Führende Persönlichkeiten. Deutsche und tschechische Dienststellen. Aufgabenverteilung. Verhältnis zur tschechischen Polizei. Die Geographie des Landes (in ganz großen Zügen). Die nationale und politische Schichtung der Bevölkerung. Die Wirtschaftszentren. Verkehrsgeographie. Gefahrenpunkte. b) Aufgaben der deutschen Polizei im Protektorat c) Verhalten des Polizeibeamten in und außer Dienst im Protektorat, im besonderen gegenüber der tschechischen Bevölkerung d) Kasernen- und Quartierordnung.«515
Umgekehrt wurden beispielsweise österreichische Polizisten zu Fortbildungszwecken auf Hundertschaften im Reich verteilt. An den Einsätzen waren auch Ausbildungs-Hundertschaften beteiligt, deren Ausbildung vorübergehend unterbrochen und anschließend fortgesetzt wurde; sie standen stets auch als Einsatzreserve bereit. Unmittelbar vor Beginn des Krieges wurde die Ausbildung in den schon bestehenden Ausbildungs-Hundertschaften, die bereits länger als ein halbes Jahr bestanden, mit vorgezogenen Prüfungen im August 1939 beendet, die Anwärter verteilte man auf verschiedene Einheiten.516 Die meisten Polizeibataillone wurden danach mit Reservisten aufgefüllt, während Angehörige der Hundertschaften das Ausbildungspersonal – Zug- und Unterführer – stellten. Da die Polizeibataillone an die Stelle der Schupo-Hundertschaften traten, kam ihnen auch die Aufgabe zu, den Wachtmeisterersatz auszubilden; insbesondere waren sie auch für die Ausbildung der Reservisten zuständig, die ihnen mit den Mobilisierungen ab September 1939 laufend zugewiesen wurden. Nach Richtlinien für die Ausbildung der Polizeibataillone vom 23.1.1940 umfassten die Aufgaben der Ausbildung für alle Wachtmeister eine Grundund eine Gefechtsausbildung, außerdem hatten die Bataillone für die Ausbildung von Zug- und Unterführern zu sorgen. Die Inhalte der Grundausbildung waren nur sehr vage definiert: »a) charakterliche und weltanschauliche Festigung, b) Kenntnis der Grundlagen des polizeilichen Einschreitens, c) körperliche Ertüchtigung zu Leistungsfähigkeit und Gewandtheit, d) genaue Kenntnis in der Handhabung der zugewiesenen Waffen, e) formale Ausbildung bis zur Hundertschaft einschl.«517
Grund- und Gefechtsausbildung sollten in allen Polizeibataillonen im Allgemeinen bis Ende März, spätestens bis Mai 1940 abgeschlossen sein. Danach sollte sich bis zum 1. Juli eine weitere Ausbildung im Gefechtsdienst und »auf den besonderen Ge-
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bieten des polizeilichen Katastrophenschutzes (geschlossener Einsatz im Luftschutz, insbesondere bei Paniken und Katastrophen sowie zum Objektschutz, Kampf in und um Ortschaften, Absperrungen, Durchsuchungen usw.)« anschließen.518 Für die weltanschauliche Schulung galten danach die Bestimmungen vom 2.6.1940 zur Tages-, Wochen- und Monatsschulung.519 Innerhalb der Bataillone waren aber neu eingestellte Reservisten und Rekruten weiter auszubilden und Zug- und Unterführerlehrgänge durchzuführen. Reservisten und Reservepolizeibataillone Ab 1937 wurde mit der Aufstellung des »Verstärkten Polizeischutzes« (VPS) aus Reservisten begonnen, die im Spannungs- und Kriegsfall mobilisiert werden konnten, überwiegend ältere Männer der Jahrgänge 1901 bis 1909, die die Wehrmacht nur als bedingt tauglich ansah und deshalb der Polizei überließ. Die Reservisten, von denen viele der SA-Reserve angehörten, erhielten bis zu ihrer Einberufung ab Herbst 1939 eine lokal sehr unterschiedliche, oft nur oberflächliche Ausbildung. In der Regel wurden sie ab 1937 zu kurzfristigen militärischen Übungen während der Freizeit einberufen, gelegentlich verbunden mit polizeifachlichem Unterricht und weltanschaulicher Schulung im Rahmen der Schupo-Hundertschaften; anschließend erhielten sie den Status von Wachtmeistern (SB) der Reserve.520 Zum Teil handelte es sich aber auch um Männer, die bereits militärische Erfahrungen aus dem 1. Weltkrieg mitbrachten, darunter auch ehemalige Offiziere, aus denen im Verlauf des Krieges ein Reserveoffizierskorps aufgebaut wurde, zum Teil reaktivierte man auch ehemalige Polizeibeamte. In einigen Fällen wurden vor allem ältere SA-Männer, die bereits am 1. Weltkrieg teilgenommen hatten, übernommen, so z. B. in Chemnitz, wo eine komplette SA-Reservestandarte übernommen wurde; auch in anderen Orten, wie in Köln, wurden hauptsächlich SA-Männer rekrutiert.521 Die ersten Polizeibataillone, die bereits 1939 zum Einsatz kamen, wurden aus den bestehenden Hundertschaften gebildet und mit Reservisten, die jetzt eingezogen wurden, »vermischt«. Offiziere und Unterführer kamen aus den Reihen der aktiven Polizeibeamten. Hauptsächlich sollten die Reservisten aus dem Verstärkten Polizeischutz, vor allem die Männer der älteren Jahrgänge, Polizeibeamte in den Heimatrevieren ersetzen, die als Unterführer und Ausbilder in die Polizeibataillone abkommandiert oder für den Aufbau der Polizeidienststellen in die besetzten Gebiete abgeordnet wurden. Ein großer Teil der Reservisten kam jedoch ebenfalls zum auswärtigen Einsatz – in Bremen beispielsweise war 1943 von 1219 aktiven Polizisten der Ordnungspolizei mit 597 nahezu jeder zweite, von 1800 Polizeireservisten waren 623, also etwas mehr als ein Drittel auswärts eingesetzt.522 Die Ausbildung der Reservisten während des Krieges wurde in mehreren Richtlinien geregelt. Die älteren Reservisten, die dem Einzeldienst zugewiesen wurden, sollten »lehrgangsmäßig beschult« werden, für die über 55jährigen genügte auch eine polizeifachliche Ausbildung während des Dienstes. Jüngere wurden den Polizeibataillonen zugeteilt und erhielten dort eine Grundausbildung; für sie galten die
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allgemeinen Richtlinien vom 23.1.1940, nach denen die Grund- und Gefechtsausbildung bis Ende März abgeschlossen sein sollte. Mit Erlass vom 6.3.1940 wurde für alle Reservisten eine »lehrgangsmäßige Beschulung« von vier Wochen angeordnet, die Körperschulung, Waffendienst und Waffenkunde, polizeifachliche Ausbildung und weltanschaulichen Unterricht umfasste. Der Lehrplan für den weltanschaulichen Unterricht richtete diesen Unterricht stark an Gesetzestexten aus, mit einem bemerkenswerten Akzent auf der rassenpolitischen Gesetzgebung: »1. Woche: a) Die Zerschlagung von Versailles; Volk ohne Raum – Raum ohne Volk; Neue Raumansprüche in Europa und der Welt; b) Erkenntnis der Rasse als Grundlage unserer Weltanschauung. 2. Woche: a) Die Reinhaltung des Blutes. Gesetz zum Schutze des Deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15.9.35; 1. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes u.a.m. b) Die Verhütung erbkranken Nachwuchses. Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14.7.1933, Ausführungsbestimmungen hierzu vom 18.3.35 und 25.2.36; c) Gesetz zum Schutz der Erbgesundheit des Deutschen Volkes vom 18.10.35 u.a.m. 3. und 4. Woche: a) Der Neuaufbau des Reiches. Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom 30.1.34, Ausführungsbestimmungen vom 2.2.34 u. w. Beamtengesetze. Neue Gemeindeordnung u. a. m. b) Die Führung des Reiches. Gesetz über das Staatsoberhaupt vom 1.8.34. Das Reichsstatthaltergesetz; Gesetz gegen die Neubildung von Parteien. Gesetz zur Sicherung von Partei und Staat. c) Der Polizeibeamte als Beispiel und Propagandist. Die Gemeinschaft ist das Heiligtum unserer Zeit.«523
Ein Erlass vom Mai 1940 weitete die Lehrgänge auf bis zu acht Wochen aus. Bis zum September 1941 erhielten rund 50 000 Polizeireservisten eine solche Grundausbildung in vier- bis achtwöchigen Lehrgängen bei der Schutzpolizei und Gendarmerie des Reichs und der Gemeinden.524 Nach Besuch der Lehrgänge wurden sie teils in die Reviere, teils in die Polizeibataillone eingestellt; zum Teil fanden die Lehrgänge auch bereits in den Polizeibataillonen und -kompanien selbst statt.525 Einige Reservisten konnten nach Besuch des Lehrgangs am Heimatstandort auch wieder nach Hause zurückkehren und wurden erst bei der zweiten Mobilisierungswelle vor Beginn des Russland-Feldzuges einberufen.526 Nach Richtlinien vom Juni 1940 wurden Reservisten nach einem halben Jahr Dienst in die aktive Polizei übernommen, nach einem Jahr konnten sie zum Oberwachtmeister, nach einem weiteren Dienstjahr zum Revier-/Bezirksoberwachtmeister befördert werden, wenn sie zuvor einen Schupo-Anwärterlehrgang besucht hatten. Reservisten, die die Übernahme in die aktive Polizei anstrebten, wurde nahe gelegt, sich »vorzugsweise für die Übernahme einer Stelle in den Ostgebieten« zu bewerben.527 Nach einem weiteren Dienstjahr und dem Besuch eines Lehrgangs zur Anstellung auf Lebenszeit war die Beförderung zum Hauptwachtmeister möglich; für die in den besetzten Ostgebieten, Norwegen
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und Serbien eingesetzten Revieroberwachtmeister entfiel der Lehrgang jedoch nach Erlass vom 30.3.1942.528 Die Reservisten, die in die Polizeibataillone eingestellt wurden, hatten vorher zumeist einen dieser 4- bis 8wöchigen Lehrgänge besucht; anschließend wurde die Ausbildung in den Bataillonen fortgesetzt. Für sie galten zunächst die sehr allgemein gehaltenen Ausbildungsrichtlinien einer Grund- und Gefechtsausbildung für alle Wachtmeister vom 23.1.1940 sowie – hinsichtlich der weltanschaulich-politischen Unterweisung – ab Juni 1940 die Richtlinien zur Tages-, Wochen- und Monatsschulung. Nach Erlass vom 17.12.1940 sollte der Schwerpunkt der Ausbildung in den Reservepolizeibataillonen nach abgeschlossener Grundausbildung im Waffen- und Gefechtsdienst für drei Monate auf polizeifachlichem und – im Rahmen der Tages-, Wochen- und Monatsschulung – weltanschaulichem Unterricht liegen; die militärische Ausbildung lief jedoch weiter und war während dieser Zeit »zu erhalten und zu vertiefen«. Die Ausbildung wurde daher während des Einsatzes fortgesetzt.529 Sie konnte verlängert werden, sollte aber, wie Himmler in einem Schnellbrief vom 28.2.1941 forderte, nach Möglichkeit bis zum 30.6.1941 »zu einem gewissen Abschluss« gebracht werden – offensichtlich sollte zu Beginn des Russland-Feldzuges ein möglichst großes, einsatzfähiges Mobilisierungspotential bereitstehen.530 Ein genauer Verlauf der Ausbildung in den Reservepolizeibataillonen lässt sich nicht rekonstruieren, er war vermutlich auch nicht formalisiert, sondern hing stark von den Gegebenheiten ab, zumal die Abstellung von Reservisten laufend erfolgte. So heißt es beispielsweise im oben erwähnten Erlass vom 13.1.1940 zur Ausbildung in den Polizeibataillonen über eine zweite Ausbildungsphase im Gefechtsdienst und »auf den besonderen Gebieten des polizeilichen Katastrophenschutzes« nur ganz allgemein: »Während dieser Zeit sind die später eingestellten Reservisten in der Ausbildung so zu fördern, dass sie in den Rahmen der Kompanie hineinpassen.«531 Wie aus einer Ausbildungsübersicht des BdO Böhmen und Mähren vom Februar 1943 hervorgeht, scheint sich für die Reservisten- und Rekruten-Ausbildung dieses Grundmuster etabliert zu haben: Grund- und Gefechtsausbildung von drei bis vier Monaten, danach vier bis sechs Monate »Sondergefechtsausbildung«, Ausbildung in der »Bandenbekämpfung« und generell »NS-Lehre«.532 Die Ausbildung in der »Bandenbekämpfung« betraf alle Polizisten und Reservisten, die für den Osteinsatz vorgesehen waren. Für den Osteinsatz sollten nach einem Befehl vom 20.12.1941 nur »voll ausgebildete köperlich brauchbare« Reservisten herangezogen werden, »die auch die für diesen Einsatz erforderliche Härte und Gewandtheit« besaßen.533 Polizeireservisten, die nach der Grundausbildung in den Einzeldienst eingestellt wurden, nahmen an der allgemeinen Ausbildung, d.h. an der laufenden Tages-, Wochen- und Monatsschulung des Einzeldienstes teil; in vielen Regionen wurden kurzfristig auch Wiederholungslehrgänge für sie angesetzt, daneben bestand die Möglichkeit, weiterführende Lehrgänge mit polizeifachlichem Schwerpunkt zu besuchen.534 Im Dezember 1940 waren bereits Richtlinien einer lehrgangsmäßigen Ausbildung der Polizeireservisten im Anschluss an die Grundausbildung erlassen worden; sie umfassten:
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1. 2. 3. 4.
Körperschulung (4Wochenstunden) Waffendienst und Waffenkunde (6 Std.) Weltanschauliche Erziehung (2 Std.) Polizeifachliche Ausbildung A. Organisation der Polizei (4 Std.) B. Aufgaben der Polizei (5 Std.) C. Die wichtigsten Bestimmungen nach dem Strafgesetzbuch (5 Std.) D. Pflichten der Polizeibeamten (3 Std.) 5. Praktische Ausbildung (5 Std.) 6. Luftschutz (3 Std.) 7. Pflichtarbeitsstunden (3 Std.)535
Für die weltanschauliche Erziehung galt weiterhin der Lehrplan für die oben erwähnten vier- bis achtwöchigen Lehrgänge für Reservisten des Einzeldienstes. Wenig später, am 14.1.1941 brachte das HA Orpo für die Ausbildung sowohl der »Polizeireservisten des Einzeldienstes« als auch der »geschlossenen Formationen« der Ordnungspolizei, also der Polizeibataillone, einen einheitlichen »Stoffplan für die NS-Lehre« heraus, der ein Äquivalent für die NS-Lehre in den Schupo-Anwärterlehrgängen darstellte und von den Reservisten zu absolvieren war, die einen Aufstieg bis zum Revier-/Bezirksoberwachtmeister anstrebten (s. u.). Polizeiausbildungsbataillone, die aus der Rekruten-Aktion gebildet wurden Durch »Führerbefehl« war der Polizei Anfang September 1939 gegen den Widerstand der Wehrmacht das Recht zugestanden worden, insgesamt 26 000 wehrpflichtige junge Männer und ungediente Angehörige älterer Jahrgänge für den Polizeidienst zu rekrutieren, die, wie Werner Best formulierte, »für einen größeren Einsatz in Frage« kamen.536 Den Bewerbern wurden die Befreiung vom Wehrdienst und rasche Aufstiegsmöglichkeiten bis zum Revier- bzw. Bezirksoberwachtmeister zugesichert. Es handelte sich also um Freiwillige, denen das Angebot einer (beschleunigten) Ausbildung zum Berufspolizisten gemacht wurde. Nach einer Aufstellung vom 1.11.1939 wurden an 23 Standorten der IdO München, Stuttgart, Wien, Münster, Kassel, Koblenz, Dresden, Hannover, Hamburg, Berlin, Brandenburg und Stettin sowie des Kommandeurs der Schupo Berlin die ersten Ausbildungsbataillone errichtet. Die Unterbringung erfolgte in den Polizei- und Gendarmerieschulen und Ausbildungsabteilungen der Standorte.537 Die Ausbildungsbataillone wurden in zwei Abteilungen gegliedert: In die Abt. A »Anwärter-Kompanien« wurden die jüngeren, 18-21jährigen Rekruten eingewiesen – insgesamt 6000 Mann; in die Abt. B »Wachtmeisterkompanien« die Älteren, 27-30jährigen, insgesamt 20 000 Mann.538 Die Wachtmeisterkompanien, der die meisten Rekruten angehörten, sollten eine vergleichsweise gründliche Ausbildung von nahezu einem Jahr erhalten, vergleichbar der Ausbildung in den Hundertschaften, wie sie vor dem Krieg schon für den Aufbau des Wachtmeister-Ersatzes betrieben worden war. Die Zeitvorgaben ließen sich jedoch nicht einhalten; im Verlauf des
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Jahres 1940 wurde die Ausbildung zumeist vorzeitig nach etwa 9 Monaten beendet. Bei der Formulierung der Ausbildungsziele lag der Akzent hauptsächlich auf der militärisch-kämpferischen Ausbildung: a) b) c) d) e) f) g) h)
charakterliche und weltanschauliche Erziehung und Festigung körperliche Ertüchtigung Sicherheit in der Beherrschung der deutschen Sprache und Schrift polizeifachliche Ausbildung zu selbständigen, richtigem Handeln als Einzeldienstbeamte in jeder vorkommenden Lage Einzelausbildung als Waffenträger an allen in der Schupo vorhandenen Waffen Einzelausbildung in der Kampfschule Ausbildung in Stoßtrupp und Gruppe Auftreten vor der Front und Unterführerausbildung bis zu Führern eines Stoßtrupps oder einer Gruppe
Noch mehr gilt diese militärische Ausrichtung für die Anwärterkompanien, für die etwa ein halbes Jahr Ausbildungszeit zum Schutzpolizeianwärter geplant war: a) b) c) d) e) f) g)
charakterliche und weltanschauliche Erziehung und Festigung körperliche Ertüchtigung Beherrschung der Grundlagen polizeilichen Einschreitens Einzelausbildung als Waffenträger an allen in der Schupo vorhandenen Waffen Einzelausbildung in der Kampfschule Ausbildung in Stoßtrupp und Gruppe für einzelne: Ausbildung im Beobachtungs- und Meldedienst, sowie als Führer von Spähtrupps, Sicherungen, Feldposten, Überfallkommandos und kleineren polizeilichen Wachen.539
Als Chef aller Ausbildungsbataillone wurde der Generalinspekteur der Schutzpolizei Mülverstedt eingesetzt; ihm wurden vier Gruppenkommandeure zur Seite gestellt, unter ihnen Arno Hagemann, Kommandeur der Polizeioffiziersschule Fürstenfeldbruck, und Oberstleutnant Franz, Kommandeur der Ausbildungsabteilung der Schutzpolizei in Dresden-Hellerau, der wenig später zu Mülverstedts Stellvertreter ernannt wurde. Die Dienststellen der Gruppenkommandeure wurden im Januar 1941 wieder aufgehoben, ihre Aufgaben übernahmen die IdO/BdO, denen die PAB jetzt unterstellt wurden.540 Die Polizeiausbildungsbataillone wurden nach beendeter Grundausbildung ab Herbst 1940 in Polizeibataillone mit den Nummern 251-256 (Anwärterbataillone) und 301-325 (Wachtmeisterkompanien) umgewandelt, sie stellten also zusammen 31 Bataillone. Die Bataillone 251-256 wurden (mit Ausnahme des PB 254) nach Norwegen abkommandiert, während die Wachtmeisterbataillone einen großen Teil der im Generalgouvernement und im Protektorat eingesetzten Reservebataillone ablösten.541 Das PB 251 beispielsweise rückte nach Abschluss der Ausbildung in Deggingen im November 1940 nach Norwegen aus. Im März 1943 wurde es in Schneidemühl stationiert. Ein Teil der Männer wurde an die SS-Polizei-Division abgegeben, im Gegenzug wurde das Bataillon mit älteren
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Reservisten und jüngeren Polizeianwärtern wieder aufgefüllt und nach einer kurzen Ausbildungsphase im Sommer 1943 zum »Partisanenkampf« nach Polen und Weißrussland abkommandiert.542 Von diesen Bataillonen waren eine ganze Reihe nachweislich auch an den Massakern an der jüdischen Bevölkerung im Osten beteiligt; etwa die Hälfte aller am Holocaust beteiligten Bataillone dürfte allein aus diesen Verbänden gekommen sein.543 Einzelstudien zeigen, dass die Angehörigen dieser Bataillone wenig Probleme mit der Durchführung entsprechender Aufgaben hatten. Auch wenn nur ein Teil von ihnen der NSDAP und nur wenige der SS angehörten, so handelte es sich doch um Polizisten, die sich freiwillig für den Dienst oder sogar eine Karriere in einem Polizeistaat entschieden hatten.544 Über die Rekruten, die gleichwohl die Bedingung der »SS-Fähigkeit« erfüllen mussten, waren nach einer Anordnung der Parteikanzlei vom Juni 1941 noch nachträglich Beurteilungen des jeweiligen Kreisleiters der NSDAP einzuholen, die ihre politische Zuverlässigkeit attestierten. Bestanden Bedenken, waren sie unverzüglich wieder zu entlassen, wurde »lediglich bemängelt, daß der Rekrut bislang eine hinreichende Einsatzbereitschaft für die NSDAP hat vermissen lassen«, seine Haltung im Polizeidienst aber erwarten ließ, »daß er sich zu nationalsozialistischem Denken erziehen lassen wird«, so sollte ihm Gelegenheit zur Bewährung im auswärtigen Einsatz gegeben werden: »Der Chef der Ordnungspolizei wird bei dieser Prüfung einen scharfen Maßstab anlegen«.545 Diese Polizisten hatten, bevor sie zum Einsatz kamen, eine gründliche weltanschauliche Schulung erhalten. Am 30.11.1939 brachte der Chef der Ausbildungsbataillone einen ausführlichen Lehrplan heraus, der für die Wachtmeisterbataillone auch den weltanschaulichen Unterricht bis ins Detail regelte. Der Ausbildungsplan (B) knüpfte an die Konzepte des einjährigen Lehrgangs in den Ausbildungshundertschaften vor dem Krieg an und beinhaltete eine Grundausbildung, die neben militärischer Ausbildung, polizeifachlichem und allgemeinem Dienstunterricht auch zwei Wochenstunden Weltanschauungs- und vier Stunden Deutsch-Unterricht vorsah. Für den weltanschaulichen Unterricht war folgendes Curriculum vorgesehen: 1./2. Woche:
Was verstehen wir unter Rasse? Erkenntnis der Rasse bildet die Grundlage unserer Weltanschauung (Bildband). 3./4. Woche: Geschichtliches Spiegelbild der Rassen; Erbkrank (Schmalfilm); Alles Leben ist Kampf (Schmalfilm); Erb- und Rassenpflege. 5./6. Woche: a) Deutschland treibt Rassenpolitik (Bildband); b) Die geistige Gesundheit und ihre Pflege; c) Artgebundene Kunst; d) Körper – Seele – Geist eine Einheit; e) Der Deutsche und seine Landschaft (Bildband); f) Mütterlichkeit, Mannestum, Fruchtbarkeit. 7./8. Woche: Ehre, Treue, Freiheit als Lebensgrundlage unseres Volkes. Gesundes Leben, frohes Schaffen. Die Tuberkulose und ihre Bekämpfung (Bildband). 9./10. Woche: Blut und Raum; Volk und Heimat; Blut und Boden (Bildband); Volk ohne Raum; Raum ohne Volk. 11./12. Woche: Neue Raumansprüche in Europa und der Welt. Raum als Kolonialgebiet. 13./14. Woche: Raum als Rohstoffquelle. Geographisch-politische Wanderung. Deutsche Leistung in aller Welt.
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15./16. Woche: Nationalsozialistischer Wirtschaftsaufbau: a) Der Weg des Bauerntums, b) Völkerwanderung – Ostraum, c) Freie Menschen – freie Schollen. 17./18. Woche: Germanische Frühzeit. Bildband: Unseres Volkes Ursprung. Das Fränkische Reich. Das Deutsche Reich bis zum Interregnum. 19./20. Woche: Deutschland unter Wahlkönigen. Das Zeitalter der Reformation. Aufstieg Brandenburg-Preußens. Preußens Fall und Erhebung. 21./22. Woche: Kampf um die deutsche Einheit. Das Deutsche Reich. Männer machen Geschichte. 23./24. Woche: Das Judentum (dazu Bildband). Kirchen und Sekten. 25.-30. Woche: Der Jesuitenorden. Die Freimaurerei. Die internationale Presse. Entartete Kunst. Spionagewesen. Verbrechensbekämpfung. Versailles, die europäische Kulturschande. 31.-34. Woche: Recht und Rechtsprechung. Der Staatsaufbau. Partei und Staat. Die Partei, ihr Aufbau und ihre Gliederungen. 35.-38. Woche: Soldatentum – Wehrgemeinschaft. Deutschlands Außenpolitik. Die europäische Lage. Die politische Struktur der Welt. Wirtschaftsgeographischer Überblick. 39.-44. Woche: Holzkohle, Braunkohle, Leunabenzin, Holzgas, Zellwolle (Bildbände). Lesestunde: Adolf Hitlers »Mein Kampf«. Film- und Zeitgeschehen. Die Gemeinschaft ist das Heiligtum unserer Zeit. Frontgemeinschaft. Adolf Hitler, Der Führer aller Deutschen. 45. Woche: Wenn nur mein Deutschland lebt.546
Dieser Lehrplan, der damit 90 Unterrichtsstunden umfasste, veranschaulicht das Bestreben, eine Art nationalsozialistischer Allgemeinbildung zu definieren und für die »Hoheitsträger« des Staates verbindlich umzusetzen. Die Ausbildung war schulmäßig organisiert, mit Klassen, Lehrern und Klassenbüchern, die Polizeischüler mussten mehrere schriftliche Klassenarbeiten anfertigen, nach sechs Monaten gab es eine Zwischenprüfung, zur Abschlussprüfung waren drei Aufgaben zu bearbeiten, davon eine aus dem Bereich der weltanschaulichen Erziehung, außerdem ein Diktat und ein Aufsatz im Deutschunterricht. Nach dem Krieg äußerten sich Beteiligte nur selten und wenn, dann nur ganz beiläufig zum weltanschaulich-politischen Teil der Ausbildung. Eine Ausnahme bildet der damalige Angehörige des PB 304 Rudolf Miksch, der 1978 vom Bezirksgericht Halle in der DDR zu 14 Jahren Haft verurteilt wurde. Das Bataillon ging aus dem Ende 1939 in Chemnitz aufgestellten PAB hervor und wurde im September 1940 nach Warschau abkommandiert. 1941 wirkte es an der Vernichtung der ukrainischen Juden mit; das Bataillon soll an der Ermordung von rund 17 000 Juden beteiligt gewesen sein. Während seines Verfahrens äußerte sich Miksch über die Ausbildung in Chemnitz; seine Aussagen vermitteln eine Vorstellung vom weltanschaulichen Unterricht in den angehenden Wachtmeisterbataillonen: »So erhielten wir während unserer Ausbildung in Chemnitz eine regelrechte Schulung in politischen, geschichtlichen, weltanschaulichen und anderen Fragen der Naziideologie. Diese Schulung war mir neu und erschien mir auch in Bezug auf unsere Polizeiausbil-
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dung, ebenso wie der militärische Drill, zu umfangreich. In erster Linie bestand diese Schulung darin, uns die faschistische Theorie vom Deutschtum und vom Herrenmenschen beizubringen. Uns wurde gelehrt, dass nur der Deutsche in der Lage sei, Ordnung in Europa zu schaffen und den Völkern Kultur beizubringen, dass er zur Verwirklichung seiner Ziele, zur Erhaltung und Ernährung der Nation, Lebensraum benötige. … Auch wurde allein der Deutsche als reinrassig und damit allen anderen Rassen und Völkern gegenüber als überlegen dargestellt. Damit wurde nach meiner heutigen Auffassung nach das Ziel verfolgt, den faschistischen Eroberungskrieg zu rechtfertigen, in erster Linie jedoch, dass wir uns selbst als Herrenmenschen fühlen und als solche allen anderen Völkern und Rassen überlegen und dazu berufen sind, ihnen Kultur und Ordnung beizubringen. Vor allem die jüdische Rasse wurde uns gegenüber als minderwertig und Hauptfeind Deutschlands dargestellt… Konkret erinnern kann ich mich noch daran, dass während der Ausbildung in Chemnitz mit uns Unterricht in deutscher Geschichte sowie über die Entwicklung der NSDAP und ihre Ziele durchgeführt wurde. Außerdem gab es Vorträge über die Rassenfrage, die Theorie vom Volk ohne Raum und andere…. Während der Ausbildung in Chemnitz bekamen wir natürlich auch deutsche Zeitungen wie ›Der Stürmer‹ und ›Völkischer Beobachter‹ zu lesen.… Außerdem mussten wir mehrfach am sogenannten Gemeinschaftsempfang von Rundfunksendungen teilnehmen, in denen Reden von Hitler, Goebbels und anderen führenden Nazis übertragen wurden.«547
Für die Anwärterbataillone (A) war alles etwas einfacher gehalten. Hier war zunächst nur eine reine Ausbildungszeit von 20 Wochen angesetzt, mit zwei Stunden weltanschaulicher Schulung und fünf Stunden Polizeifachunterricht. Auf die Aufstellung eines konkreten Lehrplans wurde aber verzichtet, stattdessen wurde die Ausgestaltung der Ausbildung den Kompaniechefs überlassen. Der weltanschauliche Unterricht sollte aber in Anlehnung an den Lehrplan der Wachtmeisterbataillone erfolgen. Statt einer schriftlichen Prüfung genügte eine »Besichtigung«. Das Ausbildungsziel war mit der »vollen Verwendung als Schütze im polizeilichen und militärischen Kampf« entsprechend gering angesetzt.548 Den Teilnehmern des Anwärterlehrgangs wurde eine anschließende Beförderung bis zum Oberwachtmeister, den Teilnehmern des Wachtmeisterlehrgangs bis zum Polizeirevier- bzw. Gendarmeriebezirksoberwachtmeister in Aussicht gestellt.549 Allgemein galt für alle Ausbildungsbataillone als Erziehungsziel: »Leitender Gesichtspunkt ist die Erziehung zur Persönlichkeit und zum Handeln.« Die Verantwortung lag beim Bataillonskommandeur, eigentlicher Träger der Ausbildung war jedoch der Kompanieführer: »Die weltanschauliche Ausrichtung seiner Leute zu restloser Hingabe und Einsatzfreudigkeit für Führer und Volk ist das Höchstziel aller Erziehungsarbeit. Es ist die vornehmste Aufgabe des Truppenoffiziers und unlösbar mit seinem Führertum verbunden.« Zusätzlich zum vorgesehenen Unterricht sollte für jeden Tag ein »Sinnspruch« mit einer kurzen Erläuterung ausgegeben und jeweils 10 Minuten über Tagesereignisse gesprochen werden. Den Kompaniechef sollten Hauptwachtmeister bzw. Unterführer in seiner Arbeit unterstützen. Neben der Ausbildung der Rekruten gehörte auch die Unterführerausbildung zu den Aufgaben der Bataillone. Nach abgeschlossener Ausbildung wurden die Ausbildungsbataillone in Polizeibataillone umbenannt.550 Für die aus den Ausbildungsbataillonen hervorgegange-
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nen Polizeibataillone war die Ausbildung nach Richtlinien vom 20.12.1940 mit einem weiteren Lehrgang von vier Monaten fortzusetzen, der an den Lehrplan für die Wachtmeisterbataillone angelehnt war und offensichtlich als Fortbildungsmaßnahme für alle galt, die noch nicht nach diesem Lehrplan beschult worden waren, d.h. hauptsächlich für die Angehörigen der Anwärter-Bataillone und Neuzugänge. Der Lehrstoff sollte aber jetzt auf vier Monate verteilt werden. Der Lehrgang entsprach in seiner Bedeutung und Bewertung dem Schupo-Anwärterlehrgang; nach Erlass vom 25.7.1941 berechtigte er nach erfolgreichem Abschluss generell zur Beförderung bis zum Revier-Oberwachtmeister.551 Das Lehrpersonal aus den PAB verblieb daher zunächst bei den Polizeibataillonen.552 Der Lehrplan sah jetzt neben der polizeilichen und militärischen Ausbildung vier Wochenstunden »nationalsozialistische Lehre« und sechs Wochenstunden Deutschunterricht vor: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Nationalsozialistische Lehre (4 Std.) Körperschulung (3) Waffenausbildung (8) Luftschutz (2) Beamtenrecht (1) Allgemeines Polizeirecht (3) Besonderes Polizeirecht (5) Verkehrsrecht (3) Straf- und Strafprozessrecht (5) Lebenskunde (1) Praktischer Polizeidienst (3) Deutsch (6).
Für die »NS-Lehre« legte die Abteilung WE im HA Orpo einen neuen »Stoffplan« vor, den das HA Orpo mit Erlass vom 14.1.1941 versandte. Dieser Lehrplan war von grundlegender Bedeutung, weil er für alle »geschlossenen Formationen« der Ordnungspolizei und die Reservisten des Einzeldienstes Geltung hatte, die an Standortschulen oder in den Polizeibataillonen eine polizeifachliche Ausbildung erhalten sollten:553 A. I. II. III. B. I. II.
Der Kampf um die Macht in Deutschland Das Leben des Führers Geschichte der Bewegung Ziel und Aufgabe der NSDAP Der Aufbau des nationalsozialistischen Reiches Im Mittelpunkt nationalsozialistischen Denkens steht das Volk Zusammensetzung des deutschen Volkes 1. Die rassische Zusammensetzung des deutschen Volkes – Erkenntnis der Rasse ist die Grundlage unserer Weltanschauung 2. Wer gehört zum deutschen Volk? 3. Minderheiten (Judenfrage siehe unter D/I/1) III. Wer führt das Volk 1. Vom Wesen der Führung – Adolf Hitler, der Führer 2. Führerauslese durch die Partei
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3. Führung des Staates 4. Die Partei befiehlt dem Staat – Einheit von Partei und Staat IV. Der Neubau des Reiches 1. Fahne der Bewegung – Flagge des Reichs 2. Die Führung des Reiches. Wiederherstellung der deutschen Wehrfreiheit – Führung der Wehrmacht 3. Der Reichsarbeitsdienst 4. Der Reichsführer-SS – Chef der deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern V. Bauerntum – der Lebensquell der nordischen Rasse C. Der Bau des Großdeutschen Reiches Saarland – Ostmark – Sudetenland – Böhmen und Mähren – Memelland – Danzig – die neuen Ostgebiete D. Rasse und Vererbung I. Rasse im Mittelpunkt des Volks- und Staatslebens 1. Die Judenfrage in Deutschland 2. Reinhaltung des deutschen Blutes II. Das Reichsbürgergesetz. Staatsbürger – Reichsbürger III. Pflege des Erbgutes 1. Verhinderung der Fortpflanzung erblich Minderwertiger 2. Die erbgesunde Familie – Garantin der Erbgesundheit des deutschen Volkes E. Deutschland im Kampf I. Zerschlagung von Versailles II. Völkische Ordnung gegen die jüdische Plutokratie III. Neuordnung Europas.
Die Themenliste wurde ergänzt durch Hinweise auf Gesetzestexte und Hefte der Schriftenreihe »Neugestaltung von Recht und Wirtschaft« mit jeweils genauen Seitenangaben. Der Lehrgang sollte die angehenden Wachtmeister in die »Grunderkenntnisse der nationalsozialistischen Weltanschauung« einführen und ihnen »ein klares Wissen vom Aufbau der völkischen Ordnung, dem nationalsozialistischen Staat und seinen Einrichtungen« vermitteln: »Oberstes Ziel ist im Rahmen aller erziehlichen, schulungsmäßigen und unterrichtlichen Maßnahmen die Formung des verantwortlichen Repräsentanten des nationalsozialistischen Staates.« Der Lehrplan galt auch für die Schupo-Anwärterlehrgänge und unterschied sich nur unwesentlich von anderen Lehrplänen für NS-Lehre, die in anderen Lehrgängen der Polizeischulen zur Verwendung kamen.554 Er bildete eine Art standardisiertes BasisCurriculum für die »NS-Lehre« in der Polizei. In der Praxis der Polizeibataillone dienten all diese Lehrpläne allerdings immer nur als Anhaltspunkte; die tatsächliche Stoffaufteilung wurde jeweils durch die Bataillonskommandeure vorgenommen. Hilfspolizisten Eine weitere Gruppe der Rekrutierung für die Aufstellung von Polizeibataillonen bildeten die Volksdeutschen aus den besetzten Gebieten, die generell als Hilfs-
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polizisten eingestellt wurden; bis zum Sommer 1940 waren dies etwa 6000 Männer.555 Vorangegangen waren die Rekrutierungen aus den vor dem Krieg annektierten Gebieten. Der Einmarsch in Österreich und die Besetzung des Sudetenlandes waren willkommene Anlässe, die eigenen Reihen zu stärken. So wurden im Sommer 1938 insgesamt 885 Bewerber aus Österreich auf die Ausbildungshundertschaften im Reich verteilt; 150 kamen nach Hamburg, wo sie die 5. Ausbildungshundertschaft bildeten und für ein Jahr ausgebildet wurden. Der Schwerpunkt lag in der Waffenausbildung, Hamburger Lehrer und Studienassessoren erteilten daneben wöchentlich je 4 Stunden Unterricht in Deutsch und nationalsozialistischer Weltanschauung, später kamen weitere 4 Stunden Deutsch hinzu, in denen vor allem der »freie Vortrag« geübt wurde.556 Weitere Hilfskräfte wurden für Grenzsicherungsaufgaben rekrutiert – so wurden allein im Sudetenland 1938 etwa 6000 Volksdeutsche beim Zollgrenzschutz eingestellt.557 Im Oktober 1938 veröffentlichte das Hauptamt Orpo das Rundschreiben: »Die deutsche Schutzpolizei stellt Sudetendeutsche ein«. Gesucht wurden Anwärter mit »zuverlässiger deutscher Gesinnung«, »deutschblütiger oder artverwandter Abstammung«, »SS-Fähigkeit« usw.; eine weitere Voraussetzung war die »Zugehörigkeit zur Sudetendeutschen Partei oder zu sonstigen deutschen auf nationaler Grundlage beruhenden Vereinigungen.« Im Dezember darauf begann ein viermonatiger Schupo-Anwärterlehrgang für Hilfspolizisten aus dem Sudetenland in Jena, weitere Bewerber kamen zur »Beschulung« nach Hamburg und Berlin.558 Neben der Übernahme bisheriger Polizeibeamter wurden vor allem Angehörige des Selbstschutzes rekrutiert, denen man eine spätere Übernahme ins Beamtenverhältnis in Aussicht stellte.559 Während Polizisten und Polizeianwärter aus den annektierten Gebieten zur Ausund Weiterbildung nach Deutschland geschickt wurden, entsandte man umgekehrt Beamte aus dem Reich zur Polizeiausbildung und zur Aufstellung von Polizeibataillonen in die neuen Gebiete. Zum Beispiel wurden ab Dezember 1938 Polizeioffiziere aus Bremen als Ausbilder nach Mariaschein bei Aussig (Usti Nad Labem) abgeordnet, um dort bei der Aufstellung eines Polizeibataillons mitzuhelfen. Die Einheit nahm am Polen-Feldzug teil, wurde nach der Rückkehr nach Aussig 1940 mit Reservisten aufgefüllt und im folgenden Jahr als RPB 45 zusammen mit dem Bremer Polizeibataillon 303 in die Ukraine abkommandiert, wo es an den Massentötungen bei Babi Yar und Berditschew beteiligt war. Zuvor, im Frühjahr 1941, war es noch vom IdO Dresden mit Anweisungen und Materialien zur tagespolitischen Schulung beliefert worden.560 Richtlinien vom September 1939 sahen die Aufstellung einer Hilfspolizei aus Mitgliedern des volksdeutschen Selbstschutzes in den besetzten polnischen Gebieten vor. Sie sollten zwischen 17 und 35 Jahre alt, SS-fähig und »deutschblütig« bzw. »artverwandt« sein; bevorzugt wurden auch hier Bewerber, die einer »auf nationaler Grundlage beruhenden Vereinigung« angehört hatten, auf jeden Fall war eine »Bescheinigung politischer Zuverlässigkeit« vorzulegen. Die Einstellung erfolgte auf Widerruf, bei Bewährung wurde jedoch die Möglichkeit einer dauerhaften Übernahme in Aussicht gestellt. Generell sollten Volksdeutsche aus den Ostgebieten vor-
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erst ausschließlich als Hilfspolizisten eingestellt werden, sie erhielten aber großzügige soziale Vergünstigungen einschließlich Kinderzulagen »wenn die deutsche Erziehung der Kinder gewährleistet« war. Die Bedingungen für die Übernahme wurden »angesichts der bestehenden Personalschwierigkeiten in den Ostgebieten« bereits im Sommer 1940 gelockert, unter anderem entfiel die Voraussetzung der »SSFähigkeit«, und bei der Prüfung der Polizeidiensttauglichkeit sollte künftig ein »milder Maßstab« angelegt werden.561 Von Anfang an war auch hier geplant, die älteren Jahrgänge in den Einzeldienst, die jüngeren dagegen in die Bataillone einzustellen. Mit Erlass vom 5.2.1940 wurde die Aufstellung von Hipo-Ausbildungsbataillonen für die Jahrgänge 1917 und jünger angeordnet, die älteren sollten in Hipo-Schulen für die Verwendung im Einzeldienst ausgebildet werden. Für die Ausbildung von Anwärtern der Schutzpolizei und der Gendarmerie in den eingegliederten polnischen Gebieten wurden Hilfspolizeischulen beim BdO Danzig in Pelplin, beim BdO Posen in Gnesen und beim BdO Breslau in Kattowitz eingerichtet. Für die Ausbildungsbataillone wurden Lehrgänge von 3 Monaten angeordnet; Ausbildungsziel war die »volle Verwendungsfähigkeit als Schütze im polizeilichen und militärischen Kampf.« Die Lehrpläne sahen entsprechend hauptsächlich militärische Ausbildung vor (»formale Ausbildung, Gefechts- und Schießdienst«, 30 von 48 Wochenstunden), dazu kamen 6 Stunden »Körperschulung« und 12 Stunden Unterricht, bestehend aus 4 Stunden Dienstunterricht, 2 Stunden Polizeifachunterricht, 4 Stunden »Weltanschauliche Erziehung« und 6 Stunden Deutsch. Der WELehrplan beinhaltete diese Themen: 1.-2. Woche: Die Zerschlagung von Versailles. Blut und Raum – Volk und Heimat – Volk ohne Raum – Raum ohne Volk. 3.-4. Woche: Erkenntnis der Rasse bildet die Grundlage unserer Weltanschauung. Die Reinerhaltung des Blutes. Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15.9.1935. Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes. u.a.m. 5.-6. Woche: Die Verhütung erbkranken Nachwuchses: Gesetz vom 14.7.1933. Ausführungsbestimmungen vom 18.7.35 und 25.2.1936. Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des dtsch. Volkes v. 18.10.35 u.a.m. Die neue Ehegesetzgebung. 7.-8. Woche: Vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich deutscher Nation. Der Neuaufbau des Reiches. Gesetz über den Neuaufbau des Reiches vom 30.1.1934. Ausführungsbestimmungen vom 2.2.34 u.w. Beamtengesetze. Die Führung des Reiches. Gesetz über das Staatsoberhaupt v. 1.8.34
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9.-10. Woche: Spionage und Abwehr. Judentum – Freimaurerei. Deutschlands Außenpolitik. 11.-12. Woche: Ordnung der nationalen Arbeit (alle Gebiete). Der Polizeibeamte als Beispiel und Propagandist. Die Gemeinschaft ist das Heiligtum unserer Zeit. 13. Woche: Wiederholung und Abschlussbesichtigung.562
Für die schulischen Lehrgänge, die vier bis fünf Monate dauerten, galten etwas anspruchsvollere Lehrpläne, denen eine nur geringfügig modifizierte Version des Lehrplans in NS-Lehre für die Polizeibataillone vom 14.1.1941 zugrunde lag.563 Die meisten Volksdeutschen, die zu Beginn des Polen-Feldzuges für die Hilfspolizei rekrutiert wurden, kamen aus den Selbstschutz-Einheiten, für die der Krieg anfangs vor allem auch Rache- und Vergeltungsmöglichkeiten an den polnischen Nachbarn eröffnete; Anfang Oktober 1939 waren allein in Westpreußen über 17 600 Mann im volksdeutschen Selbstschutz organisiert, auf ihr Konto ging die Exekution von 4247 Polen.564 Richtlinien über die Organisation des Selbstschutzes in Polen vom Oktober 1939 betonten die Funktion einer Hilfstruppe für die Gestapo: Zu ihren Aufgaben gehörte es, »entwichene Gefangene, Zuchthäusler sowie sonstige unsaubere Elemente der Polen der Gestapo zu übergeben.«565 Der SSPF für Radom, Oberführer Katzmann, ordnete neben Ordnungsdienst und Schießausbildung auch Vorträge über den Nationalsozialismus, die deutsche Polizei und generell über Deutschland an; den Volksdeutschen müsse außerdem eingeimpft werden, dass sie untereinander nur deutsch sprechen dürften.566 Die ersten Erfahrungen fielen allerdings ernüchternd aus: Viele Volksdeutsche des Selbstschutzes konnten zwar etwas deutsch sprechen, aber weder schreiben noch lesen. Ein Schulungskurs im Frühjahr 1940 zeigte, dass ein großer Teil den Minimalanforderungen einer Hilfspolizei nicht gewachsen war – 60% konnten nicht schreiben. Es war offensichtlich, dass man längere Ausbildungszeiten mit einem Schwerpunkt in deutschem Sprachunterricht einplanen musste. Wer bereits über gute Sprachkenntnisse verfügte, wurde dagegen vor allem für Aufgaben als Dolmetscher übernommen. Volksdeutsche und andere Personen mit Deutschkenntnissen in den besetzten polnischen wie später auch sowjetischen Gebieten wurden vielfach auch als Dolmetscher zwangsverpflichtet.567 Nur ein Teil der zunächst als Hilfspolizei eingestellten Volksdeutschen wurde daher auch übernommen und auf einen Schupo-Anwärterlehrgang geschickt. Es wurde schnell deutlich, dass der Deutsch-Unterricht während der Lehrgänge nicht ausreichte und es auch an Kenntnissen der Allgemeinbildung mangelte. Mit Erlassen vom 30.4. und 30.9.1940 wurde deshalb eine »gründliche mehrjährige Beschulung« in den allgemeinbildenden Fächern für die volksdeutschen Hilfspolizisten angeordnet, die acht Wochenstunden umfassen sollte, davon vier Stunden Deutsch und jeweils zwei Stunden Geschichte, Erdkunde und Rechnen.568 Ein Runderlass vom 12.5.1942 legte für Volksdeutsche einen Vorbereitungsunterricht in Deutsch von sechs Monaten mit 4 bis 6 Wochenstunden als Zulassungsvoraussetzung für die Teilnahme an einem Schu-
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po-Anwärterlehrgang fest; während des Lehrgangs waren ebenfalls vier Wochenstunden Deutsch zu absolvieren, anschließend sollte für 12 Monate ein »Hauptunterricht« mit 4 bis 6 Wochenstunden am Heimatstandort folgen. Als Lesestoff kamen »kurze Erzählungen allgemeinen, politischen oder geschichtlichen Inhalts« in Frage. Das Bestehen einer schriftlichen und mündlichen Prüfung war Voraussetzung für die Zulassung zum Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit.569 Für den Sprachunterricht suchte man volksdeutsche Lehrer aus den besetzten Gebieten zu gewinnen. Darüber hinaus bot das Deutsche Volksbildungswerk Aufbaulehrgänge an, außerdem bildete das SS-Schulungsamt truppeneigene Lehrkräfte in 14tägigen Lehrgängen für den Deutschunterricht volksdeutscher und germanischer Freiwilliger aus. Das Schulungsamt propagierte dabei die sog. »direkte Methode«, das heißt einen Unterricht »ohne Verwendung einer anderen Sprache, von der Umwelt des Schülers ausgehend und systematisch aufbauend, unter möglichst geringer Verwendung grammatikalischer Belehrungen.« Der Unterricht sollte gleichzeitig als politischer Unterricht gestaltet sein und den Freiwilligen die Möglichkeit geben, »selbständig zu den Quellen nationalsozialistischer Weltanschauung vorzudringen.«570 Im September 1942 wurden »2500 deutschsprechende und 1500 nicht deutschsprechende« Kroaten, Slowenen und Ungarn als »Hipos« in die Schutzpolizei aufgenommen und auf verschiedene Ausbildungslager und Lehrbataillone verteilt. Der Ausbildung lagen die Lehrpläne der Hipo-Ausbildungsbataillone zugrunde. Ziel der Ausbildung war auch hier die »volle Verwendungsfähigkeit für den Polizeitruppendienst und Vermittlung der grundlegenden Kenntnisse polizeilichen Einschreitens«. Den Teilnehmern wurde für den Fall einer späteren Übernahme in den Polizeidienst eine mögliche Beförderung bis zum Oberwachtmeister in Aussicht gestellt. Dauer und Erfolg der Ausbildung waren aber wegen der mangelnden Sprachkenntnisse noch nicht absehbar; deshalb sollte anfangs »unter Zurückstellung anderer Ausbildungsgebiete« vor allem der Deutsch-Unterricht im Vordergrund stehen. Für die »nicht deutsch Sprechenden« wurde sofort ein »systematisch aufbauender, mit dem Erlernen des Alphabets beginnender Deutsch-Unterricht« angesetzt, dem in den ersten beiden Wochen zwei Stunden, danach eine Stunde täglich zu widmen war, für deutsch Sprechende wurden wöchentlich zwei bis drei Stunden Deutschunterricht erteilt. Die Lehrgänge fanden in der Polizei-Waffenschule Iglau statt, den Unterricht, auch den deutschen Sprachunterricht erteilten Zugführer der Waffenschule; für sie kam im März 1943 ein Studienassessor in die Schule, um ihnen eine »Unterweisung in der Handhabung des Deutsch-Unterrichts« zu geben und eine Lehrprobe vorzuführen.571 Erlasse vom Frühjahr 1943 sahen die Aufstellung von sieben Bataillonen aus volksdeutschen und kroatischen Freiwilligen vor; die Ausbildung beinhaltete neben Gefechts- Schieß-, Waffen- und Nahkampfausbildung auch drei Wochenstunden weltanschauliche Schulung.572 1943 und 1944 wurden mehrfach größere Gruppen von Volksdeutschen in die Orpo eingestellt und zur Ausbildung in verschiedene Polizeischulen abkommandiert. Im Juni/Juli 1943 wurden der Ordnungspolizei 1182 Volksdeutsche aus Siebenbürgen zugewiesen, die zu einer Grundausbildung von 16 Wochen auf die vier Polizeiwaffenschulen verteilt wurden, im Juni 1944 wurden Volksdeutsche aus Litauen »zur Verfügung gestellt«, von denen 400 zur
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Polizeischule Fraustadt in Schlesien, 800 zur Polizei-Waffenschule Hellerau und 320 in das »Polizeiausbildungsbataillon Litauen« kamen.573 Generell unterlagen Volksdeutsche einschließlich volksdeutscher Umsiedler nach Erlass vom August 1942 der Wehrpflicht, und Jüngere konnten alternativ zum Wehrdienst oder zur Polizeireserve eingezogen werden; nur bei Älteren (vor 1901 geboren) war dies an eine freiwillige Meldung gebunden.574 Übernommene Polizei aus den annektierten Gebieten In den annektierten, dem Deutschen Reich angegliederten Gebieten wurden einheimische Polizisten, die man für übernahmewürdig und eindeutschungsfähig hielt, ähnlich wie Volksdeutsche als »Hilfspolizisten« (bzw. Hilfsgendarme) bezeichnet und auf (Umschulungs-)Lehrgänge geschickt, denen das gleiche Curriculum in »NSLehre« wie für die volksdeutsche Hilfspolizei zugrunde lag. Sie sollten also »wie Deutsche« behandelt werden. Für ehemalige Polizisten und Gendarme aus den eingegliederten Westgebieten (Elsass, Lothringen und Luxemburg) wurden 1940/41 Hipo-Ausbildungsbataillone aufgestellt und nach einer Grundausbildung »Umschulungslehrgänge« von fünf Monaten Dauer an verschiedenen Polizei- und Gendarmerieschulen des Reichs organisiert – in der Bewertung war der Umschulungslehrgang dem Anwärterlehrgang gleichgestellt, es wurde aber etwas mehr Zeit für die Ausbildung angesetzt.575 Der Lehrplan in »NS-Lehre« unterschied sich nur unwesentlich von dem am 14.1.1941 für die Polizeibataillone erlassenen Lehrplan.576 Außerdem waren acht Wochenstunden Deutschunterricht vorgesehen, der durch Einfügung erdkundlicher und geschichtlicher Themen »aufgelockert« werden sollte, die die NS-Lehre ergänzten; der Schwerpunkt sollte auf der Behandlung der »Landschaften Großdeutschlands« und der Geschichte Preußens im Rahmen eines geschichtlichen Abrisses vom »deutschen Ordensstaat« bis zum »Diktat von Versailles« liegen. Im Laufe des Lehrgangs waren mehrere Klassenarbeiten in NS-Lehre und den polizeifachlichen Fächern zu schreiben, die schriftliche Abschlussprüfung bestand aus einem Aufsatz in NS-Lehre, einem Aufsatz und einem Diktat in Deutsch sowie zwei Arbeiten in Polizei- und Rechtskunde. 577 Gegenüber dem Lehrplan für die »NS-Lehre« vom 14.1.1941 fehlte außer dem zu diesem Zeitpunkt wohl generell verzichtbaren Thema »Bauerntum« lediglich der Abschnitt »Deutschland im Kampf« mit dem Thema »Neuordnung Europas« – vermutlich wollte man evt. noch vorhandenen patriotischen Gefühlen nicht unnötig Nahrung geben. Dagegen wurde der 1. Abschnitt durch den Einbezug des Buchs »Mein Kampf«, des NS-Parteiprogramms und der Erläuterung der Parteiorganisation erweitert.578 »Schutzmannschaften« der besetzten ehemals sowjetischen Gebiete In den ehemals sowjetischen Gebieten wurde für die einheimische Polizei die Bezeichnung »Schutzmannschaften« eingeführt, sowohl für die Polizei des Einzel-
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dienstes als auch für die geschlossenen Formationen, für die sich die Kurzbezeichnung »Schuma-Bataillone« einbürgerte. Während in der Ausbildung und der weltanschaulichen Schulung kein wesentlicher Unterschied zwischen Volksdeutschen und ehemaligen Polizeibeamten der annektierten West-Gebiete gemacht wurde, blieb den »Schutzmannschaften« im Osten der Titel des »Polizisten«, und sei es nur des »Hilfspolizisten« und damit auch einer vergleichbaren Ausbildung verwehrt. Ein Erlass Himmlers vom Juni 1942 untersagte eine »weltanschauliche Schulung« und ließ weitgehend nur »Derivate« in propagandistischer Form zu (s. u.). Einen Sonderfall bildete das Generalgouvernement, in dem für die polnische und ukrainische Polizei ebenfalls gelegentlich die Bezeichnung »Hilfspolizei« Verwendung fand; meistens wird in den Akten aber von »polnischer« oder »ukrainischer Polizei« gesprochen, nicht jedoch von »Schutzmannschaften«. Die »Schuma-Bataillone« wurden in der Regel von deutschen Kompanie- und Bataillonsführern geleitet, die von deutschen Bataillonen zur Verfügung gestellt wurden. So bestand beispielsweise das Schuma-Bataillon 55 aus 2 Kompanien mit zusammen 310 Ukrainern und Russen, die von je acht deutschen Unterführern aus den PB 51 und 122 geführt wurden.579 Eine Auslese der Männer wurde zu Unterführern ausgebildet, die wiederum als Ausbilder in den Schutzmannschaften zum Einsatz kamen. Exkurs zum »Protektorat Böhmen und Mähren« Eine Aufstellung des BdO Prag von 1943 vermittelt am Beispiel von Böhmen und Mähren eine Übersicht der verschiedenen Lehrgangs- und Ausbildungsformen, die zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig durchgeführt wurden: 1. Polizei-Lehrbataillon 2. Hilfspolizeibataillone 3. Reservepolizeibataillone 4. Wachbataillone und -kompanien 5. Polizei-Nachrichtenabteilung Prag 6. Sonderausbildungsgang (Winterkrieg-Ausbildung) 7. Unterführerausbildung 8. Offiziersausbildung Im Polizeilehrbataillon wurden in 6wöchigen Lehrgängen Unterführer für den Einsatz im Osten ausgebildet. Das Bataillon, eines von vier Lehrbataillonen (später »Polizeiwaffenschulen«), die 1941 und 1942 für die Zug- und Unterführerausbildung errichtet wurden, war in Iglau/Mähren stationiert. Mähren bildete mit dem Polizeilehrbataillon Iglau und dem Lager Heinrichsdorf bei Mährisch-Ostrau eines der Zentren für die Ausbildung von Volksdeutschen und neuen Rekruten, die der Ordnungspolizei 1943 und 1944 zugewiesen wurden. Die Lehrgänge der Hipo-Bataillone für Volksdeutsche dauerten 4 ½ Monate; sie waren, wie in der Übersicht kommentiert wurde, durch »laufende Zu- und Abgänge und mangelnde Deutschkenntnisse erschwert«. In den Reservepolizeibataillonen wurden Reservisten für die »Verwendung im Osten« ausgebildet. Die Ausbildung umfasste eine Grundausbildung nach
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den Richtlinien vom 20.12.1940 und eine Fortbildung nach einem auf ein halbes Jahr ausgelegten Ausbildungsplan, der aktuell vom 1.10.1942 bis zum 31.3.1941 lief und vor allem eine »Sondergefechtsausbildung«, Ausbildung in der »Bandenbekämpfung« sowie Unterricht in »NS-Lehre« beinhaltete. Während der gleichen Zeit fand ein Lehrgang für die Polizei-Nachrichtenabteilung in Prag statt, dem ebenfalls ein Ausbildungsplan von einem halben Jahr Dauer zugrunde lag. Für den Objektschutz waren Wachkompanien aufgestellt worden, die nach abgeschlossener Grundausbildung eine Ausbildung im polizeipraktischem Dienst und Polizeifachkunde, Allgemeinbildung und »NS-Lehre« erhielten.580 Daneben liefen noch ein »Sonderlehrgang« für die »Winterkriegsausbildung« sowie ein vierwöchiger Unterführerlehrgang für Angehörige des in Böhmen stationierten Polizeiregiments 20. Eine lehrgangsmäßige Offiziersausbildung fand im BdO-Bereich nicht statt. Sie beschränkte sich auf Vorträge durch Offiziere über »Einsatz und Kampferfahrungen im Osten« und für die weltanschauliche Schulung auf die »Erziehung« durch die Kommandeure; vierteljährlich organisierte der Polizeischulungsleiter des BdO politisch-weltanschauliche Arbeitstagungen in Prag.581 In der Aufstellung nicht aufgeführt ist die Ausbildung der Protektorats-Polizei, d.h. der tschechischen Polizei. Ob und wie weit sie in die weltanschauliche Schulung einbezogen war, ist unklar. Der SD berichtete im April 1942 über Klagen, dass die Protektoratspolizei zu wenig »vom Geist der neuen Zeit durchdrungen« sei; zwar fände eine Wochenschulung statt, dort würde aber nur über Verordnungen und Erlasse informiert, auf weltanschauliche Fragen und das politische Geschehen werde nicht eingegangen. In der Prager Polizeischule werde keine politische Schulung betrieben, und in der theoretischen Ausbildung der Polizeioffiziere sei erst nach Interventionen beim Innenministerium eine Stunde in den Lehrplan aufgenommen worden.582 Danach scheint sich die Situation etwas verändert zu haben. Möglicherweise trug auch das Attentat auf Heydrich dazu bei, der Ausbildung der Protektoratspolizei größere Aufmerksamkeit zu widmen. Im Juli 1942 kündigte der BdO Prag eine grundlegende Reorganisation der Ausbildung an, die am Ende auf eine Angleichung an die deutsche Ordnungspolizei hinauslief. Ziel der Reformen sei es, »aus der ›uniformierten Protektoratspolizei‹ mit möglichster Beschleunigung ein Korps zu machen, das unter deutscher Führung und mit möglichst vielen volksdeutschen Offizieren durchsetzt, zuverlässig und einsatzbereit zur Erfüllung aller deutschen Aufgaben zur Verfügung steht und das bei rassischer und sonstiger Eignung später in die Deutsche Ordnungspolizei überführt werden kann.«
Vordringlich erschien die Offiziers- und Unterführer-Ausbildung, für die jeweils eine Polizeischule in Böhmen und Mähren errichtet werden sollte. Nach einem Tätigkeitsbericht des Generalkommandanten der Uniformierten Protektoratspolizei vom November 1942 waren inzwischen ausgewählte Offiziere zu Studienreisen ins Altreich abgeordnet worden; die in Aussicht genommenen Kommandanten der Polizeischulen waren bereits im Juli auf einen Lehrgang nach Wien geschickt worden, daneben wurden Lehrgänge in Polizeikunde und deutsche Sprachkurse organisiert.
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Gendarmerieoffiziere und Unterführer der motorisierten Gendarmeriekompanien wurden zu einem 14tägigen Lehrgang nach Suhl abgeordnet.583 Darüber hinaus wurden 1942 zwei »Protektorats-Polizeibataillone Böhmen und Mähren« gebildet, die 1943 im Altreich zum Einsatz kamen, hauptsächlich um bei der Rettung Verschütteter, bei Absperrmaßnahmen und bei Aufräumarbeiten in den von Luftangriffen besonders betroffenen Gebieten in Norddeutschland und im Ruhrgebiet auszuhelfen. Für das PB »Mähren« erstellte der BdO Münster einen dreimonatigen Ausbildungsplan mit einem Schwerpunkt im Luftschutz, aber auch Unterricht in Deutsch und Geschichte. Der Geschichtsunterricht sollte die »enge Schicksalsverflechtung« des tschechischen mit dem deutschen Volk aufzeigen; der Unterricht »stellte dar, wie Böhmen sein ›Goldenes Zeitalter‹ bei der Bejahung der deutschen Kultur erlebte und jede antideutsche Regung nur Nachteile, ja den Untergang der tschechischen Staatsbildung herbeiführte. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden dabei auf die Gegenwart bezogen.«584 Anfang 1944 waren beim BdO West und beim BdO Hamburg zwei Kompanien der staatlichen Protektoratspolizei Mähren stationiert, um hier eine Luftschutz- und Schutzpolizei-Ausbildung zu erhalten; die Tschechen galten als eine »rassische Auslese« (»gut aussehend«, »nordischer Einschlag«) – gut möglich, dass sie deshalb eine ähnliche Ausbildung einschließlich weltanschaulicher Schulung wie deutsche Polizisten erhielten.585
II.8. Lehrbataillone, Führer- und Unterführerausbildung Ein grundlegendes Prinzip der Ausbildung war die Verbindung zur Praxis. Die Polizeibataillone waren keine statischen Größen: Die Zusammensetzung aus aktiven Polizisten und Reservisten veränderte sich nach jedem Einsatz, Ausbildungs- und Einsatzphasen wechselten einander ab. Durch diese Rotation konnten immer wieder aufs Neue praktische Erfahrungen in die laufende Ausbildung einfließen. Daher gehörte insbesondere die Verwendung einsatzerfahrener Polizisten als Unterführer neu aufgestellter Einheiten zu den grundlegenden Prinzipien der Ausbildungspolitik. Als im Herbst 1940 fünf zuvor auswärts eingesetzte Bataillone aufgelöst wurden, lautete die Order, die dadurch frei werdenden aktiven Offiziere und Wachtmeister in den Heimatdienststellen »so zu verwenden, dass sie erforderlichenfalls bei der Aufstellung neuer Ausbildungsbataillone als Ausbilder herangezogen werden können«, während für die Reservisten die Verwendung am Heimatstandort oder beim Einzeldienst in den neuen Ostgebieten vorgesehen war. Gleichzeitig wurde eine größere Gruppe von 28 Offizieren und 315 Unterführern aus 28 Polizeibataillonen mit Einsatz-Erfahrungen für die Aufstellung eines Unterführer-Bataillons nach Dresden-Hellerau abgeordnet, um dort auf Ausbildungsaufgaben vorbereitet zu werden.586 Nach einem Auslandseinsatz wurden die Bataillone generell zumeist neu aufgestellt: Ältere Reservisten kehrten in die Heimat zurück, erfahrene Unterführer und Offiziere wurden zur Aufstellung neuer Einheiten abgeordnet, das Bataillon wurde mit neuen Reservisten und Wachtmeistern wieder aufgefüllt. Die älteren Reservisten, die zu Beginn des Krie-
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ges zum Osteinsatz kamen, wurden aufgrund ihrer geringeren körperlichen Belastungsfähigkeit oft schon im Januar 1940 von jüngeren wieder abgelöst und zum Revierdienst abgestellt. So kehrte z. B. das Polizeibataillon 102, das im Herbst 1939 in Hamburg aufgestellt und nach Polen abkommandiert worden war, und dessen Angehörige zu einem Drittel aus aktiven Berufspolizisten, zu zwei Dritteln aus älteren Reservisten des »Verstärkten Polizeischutzes« bestanden, im Januar 1940 nach Hamburg zurück und gab Personal an das PB 307 ab, das im Februar 1940 in Lübeck gebildet wurde. Das PB 102 wurde unterdes in Polen durch das PB 104 abgelöst, dem jüngere Reservisten angehörten, die inzwischen »gefechts- und feldverwendungsfähig« ausgebildet worden waren; nach Anordnung vom 5.1.1940 sollten nur Reservisten unter 40 Jahren herangezogen werden.587 Das PB 104 war im September 1939 in Hamburg aufgestellt und nach abgeschlossener Grund- und Gefechtsausbildung im Januar 1940 nach Lublin und im Sommer nach Zamosc verlegt worden. In Lublin wurde es mit Aufgaben des Wachdienstes und Objektschutzes betraut, zur Bewachung von Judentransporten und vereinzelt auch zu Erschießungskommandos herangezogen. Gleichzeitig wurde die Ausbildung einschließlich der weltanschaulichen Schulung während dieser Zeit fortgesetzt: Von Mitte Februar bis Mitte Juni sind Schulungspläne erhalten, nach denen jede Woche eine Stunde weltanschaulicher und politischer Unterricht erteilt wurde.588 Vom 28.3. bis zum 24.5.1940 führte das Bataillon außerdem einen Unterführerlehrgang durch. Nach einer Ausbildungszeit von etwa neun Monaten wurde das Bataillon nach Zamosc verlegt. Dort wirkte es an der Erfassung von Juden zur Zwangsarbeit im Rahmen des »Unternehmens Stieglitz« und an Umsiedlungsmaßnahmen und Vertreibungen polnischer Familien mit. Im November 1940 wurde das Bataillon nach Hamburg zurückbeordert, nachdem es umfangreiche Erfahrungen im »Bandenkampf« hatte sammeln können. Anschließend gab es Unterführer an das PB 105 ab.589 Inzwischen war im Oktober 1940 nach ebenfalls etwa neunmonatiger Ausbildungszeit das PB 307 zum Polizeiregiment Lublin kommandiert worden; das Bataillon war Ende Januar 1940 mit Stammpersonal aus dem Ausbildungsbataillon Itzehoe und Offizieren und Wachtmeistern aus den PB 101 und 102, die bereits über Osteinsatz-Erfahrungen verfügten, in Lübeck aufgestellt worden. Das Bataillon wurde im Winter 1940/41 mit Schulungsmaterialien des KdO Lublin beliefert.590 Während vor allem die älteren und körperlich weniger belastbaren Männer nach der Rückkehr im Revier- und Straßendienst beschäftigt wurden, schickte man andere, die sich im Einsatz besonders bewährt hatten, auf Unterführerlehrgänge, damit sie ihre Erfahrungen anschließend als Zugführer und Ausbilder anderer, neu aufgestellter oder neu zusammengesetzter Bataillone weitergeben konnten. Dadurch kam es zu starken Rotationen in der personellen Zusammensetzung der Bataillone. Dies lässt sich auch am Beispiel des von Browning und Goldhagen beschriebenen Polizeibataillons 101 nachzeichnen.591 Es war eines von 4 Bataillonen, die im September 1939 in Hamburg aus aktiven Polizisten der Hundertschaften und Ausbildungsabteilungen sowie Reservisten, vor allem älteren Männern mit Kriegserfahrungen, aufgestellt und nach Polen abgeordnet wurden. Nach einem kurzen Einsatz, bei dem die Männer bereits Erfahrungen unter anderem in der Bewachung von Kriegsgefangenen machen konnten, kehrte das Bataillon im Dezember 1939 nach Hamburg zurück; dort wurde
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ein großer Teil der aktiven Beamten, etwa 100 Männer, an die PB 102, 103 und 104 abgegeben, während das Bataillon mit Reservisten, die im Herbst 1939 eingezogen und anschließend ausgebildet worden waren, neu aufgefüllt wurde. Danach erhielt das Bataillon die Bezeichnung »Reservepolizeibataillon«. Nach einer Ausbildungsphase wurde es im Mai 1940 erneut zum Osteinsatz in den Warthegau abkommandiert und hier u. a. mit Aufgaben der volkstumspolitischen Vertreibung und der Bewachung des Ghettos Litzmannstadt betraut; das PB 101 stellte täglich eine ganze Kompanie zur Bewachung des Ghettos ab.592 Von Juni bis November 1940 vertrieben die Männer des Bataillons 36 972 Polen von ihren Dörfern und Bauernhöfen, die anschließend ins Generalgouvernement deportiert wurden – »in pausenlosen Tag- und Nachteinsätzen täglich etwa 350 polnische Bauernfamilien evakuiert«, so der Tätigkeitsbericht des Bataillons vom 4.4.1941. Anschließend wurde das Bataillon zu »Befriedungsaktionen« im Regierungsbezirk Litzmannstadt – der Bericht vermerkt große Erfolge bei Masseneinsätzen »und der dadurch bedingten moralischen Wirkung auf die polnische Bevölkerung«« – und schließlich zur Bewachung des Ghettos herangezogen.593 Nach einem Jahr kehrte es wieder nach Hamburg zurück; einige Beamte blieben in Polen und wurden anderen Bataillonen und Dienststellen zugeteilt, unter ihnen auch Leutnant Niekerke, der als Lehroffizier für »NS-Lehre« an die neu errichtete Polizeischule Gnesen kommandiert wurde.594 Während das Bataillon erneut »Osteinsatzerfahrene« Männer an andere, neu gebildete Bataillone abgeben musste, wurde es mit Reservisten neu aufgefüllt und durchlief eine weitere Ausbildungsphase, unterbrochen von Einsätzen in Hamburg, zu denen unter anderem die Zusammenfassung von Juden und die Begleitung von Deportationszügen in den Osten gehörten. Im Juni 1942 wurde das Bataillon, jetzt als »Reservepolizeibataillon 101« wieder zum Osteinsatz abkommandiert – erst jetzt begann die von Goldhagen und Browning geschilderte Praxis der Massenerschießungen. Die Geschichte des Bataillons lässt sich daher als eine sukzessive Vorbereitung und Einübung in den Genozid beschreiben.595 Auch wenn inzwischen nur noch ein geringer Teil der Männer von Anfang an dabei war, so blieb doch stets ein Stamm an Führungspersonal und praxiserfahrenen Ausbildern bestehen, und die Neuzugänge wurden jeweils in eine Einheit mit erfahrenen Männern integriert.596 Dazu kamen polizeifachliche, -taktische und insbesondere weltanschauliche Schulungen sowohl während der längeren Ausbildungsphasen als auch in Ruhepausen zwischen den Einsätzen, die der Praxis die erforderliche legitimatorische Dimension verliehen. Ein Beispiel zur Illustration dieses Wechsels von Ausbildung und Einsatzpraxis bietet die Biographie des Polizeioffiziers Walter Nord, die zugleich paradigmatisch den Werdegang eines Bataillonskommandeurs zeigt. Nord hatte seine Ausbildung als Berufspolizist und Offizier an der Polizeischule Münster und an der Höheren Polizeischule Eiche erhalten. 1937 war er Führer einer Ausbildungshundertschaft und Fachlehrer für Straf- und Polizeirecht in Dortmund, 1938 und 1939 nahm er als Kompaniechef an den Einsätzen in Österreich und der Tschechoslowakei teil. Im Herbst 1939 war er als Kompaniechef im Reservepolizeibataillon 61 an der Besetzung Polens beteiligt und wirkte dort bei »Evakuierungsmaßnahmen« und bei der Ausbildung der Hilfspolizei mit. Nach seiner Rückkehr im März 1940 war er an der Aus-
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bildung des PAB in Recklinghausen beteiligt, das nach abgeschlossener Ausbildung im Juli 1941 als PB 316 nach Bialystock abkommandiert wurde. Als Kompanieführer des PB 316 hatte Nord Massenerschießungen zu verantworten. Im September 1941 nahm er am Lehrgang zur Partisanenbekämpfung in Mogilew teil. Im April 1942 wurde er zu einem Fortbildungslehrgang nach Berlin abgeordnet, anschließend kehrte er zum Heimatstandort zurück. Im Herbst 1942 wurde er zum Major befördert. Im Dezember begann ein neuer Fronteinsatz als Bataillonskommandeur, anschließend war er als Ausbilder eines PB im Elsass tätig. Im Juli 1943 wurde Nord als Taktik-Lehrer an die Polizeischule Mariaschein berufen, 1944 übernahm er ein Polizeibataillon im mährischen Holleschau.597 Die Aufstellung der Polizeibataillone ab Beginn des Krieges schuf einen großen Bedarf an Kompanieführern, Unterführern und Ausbildern. Zum besseren Verständnis: Ein Bataillon, das in der Regel einen Major oder Hauptmann zum Kommandeur hatte, umfasste zumeist drei bis vier Kompanien, die von Hundertschaftsführern geleitet wurden; auf einen Hundertschaftsführer sollten vier Zugführer und weitere Unterführer kommen. Für eine Ausbildungskompanie wurde im Grundsatz von 104 Anwärtern und 12 Unterführern (Zug- und Gruppenführer) ausgegangen. »Unterführer« war eine übergeordnete Kategorie, die sich in zwei Gruppen gliederte: die eine umfasste Polizeimeister, Hauptwachtmeister und Bezirks-/Revieroberwachtmeister – dieser Gruppe entsprachen beim Militär die höheren Unteroffiziersgrade oder auch »Unterführer mit Portepee«, die andere Gruppe bestand aus Wachtmeistern und Oberwachtmeistern, entsprechend den niederen Unteroffiziersgraden oder »Unterführer ohne Portepee«. Die Ordnungspolizei bestand aus den drei Ranggruppen Offiziere – Unterführer – Männer; »Männer« waren Anwärter, Unterwachtmeister und Rottwachtmeister.598 Zugführer waren in der Regel Offiziere, konnten aber auch höhere Unteroffiziere sein; sie gaben Anweisungen an die Gruppenführer.599 Zug- und Gruppenführer waren für die »praktische« Ausbildung zuständig, während die theoretische Ausbildung in den Polizeischulen von Lehr- oder Hörsaaloffizieren geleistet wurde. Die Ausbildung zum Zugführer war fester Bestandteil der Ausbildung von Offiziers- und Revier-/Bezirksoffiziersanwärtern. Um die Rekrutierung von Unterführern zu erleichtern, konnten Wachtmeister, die sich mindestens drei Monate als Unterführer und Ausbilder bewährt hatten, für die Dauer des Krieges bereits nach drei Dienstjahren zu »überzähligen Oberwachtmeistern« ernannt werden.600 Im Verlauf des Krieges wurden die Aufstiegsbedingungen weiter erleichtert. Nach Erlass vom Oktober 1944 konnten Unterführer mit praktischen Erfahrungen und Eignung zur »Führerlaufbahn« zugelassen werden, wenn sie sich sechs Monate im Kampfeinsatz, davon drei Monate als Zug- oder Gruppenführer bewährt und einen »Führernachwuchslehrgang« auf einer »Polizeiwaffenschule« besucht hatten; nach Besuch des Offiziersanwärterlehrgangs konnten sie zum Leutnant ernannt werden.601 Von Anfang an griff man auf erfahrene Polizeibeamte zurück, um den rasch wachsenden Bedarf an Ausbildern zu befriedigen. So ordnete z. B. der BdO in Prag im Oktober 1939 anlässlich der Neu-Aufstellung der PB 201-210 in Böhmen und Mähren an, 400 als Ausbilder geeignete Wachtmeister aus den im Protektorat bereits seit der Besetzung stationierten Kompanien »herauszu-
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ziehen« und zu Unterführerlehrgängen für die Ausbildungsbataillone abzukommandieren.602 Gleichzeitig wurden Kurz-Lehrgänge für Kompanieführer organisiert. In Prag fanden zwischen Ende Januar und Mitte März 1940 zentrale Lehrgänge von jeweils sieben Tagen Dauer für die Kompanieführer aller bis Ende 1939 aufgestellten Polizeibataillone statt, in denen sie eine Einweisung in die »zweckmäßige Ausbildung, Erziehung und Betreuung ihrer Untergebenen« erhielten. Diese Anordnung von Kurzlehrgängen wurde Anfang 1941 erneuert. Jeweils zwei Stunden waren dabei der Unterweisung in die Richtlinien zur Durchführung der weltanschaulichen Schulung sowie Übungen auf diesem Gebiet gewidmet.603 Für die Durchführung der Lehrgänge war das in Prag aufgestellte und stationierte PB 203 zuständig, in dessen Kaserne die Teilnehmer untergebracht wurden. Der Kommandeur des Bataillons, Major Lutz, fungierte zugleich als Ausbildungsleiter der Einweisungslehrgänge. Dem Bataillon gehörten erfahrene Kräfte an, unter anderem Offiziere und Wachtmeister einer Hamburger Ausbildungshundertschaft, die schon im Juli 1939 im Protektorat eingesetzt und nach ihrer Auflösung im Oktober 1939 dem PB 203 in Prag zugewiesen worden waren. Die Ausbildungshundertschaft hatte zuvor in Hamburg einen regulären Unterricht mit vier Wochenstunden in Geschichte und nationalsozialistischer Weltanschauung durch Hamburger Lehrer und Studienassessoren erhalten.604 In den Dienstanweisungen für die Polizeiausbildungsbataillone vom November 1939 war die Unterführerausbildung zur Aufgabe der Kompanieführer gemacht worden; zusätzlich sollte eine Sonderausbildung organisiert werden. Das Polizeiregiment Krakau beispielsweise, das sich zu diesem Zeitpunkt aus den PB 43, 73 und 104 zusammensetzte, erhielt bereits am 15.1.1940 den Befehl, 6wöchige Unterführerlehrgänge für aktive Wachtmeister und Wachtmeister der Reserve durchzuführen. Die im Generalgouvernement stationierten Polizeibataillone entsandten daraufhin Männer zu den Lehrgängen in Krakau; ein weiterer Unterführerlehrgang war beim Polizeiregiment Warschau geplant. Bei der Auswahl achtete man zu diesem Zeitpunkt noch strikt auf die politische Zuverlässigkeit: In Frage kamen nur Männer, die der SS oder der SA angehörten und mindestens den Scharführerrang innehatten; sie sollten außerdem bereits in der Wehrmacht gedient und Unteroffiziersgrade erreicht haben.605 Die verschiedenen Ausbildungsaufgaben eines PAB lassen sich am Beispiel des 17. Ausbildungsbataillons illustrieren, das im November 1939 in Jena gebildet und im Oktober 1940 als PB 311 in Polen zum Einsatz kam. Im März 1940 wurde ein Ausbildungsplan für 4 Monate aufgestellt. Er umfasste Zug- und Unterführerunterricht, Polizeifachkunde und weltanschauliche Schulung sowie Körperschulung. Der Zugführer-Unterricht bestand hauptsächlich in einer Kampfausbildung, er war in Schießausbildung, »Kampfschule« und »Allgemeines« gegliedert; unter »Allgemeines« fiel: 1. Tagesfragen. 2. Lebensführung des Polizeiwachtmeisters außer Dienst; Berufspflichten, Ehrauffassungen etc., Körperpflege; Der Weg von Versailles zum Großdeutschen Reich. 3. Organisation der Polizei; Disziplinar- und Strafrecht, SS- und Militärstrafwesen; Polizeibeamtengesetz; Die Niederringung Polens. 4. Alarmordnung, Zapfenstreich, Nachturlaub, Urlaubs- und Beschwerdeordnung.606
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Auch der Zugführer-Unterricht hatte daher stets weltanschaulich-politische Unterrichtsanteile. Nachdem ein Erlass vom 23.1.1940 die Ausbildung von Unterführern für alle Polizeibataillone angeordnet hatte, fanden von März bis September 1940 vierwöchige Zugführer-Lehrgänge für Reservisten in der Offiziersschule Köpenick statt.607 Speziell für die Durchführung der weltanschaulichen Schulung fahndete man unter den Reservisten nach SS-Angehörigen, die bereits als Schulungsleiter in der Allgemeinen SS Dienst getan hatten; ebenso sollten Reservisten für die weltanschauliche Schulung herangezogen werden, die aufgrund ihres Zivilberufs dafür besonders geeignet waren, d.h. vor allem Lehrer und Erzieher.608 Die Lehrgangsteilnehmer wurden nach Köpenick abgeordnet und kehrten anschließend wieder zu ihren Bataillonen zurück. Im weiteren Verlauf des Krieges entstanden spezialisierte Einrichtungen für die Unterführerausbildung. Dazu gehörte zunächst vor allem das Ende 1940 aufgestellte Unterführer-Lehrbataillon Hellerau. Im November 1940 wurde angeordnet, insgesamt 28 aktive Offiziere und 315 Unterführer (Meister und Wachtmeister) aus den bereits 1939 aufgestellten Polizeibataillonen herauszuziehen und zu einem achtwöchigen Lehrgang nach Hellerau zu schicken. Dies waren durchweg einsatzerfahrene Kräfte, da alle genannten Bataillone entweder schon in Polen oder in den annektierten Gebieten Tschechiens und Westfrankreichs eingesetzt gewesen waren. Sie sollten in den Polizeibataillonen durch Reservepolizeioffiziere oder Reserveoffiziersanwärter ersetzt werden, die sich auf Lehrgängen in Köpenick befanden. Damit sollte ein »gut durchgebildetes Lehrpersonal« für den künftig einzustellenden Ersatz bereit stehen.609 Der Schwerpunkt der Ausbildung lag mit 26 von 44 Wochenstunden auf der Waffen- und Geländeausbildung, dazu kamen sieben Stunden »Polizeiverwendung« (»Großer Aufsichtsdienst, Stadtkampf, Einsatz bei öffentlichen Notständen, Objektschutz, Durchsuchungen und Razzien«), lediglich acht Stunden entfielen auf den eigentlichen polizeifachlichen Unterricht. Zwei Wochenstunden waren für die weltanschauliche Schulung vorgesehen: politische Tagesfragen und Vorträge im Rahmen der Wochenschulung. Ziel war die Heranbildung von Meistern und Wachtmeistern zu Ausbildungsleitern und Lehrern für die Schulung des Wachtmeisterersatzes. Der erste Lehrgang begann im Januar 1941, zwei weitere Lehrgänge schlossen sich in den folgenden Monaten an.610 Für die Tages- und Wochenschulung sandte der IdO Dresden Anweisungen des HA Orpo auch an das Lehrbataillon Hellerau weiter; zum Beispiel hatten sich die zuständigen Offiziere im April 1941 mit den »Stoffgebieten England, Balkan und Mittelmeergebiet« zu befassen.611 In der Folgezeit entstanden drei weitere Lehrbataillone, die später in »Polizeiwaffenschulen« umbenannt wurden. Diese Entwicklung stand im Zusammenhang mit einer Reorganisation der Bataillone, mit der auch eine Umstrukturierung der Ausbildung verbunden war. Die bestehenden Polizeibataillone wurden im Juli 1942 zu Polizei-Regimentern zusammengefasst; insgesamt 78 Bataillone, die zu diesem Zeitpunkt noch im Einsatz oder neu gebildet worden waren, wurden auf 28 Regimenter verteilt. Für die »Ersatzgestellung« und Ausbildung der Polizeibataillone im »auswärtigen Einsatz« wurden vier »Polizei-Lehr-Bataillone« gebildet und in Hel-
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lerau (bei Dresden), Iglau (in Mähren), Adlershorst (bei Gotenhafen/Zoppot) und Maastricht stationiert. Jedes Regiment wurde einem dieser Lehrbataillone zugeordnet, das dann jeweils für Ersatz und Ausbildung zuständig war. Die Polizei-Lehrbataillone wurden im August 1943 in »Polizei-Waffenschulen« umbenannt: I Hellerau, II Iglau, im Sommer 1943 nach Laon in Frankreich verlegt, III Den Haag, IV Maastricht, September 1943 wieder aufgelöst und nach Laon transferiert. Diese »Lehrbataillone« bzw. »Polizeiwaffenschulen« leisteten Teilaufgaben für die Offiziersausbildung wie Kompanieführer- und Vorbereitungslehrgänge und organisierten vor allem die Ausbildung der Zug- und Unterführer, die die Untereinheiten der Bataillone führen und als Ausbilder wirken sollten. Ab 1943 waren die Polizeiwaffenschulen aber auch an der Grundausbildung von Volksdeutschen und neuen Rekruten beteiligt. Zu den Ausbildungsmethoden gehörte ein ständiger Personalaustausch, der die Verzahnung von »Theorie und Praxis« beförderte. So ordnete der Chef der Orpo z. B. im April 1943 an, dass Offiziere, die als Kompanieführer in den Ausbildungsbataillonen vorgesehen waren, zuerst als Zugführer zu Bataillonen im »Bandenkampf-Einsatz« geschickt werden sollten; im Gegenzug sollten kriegserfahrene Offiziere zurückgeholt und den Ausbildungsbataillonen zur Verfügung gestellt werden.612 Die Polizeiwaffenschule Hellerau ging aus einer Polizeischule hervor, die 1939 den Betrieb aufgenommen hatte, hier war im Sommer 1939 mit der Ausbildung einer Polizeihundertschaft begonnen worden. Seit 1940 bestand in Hellerau das erwähnte »Polizei-Unterführer-Lehrbataillon«, in dem Wachtmeister zu Ausbildern und Lehrern für die Schulung des Wachtmeister-Ersatzes im Einzeldienst und in den Polizei-Bataillonen ausgebildet wurden. Im April 1941 begann bereits der dritte Unterführerlehrgang mit 375 Teilnehmern, die aus verschiedenen Polizeibataillonen abgeordnet wurden.613 Gleichzeitig wurden in Hellerau auch Anwärter für die Köpenicker Offizierslehrgänge in Zug- und Unterführerlehrgängen ausgebildet und auf den Praxis-Einsatz vorbereitet (»Vorbereitungslehrgänge«). All diese Lehrgänge hatten einen stark militärischen und kampfbetonten Charakter. Sie erhielten während des Krieges erhöhte Bedeutung, weil die militärisch-kämpferische Ausbildung zunehmend in den Vordergrund rückte; dies galt besonders für die Zug- und Unterführerausbildung. Sie wurde während des Krieges zu einem Bestandteil insbesondere der Lehrgänge für Obermeister- und Bezirksoffiziersanwärter gemacht, die als Zug- und Kompanieführer über die entsprechenden Praxis-Erfahrungen verfügen sollten. In dieses Konzept gehörte auch, dass Offiziere und Unteroffiziere der Polizeibataillone mit praktischen Einsatz- und Fronterfahrungen in die Ausbildungsbataillone delegiert wurden, um hier die Zugführerausbildung zu übernehmen.614 Dies erklärt die starke Personalrotation zwischen Einsatz- und Ausbildungsbataillonen, zumal auch in hohem Maße »einsatzerfahrene« Polizeimeister und Hauptwachtmeister für Ausbildungszwecke in Anspruch genommen wurden. Die Polizeischule Hellerau, dies sei am Rande erwähnt, war 1938 auf dem ehemaligen Gelände der Hellerauer Bildungsanstalten errichtet worden. Hier hatte Alex-
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ander S. Neill 1921/22 seine Internationale Schule gegründet, aus der später in England die Freie Schule von Summerhill hervorging. Hellerau war noch vor dem 1. Weltkrieg als Gartenstadt gegründet worden, die Modell-Charakter trug und zahlreiche Reformpädagogen anzog; zum Gesamtkomplex von Hellerau gehörten neben der Schule A. S. Neills Dalcroze’s Bildungsanstalt der rhythmischen Gymnastik, eine Wohlfahrtsschule, ein Seminar für Frauenbildung, ein Volkskindergarten und andere sozialpädagogische Einrichtungen.615 Es ist wohl kaum ein symbolträchtigeres Bild der Zeit denkbar als dieser Wandel von der antiautoritären Schule über die Polizeischule zur Polizeiwaffenschule des Dritten Reichs. Der Lehrstoffplan war in Hellerau schon Ende 1940 stark durch die Erfordernisse des Krieges bestimmt: Von 44 Wochenstunden entfielen allein 26 auf Waffen- und Geländeausbildung (davon 12 Stunden Gefechtsausbildung), weitere 7 auf »Polizeiverwendung«: Stadtkampf, Einsätz bei öffentlichen Notständen, Razzien etc., nur 8 Stunden entfielen auf polizeifachlichen Unterricht – Polizeirecht, Strafrecht etc., aber auch »Unterrichtslehre«; 2 Stunden die Woche waren für die weltanschauliche Schulung reserviert: regelmäßige Tages-Kurzschulung und Vorträge zur Wochenschulung.616 Nach einer Inspektion des Lehrbataillons Anfang 1943 zeigte sich der Chef der Ordnungspolizei mit der Gefechtsausbildung immer noch nicht ganz zufrieden und forderte noch mehr Härte und »Vernichtungswillen« ein: »…Um unsere Schützen zur entschlossenen Schussabgabe … vorzubereiten, muß gefordert werden, dass in der laufenden Schießausbildung der Schütze endlich zur entschlossenen, raschen, jägermäßigen Schussabgabe erzogen und gezwungen wird. … unter den Kampfverhältnissen des Ostens, im Bandenkampf, im Walde und in Ortschaften heißt es: ›Du oder ich!‹ Es muß mehr Vernichtungswillen und damit Selbsterhaltungswillen in die Schießausbildung hineingetragen werden, das aber muß bei den täglichen Zielübungen geschehen.«617
1942 waren »Richtlinien für die Gefechtsausbildung der geschlossenen Einheiten der Ordnungspolizei für den Osten« herausgekommen, in denen die Notwendigkeit einer besonderen Kampfausbildung auf der Grundlage der Erfahrungen des Ostfeldzuges betont wurde: »In dieser hat der Formalismus keinen Raum mehr; es kommt darauf an, das rein Kriegerische und Kämpferische in den Vordergrund zu stellen«, es gehe um »bedingungslose Vernichtung auf der einen wie auf der anderen Seite« und man müsse daher die Männer zu »bedingungslosem harten Kampfgeist« erziehen. Die Richtlinien trugen zur Dämonisierung des Gegners bei, indem sie suggerierten, dass diese Härte den deutschen Truppen durch einen Feind aufgezwungen wurde, der selber keine zivilisatorischen Maßstäbe des Handelns mehr kannte: »Wir müssen uns über folgendes klar werden: Das russische Soldatenmaterial besteht zu einem Teil aus städtischem Proletariat, das nichts zu verlieren hat und an Härte und Terror gewöhnt ist, erfüllt von kommunistischem Fanatismus und persönlichem Haß. Diese Vollkommunisten sind die Hauptträger des bedingungslosen Kampfgeistes. – Zum ande-
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ren Teil rekrutiert sich der russische Soldat aus Naturkindern, Söhnen des Waldes und der Steppe, naturverbunden von Jugend auf, ausgestattet mit scharfen Sinnen, gewöhnt an jede Unbill der Witterung und fähig, die größten Anstrengungen und Entbehrungen zu ertragen. Man hat es verstanden, aus beiden Teilen einen bedingungslosen, geschickten, nach unseren Begriffen heimtückischen Kämpfer zu erziehen.« 618
Die Erziehung zu kämpferischer Härte und entschlossenem Vernichtungswillen war insbesondere Ziel der Lehrgänge, die speziell auf den Osteinsatz vorbereiteten. Richtlinien des HA Orpo vom Mai 1943 für die Ausbildung von Offizieren, Unterführern und Männern der Polizei, die für den Kampf im Osten bereitgestellt wurden, markieren in dieser Hinsicht einen Höhepunkt im Prozess der Militarisierung und Brutalisierung der Ausbildung. Der Lehrstoff war von 12 auf 6 Wochen zusammenzudrängen. Dies ging vor allem zu Lasten des polizeifachlichen Unterrichts, der ganz eingestellt wurde. Im Mittelpunkt standen Gefechtsausbildung, Schießausbildung, Waffenkunde und »Körperschulung« – gemeint war »Nahkampfausbildung«. Sieben Wochenstunden waren dem Offiziers- und Unterführerunterricht gewidmet, der ganz auf den »vorgesehenen Einsatz bei der Bandenbekämpfung abzustellen« war. Nach wie vor waren aber zwei Wochenstunden weltanschaulicher Unterricht sowie politisch-weltanschauliche Tages-, Wochen- und Monatsschulung durchzuführen. Dabei traten die Inhalte der nationalsozialistischen Weltanschauung jetzt ganz hinter die Aufgabe der Mobilisierung kämpferischer Energien zurück: »Die gesamte Schulung muß als innere Vorbereitung für den Entscheidungskampf betrieben werden…. Das Ziel dieser Ausrichtung ist der bedingungslose, harte Kämpfer der sich von der Bedeutung des weltanschaulichen Endkampfes durchdrungen, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Kräften für Führer, Volk und Heimat bis zur Hingabe seines eigenen Lebens einsetzt. Der Wille zum Sieg ist vom Vernichtungswillen nicht zu trennen.«619
Wie die Polizeischule Hellerau führte auch das Polizei-Lehr-Bataillon Iglau bzw. die Polizeiwaffenschule Laon Kompanie- und Unterführer-Lehrgänge durch. Im Sommer 1943 wurden hier auch Aufgaben der Rekruten-Ausbildung für das Polizeiregiment Oranienburg übernommen. Das Lehr-Bataillon wurde vermutlich August/ September 1943 nach Laon in Nordwestfrankreich verlegt. Spätestens ab Anfang Oktober 1943 fanden dort Lehrgänge für Kompanieführer, Kampf- und Zugführerausbildungen für Revier- und Bezirksoffiziersanwärter u. ä. statt.620 Vom Juli 1943 ist der Lehrplan eines dreimonatigen Lehrgangs für volksdeutsche Rekruten in Iglau erhalten. Der Lehrgang umfasste wiederum vor allem Kampfausbildung: Nahkampfausbildung, Panzernahbekämpfung, Nachtausbildung, Schießausbildung etc. Zwei Stunden die Woche waren für die »nationalsozialistische Lehre« vorgesehen, die hier in der Form eines »aufbauenden Geschichtsunterrichts« konzipiert war. Als Ziel wurde formuliert, den Rekruten ein »möglichst starkes Geschichtsbewusstsein« zu vermitteln, denn der gegenwärtige Krieg habe seine Wurzeln in der europäischen Geschichte und sei daher auch nur aus dieser verstehbar. Die Rekruten sollten ler-
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nen, dass die »nationale Wiederbesinnung der europäischen Völker gegenüber der Zersetzung ihres Volkstums durch liberalistische und marxistische Weltanschauungen« nur durch die nationalsozialistisch bedingte »Machtbildung des Reichs« möglich geworden sei. Daraus ergaben sich die Themen der 12 Doppelstunden: 1. Der Kampf um das Reich a) Germanien (2 Doppelstd.) b) Das Kaiserreich des Mittelalters c) Der Aufstieg Preußens d) Das Reich Bismarcks 2. Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung (6.-10. Wo.) 3. Der 2. Weltkrieg (11./12. Wo.)
Für die 11. und 12. Woche (»Der Zweite Weltkrieg«) hielt der Lehrplan ein in Stichworten formuliertes Begründungsprogramm für den Krieg parat: »Die geopolitische Lage des deutschen Volkes und das Bestreben, sein Raumproblem auf friedliche Weise zu lösen. Die geopolitischen Gegner: England, Judentum, Freimaurerei und Hochfinanz als Feinde des deutschen Sozialstaates – Frankreich als Gegner der deutschen Einheit – Der Steppenstaat im Osten als Feind der europäischen Kultur. Die europäischen Völker als Spielball der interationalen Mächte, ihre wirtschaftliche Versklavung durch England einerseits und ihre völkische Bedrohung durch den osteuropäischen Steppenstaat andererseits. Ein einiges starkes Reich erkämpft im totalen Krieg gegen England und die Sowjets die Freiheit der europäischen Völker. Nur aus eigener Kraft kann das deutsche Volk die europäische Aufgabe lösen.«
Als »Stoffunterlagen« nannte der Lehrplan »Mein Kampf« und Hefte der Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei.621 Neben diesem »aufbauenden Geschichtsunterricht« fand regelmäßig eine weltanschauliche Wochenund politische Tagesschulung statt. Da in Laon auch Volksdeutsche u. a. aus Kroatien und Ungarn ausgebildet wurden, die die deutsche Sprache nicht beherrschten, wurde für diese Gruppen auch noch ein »systematisch aufbauender, mit dem Erlernen des Alphabets beginnender Deutsch-Unterricht« angesetzt, der in den ersten Wochen zwei, danach eine Stunde täglich abgehalten werden sollte. Den Unterricht erteilten die Zugführer; für sie kam im März 1943 eigens ein Studienassessor ins Lager, um sie anzuleiten und in einer Lehrprobe methodisch in diese Arbeit einzuweisen.622 Kommandeur der Polizeiwaffenschule Iglau/Laon war von Anfang 1943 bis Ende 1944 der Polizeimajor Vockensohn. Vockensohn war in Köpenick zum Polizeioffizier ausgebildet worden und hatte sich danach in einer Reihe von Kurz-Lehrgängen für Führungsaufgaben weiter qualifiziert. Unter anderem hatte er Lehrgänge für die Ausbildung von Sportoffizieren, für Zugführer im Kraftradschützendienst und für Offiziersanwärter im technischen Sonderdienst besucht. 1937 trat er in die NSDAP ein, im gleichen Jahr wurde er zum Hauptmann befördert; 1938 nahm er am Sude-
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ten-Einsatz teil, Anfang 1940 war er als SS-Hauptsturmführer beim BdO Hamburg tätig. Ende Februar 1940 machte er einen der Einweisungslehrgänge für Kompanieführer in Prag mit; welchem PB er angehörte, war nicht zu ermitteln. Ab August 1940 gehörte er als Regiments-Adjutant der SS-Polizei-Division an, im Februar 1941 besuchte er einen Lehrgang für Bataillons-Kommandeure in Königsberg. Nach Verwundung bei den Kämpfen im Osten wurde er als Kriegsversehrter aus dem Dienst eines Bataillonskommandeurs entlassen und zunächst als Sturmbannführer der Waffen-SS zur Junkerschule Tölz geschickt, wurde dann aber als Lehroffizier und Taktik-Lehrer an die Polizeioffiziersschule Köpenick berufen. Von Ende Januar 1943 bis November 1944 war er Kommandeur des Lehrbataillons Iglau bzw. der Polizeiwaffenschule Laon. Als die Polizeiwaffenschule Laon im Herbst 1944 aufgelöst und kurzfristig nach Moritzburg bei Dresden zurückverlegt werden musste, wurde Vockensohn damit beauftragt, vertretungsweise die Leitung der Abteilung Ausbildung im Hauptamt Orpo zu übernehmen.623 Vockensohn leitete in Laon insbesondere die Kompanieführerlehrgänge. In ihnen standen ebenfalls die militärische Ausbildung und die besonderen Bedingungen des »Bandenkampfs« im Osten im Mittelpunkt. Auf der Agenda standen Vorträge über »Wald- und Bandenkampferfahrung« in Ost- und Südosteuropa und Themen wie »Kampferfahrungen der Infanterie aus dem Ostfeldzug und ihre Auswertung für die Ausbildung« oder »Die Bandenbewegung in der Sowjetunion«. Daneben wurde organisatorisches Grundlagenwissen vermittelt – Vockensohn erläuterte zum Beispiel die Gliederung eines SS-Polizeiregiments und eines Polizeibataillons. Einmal kam ein Hauptsturmführer vom RSHA zu einem Abendvortrag über »Aufgaben und Einsatz des SD im besetzten Gebiet«.624 Die Polizeiwaffenschulen waren auf die Kampfausbildung für Kompanie- und Zugführer spezialisiert. Im Zuge der Militarisierung der Polizeiausbildung wurden deshalb Ausbildungsteile von Lehrgängen anderer Schulen hierhin verlagert. Zum Beispiel wurde der Bezirksoffizierslehrgang der Gendarmerieschule Freiburg Anfang 1944 teils in Freiburg, teils in Laon durchgeführt. Der Lehrgang lief vom 7.1. bis zum 23.5.1944 und umfasste einen Vorbereitslehrgang, eine Vorprüfung sowie einen theoretischen und einen praktischen Ausbildungsabschnitt; für die Vorprüfung und den theoretischen Teil der Ausbildung war die Freiburger Schule zuständig, der »praktische« Teil, die »Zugführerausbildung« fand als »Kampfausbildung« in Laon statt. In Freiburg wurde der Lehrplan in »NS-Lehre« beibehalten. Um das Unterrichtsziel in der reduzierten Zeit dennoch zu erreichen, wurden jetzt sieben Wochenstunden statt wie bisher vier angesetzt; dafür entfielen hier die Taktik- und Zugführerausbildung. Insgesamt waren weiterhin vier Klassenarbeiten zu schreiben, davon eine in »NS-Lehre«.625 Die Errichtung der Lehrbataillone bzw. Polizeiwaffenschulen im Juli 1942 stand auch im Zusammenhang mit weiteren Rekrutierungsaktionen, die noch einmal einen erhöhten Bedarf an Führer- und Unterführerpersonal mit sich brachten. Im Januar 1943 gab es erneut eine größere »Rekruten-Aktion«, während der die Ordnungspolizei 5000 Rekruten von der Wehrmacht bekam. Für ihre Ausbildung wurde das »Polizeiausbildungsregiment Oranienburg« errichtet. Weitere 2500 Rekruten
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kamen zur gleichen Zeit von der Waffen-SS, für die zusätzliche neue Ausbildungsbataillone gebildet wurden. Im September 1942 waren bereits 2500 deutschsprechende und 1500 nicht deutschsprechende Kroaten, Slowaken und Ungarn in die Schutzpolizei aufgenommen und auf verschiedene Ausbildungslager verteilt worden.626 Im Sommer 1943 wurden von der Waffen-SS 1181 Volksdeutsche aus Siebenbürgen entsandt und für 4monatige Lehrgänge auf die Lehrbataillone bzw. Polizeiwaffenschulen verteilt; sie sollten anschließend als Hilfspolizisten zum Einsatz kommen. Im Dezember wurden den Polizeiwaffenschulen erneut Volksdeutsche aus Polen, Ungarn und Kroatien zugewiesen. Im Januar 1944 überstellte die Waffen-SS 1100 »Dienstpflichtige« aus dem Elsaß, von denen eine Teilgruppe im Lager Heinrichsdorf bei Mährisch-Ostrau ausgebildet wurde. Ende Juni folgten über 1500 Volksdeutsche aus Litauen, von denen die meisten in Hellerau ausgebildet wurden; aus 320 Volksdeutschen »unter 1,65 Meter« wurde ein eigenes »Polizeiausbildungsbataillon Litauen« gebildet.627 Das Polizeiausbildungsregiment »Oranienburg« war 1943 für ein halbes Jahr eine der wichtigsten Ausbildungseinrichtungen für den Polizei-Ersatz. In Oranienburg verfügte man schon über entsprechende Erfahrungen: Hier war z. B. bereits das von Westermann porträtierte Polizeibataillon 310 ausgebildet worden, bevor es im Herbst 1940 zum Einsatz ins Generalgouvernement abkommandiert wurde.628 In Oranienburg bestand eine »Polizeischule für Auslandsverwendung« (»Kolonialpolizeischule«), an der Polizeioffiziere und Wachtmeister für den Einsatz in künftigen Kolonien ausgebildet wurden. 1943 übernahmen Ausbilder und Lehroffiziere der Schule, die nach der Auflösung des Kolonialpolizeiamtes im März 1943 ihre Funktion verloren hatte, die Leitung für die Ausbildung der neuen Rekruten, die auf 7 Ausbildungsbataillone mit 30 Kompanien verteilt wurden; weiteres, einsatzerfahrenes Ausbildungspersonal stellte das damals in Serbien stationierte PB 66 zur Verfügung.629 Daneben wurden im Frühjahr 1943 weitere 4 Ausbildungsbataillone für Beamte und Angestellte des Polizeiverwaltungsdienstes gebildet, die als Reservisten zum Truppendienst abgestellt worden waren.630 Den Verwaltungsbeamten stellte man nach Abschluß der Unterführerausbildung und Bewährung in einem mindestens dreimonatigen auswärtigen Fronteinsatz die Zulassung zur Reserveoffizierslaufbahn, also die Entsendung zu einem Offiziersanwärterlehrgang in Aussicht. »Frontbewährung« wurde hier als Leistungsanreiz eingesetzt: für die übrigen Unterführer verlängerte sich die Abordnung zum Truppendienst. Die Reserveoffiziersanwärterlehrgänge wurden in Hellerau durchgeführt.631 Die Ausbildungsbataillone des Regiments Oranienburg wurden auf verschiedene Standorte im südwestdeutschen Raum verteilt, Teilaufgaben wurden an andere Ausbildungsstätten verlagert. So übernahm unter anderem die Gendarmerieschule Deggingen zweimonatige Lehrgänge für die Ausbildung von Unterführern. Über die Lehrgänge in Deggingen (Nordalb) sind Ausbildungsunterlagen erhalten; sie dokumentieren, welches Ausmaß an Militarisierung die Polizeiausbildung inzwischen erreicht hatte: Die Teilnehmer sollten vor allem in der militärischen Kommandosprache und Befehlsgebung geschult werden, sie sollten sicheres Auftreten vor der Truppe und an der Front lernen, um anschließend als Gruppen- oder Zugführer und
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II. WELTANSCHAULICHE SCHULUNG IN DER ORDNUNGSPOLIZEI
Ausbilder eingesetzt zu werden. 37 Stunden in der Woche waren für militärisches Training und Nahkampfausbildung vorgesehen, dazu kamen 13 Stunden theoretischer Unterricht, in denen es aber auch überwiegend um militärische Inhalte ging; jeweils zwei Stunden waren der »Vorschriftenkunde« und der weltanschaulichen Schulung vorbehalten. Der weltanschauliche Unterricht beinhaltete täglich eine Viertelstunde »Tagesschulung« um die Mittagszeit und eine einstündige »Wochenschulung« Mittwochabends. Hinzu kamen regelmäßig Vorträge über die »Kampfweise des Ostgegners«. Ein besonderer Akzent der Lehrgänge lag auf der Nahkampfausbildung »mit und ohne Gewehr«, u. a. Übungen im »Spatenkampf«, Stoß- und Deckungsübungen (Kolbenschlag ins Gesicht, gegen die Nieren, gegen den Hals; Spatenschlag auf den Kopf oder in die linke Halsseite; Stoßen des Gewehrverschlusses gegen die Zähne; waffenloser Nahkampf, Würgegriffe etc.), ergänzt durch Kampfspiele. Eingebettet in ein intensives militärisches und Nahkampf-Training wird die weltanschauliche Schulung hier einen stark rituellen Charakter gehabt haben. Andererseits zeigen die Unterlagen für die »Stabsscharführerprüfung« etwa, dass in Deggingen durchaus auch einige Anforderungen an die politisch-weltanschauliche Ausbildung gestellt wurden: Die Kandidaten mussten in einer Stunde eine schriftliche Arbeit über die Geschichte der SS anfertigen, danach hatten sie eine weitere Stunde Zeit, um kurze Stellungnahmen zu zehn Begriffen und Fragen niederzuschreiben: »1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Führer, Wirtschaft, Geld, Weltanschauung, Welcher Punkt des nationalsozialistischen Programms behandelt das nationalsozialistische Problem und wie lautet er? Was ist Staat? Was ist Rasse? Wer ist Dietrich Eckhardt und wodurch wurde er berühmt? Was ist Kultur? Wer ist Reinhard Heydrich und wodurch wurde er bekannt? (kurze Lebensbeschreibung)«632
Für die 7500-Mann-Rekrutierungsaktion sollten Nachwuchsoffiziere ernannt werden, die die Aufgabe hatten, nach geeignetem Nachwuchs für die Offizierslaufbahn zu fahnden und die Männer entsprechend zu fördern und zu betreuen. Um die Zulassung zur Offizierslaufbahn zu vereinfachen und zu beschleunigen galt inzwischen folgendes Modell von fünf Ausbildungsabschnitten als Orientierungsrahmen: 1. 2. 3. 4. 5.
Rekrutenausbildung (3 Monate) Unter-/Gruppenführerausbildung (3 Monate) Bewährung an der Front als Gruppenführer (3 Monate Kampfeinsatz) Vorbereitungslehrgang für Offiziersanwärter (2 Monate) Offiziersanwärter-Lehrgang (4 bis 5 Monate)
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In den Ausbildungsabschnitten 1 und 2 sollten jeweils zwei Wochenstunden weltanschaulicher Unterricht erteilt werden, für den Abschnitt 1 galt der oben erwähnte Plan des Rekruten-Lehrgangs aus Laon mit den drei Hauptthemen »Der Kampf um das Reich«, »Das Leben des Führers und die Geschichte der Bewegung« und »Der 2. Weltkrieg«.633 In der Unterführerausbildung sollte der Stoff des 1. Abschnitts »vertieft und erweitert« werden, im Vordergrund stand aber die praktische Einübung der Teilnehmer in die Durchführung der Tages- und Wochenschulung. Für den Offiziersanwärterlehrgang wurden drei Wochenstunden »NS-Lehre« angesetzt, in denen auch Fragen der Unterrichts- und Schulungspraxis thematisiert wurden; Grundlagenwissen, das in den Ausbildungsabschnitten 1 und 2 behandelt wurde, die Kenntnis von »Mein Kampf«, des Parteiprogramms und der wichtigsten staatsrechtlichen Bestimmungen wurden dagegen vorausgesetzt; durchzunehmen waren jetzt: »… die weltanschaulich-politische Schulung der Ordnungspolizei (Tages-, Wochen- und Monatsschulung), die biologischen Grundlagen, die Freizeitgestaltung, rassen- und bevölkerungspolitische Gegebenheiten und Maßnahmen, die Gegner, der Offizier als Erzieher; wichtige außen- und innenpolitische Ereignisse der Gegenwart sind kurz durchzusprechen.«634
Das Polizeiausbildungsregiment Oranienburg hatte etwa ein halbes Jahr Bestand. Im Juli 1943 wurde es wieder aufgelöst, vermutlich weil die Offiziersschule Köpenick hier Revier bezog.635 Die Rekrutenausbildung wurde in Iglau/Laon fortgesetzt. Von den in Oranienburg gebildeten Ausbildungsbataillonen bestand nur das Bataillon IV fort. Es wurde zunächst zur Polizeischule Heidenheim verlegt und anschließend zur Ausbildung litauischer Polizeikräfte nach Köslin abgeordnet. Dort wurden etwa 350 volksdeutsche Litauer, die gerade den Arbeitsdienst absolviert hatten und in einem Umsiedlerlager untergebracht waren, als Freiwillige für die Ordnungspolizei rekrutiert. Nach Köslin wurden auch litauische Offiziere abgeordnet, die dort mit der »deutschen Ausbildungsmethode« vertraut gemacht wurden und anschließend das Bataillon übernehmen sollten. Nach einer ersten Ausbildungsphase von fünf Wochen sollten geeignete Männer als Hilfsausbilder (Unter- und Rottwachtmeister) ausgewählt werden. Ausbildungsziel war, »dass das Bataillon nach einer 16wöchigen Ausbildungszeit mit litauischen Offizieren, Unteroffizieren und Männern einsatzfertig steht«. Im Januar 1944 wurde das Bataillon nach Litauen verlegt und dem BdO Riga unterstellt. Um die Deutschkenntnisse der litauischen Volksdeutschen scheint es nicht besonders gut bestellt gewesen zu sein, denn für die Ausbildung waren zuvor vier Polizeireservisten als Dolmetscher aus Königsberg abgeordnet worden. Im November 1944 wurde das Bataillon, das inzwischen nach Danzig zurückgeführt worden war, wieder aufgelöst, Offiziere und Verwaltungsbeamte wurden zur Polizeiwaffenschule Hellerau geschickt, die übrigen Männer den SS- und Polizeiregimentern 13 und 14 eingegliedert.636 Im September 1944 teilte das Hauptamt Orpo mit, dass der Polizei erneut eine größere Zahl von Rekruten für den Wachtmeister-Ersatz zur Verfügung gestellt wür-
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den; diesmal war von 10 000 Mann die Rede, für die erneut Polizei-Ausbildungsbataillone aufgestellt werden sollten. Für die Ausbildung wurden acht Wochen Grundausbildung mit 60 Wochenstunden angesetzt, davon 6 Wochenstunden NSLehre. Ziel war die »Erziehung des Mannes zum politisch und militärisch geschulten feldverwendungsfähigen Einzelkämpfer«. Die weltanschauliche Schulung lag in der Zuständigkeit des Kompanieführers und sollte neben NS-Lehre auch Tagesschulung (»Unterrichtung über die wichtigsten tagespolitischen Ereignisse vor Beginn des Unterrichts«) und Wochenschulung umfassen. Mit einer Stunde täglich war ein ungewöhnlich großer Zeitanteil für die NS-Lehre vorgesehen; für den Unterricht wurde jetzt der »Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei« zugrundegelegt, den das SS-Hauptamt herausgegeben hatte und nach dem bereits in der Waffen-SS unterrichtet wurde.637 Der Lehrplan war für einen 34stündigen Lehrgang gedacht und beinhaltete folgende Hauptteile: I. Die SS, Geschichte und Grundsätze (4 Std.) II. Europa und das Reich (12 Std.) III. Der Führer, sein Leben und seine Bedeutung für Europa (10 Std.) IV. Die lebensgesetzlichen Grundlagen unserer Weltanschauung (6 Std.). Inhaltlich war der Lehrplan stark auf das Thema »Europa« zentriert. Die SS präsentierte sich darin als Vorkämpferin für ein neues Europa unter deutscher Führung mit dem Ziel, die Völker Europas in der Endphase des Krieges noch einmal für den Kampf gegen den Bolschewismus zu mobilisieren.638 Wie in der SS stand auch in der Polizei gegen Ende des Krieges die »europäische Idee« im Vordergrund, und wie in der Waffen-SS war man auch in der Ordnungspolizei bemüht, den Krieg von deutscher Seite als einen Kampf um eine »gerechte« völkische Neuordnung Europas darzustellen. Noch Anfang 1945 wurde zum Beispiel in Fürstenfeldbruck ein Lehrgang für Offiziere der holländischen Polizei organisiert, die im »Polizei-Freiwilligen-Bataillon Niederlande« zum Einsatz kommen sollten. Für den Unterricht in »nationalsozialistischer Lehre« war Dr. Reichert zuständig, der zuvor in leitender Funktion bei der Abteilung WE des HA Orpo tätig gewesen war, für den Unterricht in Deutsch und »SS- und Polizeigerichtsbarkeit« Major Ruffing; Ruffing war 1941 noch Lehroffizier für NS-Lehre an der Gendarmerieschule Freiburg gewesen. Der Lehrgang sollte sechs Wochen dauern; er sah jeweils drei Wochenstunden »NS-Lehre«, täglich eine Viertelstunde Tagesschulung sowie Samstagvormittags eine Unterrichtsstunde »Wochenschulung« vor. Der Lehrplan in »NS-Lehre« stellte das Thema »Europa« in den Mittelpunkt: »I. Europa als geschichtlich-kulturelle Einheit 1. Hollands Verbindung mit dem Reich 2. Hollands kulturelle Bedeutung für Europa II. Das Reich als europäische Ordnungs- und Schutzmacht III. Die Gegner Europas 1. Frankreich und Europa: Vormachtbestrebungen 2. England und Europa: Gleichgewicht der Kräfte
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3. Russland und Europa: Zarismus und Bolschewismus ist die gleiche Außenpolitik: Drang zum Meer 4. USA und Europa: Europa als Wirtschaftsmarkt zu 1. und 2: Frankreich und vor allem England als Gegner Hollands zu 2. bis 4: Die Rolle des Juden in der bolschewistisch-plutokratischen Welt. IV. Die Rettung Europas eine Aufgabe aller europäischen Völker unter deutscher Führung. 1. Die germanischen SS-Verbände 2. Problem der Führung.«
Die geschichtlich-kulturelle Einheit und die »Rettung Europas« bildeten dabei nur einen Rahmen, tatsächlich handelte es sich, wie der Stoffverteilungsplan zeigt, um einen Kurs, in dem es in legitimatorischer Absicht um eine Auseinandersetzung mit den Gegnern eines neuen Europa unter Führung Deutschlands und der »germanischen SS« ging; und nach wie vor spielte das Judentum darin eine zentrale Rolle: 1. Woche: Europa als geschichtlich- kulturelle Einheit; Hollands Verbindung mit dem Reich 2. W.: Das Reich als europäische Ordnungs- und Schutzmacht 3. W.: Frankreich und Europa: Frankreichs Vormachtbestrebung 4. W.: Frankreich als Gegner Hollands! 5. W.: England und Europa: Gleichgewicht der Kräfte 6. W.: England als Gegner Englands? der Jude in England 7. W.: Rußland und Europa: Zarismus und Bolschewismus 8. W.: die gleiche Außenpolitik – Drang zum Meer. Der Jude in Rußland! 9. W.: USA und Europa: Europa als Wirtschaftsmacht der USA 10. W.: Der Jude in USA 11. W.: Die germanischen SS-Verbände; Problem der Führung 12. W.: Wiederholung und Prüfung639
III. Vertreibungen, »Bandenkampf« und Judenmord: weltanschaulich-politische Schulung im Kriegseinsatz III.1. Zwischen Theorie und Praxis: weltanschaulich-politische Schulung der Polizei im Kriegseinsatz Wieweit all die genannten Erlasse, Anordnungen und Richtlinien zur weltanschaulichen und politischen Schulung auch in die Tat umgesetzt wurden, ist schwer zu beurteilen; die meisten Akten, die darüber Auskunft geben könnten, sind durch Kriegseinwirkungen zerstört worden oder wurden von den Akteuren selber bei Kriegsende vernichtet. Für einige Regierungsbezirke sind jedoch Aktenbestände erhalten, die eine regelmäßige Durchführung der Richtlinien zur weltanschaulichen Schulung bei den Dienststellen belegen, die laufend über ihre Arbeit Berichte vorzulegen hatten. Da es sich bei der Polizei – im Unterschied zur SS – um einen staatlichen Beamtenapparat handelte, ist auch davon auszugehen, dass Vorschriften und Richtlinien auch weitgehend eingehalten wurden. Die Durchführung gehörte zu den Dienstpflichten der Beamten und wurde entsprechend kontrolliert und beaufsichtigt. Ob es zentrale Erhebungen und Auswertungen der Berichte gab, wissen wir nicht. Im Frühjahr 1944 gab es offenbar eine Rundfrage zur Beschulung der Polizeireservisten in verschiedenen Wehrkreisen, von der allerdings nur wenige Aktensplitter aus Österreich erhalten sind. So bestätigte beispielsweise der Kommandeur der Schutzpolizei Klagenfurt die laufende Durchführung der Tages-, Wochen- und Monatsschulung beim Einzeldienst: Zu Beginn des Dienstes würden täglich 10 Minuten Kurzvorträge über ein vom Kommandeur gestelltes Thema gehalten, Samstags würden 45 Minuten der politisch-weltanschaulichen Information gewidmet, einmal im Monat hielt der Schulungsoffizier einen Vortrag nach den Richtlinien des RFSS.1 Bei Bataillonen im Auslandseinsatz war die Umsetzung der Richtlinien naturgemäß schwieriger. Sie hing von den äußeren Bedingungen und vermutlich auch von der Initiative einzelner Kommandeure ab, da sich eine reguläre Durchführung im Verlauf des Krieges nicht immer durchsetzen und kontrollieren ließ. Generell ist davon auszugehen, dass, wie in der Waffen-SS, in den Ersatzeinheiten, in Ruhepausen, in Phasen des Rückzugs und der Reorganisation erneut Ausbildungs- und Schulungsmaßnahmen durchgeführt wurden.2 Außerdem waren nicht alle Angehörigen eines PB gleichzeitig an Einsätzen beteiligt; einzelnen Kompanien und Zügen wurden spezielle Ausbildungsaufgaben übertragen, die sie auch durchführen konnten, während eine andere Kompanie im Kampfeinsatz war. Unklar ist, wieweit die Monats-, Wochen- und Tagesschulung, die mit Anordnung vom 2.6.1940 verbindlich gemacht und 1943 noch einmal für alle Einheiten vorgeschrieben wurde, als zusätzliche Anforderung ins Programm der Schulen und Ausbildungseinheiten aufgenommen oder in die dort ohnehin stattfindende weltanschauliche Schulung im Rahmen der Lehrgänge integriert wurde. Die Gestaltung fiel
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III. WELTANSCHAULICH-POLITISCHE SCHULUNG IM KRIEGSEINSATZ
offenbar sehr unterschiedlich aus. Die Polizeiwaffenschule Laon schrieb zum Beispiel für die Ausbildung der Rekruten ausdrücklich vor, neben dem Unterricht in der »NSLehre« »in der bisher üblichen Weise« diese Schulungen durchzuführen.3 Ebenso fanden von Ende 1942 bis Ende 1944 an der Schutzpolizeischule Mariaschein (1944 nach Heidenheim verlegt) »weltanschauliche Monatsschulungen« durch Polizeioffiziere der Schule statt. Ähnlich wird es auch in anderen Polizeischulen und in den Polizeiwaffenschulen gewesen sein.4 An der Gendarmerieschule Freiburg etwa fanden zusätzlich zum Unterricht in »NS-Lehre« Vorträge im Rahmen der Monatsschulung statt. 1941 traf man in Fürstenfeldbruck die Regelung, die Wochenschulung im Rahmen des Unterrichts in »NS-Lehre« durchzuführen, während für die Monatsschulung gesonderte Vorträge gehalten werden sollten; die Tagesschulung war eine Sonderaufgabe der Lehrgangsleiter.5 Der bereits erwähnte Lehrgang für holländische Polizeioffiziere, der gegen Ende des Krieges in Fürstenfeldbruck stattfand, beinhaltete im ersten Ausbildungsabschnitt drei, im zweiten Abschnitt vier Wochenstunden »Nationalsozialistische Lehre einschließlich Wochenschulung«, außerdem dreimal die Woche für eine Viertelstunde »politische Tagesschulung«. Die »Wochenschulung« war nicht in den Unterricht zur »NS-Lehre« integriert, der nach einem festen Lehrplan ablief. Der Stundenplan sah so aus: Dienstags 16.45-17.30 NS-Lehre, anschließend Tagesschulung; Samstags 10.00-10.45 Wochenschulung, 10.50-12.25 NS-Lehre.6 Für die Ausbildung des 10 000-Mann-Ersatzes, dessen Aufstellung noch im Herbst 1944 geplant war, wurde ausdrücklich Unterricht in »NS-Lehre« und Tages- und Wochenschulung festgelegt. Der Unterricht war hier auf sechs Wochenstunden – eine Stunde täglich – ausgedehnt worden. In der Tagesschulung sollten tagespolitische Ereignisse behandelt werden, die Wochenschulung sollte Sonntagvormittags im Rahmen einer Feierstunde nach Weisungen des zuständigen Polizeischulungsleiters erfolgen.7 Bei der Betrachtung der Polizeibataillone ist zu beachten, dass sich Ausbildungsund Einsatzphasen abwechselten. Während der längeren Ausbildungsphasen wurden Lehrgänge durchgeführt, für die die Lehrpläne in »NS-Lehre« verbindlich waren. Für alle Bataillone galt aber seit Juni 1940, dass in allen Einheiten auch nach abgeschlossener Grundausbildung laufend eine Tages-, Wochen- und Monatsschulung durchzuführen war, sofern die Verhältnisse dies zuließen. Die Durchführung lässt sich in Einzelfällen auch nachweisen. So stand z. B. auf dem Dienstplan des zum SS-Polizei-Regiment 19 gehörenden PB 171 noch im Frühjahr 1944 neben Schießübungen, Waffenreinigen, Nahkampf- und Geländeausbildung etc. auch regelmäßig eine Stunde weltanschauliche Wochenschulung.8 Auch wenn die weltanschauliche Schulung in den Prozessen, die nach 1945 gegen Angehörige der Polizeibataillone geführt wurden, zumeist unerwähnt blieb oder in ihrer Bedeutung stark heruntergespielt wurde, finden sich doch auch in späteren Prozessakten vereinzelte Hinweise, wenn auch nur in sehr allgemeiner Form. So wurden etwa 1961 im Verfahren gegen Angehörige des PB 306 Dienstzeugnisse herangezogen, die die Leistungen der drei Kompanieführer des Bataillons in der weltanschaulichen Schulung lobend hervorheben. Über den Kompanieführer Eckert hieß es, er «verstehe
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es, die weltanschauliche Schulung interessant zu gestalten und seinen Männern das nationalsozialistische Gedankengut zu vermitteln«, über den Kompanieführer Plantius hielt das Gericht fest: »Alle Zeugnisse aus der Zeit ab 1941 weisen aus, dass er als Nationalsozialist gehandelt hat und dass er es verstanden hat, das NSGedankengut eindrucksvoll seinen Untergebenen zu übermitteln.«9 Eckert war 1934 als 20jähriger der SA beigetreten; nachdem er einen Offizierslehrgang in Köpenick absolviert hatte, wurde er 1938 als Zugführer bei den Hamburger Hundertschaften und zu Kriegsbeginn als Ausbilder beim PAB in Itzehoe eingesetzt. Plantius, der nach dem Abitur zunächst ein Philologie-Studium aufgenommen hatte, bevor er zur Polizei ging, hatte bereits 1931 als Siebzehnjähriger der HJ angehört und war 1932 der SA, 1933 der SS beigetreten, die ihn 1940 zum Untersturmführer ernannte. Im Januar 1941 erhielt er einen Buchpreis für seine Leistungen auf dem Gebiet der Weltanschaulichen Erziehung im Bataillon. Er tötete eigenhändig Juden aus dem Ghetto von Pinsk. Später, 1943, gab Plantius sein Erfahrungswissen als Ausbilder im Galizischen Freiwilligenregiment weiter.10 Auch Kuhr, der dritte Kompanieführer des PB 306, war ein erfahrener Ausbilder. Als Ordonanzoffizier oblag ihm unter anderem die Beaufsichtigung des Ausbildungsdienstes. Er war vorher bereits Rekrutenoffizier und Zugführer beim PAB in Frankfurt/M. gewesen, 1942 war er Lehrgangsleiter für Unterführer in Lettland. Kuhr, Jahrgang 1916, war ebenfalls schon 1933 mit 17 Jahren der SA beigetreten; vorher hatte er dem Jungstahlhelm angehört. Von ihm ist das Manuskript eines Vortrags zum Thema »Mein Einsatz an der Ostfront« erhalten, das er für eine weltanschauliche Schulungsstunde im November 1943 ausarbeitete, als sich seine Kompanie in den Niederlanden befand. Darin rühmte er die »Bataillon-Sonderaktion in Pinsk zur Lösung der Judenfrage« und notierte sich »Ukraine Juden frei.« Seine Erfahrungen aus dem »Bandenkampf« in Russland gab er so weiter: »Dem deutschen Soldaten steht in Russland kein kulturell ebenbürtiger Gegner gegenüber. Größter Vorteil der Bolschewisten gegenüber uns sind seine hochentwickelten tierischen Instinkte und seine Empfindungslosigkeit gegen Witterung und Gelände. Wenn man ihn besiegen will, muß man in Wald und Sumpf heimisch sein.«
Geistige und kulturelle Überlegenheit genüge nicht, man müsse dem Russen auch körperlich gewachsen sein.11 Auch wenn die Schulungstexte hier zurückhaltend sind, gab es während des Unterrichts, wie die folgende Aussage eines Bataillonsangehörigen belegt, offensichtlich auch klare Anweisungen, wie mit den Juden zu verfahren sei: »Bei einer Instruktionsstunde innerhalb der Kompanie wurde uns aber von einem älteren Revierleutnant, an dessen Namen ich mich heute nicht mehr erinnern kann, gesagt ›Schießt die Juden über den Haufen, wo ihr sie trefft, Euch kann nichts passieren, Ihr werdet immer gedeckt.‹ Außerdem ist mir aus einer Instruktionsstunde eine Anordnung bekannt, nach der Juden nicht auf Bürgersteigen gehen durften und jeden deutschen Uniformierten grüßen mussten. Auf die Einhaltung dieser Befehle wurde geachtet.«12
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III. WELTANSCHAULICH-POLITISCHE SCHULUNG IM KRIEGSEINSATZ
Über die Thematisierung von »Juden-Aktionen« liegen unterschiedliche Aussagen aus Nachkriegsprozessen vor. Die meisten Aussagen, in denen dies angesprochen wurde, stimmen darin überein, dass es Rechtfertigungsversuche durch die Schulung gegeben hat. Auf die Frage, warum wehrlose Juden erschossen würden, gab ein Angehöriger des PB 322 in seiner Vernehmung zu Protokoll: »Die Juden deshalb, weil uns bei jeder Beschulung gepredigt worden ist, dass man diese Rasse ausrotten wolle. Sie wären an allem Übel der Welt schuld und auch am Ausbruch des Krieges.« Ein Angehöriger des PB 320 berichtete über die Ansprache des Kompanieführers anlässlich einer »JudenAktion«: »Seine Ansprache war wie eine politische Schulung für uns, und er brachte unmißverständlich zum Ausdruck, dass die Juden die Unruhe in die Welt gebracht hätten, dass sie arbeitsscheu seien und beseitigt werden müssten.« Leutnant Schneider, Zugführer im PB 309, sagte in seiner Vernehmung aus, anhand schriftlicher Materialien seien Schulungen durchgeführt worden, meistens durch den Einheitsführer, gelegentlich habe er auch selbst Unterrichtsstunden abgehalten, so einmal zum Thema »Judentum und Bolschewismus«. Leutnant Schneider war selber für willkürliche Aktionen verantwortlich und unter anderem an der In-Brandsetzung einer Synagoge beteiligt, in die man zuvor Hunderte von Juden eingeschlossen hatte. Die Aussage eines anderen Angehörigen des PB 322 verweist auf ein allgemeines »Klima« des eliminatorischen Antisemitismus, in dem die Schulungen stattfanden und ihre Wirkung entfalteten: »Juden waren sowieso Freiwild, sie wurden ohne Gnade erschossen, ohne dass eine Begründung dazu gegeben wurde oder notwendig gewesen wäre.«13 Vor diesem Hintergrund können wir einen Blick auf die Wochendienstpläne des PB 72 werfen, die für die Zeit von April bis September 1940 erhalten sind. Das Bataillon wurde in München aufgestellt und im Dezember 1939 nach Polen verlegt. Wie ein Eintrag im Kriegstagebuch der 3. Kompanie belegt, kam man bereits mit einer ausgeprägt judenfeindlichen Einstellung in Tschenstochau an: »18/12 39 Zusammentreffen der 3. Kompanie – Bahnhofstraße in Czenstochau (Polen), Was für ein ungewöhnliches Theater! Überall – zerlumptes Gesindel: Juden, überall Juden, pfui! nichts Anderes als Juden! Wie erkennen wir sie sofort? An den Abzeichen, die dieser Schmarotzerrasse eigentümlich sind. Die weißen Armbänder, die sie tragen, erleichtern uns ihre Feststellung. […] Nie hat es so schön geklungen wie heute, - den 18. Dezember, 15 Uhr! Wir werden es diesem Pack zeigen, dass wir Deutsche sind, von der Deutschen Polizei. […] Abends kriegen wir ein Judenviertel frei. Es wird Bier geben. […] Sonst finden wir nur Juden und sehr viel Dreck. Es ist zum Kotzen.«14
Das Bataillon war in Tschenstochau an der Misshandlung der jüdischen Bevölkerung beteiligt; noch im Dezember kam es zur Ausplünderung eines jüdischen Ladengeschäftes und zur willkürlichen Erschießung der Ladenbesitzerin. Vermutlich wirkte es auch an der Exekution von 100 bis 125 polnischen Zivilisten im Juni 1940 in Warschau mit.15 Das Bataillon war im April 1940 nach Warschau verlegt worden. Kurz nach ihrer Ankunft in Warschau konnten die Männer eine Aufführung der Spielgruppe »Zwei Stunden Lachen« im »Theater Hollywood« erleben. Die Ausbildungspläne sahen neben der üblichen militärischen Ausbildung für jede Woche eine »Politische Wochenschau«
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vor, in der offensichtlich Tagesfragen behandelt wurden, sowie abwechselnd jeweils Unterricht über politisch-weltanschauliche und polizeifachlich-strafrechtliche Themen. Die ersten Wochenpläne weisen noch spezielle Themen für die weltanschauliche Schulung aus (»Die Person des Führers«, »Geschichte und Programm der NSDAP«), danach enthalten sie nur noch den Vermerk »Behandlung des festgesetzten Themas aus der Stoffsammlung für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«, so dass die Wochenschulung offenbar an den Monatsthemen orientiert war: 29.4.-4.5. 6.-11.5. 14.-18.5. 20.-26.5. 27.5.-1.6. 3.-8.6. 10.-15.6.
Politische Wochenschau 1. Politische Wochenschau; 2. England und wir Politische Wochenschau 1. Politische Wochenschau; Lebenskunde; 2. Die Person des Führers 1. Politische Wochenschau; 2. Geschichte der NSDAP 1. Politische Wochenschau; 2. Programm der NSDAP 1. Politische Wochenschau; Lebenskunde; 2. Grundsätzliche Bestimmungen aus dem deutschen Beamtengesetz 17.-22.6. 1. Politische Wochenschau; 2. Behandlung des festgesetzten Themas aus der Stoffsammlung für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei 24.-29.6. 1. Politische Wochenschau; 2. Die vorbeugende Tätigkeit der Polizei nach § 14 PVG 1.-6.7. Behandlung des festgesetzten Themas …. 8.-13.7. 1. Politische Wochenschau; 2. Die vorbeugende Tätigkeit der Polizei nach § 14 PVG 15.-20.7. 1. Politische Wochenschau; 2. Behandlung des festgesetzten Themas …. 22.-27.7. 1. Politische Wochenschau; 2. Die strafverfolgende Tätigkeit der Polizei nach § 163 Str.P.O. usw.16
Die 3. Kompanie des PB 72 wurde im Oktober 1940 nach München zurückbeordert und im April/Mai 1941 nach Slowenien in die Untersteiermark kommandiert; dort war sie an der Vertreibung und Deportation mehrerer Tausend Menschen beteiligt.17 Aus der Zeit in Slowenien sind keine Dokumente über die weltanschauliche Schulung erhalten. Es existieren lediglich Hinweise auf die Versendung von Deutschland-, Europa- und Weltkarten an das Bataillon im Dezember 1942 und auf die Einsetzung eines »Singeleiters« im März 1943, der »abwechselnd« den einzelnen Kompanien für zwei bis drei Stunden wöchentlich »zur Pflege des Gesangs und der Freizeitgestaltung« zugeteilt wurde.18 Zur gleichen Zeit, im März 1943, leitete die »Abt. WE beim BdO Alpenland« einen Erlass des HA Orpo zur Tagespolitischen Schulung, unterzeichnet von Major Stelzer, an das Polizeiregiment 19 weiter, zu dem auch das PB 72 gehörte: »Die gegenwärtigen Verhältnisse erfordern die stärkste Intensivierung der antibolschewistischen politischen Beschulung. In der Tagesschulung ist daher wiederholt und ständig der Bolschewismus zu behandeln.«19 Der Erlass, der an alle Einheiten im auswärtigen Einsatz ging, stand im Zusammenhang mit Goebbels’ Aufforderung, verstärkt die »Mitarbeit der europäischen Völker, in Sonderheit der Ostvölker« zu suchen und stellte deshalb gleichzeitig klar, dass sich der Kampf gegen
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den Bolschewismus nicht gegen die Völker Osteuropas richte; als Gegner und Gefahr für Europa sei nicht der Osten als solcher, sondern einzig und allein der jüdische Bolschewismus hinzustellen: »Unser Gegner ist und bleibt der bolschewistische Untermensch und sein Züchter und geistiger Vater: der Jude, die auch beide die osteuropäischen Völker zum größten Teil ausgerottet haben.«20 Dienstpläne von Polizeibataillonen, die detaillierte Auskunft über die laufende Schulung geben, sind nur in wenigen Ausnahmefällen erhalten; dazu gehören die Ausbildungspläne des PB 314. Den Plänen kommt paradigmatische Bedeutung zu, weil sie nicht nur die Durchführung der weltanschaulichen Schulung dokumentieren, sondern zugleich ihre praktische Relevanz belegen.21 Das Bataillon wurde 1940 in Wien-Strebersdorf aufgestellt und im Dezember 1940 nach Polen abkommandiert; bis zum Beginn des Russland-Feldzuges im Juni 1941 unterstand es dem KdO Lublin, danach kam es in der Ukraine zum Einsatz. Für den Monat November 1940 sind die Ausbildungspläne aller vier Kompanien erhalten, ausgewiesen für die 16. Ausbildungswoche, das heißt mit der Ausbildung muss etwa Anfang Juli 1940 in Wien begonnen worden sein, danach wurde sie während der Stationierung in Zamosc bei Lublin fortgesetzt. Nach diesen Plänen wurden wöchentlich zwei Stunden der weltanschaulichen Schulung einschließlich »politischer Tagesfragen« gewidmet. Hauptthema war im November die Geschichte und Vorgeschichte der deutschen Kolonien, verbunden mit dem Thema »Deutschlands Recht auf Kolonien« des Heftes 4 der »Schriftenreihe«; weitere Themen waren die Geschichte der NSDAP, die Nürnberger Gesetze, »Soldatentum« und »Kampf ums Mittelmeer«. Unter polizeifachlichen Themen wurden unter anderem »Bestimmungen des Strafrechtes nach nationalsozialistischen Gesichtspunkten« und »Aufbau und Organisation der deutschen Polizei« behandelt. Einmal die Woche wurde Unterricht in Lebenskunde sowie Deutschunterricht erteilt. Das Schwergewicht der Ausbildung lag wie üblich auf Waffenkunde, Schießübungen etc. Anfang Dezember, kurz vor der Abreise nach Lublin, wurde noch der Film »Jud Süß« vorgeführt. Die weltanschauliche Schulung fand also stets in einen militärischen Kontext eingebettet statt.22 Für die Zeit der Stationierung des Bataillons in Zamosc bei Lublin sind Ausbildungspläne vom Januar bis Mai 1941 erhalten. Sie zeigen eine deutliche Ausrichtung der weltanschaulichen Schulung auf die Aufgaben im Osten. Themen im Januar 1941 waren: 1. 2. 3. 4.
Die Bedeutung des Südostens für das Reich. – Die Nürnberger Gesetze Aufbau des Staates und der Partei Friedrich der Große Deutsche Kultureinflüsse in Polen
Im Februar befasste man sich unter anderem mit dem Monatsthema »Deutsches Blut in aller Welt«, mit der »Volks- und Judenfrage« sowie der »Bedeutung der durch die Polizei-SS durchgeführten Umsiedlungen im deutschen Raum«. Im polizeifachlichen Unterricht standen die Themen »Organisation, Gliederung und Aufgaben der polnischen Polizei« und »Aufgaben des Polizeibataillons im Generalgouvernement« auf dem Plan, dazu gab es eine »monatliche Belehrung und Bekanntgabe wichtiger
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Befehle für den Einsatz im Generalgouvernement«. Die Ausbildung bereitete also schon sehr konkret auf die Aufgaben im »Osten« vor. Dies gilt auch für die folgenden Monate; so wurden neben allgemeinen Themen wie weiterhin »Aufbau des Staates und der Partei« oder »Politik, Partei und Bewegung« unter anderem auch diese Themen behandelt: Zur Entscheidung über die deutsche Volkszugehörigkeit Blut und Boden Das Weltjudentum Das Rassenbild im deutschen Osten Die Umsiedlungen im Rahmen der Neuordnung Europas Rassen und geopolitische Betrachtungen über den Weichselraum Deutsche Ordnung und polnische Wirtschaft23 Europas Volkskörper.24
Wie eng dabei Theorie und Praxis miteinander verknüpft waren, verdeutlicht ein Beispiel aus dem Ausbildungsplan der 1. Kompanie für die zweite Woche im Monat Februar 1941 (ohne den militärischen Teil und die »Kampfschule«): Praktischer Dienst: Durchführung von praktischen Polizeiaufgaben: Begleitung eines Zuges von Evakuierten oder Gefangenen. Ableitung einer Menschenmenge. Umstellung und Durchsuchung eines Gehöftes Polizeiunterricht: Polizeirecht: Organisation, Gliederung und Aufgaben der polnischen Polizei. Aufgaben des Pol.-Btl. im General-Gouvernement. – Strafrecht: Der Tatbestand der strafbaren Handlung. Haupt- und Nebenstrafen, Massregeln der Sicherung und Besserung. Weltanschauliche Schulung: Besprechung der polit. Tagesereignisse und der Wehrmachtsberichte. – Die Bedeutung der durch die SS-Polizei durchgeführten Umsiedlung im deutschen Raum. – Vom B.d.O. vorgeschriebenes Thema für den Monat Januar: »Deutsches Blut in aller Welt«. Allgemeiner Dienstunterricht und Lebenskunde: Vom Soldatentum. Vom Mut und der Tapferkeit. Waffenunterricht: 1. M.G.26. Unterricht über die Wachvorschrift. Posten und Streifendienst. Körperschulung: Grundübungen, Laufschule, Boxen, Polizeigriffe, Spiele, Geländelauf.
Im März 1941 wurden in der 3. Kompanie folgende Themen im weltanschaulichen Unterricht behandelt: 1. Die Bedeutung des Südostens für das Reich. – Abfassen von Meldungen und Berichten. – Nürnberger Gesetze. 2. Abfassen von Anzeigen und Übungen in der Berichterstattung. – Aufbau des Staates und der Partei. – Monatsthema. 3. Besprechung politischer Tagesfragen. – Politik, Partei und Bewegung. – PID 4. Deutsche Kultureinflüsse in Polen. – Volks- und Judenfrage.
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Ergänzen wir das Bild schließlich noch um die WS-Themen, die im April in der 2. Kompanie auf dem Plan standen: 1. Das Rassenbild im deutschen Osten. – Wiederholung: Nürnberger Gesetze. 2. Abfassen von Anzeigen und Übungen in der Berichterstattung. – Aufbau des Staates und der Polizei. – Monatsthema. 3. Besprechung politischer Tagesfragen und der Wehrmachts-Berichte. – Politik, Partei und Bewegung, ihre Entstehung und Aufbau. – Politischer Informationsdienst – »Das Weltjudentum«. 4. Deutsche Kultureinflüsse in Polen. – Zur Entscheidung über die deutsche Volkszugehörigkeit. – Blut und Boden.
Die großen Aktionen der »Judenvernichtung« begannen zwar im Raum Lublin erst 1942, aber bis zum Frühjahr 1941 war der Distrikt Lublin bereits ein zentrales Auffanggebiet für Juden hauptsächlich aus den annektierten Gebieten und anderen Regionen Polens. Von September 1940 bis Anfang April 1941 wurden über 3400 Juden aus Krakau, von Januar bis März 1941 etwa 3000 Juden aus Wien in den Distrikt deportiert. Insgesamt waren seit Ende 1939 bis zu diesem Zeitpunkt 64 430 Juden in den Distrikt Lublin deportiert worden, darunter eine große Zahl jüdischer Kriegsgefangener, für die Arbeitslager errichtet wurden, vor allem in den Kreisen Bilgoraj und Zamosc.25 Ende März kamen die Deportationen in den Distrikt zum Erliegen. Der Raum Lublin wurde jetzt zu einem Aufmarschgebiet der Wehrmacht für den Russland-Feldzug. Man benötigte daher Wohnraum für deutsche Soldaten, siedelte deshalb einen Teil der Lubliner Juden aufs Land um und pferchte die übrigen in einen Sperrbezirk ein, der jetzt zum Ghetto erklärt wurde. Nach Angaben des Distriktgouverneurs wurden im März 1941 etwa 10 000 Juden aus der Stadt Lublin ausgesiedelt, in die frei gemachten jüdischen Viertel zogen Polen ein, deren Wohnungen wiederum der Wehrmacht zur Verfügung standen. Während des gleichen Zeitraums waren bis zum März 1941 auch bereits Volksdeutsche aus dem Raum Lublin zur »Germanisierung« im Warthegau angesiedelt worden, während polnische Bauern, die ihnen Platz machen mussten, ins Generalgouvernement umgesiedelt wurden.26 Zur Durchführung der »Evakuierungsmaßnahmen«, Deportationen und Vertreibungen kam als beständige Aufgabe der Polizei die »Aufbringung« polnischer Arbeitskräfte für die Zwangsarbeit hinzu. All dies und die allgemeine rassenpolitische Diskriminierung von Polen und Juden im Generalgouvernement bildete einen realen Erfahrungshintergrund, der in den Schulungsstunden thematisiert und weltanschaulich »eingeordnet« wurde. Ergänzend begleitete das »Institut für deutsche Ostarbeit« in Krakau die Umsiedlungsmaßnahmen im Generalgouvernement mit »Lehrkursen« über »die geistigen Grundlagen der geplanten Einsiedlung« für das Führungspersonal von SS und Polizei.27 Die Männer des PB 314 waren zweifellos geistig auf die Aufgaben, die mit Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion auf sie zukamen, vorbereitet. Während der Ausbildungszeit in Lublin scheint das Bataillon nur gelegentlich zu Sondereinsätzen
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herangezogen worden zu sein, im Mai etwa war es an der Festnahme polnischer Widerständler und »arbeitsscheuer« Juden beteiligt.28 Doch der Übergang zum Massenmord vollzog sich danach sehr schnell: bereits im August brachten Angehörige des Bataillons 1689 Personen, davon 1655 Juden um, im September darauf war das PB 314 zusammen mit dem Ek 6 an der Ermordung von 25 000 Juden in der Ukraine beteiligt.29 In den Kriegstagebüchern der Polizeibataillone wird die weltanschauliche Schulung als Dienstbetrieb in der Regel nicht erwähnt; vermerkt werden zumeist nur besondere Ereignisse wie Vorträge und Reden zu besonderen festlichen Anlässen und gelegentlich auch kulturelle Aktivitäten im Rahmen der Truppenbetreuung, die den Zweck hatten, für Zerstreuung zu sorgen und das Handeln vor Ort zu »normalisieren«. Wie das PB 72 hatten viele Bataillone einen »Singeleiter«; in vielen Bataillonen gab es außerdem wie im PB 306 eine eigene Musikkapelle und eine Theatergruppe.30 Das PB 314 besuchte im Februar 1941 in Zamosc einen Theaterabend und eine Filmvorführung (»Bismarck«), im März sah man sich den Film »Sieg im Westen« an, im Mai besuchten 250 Bataillonsangehörige die Theateraufführung »Bayrischer Bilderbogen«. Das Vorgänger-Bataillon, das 1940 in Zamosc stationierte PB 104 verfügte sogar über ein eigenes »Salonorchester«, bestehend aus sechs Wachtmeistern, die täglich 7 Stunden übten und dafür von jedem weiteren Dienst befreit waren; das Orchester, das im September 1940 einsatzfähig war, spielte danach Dienstags vor dem PB 104 in Zamosc, Mittwochs für das PB 8 in Biala-Podlaska, Donnerstags für das PB 73 in Lublin und Freitags im Offizierskasino in Lublin, die Wochenenden waren frei für Sondereinsätze. Im September 1940 begingen die Männer des PB 104 eine Feier aus Anlass des einjährigen Bestehens des Bataillons mit einer gemeinsamen Mittags- und Kaffeetafel auf dem Hof der Kaserne in Zamosc, an den Abenden des 27.9. bis 1.10. gab es jeweils für jede der vier Kompanien des Bataillons einen Kameradschaftsabend; dazu spielte das Salonorchester auf. Vier Wochen später nahm das PB 104 an der Feier des einjährigen Bestehens des Generalgouvernements in Zamosc teil, die am 25.10. mit einer Kranzniederlegung an deutschen Soldatengräbern und einem Kameradschaftsabend begangen wurde; am Tag darauf folgte der Gemeinschaftsempfang der Rundfunkübertragung des Staatsaktes auf der Krakauer Burg, in der Generalgouverneur Frank residierte, am Nachmittag wurde ein Standkonzert auf dem Marktplatz gegeben, am Abend gab es für Angehörige des PB 104 eine kostenlose Filmvorführung im Stadtkino Zamosc.31 Die »kulturelle Truppenbetreuung« gewann in dem Maß an Bedeutung, wie die Polizeibataillone zu »Sonderaktionen« herangezogen wurden. Relativ gut lässt sich dies am Beispiel des Polizeibataillons 322 beschreiben. Es hatte schon ein Jahr intensiver Ausbildung einschließlich weltanschaulicher Schulung als Wachtmeisterbataillon in Wien hinter sich, als es im Juni 1941 nach Polen abkommandiert wurde und von dort weiter nach Osten zog, wo es dem Polizeiregiment Mitte unterstellt wurde. Während der Verabschiedungszeremonie ermahnte der IdO in Wien die Männer, »den slawischen Völkern gegenüber als Herrenmenschen aufzutreten«.32 In Weißrussland war das Bataillon an zahlreichen Massakern beteiligt, unter ande-
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rem wurde es auch zu den Aktionen in den Pripjet-Sümpfen herangezogen.33 Zwischen den »Judenaktionen« fanden sich Gelegenheiten zur »Rekreation« durch »Kameradschaftsabende«, Kino- und Theaterbesuche. Vorausgegangen war der Befehl von Oberstleutnant Montua, der als Kommandeur des Polizei-Regiments Mitte auch für das Bataillon 322 zuständig war, sich um das Wohlbefinden der Schützen zu kümmern und dafür zu sorgen, dass niemand durch die Tötungsaktionen seelischen Schaden erlitte. Auf »Kameradschaftsabenden« sollten die »Eindrücke des Tages verwischt« werden, und im Rahmen der politisch-weltanschaulichen Schulung sollten regelmäßig Belehrungen über die Notwendigkeit der »Maßnahmen« stattfinden. Der genaue Wortlaut des Befehls war: »1. Auf Befehl des Höheren SS- und Polizeiführers z.b.V. beim Befehlshaber des rückwärtigen Heeresgebiets Mitte sind alle als Plünderer überführten männlichen Juden im Alter von 17-45 Jahren sofort standrechtlich zu erschießen. Die Erschießungen haben abseits von Städten, Dörfern und Verkehrswegen zu erfolgen. Die Gräber sind so einzuebnen, dass keine Wallfahrtsorte entstehen können. Ich verbiete das Fotografieren und die Zulassung von Zuschauern bei Exekutionen. Exekutionen und Gräber sind nicht bekannt zu geben. 2. Die seelische Betreuung der bei dieser Aktion beteiligten Männer haben sich die Batls.-Kdre. und Kompanie-Chefs besonders angelegen sein zu lassen. Die Eindrücke des Tages sind durch Abhaltung von Kameradschaftsabenden zu verwischen. Ferner sind die Männer laufend über die Notwendigkeit der durch die politische Lage bedingten Maßnahmen zu belehren….«34
Der Befehl erging am 11.7.1941. Zuvor, vermutlich am 8. und 9.7., erschossen Männer der Polizeibataillone 322 und 316 in Zusammenarbeit mit einer Einheit Sipo/SD in Bialystock zwischen 1000 und 4000 Juden. Noch am 9.7. hielt Daluege eine Ansprache vor dem Bataillon, in der er betonte, es könne »stolz sein, an der Niederringung des Weltfeindes des Bolschewismus mit beteiligt zu sein. Noch kein Feldzug sei von solcher Bedeutung gewesen wie dieser. Der Bolschewismus wird nun endgültig ausgerottet werden, zum Segen Deutschlands, Europas, ja der ganzen Welt.« So der Eintrag im Kriegstagebuch.35 Zwei Tage später folgte der genannte Befehl Montuas. Im Dezember 1941 präzisierte Himmler bekanntlich seine bizarr anmutenden Vorstellungen von »seelischer Betreuung«: »Heilige Pflicht der höheren Führer und Kommandeure ist es, persönlich dafür zu sorgen, dass keiner unserer Männer, die diese schwere Pflicht zu erfüllen haben, jemals verroht oder an Gemüt oder Charakter Schaden erleidet. Diese Aufgabe wird erfüllt durch schärfste Disziplin bei den dienstlichen Obliegenheiten, durch kameradschaftliches Beisammensein am Abend eines Tages, der eine solche schwere Aufgabe mit sich gebracht hat. Das kameradschaftliche Beisammensein darf aber niemals mit Alkoholmißbrauch enden. Es soll ein Abend sein, an dem – den Möglichkeiten entsprechend – in bester deutscher häuslicher Form zu Tisch gesessen und gegessen wird und an dem Musik, Vorträge und das Hineinführen unserer Männer in die schönen Gebiete deutschen Geistes- und Gemütslebens die Stunden auszufüllen haben.«
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Gleichzeitig erlegte Himmler den Männern ein Schweigegebot auf: »Ebenso aber wünsche ich, dass es grundsätzlich als unmöglich und unanständig gilt, über Tatsachen und damit zusammenhängende Zahlen sich zu unterhalten oder darüber zu sprechen. Lebensnotwendige Befehle und Pflichten für ein Volk müssen erfüllt werden. Sie sind hinterher aber kein Gesprächs- oder Unterhaltungsstoff.«36
Nach den Aktionen in Bialystock im Juli 1941 zog das PB 322 nach Baranowicze weiter. Am 14.8.1941 erschien Himmler dort und hielt eine Ansprache, in der er die Juden als Träger des Bolschewismus anprangerte – Reden wie diese dienten auch immer dazu, das weltanschaulich Gelernte zu bekräftigen. Am Tag darauf ließ er sich eine Erschießungsaktion durch das Einsatzkommando 8 in Minsk vorführen. Vermutlich hat Himmler bei seiner Ansprache auch erneut auf die Bedeutung der »seelischen Betreuung« hingewiesen. Denn unmittelbar nach seinem Besuch kam es zu einer »Judenaktion«, bei der die 3. Kompanie des Bataillons 282 Männer erschoss, während die Frauen und Kinder deportiert wurden; am Abend fand man sich zu einem »gemütlichen Beisammensein am Lagerfeuer« ein, allerdings mit »Ausschank von Bier« statt Hausmusik. Am Tag darauf unternahm man einen Ausflug »bei strahlendem Sonnenschein« durch den Bialowitzer Wald. Die nächsten Tage verbrachte man mit Instandsetzungsarbeiten und Ausbildungsaktivitäten. In den folgenden Wochen war das Bataillon an mehreren Massakern beteiligt, u. a. war es in Zusammenarbeit mit Angehörigen des SD am 1.9. mit der Erschießung von 850 jüdischen Männern und 64 Frauen befasst: »Von der 9. Kompanie wurde durch derbes und sicheres Zupacken in kürzester Zeit ganze Arbeit geleistet. Die Erschießung der 64 Jüdinnen erfolgte, weil diese bei der Razzia ohne Judenstern angetroffen waren«. Am 8. und 12.9. erreichten die Kompanien des Bataillons Mogilew; dort hatte die 1. SSInfanterie-Brigade drei Tage zuvor gerade 722 Juden und 13 Partisanen erschossen und gönnte sich inzwischen einige Ruhetage mit Instandsetzungsarbeiten, militärischer Ausbildung und weltanschaulicher Erziehung. Für den 19. und 21. September gab es Freikarten für einen Theaterbesuch der »Bauernbühne Tegernsee«, gegeben wurde ein »humoristisches bayrisches Volksstück«.37 Am 22.9. folgte als Schulungsmaßnahme eine »Belehrung über die SS- und Polizei-Sondergerichtsbarkeit«, die nach Erlass Himmlers vom 17.7.41 in allen Einheiten abzuhalten und in bestimmten Abständen zu erneuern war. Zwei Tage später fand eine »Lehrübung« bei Mogilew statt, an der sich das Bataillon – wieder in Kooperation mit dem SD – mit einer »Schau-Erschießung« zu informatorischen Zwecken für hochrangige Vertreter von Militär und SS beteiligte. Die »Übung«, die vom 24. bis 26. September dauerte und als »Lehrgang« zur «Partisanenbekämpfung« ausgewiesen war, verband Vorträge und Erfahrungsberichte mit praktischen Vorführungen. Der erste Tag war mit Vorträgen ausgefüllt, zu Themen wie »Erfahrungen im Kampf mit Partisanen« und »Die Judenfrage mit besonderer Berücksichtigung der Partisanenbewegung«, am Abend versammelte man sich zu einem »Russischen Musikabend« im Konservatorium von Mogilew. Am folgenden Tag wurden vormittags die Vorträge und Berichte fortgesetzt, nachmittags fanden waffentechnische Vorführungen und eine »Schulübung«
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des Polizeiregiments Mitte statt, in der eine Ortschaft besetzt, Häuser durchsucht und Einwohner verhört wurden. Der folgende Tag war der erwähnten »Schau-Erschießung« gewidmet, bei der Angehörige des Einsatzkommandos 8 und des PB 322 die jüdischen Bewohner eines Dorfes zusammen trieben und erschossen. Um bei der Aktion zugegen zu sein, war man schon um 4 Uhr morgens aufgebrochen. Um 8 Uhr war die Vorführung beendet, die Teilnehmer des Lehrgangs fuhren zurück nach Mogilew, nahmen dort ein kurzes Frühstück ein und gingen anschließend auseinander. Das Polizeibataillon hatte seine Lehrprobe bestanden.38 Wenige Tage später, am 30.9. stand für das PB 322 ein Kino-Besuch auf dem Programm, am 1.10. feierte man das einjährige Bestehen des Bataillons mit einem »gemütlichen Beisammensein« am Abend. Tags drauf begann eine größere »Judenaktion« in Mogilew, bei der 2273 Juden von Angehörigen des Polizeiregimentes Mitte getötet wurden; allein die 3. Kompanie des Bataillons erschoss am 3. Oktober 555 Juden. Unter den Opfern waren auch Kinder und Säuglinge, die von ukrainischen Hilfskräften auf teilweise bestialische Art umgebracht wurden.39 Danach war das Bataillon noch einige Tage mit »Befriedungsaktionen« beschäftigt, während der die 3. Kompanie 214 Partisanen bzw. Kommunisten und 584 Juden erschoss.40 Mitte Oktober folgte dann eine längere Ruhepause, die mit Ausbildung und Unterricht ausgefüllt wurde, nur kurzzeitig unterbrochen von gelegentlichen Einsätzen im Partisanenkampf. Am 22. Oktober wurde das Bataillon noch einmal von einer Wehrmachtsstelle zu einer Erschießungsaktion herangezogen, der 121 Juden zum Opfer fielen. Am 26.10. fand nach einem Übungsschießen Unterricht über das »Völkergemisch der Sowjetunion« statt.41 Danach wurde das Bataillon mit der Sicherung von Eisenbahnlinien, Straßenbrücken und Torfwerken betraut. Am 10. Dezember fand eine Feierstunde mit festlicher Musik statt, in der der Gefallenen gedacht wurde. Anschließend hielt HSSPF von dem Bach, dem Himmler die zentrale Zuständigkeit für die »Bandenbekämpfung« übertragen hatte, eine Rede, in der er Richtlinien für die Winterschulung und damit auch thematische Vorgaben für die laufende weltanschauliche Schulung ausgab. Im Winter, so von dem Bach, müsse man an sich selbst arbeiten, um danach stärker und gefestigter an neue Aufgaben zu gehen und den »Kampf zweier Weltanschauungen« schließlich für sich zu entscheiden.42 Von dem Bach-Zelewski gehörte übrigens zu den wenigen, die nach 1945 die Massenmorde im Osten mit der weltanschaulichen Schulung in Verbindung brachten: »Vor allen Dingen das Einschläfern des Gewissens hängt mit dieser jahrelangen Schulung zusammen … Wenn man jahrelang predigt, jahrzehntelang predigt, daß die slawische Rasse eine Unterrasse ist, daß die Juden überhaupt keine Menschen sind, dann muß es zu einer solchen Explosion kommen.«43 – Am 11.12. versammelte man sich zum Gemeinschaftsempfang einer Führerrede, danach folgten Julfeier, Weihnachtsund Silvesterfeier. Zur Julfeier erhielt jeder Bataillonsangehörige ein Buch als »Erinnerungsgabe«. Ein Weihnachtsbaum und Kerzen wurden angeschafft, und laut Kriegstagebuch der 9. Kompanie verteilte ein als Weihnachtsmann verkleideter Kompanieangehöriger Geschenkgaben an die Männer. Während der Weihnachtsund Silvesterfeiern hielt der Kompanieführer Vorträge zur weltanschaulichen Erziehung, in denen er »die Notwendigkeit des Kampfes zwischen Germanentum und
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Judentum« hervorhob.44 Am 24.12. wurden noch zwei wiederergriffene russische Kriegsgefangene erschossen und 28 Auszeichnungen verliehen. Bemerkenswert ist auch hier, welcher Aufwand an »kultureller Truppenbetreuung« betrieben wurde.45 Die Polizeibataillone 31 und 44 zum Beispiel, die 1940 in Lodz stationiert waren, kamen dort in den Genuss eines vielfältigen Veranstaltungsangebots: Am 5. und 20.1.1940 wurde »Minna von Barnhelm« aufgeführt, danach folgte etwas leichtere Kost: »Für die Katz« am 25.1. und »Flitterwochen« am 29.1. Am 3.2. wurde für beide Polizeibataillone ein Luststück (»Bauernstück«) der Oberland-Bühne wiederholt, am 20.2. gab es eine Freivorstellung von Gerhard Hauptmanns »Biberpelz« für das PB 31. Zum 21. und 22.4. organisierte der Polizeischulungsleiter des BdO Posen das »Flötenkonzert in Sanssouci«, ein Konzert für Militär und Polizei, für das das PB 31 den Besuch von 80 bis 100 Mann anmeldete. Am Tag darauf exekutierten Angehörige des PB drei zum Tode verurteilte Polen.46 Am 11.5. wurden in Litzmannstadt die Filme »Opfer der Vergangenheit« und »Friesennot« für SS-und Polizei vorgeführt, die der nationalsozialistischen Eugenik und dem Schicksal von RusslandDeutschen gewidmet waren. Danach gastierte wieder die Oberlandbühne mit dem Bauernstück »Die Dorfheiligen«, am 21. und 22.5. schloss sich eine »musikalisch-literarische« KdF-Veranstaltung mit dem Berliner Kammer-Orchester unter dem Motto «Frühling in Dichtung und Musik« an usw. Anfang September vereinbarte man mit dem Intendanten des deutschen Theaters in Litzmannstadt, jeden Monat zwei geschlossene Vorstellungen für sämtliche Polizeiangehörigen zu reservieren. Für den Anfang präferierte man die heitere Muse: Am 11.9. stand die rheinische Komödie »Sprung aus dem Alltag«, am 25.9. das Lustspiel »Eintritt frei« auf dem Programm.47 Erbauliche und humorvolle Unterhaltung sollte für Zerstreuung und Ablenkung sorgen. So hatte zum Beispiel das Stadttheater von Mogilew im Herbst 1942 die Darbietungen »Nette Sachen« und »Das goldene Lachen vom Rhein zur Donau« auf dem Spielplan.48 Das Polizeibataillon 65, um ein anderes Beispiel zu nennen, das 1940 in den Niederlanden stationiert war, hatte dort reichlich Gelegenheit zu Kino-, Theater- und Konzertbesuchen, bevor es nach einer Ausbildungsphase in Deutschland 1941 nach Russland kommandiert wurde, wo es an der Ermordung von mehreren Tausend Menschen beteiligt war.49 Die Angehörigen besuchten unter anderem auch hier eine Theateraufführung von »Minna von Barnhelm« und ein Philharmonisches Konzert im Kurhotel von Scheveningen.50 Angehörige des ebenfalls in den Niederlanden stationierten PB 105 veranstalteten selber Theateraufführungen und »Bunte Abende«, um das Ansehen der deutschen Polizei in den Niederlanden zu verbessern. Der Kommandeur Hans Helwes, ein studierter Jurist, übernahm die Leitung der Theatergruppen einschließlich eines Balletts aus Schutzpolizisten des Bataillons und präsentierte bis Ende 1943 ein umfangreiches Programm aus Tanz, Akrobatik und instrumentalen Einlagen.51 Während dieser Zeit war das Bataillon mit der Festnahme und Deportation von Juden beschäftigt. Bis zum 18.7.1943 war laut Anweisung des BdS vom 25.5. die »Gesamtsumme von 9500 Juden zusammenzubringen«.52 Zuvor, am 16. Juni, hatte der Polizeischulungsleiter beim BdO in den Niederlanden Hauptmann Altendorf angeordnet, die Tagesschulung in den kommenden beiden Monaten unter die
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zwei »Leitgedanken« zu stellen: »1. Der Jude ist an allem schuld; 2. Der Jude ist der Kitt innerhalb der Achsengegner.« Immer wieder müsse das »verderbliche Wirken der Juden in der Geschichte« herausgestellt werden. Die Anweisung ging an das Polizeiregiment III, zu dem auch das Polizeibataillon 105 gehörte, und an die Polizei-Waffenschulen III und IV in Den Haag und Maastricht.53 Nur vier Tage nach Altendorfs Anordnung, am 20.6.1943, fand in Amsterdam eine »Großaktion« statt, während der 5500 Juden von »Angehörigen osterfahrener SS-Polizeiregimenter der Ordnungspolizei« verhaftet wurden.54 Vertreibungen, Deportationen und Exekutionen waren oft von Maßnahmen der kulturellen Truppenbetreuung begleitet, die den Schein der Normalität erzeugen sollten. Dafür gibt das Kriegstagebuch des Reservepolizeibataillons 13 einen guten Einblick. Das Bataillon war 1939 in Königsberg aufgestellt und 1940 mit der Deportation von Juden und der Bewachung des »Arbeitserziehungslagers« Soldau für polnische Zivilisten beauftragt worden. Angehörige des Bataillons waren an der Ermordung von Gefangenen des Lagers und Insassen der Heil- und Pflegeanstalt Soldau beteiligt.55 Anfang August 1941 wurde das PB 13 im Raum Bialystock stationiert. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte unter anderem die Bewachung und Mitte August bereits die Durchsuchung und Teilräumung des Ghettos von Bialystock. Schon unmittelbar nach der Ankunft in Bialystock, am 4. und 5 August erschossen Angehörige des Bataillons 91 Juden und Kommunisten. Nur 4 Tage später setzt bereits eine dichte Folge kultureller Veranstaltungen der Truppenbetreuung ein:56 9./10.8.41 Besuch des Theaters Bialystock: Konzertkapelle »Die weißen Raben« 3.9. erster Kameradschaftsabend 4.9. Exekution von 178 Kriegsgefangenen 5.-8.9. KdF: Variété-Vorstellungen im Theater 8.9. Feierstunde: Sieben Wachtmeister erhalten vom Kompaniechef für einjährige Dienste das Werk »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes« überreicht 12.9. Filmvorführung im Theater 19., 20., 21.9. KdF: Variété-Abend 24./25.9. KdF-Vorstellung »Die lustigen Fünf« 27.9. zweiter Kameradschaftsabend bis dahin war das Bataillon vor allem mit Durchsuchungsaktionen befaßt 3.10. Exekutionskommando (192 Menschen - vorwiegend sowjetische Kriegsgefangene - erschossen) 14.10. Exekutionskommando (134 Gefangene, zumeist Juden erschossen) 18.10. dritter Kameradschaftsabend (Reden, Hauskapelle, gutes Essen etc.) 28.10. KdF-Veranstaltung »Wien, in Lied, Musik und Tanz« im Theater 30.10. Exekutionen (166 Menschen – vorwiegend sowjetische Kriegsgefangene – erschossen) 2./3.11. Kommando zur Einweisung der jüdischen Bevölkerung in Ghettos in Grodno 9.11. Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung; Beförderungen; abends Rede des Kompanieführers, Musik, Vorlesungen und Lieder 28.11. KdF-Veranstaltung und Variété im Theater 7.12. Kameradschaftsabend
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11.12. Gemeinschaftsempfang der Führer-Rede (Kriegserklärung an die USA) 21.12. Sonnenwend- und Julfeier; Beförderungen 24.12. Weihnachtsfeier Um den Jahreswechsel 200 fleckfieberkranke Insassen des Bialystocker Gefängnisses erschossen 5.1.1942 etwa 100 Zigeuner vom Bahnhof Bialystock ins Polizeigefängnis gebracht 7.1. KdF-Variété 8.1. für 14 Tage ein Einsatzkommando zur Bekämpfung des »Bandenwesens« zusammengestellt 13.1. KdF-Veranstaltung: Kölling-Ballett 17.1. Bunter Abend, von Soldaten des Standortes durchgeführt 22.1. KdF-Vorstellung: Musik und Gesang 24.1. Kommando zur Partisanenbekämpfung 26.1. Spielgruppe Ostermann vom HA Orpo (Schlager- und Tonfilmmelodien, Opernund Operettenlieder, Zauberer, Steptänze; ein humoristischer Schnellzeichner) 30.1. Feierstunde zur Wiederkehr des 30. Januar; Gemeinschaftsempfang der Führerrede; Kameradschaftsabend; Übergabe von Büchern an Kompanieangehörige 31.1. vormittags Begleitung eines Transports von 125 Zigeunern vom Bahnhof zum Polizeigefängnis; Bunter Abend (veranstaltet von Wehrmacht und KdF) 6.2. Partisanenbekämpfungsaktion 7.2. KdF-Veranstaltung 12.2. KdF- Veranstaltung 12.2. Kameradschaftsabend 14.2. »Bunter Abend« im Stadttheater Bialystock 15.2. Veranstaltung zum »Tag der deutschen Polizei« 22.2. KdF-Veranstaltung 11.3. Kameradschaftsabend 6.4. Wunschkonzert 20.4. Gedenkfeier anlässlich des Geburtstages des Führers 10.5. Besichtigung von Schloss und Museum Bialowies.
In den Kompanien gab es auch immer Angehörige, die selber bei den Veranstaltungen mitwirkten. Zum Beispiel traten beim »Bunten Abend« im Theater von Bialystock am 14.2. Angehörige des PB 13 als Sänger und Musiker auf. Das PB 41 etwa stellte eine eigene »Spielschar« auf, die auch anderen Einheiten der Ordnungspolizei vor allem bei Kameradschaftsabenden, Sonnwendfeiern u. ä. zur Verfügung stand.57 Die Angehörigen des Bataillons, das unter anderem die Ghettowache in Kutno stellte und an laufenden Festnahme- und »Evakuierungsaktionen« im Warthegau beteiligt war, erhielten Freikarten für das »Reichsgautheater«, besuchten geschlossen Kinovorstellungen, Ausstellungen und Konzerte in Posen, im Mai 1941 führte man »bei erhöhter Alarmbereitschaft« einen Hausmusikabend durch – Himmlers Vision, »Aktionstage« mit gepflegter deutscher Hausmusik ausklingen zu lassen, war keineswegs nur eine Chimäre, und das in der Literatur zumeist gezeichnete Bild von Kameradschaftsabenden als Saufgelagen dürfte nur einen Teil der Realität wiedergeben. Die Einheiten stellten eigene Männerchöre auf, wie das Polizeibataillon 310, das Anfang November einen Chor aus 50 Männern bildete; der Chor trat bei der Gedenk-
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feier des 9. November im Stadttheater von Tschenstochau zu einer Totenehrung auf. Die Vorstellung fand so viel Anklang, dass das Bataillon bei einem Wunschkonzert im Luna-Kino 14 Tage später, das von über 3000 Menschen besucht worden sein soll, einen vergrößerten Chor von 80 Männern stellte. Das PB 310, das vom Oktober 1940 bis zum Sommer 1941 im Distrikt Radom im Generalgouvernement stationiert war, kam wie andere Bataillone in den Genuss eines reichhaltigen Unterhaltungs- und Kulturprogramm; dazu kamen zahlreiche sportliche Aktivitäten: 58 19.10.40 26.10. 1.11. 5.11. 9.11. 15.11. 23.11.
Filmvorführung (Wochenschau; »Wenn Männer verreisen«); Pferderennen Filmvorführung (Kulturfilm über Albanien; »Volksfeind«) KdF: Variété Aufstellung eines Chores; Fußballspiel Feierstunde (Totenehrung) Hohensteiner Puppenspiele (»Pflichtbesuch«) Wunschkonzert, organisiert von der NSDAP Tschenstochau; das Bataillon stellt einen Männerchor von 80 Mann. 29.11.40 Wehrmachtsvorstellung im Stadttheater (Kammerorchester Schulz) 7.12. Kasino-Abend 12./13.12. Sonderaktion in Tomaschov 18.12. Julfeier 19./21.12. Theatervorstellung: »Flachsmann als Erzieher« 21.12. Sonnenwendfeier (mit dem Bataillons-Chor) 24.12. Julfest 6.1.41 Deportation von 103 Häftlingen nach Auschwitz bewacht 2.1.41 Theatervorstellung »Komteß Guckerl« 30.1. Feierstunde der NSDAP; Frontbühne Hane: Lustspiel »Wenn der Hahn kräht« 6.2. KdF-Wehrmachtsbühne: Lustspiel »Liebe in USA« 16.2. Tag der deutschen Polizei 26.2. Fußballspiel Wehrmacht gegen Polizei 1.3. Fest zum Tag der deutschen Polizei; »Perlen der Artistik«; Tanzkapellen 2.3. Platzkonzert
Am 7.3.41, vermerkt das Kriegstagebuch, traf der »Umsiedlerzug Nr. 9« mit »1021 Juden, die nicht ausgeladen werden können, da ihre Unterbringung noch nicht geklärt ist« in Rudniki ein. Was daraufhin mit den Juden geschah, geht aus dem Tagebuch nicht hervor, wohl aber, dass die Angehörigen des Bataillons am Abend zu einer Theateraufführung von »Faust I« gingen. Zwei Tage später fanden Faust- und Fußballspiele zwischen Mannschaften der Polizeibataillone 309 und 310 statt; sie bildeten offenbar den Auftakt zu einer Reihe von Fußball- und Handballspielen und anderen Wettkämpfen, die sich in den folgenden Wochen anschlossen und die kulturellen Aktivitäten ergänzten: 9.3. Fußball- und Handballspiele 12.3. Polizei-Frontbuchhandlung erhält »regen Zuspruch« 16.3. Heldengedenkfeier
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2.4. 7.4. 8.4. 10.4. 13.4. 20.4. 10.5.
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Filmvorführung im Gemeinschaftsspeiseraum Waldlaufmeisterschaften Kameradschaftsabend KdF-Veranstaltung »Bunte Artistik«. Kameradschaftsfest (Ostern): Gesangsvorträge, Rezitationen etc. Feierstunde der NSDAP; Fußballspiel Die 3. Komp. besucht die Ausstellung »Der Vierjahresplan« in Petrikau (Aufbauarbeit im Osten)
Am 20.5. wurden als »Sühnemaßnahme« für die Ermordung eines volksdeutschen Bürgermeisters 20 Polen hingerichtet, am Tag darauf folgte die feierliche Beisetzung des Bürgermeisters. Zum Volkssporttag am 25.5. wurden Sportwettbewerbe ausgetragen. Im Rahmen einer weiteren Sühnemaßnahme für die Ermordung eines Untersturmführers der SS wurden am 31.5. – der Verstorbene hatte offensichtlich erheblich höheren Wert – 78 »Verbrecher« exekutiert, am 31.5. fand die feierliche Beisetzung des Offiziers statt, am Tag darauf traf man sich schon wieder zu einem Fußballspiel, abends zu einem kameradschaftlichen Beisammensein. Am 2.6. gab es Handballspiele, am 8.6. Wettkämpfe zum Volkssporttag, am gleichen und nächsten Tag wurden Juden und Polen zur Zwangsarbeit »eingetrieben«; am 22.6. beteiligte man sich an den Endkämpfen der Distriktmeisterschaften in Leichtathletik. 5 Tage später fand wieder ein Kameradschaftsabend statt, am 4.7. folgte die Frontbühnenveranstaltung »Hochzeitsreise ohne Mann«, 8 Tage später besuchte man den Vortrag des Reichsamtsleiters Dressler-Andress über »Deutsche Gemeinschaft«. Im August 1941 wurde das Bataillon nach Lemberg abkommandiert, wo es an der Ghettoisierung der Juden mitwirkte. Hier stand für die Freizeitgestaltung neben zwei Kinos der Wehrmacht ein eigens für SS und Polizei eingerichtetes und renoviertes Theater zur Verfügung. Wenige Tage nach der Gedenkfeier der NSDAP zum 9.11. wurden am 20. November 139 russische »Kommunisten und Kommissare« exekutiert, drei Tage später fand man sich schon wieder zu einem Fußballspiel und – am 29.11. – zu einem Kameradschaftsabend zusammen. Am 9.12. folgte der Auftritt der polizeieigenen Spielgruppe »Schwarzfischer«. Das Tagebuch hält noch das Julfest und das gemeinsame Anhören der Führerrede am 30.1.42 fest. Im Frühjahr 1942 war das Bataillon in schwere und anhaltende Kampfhandlungen mit den Russen verwickelt. Hinweise auf kulturelle Veranstaltungen finden sich nur noch ganz vereinzelt. Die letzten Einträge sind vom November 1942: Verteilung von Propagandamaterial an die Bevölkerung; Gedenkfeier des 9.11.; Einsatz eines Lautsprecherwagens, um die Bevölkerung zur Mitarbeit bei der »Bandenbekämpfung« aufzufordern. Ende November 1942 wurde das Bataillon zum Fronteinsatz abkommandiert. Zuvor, im September und Oktober 1942, hatte es die Bevölkerung im Raum Kobryn in Weißrussland terrorisiert und ganze Dörfer im Rahmen von Vergeltungsaktionen ausgelöscht. Hauptmann Pöhls, Chef der 3. Kompanie, notierte pedantisch genau die Zahl der Kinder, die täglich als »Ostmenschen« im »Bandenkampf« erschossen wurden. Mitte Oktober wurden Angehörige der 3. Kompanie zum Einsatz gegen das Ghetto von Brest herangezogen, Ende Oktober war das Bataillon an der Vernichtung des Ghettos von Pinsk beteiligt.59
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Polizeischulung und Polizeibataillone im Bereich des BdO Hamburg Christopher Browning und an seine Pionierarbeit anknüpfend Daniel J. Goldhagen haben ihre bekannten Untersuchungen zur Ordungspolizei am Beispiel des Hamburger PB 101 angestellt und damit die Grundlagen für ein Paradigma geschaffen, das für die Täterforschung und den Diskurs über Täterschaft im Dritten Reich wegweisend wurde. Andere Untersuchungen haben sich daran angeschlossen. Über die weltanschauliche Schulung und Ausbildung des Bataillons sind offenbar keine Dokumente erhalten. Wir können jedoch den allgemeinen Kontext der Ausbildung im Bereich des BdO Hamburg rekonstruieren und in diesem Rahmen Schlussfolgerungen zur weltanschaulichen Schulung der Polizeibataillone ziehen. In den Zuständigkeitsbereich des BdO Hamburg fielen außer Hamburg die Länder Schleswig-Holstein, Bremen, Oldenburg und weitere Teile des nordwestlichen Niedersachsens. Nachdem die kasernierten Polizeieinheiten auch in Hamburg 1935 in die Wehrmacht überführt worden waren, begann man ab 1936 wieder mit dem Aufbau von Hundertschaften und Polizeiausbildungsabteilungen.60 Anfang 1938 bestanden in Hamburg vier Ausbildungshundertschaften mit 440 Mann, die Unterricht in Luftschutz, Beamten-, Polizei- und Verkehrsrecht, Rechtskunde, Kriminalistik, Sanitätsdienst, Lebenskunde, in Praktischem Polizeidienstes sowie in Deutsch, Geschichte und »Weltanschaulicher Gesetzeskunde« erhielten. Für den Deutschunterricht wurden 10 Zivillehrer herangezogen, »Geschichte und weltanschauliche Gesetzeskunde« unterrichteten acht Lehrer. Im Verlauf des Jahres 1938 kamen andere Lehrer hinzu, einige Deutschlehrer unterrichteten auch gleichzeitig Geschichte und »weltanschauliche Gesetzeskunde« – insgesamt waren 16 verschiedene Lehrer während der Lehrgänge in den Jahren 1937 bis 1939 für das Fach tätig, überwiegend Studienassessoren. Darunter waren drei Polizeilehrer, die zuvor schon an der Hamburger Polizeischule unterrichtet hatten. Für Geschichte und »weltanschauliche Gesetzeskunde« waren vier Wochenstunden eingeplant, für den Deutschunterricht und »Freie Vorträge« zehn, später acht Stunden. Die ersten Lehrgänge begannen Anfang Oktober 1937 und dauerten etwa ein halbes Jahr.61 Im März 1938 wurden mehrere Hundertschaften für die »Große Frühjahrsparade der deutschen Polizei« zusammengestellt, die anschließend am Einmarsch nach Österreich teilnahmen, darunter auch zwei Hundertschaften aus Bremen und Wilhelmshaven. Bei der Rückkehr aus Österreich kam eine Gruppe österreichischer Polizisten mit, aus der in Hamburg eine 5. Ausbildungshundertschaft gebildet wurde. Insgesamt waren 885 Polizeibewerber aus Österreich auf Ausbildungsstätten im Reich verteilt worden, von denen 150 nach Hamburg kamen und dort einer Ausbildung von einem Jahr – vom 4.7.1938 bis zum 30.6.1939 – unterzogen werden sollten. Der Wochendienstplan sah nachmittags jeweils zwei Stunden Deutsch und Geschichte/Weltanschauliche Gesetzeskunde vor. Während in den Lehrgängen daher ein professioneller Ausbildungsbetrieb organisiert wurde, suchte man gleichzeitig für die Polizei des Einzeldienstes politisch verlässliche Schulungsredner aus Partei und SS zu gewinnen. Hugo Stelzer, der zum 1. Juli 1937 als Polizeischulungsleiter beim IdO Hamburg (und Kiel) ernannt worden war, forderte die Polizeiverwaltungen in einem Rundschreiben vom Dezember 1937
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auf, Angehörige der Ordnungspolizei zu benennen, die vor dem 30.1.1933 bereits der NSDAP angehört hatten und als Schulungslehrer oder -redner in Frage kämen; zugleich ging wenige Wochen später ein Aufruf der 28. Standarte an ihre Mitglieder, SS-Männer für die Polizeischulung namhaft zu machen. Der Sturmbann II/28 meldete sieben Männer, darunter den Elektrotechniker Stastny-Hain, Untersturmführer und Schulungsleiter der SS für den Raum Mölln und Lauenburg, der dort bereits als »Polizeischuler« tätig war.62 Demonstrative Gesten wie gemeinsame Paraden, Feierstunden und politische Lehrgänge sollten schon früh die Einheit von Polizei und SS auch in Hamburg unterstreichen. Die Dienstpläne der SS und der Polizei wurden ab Mai 1938 so aufeinander abgestimmt, dass alle SS-Mitglieder der Polizei auch am Dienstunterricht der SS teilnehmen konnten.63 Auch Rituale wie die Sonnwendfeiern wurden übernommen. Als im Juni 1938 die »Deutschen Polizeimeisterschaften« in Leichtathletik und Mannschaftsgepäckmarsch in Lübeck abgehalten wurden, bildete eine große Sonnwendfeier mit einer Ansprache Dalueges vor dem Holstentor den feierlichen Höhepunkt.64 Hamburger Polizisten rückten erneut zum auswärtigen Einsatz aus, als im Oktober 1938 das Sudetenland dem Deutschen Reich angeschlossen wurde. Drei Hundertschaften aus Hamburg und eine aus Bremen wurden im Sudetenland stationiert. Im Juli 1939 wurde die 2. Hamburger Ausbildungshundertschaft ins inzwischen errichtete Protektorat entsandt und bis zu ihrer Auflösung im Oktober 1939 in Prag stationiert. Offiziere und Unterführer kamen als Ausbildungs- und Führungspersonal zum PB 203, das in Prag aufgestellt wurde und dort für die Organisation und Durchführung der Einweisungslehrgänge für Kompanieführer der Polizeibataillone zuständig war, die zwischen Januar und März 1940 stattfanden.65 Zur gleichen Zeit war auch Ausbildungspersonal aus Bremen bei der Aufstellung des PB 45 in Aussig beteiligt. Kurz vor Beginn des Krieges, im August 1939 war die Ausbildung der Ausbildungsbataillone in Hamburg vorzeitig beendet worden, um Polizeibataillone für den PolenFeldzug aufzustellen; aus ihnen entstanden die Polizeibataillone 101, 102 und 103, die am 6. September nach Polen einmarschierten, sowie das PB 104, das im Januar 1940 nach Lublin kommandiert wurde. Aus Bremen kam das PB 105 hinzu, aus SchleswigHolstein das PB 106 mit Kompanien aus Kiel, Flensburg und Lübeck. Die Bataillone wurden zunächst aus aktiven und in Ausbildung befindlichen Polizisten aufgestellt und schrittweise mit Reservisten des Verstärkten Polizeischutzes ergänzt; die Reservisten waren vorher zu Übungen an Sonn- und Feiertagen herangezogen worden und erhielten, wie das Beispiel Bremen zeigt, ab Herbst 1939 eine besondere Ausbildung und eine Vorbereitung auf den Osteinsatz (s. u.).66 Das PB 101 kehrte bereits Mitte Dezember 1939 nach Hamburg zurück, gab über 100 aktive, inzwischen einsatzerfahrene Polizisten an andere Einheiten ab und wurde mit Reservisten aufgefüllt, die sich zu dieser Zeit in Ausbildung befanden. Vermutlich gaben aktive Polizisten des Bataillons Erfahrungen an das PB 104 weiter, das im Januar ins besetzte Polen kommandiert wurde und dort das PB 102 ablöste. Das PB 102 war vor allem mit der Rückführung von Galizien- und Wolhyniendeutschen beschäftigt, war aber auch schon an »Judenaktionen« beteiligt. Der Kompanieführer Oberleutnant Bock ließ im Januar 1940 jüdische Männer und Frauen »schwerstens misshandeln, damit, wie er sich selbst aus-
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drückte, ›sie uns im guten Andenken behalten‹«. Der Kompaniechef Oberleutnant Altendorf ließ im November 1939 seine Leute plündern, Geschäfte zerstören und Zivilisten misshandeln: »Es sollten angeblich die Bestände bei den Juden auf Hamsterwaren untersucht werden.«67 Altendorf wurde wenig später Kompanieführer im Bremer PB 303. Hier wie bei vielen anderen Bataillonen war ein aggressiver Antisemitismus schon zu Beginn des »Osteinsatzes« wirksam. Das PB 102 kehrte noch im Januar nach Hamburg zurück, gab ebenfalls erfahrenes Personal an andere Einheiten ab, wurde neu organisiert und dem BdO Hamburg unterstellt, ebenso das PB 103, das im Mai 1940 zurückkehrte, nachdem es in Polen Erfahrungen mit der Durchführung von Vertreibungen und Exekutionen gemacht hatte. Zur gleichen Zeit, im Mai 1940 wurde das PB 101 wieder nach Polen kommandiert und dem BdO Posen unterstellt; es wurde dort bei Um- und Ansiedlungsvorgängen und zur Bewachung des Ghettos Litzmannstadt verwendet. Die 3. Kompanie des Bataillons befand sich während dieser Zeit weiter in der Ausbildung. Das PB 104, das im Januar 1940 das PB 102 ablöste, wurde im Raum Lublin für Wachdienst- und Objektschutzaufgaben, zur Bewachung von Judentransporten und für Erschießungskommandos eingesetzt. Im August machte es bei Zamosc Jagd auf Juden, die für Zwangsarbeiten herangezogen wurden (»Unternehmen Stieglitz«). Es kehrte im November 1940 nach Hamburg zurück.68 Das PB 104, das in Zamosc im August 1940 über 1000 Juden zur Überführung in ein Zwangsarbeiterlager erfasste, stellte anschließend, wie erwähnt, ein eigenes »Salonorchester« auf. Es gab unter anderem am 14.9. ein Abendkonzert für die 4. Schwadron der SS-Totenkopf-Reiter in Krastnystav. Am Tag darauf trafen sich 100 Mann des Bataillons zu einem Kinobesuch in Zamosc. Während der Stationierung in Polen gingen die Ausbildungsaktivitäten weiter, zum Beispiel führte das PB 104 vom 28.3. bis 24.5.1940 einen Unterführerlehrgang durch.69 Bereits Ende 1939 erging eine Aufforderung an die in Polen stationierten Polizeibataillone, Schulungskräfte zu melden.70 Gleichzeitig wurden die Bataillone durch die BdO mit Anweisungen und Materialien zur weltanschaulich-politischen Schulung versorgt – so wurden etwa die Schulungskräfte der PB 104, 43 und 73, die zu diesem Zeitpunkt zusammen das Polizeiregiment Lublin bildeten, Anfang April 1940 angewiesen, sich mit den »Polen-Dokumenten« des »letzten Weißbuchs« zu beschäftigen, in dem das Auswärtige Amt neben außenpolitischen Dokumenten auch Repressalien der polnischen Regierung und Ausschreitungen gegen die in Polen lebenden Volksdeutschen dokumentiert hatte. Dies sollte den Schwerpunkt der weltanschaulichen Schulung in den nächsten Wochen bilden.71 Der Inhalt des Weißbuchs und die Abschrift eines Vernehmungsprotokolls über die Ermordung deutscher Soldaten sollte allen Polizeibataillonen bekannt gemacht werden. Das HA Orpo hatte für diesen Zweck bereits die Stoffsammlung A 77 »Das deutsche Weißbuch entlarvt die Kriegshetzer« für die Schulung im April 1940 erstellt. Die Schulungsleiter wurden angewiesen, »die in der Presse veröffentlichten Dokumente« zu sammeln.72 Der BdO Hamburg versandte regelmäßig auch die Hefte der »Schriftenreihe« für die Monatsschulung an die Polizeibataillone – so erhielten beispielsweise im November 1940 die Polizeibataillone jeweils drei Exemplare des Heftes »Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland«.73
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Gut zwei Jahre später war das PB 101 im Distrikt Lublin stationiert und begann dort seinen von Browning und Goldhagen beschriebenen Vernichtungsfeldzug, dem zwischen Mitte Juli und Mitte August 1942 in den ersten beiden Massakern bereits über 3000 Juden zum Opfer fielen. Während dieser Zeit, am 1.8. übermittelte der KdO Lublin, der für die Organisation der weltanschaulichen Schulung im Distrikt zuständig war, dem Bataillon den Erlass des Hauptamtes Orpo vom 17. Juli 1942, demzufolge die Wochenschulung bei den Polizeibataillonen »ab sofort unter dem Leitgedanken ›Der Osten – das Schicksal des deutschen Volkes‹ durchzuführen« war: »In den Schulungsstunden soll den Männern der Ordnungspolizei aus der deutschen Geschichte heraus das Erlebnis der Lebensnotwendigkeit unserer Ostkolonisation vermittelt werden, um sie erkennen zu lassen, welch hohe und wertvolle Aufgabe auch heute wieder der deutsche Mensch der Gegenwart erfüllt, der in den besetzten Ostgebieten in den Dienst der Aufbauarbeit gestellt wird.«74
Die für die Umsetzung der Verordnungen zur weltanschaulichen Schulung verantwortlichen Kompanieführer waren zu diesem Zeitpunkt die Polizeioffiziere Wohlauf, Hoffmann und Gnade. Sie müssen ihre Aufgabe zur Zufriedenheit ihrer Vorgesetzten erfüllt haben, denn sie erhielten im Dezember 1942 als Auszeichnung für ihren Einsatz auf dem Gebiet der weltanschaulichen Schulung und Truppenbetreuung Buchgeschenke überreicht.75 Wohlauf und Hoffmann sind in der Literatur als Beispiele für Überzeugungs- und Weltanschauungstäter, Gnade zudem als sadistischer Initiativtäter portraitiert worden. Untergebene berichteten später, dass sie und nicht der als »weich« geltende Kommandeur Trapp im Bataillon den Ton angegeben hätten.76 Julius Wohlauf war 1933 der NSDAP, 1936 der SS beigetreten und war schon früh als Mitgründer einer NS-Betriebszellenorganisation während der kaufmännischen Lehre in der nationalsozialistischen Bewegung aktiv, bevor er sich 1934 zur Reichswehr, dann zur Reichsbahn und schließlich 1936 zur Polizei meldete. Er wurde Ende 1937 zum Polizeileutnant ernannt und anschließend an verschiedenen Stellen in der Ausbildung eingesetzt – 1938 war er Lehrer für Polizeiverwendung und Kriminalistik an der Polizeischule Rathenow. Im Mai 1940 wurde er zum damals in Rügen stationierten Bremer PB 105 versetzt und mit der Leitung eines »SMG-Lehrgangs« (»Schwere Maschinengewehre«) betraut; anschließend nahm er mit dem Bataillon am Norwegen-Einsatz teil. Zurück in Hamburg wurde er 1942 dem PB 101 als Kompanieführer und stellvertretender Bataillonskommandeur zugeteilt. Wolfgang Hoffmann war bereits 1930 mit 16 Jahren Mitbegründer einer Gruppe des Nationalsozialistischen Schülerbundes gewesen und gehörte seit 1933 der SS an. Ende 1937 wurde er zum Leutnant und Zugführer einer Hundertschaft der Hamburger Polizei ernannt; als Ausbildungsoffizier sammelte er schon früh Erfahrungen auch in der weltanschaulichen Schulung von Polizeianwärtern. Hoffmann war bei den Einsätzen in Österreich und im Protektorat dabei, nahm als Zugführer des PB 92 am Polen-Feldzug teil und war im Auftrag des BdO Krakau von Dezember 1939 bis Juni 1940 damit befasst, volksdeutsche Anwärter für die Hilfspolizei auszubilden und weltanschau-
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lich zu schulen.77 Wohlauf und Hoffmann waren erfahrene Ausbilder, die bereits an Einsätzen teilgenommen hatten, bevor sie zum PB 101 kamen. Bei beiden wird man davon ausgehen können, dass sie ihre Befehle mit einem aus innerer Überzeugungskraft resultierendem Nachdruck erteilten. Hartwig Gnade trat zwar erst 1937 der NSDAP bei, galt aber als »überzeugter Nazi« und fiel durch sadistische Befehle auf; so ließ er eine Gruppe älterer Juden nackt vor der Grube robben und mit Knüppeln erschlagen. Ein Angehöriger des Bataillons erinnerte sich später daran, dass Gnade die Drangsalierung seiner Opfer »Spaß bereitete«.78 1944 zelebrierte Gnade, inzwischen zum Hauptmann befördert, auf dem »Heldenfriedhof« von Lublin Trauerfeiern für Polizisten, die beim »Bandenkampf« umgekommen oder verunglückt waren.79 Die im BdO-Bereich stationierten Bataillone waren auch für die Ausbildung der Reservisten zuständig. Im März und April 1943 wurden zum Beispiel Wachtmeister der Reserve des Revier-Einzeldienstes, die auf den Osteinsatz vorbereitet werden sollten, für eine vierwöchige Gefechtsausbildung zum Polizei-Wachbataillon I abgeordnet. Im Mai 1943 folgte eine Anordnung des BdO, nach der alle für einen Einsatz in Frage kommenden aktiven Wachtmeister und Reservisten mindestens zweimal wöchentlich jeweils fünf Stunden an der Ausbildung der an den Standorten liegenden geschlossenen Einheiten teilzunehmen hatten; die Ausbildung umfasste hauptsächlich Gefechts- (Nah- und Waldkampf) und Schießausbildung. Als Ausbilder waren Offiziere und Unterführer mit Kampferfahrungen aus dem Osten heranzuziehen.80 Während die Bataillone 101-105 aus aktiven Polizisten der Schutzpolizei und Ausbildungshundertschaften gebildet und mit Reservisten aufgefüllt wurden, die vorher schon zu Übungen einberufen worden waren und jetzt eine gesonderte Ausbildung erhielten, wurden im Rahmen der 26 000-Mann-Rekruten-Aktion im Herbst 1939 weitere Ausbildungsbataillone aus Freiwilligen im Bereich des BdO Hamburg aufgestellt: das PB 305 in Hamburg, zeitweise als PAP in Itzehoe aufgestellt, das PB 303 in Bremen und das PB 307 in Lübeck. Sie durchliefen eine Ausbildung von zumeist neun Monaten nach den Richtlinien vom November 1939 am Heimatstandort, bevor sie im September/Oktober 1940 ins besetzte Polen kommandiert wurden. Das PB 307 wurde Ende Januar 1940 in Lübeck aufgestellt und nach abgeschlossener Ausbildung im Oktober 1940 ins Generalgouvernement beordert.81 Dort wurde es mit Wach- und Sicherungsaufgaben betraut und absolvierte eine weitere Ausbildungsphase. Wie zuvor schon das PB 104 gehörte das PB 307 zum Polizeiregiment Lublin und bezog vom KdO Lublin die Materialien für die Wochenschulung, unter anderem den »Politischen Informationsdienst«, den der BdO Krakau ab Januar 1941 mit einer eigenen Ausgabe für das Generalgouvernement herausgab.82 Nach dem Überfall auf Russland marschierte das Bataillon weiter ostwärts und wurde bei Sonderaktionen, Ghettoräumungen und im »Antipartisanenkampf« eingesetzt. Es war u. a. an den »Unternehmen Hamburg« und «Hornung« in Weißrussland beteiligt, bei denen allein über 7000 Juden ermordet wurden. Browning beschreibt Beispiele, nach denen es nach vollzogenem Massenmord zur Belohnung abends Erdbeeren mit Schlagsahne gab, und einen anderen Fall, in dem Männer des Bataillons auf kni-
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ende Juden urinierten. Auch hier finden sich Beispiele für den engen Zusammenhang zwischen Massenmord und kultureller Erbauung: Nach dem Mord an den Brester Juden im Juli 1941 besuchten die Angehörigen des Bataillons eine Aufführung der »Fledermaus«.83 Das Bataillon gehörte zu den »ideologisch aufgeladenen« Einheiten: Die Offiziere waren bis auf eine Ausnahme Parteimitglieder, drei Kompanieund zwei Zugführer gehörten der SS an.84 Das PB 305 bewachte Deportationszüge nach Auschwitz, unternahm Einsätze gegen die jüdische Ghettobevölkerung im Raum Radom und war später gleichfalls am »Bandenkampf« in Weißrussland beteiligt. Über die Schulung dieser Bataillone ist nur wenig bekannt. Es ist aber bereits deutlich geworden, dass es einen beständigen Transfer von einsatzerfahrenem Personal an neu aufzustellende und auszubildende Einheiten gab, das eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung von Theorie und Praxis innehatte. Die Polizeiverwaltung Hamburg stellte u. a. im Frühjahr 1940 auch Ausbildungspersonal für das PAB Halle ab, aus dem das PB 315 hervorging, das im November 1941 an der Massenerschießung von 18 000 Juden bei Rowno in der Ukraine beteiligt war.85 Dieser Transfer von Personal und Erfahrungen in der Ausbildung blieb für die ganze Kriegszeit bestimmend. Zum Beispiel wurde das PB 101 nach einem zweiten Polen-Einsatz im Mai 1941 erneut nach Hamburg zurückbeordert und neu organisiert; ein großer Teil der aktiven Polizisten wurde wieder an andere Einheiten abgegeben, das Bataillon wurde mit Reservisten aufgefüllt und einer Ausbildung von einem Jahr unterworfen. Während dieser Zeit wurde es weiterhin zu Sondereinsätzen herangezogen, etwa zur Begleitung von Juden, die aus Hamburg nach Auschwitz deportiert wurden oder zu einem Einsatz nach dem Bombenangriff auf Lübeck im März 1942. Ende Juni/Anfang Juli 1942 wurde es erneut nach Lublin verlegt. Während ihrer Stationierung in Hamburg fanden in den Bataillonen die vorgeschriebenen Lehrgänge für die verschiedenen Gruppen – Reservisten, Rekruten, Unterführer – statt. Gleichzeitig erhielten sie ebenso wie die Dienststellen der Polizeiverwaltungen die Rundschreiben und Anweisungen des Polizeischulungsleiters. Im April 1940 versandte Stelzer die Stoffsammlung A 78 »Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit«, zu der er eine ausführliche Gliederung mit Erläuterungen auf 13 Seiten ausarbeitete. In den folgenden Monaten übersandte er insgesamt drei Bücher für die Wochenschulung in den Polizeibataillonen: »Die Weisheit des Soldaten« von Dr. Bruno Jahn im Juni, »Männer am Feind« von Rolf Bathe im September und »Ewiges deutsches Soldatentum« von Ludwig Vogt und Kurt Dümlein im November als Schulungsgrundlage für die folgenden vier Monate – die Wochenschulung stand also durchgehend im Zeichen einer Erziehung zu militärischem Kämpfertum und Heroismus. Erst im Februar 1941 kamen eigene Anweisungen zur Wochenschulung vom HA Orpo, nach denen das Geschichtswerk »Unseres Volkes Schicksalsweg« zu behandeln war. Um diese Zeit wechselte Stelzer als Mitarbeiter ins HA Orpo. Für die Monatsschulung hatte er bis dahin die vom HA Orpo herausgegebenen, aber im SSHauptamt verfassten Schulungshefte versandt: »Kampf ums Mittelmeer«, »Deutschlands Recht auf Kolonien«, »Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland«, »Deutschlands Blut in aller Welt« usw., im August kam das Sonder-
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heft »Norwegen« zunächst für die in Norwegen eingesetzten Bataillone zum Versand – das war zu diesem Zeitpunkt im Bereich des BdO Hamburg nur das Bremer PB 105, Stelzer gab aber die Anweisung, die Schulung über Norwegen auf den gesamten BdO-Bereich auszudehnen. Im September hielt der Bremer Polizeischulungslehrer Wulff dazu einen Vortrag über Norwegen.86 Im März 1941 kam die Anweisung heraus, die die Polizeibataillone betraf, nach der in den »im Einsatz befindlichen Polizei- und SS-Einheiten … laufend politischweltanschauliche Vorträge gehalten werden« sollten. Die Einheiten wurden aufgefordert, geeignete Offiziere zu melden, »die rhetorisch begabt sind und sachlich die Materie beherrschen, über die sie sprechen wollen.« Drei Monate später folgte die Anweisung des BdO, Schulungskräfte, die nicht der Polizei angehörten, durch eigenes Personal zu ersetzen.87 Gleichzeitig kündigte der BdO Lehrgänge zur Aus- und Fortbildung an, die im September 1941 im Schulungsheim der HfL Kiel begannen. Kurz darauf begann auch die Folge der monatlichen Standortbesprechungen für Schulungsredner (siehe oben für Oldenburg). Inzwischen war nach Stelzers Weggang zum HA Orpo die Leitung der Schulung beim BdO auf Polizeioffiziere übergegangen: den Major A. Burkart und den Leutnant Ed. R. Rasack, Burkarts Stellvertreter und Nachfolger, als Burkart im August/September 1943 zum HA Orpo abgeordnet wurde, sowie Major Framenau, der im September 1944 als Polizeischulungsleiter nach Hamburg kam. Sturmbannführer Framenau vereinigte in seiner Person schulungs- und einsatzpraktische Erfahrungen als Unterrichtsleiter und Kompanieführer beim Grenzschutz Ost, Schulungswart beim Kameradschaftsbund, Polizeischulungsleiter im Protektorat (1942) und Bataillonsführer auf dem Balkan (1943/44).88 Das Beispiel der Hansestadt Bremen, die ebenfalls zum Zuständigkeitsbereich des BdO und PSL Hamburg gehörte, zeigt, dass der Aufbau der Polizeischulung in Ausnahmefällen auch mit Lehrkräften erfolgen konnte, die nicht aus der SS kamen. So beließ man den Volks- und Polizeischullehrer Hinrich Wulff in Bremen trotz fehlender Partei- und SS-Mitgliedschaft im Amt. Wulff, Jahrgang 1898, war seit 1924 teils haupt-, teils nebenamtlich im bremischen Polizeischulwesen tätig und leitete seit 1935 die Polizeiberufsschule. Schon 1924 erteilte er an der Schule einen Geschichtsunterricht, in dem er einen »Überblick über die Entwicklung des arischen Volksstamms« vermittelte; 1929 war er mit einem Vortrag über »Methodische Wege in der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit« an einem »Staatsbürgerlichen Lehrgang« für Polizeiberufsschullehrer beteiligt, den die »Reichszentrale für Heimatdienst« veranstaltete. Im Rahmen der Wintervorträge hielt er im Januar 1933 einen Vortrag vor Polizeibeamten zum Thema »Versailles und das politische Weltbild der Gegenwart«.89 1937 gehörte er zwar keiner Gliederung der Partei an, er war aber bereits 1933 bis 1935 Mitglied der SA gewesen. Wulff hatte sich nebenher in eigener Forschungsarbeit mit Heimatgeschichte und germanischer Frühgeschichte beschäftigt und war, wie er in seinem Lebenslauf für das RuSHA schrieb, seit 1933 »in eine weitgespannte weltanschauliche Schulungstätigkeit im Dienste der NSDAP und ihrer Gliederungen (z.B. SA, SS) und der Polizei u. a. gestellt«, verfügte also bereits über entsprechende Erfahrungen und konnte ideologisch als zuverlässig gelten. Im NSLB leitete er eine
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weltanschauliche AG. Als man 1936 in Bremen damit begann, eine Ausbildungshundertschaft aufzustellen, wurde Wulff mit dem Unterricht in »Geschichte und Nationalpolitik einschl. weltanschaulicher Schulung« (später in »Geschichte und weltanschauliche Gesetzeskunde« umbenannt) beauftragt. Nach einer Aufstellung des Schutzpolizeikommandos vom April 1937 liefen seit Anfang Februar bzw. Anfang April zwei Lehrgänge von einem Jahr Dauer parallel, an denen jeweils 50 bzw. 48 angehende Wachtmeister teilnahmen, überwiegend Soldaten, die nach Ablauf ihrer Dienstzeit aus der Wehrmacht wieder ausgeschieden waren. Im Oktober 1937 wurde eine Übergangsausbildungshundertschaft gebildet, für die eine kürzere Ausbildungszeit galt. 1938 wurde der Ausbildungsbetrieb zweimal unterbrochen: vom 11.3. bis 28.4. durch den Einsatz in Österreich und vom 22. bis 24.8. anlässlich eines Staatsbesuchs des ungarischen Reichsverwesers Horthy auf Helgoland. Bis zum Beginn des Krieges erteilte Wulff den weltanschaulichen Unterricht. Unterstützt wurde er dabei von Karl Langenberg, ebenfalls Lehrer und wie Wulf Anfang 1937 weder Partei- noch SS-Mitglied, aber seit 1927 als Zivillehrer gleichfalls an der Bremer Polizeiberufsschule tätig. Langenberg wurde jedoch im Mai 1937 in die NSDAP aufgenommen, und Wulff wurde 1938 als Parteianwärter und SS-Bewerber in der 88. Standarte geführt.90 Neben Wulff und Langenberg waren drei Zivillehrkräfte für den DeutschUnterricht zuständig. Der damalige Bremer Gestapochef Erwin Schulz erteilte Unterricht über «Organisation und Einrichtung der Gestapo und Spionagebekämpfung«.91 Nach der Besetzung des Sudetenlandes im Oktober 1938, an der auch eine Bremer Hundertschaft beteiligt war, wurde Schulz zum Kripo-Chef in Reichenberg ernannt; etwa 60 Bremer Polizisten blieben im Sudetenland, um dort beim Aufbau der Polizei zu helfen.92 Mit Beginn des Krieges wurde Wulff zur Wehrmacht einberufen und während dieser Zeit durch den Polizeihauptmann Schlömer als Schulungsredner vertreten; nach seiner Rückkehr von der Wehrmacht übernahm Wulff im März 1940 wieder den weltanschaulichen Unterricht.93 Robert Schlömer, Jahrgang 1884, war wie Wulff Volksschullehrer und Leiter der Polizeiberufsschule gewesen, bis er sich 1930 vom Polizeidienst aus gesundheitlichen Gründen beurlauben ließ. Schlömer hatte sich bereits im Februar 1919 der Marine-Brigade Gerstenberg angeschlossen, die die Bremer Räterepublik niederschlug und war im November 1919 als Leutnant in die Bremer Sicherheitspolizei aufgenommen worden. 1933 trat er der NSDAP bei. Nachdem er sich 1938 zur Wiederverwendung im Kriegsfall bereit erklärt hatte, wurde er im September 1939 als stellvertretender Abteilungsleiter in der Personalabteilung bei der Bremer Polizeidirektion eingestellt; ab Februar 1940 war er für die Erfassung der Ergänzungskräfte für die Polizeireserve und den Sicherheitsdienst zuständig.94 Die Monatsschulung des Einzeldienstes der Bremer Polizei nahm 1938 und vermutlich bis zum Beginn des Krieges hauptsächlich der Untersturmführer Dr. Stegemeyer wahr, Jurist, Kaufmann und Prokurist einer Kaffee-Handels-AG. Stegemeyer hatte während des Studiums dem Hochschulring Deutscher Art angehört, trat 1933 der NSDAP und der SS bei und war Abschnitts-Schulungsleiter im Oberabschnitt Nordwest. In Bremerhaven wurde der Studienrat Otto Schlitter im Oktober 1937 mit der weltanschaulichen Schulung des Einzeldienstes beauftragt. Offenbar hatte hier eine
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zeitlang keine Schulung stattgefunden, denn der IdO Hamburg ordnete zusätzliche Stunden an, um den Stoff für die zurückliegenden Monate nachzuholen. Anfang 1938 behandelte Schlitter die Bildreihe »Blut«. Der Unterricht fand jeweils dienstags von 17 bis 18 Uhr in Räumen der Schillerschule statt. Otto Schlitter, 1907 als Sohn eines Schuhmachermeisters in Hamburg geboren, hatte zunächst eine Lehre als Heizungstechniker gemacht, dann aber das Abitur nachgeholt und Deutsch, Erdkunde, Geschichte und Sport studiert; 1934 war er zum Studienassessor ernannt worden. Er gehörte seit März 1933 der NSDAP und seit November 1933 der SS an, 1936 war er zum Sturmbannschulungsleiter I der 88. Standarte ernannt worden.95 Daneben waren Anfang 1938 auch mehrere Polizeibeamte als Schulungsredner ausgewählt worden: Leutnant Gerd Sander und Polizeiinspektor Martin Baumann, beide »alte Kämpfer«, die bereits 1930 der NSDAP beigetreten waren, Polizeimeister Heinrich Einnolf, seit dem 1.1.1933 Mitglied der NSDAP und durch die Teilnahme an einem Sonderlehrgang der Polizei in der Staatsschule Egendorf im Januar 1935 und anderen Schulungslehrgängen »geadelt«, sowie Hauptwachtmeister Hermann Peters, der zwar erst 1937 in die Partei aufgenommen wurde, aber fünf Semester an der Verwaltungsakademie studiert hatte und ein Preisträger des schriftlichen Wettbewerbs der deutschen Polizei nach dem Runderlass vom 3.6.1935 war.96 Die Polizeioffiziere besuchten, so ein Bericht des Polizeipräsidiums vom 13.4.1939, die laufenden »WS-Vorträge« Wulffs, darüber hinaus organisierte das Polizeipräsidium eine Folge von Sondervorträgen für die Offiziere: unter anderem trug Wulff über »Machtkampf im Mittelmeer« vor, Dr. Gierlich aus Köln sprach über »Sinn und Aufgaben der Wehrwirtschaft«, der Bremer Polizeioffizier Hauptmann Pühlmann sprach über »Gegner der Schutzpolizei im ›totalen Krieg‹«, Hauptmann Petersen über »Die Machtstellung Deutschlands 1914 und 1938« – Ernst Petersen, seit 1941 SSHauptsturmführer, wurde bei der Aufstellung des PB 105 in Bremen zum Kompaniechef ernannt und nahm mit dem Bataillon an den Einsätzen in Norwegen, RusslandNord und den Niederlanden teil; von ihm ist u. a. die Beteiligung an Plünderungen und Gefangenenmisshandlungen in Litauen dokumentiert.97 Im Rahmen einer Fortbildungsmaßnahme des Polizeipräsidiums für Offiziere fertigte Petersen im Juni 1938 eine umfangreiche schriftliche Arbeit zum Thema »Die Erblichkeitslehre als Lebensfrage des deutschen Volkes« an, in der er seine rassenbiologischen Kenntnisse dokumentierte und für die Befreiung des deutschen Volkes von »erbranken Ballastexistenzen« und »fremdrassischem Blut« plädierte.98 Im Juli 1939 organisierte die Ortsgruppe Bremen des Kameradschaftsbundes einen »dienstlichen Schulungsvortrag« des Vizepräsidenten des Volksgerichtshofs Dr. Engert über den »Kampf gegen Verräter und Staatsfeinde«.99 Nach einem Bericht des Bremer Polizeipräsidenten vom April 1939 bestand in der Polizeikaserne Oberneuland eine Ausbildungshundertschaft mit drei Unterrichtsklassen, in denen der Schulungsplan der Lehr- und Prüfungsordnung entsprechend durchgeführt wurde.100 Die Ausbildung der Ausbildungshundertschaften wurde vorzeitig am 23.8.1939, also kurz vor Beginn des Krieges beendet. Danach erfolgte in etwa vier Wochen die Aufstellung eines Polizeibataillons für den Kriegseinsatz, das zunächst die Bezeichnung Ergänzungsbataillon II, dann PB 105, im Januar 1941 RPB
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105 erhielt. Es setzte sich aus Reservisten und Berufspolizisten der inzwischen aufgelösten Schutzpolizeihundertschaften zusammen, die jetzt in Kompanien umgewandelt wurden. Aus den Reihen der aktiven Polizisten wurden die Ausbilder und Unterführer genommen, darüber hinaus fanden auch Lehrgänge für Reservisten statt, die als Unterführer geeignet erschienen.101 Die Rekrutierung von Reservisten hatte 1937 mit der Aufstellung des »Verstärkten Polizeischutzes« begonnen. In der Regel wurden sie zweimal im Monat zu kurzen Übungen und Dienst einberufen.102 Ab September 1939 wurden die Reservisten dann mobilisiert und im PB 105 ausgebildet. Um die Integration in die aktive Polizei zu erleichtern, führte man gemeinsame Kameradschaftsabende durch, darunter auch größere Veranstaltungen, zu denen die Familienangehörigen geladen waren.103 Die Kompanieführer des PB 105, die stets auch für die Ausbildung verantwortlich waren, gehörten der SS an, die Chefs der 2. und 3. Kompanie waren Absolventen einer SS-Junkerschule und nahmen im Februar 1940 an einem der Einweisungslehrgänge für Kompanieführer in Prag teil.104 Die Grundausbildung, die hauptsächlich militärischer Art war, aber stets auch weltanschaulichen Unterricht einschloss, war für das PB 105 mit der Vereidigung am 30.4.1940 zunächst beendet; danach wurde das Bataillon für einen Monat zur weiteren Ausbildung und Einsatzvorbereitung nach Rügen verlegt, bevor es am 2. Juni zum Auslandseinsatz nach Norwegen übersetzte. Zu den Aufgaben des Bataillons in Norwegen gehörte unter anderem der Bewachungsdienst in Gefängnissen, die Kontrolle der Hafenein- und ausfahrt und der gemeinsame Streifendienst mit der norwegischen Polizei in Oslo; im Oktober 1940 stellte es ein Begleitkommando für die Überstellung politischer Häftlinge aus Oslo in ein Konzentrationslager ins Reich.105 Im Januar 1941 wurde das Bataillon in Reservepolizeibataillon umbenannt, im Februar kehrte es über Rendsburg nach Bremen zurück, wurde hier reorganisiert, mit neuen Reservisten aufgefüllt und – den Richtlinien vom 20.12.1940 mit dem zugehörigen »Stoffplan für NS-Lehre« entsprechend – einer erneuten Ausbildung von drei Monaten unterzogen. Ende Mai 1941, kurz vor Beginn des Russland-Feldzuges reiste das Bataillon dann nach Westpreußen ab; bis Mai 1942 war es in Russland und dem Baltikum eingesetzt, danach wurde es in die Niederlande verlegt. In Estland wirkte das Bataillon an der Aufstellung des Estnischen Schuma-Bataillons 37 mit und leistete Hilfe bei der Rekrutierung und Ausbildung; der inzwischen zum Major beförderte Ernst Petersen wurde zum »Verbindungsoffizier« für diese Aufgabe bestimmt.106 Nach der Abreise des Bataillons Anfang Mai 1940 nach Rügen war die Reservisten-Ausbildung in Bremen fortgesetzt worden. Vom 29.4. bis zum 12.6.1940 fand ein erster Lehrgang für 68 Polizeireservisten statt; ihm folgten bis 1944 noch 17 weitere Lehrgänge, die jeweils sechs bis acht Wochen dauerten, danach folgten noch »Ersatz-Ausbildungslehrgänge«, hinzu kamen »Überprüfungslehrgänge«. Die Reservisten wurden also laufend einberufen und erhielten bereits vor der Neuaufstellung des PB eine Kurz-Ausbildung.107 Bis August 1940 waren in Bremen 1387 Polizeireservisten einberufen worden. Von ihnen kam die Hälfte aus kaufmännischen Berufen, etwa ein Drittel waren Selbständige – Gewerbetreibende, Handwerker, Zahnärzte, Fotografen etc. Aus einer Aufstellung des Polizeipräsidenten vom Mai 1942 geht her-
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vor, dass zu diesem Zeitpunkt 1542 Reservisten in der Bremer Polizei tätig waren; von ihnen befand sich etwa jeder zweite im auswärtigen Einsatz oder in der Ausbildung und Vorbereitung auf den auswärtigen Einsatz.108 Den weltanschaulichen Unterricht erteilte weiterhin Hinrich Wulff. Das Schutzpolizeikommando Bremen ordnete im April 1940 für den folgenden Monat jeweils vier »Schulungstage« für mehrere Schulungsgruppen aus Schutzpolizisten und Reservisten sowie Angehörigen des PB 105 durch Hinrich Wulff an – hinsichtlich des PB 105 dürfte sich diese Anweisung auf die 4. Kompanie bezogen haben, die zunächst in Bremen verblieb, als das Bataillon im Mai 1940 nach Rügen verlegt wurde.109 Neben dem PB 105, das überwiegend aus Reservisten bestand, wurde in Bremen im Rahmen der 26 000-Mann-Rekrutenaktion Ende 1939/Anfang 1940 ein weiteres Bataillon aufgestellt, das PB 303. Über seine Entstehungsgeschichte ist nur wenig bekannt. Wie es scheint, ging das Bataillon aus einem im November 1939 in Hamburg gebildeten Ausbildungsbataillon hervor. Nach Erlass vom 1.11. sollten 4 Kompanien unter dem Kommando von Major Perling in Hamburg gebildet werden; die Polizeiverwaltung Bremen entsandte zu diesem Zweck 17 Offiziere und Unterführer nach Hamburg. Etwas später wurden zwei Kompanien mit Bataillonsstab unter dem Kommando des Majors Heinrich Hannibal aus Hamburg nach Bremen verlegt.110 Im Verlauf des Februars 1940 wurden die ersten Freiwilligen aus Bremen einberufen. Im Juni erfolgte die Vereidigung der Rekruten – die in Bremen verbliebene 4. Kompanie des PB 105 stellte die Ehrenformation – und am 23.9.1940 brach das Bataillon schließlich nach Polen auf. Bis dahin hätte der Zyklus von 48 Wochen Ausbildung daher wie vorgeschrieben absolviert werden können; die Rekrutierung und Auffüllung des Ausbildungsbataillons erfolgte allerdings nur schrittweise, und erst im Mai 1940 hatte man eine dritte Kompanie aufstellen können.111 Chef der 3. Kompanie und zugleich stellvertretender Bataillonskommandeur war Franz Falter. Hauptmann Falter, seit 1937 NSDAP-Mitglied, war bereits im Januar 1938 mit der Führung der Übergangsausbildungshundertschaft in Bremen betraut worden. Er kam aus der Hessischen Landespolizei und galt als begabter Ausbildungsoffizier. Im August 1941, das Bataillon befand sich bereits in der Ukraine, erhielt er von Hannibal die Beurteilung, er sei ein »überzeugter Nationalsozialist, der es verstehe, seine Männer entsprechend zu erziehen und ›für das jetzige Zeitgeschehen zu begeistern‹«. Im Herbst 1942 wirkte er als Aufsichtsoffizier am Aufbau des Schuma-Bataillons 135 in Kriwoj Rog mit. 1943 hielt Falter, inzwischen zum Oberstleutnant befördert, einen Vortrag über Vererbungslehre auf einer der Arbeitstagungen, die der BdO Wiesbaden für Schulungsoffiziere durchführte.112 Chef der 1. Kompanie war Oswald Altendorf. Er kam wie Hannibal von der Hamburger Polizeiverwaltung und verfügte bereits über Einsatzerfahrungen im Osten, da er schon im September 1939 mit dem Hamburger PB 102 nach Polen einmarschiert war und dort neben der Rückführung von Wolhynien- und Galiziendeutschen auch mit »Judenaktionen« befasst war, bei denen Geschäfte zerstört und Zivilpersonen misshandelt wurden, bis das Bataillon Anfang Januar 1940 vom PB 104 abgelöst wurde und nach Hamburg zurückkehren konnte.113 Unter den Befehlen Hannibals, Altendorfs und Falters beteiligte sich das PB 303 nach
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dem Einmarsch in die Sowjetunion 1941 an Massenexekutionen von Juden und Partisanen, unter anderem wirkte es an den Massentötungen in Babi Yaar mit. Über die Organisation des weltanschaulichen Unterrichts im PB 303 wissen wir nichts, er wird aber nach den Richtlinien für die Wachtmeisterkompanien vom November 1939 und Dezember 1940 durchgeführt worden sein. Vermutlich lag die Zuständigkeit für diesen Unterricht wiederum bei Wulff, der in einem vom 22.4.1940 erhaltenen Befehl des Schutzpolizeikommandos Bremen zum Unterricht in der Lettow-Vorbeck-Kaserne eingeteilt wurde, in der auch der größte Teil der Rekruten des PB 303 untergebracht war. Auch wenn dieser Unterricht schulmäßig organisiert war, dürfte er doch dadurch erschwert gewesen sein, dass sich die Rekrutierungen über einen längeren Zeitraum hinzogen, der Kenntnisstand und die Voraussetzungen der Rekruten, dem Unterricht zu folgen, daher sehr heterogen gewesen sein müssen. Nach der Reorganisation Ende 1939/Anfang 1940, der Aufstellung des PB 105 und dem Abschluss der Rekruten-Aktion wurde, wie erwähnt, die lehrgangsmäßige Reservisten-Ausbildung fortgesetzt. Ab Januar 1940 lief auch die reguläre Monatsschulung des Einzeldienstes wieder an und ab Juni 1940 lässt sich auch die Wochenschulung nach den Vorgaben und Anweisungen des BdO Hamburg für die Polizeibataillone nachweisen. Obwohl vom BdO 1940 und 1941 mehrmals die Anweisung kam, nach Möglichkeit nur noch polizeieigene Lehrkräfte einzustellen, blieb Wulff bis mindestens 1943 als »Polizeiunterrichtsleiter« im Amt.114 Im Juni 1941 werden in einem Antwortschreiben des Polizeipräsidenten an den BdO aber fünf Offiziere für die weltanschauliche Schulung »namhaft« gemacht, unter ihnen der Revierleutnant Strobach – er wirkte gemeinsam mit Wulff unter anderem an einer Fortbildungsveranstaltung für die Schulungskräfte der Luftschutzpolizei und der »erst seit kurzer Zeit in der Schulung tätigen Schulungsredner« der Ordnungspolizei mit, die am 2. und 3. Dezember 1942 im Bremer Polizeipräsidium stattfand. Strobach hielt hier einen einstündigen Vortrag über »Die Grundlagen unserer nationalsozialistischen Weltanschauung«, während Wulff die Vorträge »Nationalsozialismus – Faschismus« und »Die räumlichen und geistigen Voraussetzungen des spanischen Umbruchs« beisteuerte.115 Als Unterrichtsleiter blieb Wulff die tragende Gestalt für die weltanschauliche Schulung der Bremer Polizei. Er wurde daher auch mehrfach zu Vorträgen im Rahmen der Standortbesprechungen des BdO herangezogen, die der Fortbildung der Bremer Polizeischulungskräfte diente. So referierte er am 3.2.1942 über »Die geistigen und weltanschaulichen Grundlagen deutscher Reichsbildung in der Geschichte« und am 3.2.1943 über »Das Reich und Europa in der Geschichte« – auf der gleichen Tagung wurden auch Kurzreferate über die »Protokolle der Weisen von Zion« und »Englands Gewaltherrschaft in Nordirland« gehalten.116 Solche Fortbildungsveranstaltungen fanden etwa alle drei Monate in den Jahren 1942 bis 1944 statt. Zuvor hatten Schulungsredner der Bremer Ordnungspolizei bereits an Lehrgängen des IdO Hannover 1939 in Königskrug im Harz und 1941 an den Lehrgängen des BdO Hamburg im Ulrich-Peters-Heim bei Kiel teilgenommen; danach wurden dann laufend Lehrgänge organisiert, die reihum in den wichtigsten Polizeiverwaltungen des BdO-Bereichs stattfanden.117
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Exkurs zum IdO Hannover An dieser Stelle ist es nützlich, einen Exkurs zum Ausbildungsstandort Hannover einzuflechten, weil sich an einem kleinen Beispiel zeigen lässt, welche Bedeutung häufige Rotationen, Personalwechsel und Versetzungen für die Weitergabe von Wissen und Erfahrungen hatten. Am eben erwähnten Redner-Lehrgang des IdO in Königskrug nahmen auch die Schulungslehrer der Polizei- und Ausbildungshundertschaften aus Braunschweig und Hannover teil, aus denen Anfang September 1939 das PB 111 aufgestellt wurde. Den Unterricht für die Ausbildungsbataillone in Geschichte und Nationalpolitik erteilten 1938/39 der Studienassessor Dr. Weygandt, die Lehrer Karl Borchers und Kurt Sprung, weitere Schulungslehrer waren der kaufmännische Angestellte Walter Lippert und der promovierte Volkswirtschaftler Hermann Bestmann, Syndikus und Mitinhaber einer Großhandlung. Bestmann und Borchers waren bereits 1931, Sprung Anfang 1932 der NSDAP beigetreten, Bestmann, Sprung und Lippert gehörten zudem der SS an, Lippert war 1939 Schulungsreferent beim RuS-Führer Mitte, Borchers bekleidete das Amt eines Hauptstellenleiters bei der Kreisleitung Braunschweig.118 Die Ausbildung lag also in politisch profilierten und qualifizierten Händen. Das PB 111 wurde aus den Hundertschaften in Braunschweig und Hannover gebildet und mit mobilisierten Reservisten ergänzt, die eine Grundausbildung von etwa drei Monaten erhielten, bevor das Bataillon im Dezember nach Kielce in Polen abkommandiert wurde, wo es das PB 101 ablöste. Dort wurde die Ausbildung fortgesetzt. In Kielce war das Bataillon unter anderem mit der Bewachung des Gefängnisses, der Aufbringung von polnischen Zwangsarbeitern und der Begleitung von Zwangsarbeiter- und Gefangenentransporten beschäftigt, wurde aber auch schon bei »Befriedungsaktionen« gegen Partisanen und bei Exekutionen von Polen und Juden eingesetzt. Im Oktober 1940 wurde das PB 111 durch das Hamburger PB 305 abgelöst und nach Hannover zurückbeordert, reorganisiert und mit Reservisten aus bestehenden Ausbildungseinheiten aufgefüllt. Vielleicht aufgrund der Erfahrungen, die es in der Behandlung polnischer Zwangsarbeiter gesammelt hatte, wurde ein Teil des Bataillons für etwas über ein Jahr in Hallendorf bei Salzgitter stationiert und hier mit Wachaufgaben beim KZ Watenstedt und anderen Ostarbeiter-Lagern betraut, die für die Rüstungsproduktion der Hermann-Göring-Werke errichtet worden waren.119 Ende des Jahres 1941 wurde es wieder nach Polen kommandiert. Dort stellte es erneut Transport- und Erschießungskommandos; unter anderem war es an der Erschießung von über 300 Juden im April 1942 auf dem Friedhof von Neu-Sandez beteiligt. Im Mai 1942 zog das Bataillon weiter nach Russland.120 Während seiner Stationierung in Hallendorf war das Bataillon wieder in die Schulungsaktivitäten des IdO Hannover einbezogen und wurde von dort mit Materialien versorgt – so erhielt es zum Beispiel im August 1941 das Heft »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus« der Schriftenreihe des HA Orpo für die Monatsschulung sowie die Broschüren »Warum Krieg mit Stalin« und »Bolschewistisches Frauenschicksal«.121 Schulungsoffiziere des Bataillons nahmen an den monatlichen Besprechungen des Polizeischulungsleiters teil, und bei der schon erwähnten Arbeitstagung des
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Polizeischulungsleiters beim IdO Hannover für Schulungskräfte im November 1941 in Magdeburg waren auch die Offiziere Falk und Hitzner vom PB 111 zugegen.122 ErnstAugust Falk, Jahrgang 1917, gehört zu jenen »150-Prozentigen«, die durch das Dritte Reich und den Nationalsozialisten geprägt und sozialisiert wurden und eine bruchlose Entwicklung von der Hitler-Jugend zum Polizei-Terror im Osten durchliefen. Falk trat 1933 als 15jähriger in die Hitler-Jugend ein, legte 1936 das Abitur an der Napola Köslin ab und ging anschließend zu den SS-Verfügungstruppen; 1938 besuchte er die Junkerschule in Braunschweig, machte den Einmarsch in die »Ostmark« mit und wurde, nachdem er den Zugführerlehrgang in Dachau absolviert hatte, zum Untersturmführer ernannt und im Mai 1939 als Leutnant der Schutzpolizei zugewiesen. Von Dezember 1939 bis Oktober 1940 war er mit dem RPB 111 im Generalgouvernement. Falks Biographie als Polizeioffizier liefert ein Beispiel für die enge Verschränkung von Ausbildung und Einsatzpraxis, denn er wurde vor allem als Ausbilder eingesetzt: zuerst als Zugführer bei der Schupo-Hundertschaft Dessau, dann ab Dezember 1939 als Zugführer beim PB 111; im Februar und März 1940 leitete er den Unterführerlehrgang des Bataillons, anschließend leitete er einen Lehrgang für volksdeutsche Hilfspolizisten. Im April 1941 wurde er mit der Führung der 1. Kompanie des PB 111 betraut und war damit auch für die Organisation und Durchführung der weltanschaulichen Schulung verantwortlich. Im Januar 1942 nahm er als Kompanieführer am zweiten Polen-Einsatz des Bataillons teil. Seine Aufgaben, zu denen die Durchführung von Exekutionen und Deportationen von Juden und Polen in Konzentrations- und Vernichtungslager gehörte, erfüllte er bereits routinemäßig; die Führungs- und Vorbildrolle hatte er inzwischen so sehr verinnerlicht, dass er rasch vom Lehrgangsleiter zum Initiativtäter wurde, der durch eigenhändige Erschießungen das Töten für seine Männer vormachte und erleichterte. Bezeugt ist, dass er ein polnisches Mädchen wegen einer vermeintlich falschen Ortsauskunft erschoss und sich nach einer Aktion »mächtig« darüber »aufregte, dass Zigeuner nicht erschossen wurden«.123 Falk bewährte sich offenbar. Im Juni 1943 wurde er zum Hauptsturmführer und Hauptmann der Polizei befördert und anschließend als Kompanieführer und schließlich Kommandeur des PB 256 ins Einsatzgebiet RusslandMitte geschickt; hier war er unter anderem für die Erschießung von Dorfbewohnern und das Niederbrennen ganzer Dörfer im Rahmen von Abschreckungs- und Strafaktionen verantwortlich. Wegen dieser und anderer Aktionen wurde er 1946 in Minsk zum Tode verurteilt und hingerichtet.124 Bevor das PB 111 Ende 1941 zum zweiten Osteinsatz abrückte, war es in Hallendorf bereits durch das PB 123 abgelöst worden. Das PB 123 war im Herbst 1939 in Wiesbaden aufgestellt und 1940 zu Grenzsicherungsaufgaben in Luxemburg eingesetzt worden. Vermutlich wurde es im Oktober 1941 in Hallendorf stationiert, während das PB 111 schon auf den Osteinsatz vorbereitet wurde. Neben Falk und Hitzner vom PB 111 nahmen auch zwei Schulungsoffiziere des PB 123 an der Magdeburger Arbeitstagung im November 1941 teil. Das Bataillon erhielt bis mindestens Anfang 1943 Anweisungen, Richtlinien und Materialien zur Schulungsarbeit vom BdO Hannover zugesandt, darunter im Januar 1943 auch die Hefte zur »Rassenpolitik« aus der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«, mit einer
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ausführlichen Gliederung und weiterführenden Literaturangaben. Auf eine Rundfrage des Polizeischulungsleiters zum Schulungspersonal nannte die Bataillonsführung im Januar 1942 zwei Oberleutnante und vier Leutnante, die für die Monats- und Wochenschulung eingeteilt seien.125 Im Verlauf des Jahres 1943 wurde das Bataillon in Norwegen stationiert; zu den Kompanieführern gehörte jetzt Julius Wohlauf, dem wir schon begegnet sind. Wohlauf, vorher Kompanieführer im PB 101, war schon einmal 1940 mit dem Bremer PB 105 in Norwegen gewesen. Auch er war ein erfahrener Ausbilder: Nach seiner Ernennung zum Leutnant der Schutzpolizei 1938 war er als Lehrer für Polizeiverwendung und Kriminalistik an die Polizeischule Rathenow berufen worden.126 Weitere Polizeibataillone, die dem IdO Hannover unterstanden, waren das PB 112 und – 1941 – das PB 93. Zu beiden Bataillonen lassen sich Dokumente finden, die auf ihre Einbeziehung in die Schulungsarbeit des IdO/BdO Hannover hinweisen. Das PB 112 wurde in Magdeburg aufgestellt und kam 1941 in den Niederlanden, 1942 in Nord-Russland zum Einsatz; 1943 nahm es an den »Bandenkampf«-Unternehmen »Winterzauber« und »Heinrich« teil. Für die Monate August und September 1940 – zu diesem Zeitpunkt war das Bataillon ebenfalls in Hallendorf stationiert – ist ein Bericht des Kommandeurs erhalten, der eine »intensive Schulungsarbeit« vermeldet. Tages-, Wochen- und Monatsschulung würden wie vorgeschrieben durchgeführt, fünf Offiziere seien als Schulungskräfte eingesetzt, Wochen- und Monatsschulung erteilten die Kompaniechefs auf der Grundlage der vom Polizeischulungsleiter übersandten Schriften. Die Wochenschulung werde jeweils unter einen bestimmten Leitgedanken gestellt, aktuell unterrichte man anhand des Buchs »Männer am Feind«.127 Das PB 93 wurde September 1939 in Frankfurt/Main aufgestellt und kam nach einer Ausbildungszeit von etwa 9 Monaten in Nordfrankreich und den Niederlanden zum ersten Auslands-Einsatz. Von November 1940 bis Ende September 1941 war es an verschiedenen Orten im Bereich des BdO Hannover stationiert, danach wurde es in Slowenien, Südfrankreich und schließlich in der Ukraine und in Weißrussland eingesetzt. Während der Unterstellung unter den IdO Hannover wurde das Bataillon als Reservebataillon neu aufgestellt und einer erneuten Ausbildung unterzogen. Kompanieführer und andere Schulungsoffiziere erhielten die jeweils angeordneten Schulungsmaterialien und nahmen an den Rednerlehrgängen des IdO teil.128 Aus einem Eintrag im Kriegstagebuch des PB 93 geht hervor, dass ein Oberwachtmeister des Bataillons im Oktober 1941 den Singeleiter-Lehrgang in Babelsberg besuchte.129 Polizeischulung und Polizeibataillone im Bereich des BdO Rhein-Westmark; Luxemburg und Lothringen Nach der Besetzung des Elsass, Lothringens und Luxemburg im Mai/Juni 1940 befahl Hitler bereits im August 1940, die gesamte Zivilverwaltung den Gauleitern von Baden und Saarpfalz zu übertragen; die Gebiete sollten »in kürzester Zeit dem deutschen Volkstum zurückgewonnen« und dem Reich eingegliedert werden. Baden und Elsaß sollten zum Gau »Oberrhein«, Saarpfalz, Lothringen und Luxemburg zum Gau
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»Westmark« zusammengeschlossen werden.130 Zur formellen Eingliederung ist es zwar nicht mehr gekommen, faktisch wurden aber die annektierten Gebiete wie Provinzen des deutschen Reichs behandelt. In gleicher Weise wurde der SS-Oberabschnitt Südwest für Baden, Württemberg und Elsass zuständig, während dem SSOberabschnitt Rhein die Gebiete Lothringens und Luxemburgs angeschlossen wurden. Der neu gebildete SS-Oberabschnitt »Rhein-Westmark« stellt daher eine Besonderheit dar, weil er Gebiete des »Altreichs« (das heutige Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie Teile Hessens und Badens) mit annektierten Gebieten Westfrankreichs und Luxemburgs vereinte. Die Anweisungen zur Schulung im Altreich galten daher immer auch zugleich für die besetzten Gebiete, die wie deutsche Provinzen behandelt wurden. Gleichzeitig mussten für die ehemals französischen und luxemburgischen Polizisten aber besondere Umschulungsmaßnahmen getroffen werden, um sie für den Nationalsozialismus zu gewinnen und damit sie dem »deutschen Curriculum« folgen konnten. Für die weltanschauliche Schulung war der Polizeischulungsleiter beim IdO, ab März 1940 BdO Wiesbaden zuständig, der dem HSSPF Rhein-Westmark unterstellt war.131 Dem HSSPF Rhein-Westmark unterstand jeweils ein BdO in Wiesbaden und Saarbrücken, ab Juli 1940 in Personalunion geführt, sowie ein SSPF und BdS in Metz.132 Der Polizeischulungsleiter beim BdO Wiesbaden war zugleich für Saarbrücken und Metz mit zuständig.133 Seine Kompetenzen überschnitten sich zum Teil mit denen des PSL beim IdO Kassel im Oberabschnitt Fulda-Werra. Die Oberabschnitte der SS wurden in Anlehnung an die Wehrkreise gebildet, deren Grenzen sich nicht mit denen der alten Länder und Provinzen deckten. So gehörte etwa der Regierungsbezirk Wiesbaden sowohl zum Bereich des HSSPF Rhein-Westmark als auch zum Land Hessen-Nassau, die Polizei unterstand sowohl dem HSSPF Rhein-Westmark als auch dem Regierungs- und Polizeipräsidenten in Hessen, und hier war wiederum der IdO in Kassel bzw. dessen PSL für die weltanschauliche Schulung zuständig. Beide Polizeischulungsleiter mussten daher ihre Anweisungen laufend miteinander abstimmen. Soweit das aus den Dokumenten hervorgeht, scheint das aber keine Schwierigkeiten bereitet zu haben. Vor der Verlegung nach Wiesbaden hatte der BdO des Oberabschnitts Rhein seinen Sitz in Koblenz. Polizeischulungsleiter beim BdO Koblenz war ab 1937 zunächst der Volksschullehrer August Kropp (s. o.); er meldete sich 1939 zur Wehrmacht und kam Ende 1940/Anfang 1941 als Sachbearbeiter zum HA Orpo. Nach ihm übernahmen Polizeioffiziere das Amt des Polizeischulungsleiters: der Hauptmann der Schutzpolizei Günther Rumler und die Gendarmeriemajore Kühn und Heinemann. Rumler war Ende 1938 zum Adjutanten beim IdO Koblenz bestellt worden und dürfte die Aufgaben des Polizeischulungsleiters nach dem Weggang Kropps bis Anfang 1941 und auch danach mit wahrgenommen haben, wenn der 1941 eingesetzte Major Kühn abwesend war. Für 1942/1943 lässt sich der Gendarmeriemajor Heinemann als Polizeischulungsleiter nachweisen; bei ihm dürfte es sich um den Polizeioffizier Hans Heinemann handeln, der 1940 als Untersturmführer in die SS aufgenommen wurde. Hauptsächlicher Polizeischulungsleiter für Fulda-Werra war der Studienreferendar Werner Pohl, der dieses Amt mit Unterbrechungen in den Jahren 1941/42 von 1937 bis 1944 ausübte; zwischenzeitlich nahmen für kurze Zeit der Hauptmann der Schutz-
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polizei Timm und von Ende November 1941 bis Oktober 1942 der Polizeimajor Karpp diese Funktion wahr. Bei Timm dürfte es sich um den Breslauer Hauptmann der Schutzpolizei Hans-Joachim Timm handeln; er wird im Oktober 1941 als Polizeischulungsleiter beim IdO Kassel erwähnt, wurde jedoch Ende November 1941 wieder nach Ostpreußen abgeordnet. Timm war vorher als Hundertschaftsführer in der Polizeiausbildung in Königsberg tätig, bei Kriegsausbruch marschierte er als Kompanieführer mit dem PB 11 nach Polen ein; seine Einheit führte zusammen mit Männern des PB 91 bereits am 11. November 1939 eine Massenexekution in der Stadt Ostrowo durch, der mindestens 162 Juden zum Opfer fielen.134 Ab 25.10.1941 nahm Major Karpp, wie Timm ein »alter Kämpfer« – Timm war schon 1931 der SA beigetreten, Karpp arbeitete seit 1929 aktiv für die »Bewegung« – die Aufgabe des Polizeischulungsleiters wahr. Nach der Rückkehr von Pohl wurde er in gleicher Funktion und im Rang eines Sturmbannführers der SS zum IdO München versetzt. 1944 war er Kommandeur der Schutzpolizei in Minsk. Zur Gruppe der »alten Kämpfer« gehörte auch Günter Rumler: Er war 1925 Mitglied der Deutsch-Völkischen Freiheitspartei und arbeitete spätestens seit 1932 politisch für die NSDAP. Rumler war Verfasser der Schrift »Freigemachtes Grenzland«, die nach einem Runderlass vom Juni 1942 für alle Büchereien der Ordnungspolizei anzuschaffen war; das Buch verarbeitete »in volkstümlicher Form« Erfahrungen der Ordnungspolizei im Westfeldzug 1940. Noch 1943 war eine Neuauflage angekündigt; der Erlös aus dem Vertrieb sollte in einen Sonderfonds für Hinterbliebene gefallener Orpo-Angehöriger fließen.135 Spätestens für die Zeit ab Oktober 1940 lässt sich die regelmäßige Übersendung der Themen und zugehörigen Materialien für die Monatsschulung durch den PSL Wiesbaden nachweisen. Im Oktober gelangte das Heft »Deutschlands Recht auf Kolonien« der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« (Heft 4/1940) zur Verteilung, in den folgenden Monaten gingen die Broschüren »Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland« (Heft 5/1940), »Deutsches Blut in aller Welt« (Heft 1/1941) und »Das Reich« (Heft 2/1941) an die Dienststellen und Einheiten, darunter auch an die in Lothringen und Luxemburg stationierten Polizeibataillone. Dazu kamen von Zeit zu Zeit zusätzliche Materialien; z. B. erhielten die Schulungskräfte ergänzend zum Monatsthema »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum« im Oktober 1941 die Wandkarte »Die Wanderung und Verbreitung der Juden in der Welt«. Kurz zuvor war ein Rundschreiben mit der Abschrift einer Aufforderung der Reichspropagandaleitung ergangen, der Behandlung der »Judenfrage« verstärkt Aufmerksamkeit zu widmen. Insgesamt wurden regelmäßig rd. 300 Exemplare der Hefte der »Schriftenreihe« versandt, dazu kamen 1941 jeweils etwa 1000 Exemplare des »Politischen Informationsdienstes«; in der »Gruppe B« des PID, den der BdO Wiesbaden herausgab, wurde auch über Geschichte und Wirtschaft Lothringens und Luxemburgs informiert.136 Im Januar 1941 ordnete der BdO Wiesbaden eine regelmäßige Wochenschulung für die Polizeibataillone an, die wir schon erwähnt haben. Der Polizeischulungsleiter arbeitete zu diesem Zweck ein Programm politisch-historischer Bildung aus, gestützt auf das Buch »Unseres Volkes Schicksalsweg«, wie es das HA Orpo vorgeschrieben hatte.137 So weit dies aus den erhaltenen Dokumenten hervorgeht, wurden die Anweisungen
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zur Wochenschulung bei den Polizeibataillonen, die im Bereich des BdO Wiesbaden und Saarbrücken in Lothringen, Luxemburg und Saarbrücken stationiert waren, auch umgesetzt.138 Im März und April 1941 führte der BdO Saarbrücken mehrere Kurzlehrgänge von sechs Tagen zur Weiterbildung von Polizeioffizieren durch, in denen zwar der Gefechtsdienst, die Ausbildung im Straßen- und Häuserkampf und der »Einsatz im totalen Krieg« im Vordergrund stand, jeweils zwei Stunden waren aber auch der Unterrichtsgestaltung und der Durchführung des weltanschaulichen Unterrichts (eine Stunde »Richtlinien«, eine Stunde »Übungen«) gewidmet.139 Im Februar 1942 begann eine Folge von Arbeitstagungen zur »Überprüfung und Fortbildung« für die Offiziere und Polizeimeister, die in der weltanschaulichen Schulung der Polizei eingesetzt waren, an denen auch die Lehroffiziere der im BdO-Bereich jeweils stationierten Polizeibataillone teilnahmen. Sie sollten Vorträge über selbst gewählte Themen halten, außerdem waren neben grundlegenden Einweisungen durch den Polizeischulungsleiter Vorträge von Rednern der Gauleitung vorgesehen; an praktischen Beispielen sollte die Durchführung von Tages- und Wochenschulungen demonstriert werden. Bis zum Januar 1943 lassen sich fünf solcher Tagungen nachweisen. Sie dauerten zunächst sechs, dann vier Tage und fanden nacheinander in Trier, Saarbrücken, Heidelberg und Wiesbaden statt. Wie stets wurden die Lehrgänge mit einem Kameradschaftsabend und gemeinsamen Unternehmungen wie Ausflügen zu besonders symbolträchtigen Orten, Betriebsbesichtigungen und Theaterbesuchen aufgelockert. Auf der 4. Arbeitstagung, die im Dezember 1942 im Roten Saal des Kurhauses Wiesbaden stattfand, besuchte man z. B. eine Aufführung der Oper »Fidelio«. Die Tagung wurde durch den BdO Mascus und mit einem Grundsatzreferat des PSL Heinemann zur weltanschaulich-politischen Schulung eröffnet. An den folgenden Tagen wurden Referate und Vorträge zu diesen Themen gehalten: Sinn und Aufgabe der Partei Der Schicksalskampf im Osten Der Jude als Weltfeind Nr. 1 Unsere Stellungnahme zu den Fremdvölkischen Was will Roosevelt, der gefräßige Narr England, USA und UdSSR, eine alljüdische Linie Raum- und Rohstoffpolitik im gegenwärtigen Kriege Innere Freiheit Das Mittelmeer und seine Bedeutung Deutschlands künftige Aufgaben in Europa SS-Mann und Blutsfrage Elsass und Lothringen, deutsches Land.
Außerdem sprachen der Rektor der Frankfurter Universität Prof. Platzhoff über »Die englische Kontinentalpolitik« und der Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät Prof. Henzler zum Thema »Von der kapitalistischen Unternehmung zur nationalsozialistischen Betriebsgemeinschaft«.
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Zusätzlich zu den Arbeitstagungen unternahm der BdO Inspektionsreisen, auf denen er auch Veranstaltungen der weltanschaulichen Schulung beiwohnte. Ende April/Anfang Mai 1942 besuchte er z. B. die Standorte Saarbrücken, Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg, in Heidelberg konnte er sich vom »überraschenden Niveau« der Vorträge von Offizieren überzeugen, die im Rahmen des 3. weltanschaulich-politischen Schulungslehrgang unter Leitung Kühns gehalten wurden. Einige Tage später nahm er an einer Dienstversammlung der Gendarmerie in Lubeln (Longeville) teil, auf der Major Kühn einen Vortrag über »Grundsätze der weltanschaulichen Schulung« hielt.140 Zur Unterstützung der Schulungsarbeit baute der PSL eine umfangreiche Bibliothek auf, zu der auch Sammlungen von Filmen bzw. Bildbandstreifen und Diapositiven gehörten. Die Dia-Sammlung umfasste vor allem Bilder zu »Deutschland« (89 Dias), zur deutschen Geschichte (74) und zur Rassenkunde (81). An Bildbandstreifen konnten ausgeliehen werden: 1. »Die hohe Kultur der Broncezeit«, 2. Germanische Landsuche, 3. Das Recht in der deutschen Geschichte, 4. Judentum – Freimaurerei, 5. Der Bolschewismus, 6. Der deutsche Mensch und seine Landschaft Teil I, 7. Teil II, 8. Teil III, 9. Elsass-Lothringen I: Elsass, 10. II: Lothringen.141 Nach der Besetzung des Elsass, Lothringens und Luxemburgs Mai/Juni 1940 rückte auch deutsche Polizei ein. Zum feierlichen Einzug des Gauleiters von Koblenz-Trier Gustav Simon als Chef der Zivilverwaltung von Luxemburg am 6.8. paradierten 800 deutsche Polizisten – vermutlich handelte es sich um Angehörige des PB 66 und des RPB 122, die im Juli 1940 für die Besetzung Lothringens bereitgestellt wurden und zusammen mit dem RPB 63 zwischen Juni und August in Metz und Diedenhofen (Thionville) nahe der Grenze Lothringens zu Luxemburg stationiert wurden.142 Bis zum Oktober kamen die PB 123 und 124 hinzu, deren Kompanien auf verschiedene Standorte in Luxemburg verteilt wurden, Anfang 1941 wurde noch das RPB 121 in Diedenhofen stationiert, das nach Abschluss der Ausbildung im April 1940 für den Grenzpolizeidienst und die Bewachung eines Lagers mit französischen Kriegsgefangenen in Trier eingesetzt worden war.143 Die PB 121 bis 124 waren im Wehrkreis bzw. Oberabschnitt XI »Rhein« aufgestellt und ausgebildet worden (Standorte Wiesbaden, Koblenz, Mannheim), die Bataillone 63 und 66 im Wehrkreis »West« (Köln und Wuppertal). Die PB 63 und 66 wurden 1941 dem BdO Münster unterstellt und 1942 für den Einsatz in die Niederlande abkommandiert, die PB 121 und 122 wurden 1942 nach Russland beordert, das PB 124 kam 1941 in Slowenien zum Einsatz; sie waren dort am »Anti-Partisanenkampf« und an der Deportation von Juden beteiligt. Erfahrungen mit Deportationen und Vertreibungen hatten die Bataillone schon 1940 in Lothringen und Luxemburg sammeln können: Das PB 66 meldete in einem Lagebericht vom 4.9.1940 bereits die »Unterstützung« einer »Ausweisungsaktion deutschfremder und deutschfeindlicher Elemente« nach Frankreich Ende August. Bis Mitte September wurden über 24 000 Personen, Juden und »deutschfeindliche Franzosen«, aus Lothringen abgeschoben. In einer Sonderaktion im November 1940 kamen weitere 63 000 »deutschfeindliche« Franzosen aus Lothringen hinzu, die unter Aufsicht der Sicherheitspolizei von der Ordnungspolizei in den unbesetzten Teil Frankreichs »evakuiert« wurden; die zur Vertreibung bestimmten frankophonen Familien waren vor die Wahl gestellt worden, eine Erklärung zu unterschreiben, nach der sie
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freiwillig nach Frankreich übersiedelten, andernfalls würden sie in die annektierten polnischen Ostgebiete umgesiedelt werden.144 An der »Aussiedlungsaktion« im November waren alle zu diesem Zeitpunkt in der Region stationierten Polizeibataillone beteiligt – insgesamt 854 Männer.145 Alle Bataillone hatten, als sie in Lothringen und Luxemburg stationiert wurden, schon eine Grundausbildung absolviert. Erwähnt sei, dass der erste Kommandeur des PB 66 Karl Olfenius zuvor die Schutzpolizeischule Köln geleitet hatte und mit einer Reihe eigener Beiträge und Schulungsschriften zur Rassengesetzgebung und zur »Lösung der Judenfrage« hervorgetreten war.146 Das PB 66 war aus der 1. Ausbildungshundertschaft in Köln entstanden, die in der Kölner Schutzpolizeischule ausgebildet wurde; es wurde im September 1939 mit Reservisten ergänzt und im Juni 1940 dem BdO Wiesbaden für Grenzsicherungsaufgaben unterstellt. Als das Bataillon im Herbst nach Westdeutschland zurückverlegt wurde, übernahm das PB 63 seine Aufgaben. Im Unterschied zu den anderen in Lothringen und Luxemburg stationierten Bataillonen verfügte es bereits über einige Einsatz-Erfahrungen in den besetzten Gebieten. Das PB 63 war im Juli 1939 aus den Ausbildungshundertschaften Rheinland-Westfalen in Wuppertal entstanden und ins Protektorat nach Brünn abkommandiert worden. Von Oktober 1939 bis Mitte Januar 1940 war es in Polen stationiert und unterstützte dort in Zusammenarbeit mit SS-Sonderkommandos Ansiedlungskommitees; nach einer Phase der Reorganisation und Ausbildung in Remscheid und Köln, während der das Bataillon für die Ausbildung von Reservisten im Rheinland in Dienst genommen wurde, rückte es im Juni 1940 zur Bewachung von Kriegsgefangenenlagern nach Flandern aus, bis es im folgenden Monat nach Wuppertal zurückbeordert und von dort schließlich nach Lothringen abkommandiert wurde.147 Vermutlich aufgrund dieser vergleichsweise großen Praxis- und Ausbildungserfahrung wurde das PB 63 in Metz mit der Vor-Ausbildung ehemaliger französischer Gendarmen und Hilfspolizisten betraut, die in die Polizeibataillone 66 und 122 eingestellt worden waren (s. u.). Die Bataillone nahmen während ihrer Stationierung in Lothringen und Luxemburg am Schulungsprogramm des PSL beim BdO Wiesbaden und Saarbrücken teil, der regelmäßig Anweisungen zur weltanschaulichen Monats- und Wochenschulung versandte und Fortbildungslehrgänge für Schulungsoffiziere und andere Lehrkräfte durchführte.148 Für die Durchführung der Wochenschulung im März 1941 etwa wurden 25 Exemplare des Geschichtswerks »Unseres Volkes Schicksalsweg« an die PB 63, 122, 123 und 124 versandt. Für das Monatsthema »Das Reich« im Februar 1941 ließ der BdO zusätzlich zum gleichnamigen Heft der »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« auf eigene Kosten Hintergrundliteratur (»Unsterbliches Deutschland«, »Das Reich als Aufgabe«, »2000 Jahre deutsche Geschichte«) beschaffen und an die in Lothringen eingesetzten Polizeibataillone schicken. Vom PB 63 ist ein Dienstplan vom März 1941 erhalten. Als Monatsthema wurde »Das Volk« behandelt, zu dem Heft 3 der »Schriftenreihe« erschien, an drei weiteren Terminen fand eine Wochenschulung über »Das Volk« und »Die Rassen des deutschen Volkes« statt, darüber hinaus wurde eine Stunde über »Rang- und Dienstabzeichen der SS« abgehalten; für Unterführer fand ein Sondervortragsabend statt, im Nachrichtenzug
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des Bataillons wurde Unterricht über »Gesetze zum Schutze des deutschen Volkes« erteilt.149 Möglicherweise kam im Rahmen des übergreifenden Themas »Das Volk« auch der erwähnte Wochenschulungsplan des BdO zum Tragen. Vom PB 121 sind die Schulungsdienstpläne nahezu eines kompletten Jahrgangs der 3. Kompanie von März 1941 bis Januar 1942 erhalten; danach wurde das Bataillon zur »Kampfgruppe Jeckeln« nach Russland-Nord verlegt – bis dahin hatte es nachweislich bereits mindestens 70 Stunden weltanschaulicher Schulung hinter sich, einschließlich der obligatorischen Belehrung über die SS- und Polizeigerichtsbarkeit.150 Das Bataillon war im November 1939 in Koblenz aufgestellt worden. Es setzte sich zu einem Drittel aus aktiven Polizisten und zwei Dritteln aus Reservisten der Jahrgänge 1902 bis 1910 zusammen; die Ausbildung erfolgte in der Gendarmerieschule Bad Ems und war am 9.4.1940 abgeschlossen, danach wurde das Bataillon zur Bewachung des Lagers für französische Kriegsgefangene bei Trier eingesetzt.151 Vermutlich Anfang Februar wurde es nach Luxemburg und Thionville in Lothringen verlegt. Während der Stationierung in Lothringen und Luxemburg wurde die Ausbildung fortgesetzt, im Frühjahr und Sommer 1941 führte man zudem zwei Unterführerlehrgänge durch.152 Schon kurz nach seiner Ankunft in Lothringen hatte das Bataillon 16 Männer abzustellen, um Bruno K. Schultz vom RuSHA, zu diesem Zeitpunkt RuS-Außenstellenleiter Metz, bei »Hygiene-Erhebungen« an »fremdvölkischen Minderheiten« zu unterstützen, die am 20.2. unter seiner Leitung im Kreis Diedenhofen begannen. »Hygiene-Erhebungen« war eine Umschreibung für die rassischen Untersuchungen, die eine Grundlage für die Entscheidung über Eindeutschung oder Umsiedlung der Lothringer Bevölkerung bildeten.153 Die Dienstpläne des Bataillons dokumentieren einen durchgehenden regelmäßigen Unterricht, der neben Schieß- und Waffenübungen, Körperschulung sowie Unterricht in Strafrecht, Polizeikunde etc. auch weltanschauliche Schulung umfasste. Dabei erfolgte die Monatsschulung wieder nach den Vorgaben des HA Orpo anhand der Hefte der »Schriftenreihe«: Im April etwa stand das Thema »Deutschlands Raum- und Wirtschaftsschicksal« (Heft 4/1941) auf dem Programm, Ende Mai wurde das Heft »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich« durchgenommen – passend zum Thema war das Bataillon zu diesem Zeitpunkt zur Sicherung der neuen Westgrenze des »Großgermanischen Reichs« gegen den unbesetzten Teil Frankreichs eingesetzt. Die Wochenschulung fand in der Regel einmal die Woche, meistens am Freitag, frühmorgens zwischen 7.00 und 8.00 oder 8.00 und 9.00 statt. Thematische Festlegungen sind systematisch nur für die Monate Dezember 1941 und Januar 1942 angegeben, sonst werden nur gelegentlich Themen genannt (»Bismarck, Webersnot, Heinrich der Vogeler, Kriegsursachen 1914, SS- und Polizeigerichtsbarkeit, Die Chemie im Dienste des Vierjahresplans«). Im Frühjahr 1941 dürfte die Wochenschulung aber nach dem Plan des PSL durchgeführt worden sein, denn das Bataillon erhielt zu diesem Zweck fünf Exemplare des Werks »Unseres Volkes Schicksalsweg« zugesandt.154 Dezember 1941/Januar 1942 absolvierten die drei Kompanien des Bataillons folgendes Schulungsprogramm:
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Wochenschulung Dez. 1941: 1. Komp.: »Bolschewismus – Jüdisches Untermenschentum« 2. Komp.: 5 Themen und Termine: »Fliegerhelden; Die Türkei; Die historische Proklamation des Führers an das deutsche Volk; Wer in der Pflicht steht, der steht in der Ehre; Gedanken zum Jahreswechsel« 3. Komp.: »Wer in der Pflicht steht, der steht in der Ehre«. Weitere in den Kompanien 1 und 3 geplante Wochenschulungen konnten wegen besonderer Einsätze nicht durchgeführt werden. Am 30.12. wurde Unterricht über »Partisanenkampf« erteilt. Monatsschulung Dez. 1941: 2. Komp.: »Rote Weltrevolution« 3. Komp.: »Rote Weltrevolution« Wochenschulung 1.-11.1.1942: 1. Komp.: »Rote Weltrevolution« 2. Komp.: »Für Deutschland verloren!« (s. SS-Leith. 7a) 3. Komp.: »Die Geschichte Diedenhofens« Wochenschulung 11.-17.1.: 1. Komp.: 16.1. »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« 2. Komp.: 13.1. »Ostasien und Japans Kampf (Ersatz-Thema)« 3. Komp.: 16.1. »Das Leben ist ein Kampf, eben dieser ist seine schönste Eigenschaft« Wochenschulung 18.-24.1.: 1. Komp.: 23.1. »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« 2. und 3. Komp.: 20. und 23.1. »Treue, Opferwilligkeit, Verschwiegenheit sind Tugenden, die ein großes Volk im Kampf zum Siege braucht«. Monatsschulung: 1. Komp.: 30.1. »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« 2. und 3. Komp.: 25. und 29.1. »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg«155
Ähnlich wird es bei den anderen Bataillonen abgelaufen sein. Die Kompanieführer folgten bei der Wochenschulung den Vorgaben des HA Orpo und des BdO, setzten aber auch eigene Akzente, wie sich an den Wochenschulungsplänen des PB 122 für die Monate Januar bis März 1942 illustrieren lässt; die Pläne nennen jeweils drei Termine für die drei Kompanien des Bataillons: 2.1. drei Termine: »Wer in der Pflicht steht, der steht in der Ehre« 14./15./16.1. (»wie befohlen«) 21./22./23.1. »Treue, Opferwilligkeit, Verschwiegenheit sind Tugenden, die ein großes Volk im Kampf zum Siege braucht« 28./29./30.1. »Die deutsche Frau, Mutter, Schwester, Braut, die Kameradin im Kampf für den Sieg« 5./6.2. (»wie befohlen«) 11./12./13.2. »Fest ins Auge blicken sollen wir der großen Zeit« 19./20.2. »Widerstände sind nicht da, dass man vor ihnen kapituliert, sondern dass man sie bricht« 23./26./27.2. (»wie befohlen«)
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»Die deutsche Heimat« [Thema unbekannt] »Die Pioniere« »Der deutsche Rüstungsarbeiter« 156
Ab Ende Februar berücksichtigte man den Plan des HA Orpo »Das ganze Volk kämpft um den Sieg«, behielt aber eigene Themen bei. Das Bataillon wurde im Juni 1942 zum Anti-Partisanenkampf nach Osten abkommandiert und dem HSSPF RusslandMitte unterstellt (s. u.). Den Unterricht erteilten im PB 122 die Offiziere Depprich, Seitz, Seifert und Metzner, im PB 121 die Offiziere Class, Eckenbach und Stein, Revierleutnant Nehlig leitete außerdem die Unterführerlehrgänge im Frühjahr und Sommer 1941 in Diedenhofen. Sie alle nahmen, zusammen mit Lehroffizieren der PB 123 und 124, an den Fortbildungstagungen teil, die der PSL Major Kühn im Februar und März 1942 in Trier und Saarbrücken durchführte.157 Auf der Arbeitstagung im März bestritten Schulungsoffiziere der in Lothringen stationierten Einheiten den Hauptteil der Vorträge. Hier stellte Leutnant Depperich vom RPB 122 das selbst gewählte Thema »Das Leben ist ein Kampf, aber eben dieses ist seine schönste Eigenschaft« vor, das auch im RPB 121 auf dem Programm stand; passend und in Fortsetzung zum Thema hatte er im Februar bereits in der 1. Kompanie des RPB 122 die Wochenschulung zum Thema »Widerstände sind nicht da, dass man vor ihnen kapituliert, sondern dass man sie bricht« abgehalten. In Saarbrücken führte Depperich auch eine modellhafte Wochenschulung vor. Ebenfalls vom RPB 122 kam Oberleutnant Metzner zur Arbeitstagung, der über »Deutsche Führerschaft« vortrug. Leutnant Güldenzopf vom PB 124 in Luxemburg referierte über »Deutschlands Recht auf Vormachtstellung im nordisch-germanischen Raum«, Oberleutnant Scherzinger vom Standort Metz sprach über Friedrich den Großen, der Gendarmeriehauptmann Herz aus Metz steuerte den grundlegenden Beitrag »Die Geschichte Lothringens und die sich hierdurch ergebende Notwendigkeit einer zweckmäßigen weltanschaulichen Schulung unter Einschaltung der Ordnungspolizei« bei.158 Die Offiziere, die in den Polizeibataillonen für die weltanschauliche Schulung und »NS-Lehre« zuständig waren, gehörten, so weit sich das rekonstruieren lässt, in der Regel der NSDAP an, einige auch der SS wie Helmut Kopff, Hermann Solz und Karl Metzner; einige, etwa Carl Class und Hermann Güldenzopf, verfügten bereits über Einsatz-Erfahrungen aus der Besetzung Österreichs, Theodor Drayss gehörte vorher dem PB 51 an und war vermutlich schon im Elsass stationiert, bevor er nach Metz kam.159 Etwas mehr an biographischen Daten ließ sich über Güldenzopf und Kopff ermitteln. Beide gehörten zu Beginn des Dritten Reichs dem SA-Feldjägerkorps an. Güldenzopf war Landwirt in Eiderstedt, sein Vater war 1916 im Krieg gefallen. Er trat 1931 der SA und der NSDAP bei, war Zellenleiter und wurde Ende 1933 ins SAFeldjägerkorps und anschließend in die Schutzpolizei übernommen. Nach Besuch der Höheren Polizeiberufsschule in Hannover legte er die AII/O1-Prüfung ab, die zum Eintritt in die Offizierslaufbahn berechtigte. 1937 besuchte er einen Zugführerlehrgang in Hamburg, anschließend einen Offizierslehrgang in Köpenick. 1938 nahm er am Einsatz in Österreich teil, im gleichen Jahr wurde er zu einem Lehrgang des
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Schulungsamtes für SS- und Polizeiangehörige kommandiert. 1942 besuchte er als Leutnant des RPB 124 die Arbeitstagung für WS-Offiziere in Trier. Helmut Kopff, 1906 als Sohn eines Kaufmanns in Hamburg geboren, war kaufmännischer Angestellter, bevor er zur Polizei ging. Er trat Anfang 1932 der SA und der NSDAP bei, gehörte von Dezember 1933 bis März 1936 dem SA-Feldjägerkorps an und wurde ebenfalls von dort in die Schutzpolizei übernommen. Ab März 1939 war er als Hauptmann an der Schutzpolizeischule Jena tätig, 1941 gehörte er zur Gruppe der Lehroffiziere für »NSLehre«, die an der Arbeitstagung des Hauptamtes Orpo im Polizeihaus Kurmark teilnahmen und dort Lehrproben präsentierten. Zu Kriegsbeginn meldete er sich jedoch zur Waffen-SS und wurde zur 10. Totenkopf-Standarte nach Buchenwald abgeordnet; 1940 wurde er zum Hauptsturmführer der SS und Kommandeur des 3. Bataillons der Standarte ernannt. Im März 1942 nahm er als Hauptmann des PB 122 an der Arbeitstagung für WS-Offiziere in Saarbrücken teil.160 Während deutsche Polizeibataillone in den besetzten Gebieten für Hilfs- und Sonderaufgaben stationiert wurden, begann man die Gendarmerie nach deutschem Muster neu zu organisieren, besetzte die Führerstellen mit deutschen Beamten und suchte die einheimische Polizei mit Umschulungsmaßnahmen für den nationalsozialistischen Staat zu gewinnen.161 Im Juli wurden Außenstellen des Ergänzungsamtes der Waffen-SS errichtet, die die Aufgabe hatten, eine Hilfspolizei aus den Jahrgängen 1900 bis 1918 aufzustellen; in Frage kamen »alle Männer, die deutsch fühlen und bereit sind, sich im Augenblick zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zur Unterstützung der eingesetzten deutschen Polizeikräfte einzusetzen«. Gleichzeitig sollte die Aufstellung einer Allgemeinen SS in die Wege geleitet werden: »Hierbei ist ganz selbstverständlich, dass die Männer der Allg. SS, wenigstens vorerst, auch der Hipo angehören können.«162 Nach Anordnungen des BdO Wiesbaden vom Oktober 1940 sollten ehemalige Polizeibeamte bei Nachweis volksdeutscher Abstammung und politischer Zuverlässigkeit ins deutsche Beamtenverhältnis übergeleitet werden. Sie wurden nach einer Vor-Ausbildung in Metz auf Umschulungslehrgänge von 4 Monaten Dauer im Altreich geschickt – der erste Umschulungslehrgang begann Anfang 1941 in Wiesbaden. Für die übrigen Hilfspolizisten und -gendarme, die inzwischen als Hilfspolizisten in die PB 63, 66 und 122 aufgenommen worden waren, wurde eine etwas längere Ausbildungszeit angesetzt: Die Jüngeren hatten an einem Lehrgang von 4 ½ Monaten beim Hipo-Ausbildungsbataillon in Frankfurt am Main teilzunehmen, die Älteren hatten einen 5monatigen Lehrgang an der Polizeischule Jena zu besuchen; sie wurden dort auf die Verwendung im Einzeldienst vorbereitet, während die Jüngeren auf den Dienst in den geschlossenen Formationen vorbereitet wurden.163 Alle hatten zuvor eine kurzfristig angeordnete Vor-Ausbildung von 6 Wochen zu absolvieren, deren Aufgabe dem PB 63 unter Leitung des Bataillonskommandeurs Major Scheurenberg beim Schutzpolizeikommando Metz übertragen wurde. Sie umfasste Waffendienst, Waffenkunde, Körperschulung, Rechtskunde, polizeipraktische Ausbildung und Unterweisungen in Luftschutz sowie Deutschunterricht. Drei Wochenstunden waren für den weltanschaulichen Unterricht vorgesehen; die Themen legte der PSL beim BdO Wiesbaden fest:
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»a) Deutschland von 1918 bis 1940 b) Das Leben des Führers c) Das Werk des Führers d) Männer um den Führer e) Die NSDAP. (Geschichte, Aufbau und Aufgabe) f) Aus dem Programm der NSDAP g) Der Kampf gegen Juden und Freimaurer h) Der Kampf um die Reinerhaltung des Blutes j) SS und Polizei k) Heute kämpft Deutschland für Europa.« 164
Dies waren lediglich vorbereitende Maßnahmen. Am 15. Januar 1941 wurde eine erste Gruppe von 120 ehemaligen Polizeibeamten aus dem Elsass, Lothringen und Luxemburg zur Umschulung ins Altreich nach Wiesbaden abgeordnet, weitere Lehrgänge folgten noch im gleichen Jahr in Frankfurt/Main, Jena, Suhl und Freiburg. Der Ausbildung lag der jeweils nur leicht modifizierte Lehrplan für die viermonatigen Schupo-Anwärterlehrgänge zugrunde. Ziel war, die Polizisten »in einfacher Form in das Gedankengut des Nationalsozialismus einzuführen und ihnen die Grunderkenntnisse völkischen Denkens zu vermitteln«.165 Parallel dazu organisierte man an der Sipo-Führerschule Charlottenburg auch Umschulungslehrgänge für ehemalige Kripo-Beamte aus Elsass, Lothringen und Luxemburg.166 Vergleichsweise umfangreiches Material ist aus der Gendarmerieschule Freiburg erhalten. Hier fanden 1941 zwei Umschulungslehrgänge für ehemalige Gendarme aus Luxemburg und den annektierten französischen Westgebieten statt, im Dezember 1941 begann ein weiterer Lehrgang für Hilfspolizisten, die in den Einzeldienst der Gendarmerie überführt werden sollten. Die Umschulungskurse dauerten vier bis fünf Monate und beinhalteten jeweils 4 Wochenstunden Unterricht in »NS-Lehre«, hinzu kamen 6 bis 8 Stunden Deutsch, Geschichte und Erdkunde.167 Im Vordergrund standen Waffen-, Schieß-, Kampfausbildung und Körperschulung, erst an zweiter Stelle kam der dienst- und rechtskundliche Unterricht, der unter anderem Einführungen in »Grundsätze des nationalsozialistischen Strafrechts« und Erläuterungen zum »Polizeibegriff im Nationalsozialistischen Staat« einschloss. Zum Unterricht in »NS-Lehre« kamen noch Sondervorträge und die Vorträge der Monatsschulung durch den Polizeischulungsleiter Rösinger und den Freiburger SS- und Partei-Schulungsleiter Glattes sowie der Besuch von Filmveranstaltungen hinzu – unter anderem wurden die Filme »Der ewige Jude«, »Sieg im Westen«, »Ohm Krüger« und »Der große König« geschlossen angesehen, während des 2. Umschulungslehrgangs bekamen die Teilnehmer den Film »Bismarck« und den Euthanasie-Film »Ich klage an« zu sehen. Studienrat Glattes hielt Vorträge zu Themen wie »Rassen- und Raumgeschichte des deutschen Volkes«, »Grenzkampf Ost« und »Warum Kampf gegen Sowjetrussland«. Für den 1. Lehrgang, der am 4.2.1941 begann, stand nach einer Zusammenstellung durch den Kommandeur der Schule folgendes Material für den weltanschaulichen Unterricht zur Verfügung:
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a) Karten: 1. Geopolitische Weltkarte; Der Weg zum Großdeutschen Reich; Der Feldzug in Polen b) Filme [Unterrichtsfilme]: Das Judentum; Germanische Frühzeit (Das Licht aus dem Norden); Die Großgermanische Zeit; Deutsches Maienbrauchtum; Deutsches Osterbrauchtum c) Tafel: Parteiprogramm d) Lehrbücher: Abriss der Deutschen Geschichte von 1648-1792 (Schaeffer Heft 5), von 1792-1937; Neues Staatsrecht I und II (Schaeffer-Heft); Das Reich im nationalsozialistischen Weltbild; Rassen- und Erbpflege (Schaeffer H. 5, 2), Geschichte des deutschen Bauernrechts und des Bauerntums e) Zeitschriften: Aufklärungs- und Redner-Informationsmaterial der NSDAP; SS-Leithefte; Der Schulungsbrief (Monatsblatt der NSDAP) f) und g) Vorführungsapparat für Schmalfilme, Rundfunkgerät.
Der Kommandeur der Freiburger Schule schrieb im Februar 1941 zuversichtlich an den Chef der Ordnungspolizei, die Teilnehmer stünden der Weltanschauung des Nationalsozialismus noch als Neulinge gegenüber, seien aber sehr wissbegierig, und es sei anzunehmen, »dass sie sich ausnahmslos von der Richtigkeit unserer Anschauungen überzeugen lassen.«168 Für den Deutsch-Unterricht, auf den besonderer Wert zu legen war, wurden fünf Freiburger Lehrer verpflichtet. Abhandlungen aus den Lehrbüchern für Erdkunde und Geschichte – hier waren 10 Themen »vom Deutschen Ordensstaat bis zum Diktat von Versailles« zu behandeln – sollten als Leseund Übungsstoff im Deutschunterricht verwendet werden. Laufend wurden schriftliche Übungen angesetzt; wöchentlich war abwechselnd ein Diktat oder ein Aufsatz auf der Grundlage des behandelten erdkundlichen und geschichtlichen Stoffes zu schreiben. Den Unterricht in »NS-Lehre« erteilte hauptsächlich der dafür zuständige Lehroffizier Hauptmann Ruffing; er hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und war damals in französische Gefangenschaft geraten, 1938 war er beim Einmarsch in Österreich dabei, später wurde er Lehroffizier in Fürstenfeldbruck. Während des Lehrgangs waren »mehrere Klassenarbeiten aus der nationalsozialistischen Stofflehre und den verschiedenen polizeifachlichen Stoffgebieten« zu schreiben. Am Ende stand eine schriftliche Prüfung, die noch einmal verdeutlicht, welches Gewicht auf »NS-Lehre« und Deutsch gelegt wurde: »In der schriftlichen Prüfung sind zu fertigen: 1. in der nationalsozialistischen Lehre: ein Aufsatz (Arbeitszeit 2 Kurzstunden) 2. in Deutsch: a) ein Diktat von etwa 250-300 Silben, b) ein Aufsatz (Arbeitszeit 2 Kurzstunden). Für den Aufsatz sind 3 Themen zur Wahl, und zwar ein freies, ein erdkundliches und ein geschichtliches Thema zu stellen. 3. im Pol.Fachunterricht: eine Aufgabe aus der Rechtskunde und eine Aufgabe aus den übrigen Rechtsfächern nach Anordnung des Kommandeurs der Schule (Arbeitszeit je 2 Kurzstunden).«169
Während des 1. Lehrgangs vom 4.2. bis 30.5.1941 fand am 18.5. eine »Unterrichtsbesichtigung« statt, während der 14 Unterrichtsproben vorgeführt wurden, darunter
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drei zu Themen aus der »NS-Lehre«: »Judenfrage«, »Ziel des Nationalsozialismus« und »Verwirklichung der nationalsozialistischen Idee«.170 Über den Erfolg dieser Lehrgänge kann nur spekuliert werden. Vermutlich trifft, was der Gauleiter für Baden und Elsass Robert Wagner im September 1941 über die elsässischen Hilfsgendarme schrieb, auch für die Lothringer Polizisten zu: »Die elsässischen Hilfsbeamten bringen leider der Mentalität der elsässischen Bevölkerung zu viel Verständnis entgegen und sind bei der nur kurzen Ausbildungszeit im Altreich nicht so gefestigt, dass sie in jedem Fall mit der notwendigen Schärfe und Sicherheit in ihrem Einsatzgebiet auftreten.«171 Nach dem Besuch der Lehrgänge war die weltanschauliche Schulung auch in den annektierten Gebieten nicht beendet. Zurück in ihren Gemeinden hatten die Gendarme an der Monatsschulung des Einzeldienstes teilzunehmen. In Luxemburg etwa fanden 1942 und 1943 einmal im Monat Kreisdienstversammlungen statt, auf denen neben polizeifachlichen und praktischen Instruktionen auch jeweils eine Stunde weltanschaulicher Unterricht erteilt wurde, dazu kam eine mindestens 2stündige »WE-Halbtagesschulung« für alle Gendarmerie-Abteilungen durch den Gendarmerie-Hauptmannschaftsführer in den monatlichen Abteilungsdienstversammlungen. Im Gendarmerie-Kreis Diekirch trug der dafür zuständige Hauptmann Singer z. B. 1943 über Themen wie »Bauerntum«, »Tapferkeit und Treue – deutsche Begriffe«, »Der Weg der NSDAP« und »Der Jude als Kriegshetzer« vor. Für die Schulungsarbeit wurde die »Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« herangezogen. Die Dienstversammlungen folgten diesem Muster: 21.7.1942: 9-12.00 Wandergewerbe – Praktische Beispiele – Dienstflaggen – Ehrenbezeugungen der Gendarme – Weltanschauliche Schulung – Bekanntgabe allgemeiner Art – Singen – Marschlieder 14-16.00 Weltanschauliche Halbtagesschulung 18.8.1942: 9-12.00 Einschlägige Bestimmungen aus der St.V.O. – Schutz der Ernte und Verhütung von Waldbränden – Weltanschauliche Schulung – Bekanntgabe allgemeiner Art – Singen – Marschlieder 14-16.00 Weltanschauliche Halbtagesschulung172
Unter den Hilfspolizisten, die 1941 zu Umschulungslehrgängen ins Altreich kamen, befanden sich auch Angehörige der luxemburgischen Freiwilligenkompanie, die als Polizeianwärter übernommen und bereits im Dezember 1940 zur Ausbildung nach Weimar abkommandiert worden waren; von ihnen nahm eine Teilgruppe im Sommer 1941 am Umschulungslehrgang in Frankfurt teil. Aus der luxemburgischen Freiwilligenkompanie wurde das PAB (L) in Weimar gebildet. Im November 1940 hatte Daluege dem Reichsstatthalter von Thüringen Sauckel geschrieben, in nächster Zukunft würden »ausgewählte Männer aus neu zum Reich gekommenen Gebieten nordischer Rasse«, die für den Polizeidienst in Frage kämen und für die nationalso-
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zialistische Idee gewonnen werden sollen, im Reich militärisch und politisch ausgebildet werden. Daluege kündigte die Ankunft von 450 »rassisch gut ausgesuchten Männern« eines Luxemburger Freiwilligenverbandes an, das in Luxemburg bereits eine militärische Grundausbildung erhalten habe und nun an einem 5monatigen Lehrgang teilnehmen solle. Als Ausbildungsort habe der Reichsführer-SS Weimar vorgesehen; denn er wisse, so Daluege, »dass Weimar als Hochburg des Nationalsozialismus und als grosse Kulturstätte unseres Reiches die Männer am schnellsten im nationalsozialistischen Sinne bestens erziehen wird«. Am 10.12. folgte die feierliche Begrüßung der Luxemburger durch Sauckel; während einer Feststunde im Deutschen Nationaltheater wurden sie in die deutsche Volksgemeinschaft aufgenommen.173 Nach Abschluss des Lehrgangs sollten die Teilnehmer eigentlich zur Polizeiverwaltung nach Luxemburg und Metz zurückkehren, wurden aber entgegen ihren Erwartungen stattdessen in den Kölner Raum verlegt. 115 Luxemburger wurden als 5. Kompanie dem PB 181 zugeteilt und zum »Bandenkampf« auf dem Balkan kommandiert. Wegen Unzuverlässigkeit und Befehlsverweigerung wurde die Kompanie jedoch bald wieder abgezogen und in Innsbruck stationiert und schließlich im Juni 1942 aufgelöst. Einige Angehörige wurden verhaftet und in Konzentrationslager eingeliefert, die anderen wurden auf verschiedene Bataillone verteilt – u. a. kam eine Gruppe von 14 Mann zum PB 101; dort blieben sie zwar eine Außenseitergruppe, beteiligten sich aber wie ihre deutschen Kollegen an Deportationen und Erschießungen.174 Ein Schreiben Dalueges vom 30.6.1942 dokumentiert das Scheitern der weltanschaulichen Umschulungsbemühungen: »Die Luxemburger Polizeiangehörigen legten bisher gegen alle weltanschauliche und politische Schulungs- und Erziehungsmaßnahmen kalte Zurückhaltung an den Tag und heuchelten höchstens bei zeitgemäßen Tagesfragen gelegentlich Interesse. Ihre Grundeinstellung ist immer noch deutschfeindlich und auf Grund langjähriger fremder Erziehungseinflüsse französisch orientiert. Sie hatten insbesondere jedes Gefühl dafür verloren, dass Luxemburg historisch und von jeher deutsches Land war und dass seine Bewohner nicht nur deutsche Sprache hatten, sondern auch deutschen Blutes sind. Noch viel weniger haben sie Sinn für die Verpflichtung, am Freiheitskampf Großdeutschlands und Europas gegen den Bolschewismus teilzunehmen. – In welch erschreckendem Maße ihre Weltanschauung verschweizert ist, geht aus verschiedenen Äußerungen anlässlich von Vernehmungen hervor. So wollten verschiedene z.B. nicht deutsch sein, um bei den Luxemburgern nicht als Verräter zu gelten. Andere fragen, warum sie nicht ebenso wie die Franzosen als Kriegsgefangene behandelt werden. – Dieses verstockte Beharren in der alten, westlich orientierten Umwelt ist bei den Meisten nur auf ungünstige Beeinflussung durch einige wenige Kameraden zurückzuführen.«175
Vereinzelte Freiwilligen-Meldungen zur Waffen-SS gaben jedoch Anlass zur Hoffnung. Der RFSS habe daher, so Daluege weiter, unter das bisherige Versagen der Luxemburger einen Schlussstrich gezogen und sei bereit, ihnen noch einmal die
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Möglichkeit der Bewährung zu geben. Sie müssten jedoch von allen fremden Einflüssen fern gehalten und kaserniert untergebracht werden und dürften auch außer Dienst auf keinen Fall sich selbst überlassen bleiben. Aufgabe der Vorgesetzten müsse es sein, »in unermüdlicher weltanschaulicher Erziehung das verschüttete Deutschtum zu erwecken und zu fördern, wobei alle erdenklichen, der Erziehungsarbeit abträglichen Einflüsse strengstens fernzuhalten« seien. Über positive Ergebnisse in der nationalsozialistischen Erziehung einer Gruppe Luxemburger Polizisten konnte der Polizeischulungsleiter des BdO Münster Edgar Balthasar nach 8 Wochen Betreuungsarbeit Ende Juli 1942 berichten. Nachdem »einzelne »Hetzer ausgemerzt« worden waren, seien die Männer in kleinen Gruppen auf verschiedene Standort verteilt worden; sie lagen in Kasernenquartieren mit mehrheitlich reichsdeutschen Wachtmeistern zusammen: »Grade der tägliche Umgang mit Kameraden aus dem Reich wie auch die unermüdliche Betreuung und geschickte Freizeitgestaltung durch die dafür abgestellten Offiziere haben dazu geführt, dass die Luxemburger mehr und mehr in die Schutzpolizei hineinwachsen.« Die weltanschauliche Erziehung würde danach keine Probleme mehr bereiten.176 Wie weit es sich hier um »freiwillige« Rekrutierungen handelt, ist umstritten. Tatsächlich wurden Luxemburger wie Elsässer und Lothringer als »Auslandsdeutsche« betrachtet, und nach einer Verordnung des Innenministeriums erhielt die »deutschstämmige« Bevölkerung die deutsche Staatsbürgerschaft, allerdings vorerst zumeist nur auf Widerruf, also zur Bewährung übertragen. Damit verbunden war auch die Einführung der Wehrpflicht.177 In diesem Zusammenhang fanden mit Fortgang des Krieges Zwangsrekrutierungen auch für die Polizei statt. So wurden beispielsweise im Januar 1944 rd. 1100 »Dienstpflichtige« der Jahrgänge 1908 bis 1913 aus dem Elsass, die zur Waffen-SS einberufen waren, nach einer Vereinbarung mit dem SSHauptamt der Ordnungspolizei zur Verfügung gestellt und zur Ausbildung in die Polizeiwaffenschulen I und III kommandiert.178 Bereits im März 1943 besuchte der BdO Wiesbaden eine Einheit lothringischer Polizeireservisten, die in die Gendarmerie eingestellt und in Lubeln (Longeville-lèsSt.-Avold) ausgebildet wurden; Ziel der Ausbildung war es, »aus den gezogenen Polizeireservisten stramme, deutsche Polizeisoldaten zu formen, die in der Lage sind, die ihnen anvertrauten Waffen zu gebrauchen.« In einer Rede an die Reservisten erklärte Oberstleutnant Brack, »in dem uns aufgezwungenen Kampf gehe es um die Niederwerfung des Bolschewismus; an dieser Aufgabe mitzuhelfen sei Pflicht der zur Polizeireserve eingezogenen Lothringer.«179 Hilfspolizisten aus den annektierten Westgebieten wurden daher auch für den Einsatz im Osten herangezogen – so fanden etwa in den Monaten Juli, August und September 1943 zur Vorbereitung auf den Osteinsatz zwei Lehrgänge von 4 Wochen Dauer für luxemburgische Polizeikräfte in Wiesbaden statt.180 Bereits auf den Freiburger Hilfsgendarmenlehrgängen für Hilfspolizisten aus dem Elsass, Lothringen und Luxemburg wurden am Ende Listen von Teilnehmern zusammengestellt, die sich freiwillig zum Einsatz nach dem Osten meldeten.181
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III.2. Weltanschauliche Schulung der deutschen Polizei und der volksdeutschen Hilfspolizei in den annektierten und besetzten Gebieten Osteuropas Galten die Völker Osteuropas generell als minderwertig, hauptsächlich dazu geeignet, den Deutschen als Arbeitskräftereservoir zu dienen, so nahmen die Polen unter ihnen einen besonders niederen Rang ein. Diese Sonderstellung begründete Ost-Minister Rosenberg noch im November 1942 damit, dass die Geschichte des polnischen Volkes von einem »durch Generationen genährten Gegensatz zu Deutschland« erfüllt sei; das polnische Volk habe einen »in seiner Grausamkeit beispiellosen Ausrottungskampf gegen die deutsche Volksgruppe im ehemaligen Polen geführt und den gegenwärtigen Krieg auf Betreiben Englands angezettelt.« Das »Polen-Problem« könne zwar während des Krieges »keiner endgültigen Lösung zugeführt werden«, man müsse aber dafür sorgen, Polen aus allen wichtigen Stellen möglichst schnell und total auszuschalten und durch »Angehörige anderen Volkstums (Litauer, Weißrussen, Ukrainer)« zu ersetzen.182 In der von Stuckart und Schiedermair verfassten Schrift »Neues Staatsrecht«, die dem Unterricht in NS-Lehre und Staatskunde für die Polizei zugrundezulegen war, hieß es: »Das polnische Volk ist der grundsätzlichen Auffassung, die der Nationalsozialismus gegenüber fremdem Volkstum einnimmt und die darin besteht, fremdes Volkstum zu achten und dessen Eigenentwicklung anzuerkennen, nicht würdig.« Mit Verweis auf die »unbeschreiblichen Greueltaten«, die in der Folge des »Bromberger Blutsonntags« an Volksdeutschen begangen worden seien, wurde eine klare Grenze gezogen: »Damit hat das polnische Volk Charaktereigenschaften bewiesen und sich auf eine Kulturstufe gestellt, die es – jedenfalls bis auf weiteres – nicht zulassen, denselben großzügigen Standpunkt ihm gegenüber einzunehmen, wie es dem tschechischen Volk gegenüber geschehen ist.« Formen der Selbstverwaltung könnten nur auf der kommunalen Ebene zugestanden werden.183 Anders die ukrainischen und andere in Polen lebende Minderheiten, denn sie hätten sich Deutschland gegenüber nichts zu schulden kommen lassen: »Dagegen ist den vom polnischen Staat unterdrückten nichtpolnischen Volksminderheiten die Pflege ihres Volkstums freigegeben.«184 58 000 Volksdeutsche seien im Herbst 1939 ermordet worden – eine Zahl, die sich auch im »Weißbuch« des Auswärtigen Amtes »Dokumente polnischer Grausamkeit« fand; zu dem Weißbuch erstellte das HA Orpo eine Stoffsammlung für die weltanschauliche Schulung, die im Frühjahr 1940 zum Versand kam und zu einer zentralen Schulungsunterlage auch der im besetzten Polen stationierten Einheiten wurde. Die damals nachgewiesene Opferzahl war erheblich niedriger und wurde aus propagandistischen Gründen auf Anweisung Hitlers auf etwa das zehnfache erhöht.185 Die Texte von Dwinger und anderen, die in der Polizeischulung zur Verwendung kamen, leisteten ergänzende »Argumentationshilfen« zur Stoffsammlung. Helmuth Koschorke, Dalueges Pressereferent, schrieb in seinem 1940 in einer Auflage von 40 000 Exemplaren verbreiteten Buch »Polizeireiter in Polen« anlässlich der »Bluttat von Bromberg«
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über »den Polen in seiner wahren Natur«: »Das sind keine Menschen mehr! Das sind Tiere! Aber nein … Das sind nicht Menschen, das sind auch nicht Tiere, nein, das sind irgendwelche Mißgeburten, die nicht auf diese Welt gehören… Pfui Deibel, und solch minderwertiges Gesindel wollte gegen uns Krieg führen…«.186 Klar war, dass die Polen damit jedes Recht auf Entgegenkommen und Zugeständnisse verwirkt hatten: »Vergiß nie: Der Pole ist Dein Feind! 58 000 Deutsche wurden durch Polen ermordet. Laß Dich nicht durch unaufrichtige Freundlichkeit und Frömmelei täuschen«, lautete einer der »Richtsätze für den Osten«, die der BdO Posen in der ersten Ausgabe des »Politischen Informationsdienstes« Gruppe B für den Warthegau im Dezember 1940 veröffentlichte. «Jedes Wort ist Falschheit und Hinterlist«, hieß es bei Koschorke. Der erste Beitrag des PID war den Aufgaben der Polizei im »Bauerngau Wartheland« gewidmet – der Gau sollte die »Kornkammer des Reichs« werden. Die Aufgabenbeschreibung verband das Ziel der »Modernisierung« eines zurückgebliebenen Landes mit der Umerziehung der Volksdeutschen zu überzeugten Nationalsozialisten und der entschlossenen Abgrenzung gegenüber der polnischen Bevölkerung, der der Deutsche als Herrenmensch gegenüberzutreten habe. Die Polizeibeamten müssten »das Bewusstsein haben, dass sie berufen sind, an dem Aufbauwerk des Führers im Osten des Reichs mitzuarbeiten«.187 Über »Bewachungs-, Sicherungs- und Befriedungsarbeiten« hinaus müsse die Polizei »Überbringer und Vermittler des nationalsozialistischen und des neuen europäischen Gedankengutes« sein, »belehrend, erziehend und helfend« habe sie »auf die immer geplagte und entrechtete Bevölkerung einzuwirken«.188 Das Bewusstsein, als Pioniere und Träger einer Mission der kulturellen Modernisierung in ein rückständiges Land zu kommen, um es von Grund auf neu aufzubauen, war unter den Angehörigen von Polizei und Verwaltung, die in die besetzten Ostgebiete gingen, weit verbreitet, es prägte unter anderem auch den Einsatz von HJ und BdM, die als »Siedlungshelfer« in die Arbeit des RKF einbezogen wurden und gelegentlich auch selber Polizeifunktionen übernahmen.189 Zu den Aufgaben der »Modernisierung« gehörte nach den »Richtsätzen für den Osten« zum Beispiel die Verkehrserziehung: »Eine andere Polizeiaufgabe von Bedeutung für die Ordnung auf dem Lande ist die Verkehrsregelung. Auch der Bauer mit seinem Pferdewagen oder Ochsengespann muß sich den Gesetzen der Verkehrssicherheit beugen. Nach dem Kriege werden die Landstraßen und die Straßen in den Ortschaften gerade im weiten Wartheland einen lebhaften motorisierten Verkehr aufzuweisen haben. Daß hier nicht die Armbewegung allein schon verkehrserzieherisch wirken kann, liegt auf der Hand. Der Polizeibeamte muß sich vergegenwärtigen, dass die Menschen aus dem östlichen Europa – aus den verwahrlosten Grenzgebieten des vergangenen Polenstaates – nicht die Voraussetzungen mitbringen, um sofort umzulernen. Der Beamte muß also aufklären und erziehen!«
Die Polizei als »Freund und Helfer« und »Volkserzieher« hatte vor allem aber auch die Aufgabe, die deutsche Bevölkerung vor den Feinden zu schützen:
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»Der Polizeibeamte des Warthelandes ist vor allem der wachsame Hüter der Ordnung in einem noch von vielen Undeutschen bewohnten Raume. Er ist aber zugleich der Freund und Helfer seiner deutschen Volksgenossen, die gleich ihm hier im Grenzgau des Reiches stehen und ihre ganze Kraft für die restlose Wiedereindeutschung dieses altgermanischen Bodens einzusetzen haben.«
Als »völkische Polizei« erweiterte sich ihre volkserzieherische Aufgabe zur weltanschaulich-politischen Mission: »Und wie er hier als Aufsichtsperson erzieht, so muß er auch in allen anderen Fragen des Lebens helfen und lenken können. Darum besteht die Teilhaberschaft der Polizei am bäuerlichen Aufbau des Warthelandes in erster Linie in ihrer nationalsozialistischen Haltung. Diese Haltung aber wurzelt in der Weltanschauung, die die rassischen und völkischen Werte wieder an den Anfang stellt und vom Volke her das Leben ordnet. Die weltanschauliche Sicherheit ist gerade in diesem Raume mit seiner zahlreichen fremdstämmigen Bevölkerung unerlässlich.«
Die »nationalsozialistische Haltung« sollte sich in einem vorbildhaften Auftreten als Herrenmenschen verkörpern: »Ein aufgeschlossener Gemeinschaftssinn im völkischen Leben und ein stolzes Herrentum gegenüber dem Fremden sollen unsere Haltung bestimmen. Nur solche Haltung ist germanisch und deutsch im besten Sinne.«190 Die Einübung »stolzen Herrentums« gehörte zum Berufsalltag der Revierpolizei und Gendarmerie, die die Richtlinien des Apartheidregimes in der Praxis durchzusetzen und zu überwachen hatten, das in Polen errichtet wurde – von getrennten Ladenöffnungszeiten für Deutsche und Polen über getrennte Straßenbahn- und Krankenwagen bis hin zur getrennten Benutzung öffentlicher Badeanstalten.191 »Germanisch« war auch der Boden, der folglich nicht erobert, sondern zurückgewonnen und »wiedereingedeutscht« wurde. Die »Vorsehung«, hieß es in einem Mitteilungsblatt des BdO Südost, hatte dem deutschen Volk »den Raum südlich der Nord- und Ostsee« als »Urheimat« zugewiesen. Denn aus dem »harten Ringen mit Boden und Klima« sei in diesem Raum eine »kühne und kampferprobte Auslese« hervorgegangen, »das nordisch-fälische Blut eines tapferen, arbeitsamen, schöpferisch ausgezeichneten Bauern- und Kriegervolkes«, das jetzt in seinen angestammten Raum zurückkehrte.192 Dieser in den Schulungstexten zentralen Legitimationsfigur – ergänzt um den Hinweis, dass die Polen dieses »altgermanische« Land schlecht verwaltet und bewirtschaftet hätten – folgend beteiligte sich die Polizei eifrig an der vorgeschichtlichen Forschung des Landesamtes für Vorgeschichte, die Beweise dafür erbringen sollten, »dass der polnische Staat sein Entstehen Wikingern, also Germanen verdankte«. Das erste Gräberfeld der Wikinger konnte mit der Hilfe eines Polizeibeamten entdeckt werden: »Den letzten schlüssigen Beweis für das Dasein der Wikinger im Wartheland brachte der Hauptwachtmeister Adam in Lutomiersk bei Litzmannstadt. Bei der Beseitigung eines jüdischen Friedhofs stieß man unter den jüdischen Gräbern auf große Steinpackungen, unter denen eiserne Waffen und
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Skeletteile gefunden wurden.« Wachtmeister Adam war keineswegs der einzige. Vielmehr waren zahlreiche Angehörige insbesondere der Gendarmerie an der Sicherstellung vorgeschichtlicher Funde beteiligt, und bei der Eröffnung der vorgeschichtlichen Schausammlung des Landesamtes im Kaiser-Friedrich-Museum von Posen hob Gauhauptmann SS-Oberführer Schulz in seiner Ansprache den Anteil der Gendarmerie am Zustandekommen der Sammlung hervor.193 III.2.1. Die Organisation der Polizeischulung im Bereich des BdO Posen; Hipo-Ausbildung im Warthegau Im besetzten Polen wurde der Schulungsbetrieb für die deutsche Polizei in gleicher Weise wie im Reich organisiert. Allerdings reichte die Zahl der Polizisten, die aus dem Altreich in den Osten versetzt werden konnten, bei weitem nicht aus, um die Dienststellen der Schutzpolizei und der Gendarmerie in Städten, Gemeinden und auf dem Land zu besetzen. Der größte Teil der Polizeikräfte musste aus der einheimischen Bevölkerung rekrutiert werden.194 Hauptsächlich stützte man sich dabei auf Volksdeutsche, d.h. bis dahin polnische Bürger, die eine deutsche Abstammung nachweisen konnten, sich zumeist als »Deutsche« verstanden und in die Deutsche Volksliste aufgenommen wurden. Zwar stellten die Volksdeutschen nur eine kleine Minderheit in den besetzten Gebieten dar, ihr Anteil an der Bevölkerung war aber doch groß genug, um ein ausgiebiges Rekrutierungspotentiel für Wehrmacht und Polizei zu bilden – im Wartheland etwa lag ihr Anteil an der Bevölkerung zu Beginn des Krieges bei 6,6%, in absoluten Zahlen waren das 325.000 Personen; im Verlauf der Besatzungszeit stieg ihre Zahl vor allem im Zuge der Umsiedlungsmaßnahmen noch erheblich weiter an.195 Daneben wurde aber auch ein Teil der polnischen Polizei übernommen, die ihre Arbeit unter den eingeschränkten Bedingungen deutscher Aufsicht und deutschen Kommandos fortsetzen konnten. Während die volksdeutsche Hilfspolizei in das Schulungsprogramm der deutschen Polizei einbezogen wurde, dürften sich die Ausbildungsmaßnahmen für die polnische Polizei aber weitgehend auf einen polizeifachlichen und -praktischen Unterricht beschränkt haben, der zur Ausführung ihrer Aufgaben notwendig war. Bereits im September 1939 wurden unter Leitung des SS-Hauptamtschefs Gottlob Berger Selbstschutzformationen aus Volksdeutschen gebildet, deren Hauptaufgabe es war, deutsche Familien in den besetzten Gebieten zu schützen; sie wurden aber auch zu Bewachungsaufgaben und zur Unterstützung der »Euthanasie-Aktionen« von SS und Sicherheitspolizei herangezogen, die noch im September in Danzig-Westpreußen begannen und danach aufs Wartheland ausgedehnt wurden. Den »Aktionen« fielen etwa 7700 Menschen zum Opfer, hauptsächlich geisteskranke und behinderte Anstaltsinsassen. Auch hier war man um eine »höhere Legitimation« bemüht: So wird z. B. von einem Exekutionskommando berichtet, dass im Anschluss an eine Aktion der Film »Robert Koch, der Bekämpfer des Todes« vorgeführt wurde. Selbstschutzangehörige begleiteten die Opfer zu den Exekutionen und »zogen« die ermordeten Kranken anschließend in vorbereitete Gruben. In einigen Fäl-
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len führten sie auch selber Exekutionen polnischer und polnisch-jüdischer Bürger durch.196 Der Selbstschutz sollte den Kern einer künftigen Hilfspolizei bilden. Himmler hatte am 20.9.1939 Richtlinien zur Aufstellung einer Hilfspolizei aus Angehörigen des Selbstschutzes erlasssen; die Männer sollten 17 bis 35 Jahre alt, »SS-fähig« und »hinreichend der deutschen Sprache mächtig« sein. Die Einstellung erfolgte auf Widerruf, bei Bewährung und Erfüllung bestimmter Bedingungen wurde aber die Übernahme ins Beamtenverhältnis in Aussicht gestellt: Mindestgröße 1,68 Meter (bei besonderer Eignung genügten auch 1,66 Meter), Zugehörigkeit zu einer deutsch-nationalen Vereinigung oder Nachweis politischer Zuverlässigkeit, das Bestehen einer Eignungsprüfung etc. Die Vorarbeiten leisteten SS-Stäbe, die auch erste Musterungen durchführten.197 Die Männer sollten, so etwa die Anordnung von Oberführer Katzmann für den Bezirk Radom im Generalgouvernement, zweimal die Woche zu Dienstversammlungen einberufen werden, auf denen auch »Vorträge allgemeiner Art« – über den Nationalsozialismus, die nationalsozialistischen Organisationen, die Polizei, »Deutschland im allgemeinen« etc. – gehalten werden sollten. Der Schwerpunkt der Ausbildung lag aber auf militärischem Gebiet.198 Die meisten dieser Hilfskräfte sollten sich jedoch als ungeeignet für den Polizeidienst erweisen. Auch den Anforderungen der SS genügten viele nicht – für den Warthegau und Ost-Oberschlesien sind zwar keine genauen Zahlen bekannt, die Verhältnisse dürften aber nicht wesentlich anders als in Danzig-Westpreußen gewesen sein, wo lediglich etwa ein Drittel der Selbstschutz-Männer als »SS-tauglich« gemustert wurden.199 Der HSSPF Warthe ging jedoch davon aus, dass aus den Formationen des Selbstschutzes, die Ende 1939/Anfang 1940 aufgelöst wurden, genügend für die Hipo geeignete Männer übernommen werden konnten, so dass bereits im Januar 1940 die Gesamtzahl von 4000 Mann im Warthegau erreicht werden könne.200 Die Männer wurden zunächst zu kurzen Lehrgängen in einer Hipo-Ausbildungsabteilung in Posen zusammengezogen; 1940 wurde ein Hipo-Ausbildungsbataillon in Posen aufgestellt, das einen Anwärterlehrgang für Hilfspolizisten durchführte. Der Lehrgang begann im Juli 1940, wurde aber bereits nach 5 Wochen unterbrochen: Die HipoMänner wurden als Hilfskräfte und Dolmetscher bei »Evakuierungsmaßnahmen« benötigt, d.h. bei der Zwangsaussiedlung, Deportation und Vertreibung von Polen und Juden, die der geplanten Ansiedlung Volksdeutscher aus der Sowjetunion Platz machen mussten. Bis zum 1. Dezember war das Bataillon an insgesamt 56 »Evakuierungsmaßnahmen« beteiligt – die Praxis der »Evakuierung« war also in die Ausbildung integriert. Da das Ausbildungsziel unter diesen Umständen nicht in der vorgeschriebenen Zeit erreicht werden konnte, wurde der Lehrgang daraufhin bis Ende Februar 1941 verlängert.201 Während dieses Zeitraums – zwischen Mai 1940 und Januar 1941 wurden insgesamt 89 293 Polen und 2663 Juden aus dem Warthegau »evakuiert«, um volksdeutschen Umsiedlern aus Wolhynien Platz zu machen.202 Das Hipo-Ausbildungsbataillon dürfte die PB 44 und 101 unterstützt haben, die die Hauptakteure der Vertreibungsmaßnahmen waren. In der Unterkunft des PB 101 in Posen fanden im Juni 1940 Fortbildungslehrgänge für die mit der weltanschaulichen Schulung der Hilfspolizei befassten Polizeikräfte statt (s. u.). Aus dem Ausbildungs-
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bataillon ging 1941 das »Polizeibataillon Posen« hervor, das im Herbst 1941 zu Judentransporten und Sicherungsaufgaben des Vernichtungslagers Chelmno herangezogen wurde; im Dezember begannen hier die ersten »Vergasungen« mit eigens dafür umgerüsteten LKW’s.203 Parallel zu den »Evakuierungen« rechnete man im Warthegau mit der Ankunft wolhynien- und galiziendeutscher Siedler aus der Ukraine und begann deshalb mit der Aufstellung eines lokalen Ortsschutzes, der vor allem durch nächtlichen Streifendienst die Sicherheit der Ansiedler in den polnischen Dörfern gewährleisten sollte. Der Ortsschutz unterstand der Ordnungspolizei bzw. den Gendarmerieposten, es handelte sich aber nicht um »Hilfspolizisten«, sondern nur um ehrenamtliche Helfer mit «mäßiger Bewaffnung«.204 1942 trat an die Stelle des »Ortsschutzes« die »Landwacht«, in den Städten die »Stadtwacht«, Milizen aus zivilen volksdeutschen Hilfskräften, die zu kurzfristigen Notdiensten herangezogen werden konnten und hauptsächlich die Aufgabe hatten, beim Aufspüren »entwichener Kriegsgefangener« zu helfen und die (deutsche) Bevölkerung, insbesondere auch volksdeutsche Umsiedler vor »sich herumtreibenden Personen« und Partisanen zu schützen. Die »Stadtwacht« sollte die Schutzpolizei entlasten und während der beruflichen Freizeit und am Sonntag bei Durchsuchungen, Absperrungen, Verkehrskontrollen herangezogen werden; weil es sich jeweils nur um kurzfristige Hilfstätigkeiten handelte, erhielten sie keine besondere Ausbildung, sondern lediglich rudimentäre funktionelle Anleitungen.205 Die Anwärterlehrgänge für Hilfspolizisten des Warthegaus wurden ab 1941 an der neu errichteten Polizeischule Gnesen fortgesetzt.206 Eine weitere Polizeischule des Warthegaus entstand in Alexandrow bei Thorn (1943 in »Weichselstädt« umbenannt) für die Ausbildung von Hilfsgendarmen. Die Ausbildungsabteilung in Posen übernahm indes ab Anfang 1941 die Kurz-Ausbildung von Reservisten der Gendarmerie; die Lehrgänge auf der Posener Dominsel dauerten fünf, später acht Wochen.207 Die Polizeischule Gnesen war in einem ehemaligen katholischen Priesterseminar eingerichtet worden, in die jetzt »ein neuer Geist« einzog: Die Kapelle wurde in einen Speisesaal umgewandelt, religiöse Wandmalereien und kirchliche Symbole wurden beseitigt, an ihrer Stelle »Bilder von Männern des neuen Deutschland« angebracht. Erziehungsziel der Schule war die »Rückführung« der ehemals polnischen Volksdeutschen »ins deutsche Volkstum«. Auch hier wurden die Lehrgangsteilnehmer zu geschlossenen Einsätzen – bei «der Evakuierung polnischer Familien« und der »Ansiedlung heimgekehrter volksdeutscher Bauern« – herangezogen: »Diese Einsätze gaben den Lehrern und Erziehern die Möglichkeit, den Grad der Ausbildung, sowie die Charakterfestigkeit der Schüler kennen zu lernen…. Die Schüler zeigten sich hier in der Praxis als gut verwendbar. Sie haben sich den Aufgaben mit Eifer unterzogen und vollauf ihrer Pflicht genügt.« Anfang 1942 hatte die Schule 261 Schüler, das Personal bestand aus 15 Offizieren und 30 Wachtmeistern; neun Offiziere waren als Fachlehrer tätig, dazu hatte man einen Studienassessor als Vertragslehrer verpflichtet, der vermutlich Deutsch und Geschichte unterrichtete.208 Den Unterricht in NSLehre erteilte 1941 Hauptmann Niekerke, seit 1931 Parteimitglied; im November 1941 nahm er als Lehroffizier der Gnesener Polizeischule am Schulungsseminar des HA
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Orpo in Berlin teil (s. o.). Niekerke, der 1943 zum SS-Untersturmführer ernannt wurde, wirkte auch als Ausbilder beim Polizei-Lehrbataillon Hellerau.209 Vom 3. Lehrgang, der am 16.4.1941 in Gnesen begann, ist ein kurzer Bericht über die Durchführung des Unterrichts in NS-Lehre im ersten Monat des Lehrgangs erhalten. Danach begann man mit einer Unterrichtseinheit über das Leben »des Führers«: 1. Stunde: grundlegende Betrachtung der augenblicklichen politischen Lage. Der Führer als Schöpfer einer neuen Weltordnung. 2. Stunde: Aus dem Leben Adolf Hitlers. Geburt – Elternhaus – Schuljahre 3. Stunde: Adolf Hitlers Lehr- und Leidensjahre in Wien. Arbeiterfragen/Marxismus und Judentum. 4. Stunde: München 1912-1914. Adolf Hitler als Soldat des Weltkrieges. 5. Stunde: Adolf Hitler als Politiker. Eintritt in die DAP.
Dieser Einstieg über die Lebensgeschichte Hitlers bot sich wohl auch deswegen an, weil die teilnehmenden Hipo-Anwärter, wie der Bericht konstatierte, nur wenig über die nationalsozialistische Weltanschauung wussten und nur ungenügende Kenntnisse über die »Bewegung« mitbrachten. Auffallend und bemerkenswert sei jedoch »das rege Interesse« für die nationalsozialistische Weltanschauung. 140 Schüler hätten inzwischen das Buch »Mein Kampf« bestellt, das auch im laufenden Lehrgang der Schulung dem Unterricht zugrunde gelegt werde.210 Für die weltanschauliche Schulung der Hilfspolizisten und -gendarme in den Dienststellen und Einheiten hatte der Polizeischulungsleiter beim BdO Posen im Februar 1940 ausführliche Richtlinien erlassen.211 Sie waren stark didaktisch ausgerichtet, hatte man es doch zu einem großen Teil mit Männern zu tun, denen weder die deutsche Sprache noch das komplexe Gedankengut der »nationalsozialistischen Weltanschauung« vertraut waren. Polizeischulungsleiter war zu diesem Zeitpunkt Wilhelm Wagener, Volksschullehrer und vor dem Polen-Feldzug schon Polizeischulungsleiter beim IdO Hannover, ein erfahrener Didaktiker, der auch für reformpädagogische Konzepte aufgeschlossen war.212 Wagener wurde im August 1940 jedoch zum Dienst in die Waffen-SS einberufen und kehrte anschließend wieder nach Hannover zurück. Sein Nachfolger als PSL beim BdO Posen wurde Wolfgang Wieckberg, der diese Stellung bis kurz vor Ende des Krieges behielt.213 Wagener formulierte im Februar 1940 das Programm einer engen Verknüpfung von weltanschaulich-politischer Schulung und deutschem Sprachunterricht. Als Unterrichtsgrundlage kündigte er neben der einmal im Monat erscheinenden Stoffsammlung des Hauptamtes Orpo bzw. des Schulungsamtes monatlich drei eigene kleinere Stoffsammlungen zu weltanschaulichen sowie Unterrichtsblätter zu polizeikundlichen Themen an, die als Beilage zu den Tagesbefehlen des BdO erscheinen sollten.214 Mindestens einmal in der Woche solle dann eine Schulungsstunde abgehalten werden, die mit einem Unterricht in deutscher Sprache zu verbinden sei: »Aus dem behandelten Thema entwickelt sich der Deutschunterricht. Ebenso sind die den Tagesanordnungen beigefügten Unterrichtsblätter zum Gegenstand des Deutschunterrichts zu machen.«
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Den Deutschunterricht sollte in den größeren Städten ein Lehrer durchführen; ihm könne auch, wenn der Dienststellenleiter dies nicht selbst übernehmen wolle, der weltanschauliche Unterricht übertragen werden.215 Die Unterrichtsgestaltung sei dem Dienstvorgesetzten überlassen, doch fügte Wagener als »moderner Pädagoge« auch hinzu: »Jedoch soll möglichst viel durch Frage und Antwort von dem Hilfspolizisten selbst erarbeitet werden.« Für die Durchführung eines effizienten »nationalsozialistischen Deutsch-Unterrichts« schrieb Wagener Arbeits- und Liederhefte vor: Arbeitshefte für Diktate, Aufsätze und schriftliche Übungen, Liederhefte für die Lieder, die den Stoffsammlungen beigefügt würden – die Texte sollten abgeschrieben werden, später sollten auch einzelne Strophen als Diktat oder nach dem Auswendiglernen aus dem Kopf niedergeschrieben werden. Monatlich waren jeweils zwei kleinere Aufsätze zu weltanschaulich-politischen Themen oder solchen »aus der Erlebniswelt des Hilfspolizisten« zu schreiben, einmal die Woche war ein »Erlebnis dienstlicher Art« niederzuschreiben (ein Protokoll, eine Vorgangsschilderung, eine Tatbestandsaufnahme oder ähnliches). Posten- und Abteilungsführer hatten ein »Diensttagebuch« für den weltanschaulichen und allgemeinbildenden Unterricht zu führen.216 Insgesamt rd. 900 Exemplare des Rundschreibens gingen an die verschiedenen Dienststellen der Polizei und Gendarmerie des Warthegaus, unter anderem auch an die während dieser Zeit hier stationierten Polizeibataillone 61, 103, 31 und 44, in deren Reihen stets auch Hilfspolizisten standen.217 Unmittelbar im Anschluss an sein Rundschreiben versandte Wagener noch im Februar die Stoffsammlung des Schulungsamtes für die Monatsschulung im März (»Deutschland – eine englische Kolonie«), die von allen Angehörigen der Ordnungpolizei und der Gendarmerie zu behandeln war, sowie seine erste Stoffsammlung für die Hipo-Schulung zum Thema »Der Führer schuf Großdeutschland«. Die Volksdeutschen sollten erst einmal das große Werk des Führers kennenlernen. Um sich dem Thema zu nähern und den Boden für die Aufnahme zu bereiten, waren zuvor mehrere Fragen durch die Hilfspolizisten schriftlich zu beantworten. Wagener gab genaue Anweisungen für die Propädeutik einer nationalsozialistischen Staats- und Volkslehre: »1. Was ist ein Volk? 2. Was ist ein Staat? 3. Wie viele Deutsche gibt es auf der Erde? 4. Wo wohnen Deutsche außerhalb der Reichsgrenzen? Die Antworten sind einzeln vorzulesen und danach unter folgenden Gesichtspunkten zu betrachten: (Die mit /D bezeichneten und unterstrichenen Sätze sind später als Diktat zu schreiben.) 1. Was ist ein Volk? /D Das Volk wird von drei wesentlichen Merkmalen bestimmt: Rasse (einander verwandte Rassen), Sprache und Geschichte. Die Rasse hat das deutsche Volk noch mit den nordischen Völkern gemeinsam. Die Rasse und Sprache hat das deutsche Volk z.B. mit Teilen der Schweiz und Hollands gemeinsam. Erst die Geschichte fügt das deutsche Volk zur Schicksalsgemeinschaft zusammen. Das Bekenntnis zu ihr ist maßgebend für die Zugehörigkeit zur Volksgemeinschaft.«
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Es folgten eine Reihe weiterer »Gesichtspunkte«, die Wagener mit ähnlichen Anweisungen, Kommentaren und Erläuterungen versah: 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Was ist ein Staat? Was ist eine Nation? Wie unterscheiden sich Reichsbürger und Staatsangehörige? Was gehört zum Volkstum? Wie verhalten sich Staatsboden, Volksboden, Kulturboden zueinander? Wie viele Deutsche gibt es? Wo siedelt außerhalb der Reichsgrenzen in Europa deutsches Volkstum? Wo haben wir deutsches Volkstum in Übersee? Welcher staatsrechtliche Unterschied ist beim Deutschtum im Ausland zu beachten?
Bei Behandlung des letzten Gesichtspunkt war auf das Parteiprogramm der NSDAP zu verweisen: »/D ›Wir fordern den Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu einem Großdeutschland.‹ Diese Forderung bedeutet eine Revolution der bisherigen Ansichten über Völker und Staaten. Deutschland ist kein geographischer Begriff, und das deutsche Volk ist keine Summe von soundso viel Millionen einzelner Menschen, D e u t s c h l a n d i s t d a, w o d e u t s c h e M e n s c h e n l e b e n, Deutschland ist die Heimat aller Deutschen.«
Nach längeren Ausführungen zum »Ideal Großdeutschland« listete Wagener die wichtigsten geschichtlichen Etappen auf, in denen der Nationalsozialismus dieses Ideal bis dahin verwirklicht hatte, gipfelnd im »Einmarsch in Polen zur Rückgewinnung alter deutscher Gebiete« und der »Rücksiedlung der in Osteuropa verstreut wohnenden Deutschen.« Anschließend sollten die Hilfspolizisten – in der Tradition des »deutschen Besinnungsaufsatz« – einen kleinen Aufsatz zum Thema »So kam ich heim ins Reich« verfassen. Wagener fügte gleich einen möglichen Gliederungsvorschlag hinzu: »I. Polnische Vorbereitungen II. Der Krieg ist erklärt a) Zum polnischen Heer eingezogen b) Drangsalierung c) Die Deutschen kommen d) Meine erste Begegnung mit Deutschen III. Wie es dann aussah. Schluß: Was ich dem Führer als Dank verspreche.«218
Weitere Stoffsammlungen mit ähnlichen didaktischen Anweisungen, die Wagener in den folgenden Wochen und Monaten versandte, waren diesen Themen gewidmet: Stoffsammlung Nr. 2 »Versailles« Sonderstoffsammlung »Aus dem Leben des Führers. Teil I: Daten und Einzelheiten aus dem Leben des Führers vor seinem öffentlichen Auftreten.«
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Stoffsammlung Nr. 3 »Kolonien« Stoffsammlung Nr. 4 »Der Ostraum in der Geschichte« Stoffsammlung Nr. 5 »Die nordischen Staaten« Stoffsammlung Nr. 6 »Sommersonnenwende« Stoffsammlung Nr. 7 »Das mittelländische Meer in seiner Bedeutung für Italien«
Stets waren zur Vorbereitung und Einstimmung auf das Thema von den Hilfspolizisten zuvor mehrere Fragen schriftlich zu beantworten. Zum Thema »Kolonien« etwa sollten sie vorher in vier bis fünf Sätzen schriftlich die Frage beantworten: »Braucht Deutschland Kolonien, wo wir doch im Osten Siedlungsland haben?« Zum Thema »Ostraum« sollten zuvor zwei Fragen beantwortet werden, die über die Geschichtskenntnisse der Polizisten Auskunft gaben: »1. Siedelten vor der Zeitrechnung germanische Stämme in Osteuropa? Wenn ja, wo? 2. Wer gründete das erste polnische Reich?« Im Unterricht sollten dann vor allem die »germanischen Gestaltungskräfte im Baltikum«, der »germanische Ursprung des russischen Reiches« und die »deutsche Mitwirkung beim Aufbau der osteuropäischen Staaten« herausgearbeitet werden. Wageners Stoffsammlung umfasste 6 Seiten, dazu Landkarten und ein Lied.219 Und stets versah er seine Stoffsammlungen mit konkreten didaktischen Hinweisen, wie hier am Beispiel des Themas »Kolonien«: »Lesen: Aus ›Mein Kampf‹ (über Kolonien siehe Inhalts- und Stichwortverzeichnis) oder aus der Zeitung usw. – Lesen von Gesetzestexten (siehe Unterrichtsblatt, Tagesanordnung). Diktat: Die mit D/: bezeichneten und unterstrichenen Sätze. Einen kurzen Gesetzestext an die Tafel schreiben. Schwierige Wörter besprechen. Danach abschreiben, zu Hause nochmals und anderentags auf Zettel diktieren. Aufsatz: Ein Thema, das der Phantasie freien Lauf lässt: ›Wenn dieses Blatt Papier … erzählen könnte.‹ – Übung in der Anfertigung einer Tatortskizze (Unfall usw.). Singen: Ein junges Volk steht auf.«
Wageners Sendungen ergänzten die monatlichen Stoffsammlungen des Schulungsamtes, die von allen Angehörigen der Schutzpolizei und der Gendarmerie einschließlich der Hilfspolizei und der im Befehlsbereich stationierten Polizeibataillone zu behandeln waren. Während er mit den selbst verfassten Stoffsammlungen für die Hilfspolizei ein breit angelegtes Programm verfolgte, lag der allgemeine Themenschwerpunkt für die Polizeischulung im ersten Halbjahr 1940 nach den Vorgaben des Hauptamtes Orpo hier wie überall auf der Auseinandersetzung mit dem Kriegsgegner Nr. 1 »England« und der nachträglichen Legitimation des Eroberungskrieges gegen Polen. Eine unheilige Allianz aus Angelsachen und Juden hätten Polen durch anti-deutsche Hetze in den Krieg getrieben. Der eigentliche Schuldige war aber das Judentum. So hielt die Stoffsammlung über das »Weißbuch«, die im Mai besprochen werden sollte, als Ergebnis der Dokumentation fest: »1. Kriegstreiber in London, Paris und Washington betreiben den Krieg gegen Deutschland und suchen einen Vorwand. 2. Die gemäßigten Elemente werden zurückgedrängt.
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3. Krieg Deutschland gegen Russland wird herbeigesehnt. Die beiden mächtigen Völker sollen dadurch geschwächt und ausgeschaltet werden. 4. Polen wird der Rücken durch Versprechungen gesteift und gegen Deutschland aufgehetzt. 5. Roosevelt und seine Partei-Botschafter helfen den jüdisch-plutokratischen Krieg mit vorbereiten. Geld und Judentum erstreben die Vernichtung des sozialistischen und völkischen Deutschland.«220
Wagener widmete diesem Themenkomplex besonders viel Aufmerksamkeit, wohl auch deswegen, weil die Frage nach den Gründen und Anlässen des Krieges so kurz nach der Besetzung Polens in den annektierten Gebieten von besonderem Interesse waren. Die Themen der Monatsschulung waren, noch einmal zur Erinnerung: Englands schwache Punkte (Februar 1940, A 74) Deutschland - eine englische Kolonie (März, A 75) Juda in England (April, A 76) Das deutsche Weißbuch entlarvt die Kriegshetzer (Mai, A 77) Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit (Juni, A 78)
Berichte aus den Gendarmeriekreisen legen den Schluss nahe, dass Wageners Anweisungen auch weitgehend umgesetzt wurden. Die Gendarmerie des südlich von Posen gelegene Kreises Schrimm (Śrem) berichtete zum Beispiel für den Monat März 1940, dass 32 Hilfsgendarme beschult wurden; an Themen wurden behandelt »Der Lebenslauf des Führers«, »Versailles« und »Der Ostraum in der Geschichte«. Insgesamt seien 35 Diktate geschrieben worden, die Themen der Aufsätze und Niederschriften wurden den Stoffsammlungen entnommen. Im April-Bericht meldete der Gendarmeriekreis Schrimm: »Die Hilfsgendarme zeigen reges Interesse für die Mitarbeit und schulen sich in der Freizeit durch Vorlesen von Zeitungsartikeln und Studieren der Landkarte selbst weiter.« Auf jedem Gendarmerieposten seien drei bis fünf Diktate geschrieben worden; Themen der von Wagener geforderten Aufsätze und Niederschriften waren »Aus dem Leben des Führers; Braucht Deutschland Kolonien; So kam ich heim ins Reich; England, der Handlanger Judas; Die Juden regieren.«221 Das England-Thema beinhaltete immer auch eine Auseinandersetzung mit dem Judentum. Dies galt besonders für die Schrift »Juda in England«, die im April 1940 von allen Dienststellen und Einheiten zu behandeln war und den Krieg als »Judas Werk« erklärte. Dabei handelte es sich um recht komplexe und zum Teil auch anspruchsvolle Texte, die die Offiziere zu bewältigen hatten. Dies sei am Beispiel der Gliederung für die Stoffsammlung »Juda in England« veranschaulicht: I. Der Jude und das mittelalterliche England 1. Wie die Juden nach England kamen 2. Das goldene Zeitalter der Juden im mittelalterlichen England 3. Die Vertreibung der Juden II. Crommwell und die Juden 1. Cromwell
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2. Cromwell und das Alte Testament 3. Cromwell holt die Juden nach England III. »Bei dem treuen Glauben eines Christen« (Die Emanzipation der Juden in England im 19. Jahrhundert) 1. Die ersten Angriffe der Juden und ihre Erfolge 2. Die ersten Juden werden ins Parlament gewählt 3. Judenfrechheit im Parlament 4. Sieg der Juden IV. Freimaurerei und Judentum V. England – Handlanger Judas VI. Juden in den Schlüsselstellungen 1. Der Adel und die Juden 2. Die Juden regieren 3. Juden in Finanz – Handel – Wirtschaft 4. Juden im Kunstleben 5. Juden in Presse und Film VII. Der Krieg – Judas Werk
Vielleicht war die Komplexität des Themas der Grund dafür, dass das Schulungsamt der Stoffsammlung eine Anweisung zum Gebrauch beifügte: »Bei der Auswahl und Darbietung des Stoffes sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: 1. das Fassungsvermögen des Mannes, 2. das Schulungsziel (d.h. was soll der Mann am Ende wissen?), 3. die zur Verfügung stehende Zeit. Diese Punkte machen es dem Schulungsredner zur Pflicht, aus der Fülle des Stoffes das Wesentliche auszuwählen, den ausgewählten Stoff in klarer und gut gegliederter Form darzubieten, das gesprochene Wort nach Bedarf durch das Bild, die Zeichnung, die Landkarte zu unterstützen, die aktive Teilnahme des Mannes anzuregen und zu kontrollieren.«222
Es mutet dennoch einigermaßen skurril an, dass sich deutsche Polizeibeamte und volksdeutsche Hilfspolizisten im Frühjahr 1940 im besetzten Polen mit der Finanzpolitik Cromwells im 17. Jahrhundert beschäftigten, aber es ging hier um einen zentralen Argumentationsstrang in der nationalsozialistischen Ideologie, wonach England als eigentlich nordisch-germanisches Brudervolk zum erbitterten Gegner wurde, weil es »den Juden« in seiner Geschichte zu viel Einfluss einräumte, bis es ihm schließlich zum Opfer fiel – die englische »Krämerseele« war sein Werk und hinter den Kulissen steuerte längst »der Jude« die englische Politik. Diese verhängnisvolle Entwicklung begann mit Cromwell, und der Fall war auch deswegen von Interesse, weil man an ihm den Anteil des Judentums an der Entstehung des modernen, von England geprägten Kapitalismus studieren konnte:
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»Cromwell sah das unheimliche Netz, das die Juden schon damals um die ganze Welt gespannt hatten. Er erkannte ihre Macht auf dem Gebiete des Handels und des Geldverkehrs und plante nun, diese Macht für seine Zwecke zu nützen. Seinen puritanischen Auffassungen entsprach es, wenn er den Juden freundlich gegenüberstand. Zu viele Berührungspunkte zwischen der puritanischen Lehre und dem Alten Testament fanden sich. Es sei nur hingewiesen auf die – fast könnte man sagen – unheimliche Wertschätzung, die beide Religionen dem Besitze allgemein oder in der geballten Form des Geldes zollen. Wer über ein ansehnliches Vermögen gebietet, der ist auch nach puritanischem Glauben von Gott sichtbar ausgezeichnet worden und hat damit auch die Gabe, vor den Menschen angesehen und angenehm zu sein. Es ist sicher, dass Cromwell und seine Puritaner in ihrem Urteil und in ihrem Verhalten gegenüber den Juden ihrer Zeit maßgeblich von diesem Gefühl beeinflußt wurden. Die Juden, besonders die, die von Holland nach England kamen, waren reich genug, und dieser Reichtum war für die Puritaner ein Beweis menschlicher und religiöser Qualitäten.«223
Dabei muss berücksichtigt werden, dass das Thema gewissermaßen zu einer über mehrere Monate laufenden »Unterrichtseinheit« gehörte und man sich schon anhand der Stoffsammlung »Englands schwache Punkte« mit der angelsächsischen Form des »ungebundenen Kapitalismus« befasst hatte, in der es bereits um die Entstehungsgeschichte des englischen Kapitalismus (»Schafe fressen die Menschen«) gegangen und das »unsoziale England« am Beispiel von Arbeitslosigkeit und kolonialer Ausbeutung thematisiert worden war. In »Deutschland – eine englische Kolonie« wurde der englische Kolonialismus in China, Indien und Afrika angeprangert; angeblich wollte England auch Deutschland in eine Kolonie verwandeln. Die Stoffsammlung »Juda in England«, eine Ausarbeitung von 15 Seiten, sollte nicht nur den Schulungsrednern Hintergrundsmaterial bereitstellen, sie erschien Wagener vielmehr als so wichtig, dass sie von allen studiert werden sollte: »Nach dem Vortrag sollte die Stoffsammlung von allen Teilnehmern einzeln nachgelesen werden.« Wagener empfahl, »Aktive« und »Hipos« getrennt zu unterrichten und den Stoff für die Hilfspolizisten aufzuteilen; noch mehr als bisher sollte mit »Frage und Antwort« gearbeitet werden, und um die Schulung »interessanter« zu gestalten, sollte zu Beginn oder am Ende ein Lied gesungen werden. Bis zum 6. Mai hatten die Dienstvorgesetzten über die Durchführung Bericht zu erstatten. Nennenswerte Schwierigkeiten scheint es dabei nicht gegeben zu haben. So wurde zum Beispiel aus dem Gendarmeriekreis Schrimm berichtet, der 1 ½ stündige Vortrag über »Juda in England«, den Leutnant Hartmann am 16.4. im Kreishaus Schrimm hielt, sei mit Interesse aufgenommen worden: »Sein Inhalt war besonders für die Hilfsgendarmen sehr lehrreich und erweckte in ihnen das Verständnis für den Kampf des Nationalsozialismus gegen das Judentum.«224 Die Gendarmerieposten, die oft nur vier bis fünf Hilfsgendarme zu beschulen hatten, meldeten allerdings als ein gravierendes Problem mangelhafte Deutschkenntnisse. Nach einer Aufstellung des Kreises Schrimm vom 13.6.1940 hatten von 44 Hilfsgendarmen zwar 25 eine deutsche Volksschule besucht, davon allerdings 10 weniger als vier Jahre; 19 hatten nur die polnische Volksschule besucht.225 Die
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Hilfsgendarme, meldete der Gendarmeriekreis Kutno im Sommer 1941, stünden zum größten Teil auf dem Stand »eines Volksschülers einer Großstadt, der das 4. Schuljahr hinter sich hat.«226 Einige Gendarmerieposten hatten bereits volksdeutsche Lehrer aus der Region für den Deutschunterricht gewinnen können. Wagener riet dazu, Kontakt mit dem jeweils zuständigen Schulrat aufzunehmen und ihn darum zu bitten, geeignete Lehrer zur Verfügung zu stellen, die dafür eine angemessene Vergütung erhielten: »Die Schulräte werden nach Möglichkeit den Wünschen der Polizei entsprechen.« Weiter empfahl er: »Gute Erfolge wurden mit Abendkursen erreicht. Dabei lassen sich mehrere Orte zusammenfassen. Auch die Teilnahme am Unterricht ortsansässiger Schulen (Berufsschulen o. ä.) ist zu empfehlen. Ganz besonders hat es sich bewährt, die Hilfspolizisten eines größeren Gebietes zu ganztägigen Ausbildungen (vormittags Unterricht, nachmittags Exerzieren) zusammen zu ziehen.«227
Am 30.4.40 erließ das HA Orpo grundlegende Richtlinien zum allgemeinbildenden Unterricht der Hilfspolizei, in denen eine »gründliche, mehrjährige Beschulung« der »in die Hilfspolizei eingestellten Volksdeutschen« angeordnet wurde, die im Wesentlichen in der Vermittlung einer elementaren deutschen Allgemeinbildung bestand. Avisiert war eine Vorschulung mit einem Schwerpunkt von 4 bis 8 Stunden Unterricht in deutscher Sprache, die die Voraussetzung für die Teilnahme an der Hauptschulung mit den Unterrichtsfächern Deutsch, Rechnen, Geschichte und Erdkunde schaffen sollte. Die Vorschulung war bis Ende September 1940 mit einer Beurteilung abzuschließen, danach waren die Teilnehmer in drei Gruppen einzuteilen: Gruppe A – Hilfspolizisten mit überdurchschnittlichen Kenntnissen, von denen zu erwarten war, dass sie nach einem Jahr Hauptschulung allen Anforderungen genügen würden; Gruppe B – Hilfspolizisten mit durchschnittlichen Leistungen, die zwei Jahre Hauptschulung benötigten; Gruppe C – Kandidaten, die sich als »bildungsunfähig« erwiesen hatten und deshalb eigentlich aus dem Polizeidienst zu entlassen waren; sie wurden vielfach aber für die Dauer des Krieges weiter beschäftigt.228 Für die Hauptschulung wurden 10 Wochenstunden angesetzt, davon 4 in Deutsch und jeweils 2 in den anderen Fächern. In Geschichte sollte eine »Übersicht über die deutsche Geschichte von der Frühzeit bis zum 30-jährigen Krieg« vermittelt werden und eine »eingehendere Behandlung der preußisch-deutschen Geschichte vom 30-jährigen Krieg bis zur Gegenwart unter dem Leitgedanken Brandenburg – Preußen – Deutschland« erfolgen; in Erdkunde war über Deutschland, die wichtigsten europäischen Länder und »einiges aus den übrigen Erdteilen (insbesondere die früheren deutschen Kolonien)« zu unterrichten.229 Ein Erlass vom 30.9.1940 modifizierte die Richtlinien für die Hauptschulung leicht, die im Oktober beginnen sollte: Der Rechenunterricht entfiel, dafür wurde der Anteil des Deutschunterrichts jetzt auf sechs Wochenstunden heraufgesetzt.230 Nach dem Erlass zum allgemeinbildenden Unterricht ordnete der KdG Posen an, sofort mit der vom HA Orpo vorgeschriebenen »Vorschulung« zu beginnen und einen Unterricht von vier bis acht Wochenstunden in deutscher Sprache zu organi-
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sieren. Bis Ende September sollte dann eine Aufteilung in verschiedene Bildungsgruppen erfolgen, so dass am 1. Oktober mit der »Hauptschulung« begonnen werden könnte. Die Anordnung galt für alle Hilfspolizisten, die entweder nach dem Besuch eines Anwärterlehrgangs an einer Polizeischule in den Einzeldienst oder aus dem Hipo-Ausbildungsbataillon in die Kompanien überstellt wurden. Für beide Gruppen sollten Klassen mit jeweils 20 bzw. 30 Schülern gebildet werden; der Unterricht sollte etwa sechs Stunden in der Woche umfassen. Für die Durchführung eines solchen Unterrichts suchte man nach Möglichkeit Lehrer aus der Region zu gewinnen. Als Unterrichtsmaterialien der Vorschulung dienten Schriften wie der Völkische Beobachter, die SS-Leithefte oder Polizei-Dienstvorschriften – auch für den erweiterten Deutschunterricht sollten nach einer Anweisung des Polizeischulungsleiters politische, weltanschauliche und militärische Texte verwendet werden; Diktate, Lese- und Sprechübungen waren dann mit entsprechenden Bedeutungserklärungen verbunden. Dieses Prinzip wurde auch für die »Hauptschulung« beibehalten. Der Polizeischulungsleiter gab zu diesem Zweck laufend Unterrichtsanweisungen für den Deutschunterricht heraus. Typische Themen für Diktate waren zum Beispiel »Die deutschen Städte im Mittelalter« und »Ausbildung im Nachtmarsch« aus der Anweisung für die 7. Unterrichtswoche.231 Den chronischen Mangel an qualifizierten volksdeutschen und aus dem Altreich abgeordneten Lehrkräften konnte man wenigstens teilweise durch Heranziehung volksdeutscher Lehrer ausgleichen, die mit den Umsiedlertransporten aus dem Baltikum, Wolhynien und Galizien in die eingegliederten Gebiete kamen und in speziellen Schulungslagern auf ihre Aufgaben vorbereitet wurden. In vielen Fällen waren die volksdeutschen Lehrer nicht nur unzureichend qualifiziert, sondern auch nur wenig mit der nationalsozialistischen Weltanschauung vertraut und mussten deshalb oft selber erst auf unterrichtspraktische Fortbildungskurse und weltanschauliche Schulungslehrgänge geschickt werden.232 Zu einer Zäsur in der weltanschaulichen Schulung kam es nach dem grundlegenden Erlass des HA Orpo vom 2.6.1940, weil jetzt zusätzlich zu den Monatsvorträgen für alle Angehörigen der Ordnungspolizei auch eine regelmäßige Tagesund Wochenschulung durchzuführen war. Der BdO Posen ordnete daraufhin zwei Kurzlehrgänge von jeweils zwei Tagen noch im Juni für alle polizeieigenen Schulungskräfte an; zusätzlich war von jeder Schupo-Dienstabteilung je ein Beamter abzuordnen, der bei Bedarf als Vertreter fungieren konnte. Die Lehrgänge fanden in der Unterkunft des PB 101 statt, das im Mai/Juni 1940 für »Evakuierungsaufgaben« – Vertreibung polnischer und Ghettoisierung jüdischer Bevölkerung – in Posen stationiert war und die Stadt jetzt verließ, um das PB 44 in Litzmannstadt abzulösen.233 Die Teilnehmer hatten sich darauf vorzubereiten, jeweils in 5 bis 10 Minuten über ihre bisherige Arbeit mit den Hilfspolizisten zu berichten. Eine Reihe von Teilnehmern wurden ausgewählt, die exemplarische Unterrichtsstunden vorzubereiten hatten: eine Stunde über ein weltanschauliches, eine über ein geschichtliches Thema, zwei Stunden Deutschunterricht. Für den Geschichtsunterricht sollten die Themen Bronzezeit, Heinrich I., Ostgeschichte, Friedrich der Große, Bismarck und Ritterorden angesprochen werden, im weltanschauli-
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chen Unterricht die Themen Vererbung, Brauchtum, Weltbild, Kolonien, Gegner, Programmpunkte der NSDAP und »Wirtschaft«. Wagener ging also davon aus, dass auch polizeieigene Kräfte den allgemeinbildenden Unterricht erteilen können mussten. Wie in all seinen Maßnahmen legte er besonderen Wert auf eine didaktisch-methodische Ausbildung der Polizeischulungskräfte; denn alle Teilnehmer hatte außerdem noch 10- bis 15minütige Kurzvorträge zur Unterrichtsmethode zu halten: 1. Was kann der Hilfspolizist im Unterricht alles selbst machen und wie leite ich ihn dazu an? 2. So wird über das Zeitgeschehen berichtet. 3. Wie ich einen Aufsatz erarbeitete. 4. So lasse ich den Stoff der vorhergehenden Stunde wiederholen. 5. Meine Hilfspolizisten lernen Anzeigen, Meldungen schreiben, Protokolle aufnehmen und wie sonstige schriftliche Arbeiten eines Polizisten (Gendarmen) zu erledigen sind. 6. So lasse ich lesen. usw.
Die Planung für den Ablauf der Kurse zeigt, in welchem Maß Wagener modernen Unterrichtsprinzipien verpflichtet war, indem er versuchte, alle Teilnehmer duch eigene Berichte, Vorträge und die Gelegenheit zu kritischer Aussprache zu aktivieren: 1. Tag Eintreffen bis 16 Uhr 2. Tag: 8.30 Erfahrungsberichte der Teilnehmer 10.00 Vortrag »Methodik des Deutschunterrichts« 11.00 Unterricht (geschichtliche Themen) 12.00 Kritik 14.30 Kurzvorträge der Teilnehmer 15.30 Unterricht (weltanschauliche Themen) 16.30 Kritik 17.45 Unterricht (Deutsch – Besprechung einer Rechtschreibregel und Vorbereitung eines Diktats) 18.45 Kritik 19.00 Kameradschaftsabend in der Unterkunft des PB 101, Bukerstr. 29 20.15 Anleitung zum Singen, Besprechung von Fragen der Teilnehmer 3. Tag: 8.00 Singen 9.00 Unterricht (Deutsch – Aufsatzvorbereitung) 10.00 Kritik 10.15 Vortrag: Fragen der Weltanschauung 14.30 Museumsbesichtigung (Kaiser Friedrich-Wilhelm-Museum) 16.00 Lehrgangsschluss.
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Ähnlich wie Wagener setzte auch Wieckberg, der August/September 1940 das Amt des Polizeischulungsleiters beim BdO Posen übernahm, in seiner Arbeit eigene Akzente. Wieckberg erstellte zwar keine eigenen Stoffsammlungen mehr, aber er gab laufend »Schulungsanweisungen« heraus, hauptsächlich Anweisungen zur Behandlung der monatlichen Themen. Die Hefte der »Schriftenreihe«, lautete die Anweisung von Wieckberg im September 1940, sollten als Übungs- und Lesestoff für die Hilfspolizei verwendet werden. Auch Wieckberg gab in seinen Anweisungen didaktische Hinweise, hob aber stärker inhaltliche Aspekte hervor. Vor allem betonte er stets, die »großen Linien« nicht aus dem Auge zu verlieren. Prototypisch war etwa seine Schulungsanweisung vom Februar 1941 zum Thema »Das Reich«, das im März zu behandeln war: »Gerade bei diesem Thema ist es von größter Wichtigkeit, dass der Redner nicht an Einzelheiten kleben bleibt, sondern die große Linie im Ringen des deutschen Volkes um sein Reich herausstellt. Auszugehen ist am zweckmäßigsten von dem a l l e n Wachtmeistern bekannten Begriff ›Das Dritte Reich‹. Wenn das Wort vom dritten Reich nicht sinnlos sein soll, dann müssen diesem Reich ein erstes und ein zweites Reich vorausgegangen sein. So ergibt sich eine Dreiteilung, der die weitergehende Gliederung des geschichtlichen Stoffes angepasst werden kann. Das Germanentum, aus dem das erste Reich des Königs Heinrich herauswächst (Abschn. a – c), ist einleitend möglichst anschaulich und seiner großen Bedeutung entsprechend zu schildern. Die Darstellung des ersten und zweiten Reiches wird die großen Leistungen und die gefährlichen Fehlentwicklungen gleichermaßen berücksichtigen müssen. Immer sind die f ü r das Reich und die g e g e n das Reich wirkenden Kräfte herauszustellen. Bei der Behandlung des dritten Reiches wird der Redner dann zu dem Ergebnis kommen müssen, dass es sich bei der Verwirklichung des uns vorschwebenden Reiches eigentlich nicht mehr um ein ›drittes‹ Reich unter mehreren handeln wird, sondern dass Adolf Hitler ›das Reich‹, nämlich das seit einem Jahrtausend ersehnte aber bisher nie verwirklichte germanische Reich der Deutschen bauen wird.«234
Für den April 1941 ordnete Wieckberg zusätzlich zum Thema »Das deutsche Volk« eine Feierstunde am 20.4., Hitlers Geburtstag an, während der die Dienststellenführer Ansprachen über »eine große geschichtliche Tat des Führers«, nämlich die »Zerschlagung von Versailles« halten sollten. Dazu versandte er den Artikel »Die Schmach von Versailles und das Friedensdiktat von St. Germain« aus der Zeitschrift »Deutschlands Erneuerung«. Dort, wo er didaktische Anweisungen gab, zeigte sich auch Wieckberg als Vertreter einer gemäßigten völkischen Reformpädagogik: »Die praktische Bedeutung des Gegenstandes macht es erforderlich, dass der Schulungsredner den Stoff vollständig beherrscht und dann so darstellt, wie es dem Auffassungsvermögen der von ihm zu schulenden Männer entspricht. Darum empfiehlt sich für weltanschauliche Schulung – besonders bei den k l e i n e n Einheiten – weniger die Vortragsform als vielmehr die Unterrichtsform mit Frage und Antwort. Die Anwendung dieser Methode gibt dem Schulungsredner die Möglichkeit, die Aufnahmefähigkeit und
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den Wissensstand seiner Hörer laufend zu überprüfen, so dass er nicht in Gefahr gerät, über ihre Köpfe hinwegzureden.«235
Für die Tagesschulung gab Wieckberg die Anweisung, sich erneut mit England und den Kriegsschauplätzen Balkan und Mittelmeer zu beschäftigen. Für die Monate Juni und Juli 1941 sind Berichte über die weltanschauliche Schulung im Bereich des KdO Posen erhalten, die die Umsetzung der Richtlinien und Anweisungen illustrieren. Die Berichte sind zugleich auch deswegen interessant, weil sie in die Zeit des Kriegsbeginns gegen die Sowjetunion fallen. Monatsthemen waren »Deutschlands Raum- und Wirtschaftsschicksal« (bzw. »Der deutsche Lebensraum«) noch für den Mai und »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich« für den Juni. Nach dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion am 22.7. musste man für den Juli improvisieren – das Sonderheft »Grenzkampf Ost« kam erst für die September-Schulung zum Versand, die Hefte der Schriftenreihe »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus« und »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum« kamen erst im Herbst heraus. Hatte man sich bis dahin auf den Feind im Westen konzentriert – als nächstes Thema war noch »Amerika« geplant gewesen – so richtete sich die Aufmerksamkeit jetzt schlagartig auf den »Osten«, der Hitler-Stalin-Pakt war aufgekündigt und endlich konnte man sich offen und ungehindert dem eigentlich zentralen Thema, dem Kampf gegen den »jüdischen Bolschewismus« zuwenden. Auch Wieckberg schaltete schnell um. In einem Rundbrief vom 30.7. kündigte er für August zwar noch das Thema »Amerika«, für September aber »Grenzkampf Ost« an. Tatsächlich wurde der »Kampf im Osten« bereits im Juli zum beherrschenden Thema. Die Schulungskräfte wies Wieckberg an, den geschichtlichen Hintergrund des »Kampfes zwischen Germanentum und jüdischem Bolschewismus« in den Vordergrund zu rücken, besonders in der Tages- und Wochenschulung sei »immer wieder die große Auseinandersetzung im Osten zu verfolgen und zu besprechen.«236 Offensichtlich bereiste Wieckberg den Regierungsbezirk und half selber mit aus; so hielt er zum Beispiel am 22.7. bei der Schupo-Dienstabteilung Pleschen (Pleszew) einen Vortrag zum Thema »Der Kampf im Osten und seine geschichtlichen Zusammenhänge«. Die Männer, berichtete der Abteilungsführer anschließend, brächten der Schulung wesentlich mehr Interesse entgegen, wenn sie von einem solchen Redner vorgetragen werde, der die Themen vollständig beherrsche.237 Wieckberg wird diesen Vortrag sicher auch an anderen Orten gehalten haben. Den Berichten des Schupo-Kommandeurs von Posen zufolge wurden während der laufenden Dienstbesprechungen in der Regel Tagesschulungen und zweimal wöchentlich im Rahmen des Dienstunterrichts Wochenschulung anhand der Mitteilungsblätter abgehalten. Die Monatsschulung erfolgte für Polizeibeamte und Hilfspolizisten getrennt: Am 29. und 30.6. behandelte Oberleutnant Krehnke das Thema »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker«, am 29. und 30.7. befasste sich Hauptmann Neufeldt mit der Frage »Hat Großdeutschland ein Recht auf die Neugestaltung Europas?«, während Oberleutnant Konegen über den »Ostraum in der deutschen Geschichte« referierte. Am 12.6. fand eine »Sonderschulung« statt: Haupt-
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sturmführer Dr. Buchegger vom SS-Schulungsamt war zu einem Vortrag über »Das Lebensgesetz des Raumes« nach Posen gekommen. Für die in Posen stationierten geschlossenen Einheiten – das aus dem Ausbildungsbataillon hervorgegangene Polizeibataillon Posen und die Polizei-Schwadron – konnte in diesem Zeitraum »aus dienstlichen Gründen« keine Tagesschulung durchgeführt werden, aber einmal in der Woche fand eine Wochenschulung durch die für den Deutschunterricht eingesetzten Lehrer statt; die Monatsvorträge hielten Offiziere der Einheiten im Juni zum Thema »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich«, im Juli, nach Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion, bereits über den »Kampf im Osten« und den »Deutschen Osten«. Die Männer besuchten gleichfalls den Sondervortrag von Buchegger, außerdem eine Wehrmachtsausstellung »Die dicke Berta« und eine Vorstellung des Zirkus Krone. Im nordöstlich von Posen gelegenen Eichenbrück (Wągrowiec) führte man beim Einzeldienst wie in Posen Tages-, Wochen- und Monatsschulung durch; die Monatsvorträge hielten hier Studienrat Dr. Helm (»Die Führung Deutschlands in Europa«) und Oberstudiendirektor Wunderlich (»Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker« und »Das politische Testament des Führers«).238 Besonders ausführlich fiel der WE-Bericht des Polizeipräsidenten von Litzmannstadt für die Monate Juni/Juli 1941 aus. Die Tagesschulung sei anhand der Tageszeitungen, des Schwarzen Korps etc. bei allen Dienststellen »fast regelmäßig« durchgeführt worden, auch die Wochenschulung wurde offenbar vorschriftsmäßig durchgeführt. Die Monatsschulung erfolgte zum Teil für aktive Wachtmeister und Hilfspolizisten getrennt. Der Bericht listete die einzelnen Termine der Vorträge auf, insgesamt 16 Vorträge wurden bei den Dienststellen von Offizieren zu den Themen »Blutsgemeinschaft der germanischen Völker« und – im Juli – »Der Bolschewismus als Weltgefahr« bestritten; damit »begleitete« man den Russland-Feldzug auch »weltanschaulich«. Zehn weitere Vorträge wurden vor den Männern des Polizeibataillon Litzmannstadt gehalten: 9.6.41
Hauptmann Laggies, 13.6. Leutnant Kosina, 16.6. Leutnant Kandziora und 16./17.6. Revierleutnant Zimmermann jeweils zum Thema »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich«. Danach folgten selbst formulierte Themen: 18.6.41 Leutnant d.R. Kirchhofer: »Der germanische Raum zur Zeit der Wikinger; Die Hanse; Neugestaltung Europas.« 11.7.41 ders.: »Hermann Göring, Mitarbeiter des Führers«. 16.7.41 Leutnant Kosina: »Das germanische Reich«. 16.7.41 Revierleutnant Plesner: »Das bolschewistische Russland.«
Hinzu kamen mehrere Sondervorträge: am 11.6. der erwähnte Vortrag Bucheggers, den er am Tag darauf auch in Posen hielt; am 17.7. sprach der Oberbürgermeister von Königshütte über »Probleme des kommunalen Aufbaus in Oberschlesien«, am 18.7. Hauptabteilungsleiter Westerkamp von der Regierung in Krakau über »Verwaltungsprobleme des Generalgouvernements«. Am 10.6. war den Polizeibeamten eine
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Sondervorstellung des Films »Ohm Krüger« gegeben worden.239 Die Polizeiverwaltung von Litzmannstadt hatte kurz zuvor, im April 1941 die Aufgabe der Bewachung des Ghettos vom PB 101 übernommen, das nach Hamburg zurückkehrte. Das Polizeibataillon Litzmannstadt »stellte Ende 1941/Anfang 1942 einen großen Teil der Beamten für das Polizeikommando Chelmno, das im dortigen Vernichtungslager an der Tötung von über 150.000 Juden mitwirkte.«240 Hauptmann Laggies, der im Juni 1941 noch über die »Blutsgemeinschaft der germanischen Völker« zu seinen Männern sprach, gehörte zu den Offizieren der Schupo, die im folgenden Jahr die Deportation der Juden aus dem Litzmannstädter Ghetto ins Vernichtungslager Chelmno kommandierten. Während die Schutzpolizei Litzmannstadt keine kriegsbedingten Störungen meldete, konnte der Hauptmannschaftsführer des Gendarmeriekreises Litzmannstadt wegen eines vom Regierungspräsidenten angeordneten Sondereinsatzes keine Abteilungsdienstversammlung und keine Monatsschulung im Juni durchführen, erst im Juli wurde sie wieder aufgenommen. Von Schwierigkeiten bei der Durchführung der Schulung wegen »erhöhter Inanspruchnahme« aufgrund der »kriegerischen Ereignisse in Osten« berichtete auch der Gendarmeriekreis Kalisch. Dies waren aber Einzelfälle. In der Regel scheint der Beginn des Russland-Feldzuges keine größeren Störungen im Schulungsbetrieb ausgelöst zu haben, und in den meisten Fällen wussten die Dienstvorgesetzten auch mit der neuen Lage umzugehen. Aus Pleschen meldete die Schupo-Dienstabteilung, man habe sich in der Wochenschulung hauptsächlich mit den Kriegsereignissen im Osten beschäftigt. Der Gendarmeriekreis Lenschütz berichtete, man habe im Juni das Thema »Blutsgemeinschaft«, im Juli das Thema »Der deutsche Osten« behandelt, außerdem habe man zwei Versammlungen der NSDAP-Ortsgruppe besucht, auf denen über die Geschichte Russlands und den »Kampf im Osten« referiert wurde. Der Gendarmeriekreis Schieratz meldete ebenfalls die Besprechung der Kriegshandlungen und der politischen Ereignisse in der Tagesschulung. Die Abteilungsführer erteilten hier einmal die Woche eine Wochenschulung über die wichtigsten laufenden Ereignisse, und auf jedem der fünf Gendarmerieposten des Kreises wurde jeweils ein Monatsvortrag gehalten, außerdem gab es einen zentralen Vortrag für den gesamten Gendarmeriekreis im Theatersaal von Schieratz. Vor der Schupo-Dienstabteilung von Schieratz hielt der Abteilungsführer im Juli einen Vortrag über den »Kampf zwischen Nationalsozialismus und Bolschewismus«. Konnte man hier die Aufgaben selber bewältigen, so halfen anderswo externe Kräfte aus. Vor der Schupo-Dienstabteilung Obornik etwa sprach der Schulleiter und SA-Angehörige Dahl über »Russland, Land und Leute«, in Zdunska-Wola informierte ein Kreisamtsleiter der Partei über Sowjetrussland usw.241 Ein Bericht des Schupo-Kommandos Posen über Aufbau und Tätigkeit der Schupo-Dienstabteilungen im Jahr 1941 gibt einen guten Überblick über die Ausbildungsund Schulungsaktivitäten während dieser Zeit. Bis Ende 1941 waren 17 Dienstabteilungen in den Städten mit über 5000 Einwohnern entstanden, in denen 118 Wachtmeister, 99 Meister und 18 Revieroffiziere tätig waren.242 Wegen des hohen polnischen Bevölkerungsanteils würden diese Kräfte nicht ausreichen, zudem sei
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die Schutzpolizei durch die Heranziehung zu Gefangenentransporten, Evakuierungsmaßnahmen und Razzien überlastet, in den meisten Standorten müsse sie Aufgaben der Kriminalpolizei mit übernehmen. Etwa noch einmal so viele Wachtmeister (116) waren aus der volksdeutschen Hilfspolizei des Warthegaus ins Beamtenverhältnis auf Widerruf überführt worden. Sie hatten zuvor dreimonatige Anwärterlehrgänge in Gnesen und Pelplin besucht. Für die weitere Ausbildung traf der SchupoKommandeur folgende Anordnung, die zugleich einen Überblick über die laufenden Schulungs- und Ausbildungsaktivitäten gibt: 1. tägliche Dienstbesprechungen von mindestens ½ Stunde; 2. wöchentlich mindestens 2 Stunden Fachunterricht. 3. Weltanschauliche Schulung: a) täglich im Anschluß an Dienstbesprechung durch die Abteilungsführer; b) wöchentlich im Anschluß an den Fachunterricht; c) monatlich 2 Std. durch besondere Schulungsredner (Aufgabenerteilung durch BdO). 4. Für Hilfspolizisten und Wachtmeister auf Widerruf allgemeinbildender Unterricht in Deutsch, Geschichte und Erdkunde, wöchentlich 4 Stunden durch Vertragslehrer (meist zusammen mit der Gendarmerie). 5. Waffenausbildung oder Körperschulung (wöchentlich 2 Stunden). 6. für die gleichmäßige Ausrichtung und Weiterbildung mindestens vierteljährlich mehrtägige Arbeitstagungen der Dienstabteilungsführer. 243
In dem Bericht wird die mangelnde Eignung vieler Männer beklagt. Die »Güte des Ersatzes aus dem Altreich« lasse nach, und zahlreiche Hilfspolizisten und Wachtmeister auf Widerruf müssten als ungeeignet wieder entlassen werden. Außerdem gab es Klagen, Polen würden sich als Volksdeutsche ausgeben, um in die Hilfspolizei aufgenommen zu werden, die Bewerber müssten deshalb genauestens auf ihre Volkszugehörigkeit überprüft werden.244 Allerdings kamen von höherer Stelle immer wieder Anweisungen, möglichst großzügig zu verfahren. Eine Liste von Hilfspolizisten des PB 72 vom Juli 1940 etwa enthielt die Vermerke »Übernahme ins Beamtenverhältnis«, »Verbleiben bis Kriegsende beabsichtigt«, »Entlassung soll sofort erfolgen«; Beurteilungen wie »zu klein«, »nicht bildungsfähig«, »zu jung« oder »zu alt« reichten noch als Gründe für den »Verbleib bis Kriegsende«, Gründe für die sofortige Entlassung waren vorwiegend körperliche Untauglichkeit (»schlechtes Sehvermögen«, »Gehörschwäche«, »Fußbeschwerden«).245 Anfang 1942 begann man mit volkstumsund rassenpolitischen Überprüfungen der in die Gendarmerie eingestellten Volksdeutschen: Wer inzwischen nicht in die Klassen I oder II der Deutschen Volksliste aufgenommen worden war, sollte aus dem Beamtenverhältnis wieder entlassen werden.246 Vom Hauptamt Orpo kam jedoch im Mai 1942 die Anordnung, die nicht ins Beamtenverhältnis übernommenen, »aber dienstlich nicht entbehrlichen« volksdeutschen Hilfspolizisten in den eingegliederten Ostgebieten und dem Generalgouvernement für die Dauer des Krieges in ihrer Stellung zu belassen. Zur »Erhaltung ihrer Dienstfreudigkeit« sollten sie die Dienstbezeichnung der deutschen Polizei
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mit dem Zusatz »der Hilfspolizei« erhalten, also je nach Lebensalter und Dienstjahren »Wachtmeister« bzw. »Unter-, Rott-, Ober-« oder »Hauptwachtmeister der Hilfspolizei« heißen. Die Bestimmung galt auch für die polnische Polizei.247 Da der Personalbedarf durch die Rekrutierung von Volksdeutschen aus dem Warthegau allein gleichwohl nicht gedeckt werden konnte, wurden den Polizeiverwaltungen zunehmend auch Reservisten aus dem Altreich als Wachtmeisterersatz zugewiesen. Für die Gendarmerie fanden ab Februar 1941 auf der Posener Dominsel 5- bis 6wöchige Sonderlehrgänge für Gendarmeriereservisten der drei Regierungsbezirke des Warthegaus Posen, Litzmannstadt und Hohensalza statt. Bis zum Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion wurden drei Lehrgänge durchgeführt; die Lehrgangsteilnehmer standen auf Anforderung auch für die »Bekämpfung des Bandenund Schmugglerwesens« zur Verfügung. Nach längerer kriegsbedingter Unterbrechung wurden die Lehrgänge Ende November 1941 wieder aufgenommen, jetzt auf 8 Wochen Dauer verlängert. Zum 5. Lehrgang im Frühjahr 1942 wurden Reservisten aus Sachsen und Berlin beordert.248 Wieckbergs Aktivitäten als Polizeischulungsleiter des Warthegaus lassen sich bis Dezember 1944 nachzeichnen. Seine Rundbriefe beschränkten sich zumeist auf allgemein gehaltene Kommentare zu den Heften der »Schriftenreihe« für die Monatsthemen, Anweisungen zur Tages- und Wochenschulung gab er, so weit sich das anhand der überlieferten Dokumente sagen lässt, nur ausnahmsweise einmal. Hier überließ er die Gestaltung offenbar den Schulungsoffizieren vor Ort. Als im Oktober 1941 das Thema »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus« und im November »Die angloamerikanische Welt« auf dem Plan stand, betonte er die Priorität des Kampfs gegen den Bolschewismus: Über die »angloamerikanische Welt« dürfe erst gesprochen werden, wenn das Bolschewismus-Thema bereits gründlich behandelt worden sei. Und für die Tagesschulung gab er die Devise aus: »Über den Osten, Russland und den Bolschewismus ist auch in der Tagesschulung immer wieder zu sprechen, wobei an die Kriegsereignisse angeknüpft werden kann. Das Ziel dieser Schulung ist eine Vertiefung der Einsicht in die geschichtlichen Voraussetzungen sowie in die gewaltigen Auswirkungen des gegenwärtigen Weltkampfes.«249
Im Dezember 41 und Januar 42 kamen die Hefte »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum« und »Rote Weltrevolution« zum Versand. Ergänzend sollte den Schulungskräften die Broschüre »Schlag nach über die Sowjetunion« zugänglich gemacht werden, darüber hinaus wies Wieckberg auf die Schriften »Bolschewistisches Frauenschicksal« und »Warum Krieg mit Stalin« hin. Auf dem Verteiler standen auch die PB 41 in Posen und 132 in Litzmannstadt. Das PB 41 war von März 1941 bis April 1942 in Posen stationiert. Es war während dieser Zeit laufend mit Streckensicherungen, Gefangenentransporten und »Evakuierungen« beschäftigt und hatte allein in der Zeit vom April bis Dezember 1941 die Aufgabe der Zwangsaussiedlung von etwa 25 000 Polen ins Generalgouvernement zu bewältigen. Das Bataillon unterhielt eine eigene »Spielschar«, die die Angehörigen der Polizei im Warthegau auf insgesamt 28 Abendveranstaltungen »betreute«.250 Im März 1942 kündigte der BdO
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erneut die Herausgabe kurzer Stoffsammlungen zur Unterstützung der Tages- und Wochenschulung durch Wieckberg an. Das folgende Monatsthema »Weltkrieg im Pazifik«, das den Krieg zwischen den USA und Japan zum Gegenstand hatte, ergänzte Wieckberg mit fünf Stoffsammlungen, die hauptsächlich auf das PazifikThema bezogen waren, aber eine (»Tagesschulung 5«) befasste sich mit der »Fremdarbeiterfrage – rassisch gesehen«. Darin gab er Hinweise auf den Umgang mit Fremd- und Zwangsarbeitern. Insbesondere bei »fremdvölkischen Fremdarbeitern« gelte die Regel, alles zu tun, um ihnen eine gerechte Behandlung zukommen zu lassen, »aber alles zu vermeiden, was den völkischen Anstand verschleiern oder gar zu einer biologischen Annäherung, sei sie ehelicher oder unehelicher Natur, anreizen und verleiten könnte.«251 Diese Stoffsammlungen waren für Gendarmerieposten, Schupo-Dienstabteilungen und Polizeireviere bestimmt, da hier die Tagesschulung noch Schwierigkeiten bereitete und zum Teil unvollkommen und unregelmäßig durchgeführt werde. Der Schulungsbetrieb lief in diesen Bahnen bis 1944 weiter. Im letzten Kriegsjahr wuchsen die Zweifel am Durchhaltewillen der Männer. »Je weiter der Krieg fortschreitet, umso wichtiger wird die weltanschauliche Sicherheit und innere Festigkeit eines jeden Deutschen«, schrieb der BdO Posen im Tagesbefehl vom 8.6.44: »Darum ist noch mehr als bisher die größte Sorgfalt auf die weltanschauliche Schulung zu verwenden. Zur Unterstützung der Dienststellen bei der Durchführung ihrer Tagesschulung werden künftig allen Tagesanordnungen kurzgefasste Beispiele für Tagesschulungen beigegeben werden.«252 Zuvor hatte Wieckberg noch 21 Exemplare von Günthers »Kleiner Rassenkunde« beim Verlag Otto Schwarz & Co. geordert.253 Im Sommer 1944 kam es noch einmal zu einer Welle der »Judenvernichtung«, als das Ghetto von Litzmannstadt endgültig geräumt und die Insassen nach Auschwitz und ins reaktivierte Vernichtungslager Chelmno transportiert wurden.254 Im Herbst 1944 vervielfältigten sich die Anstrengungen des Polizeischulungsleiters. Ab Ende September erhielten die Dienststellen die »WE-Hinweise« bzw. »Führungshinweise« des HA Orpo zugesandt, die sich hauptsächlich mit der militärischen Lage befassten und den Durchhaltewillen stärken sollten, aber auch immer wieder »Belehrungen über den Bolschewismus« und Ähnliches enthielten. Darüber hinaus gab Wieckberg jetzt eine neue Folge eigener Schulungsanweisungen heraus. In der »Schulungsanweisung Nr. 1« gab er als Monatsthema für November »Selbstbehauptung bis zum Äußersten« aus, als Grundlage dienten die SS-Leithefte und das »Mitteilungsblatt« vom 15.10.1940 – Hefte der »Schriftenreihe« waren schon seit dem Frühjahr 1944 nicht mehr herausgekommen. Für den Dezember kündigte er »Das politische Konzept der Feindmächte« an; falls die Unterlagen nicht rechtzeitig eintrafen, sollte die Schrift »Das Gesicht des Bolschewismus« behandelt werden, die bereits im Oktober an alle Dienststellen versandt worden war. 255 Für die Tagesschulung waren die laufenden Führungshinweise des Hauptamts Orpo zu studieren, außerdem Rundfunkberichte und Tagespresse zu verfolgen. Zur Unterstützung der Schulungsoffiziere versandte Wieckberg noch die bis dahin erschienen Folgen des »Politischen Dienstes für SS und Polizei«. Am 28. November kündigte er zusätzlich noch die Herausgabe von »Führungsrichtlinien« an, am 4.12. teilte er mit, die Füh-
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rungshinweise des HA Orpo würden eingestellt, danach brachte er einheitliche Führungshinweise des HSSPF Warthe für Sipo, Orpo und SS heraus, die sich auf Ausarbeitungen des SS-Hauptamtes stützten – Wieckberg war inzwischen zum Leiter der »Abt. VI« beim HSSPF ernannt worden. Der letzte »Führungshinweis« datiert vom 6. Januar – zu diesem Zeitpunkt begann die Evakuierung der deutschen Bevölkerung aus dem Warthegau.256 III.2.2. Ostoberschlesien und der »Oststreifen« Ostoberschlesien, das nach den Versailler Verträgen und der Volksbefragung 1921 an Polen gefallen war, wurde nach dem Sieg über Polen sofort annektiert und als Regierungsbezirk Kattowitz dem Deutschen Reich angeschlossen. Sosnowitz gehörte zunächst nicht dazu, sondern lag auf dem angrenzenden Gebiet des Generalgouvernements, wurde aber im November 1939 zusammen mit der Industriestadt Dombrowa und dem Landkreis Bendsburg (Bendzin) sowie einer Reihe weiterer Kreise und Gemeinden, darunter auch Auschwitz, die sich auf dem sog. Oststreifen befanden, vom Generalgouvernement abgetrennt und dem Regierungsbezirk Kattowitz angeschlossen. Aus Kattowitz und vor allem Sosnowitz ist vergleichsweise umfangreiches Material zur weltanschaulichen Schulung der Polizei erhalten, so dass für diesen Fall eine größere exemplarische Studie möglich ist. Sosnowitz und Dombrowa unterstanden verwaltungsmäßig zunächst als zwei von insgesamt sechs Abschnittskommandos dem Kommandeur der Schutzpolizei in Kattowitz, bis Ende Oktober 1940 ein eigener Kommandostab in Sosnowitz errichtet wurde. Zum Polizeikommando Kattowitz gehören vier weitere Abschnittskommandos, drei Kompanien, drei Lehrabteilungen, eine Hilfspolizeischule und ein Hilfspolizei-Ausbildungsbataillon, außerdem waren ihm die PB 83 und 85 unterstellt. In Kattowitz gab es anfangs einen eigenen BdO, dessen Stelle aber im Juli 1940 aufgelöst wurde. Seitdem war der PSL beim IdO Breslau für die weltanschauliche Schulung in Ostoberschlesien zuständig. Polizeischulungsleiter war schon seit 1937 der Diplomingenieur Ulrich Woelfert. Dem Schutzpolizeikommando Sosnowitz, das sich in zehn Polizeireviere gliederte und dem im Sommer 1940 etwa 980 Mann angehörten, unterstanden in der Hauptsache zwei Polizeikompanien, das Abschnittskommando I in Sosnowitz und das Abschnittskommando II in Dombrowa, ein Polizeigefangenenlager in Sosnowitz sowie eine Ausbildungskompanie in Maczki. Ostoberschlesien und insbesondere der »Oststreifen« (siehe Karte im Anhang) nahmen in den besetzten Ostgebieten trotz des hier gelegenen Auschwitz insofern eine Sonderstellung ein, als die dort lebenden Juden länger als in vielen anderen Gebieten von den großen Vernichtungsaktionen verschont blieben, weil sie als Zwangsarbeiter in die Rüstungsindustrie und den Autobahnbau der wirtschaftlich wichtigen Region einbezogen wurden. Die für die Erfassung und Lenkung des Zwangsarbeitereinsatzes in der Region zuständige »Organisation Schmelt«, geleitet von SS-Oberführer Albrecht Schmelt, hatte ihren Sitz in Sosnowitz – nicht zuletzt aus praktischen Gründen, denn die Organisation arbeitete eng mit den Judenräten des Oststreifens zusammen, deren
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Zentrale sich ebenfalls in Sosnowitz befand. Der Zentrale Judenrat bzw. Ältestenrat organisierte nicht nur elementare Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens einschließlich der sozialen Unterstützung für Bedürftige, sondern war auch für die Bereitstellung der geforderten Arbeitskräfte zuständig; er unterhielt einen eigenen Ordnungsdienst und eine Miliz, die Strafen verhängen konnte und autorisiert war, Arbeiter, die nicht freiwillig zur Zwangsarbeit erschienen, gewaltsam abzuholen. Unterstützt wurde sie dabei von deutscher Ordnungspolizei.257 Unter Schmelts Regie wurde der »Oststreifen«, insbesondere der Raum Sosnowitz/Dombrowa/Bendzin mit einem zuvor schon hohen Judenanteil zu einem Abschiebegebiet für Juden aus ganz Ostoberschlesien.258 Die Ordnungspolizei war mit der Aushebung, Erfassung und Festnahme der Zwangsarbeiter beschäftigt und bewachte die Arbeitslager, ein großer Teil der jüdischen Bevölkerung konnte jedoch zunächst in den Städten und in ihren Wohnungen bleiben. Im Mai 1942 begannen aber auch hier in größerem Umfang Deportationen nach Auschwitz, die jüdische Bevölkerung wurde ghettoisiert und im Verlauf des Jahres 1943 kam es zu massenhaften Deportationen und Exekutionen; von den 100- bis 120 000 Juden Ostoberschlesiens wurden bis Kriegsende mindestens 85 000 ermordet.259 An all diesen Aktionen – Festnahme und Verbringung zur Zwangsarbeit, Bewachung der Arbeitslager, später Ghettoisierung, Deportation und Exekution – hatten vor allem die beiden Polizeikompanien, insbesondere die 1. Kompanie in Sosnowitz maßgeblichen Anteil. Die Kompanien dürften sich hauptsächlich aus volksdeutschen Hilfspolizisten zusammengesetzt haben. Christopher Browning bringt das vergleichsweise geringe Maß an antijüdischer Gewalt in der Region Sosnowitz bis zum Mai 1942 damit in Zusammenhang, dass es sich bei der Schutzpolizei hier um schlesische Reservisten gehandelt habe, die – anders als etwa im Fall des von ihm beschriebenen PB 101 – »nicht in eine neue Welt verpflanzt« wurden, sondern »mit ihren Familien in einem ihnen relativ vertrauten Milieu« gelebt hätten: »Dies war nicht zu vergleichen mit der Situation einer im Feindesland, oder zumindest in fremder Umgebung, jedenfalls aber weitab von Heimat und Familie und in relativer Isolation operierenden Gruppe von Männern. Die Situation dieser Schutzpolizisten hatte weit mehr Ähnlichkeit mit der von Reservisten, die in heimischer Umgebung im Deutschen Reich Revierdienst leisteten, als mit der eines der Einsatzkommandos, die in den besetzten polnischen und sowjetischen Gebieten unterwegs waren.«260
Das Argument, das Brownings situativen Ansatz zu stützen scheint, kann jedoch nicht überzeugen, denn beim »Oststreifen« handelte es sich um annektiertes polnisches Wohngebiet. In Sosnowitz lag der deutsche Bevölkerungsanteil Ende 1939 bei 1,0%, so dass die deutsche Polizei hier faktisch »wie in Feindesland« operierte und sich insbesondere auch einem hohen jüdischen Bevölkerungsanteil von 23% gegenübersah.261 Das im Vergleich zu vielen anderen Regionen in Osteuropa geringe Ausmaß an unmittelbarer Gewalt hatte seine Ursache vielmehr in einer besonderen übergeordneten Befehls- und Auftragslage, die auch »kooperative« Strukturen implizierte. Es überrascht daher nicht, dass Polizisten gelegentlich ermahnt werden mussten, Ju-
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den nicht zu grüßen – von Browning als Indikator einer weniger judenfeindlichen Einstellung gewertet. Sobald diese Befehlslage sich änderte, trat auch hier die erforderliche Härte zutage und ereigneten sich ähnliche Gewaltexzesse wie anderswo. Ausbildung der volksdeutschen Hilfspolizei Schon unmittelbar nach der Besetzung Ost-Oberschlesiens begann man mit dem Aufbau einer Hilfspolizei, die zunächst aus Angehörigen des volksdeutschen Selbstschutzes rekrutiert wurde. Der Selbstschutz hatte sich zu Beginn des Polen-Feldzuges in Form eigener Milizen gebildet, über die die SS in der Folgezeit die Kontrolle und Führung ausübte. Für die Aufstellung dieser Milizen gab es eine große Bereitschaft und ein großes Reservoir unter den Volksdeutschen der polnischen West-Gebiete und der Grenzregionen. Die Erinnerung an die Kämpfe der oberschlesischen Freikorps 1921 war noch lebendig, und mit der Besetzung der an Polen abgetretenen Gebiete konnten offene Rechnungen beglichen werden. Schon unmittelbar nach Beginn des Krieges, am 4. September 1939 erschossen Angehörige des Selbstschutzes etwa 250 Personen in Kattowitz, unter den Opfern waren Teilnehmer an den schlesischen Aufständen 1920/21 von polnischer Seite.262 Der Kommandeur der Schutzpolizei Kattowitz hielt eine Gesamtzahl von rund 3000 Mann Hipo für erforderlich, um für das besetzte Gebiet Ost-Oberschlesiens, »das noch nicht befriedet« sei, ausreichend Polizeikräfte zur Verfügung zu haben. Der zu diesem Zeitpunkt für Ost-Oberschlesien zuständige SS-Oberführer Katzmann konnte Anfang November 1939 bereits »23 209 Mann Selbstschutz« melden, darunter »3281 Mann Hilfspolizei«.263 Für die Ausbildung der Hilfspolizei entstanden noch im Herbst 1939 Ausbildungsabteilungen in Hohenlohenhütte und Königshütte bei Kattowitz. Vermutlich handelte es sich dabei aber nur um Formen militärischer Grundausbildung durch das hier stationierte PB 62 bzw. nach seiner Abstellung zum BdO Krakau im Dezember 1939 durch das PB 83, das zu diesem Zeitpunkt von Beuthen nach Kattowitz verlegt wurde.264 Der KdG Kattowitz ließ 14tägige Schnellkurse für Reservisten zur Vorbereitung auf den Gendarmerie-Hilfsdienst durchführen, die weitere Ausbildung sollte dann auf den Dienststellen erfolgen. Die bis dahin offenbar nur provisorische Ausbildung erwies sich schon bald als unzureichend. Anfang Februar 1940 ordnete das Hauptamt Orpo die Errichtung von Hipo-Ausbildungsbataillonen und Hipo-Schulen in den annektierten Ostgebieten an. Dem Warthegau wurden zwei Bataillone, den Gauen Danzig-Westpreußen und Ostoberschlesien je ein Ausbildungsbataillon zugewiesen, jeder der drei neuen Gaue erhielt eine Hipo-Schule (in Pelplin, Gnesen und Kattowitz). In die Ausbildungsbataillone sollten Reservisten der Jahrgänge 1917 und jünger, zu den Lehrgängen an den Schulen die älteren Jahrgänge einberufen werden. Von den Ausbildungsbataillonen erhoffte man sich Nachwuchs für die geschlossenen Formationen der PB im Osteinsatz, während die Ausbildung in den Schulen darauf vorbereiten sollte, Aufgaben im Betrieb der Dienstabteilungen, also im Revier- und Einzeldienst zu übernehmen. Entsprechend unterschieden sich die
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Lehrpläne und -ziele. Die Ausbildungsdauer wurde für die Hipo-Ausbildungsbataillone auf 3 Monate festgelegt, Ziel war die »volle Verwendungsfähigkeit als Schütze im polizeilichen und militärischen Kampf«. Die schulischen Lehrgänge hatten dagegen eine Dauer von vier Monaten und sollten die Möglichkeit einer Beförderung bis zum Revier-Oberwachtmeister eröffnen. Für das in Hohenlohenhütte stationierte Hipo-Ausbildungsbataillon »Kattowitz« wurden drei Kompanien gebildet, zu denen ein MG-Zug hinzukam. Im Vordergrund stand die militärische Ausbildung, dazu kamen Körperschulung, gesetzeskundlicher und polizeifachlicher Unterricht, zwei Wochenstunden weltanschauliche Schulung sowie vier Stunden Deutschunterricht. Dem weltanschaulichen Unterricht lag eine erweiterte Version des Lehrplans für Reservisten vom 6.3.1940 zugrunde.265 Der Lehrplan für die Hipo-Schule war erheblich anspruchsvoller und differenzierter. Zwar nahm auch hier die Waffenausbildung mit 16 von 48 Wochenstunden einen breiten Raum ein, da die Teilnehmer aber eher »klassische« Aufgaben des Polizeidienstes wahrnehmen sollten, wurde mehr Wert auf die Vermittlung gesetzes- und polizeikundlicher Inhalte sowie deutschen Sprachunterricht gelegt. Der Stoffverteilungsplan für NS-Lehre war jetzt auf 16 Wochen ausgelegt: 1. Woche: 1. Erklärung des Begriffs »Weltanschauung« 2. Behandlung des gegenwärtigen Krieges und der Kriegsgründe 3. Der Vertrag von Versailles und die Raumansprüche in der Welt. (Dabei Behandlung des Kolonialproblems) 2. Woche: 1. Klärung der Begriffe Rasse – Blut – Auslese 2. Die Rassegesetzgebung, die Gesetze zum Schutze des deutschen Blutes v. 15.9.35 und zur Verhütung erbkranken Nachwuchses v. 14.7.1933 3. Gattenwahl, Heiratsbefehl für SS und Polizei, das Problem außerehelicher oder vorehelicher Kinder 3. Woche: 1. Erläuterung des Programms der NSDAP 2. Wiederholung der Themen der 1. und 2. Woche 4. Woche: Die geschichtliche Entwicklung des deutschen Reiches (Germanische Frühzeit, Völkerwanderung, das 1. Reich) 5. Woche: Ostpolitik 6. Woche: Das 2. Reich 7. Woche: 1. Wiederholung der Themen der 4. Woche 2. Die Zeit von 1918 – 1931 8. Woche: Die Machtübernahme durch die NSDAP und der damit beginnende Neuaufbau des Reiches
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Die einschlägigen Gesetze und Bestimmungen (Gesetz über Neuaufbau des Reiches v. 30.1.1934, die Beamtengesetze, die neue Gemeindeordnung, Gesetz über das Staatsoberhaupt v. 1.8.34, das Reichsstatthaltergesetz) Woche: Wiederholung Woche: 1. Klärung der Begriffe Partei – Staat Behandlung des Aufbaus, der Organisation und der Aufgaben von Partei und Staat 2. Erläuterung der Gesetze zur Sicherung der Einheit zwischen Partei und Staat, sowie das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien Woche: 1. Darstellung der geschichtlichen Entwicklung vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich deutscher Nation 2. Wiederholung der Themen der 6. und 7. Woche Woche: 1. Die Gegner der heutigen Staatsform (Judentum, Freimaurerei, Presse, Gold, Kirchen und Sekten, Hinweis auf Spionage und Spionageabwehr) 2. Vorführung des Films »Judentum und Freimaurerei« Woche: 1. Die Innen- und Außenpolitik Deutschlands 2. Der Polizeibeamte als Beispiel und Propagandist Woche: 1. Adolf Hitler und die Führung des Staates und der Partei 2. Der Gemeinschaftsgedanke Woche: 1. Wiederholung der Themen der 9., 10. und 11. Woche 2. Allgemeine Wiederholung Woche: Schriftliche und mündliche Prüfung.266
Zum Thema »Judenfrage« kam 1940 auch der als Lichtbildvortrag konzipierte Bildband des SS-Schulungsamtes von 1936 über das Judentum an die Polizeiverwaltungen der annektierten Gebiete Polens zum Versand, um in den Hilfspolizei-Lehrgängen Verwendung zu finden. Mit Rücksicht auf den Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion wurden vorübergehend »gegen Sowjetrussland gerichtete« Bilder und Textpassagen gestrichen.267 Waren die Hipo-Lehrgänge zunächst auf vier Monate ausgelegt, so wurden sie im Verlauf des Jahres 1940 auf fünf Monate verlängert. Nach Erlass des Hauptamtes Orpo vom 30.9.1940 wurde ein auf insgesamt 22 Wochen ausgelegter Lehrplan für »NS-Lehre« festgelegt, der für alle Hipo-Schulen galt und bereits weitgehend dem Lehrplan für »NS-Lehre« entsprach, der am 14.1.1941 für die Polizeibataillone erlassen wurde. Der Lehrplan gliederte sich in zwei Ausbildungsabschnitte mit drei Hauptthemen: 1. Ausbildungsabschnitt (1.-4.Woche): I. Der Kampf um die Macht in Deutschland 1. Das Leben des Führers 2. Geschichte der Bewegung
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3. Das Buch »Mein Kampf« (»Das Buch ›Mein Kampf‹ ist dem gesamten weltanschaulichen Unterricht zugrunde zu legen und als Erkenntnisquelle für die persönliche Unterrichtung den Männern nahezubringen.«) II. Ziel und Aufgaben der NSDAP 1. Nationalsozialismus und Sozialismus – eine Einheit 2. Das Parteiprogramm 3. Organisation der Partei 2. Ausbildungsabschnitt (5.-22. Woche): III. Der Aufbau des nationalsozialistischen Reiches 1. Im Mittelpunkt des nationalsozialistischen Denkens steht das Volk Das Volk, eine Lebens- und Schicksalsgemeinschaft; Verhältnis Volk und Raum, Volk und Staat; völkische Ordnung, völkische Weltanschauung 2. Zusammensetzung des deutschen Volkes a) Rassische Zusammensetzung, b) Wer gehört zum deutschen Volk? c) Minderheiten 3. Wer führt das Volk? a) Vom Wesen der Führung – Adolf Hitler, der Führer b) Führerauslese durch die Partei c) Führung des Staates d) Die Partei befiehlt dem Staat – Einheit von Partei und Staat 4. Der Bau des großdeutschen Reiches Saarland – Ostmark – Sudetenland – Böhmen und Mähren – Memelland – Danzig – die neuen Ostgebiete 5. Rasse und Vererbung. Rasse im Mittelpunkt des Volks- und Staatslebens a) Die Judenfrage in Deutschland b) Reinerhaltung des deutschen Blutes (Blutschutzgesetz v. 15. Sept. 1935) c) Das Reichsbürgergesetz Staatsangehöriger und Reichsbürger d) Pflege des Erbgutes: aa) Verhinderung der Fortpflanzung erblich Minderwertiger; bb) Die erbgesunde Familie – Garantin der Erbgesundheit des deutschen Volkes.
Teil III nahm mit 18 Wochen den weitaus größten Teil ein und enthielt neben einem Überblick über die neue Gestalt des »Großdeutschen Reichs« vor allem eine Einführung in die völkische Ordnung, die Grundlagen des »Führerstaates« und die rassenanthropologischen und -politischen Grundlagen des Dritten Reichs. Die geschichtlichen Anteile beschränkten sich auf einen kurzen Abriss der »Geschichte der Bewegung«. Stattdessen waren im Rahmen des auf acht Stunden erweiterten Deutschunterrichts zwei Stunden für die Behandlung geschichtlicher und erdkundlicher Fragen vorgesehen.268 Die Hipo-Schule Kattowitz umfasste drei Lehrabteilungen: die Lehrabteilung I mit zwei Kompanien in Hindenburg und einer in Friedenshütte, die Lehrabteilung II mit zwei Kompanien zunächst in Rybnik, dann in Königshütte und die Lehrabtei-
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lung III in Sosnowitz. Daneben existierte eine Hilfsgendarmerieschule in Kochlowitz, auf der ab März 1940 die erwähnten 14tägigen Schnell-Kurse für Volksdeutsche durchgeführt wurden, die anschließend auf Gendarmerie-Posten weiterbildet wurden; sie sollten nach Besuch eines weiteren Lehrgangs von drei Monaten in den Gendarmeriedienst übernommen werden.269 Im September 1941 wurde eine Gendarmerie-Hilfsschule in Bad Gottschalkowitz bei Pless eingerichtet, an der vor allem Reservisten des Einzeldienstes ausgebildet wurde. Da es bei einem großen Teil der volksdeutschen Hilfspolizisten zum Teil erhebliche Mängel in der Kenntnis und Beherrschung der deutschen Sprache gab, wurde der Deutschunterricht im Anschluss an die Lehrgänge fortgesetzt. Sowohl für die in den Einzeldienst eingestellten Hilfspolizisten und -gendarme als auch für die in die Hundertschaftsabteilungen bzw. Polizeibataillone überführten Absolventen der Hipo-Ausbildungsbataillone wurde jeweils ein Unterricht von fünf bis sechs Wochenstunden durch zivile Deutsch-Lehrer organisiert. Für die Hilfsgendarmerie des östlich von Sosnowitz gelegenen Kreises Ilkenau, um nur ein Beispiel zu geben, wurde im Oktober 1940 jeweils für Dienstags und Freitags von 14 bis 17 Uhr Deutschunterricht in den Räumen der Deutschen Schule angeordnet; dazu kamen etwa alle 14 Tage fünf Stunden Unterricht in Polizei- und Waffenkunde.270 Der Bedarf an zusätzlichem Deutschunterricht schwankte je nach lokalen Gegebenheiten und Volkstumsverhältnissen. Er war besonders hoch im »Oststreifen«, wo nur eine sehr kleine deutsche Minderheit lebte; so meldete der Gendarmeriekreis Bendsburg zum Beispiel im Juli 1940, ein Drittel der Hilfsgendarme beherrschten die deutsche Sprache nicht, ab 1. August würden deshalb zwei Junglehrer aus dem Reich dreimal in der Woche Deutschunterricht erteilen. Der Unterricht wurde allgemein in zwei Abschnitte, eine Vor- und eine Hauptschulung geteilt und jeweils mit Prüfungen abgeschlossen.271 Für die Hipo-Schule und das Hipo-Ausbildungsbataillon Kattowitz war jeweils ein Volksschullehrer als hauptamtlicher Unterrichtsleiter tätig, die Dienstabteilungen der Gemeinden stellten dafür nebenamtliche Vertragslehrer ein; für die Prüfungen wurden Kommissionen aus Offizieren und Lehrern gebildet.272 Der Regierungspräsident Kattowitz berichtete im Oktober 1942, die ins Beamtenverhältnis übernommenen Hilfsgendarme, bei denen es sich um Volksdeutsche handelte, die zum Teil nur polnische Schulen besucht hatten, erhielten seit 1940 acht Stunden die Woche allgemeinbildenden und vor allem Deutschunterricht durch Volksschullehrer der Gemeinden; in den Unterricht würden auch alle anderen Hilfsgendarme und Polizeireservisten des Einzeldienstes einbezogen.273 An der Kattowitzer Polizeischule fanden in den folgenden Jahren Lehrgänge für Hilfspolizisten, aber auch Schupo-Anwärterlehrgänge statt. Die Dauer der Hipo-Lehrgänge wurde noch 1940 auf 5 Monate verlängert. 1940 und 1941 wurden der Schule mehrfach Hilfspolizisten aus den anderen eingegliederten Gebieten – aus Zichenau und dem Warthegau – sowie aus Krakau zugewiesen. In der Lehrabteilung III in Sosnowitz begann im Juli 1940 auch ein »Umschulungslehrgang« für ehemalige polnische Polizeibeamte, auf deren Dienste man insbesondere im überwiegend von Polen bewohnten »Oststreifen« angewiesen war und die anschließend auf die Reviere verteilt wurden. Der Lehrgang, an dem 78 Mann teil-
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nahmen, fand im ehemaligen polnischen Gymnasium statt – höhere Schulen einschließlich Fach- und Berufsschulen waren für Polen geschlossen worden, so dass die deutschen Verwaltungen genügend Räumlichkeiten für ihre Zwecke fanden. Die Monatsschulung der Sosnowitzer Schupo fand zum Beispiel in der Aula des ehemaligen Mädchengymnasiums statt, das 1. Polizeirevier von Sosnowitz traf sich zum Unterricht in der jüdischen Gewerbeschule. Auf der Suche nach einem Standort für eine dauerhaft einzurichtende Gendarmerieschule ermittelte man neben zwei Klöstern auch zwei ehemalige polnische Gymnasien, darunter das Gymnasium von Saybusch, das jedoch vom Polizeibataillon 83 belegt wurde. Die polnische Bevölkerung sollte in den annektierten Gebieten auf ein kulturelles Minimum herabgedrückt werden. Die Einrichtung eines Lehrgangs für polnische Polizisten in Sosnowitz überrascht deshalb, zumal sich dieser Lehrgang lehrplanmäßig nicht von den Lehrgängen für volksdeutsche Hilfspolizisten oder etwa auch die Hilfsgendarme aus Elsass, Lothringen und Luxemburg unterschied. Der Lehrplan war identisch mit dem allgemeinen Lehrplan für Hilfspolizisten nach dem Erlass des HA Orpo vom 5.2.1940, mit 16 Wochenstunden Waffenausbildung (!), 8 Stunden Polizeikunde, 8 Stunden Deutschunterricht, 2 Wochenstunden NS-Lehre usw. Vermutlich handelte es sich um einen Ausnahmefall, da keine Dokumente über weitere Lehrgänge dieser Art für ehemals polnische Polizeibeamte in Ost-Oberschlesien nicht überliefert sind. Während des Jahres 1940 befanden sich etwa 700 Anwärter in den Lehrgängen der Kattowitzer Polizeischule. Die meisten wurden für die Dienststellen ausgebildet, die neu aufzubauen waren, in einigen wurden auch jüngere Anwärter ausgebildet, die für die geschlossenen Formationen bestimmt war. Die Ergebnisse blieben oft hinter den Erwartungen zurück. So musste zum Beispiel ein Lehrgang mit 34 Hilfspolizisten der Jahrgänge 1917 und jünger aus dem Generalgouvernement, der im Oktober 1940 in Sosnowitz begann, vorzeitig abgebrochen werden, weil der Bildungsstand bei 25 Männern so niedrig war, dass eine weitere Beschulung als aussichtslos erschien: »Vier der Lehrgangsteilnehmer haben bisher überhaupt noch keine Schule – weder eine polnische noch eine deutsche – besucht und sind ausgesprochene Analphabeten; vier weitere lernen erst jetzt schreiben, während die übrigen Männer in Deutsch derart schlecht sind, dass sie dem Unterricht beim besten Willen nicht zu folgen vermögen. Der Deutschlehrer muß sich teilweise zur Verständlichmachung einigen Schülern gegenüber nicht nur der polnischen, sondern sogar der russischen Sprache bedienen, aber selbst dies führt nicht zum gewünschten Erfolg.«
Auch zusätzlicher Nachhilfeunterricht brachte keine Besserung, die Leistungen waren »trotz niedrigst gestellter Anforderungen geradezu verheerend… Diese Männer können Deutsch weder sprechen, lesen noch schreiben.« In einem anderen Fall eines Lehrgangs ebenfalls mit jüngeren Reservisten wurden 50% vorab als nicht polizeidiensttauglich eingestuft. Die Männer waren der Schule von den in Ost-Oberschlesien stationierten PB 82 und 83 zugewiesen worden.274
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Faktisch hatte man es mit bei den volksdeutschen Hipo-Anwärtern und Reservisten zu einem großen Teil mit Polen zu tun, die deutsche Abstammungslinien nachweisen konnten und deshalb zu Deutschen erklärt wurden, aber erst noch zu solchen »gemacht« werden mussten. Dies betraf hauptsächlich die Sprache, oft aber auch allgemeine Haltungsmerkmale, die sich unter dem Stichwort »deutsche Zucht und Ordnung« zusammenfassen lassen. So resümierte der Kommandeur der Kattowitzer Schupo-Schule Dr. Goebel 1941 in seinem Bericht über einen Lehrgang für Hipo-Anwärter aus Krakau: »Die Lehrgangsteilnehmer waren zum Teil noch sehr jung (18 Jahre) und nicht ernst genug. Zum größeren Teil sind sie straffe Zucht und Ordnung noch nicht gewohnt. Insbesondere mußte stets ein Augenmerk auf die Körper- und Wäschereinigung gelegt werden. Hier zeigte sich das jahrelange Leben unter den Polen. Alle waren durchweg fleißig und eifrig, allerdings musste auch bei einigen, die sich nur schwer der Ordnung fügen konnten, scharf zugefasst werden.«
Die Formulierung »zum Teil noch sehr jung« war übertrieben, denn das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 25 Jahren. Von 37 Teilnehmern bestanden 29 die Abschlussprüfung, für die übrigen befürwortete Goebel die Teilnahme an einem Wiederholungslehrgang nach einem Jahr »bei starker Förderung in Deutsch«.275 Der Deutschunterricht war inzwischen in den Lehrplänen von 4 auf 8 Stunden erhöht worden; davon war im 2. Ausbildungsabschnitt eine Stunde für erdkundliche und geschichtliche Themen vorgesehen, in der entsprechende Lehrbücher als Lesestoff zu verwenden waren. In Erdkunde sollten die »Landschaften Großdeutschlands« behandelt werden, in Geschichte waren »unter dem Leitgedanken ›Brandenburg – Preußen – Deutschland‹« die folgenden Zeitabschnitte zu besprechen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Der deutsche Ordensstaat Brandenburg unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm II. Friedrich der Große Der Zusammenbruch Preußens und seine Erhebung Vorbereitung zur Gründung des zweiten deutschen Reiches Das Deutsche Reich unter Bismarcks Führung Nach Bismarcks Sturz Das Diktat von Versailles.276
Nach Beendigung der Lehrgänge war dieser »allgemeinbildende Unterricht« fortzusetzen. Sowohl für die Absolventen der Lehrgänge an den Schupo-Schulen als auch der Ausbildungsbataillone sollte sich für die »Fortgeschritteneren« (»Gruppe A) eine einjährige Beschulung mit sechs Wochenstunden Deutsch und je zwei Stunden Geschichte und Erdkunde anschließen, für die Männer mit »geringerer Vorbildung« (»Gruppe B«) waren zwei Jahre geplant. Der Geschichtsunterricht war jetzt zusätzlich zum Komplex »Brandenburg – Preußen – Deutschland« um eine »Übersicht über die deutsche Geschichte von der Frühzeit bis zum 30jährigen Kriege« zu er-
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weitern; in Erdkunde sollten jetzt auch »die für Deutschland wichtigsten europäischen und außereuropäischen Länder« behandelt werden. Für den Deutschunterricht waren monatlich zwei Diktate und ein Aufsatz, in Geschichte und Erdkunde jeweils sechs »Reinarbeiten« im Jahr zu schreiben.277 Mit Erlass vom 12.5.42 traf das Hauptamt Orpo eine neue einheitliche Regelung für den Deutschunterricht, nach der dem Anwärterlehrgang ein Vorbereitungsunterricht von sechs Monaten mit vier bis sechs Wochenstunden am Heimatstandort vorausgehen sollte, um sicherzustellen, dass Hilfspolizisten und Reservisten überhaupt in der Lage waren, dem Anwärterlehrgang zu folgen; nach dem Anwärterlehrgang sollte dann ein weiteres Jahr Hauptunterricht mit ebenfalls vier bis sechs Wochenstunden am Heimatstandort folgen.278 Konzentrierten sich die Rekrutierungen der Hilfspolizei anfangs auf die Angehörigen des Selbstschutzes, so fanden zunehmend auch Rekrutierungen von Reservisten nach den im Altreich geltenden Richtlinien statt, die sich ebenfalls hauptsächlich auf Volksdeutsche richteten; darüber hinaus wurden aber auch Reservisten aus dem Altreich für den Aufbau der Dienststellen und den Osteinsatz in die neuen Ostgebiete abgeordnet, die in den hier stationierten Polizeibataillonen und den neu errichteten Schulen und Ausbildungsabteilungen weiter ausgebildet wurden. Schon unmittelbar nach der Besetzung Ost-Oberschlesiens stellte der IdO Breslau 500 Reservisten aus dem Verstärkten Polizeischutz für die Bewachung »kriegs- und lebenswichtiger« Betriebe im Raum Kattowitz zur Verfügung.279 In Maczki bei Sosnowitz wurde eine Ausbildungsabteilung errichtet, an der ab 1941 sechswöchige Lehrgänge für »neu erfasste« Reservisten aus Oberschlesien stattfanden, die der 2. Polizeikompanie zugewiesen worden waren. Später wurden hier nach abgeschlossener Grundausbildung auch Wiederholungslehrgänge für Reservisten des Einzeldienstes durchgeführt.280 Lehrpläne vom Januar 1942 weisen auf einen intensiven Ausbildungsbetrieb mit neun Stunden täglichem Unterricht hin, der neben Waffenunterricht unter anderem Einführungen in Staatsrecht, Verkehrsrecht, Polzeidienstkunde usw. und mit fünf Wochenstunden einen hohen Anteil an »Weltanschaulicher Schulung« beinhaltete. Themen der weltanschaulichen Schulung waren: 1. und 2. Woche: Die Zerschlagung von Versailles. Neue Raumansprüche in Europa und in der Welt. 3. Woche: Die Erkenntnis der Rasse als Grundlage unserer Weltanschauung. 4. Woche: Der Polizeibeamte als Beispiel und Propagandist. 5. Woche: Der Bolschewismus als Feind im Osten. 6. Woche: Wiederholung.
Weltanschaulich-politische Inhalte vermittelte auch der staatsrechtliche Unterricht: 1. 2. 3. 4.
Aufbau des Staates («a. Der Führer …«). Organisation der NSDAP. Das Reichsbürgergesetz vom 15.9.1935. Das Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15.9.1935.
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»Die angeführten Themen aus dem Staatsrecht«, hieß es in einem Zusatzvermerk, »wurden für unbedingt notwendig angesehen, da eine größere Zahl der Einberufenen aus den rückgegliederten oder eingegliederten Gebieten stammt und somit eine Aufklärung über die Grundgesetze des Staatswesens und der Volksgemeinschaft erfolgen muß.«281 Der Schwerpunkt der Lehrgänge, die im Sommer 1942 von sechs auf acht Wochen verlängert wurden, lag jedoch auf der »waffenpolizeilichen Grundausbildung«, eine »fachpolizeiliche Ausbildung im weiteren Umfang« sollte erst anschließend auf den Dienststellen erfolgen. Ab Dezember 1942 wurden in Maczki sechswöchige Weiterbildungslehrgänge für Reservisten der Schutzpolizei der Gemeinden durchgeführt, die zum Teil im Straßendienst eingesetzt waren und jetzt auf den »Kampf-« und den »Osteinsatz« vorbereitet werden sollten. Entsprechend waren die Lehrgänge mit 30 Wochenstunden Waffendienst, Geländeausbildung, Schießen, Waffenkunde und Waffenreinigung besonders stark militärisch ausgerichtet; dazu kamen Sondervorträge wie »Der Waldkampf«, »Der Ostkampf« oder »Bekämpfung von feindlichen Luftlande- und Fallschirmtruppen«. Im Gesangsunterricht wurde das »SS-Treuelied« eingeübt. Der übliche Kurz-Lehrplan in NS-Lehre wurde dem Zweck des Lehrgangs entsprechend um das Thema »Der Osten« erweitert, und im polizeifachlichen Unterricht waren vier Stunden dem Thema »Aufgaben der Polizei im Osten« gewidmet – in beiden Fällen waren zu den Themen schriftliche Arbeiten anzufertigen.282 Die polizeifachliche Ausbildung, hieß es in einem Bericht zum 3. Weiterbildungslehrgang vom Juni 1943, wurde »wegen Zeitmangels nur beschränkt durchgeführt«, denn: »Es handelte sich bei diesem Lehrgang in erster Linie darum, die Männer zu Kämpfern auszubilden.« Zu den Schwerpunkten gehörte die Nahkampfausbildung: »Es wurde der Kampf mit dem Spaten, einer gegen mehrere, mit Messern, Seitengewehren, mit aufgepflanztem Seitengewehr geübt, wobei die Männer eine ansehnliche Fertigkeit erzielten.« Die NS-Lehre kam jedoch nicht zu kurz: »Besonderes Augenmerk wurde der Weltanschaulichen Schulung gewidmet. Hierfür wurden wöchentlich 5 Stunden verwendet. Die NS-Lehre war so gestaltet, dass abwechselnd Vorträge und Unterricht gehalten wurden.«283 Ein Pendant zur Ausbildungsabteilung Maczki war die Gendarmerie-Hilfspolizeischule in Bad Gottschalkowitz, an der zur gleichen Zeit Angehörige der Hilfsgendarmerie eine Ausbildung für den Einsatz im Osten erhielten. Zu diesem Zweck war auch hier 1942 eine Nahkampfanlage gebaut worden.284 Schutzpolizeikommando und Gendarmerie Während in der Hipo-Schule und den Ausbildungsbataillonen nach besonderen Lehrplänen unterrichtet wurde, galten für die weltanschauliche Schulung in allen anderen Einheiten und Dienststellen die allgemeinen Bestimmungen für den Einzeldienst und die Polizeibataillone, wie sie vor allem mit dem Erlass vom 2.6.1940 festgelegt worden waren. Das Schupo-Kommando Kattowitz war Ende 1939/Anfang 1940 in sechs Abschnittskommandos (Ak) mit Dienstabteilungen in Kattowitz, Myslowitz, Königshütte, Schwientochlowitz, Sosnowitz und Dombrowa gegliedert. Mit der Bil-
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dung eines eigenen Schupo-Kommandos Sosnowitz im Oktober 1940 wurden die Ak V (Sosnowitz) und VI (Dombrowa) als Ak I und II des KdO Sosnowitz neu benannt. Die beiden Abschnittskommandos waren in jeweils 5 Reviere gegliedert, denen je zwei Offiziere und im Durchschnitt etwa 30 Wachtmeister angehörten, außerdem gab es noch 4 Revierzweigstellen und 5 kleinere Polizeiposten. Darüber hinaus waren dem Kommandeur von Sosnowitz die Lehr- und Ausbildungsabteilung Maczki, zwei Polizeikompanien als geschlossene Formationen in Sosnowitz und Maczki sowie eine Kraftfahr-, Reiter-, Nachrichten- und Sanitätsstaffel unterstellt. Insgesamt unterstanden dem KdO Sosnowitz im Oktober 1940 an die 900 Männer.285 Hinzu kam eine unbekannte Zahl an Gendarmerieangehörigen. Die Gendarmerie unterstand dem Kommandeur der Gendarmerie in Kattowitz; ein eigener KdG für Sosnowitz wurde nicht gebildet. Der KdG verfügte Anfang 1940 über 26 Offiziere und 493 Gendarme und meldete ein zusätzliches Soll von 182 aktiven Gendarmen und 757 Hilfsgendarmen an. Die Eingliederung der ehemals polnischen Gebiete ins Reich brachte einen hohen Bedarf an Polizeikräften mit sich. Ein Jahr später, im März 1941 war die Ist-Stärke der Gendarmerie in Ost-Oberschlesien auf insgesamt 2153 Mann angewachsen: 964 aktive Offiziere und Gendarme, 289 Hilfsgendarme und 900 Reservisten – eine große Zahl an Hilfsgendarmen, die vor allem aus dem oberschlesischen Selbstschutz rekrutiert wurden, waren inzwischen ausgebildet und übernommen worden.286 Dem BdO Kattowitz standen für Ost-Oberschlesien darüber hinaus mehrere Polizeibataillone zur Verfügung: Noch im September 1939 war aus vier Hundertschaften in Schlesien das PB 82 aufgestellt und unmittelbar nach dem Angriff auf Polen im Raum Kattowitz mit drei Kompanien in Karwin, Saybusch und Krenau stationiert worden. Als das Bataillon im Juni 1941 nach Russland abkommandiert wurde, übernahm das PB 83 seine Aufgaben. Das PB 83 war im Dezember 1939 von Beuthen nach Ost-Oberschlesien verlegt worden und hatte dort das PB 62 abgelöst, das nur für kurze Zeit hier stationiert war und im Dezember dem BdO Krakau unterstellt wurde. Standort war 1941 Saybusch. 1941/42 war mit dem PB 85 noch ein drittes Polizeibataillon in Kattowitz stationiert, es wurde im Sommer 1942 ebenfalls nach Russland verlegt. Nach der Auflösung des Stabes des BdO Kattowitz im Juli 1940 unterstanden die Bataillone befehlsmäßig dem IdO Breslau.287 Die Aufsicht über die weltanschauliche Schulung führte der PSL beim IdO Breslau Ulrich Woelfert. Ob es während der kurzen Zeit, in der ein eigener BdO Kattowitz existierte, dort auch einen PSL gab, ist nicht bekannt; die Funktion könnte aber Josef Scheer ausgeübt haben, denn er wurde nach dem Polen-Feldzug als leitender Schulungsreferent und Polizeischullehrer beim KdO Kattowitz eingestellt und war die beherrschende Gestalt im Schulungsbetrieb der Region, bis er im November 1940 auf einen Lehrgang an der Polizeioffiziersschule Köpenick geschickt wurde. Danach wurde er als Leutnant, Obersturmführer und Kompanieführer bei der SS-Polizei-Division eingesetzt, später leitete er die Abt. VI der 2. lettischen Division der Waffen-SS. Scheer, von Beruf Reichsbahn-Assistent, gehörte zur Riege der alten Kämpfer; 1929 trat er als Achtzehnjähriger der HJ und dem NS-Schülerbund bei, wurde Gauredner und Standortführer der HJ Laband, 1932 schloss er sich der SS an, 1934 wurde er zum Schulungsleiter und 1936 zum Standarten-Schulungsleiter für das oberschlesische
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Industrierevier ernannt. Scheer war »Autodidakt«. Er hatte Volkshochschulkurse und Vorlesungen über Rassen- und Vererbungslehre, Vor- und Frühgeschichte und Deutsche Geschichte besucht und kannte sich bestens in der nationalsozialistischen Weltanschauung aus. Auf einem Schulungslager der SS in Glatz hielt er einen Vortrag über »Sinn und Bedeutung der Sterilisationsgesetze für das deutsche Volk«. Am Polen-Feldzug hatte er als Zugführer einer Grenzpolizei-Abteilung der Waffen-SS teilgenommen.288 Nachdem der Schulungsbetrieb, der bedingt durch die Kriegshandlungen für kurze Zeit unterbrochen war, nach Befehl des KdO im Februar 1940 wieder aufgenommen werden sollte, besuchte Scheer reihum die Abschnittskommandos, um selber die Monatsschulung durchzuführen. Für den 29.2. und 1.3. wurde jeweils eine Schulungsstunde mit Scheer für die beiden Abschnittskommandos Sosnowitz und Dombrowa festgelegt. Die Vorträge fanden in der Aula des ehemaligen Mädchengymnasiums von Sosnowitz statt. Für die Angehörigen der weiter entfernt gelegenen Reviere wurde ein Fahrdienst organisiert.289 Scheer war gleichzeitig auch für den weltanschaulichen Unterricht im Hipo-Ausbildungsbataillon zuständig. Nachdem das HA Orpo den grundlegenden Erlass zur Tages-, Wochen- und Monatsschulung vom 2.6.1940 herausgegeben hatte, erfolgte auch in Ost-Oberschlesien eine Neuordnung der weltanschaulichen Schulung und Erziehung. Danach führte Scheer weiterhin die Monatsschulung in den geschlossenen Formationen durch – zu diesem Zeitpunkt waren das im Wesentlichen das PB 83, das Hipo-Ausbildungsbataillon und die Hilfspolizeischule –, während für die Abschnittskommandos jeweils Polizeioffiziere ernannt wurden. Im Rahmen der allmorgendlichen Dienstbesprechungen war eine kurze Tagesschulung durchzuführen, einmal die Woche sollte bei den geschlossenen Verbänden eine Wochenschulung bzw. auf den Revieren des Einzeldienstes eine »Information« in Verbindung mit einem polizeifachlichen Unterricht stattfinden.290 Am 18. und 19.7. hielt sich Woelfert in Sosnowitz und Kattowitz auf, um mit den Offizieren die neuen Richtlinien zur weltanschaulichen Schulung und die daraus sich ergebenden Aufgaben zu besprechen. Bei dieser Gelegenheit dürften auch die für die Schulung zuständigen Offiziere ernannt worden sein. Für Sosnowitz und Dombrowa war der Oberleutnant Wendlinger zuständig.291Die Abschnittskommandeure waren ebenso wie die Bataillonskommandeure gehalten, sich zusammen mit den Revier- und Postenführern zu regelmäßigen Besprechungen mit Scheer einzufinden, um den vorgesehenen Stoff mit ihm durchzusprechen.292 Für die Durchführung der Schulung versandte Woelfert als Polizeischulungsleiter des IdO Breslau Materialien und Anweisungen. Sie gingen bisweilen sehr ins Detail. Bereits für den Juli 1940 hatte er zum Beispiel folgende Themenzusammenstellung für die Tages- und Wochenschulung herausgegeben: »A. Für die Tagesschulung 1) Die jüngsten Ereignisse militärischer und politischer Art im und um das Mittelmeer. Dazu: Tageszeitungen und eine Karte … Auffrischung der geographischen Kenntnisse. 2) ›Die 5. Kolonne.‹ Aufsatz von Alfred Rosenberg. V.B. [Völkischer Beobachter] v. 9.6.40. Entstehung dieses Begriffs. Was ist daraus geworden?
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3) ›Das Ende des Gentleman.‹ Aufsatz von Alfred Rosenberg. V.B. v. 30.6.40. Die Begriffe ›Chevalier‹ und ›Gentleman‹ sind zu vergleichen mit dem neuen Typ : Deutscher Arbeiter‹. 4) Taschenbuch des deutschen Soldaten: Für Freiheit und Recht. Seite 1-9 sind vorzulesen und zu besprechen. z.B. Seite 3: Das Kriegsziel der Feinde Deines Volkes wird immer bleiben … oder Seite 8: Deutsche standen gegen Deutsche … B. Für die Wochenschulung: Woche vom 8.-14.7.40: Der Tag von Compiègne. Sommersonnenwende – Zeitenwende. Woche vom 15.-21.7.40 Der Tod in Polen (Dwinger) Woche vom 22.-28.7.40 Der Tod in Polen. Besprechung dieses Buches, welches der Höhere SS- und Polizeiführer allen Dienststellen der Polizei gewidmet hat. Zu betonen ist: Nicht nur der Pöbel verursachte diese Verbrechen, sondern auch die polnische Intelligenz nahm Anteil, und auch die Vertreter der Kirche duldeten sie. Schlußfolgerungen: Die Hauptschuldigen: England (Juda). Jede noch so harte deutsche Maßnahme im Osten ist gerechtfertigt. Erziehung zur Härte im Denken und Fühlen!«293
Bemerkenswert ist hier der Hinweis auf den Anteil der polnischen Intelligenz an den vermeintlichen Verbrechen gegen die Volksdeutschen, die in dem Buch von Dwinger geschildert werden. Vertreibung, Deportation und Ermordung der polnischen Intelligenz gehörten zu den Hauptzielen der nationalsozialistischen PolenPolitik und sollten in der Wochenschulung begründet werden. Bereits im Mai war Schulungsmaterial über den »Ostraum« versandt worden.294 Woelferts »Hinweise« und Sendungen einschließlich Dwingers »Tod in Polen« gingen unter anderem auch an das PB 82, das bereits seit dem Frühjahr 1940 mit der Festnahme und Deportation von Angehörigen der polnischen Intelligenz beschäftigt war. Ähnliche Rundschreiben versandte Woelfert in den folgenden Monaten. Sie dokumentieren das Bestreben, die Polizei in die SS-Schulung einzubeziehen. Für den September schlug er zum Beispiel neben zwei Beiträgen aus der Zeitschrift »Nordland« und dem »Schulungsbrief der NSDAP« Aufsätze aus dem »Schwarzen Korps« (»Der Krieg der deutschen Erfüllung«) und dem SS-Leitheft (»Das neue Gemeinschaftsgesetz in Europa«) für die Tages- und Wochenschulung vor. Im Oktober sollten Heft 3 der Schriftenreihe des HA Orpo (»Kampf ums Mittelmeer«) in der Monatsschulung und ein Sonderheft des »Schwarzen Korps« (»Hetzzentrale Paris«) in der Tages- und Wochenschulung behandelt werden.295 Für das »Schwarze Korps« wurden auf den Dienststellen Aushängekästen angebracht. Woelfert war bestrebt, das weltanschauliche Niveau der Polizei langsam aber stetig anzuheben und der SS anzugleichen. Im Oktober 1940 kündigte er unter dem Titel »Welche Fragen muß ein Angehöriger der Ordnungspolizei beantworten können?« den Versand von Fragen- und Antwortreihen an, die in ihrer Gesamtheit einen umfangreichen Schulungs-Katechismus hauptsächlich zur Rassen- und »Gegnerkunde« ergaben. Die erste Folge für den November um-
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fasste sechs Fragen zur Rassen- und Vererbungslehre. Allen Fragen waren kurze Anworten beigefügt; zu Frage 6: »Wodurch wird das artfremde und erbkranke Blut aus dem Erbgang des deutschen Volkes ausgeschieden?« zum Beispiel lautete die Antwort: »1. Durch Unfruchtbarmachung der Erbkranken (Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses). 2. Durch Verbot der Heirat mit Erbkranken und Minderwertigen (Erbgesundheitsgesetz). 3. Durch Verbot der Heirat und des Geschlechtsverkehrs mit Artfremden, vor allem mit Juden (Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre). 4. Durch Ausschalten der Artfremden aus dem deutschen Volksleben (Reichsbürgergesetz).«
Die Fragen sollten im Unterricht »bei jeder passenden Gelegenheit« behandelt werden, »so dass sie erst gelernt, später verstanden werden«. Als Lektüre für die Wochenschulung empfahl Woelfert heroische Soldatenliteratur von Erhard Wittek und Hans Zöberlein.296 In welchem praktischen Kontext sein Katechismus verwendet wurde, ist unklar, aber da Woelfert ihn bis mindestens Mai 1941 fortsetzte, wird er auch seinen Zweck erfüllt haben. Vermutlich war er als allgemeine Fortbildungshilfe für die Schulungskräfte des BdO-Bereichs gedacht. Im Kern bildete er das rassenbiologische Grundcurriculum der SS ab. In Ost-Oberschlesien bot er sicher auch eine nützliche Argumentationshilfe für das Verständnis der rassenpolitischen Maßnahmen, die die Polizei hier mit zu vollstrecken hatte. Auf die Frage 15 »Warum ist das Judentum unserer größter Feind?« gab Woelfert diese ausführliche Antwort: »1. Weil das Judentum versucht, den kämpferischen Geist, die Widerstandskraft und Leistungsfähigkeit der nordisch bestimmten Völker durch Blutsvermischung zu brechen. 2. Weil die Juden Schmarotzer sind, die von der Arbeit der anderen leben und sie ausplündern. Der Jude scheut die Handarbeit und auch die gefährliche Arbeit. Die Arbeit ist ihm ein Fluch, das Geld sein Gott. Er kennt keine Treue und Ehre in unserem Sinne. Die Frau ist ihm nur ein Objekt seiner tierischen Sinnlichkeit. Wucher und Schacher, Feigheit und Hinterlist, Blutgier und Blutschande kennzeichnen von jeher sein Wirken. 3. Weil die Feinde des deutschen Volkes vom Judentum geführt werden oder seine geistigen Kinder sind (Marxismus, Bolschewismus, Freimaurerei, Liberalismus, Kapitalismus, Plutokratie, Pazifismus, politische Kirche).«297 Woelferts Schulungs-Katechismus:298 1. Welches ist die Grundlage des Nationalsozialismus? 2. Was verstehen wir unter dem Blutsgedanken? 3. Was heißt Blut? 4. Was sind Erbanlagen? 5. Wodurch wird das Blutserbe des deutschen Volkes gefährdet? 6. Wodurch wird das artfremde und erbkranke Blut aus dem Erbgang des deutschen Volkes ausgeschieden? 7. Wodurch wird das wertvolle Blutserbe vermehrt und verbessert?
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8. Was versteht man unter Rasse? 9. Aus welchen artverwandten Rassen setzt sich das Blut des deutschen Volkes zusammen? 10. Wer ist Arier? 11. Warum fördert der Nationalsozialismus die nordische Rasse? 12. Warum bedeutet die Verstädterung den Volkstod? 13. Warum ist das Bauerntum für unser Volk lebensnotwendig? 14. Durch welche Maßnahmen hat der Nationalsozialismus das Bauerntum gerettet? 15. Warum ist das Judentum unser größter Feind? 16. Warum ist die Freimaurerei eine Gefahr für unser Volk? 17. Welchen Zweck hat die Vielgestaltigkeit der Logensysteme und -Bräuche? 18. Welchen Zweck haben Logenbräuche? 19. Was ist politischer Katholizismus?
Der Kommandeur der Schutzpolizei von Kattowitz festigte die Verbindung zur SS weiter, indem er Ende Oktober 1940 den laufenden Versand nicht nur des Politischen Informationsdienstes für die Tages- und Wochenschulung, sondern darüber hinaus auch des monatlich erscheinenden Schulungsbriefs des SS-Oberabschnitts Weichsel ankündigte, der insbesondere in der Schulung der Volksdeutschen auch als Lesestoff im Deutschunterricht eingesetzt werden sollte. Der Schulungsbrief wurde vom RuS-Führer beim HSSPF Weichsel Franz Vietz herausgegeben. Vietz war vorher Schulungsreferent und Abschnittsschulungsleiter beim OA Nordwest gewesen und hatte 1939 den Selbstschutz in Danzig-Westpreußen mit aufgebaut.299 300 Exemplare gingen an die Einheiten und Dienststellen, davon 116 an das Ausbildungsbataillon und die Hipo-Schule, etwa 50 Exemplare an die Abschnittskommandos von Sosnowitz. Die Hefte enthielten allgemein gehaltene kleine Essays zu »Grundlagen« der nationalsozialistischen Weltanschauung mit Themen wie »Können Völker sterben?«, »Vom deutschen Wesen« oder »Der Deutsche Orden«.300 Die Monatsthemen kamen zentral für alle Einheiten der Polizei vom HA Orpo und waren im Herbst 1940 hauptsächlich auf die Kriegslage bezogen (»Kampf ums Mittelmeer«, »Deutschlands Recht auf Kolonien«, »Neuordnung des Balkans« etc.), Woelfert setzte aber mit seinen »Schulungshinweisen« und seinem »Frage-AntwortKatalog, den er fortwährend erweiterte, eigene Akzente. Insbesondere die Wochenschulung bot die Möglichkeit, Fragen, die sich regional und aktuell ergaben, zu behandeln. So verband etwa Oberleutnant Wendlinger die Monatsschulung in Sosnowitz über »Deutschlands Recht auf Kolonien« im November 1940 mit dem Thema »Sinn und Zweck der Umsiedlung im Ostraum« in der Wochenschulung.301 Ein besonderer Bedarf bestand offenbar immer wieder an Aufklärungen über rassenpolitische Fragen. In Rybnik beispielsweise hielt Polizeihauptmann Kröger im April 1941 nicht nur einen Vortrag über das »Versailler Diktat«, er referierte auch über »Die Vererbungsregeln und ihre politischen Auswirkungen«, nachdem er im Juli 1940 bereits über »Vererbungslehre und Erbpflege« gesprochen hatte; in Bielitz stellte sich im gleichen Monat Hauptmann Beeger für das Thema »Die Judenfrage« zur Verfügung.302 Im September arbeitete man in Kattowitz an der Fertigstellung
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eines fotografisch gestalteten »Kriegstagebuchs«, das die polizeiliche Tätigkeit in Ostoberschlesien dokumentieren sollte. Unter anderem wurden die Dienststellen aufgefordert, Fotos einzusenden, die »Einsätze bei besonderen Aktionen« zeigten und »Einblicke in die besonderen Verhältnisse Ostoberschlesiens« gaben, »zum Beispiel Juden bei der Arbeit«. Von der Dienststelle in Auschwitz etwa gingen daraufhin acht Fotos ein, darunter zwei zum Genre »Juden bei der Arbeit«, die Juden bei Straßenarbeiten (Anlage eines neuen Bürgersteigs und Ausbesserung des Straßenpflasters) zeigten.303 Parallel zur Thematisierung von Ausgrenzungen wurde der völkische Zusammenhalt betont. Dazu gehörte auch die Vorbereitung der Wintersonnwend- und Julfeiern im Dezember.304 Wie selbstverständlich ordnete der Polizeikommandeur von Sosnowitz die Beteiligung der Schutzpolizisten mit ihren Angehörigen an den Feiern »der Partei und ihrer Gliederungen« an. Zur Ausgestaltung der Diensträume für die Julfeier ließ der Polizeipräsident Tannenbäume, Baumschmuck und Lichter beschaffen; die in den besetzten Ostgebiete eingesetzten Polizisten erhielten wie schon im Vorjahr eine besondere »Julfestspende«. Die Polizei von Sosnowitz nahm an der Feier statt, die die NSDAP am 21.12. im »Haus der Kameradschaft« ausrichtete, die anderen Dienstabteilungen feierten bei den Ortsgruppenleitungen. Am 18. Januar gab Woelfert als Februar-Thema 1941 »Das Reich« bekannt, am 21.1. kündigte er den Versand von Bildbändern »Elsaß-Lothringen – Deutsches Land« an; der Versand ging auch an die PB 82, 83 und 85. Im Dezember 1940 und Januar 1941 wurden die Vorführungen des Films »Jud Süß« in der Region besucht; alle Angehörige der Polizei und Gendarmerie dürften den Film während dieser Zeit gesehen haben.305 Zur gleichen Zeit, am 22./23.1. wurden 735 Juden und Polen durch Angehörige des Schupo-Kommandos Sosnowitz und des PB 85 ins Polizeigefängnis von Sosnowitz eingeliefert.306 Sechs Tage später versandte der Polizeikommandeur erneut 30 Exemplare des SS-Schulungsbriefes des Oberabschnitts Weichsel sowie eine Stoffgliederung mit Literaturangaben von Woelfert für das kommende Monatsthema (»Das Reich«) an die verschiedenen Dienststellen des Bezirks.307 Das Thema war anhand des gleichnamigen Heftes der »Schriftenreihe« mit einem Abriss der deutschen Geschichte von den Germanen bis zum Nationalsozialismus zu behandeln. Während dieser Zeit, in der Woche vom 15. bis zum 21.1.1941 waren in Sosnowitz 175 zusätzliche Polizeikräfte eingetroffen, die der Polizeiverwaltung zur Verstärkung des Einzeldienstes von den IdO’s Breslau und Dresden zugewiesen worden waren. Für die Neuzugänge galt es Wohnungen und Mobiliar bereitzustellen. Offensichtlich schon im Vorgriff auf künftige Inhaftierungen, Abschiebungen und Deportationen hatte das Abschnittskommando Sosnowitz am 30.11.40 angeordnet, »leerstehende bzw. von Juden und Polen bewohnte Wohnungen« einschließlich Mobiliar zu melden und zu inventarisieren, die »für Polizeibeamte geeignet« seien. Das Polizeirevier Czeladz beispielsweise erstellte Ende Februar 1941 eine Liste mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen aus 12 »Flüchtlingswohnungen«, die von Polizeibeamten genutzt wurden.308 Im März 1941 kamen weitere Hefte der »Schriftenreihe« zum Versand; insgesamt verschickte das Schupo-Kommando jeweils 58 Exemplare an die Dienststellen und Einheiten – jeder Offizier einschließlich der Revieroffiziere
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sollte ein Exemplar erhalten. Darüber hinaus verschickte der Kommandeur den Lehrplan des HA Orpo für den Unterricht in »NS-Lehre« und kündigte den Versand von Heften der Reihe »Neugestaltung von Recht und Wirtschaft« an, die als Stoffgrundlage für den Unterricht in den Schulen, Ausbildungskompanien und -bataillonen vorgesehen waren. Für den Mai 1941 ordnete Woelfert das Schulungsthema »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich« an. Im Juni erhielten die Dienststellen und Einheiten außer den Heften der »Schriftenreihe« wieder den Schulungsbrief des SS-Oberabschnitts Weichsel, außerdem wurden die Schulungsbriefe des Hauptschulungsamtes der NSDAP versandt.309 Zu den Hauptaufgaben der Schutzpolizei gehörte inzwischen die Festnahme aller arbeitsfähigen Juden in der Region, um sie dem »Sonderbeauftragten für den fremdvölkischen Arbeitseinsatz in Ostoberschlesien« SS-Oberführer Schmelt zuzuführen. Im März 1941, kurz nachdem Himmler erstmals Auschwitz besucht hatte, begann eine größere »Aussiedlungsaktion« von Juden aus Auschwitz in den Oststreifen. Im Zuge der Pläne, das KZ zu einem großen industriellen Lagerkomplex auszubauen, ordnete Himmler die rasche Aussiedlung der Juden aus Auschwitz an, um Wohnungen für Bauarbeiter der Buna-Werke freizumachen. Insgesamt waren im März und April 1941 etwa 17 000 Polen und Juden aus Auschwitz und Umgebung betroffen; allein am 3. und 4. April wurden über 5000 Juden durch Angehörige des PB 85 aus ihren Wohngebieten in Auschwitz nach Sosnowitz und Bendzin deportiert.310 In seinem WE-Bericht vom 31.3. meldete der Amtskommissar von Auschwitz zur gleichen Zeit eine reguläre Tages-, Wochen- und Monatsschulung der Schupo des Einzeldienstes. Die Monatsvorträge hatte bis dahin der Schulungsleiter des KZ Rottenführer Kröger gehalten; vermutlich aufgrund der Reorganisations- und Ausbaumaßnahmen im Lager war Kröger jedoch überlastet und statt seiner hielt in den folgenden Monaten der ortsansässige Lehrer Fetzer die Monatsvorträge.311 Der Amtskommissar von Auschwitz meldete danach regelmäßig den Vollzug der weltanschaulichen Schulung der Revierpolizei. Im Rahmen der Wochenschulung (»Information«) wurden Beiträge aus den »Mitteilungsblättern Gruppe A und B« besprochen; Fetzer folgte in der Monatsschulung den Heften der »Schriftenreihe«, gestaltete die Schulung aber eigenwillig aus und behandelte im 2. Halbjahr 1941 diese Themen: Der Rassegedanke Bolschewismus und Judentum Amerika Nationalsozialismus, Faschismus, Sozialismus Die internationalen Weltanschauungen Europa – Asien.
Das PB 85, das die Deportation der Juden aus Auschwitz durchführte, meldete in seinem Quartals-WE-Bericht für das Frühjahr 1941, die Schulungsarbeit habe aufgrund der Einsätze nicht in vollem Umfang durchgeführt werden können; die Männer zeigten jedoch reges Interesse und Aufnahmebereitschaft. Themen aus der »Schriftenreihe« seien besprochen worden (»Der Schicksalskampf im Osten«,
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»Deutschlands Recht auf Kolonien«, »Das amerikanische Rätsel«); besonderen Anklang habe Woelferts Frage-Antwort-Reihe gefunden, weil darin »in klarer, verständlicher Form Fragen beantwortet wurden, die für viele Männer wissenswert und neu waren.« Da der bisherige Schulungsleiter des Bataillons Scheer inzwischen als Kompaniechef zur SS-Polzei-Division kommandiert worden war, nahmen Hauptmänner des Bataillons die Schulungsaufgaben wahr.312 Im Sommer 1941 wurden dem Bataillon über 140 neue Reservisten zugeordnet, die ebenfalls »für alle Tagesfragen lebhaftes Interesse und rege Anteilnahme« zeigten; im Rahmen der Monatsschulung wurde unter anderem das Thema »Aufbau und Werke der NSDAP im Osten« behandelt, um den aus dem Altreich kommenden Angehörigen des Bataillons »die Bedeutung des Ostraums für das Reich und die daraus sich ergebenden Aufgaben zu veranschaulichen.« Diese Veranschaulichung konnte durch Lichtbildervorträge ergänzt werden, die dazu beitrugen, die Schulung noch »interessanter und lebendiger« zu gestalten – dabei kam die Bildfolge »Judentum, Freimaurerei und Bolschewismus« wieder zum Einsatz, die das Schulungsamt der SS schon vor dem Krieg für die SSGrundschulung erstellt hatte. Auch sonst fühlte man sich eng der SS verbunden: Im Rahmen der Tagesschulung wurde unter anderem aus dem SS-Leitheft vorgelesen, und während der Wochenschulung wurden Erlebnisberichte von Angehörigen der SS-Polizei-Division vorgelesen.313 Während in Auschwitz nach den »Aussiedlungen« im März 1941 die halbe Stadt leer stand, trafen Tausende von Juden im Raum Sosnowitz ein; das vormals jüdische Gymnasium in Sosnowitz wurde zum Durchgangslager umfunktioniert, in dem die ankommenden Juden auf ihre Arbeitstauglichkeit für die Organisation Schmelt überprüft wurden. In den folgenden Monaten wurden alle arbeitsfähigen Juden der Region festgenommen, ins Durchgangslager Sosnowitz und von dort zum Zwangsarbeitseinsatz gebracht. Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben wurden die Polizeireviere in Sosnowitz durch Angehörige der beiden Polizeikompanien verstärkt.314 Nach den Aussiedlungsaktionen des Frühjahrs diente im Mai 1941 das Thema »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich« dazu, das völkische Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. Zur Erhöhung des Selbstwertgefühls der Polizei trug die Herstellung von Bildpostkarten »Die deutsche Polizei« bei, von denen das Schupo-Kommando Sosnowitz im April 5000 Stück bestellte; 200 Karten gingen nach Auschwitz.315 Gleichzeitig wurde für Zerstreuung und Abwechslung gesorgt: So fand zum Beispiel am 19.5.41 eine unentgeltliche KdF-Veranstaltung im Stadttheater Sosnowitz statt, für die 70 Eintrittskarten verteilt wurden, am 21.5. kamen eine Breslauer Künstlergruppe und eine Musikkapelle nach Sosnowitz, die mit Polizeiwagen von Ort zu Ort fuhren, am 22.5. machten sie in Dombrowa Station, um für die beiden Polizeikompanien zu spielen.316 Am 19. Juli veranstaltete die Sosnowitzer SS einen Kameradschaftsabend, zu dem auch die SS-Kameraden der Polizei eingeladen waren. Parallel zu den zunehmenden Umsiedlungen und Vertreibungen von Polen sowie der Aussiedlung und Festnahme von Juden für die Zwangsarbeit traten in der Schulungsarbeit ab April 1941 immer deutlicher antipolnische und antiüdische Themen in den Vordergrund. Der Polizeipräsident von Sosnowitz mahnte in seinem WE-Be-
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richt vom 26.6. eine bessere Ausstattung der Dienststellen mit Lichtbildvorführungsgeräten für die Bildstreifen des SS-Schulungsamts an und regte die Beschaffung der Bücher »Dokumente polnischer Grausamkeit« und »Der Tod in Polen« an; sie seien besonders wertvoll, um den Männern immer wieder vor Augen zu halten, wie Volksdeutsche von den Polen mißhandelt wurden: »Durch ständiges Wachhalten dieser Tatsachen behält der Einzelne die zur Aufbauarbeit notwendige innere Einstellung dem Polentum gegenüber.«317 Der KdG Kattowitz sandte den Gendarmeriedienststellen im Juli einen Aufsatz des Elbinger Professors für Rassenbiologie Ernst Dobers aus dem Amtlichen Schulblatt des Regierungsbezirks Kattowitz über »Rassepolitische Aufgaben des deutschen Lehrers im Osten« zu, der in den Dienstversammlungen besprochen werden sollte. Darin ging es um die Aufgabe, die »zurück gewonnenen Gaue« auch zu einem »völkisch-rassischen Bollwerk« des »neuen deutschen Ostens« zu machen. Dobers beschwor den »Geburtenkampf im Weichselraum zwischen deutscher und polnischer Mutter« und die »Pflicht zum völkischen Einsatz als kinderreicher Vater«: »Denn ungeheuer groß ist der Bedarf an deutschen Menschen in den weiten Gebieten östlich der Oder, und viel zu groß noch ist die Zahl der heute von Polen eingenommenen Arbeitsplätze innerhalb der Reichsgrenzen.« Ganz besonders warnte er vor den Gefahren der »Zwischenschichten«, der »SowohlAls auch Erscheinungen«, denen der klare Rasseinstinkt verloren gegangen sei, ohne den der biologische Kampf nicht gewonnen werden könne; um so wichtiger sei eine »planmäßige Erziehungs- und Schulungsarbeit, welche an die Stelle jener Instinktlosigkeit Rassebewusstsein und ruhigen, sicheren völkischen Stolz zu setzen« verstehe.318 Die Erziehung zum Rassebewusstsein erschien gerade in Ostoberschlesien als eine besonders dringliche Aufgabe, wo Reservisten und Volksdeutschen zumeist das Fundament einer deutschen Allgemeinbildung fehlte, ohne die eine erfolgreiche weltanschauliche Schulungsarbeit sichtlich erschwert war. Für die Reservisten aus den Ostgebieten, schrieb der Leiter des Kattowitzer AK II aus Myslowitz, sei die weltanschauliche Schulung »infolge ihrer geringen Kenntnisse der deutschen Geschichte schwer fasslich«, und der Kommandeur der Kattowitzer Polizeischule Dr. Goebel bemängelte im Juni 1941, der für die NS-Lehre vorgesehene Stundenanteil in den Lehrgängen sei viel zu knapp bemessen und werde der Tatsache nicht gerecht, »dass den in Frage kommenden Schülern auch die einfachsten staats- und kulturgeschichtlichen Erkenntnisse fehlen«. Sie seien zwar Volksdeutsche, hätten aber außerhalb des deutschen Kulturraums gelebt. Um den Unterricht zu erleichtern, verwendete Goebel als Anschauungsmittel neben Landkarten vor allem Lichtbildreihen und griff dabei auf Angebote des SS-Schulungsamtes zurück wie »Der deutsche Mensch in seiner Landschaft«; »Die Rechtsordnung – eine Lebensordnung« oder »Freimaurerei«.319 Ebenso wichtig wie die weltanschauliche Schulung war es, die Männer auch politisch stets auf dem Laufenden zu halten und sie so auszubilden, dass sie eventuell auftretenden Gerüchten, die Unruhen auslösen könnten, wirksam entgegentreten konnten: »Der Polizeibeamte, der täglich mit der Bevölkerung in Berührung kommt, muß jederzeit in der Lage sein, den in diesem Gebiet verhältnismäßig wenig politisch geschulten Volksgenossen die notwendige Auskunft und Aufklä-
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rung in diesen Frage zu erteilen.«320 Im Osten war dies besonders wichtig: »In den besetzten Ostgebieten steht der Polizeibeamte mehr im Vordergrund als im Altreich. Sein Auftreten und seine Tätigkeit wird von der Bevölkerung kritisch beobachtet und beurteilt. Er muss deshalb hier ein Vorbild eines deutschen Mannes sein.«321 Deutlicher wurde der Leiter des AK Dombrowa in der Beschreibung dieser Vorbildfunktion: »Die gerade in einem Teil des eingegliederten Ostgebietes tätigen Polizeibeamten haben außer ihrer rein polizeilichen Tätigkeit auch noch andere sehr wichtige Missionen zu erfüllen, nämlich die, durch ihre äußere und innere Haltung, ihren Lebenswandel und sonstiges Verhalten dem fremden Volkstum gegenüber sich als würdige Vertreter des Staates und somit auch als Nationalsozialisten zu erweisen.«322
Den Reservisten würden die elementaren Grundbegriffe der nationalsozialistischen Weltanschauung fehlen, doch machten sie inzwischen erfreuliche Fortschritte, dank der weltanschaulichen Erziehung verstünden sie mittlerweile das Wort »Herrenmensch« und verhielten sich entsprechend, indem sie keine polnischen Gottesdienste mehr besuchten und keinen geselligen Verkehr mit Polen mehr pflegten.323 Vor allem die informatorische Wochenschulung gewann in dieser Hinsicht an Bedeutung, weil sich hier weltanschauliche Schulung und »politische Bildung« miteinander verknüpfen ließen. So wurden beim AK I Kattowitz zum Beispiel von April bis Juni 1941 folgende Themen behandelt: April: a. Das Volk als Grundlage b. Partei – Staat –Wirtschaft c. Das Reich und die Welt in Verbindung mit Gegenwartsfragen d. Die Aufgabe des 3. Reichs Mai: a) 2000 Jahre deutsche Geschichte b) Forts. c) Die Geschichte des deutschen Beamtentums d) Forts. Juni: a) Lebenslauf des RFSS b) Das Schicksal Jugoslawiens, c) Umsiedlung als geschichtliche Tat d) Deutsche Bauern in der Dobrudscha.
In der Monatsschulung hielt der Schulungsredner Oberleutnant Richter im April einen Vortrag über »Die jüdischen Grundlagen der Freimaurerei und die Logen des 18. Jahrhunderts«, im Mai stand das Thema »Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich« auf dem Programm, im Juni fiel der Monatsvortrag aus. In der Tagespolitischen Schulung stützte man sich hauptsächlich auf Wehrmachtsberichte, den Völkischen Beobachter und das Schwarze Korps.
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Unter »Freizeitaktivitäten« vermerkte der Bericht unter anderem den gemeinsamen Besuch des »Großfilms Kampfgeschwader Lützow« und den Besuch der »Künstlerspiele« in Kattowitz.324 Allgemein war man in Kattowitz und Sosnowitz um eine aktive Unterrichtsgestaltung bemüht, die neben anschaulichen Medien auch die Beteiligung der Beamten einschloß: »Dadurch, dass von den Beamten selbst wichtige politische Geschehnisse vorgebracht werden müssen, werden sie angehalten, den großen politischen Ereignissen besondere Aufmerksamkeit zu widmen, sie zu durchdenken und mitzuerleben.«325 Weltanschauliche Schulung im Zeichen des Krieges gegen die Sowjetunion und der Judenvernichtung Nachdem für den Juli noch das Monatsthema »Amerika« vom HA Orpo ausgegebenen worden war, bot das August-Thema »Grenzkampf Ost« die Gelegenheit, die aktuellen Aufgaben und Probleme, mit denen man es in Ostoberschlesien zu tun hatte, zu thematisieren. Nach Woelferts Gliederung waren zu behandeln: I. Der Kampf um den Osten in der Geschichte unseres Volkes II. Der Aufbau des Ostens: 1. Die neue Grenze 2. Die Lösung des Judenproblems 3. Gebiete des Aufbaus.
Das Heft »Grenzkampf Ost« aus der Schriftenreihe des HA Orpo behandelte zwar »das Judenproblem« in Polen, enthielt aber nichts zu seiner »Lösung«. Schon aus der Rückschau wurden die Ghettos, die doch erst die Besatzungsmacht schuf, als Seuchenherde und »Brutstätten des Verbrechertums« dargestellt. Durch »sanitäre Maßnahmen« und »rücksichtslosen Einsatz der SS und der deutschen Polizei« sei hier »Abhilfe geschaffen« worden. Wenn Woelfert das Thema »Die Lösung des Judenproblems« auf die Tagesordnung setzte, dürfte es hier auch zu einer Aussprache über praktische Fragen und Erfahrungen gekommen sein. Für Offiziere und Schulungskräfte wurden 48 Exemplare des Heftes an das Schupo-Kommando Sosnowitz verschickt.326 Nur wenige Wochen später, am 28. August kam Goebbels’ 2-Seiten-Propagandaschrift »Zur Judenfrage« durch das HA Orpo (unterzeichnet von Zwingelberg) zum Versand, mit dem Auftrag, es den nachgeordneten Dienststellen zur Kenntnis zu bringen. Die Schrift, die unter anderem den Juden »die Schuld an den Greueltaten« gab, »von denen wir aus dem Ostfeldzug immer wieder hören«, gelangte an alle Dienststellen und Einheiten einschließlich der PB 83 und 85; beide PB erhielten am 29.8. den Auftrag, je eine Kompanie für einen Einsatz in den besetzten Ostgebieten vorzubereiten.327 Die nationalsozialistische »Rassenlehre«, der «Kampf um den Osten« und die »Judenfrage« waren während des Sommers 1941 auch in den kleineren Dienstabteilungen präsent. Nach Beginn des Russland-Feldzuges war jetzt auch das Thema »Bolschewismus« hinzugekommen, das in Sosnowitz und Kattowitz sogleich mit Film-
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vorträgen durchgenommen wurde. Im Juli 1941 stand schließlich der »jüdische Bolschewismus« und damit das Stereotyp »des Juden als Führer des bolschwistischen Untermenschen« im Mittelpunkt; der »Aufbau im Osten« würde mit der »Judenherrschaft« gründlich aufräumen. Der Bürgermeister von Pless (Pszczyna) zum Beispiel nannte folgende Themen der informatorischen Wochenschulung: Juli: 1. Warum ist der Bolschewismus unser Todfeind? 2. Inwiefern stellt die Sowjetunion die unverhüllte Judenherrschaft dar? 3. Wie hat sich die Herrschaft des jüdischen Bolschewismus in der Sowjetunion ausgewirkt? 4. Die innenpolitische Lage in Amerika, 5. Amerikanische Außenpolitik. August: 1. Welche Weltanschauungen stehen unserer nationalsozialistischen Weltanschauung gegenüber? 2. Der Kampf um den Osten in der Geschichte unseres Volkes, 3. Der Aufbau des Ostens, 4. Vortrag des Hauptwachtmeisters der Schupo Wille über das politische Geschehen im Monat August 1941.328
Zum Teil wurden die Monatsthemen in der Wochenschulung weiter behandelt, denn für Juni und Juli hatte Woelfert unter Zugrundelegung der gleichnamigen Schrift von Paul Bang das Thema »Amerika« angeordnet, gegliedert in zwei Schulungseinheiten: 1. Die innenpolitische Lage in Amerika a) Land und Leute b) Volk und Staat c) Amerikanischer Sozialismus d) Amerikanische Wirtschaft e) Amerikanische Meinungsfabrikation 2. Amerikanische Außenpolitik a) Washington gegen Washington b) Amerika im Weltkriege c) Amerika als Kriegshetzer d) Amerika ohne Maske.329
Beim AK I Kattowitz dagegen hielt man sich nicht an Woelferts Vorgaben, sondern vergewisserte sich im Juli 1941 deutscher Größe und Überlegenheit und behandelte diese Themen: a) Daten aus dem Leben und Wirken des Führers b) Warum müssen wir den Krieg gewinnen? c) Der Begriff »Rasse«
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d) Heinrich I – Friedrich der Große – Bismarck – Der Führer – Erbauer und Vollender des Großdeutschen Reiches e) Der deutsche Soldat – der beste der Welt.
Im August und September setzte man sich vor allem mit dem Nationalsozialismus und dem Programm der NSDAP auseinander. Die Monatsvorträge hielt Oberleutnant Richter im Juli über »Urchristentum und Beginn der päpstlichen Machtpolitik«, im September über das Thema »Grenzkampf Ost«. Im August fiel der Monatsvortrag wegen eines Großeinsatzes anlässlich der »Durchfahrt des Führers und des Duce« aus. Richter setzte seine eigenwillige Themenwahl im Oktober mit dem Vortrag «Das goldene Zeitalter der Germanen, die Bronzezeit« fort.330 In vielen Dienstabteilungen wurde im Herbst 1941 das Thema »Judentum und Kriminalität« behandelt, zu dem bereits im Juni im »Mitteilungsblatt« eine Abhandlung erschienen war.331 In dem Beitrag war mit Rekurs auf vermeintliche Daten der Kriminologie der Nachweis einer »moralischen Verkommenheit des Juden« geführt worden, »die ihn zwangsläufig aus dem Kreise der entwicklungsfähigen Völker entfernt und eine völlige und dauernde Aussonderung aus allen anderen Gemeinschaften rassischer, völkischer, religiöser, kultureller und zivilisatorischer Art zur Folge haben« müsse. »Solange es den Juden erlaubt ist, unter anderen Völkern und Rassen zu leben, gibt es keinen Frieden auf Erden.« Da die Neigung zur Kriminalität eine »Grundeigenschaft seiner Rasse« war, die er auch nicht ablegen könne, weil sie ihm angeboren sei, konnte es aus kriminal- und allgemeinpolizeilicher Sicht in der »Judenfrage« auch keine Kompromisse, sondern nur die radikale Absonderung geben. Im Kontext der Polizeischulung war der Artikel von besonderer Bedeutung, weil er den Antisemitismus und den Kampf gegen das Judentum zur allgemeinen Aufgabe der Polizei erklärte. Nachdem zum 1. September 1941 das Tragen des Judensterns für Juden im Deutschen Reich und damit auch für das »eingegliederte« Ostoberschlesien angeordnet worden war, wurde die zugrunde liegende Polizeiverordnung in Sosnowitz zum Gegenstand einer Wochenschulung gemacht, verbunden mit der Besprechung eines Beitrags über »Die Juden in Deutschland« aus dem PID; Goebbels’ »Zur Judenfrage« wurde nochmals zugesandt, gleichzeitig kam das Heft »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum« für die Monatsschulung zum Versand.332 Die Kennzeichnungspflicht erleichterte die wenig später einsetzenden systematischen Deportationen und Vernichtungsaktionen: »Zeitpunkt und Form der Schulung«, so Jürgen Matthäus, »entsprachen dem Übergang zur Ermordung der deutschen Juden, der sich im Oktober 1941 anbahnte.«333 Sicher wird man auch über die Anordnung gesprochen haben, die die Gestapo von Kattowitz im November 1941 erließ, nach der »deutschblütige Personen«, die freundschaftliche Beziehungen zu Juden unterhielten, »aus erzieherischen Gründen« vorübergehend in Schutzhaft zu nehmen waren, während »der jüdische Teil« ins KZ einzuliefern war.334 Zwischen September und November gingen die Schriften des HA Orpo »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus« und »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum« an die Dienststellen und Einheiten, Ende Oktober versandte das Kommando der Schupo Sosnowitz erneut Dwingers »Tod in Polen« und die »Doku-
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mente polnischer Grausamkeit« zusammen mit 27 Exemplaren »Schlag nach über die Sowjetunion« an die Schulungsoffiziere der Dienststellen.335 Im November leitete Woelfert Himmlers Befehl zum Umgang mit Selbstmorden in der SS weiter, der allen Angehörigen der Schutzpolizei bekannt gegeben und als Unterrichtsstoff während der Tages- und Wochenschulung besprochen werden sollte. Himmlers Befehl sollte die Haltung des kämpferischen, heroischen Soldatentums unterstreichen, auf die vor allem die Wochenschulung abzielte: In 85% aller Selbstmordfälle in der SS seien die Gründe inakzeptabel, weil sie nichts mit einer heldischen Gesinnung zu tun hätten sondern Ausdruck einer Flucht und eines »Sich-Drückens vor dem Kampf und vor dem Leben selbst« seien. In solchen Fällen nehme die SS keine Notiz und erscheine nicht zum Begräbnis.336 Am 28. November besprach man beim Abschnittskommando Sosnowitz das Mitteilungsblatt Heft 24 mit einem Artikel über das Ende der »Zinsknechtschaft« durch das Judentum, die die Wirtschaftskrisen vor 1933 verursacht habe: »Die Zinsknechtschaft ist gebrochen! Der Jude hat nicht mehr den Daumen auf dem Geldsack!« Anders als im 1. Weltkrieg war Deutschland jetzt frei: »Kredite von fremden Ländern nehmen wir nicht (weil das Geld dort ja doch wieder in den Händen von Juden ist) … Wir sind unabhängig vom Juden und auch unabhängig vom Großkapital, frei vom Golde – und erleben deshalb die glatte, den Interessen der Gemeinschaft Rechnung tragende Kriegsfinanzierung.«337 Am 1. Dezember erschien in den »Mitteilungsblättern« ein kurzer Artikel: »Ein Ziel dieses Krieges: Das judenfreie Europa« mit den deutlichen Formulierungen: »Das Wort des Führers, dass ein vom Judentum angezettelter neuer Krieg nicht die Zerschlagung des antisemitischen Deutschlands, sondern vielmehr das Ende des Judentums bringen werde, wird in diesen Tagen vollstreckt.«338 Mit dem Anwachsen der Schulungsaufgaben insbesondere infolge des laufenden Zugangs von Volksdeutschen und Reservisten aus den annektierten und besetzten Gebieten, die immer häufiger auch bei »Sonderaktionen« eingesetzt werden mussten, wuchsen auch die Anforderungen an die »Qualität« der Schulungs- und Ausbildungsarbeit. Besondere Fortbildungslehrgänge für WE-Offiziere scheint Woelfert aber zunächst nicht organisiert zu haben; vermutlich verließ er sich anfangs auf die Aktivitäten Josef Scheers, der laufend Besprechungen mit den Dienststellenleitern abhielt. Woelfert selbst scheint nur am 18. und 19.7.1940 zu einer Besprechung mit den WEOffizieren nach Sosnowitz und Kattowitz gekommen zu sein, um Instruktionen für die Schulungsarbeit zu geben.339 Scheer verließ Ostoberschlesien jedoch im November 1940. Im Oktober hatte Woelfert bereits in einem Rundschreiben klar gestellt, dass mit der Zuweisung von Schulungsrednern aus der SS nicht mehr zu rechnen sei und die weltanschauliche Erziehungsarbeit in Zukunft von den Polizeioffizieren selbst durchgeführt werden müsse. Zur Unterstützung ihrer Arbeit erstellte er daraufhin eigene Schulungsanweisungen und den erwähnten »Katechismus«, und um das Band mit der SS aufrechtzuerhalten, versandte er von da ab die Schulungsbriefe des SS-OA Weichsel. Im September 1941 ordnete der Kommandeur der Schutzpolizei von Sosnowitz Oberstleutnant Przibilla ein Weiterbildungsprogramm für die Offiziere an. Zuvor hatte Woelfert schon qualifiziertere Schulungsberichte angemahnt – offensichtlich bestand ein gesteigerter Fortbildungsbedarf. Jeder Hauptmann der Schutzpolizei hatte im Ver-
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lauf des Winterhalbjahres 1941/42 einen Vortrag über National- und Weltpolitik vor dem Offizierskorps zu halten. Die Themen konnten frei gewählt werden, mussten aber zuvor dem Kommandeur zur Genehmigung vorgelegt werden. Für alle anderen Offiziere – Leutnante, Oberleutnante und Revieroffiziere – wurden Vorträge von 15 bis 20 Minuten aus dem Gebiet des Straf- und Verwaltungsrechts, der Polizeiverwendung und des Revierdienstes angeordnet. Die Vorträge waren in freier Rede anhand stichwortartiger Notizen zu halten, nach dem Vortrag war ein Korreferat durch den Abschnittsleiter vorgesehen, die »Endkritik« behielt sich der Kommandeur selber vor. Außerdem hatte jeder Offizier eine schriftliche Arbeit aus dem Gebiet der Nationalund Weltpolitik zu schreiben – aufgrund der starken Inanspruchnahme durch andere Aufgaben und wegen des Fehlens größerer Bibliotheken und Buchhandlungen nahm man von dieser Anforderung jedoch wieder Abstand.340 Diese Vortragsübungen wurden im Winterhalbjahr 1942/43 fortgesetzt. Für die Zeit vom 1.10.42 bis zum 30.9.43 ordnete der Kommandeur zweimal im Monat – jeweils am 1. und 3. Donnerstag – zwei freie Vorträge im Rahmen der regelmäßigen Besprechungen im Offizierskasino an. Außerdem wurde den Offizieren eine »regere Teilnahme« am laufenden russisch-ukrainischen Sprachunterricht nahe gelegt: »Jedem Offizier und Revieroffizier ist das fremdsprachliche Studium zur Erweiterung der allgemeinen Bildung sowie für das spätere Fortkommen dringend zu empfehlen.« Die Liste der Kurzvorträge, die daraufhin zusammengestellt wurde, enthielt vorwiegend »polizeifachliche« Themen; ein Vortrag war den »Gemeinsamkeiten des Nationalsozialismus und Faschismus« gewidmet, ein anderer dem Thema »Würdiges Verhalten des Offiziers der Schutzpolizei im Frieden und in der Kriegszeit«. Einige Vorträge befassten sich mit sehr praktischen Problemen, mit denen die Angehörigen der Sosnowitzer Schutzpolizei häufig zu tun hatten, wie die »Durchführung eines großen Gefangenentransportes im Fußmarsch auf einer langen Strecke.«341 In einigen Dienststellen praktizierten die Leiter im Sommer 1941 eine von Scheer propagierte Methode der politischen Aktivierung, bei der es darum ging, möglichst viele Männer einzubeziehen, und einzelnen Beamten die Aufgabe gestellt wurde, Kurzvorträge im Rahmen der Tages- und Wochenschulung vorzubereiten, die möglichst in freier Rede zu halten waren: »Durch Abhaltung von Kurzvorträgen und Fragestellen werden die Polizeibeamten und Reservisten dazu erzogen, die wichtigsten Ereignisse in der Presse und im Rundfunk zu verfolgen.«342 Die Praxis war auch bis zu kleineren Dienststellen vorgedrungen. So meldete der Ortspolizeiverwalter von Andrichau bei Bielitz zum Beispiel in seinem WE-Bericht vom Juni 1941: »Bei der morgendlichen Dienstbesprechung sprach der jeweils mit dem Kurzvortrag betraute Beamte oder Polizeireservist anschließend über die wichtigsten Tagesereignisse, die vom Dienststellenleiter, Rev.-Leutnant Haase, näher erläutert wurden. – Ausserdem hielt wöchentlich ein Beamter bzw. Reservist in der Dienstbesprechung an Hand der Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei einen Kurzvortrag.«
Die informatorische Wochenschulung wurde anhand von Beiträgen aus den SS-Leitheften, dem Völkischen Beobachter und dem »Schwarzen Korps« durchgeführt. Im
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Rahmen der Monatsschulung hielt Leutnant Haase einen Vortrag über »Rassenpflege«, ein Oberwachtmeister der Reserve sprach zum Thema »Der Führergedanke in der Verwaltung«.343 Anfang Dezember 1941 versandte Woelfert ein Rundschreiben mit Anweisungen zur Schulungsarbeit, in denen er das Lesen der Mitteilungsblätter zur Pflicht machte und die bei einigen Dienststellen bereits praktizierte Methode der Aktivierung allgemein empfahl: »Sehr erzieherisch wirken Kurzvorträge der Männer über die einzelnen Probleme, die in den Mitteilungsblättern behandelt werden.«344 Der Polizeipräsident von Sosnowitz sekundierte: »Dadurch dass die Männer selbst Stellung zu den Ereignissen nehmen müssen, werden sie gezwungen, ihrerseits die politischen Ereignisse zu durchdenken und mitzuerleben.« Und aus Pleß berichtete der Bürgermeister zustimmend: »Um erzieherisch zu wirken, werden den Männern der Abteilung bei dem Wochenunterricht Dienstags zwischen 15 und 18 Uhr über die einzelnen Probleme Vorträge gehalten. Es konnte wiederholt festgestellt werden, dass sich die Besten durch häufige Vorträge an das freie Sprechen gewöhnen und dadurch ein sicheres Auftreten gewinnen.«345
Ab Herbst 1941 fanden größere Aktionen der Erfassung von Juden zur Zwangsarbeit statt. Unter anderem nahmen die beiden Polizeikompanien von Sosnowitz am 5. November 349 und am 15. Dezember 627 jüdische Frauen fest und lieferten sie ins Durchgangslager ein.346 Während dieser Zeit behandelte man in den Kompanien laut Bericht des Polizeipräsidenten von Sosnowitz die für den Herbst vorgeschriebenen Monatsthemen »Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus«, »Die anglo-amerikanische Welt« und »Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum«. Im Berichtszeitraum fanden drei KdF-Veranstaltungen statt, »die sehr gut besucht waren und den Männern viel Freude machten.« Außerdem gab es einen Lichtbildervortrag der KdF über die Ukraine, der auch an anderen Orten gezeigt wurde. Im Rahmen der informatorischen Wochenschulung wurden Artikel aus den Mitteilungsblättern, aus SS-Schulungsheften und -leitheften sowie dem Völkischen Beobachter und der Zeitschrift »Das Reich« besprochen: »Gerüchte und Mutmaßungen seitens der Bevölkerung können so am besten durch die mit diesem Rüstzeug ausgestatteten Männer bekämpft werden.« 347 Eine genaue Themenauflistung der Wochenschulung enthält der Bericht nicht, wir finden sie aber im WE-Bericht des AK I Kattowitz für den gleichen Zeitraum: Oktober: a) Wesen und Zweck der englischen Kriegspropaganda b) Das Programm der NSDAP c) Der Beamte im Osten d) Der Kampf Friedrichs d. Gr. um Schlesien e) Oberschlesien – Bollwerk deutscher Kultur im Osten des Reiches November: a) Weshalb ist der Jude unser größter Feind? b) Die Jugend des Führers
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c) Warum Rassenlehre? d) Das englische Weltreich Dezember: a) Judentum und Kriminalität b) Sinn und Zweck der deutschen Volksgemeinschaft c) Aufgaben und Pflichten des deutschen Polizeibeamten im Volksstaat Adolf Hitlers (Grundsätze für die Polizei) d) Die territorialen, politischen und wirtschaftlichen Bestimmungen des Versailler Schanddiktats für Deutschland.348
Im Mitteilungsblatt des BdO Breslau (Gruppe B) erschien im Dezember ein Beitrag, der klare Antworten auf grundlegende Fragen gab wie »Was heißt: an den Führer glauben? Warum glauben wir an den Führer? Was heißt: mein Leben meinem Volke weihen? Warum setze ich mein Leben für Deutschland ein? Was heißt: an unser Volk und seine Sendung glauben?« Die Antwort auf die letzte Frage lautete: »An unser Volk und seine Sendung glauben heißt: 1. die unerschütterliche Überzeugung haben, dass unser Volk den Höchstwert allen Menschentums auf Erden darstellt, 2. den Willen der Natur befolgen, nach dem das beste Volk zum Führertum berufen ist, 3. wissen, dass die Führung des besten Volkes den anderen Nationen naturnotwendig zum Segen gereicht, 4. unermüdlich für den Aufstieg und den Sieg unseres Volkes arbeiten, opfern und kämpfen.«349
Im Januar stand die weltanschauliche Schulung ganz im Dienst der »politischen Bildung«. Im AK I Sosnowitz behandelte man jetzt wöchentlich jeweils von 7.30 bis 8.30 am 2. Januar das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, am 9.1. das Programm der NSDAP, am 16. und 23.1. die »Gesetze gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniform« usw.350 Auch in Kattowitz war das Monatsthema im Januar und März 1942 das Parteiprogramm und die Organisation der NSDAP. Daneben befasste man sich unter anderem mit der »nationalsozialistischen Erblehre«, mit dem »Wesen des deutschen Sozialismus«, mit den »Gründen Japans für seinen Krieg gegen die anglo-amerikanische Plutokratie« und immer wieder mit der »Judenfrage«: »Judenausweisungen in der Weltgeschichte« (Februar), »Der Jude – Meister der Tarnung« (März), »Volk, Judenfrage« (April).351 Die Monatsschulung führte im Ak I Sosnowitz von März bis Ende 1941 Hauptmann Degenhardt durch. Er hielt sich dabei an die Themen, die durch die Hefte der »Schriftenreihe« vorgegeben waren.352 Degenhardt, Jahrgang 1905, 1. Weltkriegs-Teilnehmer und 1919 Angehöriger der neu gebildeten Sicherheitspolizei, gehörte bereits seit September 1932 der NSDAP an, war Ortsgruppenleiter in Ackerfelde bei Tarnowitz gewesen und 1940 als Oberleutnant der Schutzpolizei und Untersturmführer in die SS aufgenommen worden; wenig später folgte die Beförderung zum Hauptmann und Hauptsturmführer. Anfang 1942 wurde er zum Leiter des Schupo-Kommandos Tschenstochau ernannt. Dort übertrug ihm der SSPF von Radom die Leitung der Deportationen aus der Stadt im Rahmen der »Aktion Reinhardt«.353
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Anfang 1941 standen auch Fragen kultureller Truppenbetreuung im Vordergrund. Es galt, den »Tag der deutschen Polizei« am 15.1. vorzubereiten, der mit Darbietungen, Spendensammlungen und der Verteilung von Geschenken begangen werden sollte. Um diese Zeit plante man auch die Aufstellung einer polizeieigenen Theatergruppe. Die Dienststellen wurden aufgefordert, Schauspieler in den eigenen Reihen zu melden, außerdem künstlerisch begabte Männer für den Aufbau von Spielgruppen »Spiel für Kameraden«, die »durch artistische Vorführungen auch in einem größeren Kreis von Kameraden aufheiternde und geschmackvolle Unterhaltung zu bieten vermögen«. Sänger, Artisten, Humoristen und Alleinunterhalter wurden gesucht – »mit möglichst vielseitigem Repertoire, das sich über das Niveau von ›Herrenabenden‹ heraushebt«. Das AK Sosnowitz meldete, man verfüge bereits über ein eigenes Orchester. Etwa gleichzeitig erreichte das Kommando ein Rundschreiben des HA Orpo, in dem die Durchführung von Lehrgängen für »Singeleiter« der Polizeibataillone angekündigt wurde. Jedes Bataillon sollte zwei Wachtmeister entsenden, die in Berlin eine Ausbildung in Marsch- und Feierliedern, in der Gestaltung von Kameradschaftsabenden und »ggf. Chorbildung« erhalten sollten.354 Polnischen Hilfsdienstleistenden verbot man dagegen das Singen polnischer Lieder, auch bei harmlosem Inhalt (»unbedingt unterbinden«).355 Außerdem war man auf das äußere Erscheinungsbild der Polizei bedacht. Größter Wert wurde auf Disziplin, Sauberkeit und richtiges Grußverhalten gelegt – die Rangfolge der »Ehrenbezeugungen« war eine Wissenschaft für sich, der viel Zeit im Unterricht gewidmet wurde. Die Regelung der »Grußpflicht«war ein symbolisch aufgeladenes, komplexes Feld, das nicht nur die Hierarchie innerhalb der deutschen Verbände oder etwa die Beziehungen zwischen Wehrmacht, SS und Polizei betraf, sondern auch den Umgang mit den »Fremdvölkischen«. So galt in Polen eine Grußpflicht von Polen gegenüber Deutschen, die von deutscher Seite aber nicht erwidert werden durfte; der »Deutsche Gruß« war ihnen jedoch verwehrt, er galt als ein Vorrecht des Deutschen bzw. der »sich zum germanischen Gedanken bekennenden stammesgleichen Völker wie Flamen, Holländer, Norweger usw., nicht aber Nichtstammesgleicher artverwandten Blutes wie Polen, Tschechen, Ukrainer usw.« Die »Erweisung des militärischen Grußes« war »für Nichtstammesgleiche artverwandten Blutes nicht angängig.« Angehörige von Wehrmacht und Polizei hatten durch Grußpflicht untereinander gegenüber der fremdvölkischen Bevölkerung die »deutsche Einheit« zu demonstrieren usw.356 Erwähnt sei noch das Bestreben, sich nach außen als »gesittet« darzustellen, das im eigentümlichen Kontrast zur rassenpolitischen Praxis stand. Im April 1942 wurde für die deutsche Polizei in Sosnowitz ein »Schönheitswettbewerb« ausgerufen, der der Ausgestaltung der Räumlichkeiten der Dienststellen mit Blumen und Blumenkästen, Bildern, Wandsprüchen und dergleichen galt; für den Juli wurde eine Besichtigung der Dienststellen durch eine eigens für diesen Zweck aufgestellte Kommission angekündigt. Auf einer Besprechung der Offiziere und Dienststellenleiter Ende April verständigte man sich darauf, regelmäßig die Rundfunksendung »Mehr Höflichkeit« anzuhören und in allen Dienststellen den Spruch aufzuhängen »Ein Vorbild sei zu jeder Zeit in Takt, Humor und Höflichkeit«.357 Zuvor war am 15.4. von der SS ein »Sippenabend in Form eines Schulungsabends« veranstaltet worden, zu
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dem auch die Sosnowitzer Polizei nebst Frauen und Bräuten geladen war; der RuSFührer des OA Südost Standartenführer Scholtz hielt einen weltanschaulichen Vortrag.358 Schulung und »Aktionen« liefen indessen zunehmend parallel. Am 23.3.1942 fanden öffentliche Hinrichtungen von Juden in Sosnowitz statt; am gleichen und am folgenden Tag hielt Leutnant Pawelka vom 1. Revier um 15 Uhr den Monatsvortrag für die Angehörigen der beiden Abschnittskommandos im Saal des Gasthauses »Flora«.359 Pawelka hielt auch die Schulungsvorträge für den Monat April am 16. und 17. April – drei Tage zuvor, am 13.4. war es erneut zu öffentlichen Hinrichtungen gekommen. Der Zulauf von (deutschen und deutschstämmigen) Schaulustigen war so groß, dass Zuschauertribünen errichtet werden mussten.360 Gleichzeitig fanden am 14. und 15.4. Wochenschulungen und am 15.4. der erwähnte Sippenabend statt.361 Für die Hinrichtungen war die 1. Polizeikompanie zuständig, für Absperr- und Ordnungsmaßnahmen wurden Angehörige der Polizeireviere herangezogen. Hier eine kommentarlose Chronologie der Ereignisse: 9.3. 12.3. 19. und 20.3. 20.3. 22. und 23.3. 23.3. 23. und 24.3. 28.3. 12.4. 13.4. 14.4. 14. und 15.4. 16. und 17.4. 18.4.
Monatsschulung 1. Polizeikompanie: »Der jetzige Krieg ein Krieg der Weltanschauungen« Wochenschulung AK I im Rahmen der Dienstbesprechung: »Verhalten Deutschblütiger gegen Juden« Monatsschulung AK II: »Bolschewismus« Monatsschulung 2. Polizeikompanie und Ausbildungskompanien in Maczki: »Der jetzige Krieg ein Krieg der Weltanschauungen« schriftliche Prüfungen der Reservisten des AK I in Deutsch, Erdkunde und Geschichte öffentliche Erhängung zweier Juden in Sosnowitz Monatsschulung AK I: »Die Front der Heimat« Kameradschaftsabend des Kommandos der Schupo Sosnowitz Beginn eines Lehrgangs für den Kampfeinsatz im Osten in Maczki öffentliche Hinrichtung durch den Strang von vier Juden in Sosnowitz und zwei in Bendsburg Einladung der Polizei zu einem »Sippenabend in Form eines Schulungsabends« mit »Frauen und Bräuten« durch die Sosnowitzer SS Wochenschulung anhand der Mitteilungsblätter 33/34 Gruppe A und 16 Gruppe B Monatsschulung AK I Theateraufführung »Auszug nach Palästina« im Stadttheater Sosnowitz (60 Freikarten für das AK I)362
Die öffentlichen Hinrichtungen waren ein Vorspiel zu den ersten großen »Judenaktionen« in Sosnowitz, die im Mai 1942 begannen, als die Polizeigrenze aufgehoben wurde, die den »Oststreifen« als »Judenabschubgebiet« vom übrigen Ostoberschlesien trennte. Die Konzentration von Juden in den Sammelstätten des »Oststreifens« kollidierte mittlerweile mit Plänen, auch dieses Gebiet zu »germanisieren« und von hier aus durch Errichtung von Siedlungen und SS- und Polizei-
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stützpunkten weiter nach Osten vorzustoßen. Zudem wuchsen Versorgungsprobleme, weil aus anderen Regionen Ostoberschlesiens nicht nur Juden, sondern zunehmend auch Polen in den Raum Sosnowitz/Bendzin abgeschoben wurden, während gleichzeitig volksdeutsche Umsiedler aus Wolhynien eintrafen, die in provisorischen Umsiedlerlagern untergebracht werden mussten. Im August 1942 lebten im Oststreifen rd. 120 000 Juden, davon etwas mehr als die Hälfte allein in Sosnowitz, Bendzin und Dombrowa.363 Die Aufhebung der Polizeigrenze am 12.5. leitete das Ende des Oststreifens als Abschubgebiet ein. Die Richtung der Deportationen kehrte sich um: Mehrere Tausend arbeitsunfähige Juden wurden sofort nach Auschwitz verbracht, Mitte August folgte die Deportation weiterer 6000 Juden aus Sosnowitz und 4700 aus Bendzin. Insgesamt wurden von Mai bis August 1942 rd. 38 000 Juden aus dem Oststreifen verschleppt, davon etwa 20 000 nach Auschwitz. Die Mehrzahl der Arbeitsfähigen blieb zunächst noch aus ökonomischen Nutzenerwägungen verschont und wurde weiterhin in der Zwangsarbeit eingesetzt, wurde aber jetzt in abgeriegelten Wohnvierteln ghettoisiert. Parallel zu diesen Vorgängen lässt sich eine Intensivierung der weltanschaulichen Schulung konstatieren. Inzwischen war mit Oberstleutnant Balke, der von der Polizeischule Pelplin kam, ein neuer Kommandeur für das Schutzpolizeikommando Sosnowitz eingesetzt worden. Mit ihm kehrte ein strengerer Ton ein. Unter seinem Kommando begann im Frühjahr 1942 eine Folge von Maßnahmen der Kontrolle und Überwachung über die Durchführung und den Fortgang der Schulung. Am 13.5. erließ Balke neue Richtlinien, die die allgemeine Bedeutung der weltanschaulichen Schulung herausstellten und als Novum eine Teilnahmekontrolle für die Dienststellen einführten: »Von jeder Dienststelle hat sich ein beauftragter Beamter am Eingang aufzuhalten und an Hand des mitgegebenen Teilnehmerverzeichnisses jeden eintretenden Angehörigen der Dienststelle auf der Stärkeübersicht anzustreichen. Bei Aufruf ist dem Aufsichtshabenden die Zahl der Anwesenden zu melden. Das Teilnehmerverzeichnis muß dem Dienststellenführer, unter namentlicher Angabe der fehlenden Männer, vorgelegt werden, der hierauf das Weitere zu veranlassen hat.«364
Offenbar erschien eine Intensivierung der Schulung angesagt, denn am gleichen Tag begann die erste große »Evakuierungsaktion« im Bezirk Sosnowitz. Hatte man gerade noch mehr »Höflichkeit, Humor und Takt« angemahnt, so folgte jetzt die Anweisung: »Bei den nunmehr wieder einsetzenden Judenaktionen ist rücksichtslos zu verfahren. Dabei soll nicht brutal gegen den einzelnen vorgegangen werden. Volkstumskampf ist hart – Gefühlsduselei nicht am Platze.«365 Am 13.5. wurden 1200 Juden durch die 1. Polizeikompanie »aufgebracht«, von denen 1000 nach Auschwitz transportiert wurden; am 16. waren es 1600 Juden in Bendsburg, von denen nochmals 1000 nach Auschwitz deportiert wurden, am 17. folgten weitere Evakuierungen aus Czeladz und Kazimierz, ebenfalls hauptsächlich durch die 1. Polizeikompanie und unter Absicherung der Revierpolizei von Sosnowitz.366 Die Juden wurden zunächst in ein Sammellager im ehemaligen polnischen Kino »Rialto« gebracht –
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das Lichtspielhaus »Capitol« nutzte man als Vortragssaal für größere eigene Veranstaltungen und Schulungsvorträge; andere kamen ins Sammellager Bendsburg und in die Synagoge und das jüdische Gemeindehaus in Dombrowa. Die Anweisungen zur Wochenschulung, die am 7.5. für den Mai ergingen, sollten die Männer am Vorbild der Wehrmacht, die ja an der Front ganz andere Strapazen durchzustehen hatte, zu Härte und Kaltblütigkeit anspornen und so auch auf die neuen Aufgaben einstimmen. Auf dem Programm stand die Themenfolge »Ein ganzes Volk kämpft um den Sieg« (s. o.), die Woelfert mit eigenen Anregungen und Vorschlägen ergänzte: »›19 Stunden in eisiger Kälte‹ (Völkischer Beobachter vom 8. April Nr. 98, Seite 2). Dieser Bericht führt uns noch einmal den Kampf der deutschen Soldaten gegen die markzerfressende Kälte, diesen erbarmungslosen Winterkrieg im Osten vor Augen und bringt gleichzeitig die Härte und Entschlossenheit des deutschen Soldaten in unvergesslicher Weise zum Ausdruck. ›Kampf mit einem 52-Tonner‹ von Kriegsberichter Wilhelm Fander, in der Wochenzeitschrift ›Das Reich‹ vom 12. April 1942. In spannender Weise wird hier ein Kampferlebnis unserer Panzertruppe geschildert. Ein hohes Lied auf die Kaltblütigkeit und Tapferkeit dieser Waffengattung.«367
Am 21. und 22. Mai fand wieder die reguläre Monatsschulung in Sosnowitz statt; am 20.5. versandte Woelfert das Heft »Schlacht im Atlantik« für die Wochenschulung. Er war offensichtlich bestrebt, den »Kampf gegen die Juden« in eine Linie mit dem militärischen Kampf zu stellen, den die Wehrmacht führte. In Ergänzung zu diesen Lektionen in kämpferischem, »kaltblütigem« Durchhaltewillen besuchte man am 16. und 17. Juni den Film »Der große König«. Kurz zuvor, am 12.6. hatte das AK I eine Festveranstaltung mit dem Musikkorps der Schupo Sosnowitz zelebriert, auf der die örtliche HJ zugegen war und Redner der Partei sprachen.368 Da es in Ostoberschlesien generell an verfügbaren Schulungskräften aus der SS mangelte, suchte man verstärkt lokale Parteikräfte in die Schulungsarbeit einzubinden. Denn gerade in den Ostgebieten hätte sich, wie der Gauleiter von Oberschlesien schrieb, gezeigt, dass vielfach Polizeiangehörige aus den Westgebieten abkommandiert würden, »die den Volkstumskampf, die Hinterhältigkeit und Verstocktheit der Polen nicht kennen«. Der Polizei standen deshalb jetzt die Kreis-Schulungsleiter der Partei zur Verfügung, allerdings, stellte der IdO am 2.6. klar, müsse die Themenvorgabe des RFSS eingehalten werden, und sofern die Schulungsleiter der Partei spezielle Probleme Oberschlesiens behandeln wollten, sei dies als zusätzliche Schulung zu betrachten.369 Offensichtlich wollte Woelfert die Kontrolle der SS über die Polizeischulung behalten. Für den 25. und 26. Juni kündigte er eine »Überprüfung« der weltanschaulichen Schulung in Sosnowitz an; im Juli folgte eine Arbeitstagung aller WE-Offiziere Oberschlesiens in Breslau.370 Am ersten Tag seiner Inspektion in Sosnowitz wohnte Woelfert einer Tagesschulung beim 1. Polizeirevier bei, anschließend fuhr er nach Maczki zur Wochenschulung der dort stationierten Ausbildungskompanie. Am Nachmittag begab er sich ins »Haus der Kameradschaft«, wo das Ak I die Monatsschulung durchführte; Leutnant Pawelka, häufiger Schulungsredner der
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Abteilung, hielt einen längeren Vortrag über »Nationalsozialistische Rechtsgestaltung im Rahmen der SS- und Polizeigerichtsbarkeit«. Am Abend traf man sich zu Eintopfessen und »zwanglosem Beisammensein« im Offizierskasino; für alle Offiziere war das Erscheinen Pflicht. Am nächsten Tag setzte Woelfert seine Visite mit einem Besuch bei der 1. Polizeikompanie fort, um dort der Wochenschulung – Vortrag mit Aussprache – beizuwohnen, anschließend besichtigte er die Polizeireviere und ließ sich durch die Dienststellenleiter über die Durchführung der weltanschaulichen Schulung Bericht erstatten.371 Woelfert scheint einige Ratschläge, wie sich die Schulung noch wirkungsvoller gestalten ließe, erteilt zu haben, denn in den folgenden Wochen beschäftigte man sich in den Offiziersbesprechungen mit Konzepten zur Neuregelung der weltanschaulichen Schulung. Unmittelbar nach Woelferts Abreise aus Sosnowitz kündigte der KdO einige organisatorische Änderungen an, um die Durchführung der Monatsschulung effizienter zu machen. Sie sollte in Zukunft nicht mehr nach den Abschnittskommandos, die zum Teil weit voneinander entfernte Reviere umfassten, sondern in kleineren Gruppen nach verkehrstechnischen Gesichtspunkten organisiert werden; und sie sollte vormittags durchgeführt werden, so, dass die Teilnehmer ihren Standort bis zur Mittagszeit wieder erreichen konnten.372 In den nächsten Monaten wurden daraufhin für das AK Sosnowitz 4 Klassen mit je zwei Diensthälften, also insgesamt 8 Klassen gebildet. Die vorgesehene Maximalzahl von 50 Teilnehmern wurde aber in allen Klassen überschritten, die Gruppen wurden daraufhin in 12 Klassen geteilt. Für jede Klasse musste ein geeigneter Redner gefunden werden; die Redner wurden auf einem Sonderlehrgang auf ihre Aufgaben vorbereitet.373 Daneben befasste man sich erneut mit dem »Schönheitswettbewerb« – die Dienststellen sollten fehlende Bilder zur Ausschmückung der Diensträume melden, getrennt nach »a) führenden Persönlichkeiten, b) Landschaftsbildern, c) Längsschnittbildern, d) Querschnittsbildern«. Für Mitte Juni waren die Sonnwendfeier und ein Offiziersfest vorzubereiten; für die Sonnwendfeier wurden zehn Sprecher für kurze Sprüche benötigt, Beamte mit guter Aussprache sollten sich melden.374 Immer wieder wurde auch der richtige Umgang mit Polen und Juden thematisiert – hier galt es stets, Distanz und ein gewisses Gleichgewicht zu wahren: »Es wird erneut darauf hingewiesen, dass es nicht angängig ist, auf Wache Juden, Polen oder gar Deutsche zu schlagen. Dies sind Landsknechtmanieren, die nicht in die Deutsche Polizei gehören.« Die Misshandlung von Juden war nur bei Aktionen »angängig«, und auch die Aktionen sollten diszipliniert ablaufen: rücksichtslose Härte, aber keine Brutalität. Ebenso wenig war es zulässig, die Situation der Juden auszunutzen und Geschäfte mit ihnen zu machen: »Ein Angehöriger der Schutzpolizei hat bei einem Juden arbeiten lassen, weil angeblich die polnischen und deutschen Handwerker zu teuer seien. Trotz des vielleicht berechtigten Einwandes ist diese Einstellung falsch. Wir müssen uns unbedingt von den Juden isolieren«, hielt das Protokoll der Dienstleiterbesprechung vom 2.7.1942 fest. Auf der gleichen Besprechung kam zur Sprache, dass Polenkinder angeblich deutsche Jungen verprügelt hätten – sofern es sich nicht bloß um »Kindereien« handele, seien die Polenkinder der Gestapo zuzuführen. Auf der Besprechung am 16.7. fasste man den denkwürdigen Beschluss, für
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den Fall, dass polnische oder jüdische Kinder deutsche Jungen verprügelten, die dreifache Zahl Gleichaltriger festzunehmen und ins Polizeigefangenenlager zu bringen. Auf der gleichen Besprechung kam auch eine Beschwerde zur Sprache, wonach ein deutscher Polizeibeamter einen Juden gegrüßt haben sollte: »Das ist nicht statthaft. Wenn Juden schon grüßen, darf unter keinen Umständen dieser Gruß mit einem deutschen Gruß erwidert werden. Überhaupt sollen Juden auf öffentlichen Straßen nicht gegrüßt werden.«375 Ab Juli 1942 brachte Balke »Sonderbefehle« zur weltanschaulichen Erziehung heraus, die »den weiteren Ausbau der weltanschaulichen Erziehung im Kommandobereich« zum Ziel hatten und eine neue Stufe der Intensivierung und Kontrolle markierten. Die weltanschauliche Erziehung müsse »noch straffer und wirkungsvoller« werden. Sie dürfe nicht wie ein Ausbildungszweig neben anderen behandelt werden; denn: »Die geistige Ausrichtung unserer Männer ist das Fundament, auf das sich alles aufbaut, was die Schutzpolizei an Haltung und Leistung zuwege bringt. Die Disziplin und Einsatzbereitschaft können nicht allein durch die dienstliche Einwirkung aufrecht gehalten und gefestigt werden. Entscheidend bleibt die Formung des inneren Menschen im Sinne der nationalsozialistischen Lebensgrundsätze.«376
Balke skizzierte ein umfangreiches Konzept der weltanschaulichen Schulung, das Unterricht, Haltungserziehung und Aktivierung mit verstärkter Kontrolle verband. Von besonderer Bedeutung sei die Wochenschulung, sie bilde »nach ihrer Aufgabenstellung das Schwergewicht der weltanschaulichen Erziehung« und müsse deshalb als »planmäßige Aufbauarbeit« betrieben werden. An die Stelle der tagespolitischen Information trat der Auftrag an jeden einzelnen Mann, sich über Rundfunk und Presse laufend selber zu informieren und den Völkischen Beobachter, das Schwarze Korps sowie die Mitteilungsblätter zu studieren, die in den Dienststellen auslagen: »Es ist … Pflicht des einzelnen Mannes, dass er sich selbst mit den wichtigsten Tagesereignissen beschäftigt. Er muss zu jeder Zeit in der Lage sein, über die internsten Tagesfragen Auskunft geben zu können.« Im Anschluß an die laufenden Dienstversammlungen sollten die Dienststellenleiter stichprobenartig Fragen zum aktuellen Geschehen stellen; festgestellte Lücken sollten dann am nächsten Tag durch einen Kurzvortrag, nötigenfalls auch durch schriftliche Arbeiten ausgefüllt werden. Während der Wochenschulung sollte dann nach Kurzvorträgen und ihrer Besprechung auch über »wissenswerte Vorgänge« der abgelaufenen Woche gesprochen werden. Wissensvermittlung durch Vorträge waren aber sekundär, weil jeder selber gehalten war, sich zu informieren; wichtiger war die Urteilsbildung durch die Aussprache: »Die Männer sollen vielmehr angehalten werden, sich selbst mit dem Zeitgeschehen zu beschäftigen und dasselbe zu beurteilen. Dieser zweite Teil der Wochenschulung ist in Form einer Arbeitsgemeinschaft durchzuführen, bei der die Männer sprechen und sich in ihrem Wissen gegenseitig ergänzen sollen.« Jeder Kurzvortrag müsse mit einer »Nutzanwendung« schließen, »die in Abwandlung des Gesagten auf unsere Haltung als Nationalsozialist und Soldat ausklingt.« Bei der sich anschließenden »Arbeitsgemein-
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schaft« sollten die Männer »in zwangloser Weise sprechen und zur Mitarbeit angeregt« werden. »Der Dienststellenführer muß auch in dieser Hinsicht seine Männer kennen lernen, vorhandene Lücken auffüllen und das Verständnis dafür vertiefen, dass sich keiner der deutschen Schicksalsgemeinschaft entziehen kann und es auf jeden einzelnen ankommt.« Die Monatsschulung diene der Ergänzung und Vertiefung, indem sie Vorgänge und Zusammenhänge in einem größeren Rahmen darstelle. Um für eine größere Aufmerksamkeit zu sorgen und das Interesse wachzuhalten, sollten die Monatsvorträge grundsätzlich in die Morgenstunden verlegt werden, die Zuhörer sollten in Schulklassen geteilt und die Schulungsredner für die einzelnen Klassen häufig gewechselt werden. Den Rednern wurde empfohlen, vorher vor dem Spiegel zu üben. Unentschuldigtes Fehlen war namentlich festzuhalten und anzugeben. Neu war, dass Balke jetzt auch eine schulmäßige Kontrolle der Anwesenden anordnete: »Der Aufsichtshabende hat einen Platz zu wählen, der eine Überwachung der Zuhörer ermöglicht. Unaufmerksame Männer sind vorzuholen und haben den Vortrag im Stehen anzuhören.« Der zuständige WE-Offizier habe stichprobenhaft an allen Veranstaltungen teilzunehmen, alle Männer seien über die Bedeutung dieses Befehls zu unterweisen: »Jeder muß wissen, worauf es gegenwärtig ankommt und was ich unter allen Umständen erreicht wissen will: die soldatische Haltung auf der Grundlage der nationalsozialistischen Weltanschauung.«377 Balkes Richtlinien waren paradox, weil sie einerseits Formen der Überwachung und Kontrolle einführten, andererseits die aktive Mitarbeit und Beteiligung der Männer forderten: »Die Männer müssen freudig mitgehen und die Erziehungsarbeit nicht als einen langweiligen Zwangsunterricht empfinden.« Er hoffte dies dadurch zu erreichen, dass man die Männer selber zur Sprache kommen lässt: »Für einen kurzen packenden und im natürlichen Soldatenton gehaltenen Vortrag usw., bei dem die Männer auch selbst zu Wort kommen, wird Interesse und eine Mitarbeit zu erwarten sein.« Wissensorientierte Vorträge erreichten offenbar ihren Zweck immer weniger: »In allem ist die Tatsache zu berücksichtigen, dass durch die Kriegsdauer gewisse Ermüdungs- und Lockerungserscheinungen eintreten können, denen durch eine systematische Erziehung begegnet werden muß. Ein Zwang schafft nur eine äußere Umstellung; wir aber wollen den ganzen Menschen erfassen.«378 Dies war wohl auch dringend nötig; denn mit dem Beginn der zweiten großen Welle der Deportationen am 12.8.1942 warteten auf die Männer neue Herausforderungen. In Sosnowitz hatten sich 25 000, in Bendsburg 23 000 Juden unter dem Vorwand, ihre Ausweise stempeln zu lassen, auf Sammelplätze zu begeben, wo Angehörige der Gestapo Selektionen durchführten – etwa 10 700 wurden als nicht mehr arbeitsfähig ausgesondert und für den Abtransport nach Auschwitz bestimmt. Die 1. Polizeikompanie sicherte die Aktion und die Bewachung der Sammellager, Revierpolizei führte zusätzlichen Streifenschutz in den von Juden bewohnten Stadtteilen durch. Die Transporte nach Auschwitz begannen am 14. und dauerten bis zum 18. August. Während dieser Zeit mussten die Menschen auf regennassem Boden ausharren, ohne Verpflegung und medizinische Hilfe. Die für den Transport zuständige Reichsbahndirektion Oppeln verfügte nicht über genügend Waggons, um alle Juden auf einmal abzuholen:
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»In sogenannten Auffanglagern – zwei großen Wohnhäusern in Sosnowitz und im ehemaligen Waisenhaus, der Markthalle und im Speisesaal der jüdischen Gemeinde von Bendzin – wurden die Juden bis zur Abfahrt zusammengepfercht. Säuglinge und Kinder starben dort in diesen Tagen, alte Leute begingen Selbstmord, und manche, so die Zeitzeugenberichte, verloren den Verstand.«379
Insgesamt wurden zwischen Mai und August 1942 etwa 38 000 Juden aus dem Oststreifen verschleppt, davon wurden 20 000 nach Auschwitz deportiert, die anderen kamen in Arbeitslager der Organisation Schmelt.380 Gleichzeitig fand der Abschnittskommandeur noch Zeit, weiterhin »gute Umgangsformen« und ein »tadelloses Benehmen in der Öffentlichkeit« einzufordern: »Es wäre beispielsweise unmöglich, wenn sich ein Offizier mit der Ehefrau auf einer öffentlichen Wiese sonnen wollte und dabei den Rock ablegen und in Hosenträgern herumlaufen würde.«381 Der laufende Schulungsbetrieb konnte während dieser Zeit aber nicht wie vorgesehen durchgeführt werden, und in seinem nächsten Befehl zur weltanschaulichen Erziehung reduzierte der Kommandeur seine Anforderungen und lockerte die Kontrollen, insistierte aber auf der Durchführung der Wochen- und Monatsschulung: »In voller Würdigung der umfangreichen und vielseitigen Aufgaben, die gegenwärtig an sämtliche Dienststellen herantreten, ist die dienstplanmäßige Schulung - soweit als nur irgend vertretbar – eingeschränkt worden. Verlangt wird lediglich als Tagesschulung: im Anschluß an die Dienstbesprechungen die stichprobenartige Stellung von Fragen über wichtige Ereignisse des Vortages, um die Männer zu zwingen, sich selbst mit dem Zeitgeschehen zu beschäftigen (Ersatz für die vorgeschriebene Tagesschulung), als Wochenschulung: ½ Unterrichtsstunde und als Monatsschulung: eine vom Kommando durchgeführte Vortragsstunde.«
Danach entfielen vor allem die üblich gewordenen Kurzvorträge im Rahmen der Tagesschulung. Trotz erschwerter Bedingungen seien Anweisungen zur weltanschaulichen Erziehung aber »restlos« auszuführen: »Ich bin unter keinen Umständen gewillt, zuzulassen, dass ein von mir gegebener Befehl achtlos beiseitegelegt oder nachlässig ausgeführt wird. Ein Dienststellenführer, der die weltanschauliche Ausrichtung seiner Männer nicht ernsthaft betreibt, zeigt entweder mangelndes Verständnis oder fehlenden guten Willen. Ihm fehlt es somit an der ersten Voraussetzung, die der nationalsozialistische Staat an einen Führer stellt.«382
Für die Wochenschulung ordnete Balke im September Kurzvorträge über »Die Schlacht im Atlantik« an, mit denen Zuversicht über den weiteren Verlauf des Krieges verbreitet werden sollte. Überhaupt war man jetzt um »positive Verstärkung« bemüht. Um die Begeisterung für die nationalsozialistische Sache neu zu wecken, aber auch um sich einen Überblick über den Stand der weltanschaulichen Schulung zu verschaffen, kündigte Balke einen schriftlichen Wettbewerb an, an dem alle Polizisten vom Oberwachtmeister bis zum Polizeimeister teilzunehmen hatten und in
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dem sechs bis zehn Fragen beantwortet werden mussten. Die Ergebnisse würden bekannt gemacht, gute Arbeiten lobend hervorgehoben werden, die besten Antworten sollten unter Angabe des Verfassers in einer Aufstellung zusammengefasst werden, die an alle Dienststellen versandt und im Rahmen der Wochenschulung besprochen werden sollte. Gleichzeitig führte Balke mit Rundschreiben vom 25.9.42 aber die Kontrolle der Teilnahme an der Monatsschulung wieder ein.383 Am 6. November konnte der WE-Offizier des Kommandos von Sosnowitz die Zusammenstellung der besten Antworten aus dem Wettbewerb vorlegen. Die Zusammenstellung enthielt Beiträge von 18 Polizeiangehörigen. Daraus einige Beispiele: »2.) Die Demokratien haben den Krieg herbeigeführt, um die autoritären Staaten zu bekämpfen. a) Was versteht man unter einem demokratischen und autoritären Staat? Die Gegenüberstellung von Demokratie und autoritärer Staat ist eine liberale Fälschung, da beide Staatsformen im Grunde aus einer Wurzel entstanden sind. In der Demokratie liegt die Ausübung der Staatsgewalt beim Parlament, das vom Volk gewählt wird. Es besteht aus mehreren Parteien (Interessengruppen), von denen die jeweilige Regierung abhängig ist. – Die germanische Demokratie stützt sich auf eine durch ihre Leistung gewählte und allein verantwortliche Führerpersönlichkeit. Die Autorität der Führung liegt in der engen Verbundenheit zwischen Führer und Volk begründet. Träger der Autorität ist nicht der Staat an sich, sondern das Volk. (Meister d. Sch. Kahlert, S.LS)« »5.) Das Reichsbürgergesetz unterscheidet zwischen Staatsangehörtigen und Reichsbürgern. Was versteht man unter einem a) Staatsangehörigen? Denjenigen, der nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen in den Schutzverband des Reiches aufgenommen worden ist. Die Staatsangehörigkeit ist an keine blutsmäßigen Bedingungen gebunden und kann somit auch von Fremdrassigen erworben werden, ausgenommen Juden. Der Staatsangehörige steht unter dem Schutz des Reiches, ohne jedoch die politischen Rechte eines Reichsbürgers zu besitzen. Dagegen stehen ihm, zum Unterschiede von Ausländern und Staatenlosen, alle diejenigen Rechte und Pflichten zu, die sich aus seiner Zugehörigkeit zum Reich ergeben.« (Oberw.d.Sch.d.Res. Vogel, S.Ak.-I-Stab) b) Reichsbürger? Den Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes, der durch seine Haltung beweist, dass er den Willen und die Eignung besitzt, dem deutschen Reich in Treue zu dienen. Vorgesehen ist eine besondere Verleihung des Reichsbürgerrechts durch die Überreichung des Reichsbürgerbriefes nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen. Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der politischen Rechte nach Maßgabe des Gesetzes. (Rev.-Oberw.d.Sch. Wegener, 1. Pol.Revier).« »8. Wir befreien Europa durch diesen Krieg von der bolschewistischen Gefahr. a) Was versteht man unter Bolschewismus? Mit Bolschewismus bezeichnet man den in Sowjet-Russland verwirklichten Kommunismus mit ausgeprägten jüdischen Weltherrschaftsabsichten. (Oberw.d.Sch. Batliner, Musikzug).«384
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In einem Sonderbefehl vom 10. November 1942 bekräftigte Balke die Verbundenheit der Polizei mit der SS, indem er allen Dienststellen Singeübungen auferlegte. Bei der Feier zum 9. November hatte sich gezeigt, dass das SS-Treuelied nicht allgemein bekannt war, obwohl es schon vorher bei Dienstversammlungen gesungen wurde. In Zukunft sei das Lied bei allen dienstlichen und kameradschaftlichen Veranstaltungen und im Anschluß an die Monatsschulungen zu singen: »Durch unsere enge organisatorische Verbundenheit mit der SS ist das genannte Lied die Grundhymne auch für die Polizei.« Diese Verbundenheit brachte auch ein Beschluß der Offiziersversammlung vom 15.8.1942 zum Ausdruck, nach dem an die Stelle der Anrede mit »Meister« und »Wachtmeister« die SS-typische Bezeichnung »Unterführer und Männer« treten solle.385 Ein weiterer Sonderbefehl vom 7.12.42 legte die Ausgestaltung der Monats- und Wochenschulung genauer fest; die Monatsschulung sollte künftig eine klare rituelle Gestalt haben, wie sie das HA Orpo für die Wochenschulung der geschlossenen Formationen vorgesehen hatte: »a) Singen der 1. Strophe des SS-Treueliedes b) Vorlesen eines Führerausspruches durch den Aufsichtshabenden c) Vortrag (45 Min.) d) Führerehrung und e) Singen der 3. Strophe des SS-Treueliedes.«386
Der Text des SS-Treueliedes war allerdings nicht gerade sehr eingängig und besonders leicht auswendig zu lernen; vor allem die vielen Volksdeutschen im Polizeidienst, die noch Deutschunterricht erhielten, dürften damit Schwierigkeiten gehabt haben. Da danach offenbar immer noch nicht alle das Lied beherrschten, wurden im Dezember besondere Gesangsübungen und Kontrollen angeordnet.387 SS-Treuelied Melodie: »Joachim Hans von Zieten, Husarengeneral …« »1. Wenn alle untreu werden, so bleiben wir doch treu, dass immer noch auf Erden für euch ein Fähnlein sei, Gefährten unsrer Jugend, ihr Bilder bessrer Zeit, die uns zu Männertugend und Liebestod geweiht. 2. Wollt nimmer von uns weichen, uns immer nahe sein, treu wie die deutschen Eichen, wie Mond und Sonnenschein! Einst wird es wieder helle in aller Brüder Sinn, sie kehren zu der Quelle in Lieb und Treue hin. 3. Ihr Sterne seid uns Zeugen, die ruhig niederschaun, wenn alle Brüder schweigen und falschen Götzen traun, Wir woll’n das Wort nicht brechen, nicht Buben werden gleich, woll’n predigen und sprechen vom heil’gen deutschen Reich.«
Seit dem 1. Januar 1943 stand dem PSL auch ein Singeleiter zur Verfügung, der für Gesangsübungen und die Einweisung eigener Singeleiter von den Einheiten und Dienststellen angefordert werden konnte. Pannen wie mit dem SS-Treuelied sollten
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sich nicht wiederholen. Bis April 1943 waren jeweils Singeleiter bei den Kommandeuren der Schupo in Breslau, Kattowitz, Sosnowitz und Gleiwitz eingesetzt worden; Woelfert gab an sie die Anordnung des HA Orpo weiter, dass ihre Aufgaben sich nicht darin erschöpften, nur Lieder einzuüben, sondern dass sie weitergehende Aufgaben der Truppenbetreuung wahrzunehmen hätten, die sich allgemein auf die »Festigung und Ausrichtung der seelischen Kräfte und die Stärkung der Einsatzbereitschaft« auswirken sollte.388 Die Singeleiter waren zwar hauptsächlich zur Einübung von Marschliedern bei den geschlossenen Formationen gedacht, betreuten aber nebenher auch die Dienststellen der Reviere. Nach einem Arbeitsbericht des Singeleiters für Kattowitz vom Juni 1943 erteilte dieser wöchentlich eine bis zwei »Singestunden« bei den Kompanien und Hundertschaften, aber auch eine Stunde im Monat beim Einzeldienst der Abschnittskommandos. Für den Einzeldienst, berichtete der Polizeipräsident von Gleiwitz, würde im Anschluss an die Monatsschulung eine Gesangsstunde eingelegt. Eingeübt würden »das Marschlied der deutschen Polizei ’Die grünen Bataillone’« sowie die Lieder »Die dunkle Nacht ist nun vorbei«, »Das Leben ist ein Würfelspiel« und »Leuchtend ist der Himmel«. Zur Durchführung der Kameradschaftsabende würden drei Lieder im Doppelquartett einstudiert.389 Inzwischen fanden auch reihum regelmäßige Arbeits- und Fortbildungstagungen für die WE-Offiziere des Regierungsbezirks statt: am 28.10.42 in Bielitz, am 11.11. in Kattowitz, am 22.1. sowie am 16. und 17.3.1943 in Sosnowitz usw. Die Tagung am 28.10. in Bielitz war für die Offiziere und Revieroffiziere der Landkreise Bielitz, Teschen und Saybusch bestimmt; für den Vormittag hatten sich vier Offiziere, unter ihnen auch Leutnant Haase aus Auschwitz, auf Vorführungen einer Tagesschulung vorzubereiten, vier weitere Offiziere wurden für die »schulungsmäßige Behandlung« der Mitteilungsblätter des IdO Breslau im Rahmen der Wochenschulung benannt, vier weitere Offiziere hatten am Nachmittag Vorträge von 30 bis 45 Minuten Dauer zum Monatsthema »Der Dollar rollt« zu halten. Nach dem gleichen Muster lief die Tagung am 11.11. in Kattowitz für Offiziere der Landkreise Rybnik, Pleß, Krenau, Ilkenau und Tarnowitz ab.390 Für Dezember und Januar kündigte Woelfert unterdessen die Monatsthemen »Die lebensgesetzlichen Grundlagen des Nationalsozialismus« und »Der Kampf um das Reich« an. Zum 22.1.1943 wurden alle Offiziere und Offiziersanwärter des Schupo-Kommandos Sosnowitz zu einer Arbeitstagung mit Woelfert einberufen. Woelfert blieb auch hier seinem »seminaristischen« Konzept der »Aktivierung« treu, das er vermutlich auf Lehrgängen des Schulungsamtes und des HA Orpo kennen gelernt hatte: Am Vormittag sollten einzelne Offiziere ihre »Schulungsmethodik« in der Tagesschulung vorführen – diesmal ohne Vorbereitung, da die Offiziere »wahllos« herangezogen wurden. Nach einer Besprechung der Ergebnisse folgte der Vortrag eines Abschnittskommandeurs über Erfahrungen in der Durchführung der weltanschaulichen Schulung nach den dafür erlassenen Bestimmungen. Am Nachmittag standen von 13.30 bis 16.00 Kurzvorträge von jeweils 5 Minuten auf dem Programm: »Den Teilnehmern werden unmittelbar vorher Themen gestellt, die von je 2 Offizieren (Referat und Korreferat) zu behandeln sind. Die Vortragenden sollen beweisen, daß sie über die politischen Kernfragen der Gegenwart informiert sind und über diese in flüssiger Form sprechen können.« Um 17.00 schloss
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sich der Vortrag eines WE-Offiziers über »Methodik und Zielsetzung für die weltanschauliche Erziehungsarbeit« an, danach folgte eine Schlussbesprechung mit Woelfert.391 Ergänzend zu diesen Tagungen schickte Woelfert seinen Mitarbeiter Polizeiinspektor Giller mit »kolonialpolitischen Vorträgen« auf eine Rundreise durch Oberschlesien; Themen waren im September 1942 »Japan« (auch in Auschwitz gehalten), im Oktober »Der Nordamerikanische Kontinent«. Im Dezember 1942 folgten Vorträge über Japan in Rybnik, über England in Krenau und Gleiwitz sowie über »Ostraum und Kolonien« in Bendsburg.392 In Sosnowitz kündigte Balke, nachdem zuletzt das Monatsthema »Der Osten, das Schicksal des deutschen Volkes« behandelt worden war, für den Januar 1943 einen Sondervortrag zum Thema »Unsere Haltung in entscheidungsvoller Zeit« an. Für die Wochenschulung sollten die SS-Leithefte, der Völkische Beobachter, das Schwarze Korps, »Das Reich« und die Mitteilungsblätter Gruppe A und B herangezogen werden.393 Die Monatsschulung wurde für die verschiedenen Dienststellen und Klassen auf den 4., 5., 7. und 8. Januar festgelegt. Am 9.1. sollte sie für die 1. Kompanie stattfinden, »sofern diese bis dahin zurückgekehrt ist«. Der Termin musste verschoben werden, denn die Kompanie kehrte erst am 31.1. aus Warschau zurück; sie war dort zur Verstärkung der Ordnungspolizei bei der Räumung des Warschauer Ghettos herangezogen worden, bei der man auf unerwarteten Widerstand stieß und die deshalb am 22.1. abgebrochen wurde. Am 16.2.1943 war die Kompanie schon wieder gemeinsam mit der Gestapo und Beamten der Schupo Sosnowitz bei der »Aussiedlung« von 4000 Juden aus Krenau südöstlich von Auschwitz im Einsatz.394 Am 19. und 20.2. fand für die Polizisten des Abschnittskommandos II in Dombrowa die nächste Monatsschulung im »Haus der Deutschen« statt. Oberwachtmeister Seidensticker, der zuvor im schriftlichen Wettbewerb für seine Beantwortung der Frage »Was versteht man unter Rasse« ausgezeichnet worden war, hielt den Vortrag zum Thema »Sicherung Europas«. Am 24.2.1943 kam ein Befehl von Himmler zum Versand, der weltanschaulichen Erziehung noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen: »Der Kampf mit dem russischen Gegner hat unserer Überzeugung Recht gegeben, dass nur die Truppe in diesem Kriege auf die Dauer siegreich sein wird, deren Männer nicht nur soldatisch tüchtig, sondern die in noch höherem Maße überzeugte und gläubige Träger unserer Weltanschauung sind. Nur der Mann ist auch in der schwersten Situation fähig, zu kämpfen, zu fechten und wenn notwendig zu bluten und bereitwillig sein Leben hinzugeben, der im tiefsten Herzen weiß, warum und wofür er dieses Opfer bringt. Je länger der Krieg dauert, umso mehr müssen wir unsere gesamten Führer, Unterführer und Männer zu immer fanatischeren und überzeugteren Willensträgern der nationalsozialistischen Weltanschauung, zur Idee unseres Führers Adolf Hitler erziehen.«395
Am selben Tag brachten Beamte der Schupo Sosnowitz weitere 223 Juden ins Durchgangslager. Etwa zur gleichen Zeit teilte der Polizeikommandeur von Sosnowitz die Tagesordnung für die nächste, im März geplante weltanschauliche Arbeitstagung mit, an der sämtliche Offiziere, Dienststellenleiter und Offiziersanwärter teilzunehmen hat-
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ten. Für den 16. März standen im Offizierskasino Sosnowitz ein Grundlagenvortrag des WE-Offiziers zu weltanschaulichen Erziehungsfragen sowie sieben Kurzvorträge, die als Korreferate dazu angelegt waren, auf dem Programm – unter den Vortragenden war auch der Kommandeur der 1. Polizeikompanie, zu diesem Zeitpunkt vermutlich Hauptmann Janssen. Anschließend war eine Stellungnahme des Polizeischulungsleiters zu den Vorträgen vorgesehen, sodann die praktische Vorführung einer Wochenschulung vor 20 Unterführern und Männern, wiederum mit einer Stellungnahme des Polizeischulungsleiters, eine Schlussbesprechung, Kaffeetafel und zwangloses Beisammensein. Am folgenden Tag hielt der WE-Offizier den Monatsvortrag über das Thema »Des Führers Glaube – unser Glaube« im »Haus der Deutschen«, der Polizeischulungsleiter hielt eine Schlußansprache und begab sich nach einer Dienstbesprechung mit dem WE-Offizier zur Besichtigung von Dienststellen und Gemeinschaftsheim »in Bezug auf würdige Ausgestaltung, dienstliche Fürsorge und Freizeitgestaltung.«396 Unmittelbar nach der Arbeitstagung gab Balke am 22. März 1943 einen Sonderbefehl zur weltanschaulichen Erziehung heraus, der den rituellen Rahmen für die Wochenschulung der Polizeikompanie neu festlegte: »Die Wochenschulung ist an jedem Sonnabend zu Dienstbeginn in Form einer kleinen Feierstunde durchzuführen. Sie besteht aus: a) Vaterländisches oder Soldatenlied b) Vorlesen eines Führerauspruches c) Kurzvortrag von etwa 15 Minuten d) Vorlesen eines Spruches durch einen geeigneten Unterführer oder Mann e) SS-Treuelied (Die 3. Strophe ist mit erhobenem rechten Arm zu singen.)«397
Der jeweils wechselnde »Führerausspruch« war »aus Reden, Proklamationen oder dem Werk ›Mein Kampf‹ zu entnehmen« und sollte inhaltlich mit dem Kurzvortrag in Beziehung stehen. Der »kämpferische Mensch mit seiner Einsatz- und Opferbereitschaft« war in den Mittelpunkt zu stellen. Die »Wochenschulung« nahm zunehmend pseudo-sakralen Charakter an: »Die Zuhörer stehen beim Verlesen des Führerausspruches«. Gleichzeitig benannte Balke die Wochenschulung des Einzeldienstes in »weltanschauliche Ausrichtung« um. Ein weiterer Sonderbefehl zur weltanschaulichen Erziehung folgte am 29.3. und hielt eine Reihe grundlegender Prinzipien fest, die während der Arbeitstagung am 16./17.3. formuliert worden waren. Es waren die Prinzipien einer »Erwachsenenbildung«, die Elemente einer charismatischen Erziehung mit Methoden der Aktivierung verbanden. Das beste Erziehungsmittel sei das »gezeigte Vorbild«, deshalb müsse die weltanschauliche Erziehungsarbeit auch in den Händen des Dienststellenführers liegen, der für die »willensmäßige Ausrichtung« seiner Männer die persönliche Verantwortung trage. Es genüge nicht, die Männer über ihre Haltung aufzuklären, sie müssten auch »innerlich überzeugt« werden; das wirksamste Mittel, um sie »innerlich zu packen und mitzureißen«, sei »die freie, anfeuernde Rede«. Nach Möglichkeit müssten alle Männer in die Schulung einbezogen werden und zu Wort kommen: »Bei der Erörterung der militärischen, politischen und wirtschaft-
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lichen Ereignisse der abgelaufenen Woche sollen die Männer sprechen.« Wer in einer »befehlenden, schulmeisterlichen oder überheblichen« Form weltanschauliche Erziehungsarbeit leiste, der erreiche nichts: »Der Dienststellenführer muss durch seine Persönlichkeit wirken und die Zuhörer müssen den Eindruck haben, dass er sich offen und aus Überzeugung ausspricht und nicht auf amtlichen Auftrag hin rosarot färbt.«398 Weitere Arbeitstagungen und Sonderbefehle folgten. Im Mittelpunkt standen jetzt weniger Unterrichtsinhalte als Fragen der Unterrichtsmethodik. Sie belegen das Bestreben, die Polizisten, die während des Jahres 1943 fortgesetzt mit Ghettoräumungen, Massendeportationen und anderen »Sonderaktionen« befasst waren, »innerlich« zu erreichen und von der Richtigkeit ihres Tuns zu überzeugen. Februar/März 1943 wurden erneut Hunderte von Juden ins Durchgangslager Sosnowitz gebracht.399 Im April 1943 ging es in der Monatsschulung um die »Sicherung Europas«. Als die »Judenevakuierungen« und Deportationen nach Auschwitz in den folgenden Monaten ihren Höhepunkt erreichten, war das zentrale Thema der Monatsschulung die nationalsozialistische Rassenpolitik. Unmittelbar nach der Räumung des Ghettos Czeladz am 19.5. durch die 1. Polizeikompanie und das 4. Revier des Kommandos Sosnowitz hielt Leutnant Pawelka am 20. und 21.5. den Monatsvortrag über »Unsere Rassepolitik«. Vom 22. bis 26.6. folgte die Fortsetzung mit dem Thema »Die Aufgaben unserer Rassenpolitik« durch den Hauptmann und Führer der 1. Polizeikompanie Janssen reihum im Haus der Kameradschaft in Sosnowitz, in der Kaserne der Polizeikompanie und im »Deutschen Haus« von Dombrowa. Zur gleichen Zeit, am 22. Juni wurden etwa 2500 Juden aus Bendsburg nach Auschwitz deportiert; am gleichen Tag hielt sich übrigens Woelfert in Auschwitz auf.400 In Bendsburg wurden passenderweise die Monatsthemen »Aufgaben der Rassenpolitik« im Juli und »Rassepolitische Aufgaben der SS« im August behandelt. Am Vortag der Deportation der Juden aus Bendsburg nach Auschwitz hielt sich Woelfert in Krenau auf, um mit Hauptmann Tschirner die für den 28. und 29.6. in Breslau geplante weltanschaulich-politische Arbeitstagung der WE-Offiziere vorzubereiten. Tschirner sollte zusammen mit Hauptmann Janssen aus Sosnowitz über Konzeption und Aufgaben der »Wochenschulung« referieren. Vermutlich wurde das Wachbataillon Krenau zu der Deportationsaktion mit herangezogen, denn wegen eines Einsatzes des Bataillons konnte Woelfert nicht wir geplant dort übernachten, stattdessen wurde die Schupo-Dienstabteilung in Auschwitz angewiesen, ein Zimmer für ihn bereitzustellen. Die Vorgänge dürften ihm also kaum entgangen sein. Sie waren wohl auch der Grund dafür, dass die Schulungstagung um einige Tage auf den 1. und 2. Juli verschoben wurde. In Breslau wurden wieder Mustervorträge und Referate zur Tages-, Wochen- und Monatsschulung gehalten. Aus Sosnowitz nahmen Revieroberleutnant Pawelka und Hauptmann Janssen teil. Am 2.7. gab es Sondervorträge über »Volkstumsfragen im Protektorat« und »Bevölkerungs- und rassepolitische Fragen«. Referenten waren Hauptmann Framenau aus Prag, der 1944 als Polizeischulungsleiter nach Hamburg berufen wurde, sowie Obersturmführer Dr. Theune aus Schwednitz.401 Nach der Arbeitstagung brachte Balke am 19.7. einen neuen Sonderbefehl zur weltanschaulichen Erzie-
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hung heraus. Im Mittelpunkt standen Fragen der Unterrichtsmethodik. Wichtiger als Inhalte wurden jetzt Methoden, die Männer angesichts immer größer und schwerer werdender Herausforderungen auch innerlich zu erreichen und zu stärken und von der Richtigkeit ihres Handelns zu überzeugen. Für die informatorische Wochenschulung beim Einzeldienst, jetzt »weltanschauliche Ausrichtung« genannt«, ordnete Balke eine Wochenstunde jeden Samstag an, bestehend aus einem Kurzvortrag und einer Aussprache in der ersten sowie einer Besprechung der wichtigsten Ereignisse der Woche in der zweiten halben Stunde. Zur Unterrichtsmethodik gab er eine Reihe praktischer Ratschläge: »a) Erst Fragen, dann einen Namen nennen, damit alle Teilnehmer mitarbeiten. b) Unrichtige oder unvollständige Antworten sind in erster Linie von anderen Teilnehmern zu stellen bzw. zu ergänzen. c) Einfache und klare Fragen stellen. Keine Schachtelfragen wie z.B. Was wissen Sie über die Ursachen, die Bedeutung und die Auswirkungen des U-Boot-Krieges. Das ist in 3 Fragen zu besprechen. d) Keine Fragen stellen, die mit Ja oder Nein oder so selbstverständlich zu beantworten sind, dass die Männer nicht nachdenken zu brauchen. Bsp.: Hat sich dieser Krieg auch vermeiden lassen? Anstatt: Warum hat sich dieser Krieg nicht vermeiden lassen? e) Keine Wiederholung der gestellten Frage dulden und auch der Dienststellenleiter darf eine erhaltene Antwort nicht nachsprechen. Es sind gedankenlose Angewohnheiten, die den Unterricht langweilig machen und unnötig aufhalten. f) Nicht durcheinander fragen, d.h. ein aufgeworfenes Problem vollständig durchsprechen und dann weitergehen, deshalb klare Gliederung durch Zurechtlegen des Stoffes, der durchgesprochen werden soll. Besser weniges gründlich erörtern als viele Fragen nur oberflächlich berühren. g) Um diese Schulung auch allgemein zu nutzen, ist bei den Antworten eine gewisse Spracherziehung zu betreiben. Die Teilnehmer müssen lernen, zusammenhängende Sätze einwandfrei auszusprechen, was insbesondere für die Volksdeutschen gilt.«402
Nachdem man begonnen hatte, auch in Ostoberschlesien die jüdische Bevölkerung zu ghettoisieren, waren auch hier die äußeren Bedingungen für die massenhafte Deportation nach Auschwitz gegeben. Den Höhepunkt erreichten die Aktionen im August 1943 mit der systematischen Räumung der Ghettos; sämtliche Einheiten der Ordnungspolizei wurden für die Aufgabe mobilisiert.403 In rund 14 Transporten wurden im August etwa 32 000 Juden aus Sosnowitz und Bendsburg nach Auschwitz transportiert; dort wurden 6171 für den Arbeitseinsatz ausgewählt, die anderen wurden sofort getötet. Der Polizeipräsident von Sosnowitz stellte 22 Offiziere und 775 Männer für die »Aussiedlungsaktion« zur Verfügung. An geschlossenen Einheiten waren wieder die 1. Polizeikompanie, die in dieser Hinsicht schon umfangreiche Erfahrungen hatte sammeln können, und die Ausbildungskompanie Maczki mit insgesamt 256 Mann beteiligt. Die Aktion dauerte etwa zweieinhalb Wochen. Während dieser Zeit exekutierte die 1. Polizeikompanie an die 1000 Menschen.404 Aus Maczki wurden auf Veranlassung von Oberleutnant Balke die Teilnehmer des laufenden Lehrgangs für den Osteinsatz, des Schupo-Anwärterlehrgangs und eines Son-
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derlehrgangs der Polizeiverwaltung Sosnowitz abkommandiert, insgesamt 157 Männer und 5 Offiziere. Den Hauptteil bildeten mit 103 Männern und drei Offizieren die Teilnehmer des Lehrgangs für den Osteinsatz, für die dies sicher eine »nützliche Lektion« war. In Maczki wurden 1943 laufend für den Osteinsatz bereitgestellte Polizeikräfte zu Weiterbildungslehrgängen zusammengezogen. Diese Lehrgänge waren nach den Richtlinien des HA Orpo ganz auf den militärischen Kampf und die Erziehung zur Härte ausgerichtet: Im Mittelpunkt stand die Gefechts-, Waffen- und Schießausbildung, zwei Unterrichtsstunden waren für die Weltanschauliche Schulung, drei für Gesangsübungen reserviert. Mit 9 ¾ Stunden (entsprechend 13 Unterrichtsstunden) nahm der Sport – dahinter verbarg sich die Nahkampfausbildung – einen breiten Raum ein. Dazu kam die politische Tages- und Wochenschulung. Ziel war die Erziehung zu Härte und Kampfbereitschaft: »Die Wochenschulung hat der kämpferischen Einsatzbereitschaft und Härte zu dienen. Jedermann muss wissen, wofür er kämpft und mit welchem Gegner er es zu tun hat. Die weltanschauliche Schulung muß den Willen zum Siege stärken.«405 Der Einsatz in Sosnowitz und Bendsburg dauerte vom 1. bis zum 23.8.; am 25. wurde der »normale Dienst« in Maczki wieder aufgenommen und der Lehrbetrieb fortgesetzt. Von der Ausbildungsabteilung ist ein Tätigkeitsbericht über den Einsatz erhalten, aus dem einige Passagen wiedergegeben seien: »Die eingesetzten Kräfte der Ausbildungsabteilung hatten die Aufgabe, Durchsuchung von Häusern, Absperrungen und Abtransportieren festgenommener Juden vorzunehmen. Die Aktion begann zunächst im Ghetto Sosnowitz, die schon nach 3 Tagen als beendet angesehen werden konnte, da das Ghetto von Juden geräumt war. 15.000 Juden wurden hier festgenommen und abtransportiert. Nach Beendigung dieser Aktion konnte der mitangeführte Anwärter-Lehrgang in Stärke von 1 Zugführer und 30 Männern herausgezogen werden, und wurde nach Maczki zurückbeordert, um den Kasernenschutz zu übernehmen. Am 5.8.1943 erfolgte ein neuer Einsatz im Ghetto Bendsburg, wo den Einsatzkräften die gleichen Aufgaben gestellt waren…. Am 6.8. war auch in diesem Ghetto der größte Teil der Juden festgenommen und abtransportiert worden. Sie wurden dem Sammellager für Juden in Auschwitz zugeführt. Unter schwierigen Umständen, zum Teil nur mit Waffengewalt, mußten die Juden aus ihren hervorragend angelegten Verstecken, die in Form von Bunkern und unterirdischen Gängen, eingemauerten Räumen herausgeholt werden. Ein Teil von Juden war immerhin noch im Ghetto verblieben, um sich ihrer Festnahme zu entziehen, und hielt sich in den raffiniertesten Verstecken verborgen. Den Einsatzkräften ist es dank ihrer Umsicht und Rührigkeit doch gelungen, auch die gschicktesten und getarntesten Verstecke ausfindig zu machen und die Juden festzunehmen. Die Einsatzkräfte hatten 14 Tage mit dieser Arbeit zu tun, um dann anschließend melden zu können, dass das Ghetto von Juden frei sei. Auf der Flucht sowie zur Brechung des Widerstandes mußte von der Schusswaffe Gebrauch gemacht werden, so dass im Verlauf der Aktion 281 Juden erschossen wurden. Nach der eigentlichen Aktion wurde das Ghetto nochmals durchkämmt und hierbei noch 170 Juden, die sich zum Teil hatten ein-
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mauern lassen, herausgeholt. Diese Juden führten hohe Geldbeträge und Schmucksachen bei sich…. Während der Einsatzzeit erkrankten infolge der heißen Jahreszeit durch Genuß von kalten Getränken viele Angehörige der Kräfte an Magen- und Darmkatarrh. Die Kranken wurden durch neue Kräfte der Ausbildungsabteilung ergänzt. Ein Angehöriger verstarb am 14.8.1943 an den Folgen einer Alkoholvergiftung. Der Alkohol entstammte Judengut.«406
Der Unterrichts- und Ausbildungsbetrieb in Maczki lief bis 1944 weiter. Im Januar 1944 wurde die Ausbildungsabteilung erneut zu einer Sonderaktion nach Sosnowitz gerufen, um ein Wohn- und Industrieviertel abzusperren und gemeinsam mit der Gestapo das abgesperrte Gebiet zu durchsuchen. Neben Polen wurden erneut auch Juden gefangen genommen, »geheime Spirituosenbrennereien« wurden ausgehoben. Nach den »Aktionen« vom August 1943 waren an die 1000 Juden, überwiegend Angehörige der ehemaligen jüdischen Miliz, für Aufräumarbeiten in den Ghettos zurückgelassen worden. Zwei Offiziere und über 100 Ordnungspolizisten wurden danach zur Bewachung abgestellt. Im Januar 1944 konnten die Deportations- und Aufräumarbeiten schließlich so weit abgeschlossen werden, dass 16 Mann genügten.407 Beteiligt waren an der Januar-Aktion erneut die Teilnehmer des AnwärterLehrgangs (51 Männer) und eines Nahkampflehrgangs der Polizeiverwaltung Sosnowitz (18 Männer). Im Dezember hatte man noch einen neuen Ausbildungsplan für den Anwärter-Lehrgang festgelegt, mit zwei Wochenstunden NS-Lehre sowie Unterricht in Deutsch, Erdkunde und Geschichte.408 Nach Abschluss der Aktionen im August 1943 ordnete der Schupo-Kommandeur von Sosnowitz am 28. August drei Vorträge als »Sondermaßnahme« an, die den Zusammenhalt der »Truppe« stärken sollten. Am 10. und 11.9. war über das Thema »Nicht Kleinmut und Geschwätz sondern Haltung und Tat entscheiden das deutsche Schicksal« zu reden. Ende September folgten Lichtbilder-Vorträge über den »Weg der NSDAP« in der Stadthalle von Bendsburg. Zur Ausgestaltung der Monatsschulung waren in Zukunft das Lied »Im Schlesierland marschieren wir« sowie die 1. und 3. Strophe des SS-Treue-Lieds zu singen und vorher einzuüben. Der Besuch der Teilnehmer wurde wieder mit Strichlisten kontrolliert.409 Während die Monatsschulung in der gewohnten Weise weiterlief, konstatierte ein Bericht vom September 1943 jedoch wieder Defizite bei der Wochenschulung: Ein großer Teil der Dienststellenleiter sei für ihre Aufgaben nicht ausreichend ausgebildet und bedürfe einer besseren Vorbereitung. Kritisiert wurde vor allem ein Mangel an Flexibilität, sich auf die aktuellen Probleme und Entwicklungen während des Krieges einzustellen und das gelernte weltanschauliche Wissen auf die sich verändernden Bedingungen zu beziehen und anzupassen: »Wenn auch zugestanden werden kann, dass alle Dienststellenleiter nach mehr als 10jährigem Bestehen des nationalsozialistischen Reiches sich für ihre Person mit der nationalsozialistischen Idee vertraut gemacht haben, so ist doch in vielen Fällen noch wahrzunehmen, dass verschiedene noch nicht so weit in die Idee eingedrungen sind, um aus ihr für ihre eigene Meinungsbildung schöpfen zu können. Diese Dienststellenleiter sind in
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ihrer eigenen Ausbildung auf weltanschaulichem Gebiet stehen geblieben statt immer weiter und bei jeder Gelegenheit daran weiter zu arbeiten.«
Bemängelt wurde daher, »dass im 4. Kriegsjahr rein friedensmäßige Themen genommen werden, die an sich nicht uninteressant sind, aber von den Männern daher nicht erfasst werden, weil in ihnen der Drang nach Aufklärung über brennende Kriegs- und Tagesfragen besteht.«410 Offenbar hatten die vorangegangenen »Aktionen« doch einen größeren Erklärungsbedarf nach sich gezogen und mehr Fragen aufgeworfen als im Rahmen der üblichen WE-Themen beantwortet werden konnten. Hier waren Fähigkeiten zu einer »schöpferischen« Auslegung der »NS-Lehre« gefragt. Dem standen allerdings die von Himmler selbst betriebene Ausrichtung der »Leithefte« auf »Soldatenlyrik« und die Einschwörung auf einen unspezifischen »kämpferischen Heroismus« sowie die unübersehbar zunehmenden Ritualisierungstendenzen insbesondere in der Wochenschulung entgegen. Zusätzlich erschwert wurde die Schulungsarbeit, als das HA Orpo Anfang Dezember 1943 mitteilte, vorerst keine Hefte der »Schriftenreihe« mehr zusenden zu können; Bombenschäden in Berlin erzwangen eine vorläufige Einstellung der Reihe. Die eigenen schöpferischen Kräfte waren jetzt noch mehr gefordert. Woelfert begab sich daraufhin auf eine Reise mit eigenen Schulungsvorträgen durch den Regierungsbezirk. Zu den Vorträgen waren auch die Angehörigen der SS geladen. Für Januar und Februar 1944 schlug er vor, die Hefte »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg« und »Der Weg zum Reich« erneut zu behandeln.411 Nach der letzten »Sonderaktion« in Sosnowitz am 18. Januar 1944 gab der Schupo-Kommandeur für die Monatsschulung im Februar diese »Gestaltungsfolge« bekannt: 1. das Lied »Im Schlesierland marschieren wir«, 2. Verlesung des Führerausspruchs, 3. Vortrag mit Führerehrung, 4. Singen der 3. Strophe des SS-Treueliedes. Nachdem das jüdische Leben in Sosnowitz bereits ausgelöscht war, wählte man den Führerausspruch: »Es ist jener ewige Jude, der seine Zeit als gekommen erachtet, um auch an uns zu vollstrecken, was wir in Sowjetrussland alle schaudernd sehen und erleben mussten.«412 Sollte dies die Durchführung der »Endlösung« nachträglich legitimieren, so konnte ein solcher Spruch angesichts der unaufhaltsam vorrückenden Roten Armee auch beunruhigend wirken. Das Feindbild »Judentum« wirkte fort in den Themen «Amerikanismus« und »Bolschewismus«, die beiden militärischen Gegner, gegen die es in der Endphase des Krieges noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren galt und die daher auch 1944 im Mittelpunkt der Monatsschulung standen; helfen sollte dabei unter anderem auch die Beschäftigung mit dem Bündnispartner Japan – im Frühjahr stand »Der Glaube Japans« auf dem Programm. Das angekündigte Heft des HA Orpo war zwar nicht mehr erschienen, man konnte aber auf Beiträge über Japan in den Mitteilungsblättern zurückgreifen.413 Ein besonders bizarres Dokument für die Entschlossenheit, die Schulungsarbeit angesichts der drohenden Niederlage 1944 nur umso intensiver durchzuführen, stellen die Unterrichtspläne für die Hilfsgendarmerie des Kreises Ilkenau (Olkusz) dar, die für die Monate Januar bis April 1944 erhalten sind. Der Plan enthielt für jeden Tag jeweils in der Regel drei Fragen und Beispiele aus den Bereichen der Polizei-
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kunde, aber auch der Geschichte, Politik und Weltanschauung, die im Rahmen einer Unterrichtsstunde täglich zu behandeln und zu besprechen waren. Unter den Themen waren beispielsweise im Januar: 3.1. 4.1. 5.1. 7.1. 8.1.
Aus welchem Grunde trafen Stalin, Roosevelt und Churchill in Teheran zusammen? Welche Ursachen führten zum jetzigen Kriege? Welche sind die Hauptpunkte im Parteiprogramm und ihre Bedeutung? Wie kam es zum Verrat Italiens? Wie ist die Haltung der Türkei zum Kriegsgeschehen? Aus welchem Grunde kämpfen Plutokraten und Bolschewisten gemeinsam gegen Europa? 11.1. Aus welchem Grunde hassen die Juden den Nationalsozialismus? 13.1. Worin besteht der Unterschied in der Propaganda vor 1933 und jetzt? Wie heißt der Chef der Ordnungspolizei und welchen Dienstgrad hat er inne? 14.1. Was ist das Ziel der Feinde? 15.1. Wie heißt der HSSPF und welchen Dienstgrad hat er inne? 17.1. Was würde aus Europa, wenn die Feinde siegen würden? 24.1. Was ist kurz zur Entwicklung des Germanentums zu sagen? Welche geschichtlichen Daten haben wir uns seit Gründung der Partei besonders zu merken? 31.1. Wie betrachtet der Nationalsozialismus die Geschichte Kaiser Barbarossas weltanschaulich? Was veranlasste Roosevelt, in den Krieg einzutreten? – usw. –
Im Februar stand unter anderem die Beschäftigung mit der Geschichte des Deutschen Reichs (»Der Weg zum Reich«) auf dem Plan: »Mit welchem Recht nennt man das nationalsozialistische Deutschland das ›Dritte Reich‹? Welche Zeitspanne umfasste das Erste Reich, wer gründete es und mit welcher staatsrechtlichen Handlung wurde sein Bestehen abgeschlossen? Welche Zeitspanne umfasste das Zweite Reich, wer gründete es und was war die äußere Ursache seines Zusammenbruchs? Was lag staatsrechtlich in den Zwischenzeiten?«
Für den 21.2. war die Behandlung der Rassenlehre angesetzt: »Aus welchen Rassen besteht das deutsche Volk und welche besonderen äußeren Merkmale weisen diese einzelnen Rassen auf? Welches ist die wichtigste von diesen Rassen? Warum?« Erneut stand die Rassenlehre am 20.4., zu »Führers Geburtstag« auf dem Plan. Und nachdem es im Raum Ilkenau schon längst keine Juden mehr gegeben haben dürfte – das Ghetto war bereits im Juni 1942 aufgelöst, die jüdische Bevölkerung nach Auschwitz-Birkenau deportiert, einige »Arbeitsjuden« waren nach Sosnowitz gebracht worden414 –, sollten sich die Hilfsgendarme dennoch am 23.2. auch mit solchen polizeikundlich relevanten Fragen auseinandersetzen: »Wer ist wehrunwürdig? Ist der Jude zum aktiven Wehrdienst zugelassen? Wie verhält es sich in dieser Beziehung mit den ›jüdischen Mischlingen‹?« Am Tag darauf ging es unter anderem um die
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Unterscheidung von »Volk und Rasse«, am 26.2. sollte wieder einmal über die zu erwartenden Grausamkeiten der Feinde aufgeklärt werden: »Welche Vernichtungsaktionen werden im einzelnen dem deutschen Volk schon jetzt von seinen Feinden im Falle ihres Sieges angedroht?«415 Da vom HA Orpo inzwischen nur noch wenig Unterstützung kam, musste noch mehr vor Ort improvisiert werden. Mit Schulungsvorträgen und einer eigenen Abhandlung über »positive Gesprächsführung« versuchte Woelfert einer offensichtlich um sich greifenden depressiven Stimmung und Mutlosigkeit und Defätismus, die im letzten Kriegsjahr unübersehbar wurde, entgegenzuwirken. Monatsthema im August 1944 war »Unsere politische Pflicht – positive Gesprächsführung«, im September »Die Treue ist das Mark der Ehre«, die nächsten Themen waren »Europa und der Bolschewismus«, »Das Gesicht des Bolschewismus« und im Dezember 1944 »Selbstbehauptung bis zum Äußersten« – unter anderem sollten dazu die Beiträge »Man muß den toten Punkt überwinden« und »Glaube und Härte« aus den SS-Leitheften herangezogen werden.416 Das Thema »positive Gesprächsführung« ordnete der Polizeikommandeurs von Sosnowitz im August auch für die Wochenschulung an. Anschließend wurden die Angehörigen der Dienststellen zu einem Wettbewerb aufgerufen, »neue Beispiele einer positiven Gesprächsführung zu bringen und für die Weitergabe an den Polizeischulungsleiter abzugeben.« Abgabetermin war der 11. September. Angehörige der Dienststellen in Sosnowitz, wie zum Beispiel der Polizeimeister Emil Heinemann, der schon beim Schulungswettbewerb 1942 ausgezeichnet worden war, beteiligten sich an diesem Kampf gegen die Mutlosigkeit mit der eigenen Zusammenstellung von Beispielen »positiver Gesprächsführung«.417 Das Vorhaben stieß auf große Resonanz: Am 12.9. meldete das AK I Sosnowitz den Eingang von 73 Arbeiten.418 Woelfert selbst hatte in seiner Abhandlung mehrere Beispiele gegeben, die als Muster einer »positiven Gesprächsführung« dienen konnten. Einleitend hob er die »überaus praktische« Bedeutung der weltanschaulichen Schulung hervor: »Erscheinungen aus der Zeit des 1. Weltkrieges dürfen sich auch bei längerer Dauer des Krieges nicht wiederholen.« In den Mittelpunkt der weltanschaulichen Schulung rückte deshalb mehr denn je die Aufgabe, die Polizisten als Vertreter des nationalsozialistischen Staates zu Propagandisten des Durchhaltewillens zu erziehen: »Gerade hierbei erwächst jedem Schulenden eine besondere Pflicht, nämlich seine Männer so zu erziehen, dass sie einer positiven Gesprächsführung fähig werden, die dem Verstand und dem Herzen entspringt. Das Herz aber muß dabei den Ausschlag geben. … Jeder Angehörige der Ordnungspolizei muß wissen, dass es heute seine Pflicht ist, jedes Gespräch, das er mit anderen Volksgenossen führt, positiv zu beenden. Diese Aufgabe besteht vor allem in den Fällen, in denen ein Gespräch von der anderen Seite mit Jammern und Klagen begonnen wird. Der Angehörige der Ordnungspolizei als politischer Soldat der nationalsozialistischen Staatsführung muß die Kunst der Gesprächslenkung derart beherrschen, dass es ihm gelingt, die Menge derer, die nicht aus Böswilligkeit, sondern nur aus Gedankenlosigkeit und Mangel an Überlegung schwarz sehen und daher jammern, in eine positive Einstellung unmerklich hinüberzuführen.«
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Dazu eigneten sich vor allem Erinnerungen an die Kampfzeit der Bewegung und Hinweise auf Vorbilder. Form und Inhalte waren jedoch zweitrangig: »Entscheidend ist lediglich das Gesprächsergebnis: dass ihr auseinander geht in politischer Harmonie unter dem Führerbefehl, der uns alle bindet.«419 Auf diesen »Führerbefehl« sollten die Männer im September noch einmal eingeschworen werden: Bei der Behandlung des Themas »Die Treue ist das Mark der Ehre« war besonders herauszuheben, »dass die Mannes- und Gefolgschaftstreue zum Führer die Grundlage unserer nationalsozialistischen Weltanschauung und damit die Vorbedingung des völkischen Lebens überhaupt ist.«420 Im September 1944 versandte Woelfert auch neue »Hinweise zur Durchführung der Wochenschulung«. Von den Schulungskräften verlangte er zwar, auf gegenwartsnahe Fragen einzugehen und die in der Tagesschulung behandelten politischen, militärischen und wirtschaftlichen Ereignisse »unter größeren Gesichtspunkten« noch einmal so zusammenzufassen, dass »der Mann lernt, »Einzelergebnisse im Rahmen einer Gesamtschau zu sehen.« Erneut ging es darum, sich durch den Blick aufs Ganze immer wieder die innere Ruhe für eine positive Grundeinstellung zu bewahren: »Er behält dann auch bei ungünstigen Nachrichten seine Ruhe und seinen klaren Blick, ist feindlichen Parolen und Gerüchten nicht zugänglich und kann in seiner Umgebung aufklärend wirken.« Dies setzte weiterhin eine »dauernde Beschäftigung« mit den Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung voraus. Die »verstandesmäßige Schulung« müsse aber durch eine »gefühlsmäßige Beeinflussung« unterstützt werden: »Gemeinschaftsgesang oder Mannschaftschor, Musik, Spruch, Lesung oder Ansprache sind die Mittel, eine solche Schulung zu gestalten.«421 Für die »gefühlsmäßige Ausgestaltung« sorgten die Singeleiter, die, wie der Singeleiter des Schupo-Kommandos Kattowitz in seinem Quartalsbericht für den Herbst 1944 mitteilte, »stets die ausgewählten Lieder dem Schulungsthema« anpassten.422 Da ein solches Schulungskonzept weiterhin keine Auseinandersetzung mit der Realität zuließ, war sie auch kaum geeignet, die offensichtlich zunehmenden Vermittlungsprobleme zu lösen. Was die »nationalsozialistische Weltanschauung« betraf, so stützte sich Woelfert inzwischen auf den vom Schulungsamt der SS herausgegebenen »Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei«, den er als verbindlich ansah und der jetzt auch in den geschlossenen Einheiten der Polizei zur Verwendung kam: »Den Inhalt sollte sich jeder Polizeioffizier zu eigen machen und sodann seinen Männern. Er eignet sich für jede Art von Schulung. Es ist das Ziel des RFSS, dass die Polizei einmal eins wird mit der SS.«423 Auf dieser Grundlage erstellte Woelfert für die Kompanien das Beispiel eines Wochenschulungsplans für den Monat Oktober, der jetzt vollständig an Vorgaben aus der SS ausgerichtet war und Themen aus dem Lehrplan mit Beiträgen aus dem »Leitheft« verknüpfte: 1.-7.10. »Der junge Schütze«, aus SS-Leitheft 1944, H. 6, Seite 7-8. »Die SS, Geschichte und Aufgabe«, aus Lehrplan … S. 5-6 8.-14. »Des Königs Richterspruch«, SS-Leitheft 1944, H. 6, Seite 17-20 »Die SS, Geschichte und Aufgabe«, aus Lehrplan … S. 7-8 15.-21. »Das Bruderblut wird Sieger bleiben«, SS-Leitheft 1944, H. 6, S. 41-42
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»Die SS, Geschichte und Aufgabe«, aus Lehrplan … S. 8-11 22.-28. Von der Haltung des Soldaten gegenüber fremdländischen Frauen«, SS-Leitheft 1944 H. 6, S.43-44 »Die SS, Geschichte und Aufgabe«, aus Lehrplan … S. 12-13
Ab Ende September kamen außerdem laufend die «Führungshinweise« des HA Orpo zum Versand, so dass sich für den Herbst 1944 noch einmal eine Intensivierung der Schulungsaktivitäten konstatieren lässt. Im Oktober wurde erneut eine »Spielzeugaktion« für die vorweihnachtlichen Feiern im Dezember angekündigt, diesmal allerdings in bescheidenerem Rahmen: Es genüge, so die Anweisung des Kommandeurs, dass jeder Polizeibeamte ein Spielzeug anfertige und bis zum 10. Dezember abliefere; den Dienststellen gingen zu diesem Zweck Bastelmappen zu. Dem Ortsgruppenleiter des Kameradschaftsbundes kam die Aufgabe zu, die Geschenke an die Kinder zu verteilen.424 Mitte Januar 1945 rissen alle Aktivitäten der Schulung und Betreuung abrupt ab. Am 27.1. stand die Rote Armee in Auschwitz und besetzte Kattowitz. Vierzehn Tage vorher hatte der Schupo-Kommandeur von Sosnowitz noch den Versand von Schulungsmaterial für das Januar-Thema »Das politische Konzept der Feindmächte« angekündigt. Am gleichen Tag gab der Regierungspräsident von Kattowitz noch die Anweisung, dem Bürgermeister von Auschwitz »ohne besonderes Anschreiben« 12 Exemplare des Formblatts zuzusenden, auf dem Schulungskraft, Termin und Teilnehmerzahl der Monatsschulung zu vermerken waren.425 Das Dokument belegt den Realitätsverlust der Polizeiverwaltung, die zu diesem Zeitpunkt noch so handelte, als ob alles noch lange in den gewohnten Bahnen weiterlaufen würde. III.2.3. Lublin und das Generalgouvernement Nach der Besetzung Polens musste mit der Errichtung des »Generalgouvernements«, das die nicht unmittelbar dem Reich angegliederten Gebiete Zentralpolens umfasste, auch die Polizei neu organisiert werden. Für die polizeiliche Verwaltung und Sicherung war man in hohem Maße auf einheimische Kräfte angewiesen. Die Führungsstellen wurden mit Polizeibeamten aus dem Reich besetzt, und wo es möglich war, baute man eine Hilfspolizei aus Volksdeutschen und ukrainischen Hilfswilligen auf. Man kam zwar nicht umhin, große Teile der polnischen Polizei zu übernehmen, war aber vorzugsweise um die Rekrutierung von Volksdeutschen bemüht. Die polnische Polizei wurde generell auf den Status einer Gemeindepolizei unter deutscher Aufsicht reduziert, ihre Bewaffnung anfangs auf das Minimum beschränkt (»Seitenwaffe und Gummiknüppel«), das zur Erfüllung ihrer Aufgaben unabdingbar war, Schusswaffen und Munition wurden von den deutschen Dienststellen unter Verschluss gehalten und nur zu besonderen Anlässen ausgegeben. Auf keinen Fall sollte die polnische Gemeindepolizei nach »militärischen Gesichtspunkten« organisiert werden.426 Anders die volksdeutsche Hilfspolizei. Noch vor der Errichtung der Regierung des Generalgouvernements erließ der vom Armeeoberkommando eingesetzte Chef der Zivilverwaltung im September und Oktober 1939 erste Richtlinien für die Ausbildung
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der Hilfspolizei, die darauf abzielten, aus der Polizei ein effektives Instrument zur Beherrschung des Raumes zu machen. Sie stellten daher vor allem die militärische Ausbildung der Hilfspolizei und ganz allgemein die Erziehung zu einem herrischen Auftreten in den Vordergrund: »Jedes Zupacken des Hilfspolizisten muss unmissverständlich und hart sein.« Eine Anweisung vom 9. Oktober 1939 zur Ausbildung der deutschen Polizei und Hilfspolizei führte dies näher aus: »Ferner kommt es darauf an, dass der Polizist, Gendarm und Hilfspolizist in seiner Haltung und in seinem Auftreten so unmissverständlich wirkt, dass nie der geringste Zweifel an der Autorität der deutschen Polizei aufkommt. Es ist daher unmöglich, mit den gleichen Methoden zu arbeiten, wie im Reichsgebiet. Jede Aufforderung zum Weitergehen oder zum Räumen eines Platzes oder ähnliche Aufforderungen müssen in so klarer Befehlsform gegeben werden, dass ihnen unverzüglich Folge geleistet wird. Eine solche Aufforderung kann nicht mit ›B i t t e‹ beginnen, sondern muss als Befehl wirken. Jede Festnahme muss so durchgeführt werden, dass kein Zweifel an der Überlegenheit des deutschen Polizisten möglich ist. Jeder Widerstand ist sofort mit Waffengewalt zu beantworten.«427
Der gleiche Tenor durchzieht die Anordnungen des wenig später eingesetzten BdO und seines Polizeischulungsleiters für das Generalgouvernement, SS-Hauptsturmführer Paul Fahnenschreiber. Für die im besetzten Polen stationierten Polizeieinheiten galten die Richtlinien für die Durchführung der weltanschaulichen Erziehung des HA Orpo vom 2.6.1940, die für alle Einheiten Tages-, Wochen- und Monatsschulung vorschrieben. Für das Generalgouvernement erließ der BdO Krakau, Generalmajor Herbert Becker am 25.6. »Zusatzrichtlinien«, formuliert und unterzeichnet von Fahnenschreiber, die die Aufgabe der Erziehung zum »Polizeisoldaten« noch mit dem besonderen rassenpolitischen Auftrag versahen, in fremdvölkischer Umwelt »deutsches Herrentum« zu verkörpern: »Der deutsche Mann, der in den Reihen der Ordnungspolizei heute im Generalgouvernement seinen nicht immer leichten Dienst versieht, kommt während und nach diesem Dienst mit einer Bevölkerung in Berührung, die in kultureller und zivilisatorischer Beziehung weit unter ihm steht. Er soll und muß dieser Bevölkerung als Repräsentant des deutschen Volkes entgegentreten, des deutschen Volkes, das im Osten Raum suchte und erkämpfte und nun daran geht, diesen Raum zu sichern. Daraus ergeben sich für den Polizeisoldaten ganz klare Voraussetzungen. Kraft seines rassisch besseren Volkstums hat er das im eroberten Land rassisch mindere Volkstum zu führen. Er hat die Verpflichtung, als Führer dieses minderen Volkes deutsches Herrentum im edelsten und wahrsten Sinne dieses Wortes zu verkörpern.«
»Deutsches Herrentum« bedeute zwar »nicht Gewalt und Willkür, sondern tiefstes Verantwortungsgefühl gegenüber einer geschichtlichen Sendung«, der deutsche »Herr« müsse immer gerecht urteilen, allerdings, »wenn es das Wohl des eigenen Volkes erheischt, auch stahlhart handeln.« Härte und herrisches, soldatisches Auftreten, in dem sich eine »feste, innere nationalsozialistische Haltung« ausdrückt – dies war das Leitbild der Erziehung.428
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Die volksdeutschen Hilfspolizisten entsprachen diesen Anforderungen freilich oft nur wenig, zumal viele die deutsche Sprache kaum beherrschten und insbesondere auch mit der deutschen Befehls- und Kommandosprache nicht vertraut waren. Der Gebrauch der polnischen Sprache war, wie es in einem Befehl des KdG Lublin vom August 1940 hieß, »auf die Fälle zu beschränken, in denen er aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht zu umgehen« war; die aus den ehemaligen polnischen Gebieten stammenden Hilfspolizisten hatten sich »in und außer Dienst nur der deutschen Sprache zu bedienen.«429 Bereits im Frühjahr 1940 übermittelte der KdG Lublin den Kreishauptleuten einen Ausbildungsplan für die aus den Formationen des Selbstschutzes rekrutierten Hilfspolizisten, der eine Grundausbildung für die Zeit vom 1.4. bis zum 30.6. vorsah, mit sechs Wochenstunden Allgemeinbildung und zwei Wochenstunden weltanschaulicher Schulung nach dem Lehrplan in NS-Lehre.430 Die Ergebnisse des ersten Kurses fielen jedoch ernüchternd aus, es zeigte sich rasch, dass die Anforderungen viel zu hoch gesteckt waren.431 Das Hauptamt Orpo ordnete im April 1940 generell eine »gründliche, mehrjährige Beschulung« der »in die Hilfspolizei eingestellten Volksdeutschen« an, die im Wesentlichen in Deutschunterricht und der Vermittlung einer elementaren deutschen Allgemeinbildung bestand. Hier galten für das Generalgouvernement die gleichen Richtlinien wie für die eingegliederten Gebiete: Vorschulung mit 4 bis 8 Wochenstunden Deutschunterricht, Hauptschulung mit zusammen 10 Wochenstunden in Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Rechnen, getrennt in zwei Leistungsgruppen für ein bzw. zwei Jahre.432 Das Vorhaben erwies sich jedoch als unrealistisch. Der BdO des Generalgouvernements teilte am 30.5.1940 mit, der Erlass werde »infolge der im Generalgouvernement Polen besonders gelagerten Verhältnisse« nur hinsichtlich der Vorschulung durchgeführt werden können. Da deutsche Lehrkräfte fehlten, müsse der Unterricht durch Zugführer und geeignete Wachtmeister erteilt werden. Auch ein politischer Sprachunterricht, wie ihn Wagener in Ost-Oberschlesien praktizierte, erschien illusorisch: »Der Stand der Allgemeinbildung und die deutschen Sprachkenntnisse sind bei dem größten Teil der Hilfspolizisten so ungenügend, dass an eine Verwendung z. B. des Völkischen Beobachters, der SS-Leithefte oder der Pol.-Dienstvorschriften als Unterrichtsstoff nicht gedacht werden kann.« Der BdO forderte deshalb für den Anfang die Lieferung von 1500 Volksschulfibeln an. Eine Hauptschulung werde nur mit der Errichtung einer Hilfspolizei-Schule möglich sein. Gleichwohl begann am 1. Juli eine Vorschulung, die nicht nur Unterricht in deutscher Sprache, sondern auch in Rechnen, Geschichte und Erdkunde umfasste und drei Monate später mit einer Einstufung der Teilnehmer in die geplanten Gruppen A, B oder C abgeschlossen wurde. 433 Ob es zur Errichtung einer Schule für volksdeutsche Hilfspolizisten kam, war nicht zu ermitteln. Mehrfach wurden aber Hilfspolizeianwärter aus dem Generalgouvernement auf Lehrgänge an den Hipo-Schulen der eingegliederten Gebiete geschickt (s. o.). In Warschau war Ende 1940 auch eine Gendarmerieschule in Planung. Zuvor gab es bereits ein Polizeiausbildungsbataillon in Warschau, zu dem die im Generalgouvernement stationierten Polizeibataillone volksdeutsche Hilfspolizisten aus ihren Reihen zur »Nachausbildung« schickten.434 Das PB 72 beispielsweise ordnete im Juli 1940 eine Gruppe von 112 Hilfspolizisten zum PAB Warschau ab. Dort wurden Listen
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erstellt mit kurzem Vermerk, ob die Betroffenen für die Übernahme geeignet, dienstunfähig oder »bildungsunfähig« und zu entlassen waren oder ob eine Übernahme nur für die Dauer des Krieges in Frage kam.435 Für die ukrainische Hilfspolizei im Generalgouvernement wurden eigene Schulen in Cholm und Lemberg errichtet. Als Anerkennung für seine Arbeit auf dem Gebiet der weltanschaulichen Schulung bekam Leutnant Weissmann, der in der Hipo-Schule Cholm für den weltanschaulichen Unterricht zuständig war, zum Julfest 1940 ein Buchgeschenk (»Unter Sigrune und Adler«) überreicht. Insgesamt wurden neun Offiziere für ihre Verdienste um die weltanschauliche Schulung ausgezeichnet; je drei Exemplare des Buchs gingen an die Gendarmerie-Hauptmannschaften Lublin, Zamosc und Radzyn, ein Exemplar erhielt der Kommandeur der Gendarmerie Major Hahnzog.436 Dies belegt die weltanschauliche Schulung im Distrikt Lublin im Jahr 1940. Ein Befehl des KdG Lublin vom 1.7.1940 wies auf die Verantwortung der Hauptmannschaftsführer für die weltanschauliche Schulung hin; sie sollte »entsprechend den erteilten Richtlinien« – gemeint waren vermutlich die Richtlinien vom 2.6. und 25.6. – in den einmal im Monat vorgeschriebenen Kreisdienstversammlungen und an den einmal in der Woche vorgesehenen »Ausbildungstagen« der Gendarmerieposten erfolgen.437 Nach einem Befehl des KdG vom Februar 1940 war einmal im Monat eine Kreis-Dienstversammlung der aktiven Polizisten durchzuführen, die vor allem für die Unterführer-Ausbildung genutzt werden sollte, während für die Reservisten ein Arbeitstag in der Woche für Zwecke der Weiterbildung vorzusehen war; »Weiterbildung« schloss die »charakterliche und weltanschauliche Festigung« der Männer ein.438 Erste Hinweise auf Aktivitäten des Polizeischulungsleiters für das Generalgouvernement finden sich im März 1940, als der HSSPF Fahnenschreiber den Auftrag erteilte, einen »Preiswettbewerbs« aller ihm unterstellten Verbände – SS, Polizei und Selbstschutz – durchzuführen. Die Verbände wurden aufgerufen, originäre Beiträge (Berichte, Zeichnungen, Lichtbilder) zu folgenden Themen einzusenden: »Als Nationalsozialist in Polen Ein Feldpostbrief nach Hause Mein Tagebuch in Polen Was wir nebenan erlebten Als Reservist eingezogen Erlebnisse mit polnischen Juden Ein Kameradschaftsabend Unser Quartier Unser Lied Auf Streife Wie ich Selbstschutzmann wurde.«
Als Preise winkten 90 Exemplare »Mein Kampf« und 40 Exemplare »Ewiges Deutschland«, mit eigenhändiger Widmung des HSSPF. Die besten Arbeiten sollten im Schwarzen Korps, im SS-Leitheft, in der »Deutschen Polizei« oder in Tageszeitungen veröffentlicht werden.439 Dem Preisgericht gehörte übrigens neben Fahnenschreiber auch
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Standartenführer Hermann Dethof vom SS-Schulungsamt an, der zu diesem Zeitpunkt stellvertretender Stabschef Ia beim HSSPF Krakau war. Dethof, ein »alter Kämpfer« der völkischen und nationalsozialistischen Bewegung mit abgebrochenem Lehramtsstudium, gehörte zu den ersten Abteilungsleitern in der Gründungsphase des SS-Schulungsamtes; 1935 brachte er die ersten Schulungsbriefe des Amtes heraus und leitete die weltanschaulichen Lehrgänge an der RuS-Schule Grunewald. Von Dezember 1939 bis September 1940 gehörte er dem Stab des HSSPF in Krakau an, zuerst als Referent, dann als stellvertretender Stabsleiter. In diese Zeit fiel die Vertreibung der Juden aus Krakau, die Generalgouverneur Frank Ende Mai 1940 angeordnet hatte. Sie sollte bis Ende September beendet sein – das Vorhaben stieß auf Hindernisse in der praktischen Umsetzung und kam nur schleppend in Gang. Als das in Krakau stationierte Polizeiregiment angewiesen wurde, 5000 auf Listen verzeichnete Juden festzunehmen, konnten nur 500 erfasst werden. Dethof verlangte daraufhin, den Judenrat festzunehmen und durch einen neuen zu ersetzen: »Wenn auch der nicht parierte, sollten beide ›an die Wand‹ gestellt werden.« Anforderungen von Polizeieinsätzen, ordnete der KdO daraufhin an, hätten in Zukunft über Dethof zu laufen.440 Offensichtlich war Dethof sowohl in die Aktivitäten Fahnenschreibers eingebunden als auch an den Maßnahmen der Deportation und Vertreibung im Generalgouvernement beteiligt. In seiner »Doppelqualifikation« als Schulungsexperte und Organisator der Rassenpolitik empfahl er sich noch für andere Aufgaben; der Chef der Inspektion der Konzentrationslager Richard Glücks suchte ihn für die Mitarbeit in seinem Stab zu gewinnen, und im Oktober 1940 wurde er nach Sachsenhausen zur IKL berufen, um dort zusammen mit seinem Kollegen vom SS-Hauptamt Adolf Kleffel die Schulungsabteilungen für die Wachmannschaften in den Konzentrationslagern aufzubauen.441 Einige Tage nach Bekanntgabe des Wettbewerbs kündigte auch der BdO des Generalgouvernements an, dass im April im Rahmen der weltanschaulichen Schulung der Ordnungspolizei über das letzte »Weißbuch« (die Dokumente über die »polnischen Greueltaten«) zu sprechen sei, das in Kürze zum Versand käme; die Schulungskräfte sollten sich schon einmal anhand der Presse mit dem Thema vertraut machen.442 Am 15. April versandte der BdO einen Befehl Himmlers, der die Polizei auf die Aufgaben propagandistischer »Volksaufklärung« verpflichtete: »1. Der uns aufgezwungene Krieg verlangt neben dem Einsatz des Lebens von jedem Deutschen Opfer und Entbehrungen. Behördenmaßnahmen, die dem Einzelnen Einschränkungen in seiner gewohnten Lebensführung auferlegen, werden besprochen und von einzelnen Volksgenossen, denen der Einblick in die gesamten Zusammenhänge der Kriegswirtschaft fehlt, auch kritisch beurteilt. 2. Ich erwarte von allen Angehörigen der SS und Polizei, daß sie sich solche Erörterungen nicht stillschweigend anhören oder ihnen aus dem Wege gehen, sondern daß sie auf Grund ihrer besseren Kenntnis der Anordnungen, Gerüchten und negativen Äußerungen mit Entschiedenheit, jedoch in ruhiger und sachlicher Form durch ein aufklärendes mahnendes und überzeugendes Wort entgegenwirken. 3. Die Dienststellenleiter und sonstigen Vorgesetzten der SS und Polizei haben hierzu ihre Männer über die innerhalb ihres Arbeitsgebietes liegenden Fragen des gesamten
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Lebens, die zu Erschwerungen führen und deshalb in der Öfftentlichkeit zu abträglichen Erörterungen oder Gerüchten Anlaß geben, in geeigneter Weise zu unterrichten. 4. Grundsätzlich wird bei dieser Aufklärung darauf hinzuweisen sein, dass der Führer bisher dem einzelnen Volksgenossen nur ganz geringe Opfer zugemutet hat in der Durchführung des Kampfes, der Deutschland und die Existenz unseres Volkes, also unser aller Leben erhalten und sichern soll.«
Der Befehl war auf Anordnung des BdO an jedem 1. und 15. des Monats bei Befehlsausgaben zu verlesen sowie vor Antritt von Dienst- und Urlaubsreisen zum Gegenstand einer Belehrung durch den jeweiligen Disziplinarvorgesetzten zu machen.443 Damit entstand ein zusätzlicher Druck auf die Dienststellenleiter, sich um die weltanschaulich-politische »Fortbildung« ihrer Männer zu kümmern. Ähnliche Anweisungen wurden auch an die Polizeibataillone gegeben; so ordnete der Kommandeur des Polizeiregiments Warschau, dem die Bataillone 6, 8, 10, 72 und ein Ausbildungsbataillon unterstanden, am 16.5.40 eine regelmäßige Wochenschulung an, in der den Männern der Gesamtzusammenhang der aktuellen Ereignisse erklärt werden sollte: »Die großen sich überstürzenden Ereignisse der letzten Tage, und die nun entbrannte Schlacht, die die Zukunft unseres Volkes entscheidet, sind so überwältigend, dass sie künftighin in den Schulungsplan des weltanschaulichen Unterrichts aufzunehmen sind. – Von Woche zu Woche ist ein politischer Rückblick, sowie eine Zusammenfassung der Berichte des Oberkommandos der Wehrmacht zu geben. Das Ziel dieses Unterrichts ist, den Männern ein zusammenhängendes Bild des politischen Geschehens, sowie der Kriegsoperationen zu vermitteln.«444
Dienststellen und Bataillone wurden auch zügig mit Schulungsliteratur ausgestattet, denn ebenfalls im Mai 1940 ordnete Fahnenschreiber die Ernennung von Reservisten als Gehilfen der Schulungsoffiziere an; sie sollten vor allem die Verwaltung der Schulungsmaterialien und Büchereien bei den Einheiten wahrnehmen und für den reibungslosen Ablauf von Veranstaltungen der Truppenbetreuung sorgen.445 Ab Januar 1941 brachte der BdO Krakau einen eigenen Politischen Informationsdienst für das Generalgouvernement (Gruppe B) heraus, der von da an regelmäßig den Einheiten und Dienststellen zuging und vor allem Materialgrundlagen für die Tagesund Wochenschulung liefern sollte. Offensichtlich war man bestrebt, Ordnung und Struktur in die Polizeischulung zu bringen. Im März 1941 wurden zur besseren Erfassung, Kontrolle und Betreuung der Polizeischulungskräfte im Generalgouvernement 40 Einsatzmappen versandt, mit Personalbögen und Einsatzblättern, die die Kommandeure der Ordnungspolizei, der Gendarmerie und der Bataillone halbjährlich auszufüllen, zu vervollständigen und mit selbst verfassten Lebensläufen der Schulungskräfte an den Polizeischulungsleiter zurückzusenden hatten.446 Gleichzeitig wurden die Einheiten und Dienststellen aufgefordert, vierteljährlich WE-Berichte einzureichen. Die Aufforderung ging an die Kommandeure der Ordnungspolizei und der Gendarmerie sowie an die zu diesem Zeitpunkt im Distrikt Lublin stationierten Polizeibataillone.
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III. WELTANSCHAULICH-POLITISCHE SCHULUNG IM KRIEGSEINSATZ
Für die Organisation der Schulung in den Polizeibataillonen hatte der BdO Krakau bereits im Juni 1940 Vorträge der Regimentskommandeure vor den Bataillonskommandeuren während der monatlichen Besprechungen angeordnet, in denen die Bataillonskommandeure Richtlinien für die eigenen Vorträge erhalten sollten, die sie zweimal im Monat vor dem Offizierskorps ihres Bataillons zu halten hatten und aus denen die Offiziere des Bataillons wiederum Anregungen für »Vorträge vor den Männern« beziehen sollten. Die Bataillonskommandeure hatten die Schulungsvorträge der Kompanieoffiziere zu überwachen und trugen damit die Hauptverantwortung für die Durchführung der weltanschaulichen Schulung. Alle Polizeibataillone, die im Distrikt Lublin eingesetzt waren, erhielten stets auch die Anschreiben und Schulungsmaterialien des BdO vom KdO zugesandt. Den Schulungsoffizieren des Frankfurter PB 306 und des Lübecker PB 307 beispielsweise wurden zum Julfest 1940 jeweils 5 Bücher »Unter Sigrune und Adler« als Anerkennungsgeschenk für ihre Arbeit überreicht. Beide Bataillone erhielten im Januar 1941 den Runderlass zur Handhabung des PID, beide erhielten im März darauf die Einsatzmappen für die Schulungskräfte, die sie mit ausgefüllten Personalbögen und selbst verfassten Lebensläufen zurückschickten.447 Die Bataillone waren an zahlreichen »Umsiedlungsaktionen«, Exekutionen und Deportationenen beteiligt. Das PB 306, das vom Oktober 1940 bis Februar 1942 im Raum Lublin stationiert war, wirkte unter anderem im September 1941 an einem Massaker an sowjetischen Kriegsgefangenen (»Aktion Hühnerfarm«) mit, dem mindestens 5000 Menschen zum Opfer fielen, und erneut im November 1941 an der »Aktion Hasenschießen« in Zamosc, bei der 780 russische Kriegsgefangene exekutiert wurden. Im Februar 1942 wurde das Bataillon an die Front nach Russland-Nord verlegt, im Herbst 1942 war es an der »Liquidierung« des Ghettos von Pinsk beteiligt.448 Kurz bevor es nach Russland abrückte, hatte es im Dezember 1941 noch 80 Exemplare der Schrift »Das Kriegsziel der Weltplutokratie« erhalten.449 Der stellvertretende Bataillonskommandeur Heinrich Plantius, unter dessen Leitung ein Kommando am 30.10.1942 eine Gruppe von 60 Kindern und Kranken erschoß, die in einer Baracke auf dem Friedhof von Pinsk untergebracht waren, hatte im Herbst 1941 offenbar auch im Stab des KdO Lublin gearbeitet, denn von ihm sind mehrere Rundschreiben des KdO zur weltanschaulichen Erziehung unterzeichnet.450 Plantius wurde 1973 in einem Gerichtsverfahren gegen Angehörige des PB 306 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht wies ihn als einen Überzeugungstäter aus, der auch an der weltanschaulichen Erziehung seiner Untergebenen maßgeblichen Anteil gehabt habe.451 Ein Angehöriger des Bataillons sagte 1963 während einer Vernehmung über die Ausbildung in Lublin aus, dass die Männer in den Schulungsstunden über den Umgang mit Juden unterrichtet wurden: »Bei einer Instruktionsstunde innerhalb der Kompanie wurde uns aber von einem älteren Revierleurnant, an dessen Namen ich mich heute nicht mehr erinnern kann, gesagt ›Schießt die Juden über den Haufen, wo Ihr sie trefft. Euch kann nichts passieren, Ihr werdet immer gedeckt.‹ Außerdem ist mir aus einer Instruktionsstunde eine Anordnung bekannt, nach der Juden nicht auf Bürgersteigen gehen durften und jeden deutschen Uniformierten grüßen mussten. Auf die Einhaltung dieser Befehle wurde geachtet. Beide Anordnungen stammten aus meiner Lubliner Zeit.«452
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Alle im Raum Lublin stationierten Polizeibataillone waren in die Schulungsarbeit des BdO einbezogen und erhielten die entsprechenden Materialien, Richtlinien und Hinweise. Bis zum Beginn des Russland-Feldzuges scheint der Schulungsbetrieb weitgehend reibungslos abgelaufen zu sein, darauf weisen etwa die Ausbildungspläne der PB 104 und 314 hin, die wir an anderer Stelle schon erwähnt haben.453 Das PB 104, das im Januar 1940 nach Lublin kam, setzte dort die in Hamburg begonnene Ausbildung fort; vom Februar bis zum Juni 1940 sind Dienstpläne erhalten, nach denen in jeder Woche ein weltanschaulich-politischer Unterricht zu unterschiedlichen Themen abgehalten wurde. So standen beispielsweise im März unter anderem die Themen »Partei und Staat«, »Volksgemeinschaft« und »Deutscher Osten«, im April »Blut und Boden« und »Rasse« auf dem Programm, und regelmäßig beschäftigte man sich mit politischen Tagesfragen, der weltpolitischen Lage und dem Zeitgeschehen.454 Im August wurde das Bataillon zum »Erfassen« von Juden – über 1000 Juden wurden in Zwangsarbeitslager überführt – und Aufspüren von Widerstandskämpfern nach Zamosc verlegt, bevor es im November 1940 nach Hamburg zurückkehrte. Kurz darauf, im Dezember 1940 traf das PB 314 aus Wien-Strebersdorf in Zamosc ein; am 5.12. hatte es noch die Ausstellung »Der Sieg im Westen«, am 6.12. den Film »Jud Süß« in Wien besucht. Das Bataillon setzte die in Wien begonnene Ausbildung mit einem dicht gedrängten Programm des weltanschaulich-politischen Unterrichts in Polen fort, der so konkrete Themen wie »Die Bedeutung der durch die SS-Polizei durchgeführten Umsiedlungen im deutschen Raum«, »Die Umsiedlungen i. R. der Neuordnung Europas« oder »Volks- und Judenfrage« beinhaltete. Im Juni 1941 wurde das Bataillon im Russland-Feldzug eingesetzt. Beide Bataillone hatten eine Ausbildungszeit von neun bis zwölf Monaten hinter sich, ehe sie zu größeren »Aktionen« herangezogen wurden. In dem Maß, wie die Kampfeinsätze zunahmen, war die Durchführung der weltanschaulichen Schulung »naturgemäß« erschwert; so weit es möglich war, wurde sie dennoch fortgesetzt. Dies zeigen etwa die Berichte der Polizeireiterabteilung III. Die Reiterabteilung wurde im November 1941 in Posen aufgestellt, im Mai 1942 nach Lublin verlegt und etwa ab August für größere Aufgaben im »Bandenkampf« eingesetzt; in der Folgezeit durchstreiften Angehörige der Reiter-Abteilung die Wälder und machten Jagd auf Juden, die geflüchtet waren und sich versteckt hielten.455 Unmittelbar nach der Stationierung in Lublin erhielt die Reiterabteilung Anweisungen des KdO zur Monats- und Wochenschulung – Monatsthema war im Juni »Schlacht im Atlantik«, im August »Neuordnung unseres Denkens«, Anfang September erhielt sie die Broschüren »Schlag nach über die Sowjetunion«, »Der Weg zum Reich« und »Die Juden in USA« zugesandt, außerdem ein Muster zur Erstellung von WE-Berichten. Für den September musste die Reiterabteilung melden, dass ein mustergültiger Bericht nicht vorgelegt werden könne, denn die Einheiten befänden sich oft tage- und nächtelang im Einsatz und seien vielfach zu erschöpft »für die geistige Aufnahme des Schulungsmaterials«. Die Einheitsführer würden zwar während der Appelle und »sonstiger geeigneter Anlässe« Schulungsmaterial vortragen, zu einer regulären Schulungsarbeit werde man aber wohl erst während der Wintermonate kommen.456 Im Oktober wurde die Abteilung zur Deportation von 2000 bis 3000 Juden nach Sobibor herangezogen, bis Ende
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November/Anfang Dezember 1942 war sie an zahlreichen Einsätzen beteiligt, die Deportationen und Exekutionen von Juden und Partisanen einschlossen. Die Ermordung von Juden war inzwischen Routine geworden. Ein Angehöriger der Polizeireiterabteilung sagte nach dem Krieg aus, man habe sich über die »Judenfrage« keine weiteren Gedanken gemacht, sondern die Juden eben erschossen, wo man sie antraf: »Der Jude wurde von uns nicht als Mensch anerkannt, und es war uns auch bekannt, dass die Juden ohnehin ausgerottet werden mußten.«457 Nach dem Herbst 1942 scheint sich die Lage etwas »entspannt« zu haben, denn von da an meldete man wenigstens den Vollzug der Monatsschulung. Bis Ende 1942 waren im Rahmen der »Aktion Reinhard« die meisten Juden des Distrikts Lublin ermordet worden; eine größere Zahl blieb noch für Arbeitszwecke zurück, außerdem wurden 1943 erneut, wenn auch in geringerem Umfang, Juden aus anderen Gebieten in den Distrikt Lublin deportiert.458 Der Halbjahresbericht für die Zeit von Ende September 1942 bis März 1943 hielt fest, die weltanschauliche Erziehung sei bei allen Zügen befehlsgemäß durchgeführt worden, Schwierigkeiten habe es nur bei einzelnen Zügen gegeben, die fast dauernd im Einsatz waren: »Es wurde jedoch im Rahmen des Möglichen alles getan, um über tagespolitische Ereignisse und die monatlich herausgegebenen Themen laufend Unterricht abzuhalten. … Die Einheitsführer sorgten dafür, dass im Rahmen von Appellen und bei sonstigen geeigneten Anlässen der vorgegebene Schulungsstoff den Männern vorgetragen wurde.«459 Inzwischen war man auch in der Lage, die Wochenschulung durchzuführen. In Anlehnung an die Leitheft-Themen befasste man sich etwa im März 1943 mit den Themen »Ordensgeist«, »Sieghafter Glaube« und »Sicherung Europas«. Schulungsoffiziere waren für die drei Schwadrone der Abteilung die Hauptmänner Wullbrandt, Weiß und Feilhauer sowie für den Stab Hauptmann Schnittert – Schnittert hatte schon 1941 Erfahrungen als Schulungsoffizier in Sosnowitz sammeln können und war 1939 bereits Schulungsleiter beim IdO Reichenberg gewesen.460 Die nächsten Wochenschulungsthemen waren »Pflicht und Verantwortung«, »Der Rassengedanke«, »Der Sippengedanke« und noch einmal »Der Rassengedanke«. Ab Sommer 1943 war die Abteilung wieder verstärkt an Exekutionen beteiligt. Im August ermordetete die 2. Schwadron Hunderte von Juden bei Wlodawa, im gleichen Monat behandelte man in der Reiterabteilung die Themen »Gottglaube« und »Der Weg der NSDAP« – vermutlich fanden sich immer wieder Gelegenheiten des Innehaltens, um aus den pseudoreligiösen Texten des Leitheftes die Kraft zu neuen Taten zu schöpfen. Im Oktober führte die Reiterabteilung nach dem Aufstand im Vernichtungslager Sobibor Sicherungsmaßnahmen durch, im November war sie im Rahmen der »Aktion Erntefest« an der Ermordung von 18 000 Juden in Majdanek und 14 000 in Poniatowa beteiligt. In seinem WE-Bericht für das zweite Halbjahr 1943 musste der Abteilungskommandeur erneut einräumen, dass eine weltanschauliche Schulung nur eingeschränkt möglich war, man habe nur einmal im Monat einen entsprechenden Unterricht abhalten können. Da die Männer Anfang 1944 mit dem Bau von »Bandenauffangstellungen« beschäftigt waren, war die Situation auch danach nicht besser; erst im April 1944 meldete der Kommandeur, eine weltanschauliche Schulung nach den Richtlinien sei jetzt wieder möglich. »Im großen und ganzen«, schloss
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der Bericht aber beruhigend, »wurde bei der weltanschaulichen Schulung festgestellt, dass die Männer nationalsozialistisch ausgerichtet sind und im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung handeln.«461 Ergänzend zur weltanschaulichen Schulung sorgte man sich hier wie in allen besetzten Gebieten auch um das kulturelle Wohlergehen der Polizeitruppe. Im Januar 1941 tourte zum Beispiel der »Heide-Chor« durch das Generalgouvernement und brachte Lieder von Hermann Löns zum Besten. Am 15.1. kam der Chor für mehrere Abendvorstellungen auch nach Lublin; die Veranstaltungen fanden in der Kantine des PB 30 statt. Zuvor hatte man im Dezember 1940 eine Weihnachtsfeier und eine »humorvolle Silversterfeier« ausgerichtet, am 8.1. hatte es bereits einen Liederabend im Haus der NSDAP gegeben und am 16.1. wurde in Lublin der Rühmann-Film »Lauter Lügen« gezeigt. Im Februar 1941 war die Polizei selbst mit der Gestaltung des »Tags der Polizei« gefordert: Plakataktionen, Sportveranstaltungen, Spendensammlungen – Juden und Polen durften nicht spenden –, Konzerte und Gedenkfeiern für gefallene Polizeiangehörige waren vorzubereiten. Künstler/innen des »Wintergartens« und der »Scala« Berlin »einschließlich Ballett« brachten ihre Darbietungen zusammen mit einem Musikorps der Polizei nacheinander in Biala-Podlaska, Zamosc und Lublin dar, daran anschließend wurde jeweils zum »Deutschen Tanz« geladen: »Zweckmäßig ist es, zur Erhöhung der Stimmung besondere Räume zu Winzerstuben oder Bayernschänken auszugestalten.«462 Das PB 306 hatte einen Singeleiter und betrieb eine eigene Musikkapelle aus 17 Mann und eine Schauspieltruppe; am 31.1.1941 feierte man in Lublin einen »karnevalistischen Kameradschaftsabend«.463 Zu den kulturellen Höhepunkten im Generalgouvernement, dies sei am Rande erwähnt, zählten die »Sommerfestspiele« und die »Deutschen Kulturtage« im Juli und im Herbst 1940 in Warschau. Die Sommerfestspiele wurden mit einer Aufführung von Goethes »Iphigenie auf Tauris« eröffnet, die Ordnungspolizei bekam an den folgenden Tagen die Gelegenheit, einer Wiederholung der Aufführung beizuwohnen, für das in Warschau stationierte Polizeiregiment wurde außerdem eine Sondervorstellung des Schauspiels »Das laute Geheimnis« von Calderon gegeben. Die Abteilung Volksaufklärung und Propaganda der Distriktregierung wollte mit ihren Veranstaltungen zum Ausdruck bringen »dass deutscher Kulturwille und deutsche Kunst über alle Beschwerden des Alltags hinweg erhabene seelische Werte zu ergründen und zu schützen weiß, damit den Deutschen Deutschland bleibe!«464 In den Distrikthauptstädten schuf man Theater für Wehrmacht, SS und Polizei. Während über die Hälfte der polnischen Kinos im Generalgouvernement geschlossen wurden, richtete man, »wo sich die Möglichkeit bot«, eigene Lichtspiel-Theater für die deutsche Polizei ein. In Krakau wurde am 15. März 1941 ein »SS-Polizei-Theater«, das 600 bis 700 Personen Platz bot, mit einem Konzert des SS-Sinfonieorchesters eröffnet.465 Dazu kam eine umfangreiche Ausstellungstätigkeit, die vor allem den Anteil deutscher Kultur in der Geschichte und die deutschen Aufbauleistungen in der Gegenwart der besetzten Gebiete ins Bewusstsein rücken sollte. So konnten beispielsweise im Oktober 1942 Angehörige der deutschen Polizei in Lublin die Ausstellung »Lublins Deutschtum in sechs Jahrhunderten« besuchen.466 Andere Ausstellungen im Generalgouvernement hatten eine antijüdische Ausrichtung und
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begleiteten die Aktionen der Ghettoisierung, Deportation und Vernichtung. Eine Ausstellung über den »weltweiten Kampf gegen Bolschewismus und Plutokratie« im Juli 1940 stellte die Juden als Urheber des Bolschewismus dar, eine Gesundheitsausstellung, die im Oktober 1942 in Krakau gezeigt wurde, stigmatisierte Juden als Seuchenträger. Im Frühjahr 1942 war bereits die Ausstellung »Weltjudentum, Weltfreimaurerei, Weltrevolution« in den Hauptstädten des Generalgouvernements gezeigt worden. Im September 1943 präsentierte man in Krakau die Ausstellung »Jüdische Weltpest«; anschließend ging sie in andere Hauptstädte des Generalgouvernements, im März 1944 war sie auch in Lemberg zu sehen. In geschickter Aufmachung suchte die Ausstellung Verständnis für die Vernichtungspolitik zu wecken, indem sie den Eindruck vermittelte, als seien die Juden für alles Unheil dieser Welt veranwortlich, insbesondere auch für die Russische Revolution und 23 Millionen Menschen, die in ihrem Gefolge umgebracht wurden.467 Zu den propagandistischen Maßnahmen, die insbesondere unter der polnischen Bevölkerung Verständnis für die Maßnahmen gegen die Juden wecken sollten, gehörten unter anderem auch Plakataktionen, die vor »dem Juden« als Seuchenträger warnten; über Zeitungen und Schulen wurde dieses Stereotyp verbreitet: »Im Juni 1941 verteilte die Lubliner Propaganda-Abteilung beispielsweise nicht weniger als eine halbe Million entsprechender Broschüren an Schulkinder im Distrikt….«468 Kehren wir zur weltanschaulichen Schulung der Polizei im Raum Lublin zurück. Für die Gendarmerie des Distrikts sind WE-Berichte von November 1941 bis April 1944 erhalten, anhand derer sich die weltanschauliche Schulung annähernd rekonstruieren lässt. Die Gendarmerie war in die drei Hauptmannschaften Lublin, Zamosc und Radzyn gegliedert. Die Hauptmannschaftsführer waren für die Monatsschulung zuständig, während die Wochenschulung durch die Postenführer der übers Land verteilten Gendarmerieposten erteilt wurde. Bis Ende 1942 waren insgesamt 441 Gendarme im Distrikt eingesetzt. Ein großer Teil von ihnen war unmittelbar an »Judenaktionen« beteiligt: »Die Gendarmerie war bis in den Herbst 1942 einer der Hauptexekutoren des ›Schießbefehls‹.«469 Die ersten Berichte über den Zeitraum vom Sommer 1940 bis zum März 1941 meldeten einen ordnungsgemäßen Vollzug der Richtlinien: Die Tagesschulung erfolgte durch das Abhören von Rundfunkberichten und die Lektüre von Zeitungsmeldungen mit anschließender Besprechung, die Wochenschulung erteilten die Postenführer anhand des SS-Leitheftes, des PID und der von Goebbels’ Sprachrohr Hans Fritzsche herausgegebenen »Politischen Rundfunkund Zeitungsschau«, die Monatsschulung führten die Hauptmannschaftsführer mit Vorträgen zu den Themen der »Schriftenreihe« des HA Orpo durch. Die weltanschauliche Schulung, teilte der Hauptmannschaftsführer von Lublin mit, würden von den Männern als »sehr erforderlich« angesehen, alle seien interessiert, die Vorträge würden »gern gehört und eifrig diskutiert«. Der »beste Lehrmeister« in der weltanschaulichen Schulung sei zwar der gegenwärtige Krieg, aber gerade unter den gegebenen Verhältnissen und Einsatzbedingungen müsse den Männern »das nationalsozialistische Gedankengut fortwährend nahe gebracht werden, um sie für die Durchführung ihres schweren Dienstes zu härten« – ein deutlicher Hinweis darauf, wie sehr die weltanschauliche Schulung zur Unterstützung der »Aktionen« benö-
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tigt wurde. Die laufende weltanschauliche Schulung, bekräftigte der Hauptmannschaftsführer von Lublin im März 1942 noch einmal, sei unbedingt erforderlich; die Vorträge würden mit großem Interesse verfolgt, Fragen eifrig besprochen.470 Von kritischen Fragen ist in den Berichten nicht die Rede. Die Formulierungen legen aber doch den Schluss nahe, dass es einen gewissen Erklärungs- und Legitimationsbedarf gab. Dies betraf insbesondere die volksdeutschen Hilfspolizisten, unter denen viele, weil sie »deutsche Art und deutsches Wesen abgestreift hatten«, mit Schwierigkeiten zu kämpfen hätten, »die politische Erziehung« überhaupt zu verstehen.471 Auch deshalb, so der KdG Lublin, sei die Ausbildung und Erziehung der Männer ohne weltanschauliche Schulung nicht denkbar. Die Berichte betonten aber stets den Erfolg der Schulungsarbeit: Die weltanschauliche Erziehung sei »gefestigt und Allgemeingut von Offizier und Mann geworden«, schrieb beispielsweise die Gendarmeriehauptmannschaft Zamosc im Januar 1942. Ein Bericht des KdG Lublin vom März 1942 fasst die Erfahrungen zusammen: »Die weltanschauliche Erziehung ist der Hauptfaktor für die Ausbildung und die innere Haltung der hier im östlichsten Raume des Großdeutschen Reiches eingesetzten Gendarmerie. Das nationalsozialistische Gedankengut muß gerade hier im Einsatz den Männern fortwährend nahe gebracht werden, um sie für die Durchführung ihres schweren Dienstes zu härten. Das Hauptziel der Erziehungsarbeit ist eine klare Einstellung zu den laufenden weltpolitischen Ereignissen. Bei Offizier und Mann hat die Erziehungsarbeit in der Weltanschauung großes Interesse gezeitigt und bietet die Grundhaltung des nationalsozialistischen Charakters. Die bei den Schulungen angeschnittenen politischen und weltanschaulichen Fragen werden eifrig besprochen. Durch die Vorträge sind manchem Begriffe klar geworden, über die er sich sonst niemals Gedanken gemacht hätte. Insbesondere werden Fragen aus dem heutigen Zeitgeschehen größtes Verständnis entgegengebracht. Der dargebotene Lehrstoff in der Schulungsarbeit wird so aufgenommen, dass die eingehende Vertiefung gewährleistet ist.«472
Über besonders ausgebildete Schulungskräfte verfügte man nicht, und auf Experten aus Partei und SS konnte man nicht zurückgreifen. Die Schulung führten daher ausschließlich eigene Offiziere durch – die Zahl der angegebenen Schulungskräfte für die Hauptmannschaften schwankt jeweils zwischen 10 und 15 Bezirksoffizieren, die neben den Hauptmannschaftsführern als Zug- und Postenführer die Wochen- und Tagesschulung bei den Gendarmerieposten durchführten und sich durch persönliche Lektüre des zugesandten Materials und gemeinsame Dienstbesprechungen vorbereiteten. Die hohe Zahl der Offiziere, auf die man sich für die laufende Schulung stützen konnte, lässt darauf schließen, dass die nationalsozialistische Weltanschauung im Offizierskorps breit verankert war; die Offiziere erfüllten wie selbstverständlich ihre Pflicht.473 Eine Aufstellung der Hauptmannschaft Lublin für den Februar 1942 weist einmal die Woche eine Stunde weltanschauliche Schulung im Rahmen der Wochendienstversammlung an zehn verschiedenen Standorten aus, an denen offensichtlich jeweils ein Bezirksoffizier als Postenführer eingesetzt war. Im gesamten Distrikt Lublin mit den drei Hauptmannschaften Lublin, Zamosc und Radzyn
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dürfte es daher an die 30 Gendarmerieoffiziere gegeben haben, die, soweit die Verhältnisse es zuließen, einmal die Woche weltanschaulichen Unterricht im Rahmen der wöchentlichen Dienstversammlung erteilten. Die Wochendienstversammlungen dauerten in der Regel von 8.00 bis 15.00; eine Tagesordnung enthielt zum Beispiel folgende Punkte: 1. Woche: von 8.00 – 8.30 Uhr von 8.30 – 9.45 Uhr von 10.00 – 10.45 Uhr von 11.00 – 12.00 Uhr von 13.00 – 15.00 Uhr
Bekanntgabe von Anordnungen und Befehlen Verordnung über das Meldewesen im GG Verordnung über Ausländerpolizei im GG Weltanschauliche Schulung Waffenausbildung – Polizeigriffe.474
Klagen über Unzulänglichkeiten und Mängel hinsichtlich des Personals oder der Materialien gab es nicht. Besonderes Interesse fand offenbar Diewerges Machwerk »Das Kriegsziel der Weltplutokratie«, von dem die Gendarmeriehauptmannschaft Radzyn im November 1941 allein 170 Exemplare für 34 Zloty selber erwarb – vermutlich konnten alle Männer damit versorgt werden; wenige Wochen später übersandte der KdO 300 Exemplare des Werks an die Dienststellen.475 In der Schrift wurde mit großem propagandistischen Aufwand der Vorschlag »des Juden Kaufmann«, der zum engsten Berater Roosevelts hochstilisiert wurde, alle deutschen Männer zu sterilisieren, als Kriegsziel der USA ausgegeben, obwohl Kaufmanns Broschüre in den USA kaum bekannt war und auch Roosevelt ihn, wie man heute weiß, überhaupt nicht kannte.476 Diewerges Schrift war als Erläuterung zu Goebbels’ Rundschreiben vom August 1941 zu lesen, das an alle Polizeidienststellen ging, in dem dazu aufgerufen wurde, die Aufmerksamkeit »noch mehr auf die Schuld des Judentums« und unter anderem auch dessen Absicht, »das ganze deutsche Volk zu sterilisieren und es ohne Ausnahme auszurotten« zu lenken. Es seien die Juden, »die die Schuld an den Greueltaten haben, von denen wir aus dem Ostfeldzug immer wieder von neuem hören.«477 Damit wurde eine Strategie fortgesetzt, die mit dem »Weißbuch« begann, das ja schon im Frühjahr 1940 mit dem Ziel an die Dienststellen und Polizeibataillone gegangen war, Ängste vor dem Gegner zu schüren, um sie in kämpferischen Hass umzuwandeln. Im Februar 1942 folgte die Schrift »Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg«, die sowohl in der Version des SS-Hauptamtes als auch des Hauptschulungsamtes der Partei versandt wurde und die Grundlage der folgenden Monatsschulung bilden sollte. Das Hauptschulungsamt, das das Thema im Auftrag Rosenbergs reichsweit angeordnet hatte, gab dazu die Anweisung, die »Judenfrage« und »die Schuld des Juden« in den Vordergrund zu stellen: »Er muß als der ausschließliche und entscheidende Gegner erkannt werden, auf den sich der Vernichtungswille unseres Volkes zu konzentrieren hat.«478 Für die Wochenschulung ging der Schulungsplan des HA Orpo »Das ganze Volk kämpft um den Sieg« hinaus, dem im Juli die Themenvorgabe »Der Osten – das Schicksal des ganzen Volkes« folgte. Im März kam das Heft »Weltkrieg im Pazifik« aus der »Schriftenreihe« zum Versand, im April verschickte der KdO 80 Exemplare des Heftes »Der Chef der Ordnungspoli-
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zei« aus der Reihe zur Unterrichtung über Führer der Partei und des Staates, um den Männern die Person Daluege näher zu bringen.479 Für die folgende Zeit lässt sich die laufende, regelmäßige Belieferung der Einheiten und Dienststellen mit den Materialien für die Monats- und Wochenschulung durch den KdO Lublin bis zum Frühjahr 1944 nachweisen. Nacheinander kamen etwa die Hefte »Die Schlacht im Atlantik« (Juni), »Deutschland ordnet Europa neu« (Juli), »Neuordnung unseres Denkens« (August) und »Atlantische Seegeltung« (September) zum Versand, danach standen die Themen »Der Kampf um das Reich« und »Die lebensgesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung« auf dem Programm. Im Oktober besuchten die in Lublin stationierten Einheiten im Rahmen der Wochenschulung in Gruppen von 30 bis 40 Mann die Ausstellung »Lublins Deutschtum in sechs Jahrhunderten« in der Staatsbibliothek.480 Die Teilnahme an der weltanschaulichen Schulung war auch für Polizeiverwaltungsbeamte verpflichtend, und für die Zeit von Ende 1942/Anfang 1943 sind Listen erhalten, die ihre Teilnahme dokumentieren. Gleichwohl wurde es vor allem auf dem Land 1942 schwieriger, die Schulungsarbeit »ordnungsgemäß« durchzuführen; im Verlauf des Jahres änderte sich der Tenor der Quartalsberichte. Offenbar war die Durchführung der Monatsschulung ab April 1942 erschwert, weil die Gendarmerie stark durch den Einbezug in Aktionen der Deportation und »Bandenbekämpfung« in Anspruch genommen war. Zu diesem Zeitpunkt begann die systematische Erfassung und Zusammenziehung der jüdischen Bevölkerung im Raum Lublin, die in den kleinsten Orten aufzuspüren war und in die nahegelegenen Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka gebracht werden sollte, die zwischen März und Juli ihren »Betrieb« aufnahmen. Die Aktionen, die ihre Schwerpunkte in den Monaten April/Mai, dann im Herbst 1942 hatten, sich aber bis in das Jahr 1943 hinzogen, waren von zahllosen Erschießungen und Misshandlungen durch Gendarme vor Ort begleitet.481 Im November 1942 begann außerdem die Aussiedlungsaktion im Raum Zamosc, um hier Platz für eine musterhafte »Deutschbesiedlung« mit Volksdeutschen zu schaffen; bis März 1943 hatte man fast 300 Dörfer für deutsche Siedler geräumt, die polnische Bevölkerung war vertrieben oder zur Zwangsarbeit deportiert worden. Eine zweite »Umvolkungsphase« folgte im Rahmen einer polizeilichen Großaktion im Sommer 1943; insgesamt waren über 100 000 Menschen betroffen.482 Aufgrund dieser sich über den ganzen Raum erstreckenden Einsätze waren die Posten oft unterbesetzt, und es bestanden kaum noch Möglichkeiten, die Männer zu größeren Dienstversammlungen bei den Hauptmannschaftsführern zusammenzuholen. Im Sommer kamen noch Einsätze zur »Ernteerfassung« hinzu. Zeitweise war selbst die »Pflege des Gesangs« nicht mehr möglich, weil zu wenige Männer anwesend waren. Die Aufgabe der weltanschaulichen Schulung wurde jetzt, so die häufig wiederkehrende Formel, »bei jeder passenden Gelegenheit« wahrgenommen, hauptsächlich anlässlich von Rundfunk- und Zeitungsmeldungen. Im August 1942 teilte der Kommandeur der Gendarmerie dem KdO mit, seit etwa fünf Monaten, also seit April 1942 sei »infolge der aussergewöhnlichen Inanspruchnahme der Gendarmerie des Einzeldienstes« eine ordnungsmäßige Wochenschulung nicht mehr möglich: »Trotzdem werden, wo immer es die Verhältnisse zulas-
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sen, mit den oft nur in Minderzahl vorhandenen Gendarmen der Politische Informationsdienst, die aktuellen politischen Zeitungs- und Rundfunkberichte, die ›Parole der Woche‹ und die Artikel der SS-Leithefte eingehend besprochen.«483 Sendungen, in denen »der Führer oder andere führende Persönlichkeiten« sprachen, würden stets gemeinsam gehört. Das gelieferte Schulungsmaterial werde ausgelegt und werde auch gelesen. »Abschließend«, versicherte der Hauptmannschaftsführer Lublin in seinem Bericht vom März 1943, »kann gesagt werden, dass alle Gendarmen begriffen haben, warum der momentane Krieg geführt wird und warum er ausgetragen werden muß.« Zusätzlicher Bedarf an personeller oder materieller Unterstützung für die Schulung wurde nicht angemeldet, schien also nicht zu bestehen. Auch aus Zamosc kam die Meldung, die weltanschauliche Erziehung sei »gefestigt und Allgemeingut von Offizier und Mann« geworden, müsse aber auch »gerade hier im Einsatz ständig nahegebracht werden«. Eine Monatsschulung war aufgrund »starker Abordnung« von Gendarmen weiterhin nicht möglich, indes hatte man aber die Wochenschulung durch die Postenführer wieder aufnehmen können. Die »Führerproklamation« vom 30.1.1943 und die Goebbels-Artikel zum »totalen Krieg«, die für die Monatsschulung im Februar vorgesehen waren, dürften im Rahmen der Wochendienstversammlungen behandelt worden sein.484 Auch der Quartalsbericht vom September 1943 erwähnt die Wochenschulung durch die Postenführer anhand der SS-Leithefte und des PID; darüber hinaus sei es ihnen freigestellt, sich selbst ein Thema zu wählen. Die nationalsozialistische Weltanschauung sei bei allen gefestigt, fasste der KdG Lublin die Berichte der Hauptmannschaftsführer im März 1943 zusammen. Nur der jüngeren Volksdeutschen müsse man sich noch etwas intensiver annehmen.485 Im Verlauf des Jahres 1943 scheint sich die Situation dennoch generell etwas »entspannt« zu haben, denn es wurden nicht nur in größerem Umfang als zuvor Schulungsmaterialien an die Dienststellen und Einheiten geschickt, ab Oktober 1943 wurden auch regelmäßig wieder Einsatzmappen für Schulungskräfte versandt und ausgefüllt zurückgegeben – noch im April 1944 erhielt der KdG Einsatzmappen für 13 Offiziere zugesandt.486 Etwa zur gleichen Zeit, am 1.4.1944 erging an die Schulungskräfte, für die Einsatzmappen vorlagen, die Aufforderung, für die Zeit vom 1.7.1943 bis zum 31.3.1944 über ihre Arbeit Bericht zu erstatten: »Es sollen keine nackten Tatsachenberichte geliefert werden. Es ist vielmehr eine aus der Erfahrung schöpfende Darstellung zu geben, auf welche Weise die Schulungskräfte es unternommen haben, der bestehenden Schwierigkeiten Herr zu werden und ihre Männer immer wieder im Sinne unserer nationalsozialistischen Weltanschauung vorwärtszureißen.«487
Vielleicht war der »Enthusiasmus« nach der »Aktion Erntefest« im November 1943 etwas erlahmt, während der die Lager der im Distrikt Lublin verbliebenen »Arbeitsjuden« aufgelöst und noch einmal an die 43 000 Juden ermordet worden waren.488 Die Schulungsarbeit war während dieser Zeit ganz darauf ausgerichtet, die Großraumansprüche des Deutschen Reichs zu begründen. Am 30. Oktober versandte der KdO das Sonderheft »Elsass und Lothringen – deutsches Land« an sämtliche im
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Distrikt stationierten Einheiten und Dienststellen, Anfang November folgte eine Schrift des »Instituts für Außenpolitische Forschung«, das auf die Begründung solcher Ansprüche spezialisiert war, an die Schulungskräfte, am 8.11. ließ der KdG »6 Hefte verschiedenen Inhalts« versenden, im Dezember kamen das Heft »Volk und Reich« der »Schriftenreihe« und ein Rundschreiben des HA Orpo über den Missbrauch der Begriffe »Großraumpolitik und Großraumwirtschaft« zum Versand. Die Hefte wurden an alle Einheiten einschließlich der Gendarmeriezüge verteilt.489 Im Januar 1944 versandte der Polizeischulungsleiter (»Abt. WE«) beim BdO Krakau ein Rundschreiben, in dem er einmal mehr dazu aufrief, in der weltanschaulichen Schulungs- und Erziehungsarbeit nicht nachzulassen. Anlass war u. a. eine Beanstandung der WE-Berichte, die vielfach nur lapidar Fakten wiedergaben und die erwartete Begeisterung vermissen ließen, die der PSL jetzt durch eine andere, den kämpferischen Aspekt stärker betonende Gestaltung der Mitteilungsblätter »Gruppe B« selber mit entfachen wollte. Gerade wenn die äußeren Bedingungen die vortragsmäßige Monatsschulung erschwerten, müsse sich der Schwerpunkt der Schulungsarbeit »mehr denn je auf Aussprache und Gesprächsführung und die Fähigkeit zur politischen Diskussion verlagern«: »Jeder in der aktiven Schulungsarbeit Stehende muß daher zu einem weltanschaulichen Einzelkämpfer werden. Es genügt nicht, allen möglichen Einwendungen abwehrend zu begegnen. Wir müssen sie durch unseren eigenen weltanschaulichen Angriffsschwung überrennen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die bisher betriebene Schulungsarbeit, so gute Früchte sie auch gezeitigt hat, auf solche Weise noch wesentlich intensiver gestaltet werden kann. Das Ziel muß sein, Offizier und Mann in ihrem gläubigen Vertrauen auf den Endsieg immer von neuem zu bestärken, wobei die in der weltanschaulichen Schulungs- und Erziehungsarbeit eingesetzten Kräfte das Rückgrat eines unüberwindlichen Walles der seelischen Widerstandskraft und die Schlüsselkräfte aktivistischen Draufgängertums zu sein haben.«490
Die letzten Schriften, die vom Januar bis zum Juni 1944 versandt wurden, waren die Themenhefte »Volk und Reich«, »Die Vorgeschichte des Krieges im Ostseeraum« (mit einer Broschüre »Polnische Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges«) und »Amerikanismus – eine Weltgefahr«. Dass 1944 noch einmal der Beginn des Krieges gegen Polen thematisiert wurde, verweist auf einen gestiegenen Legitimationsbedarf zu einer Zeit, als man die Unterstützung auch der Polen im Abwehrkampf gegen den »Bolschewismus« suchte. Die Hefte wurden jetzt auch an die im Raum Lublin stationierten Schuma-Bataillone verteilt, die man offenbar über die Hintergründe des Krieges gegen Polen ins rechte Bild setzen wollte. Im Juli verschickte der BdO außerdem noch den vom SS-Hauptamt herausgegebenen »Politischen Dienst« nebst »Lageberichten« sowie den umfangreichen »Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei«. Aber weder die Beschwörung der »seelischen Widerstandskraft aktivistischen Draufgängertums« noch die verstärkte Ausrichtung der Schulung an der SS vermochten noch etwas auszurichten. Im Juli 1944 wurde Lublin von der Roten Armee eingenommen. Anderswo im besetzten Polen hoffte man noch: Der Kommandeur der
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Schutzpolizei in Kalisch etwa erhielt noch am 22. August 1944 ein Schreiben vom Stabsoffizier der Schupo Litzmannstadt, »mit Rücksicht auf die derzeitige Lage« seien vorerst keine Ausbildungspläne mehr einzureichen: »Ich erwarte aber, dass der Ausbildungsdienst trotzdem im Rahmen des Möglichen weiter durchgeführt wird. Das gilt insbesondere für die weltanschauliche Schulung und die Waffenausbildung.«491 III.2.4. Polizeischulung im Bereich der BdO Ostland und Ukraine Nach der Besetzung der baltischen Länder und Weißrusslands im Sommer 1941 wurde die Stelle eines BdO Ostlands gebildet, dem Kommandeure der Ordnungspolizei für Litauen, Lettland, Estland und Weißruthenien unterstellt waren; den Kommandeuren der Ordnungspolizei unterstanden wiederum Kommandeure der Schutzpolizei für die Städte (KdSch) und der Gendarmerie für die ländlichen Gebiete (KdG). Ihnen waren als Gebietsführer die Führer der Schutzpolizei-Dienstabteilungen und Gendarmerie-Hauptmannschaften unterstellt; die unterste Ebene der Hierarchie bildeten die Gendarmerie-Posten, die von Postenführern geleitet wurden. Parallel zur Hierarchie der Ordnungspolizei bestanden neben dem HSSPF diesem nachgeordnet SS- und Polizeiführer (SSPF) sowie SS- und Polizeigebiets- und -standortführer. Außerdem muß jeweils zwischen (deutscher) Schutzpolizei bzw. Gendarmerie, (volksdeutscher) Hilfspolizei und (einheimischer) »Schutzmannschaft« unterschieden werden. Für die Belange und Kontrolle der Schutzmannschaften wurden jeweils »Aufsichtsund Verbindungsoffiziere« eingesetzt. Im Stab des KdO war ein »Sachbearbeiter« für die Schutzmannschaften zuständig. Beim KdO Lettland etwa war dies der Hauptmann Oberwinder; seine Aufgabe bestand darin, die lettische Polizei nach deutschem Vorbild umzubauen sowie lettische Schuma-Bataillone aufzustellen. HSSPF BdO
BdS SSPF
KdO KdG Gend.-Hauptmannschaften Gend.-Gebietsführer Gendarmerieposten Schuma-Stützpunkte
KdS KdSchp Schupo-Dienstabteilungen
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KdO für Lettland war bis 1942 der Oberstleutnant der Schutzpolizei Flick, KdG der Gendarmeriehauptmann Rehberg – Rehberg wurde im September 1942 übrigens vom Major der Gendarmerie Axt abgelöst, der zuvor als Polizeischulungsleiter beim BdO Böhmen und Mähren in Prag gearbeitet hatte. Als Polizeischulungsleiter beim BdO Ostland wurde 1941 der Major der Schutzpolizei Witt eingesetzt. Ende Oktober 1941 legte der HSSPF Ostland dem HA Orpo einen ersten Bericht über den »Stand der WE« vor. Da sich die Organisation der Polizei noch im Aufbau befand, hatte noch keine geregelte weltanschauliche Erziehung stattfinden können; nachdem Major Witt seinen Dienst als PSL aufgenommen habe, werde aber die weltanschauliche Erziehung »nach den vom Hauptamt Ordnungspolizei herausgegebenen Grundsätzen Schritt für Schritt im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten und im Zuge der weiteren Festigung der Verhältnisse durchgeführt werden.« Mit der Tagesschulung werde bei den Einheiten und Kommandos der Schutzpolizei sofort begonnen, bei den weit verstreuten Gendarmerie-Kommandos sei dies aber zunächst noch nicht möglich. Wegen der Größe des Raums und der weit verstreuten Dienststellen sei auch die Einrichtung einer zentralen Bücherei beim PSL zwecklos, stattdessen sei geplant, das »Büchereiwesen« nach dem Muster der Feldbüchereien der Bataillone »aufzuziehen«. Vorerst werde die Durchführung der weltanschaulichen Schulung und Erziehung ohnehin von der Initiative der Kommandos vor Ort abhängen; denn: »Im Winter wird die Verbindung mit den Einheiten und Standorten voraussichtlich durch Einschneien längere Zeit völlig abreißen. Die Kommandos werden dann völlig abgeschlossen auf sich selbst gestellt sein.« Unbedingt erforderlich sei daher auch die Ausrüstung mit Rundfunkgeräten. Außerdem wurde um die Zuteilung von Hilfskräften für Witt gebeten, damit man an die Herausgabe eines eigenen Mitteilungsblattes gehen könne. Mit gleichem Datum ging dieser Bericht zusammen mit weiteren Anweisungen an die Dienststellen und Polizeibataillone des BdO-Bereichs. Mit der Tagesschulung sei außer bei der Gendarmerie sofort zu beginnen; die Wachtmeister seien »kurz aber nachhaltig« anhand von Karten über die militärischen und politischen Ereignisse zu unterrichten. Für die Bataillone – zu diesem Zeitpunkt die PB 11 und 22 – sowie die Polizeikompanie Riga galten darüber hinaus mündliche Anweisungen, die sie bereits von Witt erhalten hatten: »kurzes Gedenken an das für den betr. Tag maßgebende Ereignis der Gegenwart oder Vergangenheit mit anschließendem Kernspruch«. Dies sollte am besten vor dem gemeinsamen Mittagessen erfolgen.492 Im Februar 1942 folgten weitere Anweisungen: Monatsschulung mit »belehrendem Zweck« bei allen Dienststellen und Einheiten, Wochenschulung bei den Einheiten, ohne »belehrenden Zweck«, sondern um »sittliche Werte« zu wecken, und alle zwei bis drei Tage eine 10- bis 15minütige Tagesschulung als Dienstpflicht jedes Vorgesetzten gegenüber seinen Untergebenen. Die Wochenschulung sollte am Ende jeder Woche als Weihestunde gestaltet werden: »Es muß dem Formationsführer überlassen bleiben, welche Form er wählt, es empfiehlt sich jedoch allgemein, neben der Vorlesung (z.B. aus PK.-Berichten oder Buchartikeln) dazu passende Sprüche oder Zitate zum Vortrag bringen, gemeinschaftliche Lieder singen zu lassen und Musik zur Ausgestaltung heranzuziehen.«
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Sollte ein Einheitsführer keine Begabung zu einer solchen Gestaltung in sich verspüren, dann könne er diese Aufgabe auch an andere delegieren; falls ein Singeleiter vorhanden sei, gehöre die Ausgestaltung der Weihestunden auch zu dessen Aufgaben. Generell sei die Schulung aber Aufgabe und Dienstpflicht aller Offiziere und Vorgesetzten: »Es ist daher nicht angängig, dass ein Dienstvorgesetzter aus anderen Organisationen Schulungskräfte heranzieht, um seine Untergebenen durch diese weltanschaulich schulen zu lassen. Es wird sich kein Offizier der Ordnungspolizei das Armutszeugnis ausstellen, dass er seine Untergebenen nicht weltanschaulich schulen und erziehen kann.«493
Inzwischen war die Dienststelle des PSL auch so weit konsolidiert, dass ein eigenes Mitteilungsblatt (Gruppe B) des BdO Ostland herausgebracht werden konnte. Die Einheiten wurden aufgerufen, eigene Beiträge zu liefern, vorzugsweise Berichte, die einzelne Ereignisse und Leistungen »in frischen und spannenden Kurzaufsätzen unter besonderer Betonung des Haltungsmäßigen« schilderten. Bis dahin waren insbesondere die SS-Leithefte zum Versand gekommen. Im Oktober hatte Witt die Broschüre »Amerika« von Paul Bang als Materialgrundlage für die Schulungsoffiziere verschickt, im Dezember 1941 war Goebbels’ Artikel »Die Juden sind schuld!« mit den »10 Punkten über die Juden« für den weltanschaulichen Unterricht an die Dienststellen und Einheiten in Lettland versandt worden: »Der Artikel ist zum Gegenstand einer eingehenden Unterweisung sämtlicher Angehöriger der Ordnungspolizei zu machen. In der weltanschaulichen Schulung ist auf die 10 Merksätze von Zeit zu Zeit wieder einzugehen.«494 Goebbels’ »10 Punkte über die Juden«: »1. Die Juden sind unser Verderb. Sie haben diesen Krieg angezettelt und herbeigeführt. Sie wollen mit ihm das Deutsche Reich und unser Volk vernichten. Dieser Plan muß zuschanden gemacht werden. 2. Es gibt keinen Unterschied zwischen Juden und Juden. Jeder Jude ist ein geschworener Feind des deutschen Volkes. Wenn er seine Feindschaft gegen uns nicht zeigt, so nur aus Feigheit und Schlauheit, nicht aber, weil er sie nicht im Herzen trüge. 3. Jeder deutsche Soldat, der in diesem Kriege fällt, geht auf das Schuldkonto der Juden. Sie haben ihn auf dem Gewissen, und sie müssen deshalb auch dafür bezahlen. 4. Wenn einer den Judenstern trägt, so ist er damit als Volksfeind gekennzeichnet. Wer mit ihm noch privaten Umgang pflegt, gehört zu ihm und muß gleich wie ein Jude gewertet und behandelt werden. Er verdient die Verachtung des ganzen Volkes, das er in seiner schwersten Zeit feige und gemein im Stich läßt, um sich auf die Seite seiner Hasser zu stellen. 5. Die Juden genießen den Schutz des feindlichen Auslandes. Es bedarf keines weiteren Beweises für ihre verderbliche Rolle in unserem Volk. 6. Die Juden sind Sendboten des Feindes unter uns. Wer sich zu ihnen stellt, läuft im Kriege zum Feinde über. 7. Die Juden haben kein Recht, sich unter uns als gleichberechtigt aufzuspielen. Wo sie auf der Straße, in Schlangen vor den Läden, auf den Verkehrsmitteln das Wort ergreifen
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wollen, sind sie zum Schweigen zu veranlassen, nicht nur, weil sie grundsätzlich Unrecht haben, sondern weil sie Juden sind und keine Stimme in der Gemeinde besitzen. 8. Wenn die Juden Dir sentimental kommen, so wisse, daß das eine Spekulation auf Deine Vergeßlichkeit ist; zeige ihnen sofort, daß Du sie durchschaust, und strafe sie mit Verachtung. 9. Dem anständigen Feind gebührt nach der Niederlage unsere Großmut. Aber der Jude ist kein anständiger Feind, er tut nur so. 10. Die Juden sind schuld am Kriege. Sie erleiden durch die Behandlung, die wir ihnen angedeihen lassen, kein Unrecht. Sie haben sie mehr als verdient.«
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Vernichtungsaktionen in Lettland bereits auf dem Höhepunkt. Im August 1941 hatte der KdO die Ghettoisierung der jüdischen Bevölkerung angeordnet. In Zusammenarbeit mit der SS und dem SD und mit Unterstützung lettischer Hilfskräfte holten Polizisten die Menschen ab, brachten sie in die Ghettos, stellten die Ghettowache und Begleitmannschaften für Arbeitskommandos. Der Prozess der Ghettoisierung war bis Ende Oktober abgeschlossen. Ende November erteilte dann der KdO den Befehl zur Teilräumung des Rigaer Ghettos, bei der es zu Massenexekutionen kam, an denen Angehörige des Kommandos der Schutzpolizei Riga beteiligt waren. Zu Beginn der Aktion hielt HSSPF Jeckeln vor den Vertretern der beteiligten Dienststellen und Einheiten »eine große Rede, in der er die Mitwirkung an der Vernichtung der Juden zur vaterländischen Pflicht erklärte«.495 An der Ghettoisierung wirkte das in Litauen stationierte PB 11, an der Räumung des Ghettos das PB 22 mit. Bis zum 8.12.1941 waren über 25 000 Personen ermordet worden. Der Kommandeur der Schutzpolizei Karl Heise selber ging mit »gutem Beispiel« voran. Nach der Räumung des Ghettos wurden die Juden in die vorbereiteten Gruben getrieben; Heise schoß selber in die Gruben hinein, um seinen Männern ein Beispiel zu geben. Als nach der Räumung des Ghettos 20 Kranke zurückblieben, die nicht transportfähig waren, ließ er sie von Angehörigen des jüdischen Ordnungsdienstes auf den Boden legen und befahl seinen Männern, sie zu erschießen: »Als die Schutzpolizisten zögerten, erschoß Heise den ersten aus der Reihe der Kranken eigenhändig; danach wurden die übrigen kranken Juden nacheinander von Angehörigen des Kommandos der Schutzpolizei … durch Kopfschuß getötet.«496 Major Heise wurde allerdings wenig später abgelöst, nicht wegen der Erschießung Kranker, sondern weil er für den Posten eines Kommandeurs der Schutzpolizei als ungeeignet erschien: Ihm wurde unter anderem herrisches Auftreten gegenüber Kollegen, das eigenmächtige Verfügen über ein zurückgelassenes Truppenlager und generell unangemessenes Verhalten zur Last gelegt – so habe er »bei einer Kameradschaftsfeier jegliche Haltung vermissen lassen. Er sei in Uniform ins Wasser gesprungen und zeigte sich anschließend völlig unbelehrbar.«497 Das Beispiel zeigt gleichwohl die Initiativ- und Vorbildfunktion der Offiziere und Vorgesetzten. Besonders instruktiv ist in dieser Hinsicht der Fall der SchutzpolizeiDienstabteilung Libau in Lettland und ihres Leiters Revierleutnant Frank. Die Polizeireviere im Raum Libau wurden im September 1941 errichtet. Der SS- und PolizeiStandortführer Obersturmführer Dr. Dietrich traf am 20.9. in Libau ein, am 22.9.
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meldete er die Ankunft von Gendarmeriebeamten. Noch am gleichen Tag kam es zu einer ersten Exekution von 61 Juden in Libau und 67 in Windau, am 26.9. wurden weitere 183 Juden in Windau ermordet.498 Während des ganzen Oktobers wurden Juden und Kommunisten umgebracht oder gefangen genommen. Dietrich unterstanden die deutsche Polizei, die Gendarmerie und die lettischen Schutzmannschaften in der Stadt Libau sowie den Kreisen Libau-Land, Goldingen, Hasenpoth und Windau. Für die Stadt Libau setzte er Leutnant Frank als Dienstabteilungsführer ein. Ein Lagebericht der Dienstabteilung Libau hielt am 5.10. fest: »Die Beseitigung der in Libau wohnenden alten Juden und Jüdinnen, die für den Arbeitseinsatz nicht in Betracht kommen, ist im Gange. In der Zeit vom 25.9. bis 2.10.1941 wurden 241 jüdische Einwohner Libaus exekutiert.«499 Am 1.11. konnte Dietrich »Kreis Libau-Land und Hasenpoth judenfrei« melden. Wenige Wochen später versandte der KdO Lettland Goebbels’ Pamphlet mit den »10 Punkten über die Juden«. Am 15. Dezember begann die große »Judenaktion« in Libau. Noch am gleichen Tag wurden 270 Juden in den nahe gelegenen Dünen erschossen. Am 17.12. notierte Dr. Dietrich in sein Diensttagebuch: »Beendigung der Judenaktion. Insgesamt wurden 2748 Juden erschossen. Kurland ist mithin judenfrei, bis auf etwa 350 jüdische Handwerker, welche zu dringenden Arbeiten benötigt werden.«500 Die Aktion erfolgte unter Franks Leitung durch Angehörige der Schutzpolizeidienstabteilung und des PB 22, das einen Zug in Libau stationiert hatte, in Zusammenarbeit mit dem SD und mit Unterstützung lettischer Hilfskräfte: »Die Juden mussten sich bis auf die Kinder völlig ausziehen und so trotz herrschender Kälte noch eine Weile ausharren. Die Erschießungen begannen am 15.12.1941 um 8 Uhr und dauerten an diesem Tag bis gegen 18 Uhr. Bei der dreitägigen Aktion wechselten sich Exekutionskommandos des lettischen Wachzuges der SD, der Schutzpolizei-Dienstabteilung Libau und des lettischen Polizeibataillons 21 ab. Die Opfer, die auf ihre Exekution warteten, waren so nahe an der Grube, dass sie nicht nur die Schüsse hörten, sondern auch die Entkleidung ihrer Vorgänger und deren Erschießung beobachten mussten. Müttern, die Kleinkinder auf dem Arm trugen, befahl man, sie über die Schultern zu heben, damit die Kinder zusammen mit ihren Müttern erschossen werden konnten.«501
In den folgenden Tagen schlossen sich noch weitere Razzien an. Danach widmete man sich den Vorbereitungen der Jul- und Weihnachtsfeiern: Am 21.12. begingen Schupo-Dienstabteilung und Gendarmerie in Libau die Julfeier, am 23.12. besuchte man eine KdF-Veranstaltung im Soldatenheim von Libau, noch am gleichen Tag wurden drei Kriegsgefangene wegen Diebstahls erschossen. Dr. Dietrich war indes schon in Urlaub gefahren. An seiner Stelle sprach Frank als sein Stellvertreter allen beteiligten Offizieren und Schutzmännern seinen besonderen Dank für den »schweren Dienst« aus, den sie in den Tagen vom 14. bis 17. Dezember geleistet hätten, belohnte sie mit einem Sonderurlaub von drei Tagen und wünschte allen »ein frohes und gesundes Weihnachtsfest und ein glückliches gesundes neues Jahr«. In Anerkennung für die »erfolgreiche« Durchführung der Aktion wurde Frank selbst später mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet.502 Frank war ein pflichtbewusster Offizier,
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der auch die weltanschauliche Monatsschulung seiner Männer selber durchführte. Vermutlich kam die reguläre Monatsschulung erst nach Abschluss der Vernichtungsaktionen und nach dem Schulungsbefehl des BdO vom Februar 1942 in Gang. Nach Erhalt des BdO-Befehls kündigte Frank am 2.3.1942 für die Angehörigen seiner Dienststelle die regelmäßige Monats- und Tagesschulung an und setzte als ersten Termin der Monatsschulung den 16.3. von 7.00 bis 8.00 fest, die Tagesschulung sollte Mittwochs und Samstags von 7.45 bis 8.00 Uhr stattfinden. Schulungsredner war Frank selber. Von März 1942 bis mindestens August 1943 lässt sich die regelmäßige Durchführung der Monatsschulung durch Frank dokumentieren.503 Die ersten Anweisungen und Anregungen hatte er aber bereits im Oktober 1941 erhalten, als der PSL Witt seine Dienststelle in Libau zu einer Besprechung über Fragen und Angelegenheiten der weltanschaulichen Schulung und Truppenbetreuung besuchte. Es ging um den Aufbau einer Bücherei, die KdF-Betreuung, die Versorgung mit Rundfunkgeräten, die Einrichtung eines Singeleiter-Lehrgangs, die Änderung polnischer Familiennamen und generell die Richtlinien zur Tages-, Wochen- und Monatsschulung.504 Die Dienststelle existierte erst wenige Wochen, aber zu diesem Zeitpunkt hatte man bereits mehrere Hundert Juden und Kommunisten in Libau und Umgebung exekutiert. Ähnlich wie in den baltischen Ländern begann auch in Weißrussland (»Weißruthenien«) ein geregelter Schulungsbetrieb offenbar erst nach der Februar-Anordnung des BdO im März 1942. Die Umsetzung dürfte sich hier aber – die Region war ein Zentrum des Partisanenkampfs – schwieriger gestaltet haben. Der KdO Weißruthenien gab die Anordnung des BdO am 5.3. weiter und legte als Monatsthemen für März und April fest: »Der Bolschewismus, eine Sonderform des jüdischen Strebens zur Weltmacht« und »Die weltanschaulichen Gegensätze im gegenwärtigen Kriege«.505 Die Themen standen 1942 eigentlich nicht mehr auf dem Programm des HA Orpo, das in der »Schriftenreihe« jetzt einen Schwerpunkt auf die Auseinandersetzung mit den USA gelegt hatte, die man in Weißrussland wohl als weniger vordringlich ansah. Das Thema »Bolschewismus« ordnete der KdO im Juni 1942 noch einmal für die Monatsschulung an. Im Frühjahr war ein kurzer Abriss »Land und Leute« für die Gendarmerie erstellt worden, in dem die Weißruthenen als ein zurückgebliebenenes Vok »auf einer sehr niedrigen Kulturstufe« beschrieben wurden – »der Bauer selbst lebt dumpf und interesselos dahin«, das Handwerk liege im Argen, weil »der Jude« sich hier breit gemacht habe. Das Volk müsse sich jetzt »der wiedererlangten Freiheit durch den Opfergang der deutschen Nation würdig« erweisen.506 Dies sollte vor allem durch freiwillige Meldungen zur Hilfspolizei der Schutzmannschaften erfolgen, die in die Schulung einbezogen wurden, allerdings nicht in das »anspruchsvolle« Themenprogramm der Monatsschulung anhand der »Schriftenreihe« – die Themenwahl blieb den Schuma-Führern selbst überlassen. In Umsetzung der Richtlinien des BdO und KdO wies der Kommandeur der Gendarmerie die Dienststellen und Einheiten der Gendarmerie in Weißruthenien in einem Rundschreiben vom 10.3.1942 an, mit der Monatsschulung zu beginnen. Für den Stab der Kommandantur und die Gendarmerie-Posten Minsk-Land legte er für jeden zweiten Freitag eine Schulung »nach näherer Anweisung« fest. In den anderen Gebieten lag die Verantwortung bei den Hauptmannschaftsführern, denen die
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Gestaltung der weltanschaulichen Schulung je nach Gegebenheiten und Gelegenheiten überlassen war; eine planmäßige Durchführung war aufgrund der weit verstreuten Posten offenbar nur schwer zu bewerkstelligen. Dennoch ordnete der Hauptmannschaftsführer von Baranowitschi Hauptmann Hildebrandt für alle Gebietsführer an, mindestens einmal im Monat eine Schulung durchzuführen, alle Postenführer hätten ihre Männer einmal in der Woche weltanschaulich zu schulen. Der SS- und Polizeigebietsführer von Baranowitschi Leutnant Eibner gab den Befehl an die Gendarmerieposten weiter: »Als weltanschauliche Schulung sind insbesondere die gelieferten Mitteilungsblätter und Tagesereignisse zu behandeln. Als weiteres Thema gilt für den Monat April: ›Die weltanschaulichen Gegensätze im gegenwärtigen Kriege‹. Einmal im Monat wird auf jedem Posten die weltanschauliche Schulung von mir durchgeführt. An der Schulung haben sämtliche Gendarmen teilzunehmen.«
Die Postenführer waren gehalten, »Lehrberichte« nach einem vorgegebenen Muster anzulegen.507 Neben den üblichen Schulungsmaterialien gingen einige Sonderbefehle und -rundschreiben an die Dienststellen. Im April versandte der PSL unter dem Betreff »Nationalsozialismus und Unsterblichkeitsvorstellung« ein Rundschreiben des HA Orpo, das das »religiöse Toleranzprinzip« (»Gewissensfreiheit«) des Nationalsozialismus betonte, an die Kommandeure der Ordnungspolizei weiter; der KdO Weißruthenien leitete das Schreiben an den KdG in Minsk weiter: »mit der Bitte um Bekanntgabe an die Schulungsleiter und Anweisung, das Thema in unauffälliger Form zu behandeln und auf die religiösen Tiefen des Nationalsozialismus besonders hinzuweisen«. Im Juli erhielten die Dienststellen vom Hauptamt Orpo Rosenbergs Richtlinien zur Gestaltung der Lebensfeiern, im August legte der KdO, da die betreffenden Hefte der »Schriftenreihe« nicht rechtzeitig eingetroffen waren, als Monatsthema »Deutschland der Hort der europäischen Wiedergeburt« fest.508 Im Oktober 1942 versandte der KdO Goebbels’ Artikel »Seid nicht allzu gerecht!« vom 6. September 1942. Der Text ging nicht nur an die Dienststellen der Schutzpolizei in Minsk und Baranowitschi, sondern auch an die in der Region stationierten Polizeibataillone einschließlich der Schuma-Bataillone: »Im Dienstunterricht sind die deutsche Männer darauf hinzuweisen, dass sie ihre Haltung gegenüber den Angehörigen der fremden Volksgruppen sinngemäß auszurichten haben.«509 Warum gerade dieser Text? Es ging darin nicht etwa, wie man meinen könnte, darum, auf Befindlichkeiten »fremder Volksgruppen« Rücksicht zu nehmen und nicht allzu streng zu sein, sondern im Gegenteil, Goebbels geißelte ein bei vielen Deutschen nur unzulänglich entwickeltes Nationalbewusstsein, Tendenzen zu Inferioritätsvorstellungen gegenüber dem Ausland und den Hang zu einem übermäßig ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühl: »mehr noch, wir leiden zuweilen an einer Art von Überobjektivität, die meistens unseren schlimmsten Feinden zubekommt, und zwar auf Kosten unserer eigenen Interessen. Ein Appell an unsere Anständigkeit hat noch immer in unseren Herzen einen Widerhall gefunden, und wir denken erst gar nicht lange darüber nach, ob er selbst auch anständig gemeint
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sei oder nur auf unsere Gutmütigkeit spekuliert…. Wir haben eine derartige Angst, einem anderen Unrecht zu tun, dass wir uns im Zweifelsfalle lieber selbst Unrecht zufügen.«
Der Deutsche müsse seinen »Gerechtigkeitsfimmel« überwinden und »das Hassen lernen«. Beschwörend schloss der Artikel: »Unsere Weltmission von heute besteht darin, dem deutschen Volke als dem Herzen der Menschheit eine breitere Basis seines Lebens zu geben. … Wir würden uns schämen, vor den Müttern, die ihre Söhne, vor den Kindern, die ihre Väter, und vor den Frauen, die ihre Männer hergaben, die Augen aufzuschlagen, wenn wir am Ende dieses Krieges wieder mit leeren Händen daständen. Deshalb warnen wir vor jeder Gefahr, die uns droht, vor allem vor der, die ihre Wurzeln in unserem eigenen Nationalcharakter trägt. Das bürgerliche Zeitalter falscher und verlogener Humanitätsbegriffe ist vorbei. Ein hartes Jahrhundert ist angebrochen. Es wird nicht mit Zimperlichkeit gemeistert, sondern nur mit Männlichkeit und Kraft. Die Welt ist in Liebende und Hassende zerfallen. Nur der steht auf festem Boden, der genau weiß, wo er zu lieben und wo er zu hassen hat. – Es gibt nur eine Tatsache und Forderung, die für uns objektiv richtig und unanfechtbar ist: dass wir siegen müssen. Ihr lasset uns dienen!«510
Der Text sollte offensichtlich Zweifel ausräumen und die »Moral« festigen, denn er wurde in einer Zeit versandt, als der Judenmord in Weißrussland mit Ghettoräumungen in Baranowitschi, Brest-Litowsk, Kobryn und Pinsk, denen allein im Oktober etwa 45 000 Menschen zum Opfer fielen, neuen Höhepunkten entgegensteuerte. Gleichzeitig beschwor man in der Monatsschulung »Europa als Schicksalsgemeinschaft«, es folgten die Themen »Der Kampf um das Reich«, »Der totale Krieg«, »Sicherung Europas« und, im Frühjahr 1943, auf drei Monate ausgedehnt, »Rassenpolitik«. Für das im Februar 1943 angeordnete Thema »Der totale Krieg«, zu dem kein Heft der »Schriftenreihe« erschien, sollten die »Führerproklamation« vom 20.1.43 und die Goebbels-Aufsätze »Der totale Krieg«, »Die Optik des Krieges« und »Der Blick nach vorn« herangezogen werden: »In diesem Zusammenhang sind auch die Vorschriften über die Kriegsdienstverpflichtung zu behandeln. Der Schwerpunkt hierbei ist jedoch auf die weltanschaulichen Motive der getroffenen und noch zu erwartenden Maßnahmen zu legen, die im Parteiprogramm ihre Verankerung finden«, ließ das HA Orpo verlauten.511 Vom 1.3.1943 ist ein Rundschreiben des Gebietsführers von Baranowitschi Leutnant Eibner an die Gendarmerieposten erhalten, das dokumentiert, wie die Anordnungen umgesetzt wurden: »In der Anlage übersende ich das Doppelheft ›Sicherung Europas‹ mit dem Ersuchen, das für den Monat März als weltanschauliche Schulung vorgesehene Unterthema ›Der zweite Weltkrieg – eine weltanschauliche Auseinandersetzung‹ als Schulungsthema durchzuführen. Die weltanschauliche Schulung ist wie folgt durchzuführen: 1. Gend.-Posten Stolpce am 3.3.43 2. Gend.-Posten Mir am 4.3.43 3. Gend.-Posten Baranowitschi am 10.3.43 4. Gend.-Posten Lachowitsche am 15.3.43
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5. Gend.-Posten Klezk am 23.3.43 6. Gend.-Posten Nieswisch am 25.3.43 7. Gend.-Posten Horoditsche am 30.3.43 Es ist dafür zu sorgen, dass das Schulungsheft dem nächsten Gd.-Posten alsbald zugestellt wird. Die Schulung ist von den Gend.-Postenführern durchzuführen.«512
Als Materialgrundlage hatte der KdO ergänzend Leuschners Buch »Nationalsozialistische Fremdvolkpolitik« verschickt. Leuschner war Reichsschulungsbeauftragter des Rassenpolitischen Amtes. In seinem Buch befasste er sich mit den Grenzen der »Umvolkungsfähigkeit« der Polen: Nur assimilierte, nicht »umgevolkte Deutschstämmige« seien »rückdeutschungsfähig, Fernziel nationalsozialistischer Fremdvolkpolitik müsse daher »die restlose Entfernung des größten Teils der Polen aus dem Reich« sein. Über den Polen schrieb er: »Die sklavische Gesinnung des Polen verlangt, dass er jederzeit den Herrn fühlen muß, wenn er zufriedene Arbeit leisten soll«, über die Völker der Sowjetunion äußerte er nur, »dass sie niemals für uns umvolkbar sind«, und generell warnte er vor den Gefahren geschlechtlicher Vermischungen mit »Fremdvölkischen«. Die Schrift sollte den deutschen Polizisten einen Leitfaden für den Umgang mit den »Fremdvölkischen« an die Hand geben und wurde deshalb auch in großer Zahl verbreitet, die Angehörigen der Schuma-Bataillone sollten sie allerdings nicht erhalten.513 Leutnant Eibner hatte den Auftrag, das flache Land seines Gebiets von Juden zu »befreien«, er hatte daraufhin im August 1942 rd. 1000 Juden durch seine Männer erschießen lassen.514 Ihm unterstanden etwa 70 Männer, die auf den verschiedenen Außenposten eingesetzt waren, im Schnitt kamen 10 Männer auf einen Gendarmerie-Posten. Den Gebietsführern war 1941 außerdem je ein motorisierter Gendarmeriezug aus 30 bis 40 Mann zur Unterstützung beigestellt worden. Die Anweisungen und Materialien zur weltanschaulichen Schulung gingen stets auch an die Gendarmeriezüge, die wie die Gendarmerie insgesamt einen wesentlichen Anteil an der Judenvernichtung in Weißrussland hatten.515 Sie gingen auch an die jeweils in der Region stationierten Einheiten des Polizeiregiments I/23 und I/24, das heißt die uns schon bekannten PB 83 und 307. Sie waren 1942/43 an zahlreichen Unternehmen zur »Partisanenbekämpfung« beteiligt, denen große Zahlen von Juden zum Opfer fielen. Beide erhielten, während sie an der Vernichtung der Juden von Baranowitschi teilnahmen, auch Goebbels Artikel »Seid nicht allzu gerecht!« Ähnlich verlief die Entwicklung in der Ukraine. Erste Hinweise auf einen Schulungsbetrieb stammen vom Februar 1942, als der BdO Ukraine den Versand der Schriftenreihe des HA Orpo an alle Offiziere ankündigte; das vom 18.2. datierte Schreiben weist im Briefkopf eine Abteilung »WE« beim BdO aus.516 Ab April 1942 gab diese Abteilung das Mitteilungsblatt Gruppe B für die Ukraine heraus. Verantwortlich war der Polizeischulungsleiter beim BdO Ukraine Major Hans Cremer, vorher Lehroffizier für »NS-Lehre« bei der Schutzpolizei Frankfurt/M. Für die ersten Hefte der »Mitteilungsblätter« verfasste Cremer selbst einen kurzen Überblick über die Geschichte der Ukraine, selbstverständlich aus einer »neogermanischen« Perspektive, die die
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frühen Leistungen der Ostgoten mit der Gründung eines »blühenden Handels- und Agrarlandes« hervorhob, das bereits im 4. Jahrhundert vom »überraschenden, ungeheuren Anprall der Hunnen« überrannt worden und im 13. Jahrhundert weiteren Zerstörungen durch Mongolenhorden anheimgefallen sei; später seien Polen und Russen gefolgt. Erst das nationalsozialistische Deutschland habe der Ukraine durch den Sieg über den Bolschewismus die Befreiung gebracht. In diesem Stil wurden danach auch ausführliche Abhandlungen für die Schutzmannschaften geschrieben.517 Die Mitteilungsblätter Gruppe A und B waren, so die Anweisung des BdO, nach Eingang innerhalb einer Woche im Dienstunterricht zu behandeln: »Der Dienstvorgesetzte veranlassst, dass der Inhalt in geeigneter Form vorgelesen und, soweit erforderlich, durch anschliessende Aussprache geklärt und vertieft wird.«518 Ab Mai 1942 brachte Cremer darüber hinaus Informationsblätter für die Tagesschulung heraus; sie wurden wöchentlich versandt und waren zu Beginn des Dienstunterrichts zu verlesen. Die Informationsblätter lieferten propagandistisch aufbereitetes Wissen zur Einordnung des politischen und militärischen Geschehens, gaben aber auch Antworten auf grundlegende Fragen wie zum Beispiel in der Ausgabe vom 29.5.1942: »Wie verhält sich das deutsche Volk der einheimischen Bevölkerung im Osten gegenüber?« Der deutsche Polizist müsse der ukrainischen Bevölkerung als Repräsentant des ganzen deutschen Volkes gegenübertreten: »Kraft seines rassisch besonderen Volkstums hat er das im eroberten Land rassisch mindere Volk zu führen. Er hat die Verpflichtung, als Führer dieses minderen Volkes deutsches Herrentum im edelsten und wahrsten Sinne des Wortes zu verkörpern…. Eine feste, innere nationalsozialistische Haltung muss dieses Herrentum auszeichnen, damit seine Urteilskraft eine gesunde, seine Taten dann aber zum Nutzen und Frommen des deutschen Volkes sind. – Ein deutsches Herrentum im Gebiete der bisherigen Ukraine, das einst zu Sowjetrussland gehörte, wird aber auch rein äusserlich sich herausheben und auf sich bedacht sein müssen. Das zum Teil sogar asiatisch bestimmte Polenvolk und die ihrer Veranlagung nach zu einem gewissen Quietismus (Bequemlichkeit) neigenden Ukrainer werden niemals jemand anderen als Herren anerkennen, der niedere oder nicht für einen Herren geartete Arbeit verrichtet. Der Herr bestimmt und gibt Anleitungen, aber er wird sich nicht dazu herablassen – besonders nicht mit Juden und Polen – dieselbe Verrichtung zu tun.«519
Im Verhältnis zu den Ukrainern wollte man allerdings andere, mildere Maßstäbe gelten lassen als gegenüber Polen und Juden, die vor und während des Krieges »gemeinsam Tausende von unschuldigen deutschen Frauen und Kindern in bestialischer Weise« hingemordet hätten; die Ukrainer hätten sich an solchen Gewalttaten nicht beteiligt und seien im Grunde ein friedliebendes Volk.520 Dennoch wurden auch Ukrainer vertrieben. So plante man zum Beispiel ähnlich wie im Raum Zamosc südlich von Shitomir eine Musterbesiedlung mit Volksdeutschen (»Hegewald«), für die annähernd 15 000 Ukrainer weichen mussten. Zum Schutz der volksdeutschen Siedler wurden Hilfspolizisten aus dem volksdeutschen Selbstschutz rekrutiert, die in mehreren Selbstschutz-Schulen für ihre Aufgaben ausgebildet wurden.521
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Die Lieferungen der »Abt. WE« deckten mit der »Schriftenreihe«, den »Mitteilungsblättern« und den »Informationsblättern« den gesamten Bedarf für die Monats-, Wochen- und Tagesschulung ab. Zusätzlich wurde spätestens ab Herbst 1942 auch der »Völkische Beobachter« laufend an alle Gendarmerieposten verschickt. Das Schulungsmaterial ging samt Anweisungen auch regelmässig an die Einheiten des Polizeiregiments 11, das heißt die PB 304, 315, 320 und 33, die dem BdO Ukraine zur Verfügung standen. Alle Bataillone waren in Massenmorde in der Ukraine involviert. Das PB 320 war an den Massakern von Kamenmez-Podolsk im August und Rowno im November 1941 beteiligt, denen etwa 23 000 und 15 000 Juden zum Opfer fielen, in Rowno waren auch Angehörige der PB 33 und 315 beteiligt, das PB 33, das sich hauptsächlich aus lettischen Volksdeutschen zusammensetzte, wirkte erneut an der Ermordung von etwa 5000 Juden in Rowno im Juli 1942 mit.522 Die Informationsblätter vom 29.5., die die Herrenrolle und rassische Überlegenheit der deutschen Besatzer herausstrichen und auf angeblich von Juden begangene »bestialische Morde« hinwiesen, werden von den Bataillonsangehörigen sicher mit Genugtuung aufgenommen worden sein. Mitte Juli 1942 leistete das PB 33 Beihilfe zur Ermordung der in Rowno verbliebenen Juden durch Angehörige des SD und ukrainischer Schutzmannschaft. Das Informationsblatt des Polizeischulungsleiters befasste sich daraufhin mit der »nationalpolitischen Notwendigkeit des Sieges«: Es gehe um eine »gigantische weltanschauliche Auseinandersetzung«, und eine Niederlage hätte nicht nur den »Zusammenbruch des nationalen Lebens«, sondern die Vernichtung der eigenen Existenz zur Folge. Ein anderes Informationsblatt vom Juli 1942 stimmte auf den Partisanenkampf ein und gab Goebbels’ Ausführungen über den sowjetischen Soldaten wieder, dem echte Tapferkeit abgesprochen und stattdessen eine bloß »stumpfe« und »animalische Zähigkeit« attestiert wurde.523 Um umgekehrt deutscher Tapferkeit ein Ruhmesdenkmal zu setzen, rief der BdO zur Mitarbeit an den Mitteilungsblättern auf und forderte, Berichte einzusenden, die »Erlebnisse der Polizei im Einsatz und Kampf um die Erweiterung des Deutschtums in der Ukraine« festhalten, »frisch aus dem Leben heraus«, ehe sie »im Tempo dieser stürmischen Zeit verblassen«. Eine Liste beispielhafter Themen zeigt, was gewünscht war – Geschichten von soldatischem Heldenmut und Berichte, die die deutsche Polizei zeigen, wie sie »mit ordnender Hand helfend in das vorgefundene Chaos« eingreift und entschlossen allen Feinden entgegentritt: »1.) 2.) 3.) 4.) 5.) 6.) 7.) 8.) 9.) 10.)
Die deutsche Polizei rückt in die Ukraine ein. Der deutsche Aufbau in der Ukraine. Ein Jahr polizeilicher Einsatz in der Ukraine. Polizeiregiment am Feind. Die Feuertaufe. Das Polizeibataillon Y greift ein. Polizei im Kriegseinsatz. Aus dem Kriegstagebuch einer Kompanie. Polizeibataillon ›Z‹ als ›Deutsche Wehrmacht‹. Meldefahrer Schrock.
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11.) Ein Polizeifunker erzählt. 12) Die Nachrichtentruppe im Einsatz. 13.) Mit dem MG in Feuerstellung. 14.) Meine Erlebnisse bei der Bandenbekämpfung. 15.) Von Partisanen überfallen. 16.) Auf Verbrecherjagd.« usw.524
Im Vordergrund standen die militärischen Aufgaben der Sicherung und »Partisanenbekämpfung«. Als im Juni 1942 der KdG Shitomir die Errichtung einer »Gendarmerie- und Schutzmannschule« in Korosten befiehlt, wird für die Ausbildung das Training »ordentlicher Körperhaltung« als »Grundlage der Manneszucht« betont, insbesondere aber die »Ausbildung in kleinen Kampfgruppen«: »Ich denke dabei insbesondere an die Durchführung von Untersuchungen, den Kampf mit Banden und die Verteidigung der Postengebäude verbunden mit Angriffshandlungen. Dabei ist besonderer Wert auf gezielte Schüsse [zu legen] – nur gezielte Schüsse haben Wert …«525 Beipielhaft in dieser Hinsicht auch das folgende Programm der Dienstversammlung des Gendarmeriegebietes Wassiljewitschi für den 1.9.1942: »8.00-9.00 Bekanntgabe wichtiger Bestimmungen 9.10-10.-30 Weltanschauliche Schulung 10.45-11.45 Vortrag: Richtlinien über Partisanenbekämpfung 11.50-13.00 Einzelausbildung gem. HDV oder Gefechtsausbildung bezw. Leibesübung anschließend Kameradschaftsstunde.«526
Nicht anders sah, um nur ein anderes Beispiel zu nehmen, der Plan für die Gendarmeriedienstversammlung in Korosten am 19.7.1943 aus: 8.00-10.00 10.00-12.00 12.00-14.00 14.00-15.00 15.10-16.00
Schulschießen Ausbildung und taktische Übung Mittagspause Bekanntgabe von Befehlen Weltanschauliche Schulung527
Für den weltanschaulichen Unterricht war der SS- und Polizeigebietsführer für Korosten zuständig. Worum es inhaltlich ging, wissen wir nicht, nur dass es sich um eine Fortsetzung des schon im Juni behandelten Themas handelte – vermutlich ging es um das Thema »Rassenpolitik«, das nach der Folge der »Schriftenreihe« zu dieser Zeit auf dem Plan stand. Im Februar 1943 wurde auch in der Ukraine das Thema »Der totale Krieg« behandelt. Leuschners Schrift über »nationalsozialistische Fremdvolkpolitik« scheint hier etwas später zur Verteilung gekommen zu sein als in Weißrussland, denn Cremer versandte erst im Juni 91 Exemplare; gleichzeitig gingen die Broschüren über Frick und Himmer an die Dienststellen und Einheiten. Im Juli 1943 kam die Schrift »Der Offizier als Führer im Kampf gegen die feindliche Propaganda« zum Versand, danach das Heft »Der Weg der NSDAP« aus der Schriftenreihe für die
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nächste Monatsschulung, Anfang September kündigte der BdO die Broschüre »Politische Erziehung in der Roten Armee« an.528 Für August/September 1943 lassen sich eine Reihe kultureller Aktivitäten und Angebote nachweisen. Ab Ende Juli tourte die polizeieigene Spielgruppe »Münchner Kindl« durch die Ukraine, mit 15 Wachtmeistern und einer bayrischen Kapelle, die für »bunte Unterhaltung« sorgten. Im August kamen vier Filme zur Vorführung: »Deutsche Waffenschmieden«, »Mit versiegelter Order«, »Lustiges Hundevolk« und »Nanette« – politische Beeinflussung und seichte Unterhaltung schlossen sich nicht aus, sondern ergänzten einander.529 An einem Einsatz »musischer Komponenten« in der Schulung und Truppenbetreuung schien ein erhöhter Bedarf zu bestehen, denn im September 1943 versandte der BdO die »Dienstanweisung für Singeleiter« des Hauptamtes Orpo vom November 1941 an die Polizeibataillone, mit ergänzenden Erläuterungen des Polizeischulungsleiters, der zu diesem Zeitpunkt immer noch Major Cremer gewesen sein dürfte. Den Aufgaben des Singeleiters, so Cremer, werde nicht immer das nötige Verständnis entgegengebracht, man dürfe ihn nicht nur nach seinen musikalischen Fähigkeiten betrachten, sondern müsse in ihm viel mehr sehen: »Der Singeleiter ist die rechte Hand des Formationsführers in der haltungsmäßigen Ausrichtung der Einheit.« Zu seinen Aufgaben gehöre außer der Pflege des Marschgesangs die Organisation der Feier- und Freizeitgestaltung, das Üben von Rezitationen und Chormusik, gegebenenfalls könne er auch die Verwaltung der Bücherei, der Unterhaltungsspiele und Karten übernehmen. Vor allem sollte er für eine positive Motivation sorgen: »Je länger der Krieg dauert und je mehr seine Auswirkungen das Volk in seiner Gesamtheit berühren, desto mehr muß auf die haltungsmäßige Ausrichtung der Truppe Gewicht gelegt werden. Der Singeleiter selbst muß ein Vorbild in seiner Haltung sein. Er ist der Propagandist der nationalsozialistischen Haltung seiner Einheit.«530
III.3. »Einheimische« Polizei und »Schutzmannschaften« III.3.1. Rassisch-völkische Abstufungen Da das Potential an volksdeutschen Kräften zumeist schnell erschöpft war, waren die Deutschen in allen besetzten Ländern auf die Zusammenarbeit mit der einheimischen Polizei angewiesen. Dies galt besonders für Osteuropa, wo schon die Weite des zu beherrschenden Raums unlösbare Personalprobleme für die deutsche Besatzungsverwaltung aufwarf.531 Da man sich der Loyalität der Polizeibeamten in diesen Ländern nirgends sicher sein konnte, war man auch hier bestrebt, möglichst viele Polizisten aus den besetzten Ländern nach einer sicherheitspolizeilichen Überprüfung durch Propaganda und Schulung für den Nationalsozialismus und den Kampf an deutscher Seite zu gewinnen. Die Schulungscurricula und -materialien, die man für die deutsche Polizei erarbeitet hatte, waren mit ihrer
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Akzentuierung von Rassenkunde und deutscher Geschichte für diese Aufgabe allerdings nur begrenzt geeignet. Während etwa bei Norwegern und Niederländern als »Stammesgleichen« nur geringfügige Akzentverschiebungen in den geschichtlichen Teilen erforderlich schienen und man sie mühelos als rassenverwandte »Brüder« für das »Großgermanische Reich« meinte in Anspruch nehmen zu können, indem man lediglich bei der rechten Bewusstseinsbildung etwas nachhalf, gestaltete sich die Aufgabe, auch die slawischen Völkern zu Bundesgenossen zu machen, weit schwieriger. Der Verweis auf die Geschichte war hier wenig überzeugend, bedeutete dies doch die freiwillige Unterwerfung unter den massiv nach Osten ausgreifenden Herrschaftswillen des Deutschen Reichs; noch mehr galt dies für die nationalsozialistische Rassenlehre, die diese Unterwerfung noch biologisch fundierte. Wichtigster Anknüpfungspunkt war deshalb, die Angst vor einem vermeintlich noch größeren Übel zu schüren, nämlich den »jüdisch-bolschewistischen Feind«, der das europäische »Abendland« insgesamt bedrohte und jede Perspektive kultureller, ethnischer und politischer Eigenständigkeit zunichte machen würde – zumindest dafür gab es in Ansätzen einen realen zeitgeschichtlichen Erfahrungshintergrund, vor allem in den baltischen Ländern und in der WestUkraine. Die Nationalsozialisten waren an der Entstehung unabhängiger Nationalstaaten zwar auch nicht interessiert, vermochten aber doch bei vielen Akteuren, die zur Zusammenarbeit bereit waren, vage Hoffnungen in diese Richtung zu wecken. Eine wichtige Konsequenz für die Schulungsarbeit war, dass sich in Osteuropa das »vollständige Curriculum«, das die Polizei von der SS übernahm und das ihre Verschmelzung mit der Elite verhieß, schon deswegen verbot, weil die »rassischen« Voraussetzungen bei den Adressaten fehlten. Damit entfiel auch die vermeintlich »wissenschaftliche« (rassenbiologische und geschichtswissenschaftliche) Fundierung. Stattdessen gab es nur unvollständige Curricula, deren Zusammenstellung sich aus rein pragmatischen und taktischen Überlegungen ad hoc ergab und in denen sich »Schulungsinhalte« und Propaganda vermischten, jedenfalls weit stärker vermischten, als dies für die deutschen Dienststellen und Verbände galt.532 Je niedriger der »rassische Wert« eines Volkes oder einer ethnischen Gruppe eingeschätzt wurde, desto mehr trat die »propagandistische Aufklärung« an die Stelle der eigentlichen »Schulung«, auch wenn der Begriff gelegentlich weiter verwendet wurde. Die Dialektik solcher propagandistisch verkürzter Schulung war, dass ihre Wirkung oberflächlich blieb und weit davon entfernt war, auch bei den »Ostvölkern« jene »innere Revolution« zu bewirken, die man sich bei der deutschen Polizei und SS und ihren germanischen Bundesgenossen erhoffte. Sie konnte daher auch nur oberflächliche Bindungen schaffen, die sich auflösen mussten, sobald das Kriegsglück die deutschen »Herren« verließ. Etwas vereinfacht und verallgemeinernd lässt sich die rassische Hierarchie so darstellen, dass auf der einen Seite die »germanischen Verwandten« standen, wie Niederländer und Norweger, aber auch die »eigentlich« deutschen Verwandten in Luxemburg, Elsass und Lothringen, auf der Gegenseite die slawischen Völker, dazwischen standen etwa Romanen und Balten. Unter den »Ostvölkern« gab es starke Differenzierungen: Eine Sonderrolle spielten die Esten, die man wegen eines großen Anteils
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»nordischer Typen« schon fast zu den germanischen Völkern rechnen konnte, danach kamen die Letten, die ebenfalls noch als vergleichsweise »rassisch wertvoll« angesehen wurden, während man von den Litauern eher eine schlechte Meinung hatte. In der Mitte befanden sich die Weißruthenen und die Ukrainer, die zwar als zurückgeblieben, aber als gutartig und leicht lenkbar, zum Teil auch als deutschenfreundlich galten; vor allem in der Westukraine stieß man auch auf eine hohe Kooperationsbereitschaft. Am unteren Ende der Hierarchie standen Polen und Russen – Polen, weil sie sich aufgrund der angeblichen Massaker an Volksdeutschen als besonders deutschfeindlich gezeigt hatten, Russen, weil das Zerstörungswerk der »jüdisch-bolschewistischen« Führungsschicht im russischen Volk am weitesten vorangeschritten war. Rassenanthropologisch waren die Völker Osteuropas hauptsächlich durch die »ostische« und »ostbaltische« Rasse geprägt. Die von Günther, Clauss und Lenz bestimmte Rassenlehre sprach diesen Rassen die Fähigkeit zu schöpferischen kulturellen und staatlichen Leistungen ab – Clauss führte den Begriff des »Enthebungstypus« ein und meinte damit Menschen, die von jeder Verantwortung für ihr Leben »enthoben« sein wollen und sich lieber von anderen, dazu geeigneten Rassentypen, und das waren an erster Stelle die »Norder« (der »nordische Leistungstyp«), führen lassen möchten. Die Rassenlehre bereitete damit den Boden für die eklatante Fehleinschätzung der Widerstandskräfte der »Ostvölker«. Hitler und Goebbels selber waren der Überzeugung, der sowjetische Staat würde innerhalb weniger Monate wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen, wenn man nur rasch die jüdisch-bolschewistische Führungsschicht beseitigte. In der slawischen Bevölkerung sahen sie mehr oder weniger nur eine formlose Masse regierungsunfähiger, leicht zu beherrschender »Untermenschen«.533 Diesen Vorstellungen entsprachen differenzierte Schulungskonzepte und Curricula. In den polnischen Westgebieten, die dem Reich eingegliedert wurden, galt es, die dort lebende deutschstämmige Bevölkerung, von der ein großer Teil bereits »verpolonisiert« war, möglichst vollständig für das »Deutschtum« zurückzugewinnen und zu »germanisieren«. In unserem Kontext betraf das die volksdeutsche Hilfspolizei: Für sie kam nur das »vollständige« Curriculum in Frage, die Lehrgänge unterschieden sich daher nicht nennenswert von den Anwärterlehrgängen im Reich. Die Kriterien der Abstammung und Eindeutschungsfähigkeit wurden durch die »Deutsche Volksliste« (DVL) festgelegt. Wo die Abstammungsverhältnisse unklar waren, kamen rassenanthropologisch ausgebildete »Eignungsprüfer« des Rasse- und Siedlungshauptamtes zum Zuge, die durch Vermessungen und Inaugenscheinnahme eine Zuordnung zu Rassentypen vornahmen und entschieden, ob mit der Aufnahme in die Deutsche Volksliste ein rassenbiologischer Gewinn oder eine Schwächung für das Deutsche Volk zu erwarten war. Dazu kamen erbgesundheitliche Überprüfungen. Aufgrund dieses Verfahrens konnten im Einzelfall auch beispielsweise Polen ohne nachgewiesene deutsche Abstammung in die DVL aufgenommen werden, wenn sie ein entsprechend noch positiv gewertes Rassenbild aufwiesen. Nach den Einstellungsrichtlinien sollten Polizeianwärter immer auch »SS-fähig« sein, d.h. sie sollten wenigstens ähnliche Kriterien einer rassischen Auslese erfüllen wie die SS. Die Grenze wurde in der SS zwischen »nordisch-fälisch-dinarisch« und »ostischostbaltisch« gezogen:
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RuS-Gruppen: a) rein nordisch/fälisch b) überwiegend nordisch/fälisch mit sehr geringen Beimengungen anderer Rassengruppen c) ausgeglichener Mischling nordisch/fälisch/dinarisch mit sehr geringem Einschlag anderer Rassen a, b, c = SS-fähig d) ostisch/ostbaltisch; unausgeglichene Mischlinge e) außereuropäischer Blutseinschlag
Die »Rassenwertung« floss zusammen mit einer Beurteilung des Körperbaus und der Erbgesundheit in eine »Sippenwertung« ein: Familien-/Sippenwertung: I sehr guter Körperbau; rein oder überwiegend nordisch/fälisch II ausgeglichener Mischling mit wesentlichen nordisch-fälisch-dinarischen Anteilen = volle SS-Zugehörigkeit III+ Mischling: überwiegend westisch/ostisch/ostbaltisch mit deutlicher Beimengung nordisch-fälisch-dinarischer Anteile III Mischling: überwiegend westisch/ostisch/ostbaltisch mit schwacher Beimengung nordisch-fälisch-dinarischen Anteilen; nicht rückdeutschungsfähig = Waffen-SS nur für Kriegsdauer IV überwiegend ostisch/ostbaltisch, unharmonischer Mischling, erblich belastet IVF Mischling mit außereuropäischen Rassenanteilen/Fremdrassige = rassisch unerwünscht
Danach wurden sogenannte harmonische Mischlinge mit überwiegend ostischen oder ostbaltischen Anteilen, aber nordisch-fälisch-dinarischen Beimischungen (III) auch in die Waffen-SS aufgenommen, jedoch nur für die Dauer des Krieges.534 Im Protektorat wurde zum Beispiel zwischen September 1942 und Januar 1943 eine rasssische Musterung der Protektoratspolizei nach dieser Klassifizierung durchgeführt, die folgendes Ergebnis erbrachte:535 I 1,4%
II 30%
III+ 3,8%
III 37,3%
IV 20,7%
IVF 1,8
Ähnliche Untersuchungen gab es auch im besetzten Polen und in den besetzten Gebieten der Sowjetunion. Diese Differenzierungen erlaubten es SS und Polizei, »fremdvölkische« Soldaten und Polizisten zu rekrutieren, ohne die selbst gestellten Ansprüche, eine rassische Auslese zu sein, aufgeben zu müssen: Wer den Kriterien nicht entsprach, wurde trotzdem genommen, aber nur für die Dauer des Krieges. Wo es zweckdienlich war, war man bereit, die Kriterien noch weiter aufzuweichen und auch Angehörige der Wertungsklasse IV aufzunehmen.536 Den Betroffenen selbst dürfte dies in vielen Fällen gar nicht bekannt gewesen sein. Als Himmler im Juni 1944 eine Meldung des RSHA erreichte, in der von einem »ukrainischen SS-Mann« die Rede war, stellte er klar:
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»Es muß richtig heißen: ›ein in Waffenverbänden der SS dienender Ukrainer‹. Ich bitte darauf zu sehen, dass in allen Meldungen sowie in amtlichen und nicht amtlichen Äußerungen vermieden wird, für die vielen Angehörigen fremden Volkstums, welche wir heute unter dem Befehl der SS organisieren, die uns so teure und hochstehende Bezeichnung ›SS-Mann‹ zu verwenden.«
Folgerichtig ordnete etwa das RSHA im Dezember 1944 an, »fremdvölkische« Hilfskräfte der Polizei im baltischen Raum – hier ging es um Angehörige der estnischen, lettischen und litauischen Kriminalpolizei –, die man mit der Uniform der Sipo und des SD ausgestattet hatte, und die jetzt »im Zuge der Rückführung« im »Reichsgebiet« erschienen, müssten diese Uniformen jetzt wieder ablegen, im Reich sei die Erlaubnis zum Tragen der Uniform nicht mehr vertretbar.537 Ausgenommen von diesem Erlass waren die geschlossenen Formationen, die man zu diesem Zeitpunkt noch brauchte. Eine relativ einfache Differenzierung wurde in der Polizei mit der Unterscheidung von volksdeutscher Hilfspolizei und fremdvölkischer Schutzmannschaft gefunden. Die Bezeichnung »Polizei« sollte im Prinzip Deutschen bzw. Volksdeutschen vorbehalten bleiben.538 Angehörige der Hilfspolizei konnten, wenn auch zumeist nur auf Widerruf, in den Rang eines »vollwertigen« deutschen Polizisten aufsteigen, wenn sie die erforderlichen Kriterien erfüllten, entsprechende Lehrgänge, insbesondere den Anwärterlehrgang absolviert und sich im Einsatz bewährt hatten. Der »Schuma« blieb dies verwehrt. Aus Schuma-Bataillonen gingen zwar auch Divisionen der Waffen-SS hervor, sie hatten aber im Prinzip nur den Status »nicht-ordensfähiger« fremdvölkischer Verbände.539 Allerdings gab es für die »Bewertung« und Einstufung in der Waffen-SS und Polizei keine ganz eindeutigen Richtlinien, und vermutlich bestanden auch noch keine klaren Vorstellungen darüber, wie mit den rekrutierten Einheiten nach dem Krieg zu verfahren sei. Klare Zuordnungen waren auch dadurch erschwert, dass sich rassische und völkische Kategorien überlagerten und nicht immer eindeutig voneinander unterschieden wurden. Hitler selber hatte in einem seiner Tischgespräche geäußert, es gebe keine einheitliche »slawische Rasse«, vielmehr wiesen die verschiedenen Völker des Ostens unterschiedliche rassische Einschläge und Beimengungen auf, zum Beispiel »mongolide« oder »dinarische«: »Bei allen Eindeutschungsmaßnahmen dürfe man demnach nicht von irgendwelchen abstrakten Sammelbegriffen ausgehen, sondern müsse sich in jedem Einzelfall überlegen, ob der Einzudeutschende einer Rasse angehöre, die verbessernd in unser Volkstum hineinwachsen könne, oder aber ob er Merkmale einer Rasse zeige, die sich bei einer Vermischung mit deutschem Blut ebenso wie die jüdische negativ auswirke.«540
Himmler traf in dieser Hinsicht im März 1942 eine Klarstellung der Begriffe »artverwandt« und »stammesgleich«, die auch den Polizeibehörden mitgeteilt wurde und in die Schulungsarbeit Eingang fand:541
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artverwandt: a. deutsch und stammesgleich (= germanisch): germanische Völker und eindeutschungsfähige nicht germanische Völker mit vorwiegend nordisch-fälischem Blut; b. nicht-stammesgleich: alle nicht-germanischen Völker Europas: Slawen, Romanen, Kelten, Balten. artfremd: Juden, Zigeuner; Mongolide, Negroide etc. (= nicht-arisch).
In diesem Rundschreiben wurde zwischen Rassen (»nordisch, fälisch«) und Völkern (Germanen, Slawen) unterschieden. Damit wurde auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Eignungsprüfer des RuSHA etwa unter Polen, d.h. Slawen, die keine deutschen Abstammungsverhältnisse nachweisen konnten, gelegentlich auch »nordisch-fälische Rassetypen« fanden, die als »eindeutschungsfähig« galten. Eignungsprüfer des RuSHA fahndeten z. B. im Warthegau nach »rassisch wertvollen Polensippen«, die von der Vertreibung oder Deportation in den Warthegau ausgenommen und zu »eindeutschungsfähigen Schutzangehörigen« deklariert wurden.542 In der Praxis nahm man bei der Polizei jeden, der die formalen Voraussetzungen erfüllte und für die ihm zugedachten Aufgaben »brauchbar« erschien. Nicht-»SSfähige« Volksdeutsche wurden für die Dauer des Krieges als Hilfspolizisten eingestellt, »fremdvölkische« ehemalige Beamte der einheimischen Polizei wurden als »Schutzmannschaftsangehörige« in der Regel übernommen, wenn sie entsprechend qualifiziert waren und keine sicherheitspolizeiliche Bedenken vorlagen. Der Sprachgebrauch war allerdings uneinheitlich. Die Bezeichnung »Schutzmannschaften« wurde durchgängig für die Polizei verwendet, die im Bereich der BdO Ostland und Ukraine übernommen wurde, also für die estnische, lettische, litauische, weißruthenische und (ost-)ukrainische Polizei, während die einheimische Polizei in den eingegliederten Gebieten Polens und im Generalgouvernement mal als Hilfspolizei, mal einfach nur als »polnische Polizei« bezeichnet wurde. Für die »Schutzmannschaften« und die polnische Polizei gab es in der Regel nur ein mehr oder weniger stark reduziertes Curriculum. Vollends unübersichtlich wird das Bild dadurch, dass die Übergänge etwa zwischen Polen mit deutschen Abstammungsverhältnissen (also »Volksdeutschen«) und solchen ohne deutsche Vorfahren fließend waren und eine klare Abgrenzung eine Fülle von Problemen aufwarf – wie viele deutsche Vorfahren genügten für die Anerkennung? Wie sollte man mit Mischehen und Mischlingskindern verfahren? Dazu kam, dass sich beide Gruppen auch »äußerlich« oft nicht unterscheiden ließen, zumal viele, wenn nicht die meisten Volksdeutschen nur wenig oder gar kein Deutsch sprachen und längst »polnisch sozialisiert« waren. Es kam nicht selten vor, dass bereits als Volksdeutsche anerkannte Polen oder Umsiedler aus der Sowjetuion nach einer erneuten Überprüfung durch die Experten des RuSHA wieder als fremdvölkisch »ausgemustert« wurden.543 Generell war man bemüht, sowohl »volksdeutschen« als auch »polnischen« Polizisten und Polizeianwärtern Kenntnisse der deutschen Sprache zu vermitteln. Aber da man auf deutscher Seite davon ausging, bei den Volksdeutschen auf mehr Unterstützung und Loyalität zu stoßen, während die Polen generell stets suspekt blieben, konzentrierten sich die
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Anstrengungen darauf, volksdeutsche Anwärter durch Fortbildungsmaßnahmen, vor allem Sprachkurse »einstellungs- und dienstfähig« zu machen. Mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache bei volksdeutschen »Hipos« und »einheimischer« Polizei waren ein Dauerproblem in allen besetzten Ländern, das auch der weltanschaulichen Schulung und der »politischen Aufklärungsarbeit« Grenzen setzte. Zur Konfusion trug bei, dass die Besatzungsverwaltungen in den Ländern zum Teil ganz gegensätzliche sprachenpolitische Konzepte verfolgten. So sollte etwa in den annektierten französischen Gebieten und in Luxemburg der Gebrauch der französischen Sprache im Zuge der »Entwelschung« eingeschränkt, in den eingegliederten Ostgebieten die polnische Sprache zurückgedrängt und am Ende überhaupt untersagt werden. Im Warthegau etwa wurde die polnische Sprache in allen Schulen offiziell verboten, polnische Lehrer sollten durch deutsche Lehrkräfte ersetzt werden, für die Kinder sollte es aber nur einen stark reduzierten Deutschunterricht geben – ein Deutsch ohne Grammatik, gerade ausreichend, um deutsche Arbeitsanweisungen und Kommandos zu verstehen, aber als »Untermensch« kenntlich zu sein. Deutsch wurde zur Amtssprache erklärt. Ein generelles Verbot der polnischen Sprache erwies sich jedoch schnell als unrealistisch. Nicht minder unrealistisch war allerdings die Anordnung des Gauleiters Greiser, dass »diejenigen Deutschen in den Ostgebieten, die unbedingt mit Polen verkehren müssen, die polnische Sprache zu erlernen haben. Von dieser Seite wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Führer von vornherein eine Germanisierung, wenn sie auch nur sprachlich und äußerlich sei, abgelehnt hat, dass es in keiner Weise notwendig ist, dass der Knecht die Sprache des Herrn verstehe, wohl aber umgekehrt.«544
Unter den aus dem Altreich abgeordneten Polizeibeamten dürften aber nur sehr wenige mit polnischen Sprachkenntnissen gewesen sein – in den meisten Fällen musste man sich der Hilfe von Dolmetschern bedienen, die man so weit es ging aus den Reihen der Volksdeutschen rekrutierte.545 Etwas realistischer war die Politik im Generalgouvernement, wo an den Volksschulen wiederum nur die polnische Sprache und kein Deutsch-Unterricht zulässig war, Deutsch-Kurse aber auf Druck der Wirtschaft an polnischen Berufsschulen sowie für Polen, die bei deutschen Verwaltungsstellen tätig waren durchgeführt wurden. Hier akzeptierte man ein »polnisches Unterführtertum«, und hier wurde auch Wert darauf gelegt, dass polnische Polizisten möglichst über Deutschkenntnisse verfügten und Deutsch-Kurse besuchten.546 Die polnische Polizei war gehalten, laufend ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, und die Dienststellen hatten laufend über Fortschritte diesbezüglich Bericht zu erstatten (s. u.). Noch schwieriger waren die Verhältnisse in der Ukraine und Weißruthenien. In all diesen Gebieten, wo es nur kleine Minderheiten Volksdeutscher gab, von denen viele selber erst noch deutsch lernen mussten, war man auf die Hilfe von Dolmetschern angewiesen. Dies galt besonders für den politisch-weltanschaulichen Unterricht, für den es an übersetzten Schulungsschriften fehlte und den man nur in die Hände verlässlicher, nationalsozialistisch ausgerichteter Personen legen konnte.
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Generell war es den deutschen Verwaltungsstellen aber klar, dass die Erwartung einer raschen Ausbreitung der deutschen Sprache illusorisch war, zumal es überall an geeigneten Lehrern mangelte. In Weißruthenien war daher das Erlernen der weißruthenischen Sprache durch deutsche Beamte und Angestellte der Zivilverwaltung erwünscht, in der Ukraine wurde es allen dort längerfristig tätigen Beamten zur Pflicht gemacht. Größere Hoffnungen hatte man hingegen bezüglich der baltischen Staaten: Das Erlernen der Landessprachen sei hier nicht erforderlich, teilte das Ostministerium mit, weil damit zu rechnen sei, dass der größte Teil der Bevölkerung schon bald deutsch sprechen werde. Der Deutsch-Unterricht wurde daher auch in den Schulen stark gefördert.547 Im Generalgouvernement, der Ukraine und Weißrussland dagegen sollte die deutsche Sprache aus dem Schulunterricht verschwinden, jede höhere und Hochschulbildung wurde untersagt: Der einheimischen Bevölkerung sollte »die Sphäre der Macht buchstäblich unverständlich« gemacht werden.548 In Ostgalizien wiederum, der West-Ukraine, die nach dem Russland-Feldzug dem Generalgouvernement angeschlossen wurde, blieb nicht nur ein Teil der höheren Bildungseinrichtungen bestehen, an Volksschulen und Gymnasien wurde auch ein Unterricht in Deutsch als erster Fremdsprache für die ukrainische Bevölkerung eingeführt.549 Vor diesem Hintergrund ergaben sich unterschiedliche Konzepte und Praxisformen der weltanschaulichen Schulung. In den dem Reich angegliederten Westgebieten wurden, wie wir sahen, Umschulungslehrgänge für ehemalige Beamte durchgeführt, denen das »vollständige Curriculum« für deutsche Polizeianwärter zugrunde lag. Dies signalisierte den Willen und die Bereitschaft von deutscher Seite, sie als »vollwertige« Polizeiangehörige mit der Perspektive der Übernahme ins deutsche Polizeiwesen anzuerkennen. Trotzdem verlief die »Integration« nicht reibungslos, wie wir am Beispiel Luxemburgs sahen. Anfang 1944 veröffentlichte das SS-Hauptamt »Richtlinien für die weltanschauliche Erziehung von Elsässern«, in denen sie eine »indirekte Methode« und ein vorsichtiges Vorgehen empfahl. Die Elsässer seien von »fremder«, d.h. französischer »Geistesmacht im Denken und Fühlen geprägt«, und man müsse »den verschütteten Quell des völkischen Bewusstseins dieses rein deutschen Stammes behutsam, aber sicher wieder öffnen.« Man dürfe sie nicht kränken oder herabsetzen; die Behandlung der wichtigsten Fragen der Rassenlehre sei zwar notwendig, der Rassegedanke sei ihnen aber noch fremd und müsse ebenso wie Religions- und Kirchenfragen »taktvoll« behandelt werden. In der Schulung müssten zwei Aufgaben im Vordergrund stehen: 1. eine Darstellung der Geschichte des Elsass im Rahmen der Geschichte des Reichs – das Elsass sei immer schon »germanisch« gewesen, es gebe keinen Unterschied zu Baden, die französische Prägung sei »naturwidrig«. 2. Die »Hinführung zum neuen Europa«, der Platz des Elsass in der »europäischen Neuordnung«. Diese Neuordnung beinhaltete eine neue Gesellschaftsordnung, nämlich den »wahren Sozialismus Hitlers«, den »deutschen revolutionären Sozialismus in seiner europäischen Ausbreitung«. Für diese neue Ordnung müsse der Kampf gegen die »drohende Versklavung der Menschheit im Zwangsstaat der jüdischen Weltherrschaft« geführt werden; hinter dem Bündnis von Bolschewismus und (amerikanischer) Plutokratie stecke das Weltjudentum.550
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In Norwegen errichtete man 1941 ein Ausbildungssystem für die Polizei nach deutschem Vorbild. In der Festung Kongsvinger wurde eine Polizeischule in einem Schulungszentrum errichtet, das gleichzeitig für die Ausbildung der norwegischen Polizei und die germanische SS »Norge« diente. Hier wurden durch deutsche Polizeioffiziere und norwegische Lehrer dreimonatige Kurse nach deutschem Muster durchgeführt, Ausbildungsinhalte waren Waffenkunde, Polizeikunde, nationalsozialistische Weltanschauung sowie Länderkunde und deutscher Sprachunterricht. Der erste Kurs begann am 1. Juli 1941. Als Ausbilder wurden auch Angehörige des PB 251 herangezogen, das während dieser Zeit in Norwegen stationiert war. Das Bataillon war zuvor als Ausbildungsbataillon für Anwärter der Polizei in Deggingen aufgestellt und anschließend nach Norwegen kommandiert worden; es wurde 1943 zum »Bandenkampf« im Osten eingesetzt und war dort unter anderem an der Vernichtung des Ghettos von Bialystock beteiligt. Ab Mitte 1942 konnten die Polizeischüler in Kongsvinger auch von den praktischen Erfahrungen der Männer des PB 9 profitieren, das zuvor an der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in der Sowjetunion mitgewirkt hatte und, nachdem es 1940 schon einmal für grenzpolizeiliche Aufgaben in Norwegen stationiert gewesen war, jetzt wieder zurückkehrte. Die norwegische Ordnungspolizei arbeitete mit der Gestapo bei der Verhaftung der norwegischen Juden 1942 zusammen. Polizeiminister Jonas Lie hatte bereits im Herbst 1941 auf einer »Studienfahrt« zur EG D mit Aufenthalt an der Ostfront die Methoden der Einsatzgruppen kennenlernen können. Lie entwickelte die Zielvorstellung, dass alle Polizisten mindestens 6 Monate Fronterfahrungen machen sollten. Eine norwegische Polizeikompanie wurde auch im September 1942 an der Seite der Norwegischen Legion an die Front bei Leningrad geschickt. Anfang 1943 wurde eine zweite Polizeikompanie aufgestellt; nach zwei bis drei Wochen militärischer Grundausbildung kam sie zur weiteren Ausbildung zunächst nach Sennheim im Elsass. Sennheim fungierte als zentrales Ausbildungslager für die »germanische SS«, der Schwerpunkt der Ausbildung lag auf sportlichen Übungen und weltanschaulicher Schulung. Ein norwegischer Teilnehmer erinnerte sich später daran, dass unter anderem Prof. Hans F.K. Günther aus Freiburg zu Vorträgen herüberkam.551 Ähnlich enge Verbindungen bestanden auch zwischen SS und Polizei in den Niederlanden. Der Lehrgang für holländische Polizeioffiziere, der noch Anfang 1945 in Fürstenfeldbruck stattfand, thematisierte in der »NS-Lehre« unter anderem die »germanischen SS-Verbände«.552 Die SS unterhielt eine eigene Schule in Avegoor, geleitet von dem Volksschullehrer und Erziehungswissenschaftler Dr. Alfons Brendel. Hier fanden hauptsächlich sportliche, politische und weltanschauliche Lehrgänge für die niederländische SS statt, es wurden aber auch Lehrgänge für niederländische Angehörige des SD und der Polizei durchgeführt. Brendel erarbeitete sich einen Ruf als exzellenter Erzieher und wurde 1943 vom HSSPF Rauter auch mit der »Lenkung und Beratung der Schulung der niederländischen Polizei« beauftragt. Er legte »Programm, Schulungsstoff und Methode« der Schulungsarbeit fest und wirkte an der Herausgabe eines Schulungsblatts für die Polizei mit.553 1944 fanden in Avegoor daraufhin mehrere Lehrgänge für Angehörige der niederländischen Polizei statt. Das Ausbildungslager beteiligte sich auch selber an polizeilichen Maßnahmen, so etwa
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am Einsatz des Sicherheitsdienstes während eines Streiks im Mai 1943: »Der Einsatz im Rahmen der Bekämpfung von Untergetauchten, Juden und Schwarzhändlern hat wertvolle Ergebnisse gezeitigt«, schrieb Brendel in seinem Jahresbericht – Theorie und Praxis waren eng miteinander verbunden. Die gesamte niederländische Polizei war im Mai 1940 dem HSSPF Den Haag Albin Rauter unterstellt worden. An ihrer weltanschaulichen Ausrichtung wirkte unter anderem das Bremer PB 105 mit, dem während seiner Stationierung in den Niederlanden drei niederländische Polizeikompanien zugeordnet waren.554 Neben den regulären Polizeieinheiten wurden auch Hilfspolizeiverbände unter der Bezeichnung »Landwacht Niederlande« gebildet, die 1943 teilweise in ein Regiment der Waffen-SS umgewandelt wurden und von denen einige Dokumente zur weltanschaulichen Schulungsarbeit erhalten sind.555 In den Niederlanden befanden sich zwei der vier Lehrbataillone bzw. Polizeiwaffenschulen, die Polizeiwaffenschule III in Den Haag und IV in Maastricht. Die Polizeiwaffenschule IV diente als Ersatzeinheit für das deutsche Personal, vor allem als Ausbildungsstätte für volksdeutsche Unterführer in Schuma-Bataillonen.556 Die SS-Schule Avegoor war Teil eines umfassenden »germanischen Ausbildungssystems«, das die »Germanische Leitstelle« des SS-Hauptamtes betrieb. Neben eigenen Schulen in den vier »Hauptländern« Niederlande, Belgien, Dänemark und Norwegen bestand ein Ausbildungslager im elsässischen Sennheim, das als zentrale Grundausbildungstätte für den gesamten »germanischen Nachwuchs« fungierte. An der Junkerschule Tölz wurden »germanische Führerlehrgänge« der Waffen-SS durchgeführt, und in Hildesheim richtete die »Germanische Leitstelle« mit dem »Haus Germanien« eine ergänzende politische Führerschule ein.557 Die »Germanische Leitstelle« des SS-HA brachte ab 1941 ein eigenes »Germanisches Leitheft« für die »germanische SS« heraus, das als Schulungsunterlage auch an die Einheiten und die Dienststellen der Polizei ging; es erschien bis 1944 (zuletzt unter dem Titel »Germanische Reihe«) in einer niederländischen, flämischen, dänischen, norwegischen und 1944 auch estnischen Ausgabe. Dass in dieser Aufzählung auch eine estnische Ausgabe war, überrascht etwas, doch gab es innerhalb des SS-Hauptamtes eine starke Tendenz, die Esten als »Germanen« zu vereinnahmen; denn eine »Germanisierung« der Esten erschien wegen eines besonders hohen Anteils »rassisch wertvoller« Menschen als aussichtsreich. Die Esten gehörten zwar als baltisches Volk nicht zu den germanischen Völkern, nach Auskunft des SS-Hauptamtes dominierten in Estland aber die nordische und die ostbaltische Rasse, der Anteil »rein nordischer oder nordisch bestimmter Menschen« sei sogar »ungefähr so groß« wie in Deutschland.558 Die Esten wurden als einziges der Ostvölker in die Reihen der germanischen SS aufgenommen. Auf Vorschlag Gottlob Bergers wurde schon 1942 eine estnische Abteilung in der Germanischen Leitstelle eingerichtet, eine Gruppe von Estland-Schweden konnte das Ausbildungslager Sennheim besuchen, ein estnisches Kontingent wurde in das III. (germanische) SS-Panzerkorps aufgenommen und estnische Offiziere nahmen an den Lehrgängen für germanische Offiziere in Tölz teil – damit waren sie auch in das vollständige Curriculum der Junkerschule einbezogen.559 Allerdings mahnte das SS-Schulungsamt in seinen »Richtlinien für die weltanschauliche Erziehung der Esten« 1944 und Anfang 1945, sie seien nur mit Vorsicht zur germa-
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nischen Idee zu erziehen und es fehle ihnen auch am nötigen Verständnis für den nationalsozialistischen Umgang mit der Judenfrage, weil es bei ihnen wegen der geringen Zahl an Juden eine solche Frage praktisch nicht gegeben habe. Die weltanschauliche Erziehung müsse an die vorhandenen antibolschewistischen Einstellungen anknüpfen und die Notwendigkeit des Kampfs an deutscher Seite gegen den »völkermordenden Bolschewismus« herausstellen; anders als in der Sowjetunion würden »die kleinen Völker« Europas unter deutscher Führung ihr Lebensrecht bewahren. Ziel der weltanschaulichen Erziehung sei deshalb »Liebe und Vertrauen zu Adolf Hitler als dem obersten Befehlshaber auch der estnischen SS-Verbände, dem Führer des Reiches und Retter Europas« zu wecken. Ein zweiter Schwerpunkt der Erziehungs- und Schulungsarbeit müsse die Beschäftigung mit der estnischen Geschichte sein. Man dürfe auch nicht sozusagen mit der Tür ins Haus fallen und alle Esten umstandslos zu Germanen erklären, weil man in Estland damit die Angst vor einer »Germanisierung«, d.h. Eindeutschung und damit den Verlust ihrer Sprache und ihrer kulturellen Eigenständigkeit verbände. Man müsse hier behutsam vorgehen: »Sie sind also nur mit großer Vorsicht zur germanischen Idee zu erziehen«. Zwar sei es notwendig, die wichtigsten Fragen der Rassenlehre zu behandeln, man müsse dabei aber stets den gesamteuropäischen Fragenkomplex im Auge behalten und durch »taktvolle Behandlung« vermeiden, dass ihr eigenes Wertgefühl verletzt wird. Der Este weise Charakterzüge des nordischen Bauern auf, dazu zählten Einsatzbereitschaft und Tapferkeit, aber auch ein ausgeprägter Individualismus. Führer, Unterführer und sonstiges deutsches Ausbildungspersonal müssten psychologisch entsprechend geschult werden.560 Himmler konnte sich während eines Besuchs der Unterführerschule Posen-Treskau im Januar 1943 bei Inaugenscheinnahme einer Gruppe von 54 estnischen Unterführern selber überzeugen: Die Männer machten einen guten Eindruck auf ihn, rassisch seien sie von Deutschen nicht zu unterscheiden. Man müsse nur sofort mit Sprachunterricht und weltanschaulicher Erziehung beginnen: »Ich bin nämlich überzeugt, wenn wir einmal herankommen, werden wir sie auch restlos gewinnen … Die Esten gehören wirklich zu den wenigen Volksstämmen, die wir ohne eigenen Schaden nach Ausscheidung ganz geringer Teile mit uns verschmelzen können. Die weltanschauliche Erfassung ist auch wichtig, da dieses Volk sonst ausstirbt.«561
Himmler hatte bereits 1942 von Hitler die Zustimmung zur Aufstellung einer estnischen Legion erhalten. Der estnischen Legion wurden zwei Deutschlehrer und ein WE-Führer zur Verfügung gestellt, dem ein eigener Dolmetscher beigegeben wurde, außerdem kündigte das SS-FHA 1943 eine Frontzeitung und ein SS-Leitheft in estnischer Sprache an, darüber hinaus wurden für Esten ähnliche politische Lehrgänge in Erwägung gezogen, wie sie für germanische Freiwillige durchgeführt wurden. Aber auch die nicht-Waffen-SS-Tauglichen in den Schuma-Bataillonen sollten bevorzugt behandelt werden und etwa »das grüne Polizeituch« erhalten; die »guten und tauglichen« Offiziere und Unteroffiziere könnten »im Endziel gesehen« ins Führerkorps sowohl der Waffen-SS als auch der Polizei übernommen werden.562 Noch Anfang
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1945 fand an der SS-Grenadier-Schule Kienschlag bei Prag ein Lehrgang für estnische Offiziere der Waffen-SS statt.563 Der oben erwähnte Erlass des RSHA vom Dezember 1944, der auch von Angehörigen der estnischen Kriminalpolizei im Reich verlangte, Uniformen bzw. Dienstgradabzeichen abzulegen, lässt allerdings vermuten, dass es selbst bezüglich der Esten wohl keine vollständige Klarheit über ihre »rassische« Zugehörigkeit gab. Hinweise auf eine Teilnahme von Esten an den politischen Kursen im Haus Germanien fanden sich nicht, und bei den Esten, die an den Lehrgängen in Sennheim teilnahmen, handelte es sich tatsächlich um »EstlandSchweden«, d. h. Schweden, die nach Estland ausgewandert waren.564 Neben Esten wurden auch Letten als »rassisch wertvoller« angesehen als andere »Ostvölker«. Das fand zum Beispiel seinen Ausdruck darin, dass nach Entscheid Himmlers 1943 »selbstverständlich die estnischen und lettischen Frauen, die ins Reich kommen, nicht wie die anderen Frauen aus dem Osten behandelt werden dürfen«, und das Verbot des Geschlechtsverkehrs von und mit Esten und Letten in Deutschland aufgehoben wurde – nicht jedoch für Litauer: »Die Litauer sind ein Volk, dass sich dermassen schlecht benimmt und auch solch einen schlechten rassischen Wert besitzt, dass eine Aufhebung nicht berechtigt und nicht gerechtfertigt ist.«565 Ähnlich wie im Falle Polens wurde auch hier »Widersetzlichkeit« und mangelnde Anpassungsbereitschaft rassenbiologisch umdefiniert. In Litauen scheiterte 1943 die Mobilisierung für die baltischen Legionen der SS, die man auf dem Weg über die Einführung einer allgemeinen Arbeitsdienstpflicht durchzuführen suchte; weniger als 20% der Einberufenenen folgten der Registrierungspflicht und erschienen zur Musterung. Als Strafmaßnahme wurden unter anderem die Universität Wilna geschlossen und Zwangsaushebungen für den Arbeitseinsatz angeordnet – ab Frühjahr 1943 kamen aus dem Baltikum im Wesentlichen nur noch Litauer zur Zwangsarbeit nach Deutschland.566 Experten des RuSHA untermauerten Himmlers Auffassung. Günther Holtz, ein Mitarbeiter des Rassenanthropologen von Eickstedt und Schüler des Tübinger Rassenbiologen Gieseler, deklarierte als Leiter einer rassenpolitischen Prüfungskommission mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Estland und Lettland, aber bestenfalls ein Drittel in Litauen für eindeutschungsfähig.567 Estnische und lettische Schutzmannschaftsbataillone wurden bevorzugt zur Unterstützung deutscher Bataillone in anderen besetzten Ländern Osteuropas eingesetzt und problemlos in Einheiten der Waffen-SS umgewandelt. Aus den Schuma-Bataillonen 24, 18 und 26 wurde Anfang 1943 eine lettische SS-Legion gebildet, aus der die »lettische Nr. 1« hervorging; eine zweite lettische Division der Waffen-SS entstand Anfang 1944 aus Schuma-Bataillonen. Noch im Januar 1945 wurde in der weltanschaulichen Erziehung das Versprechen einer künftigen staatlichen Selbständigkeit gegeben: »Ihr kämpft für die Wiederherstellung eines selbständigen Lettlands. Ihr kämpft für die Befreiung der lettischen Heimat, die nach dem deutschen Siege als selbständiger Staat erstehen soll.«568 Lettische Offiziere nahmen zusammen mit Esten, Wallonen und Franzosen an Lehrgängen der SS-Panzergrenadierschule Kienschlag und der Unterführerschule Laibach teil und erhielten dort 4 Wochenstunden weltanschaulichen Unterricht, und wie aus Estland wurden auch aus Lettland Angehörige der Sicherheitspolizei zur Fortbildung auf Lehrgänge an der Sipo/SD-Schule
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Fürstenberg geschickt. Der Posener Studienrat Dr. Lanz kam in einem Bericht für das Reichskommissariat Ostland über die rassische Zusammensetzung der Letten zu ähnlichen Erkenntnissen wie sie in Bezug auf die Esten bestanden, nämlich dass man es hauptsächlich mit einer nordisch-ostbaltischen Rassenmischung zu tun habe. Im SS-Hauptamt/Schulungsamt kam man 1944 in einem 16seitigen Exposé über »Die Letten« zum gleichen überraschenden Ergebnis: »Im ganzen nordischostbaltisches Rassengefüge. In Lettgallen mehr ostbaltisch-ostische Einschläge. Der nordische Blutsanteil entspricht dem des deutschen Volkes.«569 In einer Arbeitsvorlage des Schulungsamtes über »Schulungsthemen für lettische SS-Legion und Polizei« wird vor allem die wirtschaftliche, politische und kulturelle Überlegenheit des »deutschen Sozialismus« über den Bolschewismus hervorgehoben. Die Vorlage dürfte auf Hans-Willi Ziegler zurückgehen, der 1944 für die Herausgabe von Schulungschriften für »fremdvölkische Verbände der Waffen-SS« zuständig war. Ziegler, vor dem Krieg als Professor für »Jugend- und Charakterkunde« an der Hochschule für Lehrerbildung in Darmstadt tätig, leitete die Abteilung »Rassenpsychologie und Volkstumsforschung« des Amtes C 1 im SS-Hauptamt, das für die gesamte inhaltliche Ausgestaltung der weltanschaulichen Schulung in SS und Polizei zuständig war. In einem Aktenvermerk über »Schulungsarbeit bei den Letten« vom Juli 1944 empfahl er, einen Schwerpunkt auf soziale Themen zu legen, den deutschen Gedanken der »Volksgemeinschaft« herauszustellen und sich kritisch mit »Amerikanismus und Bolschewismus« auseinanderzusetzen: »In Abwehr amerikanischen und sowjetischen Massenmenschentums ist der Gedanke des Persönlichkeitswertes, der gemeinschaftsgebundenen schöpferischen Einzelpersönlichkeit als Schulungsthema geeignet.« Englands »europafeindliche Politik« und die Judenfrage seien zu behandeln, »das Reich« müsse als »Verteidiger der europäischen Kultur« und des »europäischen Bauerntums« herausgestellt werden. Weil das lettische Volk eine zu geringe Geburtenrate aufwies, sollten auch bevölkerungspolitische Fragen angesprochen werden. Auch der »Rassegedanke« dürfe nicht fehlen, müsse aber, wie im Falle der Esten, mit »Takt« behandelt werden, denn der Lette fühle sich gegenüber dem »Durchschnitt des deutschen Volkes rassisch nicht weniger wert«: »Völker anderer Rassenzusammensetzungen (Italiener, Spanier) werden aus unbewusstem Rassenstolz heraus abgelehnt. Hierin ähnliches Verhalten wie bei den skandinavischen Völkern. Gleichwohl will der Lette nicht Germane sein. Auch in Lettland ist der Begriff ›germanisch‹ zu vermeiden. Der nordische Gedanke wäre zwar ebenso vertretbar wie innerhalb des deutschen Volkes, ist aber aus Zweckmäßigkeitsgründen in der Schulung zurückzustellen.«570
Die Meinungen über den »rassischen Wert der Letten« gingen aber offenbar auseinander. Zwar stellte man eine lettische Legion auf, die Aufnahme in die Allgemeine SS aber wurde den Legionären verweigert.571 In der Amtsgruppe D des SS-Hauptamtes wurde Lettland nicht wie Estland in der »Germanischen Leitstelle«, sondern zusammen mit Litauen in der Hauptabteilung »Nordostraum« der »Freiwilligen Leitstelle für europäische nicht-germanische Völker« geführt. Und der Leiter der Abt. VI
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(Weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung) der »lettischen Nr. 1« berichtete im Mai 1944, in der Division werde zwar eine politische Schulung anhand von Informationsblättern betrieben, aber keine weltanschauliche Erziehung: »Eine weltanschauliche Ausrichtung kann nicht erfolgen, da bis zum heutigen Tag die Letten nicht zur germanischen Volksgruppe gezählt werden, obwohl sie immer wieder selbst betonen, dass sie weitaus mehr germanisches (deutsches) Blut in ihren Adern hätten als die Esten, die zu der Gruppe zählen.«572 Immerhin wurden die baltischen Bataillone aber besser besoldet als die ukrainischen.573 Keine Zweifel bestanden dagegen hinsichtlich der Einstufung der Polen. In den Richtlinien des SS-Hauptamtes »für das deutsche Rahmenpersonal in polnischen Einheiten der Waffen-SS« war über den »polnischen Volkscharakter« zu lesen: »Es haftet dem Polen jene ›Passivität des Sklaven‹ an, die Pilsudski beseitigen wollte. Wenn man an den strohbedeckten Häusern der polnischen Dörfer vorbeigeht, hat man den Eindruck eines lieblosen, ja fast absichtlich hässlichen Dorfes und einer von Menschenhand nur oberflächlich kultivierten Steppe…. Schönheit und Behaglichkeit seiner Wohnung kennt er nicht. Der deutsche Begriff Heimat ist den meisten Polen unbekannt, ebenso wie der breiten Masse der Begriff Vaterland fremd blieb. Die Zwiespältigkeit ist die Krankheit der polnischen Volksseele und des Nationalcharakters.«574
Unter solchen Voraussetzungen mussten die Möglichkeiten weltanschaulicher Schulung von vornherein sehr beschränkt bleiben. Wahrscheinlich ist, dass polnische Polizei überhaupt nur in Ausnahmefällen in die Schulungsarbeit einbezogen wurde. Die Anstrengungen von deutscher Seite konzentrierten sich stattdessen auf die Integration der volksdeutschen Hilfspolizei. Gegen Ende des Krieges wuchs die Bereitschaft zu größerer Flexibilität gegenüber den »Ostvölkern«. Aber selbst jetzt tat man sich noch schwer, sich von negativen Stereotypen, vor allem gegenüber Polen, zu lösen. 1944 dachte man in der Verwaltung des Generalgouvernements über eine Lockerung der restriktiven Bildungs- und Kulturpolitik nach, die Pläne kamen aber nicht mehr zum Tragen. Bevor das Generalgouvernement vor der heranrückenden Roten Armee geräumt werden musste, ließ Frank in Krakau noch Beethovens 9. Sinfonie aufführen – allerdings in getrennten Vorstellungen für Deutsche und Polen.575 Noch im April 1944 brachte der BdO Breslau ein Heft der »Mitteilungsblätter« heraus, in dem nach wie vor eine Grenze zwischen Polen und anderen Völkern des Ostens gezogen wurde. Denn die Polen seien »ausgesprochene Feinde des Reichs«, sie hätten 1939 fast 60 000 Deutsche ermordet »und würden es wieder tun«. Deshalb sei auch eine intensive Schulung und Erziehung im Umgang mit Polen nötig, um jede Vermischung abzuwehren, polnische Zivilarbeiter im Reich würden daher mit einem »P« gekennzeichnet.576 Deutlich freundlicher wurden die Ukrainer beurteilt, allerdings galt das nur für die Ukrainer Ostgaliziens, denn im Generalkommissariat Ukraine ließ sich der Generalkommissar Koch bekanntlich sehr abschätzig über die Bevölkerung aus und verfolgte eine Politik der Diskriminierung und De-Kulturation, die sich nicht von der in den polnischen Gebieten betriebenen Politik gegenüber den Polen unter-
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schied. Wie in den annektierten Gebieten Westpolens verbot ein Erlass vom Januar 1942 den Gebrauch der ukrainischen Sprache in den auf 4 Klassen reduzierten Volksschulen. Später ging man aber auch hier zu einer etwas pragmatischeren Politik über.577 Das SS-Hauptamt erarbeitete 1944 »Ausbildungsrichtlinien für die weltanschauliche Führung in den ukrainischen Einheiten der Waffen-SS und Polizei«, in denen die Heranbildung einer »volksverbundenen ukrainischen Führungsschicht« und die Ausbildung von Ukrainern als »Träger der Schulungsarbeit« vorgeschlagen wurde. Die Schulungsarbeit sollte sich auf die Themen »Das neue Europa«, Judentum, Bolschewismus und Amerikanismus konzentrieren; anknüpfend an den »natürlichen Judenhaß« der Ukrainer solle das Judentum als »geheimer Führer aller internationalen Mächte«, nämlich der Freimaurerei, des Kapitalismus und des Bolschewismus dargestellt werden. Geschichtliche Themen, Germanentum und Rassenkunde blieben in diesem Curriculum ausgeklammert. Als Schulungsschriften sollten neben den SS-Leitheften die offenbar inzwischen ins Ukrainische übersetzten Hefte der Schriftenreihe »Europa und der Bolschewismus« und »Amerikanismus eine Weltgefahr« sowie sechs in ukrainischer Sprache erschienene Hefte einer neuen Schriftenfolge des SS-Hauptamtes »Das neue Europa« zugrundegelegt werden. In der Schulung sollten »positive Kampfziele« betont, »weich machende Greuelschilderungen über den Bolschewismus« hingegen vermieden werden. Der Autor der Richtlinien schlug ein dreistufiges Verfahren vor: für »Mannschaften« genügten »einfache Beispiele« und die »Sprache der Tatsachen«, für Unterführer sollte schon etwas mehr Stoff vermittelt und die »Schlagfertigkeit in Streitgesprächen« gefördert werden, in der Führer-Schulung sollte »der ganze Inhalt« des Stoffs vermittelt und ebenfalls »die Ansichten in Streitgesprächen gefestigt« werden. Auf allen drei Ebenen sollten jeweils »die Besten« in »weiterführender Sonderschulung« gefestigt werden.578 Diese Konzepte aus dem SS-Hauptamt stammen aus dem letzten Kriegsjahr und dokumentieren die Bereitschaft zu einer größeren Flexibilität gegenüber den »Ostvölkern«. Dokumente von Mai/Juli 1944 aus dem Generalgouvernement – Distrikt Lublin – zeigen, dass hier mittlerweile kein Unterschied mehr in der weltanschaulichen Schulung und Betreuung zwischen deutscher und »fremdvölkischer« Polizei gemacht wurde. Während Ende 1943 etwa das WS-Sonderheft »Elsass und Lothringen – deutsches Land« den Schutzmannschaften noch vorenthalten wurde, vermutlich, weil man keine zusätzlichen Annexionsängste schüren wollte, gingen die Materialien für die Monatsschulung inzwischen unterschiedslos an die deutschen Dienststellen und die im Distrikt stationierten ukrainischen und litauischen Schuma-Bataillone, darunter auch die Hefte der »Schriftenreihe« – im Mai/Juni 1944 sollte erneut das Thema »Amerikanismus« behandelt werden –, der »Politische Dienst für SS und Polizei« und sogar der »Lehrplan für die weltanschauliche Erziehung in der SS und Polizei«.579 Allerdings wurde Lublin noch im Juli 1944 von der Roten Armee eingenommen, so dass diese Zugeständnisse zu spät kamen. Im Juni 1942 hatte das Hauptamt Orpo für die Schutzmannschaften der Generalkommissariate Ostland und Ukraine dagegen zwar eine »politische Betreuung« angeordnet, eine weltanschauliche Schulung und Erziehung jedoch ausgeschlossen –
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sie sollte der deutschen Polizei vorbehalten bleiben: »Ich weise besonders darauf hin, dass es sich dabei keinesfalls um eine weltanschauliche Schulung oder Erziehung handeln darf, sondern lediglich um eine einfache politische Aufklärung der unserem Volkstum und damit unserer Weltanschauung fremden Menschen.« Der BdO Ukraine präzisierte, es handle sich nicht um eine »Erziehung im nationalsozialistischen Sinn«. 580 »Schulung« also für Deutsche, Volksdeutsche und eine Auswahl »eindeutschungsfähiger« Polizeibeamter aus den eingegliederten Gebieten, propagandistische »Aufklärung« und »Betreuung« für die »fremdvölkischen Schutzmannschaften der Ostvölker«. 1944 war man im SS-Hauptamt jedoch bereit, den Schutzmannschaften mehr zuzugestehen und eine Ausbildung zuzulassen, die über eine propagandistisch verkürzte »politisch-aufklärende Unterrichtung« hinausging. Die Politik war aber auch vorher schon alles andere als konsistent. Das Schulungsverbot dürfte zum Beispiel für die Esten kaum noch aufrechtzuerhalten gewesen sein, als man wenig später die Esten in die Germanische Leitstelle aufnahm. Bereits im Mai 1942 führten Eignungsprüfer des RuSHA Musterungen von Ukrainern für »ein rassisch besonders gutes« Schuma-Bataillon durch; weitere Musterungen folgten in den nächsten Monaten in der Ukraine und im Baltikum. Himmler wünschte, jeweils die erste Kompanie eines Schuma-Bataillons aus einer Auslese SS-tauglicher Männer zu bilden und einem deutschen Offizier zu unterstellen. Der Chef des RuSHA Otto Hofmann beauftragte den RuS-Führer Richard Schill, zur »rassischen Vormusterung« der Schutzmänner drei Männer der Polizei anzulernen und zu Eignungsprüfern der Polizei auszubilden.581 Im Baltikum plante die SS, eine rassische Auslese von 2000 Männern aus den Schuma-Bataillonen auf deutsche Einheiten zu verteilen, um sie zu »germanisieren«; bis zum Februar 1943 waren 1093 Männer als SS-geeignet definiert worden.582 Ob es in diesem Zusammenhang zu differenzierten Unterrichtskonzepten und Curricula kam – wie etwa die »Ausbildungsrichtlinien für die weltanschauliche Führung in den ukrainischen Einheiten der Waffen-SS und Polizei« von 1944 nahelegen – und wie weit dies auch die Schutzmannschaften betraf, lässt sich nach dem jetzigen Kenntnisstand der Forschung nicht sagen. Resümierend lassen sich zwei Grenzziehungen festhalten: zwischen Schulung und Propaganda zum einen, zwischen einem mehr oder weniger »vollständigen« und einem reduzierten Schulungscurriculum zum anderen. Im reduzierten Curriculum fehlten in der Regel die Themenkomplexe »lebensgesetzliche Grundlagen« (Rassenkunde, Vererbungslehre, Bevölkerungspolitik), »Germanentum« und »deutschgermanische Geschichte« sowie die Geschichte der »Bewegung«; im Vordergrund stand »das neue Europa« und der Kampf gegen seine Feinde: Bolschewismus, Plutokratie und, als »verbindende Klammer«, das Judentum. Dies waren auch die vorherrschenden Themen in der »propagandistischen Aufklärung«, hier kam aber vor allem eine ehrfurchtgebietende Suggestion von deutscher Größe und Überlegenheit hinzu. Dazwischen waren Abstufungen in der Gewichtung der verschiedenen Themenkomplexe möglich, die sich unter pragmatischen und taktischen Gesichtspunkten ergaben. Während unter Ukrainern die Bewunderung für die Größe des Reichs genährt werden sollte, um identifikatorische Kräfte in ihnen zu wecken, schien für Polen eine Ausbildung zu genügen, die ihr zweckdienliches Funktionieren gewähr-
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leistete. Für lettische Einheiten war ein begrenztes Curriculum vorgesehen, das die Kenntnis der Feinde – Bolschewismus, Judentum, Amerikanismus – ins Zentrum stellte und den Kampf gegen sie mit der Perspektive eines selbständigen Lettlands verband, es schloß aber auch rassenkundlichen Unterricht nicht völlig aus, da man den Letten einen »ausgeprägten Rassestolz« konzedierte. Bei ukrainischen Einheiten dagegen blieben die Unterrichtsinhalte ganz auf die »Gegnerkunde« und »Das neue Europa« beschränkt. Von »Rassenstolz« war in den »Ausbildungsrichtlinien« des SS-HA »für die Weltanschauliche Führung in den ukrainischen Einheiten der Waffen-SS und Polizei« nicht mehr die Rede, wohl aber von einem »natürlichen Judenhaß«, an den es in der Schulungsarbeit anzuknüpfen gelte. Auch in der »Führung« der galizischen Freiwilligen wurden 1944 nur die militärische und wirtschaftliche Macht des Reichs, der Gegensatz zu Polen, die Befreiung durch Hitler und »Der Führer als Vorkämpfer für das neue Europa« behandelt. Als paradigmatisch können die Richtlinien für die »Erziehung der kosakischen Verbände« gelten. Darin empfahl das Schulungsamt, den »Rassegedanken« überhaupt nicht zu thematisieren, sondern nur den »Kontrast zum Judentum« aufzuzeigen; und: »An die Stelle rassischer Betrachtungen muß der durch geschichtliche Tatsachen erhärtete Gegensatz z. B. zum Asiatentum tatarischer Art oder zum Polentum und zum jüdischen Bolschewismus herausgestellt werden.« Vor allem müsse an die »Ideale von Freiheit, Ehre und Kampf«, die die ansonsten »artfremden« Kosaken mit dem Nationalsozialismus verbanden, angeknüpft und das »traditionelle Kämpfertum« hervorgehoben werden: »Wir dürfen auch niemals mit Fragen weltanschaulicher Art, die nur uns ansprechen, an ihn herantreten. Wir müssen in ihm ohne Berühung der Blutsfrage die wertvollen Eigenschaften ansprechen, die in jahrhundertelanger soldatischer Tradition zu seinen Charakterzügen und Idealen wurden.«583 Diese Eigenschaften galt es mit dem entsprechenden »Takt« für die eigenen Zwecke auszubeuten. Für die ganze Thematik bezeichnend ist, dass es auf einer Tagung des SS-Hauptamtes »zur Frage der politisch-geistigen Betreuung der SS-Fremdverbände« ausschließlich darum ging, die Schulungskräfte »mit Gedankengut und Materialien auszurüsten, die sie in Stand setzen, den SS-Fremdverbänden den europäisch-reichischen Gedanken vorzuführen.«584 III.3.2. Polnische und ukrainische Polizei im besetzten Polen In allen besetzten Ländern war die deutsche Polizei auf die Unterstützung durch einheimische Kräfte angewiesen. So bestand etwa im Generalgouvernement neben der deutschen Orpo eine polnische Polizei, die vor allem für die sicherheitspolitisch weniger relevanten Bereiche wie verkehrs- oder gewerbepolizeiliche Aufgaben, die Verfolgung von Kleinkriminellen, die Eintreibung von Strafgeldern, Zustellung von Zahlungsaufforderungen und dergl. zuständig blieb. Sie übernahm aber auch Aufgaben, die Teil der deutschen Repressionspolitik waren, wie die Sicherstellung von Abgabekontingenten, die Erfassung und »Zuführung« von Zwangsarbeitern oder die Fahndung nach Personen, die sich der Zwangsarbeit entzogen.585 Die polnische
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Polizei nahm zwar überwiegend nur nachgeordnete ordnungspolizeiliche Hilfsfunktionen unter deutscher Aufsicht wahr und erhielt deshalb auch nur eine »leichte« Bewaffnung, sie wurde aber bei größeren Aktionen als Hilfspolizei der Orpo hinzugezogen und arbeitete auch bei der Durchführung der Judenvernichtung mit den Deutschen zusammen, indem sie etwa an Razzien, Ghettoräumungen und Deportationen teilnahm und Absperrmaßnahmen durchführte. Für solche Aufgaben bekam sie auch Sondermunition zur Verfügung gestellt.586 Die polnische Polizei unterstand auf allen Ebenen jeweils deutschen Dienststellen. Im Herbst 1942 waren im Generalgouvernement neben 12 000 Angehörigen der deutschen Ordnungspolizei etwa ebenso viele polnische Polizisten beschäftigt; deren Zahl stieg von 12 000 im November 1942 auf 19 000 im Mai 1943 weiter an. Hinzu kamen 1500 bis 1800 ukrainische Polizisten, 3000 (überwiegend volksdeutsche) Hilfspolizisten, die als »Sonderdienst« nicht dem HSSPF sondern der Regierung des Generalgouvernements unmittelbar unterstanden, sowie 5000 Angehörige der Sipo, darunter wiederum 3000 Polen, die Hilfsdienste für die deutsche Sicherheitspolizei leisteten. Danach waren im November 1942 insgesamt etwa 34 000 Polizisten im Generalgouvernement beschäftigt.587 Die polnische Polizei setzte sich aus Polizeibeamten, die schon vor 1939 im Dienst waren und übernommen wurden, ehemaligen Soldaten der Kaiserlichen Armee des 1. Weltkrieges sowie Absolventen der von den Deutschen neu gegründeten Polizeischule Neu-Sandez zusammen. Für die Sicherheitspolizei wurde eine Schule in Bad Rabka errichtet, an der hauptsächlich Kräfte der deutschen Sipo und des SD ausgebildet wurden, daneben bestand aber auch eine eigene Abteilung für die Ausbildung polnischer Kriminalpolizei.588 Im Herbst 1940 wurde eine Schule für die ukrainische Hilfspolizei im Generalgouvernement in Chelm (polnisch Cholm) eröffnet, nach der Angliederung Ostgaliziens ans Generalgouvernement im Juli 1941 entstand eine eigene ukrainische Polizeischule in Lemberg, die am 1. Oktober 1941 ihren Betrieb aufnahm.589 Offiziere und Offiziersanwärter der ukrainischen Polizei Galiziens besuchten 2monatige Lehrgänge an der polnischen Polizeischule Neu-Sandez.590 Ostgalizien, das nach dem Hitler-Stalin-Pakt 1939 an die Sowjetunion gefallen war, wurde nach dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 nicht dem neu errichteten Generalkommissariat Ukraine, sondern dem Generalgouvernement angeschlossen. Für die Wohngebiete der ukrainischen Minderheit im Generalgouvernement hatte man schon Anfang 1940 begonnen, ukrainische Polizeistationen und eine eigene ukrainische Hilfspolizei aufzubauen; der polnischen Polizei war der Einsatz in diesen Gebieten untersagt.591 Im Raum Bialystok im nordöstlichen Polen, der zu Beginn des Krieges 1939 ebenfalls zunächst an die Sowjetunion gefallen war, war es im Sommer 1941 vereinzelt zu Pogromen an der jüdischen Bevölkerung gekommen, an denen auch polnische Hilfspolizei beteiligt war. Die Hilfspolizei rekrutierte sich hier anfangs noch aus Bürgerwehren und Milizen, die sich im Juni/Juli 1941 während des Machtvakuums nach dem Abzug der Roten Armee gebildet hatten, bevor sich eine funktionierende Polizei und Verwaltung etablierte, und die während dieser Übergangszeit auch Raubzüge und Morde begingen. Polnische Hilfspolizei war insbesondere für das durch
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ein deutsches Kommando aus Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst inspirierte Pogrom von Radzilow verantwortlich, bei dem etwa 400 Menschen umkamen. Das Ausmaß der Beteiligung der polnischen Polizei an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung ist aber insgesamt nur schwer zu beurteilen.592 Die Pogrome und Ausschreitungen während der kurzen Übergangszeit zu Beginn des Russland-Feldzuges waren zum Teil durch Massaker ausgelöst worden, die Angehörige des sowjetischen Geheimdienstes an politischen und »antisowjetischen« Häftlingen in den Gefängnissen begingen, bevor sie mit der Roten Armee abzogen. Da die Täter sich abgesetzt hatten und nicht mehr greifbar waren, richtete sich die Gewalt gegen Juden als vermeintliche Kollaborateure der Bolschewisten. Tausende deutscher Soldaten besuchten die Gefängnisse, und die deutsche Seite nutzte dies für eine »Leichenbergpropaganda« (Musial), die die Barbarei des Bolschewismus vor Augen führen sollte; dass auch Juden unter den Opfern des NKWD waren, verschwieg sie.593 Ähnlich wie die Exzesse von Polen gegen Volksdeutsche zu Beginn des Krieges 1939 wurden auch die Massenmorde des NKWD im Sommer 1941 propagandistisch ausgewertet und in die Schulungs- und »Aufklärungs«arbeit einbezogen. Die sowjetischen Verbrechen in Lemberg wurden zum Beispiel in den Wochenschauen des Juli 1941 gezeigt, die auch von Angehörigen der Polizeibataillone besucht wurden; die Darstellungen suggerierten, dass Juden für die Exzesse verantwortlich waren.594 Auch wenn man den Polen keine Verwaltungsautonomie zugestehen wollte, war man doch auf die Mitarbeit der bestehenden Verwaltung und Polizei angewiesen. Zwischen November 1939 und Februar 1940 wurde die Reorganisation der polnischen Polizei durch verschiedene Gesetze und Verordnungen geregelt. Die bisherige Polizei wurde in eine Gemeindepolizei umgewandelt; in den Städten und Landkreisen wurden eigene Kommandanten der polnischen Polizei eingesetzt, die den deutschen Stadt- und Kreishauptleuten unterstanden. Bei den Stadt- und Kreishauptleuten wurde die Position von Aufsichts- und Verbindungsoffizieren geschaffen, in deren Hand die »Führung und Leitung des gesamten Einsatzes der uniformierten polnischen Polizei« lag; zu ihren Aufgaben gehörte neben der Überwachung des laufenden Polizeidienstes auch »die ständige sorgfältige Beobachtung der politischen Zuverlässigkeit«, und ganz besonders die Beobachtung »des dienstlichen und außerdienstlichen Verhaltens« der polnischen Polizeioffiziere. Darüber hinaus waren sie auch für die Durchführung »derjenigen ordnungspolizeilichen Angelegenheiten« zuständig, »die durch die polnische Polizei nicht durchgeführt werden sollen oder können« – dies betraf vor allem das polizeiliche Vorgehen gegen Volks- und Reichsdeutsche. Den Aufsichtsoffizieren wurden Wachtmeister aus den im Generalgouvernement stationierten Polizeibataillonen oder aus den schon eingerichteten Abteilungen des Einzeldienstes zur Verfügung gestellt. Die Aufgaben der polnischen Polizei waren klar definiert; sie umfassten den »allgemeinen polizeilichen Dienst«: »Alle ordnungs-, sicherheits- und verkehrspolizeiliche Maßnahmen gegenüber der polnischen Bevölkerung, Markt- und Gewerbepolizei, Preisüberwachung, Regelung der Handhabung zur Verhängung gebührenpflichtiger Verwarnungen durch polnische Polizeibeamte.« Gegen Reichs- und Volksdeutsche durften nur deutsche Beamte vorgehen; Hauptaufgabe der deutschen Polizei des Einzeldienstes war je-
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doch die »Führung, Überwachung und Dienstaufsicht« der polnischen Polizei: »Der Einsatz der Schutzpolizei des Reichs erfolgt in erster Linie überlagernd, um die Tätigkeit der örtlichen polnischen Polizei zu überwachen.« Die Führer der Einzeldienstkommandos hatten die Dienstaufsicht über die polnische Polizei. Neben der Gemeindepolizei wurden gleichzeitig bei den Stadt- und Kreisdienststellen der polnischen Polizei besondere Abteilungen der Kriminalpolizei unter Leitung polnischer Kriminalbeamter eingerichtet; die Dienstaufsicht führte der BdS mit seinen nachgeordneten Dienststellen.595 Die polnische Polizei setzte sich zu einem großen Teil aus ehemaligen Polizeibeamten zusammen, die nach einer politischen Überprüfung wieder eingestellt wurden; einige Beamte hatten zuvor in der polnischen Armee, eine Reihe älterer Beamten hatten noch in der österreichischen oder deutschen Armee vor dem 1. Weltkrieg gedient. Daneben gab es aber auch eine große Zahl Neubewerber, die als Polizeianwärter angenommen wurden. Alle wurden einer politischen Überprüfung durch die Kommandeure der Sicherheitspolizei und des SD unterzogen. Sie hatte eine Erklärung über ihre rein arische Abstammung und, wie alle Angehörigen der staatlichen Verwaltung, folgende Verpflichtungserklärung abzugeben: »Ich verpflichte mich, in Gehorsam gegenüber der deutschen Verwaltung meine Dienstobliegenheiten treu und gewissenhaft zu erfüllen. An einem dem ehemaligen polnischen Staat oder seinen Organen oder einer politischen Organisation geleisteten Treu- oder Diensteid oder an eine entsprechende Verpflichtung halte ich mich nicht gebunden.«596
Ein Lagebericht des HA Orpo über das Generalgouvernements vom Januar 1941 äußerte sich zufrieden über die Arbeit der polnischen Polizei und hob ihre Kollaborationsbereitschaft hervor: Sie hätten sich auch bei Durchsuchungsaktionen, vor allem als »Erkunder« bei der »Bekämpfung des Bandenwesens« … »sehr geschickt, willig und diensteifrig« gezeigt. Trotzdem sei weiter eine strenge Beaufsichtigung notwendig. In einem Lagebericht vom Juni 1940 wird sogar ihre »wirtschaftliche Besserstellung« vorgeschlagen, weil die polnische Polizei eine große Zahl an »Blutopfern im Kampf mit Verbrechern und Banditen« gebracht und die deutsche Polizei wesentlich unterstützt habe.597 Viele Angehörige der polnischen Polizei wurden in den folgenden Jahren und noch 1944 befördert. Gleichwohl bestanden auf deutscher Seite stets Zweifel an der Loyalität der polnischen Polizei. Eine erste Gesamtüberprüfung im November 1941 erbrachte aber nur einen geringen Anteil von Polizisten, die als verdächtig angesehen wurden – der Anteil schwankte etwa im Distrikt Radom zwischen 3 und 8 Prozent. Nachdem sich Hinweise auf Verbindungen zur Widerstandsbewegung mehrten, begann 1943 erneut eine umfassende sicherheitspolizeiliche Überprüfung, die aber mit 6% ein ähnliches Resultat erbrachte. Der Berichterstatter schätzte den tatsächlichen Anteil jedoch erheblich höher ein; vor allem die Offiziere wurden skeptisch beurteilt.598 In einem Bericht des KdG Lublin vom März 1943 werden die polnische Polizei und vor allem die Polizeioffiziere als »vollständig unzuverlässig« bezeichnet; der Berichterstatter unterstellte, dass sie an der Vorbereitung von Aufständen aktiv mitgewirkt hätten und schloss deshalb: »Die poln. Pol.-Offz.
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sind m. E. sämtlich überflüssig und können im Reich einer anderen Beschäftigung zugeführt werden.«599 Zu Zweifeln gaben unter anderem auch wiederholte Meldungen Anlass, nach denen polnische Polizeiposten von »Banden« überfallen wurden und sich ohne Gegenwehr entwaffnen ließen. Die »nichtdeutsche Polizei«, schrieb der BdO Krakau im September 1943, stehe dem »Treiben der Banden« mit einer gewissen Gleichgültigkeit gegenüber und setze ihrer Entwaffnung zu wenig Widerstand entgegen. Die deutschen Dienststellen müssten sich deshalb um eine bessere Ausbildung bemühen und sich mehr der »aufklärenden Belehrung und taktischen Schulung sowie der Erziehung der nichtdeutschen Polizei zu taktisch richtigem Verhalten und Einschreiten bei Überfällen annehmen.«600 Es fällt auf, dass in diesem Schreiben des BdO nicht von Maßnahmen weltanschaulicher Erziehung oder Schulung die Rede war. Möglicherweise ist dies ein Indiz dafür, dass man auf deutscher Seite weltanschauliche Schulungsmaßnahmen für die polnische Polizei von vornherein als wenig aussichtsreich und sinnvoll erachtete. Hinweise auf eine wie auch immer geartete weltanschauliche Schulung der polnischen Polizei ließen sich bislang nicht finden. Eine Ausnahme stellt der bereits erwähnte Umschulungslehrgang dar, der 1940 in Kattowitz stattfand, und dem der gleiche Lehrplan wie für die volksdeutsche Hilfspolizei zugrunde lag. Ob es sich dabei um einen Sonderfall handelte oder ob es weitere solcher Lehrgänge gab, war nicht zu ermitteln; es könnte sich auch um eine Auswahl polnischer Polizeibeamter gehandelt haben, die als »eindeutschungsfähig« angesehen wurden.601 Im Allgemeinen dürften polnische Hilfskräfte aber kaum oder allenfalls am Rande in das weltanschauliche Schulungsprogramm einbezogen worden sein. Als 1942 die Frage aufkam, ob polnische »SHD-Leute« – Angehörige des Sicherheits- und Hilfsdienstes, die für Luftschutzaufgaben eingesetzt wurden – eine weltanschauliche Erziehung erhalten sollten, bat der Polizeipräsident von Sosnowitz in einem Schreiben an den IdO Breslau um eine Grundsatzentscheidung: »Bei diesen Männern müsste erst grundsätzlich entschieden werden, ob sie weltanschaulich geschult werden sollen. Wenn ja, so wäre es erforderlich, dass mit dieser Schulung eine Persönlichkeit betraut wird, die fließend polnisch spricht und die in der Lage ist, unser Gedankengut den Männern in geeigneter Form zu vermitteln. Wichtig wäre ein Herangehen an das Gedankengut des Nationalsozialismus von seinen ersten Anfängen an. Vielleicht bestünde die Möglichkeit, dass sich dann Männer finden, die sich erst einmal grundsätzlich überhaupt mit unserer Weltanschauung beschäftigen. In diesem Fall steht und fällt der Erfolg der Schulung mit der Persönlichkeit des Schulungsredners. Eine solche Persönlichkeit ist in den Reihen der Polizei nicht vorhanden.«602
Anlass des Schreibens war möglicherweise eine Beschwerde darüber, dass polnische »SHD-Leute« in der Unterkunft polnische Lieder gesungen hatten. Eine Antwort ist nicht überliefert, aber wie es scheint, wurde keine weltanschauliche Erziehung für die Polen organisiert, denn ein Kommandobefehl vom September 1942 ordnete zwar an, auch Angehörige der Luftschutzpolizei in die weltanschauliche Schulung einzubeziehen, jedoch nur, soweit sie Reichs- oder Volksdeutsche waren oder der Deut-
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schen Volksliste angehörten.603 Je zwei volksdeutsche Unterführer sollten nach einem weiteren Kommandobefehl des KdO Sosnowitz aus den Abschnittskommandos zur Ausbildung der SHD-Leute abgestellt werden; aber auch in diesem Befehl ist nicht von weltanschaulicher Schulung oder Erziehung die Rede: Passend zur allgemeinen Einstellung gegenüber Polen wurde von den Unterführern lediglich erwartet, dass sie die »Truppenausbildung« beherrschen und in der Lage seien, die Männer laufend zu kontrollieren und »zur Arbeit anzuspornen«.604 Aus Starachowice im Generalgouvernement ist ein Aktenbestand überliefert, der wenigstens in Ansätzen eine exemplarische Rekonstruktion der Ausbildung der polnischen Polizei erlaubt.605 Nachdem es auch hier zu Überfällen auf Polizeiposten gekommen war, wurden im Oktober 1943 dreitägige Lehrgänge für polnische Offiziere und Postenkommandanten durchgeführt. Die Teilnehmer erhielten eine »aufklärende und taktische Schulung« über das allgemeine Verhalten im »Kampf mit Banditen«, die Verteidigung einer Dienststelle etc. Solche Kurzlehrgänge wurden 1944 fortgesetzt. Polizeianwärter wurden zu zwei- bis dreimonatigen Anwärterlehrgängen auf die polnische Polizeischule Neu-Sandez (Novy Sącz) geschickt, die als zentrale Ausbildungsstätte für das Generalgouvernement fungierte. Lehrpläne der Schule sind, wie es scheint, nicht überliefert, aber die Ausbildung knüpfte offenbar an das hier schon vor dem Krieg bestehende Programm an, jetzt mit einem Schwerpunkt in militärischer Ausbildung und Vermittlung basaler deutscher Sprachkenntnisse.606 Der Unterricht wird jedoch, da die meisten Anwärter kaum deutsch sprachen, in polnischer Sprache abgehalten worden sein. Es ist anzunehmen, dass hier ähnlich wie im BdO-Bereich Ukraine und Ostland, zumindestens auch einige allgemein gehaltene Vorträge über das »neue Europa« und den »Kampf gegen den Bolschewismus« gehalten wurden. Der Unterrichtsbetrieb in Neu Sandez begann Anfang 1942; Ende 1943 lief bereits der 7. Lehrgang, die Teilnehmerzahlen lagen etwa beim 4. Lehrgang bei 210 Anwärtern. Insgesamt fanden 10 Grundausbildungskurse statt, darüber hinaus wurden Fortbildungskurse und zwei Lehrgänge für Offiziere der ukrainischen Hilfspolizei durchgeführt.607 1944 fanden zusätzliche militärische Lehrgänge für Anwärter ohne militärische Vorausbildung in Tschenstochau statt. Daneben fand ein laufender Unterricht im Rahmen der Dienstversammlungen und während des Dienstes durch die Postenführer statt. Ausbildungsrichtlinien aus den Jahren 1943 und 1944 sahen Waffenausbildung, polizeipraktische Ausbildungen in Taktik, Hausdurchsuchungen, Gefangenenfestnahme und dergl. sowie die Besprechung besonderer Vorkommnisse und die Bekanntgabe von Befehlen und Verordnungen vor; politisch-weltanschauliche Inhalte werden in den Richtlinien nicht genannt. Ähnlich lauteten die Richtlinien für die Dienstappelle, die beispielsweise in Kielce schon 1941 einmal die Woche von 8 bis 14 Uhr stattfanden und immerhin auch einen polizeifachlichen Unterricht vorsahen; hier am Beispiel des Landkreises Jedrzejow für den 14.3.41 verdeutlicht: Ausbildung: Exerzieren mit dem Gewehr; Schießstellung im stehenden Anschlag; Unterricht: Artikel des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung, Einsatz im Straßenverkehr u. ä.
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Anordnungen, Befehle und Besprechungen: Belehrung über sanitäre Anlagen; allgemeine Bemerkungen des Gendarmeriekreisführers und des Kreiskommandanten der polnischen Polizei.608
Ähnliche Berichte über Schulungsappelle in Jedrzejow sind vom April 1942 erhalten; sie dokumentieren Instruktionen über den Umgang mit Verdächtigen, Suchaktionen, Bewachungsaufgaben, allgemeine Verhaltensanweisungen und wiederum Salutieren, Schießübungen usw. – weltanschauliche Unterweisungen werden nicht erwähnt.609 Großer Wert wurde von Anfang an auf das Einüben von Disziplin gelegt – Kommandosprache, Exerzieren, Sauberkeit, vorschriftsmäßiges Grüßen, »korrekte Meldungen« usw.610 Im Juni 1943 wurden im Generalgouvernement rd. 12 000 Exemplare eines »Hilfsbuchs zur Ausbildung und Beschulung der polnischen Polizei« verteilt; dabei handelte es sich jedoch um ein »Hilfsbuch«, das weder vom HA Orpo noch von der SS herausgebracht, sondern für Volksdeutsche in der Wehrmacht geschrieben worden und daher militärisch ausgerichtet gewesen war.611 Ein zentrales Problem stellten die mangelnden Deutschkenntnisse der Polizisten dar, die einem weitergehenden Unterricht Grenzen setzten. Ein wichtiges Anliegen war, dass zumindestens die deutsche Kommandosprache beherrscht wurde. Darüberhinaus sollte auf der Polizeischule täglich ein zweistündiger Deutschunterricht erteilt werden; auf den Posten sollte der Unterricht fortgesetzt werden. Die Fortschritte im Erlernen der deutschen Sprache wurden laufend kontrolliert und festgehalten, Beförderungen wurden an entsprechende Fortschritte gebunden. Dennoch blieb dies ein dauerhaftes Problem. Im Distrikt Radom etwa waren zwei Drittel der Polizeiangehörigen weiterhin ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse. Die Beurteilungen fielen zumeist so aus, dass der Mehrheit der Polizisten ein gutes Dienstverständnis, aber mangelhafte Sprachkenntnisse attestiert wurde; vor allem bei älteren Polizisten waren oft keine Fortschritte zu verzeichnen.612 Die ukrainische Minderheit im Generalgouvernement wurde von der deutschen Besatzungsverwaltung, einer divide-et-impera-Politik folgend, generell besser beurteilt und behandelt als die polnische Mehrheitsbevölkerung.613 Zur Strategie dieser Politik gehörte es, ethnische Spannungen zu instrumentalisieren – so gestatte man zum Beispiel ukrainischen Hilfskräften, ehemals polnische Polizisten aus dem Dienst zu entlassen, und ukrainische Hilfspolizei wurde auch bei der Aufbringung von Polen zur Zwangsarbeit eingesetzt.614 Ukrainische Hilfskräfte in Ostgalizien wurden auch deutlich stärker in die Praxis der Judenverfolgung und -vernichtung mit einbezogen. Sie erhielten ab 1942 eine bessere Bewaffnung und wurden danach nicht nur bei Razzien und Absperrungen eingesetzt, sondern zunehmend auch als Exekutionspersonal herangezogen, um die deutsche Polizei zu entlasten. In Einzelfällen führten sie auch Exekutionen ohne deutsches Aufsichtspersonal durch.615 Ob sich die unterschiedliche Behandlung von polnischer und ukrainischer Polizei auch in einer anderen Ausbildungs- und Schulungspraxis niederschlug, ist unklar. Einige Wochendienstpläne, die vom Schutzpolizeikommando der ukrainischen Polizei in Lemberg erhalten sind, weisen keine Inhalte eines weltanschaulichen Unterrichts auf. Im
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Vordergrund stand neben körperlichen Übungen, Waffengebrauch und Exerzieren ein regelmäßiger Deutsch-Unterricht; gelegentlich gab es Belehrungen allgemeiner Art wie die »Behandlung des Dienstweges«, »Benehmen im In- und Außendienst« oder »Gefährdung der Manneszucht durch Trunkenkeit«.616 Auch hier gilt aber, dass nicht immer eindeutig zu unterscheiden ist, ob in den Akten von »nicht-deutschen« oder »volksdeutschen« Ukrainern die Rede ist. Weltanschaulicher Unterricht wurde aber offensichtlich auf den schulischen Lehrgängen erteilt. Für den Distrikt Lublin lässt sich die Errichtung einer Schule für die ukrainische Hilfspolizei nachweisen, die für die dort lebende Minderheit zuständig war. Fasst man polnische und ukrainische Polizei zusammen, so lag der Anteil der Ukrainer im Distrikt Lublin nach einer Aufstellung vom Juli 1940 mit 134 von insgesamt 1600 Hilfspolizisten bei 8%. Für eine Auswahl dieser kleinen Gruppe ukrainischer Hilfspolizei – Postenführer und Verbindungsmänner zu den deutschen Dienststellen – wurde im Juli 1940 ein Lehrgang von einem Monat Dauer in Rzeczyna (Kreis Hrubieszow) organisiert. Etwas später, im Oktober 1940 wurde in Chelm (polnisch Cholm) eine »Hilfsschule für die Ausbildung der Polizei der ukrainischen Volksgebiete« errichtet. Der erste Lehrgang begann am 2. November und dauerte sieben Wochen. Teilnehmer waren neu eingestellte und »noch unbeschulte« Ukrainer. Der Unterricht umfasste Waffen- und Schießausbildung, Polizeirecht, Strafrecht, Kriminalistik, Sprach- und Schreibunterricht, Körperschulung und weltanschaulichen Unterricht. Ausbildungsleiter und zugleich für die weltanschauliche Schulung zuständig war der Gendarmerieleutnant Weissmann. Weissmann wird den Unterricht mit Hilfe eines Dolmetschers durchgeführt haben.617 Für das nach dem Überfall auf die Sowjetunion dem Generalgouvernement angeschlossene Ostgalizien wurde im Herbst 1941 eine Polizeischule in Lemberg eröffnet. Die Schule war in den Räumen eines ehemaligen Waisenheims untergebracht. Hier wurden Anwärter der ukrainischen Hilfspolizei in Lehrgängen von drei Monaten Dauer auf ihre Aufgaben vorbereitet. Nach erfolgreicher Teilnahme sollten sie als Postenführer, stellvertretende Wachhabende etc. Verwendung finden. Vor Beginn der Lehrgänge fanden Vorprüfungen statt, die aus einem Diktat, einem kurzen Aufsatz und je einer Aufgabe aus den vier Grundrechnungsaufgaben bestanden und in ukrainischer Schrift und Sprache abgehalten wurden. »A special effort was made to inculcate the Nazi ethos into Ukrainian recruits.«618 Die Schule hatte rund 400 Schüler, Kommandeur war der volksdeutsche Major der ukrainischen Polizei Walter.619 III.3.3. Einheimische Polizei und »Schutzmannschaften« im Bereich der BdO Ostland und Ukraine Im besetzten Polen einschließlich des dem Generalgouvernement angeschlossenen Ost-Galizien hieß die einheimische Polizei mal »Hilfspolizei«, mal einfach nur »polnische Polizei«. Die Bezeichnung »Hilfspolizei« war sonst für volksdeutsche Hilfskräfte reserviert.620 In den ehemals sowjetischen Gebieten wurde dagegen übergrei-
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fend der Ausdruck »Schutzmänner« bzw. »Schutzmannschaften« verwendet.621 Ende Juli 1941 erließen Himmler, Heydrich und Daluege allgemein gehaltene Richtlinien zur Organisation der Polizei in den besetzten Ostgebieten.622 Dazu gehörte die Einsetzung von SS- und Polizeiführern in den größeren Städten und die Bildung von SS- und Polizeistützpunkten unter Leitung von SS- und Polizei-Standortführern sowie die Aufstellung von »Schutzformationen« aus einheimischen Kräften aus »Volksteilen« der Ukraine, Weißrusslands, Polens, der baltischen Länder »und in gewissem Umfang des Petersburger Landgebietes«. Aus diesen »Volksteilen« sollten Männer aus bäuerlichen oder kleinstädtischen Familien ausgewählt werden, »die rassisch unseren Forderungen entsprechen«.623 Sie sollten nur eine geringe Bewaffnung erhalten, hauptsächlich Gummi- oder Holzknüppel, und dort, wo die Aufgaben zusätzliche Waffen erforderten, besonders sorgfältig auf ihre politische Zuverlässigkeit überprüft werden. Als Ausbilder und Führer wurden zunächst Offiziere und Führer der Polizei und SS sowie besonders befähigte Wachtmeister eingesetzt, später sollten Führer und Unterführer aus den Reihen der Schuma selber ausgesucht und ausgebildet werden.624 Ein Runderlass vom 6.11.1941 legte als einheitliche Bezeichnung für »die gesamte in den russischen Gebieten eingesetzte uniformierte Polizei, die aus Landeseinwohnern besteht« den Ausdruck »Schutzmannschaft« fest. Sie sollte sich in die Schutzmannschaften des Einzeldienstes in den Städten und auf dem Land sowie geschlossene Einheiten (Bataillone) gliedern. Stadt- und Land-Schuma sollten nach dem Muster der Schutzpolizei und Gendarmerie des Reichs unter Oberaufsicht der Polizeidienststellen stehen.625 Daneben bestanden Sonderformationen wie Feuer-Schutzmannschaften sowie Hilfs-Schutzmannschaften »nach besonderen örtlichen Bedürfnissen« für Arbeitskommandos der Polizei und die Bewachung von Kriegsgefangenenlagern. Die Schuma war als Hilfsorgan der deutschen Polizei tätig und hatte gegenüber der einheimischen Bevölkerung ähnliche Befugnisse wie die deutsche Polizei, war aber gegenüber Reichsdeutschen nicht berechtigt, Verhaftungen, Beschlagnahmungen oder Durchsuchungen vorzunehmen. Richtlinien vom 8.1.1942 definierten das Verhältnis von (deutscher) Gendarmerie und (einheimischen) Schutzmannschaften in den besetzten Ostgebieten: »Die Wahrnehmung des Polizeivollzugsdienstes ist nach beendetem Aufbau der Schutzmannschaft in erster Linie deren Aufgabe. Sie ist für einen ordnungsmäßigen polizeilichen Zustand verantwortlich zu machen. – Die deutsche Gendarmerie ist überwiegend einzusetzen, um die Tätigkeit der Schutzmannschaft zu überwachen. Sie führt selbst vollzugspolizeiliche Aufgaben nur in den Fällen durch, in denen reichs- oder volksdeutsche Interessen dies erfordern.«626
In den gleichen Richtlinien wurde die Organisationsstruktur für die Gendarmerie festgelegt: für jedes Kreisgebiet sollten 20 bis 25 Gendarme eingesetzt werden; Gendarmerie und Schuma unterstanden dem Gendarmerie-Gebietsführer, der zugleich SS-Polizeigebietsführer für das jeweilige Kreisgebiet war und die Verantwortung für den gesamten Polizeivollzugsdienst der Gendarmerie und Schuma trug. Die Gebiete sollten mit Gendarmerieposten besetzt werden, die jeweils von Bezirksleutnanten
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oder Gendarmeriemeistern geführt wurden. Christian Gerlach zufolge, der die Verhältnisse in Weißrussland untersucht hat, wurden die Gendarme »zu je vier bis sechs Mann mit jeweils erheblich mehr weißrussischen Schutzmännern auf Posten verteilt«.627 Ähnlich beschreibt es Martin Dean für die Ukraine: Die Gendarme wurden in Gruppen von 3 bis 5 Männern auf die Posten verteilt, jedem Posten waren etwa 30 einheimische (»Schuma«-) Kräfte zugeordnet, außerdem gehörten ihnen zwei bis drei Volksdeutsche als Dolmetscher und Unterführer an.628 Neben den Gendarmerieposten wurden Schuma-Stützpunkte gebildet, die von Postenführern aus den eigenen Reihen geleitet wurden, aber als verlängerter Arm der Gendarmerieposten fungierten. Die Gendarmeriepostenführer waren in der Regel für die laufende Ausund Fortbildung der einheimischen Hilfskräfte der Gendarmerie zuständig. Offensichtlich gab es anfangs geringe Probleme, kooperationswillige Männer zu finden, die bereit waren, in die Dienste der deutschen Polizei einzutreten. Schon unmittelbar nach Beginn des Russland-Feldzuges bildeten sich vielfach eigene Formationen aus nationalistischen Aktivisten, die die »Befreiung vom Bolschewismus« begrüßten und auf eine nationalstaatliche Eigenständigkeit hofften. Vor allem im Baltikum und in der Westukraine trafen die Deutschen auf teils rechtsnationale, teils faschistische Organisationen, die die Gunst der Stunde nutzten, eigene Milizen aufstellten und Vergeltungsaktionen gegen Juden als vermeintliche Kollaborateure der Sowjets begingen. Sie nahmen militärische und polizeiliche Funktionen wahr und agierten teilweise eigenmächtig – die »Organisation unabhängiger Ukrainer« (OUN) etwa bot den Deutschen ein Bündnis auf der Grundlage des gemeinsamen Kampfes gegen Bolschewisten und Juden an, bestand aber auf nationaler Eigenstaatlichkeit und rief nur wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht in die Sowjetunion einen eigenen ukrainischen Staat aus, der von den Deutschen umgehend wieder aufgelöst wurde. Die OUN bereitete sich schon seit 1939 im Krakauer Exil darauf vor, mit deutscher Hilfe eine führende Rolle in einer »befreiten« Ukraine zu übernehmen und betrieb eine eigene politische Mitglieder-Schulung, die primär nationalistisch ausgerichtet war, aber auch Anleihen bei Blut- und Bodenideologien machte. Ziel der Bewegung war die Errichtung eines ethnisch homogenen Staates – ohne Russen, Juden und Polen; »ethnische Säuberungen« erschienen als Voraussetzung des »nation-building«.629 Es gab daher Interessenüberschneidungen und weltanschauliche Konvergenzen mit den Nationalsozialisten. Sie fanden ihre Grenze jedoch im Streben nach Eigenstaatlichkeit. Die deutsche Seite suchte daher schon bald diese Bewegungen unter Kontrolle zu bringen und für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Zur Instrumentalisierung gehörte auch die Duldung, Förderung und Inszenierung von Pogromen, um den Eindruck von »Selbsthilfemaßnahmen« der einheimischen Bevölkerung zu erwecken. Nationalistische Milizen bildeten in den ersten Tagen der Besatzung oft die Initiativkraft für Pogrome.630 Sie wurden wie auch andere Sondereinheiten wenig später teils aufgelöst, teils deutschen Kommandos unterstellt und, da man keine eigenen militärischen Verbände aus Letten, Ukrainern usw. wollte, die den Nukleus nationaler Armeen hätten bilden können, als Hilfspolizisten bzw. »Schutzmannschaften« in die Ordnungspolizei unter deutscher Führung integriert. Hintergrund war Hitlers Befehl vom 16.7.1941, der die Bildung
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nationaler Verbände im Osten verbot und nur Deutschen das Recht zugestand, Waffen zu tragen. Den Einsatz einheimischer Kräfte für Polizeiaufgaben ließ Hitler jedoch zu. Himmler befahl daraufhin die Aufstellung von Schutzformationen, darunter auch Bataillonen unter Leitung deutscher Ordnungs- und Sicherheitspolizei; erst später entstanden aus Schuma-Bataillonen Legionen, die der Waffen-SS eingegliedert wurden.631 Aufgrund der Kooperationsbereitschaft der einheimischen Hilfskräfte erschien eine weltanschauliche Betreuung der Schutzmannschaften aber zunächst nicht als vordringlich. Dies änderte sich erst im Verlauf des Jahres 1942, als mit der Expansion der Aufgaben und wachsender Bedrohung durch Partisanen die Zusammensetzung der Schutzmannschaften heterogener wurde, weil in zunehmendem Maße auch Hilfskräfte rekrutiert werden mussten, deren Kollaborationsbereitschaft nicht mehr primär ideologisch motiviert war.632 So weit sich das anhand der verfügbaren Dokumente nachzeichnen lässt, konzentrierten sich die Ausbildungsaktivitäten von deutscher Seite anfangs auf militärische und nur nebenbei polizeifachliche und verwaltungstechnische Aspekte sowie eine allgemeine »Haltungserziehung«, die auf »deutsche Sekundärtugenden« wie Disziplin, Ordnung und Sauberkeit zielte. Die »handwerklichen Fähigkeiten«, die im Zusammenhang mit der Umsetzung der »rassenpolitischen« Aufgaben erforderlich waren, erlernten die »Schutzmänner« durch »learning by doing«. In der Regel übernahmen Formationen der deutschen Ordnungs- und Sicherheitspolizei die »Anlernfunktionen« für die Angehörigen der »Schuma-Bataillone«. Zum Beispiel wurden in Litauen dem Einsatzkommando 3 der EG A, dem PB 131 und nach dessen Verlegung dem PB 11 schon im Sommer 1941 in großem Umfang litauische Hilfskräfte unterstellt, die bei den Aktionen gegen die jüdische Bevölkerung in Litauen und Teilen Weißrusslands zum Einsatz kamen. Mit ihrer Hilfe gelang es im Sommer und Herbst 1941 den größten Teil der litauischen Juden – etwa 120 000 Personen – zu ermorden. Den größten Anteil daran hatte das »Rollkommando Hamann«, das unter Führung des SS-Obersturmführers Joachim Hamann als mobiles Einsatzkommando mit 8 bis 10 Angehörigen des Ek 3 allein für den Tod von 70- bis 75 000 Menschen verantwortlich war. Das Gros des Kommandos bildeten litauische Hilfskräfte, darunter insbesondere das 1. (später 13.) litauische Bataillon, das während dieses Zeitraums allein 26 000 Juden ermordete. Das Bataillon war im Juni aus bewaffneten Partisanengruppen gebildet worden, denen sich ehemalige Partisanen und Soldaten aus der Zeit des unabhängigen Litauens anschlossen. Es hatte bereits im Juli 1941 an Massenexekutionen durch das Sk 1a teilgenommen, bevor es dem Ek 3 zugeteilt wurde. Einige der Hilfskräfte hielten den psychischen Belastungen nicht stand und verließen das Bataillon oder desertierten; viele blieben jedoch dabei.633 Die Schuma-Bataillone setzten sich hauptsächlich aus Angehörigen des Selbstschutzes, der sich zu Beginn des Krieges gebildet hatte, und ehemaligen litauischen Soldaten der Roten Armee zusammen, die übergelaufen oder gefangengenommen worden waren und zumeist nationalistisch orientiert waren. Die Führung aller litauischen Schutzmannschaften lag, so Dieckmann, in der Hand rechtsextremer Nationalisten, und alle 1941 gebildeten Bataillone waren am Judenmord beteiligt.634
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Da die deutsche Wehrmacht rasch vorrückte, waren immer größere Räume zu verwalten und polizeilich zu sichern. Mit deutschen Polizisten allein ließ sich dies nicht bewerkstelligen. Nachdem sich der Reichskommissar Ostland bereits im August 1941 über den Mangel an Polizeipersonal beschwert hatte, wurde der Aufbau der Schutzmannschaften zügig vorangetrieben. Im November gab es in Litauen schon 12 Schuma-Bataillone, bis Mai 1942 war ihre Zahl auf 20 angewachsen, von denen einige auch außerhalb Litauens operierten; ihnen gehörten knapp 8000 Männer an, weitere 8757 litauische Polizisten waren im Einzeldienst tätig, während (nach Zahlen vom September 1942) lediglich 549 Angehörige der deutschen Ordnungspolizei in Litauen stationiert waren. Insgesamt waren im Bereich des BdO Ostland, zu dem die baltischen Länder und Weissrussland gehörten, bis Oktober 1942 lediglich 4428 Angehörige der deutschen Ordnungspolizei, aber 55 562 einheimische Schutzmänner in deutschen Diensten registriert; von ihnen waren 31 804 im Einzeldienst tätig, während 23 758 in Schuma-Bataillonen organisiert waren.635 Auf einen deutschen Polizisten kamen daher mehr als zehn einheimische Kräfte. Für die Ukraine wird von rund 100 000 einheimischen Hilfskräften im Sommer 1942 ausgegangen, denen knapp 4000 deutsche Polizisten gegenübergestanden haben dürften, so dass in den Generalkommissariaten Ostland und Ukraine zusammen 1942 vermutlich rd. 150 000 Schuma-Kräfte und nur etwa 8000 deutsche Polizeiangehörige beschäftigt waren.636 Deutsche Polizei wurde hauptsächlich für Führungsaufgaben eingesetzt. Viele dürften ihre Arbeit als eine Mission begriffen haben, die dankbar aufgenommen wurde – nicht zuletzt auch als eine Mission der Zivilisierung und der Modernisierung durch bürokratische Rationalität in einem auch infolge der »jüdisch-bolschewistischen Herrschaft« zurückgebliebenen Land. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein Bericht des Hauptwachtmeisters Lietzau »Aufbauarbeit der Polizei im Ostland«.637 Lietzau hatte sich am 2.9.1941 freiwillig zum Osteinsatz gemeldet und traf am 7.9. zusammen mit dem uns schon bekannten Revierleutnant Frank in Libau ein; Frank war als Führer der Schupo-Dienstabteilung und der lettischen Schuma in Libau eingesetzt worden. Lietzau wurde im November 1941 von Frank als dessen Vertreter mit der Führung des 1. lettischen Polizeireviers betraut, um es »nach deutschem Muster umzugestalten«, nachdem unter der früheren Regierung, »besonders aber unter der Bolschewistenherrschaft eine sehr lose und man kann ruhig sagen undisziplinierte Arbeitsweise« vorgeherrscht habe: »Eine vollkommene Umwälzung brachte der Schriftverkehr und die neue Diensteinteilung mit sich, da die Pol. Reviere bisher nicht so exakt und gründlich wie im Reich verfahren haben. Der ganze Dienstbetrieb war hier nicht so modern und kurzfristig wie bei uns, sondern mehr primitiver. Sämtliche Bücher für den Dienstgebrauch nach deutschem Muster mussten neu beschafft werden und zwar in deutscher und lettischer Sprache. Die Diensteinteilung für den Innendienst musste ebenfalls von Grund auf neu geregelt werden und eine endgültige Arbeitseinteilung vorgenommen und festgelegt [werden]. Die Wacheinteilung für den Aussendienst in drei Dritteln mit 24-stündigem Wechsel in Wache, Bereitschaft und Ruhe wurde ebenfalls eingeführt. Deutschkurse wurden abgehalten, um die Schutzleute mehr und mehr mit der deutschen Sprache vertraut zu machen. Nach
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Beendigung musste jeder Teilnehmer in schriftlichen und mündlichen Prüfung[en] unter Aufsicht des Führers der Dienstabteilung und des Präfekten, der nebenbei bemerkt die deutsche Sprache in Wort und Schrift sehr gut beherrscht, ablegen.«
Zu dieser Aufgabe der Zivilisierung gehörten auch weltanschauliche Schulung und eine Haltungserziehung nach deutschem Vorbild: »Schulungsmaterial wurde beschafft und zweimalig in der Woche in den Pol. Revieren weltanschaulicher Schulungsunterricht abgehalten, um die Schutzmänner mit den Lehren und Grundgedanken des Nationalsozialismus vertraut zu machen…. Exerzierstunden wurden zweimalig in der Woche abgehalten, um die Schutzmänner – darunter auch viele Ungediente – eine körperliche Ertüchtigung, einen guten Gruss sowie eine straffe Haltung in und ausser Dienst angedeihen zu lassen.«
Die laufende weltanschauliche Schulung der »Revier-Schuma« ist für Libau bis zum Frühjahr 1942 dokumentiert.638 Lietzaus Bericht hebt auch die »enge und freundschaftliche Zusammenarbeit« der deutschen Ordnungspolizei mit der lettischen Schutzmannschaft und den Schuma-Bataillonen hervor: »Lichtscheues Gesindel und entlaufene Kriegsgefangene wurden öfters aufgegriffen und den Arbeitslagern zugeführt. Doppelstreifen im Verein mit den Schutzmännern begingen bei Tag und Nacht die Strassen, Plätze und Parkanlagen, um so eine erhöhte Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten.« Lietzau erwähnt »grössere Aktionen und Abkämmungen von ganzen Stadtvierteln« und »Waldvierteln«, in denen Partisanen vermutet wurden. Nicht aufgeführt werden die Exekutionen und Deportationen der jüdischen Bevölkerung im Raum Libau. Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit einheimischen Kräften war wohl der Hintergrund für einen Rundbrief von Goebbels, den Woelfert im Oktober 1941 an die Polizeidienststellen und -einheiten versandte, in dem ein »ehrenhafter« Umgang mit den »Bundesgenossen« angemahnt wurde, damit der Zusammenhalt nicht geschwächt würde – allerdings unter Verweis auf die nun einmal gegebenen rassischen Unterschiede: »Wir Nationalsozialisten wissen, daß aufgrund der rassischen Zusammensetzung die Stärke und der Schwerpunkt der Begabung der einzelnen Völker unterschiedlich sind und auf ganz verschiedenen Gebieten liegen. Es ist daher nicht angängig, Vergleiche zwischen den Leistungen einzelner Völker zu ziehen. Es gibt Gebiete, auf denen das deutsche Volk aufgrund langer Tradition einzelnen Bundesgenossen überlegen ist, und es gibt Gebiete, auf denen vermöge besonderer Begabung die Bundesgenossen Spitzenleistungen aufzuweisen haben…. Unsere Bundesgenossen stehen in ihrer kulturellen und auch sonstigen Bedeutung an der Spitze der Kulturvölker Europas und der Welt. Jedes Volk, das mit uns für die europäische Neuordnung kämpft ist wertvoll und kann mit Recht eine entsprechende Behandlung und Anerkennung unsererseits verlangen.«639
Generell hatte die weltanschauliche Schulung der Schuma aber keine Priorität. Im Vordergrund der Ausbildung standen eine allgemeine Erziehung zu Disziplin und
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Ordnung – einen breiten Raum nahm die Regelung der »Grußpflichten« gegenüber Vorgesetzten und Angehörigen anderer Formationen ein –, militärisches Training und Kampftechniken sowie die Vermittlung eines rudimentären »polizeitechnischen« Wissens für die Schuma des Einzeldienstes. Ansätze einer weltanschaulichen Schulung wie sie die deutsche Orpo erhielt, wurden nur sehr begrenzt zugelassen und stattdessen weitgehend durch Propaganda-Arbeit ersetzt. Selbst im Baltikum, wo man etwas großzügiger verfuhr als in Weißruthenien und der Ukraine, gestand man der Schuma nur ein reduziertes Schulungscurriculum zu. Im April 1942 beschied der BdO Ostland den KdO Lettland betreffend der Einsetzung einer Lehrkraft für den Unterricht in »NS-Lehre« in Riga, an »fremdvölkischen Polizeischulen« dürften kein »nationalsozialistischer Unterricht« erteilt und »keine Vorträge über deutsche Art, deutsches Wesen und deutsche Ziele« gehalten werden. Der KdO notierte dazu zwar, der Befehl schließe nicht aus, dass die Schuma »allgemein in ihrem Allgemeinwissen gefördert« werde. Dies ging oft aber kaum über die Vermittlung eines elementaren polizeifachlichen Wissens und »deutscher Dienstauffassung« in der lehrgangsmäßigen Unterweisung hinaus. Mit Schreiben vom 14.5.1942 beauftragte der KdG Litauen den Verbindungsoffizier der Revier-Schutzmannschaften Reivytis mit der Ausarbeitung von Vorschlägen zur Aus- und Weiterbildung »im Hinblick auf die erforderliche Ausrichtung auf die deutsche Gesetzgebung und Angleichung an das deutsche Polizeiwesen«, um einen Ersatz für eine Polizeischule zu schaffen, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingerichtet werden konnte. Da der Unterricht in »NS-Lehre« untersagt war, befassten sich Reivytis’ Pläne hauptsächlich mit polizeifachlichen und -praktischen Fragen sowie allgemeinen Aspekten der Dienstauffassung und Dienstführung und sahen ansonsten nur unspezifisch »Unterhaltungen und Vorlesungen allgemeiner Inhalte über die neuen Richtlinien im politischen und wirtschaftlichen Leben« vor, allerdings auch dies nur für das litauische Führungspersonal, für die einfachen Schuma-Angehörigen genügte eine allgemeine »Dienstethik« und Pflichtenlehre, die Erziehung zu Zucht und Ordnung, Sauberhalten der Uniform usw.640 Am 5.6.1942 ordnete der KdG Litauen weltanschauliche Schulungen im Rahmen der regelmäßigen monatlichen Dienstversammlungen an, in die alle Schutzmänner einzubeziehen waren; die Verantwortung für die Durchführung lag bei den Kreispolizei- und Gendarmerie-Gebietsführern, die auch das Schulungsthema jeweils selbst formulieren sollten. Nur für die erste Dienstversammlung wurde das Programm einschließlich des Schulungsthemas vom KdG vorgegeben. Den Unterricht hatte jeweils der Kreispolizeiführer zu erteilen: 9.00-9.50 und 10.00-10.30 Fachunterricht: »Aufgaben und Verhalten des Schutzmanns«; »Russische Handgranate 1933« 10.30-11.00 Bekanntgabe wichtiger Bestimmungen und Verfügungen 11.05-11.30 Zeit für Kommandeur der Gend. oder Gend.-Gebietsführer vorbehalten 11.30-12.00 Weltanschauliche Monatsschulung: »Der Bolschewismus als Zerstörer der europäischen Kultur«
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12.00-14.00 Mittagspause 14.-16.00 Waffenausbildung: a) Einzelausbildung (mit u. ohne Gewehr), Grundstellung, Haltung, Wendungen, Ladeübungen. b) Kleine polizeitaktische Aufgaben (Durchsuchung eines Gebäudes, Bekämpfung von Terroristen) 16.10-16.30 Körperschulung.641
Über die Einbeziehung der einheimischen Kräfte in die weltanschauliche Schulung der Polizei bestand offensichtlich Unklarheit. In einem Bericht des BdO Ostland schon vom 28. Oktober 1941 über den Stand der weltanschaulichen Erziehung ans HA Orpo war um eine Entscheidung darüber gebeten worden, ob auch für die Schutzmannschaften finanzielle Mittel für Freizeitgestaltung und »weltanschauliche Ausrichtung« bereitgestellt werden sollen: »Ferner bitte ich um Anweisung, ob und in welcher Art eine weltanschauliche Ausrichtung oder Beeinflussung der andersvölkischen Polizei stattzufinden hat. Es ist hier angeregt worden, durch besonders ausgesuchte lettische usw. Redner Vorträge über gemeinsame geschichtliche Ereignisse und rassische Zusammenhänge mit dem Deutschen Volk halten zu lassen, die vorher zensiert worden sind.«642
Eine Antwort des HA Orpo ist nicht überliefert. Wie aus dem Bericht Lietzaus für Libau hervorgeht, wurde aber zumindestens die »Revier-Schuma« anfangs in die Schulung einbezogen. Ein Ausbildungsplan für die Rigaer Schuma-Bataillone, der im Januar 1942 aufgestellt wurde, weist dagegen keine Stunden für weltanschaulichen Unterricht aus.643 In Anweisungen des BdO Ostland zur weltanschaulichen Schulung, die im Februar 1942 folgten, werden die Schutzmannschaften nicht erwähnt. Lediglich die Aufforderung, Berichte über Heldentaten und besondere Leistungen anzufertigen, richtete sich auch an die einheimischen Kräfte.644 Für die »Mitteilungsblätter Gruppe B«, die unter anderem auch für die Wiedergabe solcher Kurzberichte vorgesehen waren, lässt sich erstmals im Mai 1942 eine Anordnung des BdO Ukraine finden, die den Versand auch an die Schuma-Bataillone einschloss, so dass spätestens für diesen Zeitpunkt von einer Einbeziehung der Schuma in die weltanschauliche Schulung auszugehen ist.645 Nur wenige Tage später folgte der BdO Ostland mit der Anordnung, die Mitteilungsblätter B ab sofort auch an die Schutzmannschaften zu versenden.646 Ein einheitliches Bild lässt sich danach nicht gewinnen. Zwischen dem Verbot des Unterrichts in »NS-Lehre« und der »Förderung des Allgemeinwissens« bestand ein breiter Ermessensspielraum, der sehr unterschiedlich ausgelegt werden konnte. Erst mit einem Runderlass vom 24.6.1942 bemühte sich das Hauptamt Orpo hier für Klarheit zu sorgen. Der Erlass trug dem inzwischen offensichtlich gewordenen Bedarf an einer »geistigen Betreuung« auch der Schuma Rechnung, zog aber eine Grenze zwischen weltanschaulicher Schulung und Erziehung, die der deutschen Polizei vorbehalten bleiben sollte, und einer »politisch-aufklärenden Unterrichtung« für die Schuma, die sich eher im Bereich propagandistischer Werbearbeit bewegte:
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»Nach den mir vorgelegten Berichten ergibt sich die Notwendigkeit der politischen Betreuung der in der Schutzmannschaft zusammengefassten Ukrainer, Litauer, Letten, Esten und Weißruthenen. Es ist daher in den im Aufbau befindlichen Dienstbetrieb der Schutzmannschaft sowohl des Einzeldienstes als auch der Bataillone eine politisch-aufklärende Unterrichtung mit hinzuzunehmen. Ich weise besonders darauf hin, dass es sich dabei keinesfalls um eine weltanschauliche Schulung oder Erziehung handeln darf, sondern lediglich um eine einfache politische Aufklärung der unserem Volkstum und damit unserer Weltanschauung fremden Menschen.«647
Die einheimischen Polizisten sollten also Polizisten 2. Klasse bleiben. Während kollaborationsbereite Polizisten in Elsass-Lothringen und Luxemburg am Schulungsprogramm der deutschen Polizei partizipierten und auf Lehrgänge mit einem vollständigen Curriculum in »NS-Lehre« geschickt wurden, blieb dies den Hilfskräften in Osteuropa verwehrt. Ziel war hier vielmehr eine grundlegende Erziehung zur Ehrfurcht vor »Deutschland«. Im Mittelpunkt der propagandistischen Arbeit stand die Aufgabe, einen Eindruck von der Überlegenheit des deutschen Volks und seiner Kultur zu vermitteln: »Zur Vorbereitung und Sammlung von Erfahrungen über die einem solchen Unterricht gesetzten Grenzen ist den Angehörigen der Schutzmannschaft zunächst eine Vorstellung über ›Deutschland, sein Volk, seine Landschaft und seine Siedlung‹ zu vermitteln. Den Befehlshabern der Ordnungspolizei gehen zu diesem Zweck Bilder, Bildbandgeräte, Bildbänder sowie Bilderbücher … zu. Sie sind den Angehörigen der Schutzmannschaft im Rahmen von Vorträgen bzw. Erläuterungen zu zeigen.«648
Die BdO Ostland und Ukraine sollten zu diesem Zweck jeweils rd. 1000 Ansichtspostkarten, 150 Blatt »Bildschmuck der Reichsbahnwerbezentrale«, 11 Bildwerke, 121 Bildbänder und 4 Bildbandgeräte erhalten. Die Anweisung zur Herstellung solcher Ansichtskarten hatte Himmler schon im Februar 1942 erteilt: Die Schulungsleiter bei den Inspekteuren der Ordnungspolizei im Reich erhielten damals den Auftrag, jeweils 100 Ansichtskarten anfertigen zu lassen, die »die Schönheit von Stadt und Land ihres Bereichs darstellen«, um den in den eroberten Ostgebieten eingestellten Schutzmännern »eine erste Vorstellung von Deutschland zu geben«. Die Polizeischulungsleiter präzisierten diesen Auftrag mit recht genauen Anweisungen an die Polizeidienststellen. So verfasste der Polizeischulungsleiter des IdO München z. B. folgendes Rundschreiben: »Aufgrund dieser Anordnung ersuche ich bis zum 20.2.1942 um Vorlage einer Auswahl schöner Ansichtskarten und zwar 1) durch den Kommandeur der Schutzpolizei München ein gesondertes Sammelwerk bis zu 50 Karten von der Hauptstadt der Bewegung, 2) durch den Kommandeur der Schutzpolizei Augsburg eine Sammlung bis zu 10 Karten der Stadt Augsburg, 3) durch die Führer der Schutzpol. Dienstabteilungen jeweils eine Sammlung bis zu 5 Karten der kreismittelbaren Städte,
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4) durch die Gendarmerie-Kreisführer und Abtlgs.-Führer je Landkreis – nach Schönheit und Berühmtheit des jeweiligen Gebietes – eine Sammlung von 3 bis zu 10 Karten für die kleineren Städte und Landschaften. Auf den Bildern sollen nicht Einzelheiten z.B. ein Gebäude, ein Denkmal (mit Ausnahme schöner Burgen) sondern geschlossene Stadt- und Landschaftsbilder aufgenommen sein. In Frage kommen nur Fotografien und farbige künstlerische Bilder in Postkartengröße.«649
Die Beschwörung deutscher Kultur, deutscher Größe und Überlegenheit wurde ergänzt durch eine auf das Feindbild des »jüdischen Bolschewismus« fokussierte Schulung. Der HSSPF Russland-Mitte gab im August 1942 eine Anweisung zur »geistigen Betreuung« der Schuma heraus, die diese propagandistische Ausrichtung zum Ausdruck bringt: »Wenn möglich, ist den fremdländischen Schutzmännern Kinobesuch zugänglich zu machen. Zeitungen, deutsches Propagandamaterial und Schmalfilme, Wochenschauen müssen gezeigt werden. Bei der Schulung ist besonders der deutsche Siegeswille und die Todfeindschaft gegenüber dem Bolschewismus und dem Judentum herauszustellen. An das Ehrgefühl der fremdländischen Schutzmänner ist immer wieder zu appellieren und dabei aktiver Einsatz für die Befreiung ihrer Heimat von Banden, Not und Elend zu verlangen. Wesentliche Mittel für die geistige Betreuung sind: Fürsorge, Gerechtigkeit, Sauberkeit, straffer Dienstbetrieb, wohnliche Ausstattung der Unterkünfte, Belieferung mit Zeitungen, Büchern, Propaganda und Bildmaterial; Glauben, Sitten und Gebräuche, Lieder und Tänze der fremdländischen Schutzmänner sind zu dulden und zu fördern.«650
Die »politisch-aufklärende Betreuung« sollte durch Kurzvorträge anhand von Zeitungs- und Propagandamaterial erfolgen, insbesondere sollten dazu neben der Tagespresse vor allem die »Mitteilungsblätter«, daneben auch die SS-Leithefte und der »Völkische Beobachter« herangezogen werden. In den »Mitteilungsblättern Gruppe B« erschienen daraufhin Erlebnisberichte von Schuma-Angehörigen, die für die Kurzvorträge verwendet und vorgelesen wurden.651 Der Erlass vom 24.6. setzte zwar eine intensivierte »Bildungsarbeit« in Gang, schuf aber nicht die erforderliche Klarheit, denn eine Abgrenzung von Propaganda- und Schulungsmaterial war nur schwer durchführbar. Die Kommandeure der Ordnungspolizei und der Gendarmerie verfuhren in der Praxis so, dass sie die »Mitteilungsblätter« auch an die Schuma-Bataillone versandten, nicht aber die Hefte der »Schriftenreihe«, die für eine mehr »in die Tiefe gehende« Schulung gedacht waren, ein breiteres Curriculum abbildeten und vergleichsweise substantielle Texte enthielten. Zwar wurden laufende Schulungen auch für die Schutzmannschaften angeordnet, nicht jedoch über die durch die »Schriftenreihe« vorgegebenen Themen. Die Monatsthemen anhand der »Schriftenreihe« und der Stoffsammlungen des HA Orpo galten daher auch nicht für die Schuma-Einheiten und -dienststellen, die Ausgestaltung der Kurzvorträge blieb den Einheitsführern vor Ort überlassen, die bei Bedarf auf Materialien der Propaganda-Abteilungen zurückgriffen. Diese künstlich erscheinende Trennung wurde selbst in Fällen aufrechterhalten, in denen improvisiert werden musste, weil die Hefte der »Schriftenreihe« nicht
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rechtzeitig eintrafen – so ordnete etwa der KdO Weissruthenien im August als Monatsthema »Deutschland der Hort der europäischen Wiedergeburt« an, stellte die Themen aber auch jetzt für die Schuma-Bataillone und die Schutzmannschaften des Einzeldienstes frei.652 Auf dem Verteiler des Rundschreibens standen die weißruthenischen Schuma-Bataillone 46, 47 und 48, die nur wenige Tage zuvor an der großen Aktion zur Vernichtung des Minsker Ghettos teilgenommen hatten, bei der 9000 Juden umgebracht wurden.653 Für den KdO Weissruthenien etwa lässt sich diese differenzierende Praxis bis zum Spätsommer 1943 nachweisen. Als der KdO im Februar 1943 als kommendes Monatsthema »Sicherung Europas« ankündigte, wies er zugleich auf Leuschners Schrift »Nationalsozialistische Fremdvolkpolitik« hin, die den Dienststellen bereits zugegangen sei und geeigneten Stoff für die weltanschauliche Schulung biete – die Schutzmannschaften erhielten ihn jedoch nicht, für sie war er offenbar nicht geeignet. Goebbels’ Artikel »Seid nicht allzu gerecht«, der eine Moral unbarmherziger Härte propagierte, wurde dagegen auch an die Schuma-Bataillone versandt.654 Im Allgemeinen enthielten die Anweisungen zur weltanschaulichen Schulung, die der KdO Weissruthenien an die deutschen Dienststellenleiter schickte, den Zusatz, für die Schuma sei das Thema freigestellt, d.h. es blieb den Vorgesetzten vor Ort überlassen, eine wie auch immer geartete propagandistische »Aufklärung« der Schutzmannschaften zu organisieren. Etwa gleichzeitig mit der beginnenden Fokussierung auf eine »politische Betreuung« der Schuma befasste man sich generell auch stärker mit Ausbildungsfragen und ließ auch die Errichtung bzw. Wiedereröffnung eigener Polizeischulen zu. Im Juni 1942 vereinbarten Himmler und Rosenberg die Errichtung von Schulen zur Ausbildung von einheimischen Angehörigen der Schutzmannschaften.655 Die politische Schulung sollte sich neben der Propaganda für die Überlegenheit des deutschen Volkes und der deutschen Kultur vor allem auf den in Teilen Osteuropas bereits vorhandenen Antisemitismus stützen, das Stereotyp vom »jüdischen Bolschewismus« in den Mittelpunkt stellen und den Kampf an deutscher Seite als einen Kampf für die Befreiung Osteuropas vom »jüdisch-bolschewistischen Joch« propagieren. Inhaltlich blieben die Curricula der Schuma-Polizeischulen weit hinter dem Programm der NS-Lehre, nach dem an Schulen für die deutsche Polizei und Hilfspolizei unterrichtet wurde, zurück. Der Chef der litauischen Polizei und Verbindungsoffizier der litauischen Schutzmannschaften des Einzeldienstes beim KdO Litauen Vyautas Reivytis legte im Juli 1942 einen Ausbildungsplan für eine Polizeischule oder Polizeiausbildungskompanie vor, der auf sechs Wochen ausgelegt war und etwa ein Drittel der Zeit allein für Exerzieren und Waffenkunde vorsah; er beinhaltete zwar unter anderem immerhin 40 Stunden für Polizei- und Verwaltungssrecht, politisch-weltanschauliche Inhalte kamen aber nur sehr vage formuliert (»Richtlinien zum Neuen Europa und der Kampf mit dem Bolschewismus«) und nur am Rande vor mit lediglich 4 von insgesamt 270 Stunden.656 Ähnlich, wenngleich ambitionierter war das Konzept einer weißruthenischen Polizeischule, das vermutlich um die gleiche Zeit zur Vorbereitung der Polizeischule in Wilejka entstand. Autor war der Leiter der weissruthenischen Polizeiabteilung J. S’akowitsch. S’akowitsch holte weit aus und vermittelte den Eindruck, dass man
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ganz von unten anfangen müsse. Nicht nur sei die weißruthenische Polizei »von gut getarnten feindlichen Elementen durchsetzt«, während den politisch zuverlässigen Männern oft jede polizeiliche Erfahrung fehle, sondern darüber hinaus habe sich die Bevölkerung generell »eine längere Zeit unter starkem bolschewistischem Einfluß« befunden, »so dass die ideologischen Ziele Weissrutheniens für sie bis zum heutigen Tage vollkommen fremd und unverständlich sind, besonders unter der deutschen Regierung.« S’akowitsch schlug deshalb vor, ausschließlich junge Männer bäuerlicher Abstammung zu rekrutieren, weil die Landbevölkerung noch am wenigsten von den bolschewistischen Ideen berührt worden sei; die Lehrgänge müssten mindestens drei Monate dauern, nach militärischem Muster und internatsmäßig organisiert werden, »weil man ganz neue Grundlagen der Erziehung« anwenden wolle. Die Hauptaufgaben der Schule wären »1. Erziehung einer disziplinierten und ihren Aufgaben gewachsenen Polizei; 2. Erziehung von Menschen, die der Idee der Neuordnung Europas vollkommen ergeben sind.« Zu den Unterrichtsfächern gehörten neben militärischer Ausbildung und der Ausbildung im Anti-Partisanenkampf Polizei- und Wachdienst, deutsche und weißruthenische Sprache, Geschichte und Erdkunde Deutschlands und Weissrutheniens. »Außerdem müssen den Kursteilnehmern die Aufgaben Deutschlands in der Organisation des Neuen Europas erklärt werden.« Der erste Kurs sollte am 1.12.1942 mit 300 Teilnehmern beginnen.657 Wie viel von diesen Plänen umgesetzt wurde, ist nicht bekannt. Ein Rundschreiben des KdO Weißrutheniens vom 5.12.1942 ordnete für den Januar 1943 das Monatsthema »Der Kampf um das Reich« an, der Schuma-Schule Wilejka, die zu diesem Zeitpunkt demnach bereits in Betrieb gegangen war, blieb die Themenfestlegung aber wiederum selbst überlassen.658 Ein Lagebericht des Gendarmeriegebietsführers von Brest-Litowsk für den Januar 1943 erwähnt auch Ausbildungsaktivitäten. Danach waren die Gendarmerieposten für die Ausbildung der Schutzmannschaften zuständig. Der Bericht beklagt den Mangel an geeigneten Kräften für die Schuma-Kommandoposten, der nur durch die Einrichtung von Lehrgängen zur Heranbildung eigener Unterführer behoben werden könne. Dazu kam es offensichtlich im Verlauf des Jahres, denn der September-Bericht nennt die Abordnung von acht Angehörigen der Schuma (bei einer Gesamtstärke von 287 Männern) zu einer Unterführerschule in Pinsk, und im November-Bericht heißt es, die Schutzmänner würden »wöchentlich unter Aufsicht von Gendarmen durch Unterführer der Schuma nach den in der Unterführerschule Pinsk erlernten Richtlinien ausgebildet.«659 Die Berichte enthalten dazu zwar keine Aussagen, aber sicher werden auch politisch-weltanschauliche Inhalte im Rahmen dieser Ausbildung präsent gewesen sein. Für die Etablierung und Intensivierung der »politischen Aufklärungsarbeit« ab Mai/Juni 1942 gab es spezifische Gründe. Zum einen wuchs der Bedarf an Hilfskräften ständig, man musste die Rekrutierungsbasis erweitern und ging in der zweiten Jahreshälfte auch zunehmend zu Zwangsrekrutierungen über, konnte daher weniger von einem weitgehenden Einverständnis mit dem Vorgehen der deutschen Polizei ausgehen wie noch in den ersten Monaten. Auch die Bereitschaft zur Teilnahme am Judenmord war keineswegs selbstverständlich sondern schuf vielfach auch Be-
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lastungen, die nach Begründungen riefen. Zum anderen häuften sich aber auch Klagen über eine herablassende Behandlung durch die Deutschen. Schon im April 1942 kritisierte der Inspekteur der Revierschutzmannschaften in Kaunas die unzureichenden Kompetenzen der litauischen Führungskräfte und den Mangel an geschulten Dolmetschern und forderte einen »gründlichen Systemwechsel«; der Departementleiter der litauischen Polizei sei zu einem »Sachbearbeiter« im Stab und Verbindungsoffizier ohne Amtsgewalt reduziert worden – allein könnten die Deutschen aber aufgrund »mangelner Orts-, Sprach-, Gebrauchs- und Sittenkenntnis« ihre Aufgaben nicht bewerkstelligen. Ein Jahr später wurde der Ton schärfer: Die Schutzmannschaften des Einzeldienstes seien heterogen zusammengesetzt und schlecht ausgebildet; im Herbst 1942 sei zwar in Wilna eine Polizeischule eröffnet worden, auf die die besten Kandidaten der Unterführer geschickt wurden, sie seien aber anschließend nicht wie angekündigt in den Einzeldienst zurückgekehrt, sondern ins PB 257 eingegliedert und an die Front geschickt worden. Im Frühjahr darauf sei erneut ein Teil des Unterführerpersonals unter Eingliederung ins PB 10 gegen ihren Willen an die Front gekommen. Der Autor der Klageschrift sprach von »Wortbruch und Betrug«, die Folge seien zahlreiche Desertionen. Gleichzeitig würden Schuma-Kräfte rekrutiert, denen es vielfach an Ausbildung fehle und von denen ein großer Teil untauglich und kriminell sei.660 Offenbar diente die Unterführer-Ausbildung hauptsächlich dazu, militärisch ausgebildete Kräfte für die zum Fronteinsatz bestimmten Polizeibataillone zu gewinnen. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen nahmen Disziplinprobleme zu; daher wurde die Disziplinarstrafordnung für Schutzmannschaften 1942 verschärft. Unter anderem wurden die Arreststrafen doppelt so hoch angesetzt wie für die deutsche Polizei. Die Erfahrung habe gezeigt, dass insbesondere »Verweise und Warnungen für Schutzmänner gänzlich wirkungslos« seien; die »Dienststrafordnung für Polizeitruppen«, die im April 1940 erlassen worden war, könne »wegen ihrer Milde keine geeignete Grundlage für die besonderen Verhältnisse, unter denen die Schutzmannschaft in den besetzten Ostgebieten aufgestellt worden ist, bilden.« Dabei wurde »nach rassischem Wert der Landeseinwohner« differenziert: So gebe es keine Bedenken gegen die Anwendung von Disziplinarstrafen »im deutschen Sinne« etwa bei der baltischen Schutzmannschaft, bei der weißruthenischen, vor allem aber bei der ukrainischen Schutzmannschaft müsse dagegen »ein ganz anderer Maßstab« angelegt werden; denn: »Wie der SS- und Polizeiführer Weißruthenien in einem Bericht vom 30.3.1942 darlegt, besitzen weder die Weißruthenen noch die Ukrainer, von wenigen Ausnahmefällen abgesehen, einen Ehrenstandpunkt im deutschen Sinne. Sie kennen weder deutsche Zucht und Ordnung noch kann bei ihnen von einer eigenen Führerschicht gesprochen werden, haben sie doch im Laufe der Geschichte ihres Landes nur Unterdrückung und als Strafen nur Prügel und Freiheitsentzug kennengelernt.«661 Hier wollte man allerdings neue Maßstäbe setzen: Am 9.4.1942 erließ das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete ein Verbot, mit »Prügel und Peitsche« aufzutreten. Ein solches Auftreten »gegenüber der einheimischen Bevölkerung des befreiten Ostens« sei eines Deutschen unwürdig und schade dem Ansehen des Deutschen Reichs.662 Die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen
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und die Anwendung der Prügelstrafe im Arreststrafvollzug blieben jedoch den jeweiligen Befehlshabern der Ordnungspolizei überlassen. Wollte man nicht nur auf Zwang setzen, war es unabdingbar, die Werbe- und Überzeugungsarbeit für den Kampf an deutscher Seite und unter deutschem Kommando zu verstärken. In Weißrussland etwa wurde die propagandistische Arbeit nach Goebbels Runderlass vom 15.2.1943 »betr. die Behandlung der europäischen Völker« massiv ausgebaut.663 »Jede Kraft des europäischen Kontinents, also auch vor allem der Ostvölker«, so Goebbels, müsse im »Kampf gegen den jüdischen Bolschewismus eingesetzt werden.« Die »Ostvölker« dürften nicht länger herabgesetzt und gekränkt werden, stattdessen gelte es, ihren »Freiheits- und Kampfeswillen« gegen das »bolschewistische Terrorregiment, ihr Soldatentum und ihre Arbeitswilligkeit hervorzuheben.« Goebbels gab damit die Linie der Propaganda vor. Den Völkern der besetzten Ostgebiete müsse man zusichern, dass ihre Gebiete »nach ihrer Zerstörung durch den Bolschewismus« unter deutscher Führung wiederaufgebaut würden; man müsse ihnen klar machen, dass es nur noch diese Alternative gebe: »Entweder, es siegen Deutschland, die deutsche Wehrmacht und die mit uns verbündeten Länder und damit Europa, oder es bricht von Osten her die innerasiatisch-bolschewistische Welle über den ältesten Kulturkontinent herein, genauso zerstörend und vernichtend, wie dies in Russland selbst schon der Fall war.« 664 Auch das Unterrichtsmaterial des Schulungsamtes differenzierte jetzt deutlicher zwischen den slawischen Völkern und dem »jüdischen Bolschewismus«665 Im Mai 1943 wurde auf einer Schulungsleiter-Tagung in Berlin beschlossen, das Mitteilungsblatt B des BdO Ostland »in propagandistischer Hinsicht« weiter auszubauen. »Wortberichter« aus dem Baltikum sollten »Kampf- und Erlebnisberichte« der Bataillone und des Einzeldienstes der Schuma sammeln und übersetzen.666 Gleichzeitig wurden etwa ab Frühjahr 1943, als die Zahl der Überlaufer zu den sowjetischen Verbänden nicht zuletzt infolge intensivierter sowjetischer Propaganda anstieg, als Gegenmittel auch Propagandisten in der weißruthenischen Polizei eingesetzt und die »geistige Betreuung« verstärkt: »Das Osterfest wurde als Ansatzpunkt für Propagandaaktionen genutzt, ein neues Kampflied eingeführt (›Wir marschieren‹) und die regelmäßige, ›Schulung‹ sowie eine kontinuierliche Versorgung mit Propagandamaterial, Vorträgen und Filmen stark ausgebaut – sowohl gegenüber den Polizisten (Ordnungsdienst bzw. Schutzmannschaften) als auch den ›Freiwilligen‹ und ›Hilfswilligen‹«.667
Nach einem Bericht von Oktober 1943 wurden allein für das Gebiet Baranowitschi im Spätsommer 1943 insgesamt 20 Vorträge von Propagandisten bei den verschiedenen Stützpunkten gehalten. Thema war: »Die augenblickliche politische Lage und die daraus zu folgernden Verpflichtungen«. Im Oktober 1943 hielt der Propagandaleiter von Baranowitschi Bedritzki allein vier Vorträge vor den Schutzmannschaften »über das heutige Europa, über die heutige politische und Kriegslage und die daraus entstehenden Pflichten der weißruthenischen Polizei«.668 Vom Mai 1943 ist ein Vortragsplan erhalten:669
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Datum
Ort
Thema
Redner
14.-20.
Stolpze
Bedritzki Staroweitoff Masalski Spaak
23.-24.
Baranowitsche
27.-31.
Nowa-Mysch
Heutiges Deutschland Judenfragen Gründe des Krieges Kampf für das neue Europa und die Pflichten des weissruthenischen Volkes in diesem Kampf Kampf für das neue Europa und die Pflichten des weissruthenischen Volkes in diesem Kampf Kampf gegen den Banditismus, und alle übrigen Themen
Bedritzki Staroweitoff Bedritzki Staroweitoff
Als Redner und Propagandisten wurden – wie in der Ukraine – auch »Deutschlandfahrer« eingesetzt, die man zuvor auf Reisen nach Deutschland geschickt hatte, wo sie musterhafte landwirtschaftliche Betriebe, Behörden und Schulen besichtigten, damit sie ein »positives Gegenbild zum Leben unter bolschewistischer Herrschaft« gewinnen und anschließend darüber berichten konnten.670 Bedritzki konstatierte in seinem Bericht vom Oktober 1943 einen niedrigen »politisch-moralischen Zustand« der Schutzmänner, sie seien wenig gebildet und mit einem »kleinen Nationalbewußtsein« behaftet, hätten keinen großen »Horiziont in politisch-nationaler und kultureller Hinsicht« und würden daher leicht der feindlichen Propaganda zum Opfer fallen; um so wichtiger sei es, der feindlichen eine eigene Propaganda noch in den weit entfernten Stützpunkten entgegenzusetzen. Außerdem schlug er vor, den Schutzmännern in den einzelnen Kreisen einen eigenen politischen Führer zu geben, der innerhalb der Schutzmannschaft systematische politische Arbeit durchführen und die Männer mit Zeitungen, Broschüren und Büchern versorgen könne.671 Der Bericht wurde anscheinend für eine Propagandistentagung erstellt, die wenige Tage später in Minsk stattfand. Auf der Tagung berichteten »einheimische Propagandisten« über die Lage in den Gebieten. Oberleutnant Tachabotarewitsch referierte über »Die politisch-propagandistische Ausrichtung und Betreuung der einheimischen Schutzmannschaft«: Die »Front- und Bandenlage« erschien inzwischen als so desolat, dass die abgeordneten Propagandisten »gehemmt und gedrückt« zurückkämen und erst wieder aufgerichtet werden müssten. Das Vorrücken der Roten Armee werde in der Bevölkerung als Vorbote einer deutschen Niederlage interpretiert, die feindliche Propaganda weise immer mehr Erfolge auf, sogar Propagandisten liefen schon zur Gegenseite über. Um insbesondere der Wirkung der Feindpropaganda über die angebliche »Hölle« deutscher Kriegsgefangenenlager entgegenzutreten, war die Tagung mit dem Besuch eines Vorzeige-Gefangenenlagers verbunden: »Den Propagandisten wurde hier über 4 Stunden lang Gelegenheit gegeben, Unterkünfte, Küche, Verpflegung, sanitäre Einrichtungen, Krankenbetreuung, Bibliothek, Kirchensaal usw. kennenzulernen und einem
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zweistündigem Variété-Programm ›Kriegsgefangene spielen für Kriegsgefangene‹ beizuwohnen.«672 Offensichtlich zwang die Lage zu weiteren Zugeständnissen. Als der HSSPF Russland-Mitte und Weißruthenien im Februar 1944 die Aufstellung einer »Weißruthenischen Heimatwehr« zum »Kampf gegen den Bolschewismus« befahl, für die alle ehemaligen Offiziere bis 57, alle Unteroffiziere bis 55 Jahre mobilisiert werden sollten, übertrug man die Aufgabe der »politischen Schulung« dem Weißruthenischen Zentralrat unter Aufsicht deutscher Offiziere. In Minsk sollten dreiwöchige Lehrgänge für insgesamt 300 Offiziere und Unteroffiziere nach einer Auslese duch das Weißruthenische Selbsthilfewerk stattfinden. Die militärische Ausbildung erfolgte durch den SS- und Polizeiführer in Minsk, die politische Schulung organisierte der Weißruthenische Zentralrat in Zusammenarbeit mit einem deutschen Ausbildungsoffizier. Nach Beendigung des Lehrgangs übernahmen die Absolventen die Führung der inzwischen in den Bezirken aufgestellten Einheiten.673 Gleichzeitig organisierte der KdO im April 1944 noch in Minsk Führerlehrgänge, um ein »einheimisches Führertum für die Waffen-SS« zu schaffen. Die Erfolge blieben jedoch »unter dem erwarteten Niveau«, weil »die Auslesearbeit durch das Weißruthenische Selbsthilfewerk versagte«.674 Wenig später, Ende Juni/Anfang Juli 1944 musste Minsk wegen der heranrückenden Roten Armee geräumt werden. Als sich gegen Ende des Krieges Schuma-Einheiten schon nur noch in Rückzugsorten auf reichsdeutschem Boden befanden, arbeitete das HA Orpo unermüdlich weiter daran, durch »politische Betreuung« die »fremdvölkischen Bundesgenossen« für den Kampf gegen den »Bolschewismus« zu aktivieren. Noch im März 1945 lief z. B. in Berlin ein Ausbildungslehrgang für »fremdvölkische Schutzmänner«, die bei der Luftschutzpolizei eingesetzt wurden. Die politische Betreuung oblag dem WFOffizier beim Kommandeur der Schutzpolizei Berlin; das war zu diesem Zeitpunkt Sturmbannführer Major Stelzer. Der Chef der Orpo hatte zuvor im Dezember 1944 die Aufgaben des WF-Offiziers im Hinblick auf die Betreuung der »fremdvölkischen« Hilfskräfte umrissen, die offenbar zusammen mit ihren Familien in Polizeilagern in Berlin eine Zuflucht gefunden hatten: Schulung des deutschen Rahmenpersonals, politische Schulung der »Fremdvölkischen« und die Sorge für »Brauchtumspflege und Freizeitgestaltung«. Für die Schulung des deutschen Rahmenpersonals wurden u. a. Artikel des »Politischen Dienstes für SS und Polizei« zugrundegelegt. Die Ausgestaltung der politischen Schulung der »Fremdvölkischen« blieb dem WF-Offizier überlassen; Ziel war »die Erziehung zu überzeugten Gegnern des Bolschewismus«. Es müsse immer wieder darauf hingewiesen werden, »dass das Deutsche Reich fest entschlossen und allein nur in der Lage ist, ihre Heimat vom Bolschewismus zu befreien«. Um von »unerwünschter«, d.h. nationalistisch ausgerichteter politischer Betätigung abzulenken, sollten heimatliche Volkslieder, Tänze usw. gepflegt werden. Zur Unterstützung seiner Aufgaben wurde dem WF-Offizier ein Dolmetscher als Mitarbeiter zur Verfügung gestellt. Weiterhin sollten in den Einheiten und Lagern an den einzelnen Standorten »sprachkundige Fremdvölkische« herausgezogen und auf Lehrgängen bei der Polizei-Dolmetscher-Ersatzeinheit zu »Sprachmittlern« ausgebildet werden. Als »Dolmetscher des OWF [Offizier für weltanschauliche Füh-
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rung] beim BdO« wurde Hauptwachtmeister Masterow eingesetzt. Er fungierte als leitender Vertrauensmann sowohl des OWF als auch der »fremdvölkischen« Männer. Zu seinen Aufgaben gehörten Übersetzungsarbeiten, Aussprache mit den »Fremdvölkischen«, Prüfung und Überwachung der Sprachmittler und eigene Propagandaarbeit: »Besuch der einzelnen Standorte und Einheiten nach den Weisungen des OWF; dort Propaganda durch Vortrag und Film vor den Fremdvölkischen und ihren Angehörigen. Ziel dieser Propaganda ist die Beeinflussung im Sinne des Einsatzes im Kampfe gegen den Bolschewismus.«675 Der Propagandist Orlowski meldete aus dem Lager für Evakuierte aus Ost-Weißruthenien die Organisation planmäßiger Vorträge für a) die Evakuierten, b) die Lager-Angestellten, c) die Polizei, die das Lager bewachte. Das Vortragsprogramm diente hauptsächlich der Beruhigung: »1. Vorträge von je 15 Min. Dauer: a) Der Krieg kann nicht ohne Opfer sein, doch ergreifen die deutschen Kommandostellen alle Mittel, um die Opfer zu verkleinern. b) Ziel unseres Lagers und die Ordnung in ihm. c) Fangt ein neues Leben an – lernt einander zu helfen und findet darin eine Befriedigung. 2. Vorträge von 30 Min. Dauer: a) Was ist der Nationalsozialismus? b) Warum wird der Nationalsozialismus den jüdischen Kapitalismus besiegen? 3. Vorträge von 30 Min. Dauer: a) Das Regime der Sowjets – ist jüdische Sklaverei. b) Der Klassenkampf und der Kommunismus sind nur Mittel, um die Betrogenen zu versklaven. c) Jeder auf dieser Seite soll sich gewöhnen ohne Feindschaft zu leben und sich gegenseitig zu helfen.«676
Insgesamt ist aber deutlich geworden, dass die »Schuma« grundlegend anders behandelt wurde als deutsche und volksdeutsche Polizei: als »fremdvölkische« Hilfskräfte mit minderen Rechten, die als unwürdig für eine weltanschauliche Schulung nach deutschen Maßstäben angesehen wurden und stattdessen durch eine eher krude Propaganda für deutsche Zecke instrumentalisiert wurden. Während die Besatzungstruppen zu Beginn des Krieges noch auf kollaborationswillige Helfer trafen, setzte sich die Schuma bald in ihrer Mehrheit aus ehemaligen Kriegsgefangenen zusammen, für die der Einsatz für die deutsche Polizei eine Überlebensfrage war und bei denen auch die Wirkung der Propaganda in dem Maß nachlassen musste, wie sich das Kriegsglück der Besatzer wendete. Von deutscher Seite musste daher immer mehr Zwang aufgewendet werden, der durch eine Intensivierung propagandistischer »Aufklärung« kaschiert werden musste. Einen Sonderfall stellte das Ausbildungslager Trawniki dar, das im Sommer 1941 bei Lublin errichtet wurde; zuvor bestand hier bereits ein Sammel- und Durchgangslager für sowjetische Kriegsgefangene. Hier wurden »fremdvölkische« Kriegsgefangene, vorwiegend Ukrainer ausgebildet, die als Hilfskräfte bei Aktionen der Juden-
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vernichtung, insbesondere bei der »Aktion Reinhard« und als Wachmänner in Konzentrationslagern Verwendung fanden; 1943 wurde aus »Trawniki-Männern« das Schuma-Bataillon 57 gebildet. Die »Trawniki-Männer« gehörten aber nicht der SS an, sondern hatten offiziell den Status von Hilfspolizisten, die der Ordnungspolizei unterstanden. Insgesamt durchliefen 4000 bis 5000 »Hilfswillige« das Lager, denen der Dienst für die SS eine bessere Überlebensperspektive als das Kriegsgefangenenlager bot. Viele meldeten sich anfangs freiwillig, ohne zu wissen, für welche Art von Dienst sie sich verpflichteten. Die Rekruten mussten eine eidesstattliche Erklärung unterschreiben, dass sie weder jüdische Vorfahren hatten noch jemals Mitglied der Kommunistischen Partei oder der Kommunistischen Jugendorganisation gewesen waren. 677 Zu Beginn suchte man Volksdeutsche und andere Angehörige nicht-russischer Nationalitäten aus, die etwas Deutsch sprachen. Sie erhielten in einem Lehrgang von 6 Wochen eine Ausbildung als Unterführer; dazu gehörte auch ein Unterricht in nationalsozialistischer Weltanschauung und deutscher Sprache. Anschließend wurden sie als Ausbilder, Vermittler und Dolmetscher bei der Ausbildung nicht-deutscher Rekruten herangezogen. Mit Hilfe volksdeutscher Kriegsgefangener konnte man daher mit einem Minimum an deutschem Personal auskommen. Die ehemaligen volksdeutschen Kriegsgefangenen führten den weltanschaulich-politischen Unterricht durch, überwachten die militärische Ausbildung und übersetzten die Befehle an die Wachmänner.678 Deren Ausbildung dauerte zwei bis sechs Monate und umfasste eine militärische Grundausbildung, Waffenunterricht sowie eine Spezialausbildung in Begleit-, Transport- und Wachdienst, außerdem eine Stunde täglich Deutschunterricht, der im Wesentlichen in der Vermittlung der deutschen Kommandosprache und deutscher Lieder bestand. Darüber hinaus gab es wöchentliche Schulungsvorträge, die von den volksdeutschen Dolmetschern übersetzt wurden, in denen es um die Überlegenheit des Nationalsozialismus über das sowjetische System, die Gefahren der jüdischen Weltverschwörung, Hitlers »Mein Kampf« und Ähnliches ging. Die Ausbildung war »praxisnah« und schloss die Durchführung von Razzien und die Erschießung von Juden aus der Nähe ein. Für besonders befähigte Männer wurde eine Unterführer-Ausbildung organisiert, die einen intensiveren Sprachunterricht und eine gründlichere weltanschauliche Schulung beinhaltete und mit einer Prüfung abgeschlossen wurde.679 zum Beispiel Lettland (Libau) Unmittelbar nach der Errichtung deutscher SS- und Polizeidienststellen wurden »Verbindungsoffiziere« ernannt, die die Beziehungen zwischen deutscher Polizei und einheimischer Schutzmannschaft regeln sollten. Aufgabe der Schutzmannschaften war die »Wiederherstellung und Erhaltung der Ordnung und Sicherheit im gesamten öffentlichen Leben«. Vordringlich war, ein Vertrauensverhältnis zwischen Schutzmannschaft und lettischer Bevölkerung herzustellen – der lettische Schutzmann müsse sich gegenüber der Bevölkerung zuvorkommend und höflich verhalten und »korrekt durchgreifen«: »Dem friedliebenden Teil der Bevölkerung sei der
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Schutzmann Freund und Helfer, dem Verbrecher aber der erbitterste Feind.« In der Ausbildung stand eine »soldatische Erziehung« im Vordergrund: Erziehung zu »straffer soldatischer Haltung«, zu Mut und Entschlußfähigkeit, Disziplin und »Manneszucht« – kurz zu »jenen Tugenden, die den deutschen Soldaten allezeit zu den unvergleichlichen Leistungen befähigen.«680 Die leitenden Positionen wurden mit deutschen Offizieren und Wachtmeistern besetzt: »Die deutschen Polizeikräfte sind Führungsorgane und die lettischen Polizeikräfte ihre Ausführungsorgane.« Auf jeder Revierdienststelle hatte stets ein Schutzmann präsent zu sein, der die deutsche Sprache beherrschte. Zum Aufbau der Reviere wurde aber jeweils ein deutscher Polizeibeamter eingesetzt, der die Aufgabe hatte, die Dienststelle nach deutschem Muster einzurichten. Nach einem Bericht des SS-Polizei-Standortführers Libau vom Oktober 1941 erhielten die lettischen Schutzmänner in den Dienststellen durch den jeweiligen Revierführer eine Ausbildung in praktischem Polizeiunterricht und weltanschaulicher Schulung.681 Der Bericht verzeichnete »Fortschritte« bei der Einstellung lettischer Polizeikräfte und erwähnt eine Reihe »größerer Suchaktionen«, die gemeinsam mit lettischen Schutzmännern durchgeführt wurde; vom 1. bis 17. Oktober wurden in Libau bei Hausdurchsuchungen 27 »aktiv gewesene Angehörige kommunistischer Organisationen« festgenommen sowie »213 Juden und 40 Kommunisten« exekutiert, im gleichen Zeitraum wurden in Windau 535 Juden ermordet. Der SS- und Polizeistandortführer von Dünaburg veröffentlichte im Oktober 1941 »10 Grundsätze« für lettische Schutzmänner. Dazu gehörte, den Eid auf Führer, Volk und Vaterland zu halten, hartnäckig im Kampf gegen alle Feinde des Volkes und des Reiches zu sein, das eigene Äußere zu pflegen, denn es sei der Spiegel des inneren Menschen, Gehorsam zu üben, Kameradschaft zu pflegen usw. Zu den Grundsätzen gehörte auch: »Hilf denen, die deiner Hilfe bedürfen«. Am 30.11.1941 wurde das »Winterhilfswerk« in Libau mit einem Konzert eröffnet; 14 Tage später »halfen« lettische Schutzmänner der deutschen Polizei bei der schon erwähnten großen »Judenaktion«, nachdem am 9.11. in Dünaburg bereits 1134 Juden exekutiert worden waren.682 Für die Bataillone und Revier-Schuma suchte man vorzugsweise Männer, die vor der sowjetischen Besetzung des Landes 1940 der lettischen Armee angehört hatten. Ein Bericht vom Februar 1942 wies zwei Gruppen aus: Soldaten der ehemaligen lettischen Armee und ungediente Schutzmänner, bei denen es sich vorwiegend um ehemalige Polizisten gehandelt haben dürfte.683 Probleme, genügend Polizeikräfte zu finden, gab es nicht. Lettland hatte wie Litauen und Estland nach dem 1. Weltkrieg die Unabhängigkeit erlangt, war aber 1940 von der Sowjetunion besetzt worden. Die kurze sowjetische Besatzungszeit von Juni 1940 bis Juni 1941 hinterließ ein kollektives Trauma: Regierungsmitglieder wurden ermordet, zwei Drittel der Armeeoffiziere verhaftet, zahlreiche Polizeibeamte entlassen, »anti-sowjetische Elemente« deportiert – die Zahl der Letten, die verhaftet, verschleppt oder getötet wurden, schwankt zwischen 20 000 und 35 000. Die größte Aktion fand noch unmittelbar vor dem Einmarsch der Deutschen am 14. und 15.6.1941 statt, als über 15 000 Personen aus Lettland deportiert wurden. Die Aktion sollte nur den Auftakt zu weiteren politischen Säuberungen und Deportationen bilden.684 In Lettland konnte sich die Rekrutierung der Schutzmannschaften daher auf starke nationalistische und »anti-
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bolschewistische« Einstellungen gerade unter ehemaligen Soldaten und Polizisten stützen, die mit der »Befreiung vom Bolschewismus« zugleich die Hoffnung auf Wiederherstellung der nationalen Unabhängigkeit verbanden. Aus dem oben erwähnten Bericht von Lietzau für die Schupo-Dienstabteilung Libau lässt sich schließen, dass anfangs offenbar kein grundlegender Unterschied in der weltanschaulichen Betreuung der deutschen und lettischen Polizei gemacht wurde. Allerdings bestand in dieser Hinsicht auch hier keine Klarheit, denn bereits im Oktober 1941 bat der BdO Ostland, wie erwähnt, das Hauptamt Orpo um Anweisung darüber, »ob und in welcher Art eine weltanschauliche Ausrichtung oder Beeinflussung der andersvölkischen Polizei« stattfinden solle.685 Eine Antwort des HA Orpo ist nicht überliefert. In späteren Berichten des Standortführers von Libau aus dem Jahr 1942 ist nicht mehr von einer weltanschaulichen Schulung der »RevierSchuma«, sondern nur noch der »Ordnungspolizei«, d. h. der deutschen Polizei die Rede. Aus Berichten über den Stand der Ausbildung der Schupo-Dienststellen, die von Oktober 1941 bis Oktober 1942 erhalten sind, geht hervor, dass die Angehörigen der »Revier-Schuma« in den ersten Monaten zweimal die Woche Unterricht durch die Revierführer in praktischer Polizeiarbeit und weltanschaulicher Schulung erhielten, außerdem einen deutschen Sprachunterricht, der allerdings in Ermangelung geeigneter Lehrkräfte nur eingeschränkt durchgeführt werden konnte.686 Der Gebietskommissar von Dünaburg meldete im Februar 1942 befriedigt: »Die deutsche Polizei im Gebiet hat die lettische Hilfspolizei erziehungsmäßig einen wesentlichen Schritt vorwärts gebracht, und es kann gesagt werden, dass die lettische Hilfspolizei unter Führung der deutschen Polizei doch ein Instrument ist, mit dem man notwendige Aktionen bedenkenlos durchführen kann.«687 Im Frühjahr vermelden die Berichte weiterhin einmal wöchentlich weltanschauliche Schulungen der Schuma, danach werden sie aber nicht mehr erwähnt. Stattdessen ordnete der BdO im Juli den Besuch von dreimonatigen Deutsch-Kursen für Offiziere und Unterführer der Schuma an. Außerdem erging am 29.6. die Anweisung, die »Mitteilungsblätter Gruppe B« in Zukunft auch an die Schuma-Angehörigen zu verteilen, die offensichtlich auch hier die Grundlage einer mehr propagandistisch ausgerichteten Betreuung bilden sollten. Die Schuma-Angehörigen wurden aufgefordert, an der Gestaltung der Mitteilungsblätter durch eigene Erlebnisberichte mitzuwirken (s.u.). Inzwischen waren die ersten Schuma-Bataillone so weit ausgebildet, dass sie einsatzfähig waren. Im März 1942 wurde als eines der ersten lettischen Bataillone das Libauer Schuma-Bataillon 21 – das bereits an den »Judenaktionen« im Dezember 1941 beteiligt gewesen war688 – nach sechswöchiger Ausbildung mit einem feierlichen Gottesdienst verabschiedet, um an der Ostfront aktiv am »Kampf gegen den Bolschewismus« teilzunehmen. Die Libauer Bevölkerung, so ein Zeitungsbericht, versammelte sich zu Tausenden auf dem St. Annenkirchplatz; kurz vor 10 Uhr marschierte das Bataillon zu den Klängen eines lettischen Volksmarsches auf dem Platz ein und begab sich in die Kirche, die mit der Hakenkreuzfahne und der lettischen Nationalfahne zu beiden Seiten des Altars geschmückt war. Am Schluß des Gottesdienstes erklang das »Volksgebet«, die Nationalhymne »Gott segne Lettland«. Anschließend präsentierte das Bataillon vor Invaliden des 1. Weltkrieges und allen Be-
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hördenleitern Libaus eine Parade auf dem Kurischen Platz, ein Orchester intonierte die »Hymne Großdeutschlands«, das »Horst-Wessel-Lied« und schließlich »Gott segne Lettland«.689 Mit dem gemeinsamen Abspielen der deutschen und lettischen Hymne reagierte man vielleicht auf einen Bericht der EG A vom November 1941, der eine »grosse Enttäuschung« unter der lettischen Bevölkerung registriert hatte, als anlässlich der Verabschiedung lettischer Schutzmannschaften durch den BdO nur das Deutschland- und das Horst-Wessel-Lied gespielt worden waren.690 Am 10.5.1942 berichtete die Zeitung »Kurländisches Wort« über einen Kameradschaftsabend der deutschen Polizei mit dem Bartauschen Schuma-Bataillon (Schuma-Btl. 18), der auf Einladung von SS- und Polizeiführer Dr. Dietrich im Stadthotel Libau stattfand. Bartau war die südlich von Libau gelegene Grenzregion Lettlands zu Litauen. Neben Dietrich waren unter anderem auch Leutnant Frank, der Verbindungsoffizier E. Jakobson, und der Gebietskommissar Dr. Alnor zugegen. Alnor beschwor in einer Rede den gemeinsamen Kampf gegen den Feind Europas, der Kommandeur des Bataillons Gramatinsch versicherte, die Letten werden mit der ihnen eigenen Hartnäckigkeit kämpfen. Ein »Doppelquartett« trug patriotische lettische Lieder vor. Dem Kameradschaftsabend war bereits eine Abschiedsfeier des Bataillons bei den Niederbartauern vorausgegangen, denn auch die Bartauer Schuma bereitete sich auf den Abmarsch an die Front vor. Oberstleutnant Gramatinsch rief in seiner Rede die Unterdrückung durch das »Bolschwistenjoch« in Erinnerung. Noch Schlimmeres, nicht zuletzt die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft hätte gedroht, wenn die »Wehrmacht Großdeutschlands« Lettland nicht befreit hätte, denn für die Bolschewisten seien alle Letten Kulaken: »Der größte Teil unseres Volkes wäre den Vorhergegangenen in die Sibirische Taiga gefolgt.« Gramatinsch beschwor die »jüdischen Kommunisten und Kommissare« als Akteure und Feinde und rief zum Kampf gegen die »jüdisch-asiatische Willkür« und den Bolschewismus auf. Am 23.5. berichtete das »Kurländische Wort« über ein Konzert des Bartauschen Bataillons im Saal des Handwerkervereins von Libau. Gemeindevertreter aus Bartau, der Bürgermeister, Frank und Dietrich und andere führende Persönlichkeiten aus Libau waren zugegen. Aus Bartau waren Frauen in ihren »farbenprächtigen Nationaltrachten« gekommen. Ein Blasorchester trug die Kantate »Dem Vaterlande« des lettischen Komponisten Andrejs Jurjans vor, es folgten die Deutschen Tänze von Schubert, lettische Liedkompositionen und weitere Werke lettischer Komponisten (»Der melancholische Walzer« von E. Darsing und »Marsch der Einsamkeit« von A. Seylinsch). Am Abend wurde zu einem Abendessen mit ausgewählten Gästen ins Stadthotel geladen. Erneut erklangen neben deutschen und lettischen Liedern die deutsche und die lettische Nationalhymne sowie das Horst-Wessel-Lied. Es waren Freundschafts- und Verbrüderungsfeiern, die im Zeichen der Hoffnung eines »Neuen Europa« standen, in dem auch die Letten ihre »völkische Selbständigkeit« erhalten würden. Eine weitere Abschiedsfeier für lettische Freiwilligen-Bataillone (die Schuma-Bataillone 268 und 25, die anschließend in die Ukraine kommandiert wurden) folgte Mitte Juni 1942 in Libau, wiederum mit einem Gottesdienst in der St. Annen-Kirche. Die Kirche war mit Blumen geschmückt, am Altar war eine Ehrenwache mit der Hakenkreuzfahne und der lettischen Nationalfahne platziert. Der Gottesdienst wurde
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mit Wagners »Pilgermarsch« eingeleitet, ausgeführt von Musikern der Bataillone, es erklang das Lied »Wo Christus’ Kämpfer streiten, für Freiheit und für Recht«, in der Predigt wurde der »große Kampf gegen den asiatischen Bolschewismus« beschworen. Am Schluß des Gottesdienstes erklang wieder die lettische Nationalhymne. Neben Dr. Dietrich und Vertretern des Gebietskommissars war der Chef der niederländischen Zentralbank Rost van Tonningen anwesend, der zu diesem Zeitpunkt im Baltikum weilte, um eine Zweigstelle der von ihm geleiteten »Niederländischen Ost-Kompanie« in Riga zu gründen und die Möglichkeiten eines Osteinsatzes niederländischer Siedler zu eruieren.691 Der starke Appell an das lettische Nationalbewusstsein fand seinen Ausdruck auch in den Verpflichtungszeremonien. Bei der Vereidigung der lettischen Schutzmannschaften, die im Oktober 1942 in den Räumen der Libauer Polizeiverwaltung durch Leutnant Frank stattfand, wurde der Eid abgelegt: »Als zur Schutzmannschaft Gehöriger schwöre ich, dass ich zuverlässig, mutig, gehorsam meine dienstlichen Obliegenheiten im Kampfe gegen den Volksfeind – den Bolschewismus – nach bestem Gewissen erfüllen werde. Auf diesen Eid gebe ich mein Leben zum Pfand, so wahr mir Gott helfe.«692 Die feierliche Stimmung, so das »Kurländische Wort«, wurde noch »durch das vom Orchester intonierte Volksmotiv ›Mein Leib, meine Seele‹ gehoben.« Kein Eid also auf den Führer und das Großdeutsche Reich, sondern die Verpflichtung auf den antibolschewistischen Kampf, der dem litauischen Volk an der Seite Deutschlands erst die Freiheit brächte. Erst jetzt ermahnte Frank, der zuvor in seiner Rede die Zukunft Europas beschworen hatte, die Männer dazu, »immer an den Führer zu denken, der das neue Europa formt«. »Darauf durchbrauste den Saal ein donnerndes ›Sieg Heil‹ auf den Führer und die Deutsche Hymne.« Der Verbindungsoffizier der Schutzmannschaften Oberst Jakobson appellierte noch einmal an den lettischen Nationalstolz: »Seien wir zähe und standhafte lettische Eichen«, am Schluß erklang wieder das »Volksgebet«, die Hymne »Gott segne Lettland«.693 Die nationalkulturelle Unterbauung des lettischen Einsatzes prägte auch den Besuch der lettischen SS-Division, die inzwischen aus mehreren Schuma-Bataillonen gebildet worden war, im Juli 1943 in Libau. 4000 Libauer sollen zur Begrüßung ins Sportstadion gekommen sein, um dem Begrüßungsmarsch, der Eidablegung, den Reden und Paraden beizuwohnen. Allerdings war der lettische Nationalgedanke inzwischen gegenüber der Verpflichtung auf das Deutsche Reich und seinen Führer in den Hintergrund getreten. In die Mitte des Platzes wurde die Fahne Großdeutschlands als »Sieges- und Einigkeitssymbol« hineingetragen; vier Legionäre traten heran, fassten die Fahne mit den Händen und sprachen gemeinsam mit allen Legionären die Eidesformel, die wir hier nur aus der Zeitung wiedergeben können: »Sie gelobten, im Kampfe gegen den Bolschewismus unbegrenzten Gehorsam dem höchsten Führer der Deutschen Wehrmacht Adolf Hitler und als tapfere Kämpfer jederzeit bereit zu sein ihr Leben zu opfern und dass sie alles tun werden, damit die Bestie des Ostens niemals mehr ihr Land und Volk schändet und verwüstet.«
Nach Ablegung des Eides wurde »der Führer« gefeiert und die deutsche Hymne angestimmt. Der Generalinspekteur der lettischen Legion, Generalmajor Bangerski
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hielt eine Ansprache, in der er zum Kampf gegen den Bolschewismus als gerechten Kampf für Europa und das lettische Vaterland aufrief, und die er mit dem Ruf »Gott segne Lettland!« beendete. »Vereint mit tausenden Libauern erscholl der Gesang des lettischen Volksliedes aus den Kehlen der Legionäre und vereinte sich zu einer gewaltigen Hymne mit dem Rauschen des Meeres und der Linden.« Die Angehörigen der Division unternahmen anschließend eine Hafenrundfahrt und eine Besichtigungsfahrt zu ehemaligen Kampfstätten. Im Stadthotel wurde ein Festessen serviert, das Libauer Opern- und Schauspielhaus gab zum Anlass eine Festvorstellung.694 Die Erfahrungen mit den lettischen Freiwilligen waren jedoch gemischt. Nationalismus und Nationalstolz waren keineswegs die einzigen und durchgängigen Motive, sich den Deutschen anzuschließen. In einem Lage- und Tätigkeitsbericht zum Libauer Schuma-Bataillon 21, das inzwischen zum Fronteinsatz vor Leningrad gekommen war, konstatierte der Verbindungsoffizier Hauptmann Jacobs, der allgemeine Eindruck sei gut, allerdings hätten sich nicht alle aus innerer Überzeugung gemeldet, einige suchten nur das Abenteuer, andere seien aufs Beutemachen aus. Die Männer, die als politisch unzuverlässig angesehen wurden, waren von Jacobs unter dauernde Beobachtung durch Vertrauensmänner gestellt worden, die er im Bataillon eingesetzt hatte. Der von der Kampfgruppe – das Bataillon war der Kampfgruppe Jeckeln zugeordnet – aufgestellte Ausbildungsplan habe nur bruchstückhaft umgesetzt werden können; die Ausbilder gäben sich aber die beste Mühe, ihren lettischen Kameraden Front- und Kampferfahrungen zu vermitteln. In der Freizeit werde an der Ausgestaltung und Ausschmückung der Unterkünfte gearbeitet.695 In einem undatierten »Sonderbefehl« an die Männer des Schuma-Bataillons 21, vermutlich vom Spätsommer oder Herbst 1942, beklagte Jacobs schwere Misstände, die inzwischen aufgetreten seien. Moral und Disziplin seien ins Wanken geraten. Es habe Fälle von Kameradendiebstahl gegeben und für einige Männer sei nach wie vor das Beutemachen höchstes Ziel, Beutewaffen würden gegen Alkohol gehandelt – »eine Schande«: »Beute ist ein mittelalterlicher Begriff und unserer großen Zeit unwürdig.« Fälle von Desertion und Selbstverstümmelung seien vorgekommen, Uniform und Körperpflege würden vernachlässigt, die Grußpflicht nicht eingehalten: »Sobald ein Soldat sich körperlich vernachlässigt, ist er auch charakterlich nicht mehr einwandfrei.«696 Um der nachlassenden Disziplin entgegenzuwirken, ordnete der KdO im Dezember monatliche Belehrungen über Disziplin, Pflicht- und Ehrgefühl und allgemeine Verhaltensregeln an. Disziplin, vor allem militärische Disziplin stand allerdings von Anfang an im Mittelpunkt der Ausbildung. Der sechswöchige Ausbildungsplan für die Schutzmannschaften vom Oktober 1941 enthielt nur militärische Ausbildungsinhalte.697 Daran änderte sich in der Folgezeit nur wenig. Anläßlich der Aufstellung des Schuma-Bataillons 282 erteilte der KdO Lettland im März 1943 die Anweisung, die Ausbildung ausschließlich auf die »Bandenbekämpfung« abzustellen. Ein Hauptproblem für die Ausbildung und besonders für jeden weltanschaulichen und polizeikundlichen Unterricht waren mangelnde Sprachkenntnisse. Zwar wurde regelmäßig Deutschunterricht in den Revieren und Bataillonen angeordnet, doch weil es an Unterrichtsmaterialien und geeigneten Lehrkräften fehlte, konnte
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dieser Unterricht nicht wie geplant durchgeführt werden. Deshalb wurden nach einem Befehl des KdO vom 2.7.1942 für die gesamte lettische Schutzmannschaft deutsche Sprachkurse eingeführt. Begonnen wurde mit Lehrgängen für Offiziere und Unterführer, die Mannschaftsklassen sollten folgen. Ziel war, dass jeder die »Grundbegriffe der deutschen Sprache in Wort und Schrift« beherrschte; der Unterrichtsstoff sollte aus dem Bereich der Ordnungspolizei genommen werden. Die Kurse, deren Beginn auf den 15.7. gelegt wurde, sollten dreimal zwei Stunden in der Woche umfassen, drei Monate dauern und mit einer Prüfung abgeschlossen werden.698 Viel Energie wurde darauf verwandt, lettische Schutzmänner an der Gestaltung der Mitteilungsblätter zu beteiligen, die die wichtigste Schulungsgrundlage gebildet haben dürften und als Schulungsunterlagen für den Unterricht durch die Verbindungsoffiziere spätestens ab Juli/August 1942 auch an die Schuma gingen.699 Im Herbst 1942 waren »Erlebnisberichte« der lettischen Schuma in Arbeit, die 1943 in einem eigenen lettischen Heft erscheinen sollten; im Anschluß daran war auch ein ukrainisches, weißruthenisches, estnisches und litauisches Heft geplant. Über diese Erlebnisberichte wollte man den Nationalstolz in eine kampfbezogene Identifizierung mit den Einsatzgruppen kanalisieren: Die Berichte sollten propagandistische Wirkung entfalten und innerhalb der Polizei »dem Offizier und Wachtmeister den nötigen Stolz auf seine Formation und seine Uniform« vermitteln.700 Dies war umso wichtiger, als mittlerweile Zweifel an der »Befreiungsmission« der Deutschen aufkamen; zudem ging die Besatzungsverwaltung 1943 zur Zwangsmobilisierung lettischer Männer der Jahrgänge 1915-1924 für Waffen-SS, Wehrmacht und Arbeitsdienst über. Himmler kam der lettischen Nationalbewegung allerdings entgegen, als er im Herbst 1943 auch die staatliche Unabhängigkeit für Lettland in Aussicht stellte.701 zum Beispiel (Ost-)Ukraine Anders als in Lettland existierte in der Ukraine keine ausgeprägte nationalstaatliche Tradition: Nach einer kurzen Phase der Unabhängigkeit 1917/18 wurde die Ukrainische Volksrepublik (ohne Galizien) 1919 in eine Russische Volksrepublik und 1922 in eine Republik der Sowjetunion umgewandelt, während die Westukrainische Volksrepublik noch für kurze Zeit fortbestand und 1921 als Ostgalizien dem polnischen Staat angeschlossen wurde. Die westliche Ukraine – Ostgalizien um Lemberg und Westgalizien um Krakau – war bis 1918 Teil der Habsburger Monarchie gewesen, die östliche Ukraine hatte zum Zarenreich gehört. Vor allem in der östlichen Ukraine fehlte ein ausgeprägtes Nationalbewusstsein, die Unabhängigkeitsbewegung unter Bandera (OUN) war in der Bevölkerung des Ostens nur schwach verankert.702 Der Osteuropa-Experte und Ukraine-Berater des OKW Prof. Hans Koch hielt die Beherrschung der Ukraine deshalb für ein leichtes Spiel: »Die Bevölkerung ist durch die völlige Unterbindung des Bandera-Einflusses und durch eine geschickte deutsche Propaganda auf jedes gewünschte Ziel hinzuführen und mit je-
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der von Deutschland vorgeschlagenen Lösung, insbsondere einer Unterstellung unter deutsche Oberhoheit einverstanden und zufrieden, da sie politisch inaktiv ist und infolge des Fehlens jeder Führerschicht zu einer Eigenstaatlichkeit gar nicht imstande ist.«703
Der als Reichskommissar für die Ukraine eingesetzte vormalige Gauleiter von Ostpreußen Erich Koch hatte bekanntlich ein von primitiven kolonialistischen Vorstellungen geprägtes Ukraine-Bild: »Wir haben sie befreit; im Gegenzug dürfen sie kein anderes Ziel kennen als für uns zu arbeiten. Da darf es keine menschliche Kameradschaft geben… Streng genommen sind wir unter Negern… Die Bevölkerung ist einfach dreckig und faul. In meinem Gebiet wird jeder erschossen, der auch nur Anzeichen von Intelligenz zeigt…«704
Die Milizen, die auch hier nach dem Abzug der Sowjets zunächst entstanden waren, wurden aufgelöst und durch Schutzmannschaften ersetzt. »Die Schutzmannschaft soll der Polizei und der Gendarmerie den Handlangerdienst und die Schutzarbeit abnehmen«, hieß es in einem Befehl des KdG Shitomir vom 8.12.1941. Eine Bewaffnung sollte nur erfolgen, »wenn ein Bedürfnis hierfür vorliegt«, die Ausrüstung mit Pistolen und Maschinenwaffen war untersagt: »Häufig wird die Ausrüstung mit einem Stock die besten Dienste tun.« Als Richtlinien für die Ausbildung der Schuma wurde formuliert: »Den aufgestellten Schutzmannschaften sind zunächst einmal die Grundbegriffe preussischer Ordnung und Sauberkeit beizubringen. Es muss eine tadellose Unterkunftsordnung herrschen. Die formale Ausbildung erstreckt sich auf: Grundstellung und Haltung, Ehrenbezeugungen (militärische), Marschbewegung in der geschlossenen Ordnung, Gymnastik, Turnen und Sport. Eine besondere Ausbildung in den verschiedenen Zweigen der Exekutive ist zunächst unnötig. Die beste Ausbildung ist die Praxis.«705
Erst im Sommer 1942 finden sich Hinweise auf eine beginnende politische Propaganda- und »Betreuungsarbeit«. Ab 20. April 1942 erschien zwar ein eigenes Mitteilungsblatt Gruppe B des BdO Ukraine, das im Dienstunterricht vorzulesen und zu besprechen war; es ging aber laut Verteiler nur an die in der Ukraine stationierten deutschen Polizeibataillone und litauischen Schuma-Bataillone.706 Befehle des KdG Shitomir vom 5. und 6. Juni 1942 enthalten weiterhin nur Anweisungen zur Haltungserziehung, zur militärischen und »Kampfgruppen«-Ausbildung (s. u.). Eine systematische politisch-weltanschauliche Betreuung setzte erst im August 1942 ein, nachdem der BdO nähere Anweisungen zur Durchführung der am 24.6. von Himmler befohlenen »politisch aufklärenden Unterrichtung« herausgegeben hatte.707 Es handele sich, so die Anweisungen, um eine »politische Aufklärung im Allgemeinen und eine Unterrichtung über das deutsche Volk, seine Führung und seine Landschaft im
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Besonderen«. Die Art der Durchführung wurde ins freie Ermessen der Aufsichtsoffiziere gestellt; wegen der Dringlichkeit des Waffendienstes sei dieser Unterricht vorerst nur zweimal im Monat anzusetzen. Der PSL werde von Zeit zu Zeit zur »Anregung und Ergänzung« geeignete Kurzvorträge herausgeben.708 Solche »Anregungen« erschienen daraufhin laufend unter dem Titel »Beiträge zur politischen Betreuung der Schutzmannschaften«. Vorwiegend waren es Schilderungen aus einer ukrainischen Perspektive, die Bewunderung für Deutschland erregen und die gewünschte propagandistische Wirkung erzielen sollten. Typische Themen waren zum Beispiel im September 1942 »Zum ersten Mal in Deutschland« und »Was schreiben Ukrainer aus Deutschland?« Nach einem Besuch in Deutschland schreibt ein Ukrainer: »In Deutschland sieht ein Dorf aus wie ein Schmuckstück« … »Trotzdem der Krieg schon drei Jahre dauert, sind alle Felder in Deutschland bestellt und frei von Unkraut.« Nach dem Besuch der Kleinstadt Sagan in Niederschlesien wird sie als ein »Prunkstädtchen« beschrieben: »Schlamm auf den Straßen findet man überhaupt nicht. Sagan ist eine bildschöne Stadt und so sauber, dass man sich geniert, die Asche von der Zigarette auf die Strasse zu werfen. – Meine Rückkehr in die Ukraine kam mir vor, als kehrte ich in die Vergangenheit zum vorigen oder früheren Jahrhundert zurück.«709 Diese ehrfurchtgebietende Erziehung spielte auch in Hitlers architektonischen Plänen zur Umgestaltung Berlins eine Rolle: »Einmal im Jahr wird dann ein Trupp Kirgisen durch die Reichshauptstadt geführt, um ihre Vorstellung mit der Gewalt und Größe ihrer steinernen Denkmale zu erfüllen.«710 Diesen Zweck erfüllten auch die Deutschland-Reisen ukrainischer Abordnungen, die im Sommer und Herbst 1942 vom Ostministerium organisiert wurden. Vermutlich flossen Erfahrungen aus diesen Reisen in die Berichte der »Politischen Betreuung« mit ein. So könnte beispielsweise der Bericht über die Stadt Sagan im Zusammenhang mit einer Rundreise ausgewählter ukrainischer Bauern durch Schlesien im Juli 1942 gestanden haben, auf denen ihnen landwirtschaftliche Musterbetriebe vorgestellt wurden. Im Sommer 1942 wurden mehrmals Deutschland-Reisen für Abordnungen ukrainischer Bauern organisiert, auf denen sie zuerst durch die Reichshauptstadt geführt und anschließend nach Nürnberg begleitet wurden, um dort das Reichsparteitagsgelände zu bestaunen; auf dem Programm standen weiterhin Besichtigungen ausgewählter landwirtschaftlicher und industrieller Betriebe.711 Sauberkeit und Ordnung gehörten zu den grundlegenden Sekundärtugenden, die den Schutzmannschaften vermittelt wurden. Im August hatte der PSL des BdO Ukraine demgegenüber zwei Beiträge – »Das neue Werden im Osten Europas« und »Die Verbundenheit des Deutschtums mit den Völkern Osteuropas« – verschickt, die schon eher für eine weltanschaulich-politische Schulungsarbeit geeignet waren und immerhin Ansätze einer wie auch immer abstrusen Rechtfertigung des Krieges mit der Sowjetunion als Entscheidungskampf gegen den »jüdischen Bolschewismus« lieferten: »Die deutsche Politik im Osten ist die Besinnung und das Zurückgreifen auf altes europäisches Siedlungsland. Wenn die germanisch-deutschen Kolonisten und Kaufleute im
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Laufe der Jahrhunderte in die osteuropäischen Vorlande vorgedrungen sind, dann sind sie von den Herrschern der dort wohnenden Völker gerufen worden. Sie brachten nicht Raub und Vernichtung, Brand und Mord, Tod und Verderben, sondern der Erfolg ihres Wirkens waren fruchtbare Äcker, blühende Städte, ragende Bauten und künstlerische wissenschaftliche Werke von höchstem Wert. Demgegenüber hat der kulturverneinende und völkervernichtende Bolschewismus die vorhandenen Kulturen sowie die freie Entwicklung der europäischen Volksteile in Russland nicht nur nicht gefördert, sondern in jeder Weise verhindert. Denn der Bolschewismus, den die litauischen, estnischen, lettischen, weissruthenischen und ukrainischen Völker in ihrer verheerendsten Weise besonders kennengelernt haben, ist nicht europäischer, aber auch nicht eigentlich russischer, sondern jüdischer und asiatischer Natur. Das Judentum hat den Bolschewismus, der zur Herrschaft des Terrors, des Hungers, des Verbrechens und des potenzierten Wahnsinns führt, zur Macht gebracht.«
Der Beitrag über die »Verbundenheit des Deutschtums mit den Völkern Osteuropas« suchte in einem weit ausholenden historischen Überblick nachzuweisen, dass Osteuropa uraltes germanisches Siedlungsgebiet war und alle kulturellen und zivilisatorischen Leistungen einschließlich der Staatengründungen in diesem Raum das Werk germanischer Kolonisatoren waren, die stets nur mit guten Absichten kamen, Wohlstand und Reichtum brachten und Bollwerke gegen die »Völkerhorden des asiatischen Ostens« errichteten. Nur an deutscher Seite und unter deutscher Führung, nicht aus eigener Kraft, so die Botschaft und der einhellige Tenor aller Theorien über das Slawentum, seien die Völker des europäischen Ostens zu nachhaltigen kulturellen Leistungen und Staatenbildungen fähig.712 Daraus folgte auch, dass ukrainische oder weissruthenische Polizei nur als Hilfskraft unter deutscher Führung agieren konnte. Diese und andere Beiträge des PSL bildeten zusammen mit den Mitteilungsblättern Gruppe B die Grundlage für die Schulung der Schutzmannschaften. Im September 1942 schrieb der KdO Shitomir, eine politische Betreuung der Schuma-Bataillone sei erst nach und nach möglich, da die Bataillone derzeit noch in Aufstellung begriffen seien: »Um jedoch die politische Aufklärung der Schutzmannschaften anlaufen zu lassen, bitte ich an Hand der in Abschrift zugegangenen Kurzvorträge, sowie geeigneter Artikel aus den Tageszeitungen, dem Politischen Informationsdienst, den SS-Leitheften und den Mitteilungsblättern für die weltanschauliche Schulung mit dem politischen Unterricht zu beginnen. Die weitere Zustellung von Kurzvorträgen wird fortgesetzt.«713
Das Schreiben ging unter anderem an die Schuma-Bataillone 108, 109 und 110, die alle drei 1942 an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung beteiligt waren.714 Der Aufsichtsoffizier des Schuma-Bataillons 109 Hauptmann Wegner teilte daraufhin mit, er habe bereits »aufklärende« Schriften beschafft, die in ukrainischer Sprache das Leben in Deutschland und die Bedeutung des Kampfs gegen den Bolschewismus schilderten. Zweimal im Monat werde anhand dieser Texte Unterricht durch ukrainische Offiziere abgehalten, der von volksdeutschen Esten überwacht werde.
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Da man über umfangreiches Material der Propagandaabteilung verfüge, habe man vielen Schutzmännern dieses Material an die Hand geben können. Derzeit würden auch die Anlagen, die man vom BdO erhalten habe, ins Ukrainische übersetzt, um sie für den Unterricht verwenden zu können.715 Im August 1942 war die Schrift »Wie lebt der deutsche Arbeiter?« in ukrainischer Sprache vom KdG Shitomir versandt worden.716 Von den Schupo-Dienstabteilungen, die dem KdO Shitomir unterstanden, gingen ebenfalls bis Mitte Oktober Berichte ein. Resümierend kommentierte der SSPF Shitomir, der die Berichte an den BdO in Kiew weiterleitete: »Durch Verteilung des inzwischen gelieferten Propagandamaterials wird die Unterrichtstätigkeit weiter gefördert.«717 Die Dienstabteilung Winniza meldete, die »politische Betreuung« der ukrainischen Schutzmänner werde seit längerer Zeit »unterrichtsmäßig« durchgeführt; den Unterricht erteilten deutsche Revierführer mit Unterstützung von Dolmetschern: »Da die sprachliche Verständigung immer noch Schwierigkeiten bereitet, sind die Schulungsredner angewiesen, das zum Gegenstand des Unterrichts vorliegende Material zuvor eingehend mit den zur Verfügung stehenden Dolmetschern zu besprechen. Diese Methode ist deshalb von maßgeblicher Bedeutung, weil der Sprachmittler selbst den Unterrichtsstoff erfasst haben muß, um ihn gedankenmäßig übertragen zu können. Im Beisein des Schulungsredners führt nun dieser den Unterricht durch und gestaltet ihn durch Fragestellung lebhafter. Bei Schwierigkeiten im Stoff gibt der Schulungsredner die erforderliche Auskunft und Richtlinien.«
Diese Form des Unterrichts werde wöchentlich an zwei verschiedenen Stunden durchgeführt. »Das Interesse der Ukrainer an diesem Unterricht ist daran zu erkennen, dass sie sich nachträglich lebhaft darüber unterhalten.« Die Dienstabteilung Shitomir teilte dagegen mit, dass bis dahin nur Offizieren und Revierführern der Schuma Kurzvorträge erteilt wurden; das Material entnahm man den SS-Leitheften, dem Völkischen Beobachter und dem Schwarzen Korps. Auch hier stützte man sich auf Dolmetscher. Aus den Vorgesetzten der Schutzmannschaften würden geeignete Schulungskräfte ausgesucht, deren Vorträge durch Dolmetscher überwacht würden.718 Aus Berditschew schrieb der Revierleutnant Albrecht, man habe bereits seit Anfang des Jahres laufend eine »politische Betreuung und Aufklärung« der Schutzmannschaft durchgeführt, allerdings zunächst nur für Volksdeutsche, Führer und Unterführer. Ihnen sei ein »Überblick über den deutschen Menschen, seine Lebensführung und Haltung« gegeben worden. Als Anschauungsmaterial kamen Ansichtskarten, Illustrierte, »veraltete überholte Prospekte der Verkehrsvereine usw.« zur Verwendung. In der Sprache des Kolonialherren fährt Albrecht in seinem Bericht fort: »Staunen und Bewunderung haben insbesondere die vom Zigarettenbilderdienst herausgegebenen Sammelwerke ›Deutschland erwacht‹ und ›Adolf Hitler‹ hervorgerufen. … Das herumgereichte Material war schwer oder überhaupt nicht wieder herein zu bekommen. Entweder haben die Leute hiermit ihr Zimmer geschmückt oder es als Kleinod verwahrt. Auch heute noch kann man dem Schutzmann mit einer Ansichtskarte aus Deutschland
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große Freude machen. Die Wirkung solcher Kleinigkeiten darf nicht unterschätzt werden, da z. B. die Bilder und Karten voller Stolz den Angehörigen, Bekannten usw. gezeigt werden und zwangsläufig zu einem Vergleich mit den hiesigen schlechten Verhältnissen führen.«
Darüber hinaus wurden aber auch Tagesereignisse und die »Judenfrage« besprochen. »Besonderes Interesse wurde bei der Behandlung des Judenproblems gezeigt, das in Berditschew, wo früher 72% Juden wohnten, besonders aktuell war. Der Jude wird allgemein abgelehnt. Sogar die Häftlinge lehnten es ab, mit Juden und halbjüdischen Personen zusammenzuarbeiten.«719 Albrecht sprach hier schon in der Rückschau; denn bis Juli 1942 waren die letzten der einst 20 000 Juden in Berditschew von deutscher Ordnungs- und Sicherheitspolizei in Zusammenarbeit mit der ukrainischen Hilfspolizei ermordet worden.720 Nachdem man die Volksdeutschen, Führer und Unterführer durch Ansichtskarten, Werbeprospekte und kulturelle Veranstaltungen davon habe überzeugen können, dass die Lebenshaltung in Deutschland »besser, ja vorbildlich und erstrebenswert« sei und ein Vertrauensverhältnis entstanden sei, würden »nunmehr auch den Männern wöchentlich Kurzvorträge gehalten.« Als Redner wurden zwei Kompanieführer eingesetzt, die im Zivilberuf »Schulwirtschaftsleiter« und Lehrer waren.721 Etwa zeitgleich mit der Aufnahme einer »politischen Betreuungsarbeit« widmete man sich auch der Ausbildung eines eigenen Unterführerpersonals für die Schuma. Im Mai 1942 ordnete der HSSPF Russland-Mitte die Errichtung eines Referates »Fremdländische Schutzmannschaften« in seinem Stab an, das für Werbung, Aufstellung, Versorgung, die »Handhabung von Zucht und Ordnung«, Beförderungen und Auszeichnungen zuständig sein und Richtlinien für die Ausbildung erstellen sollte. Gleichzeitig erteilte er den Auftrag, eine Unterführerschule zu errichten: »Zur Heranbildung eines Führer- und Unterführerkorps richtet der Referent sofort eine Ukrainerschule ein. Er zieht dazu aus den Einheiten geeignete Ukrainer heraus. Die Ukrainerschule wird dem Referenten taktisch, wirtschaftlich und disziplinarisch unterstellt.«722 In jedem der sechs Generalbezirke der Ukraine sollte eine SchumaSchule entstehen. Noch unter dem Einfluß der OUN entstanden zum Beispiel Ausbildungsstätten in Charkow, die im September 1942 bereits von 900 Männern besucht wurden; der Unterricht erfolgte in ukrainischer Sprache und bezog auch Hilfskräfte der Sipo und des SD mit ein.723 In der Region Shitomir begannen im Juni 1942 Lehrgänge von sechs bis acht Wochen für ausgewählte Schuma-Angehörige, die anschließend als Ausbilder in den Schuma-Bataillonen eingesetzt werden sollten. Im weltanschaulichen Unterricht wurden die Juden als »gemeinsamer Feind der europäischen Völker« und als Träger des Bolschewismus dargestellt. Die Rekruten wurden auch hier auf den Kampf gegen den »völkermordenden Bolschewismus« eingeschworen und hatten sich schließlich in einem Eid auf diesen Kampf zu verpflichten und diese Verpflichtung schriftlich zu unterschreiben, bevor sie in die Schutzmannschaft aufgenommen wurden.724 Die Angehörigen der Schutzmannschaften unterstanden auch der SS- und Polizeigerichtsbarkeit und waren entsprechend zu unterrichten; nach einer Anweisung des HSSPF Russland-Mitte war diese
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Unterrichtung von jedem zu bescheinigen.725 Solche »Schuma-Schulen« entstanden auch in Weissrussland. Sie waren keine selbständigen Einrichtungen, sondern unterstanden deutschem Personal und wurden als Zug- und Unterführerschulen in vielen Fällen auch deutschen Polizeibataillonen zugeordnet; so wurde beispielsweise auf Befehl des HSSPF Russland-Mitte hin im Juni 1942 dem PB 51 das Ausbildungsbataillon und dem PB 122 die Unterführerschule für ukrainische Schutzmannschaften in Mogilew in Weißrussland »zugeführt«. Das Schuma-Bataillon 57 wurde durch das PB 3 aufgebaut und ausgebildet usw. 726 Die Zeitschrift »Die deutsche Polizei« berichtete bereits 1941 von einem Lehrgang für Ukrainer unter Leitung eines deutschen Polizeimeisters im polnischen Przemysl.727 Zwei Jahre später erschien ein Bericht des SS-Kriegsberichterstatters Schwertfeger, der den Eindruck vermittelte, als sei inzwischen ein Netz von Schulen in der Ukraine entstanden. Am Beispiel einer »Hauptschule«, auf der Angehörige ukrainischer Schutzmannschaften zu Unterführern ausgebildet wurden, wird in dem Bericht von Schwertfeger auch ein didaktisches Konzept vorgestellt: danach sprach ein Lehrer auf Deutsch vor, ein Dolmetscher übersetzte das Vorgetragene; die durchgesprochenen Themen wurden den Teilnehmern abends noch einmal diktiert, so dass sie selbst geschriebene Hefte als Lehrgrundlage und Gedächtnisstütze zur Verfügung hätten. Die Leitung der Schule hatte ein deutscher Polizeioffizier inne, dem ein Polizeimeister, ein Hauptwachtmeister, zwei Unterführer und zwei Dolmetscher beigeordnet waren.728 Nachgewiesen sind für 1942/43 Schuma-Schulen unter anderem in Pogrebitsche und Korosten für den Distrikt Shitomir sowie Maloryta für Brest, in Weißrussland bestanden entsprechende Schulen mindestens in Minsk, Vyleika und Mogilew.729 Nachdem im Mai die Aufstellung von Richtlinien für die Schuma-Ausbildung angeordnet worden war, begann im Sommer eine Folge schulmäßig institutionalisierter Lehrgänge. In Pogrebitsche etwa fanden von Juli bis Oktober vier Lehrgänge nacheinander von jeweils vier Wochen Dauer für Schuma-Unterführer statt; bei der Auswahl der Männer sei, so der Gebietsführer, ein strenger Maßstab anzulegen, da die Lehrgänge den »Grundstock« für den Ausbau der Schutzmannschaften bilden sollten.730 Auf dem Lehrplan standen stets auch dezidiert antijüdische Themen, die die rassenpolitische Praxis begleiteten.731 Die Lehrgänge in Pogrebitsche fanden in den Baracken auf dem Gelände eines ehemaligen Kriegsgefangenenlagers statt, das 1942 auch noch als »Judenlager« gedient hatte. Der Eröffnung der Schule war die Vernichtung der hier noch verbliebenen Juden vorausgegangen, denn im Juni 1942 ordnete der SSPF von Koziathyn die Exekution der Juden an, die noch in den Baracken von Pogrebitsche untergebracht waren; ukrainische Hilfskräfte gaben die Anweisungen der Deutschen an die Juden weiter, zwangen sie sich auszuziehen und sicherten die Exekutionen ab, die von einem SD-Kommando aus Berditschew durchgeführt wurden.732 Die Lehrgänge bezogen auch die volksdeutsche (Hilfs-)Gendarmerie mit ein. Die deutschen Dienststellen suchten nach Möglichkeit Unterführerpositionen mit Volksdeutschen zu besetzen und gaben ihnen daher auch eine Präferenz bei der Abordnung zu Lehrgängen.733 Zum Beispiel erging am 6.6.1942 durch den KdG Shitomir für die Gendarmeriehauptmannschaft Korosten ein Sonderbefehl, nach dem die dort bereits eingerichteten Lehrgänge in Zukunft die Bezeichnung »Gendarmerie-
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und Schutzmannschule« tragen sollten. Zu den Lehrgängen sollten jeweils drei Schutzmänner je Gebiet und Gendarme nach Bedarf abgeordnet werden. Nach dem abgelaufenen Lehrgang sollten 7 Gendarme und 10 Schutzmänner als Ausbilder an der Schule bleiben, ein deutscher Gendarmeriemeister wurde zum Schulleiter ernannt. »Ich lege Wert darauf, dass jeder in Zugführerstellen befindliche Schutzmann und jeder volksdeutsche Schutzmann hier durchgeschult wird.« Im Mittelpunkt der Ausbildung stand die Erziehung zu einer »ordentlichen Körperhaltung« als »Grundlage der Manneszucht« nach deutschen Kommandos, Waffenausbildung und die Ausbildung in kleinen Kampfgruppen: »Ich denke insbesondere an die Durchführung von Untersuchungen, den Kampf mit Banden und die Verteidigung der Postengebäude verbunden mit Angriffshandlungen. Dabei ist besonders Wert auf die Feuerzucht, auf gezielte Schüsse [zu legen] – nur gezielte Schüsse haben Wert…«.734 Die Lehrgänge waren als Unterführerschule für Volksdeutsche und eine Auslese von Schutzmännern gedacht, die anschließend als Ausbilder in den Gebieten herangezogen werden sollten. Jeder Gendarmerie-Posten sollte künftig mit einem »durchgeschulten« Gendarm besetzt sein. Für die Gendarmerie-Posten galten seit dem Mai 1942 Ausbildungsrichtlinien, nach denen an drei Tagen die Woche jeweils zwei Stunden für die Ausbildung – Waffenausbildung, taktischer Einsatz etc. – vorgesehen waren. Streifen- und Zugführer erhielten einen zusätzlichen Unterführerunterricht von jeweils einer halben Stunde an vier Tagen die Woche. »Hier kommt es auf folgendes an: a) Auftreten vor der Front und Befehlssprache. b) Erziehung zum klaren Denken und Entschluß (richtige Beurteilung einer Lage). c) Durchführung einer Aufgabe gemäß Entschluß unter Darstellung von Feindeinwirkung.«735 Im April 1943 erließ der BdO neue Richtlinien für die Ausbildung der Schuma. Sie betonten noch einmal die instrumentalistische Intention, formulierten aber darüber hinaus das Ziel, ein eigenes ukrainisches Unterführer- und Führungspersonal heranzubilden: »Das Endziel der Ausbildung ist, eine aus der ukrainischen Bevölkerung stammende, fest gefügte Polizeitruppe zu schaffen, die, zunächst unter deutscher Führung nach entsprechender Festigung, bei den untersten Führern beginnend nach und nach in ukrainische Hand unter deutscher Aufsicht übergeht.« Die reichs- und volksdeutschen Unterführer und Ausbilder der Schuma-Bataillone seien den Anforderungen nicht immer gewachsen; für sie sollten zunächst sechswöchige Lehrgänge in allen KdO-Bereichen organisiert werden, danach sollte die Ausbildung des ukrainischen Führungspersonals folgen. Im Mittelpunkt der Ausbildung würde die Gelände- und Schiessausbildung stehen. Der Plan war die Errichtung eines dreistufigen Systems von Polizeischulen, die jeweils auf die höhere Stufe vorbereiten und entsprechendes Ausbildungspersonal heranbilden sollten: »Die weitere Ausbildung der Schutzmänner in den KdO-Bereichen ist in der Übergangszeit so durchzuführen, daß die an den Schutzmannschaftshauptschulen ausgebildeten Männer den Gendarmerie-Gebietsführern als Ausbilder für die Lehrgänge in den ›Schutzmannschaftsgebietsschulen‹ zur Verfügung gestellt werden. Die Gendarmerie-Gebietsführer bereiten ihrerseits die Schuma ihres Gebietes in diesen Schulen auf die spätere Teilnahme an der Hauptschule vor.«
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Gedacht war an ein System aus Schuma-Gebietsschulen, Schuma-Hauptschulen und einer »Höheren Schuma-Schule« beim Sitz des BdO.736 Nähere Hinweise auf einen politischen oder weltanschaulichen Unterricht, der über die zweimal im Monat angesetzten Kurzvorträge in den Bataillonen und Dienststellen hinausging, enthalten all diese Dokumente nicht. Allerdings ging es in den meisten Lehrgängen auch lediglich um eine auf die militärische Praxis ausgerichtete Kurzausbildung für Zugführer. Generell betonen die Ausbildungspläne für die Schutzmannschaften vor allem den Aspekt der Disziplin, so dass sich eher der Eindruck einer Zurichtung einstellt: »Der Dienst ist mit aller Strenge durchzuführen und jede Nachlässigkeit im Dienst ist sofort zu ahnden. Nötigenfalls sind die Männer zur Bestrafung zu melden«, so stellte sich der neue Aufsichtsführer der Schutzmannschaft in Kasatin im Oktober 1942 mit seinen Ausführungen zur Ausbildung vor.737 Eine Anweisung des SS-Polizeigebietsführers Kasatin vom Februar 1943 an die Postenführer betonte vor allem die Aufgabe, sich Respekt zu verschaffen: »Jeder Gendarm hat die Pflicht, die Schutzleute zu beaufsichtigen und Verstöße jeglicher Art sofort an Ort und Stelle zu melden. Es ist besonders darauf zu achten, dass die Schutzleute der Grußpflicht nachkommen.« Für die Woche vom 16. bis 22.5.1943 ist ein TagesAusbildungsplan des Gebietsführers für neu eingestellte Schutzmänner erhalten, der dieses Bild eindrucksvoll bestätigt: 7.00-7.30 Grundstellung 7.30-7.50 Wendungen 8.00-8.50 Ehrenbezeugungen: a) Vorbeigehen in gerader Haltung b) Grüßen durch Anlegen der rechten Hand an die Kopfbedeckung 9.10-10.00 Unterricht durch Leutnant Münch. Themen: 1. a) Allgemeine Pflichten der Schutzmänner; b) Besondere Pflichten der Schutzmänner 2.) Benehmen gegen Vorgesetzte 3.) Grußpflicht 4.) Wachtdienst a) Allgemeine Postenanweisung b) Besondere Postenanweisung 10.10-11.00 Antreteübungen 11.00-11.30 Zugdienst 14.00-14.50 Grundstellung und Wendungen (je 25 Minuten) 15.00-15.50 Ehrenbezeugungen und Antreteübungen (je 25 Minuten) 16.00-16.50 Gewehrgriffe 17.00-18.00 Gewehrreinigung. Dabei waffentechnischer Unterricht.738
Kombiniert mit einer propagandistischen Arbeit, die vor allem Bewunderung und Ehrfurcht vor den Deutschen und Haß auf den »jüdischen Bolschewismus« erregen sollte, zielte die Ausbildung der Schuma darauf ab, eine gefügige, für die Zwecke der Besatzungsmacht flexibel einsetzbare Hilfspolizeitruppe zu schaffen.
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Auf der Suche nach »Bündnispartnern« wuchs aber in der Endphase des Krieges die Bereitschaft, auch den Ukrainern etwas mehr an weltanschaulicher Schulung zuzugestehen. Ein Konzept des SS-Hauptamtes sah ein gestaffeltes Verfahren vor, das wenigstens das ukrainische Führungspersonal in die SS-Schulung einbezog. Als ein zentraler Anknüpfungspunkt der Schulungsarbeit wird weiterhin der »natürliche Judenhaß« der Ukrainer hervorgehoben; deshalb müsse »der Jude als geheimer Führer aller internationalen Mächte: der Freimaurer, des Kapitalismus und des Bolschewismus« dargestellt werden. Ziel war jetzt die »Heranbildung und Förderung einer volksverbundenen ukrainischen Führungsschicht«, die in der Lage wäre, die Schulungsarbeit in den ukrainischen Verbänden selber zu tragen. Eigene Stärken und »positive Kampfziele« (wie der Kampf gegen Judentum und Bolschewismus als gemeinsame europäische Aufgabe) sollten hervorgehobenen werden; Greuelschilderungen über den Bolschewismus, wie sie vorher in der Propaganda üblich waren, sollten zurücktreten, weil sie inzwischen keine Antriebs-, sondern zusätzliche Angstfaktoren bildeten. Bei der Schulung der Mannschaften müsse man abstrakte Gedankengänge vermeiden, einfache Beispiele und die »Sprache der Tatsachen« sollten genügen. Bei Unterführern sei die »Schlagfertigkeit in einfachen Streitgesprächen« zu fördern, während die ukrainischen Führer eine umfangreiche Schulung erhalten sollten, die mit Vortragsübungen und schriftlichen Ausarbeitungen verbunden wäre. Als Schulungsgrundlage wurden neben den SS-Leitheften einige inzwischen auch in ukrainischer Sprache erschienene Schriften des SS-Hauptamtes genannt: die Schulungstexte »Europa und der Bolschewismus«, »Amerikanismus, eine Weltgefahr« und die Folge »Das neue Europa«, von der bereits 6 Ausgaben in ukrainischer Sprache erschienen waren, bei denen es sich im Wesentlichen um Flugblattsammlungen für Weissrussen und Ukrainer handelte. Im Vordergrund stand der gemeinsame Kampf der europäischen Völker gegen Judentum und Bolschewismus unter deutscher Führung.739
Materialien Stoffsammlungen für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei: A1 A2 A3 A4 A5 A6 A 6a A7 A8 A9 A 10 A 11 A 12 A 13 A 14 A 15 A 16 A 17 A 18 A 19 A 20 A 21 A 22 A 23 A 24 A 25 A 26 A 27
Unser Geschichtsbild (1937) Germanische Frühgeschichte/Frühzeit Die Steinzeit Brauchtum als Ahnenerbe Die hohe Kultur der Bronzezeit Rückblick auf das Germanentum der Bronzezeit Die germanische Landsuche und die Gründung großer Reiche (Januar 1938) Hermann der Cherusker – Der Befreier Germaniens Das Frankenreich Ausweitung des deutschen Raumes nach Osten und Norden Der große Gotenkönig Theoderich d. Gr. (Dietrich v. Bern) Aus dem Leben unserer Vorfahren und Germanen Die Vernichtung des germanischen Freibauerntums Kaiser Karl I. und der Sachsenherzog Widukind Urchristentum und Beginn der päpstlichen Machtpolitik Deutsches Leben im Mittelalter Die Rechtsordnung – eine Lebensordnung ? Vom germanischen Stammesstaat zum germanischen Reich deutscher Nation ? Die Päpste wollen die deutschen Kaiser beherrschen Schutz der nationalen Ehre und der nationalen Symbole Der Revolutionär Luther und die Gegenreformation ? Der Ostraum in der deutschen Geschichte Der Neuaufbau des Reichs und das Reichsgebiet (März 1938) Die Führung des Reichs (Staat und Partei) Der Reichsbürger (Vom Glied der Sippe zum Reichsbürger), mit einer Anlage: Tafel »Die Nürnberger Judengesetze«. A 28 Reichsarbeitsdienst und Wehrmacht A 29 Germanische Religiosität – religiöse Unduldsamkeit A 30 Arbeit und Eigentum (Von der Hauswirtschaft zur verpflichteten Volkswirtschaft des III. Reiches) A 31 Der Aufbau Preußens durch den großen Kurfürsten und den Soldatenkönig A 32 Friedrich d. Gr. erhebt Preußen zur europ. Macht A 33 ? A 34 Ausgestaltung der Lesestunden A 35-40 ? A 41 Die jüdischen Grundlagen der Freimaurerei und die Logenarbeit des 18. Jh. (September 1938) A 42 Komintern und Sowjetunion A 43 Die Folgen des 30jährigen Krieges A 44 Deutschland vor dem Weltkrieg A 45 Der Weltkrieg
552 A 46 A 47 A 48 A 49 A 50-53 A 54 A 55 A 56 A 57 A 58 A 59 A 60 A 61 A 62-64 A 65 A 66-67 A 68 A 69-73 A 74 A 75 A 76 A 77 A 78 A 79
MATERIALIEN
Der Zusammenbruch bis zum Aufbruch Der Jude in der deutschen Geschichte ? Der gestirnte Himmel über mir ? Deutsche in aller Welt Frontgemeinschaft: Der Kern des neuen Deutschland Der Kampf gegen die Landflucht Die deutsche Kolonialfrage (April 1939) Ahnenerbe und Volkszukunft Das Recht in der deutschen Geschichte (Bildband) ? Deutsche Volkskunst ? Die südamerikanischen Staaten ? Der Donauraum ? Englands schwache Punkte Deutschland – eine englische Kolonie (Februar 1940) Juda in England Das deutsche Weissbuch entlarvt die Kriegshetzer (April 1940) Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit (Mai 1940) Deutschlands Schicksalskampf im Westen (Juni 1940)
Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei 1940: Heft 1: Frankreichs Propaganda und die Wirklichkeit Heft 2: Deutschlands Schicksalskampf im Westen Heft 3: Kampf ums Mittelmeer Heft 4: Deutschlands Recht auf Kolonien Heft 5: Die Neuordnung des Balkans und seine Bedeutung für Deutschland Sonderheft Norwegen 1941: H. 1: Deutsches Blut in aller Welt H. 2: Das Reich H. 3: Deutsches Volk1 H. 4: Der deutsche Lebensraum H. 5: Die Blutsgemeinschaft der germanischen Völker und das großgermanische Reich H. 6: Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus H. 7: Die anglo-amerikanische Welt H. 8: Bolschewismus – jüdisches Untermenschentum H. 9: Rote Weltrevolution Sonderhefte: (1) Theodor Seibert, Das amerikanische Rätsel (2) Elsaß und Lothringen – deutsches Land (3) Grenzkampf Ost = Der Kampf um die deutsche Ostgrenze (Ein Längsschnitt von der frühgermanischen Zeit bis zur Jetztzeit)
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1942: H. 1: Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg H. 2: Weltkrieg im Pazifik. USA gegen Japan. H. 3: Die Schlacht im Atlantik H. 4: Deutschland ordnet Europa neu! H. 5: Darré, Neuordnung unseres Denkens H.6: Atlantische Seegeltung H. 7: Der Dollar rollt H. 8: Die lebensgesetzlichen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung H. 9: Der Kampf um das Reich Sonderheft: SS-Mann und Blutsfrage 1943: H. 1 Sicherung Europas, T. I H. 2 Bauerntum, T. I und II H. 3 Sicherung Europas, T. II H. 4 bis 6: Rassenpolitik T. I-III H. 7 Der Weg der NSDAP H. 8 Das Reich und Europa H. 9 ? H.10 Amerikanismus eine Weltgefahr 1944: H. 1: Europa und der Bolschewismus.
Weltanschauliche Schulungsfilme der Technischen Polizeischule Berlin (um 1942)2 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21.
Einsatz von Nachrichtenstaffeln der Polizei bei den XI. Olympischen Spielen Polizeifünfkampf in Halle a.d. Saale vom 25.-27.9.1936 Tag der Deutschen Polizei und der 30. Januar 1937 Verleihung von 2000 SA-Sportabzeichen an die Schutzpolizei durch Stabschef Lutze Der 20. April 1937, der Geburtstag des Führers Der 1. Mai 1937 in Berlin Deutsche Polizeimeisterschaften in der Leichtathletik und im Mannschaftsgepäckmarsch vom 6.-8. August 1937 in Frankfurt am Main Die italienische Regierungschef Mussolini als Gast des Führers in Deutschland Reichsparteitag der Arbeit 1937 Ein Reich, ein Volk, ein Führer – Österreich 1938 Horthy in Berlin Reichsparteitag Großdeutschland 1938 Hubertusjagd der Ordnungspolizei in Rathenow 1938 Die Deutsche Polizei beglückwünscht Generalfeldmarschall Göring zu seinem 45. Geburtstag Deutschlands Polizei 4 Tage im Skikampf 1939 in Kützbühel Deutsche Polizeimeisterschaften in Frankfurt a. d. Oder 1939 Deutsche Polizei in Polen 1939 Tag der Deutschen Polizei 1939 Tag der Deutschen Polizei 1939 (Ausschnitt aus Wochenschauen) Stimmungsbilder von der Besetzung Sudetendeutschlands 1939 Der 50. Geburtstag des Führers (Farbfilm)
554 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
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Ein Jahr Generalgouvernement-Krakau 1940 Der serbische Feldzug 1941 Bombenschäden 1940 Was ist die Welt? Jud Süß Der ewige Jude Robert Koch Feinde Bismarck Friedrich Schiller
Themen der Wochenschulung am Beispiel des Abschnittskommandos der Schutzpolizei Kattowitz 1941-1944:3 Oktober 1941: a) Wesen und Zweck der englischen Kriegspropaganda, b) Das Programm der NSDAP c) Der Beamte im Osten d) Der Kampf Friedrichs d. Gr. um Schlesien e) Oberschlesien – Bollwerk deutscher Kultur im Osten des Reiches November: a) Weshalb ist der Jude unser größter Feind? b) Die Jugend des Führers c) Warum Rassenlehre? d) Das englische Weltreich Dezember: a) Judentum und Kriminalität b) Sinn und Zweck der deutschen Volksgemeinschaft c) Aufgaben und Pflichten des deutschen Polizeibeamten im Volksstaat Adolf Hitlers (Grundsätze für die Polizei) d) Die territorialen, politischen und wirtschaftlichen Bestimmungen des Versailler Schanddiktats für Deutschland Januar 1942: a) Welche Punkte des Programms der NSDAP hat der Führer bereits erfüllt? b) Die erhöhte Pflicht der Geheimhaltung im Kriege c) Nationalsozialistische Erblehre d) Europas Schicksalskampf gegen den Bolschewismus Februar: a) Die Gründe Japans für seinen Krieg gegen die anglo-amerikanische Plutokratie b) Volk und Rasse c) Judenausweisungen in der Weltgeschichte d) Idealismus und Glaube, Grundpfeiler der nationalsozialistischen Weltanschauung März: a) Hermann Göring (Aus seinem Leben) b) Vom Wesen des deutschen Sozialismus c) Der Jude – Meister der Tarnung d) Die Organisation der NSDAP
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April: a) 13. März – Blutgemeinschaft – Schicksalsgemeinschaft b) Volk, Judenfrage c) Staat d) Demokratie oder Führertum e) Liberalismus oder Sozialismus Mai: a) Internationalismus oder Nationalismus b) Pazifismus oder Wehrhaftigkeit c) Klassenkampf oder Volksgemeinschaft d) Kapitalismus oder Arbeitertum Juni: a) Marxismus oder Nationalsozialismus b) Reaktion oder Revolution c) Die nationalsozialistische Weltanschauung d) Wdh. Juli: a) Die Schlacht im Atlantik b) Forts. c) Forts. d) Das Reich und die Welt in Verbindung mit Gegenwartsfragen e) Behandlung der neuesten Tagesereignisse August: a) Deutschland ordnet Europa neu b) Forts. c) Forts. d) Behandlung der neuesten Tagesereignisse September: a) Hände weg von Europa b) Was müssen wir von Japan wissen müssen c) Malta d) Die Deutsche Volksliste e) Die neuesten Tagesereignisse Oktober: a) Ein Grenzwall wird Siedlungsraum b) Ein Jahr Aufbauarbeit in der Ukraine c) Was geht in Indien vor d) Das Problem der fehlenden Tonnage November: a) Russland – nicht Staat sondern Volksboden [??] b) Artverwandtschaft und Stammesgleichheit c) Die Neugestaltung in Ostasien d) Behandlung der neuesten Tagesereignisse Dezember: a) Kinder im Krieg b) Ein Jahr Aufbauarbeit in der Ukraine c) Behandlung der neuesten Tagesereignisse d) Die politische Arbeit der Ordnungspolizei e) Klare Begriffe bei der Behandlung der Ostfrage
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Januar 1943: a) Aus ganz sicherer Quelle b) Tagesereignisse c) Ein Volk erschließt sich ein Land d) Tagesereignisse Februar: a) Der zweite Weltkrieg b) 1. Grundsatz der Polizei c) Entzaubertes Amerika d) Tagesereignisse März: a) Ja –ja –ja (Artikel über den Arbeitseinsatz des totalen Krieges) b) 2. Grundsatz der Polizei c) Das nationalsozialistische Deutschland übernimmt wieder die alte historische Aufgabe der Sicherung Europas gegen den Osten d) wie unter c) Tagesereignisse ….. April 1944: a) Schwäche ist Schuld b) War dieser Krieg zu vermeiden? c) Von früheren Stadtzerstörungen d) Tagesereignisse Mai: a) War dieser Krieg zu vermeiden? b) Vansittartismus, ein englischer Geisteszustand c) Krieg ohne Gnade Juni: a) Indien am Scheidewege; b) Traum und Wirklichkeit; c) Abwehr fremden Blutes; d) Europäische Front; e) Die Geburt des germanischen Europas Juli: a) Das amerikanische Jahrhundert b) Unsere Muttersprache c) auf Sparen folgt Haben d) Tagesereignisse August: a) Eigentum b) Schlesien – ein kleines Deutschland c) Tagesereignisse d) Kinder sind die Zukunft deines Volkes September: a) Der König der Goten b) Das Rätsel des Bolschewismus c) Krieg und Weltanschaung d) Die Nachkriegszeit bis zum Ausbruch des neuen Weltkrieges
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Oberschlesien mit Ost-Oberschlesien und dem „Oststreifen“
Aus: Sybille Steinbacher, „Musterstadt“ Auschwitz. Germanisierungspolitik und Judenmord in Ostoberschlesien. München 1999.
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Schematische Darstellung der Schulungsabteilungen im SS-Polizei-System Schulungsamt (bis 1938)
Schulungsamt (ab 1938) (Amtsgr. C I)
RuSHA
Abt. German. Erz. Germanische Leitst.
SS-Hauptamt
Abt. VI D I.5 WE + Truppen- WE + Truppenbetr. betreuung der Konzentrationslager
SS-FHA
SS- Hauptämter
RFSS und Chef der deutschen Polizei Kdo. Amt Gruppe WE
HA Orpo
RSHA
Amt I Personal Amtsgruppe I.B
HSSPF PolizeiSchulungslt.
IdO/BdO
IdS/BdS
Schulungsreferenten
SSPF
KdO
KdG
KdSchp
KdS
SD-Leitabschn
Stapo-Leitstelle
WuVHA
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Schematische Darstellung des Ausbildungsgangs der Polizei bis 1938 Polizeiberufsschule
Polizei(fach)schule:
Ausbildungshundertschaft
Schupo-Anwärter-Lehrg. > Oberwm.
1. Dienstjahr: > Wachtmeister 1 Jahr Grundausbildung Berufsschule A-Stufe 2. Dienstjahr: 2x wö. 5 Std. 3. Dienstjahr ~ 4. Dienstjahr > A-I-Prüfung > Hauptwacht(~ mittl. Reife/ meister einf. mittl. Dienst) O-Stufe 5. Dienstjahr: 3x wö. 6 Std. 6. Dienstjahr ~ > A-II-Prüfung > gehob. mittl. Dienst > S-Stufe 7. Dienstjahr
> Offizierslaufbahn
Lehrgang f. Anstellung auf Lebenszeit
Polizeimeister Obermeister-Lehrgang Rev.-/Bez.offiz.lehrgang Offiziersanwärterlehrgang
Ministerialdirektor HSSPF
Reg.präs. Ministerialdirigent
Ministerialrat Polizeipräsident Regierungsdirektor Polizeipräsident
B4
B5-9
A1a
Oberregierungsrat
Polizeidirektor
Regierungsrat
Amtsrat Polizeirat
A2b
A2c1
A2c2
A2d A3b
A1b
Oberpräsident Unterstaatssekretär
B2
Major
Oberstleutnant
Oberst
Generalmajor
Generalleutnant
Kriminaldirektor Kriminalrat
Reg.- u. Kriminalrat
Oberreg.- u. Krimin.rat
Reichskriminaldirektor Reg.- u. Krim.direktor
Kriminaldirigent
Generaloberst; Chef d. Orpo Chef der Sipo General
Chef der deutschen Chef der deutschen Polizei Polizei
Staatssekretär
Sicherheitspolizei
Ordnungspolizei (Rangstufen)
Staat/Polizeiverwaltung
Dienstgrade und Gehaltsstufen im Vergleich
24000
Gehälter
Sturmbannf.
Obersturmbannf.
Standartenf.
Brigadef. Oberf.
Gruppenf.
4800-7800 4800-7000
4800-8400
4800-8800
7000-9700
6200-10600
8400-12600
16000-18000
19000
Oberstgruppenf. 24000 Obergruppenf.
Reichsführer SS
SS
(Oberreallehrer; Mittelschulrektor)
(Studienrat) Polizeischulungsleiter
(Studiendir. Schulrat)
(Oberstud.dir.) Pol.-Oberschulrat
(Oberschulrat)
Polizeischuldienst (zum Vergleich: Lehrer im Allg.)
560 MATERIALIEN
Oberleutnant Leutnant Pol.Obermeister/ Rev.-Bez.leutnant Polizeimeister
Hauptmann
Ordnungspolizei (Rangstufen)
SS
Kriminalsekretär
Kriminalobersekretär
Kriminalkommissar (bis 15 Dienstjahre) Kriminalinspektor
Oberscharf.
Sturm-/Stabsscharf. Hauptscharf.
Untersturmf.
Obersturmf. Untersturmf.
Krim.rat (bis 15 Dienstj.), Kriminalkommissar Hauptsturmf.
Sicherheitspolizei
Polizeioberassistent Hauptwachtmeister Kriminaloberassistent Polizeibüroassistent Kompaniehauptwachtmeister A9/8c2 Kanzleiassist., Pol.fängnishauptwm. Kriminalassistent Rev.-/Bez.Oberwachtm. Zugwachtmeister A9/8c3 Oberwachtmeister
Polizeisekretär
A7a
A7c A8a 8c1
Polizeiobersekretär
Polizeioberinspektor Polizeiinspektor
Amtmann
A5b
A4e
A3b A4a A4b A4c
Staat/Polizeiverwaltung
2040
2160-2340
1800-2700
2000-3000 2100-2800
2350-3500
2300-4200
2400-5000 2400-4200
3000-5800 2800-5300
4800-6900
Gehälter
Polizeischullehrer
(Mittelschullehrer, Volksschul-Oberlehrer) Pol.-Schulrektor
Polizeischuldienst (zum Vergleich: Lehrer im Allg.)
MATERIALIEN
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Haus-/Botenmeister, Amtsgehilfe
Rottwachtmeister Unterwachtmeister Anwärter
Wachtmeister
Ordnungspolizei (Rangstufen) Krimin.ass.anwärter
Sicherheitspolizei
Rottenführer Sturmmann SS-Mann Anwärter
Unterscharf.
SS
1410-1980
1700-2400
Gehälter
Polizeischuldienst (zum Vergleich: Lehrer im Allg.)
Zusammengestellt nach: Wilhelm, Polizei im NS-Staat, S. 256 f.; R 58/262, R 58/259 (Bl. 365); R 2/12158; RG-48008M.087-523; RMBliV 1940, S. 46; Bef.bl. Chef Orpo 1944, Nr. 47, S. 444-446. Da die Zuordnungen und Einstufungen im Zeitverlauf mehrmals geändert wurden, ist eine zusammenfassende Überblicksdarstellung nur begrenzt möglich. Im Einzelfall gibt es daher Abweichungen zu anderen Darstellungen.
8c5 ---
A10b/ 8c4
Staat/Polizeiverwaltung
562 MATERIALIEN
Anmerkungen Vorbemerkung 1
https://www.hc-harten.net, www.pedocs.de
Einleitung 1 2
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9 10 11 12
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Browning, Ganz normale Männer, S. 285. Ich nenne hier nur beispielhaft die Arbeiten von Heuer (Geheime Staatspolizei, 1995), Lüttke (Gehorsam und Gewissen, 2003), Welzer (Täter, 2005) und Kühl (Ganz normale Organisationen, 2014). Browning, Ganz normale Männer, S. 239. Matthäus »Weltanschauliche Erziehung« (2004), S. 327. Goldhagen, Hitlers willige Vollstrecker (1996), S. 221-223. Longerich, Himmler (2008), insbes. S. 327 ff. Allgemein hierzu Hein, Elite für Volk und Führer (2012). Rohrkamp, »Weltanschaulich gefestigte Kämpfer« (2012), S. 388 ff. und 435 f.; Wegner, Durchbruch zum SS-Staat (1984); ders., Hitlers Politische Soldaten (1982), S. 197. Matthäus, »Weltanschauliche Erziehung« (2004), S. 326. John, Mobilisierung (2013), S. 41. Harten, Himmlers Lehrer (2014), insbes. S. 499 ff.; Raphael, Nationalsozialistische Ideologie (2006). Bastian, Das Jahrhundert des Todes (2000), S. 144-146; Klatetzki, Keine ganz normalen Organisationen (2007). Der »funktionale« muss vom »disfunktionalen« Sadismus unterschieden werden, der das »Funktionieren der Organisation« stört und die Durchführung ihres Auftrags gefährdet. Klaus Mallmann unterscheidet die »Weltanschauungstäter« von den »Nutznießern an der Basis« (»Trittbrettfahrer«), für die der weltanschauliche Rahmen nur eine legitimatorische Fassade bildete (Sicherheitspolizei und die Shoah in Westgalizien, 2002, S. 128). Zur Psychodynamik des genozidalen Handelns im Nationalsozialismus siehe insbesondere die Beiträge von Rolf Pohl und Nele Reuleaux: Pohl, Gewalt und Grausamkeit (2002); ders., »Normal« oder »pathologisch?« (2011); Reuleaux, Nationalsozialistische Täter (2006). Immer noch grundlegend: Dicks, Licensed Mass Murder (1972). Es gehört zu den Verdiensten Daniel Jonah Goldhagens, am Beispiel des Polizeibataillons 101 gezeigt zu haben, dass sadistische Handlungsaspekte auch im Fall der Polizei mehr als nur kriegs- und situationsbedingte Randerscheinungen waren. Birn, Ideologie und Herrschaftsausübung (2009), S. 74. Harten, Himmlers Lehrer, S. 584 f. Kwiet, Auftakt zum Holocaust (1993), S. 200. Bach, Ordnungspolizei (1997), S.157. Kritische Fragen betrafen, wenn sie überhaupt auftraten, zumeist nur das Verhältnis zur Religion. Parallel dazu wurde für die Waffen-SS die »Abt. VI« für »Weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung« im SS-Führungshauptamt errichtet. Der kriegsbedingte Kontext der institutionellen Differenzierung und die Parallelität der organisatorischen Maßnahmen ist nicht zu übersehen. Die Abteilung WE im HA Orpo und die Amtsgruppe »Nachwuchs und Erziehung« im RSHA dürften spätestens im April, die Abt. VI im Kommandoamt der Waffen-SS im Juni 1940 funktionsfähig gewesen sein. Die vorbereitenden Maßnahmen begannen in allen drei Fällen im Herbst 1939. Harten, Himmlers Lehrer, S. 115-122. Heller, Reshapening (1971), S. 116-120; Mitt.bl. 10.3.1943. Der deutsche Polizeibeamte 1937 S. 329 f. Matthäus, Die »Judenfrage« als Schulungsthema (2003), S. 40.
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ANMERKUNGEN ZU S. 19-29
Siehe auch Bach, Ordnungspolizei, S. 139. Wenn Goldhagen verallgemeinernd von »pädagogisch inkompetenten Offizieren der Polizeibataillone« spricht, so lässt er diese vielfältigen Ausbildungsanstrengungen außer Acht: Goldhagen, Hitlers willige Vollstrecker, S. 222; Bach, Ordnungspolizei, S. 145. StA. Posen 1235/70, Bl. 168-171. »Abgrenzung zwischen Schulung und Propaganda«: NS 22/30 (Bl. 45); »Schulung des Führernachwuchses«: NS 1122. Siehe auch Harten, Himmlers Lehrer, S. 41 f. und 570-586. Pauer-Studer, »Jenseits von Chaos und Interessenkonflikten« (2014). Gerhardt, Charismatische Herrschaft und Massenmord (1998). Wildt, Generation des Unbedingten (2002), S. 26. Bytwerk, Fritz Reinhardt and the Rednerschule (1981); Metzger, Rednermaterial und Rednerinformation (1997). Wesentliche Grundlagen der SS-Schulung wurden vor 1933 bereits in der Bauernführerschulung unter Leitung Darrés gelegt: Harten, Himmlers Lehrer, S. 24 ff. Westermann, »Ordinary Men« (1998), S. 46. Vgl. Mann, »Ordinary Men« (2000). Pohl, Holocaust-Forschung (1997), S. 25. MA Fbg., N 756/60c. Zit. n. Messerschmidt, Die Wehrmacht im NS-Staat (1969), S. 427; vgl. Goebbels’ Tagebuch-Notiz: »Wenn die ganze Wehrmacht weltanschaulich so ausgerichtet wäre wie die SS-Waffenverbände, dann hätten wir den Krieg längst gewonnen.« Zit. n. Vossler, Propaganda (2005), S. 170. Förster, Geistige Kriegführung (2004), S. 624 f. Himmler, Geheimreden, S. 127. Bajohr, Täterforschung (2015), S. 175. Vgl. u. a. Mallmann, Einstieg in den Genozid (1999). Harten, Himmlers Lehrer, S. 467 f. Herf, Der Krieg und die Juden (2004); Müllers, Elite des »Führers« (2012), S. 30. In der vergleichenden Studie Müllers’ zu Soldaten der Waffen-SS und der Wehrmacht, die sich in amerikanischer Gefangenschaft befanden, hingen 40% der Soldaten der Waffen-SS gegenüber knapp 16% der Wehrmachtssoldaten dem »Endsiegglauben« an. R 58/844,13. D. Schmidt, Keine Kommissare (2010). Siggemann, Die kasernierte Polizei (1980), S. 211. Bessel, Modernisierung der Polizei (1993). Bessel, Militarisierung und Modernisierung (1992), S. 324 f. Leßmann, Preußische Schutzpolizei (1989), S. 232 f. Ebd. S. 247; vgl. Schmidt, Keine Kommissare, S. 38 ff. Leßmann, Preußische Schutzpolizei, S. 329. Einen groben Überblick über die Ausbildungsgeschichte der Polizei während der Weimarer Republik vermitteln die Beiträge »Das Polizeibildungswesen« in: Die Geschichte der Polizeischule Münster (1961) sowie Leßmann S. 228 ff. und Stolz, Geschichte der Polizei (1978), S. 113 ff. Für das etwas abweichende Ausbildungssystem in Hamburg siehe Leßmann S. 132 ff. Götz, Polizei und Polizeirecht (1985), S. 407. Harnischmacher/Semerak, Polizeigeschichte (1986), S. 81; Schmidt, Schützen und Dienen (2008), S. 108; Bessel, Militarisierung und Modernisierung. Perels, Die rechts- und staatswissenschaftliche Ausbildung der Polizeibeamten (1924). Kurt Perels war Professor für öffentliches Recht in Hamburg und Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht. Er beging 1933 nach der Aufforderung, einen Ariernachweis zu erbringen, Selbstmord [Wikip.]. Lambrecht, Von der Kaserne zum Behördensitz (2010), S. 40 ff. MBliV 1930, S. 252 (Erl. v. 20.3.1930). 1925 bestanden in Preußen Provinzialpolizeischulen in Sensburg (Ostpreußen), Neuruppin, Brandenburg, Treptow (Pommern), Frankenstein (Schlesien), Burg (Sachsen), Kiel, Hildesheim, Münster und Hannoversch-Münden: MBliV 1925, S. 260. Das Grundausbildungsjahr wurde auch als Polizei-Vorschule bezeichnet. Siehe etwa für das Land Baden Raible, Geschichte der Polizei (1963), S. 39.
ANMERKUNGEN ZU S. 30-35 58
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Die Schule wurde auf dem Gelände der ehemaligen Auguste-Victoria-Kaserne in Potsdam-Eiche untergebracht, nahe am Park Sanssouci gelegen; Räume der Communs des Neuen Palais wurden von der Schule mitgenutzt, unter anderem befand sich hier auch das Kasino der Schule: Lambrecht, Von der Kaserne zum Behördensitz (2010); Angelow, Bildung in symbolträchtigen Räumen (2011). In Spandau fanden bereits 1923 auch Lehrgänge für Polizeiärzte statt: MBliV 1923, S. 133. 1929 bestand hier eine umfangreiche Sammlung von Polizeifilmen und -lichtbildern, darunter zwei Dia-Sammlungen zur Staats- und Bürgerkunde: MBliV 1929, S. 342. Siehe die Aufstellung bei Lambrecht, Von der Kaserne zum Behördensitz, S. 45. Hagemann, Die Ausbildung der staatlichen Kriminalpolizeibeamten in Preußen (1930). Lambrecht, Von der Kaserne zum Behördensitz, S. 58. Banach, Heydrichs Elite (1998), S. 106. Die Kaserne befand sich in der Soorstraße 83, heute ein Flüchtlingsheim für Asylbewerber. MBliV 1925, S. 976; 1926, S. 889. Ebd. 1924, S. 315. MBliV 1927, S. 978 f.; 1930, S. 213 f.; Die Deutsche Polizei 25/1928, S. 419-421. MBliV 1927, S. 978 f. Die Deutsche Polizei 1928, S. 717. Ebd. S. 746. MBliV 1928, S. 1193 f.; siehe auch den Jahresbericht des Polizei-Instituts 1928, in: Die Deutsche Polizei 25/1928, S. 419-421. Hagemann, Die Ausbildung der staatlichen Kriminalpolizeibeamten (1930). Das Polizei-Institut bzw. die Führerschule der Sicherheitspolizei, die 1937 aus dem Institut hervorging, bezogen den gesamten Komplex, der heute aus den Gebäuden der Sammlung Berggruen, des Bröhan-Musums (ehemaliges Mannschaftshaus) und des Hauses Spandauer Damm 17 (ehemaliges Kommandantenhaus) besteht. Nach der Gründung des RSHA im September 1939 wurde auch die neu gebildete Amtsgruppe I.F »Nachwuchs und Erziehung« des RSHA hier untergebracht. MBliV 1930, S. 212 f. und S. 552 f. (mit Namensliste). Zum Beirat gehörte der später von den Nationalsozialisten zwangsemeritierte Rechtswissenschaftler Hans von Hentig sowie der Psychologe Johann Baptist Rieffert, den die Nationalsozialisten 1936 seines Amtes als Professor an der Berliner Universität enthoben, weil er seine frühere SPD-Mitgliedschaft bei der Berufung auf die Nachfolge Köhler 1934 verschwiegen hatte – seine Anbiederungsversuche durch rassenpsychologische Forschungsprojekte konnten ihm nicht helfen: Harten u. a., Rassenhygiene als Erziehungsideologie, S. 34 und 271. MBliV 1929, S. 812; 1930, S. 714. MBliV 1930, S. 125. Die Integration erfolgte mit Wirkung zum 1.12.1930. MBliV 1933, S. 265. MBliV 1920 (27.10.1920; 14.12.1920, 18.6.1921 usw.), in: StA Stade, Rep.180P-956. MBliV 1927, S. 1025. Bose, Zehn Jahre Polizeiberufsschule. In: Preuß. Polizeibeamten-Zeitung 1930 Nr. 45, S. 767. Busch, Staatsbürgerkunde in der Weimarer Republik (2016), S. 96 f. und 112. In der Praxis der allgemeinbildenden Schulen vermochte sich nur der »anlehnende Unterricht«, d.h. die Berücksichtígung staatsbürgerlicher Inhalte und Prinzipien in den traditionellen Fächern Deutsch und vor allem Geschichte durchzusetzen. Die Geschichtsbücher behandelten aber die Zeitgeschichte bestenfalls am Rande. In den Preußischen Lehrplanrichtlinien für Volks- und Mittelschulen von 1922 und 1925 waren ausdrücklich keine besonderen Unterrichtsstunden vorgesehen: Hoffmann, Politische Bildung (1970), S. 380. Bose u. a., Staats- und Wirtschaftskunde (1931). Ähnliches gilt etwa für das Lehrbuch »Deutsche Gegenwart im Lichte der Vergangenheit« (1926) von Pokrandt und Kämmerer für den staatsbürgerlichen Geschichtsunterricht. MBliV 1926, S. 331 ff. (Runderlass vom 29.3.1926). Ebd. 1932, S. 574 (8.6.1932). StA Stade, Rep. 180P-1101. Ebd. 180P-973. Lehmann soll sich parteipolitisch geäußert und einen Mitarbeiter der Republikanischen Beschwerdestelle als Juden verunglimpft haben. Dem Schulleiter Dr. Sauer wurde vorgeworfen, Unterricht abgehalten zu haben, während an der Tafel ein Hakenkreuz mit nationalsozialisti-
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ANMERKUNGEN ZU S. 35-43
scher Botschaft stand, ohne deren Entfernung veranlasst zu haben. Sauer musste den Unterricht wegen des Wegfalls der Oberklassen 1932 aufgeben (ebd.). Lehrplan für die preußischen Polizeiberufsschulen. Berlin 1924 (HdP). Bose, Zur Reform des Unterrichts in der Polizei (1930). Die Berufszeitschrift »Die deutsche Polizei« beispielsweise veröffentlichte 1928 laufend solche Frage-Antwort-Folgen für einen institutionenkundlich begrenzten Unterricht. Hehlmann, Pädagogisches Wörterbuch (1943), S. 64 und 86. MBliV 1926 (31.8.). Im Oktober 1926 fand eine Konferenz für die Leiter von Polizeiberufsschulen im Preußischen Innenministerium statt, auf der Direktor Mennecke von der Hochschule für Politik einen Vortrag über den Unterricht in Staatsbürgerkunde hielt (ebd. 1926, 15.10.), im Mai 1931 organisierte das Preußische Innenministerium eine Tagung für Polizeischulräte und -oberlehrer, auf der Unterrichts- und Lehrproben in Psychologie, Deutsch, Geschichte und Erdkunde sowie Staatsund Wirtschaftskunde vorgeführt und diskutiert wurden. Die Tagung war mit einem Besuch des Museums für Gesellschafts- und Wirtschaftskunde in Düsseldorf und der Besichtigung rheinischer Werkstätten verbunden: ebd. 1931, S. 467. Ebd. 1924, S. 833 ff. Vorstandsvorsitzender der Vereinigung war der Begründer und Direktor des Kieler Weltwirtschaftsinstituts Bernhard Harms. Noch im Dezember 1932 kündigte das Innenministerium Vorträge der Reichszentrale an (MBliV 20.12.1932, S. 1345). Die Reichszentrale für Heimatdienst wurde nach der Gründung des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda im März 1933 aufgelöst: Wippermann, Politische Propaganda und staatsbürgerliche Bildung (1976). Richter, Reichszentrale für Heimatdienst (1963), S. 57 ff. u. S. 136 ff. MBliV 1931, S. 1139. Van den Bergh war 1919 Oberstleutnant im Preußischen Kriegsministerium und seit 1921 als Ministerialrat Referent für das Polizeibildungswesen im Preußischen Innenministerium: Leßmann, Preußische Schutzpolizei, S. 234 ff.; Banach, Heydrichs Elite, Anm. S. 107. Koinzer, Die Republik feiern (2005). Leßmann, Preußische Schutzpolizei, S. 251 ff.; Schmidt, Keine Kommissare (2010), S. 51. Lambrecht, Von der Kaserne zum Behördensitz, S. 64. Dams, Staatsschutz (2002), S. 168. Schmidt, Schützen und Dienen (2008), S. 31 f.; Dams, Staatsschutz, S. 168 ff.; Graf, Politische Polizei (1983), S. 49 ff. Diercks, Hamburger Ordnungs- und Schutzpolizei (2013); Danner, Ordnungspolizei, S. 223; Westermann, Hitler’s Police Battalions (2005), S. 33. Bei den Wahlen zum Hamburger Senat 1931 hatte die NSDAP einen erdrutschartigen Sieg errungen und insgesamt 26% aller Stimmen erreicht. Finger, Akteure der nationalsozialistischen Schulpolitik (2007), S. 169. Sontheimer, Antidemokratisches Denken (1978), S. 89.
I. Die weltanschauliche Schulung der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes 1 2 3 4
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MBliV, I, 94. Jg., 1933, S. 1351 f. (Rd.erl. vom 16.11.1933). StA Stade, Rep. 180P-976; Browder, Hitler’s Enforcer, S. 97 f. Dams, Staatsschutz, S. 174 ff. Schmidt, Schützen und Dienen, S. 356 f. Insgesamt wurden in Preußen knapp 3,5% aller unteren und mittleren Beamten entlassen, nur bei den höheren Beamten lag die Quote mit 12,5% deutlich höher: Wunder, Bürokratie, S. 139. Wagner, Hitlers Kriminalisten (2002), S. 52; ders., Volksgemeinschaft ohne Verbrecher (1996). Ähnliche Probleme bestanden generell für akademische Berufe; siehe etwa Jarausch, Not der geistigen Arbeiter (1987). Ebd. S. 56 ff.; ders. Hitlers Kriminalisten, S. 23 f. Wagner, Hitlers Kriminalisten, S. 50; Lohalm, Öffentlicher Dienst und Nationalsozialismus (2001), S. 50; ders., Garant nationalsozialistischer Herrschaft (2005), S. 178.
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Banach, Heydrichs Elite, S. 262 ff. Die Teilnehmer sollten »überdurchschnittliche dienstliche Kenntnisse« besitzen und fähig sein, »den übrigen Beamten bei ihrer Behörde das am Polizei-Institut Gelernte zu vermitteln«: MBliV 1930, S. 171 f. Siehe z. B. MBliV 1930, S.763; 1931, S. 467. MBliV 1932, S. 762 (22.7.1932). MBliV 1932, S. 1270 f. Wagner, Volksgemeinschaft, S. 129. Nach Stand 1935: R 58/259 Bl. 20 ff. Die deutsche Polizei 1933, H. 2. Banach, Heydrichs Elite (1998), S. 265 MBliV 1935, S. 1124a; Banach S. 265 f.; R 58/259, Bl. 32 f. Im April 1934 wurde Himmler zum »Inspekteur für die Geheime Staatspolizei in Preußen« ernannt, Heydrich wurde als Stabsleiter Himmlers mit der Führung des Gestapa beauftragt, dessen Chef aber formell weiterhin Göring blieb: Longerich, Himmler, S. 158 und 178. RMBliV 1936, S. 1671; Banach, Heydrichs Elite, S. 266. Banach S. 264; siehe auch den Erlass vom 23.1.1934, nach dem die Teilnehmer am nächsten Kriminalkommissaranwärterlehrgang dem »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entsprechen« und Gewähr bieten mussten, »dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalsozialistischen Staat eintreten«: MiBliV 1934, S. 96d. Banach, Heydrichs Elite, S. 26f.; Runderlasse vom 4.12.1934, 4.9.1935 und 2.10.1936. Die deutsche Polizei 1933, H. 4; Rd.erl. vom 30.8.1933. Geschäftsverteilungsplan vom 31.7.1936: R 58/840, Bl. 85; R 58/239 Bl. 115; RG-11.001M.01, reel 14 (= 500-4-21, Bl. 8 f.; siehe auch ebd. 500-4-213). Referent für weltanschauliche Schulung war 1936 ein »R.Ass. Dr. Hartmann«. Johannes Thiele war Leiter der Kripo Wesermünde gewesen, bevor er 1931 nach Berlin versetzt wurde; nach dem »Preußenschlag« des 20. Juli 1932 wurde er als NS-Sympathisant zum Leiter der für die Überwachung der Rechtsextremen zuständigen Inspektion der Politischen Polizei ernannt, 1933 folgte seine Berufung als Kriminalrat und Referent ins Preußische Innenministerium, im August 1933 wurde er zum Regierungsrat, im Mai 1935 zum Landeskriminaldirektor ernannt. Er gehörte seit Mitte 1932 der NS-Beamten-AG an und trat 1936 der SS bei; später wurde er zum Inspekteur der Sicherheitspolizei Hamburg und zum Generalmajor der Polizei ernannt: SSO Thiele, Johannes, 22.3.1890; Graf, Politische Polizei, S. 98 f. und 387. R 1501/127370 b. Wilhelm Bonatz war bereits 1936 als Prüfungsleiter für das Geheime Staatspolizeiamt in Berlin tätig (R 58/259 Bl. 37). Er wechselte später in die Abt. I.A: Telefonverzeichnis des RSHA vom 15.2.1942 in R 58/927. Bonatz trat 1933 der NSDAP und 1935 der SS bei, war aber schon 1932 Mitglied der NSBeamtenfachschaft und 1933 Förderndes Mitglied der SS: Graf, Politische Polizei, S. 353; SSO Bonatz, Wilhelm, 26.7.1883. Noch im Januar 1945 heißt es zum Beispiel in der Aufgabenbeschreibung des Leiters des Kriminalpolizeiamtes (Abt. V) beim BdS Prag unter Bezugnahme auf Erlasse vom 1.2.1940 und 22.1.1942: »Der Leiter der Abt. V … wirkt, sofern kriminalpolizeiliche Belange berührt werden, beratend mit bei der 1. weltanschaulichen und SS-mäßigen Schulung, 2. körperlichen und Waffenausbildung nach den vom Chef der Sicherheitspolizei erlassenen Richtlinien, 3. fachlichen Schulung…«: R 70 Böhmen und Mähren/3, Bl. 167 f. Aktenplan des Hauptamtes Sipo, o. D., Bl. 57-59: RG-11.001M.01, reel 14 (500-4-21). Banach, Heydrichs Elite, S. 271-273. Nach Wagner, Hitlers Kriminalisten (2002), S. 81. Die Errichtung von Führerschulen gehörte schon früh zum Konzept des geplanten Staatsschutzkorps, wie aus einer Aktennotiz Himmlers nach Vortrag bei Hitler am 18.10.1935 hervorgeht: »Die Führerschulen wurden vom Führer grundsätzlich genehmigt und sollen im Rahmen der Zusammenfassung der Gesamtpolizei unter den RF-SS entweder als Staatssekretär im Innenministerium oder unmittelbar unter den Führer gestellt werden.« NS 19/3582. RMBliV 1937, S. 567 f. (Rd.erl. v. 6.4.1937). Linnemann wurde 1940 als Obersturmbannführer des SD-Hauptamtes in die SS aufgenommen, im Januar 1945 folgte noch seine Beförderung zum Standartenführer: SSO Linnemann, Felix, 20.11.1882.
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Linnemanns Ablösung als Leiter der Charlottenburger Schule bedeutete keinen Karriereknick, denn er wurde danach zum Kripochef in Stettin und 1939 in Hannover ernannt, Ende 1944 zum Regierungsdirektor befördert und offenbar ins RSHA berufen. Als Leiter der Kripo-Leitstelle Hannover war er unter anderem für die Deportation der Zigeuner in Hannover verantwortlich: Dwertmann, DFB-Präsident Linnemann (2008). s. u. S. 118. Die Tagung wurde von der Reichsfrauenführerin Gertrud Scholtz-Klink und der Kriminalrätin Friederike Wieking eingeleitet. Unter den weiteren Referenten waren auch Werner Best und der Leiter des Rassepolitischen Amtes Walter Groß: RMBliV 1937, S. 1744 f. Friederike Wieking war seit 1937 im Reichskriminalpolizeiamt für die weibliche Kriminalpolizei zuständig: Wildt, Generation, S. 312 f.; Nienhaus, Komplizinnen (1999). R 58/9112. Zu den SS-Leitheften siehe Harten, Himmlers Lehrer, S. 421 ff. R 58/259, Bl. 85 f. (7.7.1938). RMBliV 1938, S. 289-294 (Erlass vom 18.2.1938). RMBliV 1938, S. 1093 ff. (23.6.1938); Ramme, SD, S. 67. RMBliV 1938, S. 2115 ff. (30.11.1938). Banach, Heydrichs Elite, S. 288. Schellenberg war zu dieser Zeit Referent in der von Wilhelm Albert geleiteten Stabskanzlei des SDHauptamtes; 1938 leitete er dort die Abteilung I.11 »Dienstaufsicht« (Hachmeister, Gegnerforscher, S. 202). Zum Hintergrund der Auseinandersetzung Wildt, Generation, S. 259 ff.; Herbert, Best, S. 228 ff.; Banach, Heydrichs Elite, S. 287 ff. Dierker, Himmlers Glaubenskrieger (2002), S. 318. Wildt, Generation, S. 264. Ebd., S. 271 f. Dams/Stolle, Die Gestapo (2008), S. 51. Siehe die verschiedenen Entwürfe in R 58/826, hier insbesondere Bl. 48; IfZ, MA 433 (24.2.39). R 58/826, Bl. 35. R 58/827, Bl. 73 ff. (8.3.1939). R 58/826, Bl. 174 ff. R 58/826, Bl. 144. R 58/826, Bl. 204 ff.; IfZ MA 433 (24.7.39). R 58/826, Bl. 95 ff. Ähnliche Gedanken stellte Gottlob Bergers Wissenschaftsreferent Ludwig Eckstein im SS-Hauptamt 1944 in seinem Essay »Überwindung der Enge« an (Harten, Himmlers Lehrer, S. 445 und 581 ff.). Auch Himmler äußerte sich kritisch über das Monopol der Juristen: »Zunächst haben wir hier einmal prinzipiell das Monopol der Juristen gebrochen und mit dem Aberglauben aufgeräumt, dass eine führende Stellung innerhalb der Verwaltung immer nur mit einem Juristen besetzt werden könne…. Wenn ich da nicht aufgepasst hätte, hätten die Juristen in meinen Stäben und nicht ich geherrscht. Ich hätte bei jeder meiner Maßnahmen erst einmal bei meinen Herren Juristen anfragen müssen, ob sie richtig seien und dem überkommenen Rechtsdenken entsprächen, demselben Rechtsdenken, das wir gerade auf das Bitterste bekämpfen…. Da galt es, eine ungeheure Erziehungsarbeit vorzunehmen.« Zit. n. Wildt, Generation, S. 271. Zu Himmlers abschätziger Einstellung gegenüber dem Fachbeamtentum siehe auch Lehnstaedt, Reichsministerium des Innern (2006). Wildt, Generation, S. 278. R 58/826, Bl. 277 ff. Die Niederschrift der Besprechung durch Schellenberg enthält zum Amt II nur die Vermerke »Das Amt II - wie besprochen« und »bleibt Formulierung des Chefs vorbehalten«. Offenbar war sich Heydrich in diesem Punkt noch nicht schlüssig. Da zu diesem Zeitpunkt noch von 7 Ämtern ausgegangen wurde, dürfte das »Amt II Nachwuchs und Erziehung« auch noch auf dem Plan gestanden haben. Himmlers Gründungserlass für das RSHA vom 27.9.1939 weist dann nur noch 6 Ämter auf; ein Amt »Nachwuchs und Erziehung« befindet sich nicht mehr darunter. Die Gliederung entsprach damit weitgehend dem ursprünglichen Organisationsplan Schellenbergs vom Februar 1939. Durch Aufspaltung des Amtes »Verwaltung und Recht« in die beiden Ämter I. »Personal« und II. »Organisation, Verwaltung, Recht« erhöhte sich die Zahl der Ämter 1940 wieder auf sieben. Das RSHA bestand danach aus folgenden Ämtern: I. Personal (Streckenbach), II. Organisation, Verwaltung, Recht (Best); III. Deutsche Lebensgebiete (Ohlendorf), IV. Gestapo (Müller),
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V. Kripo (Nebe), VI. Auslands-ND (Jost), VII. Weltanschauliche Forschung (Six). Schellenberg wechselte zum Amt IV.E (Abwehr), zunächst als stellvertretender Leiter, 1940 als Gruppenleiter, später wurde ihm die Leitung des Amtes VI übertragen. R 58/259, Bl. 157 f. Wildt, Generation, S. 281. Bef.bl. Chef Sipo/SD Nr. 2/1940, S. 17. Banach, Heydrichs Elite, S. 316 ff. Wildt, Generation, S. 289. R 58/259, Bl. 156 f. (27.4.1940). Tatsächlich wurden für die Zeit vom 12. Juli bis 19. August vier weitere Ausleselehrgänge in Pretzsch angeordnet: Bef.bl. Chef Sipo/SD 2/1940 (4.5.1940). Im Herbst veröffentlichte das RSHA Ergebnisse der Ausleselager für die Laufbahn des leitenden Dienstes, die vom Juli bis zum September 1940 stattgefunden hatten: Teilgenommen hatten 351 Bewerber aus freien Berufen sowie 148 Angehörige der Sipo und des SD; von der ersten Gruppe waren 49,9%, von der zweiten 43,9% als »geeignet« beurteilt worden: Bef.bl. 29/1940, S. 157 f. Der Entwurf wurde zum 1.4.40 vorläufig in Kraft gesetzt: Bef.bl. 2/1940. Bef.bl. 2/1940, S. 12 und 17. In diesem Zusammenhang standen offensichtlich auch Überlegungen zu einer »großen Führerschule«, die als gemeinsame Ausbildungsstätte für Ordnungspolizei, Allgemeine SS, Sicherheitspolizei und SD fungieren könnte: R 58/826, Bl. 182. R 58/259, Bl. 156 f. und Bl. 202; Bef.bl. 28/1940 (16.11.1940). Bef.Bl. 2/1940 S. 13 Ebd., S. 13 f. MA Fbg, MA 266 A 18 (13.7.1940). Dienstanweisung für den Kommandeur der Führerschule: RG-11.001M.01, reel 17 (Fd. 500-5-1, Bl. 99-111, hier Bl. 102). Teilabdruck in Matthäus u. a., Ausbildungsziel Judenmord, S. 192-196. StA Weimar, Personalakte Volksbildungsministerium 12411 (Hotzel). RG-11.001M.01, reel 17 (Fd. 500-5-1, Bl. 109). Ebd., Bl. 99. Die Abschnitte III.A 1 und 4 waren den Gebieten Kultur und Wirtschaft gewidmet. RG-11.001M.01, reel 17 (Fd. 500-5-1, Bl. 109). Der Erlass zur Grundausbildungszeit vom 8.4.1940 galt auch nur vorläufig und sollte nach Erfahrungsberichten zum 1.9. in einer überarbeiteten Fassung in Kraft treten (Bef.Bl. 2/1940, S. 11). Vermutlich begann dann mit Beginn des Wintertrimesters im September 1940 die auf 7 Monate verkürzte Grundausbildung. Banach, Heydrichs Elite, S. 319 (Anm.). Unklar ist, ob die universitären Studienanteile auch an der Berliner Universität absolviert wurden oder ob die Professoren zu Vorlesungen in die Führerschule kamen. Ebd. S. 317 ff. - Die Zahl der Teilnehmer des 1. Lehrgangs ist nicht ganz klar. Nach Banach wurden im Januar 64 Anwärter zum 1. Lehrgang und im Februar weitere 24 Anwärter zum 2. Lehrgang der neuen Laufbahn des leitenden Dienstes nach Berlin einberufen, so dass es insgesamt 88 Anwärter gab. In der »Dienstanweisung« und dem Anschreiben an den Kommandeur der Führerschule vom 8.2.1940 (s. o.) ist von 75 Teilnehmern die Rede – die Zahlenunterschiede kommen möglicherweise dadurch zustande, dass einige Kandidaten erst SS-Bewerber waren oder nur einen Unterführerrang hatten und deshalb erst später zugelassen wurden. Vermutlich handelte es sich auch nicht um zwei, sondern um einen Lehrgang, da die Teilnehmer, die noch nicht in Berlin studierten, erst nach Abschluss des 1. Trimesters 1941 nach Berlin einberufen wurden. Für Anfang Januar wurden 39 Anwärter des Lehrgangs zum 1. Trimester nach Berlin und 18 nach Frankfurt am Main einberufen, weitere 7 Anwärter hatten die Grundausbildung bereits beendet (Runderlass vom 26.11.1940: Bef.bl. 31/1940, S. 163 ff.). Das Schreiben an den Kommandeur der Führerschule nennt den 20.4.1941 als Beginn des 1. Lehrgangs und lässt sich so lesen, dass die Einberufung zum 1. Trimester nach Berlin und Frankfurt am Main noch zur Grundausbildung gehörte; so lässt sich auch der Runderlass vom 26.11.1940 verstehen. Die Trimesterzeiten korrespondierten mit den Vorlesungszeiten an den Universitäten, das 1. Trimester lief allgemein 1941 vom 7.1. bis zum 29.3. Banach, Heydrichs Elite, S. 316; Wenzel, SD-Schule, S. 114. Neumann u. a., Praxissemester »Osteinsatz«. Das »Rollkommando Hamann« war für die Ermordung von 60- bis 70 000 Juden in Litauen zwischen Juli und Anfang Oktober 1941 verantwortlich; Hamann kehrte anschließend zum Führerlehrgang nach Charlottenburg zurück: Wette, Karl Jäger
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(2011), S. 112; Stang, Kollaboration und Massenmord (1996). Zum »Unternehmen Zeppelin« s. u. S. 136-138. SSO und RS Bussinger, Gottlieb, 8.8.1910; R 58/2354; Banach, Heydrichs Elite, S. 318. Ein anderes biographisches Beispiel nennt Christian Gerlach mit dem Diplomvolkswirt, Kriminalkommissar und Hauptsturmführer Werner Schönemann, der 1941 in Berlin studierte, nach Pretzsch abgeordnet und zum Teilkommandoführer des Ek 4 ernannt wurde; er kehrte ebenfalls Ende September zur Fortsetzung des Studiums nach Berlin zurück: Gerlach, Kontextualisierung (2002). Bef.bl. 42/1943, S. 256 Siehe die Erläuterung ebd., Nr. 48/1943, S. 311 Bef.bl. 1/1942 (10.1.1942). Lehrplan vom 27.7.1942: Bef.bl. 35/1942, S. 224. Bef.bl. 41/1942, Erl. v. 27.8.1942. MA, M 267 A 12, Bl. 26 f. Für den Unterricht in Geschichte und nationalsozialistischer Weltanschauung war der SD-Führer und Polizeiinspektor Fritz Brandstädter zuständig, der sich durch ein viersemestriges Studium vermutlich an der Hochschule für Politik in Berlin für diese Arbeit qualifiziert hatte: SSO Brandstädter, Fritz, 19.9.1907. Bef.bl. Chef Sipo/SD Nr. 4/1944, S. 17 ff. Banach, Heydrichs Elite, S. 295. Bef.bl. 3/1945, S. 23. R 58/259, Bl. 195 ff. Ebd., Bl. 250 ff. Zu den Beiträgen, die für alle Teilnehmer bestimmt waren, gehörten auch die Referate von Eichmann und Hartl sowie mehrere Vorträge von Nickol über »Nationalsozialistische Feiergestaltung«. Bef.bl. 16/1943, S. 95 ff. (Rd.erl. 1.3.1943). Rd.erl. vom 25.7. und 14.12.1940: Bef.Bl. 4/1940, S. 71; RMBliV 1941, S. 78 f. Durchführungsbestimmungen zum Befehl vom 29.4.40 betr. Neuordnung der SS-Untersturmführerprüfung: MA Fbg, M 266 A 18; R 58/8087; R 58/848, Bl. 5 f.; Bef.bl. 13/1940 (3.8.1940). Befehl des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD vom 4.5.1940: Bef.bl. 2/1940, S. 7 ff. Ab September 1940 hatten alle Kriminalkommissaranwärter vor Einberufung zum Kommissaranwärterlehrgang in Charlottenburg einen SS-Führerlehrgang zu besuchen (Bef.bl. 21/1940, S. 103 f.). Nach Runderlassen vom 8.11.1941 und 18.1.1942 sollten Beamte des mittleren Verwaltungsdienstes nur noch dann für die Laufbahn des gehobenen Dienstes zugelassen werden, wenn sie an einem SS-Führerlager teilgenommen hatten. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt noch Ausnahmeregelungen. Verpflichtend wurde die Teilnahme jedoch für Bewerber aus freien Berufen und der Schutzpolizei gemacht (Bef.bl. 4/1942, S. 18). Ein Runderlass vom 29.4.1942 machte den Besuch eines SS-Führerlagers bzw. (Sipo-)Führerlagers ausdrücklich auch für Beamte, die nicht in die SS aufgenommen wurden, zur Voraussetzung für die Teilnahme an einem Kriminalinspektoren-Lehrgang (Bef.bl. 20/1942). Siehe etwa Befehlsbl. 20/1942 (29.4.1942); Nr. 26, S. 150 f. (15.6.42). Befehlsbl. 21/1940, S. 104. Bef.bl. 4/1942, S. 18, Erl. v. 18.1.1942. Bef.bl. 2/1940, S. 7; Nr. 50/1942, S. 350. Bef.bl. 2/1940, S. 11. Bef.bl. 11/1944, S. 53; Wenzel, SD-Schule Bernau, S. 107. R 20/115. Listen mit Themen und Prüfungsaufgaben des 1. und 2. Führerlehrgangs in Pretzsch sowie ähnlich konzipierter Lehrgänge in Bernau und Charlottenburg befinden sich in R 58/6528. Bef.bl. 13/1940, S. 71 f. Ebd.; siehe auch Nr. 19, S. 97; R 58/262. R 58/6528 Bl. 5 f.; vgl. Wenzel, SD-Schule, S. 106 f. Bef.bl. 2/1940, S. 7 ff., Beurteilungsordnung für die SS-Führerlehrgänge der Sicherheitspolizei und des SD, Befehl v. 4.5.40. Bef.bl. 50/1942 (Rd.erl. 23.10.1942). Nach Runderlass vom 14.12.1940 waren die Lehrgänge vorerst auf 7 Tage beschränkt worden: Bef.bl. 1/1940. Bef.bl. 50/1942, Neuordnung der SS-Führerprüfung, Erl. v. 23.10.1943. NS 33/44 (Bericht über den 25. SS-Führerlehrgang).
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Auch Browder hebt hervor, dass die Ausbildung beim SD nicht autoritär, sondern vom Ideal der »klassenübergreifenden Kameradschaft« geleitet war, dass »Teamgeist wichtiger als der Rang« gewesen sei, verkennt aber die zwanghaften Momente der »nationalsozialistischen Gruppendynamik«, sowohl die schon von Parsons diagnostizierten Elemente der »kompulsiven Konformität« als auch die radikalisierende Wirkung des »Gesinnungs-Wettbewerbs«. Hitler’s Enforcers, S. 215 f. zu Parsons: Gerhardt, Charismatische Herrschaft und Massenmord. R 58/262, Bl. 120 f. Vom 7. bis 14.10.1941 fand zum Beispiel ein »2. Wiederholungsführerlager« an der SD-Schule Frauenberg statt: MA Fbg., M 261 A 18. Siehe die Beispiele vom Juni und Juli 1941 in MA Fbg M 261 A 18. In einem Schreiben vom 7.6.1941 wies Streckenbach »ausdrücklich nochmals darauf hin, dass grundsätzlich nur solche Anwärter für die Lager zu melden sind, die bereits mit ausreichendem Erfolg an der örtlichen Schulungsgemeinschaft teilgenommen haben.« Selbst SA-Führer, die mit ihrem Dienstgrad in den SD übernommen wurden, mussten »zwecks gleichmäßiger Ausrichtung des Führerkorps« zuvor an einem Führerlager teilnehmen: ebd. (3.3.1941). ZR 550/1, Bl. 293 ff. Der Fortbildungskurs fand mittwochs 15.30-17.30 in der Emser Str. 12 statt (ebd. Bl. 528 ff.). Zur gleichen Zeit lief auch noch ein geschichtlicher Fortbildungskurs für Sachbearbeiter des Amtes VII; Ende 1941 wurde die Zeit vom Karolingischen Reich bis Otto d. Gr. behandelt und mit einer Klausur mit 14 Fragen abgeschlossen. R 58/844. Das Kompendium ist undatiert, dürfte aber aus dem Jahr 1942 stammen, da ihm als Anhang neben einem Heydrich-Text ein Vortrag des stellvertretenden Chefs des Reichskriminalpolizeiamtes Paul Werner vom März 1942 beigefügt ist. Das gleiche Dossier enthält Skripte einer Vorlesungsreihe, die Hans Lichtenegger vom 30.10. bis 6.11.1942 an der Reichsschule Sipo/SD in Prag über den »Staatsaufbau« hielt. Lichtenegger, Hauptsturmführer und Kriminalrat in Wien, war 1942 als Lehrer an die Schule abgeordnet worden. Die Stoffsammlung des Amtes I.B fand vermutlich an der Prager Reichsschule Verwendung. Zu diesem und anderen Schulungskompendien siehe Harten, Himmlers Lehrer, S. 440 f. NS 33/44. Dem Kompendium ging die Ankündigung voraus, das RSHA werde demnächst »Schulungsleithefte« zur Selbstvorbereitung und Vorbereitung in den Schulungsgemeinschaften verschicken; damit dürften die »Grundrisse« gemeint gewesen sein. Rogge war Untersturmführer beim SD und könnte der Schulungsreferent des IdS Stettin gewesen sein. Die Hefte des 3. Jahrgangs (1942) und Heft 1 des 4. Jahrgangs vom Januar 1943 befinden sich im Hamburger Staatsarchiv: 331-1, I/1509. SSO und RS Trog, Dr. Hermann, 30.5.1893; StA Hbg, 331-1, I/1504. Hachmeister, Der Gegnerforscher, 1998, S. 225 f. StA Hbg. 331-1, I/1501 und 1502. Ebd. 1503. Vermutlich fanden einige dieser »Führerlager« auf Amrum statt, da auf einer Arbeitstagung des IdS Hamburg am 12.9.1941 eine »Sonderbesprechung der am Führerlager Amrum beteiligten Lager- und Schulungsleiter zwecks Austausch von Erfahrungen« auf dem Programm stand (in: SSO Thiele, Johannes, 22.3.1890). Die Materialien gab der Schulungsreferent Evert heraus. Im Hamburger Staatsarchiv befinden sich der vollständige Jahrgang 1942 sowie die ersten Folgen des Jahres 1943: 331-1, I/1508. Etwas Material aus dem 1. Jahrgang (Folge 9/1941 mit dem Thema »Russland«) findet sich im Staatsarchiv Bremen (4,13/1-P.1b 171 Akte I). Hinweis auf das Russland-Heft auch in Old. 262-1G (28.6.41). Siehe den Hinweis im Bef.bl. 11/1944 (18.3.1944). R 58/1100, Bl. 119 f. Für die Durchführung der Schulungsarbeit versandte Kaltenbrunner einen Erlass des Inspekteurs der Schulen der Sipo und des SD; dabei dürfte es sich um Schulz’ Rundschreiben zur Lehrgangsgestaltung vom 30.3.1943 gehandelt haben: R 58/259, Bl. 337; s. o. S. 107. R 58/259, Bl. 342 (30.6.1943); StA Oldbg. 136/18761 (12.7.1943). NS 47/36 (10.8.44); siehe auch unten S. 251. Die Befehlshaber der Ordnungs- bzw. Sicherheitspolizei, die zunächst nur außerhalb des Reichsgebiets und in den besonders luftgefährdeten Gebieten des Reichs gebildet wurden, waren inzwischen generell an die Stelle der IdO/IdS getreten: Birn, Die Höheren SS- und Polizeiführer (1986), S. 85 f.; Heller, Reshapening (1971), S. 61 f. Dies geht beispielsweise aus einer Mitteilung des HSSPF Südost vom 1.11.1944 hervor: Danach übernahm der bisherige Polizeischulungsleiter beim BdO Woelfert zugleich die Leitung der Abt. VI beim
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HSSPF, als Leiter der Abt. VI des BdS wurde Obersturmführer Johannes John, als Leiter der Abt. VI des SS-Oberabschnitts Dr. Wilhelm Kuhlmann eingesetzt. Woelfert wurde mit Polizeimeister Paul Hilger auch eine Bürohilfskraft zugeordnet: IPN, Gk 812/302. NS 31/4 Bl. 108; zu Hohmüller siehe Harten, Himmlers Lehrer, S. 159. Die Richtlinien nahmen Bezug auf Himmlers Befehl zur weltanschaulichen Erziehung vom 27.11.1943 und ergingen in Ausführung eines Befehls Kaltenbrunners vom 28.10.1944 – bis zum 20.3.1945 war also viel Zeit vergangen, um Himmlers Befehl umzusetzen. Bef.bl. 11/1945, Sonderausgabe 20.3.1945. Ebd., S. 58. Ebd. Ebd. S. 57-60. Zur Amtsgruppe I.C siehe unten S. 102. Zur Einsetzung von »WE-Führern« in der SS Harten, Himmlers Lehrer, S. 145 f. Browder, Die Anfänge des SD (1979), S. 310. Die Zentralabteilung »Personal« gliederte sich in die fünf Abteilungen »Führerpersonal, Unterführer- und Mannschaftspersonal, Schulung, Versorgung und Gericht« und bildete eine von vier Hauptabteilungen im Amt I des Sicherheits-Hauptamtes: Amt I Personal und Verwaltung I.1 Stabskanzlei I.2 Personal I.21 Führerpersonal; I.22 Unterführer- und Mannschaftspersonal; I.23 Schulung; I.24 Versorgung; I.25 Gericht I.3 Presse und Museum I.4 Verwaltung Amt II Inlands-ND Amt III Auslands-ND Leiter des Amtes I und der Zentralabt. I.1 war Wilhelm Albert, die Abt. I.2 »Personal« leitete 1936 Heinrich Willich, 1938 Norbert Glatzel. Die Besetzung der Stellen lässt sich anhand von Personalverzeichnissen vom Januar 1937 und Januar 1938 rekonstruieren, die Verzeichnisse weisen aber keine Namen für die Abteilung »Schulung« aus: R 58/840, Bl. 108 ff; RG-11.001M.01 reel 13 (500-3-5, Bl. 1-3); vgl. a. Wildt, Judenpolitik, Dokument 4, S. 74. Für die SD-Oberabschnitte waren analog Abteilungen I.2 für Personal und Ausbildung vorgesehen: ebd., S. 79. Die Liste weist jedoch eine Reihe von Mitarbeitern am Standort der SD-Schule Bernau aus. RG11.001M.01, reel 1 (500-1-48, Bl. 7-36); R 58/840, Bl. 112 f. R 58/6074. Siehe die Berichte in ZR 921 Bd. 2, R 58/7082, R 58/6291 und R 58/991. Dabei scheint die Auseinandersetzung mit dem Katholizismus von besonderer Dringlichkeit gewesen zu sein. Schulungsbrief Nr. 1 vom 5.8.1936 befasste sich mit religiösen Sekten und Gemeinschaften, Schulungsbrief Nr. 4 mit dem politischen Katholizismus (»Seelsorge im Dienste der katholischen Aktion«): StA Lbg., K 110/42 und 43 Einer der wöchentlichen Termine fiel offenbar mit dem »Schulungsabend im Rahmen der weltanschaulichen Schulung der Sicherheitspolizei« zusammen. StA Lbg., K 110/50. LA NRW: RW 33/5, Bl. 58 f. RG 11.001M.15, reel 80, fo. 155 (1323-2-155, Bl. 202 ff.). Matthäus, Die »Judenfrage« als Schulungsthema, S. 47; Harten, Himmlers Lehrer, S. 61. Hachmeister, Gegnerforscher, S. 155. R 58/8087 (31.5.1943); R 58/6074 (13.6.44). NS 22/897 (10.11.1938). Die Vereinbarung war von Heydrich und Friedrich Schmidt, dem Leiter des Hauptschulungsamtes der NSDAP unterzeichnet. Matthäus, Konzept als Kalkül (2003), S. 131 f. Vgl. auch die Hinweise bei Lozowick, Hitlers Bürokraten, S. 37 ff., Drobisch, Judenreferate (1993), S. 241 ff. und Hachmeister, Gegnerforscher, S. 184. Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 1.10.1936 bis 15.2.1937: R 58/991. In dem Bericht wird auch erwähnt, dass die Abteilung während des Berichtszeitraums von 300 Offizieren der Kriegsakademie und des Reichskriegsministeriums zu »informatorischen« Zwecken besucht wurde.
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R 58/7082; vgl. Matthäus, Die »Judenfrage« als Schulungsthema, S. 54. Der Bericht für das erste Halbjahr 1938 vermerkt unter anderem auch die Zusammenarbeit mit dem RuSHA auf dem Gebiet der Polizeischulung und mit der Schriftleitung des »Schwarzen Korps«. »Bericht über den Stand der Arbeiten der Abt. II.112 in der Bekämpfung des Judentums«, 28.8.1936: R 58/991. Siehe die Arbeitsberichte der Abt. II.112 der Jahre 1936 und 1937: ebd. Lozowick, Hitlers Bürokraten, S. 37 ff.; Hachmeister, Der Gegnerforscher, S. 184; Heinz Höhne, Der Orden unter dem Totenkopf, S. 308. R 58/7082; R58/259; s. u. S. 127. Siehe die Tätigkeitsberichte in R 58/6074 und 7082. SSO und RS Otto, Gerhard, 14.1.1910. SSO und RS Hartl, Albert, 13.12.1904. R 58/6074 Bl. 73 f. ZR 921 Bd. 2 und R 58/7082. R 58/7082, 6291 und 6649 A.03. R 58/565 (1.5.1936), NS 2/93 (7.5.1936). NS 2/93 (Stabsführer Harm nach einem Gespräch mit Heydrich am 9.11.1936). Birn, Die Höheren SS- und Polizeiführer, S. 82. Banach, Heydrichs Elite, S. 177. Bis zum September 1938 waren Inspekteure in München, Stuttgart, Hamburg, Dresden, Wien, Düsseldorf und Königsberg eingesetzt worden: R 58/259, Bl. 136. R 58/826 (22.2.1939), Bl. 72; IfZ, MA 433. Davon blieb zwar die fachliche Tätigkeit unberührt, aber eben nicht die weltanschauliche Erziehung: Wilhelm, Polizei im NS-Staat, S. 209 f. RMBliV (27. und 23.9.1939); auch in: IMT Bd. XXXVIII S. 108 f. R 58/8087; R 58/826; R 58/241, Bl. 191 ff. und 220 ff.; R 58/243, Bl. 268; R 70 Böhmen und Mähren/3, Bl. 172 f.; vgl. a. die Organisationsentwürfe des SD in IfZ: MA 433. Ein Runderlass vom 24.2.1941 über die örtlichen Zuständigkeit der IdS, das Unklarheiten über die Zuständigkeiten bezüglich der unterschiedlichen Grenzen von Wehrkreisen und Verwaltungs- und Polizeibehörden beseitigen sollte, bestätigte die weltanschauliche Schulung als »innerdienstliche« Aufgabe des IdS: R 58/241, Bl. 283. Zum Hintergrund siehe auch Banach, Heydrichs Elite, S. 174 ff., Wildt, Generation, S. 259 ff. und 271; Schreiber, Elite (2008), S. 51 ff. In verschiedenen Erlassen aus dem Jahr 1942 ist weiterhin auch von »Schulungsleitern« oder »Schulungsreferenten« die Rede. Nach einem Erlass des Amtes I.B 1 vom 28.8.1942 z. B. sollte das Amt VII des RSHA die vom Amt Rosenberg herausgegebenen »Mitteilungen zur weltanschaulichen Lage« an die »Schulungsreferenten« der IdS/BdS weiterleiten: Bef.bl. 28/1942 S. 247. Siehe z. B. auch Bef. bl. 26/1942 S. 150 f. Quellenangaben im Folgenden nur zu den Personen, die später nicht noch einmal ausführlicher vorgestellt werden. Personal- und Geschäftseinteilung der Dienststelle des BdS in Prag, 20.9.1940: NA Prag, RUP 307, I-1d 6204. BdS in Prag war zu diesem Zeitpunkt Stahlecker. SSO und RS Kraus, Heinz, 12.2.1908; Hesse, Professoren und Dozenten (1995), S. 534. Kraus war auch WE-Dozent an der Grenzpolizeischule Pretzsch im Winter 1940/41: R 58/259. SSO Löbus, Erich, 13.8.1905; R70 Böhmen und Mähren/2: Bef.bl. des BdS Prag 10.2.45, S. 7. SSO und RS Scheu, Fritz, 16.8.1905. SSO Schnittert, Karl, 23.9.1904. SSO und RS Trog, Dr. Hermann, 30.5.1939. Weitere Schulungsreferenten des SD, die sich aber nicht eindeutig einem IdS bzw. BdS zuordnen lassen, waren unter anderem der Drogist und Kaufmann Hans Duffner, Hans Endres, wissenschaftlicher Assistent bei Wilhelm Hauer in Tübingen, möglicherweise auch der Jurist und Kriminalkommissar Dr. Werner Gornickel, der Ende 1940 vom IdS Berlin für die weltanschauliche Schulung bei Führerlehrgängen eingesetzt wurde. Nachfolger von Knigge könnte, als dieser 1941 zur Abt. I.B1 des RSHA nach Berlin wechselte, der Historiker und Dozent Dr. Hans Brügmann gewesen sein, danach möglicherweise auch der Erziehungswissenschaftler Dr. Willy Schuh. Bef.bl. 7/1940, S. 53 f. Bef.bl. 28/1940, S. 152; R 58/259, Bl. 156.
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Schulte, der seit 1930 der NSDAP und seit 1931 der SS angehörte, wurde 1941 mit der stellvertretenden Führung des Amtes A I im SS-HA betraut. Im Februar 1944 schickte man ihn zu einem Sonderkommando nach Albanien; kurz bevor er Ende 1944 fiel, war er am Aufbau des osttürkischen Waffenverbandes beteiligt: SSO Schulte, Gerd, 28.12.1911. Seibert, 1910 als Sohn eines Wachtmeisters in Elmstein/Pfalz geboren, gehörte seit 1932 der NSDAP und der SA an, seit 1936 arbeitete er als hauptamtlicher Kulturreferent beim SD-Oberabschnitt Süd. 1933 absolvierte er eine Kurz-Ausbildung bei der Hilfspolizei. Nebenamtlich unterrichtete er 1935/36 als Fremdsprachenlehrer an der NS-Volksbildungsstätte in München. Er war 1935-37 Assistent am Historischen Seminar der Universität München bei Karl Alexander von Müller und promovierte 1943 in München mit der Arbeit »Französische Pfalzpolitik und pfälzische Loslösungsbestrebungen während der Waffenstillstandszeit 1918/20: Eine historisch-politische Studie zur Rheinfrage«: SSO und RS Seibert, Heinrich, 15.7.1910. Rudolf Böhmer war ebenfalls ein Schüler von Müller, er promovierte 1935 mit der Arbeit »Die Vierherzogzeit in Oberbayern-München und ihre Vorgeschichte«. Böhmer war Leiter der Geographischen Fachschaft an der Universität München und führte für den NSLB Jungerzieherlager durch, bevor er 1938 als hauptamtlicher Referent beim SD Bayrische Ostmark angestellt wurde. SSO und RS Böhmer, Rudolf, 9.5.1910. Bef.Bl. Chef Sipo/SD Nr. 39, 7.9.1942, S. 249 f. R 58/826, Bl. 173 ff.; vgl. IfZ, MA 433. Angeblich hatte Albert die Erwartungen, die in ihn als Leiter des Amtes I gesetzt wurden, nicht erfüllen können; Streckenbach sprach später von einem »starken Mangel an Konzentrationsfähigkeit«, Himmler wies ihn 1942, als er um eine höhere Aufgabe bat, zurecht, er neige zu Selbstüberschätzung und Überheblichkeit, »in schlimmster Form« während seiner Tätigkeit im RSHA, und habe Heydrich »viel Sorgen gemacht«. Albert, der sich eine Berufung als HSSPF erhofft hatte, wurde 1941 zum Polizeipräsidenten von Litzmannstadt, 1944 zum Regierungspräsidenten von Hohensalza ernannt. Dass er aufgrund mangelnder Eignung aus dem RSHA entfernt wurde, erscheint aber nicht sehr überzeugend, denn Albert war schon seit 1935 Leiter der Zentralabteilung I im SD-Hauptamt, und da Heydrich ihn noch Ende Juli 1939 zum Chef des neuen Amtes »Nachwuchs und Erziehung« machen wollte, wird er mit seiner Arbeit auch zufrieden gewesen sein. Bis dahin war Albert auch an den Beratungen über die Planung der neuen Amtsstrukturen beteiligt, ab Anfang September war er dann nicht mehr bei den Amtsleiterbesprechungen zugegen; zum 13.9. wurde er mit der Führung der Geschäfte des Polizeipräsidenten in Oppeln betraut. Es ist unwahrscheinlich, dass Heydrich seine Wertschätzung innerhalb weniger Wochen so grundlegend geändert hätte. Vor diesem Hintergrund gewinnen Vermutungen über Konflikte auf der persönlichen Ebene an Plausibilität, da Heydrichs Frau eine Affäre mit Albert gehabt haben soll: Gerwarth, Hitler’s Hangman (2011), S. 112. Zu den Personaldaten SSO und RS Albert, Wilhelm, Dr., 8.9.1898; Hachmeister, Gegnerforscher, S. 150. Als Polizeipräsident von Litzmannstadt verfasste Albert 1941 einen Beitrag für die Berufszeitschrift »Die deutsche Polizei«, in dem er Lodz wegen des hohen jüdischen Bevölkerungsanteils als »eine der kriminellsten Städte Europas und jüdische Hochschule für Taschendiebe und Geldschrankknacker« bezeichnete (H.3/1941). Wildt, Generation, S. 278 ff. Schellenberg notierte am 2.9. »Das Amt II – wie besprochen« und »Amt II – bleibt Formulierung des Chefs vorbehalten«: R 58/826, Bl. 278 und 280. R 58/825. R 58/9663 (27.1.1940); vgl. ZR 535 A. 4; IfZ MA 432. Über Willichs Amtszeit als IdS in Stuttgart existieren unterschiedliche Daten: Friedrich Wilhelm nennt die Zeit von Dezember 1939 bis Februar 1940 (Württembergische Polizei, S. 207), nach Ingrid Bauz amtierte er dort nur vom 6. bis 31.12.1940 (Politische Polizei, S. 70). ZB 7049 A. 5. Die Abteilung I.F 3 war auch für die Einrichtung der Fach- und Schulungsbüchereien der Sipo zuständig. Hotzel wurde zum 1.4.1940 eingestellt. Sandbergers Beschäftigungsverhältnisse sind nicht ganz klar – er wurde im Oktober 1939 zum Chef der EWZ Litzmannstadt ernannt, und in der Literatur wird davon ausgegangen, dass er dieses Amt bis zu seiner Abkommandierung als Einsatzkommandoleiter im Juni 1941 innehatte (Leniger, Nationalsozialistische »Volkstumsarbeit«, S. 159); offenbar nahm er beide Funktionen, die des Chefs der EWZ und des stellvertretenden Leiters der Amts-
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gruppe I.F gleichzeitig wahr. Der Runderlass der Abteilung I.F 1e zur Neuordnung des Ergänzungswesens vom 27.4.40 ist bereits von Sandberger gezeichnet. Sandbergers Mentor Gustav Scheel, damals BdS in Straßburg, soll ihn im Mai 1940 für die Organisation der dort geplanten Vertreibungen angefordert haben, Sandberger wurde jedoch schon nach wenigen Tagen wieder nach Berlin zurückgerufen (Wildt, Generation, S. 526). Offenbar ging auch sowohl die Leitung der weltanschaulichen Schulung als auch der fachlichen Ausbildung für die Kriminalpolizei (Amt V) auf die Amtsgruppe I.F bzw. I.B über. Anfang 1941 weist der Geschäftsverteilungsplan für das Amt V noch eine Abteilung V F.1 »Laufbahn und Schulung« auf, im März 1941 ist sie aber nicht mehr aufgeführt. Auch im Geschäftsverteilungsplan von 1943 fehlt eine entsprechende Abteilung: R 58/9663. R 58/7392. Nach einem undatierten Plan, der wahrscheinlich Anfang 1941 entstand, gab es auch noch Überlegungen zu einer Zweiteilung der Amtsgruppe I.B, jetzt Amtsgruppe »Werbung, Erziehung und Schule« genannt, in die Abteilungen I.B1 Werbung und Auslese« und I.B2 »Lehrplangestaltung, Erziehung und Schulung«: ebd. Zu den Geschäftsverteilungsplänen siehe auch IfZ, MA 432. IMT Bd. 38, S. 65 und 62 (Dok. L 219.) siehe unten S. 116. R 58/849 (21.12.1944). Bef.Bl. Nr. 52/1944, S. 367. R 58/849. Zu Gschwend siehe Harten, Himmlers Lehrer, S. 149. Zusammenstellung nach den Geschäftsverteilungsplänen in R 58/840, 58/7038, 58/7044, 58/7392; ZB 7049 A.5; RG 11.001M.01, reel 17, f.1 (500-5-1-). Zu Metz siehe R 70 Lothringen/21 (undatierter Geschäftsverteilungsplan). Ein Geschäftsverteilungsplan der Staatspolizeistelle Köln vom April 1942 weist eine Abt. I.B »Ausbildung und Schulung« aus, geleitet von Polizeiinspektor Breuning: LA NRW, RW 34-9. Ramme, SD, S. 215 R 70 Polen/679 und 684. Amtsleiter war in Lublin der Diplomvolkswirt Hauptsturmführer Biegelmeyer, Vertreter war Hauptsturmführer Gehrmann. In Warschau leitete der Hauptsturmführer und Polizeioberinspektor Schweizer in Personalunion die Abteilungen I.A (Personalangelegenheiten) und I.B; in der Abt. I.A war er zugleich für die allgemeinen Personalangelegenheiten von Sipo und SD zuständig. Vgl. a. den Geschäftsverteilungsplan des KdS Radom vom 27.10.1942 in R 70 Polen/80. Kuusik, Security Police and SD in Estonia (2006), Anh. S. 597. Eigene Rückübersetzungen aus dem Englischen. Weiss-Wendt, Murder without Hatred (2009), S. 108. Nach Zahlen vom Juli 1943 sollen Kuusik zufolge insgesamt 2640 Esten in den Diensten der Sicherheitspolizei und des SD gestanden haben. Die Nomenklatur änderte sich allerdings mehrmals. Im Geschäftsverteilungsplan vom Juli 1942 lauteten die Bezeichnungen noch A.I.A (Personal), A.I.B (Schulung und Ausbildung) sowie A.II (Organisation) für das deutsche Personal, während für das estnische Personal die entsprechenden Abteilungen B.I (Organisation) und B.II (Personal und Ausbildung) lauteten; die Abteilungen für die Politische Polizei (A.IV und B.IV) sowie Kriminalpolizei (A.V und B.V) waren dagegen schon parallel strukturiert: Kuusik, Security Police, S. 580 f. Siehe hierzu auch Birn, Sicherheitspolizei in Estland (2006), S. 32 f. Bergmann hatte den Kriminalkommissaranwärterlehrgang 1939/40 an der Führerschule Charlottenburg besucht, der zu Beginn des Krieges für zwei Monate unterbrochen wurde. SSO Bergmann, Heinrich, 21.11.1902; Birn, Heinrich Bergmann (2004). Ein Geschäftsverteilungsplan des KdS Estland vom Juli 1942 weist Bergmann als Leiter der Abt. I.B (Schulung und Ausbildung) aus: Kuusik, Security Police, S. 580. Bergmann dürfte mit dem Heinrich Bergmann identisch sein, der 1958 als ehemaliger SS-Hauptsturmführer auf einer Liste von Mitarbeitern des leitenden Dienstes beim BKA geführt wurde: Schenk, BKA, S. 237. SSO de Bur, Ferdinand, 8.6.08. Kuusik, Security Police and SD in Estonia. RG-13.002, reel 2, f. 11, Bl. 112 (R 819-1-11). RG-15.007, reel 9, f. 122, Bl. 110 und 179; R 58/7122. Noch im Januar 1945 heißt es zum Beispiel in der Aufgabenbeschreibung des Leiters des Kriminalpolizeiamtes (Abt. V) beim BdS Prag: »Der Leiter der Abt. V … wirkt beratend mit bei der 1. weltanschaulichen und SS-mäßigen Schulung, 2. körperlichen und Waffenausbildung nach den vom
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Chef der Sicherheitspolizei erlassenen Richtlinien, 3. fachlichen Schulung…«: R 70 Böhmen und Mähren/3, Bl. 167 f. Unter »KD.8« weist der Geschäftsverteilungsplan noch aus: »SD = Bearbeiter; SD = Schulung«: RG11.001. M.12, reel 80 (1241-1-55, Bl. 28 f.). Meldeblatt der Kriminalpolizeileitstelle Prag, 1. Jg., Nr. 1, 31.10.1941. In: R 70 Böhmen und Mähren/4. SSO und RS Willich, Helmut, 2.5.1895; Wildt, Generation, S. 294. Marßolek, Bremen im 3. Reich, S. 178 SSO Schulz, Erwin, 27.11.1900. Zu Schulz v. a. Wildt, Generation, S. 561 ff. Schulz wurde nach dem Krieg zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt, kam aber nach Intervention des Bremer Senatspräsidenten und Bürgermeisters Wilhelm Kaisen beim US-Hochkommissar vorzeitig wieder frei. R 58/259, Bl. 337; R 58/8087 (30.3.1943). Zu Sandberger siehe Wildt, Generation, S. 578 ff.; Junginger, Verwissenschaftlichung der Judenfrage, S. 316 ff.; SSO und RS Sandberger, Martin, 17.8.1911. Nach Stippel war Sandberger von Oktober 1939 bis Juli 1941 als Leiter bei der EWZ in Litzmannstadt tätig (NS-Volkstumspolitik, S. 152). Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit scheint aber während dieser Zeit in Berlin gewesen zu sein, denn Sandberger hat nur wenige Rundschreiben und Anordnungen der EWZ selbst gezeichnet, in den meisten Fällen zeichnete sein Stellvertreter Tschierschky oder ein anderer leitender Mitarbeiter: NS 69/401; in dem umfangreichen Aktenbestand finden sich lediglich sechs Rundschreiben, die von Sandberger selbst unterzeichnet sind. Junginger, Verwissenschaftlichung der Judenfrage, S. 317. SSO, Rennau, Dr. Heinz, 20.2.1899; Banach, Heydrichs Elite, S. 271. Fischer wurde am 12.4.1944 zum Inspekteur der Schulen bestellt: SSO Fischer, Dr. Hans, 21.8.1906. SSO, RS und OGK Gwosdz, Rudolf, 14.6.13. Nach einem Lehrgang in Tölz wurde Gwosdz 1943 erneut zum RSHA kommandiert: SS-Listen A 11. SSO, RS und PK Engel, Dr. Siegfried, 3.1.1909. Mitt.bl. Gruppe B, Hg. BdO Breslau, Nr. 27, 20.2.1943; Die deutsche Polizei H. 1, 1943 (Fortsetzung in den Heften 2, 5, 6 und 11). Für das Dezemberheft 1943 der »Deutschen Polizei« verfasste er den Beitrag »Weihnachten«. Christian Ingrao schreibt Engel einen Vortrag über den Dreißigjährigen Krieg zu, den er im Januar 1942 vor Anwärtern des leitenden Dienstes hielt, die gerade vom Einsatz in Russland zuckgekehrt waren. Der Text wurde als »Grundriß Nr. 15: Der Dreißigjährige Krieg – die Katastrophe der deutschen Geschichte« in ein Schulungskompendium des RSHA (Amt I) für Führer-Anwärter aufgenommen. Ingrao, Deutsche Studenten (2003), S. 158 f. SSO, RS und PK Knigge, Hans-Joachim, 3.3.1907. Knigge arbeitete in den 50er Jahren bei der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (AWV) und brachte u. a. ein Handbuch der Bürotechnik für Handels- und Berufsschullehrer heraus. SSO, RS und PK Elling, Georg, 15.5.1899. Während seiner Zeit beim SD Südwest wurde Elling regelmäßig zu Vorträgen über den «politischen Katholizismus” auf Schulungstagungen herangezogen: StA Lbg, PL 506-1. SSO Gindel, Willi, 12.11.95. SSO Brummerloh, Helmut, 27.10.1914. SSO Schrader, Otto, 8.2.1913; Schrader unterrichtete u. a. 1942 auf einem Lehrgang des gehobenen Verwaltungsdienstes der Gestapo Zivilrecht: R. 58/259, Bl. 303. Der Polizeiinspektor Gustav Weber war nicht zu identifizieren. SSO und RS Thomas, Alfred, 8.10.1905. Thomas ist Anfang 1943 gefallen. SSO und RS Buss, Daniel, 16.12.1914. SSO Pfoser, Alfons, 11.5.1907. Pfoser gehörte bereits 1940 der Amtsgruppe I.F an und wird noch 1944 als Sachbearbeiter der Amtsgruppe I.B geführt. SSO Fleischmann, Dr. Georg, 14.7.1906. RS Feldmann, Friedrich, 5.4.1904. SSO und RS Herbst, Friedrich-Wilhelm, 27.7.08; R 58/270. Maly war Sturmbannführer der SS. Nach seiner »Entnazifizierung« wurde er als Kriminalrat im Regierungsbezirk Köln wieder eingestellt, 1953 wurde er zum Leiter der Kripo in Bonn bestellt und später zum stellvertretenden Polizeipräsidenten ernannt: Noethen, Alte Kameraden, S. 326 f.; SSO Maly, Dr. Hans, 7.3.07.
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SSO und RS Thomsen, Harro, 3.3.1911. DS Zirpins, Dr. Walter, 26.5.1901; Hachmeister, Gegnerforscher, S. 330; Mallmann, Stapo-Stelle Litzmannstadt, S. 156. Seine Erfahrungen als Kripo-Chef in Litzmannstadt fasste Zirpins in einem Aufsatz zusammen: Das Getto in Litzmannstadt, kriminalpolizeilich gesehen. In: Die deutsche Polizei, H. 21/1941. »Lehrstoffübersicht für den politisch-polizeilichen Unterricht an der Führerschule Charlottenburg. In: R 58/844, Bl. 1 ff.; weitere Schulungsmaterialien in R 58/780 und 781. In der Zeitschrift »Die Deutsche Polizei«, Ausgabe Sicherheitspolizei und SD, zu deren Schriftleitung er 1944 gehörte, veröffentlichte er Beiträge zur Unterrichtspraxis, in denen er einen anschaulichen und lebensnahen Unterricht (»Humor und Zeichnung als Gedächtnislücke«) propagierte (H. 8, 15.4.1944). SSO und RS Zirpins, Walter, Dr., 26.5.1901. IPN, Ld1/7771; Mallmann, Stapo-Stelle Litzmannstadt S. 151. Wildt, Generation, S. 770; Schenk, BKA, S. 294 f. SSO Wrede, Anton, 20.7.1908. Einen ähnlichen Bildungsgang weist sein Bruder Arnold Wrede auf: Er war kaufmännischer Angestellter und Buchhalter, trat 1934 in die SA, 1938 in die NSDAP und die SS ein und arbeitete von 1938 bis 1942 ebenfalls als Kriminalangestellter in Pretzsch; Ende 1942 wurde er zu einem Einsatzkommando einberufen und zum BdO Kiew abgeordnet. SSO Wrede, Arnold, 22.8.1904. SSO Ogilvie, Hans, 1.10.01. In den Personallisten wird Ogilvie keiner Abteilung, sondern der Führerschule bei der Amtsgruppe I.B zugeordnet. Weitere, zum Teil nicht näher identifizierbare Mitarbeiter waren der Polizeiinspektor Dr. E. Herbst, der Kriminalsekretär Kurt Peters, der Polizeisekretär Werner Nikolaus, der Polizeiassistent Arthur Schneyer sowie die Bibliothekarinnen Oppermann-Höynck und Hedwig Poppner. SSO, RS und PK Hubig, Dr. Hermann, 2.3.1912. In einer Beurteilung Hubigs zu seiner Tätigkeit in Prag heißt es, er sei dort »Spezialist für Probleme des Spannschen Universalismus und des Kameradschaftsbundes« gewesen. Vorher war er als Referent in der Abteilung II.2 für die Beobachtung der »Politischen Geistesrichtung (Universalismus, Jungkonservativismus usw.)« tätig: NA Prag, RUP 307; RG-11.001, reel 14. SSO und RS Pechau, Dr. Manfred, Dr., 23.12.09; Felder, SS-Jagdverband Ost, 2005, S. 107 f. und 118; Simon/Lerchenmüller, Im Vorfeld (2009). SSO, RS und RK Seekel, Friedrich, 20.5.1910; Banach, Heydrichs Elite, S. 252. Seekel scheint an der Charlottenburger Schule für die Bibliothek zuständig gewesen zu sein, da von ihm Briefe erhalten sind, in denen er Bücher für den Aufbau der neuen Schule in Fürstenberg freigibt: R 58/7363. Er verfasste 1940/41 die Broschüren »Frankreich, Zentrale des internationalen Mädchenhandels«, »Die Sowjets und ihr Wodka« und andere Propagandaschriften. Nach dem Krieg arbeitete er als Lehrer an der Oberschule Geesthacht, 1958 wurde er zum Leiter des Mädchengymnasiums in Emden berufen. Als die Hamburger Staatsanwaltschaft 1960 gegen ihn einen Haftbefehl wegen seiner Tätigkeit in Weißrußland erließ, beging Seekel Selbstmord: Zieske, Dr. Friedrich Seekel (2011); Hoffmann, »Aktion 1005« (2013). SSO und RS Hammer, Erich, 7.11.1908; SSO Vollbrecht, Dr. Hans, 11.8.1909; SSO und RS Loba, Kurt, 31.11.1913. SSO Schänzlin, Hermann, 7.5.1910. In einer Telefonliste des Sicherheits-Hauptamtes von Anfang 1938 wird Schänzlin als Untersturmführer in der Zentralabteilung I. 2.11 geführt (R 58/840). Bahro, SS-Sport (2013), S. 260 und 269; Harten, Himmlers Lehrer, S. 135 f. SSO und RS Folkerts, Gerhard, 9.6.01; Wildt, Generation, S. 717. – In welchem Verhältnis Folkerts Referat zur Amtsgruppe I C Leibesübungen unter Leitung Herbert Edler von Daniels stand, ist unklar. Bei Kriegsende kam Folkerts in sowjetische Kriegsgefangenschaft, später arbeitete er als Leichtathletik-Trainer, Bezirkssportlehrer und Lehrbeauftragter an der PH Wilhelmshaven: Hesse, Professoren und Dozenten, S. 281 ff. Zusammenstellung nach den erwähnten Geschäftsverteilungsplänen und den Telefonverzeichnissen vom Mai und Juni 1942 sowie Juni 1943: USHMMA 11.001M reel 1; BA: R 58/927; siehe auch die nach dem Krieg zusammengestellte Mitarbeiterliste aus dem Staatsarchiv Potsdam (R 58/9704, ohne zeitliche Zuordnungen von Personen und Funktionen). Erwähnt sei noch, dass Johannes Thiele, der vor der Bildung des RSHA die Schulungsabteilung des HA Sipo geleitet hatte, 1941 Schulz’ Nachfolger als IdS Hamburg wurde.
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ANMERKUNGEN ZU S. 117-122
IMT Bd. 38, Dok. L 185, S. 21 f. Über das Amt des Kommandeurs der Sipo-Schule und des Inspekteurs der Schulen existieren in der Literatur unterschiedliche Angaben. Nach Kwiet war Sandberger Inspekteur der Führerschulen der Sipo und des SD, während Schulz stellvertretender Leiter der Sipo-Führerschule in Charlottenburg war: Von Tätern zu Befehlsempfängern, S. 132 f. Schulz selber gab im Dezember 1945 an, im Juli 1942 zum Inspekteur der Schulen ernannt worden und von März 1941 bis Juni 1942 Kommandeur der Sipo-Schule Charlottenburg gewesen zu sein: Nürnberger Prozesse, Dok. NO 3841. Im Geschäftsverteilungsplan des RSHA vom März 1941 wird Bruno Streckenbach als Inspekteur und Schulz als Kommandeur der Sipo-Schule aufgeführt, im Geschäftsverteilungsplan vom Oktober 1943 wird Schulz als Inspekteur genannt: IMT, Bd. 38, Dok. L 185, S. 21; Dok. L 219; SSO Schulz, Erwin, 27.11.1900. – Als Schulz im April 1944 zum Befehlshaber der Sipo und des SD in Salzburg ernannt wurde, ging das Amt des Inspekteurs der Schulen nicht auf seinen Nachfolger Ehrlinger, sondern auf den zur gleichen Zeit zum IdS Berlin ernannten Juristen Hans Fischer über; Fischer war Ende 1939/Anfang 1940 für kurze Zeit Nachfolger Streckenbachs und Vorgänger von Schulz als IdS Hamburg gewesen, später war er Gustav Scheel im Amt des IdS Stuttgart gefolgt: SSO Fischer, Hans, Dr., 21.8.1906. Akten über die Schulen wie generell über die Tätigkeit der Amtsgruppe I.F/I.B sind kaum vorhanden. SSO Zillmann, Kurt, 17.7.1906; RG-11.001M.01, reel 11, f. 1 (500-5-1). Zillmann war für die Vertreibung und Deportation der Juden aus Luxemburg mit verantwortlich. In den 50er Jahren war er Leiter der Kriminalpolizei Lübeck, 1959 wurde er zum Leiter des Landeskriminalamtes in Kiel berufen: Schenk, BKA, S. 28 ff. SSO Hellwig, Otto, Dr., 4.11.1898; zur Biographie siehe auch Matthäus, Die »Judenfrage« als Schulungsthema, S. 48. Rossino, Anti-jewish Policy (2001). Mit Datum vom 21.10.1944 wurde Hotzel seines Amtes als Gruppenleiter I.B und Kommandeur der Führerschule Sipo entbunden und als Führer des Sonderkommandos 7b bei der EG B eingesetzt: SSO Hotzel, Rudolf, 14.5.1909. In einer undatierten Aufstellung der Schulen der Sipo und des SD wird Hotzel als »mit der Führung der Dienstaufsicht« über die Charlottenburger Schule beauftragt genannt: RG-11.001M.01, reel 13 (500-3-5, Bl. 171). Siehe z. B. die Vorlesungsübersicht des Wintersemesters 1941/42: R 1501/3776. Breitman, »Gegner Nummer eins«, S. 31; Banach, Heydrichs Elite, S. 252 und 271. in R 58/844. SSO und RS Seekel, Dr. Friedrich, 20.5.1910. Seekel hatte während des Studiums unter anderem Lehrveranstaltungen bei Rieffert und Spranger besucht. SSO und RS Wendzio, Oskar, 5.6.1900; Banach, Heydrichs Elite, S. 273. ZR 550, Bl. 286-289. StA NRW, RW 36-7, Bl. 3. BA Koblenz, NL 1265/6. Von Dickopf, der selber den Lehrgang besuchte, ist eine schriftliche Arbeit über den Reichsnährstand erhalten. Er wurde anschließend zum Kriminalkommissar und Untersturmführer des SD ernannt. Dickopf hatte Anfang der 1950er Jahre maßgeblichen Anteil am Aufbau des BKA, dessen Chef er 1965 wurde. Neben ihm machten von den insgesamt 36 Teilnehmern des 13. Kriminalkommissaranwärter-Lehrgangs weitere sechs Studenten später Karriere beim BKA: Schenk, BKA, S. 66 f. RS Estenfeld, Dr. Heinrich, 30.8.04; SSO Eweler, Dr. Heinrich, 15.5.02. Eweler wurde 1950 zum leitenden Kriminalrat in Arnsberg und später zum Kripo-Chef von Essen ernannt: Noethen, Alte Kameraden, S. 327-329; Schenk, BKA S. 227 und 257. Zu Lichtenegger R 58/844, Bl. 251 ff.; Die deutsche Polizei 1942, H. 21, S. 323; zu Funck s. u. S. 146; zu Gunia: Joachim Schröder, Münchner Polizei (2013); Gunia, der 1943 zum Hauptsturmführer ernannt wurde, brachte es nach dem Krieg zum Kriminalrat beim BKA und Regierungsrat beim Bundesamt für Verfassungsschutz: Schenk, BKA S. 67. R 1501/3776. – Der Regierungsassessor Dr. Hans Vollbrecht war Mitarbeiter der Amtsgruppe I.B im Referat »Fortbildung der Sicherheitspolizei« (I.B 4a). Der Lehrgang dauerte vom 10.11. bis 20.12.1940; ein zweiter Lehrgang war für Mitte Januar 1941 angekündigt: NARA, RG 242/T 175, r. 247, 2738402-8. Bef.bl. Chef Sipo/SD Nr. 19/1939, S. 96 f.
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Wegehaupt, »Wir grüßen den Hass!« (2012), S. 57 ff.; ders., Die Reichsführerschule (2007); Wenzel, SD-Schule Bernau (2007). Hachmeister, Schleyer (2004), S. 100; Junginger, Verwissenschaftlichung der Judenfrage, S. 314. Boberach, Berichte des SD, S. 900-902. Siehe Anm. oben S. 86. Hierzu und zum folgenden vgl. Wenzel, SD-Schule Bernau (2007). SSO und RS Berg, Alf, 9.2.1912. SSO, RS und DS Brügmann, Dr. Arnold, 14.3.12. SSO und RS Beyer, Herbert, 9.1.1909. 1942 war Beyer Referent in der Abteilung III.D »Arbeit und Sozialwesen« des RSHA, 1943 wurde er zum Sturmbannführer befördert. SSO Klingemann, Gottfried, 28.1.84. SSO Hirschberg, Paul, 13.6.1901. Hirschberg genoss als alter Kämpfer eine gewisse Protektion, zeigte sich aber den ihm übertragenen Aufgaben als SD-Führer nicht gewachsen und wurde deshalb mehrmals versetzt, ohne dass es offenbar gelang, eine befriedigende Lösung für ihn zu finden. SSO und RS Nickol, Alfred, 29.3.1911. SSO Zachmann, Ferdinand, 10.6.1911. SSO Nickol, Alfred, 29.3.1911. R 58/262. Bahro, SS-Sport, S. 207 f., Wenzel, SD-Schule, S. 92. Gefochten wurde weiterhin: Zum Beispiel wurde 1941 das Fechten mit leichtem Säbel als Teil der dienstlichen Körperschulung für aktive Offiziere und Offiziersanwärter der Ordnungspolizei eingeführt: RMBliV 1941, S. 960 (Rd.erl. 20.5.41). R 58/993. Siehe die Tätigkeitsberichte der Abt. II.112 der Jahre 1936 bis 1938: R 58/991. Das Programm der Tagung vom 9.-14.3.1936 mit den Themen und Referenten ist bei Wildt abgedruckt: Judenpolitik des SD, S. 80 f.; siehe auch ebd. S. 30. RG-11.001M.01, reel 2 (500-1-160, Bl. 31). Ebd.; Steur, Dannecker (1997), S. 20. Im Tätigkeitsbericht der Abt. II.112 für die Zeit vom 1.10.1936 bis zum 15.2.1937 heißt es, dass die erste einwöchige Schulung für Oberabschnittsreferenten Ende September 1936 abgeschlossen war: R 58/991. Die Vortragstexte der Tagung finden sich im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen: RW 33-2. R 58/827, Bl. 75 ff., 91 ff.; vgl. Shooman, SD-Schule Bernau (2007). Hachmeister, Gegnerforscher, S. 205; Wildt, Generation, S. 421 f. – Vermutlich erfolgte auch die Ankündigung der Einrichtung von Lehrgängen in tschechischer, polnischer und französischer Sprache für Angehörige der Gestapo Ende April 1938 schon im Hinblick auf die späteren Annektionen: R 58/259 Bl. 75. Wenzel, SD-Schule, S. 117. Rössner, Sohn eines Volksschullehrers, hatte Deutsch und Geschichte studiert und 1938 in Bonn mit einer Arbeit über den Georgekreis promoviert, danach arbeitete er als Assistent, seit 1939 als Dozent an der Universität Bonn. 1933 trat er in die SA, 1934 in die SS und den SD ein. Nach dem Krieg arbeitete Rössner als Lektor beim Piper-Verlag: Wildt, Generation, S. 735; SSO Rössner, Hans, 5.7.1910. Zu Spengler s. u. S. 147. Engel bat den SS-Anthropologen Bruno Beger vom Ahnenerbe, den rassenkundlichen Einleitungsvortrag zu halten: NS 21/329. R 58/991 (Tätigkeitsbericht vom 1.1. bis 30.6.1938). R 58/6483 Bl. 209 ff.; vgl. Wenzel, SD-Schule, S. 98 f. – Rolf Mühler hatte Geographie, Romanistik und Anglistik studiert und war nach dem Referendariat 1935 in den hauptamtlichen Dienst des SD eingetreten: RS Mühler, Rolf, 14.2.1910. ZB 6649 A. 3. R 58/6528, Bl. 214 ff; R 58/7166. R 58/259 (22.10.1941). Ebd., Bl. 237 ff. R 58/259, Bl. 242. Weitere Lehrgänge für Anwärter des gehobenen Verwaltungsdienstes der Gestapo folgten mit dem gleichen Lehrplan. Beim 6. Lehrgang, der vom 1.9. bis 18.12.1942 in Bernau stattfand, übernahm Nickol neben dem Einführungsteil über die nationalsozialistische Weltanschauung auch den Teil III »Politik und Raum«. Über Geschichte dozierte wieder Siegfried Engel: R 58/259, Bl. 301 f. Wenzel, SD-Schule, S. 114 ff.; Hillmer, Die Außenstellen des Reichssicherheitshauptamtes (2007); Roon, Bernau (2007).
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ANMERKUNGEN ZU S. 129-133
Hier erhielten insbesondere auch die »Hilfsgrenzangestellten« (Higa) der SS und die Angehörigen der »SS-Grenzüberwachung« eine fachliche Ausbildung: Banach, Heydrichs Elite, S. 113; Buchheim, Die SS, S. 148 f.; Sandkühler, Von der »Gegnerabwehr« zum Judenmord, S. 98 f. Lehrgangsleiter war der Gausachbearbeiter des NSLB für »Volkheitskunde« Dr. Manger, Schulz hatte die wissenschaftliche Leitung: NS 12/1416b. R 58/2354. Es fällt auf, dass unter den »Trägern der Idee« das Bürgertum fehlt. R 2/12203. Werner Best hatte bereits auf einer Amtsleiterbesprechung am 12.9.1939 über Pläne informiert, von jeder Dienststelle der Stapo und des SD jeweils zwei HJ-Angehörige nach Berlin entsenden zu lassen, die dann in zweiwöchigen Lehrgängen an der Führerschule Charlottenburg und der Grenzpolizeischule Pretzsch einen Überblick und eine Einführung in Aufgaben und Funktionsbereiche der Gestapo und des SD erhalten sollten. Für den Unterricht sollten Führer des Sicherheitshauptamtes und der Gestapo herangezogen werden: R 58/825, Bl. 8 f. Offensichtlich sollten rund 1000 Mann übernommen werden, da zur Durchführung der Prüfung 10 Kommissionen gebildet wurden, die je 100 Mann zu prüfen hatten. Aufgrund der Prüfungen, die am 1. und 2.11. stattfanden, wurde entschieden, ob jemand nur zum Wachmann oder zu einem gehobenen SD-Lehrgang, einem SD-Unterführerlehrgang oder für die Ausbildung in Pretzsch geeignet war. R 58/259, Bl. 195 ff. Wagner, Volksgemeinschaft (1996). Harten, Himmlers Lehrer, S. 28 f. SSO Trummler, Hans, Dr., 24.10.1900. In diesem Aktenbestand finden sich umfangreiche Materialien zu Trummlers Lebenswandel. Trummler hatte auch später noch mit disziplinarischen Maßregelungen zu tun; so wurde er 1943 wegen willkürlicher Festnahme und Schikanierung eines Kaufmanns aus Fürstenberg mit einem strengen Verweis bestraft, im Februar 1945 wurde noch ein SS- und polizeigerichtliches Verfahren wegen des Verdachts der Misshandlung Untergebener gegen ihn eröffnet. Trummler wurde 1947 wegen Erschießung amerikanischer Kriegsgefangener zum Tode verurteilt und 1948 hingerichtet. Siehe auch Leo, Dienst, Verwaltung, Unterricht (1994). Trummlers Position als Leiter des Referates III H geht aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gestapa vom 1.7.1939 hervor: RG-11.001M.01, reel 1 (500-1.38a). Vom 8.7. bis 25.9. und 13.7. bis 4.10. fanden noch Lehrgänge für Kriminalassistentenanwärter statt – für männliche Teilnehmer in Pretzsch, für weibliche an der Sipo-Schule in Berlin. Zur Grenzpolizeiausbildung siehe auch Sandkühler, Grenzpolizei (2000), S. 98 f. von Butlar, Entstehungs- und Baugeschichte (1994); Leo, Dienst, Verwaltung, Unterricht (1994), Dok. S. 105. R 2/12155. Wegen der Bombardierungen von Berlin wurden zunehmend auch Dienststellen des RSHA nach Drögen-Fürstenberg verlegt, darunter das Referat »Vorbeugende Verbrechensbekämpfung« und die kriminalbiologische Forschungsstelle Robert Ritters. Zur Fürstenberger Schule siehe auch Banach, Schulen der Sicherheitspolizei und des SD (1994). SSO und RS Bussinger, Gottlieb, 8.8.1910; R 58/2354; s. o. S. 64 f. SSO und RS Egerter, Anton, 19.5.04; Harten, Himmlers Lehrer, S. 313, 323 und 387. Reichsstatth. Thür. 139 (22.12.1941); Bef.bl. Chef Sipo/SD Jg. 3, Nr. 41, 15.9.1942. Bef.bl. Chef Sipo/SD Nr. 27/1943, S. 174. Leo, Dienst, Verwaltung, Unterricht, S. 98. Viksne, Members of the Arajs Commando (2005), S. 201. Ebd.; Ezergailis, Holocaust in Latvia (1996), S. 187 f. MA Fbg, M 266 A 18. Ende Januar 1942 wurden 38 Beamte des mittleren Vollzugsdienstes der Gestapo zu einem Lehrgang vom 6. bis 14.2. nach Frauenberg beordert, wo sie »im Rahmen des 22. Ausleselehrgangs für den leitenden Dienst der Eignungsprüfung für den leitenden Vollzugsdienst und der SS-Führerprüfung« unterzogen werden sollten. Vor der Zulassung zum Kriminalkommissaranwärterlehrgang sollten sie noch eine zweimonatige Ausbildung bei der Kriminalpolizei erhalten. Bef.bl. Chef Sipo/SD 3/1942 (Rd.erl. 31.1.1942); R 58/259, Bl. 266. Bef.bl. Chef Sipo/SD 3/1942 Nr. 13 (28.3.1942), S. 89; Werner, Das Franziskanerkloster Frauenberg. Siehe den Hinweis im Bef.bl. Chef Sipo/SD vom 18.3.1944 (Jg. 5, H. 11). Kohlhaas, Weibliche Angestellte der Kripo (2013). SSO Rabe, Karl, 11.6.1905; SSO Gornig, 15.11.1912; SSO Rennau, Dr. Heinz, 20.2.1899; Banach, Heydrichs Elite, S. 271.
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Es handelt sich um vier Vorlesungen, die auf den 30.10., 2., 4. und 6.11. datiert sind: R 58/844 Bl. 248256. SSO und RS Lichtenegger, Hans, 1.12.1909; Die Deutsche Polizei H. 21, 1942, S. 323. Bef.Bl. Chef Sipo/SD 26/1944 (Erlass v. 28.6.1944). Grabitz, Täter und Gehilfen des Erlösungswahns, S. 80; Birn, Kollaboration und Mittäterschaft (2003). Wilhelm Rosenbaum, Untersturmführer bei der Sicherheitspolizei des BdS Krakau, war 1935 mit 20 Jahren als Büroangestellter in die Dienste des Sicherheitshauptamtes getreten; seit 1936 gehörte er der SS an. Hans Krüger, 1909 als Sohn eines Handelsschullehrers in Posen geboren, von Beruf Hofverwalter, war bereits 1929 der NSDAP und der SA beigetreten und hatte 1933 die Polizeiabteilung des KZ Oranienburg geleitet. Von 1934 bis 1938 leitete er die Abteilung Landwirtschaft beim Arbeitsamt Luckenwalde. 1938 trat er der SS bei, 1939 wurde er als Kriminalkommissaranwärter der Stapo Potsdam zugeteilt. RS Rosenbaum, Wilhelm, 27.4.1915. RS Krause, Eugen, 1.7.1909; StA Mbg 327/2b 112; RS Proch, Walter, 30.10.1909. O’Neil, Rabka Police School (2004). Dieter Pohl erwähnt Probeexekutionen, die an der Sipo-Schule in Zakopane durchgeführt wurden: Pohl, Nationalsozialistische Judenverfolgung (1996) S. 305. Offenbar sind von der Sipo-Schule Bad Rabka keine Dokumente erhalten: Birn, Kollaboration und Mittäterschaft, Anm. S. 303. Jahresbericht des KdS Estland vom 1.7.1942, in: Angrick u. a., Deutsche Besatzungsherrschaft (2013), S. 358. RG-15.007, reel 9, f. 122, Bl. 110 f. und Bl.179-181 (Lageberichte vom Mai und Juli 1943); R 58/7122. Birn, Collaboration with Nazi Germany (2001), S. 18 f. Siehe auch das Schreiben des KdS an den BdS in Riga betr. »Gute Behandlung der estnischen Sicherheitspolizeiangehörigen« vom 22.6.1943: RG13.002, reel 2, f. 10, Bl. 62 ff. Im Oktober 1943 wurde Viiding zum Leiter der estnischen Sicherheitspolizei ernannt: Kuusik, Security Police and SD in Estonia. Stellvertretender Leiter war Untersturmführer Sammalkivi, er wurde jedoch aufgrund von »Beziehungen zu Juden« nach einem halben Jahr auf einen anderen Posten versetzt: Weiss-Wendt, Murder without Hatred (2009), S. 113. RG-15.007, reel 9, f. 122, Bl. 110 f. u. 179-181; R 58/7122. Siehe auch oben S. 103-105; Birn, Sicherheitspolizei in Estland, S. 38. Hjalmar Mäe war Leiter der estnischen Selbstverwaltung: Kuusik, Security Police and SD in Estonia. Der Ausbildungsplan enthält kurze Ausarbeitungen zu den genannten zehn Themen: R 70 Sowjetunion/34. Vgl. a. die Hinweise auf die Ausbildung von Kriegsgefangenen in Sonderlagern des SD im Bereich der Einsatzgruppe D bei Angrick, Besatzungspolitik und Massenmord, S. 477 ff. R 70 Sowjetunion/34; Mallmann, Unternehmen Zeppelin (2003). Besatzungspolitik und Massenmord, S. 483 f. Biddiscombe, Unternehmen Zeppelin (2000), S. 1126 f. Mallmann, Unternehmen Zeppelin, S. 330. RD 19/11. SSO Klingelhöfer, Waldemar, 4.4.1900; SSO Oebsger-Röder, Dr. Rudolf, 9.3.1912; Mallmann, Unternehmen Zeppelin; Hachmeister, Gegnerforscher, S. 107 ff. Felder, SS-Jagdverband Ost (2005). R 58/117; siehe auch Simon (Internetquelle). Bei Hellwigs Gruppe dürfte es sich um den Kriminalkommissar-Lehrgang handeln, der am 15.8.1939 begann; der Lehrgang wurde am 8.9. abgebrochen und am 1.11.1939 wieder aufgenommen: Banach, Heydrichs Elite, S. 273. Zum Kommando Hellwig siehe auch Schenk, BKA, S. 32; Breitman, »Gegner Nummer eins«, S. 31 f. Breitman, »Gegner Nummer eins«, S. 32. Krausnick/Wilhelm, Truppe des Weltanschauungskrieges (1981), S. 142 f.; Angrick, Besatzungspolitik, S. 80 ff; Neumann u. a., Praxissemester »Osteinsatz« (2006). Das Datum des 21.5. nannte Sturmbannführer Feder: Ogorreck, Einsatzgruppen (1996), S. 62. Zit. n. Krausnick/Wilhelm, Truppe des Weltanschauungskrieges, S. 142. Grabitz, Täter und Gehilfen, S. 124 ff.; Wildt, Generation, S. 547 ff. Streckenbach soll bereits im Januar 1941 den zuständigen Gruppen- und Referatsleitern der Ämter I und II des RSHA den Auftrag erteilt haben, einen »großen Einsatz in weiten Räumen« vorzubereiten; im März darauf soll es eine Vorbe-
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sprechung Heydrichs mit Streckenbach und anderen Führungskräften des RSHA über den bevorstehenden Angriffskrieg gegen die Sowjetunion gegeben haben (Wildt, Streckenbach, S. 111; ders., Generation, S. 547). Im Vorfeld des Russland-Feldzuges hielt sich Streckenbach mehrmals in Pretzsch auf, um mit Trummler, dem Leiter der Schule, organisatorische Fragen der Versorgung und Ausrüstung der Einsatzgruppen zu besprechen und Lehrgänge zu inspizieren (Ogorreck, Einsatzgruppen, S. 57). Krausnick/Wilhelm, Truppe des Weltanschauungskrieges, S. 148; Angrick, Besatzungspolitik und Massenmord, S. 81 ff. Zit. b. Jaeger, Verbrechen, S. 142 f.; vgl. Angrick, Besatzungspolitik und Massenmord, S. 432. Angrick u. a., Das Polizeibataillon 322, S. 356 f. u. Anm. S. 383; Angrick, Besatzungspolitik und Massenmord, S. 429 ff. Wer an den Exekutionen nicht teilnehmen wollte, konnte sich unter Berufung auf den §47 des Militärstrafgesetzbuches davon dispensieren lassen, und einzelne Teilnehmer haben von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht: »(I) Wird durch die Ausführung eines Befehls in Dienstsachen ein Strafgesetz verletzt, so ist dafür der befehlende Vorgesetzte allein verantwortlich. Es trifft den gehorchenden Untergebenen die Strafe des Teilnehmers: 1. wenn er den erteilten Befehl überschritten hat oder 2. wenn ihm bekannt gewesen ist, dass der Befehl des Vorgesetzten eine Handlung betraf, welche ein allgemeines oder militärisches Verbrechen oder Vergehen bezweckte.« (Zit. b. Angrick S. 430). In diesem Zusammenhang ist bedeutsam, dass es auch keinen dokumentierten »Führerbefehl« gab. Hier zitiert aus: Die Deutsche Polizei. Taschenkalender für die Sicherheitspolizei 1941, S. 119, ebenso nachzulesen in der Ausgabe für 1943. Angrick, Besatzungspolitik, S. 429. Longerich, Himmler, S. 538 ff., Schulte, Himmlers Wewelsburg (2009); Junginger, Verwissenschaftlichung, S. 369. Zum Gesamtzusammenhang siehe auch Ogorreck, Einsatzgruppen (1996). Günther Herrmann trat die Rückreise nach Berlin bereits am 2.10. an; dort leitete er bis zum Jahresende wieder die Lehrgänge für die Anwärter des leitenden Dienstes: Ogorreck, S. 201. Angrick, Besatzungspolitik, S. 302 ff.; Neumann u. a., Praxissemester »Osteinsatz«. zit. n. Wildt, Generation, S. 577. Wildt, Generation, S. 578 ff. Siehe oben S. 109 f. Er berichtete in einem Prozeß 1971 von demütigenden und grausamen Prozeduren; die meisten Schützen hätten sich hinterher betrunken, um ihren Ekel abzutöten: Angrick 2003, S. 250. Wildt, Generation, S. 717; zu Folkerts siehe Hesse, Professoren und Dozenten, S. 281. Siehe oben S. 112. Hammer wurde vom 20.9.1941 bis zum 20.1.1942 und erneut vom 10.10.1942 bis 29.5.1943 zum BdS Belgrad abgeordnet. Gleichzeitig war er als Dozent für den 3. Ausbildungslehrgang für Anwärter des gehobenen Verwaltungsdienstes der Gestapo mit zugehörigem Führerlager vom 10.10. bis 16.12.1940 in Bernau eingeteilt: R 58/259, Bl. 237. Hubig wurde danach zum »Unternehmen Zeppelin« abgeordnet und war in einer Einheit tätig, die im Rahmen der Einsatzgruppe B mit der Ausbildung und weltanschaulichen Schulung sowjetischer Bürger und Kriegsgefangener zu SD-Aktivisten beschäftigt war: R 70 Sowjetunion/34. Unter Hubigs Kommando wurden im Dezember 1941 die 230 Patientinnen einer psychiatrischen Anstalt in Makarjewo ermordet: Cüppers, Wegbereiter, S. 211 f.; Angrick u. a., Besatzungsherrschaft, S. 248 f. Banach, Heydrichs Elite, 289 f.; Krausnick/Wilhelm, Truppe des Weltanschauungskrieges, S. 641 u. 645; zu Pechau siehe Lerchenmüller/Simon, Im Vorfeld des Massenmordes (2009); Simon, NS-Sprache aus der Innensicht. s. o. S. 112 f. SSO Herrmann, Günther, 15.9.1908. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 607, 989, 1019 f. Dörnte hatte 1935 die juristische Staatsprüfung bestanden und war anschließend Gerichtsreferendar geworden. Er trat erst 1933 der SS und 1937 der NSDAP bei; von 1924 bis 1927 hatte er dem Jungdeutschen Bund angehört. Bevor er zum SD kam, war er Schulungsleiter des RuSHA im Oberabschnitt Fulda-Werra: SSO und RS Dörnte, Erwin, 28.4.1910; Marßolek/Ott, Bremen im Dritten Reich. Wildt, Generation, S. 382; SSO Hummitzsch, Heinz, 16.2.1910; R 58/259. Wildt, Generation, S. 352. Weinmann arbeitete nach dem Krieg als Berater für die ägyptische Polizei: ebd. S. 738. Zu Weinmanns Vortragstätigkeit siehe R 58/262, R 58/6528 und R 58/7166.
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SSO und RS Hirthe, Helmut, 9.12.1914. SSO Reschke, Erich, 25.3.1896. Herz hatte ein rechts- und staatswissenschaftliches Studium abgebrochen und war 1930 zur Polizei gegangen. 1933 wurde er Mitglied der SS, 1937 der NSDAP: SSO Herz, Hermann, 26.4.1908. SSO Augsburg, Dr. Emil, 1.5.04; Lerchenmüller/Simon, Im Vorfeld, S. 107. R 58/259 (31.7.1941). R 2/12203. In einer Besprechung am 8.5.1941 erkannte das Finanzministerium dann generell Polizeizuschüsse bei besonderen Einsätzen und Sonderaktionen in besetzten Gebieten wie »Judenbekämpfung«, »Evakuierungen«, »Umsiedlungen« oder »Befriedungen« an. Zieske, Dr. Friedrich Seekel, S. 191 u. 206. Banach, Heydrichs Elite, S. 278 und 290. Mit dem Reichserziehungsministerium wurde im Juni 1941 die Vereinbarung getroffen, dass Studienassessoren aus ihrer Arbeit für den SD keine beruflichen Nachteile entstehen würden: Bef.bl. Chef Sipo/SD 31/1941 (Runderlass v. 4.8.41). Als er anlässlich seiner Eheschließung von den Experten des RuSHA um Auskunft über den Selbstmord eines Großvaters der Braut um Auskunft gebeten wurde, gab er die überzeugende Erklärung ab, der Großvater sei durch einen jüdischen Makler zu einem Hauskauf unter sehr ungünstigen Bedingungen getrieben worden und habe später den Forderungen nicht mehr nachkommen können; die Tat sei deshalb eine Verzweiflungstat gewesen. SSO und RS Gutekunst, Paul, 20.4.1911. Zieske, Dr. Friedrich Seekel (2011); Hoffmann, »Aktion 1005« (2013); s. o. S. 114. Pohl, Judenverfolgung in Ostgalizien, S. 68 f. Zu Bussinger s. o. S. 64 f. SSO und RS Funck, Heinrich, 3.8.1908; Banach, Die Rolle der Schulen (1994). 1940 war er offenbar auch als Mitarbeiter in der geplanten Amtsgruppe »Erziehung und Schulung« im Gespräch: R 58/7044 Bl. 20; dort wird Hartl als Lehrer der Sipo-Schule geführt. SSO und RS Hartl, Albert, 13.12.1904; ausführliche Lebensbeschreibung bei Dierker, Himmlers Glaubenskrieger, S. 96-118; siehe auch Wildt, Generation, S. 358 ff. und 934 f.; Richter, Katholizismus und Eugenik (2001), S. 504. Hachmeister, Gegnerforschung, S. 164; Lerchenmüller/Simon, Im Vorfeld, S. 34; Wildt, Generation, S. 174 ff. Spengler dozierte u. a. 1939 auf einem Lehrgang in Bernau über »Kultur und Rasse«, 1942 über »Kultur als Beispiel der Lebensgebietsarbeit«: R 58/7166 und 259. Nach dem 2. Weltkrieg arbeitete er als Lektor beim Stalling-Verlag in Oldenburg: Lerchenmüller/Simon, Maskenwechsel, S. 94. SSO, RS und PK Steimle, Eugen Karl, 8.12.1909; Wildt, Generation, S. 777; Lächele, Reichssicherheitshauptamt (1995); Junginger, Verwissenschaftlichung, S. 339 ff. SSO, RS u. DS Löffler, Hermann, 13.2.1908; Lerchenmueller, Geschichtswissenschaften (2001). SSO Looß, Helmut, 31.5.1910; Gentile, Wehrmacht und Waffen-SS (2012), S. 297 ff.; Dierker, Himmlers Glaubenskrieger. Lerchenmüller/Simon, Im Vorfeld, S. 74 f. Wildt, Generation, S. 742; DER SPIEGEL H. 8/2006; siehe auch Gentile, Wehrmacht und Waffen-SS (2012). Wildt, Generation, S. 483; Pohl, Judenverfolgung in Ostgalizien (1996), S. 276. ZSt.Lbg., AR-Z 269/60, Bl. 3491, Vernehmung vom 21.7.1965; Wildt, Generation, S. 577 f. Zur Biographie: SSO und RS Hotzel, Rudolf, 14.5.1909; Personalakte des Volksbildungsministeriums (12411) im H.StA Weimar. Drexel war außerdem seit Januar 1939 Sportleiter beim SD-Unterabschnitt Stuttgart: StA Lbg. K 110/50. Im April 1939 wurde er zum Untersturmführer ernannt. Angrick, Besatzungspolitik und Massenmord, S. 428 ZSt. Lbg., B 162/1143 (= II 213 AR 1902/66), Bl. 1473 ff., 1482. Süddeutsche Zeitung 19.11.1974. Angrick, Besatzungspolitik und Massenmord, S. 428 u. 250. Noßke revidierte damit die Aussage, die er im Einsatzgruppenprozeß 1947/48 gemacht hatte, der Führerbefehl sei schon in Pretzsch erteilt worden. ZSt. Lbg., B 162/1143, Bl. 598 f. Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Internet-Seite zum Holocaust-Denkmal Dubossary. ZSt. Lbg., B 162/1143, Bl. 562-564. Kehrer schilderte den Tathergang etwas anders: »Ich habe nicht gesehen, ob die Mütter ihre Kleinkinder an sich gepresst oder seitlich von sich weg hielten. Es
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herrschte ein großes Durcheinander und ich halte es für möglich, dass es im Laufe der Exekution nicht mehr so genau genommen wurde und man nicht eigens auf kleine Kinder schoss. In solchen Fällen müssten dann diese Kinder lebend in die Grube gefallen sein …« (ebd. Bl. 540). Während Drexel in seiner Vernehmung darauf bestand, dass auch Kehrer Befehle erteilt habe, zog dieser sich auf seine reine Dolmetscher-Funktion zurück. Kehrer, der bereits 1932 der NSDAP beigetreten war, war aber nicht nur Dolmetscher, sondern als Kriminalassistent und SS-Mitglied auch selber Akteur: Angrick, Besatzungspolitik, S. 407 f. Wildt, Generation, S. 577. ZSt. Lbg., B 162/1143, Bl. 1333. Ebd., Bl. 586. ZSt. Lbg., B 162/1143, Bl. 541; Angrick, Besatzungspolitik, S. 250. Junginger, Verwissenschaftlichung, S. 369. Angrick, Besatzungspolitik, S. 93 f., 169 ff., 250, 349, 532; Kwiet, Paul Zapp (2004). Junginger, Verwissenschaftlichung, S. 376. Z.St. Lbg, B 162/7054 (= AR-Z 43/1967), Bl. 139 und 144. Paul Zapp, Das Judentum, S. 11 und 13. In: NS 31/259; Teilabdruck in Matthäus u. a., Ausbildungsziel Judenmord, S. 188-190; siehe auch Breitman, »Gegner Nummer eins«, S. 32 f.; Kwiet, Paul Zapp. In: R 58/779; Harten, Himmlers Lehrer, S. 470. Junginger, Völkische Religionswissenschaft, S. 274. Aus der Zeit seiner Tätigkeit im Referat II.113.1 (Politischer Katholizismus) sind einige Materialien erhalten, darunter ein Tätigkeitsbericht für die erste Februar-Hälfte 1937: R 58/6074. Zum Lebenslauf: SSO und PK Zapp, Paul, 18.4.1904; Kwiet, Erziehung zum Mord (1999); ders., Paul Zapp. »Deutsche Weihestunden«, 3 Bde., Widukind-Verlag Berlin 1934-1935. 1. Bd. Spruchgut für den Jahresverlauf; 2. Bd. Im Ring des Jahres; 3. Bd.: Die Hoch-Zeiten des Lebens. 5. Aufl., Berlin-Lichterfelde 1942; Germanisch-deutsche Weihnacht. Vorschläge und Anregungen zur Julfestgestaltung. Stuttgart 1934. Zu den Hörfolgen siehe PK Zapp. Deutsche Weihestunden Bd. 3, S. 41 und 64. Ebd. S. 104 f. Nanko, Deutsche Glaubensbewegung (1993). Zu den Teilnehmern des Treffens in Eisenach gehörten neben Günther auch andere Größen der »nordischen Bewegung« wie Ludwig Ferdinand Clauss, Schultze-Naumburg, Prinz zur Lippe, Hermann Mandel und das Ehepaar Konopath. Weitere Gründungsmitglieder waren der Erziehungswissenschaftler Friedrich Berger, damals Privatdozent in Tübingen, später Mannschaftshausführer und SS-Schulungsleiter in Braunschweig, sowie Fritz Castagne, der bei Hauer studierte, 1936 Landesleiter des Bundes in Hamburg war, aber noch im gleichen Jahr seine Karriere als Schulungsleiter in der SS begann: ebd. S. 332 ff. Zu den Schülern von Hauer gehörten auch Günther Augustin und Hans Endres, die beide bei ihm mit Arbeiten über Nietzsche promovierten. Augustin gehörte dem Mannschaftshaus Tübingen an und war ab 1936 Referent und Schulungsredner des SD-Unterabschnitts Württemberg-Hohenzollern. Auch der Tübinger Sturmbann-Schulungsleiter, der Jurist Heinz Osterieder hatte Vorlesungen bei Hauer besucht (über »Religion und Rasse«). Zu Hauer siehe auch Junginger, Völkische Religionswissenschaft. Eine deutsche Glaubensgemeinschaft? Vortrag 1933 (Staatsbibliothek Berlin)
II. Weltanschauliche Schulung in der Ordnungspolizei 1
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Fangmann u. a., Parteisoldaten (1987), S. 90; Lohalm, Öffentlicher Dienst und Nationalsozialismus, S. 15 ff.; Schmidt, Keine Kommissare, S. 51; Wagner, Volksgemeinschaft ohne Verbrecher, S. 197. Lohalm, Öffentlicher Dienst, S. 20 f. Daluege nannte Anfang 1934 die Zahl von 7,3% Offiziere, die aufgrund des »Berufsbeamtengesetzes« entlassen oder in den Ruhestand versetzt wurden. Unter den Beamten der Schutzpolizei insgesamt sei der Anteil mit 1,7% vergleichsweise gering gewesen: R 19/377 (Nr. 18, 23.1.34). Daniel Schmidt, Schützen und Dienen, S. 353 ff. Fangmann u. a., Parteisoldaten, S. 87; R 19/381 (Rede Nr. 5).
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R 19/390 (Daluege am 10.1.1934); Westermann, Police Battalions, S. 65. Noch Anfang 1938 gab es die Anordnung, freie Beamtenstellen des unteren und einfachen mittleren Dienstes bis zum 1.4. des Jahres ausschließlich mit »Nationalsozialisten« zu besetzen: RMBliV 1938, S. 360 a/b. Schmidt, Schützen und Dienen, S. 323 ff. Schmidt spricht von einer »schockierenden Wirkung«, die von den SA-Männern ausgegangen sei, die in den Revieren nach Belieben schalten und walten konnten, während gleichzeitig in der lokalen NS-Presse die Entlassung missliebiger Polizeibeamter gefordert wurde, die vor 1933 noch gegen Nationalsozialisten vorgegangen waren: »Vor diesem Hintergrund griff in der Schutzpolizei die nackte Existenzangst um sich« (S. 337). Longerich, Heinrich Himmler, S. 173. U. Herbert, Best, S. 124 f. HStA Darmstadt, 1912 A Nr. 21/3. Longerich, braune Bataillone, S. 182 f.; Herbert, Best, S. 124 f. Bis 1935 waren rd. 10 000 ehemalige SA-Hilfspolizisten von der Schutzpolizei übernommen worden. Schmidt, Schützen und Dienen, S. 328 ff. Die Höhere Polizeischule Eiche, die bis dahin mit dem Polizei-Institut institutionell verbunden war, wurde am 1.4.1933 wieder vom Polizei-Institut abgetrennt und dem Ministerium des Inneren unmittelbar unterstellt, während das Polizei-Institut im August 1933 zur alleinigen Ausbildungsstätte der Kriminalpolizei erklärt wurde: MBliV 1933, S. 265; R 19/284. Damit wurde die Trennung von Ordnungs- und Sicherheitspolizei auf der Ebene der Offiziersausbildung schon vorweggenommen. Harnischmacher/Semerak, Polizeigeschichte, S. 100 ff. Der Aufbau einer militärischen Truppe der Landespolizei verstieß gegen die noch geltenden Versailler Verträge und wurde deshalb unter strenger Tarnung vollzogen; 1920 hatten die Siegermächte die Aufstellung geschlossener Polizeiverbände mit schweren Waffen untersagt: Tessin u. a., Waffen-SS und Ordnungspolizei, S. 533. Der Personalbestand der Schutzpolizei reduzierte sich von 104 600 auf 48 000; bis 1938 war er vor allem durch die Errichtung von Polizeihundertschaften wieder auf 63 345 angestiegen: Wilhelm, Polizei im NS-Staat, S. 157. Siehe auch die Aufstellung in R 19/381 (Rede Nr. 6): danach stieg der Anteil der kasernierten Schutzpolizei von 3300 (Feldjäger) 1935 auf 12 026 im Jahr 1938 an; hinzu kam ein Anstieg kasernierter Gendarmerie von 100 auf 3412. Schmidt, Schützen und Dienen, S. 374 ff. Bessel, Modernisierung, S. 376. Dams, Selbstinszenierung (2007). Zit. b. Fangmann u. a., S. 91. Siehe die Lehrpläne für die Ausbildung der Schutzpolizei in StA Hbg 331-1/I 177. R 19/263 (4.5.33). HStA Stuttg. E 151/03 Bü. 1099. – Gehls »Geschichte für höhere Lehranstalten” war im April 1936 für den Geschichtsunterricht an den Polizeiberufsschulen vorgeschrieben worden: RMBliV 1936, S. 485. HStA Weimar: Thür. Min. d. Inn. P 53. StA Stade, Rep. 180P-956. Ebd., Rep. 180P-975. MBliV 94. Jg., 1933 Teil I, S. 468. Ebd., S. 468 und 891. Ebd., 95. Jg., 1934, S. 119 f. MBliV 1935, S. 1134 (Rd.erl. v. 17.9.1935). R 19/391. HStA Weimar: Thür. Min. d. Inn. P 53; MBliV 1934, S. 938; RMBliV 1937, S. 177 f. R 36/166, Bl. 103 ff. (Erlass 3.6.1935). R 19/385 (Dezember 1935). Rd.erl. vom 28.1.1935, abgedruckt im Sächsischen Verwaltungsblatt 1935, Teil I, S. 50. StA Katt. 119/4347, Bl. 67. Sächs. Verw.bl. 1935, T. I, S. 278 (18.5.1935); R 19/263. Ebd. S. 285-289 (Erlass vom 21.5.1935). Zit. n. Gniesmer, Der Weg zur GdP (1980), S. 32.
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Die »Basisorganisationen« waren wie in der Partei die Ortsgruppen. Der Vorstand der Ortsgruppe Schrimm im Warthegau beispielsweise setzte sich 1940 aus acht »Warten und »Waltern« zusammen, einem Ortsgruppen- und Fürsorgewart, einem Schrift- und Pressewart, einem Kassen- und Versicherungswart sowie einem Schulungswart, einem Sportwart und einem Kassenprüfer, die jeweils zugleich die Aufgaben eines Amtswalters für einen Polizei- bzw. Gendarmerieposten wahrnahmen, und zwei weiteren Amtswaltern, die jeweils zwei Posten betreuten. StA Posen 1235-229. Der Deutsche Polizeibeamte, Jg. 3/1935, H. 11, S. 412. Der Deutsche Polizeibeamte, Jg. 2/1934, H. 14, S. 531. Nach einer kursorischen Durchsicht der Hefte. Zur Thematisierung des Judentums und der »Judenfrage« in den SS-Leitheften und im Schwarzen Korps siehe Harten, Himmlers Lehrer S. 496 f.; Zeck, Das Schwarze Korps, S.213 ff. Antisemitismus war in den Heften präsent, aber nicht zentral, weil er, wie der Herausgeber des »Schwarzen Korps« Gunter d’Alquen erklärte, allgemein bei den Lesern vorausgesetzt werden konnte. SSO Hartmann, Horst, 18.10.1905, SSO und RS Haase, Willi, 17.5.1906. Bartsch war Mitverfasser des 1939 erschienenen Buchs »Das Polizeiverwaltungsgesetz. Rechtsgrundlagen der Polizei im Dritten Reich«. Nach dem Krieg wurde er interniert und aus dem Dienst entlassen, später aber als Kriminalpolizeirat wieder eingestellt und zum Leiter der Kriminalabteilung der Stadt Essen ernannt: Noethen, Alte Kameraden, S. 337 f. Der Deutsche Polizeibeamte, Jg. 2, 1934 H. 22. Der Deutsche Polizeibeamte Jg. 3, 1935, H. 4, S. 128. Der Deutsche Polizeibeamte Jg. 3, 1935, H. 3, S. 88 f. und H. 4, S. 128 ff. Außerdem verfügte man über eigene Erholungsheime wie die »Friedrich-Jeckeln-Hütte« im Oberharz oder das Kurhaus Fleesensee in Mecklenburg: R 19/385. Im ehemaligen Gebäude des »Polizeihauses Kurmark« befindet sich heute das Landesinstitut für Lehrerfortbildung bzw. das Studienseminar Potsdam des Brandenburgischen Bildungsministeriums. Kameradschaftsbund Deutscher Polizeibeamten, Hg., Lehrgänge im Polizeihaus Kurmark, Winterhalbjahr 1935/36: HStA Weimar, Reichsstatthalter 144; HStA Bremen, 4, 13/1-P.1.b. 171 Akte I. Der erste Lehrgang lief vom 13. bis 26.10.1935. R 19/385. R36/166 Bl. 75; HStA Stuttg. E 151/03. HStA Weimar, Reichstatth. Thüringen 144: Tätigkeitsbericht des Landesbundes vom 5.5.1934. Er trat später der SS bei: RS Krzykowski, Karl, 6.11.1892. Dies gilt etwa für die Polizeischulungsleiter Cremer, Rosin, Fahnenschreiber, Witt und Framenau, s. u. II.5. Die Zeitschrift der Polizei berichtet z. B 1937 über einen Gauschulungsabend der Berliner Feuerlöschpolizei, auf dem bereits ein Vertreter des RuSHA sprach, über eine Weltanschauliche Schulungswoche des Gaus Brandenburg in Kottbus 1938, über eine Gauarbeitstagung mit rassekundlichen Vorträgen in Magdeburg und weltanschauliche Lehrgänge im Polizeihaus Kurmark während des Jahres 1939. So berichtete zum Beispiel das Schutzpolizeikommando Augsburg noch im Herbst 1939, dass in den kleineren Gemeinden bis dahin nur eine außerdienstliche weltanschauliche Schulung der Gendarmerie durch den Kameradschaftsbund stattfinden konnte: HStA München 73331, f. 1. StA Wolf. 12 Neu 13/15134; StA Old. 136/18744. NS 2/51 (28.4.1937). Siehe u. a. die Hinweise im Vortrag von Caesar auf der Gruppenführertagung am 26.1.1939: NS 19/1669. Den Hauptanteil trug das Reichsinnenministerium: NS 2/64, Bl. 44. (18.8.1938). RD 18/2. Die Übertragung der gesamten Polizeiführung auf Himmler war von Hitler schon 1935 avisiert worden. Dies geht aus einer Aktennotiz Himmlers »nach Vortrag beim Führer« am 18.10.1935 hervor; bei dem Gespräch ging es hauptsächlich um die »Frage der Führerschulen«: »Die Führerschulen wurden vom Führer grundsätzlich genehmigt und sollen im Rahmen der Zusammenfassung der Gesamtpolizei unter den RF-SS entweder als Staatssekretär im Innenministerium oder unmittelbar unter den Führer gestellt werden.« NS 19/3582; vgl. Wildt, Generation, S. 226. NS 2/63, Bl. 101 ff. (4.9.1937).
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Geschäftsverteilungspläne HA Orpo 1936 und 1937: R 19/5b. Die entsprechenden Stellen blieben in diesen Jahren unbesetzt; federführend nahm Oberschulrat Zwingelberg die Aufgaben wahr. R 19/5a; USHMMA, RG-11.001M.01 reel 14 (Bl. 225 ff.). R 19/5b; R 1501/127370a. Entsprechend waren im Geschäftsverteilungsplan vom 2.1.1940 die Aufgaben der Abteilung A 4 für die weltanschauliche Schulung gestrichen und durch die Formulierung »Mitwirkung bei den Aufgaben der WE« ersetzt worden: Geschäftsverteilungsplan HA Orpo vom 1.5.1939, mit Zusätzen vom 2.1.1940, S. 75: NA Prag, URP 301-211. Von ihm stammt die Tornisterschrift »Für Freiheit und Recht. Ein Taschenbuch des deutschen Soldaten«, die der Nordland-Verlag 1940 in einer Auflage von 760 000 Exemplaren herausbrachte. Später wurde Schütt Kulturreferent des Auswärtigen Amtes in Helsinki: SSO, RS, DS und RK Schütt, Werner, 12.12.1911. Hartmann verfasste eine ganze Reihe von Beiträgen für die Zeitschrift »Die deutsche Polizei«, mit markanten Titeln wie »Die Grundlagen nationalsozialistischer Rassepolitik« oder »Die Grundlagen nationalsozialistischer Wehrpolitik«. Geschäftsverteilungspläne in NS 2/102, NS 2/64. Zu den Referaten und zum Personal siehe Harten, Himmlers Lehrer S. 81 ff. NS 2/100 und 101; Harten, Himmlers Lehrer, S. 70 f. Heller, Reshapening (1971), S. 105. OKdo. HA Orpo A (4) 2.8.1937: StA Wolf. 12 Neu 213/15134. Die Inspekteure der Ordnungspolizei wurden im September 1936 eingesetzt. Sie führten die Dienstaufsicht über die gesamte Ordnungspolizei (d.h. Schutzpolizei, Gendarmerie und Feuerschutzpolizei) in ihrem Zuständigkeitsbereich. Bis zum Kriegsbeginn gab es 13 bis 14 Inspektionsbereiche, die weitgehend den Provinzen und Ländern auf der staatlichen Verwaltungsebene und den Oberabschnitten in der Organisation der SS entsprachen. Mit Beginn des Krieges wurden die IdO schrittweise in »Befehlshaber der Ordnungspolizei« (BdO) umbenannt, zuerst in den besonders luftschutzgefährdeten Gebieten. Die BdO waren mit größeren Kompetenzen ausgestattet und unterstanden unmittelbar den Höheren SS-und Polizeiführern. Siehe dazu Tessin, Stäbe und Truppeneinheiten, S. 19 ff. Der deutsche Polizeibeamte 5/1937, H. 7, S. 222; R 19/380: Rede vom 18.3.1937. RMBliV 1937, S. 665 ff. (Rd.erl. 15.4.1937); StA Old. 136/18619; HStA Hann., 122a, Nr. 2625 f., 1511 (13.1.1938). R 19/380 (Rede vom 3.5.1937). Der Lehrgang fand vom 3. bis 8.5. statt; eingeladen waren außer Offizieren, die für die Schulungsarbeit in Frage kamen, auch die Kommandeure der Polizeischulen und Führer der Ausbildungshundertschaften: HStA München 73331 f. 1 »Der Führer an die Polizei«, aus: Koschorke, Jederzeit einsatzbereit. Ein Bildbericht von der deutschen Polizei. Berlin 1939. In einem Bericht des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Anlaufphase der Polizeischulung 1937 wird in diesem Zusammenhang auf die Gefahr von »Gewissenskonflikten« aufgrund dieses doppelten Unterstellungsverhältnisses hingewiesen, wenn der Polizeischulungsleiter vom IdO und RuSHA gegensätzliche Anweisungen erhielte: HStA München, 73331, F.1. NS 2/151, B. 93. NS 2/51 (8.6.1937). Wohl auch deswegen untersagte Himmler, Schulungsführer aus den Totenkopfverbänden zur Polizeischulung abzustellen: ebd. (25.6.1937). NS 2/39, Bl. 22 (9.2.1937); IfZ, MA 421. R 19/380. Für die Polizeischulungsleiter bei den Inspekteuren der Orpo waren Planstellen der Besoldungsgruppe A2c2 vorgesehenen – das entsprach dem Rang eines Regierungsrates bzw. Majors, in der SS dem eines Sturmbannführers. Dementsprechend wurden die Polizeischulungsleiter nach der Übernahme der weltanschaulichen Schulung durch das HA Orpo 1941 auch zu Polizeioffizieren – Majore und Hauptleute – ernannt. In einer Stellungnahme des Reichsfinanzministeriums war 1939 darauf hingewiesen worden, dass es sich bei dieser Einstufung um einen Wirkungskreis handeln müsse, der nicht nur die Beherrschung der nationalsozialistischen Ideen und der Ziele der Bewegung, sondern auch wissenschaftliche und pädagogische Schulung voraussetze. Deshalb müsse der Nachwuchs für diese Stellen vor allem aus den Reihen der Studienassessoren genommen werden.
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ANMERKUNGEN ZU S. 184-192
In der Anfangsphase – »damit das System in Gang kommen kann« – waren jedoch Ausnahmen zulässig, so dass auch Volksschullehrer eingestellt werden konnten (R 2/12155 Bl. 1). Faktisch blieben Studienassessoren aber die Ausnahme. NS 2/51 (3.7.1937). Himmler bestätigte außerdem vier Polizeischulungsleiter beim Kommando der Schutzpolizei Berlin und der Offiziersschule in Köpenick. Zu diesem Zeitpunkt wurden bestätigt: Crost, Gutensohn, Kropp, Krüger, Mildebrath, Rösinger, Raulien, Stelzer, Wagener, Weberstedt, Wieckberg, Woelfert, Heigl, Härtel, Heckmann, Pohl, Timmermann und Eichstädter. Bei der Schutzpolizei bekleidete er den Rang eines Leutnants der Reserve. DS Burck, Dr. Erich Wilhelm, 30.11.01. Die Position bestand bereits 1942: Buhlan, Organisation, Personal und Standorte der staatlichen Polizeiverwaltung Köln (2000), S. 182. StA Lbg, PL 506-1; RMBliV 1937, S. 1356k; siehe auch den Bericht in »Die deutsche Polizei« 1937 H. 18. Butschkow, seit 1927 NSDAP-Mitglied, wurde mit Beginn des Krieges als Eignungsprüfer zur EWZ Litzmannstadt kommandiert und leitete ab 1940 einen Ansiedlungsstab beim RuS-Führer Warthe; er soll 1942 die öffentliche Hinrichtung von Juden angeordnet und beaufsichtigt haben: Heinemann, Rasse, S. 223 und 583; SSO und RS Butschkow, Dr. Heinrich, 28.8.1906. HLA Magdeburg, C20 Ib-4191: Mitteldeutschlandfahrt der Polizeischulungsleiter vom 11. bis 18. Juni 1939. s. u. S. 279. StA Darmst. R 1 B, 5668. RMBliV 1938, S. 157 ff. R 19/308, Bl. 7. IdO Hannover 14.7.1937: StA Wolf. 12 Neu 13/15134; OKdo. HA Orpo A (4) 2.8.1937 (ebd.); NS 2/151, Bl. 93; IfZ MA 421 (14.8.1937). RMBliV 1937, S. 1256 f. (Erlass vom 5.6.1937); StA Lbg. PL 506-16 (28.6.1937; 19.7.1937). RMBliV 1937, S. 1256 f.; OKdo. HA Orpo A (4) 2.8.1937: StA Wolf. 12 Neu 213/15134. RMBliV 1936 (13.11.1936). Rd.erl. vom 25.8.1938: RMBliV 1938, S. 1388 f., OKdo A (4), Bestimmungen zur Durchführung der Schulung (3.1.1938): StA Old. 18744; HStA Hann., 122a, Nr. 2625 f. 1511. Die offizielle Einstellungsprozedur sah so aus, dass die Lehrer nach einer Beurteilung und Stellungnahme des Polizeischulungsleiters vom RuSHA geprüft und dem RFSS zur Bestätigung vorgeschlagen wurden. Der RFSS behielt sich generell die Bestätigung aller in der Polizei einzusetzenden Schulungskräfte vor, alle Beauftragungen durch den Polizeischulungsleiter hatten daher stets nur befristeten Charakter: OKdo A (4) 2.8.1937 (StA Wolf. 12 Neu 13/15134). StA Wolf. 12 Neu 13/15134 (24.9.1937); NS 2/151 Bl. 93 (14.8.1937). HA Orpo A 4 (14.2.1938): HStA Hann., 122a, Nr. 2625 f. 1513; HStA München 73331 f. 2. HStA Stuttg. E 151/03, Bü. 1090 (25.2.1938); zum Stuttgarter Lehrgang siehe auch unten S. 286. Ebd.; IfZ, MA 421 (14.2.1938); HStA Hann., 122a, Nr. 2625 f. 1513 (14.2.1938). Die entsprechenden Anordnungen betrafen in der Regel den Einzeldienst der Schutzpolizei und der Gendarmerie, die Gemeindevollzugspolizei und die Verwaltungspolizei. StA Lbg. PL 506 Bü. 16 (5.6.1937); RMBliV 1937, S. 1256 f. HStA Stuttg. E 151/03, Bü. 1089, Bl. 212 ff.; StA Lbg. PL 506, Bü. 16. Ebd. Bü. 1090, Bl. 235. Als Literaturgrundlage wurden Schriften von Rosenberg, Theodor Weigel, Hans Strobel, Walther Schulz und Bernhard Kummer sowie die SS-Leithefte und der Schulungsbrief des Hauptschulungsamtes der NSDAP empfohlen. Dem Thema lag die Stoffsammlung A 49 zugrunde, die auf Kant Bezug nahm, aber auch die astronomischen Kenntnisse der Germanen rühmte. Die Lehrpläne finden sich u. a. in: HStA Hann., 122a, Nr. 2625 f. 1513 und f. 1522; StA Wolf. 15134 und 15135; StA Old. 262-1G; StA Lbg. PL 506-16. RMBliV 1937, S. 1257. Noch 1944 wurde bekräftigt: »Festgehalten werden soll: Das SS-Leitheft ist das Schulungsheft der SS und Polizei nach dem Willen des Reichsführers-SS.« Mitt.bl. Gruppe B, Hg. BdO Breslau, Nr. 42, Mai 1944. Stolz, Geschichte der Polizei, S. 113 ff.; Harnischmacher/Semerak, Polizeigeschichte, S.78. Schmidt, Schützen und dienen, S. 423 f. RMBliV 1936, S. 1180h.
ANMERKUNGEN ZU S. 192-203 114
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RMBliV 1938, S. 300h. 1939 bestanden 11 Ausbildungsabteilungen: in Königsberg, Oranienburg/Rathenow, Breslau, München, Heidenheim, Frankfurt a. M., Köln, Essen, Hamburg, Cottbus, DresdenHellerau und – neu hinzugekommen – Wien: RMBliV 1939, S. 1225. RMBliV 1936, S. 639 und 1568 (Rd.erl. 5.5.1936 und 20.11.1936). R 19/265 (Entwurf über die künftige Gestalt der Polizeiberufsschulen, 17.10.1936). Siehe das Schema im Anhang. RMBliV 1936, S. 389 f. Ebd, S. 390-392 (Anlage zum Rd.erl. v. 20.3.1936). RMBliV 1936, S. 1299 f. (2.10.1936), 1937, S. 164a/b (20.1.1937), 1937, S. 688e/f (21.4.1937). Auch nach Auflösung der Polizeiberufsschulen konnte die Abschlussprüfung II weiterhin von Wachtmeistern der Schutzpolizei abgelegt werden, die in den gehobenen mittleren Verwaltungsdienst übergehen wollten. Für sie wurden Lehrgänge bei den größeren Polizeiverwaltungen eingerichtet (s. u. S. 227 ff.). RMBliV 1937, S. 639 (Erlass v. 5.5.1936). Erlass vom 18.2.1937: RMBliV 1937 Nr. 8, S. 312a-e.; StA Old. 136/18607. RMBliV 1937, S. 958 f. RMBliV 1937, S. 1627 f.; R 19/265 (5.10.1937); R 19/273, Bl. 97 f. RMBliV 1938, S. 300 f/g (18.2.1938); StA Old. 136/18607. Siehe das Beispiel der Übergangsausbildungshundertschaft Wilhelmshaven: Old 136/18606. R 19/390. RMBliV 1938, S. 492c/d. RMBliV 1936 (25.8.1936); 1937, S. 1629 f. (5.10.1937); 1939, S. 1540 (17.7.1939); Rd.erl. 24.5.38 in StA Lublin 515/144 (Vorschriftensammlung). StA Old. 136/18607 (22.12.1937); R 19/273 (Lehr- und Prüfungsordnungen, Anl. 7). RMBliV 1937, S. 960 (Rd.erl. 8.6.37). Die Ausbildung der Polizeihundertschaften umfasste nach Richtlinien von 1937: 1. Waffendienst, 2. Unterführerausbildung, 3. Schießausbildung, 4. polizeirechtliche Ausbildung, 5. Luftschutzausbildung, 6. weltanschauliche Schulung, 7. Ausbildung im Nachrichtenwesen, 8. körperliche Ausbildung. Ähnliche Bestimmungen galten für die Ausbildung der motorisierten Gendarmerie-Bereitschaften: R 19/308, Bl. 7. Für den Einzeldienst wurde eine Ausbildungszeit von 16 Stunden im Monat festgelegt, während der eine Weiterbildung auf polizeifachlichem Gebiet, in der Waffen- und Schießausbildung, im Luftschutz und in der weltanschaulichen Schulung erfolgen sollte. Die gleiche Richtlinie galt für den Einzeldienst der Gendarmerie, die Gemeindevollzugspolizei und die Verwaltungspolizei. (ebd.). Runderlasse 15.4.1937 und 5.6.1937: IfZ, MA 421; StA Old. 262-1 G; ebd. 136/18744. Siehe Anhang S. 551 f. Hier wurde der »Erlass des. Stellvertreters des Führers über Glaubensfreiheit« mit den »Blutgesetzen Karl I.« kontrastiert. Das Thema wurde im April 1938 umgeändert in: »Germanische Religiosität – christliche Unduldsamkeit: HStA Hann. f. 1516. Zusammengestellt nach: HStA Hann., 122a, Nr. 2625 f. 1511 (22.12.1937), 1516 (11.3.1938), 1521 (27.8.1938), 1523 (6.10.1938). Harten, Himmlers Lehrer, S. 61 f., 422 ff. O.Kdo Orpo (A 4) 3.1.1938, Bestimmungen zur Durchführung der Schulung: StA Hann. f. 1515. Eine rekonstruierte Liste der Stoffsammlungen im Anhang S. 551 f. StA Wolf. 12 Neu 13/15135. O.Kdo Orpo (A 4) 7.2.1939: Lehrplan für die weltanschauliche Schulung der Schutzpolizei-Hundertschaften (einschl. mot. Gend.-Bereitschaften) in der Zeit vom 1. April 1939 bis 31. März 1940: StA Wolf. 12 Neu 13 Nr. 15135. Rd.erl. 8.6.1937: RMBliV 1937, S. 959. Im März 1937 war das Fach Staatsrecht bereits aus dem Lehrplan der Ausbildungshundertschaften gestrichen worden: RMBliV 1937, S. 312b. StA Old. 136/18607 (22.12.1937); R 19/273 (Lehr- und Prüfungsordnungen, Anl. 7); RMBliV 1937, S. 2022. Rd.erl. 8.6.1937: RMBliV 1937, S. 959. Im März 1937 war das Fach Staatsrecht bereits aus dem Lehrplan der Ausbildungshundertschaften gestrichen worden: RMBliV 1937, S. 312b.
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ANMERKUNGEN ZU S. 203-208
StA Old. 136/18607 (19.2.1938); R 19/273, Bl 123; Die deutsche Polizei 6/1938 H. 7; ähnlich die revidierten Anforderungen für den Polizei-Obermeister-Anwärterlehrgang, in: ebd. H. 20. Karl Olfenius trat mit einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen in der Zeitschrift »Die deutsche Polizei« hervor, darunter Aufsätze zur Rassenhygiene und über »Die Lösung des Judenproblems« (s. o. S. 174). Er war seit 1920 bei der Polizei, gehörte vorher einem Freikorps an und trat im Januar 1933 der NSDAP, 1940 der SS bei. 1939 war er Kommandeur der Kölner Schutzpolizeischule, im November kommandierte er ein Polizeibataillon, vermutlich das PB 66, das 1940 in Lothringen eingesetzt und 1942 an »Juden-Aktionen« in den Niederlanden beteiligt war (Klemp, »nicht ermittelt«, S. 425). 1942 gehörte er dem Stab des Kommandeurs der Ordnungspolizei in Simferopol an, 1944 war er bei der Polizeiverwaltung Aussig und an der Schutzpolizeischule des Warthegaus in Gnesen tätig: SSO und RS Olfenius, Karl, 20.2.1891; R 19/273; Harten u. a., Rassenhygiene als Erziehungsideologie, S. 255 f. und 442 f. Olfenius nennt in seinem Bericht vom März 1939 den Mittelschullehrer Hüls. Dabei dürfte es sich um Wilhelm Hüls gehandelt haben, Schulungsreferent der DAF, Kreisreferent für »Volkstum und Heimat« und Autor völkischer Schriften. Hüls war 1933 Volksschulrektor in Wattenscheid. Er hatte drei Semester Germanistik und Geschichte studiert: RK Hüls, Wilhelm, 29.12.1895. RMBliV 1942 (RdErl. 23.2.1942). Rd.erl. 28.4.41: StA Katt. 119/3831, Bl. 42. RMBliV 1938, S. 337 (RdErl. 19.2.1938). Die deutsche Polizei Jg. 5, 1937 H. 21, S. 781 ff. Ebd., Jg. 6, 1938, H. 20, S. 708 und H. 13, S. 483. R 19/311 (31.8.1940). Von der Teilnahme am Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit wurden 1942 Revier- und Bezirksoberwachtmeister befreit, die bereits 12 Dienstjahre absolviert und sich während des Einsatzes in den besetzten Gebieten Russlands, Norwegens oder Serbiens bewährt hatten: RMBliV 1942, S. 671 (30.3.1942). RMBliV 1940, S. 2304 ff. (Rd.erl. 17.12.1940); 1943 (21.1.1943). Die Themen der schriftlichen Prüfung in »NS-Lehre« waren in Absprache mit dem zuständigen Polizeischulungsleiter zu stellen. Ein Erlass vom 15.11.1943 sah 4 Wochenstunden im Fach NS-Lehre vor, das weiterhin als Hauptfach galt, in dem insgesamt 3 schriftliche Arbeiten angefertigt werden mussten: eine in der Vorprüfung, eine Klassenarbeit während des Lehrgangs und eine Abschlussarbeit: RMBliV 1943, S. 1776 ff. RMBliV 1942, S. 532c/d (RdErl. 5.3.1942); ebd. 1942, S. 1773 ff. (30.8.1942); 1943 (21.1.1943); R 19/391 (21.1.43). R 20/150 (Merksätze für die Unterrichtslehre). Die Freiburger Gendarmerieschule war 1937 im Gebäude der ehemaligen Lehrerbildungsanstalt errichtet worden. Sie war für die Gendarmerie Bayerns, Badens und Württembergs zuständig und wurde mit Runderlass vom 17.12.1940 zusammen mit den Gendarmerieschulen Bad Ems, Hildesheim und Wien-Mödling mit der Durchführung von Bezirksoffizierslehrgängen der Gendarmerie beauftragt. – Nach dem Krieg wurde in dem Gebäude der Schule zunächst ein französisches Gymnasium, später ein deutsches Fachgymnasium eingerichtet. Ruffing, der aus dem Saarland stammte, hatte noch am 1. Weltkrieg teilgenommen und war damals in französische Gefangenschaft geraten. 1938 nahm er am Einmarsch nach Österreich teil: RS Ruffing, Otto, 15.2.1893; R 19/461. Zu Seeling: SSO Seeling, Hans, 27.8.1911. StA Fbg. F 75/1-309. Lehnstaedt, Das Reichsministerium des Innern (2006). Stuckart, der 1936 zusammen mit Hans Globke, Adenauers späterem Staatssekretär, einen Kommentar zu den Nürnberger Rassegesetzen verfasst hatte, galt als Spezialist für Rassefragen: ebd. S. 653 f. Zeitweise scheint Glattes auch eine Wochenschulung übernommen zu haben, denn im Bericht über den 1. Bezirksoffizierslehrgang werden für den September drei Vorträge von ihm erwähnt: 3.9. »Amerika«, 10.9. »Grenzkampf Ost«, 29.9. »Warum führt Deutschland gegen Rußland Krieg?« StA Fbg. F 75/1-306. Zu Glattes siehe Harten, Himmlers Lehrer, S. 10-17. Ein besonderer Grund dafür ist aus den Lehrgangsberichten nicht ersichtlich. Vielleicht nahm Glattes erst im Herbst seine Prüfer-Tätigkeit auf. Ebd. F 75/1-311 Ebd. 312 und 314
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Ebd. 315 und 316. Zuvor gab es noch eine Polizeioffiziersschule in Stuttgart; sie wurde 1927 gegründet und Anfang 1934 aufgelöst: HStA Stuttg. E 151/03-569. RMBliV 1938, S. 724 f (Rd.erl. 13.4.1938); 1939 (30.5.1939). Für die RuS-Untersuchung hatten die Kandidaten einen eigenen Unkostenbeitrag zu zahlen: ebd. 1940, S. 1651. R 19/423 (22.7.1937 und 26.6.1939). RMBliV 1939 (10.3.1939); 1940, S. 1817 ff. Die deutsche Polizei 1939, H. 12 und 13. Über die Taten dieses Hauptmanns hatte Ritzer zuvor schon während seiner Zeit bei der Hamburger Schutzpolizei Schulungsvorträge gehalten: Fangmann u. a., Parteisoldaten, S. 92. Den kriegsgeschichtlichen Unterricht an der Köpenicker Offiziersschule erteilte der Lehroffizier und Oberstleutnant a. D. Dr. Guse, der mit seinen Schülern auch »Schulungsfahrten zu historischen Schlachtfeldern« unternahm: R 19/284. 1942/43 war Grünwald BdO in Prag: Neufeldt, Entstehung und Organisation, S. 109. RMBliV 1940, S. 2216b/d. Materialien zur Unterrichtslehre in R 20/67. Im gleichen Aktenbestand der Polizeioffiziersschule Köpenick finden sich auch Ausführungen zur Pädagogischen Anthropologie und Beispiele für den Aufbau von Unterrichtsstunden, die den Einfluß des damals in der Didaktik vorherrschenden Herbartianismus zeigen. R 19/380. R 19/308 Bl. 137 ff.; HStA Darmstadt G 12 B A Nr. 41/5. Zit. n. Bach, Ordnungspolizei (1997), S. 142. RMBliV 1936 (16.3.1936); 1937 (11.11.1937). Für das Thema »Rassenpflege« waren Werke von Staemmler, Gütt, Günther und Siemens sowie das Leitheft 4/1937 vorgegeben. Die Prüfung wurde mehrmals verschoben und scheint erst im Juni 1938 durchgeführt worden sein: ebd. S. 756a. R 19/461; R 19/308, Bl. 1-6. Tilitzki, Universitätsphilosophie (2002), S. 639 f. R 19/284; zu Flug siehe Hesse, Professoren und Dozenten, S. 280 f. Flug, der 1933 der SA beigetreten und 1937 in die NSDAP aufgenommen worden war, gehörte seit 1938 der SS an und bekleidete den Rang eines Hauptsturmführers im SD-Unterabschnitt Frankfurt/ Oder. Seinen Eintritt in die SA, schrieb er Herman Nohl 1933, habe er nicht aus »voreiliger Anpassung« sondern »bei gründlicher Überlegung« vollzogen: »Wir waren ja schon Nationalsozialisten, als wir aus dem Krieg kamen und bei Ihnen im Hörsaal saßen« (zit. b. Klafki/Brockmann, Geisteswissenschaftliche Pädagogik, S. 106 f.). Vor dem Hintergrund seiner Dissertation über Max Weber mit Danksagung an den später (1935) als »Nicht-Arier« aus dem Hochschuldienst entlassenen Georg Misch erscheint diese Aussage doch als etwas stilisiert. R 19/461. Zu Wieckberg und Wetzel s. u. S. 274 f. SSO und PK Schieritz, Hans-Joachim, 11.11.1903; R 1501/127370a (Geschäftsverteilungsplan HA Orpo vom 20.2.1942). Schieritz verfasste regelmäßig Beiträge zur nationalsozialistischen Weltanschauung für die »Zeitschrift für Thüringische Polizeibeamte« während der Jahre 1936-1939. 1941 erteilten Hauptlehrer Mehringer, Rektor Wolff und Konrektor Neumaier in der Polizeioffiziersschule Fürstenfeldbruck Unterricht in NS-Lehre; Mehringer war Ortsgruppenschulungsleiter in München: HStA München: Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 179; PK Mehringer, Friedrich, 26.8.1900. HStA München: Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 179 (18.5.1941). R 20/67. R 20/69. Ebd. RMBliV 1940, S. 1817 ff. ebd., S. 2309 f. IfZ: MA 366. Beispielhaft auch das Merkblatt »Verhalten bei Tisch«, vermutlich 1943 für die Unterführerausbildung in Deggingen verfasst, in dem präzise der Gebrauch des Bestecks oder der Unterschied zwischen Dessertweingläsern, »kurzfüßigen Rotweingläsern«, »langfüßigen Weißweingläsern« etc. erläutert wird: R 20/150. R 20/70.
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In allen anderen Lehrgangsformen galt ein Lehrgang als nicht bestanden, wenn in zwei Hauptfächer nur ein »mangelhaft« erreicht wurde: Prüfungsordnung für die Offizierschulen der Ordnungspolizei und die Polizeischulen (1943). H.StA München: Polizeischule Fürstenfeldbruck, Nr. 179, Unterrichtsanweisung vom 10.3.1941, 20.4.1941, 14.9.1942 u. a. Noch im November 1942 war der bekannte Geopolitiker und Rudolf Heß-Freund Prof. Karl Haushofer von der TH München zu einem Vortrag in die Schule Fürstenfeldbruck geladen: ebd. (20.11.1942). Bis 1941 war Haushofer Präsident des Verbandes für das Deutschtum im Ausland. Sein Einfluß im Dritten Reich begann schon nach dem missglückten England-Flug von Heß im Mai 1941 zu schwinden (Wikipedia). Eine allgemeine statistische Aufstellung zur Zusammensetzung des Offizierskorps der Schutzpolizei und der Gendarmerie ergab 1941 ähnliche Zahlen: 34% hatten Abitur, der Anteil der Parteigenossen lag mit 66%, der der SS-Angehörigen mit 30% allerdings etwas höher: R 19/336. R 19/284 S.40. Zusammenstellung der Daten nach R 19/284. Bei dem »Pädagogischen Lehrgang« handelte es sich offenbar bereits um den zweiten Lehrgang dieser Art, denn schon am 4.5.1939 war ein »1. Pädagogischer Lehrgang« für die Zeit vom 30.5. bis 29.7.1939 zur »Heranbildung von Lehrern an Offiziersund Schutzpolizeischulen« angeordnet worden, zu dem 26 Teilnehmer – 5 Hauptmänner und 21 Leutnante bzw. Oberleutnante – entsandt wurden: RMBliV 1939 (4.5.1939), S. 1056. R 19/248; RMBliV 1943, S. 853 (18.5.1943). Neufeld, Entstehung und Organisation (1957), S. 73 ff.; RMBliV 1941 (10.3.41), S. 452g bis k. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 93 ff. R 20/71. R 58/848, Bl. 18; Westermann, Police Battalions, S. 8. R 19/284, S. 36. Nachdem die Schupo-Schule Schöneberg im Mai 1942 nach Mariaschein verlegt worden war, fanden hier unter anderem auch Lehrgänge für die Anstellung auf Lebenszeit statt. In Schöneberg bestand noch eine Schule für Luftschutzführer, die im März 1944 nach Oranienburg verlegt wurde; gleichzeitig wurde die Offiziersschule in Oranienburg nach Mariaschein und die Schupo-Schule Mariaschein nach Heidenheim verlegt (R 20/74). RMBliV 1940 (29.11.40), S. 2188b und 1942 (6.7.42), S. 1476 ff. R 20/70; IfZ, MA 421 (Bericht vom 19.9.42). Ebd. Die Zeitschrift »Sport der Ordnungspolizei« berichtete im November 1942 über »neue Kriegsaufgaben« der Polizeischule für Leibesübungen Spandau, zu denen die Nahkampfausbildung gehörte; das Lehrgangsziel sei »nach den bisherigen Erfahrungen des Kriegs« festgesetzt worden, die Lehrgänge dauerten sechs Wochen: NA Prag URP dod. 1, 86. R19/284. Gleichzeitig zogen Abteilungen des Hauptamtes Orpo, die wegen der Bombenschäden in Berlin Ausweichquartiere suchen mussten, Ende Juni in das Köpenicker Gebäude ein: Huck, Ausweichstellen und Aktenschicksal, S. 121. Bef.Bl. Chef Orpo 1944 Nr. 29, S. 239 ff. (Rd.erl. 10.7.1944). Zeitaufteilungsplan der Unterführerlehrgänge für die Feuerschutzpolizei, Anlage zum Erlass vom 18.8.1943: Bibliothek des Bundesarchivs (Serie RD). RMBliV 1940, S. 873 (29.4.40); ebd. 1942, S. 1566 (23.7.42). Für die Wasserschutzpolizei galten außerdem seit 1937 ebenfalls die Bestimmungen zur weltanschaulichen Schulung vom 15.4.1937. RMBliV 1937, S 312d/e, ebd., S. 665; R 19/273, Bl. 175. RMBliV 1943, S. 587. Außerdem bestand u. a. eine Polizeikraftfahrschule in Wien und eine Hochgebirgsschule in Innsbruck. Materialien zur Innsbrucker Schule in R 19/464. Die Angehörigen der Polizei unterlagen zwar noch nicht dem Heiratsbefehl der SS, Daluege kündigte dies aber »im Zusammenhang mit der Verschmelzung von SS und Polizei« für die Zukunft an. Er empfahl den Polizeibeamten, schon jetzt von der bereits bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, sich freiwillig den gleichen Prozeduren zu unterziehen: sie würden »dadurch davor bewahrt, eine Verbindung mit einer in rassischer oder erbgesundheitlicher Hinsicht ungeeigneten Frau einzugehen und infolge einer solchen Heirat nicht in die SS aufgenommen werden zu können.« NS 2/187 (5.5.42).
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RMBliV 1938, S. 1749 ff. (Rd.erl. vom 17.10.1938); R 19/273, Bl. 195 f. RMBliV 1942, S. 2324e/f. R 19/460 (12.12.1938). Siehe Anhang S. 553 f. »Die Technische Polizeischule Berlin. Ihre Aufgaben und ihre Leistungen während des Krieges« (Dezember 1941), in: R 19/238. Zur Technischen Polizeischule siehe auch die kurze Darstellung bei Nagel, Himmlers Waffenforscher (2011), S. 229 ff. Siehe etwa RMBliV 1941, S. 1499. R 19/244 (26.3.1943). RMBliV 1938, S. 628-630 (Erl. v. 8.4.1938). Ebd., S. 631. StA Hbg. 331-I, I/1572. StA Hbg. 331-I, I/173. RMBliV 1940, S. 428 ff. (5.301940), S. 672a und S. 1916b. RMBliV 1941, S. 1594 f. (3.9.41). RMBliV 1941, S. 340r; 1943, S. 1366 (17.8.1943). R 19/232 (11.1.1944). RMBliV 1940, S. 2242 und 2264a. Die Schule Wendefurt wurde im Juni 1943 nach Lienz in Kärnten verlegt: ebd. 1943, S. 1112b (2.7.43). Ebd. 1941, S. 1694 (Rd.erl. 18.9.41). In München-Haar befand sich vorher eine Gendarmerieschule, an der Anfang 1941 Unterführerlehrgänge für Gendarmerie-Abteilungsführer stattfanden: HStA München, Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 118. R 19/232. Hans Wrede, geb. 1891, von Beruf Heilpraktiker, war Freikorps-Kämpfer und gehörte seit 1931 der NSDAP und der SS an; er war bereits 1937 an der weltanschaulichen Schulung der Münchener Schutzpolizei beteiligt: HStA München 73331, f.1; SSO Wrede, Hans, 8.8.91. Bef.Bl. Chef Orpo H. 11, S. 80, 18.3.1944. Harten, Himmlers Lehrer, S. 346 und 335. Mühlenberg, SS-Helferinnenkorps, S. 266. Nach Jutta Mühlenberg wurde den Frauen der Orpo lediglich Berufswissen vermittelt. Der Kriegsberichter Werner Gilles schrieb dagegen schon 1943 in einem Beitrag für die Zeitschrift »Die deutsche Polizei« über die weltanschauliche Schulung der Frauen: »Erziehung zum auswärtigen Einsatz. Die Polizeischule für Nachrichtenhelferinnen in Erfurt: auch Stunden weltanschaulicher Schulung vertiefen nationalsozialistisches Gedankengut.« In: Die deutsche Polizei 1943 H. 16; siehe auch den Erlass zur Errichtung der Schule in R 19/304 (18.9.42). R 19/305, Bl. 226; Bef.Bl. Chef Orpo 1944 Nr. 13, S. 99. Der Inspekteur des HA Orpo für das Nachrichtenwesen SS-Brigadeführer und General der Polizei Robert Schlake lehnte noch in einer Besprechung mit dem SS-Hauptamt am 1.3.1945 die Unterstellung des Kommandeurs der Erfurter Polizeischule Oberstleutnant Fechner unter den Kommandeur der SS-Helferinnenschule Karl Mutschler ab und betrachtete die Übernahme der Schule nur als »vorübergehende Belegung mit SS-Helferinnen« – am Wesen der Polizeischule habe sich damit nichts geändert: NS 31 II/15, Bl. 33. Im gleichen Aktenbestand findet sich der erwähnte Lehrstoffplan; der gleiche Plan lag auch dem Technischen Lehrgang der Schule zugrunde (ebd. Bl. 43-48). Zur Übernahme der Polizeischule durch die SS siehe auch die Dokumente in NS 31 II/14. Zu Karl Wimmer und zur weltanschaulichen Schulung in der SS-Helferinnenschule Harten, Himmlers Lehrer, S. 319 und 329 ff., zur Übernahme der beiden Polizeischulen und den Konflikten zwischen SS und Polizei Mühlenberg, SS-Helferinnenkorps, S. 263 ff.; zur Polizeischule Heidenheim: Messer, Polizeischule Heidenheim (1994). StAKatt. 119/3742 (19.12.39). NS 19/4004, Bl. 87 f. StA Hann. 2630, Bl. 335 (22.8.1939). Zu den zusätzlichen Aufgaben der Referenten gehörte die weltanschauliche Schulung der Feuerschutzpolizei, die nach Erlass vom 15.4.1937 ebenso wie der Einzeldienst der Ordnungspolizei zu schulen war: RMBliV 1940, S. 873. RMBliV 1939, S. 2177 f. (17.10.1939). Zum Inspekteur wurde Ernst Fick ernannt (Bef.Bl. Chef Orpo H. 7, 19.2.1944). Der Chef des SSHauptamtes Gottlob Berger hatte bereits im März 1943 eine Initiative bei Himmler gestartet, die gesamte Sicherheits- und Ordnungspolizei hinsichtlich der weltanschaulichen Erziehung dem Amt
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für weltanschauliche Erziehung im SS-Hauptamt zu unterstellen und ihn selbst, Berger, zum Inspekteur für die WE der SS und Polizei zu ernennen (NS 19/281, 3.3.43). Ob Himmler die Vorlage unterzeichnet hat und ob das Inspektorat Bergers, wenn es denn zustande kam, eine praktische Relevanz hatte, ist nicht bekannt. Über irgendwelche Aktivitäten Ficks in Bezug auf die Polizei ist ebenfalls nichts bekannt, es lassen sich aber für 1944 mehrere Mitarbeiter-Zuweisungen belegen, so dass die Inspektion auch eine organisatorische Form angenommen haben muss. Die Dienststelle befand sich im Ausbildungslager Sennheim, dessen Kommandeur Ernst Fick war. Siehe hierzu Harten, Himmlers Lehrer, S. 137 ff., 161 und 373. Ebd.; Geschäftsverteilungsplan HA Orpo vom 1.5.1939, mit Zusätzen vom 2.1.1940, S. 137: NA Prag, URP 301-211. Gleichzeitig wurde die Zuständigkeit der Abteilung A 4 unter Zwingelberg für die weltanschauliche Schulung auf die bloße »Mitbeteiligung bei den Angelegenheiten der WE« reduziert (ebd. S. 75). Heller, Reshapening, S. 96 Neufeldt, Entstehung und Organisation des HA Orpo, S. 72. Das Kommandoamt des HA Orpo, geleitet von General von Bomhardt, gliederte sich in die Amtsgruppen I bis III, zur Amtsgruppe II gehörte die Gruppe WE sowie die Gruppe A (Ausbildungswesen). 1941 war Zwingelberg darüber hinaus noch für die »koloniale Sprachschulung« im Kolonialpolizeiamt zuständig: R 19/5. SSO, RS und PK Zwingelberg, Werner, Dr., 2.8.1903. Werner Zwingelberg, Die Erziehung des Polizeibeamten zum Nationalsozialisten. In: Hans Kehrl, Hg., Jahrbuch der deutschen Polizei, 1936, S. 15 ff.. Geschäftsverteilungspläne vom 6.3.1941, 20.2. und 31.3.1942: R 19/5c und 5e, R 1501/127370a. Siehe zum Beispiel den Geschäftsverteilungsplan des KdO Köln vom 1.12.1942: Buhlan, Polizeiverwaltung Köln, S. 166. R 19/5e; auch in R 1501/127370a. Oberstleutnant Hitschler war 1943 Kommandeur des Polizeiausbildungsregiments »Oranienburg« (s. u.); nach der Auflösung des Regiments wurde er zum KdO in Simferopol, dann im November 1943 zum BdO »Schwarzes Meer« und 1944 als Generalmajor der Polizei zum BdO beim HSSPF Ungarn ernannt. Hitschler hatte nach dem 1. Weltkrieg dem Freikorps Epp angehört; er trat 1933 der NSDAP bei und wurde 1941 als Sturmbannführer in die SS aufgenommen. Alfred Borchert war Regimentskommandeur der SS-Polizei-Division und wurde später als SS-Oberführer zum Leiter des Amtes XII »Unterführerausbildung« im SS-Führungshauptamt ernannt. Der Österreicher Dr. Alois Kühhaas galt als Gegner des Nationalsozialismus vor 1933, wiederholte Anträge auf Parteiaufnahme wurden deshalb noch 1943 abgelehnt; er wurde aber 1938 als Major in die Schutzpolizei übernommen und nach Hitschlers Weggang zum Leiter der Amtsgruppe »Ausbildung« ernannt. Bis zur Errichtung der Inspektion WE unter Caesar erschien im Briefkopf der entsprechenden Rundschreiben das Amtskürzel Kdo. A (4); danach taucht während einer Übergangszeit bis zur Bildung der Gruppe WE auch das Amtskürzel O.I.W.E für die Inspektionsstelle auf. Siehe die Sammlungen im H.StA Hannover, hier das Beispiel vom 16.11.1939 in 122a, Nr. 2630. Geschäftsverteilungspläne aus den Jahren 1941-1942: R 19/5c und 5e. – Zu den Abteilungsleitern siehe die biographischen Skizzen der Polizeischulungsleiter im Anhang. Nicht darunter befindet sich Reginald Marquier, geboren 1909 und von Beruf Verlagsbuchhändler; er war mit Kriegsbeginn zur Polizeireserve eingezogen worden, hatte am Westfeldzug teilgenommen und war 1941 zum Leutnant der Schutzpolizei ernannt worden. Marquier schied 1942 wieder aus der Amtsgruppe aus und wurde 1943, nachdem er vorher schon unter dem Verdacht homosexueller Betätigung gestanden hatte, wegen gleichgeschlechtlichen Verkehrs mit Minderjährigen zum Tode verurteilt: PK Marquier, Reginald, 31.5.09. Vgl. R 19/5f. – Die Identität »Dr. Reicherts« ließ sich nicht klären. Bei Sommerlade handelt es sich um den Regierungsoberinspektor Kurt Sommerlade, 13.10.09 in Wilhelmshaven geboren, seit Mai 1932 bei der Polizei beschäftigt; er trat im Januar 1931 der NSDAP bei: R 58/3950; OGK. HStA Hann., 122a, Nr. 2630 (2.10.1939); ebd. 87 Acc. Hannover 92/84 Nr. 161 (1.12.1939); StA Wolf. 15135; bezüglich der Durchführung von Lehrgängen siehe R 19/308 (13.1.1940). Der BdO Prag z. B. wies die in Böhmen und Mähren stationierten Einheiten an: »Der weltanschauliche Unterricht eignet sich gut für die Ausgestaltung der Freizeit. Im Dienstunterricht ist den Themen aus der Taktik, Feldkunde und Schießlehre der Vorrang zu geben.« NA Prag, URP 1216 (14.10.1939).
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StA Old. 252-1 G (29.12.1939); H.LA. Magdebg., C 20 Ib-4191 (20.11.1939). Als »schwache Punkte« wurden unter anderem Arbeitslosigkeit und Kinderarbeit dargestellt; sie galten als Auswüchse des englischen Kapitalismus. RMBliV 1940, S. 1599. Siehe unten S. 403 ff. R 19/308, Bl. 250 ff. Darauf nahm die Stoffsammlung A 55 »Frontgemeinschaft als Kern des neuen Deutschland« Bezug. Siehe etwa das Rundschreiben des IdO Kassel vom 30.9.1941: IfZ, MA 398. Zwingelberg, Die weltanschauliche Schulung und Erziehung der Ordnungspolizei. In: Beilage zu Folge 7 der »Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei«, Gruppe B, Posen, 20. Juni 1941: StA Posen 1235-58, Bl. 64. Merkblatt vom 1.6.1942: StA Old. 262-1 G. Siehe u. a. StA Bremen 4, 13/1-P.1.b. 171, Akte I (7.3.41). Zwingelberg, Die weltanschauliche Schulung, Bl. 63. O.Kdo.WE (1), 2.6.1940: R 19/308; StA Old. 262-I G Nr. 18. StA Katt. 119/3743, Bl. 4. R 2/12155 (27.3.1941). Eine Gruppe von 14 Polizeischulungsleitern, die vom SS-Hauptamt abgeordnet waren, wurde im März 1942 zu Reserveführern der Waffen-SS und später mit der Errichtung der Stellen für Offiziere der Weltanschaulichen Führung zu WF-Führern bei den HSSPF ernannt; Ende 1944 wurden sie als Führer der Abt. VI (Weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung) bei den HSSPF in die neu gebildete »Stammkompanie VI« der Amtsgruppe C des SS-Hauptamtes übernommen. Bemerkenswert ist das hohe Maß an Kontinuität in der Kommandierung dieser 14 Personen als Polizeischulungsleitern zu den IdO/BdO, die nur durch Kriegseinsätze unterbrochen wurde. Es handelt sich um die Polizeischulungsleiter Härtel, Heigl, Heckmann, Heyse, Kropp, Krüger, Pohl, Raulien, Rösinger, Stelzer, Wagener, Wetzel, Wieckberg und Woelfert. BDC 78.01. Hinweis in NA Prag, URP 1221. R 19/304 (4.12.40 und 1.1.41). Dies trifft zum Beispiel auf Johann Muellner und Fritz Walkhoff zu. Muellner hatte zu Beginn des 1. Weltkrieges ein halbes Jahr als Lehrer in Österreich gearbeitet, wurde dann Soldat, kam für zwei Jahre in italienische Kriegsgefangenschaft und fand, wie er in seinem Lebenslauf für das RuSHA schreibt, nach dem Krieg als Reserveoffizier aus politischen Gründen keine Wiederanstellung als Lehrer. Er ging deshalb 1921 zur Polizei. Nach Besuch der Gendarmeriefachschule Graz wurde er Offizier und Polizeilehrer an der Gendarmerieschule Wien-Mödling. Während des 2. Weltkrieges sandte man ihn als Lehroffizier und später auch Kommandeur zur Gendarmerieschule Bad Ems: SSO und RS Muellner, Johann, 30.4.1895; R 19/461. – Auch Fritz Walkhoff ging, nachdem er die Volksschullehrerprüfung abgelegt hatte, 1923 zur Polizei: RS Walkhoff, Fritz, 13.10.02; R 19/461. R19/461. – Raulien war bereits 1936 SS-Standartenschulungsleiter in Königsberg gewesen: NSD 41/22. Kopff nahm im März 1942 an einer Schulungstagung des BdO Westmark in Saarbrücken teil: R 20/30. NS 31/4. In Fraustadt wurden im Herbst 1941 aus Angehörigen des Lehr- und Stammpersonals der Schule, ehemaligen Lehrgangsteilnehmern und Reservisten acht Gendarmeriezüge für die besetzten Gebiete in Weißrussland und der Ukraine aufgestellt: R 19/464, Bl. 124 ff. Zu den Personen siehe die Personaldateien: SSO und RS Niekerke, Hermann, 11.11.13; RS und SSO Noweck, Friedrich, 5.8.14; RS Walkhoff, Fritz, 13.10.02; SSO Zimmermann, Hugo, 24.1.12; SSO und RS Kopff, Helmut, 24.9.1906. Zu Cremer siehe S. 259. StA Old. 262-1G (21.6.1940) und 136/18744 (17.9. und 30.11.1940). Die Anweisungen galten jeweils für mehrere Wochen. R 19/308 (8.2.1941); StA Old. 136/18744. Im Bereich des BdO Westmark gingen u. a. 25 Exemplare an die in Lothringen stationierten Reservepolizeibataillone 122, 123, 124 und 63: R 70 Lothringen 45. Zu den Autoren siehe Harten u. a., Rassenhygiene (2006). R 70/Lothringen 45 (27.2.1941). Ein zweiter Wochenschulungsplan vom 18.3.1941 setzte das Konzept bis Anfang Mai fort: R 70 Lothringen/40 Bl. 143. Förster, Geistige Kriegführung, S. 522.
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Siehe zum Beispiel StA Katt. 119/4644 (13.5.1940). StA Old. 262-1 G (28.6.41). Ebd. (28.7.41). Die Bücher von Edwin Erwin Dwinger, vor allem sein »Tod in Polen« wurden in der Polizeischulung besonders gerne und häufig verwendet: Köhler, Anstiftung zu Versklavung und Völkermord (2001); Matthäus, Die »Judenfrage« als Schulungsthema, S. 63. Dwinger, »Erbhofbauer«, Schriftsteller und Reichskultursenator, wurde 1936 als Untersturmführer in die SS aufgenommen und war als Mitarbeiter im Schulungsamt vorgesehen, die Zusammenarbeit kam aber wegen zu häufiger Ortsabwesenheit Dwingers nicht zustande. Während des Krieges war er als Kriegsberichter der Waffen-SS im Einsatz. SSO Dwinger, Edwin Erwin, 23.4.98. R 19/391 (22.8.41) u. a. R 19/308 Bl. 274 (3.2.1942). Reichststatth. Thür. 141 (23.7.1942). R 19/308 (17.7. 1942). Zusammengestellt anhand der Dokumente in R 70 Lothringen/122. Bei der Kompanie dürfte es sich um eine Einheit des PB 121 handeln, das 1942 beim BdO Saarbrücken stationiert war. StA Katt. 119/3745 (16.2.1943). Ebd.; HStA München, Fürstenfeldbruck 179 (Bezug auf Anordnung vom 16.2.1943). Der ohnehin schon geringe informative Gehalt der Leithefte sank mit dieser Ausrichtung noch weiter herab. Siehe auch Harten, Himmlers Lehrer, S. 428 ff. Nach wie vor scheint man aber auch das Konzept einer »kommemorativen« Schulung weiterverfolgt zu haben, da z. B der IdO Fulda-Werra im Dezember 1943 noch einen Überblick mit Gedenktagen für die Wochenschulung im Januar 1944 herausgab: Mitt.bl. Gruppe B, Hg. IdO XI, Folge 37, Dezember 1943. RMBliV 1942, S. 1970; Die Aufgaben des SS-Leitheftes, Hg. RFSS, in: Mitt.bl. Gr. B, Breslau, Nr. 42, Mai 1944. Für die Zeit vom Sommer 1940 bis zum Frühjahr 1942 folgen die Hefte thematisch und inhaltlich weitgehend den Schulungsplänen und Stoffsammlungen des SS-Hauptamtes für die Weltanschauliche Erziehung der Waffen-SS. Die Stoffsammlungen für die Waffen-SS sind nur sehr fragmentarisch erhalten, lassen sich aber anhand der Winterschulungspläne für 1940/41 und 1941/42 rekonstruieren. Siehe Harten, Himmlers Lehrer, S. 437 f. Während es sich bei den »Stoffsammlungen« zumeist um kurze und gedrängte Zusammenstellungen für die Schulungskräfte handelte, waren die Hefte der »Schriftenreihe« umfangreichere textliche Ausarbeitungen, die zugleich als Lesestoff für den weltanschaulichen Unterricht dienen und anfangs auch für volksdeutsche Hilfspolizisten geeignet sein sollten; siehe dazu StA Katt. 119/4654, Bl. 1 f. (13. und 19.6.40). Die Thematisierung kolonialpolitischer Fragen wurde kurz darauf vorübergehend eingestellt, nachdem Goebbels in einem Rundbrief vom 6.1.1941 jede schriftliche oder mündliche Behandlung von Kolonialfragen untersagt hatte, um Beunruhigungen im Ausland und »schädliche außenpolitische Auswirkungen« zu vermeiden. Die Sonderhefte waren zur Instruktion und Schulung des Offizierskorps gedacht. Reichsorganisationsleitung der NSDAP: Richtlinien für die Schulung im Krieg (1942): NS 22/1135; vgl. Reibel, Fundament der Diktatur, S. 205 f. Beispielhaft dazu Quinkert, Propaganda und Terror (2009). R 19/391 (22.8.1941). Errechnet anhand des Verteilerverzeichnisses: ebd. (15.3.41); Zahlen für Hamburg: StA Bremen 4, 13/1-P.1.b. 171 Akte I (11.1.41). StA Oldenburg 136/18745; 262-1 G. RMBliV 1940, Nr. 40, S. 1875 ff (Rd.erl. vom 28.9.1940), 1941 Nr. 2 S. 48 (3.1.1941). RMBliV 1941, S. 762f. Der PID ist nicht zu verwechseln mit dem ähnlich lautenden »Politischen Dienst für SS und Polizei«, den das SS-Hauptamt 1944 zur Instruktion der Einheitsführer und der Leiter der Abt. VI herausgab. Heft 4 Gruppe B, Hg. BdO Wiesbaden: RD 18/15-2; Heller, Reshapening, S. 116 ff, 162 ff. Heller erwähnt noch eine »Gruppe C« von Mitteilungsblättern, die offenbar von 1942 bis 1944 speziell für die Umschulung der lothringischen und luxemburgischen Polizei erschien: Reshaping, S. 217 ff.
ANMERKUNGEN ZU S. 246-253 312
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Der »Politische Informationsdienst« bzw. die »Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei« sind nur fragmentarisch erhalten. Größere Sammlungen befinden sich unter anderem im Bundesarchiv (ZA I 5883), im Münchner Institut für Zeitgeschichte (MA 435) im Staatsarchiv Freiburg (W 307 Nr. 922), Staatsarchiv Posen (1235-68) und im IPN (GK 875/26). Einzelne Exemplare der Mitteilungsblätter Gruppe B der BdO Ostland, Niederlande und Ukraine im Bundesarchiv (BDC 106.55; RD 221/3; RD 207/25). Eine Auswahl von Texten enthält der Beitrag von Rainer Zilkenat: »Am Ende dieses Krieges steht das judenfreie Europa« (2008). Inhaltsanalysen auch bei Heller, Reshapening, S. 162 ff. und 186 ff. – Die Blätter erschienen in hoher Auflage. So erhielt z. B. allein die Polizeioffiziersschule Fürstenfeldbruck 1941 jeweils 100 Exemplare der Gruppe A und B; sie wurden dort so verteilt, dass in jedem Zimmer ein Exemplar lag: HStA München: Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 179 (24.4.1941). Folge 17 vom 20.5.1943: BDC 106.55. Ebd., Folge 19. StA Old. 136 Nr. 18745 (25.9.1944). Zum Beispiel StA Old. 136 Nr. 18745 (11.10.1944 und folgende). Bef.Bl. Chef Orpo 43/1944 (RD 18/2); IPN, GK 875/26. StA Old. 136/18745; Harten, Himmlers Lehrer, S. 151 f. RMBliV 1941, S. 400. RMBliV 1942, S. 627. RMBliV 1940, S. 719 f., 1942, S. 627 u. 2337; R 19/304 (26.3.1943). R 19/308, Bl. 278. RMBliV 1942, S. 640. R 20/125 (24.2.1943); siehe unten S. 530. StA Old. 136/18744. StA Wolf. 12 Neu 13/15133 (28., 29. und 30.3.1939). RMBliV 1940, S. 2116b. Ebd. S. 1166. R 19/308, Bl. 264. Die Anordnung ging vom Reichspropagandaministerium aus: StA Posen 1029-6. R 19/308, Bl. 372 f. R 19/333, Bl. 30 ff. Kurländisches Wort Nr. 282, 4. Dezember 1942 (RG-18.002M., reel 10, f. 21). OKdo. II (WE 4), Dienstanweisung für Singeleiter, Anlage zum Erlass vom 25. November 1941: RG31.096, reel 5, f. 1, Bl. 108 ff.; StA Katt. 119/3754 (26.9.41). Nach Erlass vom 21.7.1942 sollte jedes Polizeibataillon mit einer »Singeleiter-Feldbücherkiste« ausgestattet sein, enthaltend Volks- und Soldatenlieder, das SS-Liederbuch usw. (ebd.). In der von Klee, Dreßen und Rieß herausgegebenen Dokumentensammlung »Schöne Zeiten« ist ein Bericht eines ehemaligen »Singeleiters« wiedergegeben, der u. a. bei der Abteilung für Truppenbetreuung in Berlin eine Gruppe von 13 Mann aufstellte, die unter der Bezeichnung »Die 12 Zylinder und ein Hütchen« auftrat (S. 119-121). StA Katt. 807/204 (21.4.41). NS 19/281, 3.3.43. s. o. Anm. 247. NS 47/36; auch in SSO Woelfert, Ulrich, 19.3.94. Siehe auch oben S. 84. Vgl. Harten, Himmlers Lehrer, S. 138 ff. – Wie es scheint, betrafen diese Unterstellungen zu diesem Zeitpunkt allerdings nur die ursprünglich vom SS-HA abgeordneten Polizeischulungsleiter Rösinger (HSSPF Südwest), Heyse (Elbe), Woelfert (Südost), Pohl (Fulda-Werra), Heckmann (Mitte), Heigl (Main), Raulien (Danzig-Westpreußen), Wieckberg (Warthe), Kropp (Böhmen-Mähren) und Wetzel (Polizeischulungsleiter bei der Offiziersschule der Ordnungspolizei Mariaschein): SSO Woelfert (23.12.1944). Entsprechendes galt für die bei den Kommandeuren der Ordnungspolizei mit der weltanschaulichen Erziehung beauftragten Offiziere: Bef.Bl. Chef Orpo 7.11.1944. NS 19/281, Bl. 22. In: Führer-Erlasse, S. 383. R 19/244 (11.8.1944). Bef.Bl. Chef Orpo 43/1944.
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ANMERKUNGEN ZU S. 253-267
R 19/244. Bef.Bl. Chef Orpo 1944 (Rd.erl. 23.9.44). Siehe z. B. den Befehl des HSSPF West vom 15.11.1944: StA NRW, RW 37-11, Bl. 87. R19/244 (6.2.45). StA Old. 136/18745 (13.2.1945) StA Katt. 807/201, Bl. 68 u. 70; siehe auch 119/4657; IfZ, MA 434 (Rundschreiben vom 24.2.1943). Ebd.119/4651. StA Hann. 87 Hannover Acc 92/84 Nr. 161; StA Bremen 4, 13/1-P.1.b 171 Akte III. StA NRW, RW 37/11 Bl. 47 f. Bei einigen Polizeioffizieren ließ sich eine SS-Mitgliedschaft nicht nachweisen. Mit eingerechnet sind Horst Hartmann, Willi Rosin, Hans Weberstedt und Werner Zwingelberg, die in verschiedenen Aufstellungen als Polizeischulungsleiter geführt wurden, sich aber keiner IdO-/BdO-Stelle zuordnen ließen. Rösinger redete sich u. a. darauf hinaus, dass nur Redner mit Ausweis des RPA zu Vorträgen über Rassenlehre befugt waren, er einen solchen Ausweis aber nicht gehabt habe – das war schlicht gelogen, denn die SS war von der Beaufsichtigung durch das RPA ausgenommen. Entnazifizierungsakte in StA Lbg., EL 903/1 Bü. 220. IPN, GK 757/1143. 1938 war für kurze Zeit auch der Jurist Gustav Hanelt als Polizeischulungsleiter in Königsberg tätig, wie aus seiner SSO-Akte hervorgeht; es ist aber unklar, ob in der Eigenschaft als PSL beim BdO oder beim KdO. Hanelt kam Ende 1937 nach Königsberg, um dort das Mannschaftshaus an der Universität aufzubauen. Er wurde später von Globocnik mit der Leitung des Mannschaftshauses Lublin beauftragt und zum Referenten für Siedlungsfragen ernannt: SSO und RS Hanelt, Gustav, 21.9.1914. Zu Beginn des Krieges bestand für kurze Zeit die Stelle eines BdO in Kattowitz, Polizeischulungsleiter war vermutlich Josef Scheer (s. u.). Stelzer war auch für den 1937 noch bestehenden Inspektionsbereich Kiel zuständig. 1940 bestand noch der Befehlsbereich Saarpfalz mit Standort Saarbrücken; er wurde 1941 in »Westmark« mit Standort Metz umbenannt, für den aber der BdO Wiesbaden zuständig war. RS und SSO Altendorf, Heinz, 12.7.12; R 19/5e; R 19/774; NIOD 077-1718. NARA RG 242/T 175, r. 230, 2769321 bis 5; OK Edgar Balthasar, 6.8.1897; StA Hbg., 331-1, I/177 (25.1.38). SSO Cremer, Johann, 28.1.96; s. u. S. 490 ff. NS 2/51 Bl. 143, NS 2/100, Bl. 79; NS 34/79; SSO und RS Crost, Heinrich, 14.8.13. SSO und RS Doctor, Karl/Carl, 13.2.1896; NS 34/79. SSO und PK Eichstädter, Albert-Leo, 15.11.93; NS 2/51; ZB 6766. RS Endres, Dr. Klaus/Claus, 16.7.1906; NS 2/156. SSO und RS Fahnenschreiber, Paul, 9.3.03 195; R 19/774 (Personalakte Witt); R 70 Polen/188 Bl. 33 (1.11.1939). SSO und RS Framenau, Kurt, 26.12.02. RS Friebel, Wilhelm, 1.11.10; R 70 Norwegen 33 (Stab BdO Norwegen, 27.9.1942). SSO, RS und PK Gutensohn, Dr. Wilhelm, 1.1.05; NS 34/79; RMBliV 1941, Nr. 42, S. 1784. SSO und RS Härtel, Max, 30.7.1897; NS 34/79. SSO und RS Heckmann, Wilhelm, 23.1.1904. BDC: 78.01. SSO und PK Heigl, Josef, 10.3.1898. SSO, RS und OGK Heinemann, Hans, 23.12.1915. SSO und RS Heyse, Karl, 31.7.1909; R 2/12155; NS 2/101 und 102, NS 2/132. SSO und RS Karpp, Willi, 5.7.96. SSO Kropp, August, 25.12.1904; R 19/5; R 19/273 (Bl. 27 Hinweis auf Kropp als Polizeischulungsleiter beim IdO Koblenz im Juli 1939); NS 2/112. SSO, RS und PK Krüger, Karl, 27.6.1903. OGK Kühn, Robert, 4.4.04. SSO Mildebrath, Lothar, 21.11.1905; NS 34/79; siehe auch SSO Heyse. Werner Pohl, Die bündische Erziehung. Weimar 1933 (mit einem Nachwort von Peter Petersen). Pohls Dienststelle wurde 1944 offenbar von Kassel nach Erfurt verlegt.
ANMERKUNGEN ZU S. 267-283 385
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SSO und RS Pohl, Werner, 12.7.1908; StA Weimar, Reichstatthalter Thür. 134. Pohls Bruder, der Studienassessor Erich Pohl, war Sturmbannschulungsleiter der SS in Meiningen und übernahm ebenfalls Aufgaben der Polizeischulung: HStA Weimar, Personalakte Volksbildungsmin. Thür. 23467 (Erich Pohl); Harten, Himmlers Lehrer, S. 561 f. SSO und RS Raubenheimer, Karl-Heinz, 5.3.1909. BDC: 78.01; R 19/461. SSO und RS Raulien, Fritz, 29.3.1901; ZB 6766; NS 34/79; R 19/596. SSO und RS Rittsteiger, Johann, 30.1.1910; NS 34/79; BBF. SSO, RS und PK Rösinger, Ludwig, 28.9.1895; NS 34/79. SSO Rumler, Günther, 28.5.04; OGK; NA Prag, URP 1215 (6.6.1942). StA Posen 1020-4 (29.5.43). SSO und RS Schegg, Hermann, 18.7.1908; R 19/5 SSO und RS Schoenfelder, Roland, 4.1.1903; R 19/774. Schoenfelder stellte einen Antrag auf »Neubauernschein zwecks Übernahme eines Gutes im Osten«. BDC: 78.01; R 19/461. SSO und RS Stelzer, Hugo, 15.9.1901; R 19/688; R 19/5. SSO und RS Timm, Hans-Joachim, 24.11.1909. SSO und RS Timmermann, Richard, 3.4.1899; R 19/391. SSO und RS Vietz, Franz, 19.2.08; Heinemann, Rasse, S. 271; zu den Schulungsbriefen siehe NS 6/221405. SSO und RS Wagener, Wilhelm, 30.8.1909; R 19/723; NS 34/79; IPN: GK 757/1101; R 70 Polen/187 Bl. 34. SSO Wetzel Dr. Gerhard, 21.4.1893; R 19/284. R 19/284. SSO, RS und PK Wieckberg, Wolfgang, 23.11.1894; R 19/764. SSO Witt, Karl, 19.3.1902. SSO und PK Woelfert, Ulrich, 19.3.1894. In SSO Woelfert (1.1.1936). Karl Bourier war von Gutensohn 1937 als Schulungsredner bei der Münchner Schutzpolizei eingesetzt worden; er leitete gleichzeitig den Anwärterlehrgang in Fürstenfeldbruck. Bourier hatte Jura und Geschichte studiert und war Mitarbeiter am Institut für Deutsche Rechtsgeschichte der Universität München gewesen, bevor er zum Gendarmerieoffizier ernannt wurde; 1940 war er als Gendarmeriehauptmann und Sachbearbeiter im Hauptamt Orpo in Berlin tätig. Seit 1933 gehörte er der SS an, 1935 war er SD-Mitarbeiter, 1937 wurde er zum Untersturmführer, 1942 zum Sturmbannführer der SS ernannt: SSO und RS Bourier, Karl, 5.7.1907. HStA München: Inn 73331, f.1 (Bericht vom 7.10.1937). StA Hbg, Pol.Beh. 331-1 I/177. Siehe das Beispiel Stuttgart: HStA Stuttgart: E 151/03, Bü. 1173 (f.11). StA Old. 18744; HStA Hann., 122a, Nr. 2625 f. 1511 (3.1.1938). Die Lehrer waren Mehringer, Wolf und Neumaier; die Offiziere Eder und Heizmann: HStA München: Ffbr 118 und 179. SSO und RS Kunzmann, Willi, 23.12.10; SSO und RS Bähr, Ludwig, 13.11.10. HStA Stuttg., E 151/03, Bü. 1099 und 1173 (11). Maurer blieb in diesem Metier; er nahm 1939 am ersten Pädagogischen Lehrgang der Polizeioffiziersschule Köpenick teil: RMBliV 1939, S. 1056c; NS 2/112; SSO Maurer, Paul, 26.12.1912. HStA Stuttg., E 151/03, Bü. 1099; IfZ, MA 421. StA Lbg, PL 506-4. HStA Stuttg., E 151/03, Bü. 1089 und 1090; IfZ, MA 421. StA Lbg, PL 506-16, 506-4; IfZ, MA 421. StA Lbg, PL 506-16; IfZ, MA 421. StA Lbg, PL 506-4. StA Lbg, PL 506-5. Harten, Himmlers Lehrer, S. 108 ff. StA Lbg, PL 506-4. Ebd.
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ANMERKUNGEN ZU S. 283-293
Zu den hier und im Folgenden genannten Personen im Einzelnen siehe Harten, Himmlers Lehrer. Aus der SSO-Akte Schmitz, Heinz, 28.11.1904. Ebd. (18.1.1939). StA Stuttg., E 151/03, Bü. 636. Harten, Himmlers Lehrer, S. 10-17. Siehe auch unten S. 388. StA Lbg., PL 506-16; H.StA Stuttg., E 151/03 Bü. 1090. IfZ, MA 421. Harten, Himmlers Lehrer, S. 183 ff. und 531 f. Listen der Schulungsleiter und Schulungsleiter-Anwärter, die zu den Lehrgängen einberufen wurden, in StA Lbg., PL 506-16. Aus: RS Teufel, Max, 30.8.1911 und SSO Schollenberger, Karl, 16.2.1902. In Karlsruhe fand am 26.3. eine Besprechung für die Schulungskräfte der Polizei statt. Listen der SS-Angehörigen in GLA Karlsr. 1588. Curilla, Judenmord in Polen, S. 587; Klemp, Vernichtung, S. 124 ff. Siehe z. B. für Deggingen IfZ, MA 421. GLA Karlsr. 465d/56. Zuerst war der Lehrer für Weltanschauliche Schulung an der Junkerschule Braunschweig Franz Augsberger als Polizeischulungsleiter vorgesehen: IfZ, MA 421 (5.4.1937); aber Augsberger entsprach als Ingenieur und Architekt wohl nicht ganz den Auswahlkriterien; vielleicht konnte er aber auch an der Führerschule nicht entbehrt werden. StA Wolf. 12 Neu 13/15134 (14. und 23.7.1937). Ebd. (31.7.1937) Zu Kroh und seinen Schülern siehe Harten u. a., Rassenhygiene als Erziehungsideologie, S. 155 ff., zu Berger ebd. S. 163 f. – Berger gehörte wie Paul Zapp der »Deutschen Glaubensbewegung« an, war Leiter einer »AG für sittlich-religiöse Erziehung« und Mitautor der von Hauer und Solger herausgegebenen Schrift »Grundlinien einer deutschen Glaubensbewegung«: Nanko, Deutsche Glaubensbewegung (1993), S. 221 ff. Siehe SSO Zwickler, Walter, 30.12.1904. Zu Amberger: Harten, Himmlers Lehrer, S. 178. SSO Schill, Richard, 15.7.06; RS Wedekind, Wilhelm, 4.4.97; SSO und DS Kolan, Walter, 17.7.01. Der Doktorvater war zunächst W. Moog, nach dessen Tod übernahm Berger die Betreuung. StA Wolf., 12 Neu 13/15455; zur Vortragstätigkeit im genannten Zeitraum siehe das umfangreiche Material in 12 Neu 13/15133 und 15134. Für die Monatsschulung des Einzeldienstes vom April bis September 1939 hatte der IdO Hannover diese Themen vorgegeben: 1. Der Kampf gegen die Landflucht, 2. Die deutsche Kolonialfrage, 3. Ahnenerbe und Volkszukunft, 4. Friedrich der Große erhebt Preußen zur europäischen Macht, 5. Das Recht in der deutschen Geschichte: ebd., 13/15135 (23.2.1939). Walter Lippert, von Beruf kaufmännischer Angestellter, war Schulungsreferent beim RuS-Führer Mitte. Während des Krieges war er als Untersturmführer und Eignungsprüfer mit der Musterung von Bewerbern für die Allgemeine und Waffen-SS in den Niederlanden befasst: RS Lippert, Walter, 2.11.14; NS 2/79. StA Wolf., 12 Neu 13/15134. SSO Fuhrmann, Kurt, 1.12.98; SSO und RS Bestmann, Herbert, Dr., 20.9.02; PK Borchers, Karl, 20.8.1879. Bestmann, der der NSDAP bereits Anfang 1931 beitrat, war 1919/20 Freikorps-Kämpfer gewesen. Auch Borchers gehörte schon seit 1931 der NSDAP an. Ein Polizeioffizier, Hauptmann Bartsch, hielt auf dem 1. Lehrgang den Vortrag über die Ordnungspolizei. Hann.87 Hannover Acc.92/84 Nr. 161(19.12. und 23.12.1938). Rolf Leichtweiß hatte nach abgebrochenem Jura-Studium einen Lehrgang an der Führerschule Charlottenburg besucht und war anschließend als Kriminalkommissar in Frankfurt/M., dann in Braunschweig eingestellt worden. Er gehörte seit 1933 der SS an, 1942 im Rang eines Hauptsturmführers. In den 50er Jahren arbeitete er als Kriminalrat beim BKA, kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand wurde er 1967 zum Regierungskriminalrat ernannt: Baumann u. a., Schatten der Vergangenheit, S. 114 f.; Schenk, BKA, S. 198 f.; SSO und RS Leichtweiß, Rolf, 26.2.08. StA Hann., Hann.87 Hannover Acc.92/84 Nr. 161. StA Wolf. 12 Neu 13/15136 (25.11.1940). Siehe unten S. 399 ff.
ANMERKUNGEN ZU S. 294-306 457 458 459 460 461 462 463 464 465
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Ebd. 12 Neu 13/15134 (19.7.1941). 12 Neu 13/15137 (2.4.1942). Ebd. (23.3.42/20.5.42). Ebd. 15136. Siehe unten S. 336 f. – Zu Kopp Harten u. a., Rassenhygiene als Erziehungsideologie, S. 417. StA Wolf., 12 Neu 13/15136; Hann. 87 Hannover Acc 92/84 Nr. 161. StA Wolf. 12 Neu 13/15136 (25.9.1942). Ebd. (5.10.1942) Auch Burkart wurde 1943 zum HA Orpo nach Berlin versetzt: RMBliV 8/1943, S. 1605. Zum 1.9.1940 wurde noch der Gendarmeriemajor Werner Görhard als Polizeischulungsleiter zum BdO Hamburg versetzt (R 19/774), seine Tätigkeit in Hamburg ließ sich aber nicht verifizieren. SSO und RS Framenau, Kurt, 26.12.02; s. o. SSO 98, PK-B 28; Helmut Heiber, Hg., Reichsführer!... Briefe von und an Himmler. Stuttgart 1968, S. 86 f. SSO und PK Brand, Dr. Curt, 29.12.92; PK Stratmann, Hugo, 9.3.11. StA Old. 136/18761, 18744; 262-1G. StA Old. 136/18744. Lebenslauf in Segelkens Dissertation; OGK Segelken, Dr. Heinz, 21.12.05. StA Old. 136/18606 (7.1.1938); ebd. 18744. Ebd. 18619 (Bericht vom 5.4.1938). Tyarks wurde am 16.7.1901 in Ostfriesland als Sohn eines Buchhalters geboren. SSO und RS Tyarks, Johann, 16.7.01; SS-Listen A 7; Heinemann, Rasse, S. 585. StA Old. 262-1G: Aktenbestand mit umfangreichen Teilnehmerlisten vom März 1939. Ebd. 136/18606, 18744. Horstmeyer wurde zum 1.5.1933 in die NSDAP aufgenommen. Zu Wiemann und Horstmeyer siehe OGK Horstmeyer, Wilhelm, 21.11.1885; BBF; RS Wiemann, Helmut, 12.6.10. StA Old. 136/18619 (Bericht vom 5.4.1938). Oberländer war Vorsitzender des »Bundes Deutscher Osten«. Nach dem Krieg machte Adenauer ihn zum Vertriebenenminster. SSO und RS Haag, Herbert, Dr., 28.3.04. Bei Wulf handelte es sich um den Leiter der Bremer Polizeiberufsschule Hinrich Wulff, der bereits 1938 in der weltanschaulichen Schulung der Schutzpolizei tätig war: siehe unten S. 370. So war etwa für die Luftschutzpolizei Delmenhorst noch der Studienrat Klingmann im Einsatz. Siehe auch StA Bremen 171 Akte II (Standortbesprechung 3.2.43). Herbert Quaas, 1908 geboren, hatte sich nach einer kaufmännischen Lehre 1928 zur Polizei gemeldet; seit 1925 gehörte er bereits der SA und der HJ an. Er wurde 1940 als Untersturmführer in die SS aufgenommen und war noch 1944 Polizeischulungsredner in Oldenburg: RS Quaas, Herbert, 13.7.08. – Albert Kuhfahl kam 1943 als SS-Hauptsturmführer zum SS-Gren.-Regiment »Landstorm Nederland«; er wurde dort wegen »Feigheit vor dem Feind« von Himmler degradiert, aus der SS ausgestoßen und in die »Bewährungseinheit Dirlewanger« versetzt; Kuhfahl kam 1944 im Osten ums Leben: Schneider, Auswärts eingesetzt (2011), S. 280. StA Old. 262-1G (11.7.1941). StA Old. 262-1G; 136/18744 (9.9.41). – Henze trat 1944 noch der SS bei; Schrewe wurde im gleichen Jahr Leiter der Hamburger Schulverwaltung: Schmidt, Schulverwaltung (2009), S. 59 ff. u. 95 ff. StA Old. 136/18745 (Anlage zum Rundschreiben des BdO vom 20.11.1942). StA Old. 262-G1 Nr. 18. Dobers war Professor für Rassenbiologie an der Hochschule für Lehrerbildung in Elbing. Sein Buch »Die Judenfrage. Stoff und Behandlung in der Schule« war 1936 erschienen, 1941 kam bereits die 4. Auflage heraus: Harten u. a., Rassenhygiene, S. 189 f. und 363. Old. 136/18745. StA Old. 136/18746 (diverse Berichte aus dem Jahr 1942) u. 18745 (Dezember 1942). StA Old. 136/18746 (Berichte vom Dezember 1941 und März 1942). Old. 136/18745 (7.11.1943). Ebd. (6.11.1943); Old. 262-1 G (19.12.43). StA Old. 136/18745 (20.3.1944). StA Old. 136/18745; 262-1G. Zu Ecksteins Essay Harten, Himmlers Lehrer, S. 445 und 581 ff.
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StA Old. 136/18745; 262-1G. R 2/12208a Bl. 124 (30.4.1941). Nach 4 bis 5 Monaten Dienstzeit sollten die Bewerber außerdem zu einem Anwärterlehrgang gemeldet werden: RMBliV 1942, S. 1209. R 19/336. Mit der Unterstellung unter die Waffen-SS wurde wie in den Einheiten der Waffen-SS eine »Abt. VI« für weltanschauliche Schulung und Truppenbetreuung gebildet. Einige Dokumente zur Tätigkeit der »Abt. VI« sind im MA Fbg. erhalten: RS 3-4/15, 43, 49 und 71. Zahlenangaben nach den Berichten des HA Orpo in R 19/97 und R 19/336; vgl. Tessin u. a., Waffen-SS und Ordnungspolizei, S. 537 ff. Westerman, Police Battalions, S. 85 f. und 149; zu den Richtlinien der Wochenschulung siehe oben S. 235 ff. R 19/304 (9.3.42 und 12.3.43); Westermann, Police Battalions S. 103. Siehe die Aufstellung bei Tessin u. a., Waffen-SS und Ordnungspolizei. R 19/305 (21.7.1942). Longerich, Gesamtdarstellung, S. 306. Siehe auch das Beispiel Bremen unten S. 373 f. So war beispielsweise über den Stand der Gefechtsausbildung nach Anwärtern, Reservisten und Hilfspolizisten in den Polizeibataillonen 1940 getrennt zu berichten. Siehe z. B. die Anweisungen für das Polizeiregiment Lublin vom Mai 1940: StA Lublin 515/122. Siehe z. B. RMBliV 1939, S. 2369 u. 1940, S. 1054. R 19/311 (26.6.1940). RMBliV 1940, S. 1843 ff.; 1943 (30.3.42). RMBliV 1940, S. 1459 ff.; StA Darmstadt G 12 B A Nr. 41/5. R 19/311 (22.1. und 30.1.1940). R 19/304 (11.11.40). RMBliV 1942, S. 671 (30.3.1942); S. 2210 (20.11.42). Ein solcher Auswahllehrgang (»Sonderlehrgang«) fand im Oktober 1942 an der Gendarmerieschule Deggingen statt. Die Anwärter sollten so vorbereitet werden, dass sie an einem auf 5 Monate verkürzten Offiziersanwärterlehrgang teilnehmen konnten, der anschließend in Fürstenfeldbruck geplant war: R 70 Sowjetunion/43; RMBliV 1942 (6.7.42). Siehe die Erlasse vom 18.6.1940, 20. und 21.9.1940, 29.11.1940, 6.7.1942, 30.11.1943 und 24.10.1944: R 19/311. RG 48.008M.135, Bl. 65 ff. R 70 Böhmen und Mähren/1, Bl. 3. Siehe den Hinweis bei Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 117. R 19/308, Bl. 18. Ebd., Bl. 54. Ebd., Bl. 18 (23.1.1940) und Bl. 99 ff. (20. und 17.12.1940). »SB« war die Abkürzung für »Sammelbezeichnung für alle Arten von Wachtmeistern«, in der Rangfolge waren dies Rottwachtmeister, Wachtmeister, Unter-, Ober- und Hauptwachtmeister. Über die Zusammensetzung der Polizeireservisten lassen sich daher keine generalisierbaren Aussagen treffen. Einen – nicht repräsentativen – Überblick über die Vielfalt der Rekrutierungsformen vermitteln die Nachkriegsberichte ehemaliger Polizeioffiziere in R 19/281 Bl. 57 ff. Siehe auch die kurze Darstellung bei Tessin u. a., Waffen-SS und Ordnungspolizei, S. 537. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 140. R 19/308 (6.3., 7.5. und 20.12.1940); R 20/157 (17. und 20.12.1940). RMBliV 1941, S. 1642 (9.9.41). Siehe das Beispiel des Schupo-Kommandos Sosnowitz: StA Katt. 807/185 (31.3.41). Siehe die Darstellung bei Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 122 ff. RMBliV 1940, S. 1843 ff. (20.9.1942). Ebd. 1942 S. 671. Die Lehrgänge für Schupo-Anwärter fanden 1941 hauptsächlich an den Polizeischulen Berlin-Schöneberg, Heidenheim und Pelplin statt, 1942 in Frankfurt/M., Jena, Gnesen und Kattowitz; Lehrgänge für die Anstellung auf Lebenszeit wurden 1941 und 1942 vor allem in Schöneberg, Mariaschein und Pelplin durchgeführt. Für die Gendarmerie existierten eigene Schulen, auf denen gendarmeriefachliche Lehrgänge, Hipo-, Anwärter- und Anstellungslehrgänge durchgeführt wurden.
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So wurden zum Beispiel die Reservisten des PB 65 nach der Grundausbildung zu Bewachungsaufgaben in den Niederlanden eingesetzt, gleichzeitig wurde die Ausbildung dort während des Einsatzes fortgesetzt: Klemp/Reinke, Kölner Polizeibataillone (2000), S.266. Erlasse vom 17/20.12.1940 und 28.2.1941: R 19/308 Bl. 99 ff. und 112; R 19/157; Schneider, Auswärts eingesetzt S. 135. R 19/308 Bl. 54. NA Prag, URP 1216. Eine Anordnung des BdO Prag über die Ausbildung der Reserve-PB vom 20.5.1942 schrieb für die »im Objektschutz« eingesetzten Kompanien eine Grundausbildung mit anschließender Gefechtsausbildung vor, für die anderen, nicht für den Objektschutz bestimmten Kompanien war die Ausbildung »auf eine Verwendung im Osten abzustellen«, unter anderem waren »längere Nachtübungen und Märsche« anzusetzen. In beiden Fällen war jedoch »besonderer Wert« auf die Schulung in der »nationalsozialistischen Lehre« zu legen: R 70 Böhmen und Mähren/1, Bl. 27 f. R 19/464, Bl. 165 ff. Siehe z. B. den Bericht des BdO Breslau vom März 1944: R 19/266, Bl. 49. R 19/308, Bl. 99 ff.; R 20/157. R 58/825, Bl. 7 (Amtschefbesprechung 12.9.1939). R 19/390. Nach einer Vereinbarung mit der Wehrmacht wurden der Ordnungspolizei für die Anwärterkompanien je 1500 Mann der Jahrgänge 1918 bis 1921 zur Verfügung gestellt, für die Wachtmeisterkompanien konnten bis zu 20 000 Mann aus den ungedienten Jahrgängen 1909, 1911 und 1912 erfaßt werden; außerdem konnten ungediente oder zurückgestellte Männer aus den Jahrgängen 1910 und 1913 bis 1917 berücksichtigt werden: R19/390 (Chef Orpo 16.9.1939). Der RFSS-Erlass zur Rekrutierung erging am 11.10.1939. Am 1.11. wurde die Aufstellung von 23 Ausbildungsbataillonen angeordnet; bis zum März 1940 waren insgesamt 14 837 Einberufungen erfolgt (ebd.). Der Befehl zur Aufstellung der Bataillone erging nach Verhandlungen mit der Wehrmacht am 16.9.1939. In einer Amtsleiterbesprechung des RSHA wird über die »Führer-Erlaubnis« bereits am 12.9. berichtet; im RSHA hoffte man, später einen Teil der rekrutierten Männer für die Sicherheitspolizei gewinnen zu können: R 58/825. R 20/157; ähnlich die Richtlinien für die Ausbildung der Polizeibataillone vom 23.1.1940: R 19/308. R 19/304 (6.1.41). Tessin, Ordnungspolizei, S. 35. Nach Anordnung des Chefs der Orpo vom 29.10.40 sollten die PB 251 bis 255 zwischen Anfang November (251) und Anfang Februar 1941 (255) zum Einsatz kommen: HStA München, Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 20. Siehe den Bericht von Stockinger: R 19/281, Bl. 79 f. F. Wilhelm, Polizei im NS-Staat, S. 156 ff. Mallmann, Massaker von Kamenez-Podolsk (2001), S. 251. Zu einigen Polizeibataillonen liegen Einzelstudien vor, die alle ein ähnliches Bild ergeben: Browning, Ganz normale Männer (1993); Westermann, »Ordinary Men«? (1998), Angrick u. a., Polizeibataillon 322 (1994). Die Anordnung galt für die Rekruten der Polizeibataillone und der SS-Polizeidivision: Reichsverfügungsblatt 10.6.1941, Anordnung A 28/41 (NS 6/821); vgl. Longerich, Politik der Vernichtung, S. 307. R 20/157 (Ausbildungsplan B). Zit. n. Klemp, Vernichtung (2013), S. 57. R 20/157. Die Rangfolge war: Rottwachtmeister (Gehaltsstufe A8 c5) – Wachtmeister (A8 c3) – Oberwachtmeister (A8 c3) – Revier- und Bezirksoberwachtmeister (A8 c2) – Hauptwachtmeister (A8 c1/A7 c). Siehe Anhang. Nachdem die Grundausbildung in allen im Rahmen der Rekruten-Aktion errichteten Ausbildungsbataillone abgeschlossen war, wurden die PAB im Juni 1941 aufgelöst: R 19/116 (11.6.41). R 19/308, Bl. 308 ff.; R 20/157.; StA Katt., 119/4036 (25.7.41). So die Anweisung des HA Orpo vom 29.10.1940 für die Aufstellung der PB 251-255 aus den »Anwärterbataillonen«: HStA München, Polizeischule Fürstenfeldbruck Nr. 20. R 19/308 Bl. 265 ff. Siehe z. B. die Bestimmungen für die Schupo-Anwärterlehrgänge für die »ins aktive Dienstverhältnis übernommenen Polizeireservisten«: RMBliV 1942, S. 292 f-g. Im Rahmen der Lockerung der
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Einstellungs- und Beförderungsbedingungen wurde die Pflicht zum Besuch eines solchen Lehrgangs für die Angehörigen des 26 000-Mann-Ersatzes Ende Dezember 1941 jedoch wieder aufgehoben; begonnene Lehrgänge sollten bis Mitte März 1942 ohne eine Abschlussprüfung beendet werden. Die Bataillone hätten aber, wie es in dem Erlass hieß, »weiterhin alle Möglichkeiten der Ausbildung und Beschulung auf polizeifachlichem Gebiet, die der Dienst irgendwie zulässt, auszunutzen« (R 19/308 Bl. 119). Bis März 1942 dürften aber alle Rekruten, die 1939/1940 eingestellt wurden, die Ausbildungsgänge absolviert haben. R 19/97 (Kriegseinsatz der Ordnungspolizei, Bericht vom 20.8.1940). StA Hbg, 331-1 I/177. Sandkühler, Grenzpolizei, S. 113. MA Fbg, M 734 A 7 (Anlage zum Erlass vom 3.10.1938) und A 19. R 2/12208a, Bl. 4 ff. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 114; Klemp, nicht ermittelt, S. 124 f.; StA Weimar, Reichsstatthalter 144. R 2/12208a, Bl. 60 ff. und 81 ff.; R 19/311 (20.9.1939; 15.2.1940); R 70 Polen/394. StA Katt. 119/3255. Siehe unten S. 327. Browning, »Endlösung«, S. 58. R 70 Polen/394 (Katzmann 7.10.39). Ebd. (RFSS 7.10.39). Ebd.; Westermann, Police Battalions, S. 156; Borodziej, Terror und Politik, S. 42. Zur Zwangsverpflichtung Volksdeutscher für Dolmetscher-Dienste siehe z. B. Pohl, Ukrainische Hilfskräfte, 2002. Volksdeutsche Dolmetscher waren aber, wie Ruth Bettina Birn über die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei schreibt, vielfach auch »vollintegrierte Mitglieder der Einsatzkommandos, deren Aufgabe keineswegs nur aus Übersetzungstätigkeiten bestand.« Birn, Kollaboration und Mittäterschaft, S. 311. StA Katt., 119/3277; 119/2197. Runderlass vom 12.5.42: RMBliV, S. 1016; StA Katt. 119/3808, Bl. 58f. NS 31/175 und 155. R 19/304, Bl. 228; R 19/305 Bl. 245; R 20/64 (5.3.43; 11.10.43) R 19/464 (15.7.43). R 19/304 Bl. 289; R 19/305 Bl. 245 und 289. – In der Gendarmerieschule Fraustadt wurden bereits im Herbst 1941 motorisierte Gendarmeriezüge für die besetzten Ostgebiete (Weißrußland und die Ukraine) aufgestellt und ausgebildet: R 19/464, Bl. 121 ff. StA Katt. 119/3989, Bl. 21. Ebd. 119/3831, Bl. 42. Für ältere Polizeibeamte konnte der Umschulungslehrgang unter bestimmten Bedingungen auch als Lehrgang für die Anstellung auf Lebenszeit gewertet werden. Lehrplan s. u. S. 420 f. StA Freiburg F 75/1 Nr. 321; StA Kattowitz, 119/3277. Eine genaue Datierung des Lehrplans war nicht möglich. Er lag den Umschulungslehrgängen für Hilfsgendarme aus Elsass, Lothringen und Luxemburg zugrunde, der im Dezember 1941 in Freiburg begann, aber auch schon dem Umschulungslehrgang für ehemalige polnische Polizeibeamte in Kattowitz, der bereits im Juli 1940 begann, muss also schon vor dem Stoffplan für NS-Lehre vom 14.1.1940 entstanden sein. Wie weit auch einheimische Polizei der annektierten polnischen Westgebiete in dieses Ausbildungssystem einbezogen wurde, ist unklar. Im Staatsarchiv Kattowitz sind Dokumente über einen Lehrgang polnischer Hilfspolizisten für den Revierdienst erhalten, der 1940 stattfand und dem das gleiche Curriculum zugrunde lag. Hinweise auf weitere Lehrgänge dieser Art fanden sich aber nicht: StA Katt. 119/3277; s. u. S. 422 f. BA, R 20/23 (2.11.42). Nach einem Erlass des Hauptamtes Orpo vom Mai 1942 sollte bei jedem IdO/BdO mindestens ein Wachbataillon aufgestellt werde. Die Wachbataillone sollten das »Rückgrat der Polizeikräfte im Bereich eines IdO bzw. BdO sein«: StA Hbg. 331-1, I/1487. NA Prag, URP 1216 (25.2.1943). Internetquelle: Badatelna.eu: sg. 109-8/30 R 19/335 (24.7. und 2.11.1942)
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NA. Prag, sg.109-8/41. Die Anwärter der uniformierten Protektoratspolizei waren zwischen September 1942 und Januar 1943 einer rassischen Musterung unterzogen worden; dabei war ein Drittel zuvor schon wegen formaler Mängel ausgeschieden worden, von den übrigen wurden knapp ein Viertel als rassisch untragbar und nur etwa ein Drittel als rassisch wertvoll eingestuft: R 59/55 (24.2.43). Siehe unten S. 497. Dokumente darüber sind nicht bekannt. In einem Bericht des Polizeipräsidenten Düsseldorf wird davor gewarnt, dass sich die Tschechen mit ukrainischen und russischen Frauen einließen: dies drohe die »slawischen Züge« der Tschechen, denen doch ein »rassisch nordischer Einschlag« attestiert worden war, wieder hervortreten zu lassen: LA NRW, RW 37-25. Über die Angehörigen der Protektoratspolizei, schrieb der Polizeipräsident von Düsseldorf, sei »nur Gutes” zu sagen. Gleichzeitig warnte er vor ihrem Verkehr mit russischen und ukrainischen Fremdarbeiterinnen, weil sich dies ungünstig auf die »tschechische Auslese« auswirken würde. Auch eine ebenfalls dem Luftschutz zugewiesene Gruppe ukrainischer Hilfskräfte stufte er gegenüber den Tschechen herab: »Es ist selbstverständlich, dass die Ukrainer scharf, aber gerecht angefasst werden müssen.« LA NRW: RW 37-19, Bl. 31 ff. R 19/304 (21.11.40); StA Katt. 119/4033, Bl. 4-10; R 19/308, Bl. 97 (23.11.1940). s. u. S. 365 f. StA Lublin 515/142; s. u. S. 473. Fangmann u. a., »Parteisoldaten«, S.119. In einer Hamburger Zeitung erschien damals ein Bericht über die Rückkehr des Bataillons, in dem zu lesen war: »Banden bis zu 20 Mann, maskiert und gut bewaffnet, zogen plündernd und mordend umher und fanden vor allem bei den Juden Unterstützung. Diesem Bandenunwesen hat der Einsatz der deutschen Polizei ein Ende bereitet.« Zit. ebd. S. 86. Von Anfang an wurde der Partisanenkampf mit dem Judentum verknüpft. Bereits am 6. Januar 1940 berichtete ein Kompaniechef eines der Hamburger Bataillone, die zu Beginn des Krieges in Polen eingesetzt wurden, im »Hamburger Fremdenblatt«: »Wie Suchhunde streift unsere Truppe durch Wälder und Dörfer, um die letzten Reste des polnischen Widerstandes aufzuspüren. Sie überantwortet jeden feigen Heckenschützen seinem verdienten Schicksal. Jeder Versuch der schmutzigen Ostjuden, neue Unruhen in die Bevölkerung zu tragen, scheitert an dem entschlossenen Durchgreifen der Polizeitruppe.« Zit. ebd. S. 120. s. u. S. 368 u. 472. Sowohl der personelle Wechsel als auch der Wechsel von Einsatz- und Ausbildungsphasen werden von Browning und Goldhagen am Beispiel des Bataillons 101 beschrieben, ohne dass der funktionale ausbildungsspezifische Aspekt der damit verbundenen personellen Rotation deutlich wird. Mallmann, Stapo-Stelle Litzmannstadt, S. 156. R 20/51 (Bericht vom 4.4.1941). StA Hbg, 331-1, I/1483. Vgl. Mallmann, »… Missgeburten, die nicht auf diese Welt gehören« (2004), S. 81. Siehe etwa auch Bettendorf, Reserve-Polizeibataillon 111 (2008), S. 107: »Während der dreieinhalb Jahre des Bestehens sind zahlreiche Zu- und Abgänge zu verzeichnen … Insgesamt gesehen bleibt ein Grundstock an Männern aber während aller drei Einsatzphasen bei dem Bataillon.« Hölzl, Walter Nord (2004). Übersicht über die Rangordnungen in R 19/271 Bl. 48; siehe auch die Aufstellung im Anhang. Zur Zusammensetzung der Ausbildungsbataillone und -kompanien R 19/304 Bl. 31 und 44. Die Revierund Bezirkswachtmeister führten ab September 1939 auch die Bezeichnung »Polizeizugwachtmeister« (R 19/311, Bl. 103). Zum 1.9.1939 war die Amtsbezeichnung »Zugführer« für Polizeirevieroberwachtmeister in den Ausbildungshundertschaften eingeführt worden: R 19/311, Bl. 103. R 19/311 (22.1.1940). R 19/311 (24.10.1944). NA Prag, URP dodatky I, kr. 82 (14.10.1939). Insgesamt sollten »nahezu 5 Bataillone« für den Einsatz in Polen aus dem Protektorat »herausgezogen« werden; der Ersatz zur Auffüllung der zehn in Böhmen und Mähren stationierten Polizeibataillone sollte aus dem Verstärkten Polizeischutz genommen werden. Das PB 203 war von der Reorganisation ausgenommen; es wurde mit der Durchführung von Kompanieführerlehrgängen betraut. RG-48.008M.0087, S. 315 ff. R 19/308 (13.1.1940, 8.2.1940 u. 18.2.1941); HStA Hann. 180 Hildesh. Nr. 840. Es ging bei diesen Lehrgängen um eine Einführung in die Richtlinien und Anleitungen zur Durchführung der WS, und
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nicht, wie Browning die Anordnungen interpretiert, um einen »einstündigen Ideologieunterricht«, an die sich eine praktische Übung anschloss: Browning, Ganz normale Männer, S. 132. Es handelte sich um die 2. Ausbildungshundertschaft. Den Unterricht in Geschichte und Weltanschauung erteilten hier 1938/39 der Polizeilehrer Lichte, die Studienassessoren Segeberg, Paschen und Reppen (Ripper?) sowie die Lehrer Glatzer und Landgraf: StA Hbg 331-1 I/177, 1484 und 1483. StA Lublin 515/122, Bl. 3 ff. R 20/62. Der Plan ist undatiert, enthält aber den Vermerk »eingeg. 18.3.40«. R 19/308 (8.2.1940); R 19/284, S. 33; Tessin, Ordnungspolizei, S. 40 f. Die Chronik der Schule verzeichnet für das Jahr 1940 insgesamt 271 Teilnehmer, von denen 251 die »Führereignung« zuerkannt wurde. MA Freiburg, RS 5/937 (Tagesbefehl des IdO Hamburg 4.1.1940); R 19/308 (23.1.1940). R 19/308 (23.11.1940). R 20/60 (Lehrstoffplan vom 7.12.1940); R 19/308 Bl. 97 und 113. StAWeimar, Reichstatth. 137. R 19/391. R 19/308 Bl. 113. Siehe z. B. R 19/391 (7.4.1943), R 19/305 (21.7.1942). Kamp, Kinderrepubliken (1995), S. 329 ff. Lehrstoffplan für Meister und Wachtmeister, 7.12.1940: R 20/63. R 19/391. Unterstreichungen im Original. R 19/308 (16.1.1942). Diese Dämonisierung des Gegners ist eindrucksvoll in Bartovs Studie zur Wehrmacht beschrieben worden: Bartov, Hitlers Wehrmacht (1995). StA Katt. 119/4347, Bl. 66 f. – 1943 scheint es in einigen Fällen zu weiteren Verkürzungen der Lehrgänge zur Vorbereitung auf den Ost-Einsatz auf drei Wochen gekommen zu sein, die beim HA Orpo auf Kritik stießen; der Anteil des weltanschaulichen Unterrichts war aber auch in diesen Fällen mit zwei Unterrichtsstunden offenbar unangetastet geblieben: 119/4573, Bl. 233. Lehrgangsmaterialien in R 19/325 und R 20/64. Die letzte dokumentierte Lehrgangsankündigung in Iglau stammt vom 29. Juli, der erste Kompanieführerlehrgang in Laon begann am 1.10.1943. IfZ, MA 418. R 20/64. Biographischer Abriss in R 19/722. R 20/64, Lehrplan für den 15. Kompanieführerlehrgang. StA Fbg. F 75/1-318. Der Lehrgang in Laon dauerte vom 22.3. bis 23.5.1944. Daran schloss sich vom 6.6. bis 17.8. ein zweiter Lehrgang für Bezirksoffiziersanwärter an: R 19/325. R 19/304, Bl. 228. R 19/311; R19/304, Bl. 245 u. 289; R 19/325 (19.1.1944). Westermann, »Ordinary Men«? (1998). R 19/143; Tessin u. a., Waffen-SS und Ordnungspolizei, S. 566. Das PB 66 war Anfang 1943 als 3. Bataillon des 5. Polizeiregiments nach Serbien verlegt worden: Klemp, nicht ermittelt, S.425; siehe auch Klemp, Die Oranienburger Polizeieinheiten (2015). Im März 1943 wurden drei PAB mit insgesamt rund 1700 Männern aus dem Polizeiverwaltungsdienst in Deggingen, Zabern (Elsass) und Bergzabern (Pfalz) aufgestellt; im Oktober 1943 kamen noch einmal 208 Männer in Hellerau hinzu. Die Verwaltungsangehörigen sollten dem Polizeitruppendienst zur Verfügung stehen: R 19/97, Bl. 64. R 20/66; Tessin, Ordnungspolizei, S. 41 f.; Tessin u. a., Waffen-SS und Ordnungspolizei, S. 567. R 20/162. Siehe oben S. 338 f. R 20/150 (28.3.1943); HStA Weimar, Reichstatth. Nr. 142. Um diese Zeit wurde Oranienburg durch Übernahme der Köpenicker Schule in eine Offiziersschule der Ordnungspolizei umgewandelt. Im Frühjahr 1944 wurde die Offiziersschule wiederum nach Mariaschein verlegt, während in Oranienburg eine Polizei-Akademie für Luftschutzführer errichtet wurde. R 19/333. R 19/308 Bl. 234; R 19/304 (18.9.1944). Harten, Himmlers Lehrer, S. 441 ff. R 20/95; IfZ: MA 366.
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III. Vertreibungen, »Bandenkampf« und Judenmord: weltanschaulich-politische Schulung im Kriegseinsatz 1
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Ähnlich lautende Berichte kamen von anderen Schupo-Dienstabteilungen in Österreich. R 19/266, Bl. 64. Zur Waffen-SS siehe Harten, Himmlers Lehrer, S. 191 ff. R 20/64 (10.7.1943). Die Wochenstundenzahl für die weltanschauliche Schulung wurde gleichzeitig um eine Stunde auf drei Stunden erhöht, vermutlich war diese zusätzliche Stunde für die »Wochenschulung« neben dem regulär auf 2 Wochenstunden festgelegten weltanschaulichen Geschichtsunterricht vorgesehen. Siehe z. B. die Hinweise auf die Wochen- und Monatsschulung des Polizei-Lehrbataillons IV (Maastricht): R 20/66 (16.6.1943). Siehe auch den Hinweis bei Bach (Ordnungspolizei, S. 121), wonach die Wochenschulung an den Polizeischulen an Sonntagvormittagen, die Monatsschulung als Abendvortrag durchgeführt werden sollte. Zur Monatsschulung in Mariaschein: R 20/74. HStA München, Polizeischule Fürstenfeldbruck, Nr. 179 (18.5.1941). IfZ, MA 366. R 19/308 (23.9.1944). R 20/155 und 165 (Dienstpläne vom 22.5. bis 3.6.1944). Schäfer, »Jedenfalls habe ich auch mitgeschossen«, S. 269. Ebd., S. 62 ff.; SSO und RS Plantius, Heinrich, 25.10.1914. Zu Plantius siehe auch unten S. 472. R 20/50; vgl. Schäfer, ebd. S. 267 f.; zu Plantius, Eckert und Kuhr siehe auch ebd. S. 466 f. Zit. n. Schaefer, ebd., S. 267 ff. Zitate aus: Mallmann u. a., Deutscher Osten, S. 71 f., 86, 137; zu Leutnant Schneider Klemp, nicht ermittelt, S. 262 ff. Zit. n. Kiepe, Das Reservepolizeibataillon 101 vor Gericht (2007), S. 29. Curilla, Judenmord in Polen, S. 521-523. R 20/172. Der Aktenbestand enthält u. a. auch ein Manuskript für die Gestaltung einer »Wintersonnwendfeier«, mit Choreographie, Redetexten usw. Klemp, Nicht ermittelt, S. 200. Zur Geschichte des PB 72 siehe auch Schröder, Die Münchner Polizei, S. 139 ff. R 20/140. R 20/125; IfZ, MA 434; siehe auch StA Katt. 807/199, Bl. 203. R 20/125 (24.2.1943). Die Pläne befinden sich im Staatsarchiv Lublin. Dort sind auch fragmentarische Ausbildungspläne weiterer Polizeibataillone, der PB 10 und 104 erhalten, die die weltanschauliche Schulung der 1940/41 im Raum Lublin stationierten Polizeibataillone dokumentieren: StA Lublin 515/20, 21, 37 und 142. Siehe unten S. 466. StA Lublin, 515/21. Dem 1941 erschienenen Sonderheft »Grenzkampf Ost« der Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei zufolge hatte die »berüchtigte polnische Wirtschaft« »eine ihrer tiefsten Wurzeln im Judentum«, in einem unheilvollen Zusammenwirken von Judentum und Polentum: Grenzkampf Ost, Hg. SS-Hauptamt Schulungsamt, S. 43. StA Lublin, 515/20. Kielbon, Judendeportationen (2004); zu den verschiedenen Maßnahmen der Umsiedlung und Vertreibung siehe auch Pohl, Judenpolitik, insbes. S. 53 und 86 f. Browning, »Endlösung«, S. 207. Zur Umsiedlung von Volksdeutschen und Polen Heinemann, Rasse, S. 376 ff. Kleßmann, Selbstbehauptung (1971), S. 68. Generalgouverneur Frank hatte dem Institut die Aufgabe zugewiesen, den hier tätigen Deutschen eine »geistige Hilfe« zu geben: »Es handle sich darum, den Gedanken wissenschaftlich herauszuarbeiten, dass das Generalgouvernement ein dem deutschen Lebensraum zuzuführendes Gebiet sei, das z. Zt. noch eine fremdvölkische Bevölkerung aufweise und in dieser fremdvölkischen Besiedelung von der deutschen Verwaltung anerkannt werde. Es sei ausgeschlossen, dass dieses Gebiet jemals anders geführt werde als von den Deut-
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schen. Ein eigener polnischer Staat werde niemals mehr kommen…«: Tagebuch Frank S. 322 f.; Harten, De-Kulturation, S. 245 f. Curilla, Judenmord in Polen, S. 826. Westermann, Police Batttalions, S. 183-185. Schaefer, »mitgeschossen«, S. 276. StA Lublin 515/108. Rein, Das 322. Polizeibataillon, S. 223. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 562. – Das Bataillon war 1940 als Polizei-Ausbildungsbataillon in Wien-Kagran aufgestellt worden, wurde im April 1941 in ein Polizeibataillon umgewandelt, anschließend nach Osten verlegt und im Juni dem Polizeiregiment Mitte unterstellt: Angrick u. a., Polizeibataillon 322; Kwiet, Auftakt zum Holocaust; Klemp, Nicht ermittelt, S. 289 ff. In: R 20/80; Kwiet, Auftakt, S. 200. Zit. b. Angrick u. a., Polizeibataillon 322 S. 336 f. Befehl Himmlers vom 12.12.1941, abgedruckt bei Angrick u. a., Deutsche Besatzungsherrschaft, S. 249 f. Ähnlich lautende Anweisungen zu »seelischer Betreuung« hatte es schon vorher gegeben, siehe z. B. das Rundschreiben des HSSPF Ost (Krüger) vom 14.8.1940, in dem an den »persönlichen Wunsch des RFSS« erinnert wird, »dass die Exekutionskommandos nach der Exekution einer Zerstreuung mit geistig wertvollem Inhalt zuzuführen sind« (RS 4/291; R 70 Polen/180 Bl. 62). Kriegstagebuch in R 20/60. MA Fbg. RS 4/420; Angrick u. a., Polizeibataillon 322, S. 345 f.; Harten, Himmlers Lehrer, S. 258 f. Ein weiterer »Lehrgang zur Partisanenbekämpfung« fand im Mai 1942 statt. Zu den Vortragsthemen gehörte in beiden Fällen auch der Einsatz der Propaganda im Anti-Partisanenkampf: Quinkert, Propaganda und Terror, S. 175 und 239. In mehreren Augenzeugenberichten wird übereinstimmend berichtet, dass u. a. Säuglinge in die Luft geworfen und »abgeschossen« wurden. Ob, wie Angrick u. a. schreiben, diese besonders grausamen Aktionen allein von ukrainischen Hilfswilligen begangen wurden, erscheint jedoch unklar. Der Polizeisekretär Walter Mattner, der damals selbst beteiligt war, schrieb am 5.10 in einem Brief an seine Frau: »Säuglinge flogen in großem Bogen durch die Luft und wir knallten sie schon im Fliegen ab, bevor sie in die Grube und ins Wasser flogen. Nur weg mit dieser Brut, die ganz Europa in den Krieg gestürzt hat…« (zit. b. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 588 f.). An der Aktion in Mogilew waren neben dem PB 322 vor allem das Ek 8, das PB 316 und das ukrainische Schuma-Bataillon 51 beteiligt: ebd., S. 587 f.; Angrick u. a., S. 345 ff.; zur Ereignisgeschichte siehe Curilla, Baltikum und Weißrussland S. 545 ff. R 20/82 (Bericht vom 10.-15.10.41). Angrick u. a., S. 350; nach Gerlach wurden in einem Einsatz am 22. und 26. Oktober insgesamt 337 Menschen durch das Bataillon ermordet: Kalkulierte Morde, S. 605. Kriegstagebuch des Polizeibataillons 322: R 20/60. Zit. n. Angrick u. a., Polizeibataillon 322, S. 355; Gilbert, Nürnberger Tagebuch (1962), S. 116. Rein, Polizeibataillon 322 (2009), S. 219. Der Kompanieführer, Gerhard Riebel, war Absolvent einer SS-Führerschule: ebd. S. 221. Vgl. a. Westermann, Police Battalions, S. 119. Curilla, Judenmord in Polen, S. 115. R 20/235. Der Spielplan findet sich unter den Akten des PB 51 in R 20/25. Das PB 65 war im September 1939 aus aktiven Polizeiführern und -unterführern und in der Hauptsache Reservisten in Recklinghausen aufgestellt und im Mai 1940 in die Niederlande verlegt worden. Im Dezember 1940 kehrte es nach Deutschland zurück, wurde reorganisiert und nach einer erneuten Ausbildungsphase im Mai 1941 nach Ostpreußen und von dort nach Russland kommandiert: Klemp, Nicht ermittelt, S. 175; Goldhagen, Hitlers willige Vollstrecker, S. 230 ff, 236 ff.; Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 182 ff. und 828 f. Kriegstagebuch: R 20/105. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 284. Ebd. S. 296. NIOD 077/1718; R 70 Niederlande/4 Bl. 69. Bei Altendorf dürfte es sich um den Mitarbeiter der Abt. WE im HA Orpo Heinz Altendorf gehandelt haben (s. o.).
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Spieker, Enttäuschte Liebe (2002), S. 77. Klemp, Nicht ermittelt, S. 113 f.; Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 588. Kriegstagebuch der 1. Kompanie in R 20/76. Zur Einsatzgeschichte siehe Curilla S. 587-605. R 20/88, Bl. 69 ff. R 20/83. Westermann, Police Battalions, 310, S. 56 f.; Klemp, Nicht ermittelt, S. 268 ff. Hauptmann Pöhls war Absolvent der SS-Führerschule Braunschweig. Kopitzsch, Hamburger Polizeibataillone (1997). StA Hbg, 331-1, I/177. StA Hbg., NSDAP–K 2; zu Stastny-Hain siehe Harten, Himmlers Lehrer S. 226; StA Marburg 327/2b, 113. Fangmann u. a., Parteisoldaten, S. 101. Polizeidirektion Schleswig-Holstein, Das Polizeibataillon 307 »im Osteinsatz« (2002), S. 10. StA Hbg., 331-1, I-1484; siehe oben S. 334. Kopitzsch, Hamburger Polizeibataillone; zum Beispiel Bremen weiter unten. Stefan Linck schreibt in seiner Studie über die Flensburger Polizei, dass die Reservisten zuerst eine Ausbildung in Flensburg erhielten und später für den Osteinsatz in Lübeck ausgebildet wurden; sie bildeten die 3. Kompanie des PB 106: Linck, Der Ordnung verpflichtet, S. 71. Klemp, Nicht ermittelt, S. 217; Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 463. Siehe im Einzelnen die Darstellungen bei Klemp, Nicht ermittelt; Curilla, Judenmord in Polen und Arico, Encyclopedia. StA Hbg., 331-1, I-1483 Die Aufforderung musste durch den BdO Posen im Januar 1940 für die PB 103 und 31 wiederholt werden, da der Termin nicht eingehalten worden war: R 70 Polen/187, Bl. 23. USHMMA, RG 15.011, reel 11, f. 157 (Bl. 52, 4.4.1940); R 70 Polen 338 (14.4.1940). R 70 Polen/338 (14.4.40). StA Bremen 4, 13/1-P.1.b 171 Akte I (28.11.1940). USHMMA, RG 15.011, reel 11, f. 155 (Bl. 18, 1.8.1942). Das Schreiben des KdO, das unter anderem auch an die ebenfalls im Distrikt stationierten RPB 41 und 67 ging, enthielt die Anweisung, bis zum 8.8. über die Wochenschulung des Monats Juli und künftig laufend bis zum 20. jeden Monats über die Wochenschulung des vergangenen Monats Bericht zu erstatten. Browning, Ganz normale Männer, S. 233. Hölzl, Julius Wohlauf (2013), S. 79. Kiepe, Reservepolizeibataillon, S. 138 ff.; SSO und RS Wohlauf, Julius, 3.6.13; SSO und RS Hoffmann, Wolfgang, 25.4.1914. Hoffmann war vermutlich schon zu Kriegsbeginn an der Erschießung von 500 bis 600 Juden in Przemysl beteiligt. Er wurde später Kommandeur des Schuma-Bataillons 65 und war gegen Ende des Krieges 1. Stabsoffizier beim BdO Posen. Browning, Ganz normale Männer, S. 118 f. und 150; Goldhagen, Hitlers willige Vollstrecker, S. 272. R 70/Polen 305, Bl. 7 und 21 f. StA Hbg., 331-1, I/1487. Das Polizeibataillon 307 »im Osteinsatz« (2002). USHMMA, RG 15.011M, reel 11 (Bl. 62-65, 12.12.1940 und 21.1.1941). Klemp, Nicht ermittelt, S. 251; Browning, Judenmord (2001), S. 189; Matthäus, «Weltanschauliche Erziehung”, S. 322 f.; ders., Die »Judenfrage« als Schulungsthema, S. 75. Mallmann, Einstieg in den Genozid (1999). StA Hbg.: 331-1, I-1487; Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 650. Siehe oben S. 300. StA Old. 262-1G. Zu Framenau s. o. S. 261; Hinweis zu Burkart im RMBliV 1943, S. 1605. Hamburgische Polizeibeamten-Zeitung 19/1929, S. 234 f.; StA Stade, Rep. 180P-1101 u. 93. OGK Langenberg, Karl, 18.6.1893; RS Wulf, Hinrich, 15.5.1898; StA Bremen 4, 13/I-P.1.b 163 (10.4.1937); ebd. 171 Akte I (31.7.1937 u. a.); siehe auch Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 80 ff. – Von Wulff existiert zwar eine RuS-Akte, es ist aber unklar, ob er in die SS aufgenommen wurde, da er in späteren Dokumenten aus der Zeit des Krieges ohne SS-Rang genannt wird. Auch eine Parteimitgliedschaft ließ sich nicht verifizieren.
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ANMERKUNGEN ZU S. 371-375
StA Bremen 4, 13/1-P.1.b 163 (10.4.1937). Die Zivillehrkräfte waren Oberlehrer Schneider sowie die Lehrer Pieken und Prasse. Prasse erteilte auch 1939 noch Unterricht in der Übergangsausbildungshundertschaft. Schulz hatte zuvor schon nach dem Einmarsch in Österreich die Gestapo in Graz organisiert: Bremens Polizei im Nationalsozialismus (2011), S. 99. StA Bremen 4, 13/1-P.1.b 171 Akte I (17.1. und 18.4.1940). Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 620 ff. SSO und RS Stegemeyer, Hans-Dietrich, Dr., 13.3.03; RS Schlitter, Otto, 18.3.07; zu Stegemeyer und Schlitter siehe auch StA Bremen 4, 13/1-P.1.b. 171 Akte I (30.10.1937 und 20.1.1938). Ebd. (8.1.38); zu dem Wettbewerb siehe oben S. 170. StA Bremen, ebd. (13.4.1939); Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 213, 237 und 381 f. – Petersen, 1905 in Hamburg geboren, hatte sich zu Beginn der 20er Jahre als Jugendlicher dem Freikorps Rossbach angeschlossen und war von dort 1923 zur Polizei vermittelt worden; als Mitglied des »Kampfbundes Roland« war er während der 20er Jahre an antikommunistischen Aktionen der Nationalsozialisten beteiligt. 1935 wurde er aufgrund seiner Verdienste für die nationalsozialistische Bewegung zum Polizeioffizier vorgeschlagen, 1937 zum Oberleutnant ernannt und von Hamburg zur Polizeiverwaltung Bremen versetzt, 1938 folgte die Beförderung zum Hauptmann, 1941 die Ernennung zum SS-Hauptsturmführer: RS Petersen, Ernst, 6.8.1905; Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 381 f. – Bei »Dr. Gierlich/Köln« könnte es sich um Rudolf Gierlichs handeln, der 1937 zusammen mit Heinz F. Friedrichs das Werk »Rheinische Sippen. Rüstzeug zur Kenntnis der sippen-, erb- und rassenkundlichen Verhältnisse der Bevölkerung beiderseits des Mittel- und Niederrheins« veröffentlichte: Harten u. a., Rassenhygiene, S. 377 und 382. StA Bremen 7, 1066-340; Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 146 f. StA Bremen 4, 13/1-P.1.b. 171 Akte I (14.7.1939). Ebd. (13.4.39). Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 130. »Die zum VPS herangezogenen Männer wurden zweimal im Monat, meistens am Sonntagvormittag, in einer Schule zum Dienst bestellt. Dort wurden sie von aktiven Polizisten im ›polizeilichen Einsatz‹ unterrichtet«: Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 119. StA Bremen 4, 13/1-P.1.b. 251 (11.4.1940). Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 168. Schneider listet insgesamt 16 Kompanie- und Zugführer einschließlich des Kommandeurs und seines Adjutanten auf, von denen 12 der NSDAP und 11 der SS angehörten; nur in einem Fall ließ sich weder eine Partei- noch SS-Zugehörigkeit nachweisen. Der Kommandeur Hans Helwes stellte 1938 einen Antrag für die SS, wurde aber offenbar nicht aufgenommen. Ein Zugführer war zuvor SS-Schulungsleiter gewesen. Ebd. S. 363. Ebd., S. 172 ff. Arico, Encyclopedia, S. 303 ff. Schneider (S. 218 f.) nennt als Verbindungsoffizier dagegen den Kompanieführer der 3. Kompanie Fritz Dithmar. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 123 f. Ebd. S. 130 ff. StA Bremen 4, 13/1-P.1.b. 171 Akte I (22.4. und 9.5.1940); vgl. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 169 f. Hannibal, vorher Kommandeur der Schutzpolizei von Hamburg-Harburg, war bereits im Februar 1932 der NSDAP beigetreten und gehörte seit 1939 auch der SS an, 1944 wurde er zum Oberführer ernannt. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 414; zu Hannibal ebd. S. 550 ff. Ebd. S. 559; IfZ, MA 434 (5.-8.1.1943). Klemp, Nicht ermittelt, S. 217; Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 815 f.; StA Hbg., 331-1, I: 1487. In einer Aufstellung des BdO-Bereichs vom Dezember 1943 wird zwar der Wachtmeister der Reserve Dr. Fuhse als »WE-Offizier« für Bremen genannt: StA Old. 262-1G (19.12.1943). In einem Schreiben des Polizeipräsidiums Bremen vom 13.9.1944 wird Wulff aber immer noch als »Polizeiunterrichtsleiter« bezeichnet; die für September vorgesehenen weltanschaulichen Schulungsvorträge konnten jedoch nicht stattfinden, da Wulff bei der Wehrmacht war: StA Bremen, Nr. 171 Akte III. StA Bremen 4, 13/1-P.1.b 171 Akte I (16.6.1941); StA Old. 136/18745. StA Bremen Nr. 171 Akte II.
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September/Oktober 1941 fanden im Ulrich Peters-Heim vier solcher Lehrgänge statt, zu denen aus Bremen insgesamt 18 Polizeioffiziere und -wachtmeister als Teilnehmer abgeordnet wurden: ebd., Akte I (12.8.1941), mit Angabe der Namen und Geburtsdaten. Siehe oben S. 292. Das Sonderlager Watenstedt wurde im Frühjahr 1940 von der Stapo-Stelle Braunschweig errichtet und später als Arbeitserziehungslager geführt: Arico, Encyclopedia, S. 312 f.; Lotfi, KZ der Gestapo, S. 75 ff. Bettendorf, Reserve-Polizeibataillon 111 (2008); Curilla, Judenmord in Polen, S. 337 ff.; Klemp, Nicht ermittelt, S. 430. StA Wolf. 12 Neu 13/15136 (30.8.1941). Die Schriften gingen auch an das PB 93, das bis Ende September 1941 ebenfalls beim IdO Hannover stationiert war und anschließend zum Einsatz nach Slowenien ausrückte: Klemp, Nicht ermittelt, S. 214. Siehe oben S. 295. Bettendorf, Reserve-Polizeibataillon, S. 131, 143 und 147. Klemp, Nicht ermittelt, S. 334 ff.; SSO und RS Falk, Ernst-August, 19.5.17. StA Wolf. 15136. Nach dem Krieg war Wohlauf bis zu seiner Dienstenthebung im Jahr 1963 als Hauptkommissar und Leiter der Abteilung Verkehrserziehung bei der Hamburger Polizei tätig. Kiepe, Reservepolizeibataillon 101, S. 143 ff. StA Wolf. 15133. Siehe z. B. Wolf. 15136, 13.8. und 30.8.1941. Zur Einsatzgeschichte Klemp, Nicht ermittelt, S. 214 f.; R 20/217. R 20/217 (20.10.1941). Teschner, Deportation, S. 70 f. Der HSSPF Rhein-Westmark entstand im Mai 1943 aus der Zusammenlegung des Oberabschnitts Rhein mit der Stelle des HSSPF Westmark, die im Juli 1940 zunächst unter den Bezeichnungen »Saar-Lothringen« bzw. »Lothringen-Saarpfalz« mit Sitz in Metz gebildet worden war. Für den Oberabschnitt Rhein wurde im Frühjahr 1939 der HSSPF Rhein mit Sitz in Wiesbaden eingesetzt. HSSPF Saar-Lothringen war ab Juli 1940 SS-Gruppenführer Theodor Berkelmann; Dezember 1941/ Januar 1942 wurde er gleichzeitig zum HSSPF Rhein ernannt und führte beide Oberabschnitte in Personalunion, bis sie im Mai 1943 offiziell zum Oberabschnitt Rhein-Westmark zusammengelegt wurden. Auch beim BdS Metz wurde in Anlehnung an die Organisation des RSHA eine Abteilung »Ib Erziehung, Ausbildung, Schulung« errichtet, dessen Leiter vermutlich zugleich die Funktion eines Schulungsreferenten hatte, Leiter und Namen der Mitarbeiter sind aber nicht bekannt. Die Abt. III »Lebensgebiete« leitete als »örtlicher Vertreter« zeitweise Max Drexel: R 70 Lothringen/2. Im Stab des BdO Saarpfalz-Lothringen bestand laut Geschäftsverteilungsplan vom 10. Oktober 1940 aber eine eigene Dienststelle I.d, die mit einem »Hilfsbearbeiter« für weltanschauliche Schulung und allgemeinbildenden Unterricht besetzt war; für fachliche, militärische und körperliche Ausbildung war die Stelle I.a zuständig: R 70 Lothringen/34 Bl. 1. SSO Timm, Hans-Joachim, 24.11.1909; Klemp, Nicht ermittelt, S. 22 ff. und 107 f. sowie die Hinweise bei Arico, Encyclopedia, S. 118 f. StA Posen 1020-4 (29.5.43). Zu den Personen siehe die biographischen Kurzportraits in II.5. Siehe z. B. die Hefte 3 und 10 des Jahres 1941 mit Beiträgen zur Geschichte und Neuordnung Luxemburgs sowie zur Geschichte und zum Wirtschaftsaufbau Lothringens. In Heft 2 vom 10.1.1941 wurde über den Umschulungslehrgang für ehemalige Polizeibeamte aus dem Elsass, aus Lothringen und Luxemburg berichtet: BA, RD 18/15-2. Die Ausarbeitung ist für den Zeitraum vom 1.3. bis zum 4.5. erhalten. Siehe oben S. 236 ff. R 70 Lothringen 40, 45 und122; IfZ München, MA 398. R 70 Lothringen/40 Bl. 140-142; R 70 Lothringen/133. Insgesamt fanden drei Lehrgänge statt; an ihnen nahmen auch Offiziere der PB 121 und 122 teil. IfZ, MA 434; R 70 Lothringen/35. Stand 30.2.1942: IfZ, MA 434. Lothringen wurde in drei Abschnitte gegliedert, denen jeweils ein PB zugeordnet war: zu diesem Zeitpunkt das PB 63 mit Dienstsitz in Schloß Pelter bei Metz für Abschnitt I, PB 66 in Diedenhofen
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(Abschnitt II) und PB 122 in Saarlautern (Abschnitt III): R 70 Lothringen/34 Bl. 6. Höchste vorgesetzte Stelle war in Lothringen der HSSPF in Metz, dem für die Ordnungspolizei der BdO in Saarbrücken und Metz, für die Sicherheitspolizei der BdS Metz unterstanden. IfZ, MA 398. Unter den Juden, die bis Ende September ausgewiesen wurden, befanden sich 1150 Juden aus der Saarpfalz. Die deutschen Juden aus Baden wurden über das Elsass, aus der Saarpfalz über Lothringen deportiert; in einer Sonderaktion am 22. und 23. Oktober 1940 wurden insgesamt 6504 Juden in sieben Zügen in den unbesetzten Teil Frankreichs transportiert. Die Deportation der rd. 63 000 »deutschfeindlichen Franzosen« erfolgte innerhalb von zehn Tagen zwischen dem 11. und 21. November 1940. Nachdem es mehrfach Proteste von französischer Seite gegeben hatte, wurden die Abschiebungen auf Anweisung Hitlers Ende November vorerst eingestellt, weil man die Kollaborationsbereitschaft des Vichy-Regimes nicht gefährden wollte. Weitere 7000 Personen verließen bis Mitte 1941 »freiwillig« das besetzte Lothringen. Im Februar 1943 wurden noch einmal etwa 10 000 Personen »abgesiedelt«, von denen 8000 zur »Eindeutschung« ins »Altreich« kamen, so dass insgesamt über 100 000 Lothringer von Ausweisung, Deportation und Umsiedlung betroffen waren: Heinemann, Rasse, S. 310 und 317 f.; Teschner, Deportation der badischen und saarpfälzischen Juden (2002), S. 70 f. und 78; Wolfanger, Nationalsozialistische Politik (1977), S. 146 ff.; Schaefer, Bürckels Bauernsiedlung (1997), S. 66; Gehrig, Volkstumspolitik in Lothringen (2014), S. 77 und 105 ff. R 70 Lothringen/40 Bl.17. Aus seiner Feder stammen außerdem Beiträge für die Zeitschriften »Die Deutsche Polizei« und »Der deutsche Polizeibeamte«, »Neues Volk« und »Rasse«. Olfenius wurde später zum Aufstellungsstab des KdO beim SSPF in Simferopol kommandiert; 1944 war er vermutlich Kommandeur der Schutzpolizeischule Gnesen: SSO, RS und RK Olfenius, Karl, 20.2.1891; Harten u. a., Rassenhygiene, S. 255 f.; Klemp, Nicht ermittelt, S. 425. Siehe auch oben S. 174. Arico, Encyclopedia, S. 191-194; Klemp, Nicht ermittelt, S. 148; LA NRW: RW 37-12. Siehe oben S. 380. Die Wochenpläne vom März 1941 sahen abwechselnd Waffendienst und Unterricht vor; jeweils einmal die Woche hielt der Kompaniechef eine Stunde weltanschaulichen Unterricht ab, dazu kam eine weitere Unterrichtsstunde zur monatlichen Schulung. Die Themen – »Das Volk« und »Die Rassen des deutschen Volkes« – waren in allen drei Kompanien die gleichen, nur der Nachrichtenzug hatte ein abweichendes Programm mit einer zweistündigen Veranstaltung über die »Gesetze zum Schutze des deutschen Volkes«: R 20/77. R 20/78; Stationierungsdaten nach Tessin, Stäbe und Truppeneinheiten, S. 98. IfZ, MA 398. R 20/98. R 70/Lothringen 40 Bl. 129. – Zu den rassischen Untersuchungen unter Leitung Bruno K. Schultz’ siehe Heinemann, Rasse, S. 306 ff. Ebd. Bl. 133. R 70 Lothringen/122. Ebd. Auch für das PB 122 lässt sich die laufende Wochen- und Monatsschulung anhand der für die Zeit von März 1941 bis Januar 1942 erhaltenen Dienstpläne belegen: R 20/97. IfZ, MA 434. Für das PB 121 nahmen Claß und Stein an der Tagung vom 23. bis 28.2. in Trier, Eckenbach und Nehlig an der Tagung vom 16. bis 31.3. in Saarbrücken teil. Da das PB 121 zu diesem Zeitpunkt bereits in Russland-Nord eingesetzt war, werden Teile des Bataillons zunächst noch zu Ausbildungszwecken in Lothringen verblieben sein. Weitere Vortragsthemen teilnehmender Polizeioffiziere waren: »Der Polizeibeamte im weltanschaulichen Ringen unserer Zeit; Der soldatische Führer; Erbgut – Rasse – Volk; Der Wille zum Kinde; Der soziale Staat, das Ziel Adolf Hitlers; Preußentum und Nationalsozialismus; Compiègne 1918 und 1940; Warum ist die nationalsozialistische Weltanschauung die Voraussetzung für den Endsieg?; Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg; Japans Kampf im asiatischen Raum; Wesen und Wirken der Freimaurerei; Rote Weltrevolution – Organisation des Judentums.« Der Leiter der Gauschulungsburg Annweiler Buhl steuerte die Vorträge »Das Reich ordnet Europa« und »6000 Jahre Rassenkampf« bei, der Schriftleiter Rehaneck sprach zum Thema »Das Saargebiet, Land und Leute. Das Saarland im gesamtdeutschen Licht«, im Anschluß an den Vortrag unternahmen die
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Teilnehmer einen Ausflug zu den Spicherer Höhen, wo eine wichtige Schlacht des deutsch-französischen Krieges 1870/71 stattgefunden hatte. IfZ, MA 434. RS Class, Carl, 27.12.95; OGK Dauphin, Ludwig, 14.7.94; SSO Metzner, Karl, 20.12.10; OGK Nehlig, Eduard, 9.11.95; OGK Rill, Robert, 1.9.01; RS Solz, Hermann, 20.6.14. Weitere Hinweise in R 20/30; Teilnehmerlisten der Arbeitstagungen in IfZ, MA 434. RS Güldenzopf, Hermann, 6.4.12; SSO und RS Kopff, Helmut, 24.9.06; weitere Hinweise in R 20/30; zur Arbeitstagung im Polizeihaus Kurmark R 19/461 Bl. 43 f. Dostert, Luxemburg zwischen Selbstbehauptung und nationaler Selbstaufgabe (1985), S. 201 f. R 70 Lothringen/40 Bl. 96. Ebd. Bl. 98 f.; 44 Bl.19 f. R 70 Lothringen/44, Bl. 27 ff. und Bl. 57 (9. und 26.11.1940). Ebd. (23.12.1940). An der Gendarmerieschule Suhl wurde für die Zeit vom 15.7. bis 17.12.1941 ein Anwärterlehrgang für luxemburgische, elsässische und lothringische Hilfspolizisten angeordnet: RMBliV 1941 Nr. 25, S. 1080c. Siehe oben S. 122. StA Freiburg F 75/1 Nr. 319-321. – Der Hilfsgendarmenlehrgang dauerte wie in Suhl 5 Monate. Ebd. Nr. 319 (14.2.1941). Ebd. Nr. 321. Ebd. (15.5.1942). Zit. n. Kettenacker, Volkstumspolitik (1973), S. 246. Wagner hoffte, dem Übel durch Aufstellung einer »parteieigenen Einsatzorganisation« abhelfen zu können, mit der er die elsässische Hilfspolizei verschmelzen wollte, »weil er sich davon eine intensivere politische Schulung der unzuverlässigen elsässischen Polizeikräfte versprach« (ebd.). R 70 Luxemburg/4. In den drei Gendarmeriekreisen Luxemburgs wurden einmal im Monat jeweils Kreis- sowie Abteilungsdienstversammlungen angehalten. Die »weltanschauliche Halbtagesschulung« fand nachmittags während der Abteilungsdienstversammlungen statt. HStA Weimar, Reichsstatthalter 154 und 137; Die Deutsche Polizei Jg. 9, Nr. 1, 1.1.1941: »Deutsche Herzen unter luxemburgisch’ Tuch«. Browning, Ganz normale Männer, S. 66, 92, 274; Klemp, Nicht ermittelt, S. 61 ff; ausführlich hierzu Klemp/Schneider, Kollaborateure, Deserteure, Resistenzler? (2009). Klemp und Schneider thematisieren den Widerspruch zwischen Kollaboration und Widerstand im Verhalten der Luxemburger. Die anfängliche Kollaborationsbereitschaft war offenkundig so lange vorhanden, wie man sich Vorteile im eigenen Land versprechen konnte, ging aber deutlich zurück, als die Betroffenen im besetzten Ost- und Südosteuropa eingesetzt wurden. Zur Freiwilligenkompanie siehe auch Dostert, Luxemburg, S. 167 ff. IfZ, MA 434. NARA, RG 242/T 175, r. 230 (2769321-30). In Lothringen etwa wurde 1942 die Wehrpflicht für »deutsche Volkszugehörige« der Jahrgänge 19201924 verordnet, 1943 wurde sie auf die Jahrgänge 1914 und jünger ausgedehnt: Verordnungsblatt für Lothringen 3/1942 (19.8.1942) und 3/1943 (16.2.1943). Die deutsche Staatsangehörigkeit erhielten »von Rechts wegen« alle deutschstämmigen Lothringer, Elsässer und Luxemburger, die bei der Wehrmacht oder der Waffen-SS dienten oder als »bewährte Deutsche« anerkannt wurden, andere nur auf Widerruf; als »deutschstämmig« galt, wer mindestens zwei deutsche Großelternteile hatte: ebd. 3/1942 (23. und 29.8.). R 19/325. Insgesamt waren rd. 200 000 Männer in Elsass-Lothringen von der Wehrpflicht betroffen, von denen 130 000 auch eingezogen wurden: Wolfanger, nationalsozialistische Politik in Lothringen, S. 220 f. R 70 Lothringen/35, Bl. 211. In Lubeln war eine motorisierte Gendarmerie-Kompanie kaserniert. R 70 Luxemburg/4 (20.7.1943). StA Fbg, F 75/1 Nr. 321. R 91/288 (26.11.42). Diese grundsätzliche Haltung begann sich erst nach Goebbels’ Runderlass vom 15.2.1943 zu ändern, dem die taktische Einsicht zugrunde lag, dass man mittlerweile auf die Unterstützung der osteuropäischen Völker im Kampf gegen den »jüdischen Bolschewismus« angewiesen war: »Alles, was die Mitarbeit aller europäischen Völker, insonderheit der Ostvölker für den Sieg gefährdet, muß also unterlassen werden. … Jede Kraft des europäischen Kontinents, also auch
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vor allem der Ostvölker muß in dem Kampf gegen den jüdischen Bolschewismus eingesetzt werden.« R 6/140; siehe unten S. 530. Bei einer Amtsleiterbesprechung im RSHA am 7.9.1939 wurden die Teilnehmer darüber informiert, dass für Polen keine Protektoratsregierung wie in Tschechien, sondern eine »völlig deutsche« Verwaltung vorgesehen sei. Am 7. und (unter Teilnahme der Einsatzgruppenleiter) am 21.9. wurde in dieser Runde auch besprochen, innerhalb weniger Wochen die polnische Führungsschicht in Konzentrationslager, die Mittelschicht ins künftige Generalgouvernement zu deportieren und die Juden in städtischen Ghettos zusammenzufassen, »um eine bessere Kontrollmöglichkeit und später Abschubmöglichkeit zu haben.« R 58/825. Stuckart/Schiedermair, Neues Staatsrecht II (1944). Stuckart war Staatssekretär, Schiedermair Ministerialrat im Reichsinnenministerium. Das Auswärtige Amt hatte 5437 Fälle von volksdeutschen Opfern dokumentiert, Goebbels’ Propagandisten machten daraus die Zahl von 58.000: Wolf, Ideologie und Herrschaftsrationalität (2012), S. 80. Zur propagandistischen Ausnutzung der Vorfälle siehe auch Bergen, Instrumentalization (2008). Helmuth Koschorke, Polizeireiter in Polen. Berlin und Leipzig 1940, S. 58 f. In seiner 1941 folgenden Schrift »Polizei greift ein!« gab Koschorke dann vor allem seinem Ekel vor den polnischen Juden Ausdruck: Köhler, Anstiftung, S. 153 ff. R 19/304 (11.11.40). Mitt.bl. Gruppe B, BdO Ostland, 20.4.1943. Harten, De-Kulturation und Germanisierung, S. 286 ff. Politischer Informationsdienst, herausgegeben vom Befehlshaber der Ordnungspolizei Posen, Gruppe B, Folge 1, 20. Dezember 1940 (StA Posen 1235-58). Harten, De-Kulturation, S. 86 ff.; grundlegend Majer, »Fremdvölkische« im Dritten Reich. Mitt.bl. Gruppe B, Hg. BdO Breslau, Nr. 20, 20.7.1942. In: IPN, GK 875/26. R 70 Polen/400 (23.6.43) und 401 (24.2.42; Anlage zur Tagesanordnung des BdO Nr. 49 vom November 1940). Vorgeschichtliche Sammlungen wurden auch andernorts eröffnet, etwa in Radom und Lublin. Im Generalgouvernement war ein ganzes Netz von Museen, Sammlungen und anderen Einrichtungen geplant, die den deutschen Führungsanspruch kulturell untermauern, die deutschen Aufbauleistungen vergegenwärtigen und den Zusammenhalt der «in fremder Umwelt tätigen Volksgenossen« stärken sollten (Kleßmann, Selbstbehauptung einer Nation, S. 102). Himmlers Obsession für vorgeschichtlichen Unterricht und Grabungen war keine Marotte, sondern entsprechende Funde sollten »das germanische Recht auf den Ostlandboden« dokumentieren: Ackermann, Himmler (1970), S. 200 ff. Die Planungen für die Gendarmerie gingen im November 1939 von gut 60% Hilfsgendarmen aus, die neu zu rekrutieren und einzustellen waren: StA Posen 1238-10, Bl. 7. Zahlen bei Siepracka, Einstellung der christlichen Polen, S. 345 f. Rieß, Anfänge der Vernichtung (1995), insbes. S. 87, 124, 151 ff und 335. StA Katt., 119/3255, Bl. 34 ff. R 70 Polen/394 (7.10.39); R 70 Polen/188 (21.11.1939). Nach einer Ausbildung von drei Monaten konnten die aus dem Selbstschutz in die Hilfspolizei übernommenen Männer auch im polizeilichen Einzeldienst verwendet werden: ebd., Tagesanordnung des BdO Posen vom 14.10.1939. Jansen/Weckbecker, Der »volksdeutsche Selbstschutz«, S. 59. R 70 Polen/187 (19.12.39). Tätigkeitsbericht des Hipo-Ausbildungsbataillon Posen für die Zeit vom 6.6.1940 bis 28.2.1941: StA Posen 1232-5. Browning, »Endlösung«, S. 148. Curilla, Judenmord in Polen, S. 231 f. StA Posen 1235-64; RMiBl Nr. 33, 14.8.40. Die Angehörigen des Ortsschutzes erhielten Armbinden der Hipo, die umgedreht und mit dem Stempel »Ortsschutz« versehen wurden. R 70 Polen/188, Bl. 68 ff; StA Posen 1025-3 (16. und 24.2.42) und 1235-77 (22.3.43). Die Land- und Stadtwacht wurde auch bei Vertreibungsaktionen und im Rahmen der »Bandenbekämpfung« herangezogen (Wasser, Raumplanung, S. 105 f.). Sie wurde auch in anderen Ländern und Regionen aufgestellt, insbesondere auch dort, wo Zwangsarbeiter beschäftigt waren. Die Erfassung erfolgte durch Notdienstverpflichtung vor allem jener Männer, die bereits militärisch ausgebildet, aber für
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Kriegsaufgaben u. k. gestellt waren. 1942 sollen insgesamt 560.000 Männer erfasst worden sein: R 19/375 (Bericht über die Kräfte der Ordnungspolizei im Kriegsjahre 1942). Nach drei Lehrgängen startete im Oktober 1941 der 4. Lehrgang, jetzt allerdings nur noch mit reichsdeutschen Teilnehmern: StA Posen 1025-2 (Tätigkeitsbericht Bl. 1-4). StA Posen 1235-75. StA Posen 1025-2. Über die Schule und ihre Leiter ist kaum etwas bekannt. Im März 1942 wurde Oberstleutnant der Schupo Hartmann mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Kommandeurs der Schule beauftragt, im Mai 1944 wurde Karl Olfenius, 1939 noch Kommandeur der Polizeischule Köln, zur Polizeischule Gnesen versetzt: R 70 Polen/400 (15.4.42); SSO Olfenius, Karl, 20.2.1891. Zu Niekerke: R 19/461; StA Hamb. 331-1, I: 1483; siehe auch oben S. 235. StA Posen 1008-12 Bl. 18. Nach Beendigung der Kriegshandlungen sollte der Schulungsbetrieb im Februar 1940 wieder aufgenommen werden. Vorausgegangen war ein Tagesbefehl des BdO Posen vom 25. Januar, am 31.1., dem »Tag der nationalen Erhebung« bei allen Dienststellen »unter Hinzuziehung der Hilfspolizei« Appelle mit einem »geschichtlichen Überblick« zur Bedeutung des Tages abzuhalten, und schon am 2.2. startete der BdO eine Rundfrage bei den Dienststellen und Bataillonen, wie viele SS-Leithefte und Stoffsammlungen sie benötigten (R 70 Polen/401). Zur Vorbereitung der Schulungsarbeit waren Dienststellen und Einheiten bereits im Dezember 1939 aufgefordert worden, Schulungskräfte zu melden (R 70 Polen/187, Bl.23). Siehe oben S. 274 u. 288. Zu Beginn des Krieges war zunächst Paul Fahnenschreiber als PSL beim BdO Posen eingesetzt worden, er wechselte aber schon im Januar 1940 zum BdO des Generalgouvernements in Krakau, an seine Stelle trat Wagener: R 70 Polen/187. Die ersten polizeifachkundlichen Unterrichtsblätter behandelten Fragen des Staats-, Polizei- und Verkehrsrechts: StA Posen 1232-4, Bl. 18 ff. IPN, GK 755/175, Bl. 98. StA Posen 1235-76 Bl. 1-4. Das PB 103 kehrte im Mai 1940 nach Hamburg zurück und wurde vom PB 101 abgelöst; beide Bataillone waren ebenso wie das PB 61 im Raum Posen stationiert und hatten maßgeblichen Anteil an der Vertreibung von Polen und Juden während dieser Zeit. Das PB 44 war im Raum Lodz stationiert, wo es bei der »Evakuierung« polnischer Bauernfamilien zur Ansiedlung von Wolhyniendeutschen eingesetzt wurde: Curilla, Judenmord in Polen, S. 114 f. StA Posen 1235-76, Bl. 5 ff. Dokumente in 1235-76 und 1232-4. 1232-4, Bl. 129. StA Posen 1235-76, Bl. 56 ff. StA Posen 1235-70, Bl. 39. Juda in England S. 4. Zu den Schulungstexten über England siehe auch Harten, Himmlers Lehrer, S. 468 f. StA Posen 1235-70 Bl. 61. 1235-76 Bl. 102. 1008-12 Bl. 26. 1232-4 Bl. 130 f. StA Katt. 119/2197 Bl. 19. StA Posen 1235-76 Bl. 68-71; RG 15.011, reel 22, f. 282, Bl. 1 f.; siehe oben S.… IPN, GK 827/6. Zahlreiche Beispiele in StA Posen 1232-4; allgemeine Anweisung in 1235-76, Bl. 90; Anweisung für die 7. Unterrichtswoche: 1232-4, Bl. 155 f. Ähnliche Beispiele etwa für den oberschlesischen Landkreis Lublinitz in IPN, GK 827/6. Hier ordnete der Landrat zweimal die Woche jeweils 4 Stunden allgemeinbildenden Unterricht an. Mit der Vorschulung war ein Schulleiter beauftragt worden, dem für die Hauptschulung eine weitere Lehrkraft beigeordnet werden sollte. Harten, De-Kulturation, S. 206 und – für das Generalgouvernement – 246 ff. StA Posen 1238-15, Bl. 12-16. Die Lehrgänge fanden am 18./19. und 21./22.6.1940 statt. StA Posen 1235-69, Bl. 14. Ebd. Bl. 16.
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StA Posen 1235-70, Bl. 121. 1008-12 Bl. 38. R 70 Polen/402 und 403. Ähnliche Berichte sind aus den Landkreisen Dietfurt und Gostynin erhalten. StA Posen 1008-12. Curilla, Judenmord in Polen, S. 115 und 123. StA Posen 1008-12, Berichte Bl. 19-48. Die Zahlen bezogen sich auf die Schupo-Dienstabteilungen der Städte mit über 5000 Einwohnern, ohne die Polizeiverwaltung Posen. Im gesamten Warthegau waren nach Zahlen vom März 1942 insgesamt 10.589 Kräfte der Ordnungspolizei einschl. Reservisten und Hipos tätig; davon gehörten 1061 der Gemeinde-Schupo, 3900 der Gendarmerie und etwa 400 der Feuer- und Wasserschutzpolizei an: R 70 Polen/198. StA Posen 1025-1, Bl. 1-7. IPN, GK 755/175 (Schupo-Kommando Kalisch), HSSPF Posen März 1940. Es handelte sich um eine Liste von 112 Mann, die ans PAB Warschau abgegeben werden sollten: R 20/236. In die Abt. I und II der Deutschen Volksliste wurden Volksdeutsche aufgenommen, die sich »aktiv im Volkstumskampf bewährt« bzw. »ihr Deutschtum bewahrt« hatten; der Abt. III wurden Volksdeutsche zugeordnet, die »ins Polentum abgeglitten« waren, aber als »rückdeutschungsfähig« galten, in die Abt. IV kamen die »aktiv verpolten Renegaten«, über deren Aufnahme erst nach einer Umerziehung entschieden werden sollte. Harten, De-Kultutation, S. 99 ff. StA Posen 1020-4, Bl. 19 und 27 f. StA Posen 1235-75. StA Posen 1235-70, Bl. 125. R 20/88, Bl. 69 ff.; Curilla, Judenmord in Polen, S. 600 f.; Klemp, Nicht ermittelt, S. 123. StA Posen 1235-73, Bl. 5 f. StA Posen 1235-70, Bl. 9; R 70 Polen/400. R 70 Polen/403 (13.4.1944). Mallmann, Stapo-Stelle Litzmannstadt, S. 163. Die Themen »Selbstbehauptung bis zum Äußersten« und »Das politische Konzept der Feindmächte« waren offenbar zentral ausgegeben worden, da sie zur gleichen Zeit auch in anderen HSSPF-Bereichen angeordnet wurden. Siehe z. B. für den HSSPF West LA NRW, RW 37-11, Bl. 87. StA Posen 1235-73 Bl. 30 ff.; R 70 Polen/402. Ausführlich hierzu: Steinbacher, Musterstadt Auschwitz (2000), S. 138 ff. »Allein in Bendzin lebten zur Jahreswende 1939/40 unter rund 54 000 Einwohnern 24 495 Juden, in Sosnowitz waren es 26 249 unter 114 774 Einwohnern und in Dombrowa 15 663 unter 42 000 Personen«. Der Anteil der deutschen Bevölkerung lag Ende 1939 in Sosnowitz und im Kreis Bendzin bei 1 bzw. 0,7%: ebd. S. 118-121. Ebd., S. 302; Curilla, Judenmord in Polen, S. 91. Browning, Judenmord, 2001, S. 223. Nach Steinbacher, Musterstadt Auschwitz, S. 118. Jansen/Weckbecker, Selbstschutz, S. 228. Ebd. S. 78. StA Katt. 119/1622. StA Katt. 119/3255; zum Lehrplan s. o. S. 314. Zu den Hundertschaftsführern des Ausbildungsbataillons Hohenlohenhütte gehörte der von Klemp als Beispiel eines Überzeugungstäters portraitierte Polizeioberleutnant Erich Steidtmann: Klemp, Vernichtung (2013), S. 198. StA Katt. 119/3808, Bl. 33 f. Ebd., 119/4644 (13.5.1940). Ebd., 119/3277. Die Schule wurde nach Beendigung der Lehrgänge im Juli 1940 wieder aufgelöst (119/4304), offensichtlich wurden aber später in Kochlowitz noch Wiederholungslehrgänge für Gendarmerie-Reservisten durchgeführt (R 19/266 Bl. 49). IPN, GK 875/8. Nach Gesetz vom 24.5.1938 galt ein Schupo-Anwärterlehrgang erst als bestanden, wenn auch die Abschlussprüfung in Deutsch erfolgreich abgelegt worden war.
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StA Katt. 119/3730 und 2197; zum Deutschunterricht für die Hilfspolizei in den Gemeinden siehe die Berichte in 119/4314. Ebd. 119/4314, Bl. 80. StA Katt. 119/3277, Bl. 39-41; Bl. 24. StA Katt. 119/3277, Bl. 78. Ebd., Bl. 10 f. Ebd., Bl. 16 f. RMBliV 1942, S. 1016 ff. StA Katt. 119/1622. R 19/266, Bl. 49. StA Katt. 119/4056, Bl. 37 und 53. In einer anderen Version dieses Ausbildungsplans sind für die Weltanschauliche Schulung etwas andere Themen vorgesehen: »1. Menschenerziehung im nationalsozialistischen Staat. 2. Der Polizeibeamte im nationalsozialistischen Staat. 3. Der Feind im Osten. 4. Amerika als Gegner« (ebd. Bl. 40). StA Katt. 119/4038, Bl. 2-11; 4036, Bl. 55-59. Ebd., 119/4036, Bl. 55-59. Ebd., 119/4347 (26.10.43); 119/4573 (17.9.42). Im März 1941 wird die Ist-Stärke der Schupo Sosnowitz mit 900 angegeben, dazu kamen noch 110 Angehörige der Verwaltungspolizei: 119/3757. StA Katt. 119/4304; 119/3757. Die Zahlen vom März 1941 entstanden im Zusammenhang mit einer Bedarfsermittlung für die Broschüre des SS-Hauptamtes »Sieg der Waffen – Sieg des Kindes«, die nach dem Willen Himmlers jedem SS- und Polizeiangehörigen zukommen sollte. Klemp S. 202; Tessin/Kanapin S. 632; StAKatt. 119/1622. Unmittelbar nach der Besetzung Polens war offenbar auch das PB 208 aus Mährisch-Ostrau für kurze Zeit dem BdO Kattowitz unterstellt (ebd., 21.10.1939). SSO und RS Scheer, Josef, 15.3.1911. RG-15.033M, reel 1, f. 17, Bl. 3 (10.2.40). Die informatorische Wochenschulung auf den Revieren beschränkte sich aber noch auf 15 Minuten. Für den polizeifachlichen Unterricht, der ab 1. September einmal die Woche auf allen Revieren abzuhalten war, waren zunächst 45 Minuten, dann eine volle Stunde vorgesehen: StA Katt. 807/193 (27.8.40). Bei Wendlinger könnte es sich um den 1915 in Oberbayern geborenen Johann Wendlinger handeln. Er ging nach einem abgebrochenen forstwissenschaftlichen Studium als Offiziersanwärter zur Polizei, wurde nach einem Lehrgang in Fürstenfeldbruck zum Leutnant ernannt und anschließend zur Polizeiverwaltung Berlin versetzt. Wendlinger gehörte schon 1932 dem Nationalsozialistischen Schülerbund an, trat 1933 der SA und der NSDAP und 1939 der SS bei: RS Wendlinger, Johann, 29.1.1915. RG-15.033M, reel 1, f. 17, Bl. 21-23; f. 14, Bl. 1 (27.8.1940) und Bl. 3 (Themen des polizeifachlichen Unterrichts für den Monat September). Ebd., f. 17 (ohne Datum); vgl. a. Matthäus u. a., Ausbildungsziel Judenmord? S. 184 f. StA Katt. 119/4644, Bl. 7 (Stoffsammlungen mit dem Bildband »Der Ostraum in der deutschen Geschichte«). RG-15.033M, reel 1, f. 17, Bl. 17 (25.8.1940). Ebd., Bl. 26 (16.10.40). StA Katt. 119/3744, Bl. 79. Zusammengestellt anhand der Dokumente in StA Katt. 119/3744. SSO und RS Vietz, Franz, 19.2.08; Heinemann, Rasse, S. 271. StA Katt. 119/3757 (Schulungsbrief 4, September 1940). Ebd. 807/195 und 183. Ebd. 119/3743, Bl. 18-20; 4248, Bl. 69 f. Ebd. 119/4180. Bereits Anfang Dezember 1939 hatte Himmler für alle bewaffneten Einheiten der SS und der Polizei die Durchführung von Sonnwend- und Julfeiern befohlen – »so, wie es die Möglichkeiten des Krieges erlauben«: RMBliV 1939, S. 2467c. StA Katt. 119/4659. Curilla, Judenmord in Polen, S. 141.
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ANMERKUNGEN ZU S. 433-443
StA Katt. 807/198; 119/3757. RG-15.003, reel 4, f. 175 (30.11.1940) und f. 182 (27.2.1941). Ebd., reel 1, f. 17, Bl. 33-44. Curilla, Judenmord in Polen, S. 142; Steinbacher, Musterstadt Auschwitz, S. 216 f. Möglicherweise war Kröger mit der Arbeit als Schulungsleiter überfordert. Als im Oktober 1941 der weitere Ausbau des Konzentrationslagers mit der Errichtung des Lagers Birkenau begann, trat mit dem Badener Volksschullehrer Kurt Knittel ein »kompetenter« Schulungsleiter an seine Stelle. Ab Oktober 1942 sollte Knittel auch wieder die Monatsschulung der Revierpolizei in Auschwitz übernehmen, es scheint aber nicht dazu gekommen zu sein, da in den folgenden «WE-Berichten« nur Polizeioffiziere als Schulungsredner genannt wurden: siehe die WE-Berichte in StA Katt. 119/37493751. StA Katt. 119/3746, Bl. 162 f. Ebd. 119/3747 Bl. 52 f. Zur Grundschulung der SS: Harten, Himmlers Lehrer, S. 58 ff. Curilla, Judenmord in Polen, S. 142. StA Katt. 119/3757 (18.4.41). Im September 1941 lag dem Regierungspräsidenten von Kattowitz eine Rechnung über die Lieferung von insgesamt 11.257 Postkarten vor: ebd. 5.9.41. RG-15.033M., reel 6, f. 210. StA Katt. 119/3746. Ebd. 119/4645. Zu Dobers, der auch Verfasser eines Schulbuchs über »die Judenfrage« war, siehe Harten u. a., Rassenhygiene als Erziehungsideologie, S. 189 f. und 363. Die »Gefahren der Zwischenschichten« waren Gegenstand großangelegter rassen- und eignungspsychologischer Untersuchungen der Reichsuniversität Posen unter Leitung von Rudolf Hippius. Die Wissenschaftler um Hippius, zu denen auch der bekannte Verhaltensforscher Konrad Lorenz gehörte, kamen zu einem skeptischen Urteil hinsichtlich der »Rückdeutschungsfähigkeit« von Mischlingen: ebd., S. 250; Harten, De-Kulturation, S. 163-169. StA Katt. 119/3746, Bl. 154 f. und 159-161. Regierungspräsident Kattowitz 27.6.41: 119/3746, Bl. 146-148. 119/3746 Bl. 27-29. Ebd. Ebd. 807/200 (6.10.40). Ebd., Bl. 152 f. Ebd., WE-Bericht des Polizeipräsidenten Sosnowitz vom 25.6.41. StA Katt. 119/2328 (26.7.41); 807/198. 119/4033; 119/4643 Bl. 120f.; 807/198. 119/3747, Bl. 30 f. 119/3757, Bl. 113. 119/3747, Bl. 44 f. und 58 f. Mitt.Bl. Gruppe A, Nr. 16, 10.6.1941. Daluege selbst hatte schon 1935 einen Beitrag »Der Jude in der Kriminalitätsstatistik« in der Zeitschrift »Der Deutsche Polizeibeamte« veröffentlicht. StA Katt., 807/198, Bl. 100 und 105; 119/3747, Bl. 58. Im Generalgouvernement war die Kennzeichnungspflicht bereits im November 1939 eingeführt worden. Matthäus, Ausbildungsziel Judenmord? (1999), S. 696. RG-15.033M., reel 6, f. 210 (27.11.1940). StA Katt., 807/198 (31.10.41). Ebd., Bl. 124; RG-15.033, reel 1, f. 17, Bl. 60 f. Mitt.bl. Gruppe A, H. 24, 10.10.42, Teilabdruck bei Zilkenat, Mitteilungsblätter, S. 163. Die gleiche Themenfolge meldete u. a. auch der Bürgermeister von Jaworzno am 10. Dezember 1941: StA Katt. 119/3747 Bl. 58. Mitt.bl. Gruppe A, 27/1.12.41. In: IfZ, MA 435. StA Katt. 807/200. RG-15.033, reel 1, f. 16, Bl. 1. Ebd., Bl. 7 f. StA Katt., 119/3746, Bl. 27-29. Ebd. Bl. 138. RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 54.
ANMERKUNGEN ZU S. 443-454 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354 355 356 357
Die weltanschauliche Schulung der Polizei im Nationalsozialismus, 9783506788368, 2018
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StA Katt., 119/3747 Bl. 114 und Bl. 103. Curilla, Judenmord in Polen, S. 142. StA Katt., 119/3747, Bl. 114-116. Ebd., Bl. 123 f. Mitt.bl. Gruppe B, Hg. BdO Breslau, 13, 20.12.1941. In: IPN, GK 875/26. StA Katt. 807/184, Bl. 31 f. Siehe Anhang S. 554-556. Entsprechende Hinweise in StA Katt. 807/183, 185, 198 und 119/3746 und 3747. Mlynarczyk, Judenmord in Zentralpolen (2007), S. 95 f. RG-15.033M, reel 6, f. 210 (15.1., 17.1. und 13.1.1942). Siehe oben S. 250. Ebd., f. 209 (11.6.1942). Harten, De-Kulturation, S. 92 f. RG-15.033M, reel 6, f. 209 (16.4.42 und 29.4.42); Himmler hatte am 31.3.1942 eine Propaganda-Aktion unter dem Titel »Mehr Höflichkeit« befohlen. SS und Polizei sollten sich in der Behandlung von Gesuch- und Antragstellern höflicher und entgegenkommender zeigen als dies bisher der Fall gewesen sei und sich auch in dieser Hinsicht vorbildlich verhalten: Bef.bl. Chef Sipo/SD 1942, Nr. 18, S. 114. RG-15.033M, reel 6, f. 210, Bl. 120 (13.4.1942). Bei Pawelka, der zahlreiche Monatsschulungen in Sosnowitz durchführte, dürfte es sich um den 1894 in Kattowitz geborenen Alfred Pawelka handeln. Er war von Beruf Maschinenbauer, bevor er sich 1919 zur Polizei meldete; 1937 trat er als Polizeimeister der NSDAP in Elbing bei, 1941 wurde er nach Sosnowitz versetzt: R 19/2780; OGK Alfred Pawelka, 24.7.1894. Steinbacher, Musterstadt Auschwitz, S. 285. Die Polizei führte in den Jahren 1941/1942 laufend öffentliche Hinrichtungen in der Region durch. Bei der Aktion im April 1942 wurden fast 5000 Juden gezwungen, zuzusehen, vielfach mussten Juden die Hinrichtungen auch selber durchführen: Fulbrook, Eine kleine Stadt bei Auschwitz, S. 252 ff. und 297 f.; siehe auch die Schilderung bei Hohenstein, Wartheländisches Tagebuch, S. 239 ff. RG-15.033M , reel 1, f. 17, Bl. 63 ff.; Curilla, Judenmord in Polen, S. 145. StA Katt., 807/204. Steinbacher, Musterstadt Auschwitz, S. 266 ff. RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 69. Ebd., reel 6, f. 209 (14.5.1942). Curilla, Judenmord in Polen, S. 145-147. RG-15.033M., reel 6, f. 17, Bl. 67 f. StA Katt. 807/199. Ebd., 119/4643 Bl. 161. Ebd., 119/3760 (4.7.42). RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 73; WE-Bericht vom 22.9.42: 119/3749. StA Katt. 119/40 (29.6.42). Ebd. 119/80 (29.9.42). RG-15.033M., reel 6, f. 209 (4.6.1942). Ebd. (2. und 16.7.1942). Ebd. (14.7.1942). RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 74-80; reel 6, f. 209 (Dienstbesprechung 16.7.1942). Ebd., reel 1, f. 17, Bl. 79 f.; StA Katt. 807/199 (20.7.1942). Steinbacher, Musterstadt Auschwitz, S. 289. Während der Aktion in Bendzin wurden jüdische Säuglinge und Kleinkinder erschlagen: Curilla, Judenmord in Polen, S. 149 f. Steinbacher, Musterstadt Auschwitz, S. 290. RG-15.033M., reel 6, f. 209. RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 82. Ebd., Bl. 83 und 81. Ebd., Bl. 91-95. Ebd., Bl. 89; reel 6, f. 209. StA Katt. 807/199; RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 90. Am 2. Juli 1942 war auf einer Dienstbesprechung bereits beschlossen bzw. »daran erinnert« worden, dass »beim Absingen der 3. Strophe des SS-
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ANMERKUNGEN ZU S. 454-466
Treueliedes« von Mannschaften stillgestanden und von Offizieren der deutsche Gruß erwiesen werden muß«: ebd., reel 6, f. 209. Den Umstand, dass Singe-Übungen angeordnet werden mussten, als Zeichen einer besonders schlechten »ideologischen Verfassung« der Polizisten zu werten wie es Browning tut, scheint mir doch eine Überinterpretation zu sein; auch dass der Schupo-Kommandeur darüber geradezu »bestürzt« war, lässt sich aus den WE-Berichten nicht entnehmen: Browning, Judenmord S. 223. StA Katt. 119/3754, Bl. 46 f. Ebd., 119/3754 (Berichte vom 22. und 24.6.43). Ebd., 119/2197 und 3871. RG-15.033M., reel 1, f. 17. StA Katt. 119/4643 (8.12.42). RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 90. Curilla, Judenmord in Polen, S. 150 f. NS 19/3091; R 58/1100 (24.2.1943). RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 99 ff. Ebd., Bl. 103. StA Katt. 119/198. Curilla, Judenmord in Polen, S. 151 f. StA Katt 119/225; 119/3745 (21.6.1943). Ebd., 119/3745 Bl. 114; 119/3760. Nebenbei sei erwähnt, dass die Polizeiverwaltungen auch regelmäßig über die Vortragsreihen der Verwaltungsakademie Kattowitz informiert wurde, an der unter anderem der Gau-Schulungsleiter und RKF-Beauftragte Fritz Arlt bevölkerungspolitische Vorträge hielt, so etwa am 14.4.1942 über »Oberschlesien in der Bevölkerungsdynamik des Ostens« und im Wintersemester 42/43 über »Siedlung und Landwirtschaft in Oberschlesien«: ebd. 807/193 und 199. Ebd., 807/199 Bl. 211-213. Steinbacher, Musterstadt Auschwitz, S. 300-302. Curilla, Judenmord in Polen, S. 153-155; R 70 Polen/233. StA Katt. 119/4038 (28.7.43); 119/4573 Bl. 233 f. Für den Einsatz erhielten die beteiligten Polizeikräfte unentgeltliche Sonderverpflegung: R 70 Polen/233. Zu den Lehrgängen für den Ost-Einsatz siehe auch oben S. 338 u. 426. Ebd., 119/4038 Bl. 99-102. Curilla, Judenmord in Polen, S.152 ff. StA Katt. 119/4038 (Tätigkeitsbericht vom 20.1.1944); 119/3762, Bl. 50. Ebd., 119/225; 119/235. StA Katt. 807/199 Bl. 246-248. Ebd., 119/4654. RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 113; StA Katt 807/201.. Mitt.bl. A 59 Japans Soldatentum, A 53 Die Seekriegslage im Stillen Ozean, A 74 Was weißt du von Japan? B/14 Was müssen wir von Japan wissen, B 21 Gibt es eine gelbe Gefahr? StA Katt. 119/3752; 119/4651. Dlugoborski, Juden aus den eingegliederten Gebieten, S. 243. Alle Dokumente in: IPN, GK 875/8. StA Katt. 119/3751 und 3752; 119/4641. RG-15.033M., reel 6, f. 209 Bl. 75f. (8.9.1944). Ebd., reel 6, f. 209 Bl. 75f. (8.9.1944); StA Katt., 807/199 Bl. 256; 807/201. RG-15.033M., reel 1, f. 17, Bl. 115 ff.; StA. Katt. 807/201. StA Katt. 119/3752 Bl. 119. Ebd., 119/3743, Bl. 11-13. 119/3754, Bl. 85. 119/3752, Bl. 110. RG-15.033M reel 6, f. 210 (11.10., 7.12., 11.12.1944). Die ”Spielzeugbastelaktionen” waren für alle Einheiten und Dienststellen «von oben” angeordnet worden. Sie sollten gleichermaßen die Idee der Volksgemeinschaft und den Zusammenhalt der »Truppe« festigen. Nach Runderlass vom Juli 1943 war das Spielzeug als Weihnachtsgeschenk für Kinder gefallener oder im auswärtigen Einsatz befindlicher Polizeiangehöriger sowie kinderreiche Familien innerhalb der Polizei bestimmt; ein Teil
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sollte sollte versteigert werden, der Erlös sollte in einen Fonds für Witwen und Waisen gefallener Polizisten fließen. Die besten Stücke sollten ausgestellt und mit Preisen ausgezeichnet werden: StA Posen 1020-4 Bl. 50 f. StA Katt. 119/3753; 119/3752 Bl. 131. – Der letzte erhaltene »Führungshinweis« wurde am 15. Januar weitergeleitet: 119/4651. RG 15.011, reel 22, f. 291, Bl. 9-11. Ebd., f. 282, Bl. 1 und 3. Ebd., reel 11, f. 155 (Bl. 12); f. 156 Bl. 6 f.; StA Lublin 515/108 Bl. 6 f. Die «Zusatzrichtlinien” kamen offenbar vom HA Orpo, denn sie wurden nahezu wortgleich vom BdO Ukraine verwendet, siehe unten S. 394 f. RG 15.011, reel 22, f. 291 (13.8.40). Neben weltanschaulicher Schulung und Allgemeinbildung sah der Plan 2 Stunden die Woche Dienstunterricht, 6 Stunden Waffenausbildung, 2 Stunden Körperschulung und 6 Stunden Polizeifachausbildung vor: R 70 Polen/338 (31.3.40). Borodziej, Terror und Politik, S. 42. RG 15.011M., reel 22, f. 282, Bl. 1 f.; siehe oben S. 406 f. RG 15.011M., reel 22, f. 282, Bl. 3 f.; im gleichen Aktenbestand finden sich auch einige Beurteilungsblätter vom September 1940. - Parteistellen und Besatzungsverwaltung organisierten ebenfalls Sprachkurse für Volksdeutsche. Für die rund 200 000 Volksdeutschen des Generalgouvernements versuchte die NSDAP auch eine weltanschauliche Schulung aufzubauen; mindestens einmal im Monat sollten die Ortsgruppen der Partei entsprechende Abende durchführen: Lehnstaedt, Okkupation im Osten, S. 139 ff. R 20/236; R 70 Polen 338. Aus einem Schreiben des BdO Krakau vom Juni 1944 geht hervor, dass zu diesem Zeitpunkt auch eine Gendarmerieschule in Zakopane bestand: RG 15.011M., reel 11, f. 152 Bl. 15. IPN, GK 720/1. RG 15.011M., reel 11, f. 151 Ebd., reel 22, f. 282, Bl. 37. Die drei Hauptmannschaften Lublin, Zamosc und Radzyn umfassten zu diesem Zeitpunkt 27 Gendarmerieposten: ebd. Bl. 39. R 70 Polen/338 (10.2.40). StA Lublin 515/147 (18.3.40). Browning, »Endlösung«, S. 202. Harten, Himmlers Lehrer, S. 272 u. 252 ff. Dethof war von Dezember 1940 bis April 1941 gleichzeitig als Hauptabteilungsleiter im Schulungsamt des SS-Hauptamtes gelistet. Im April 1941 wurde er zum HSSPF Nord nach Oslo gesandt, mit dem Auftrag, die norwegische SS aufzubauen und ihre Ausbildung zu organisieren. Im Juni 1941 folgte seine Versetzung als Stabsführer zum HSSPF Weichsel. RG-15.011M. reel 11, f. 157. StA Lublin, 515/147 Bl. 4. Himmlers Befehl ging gleichzeitig an den Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Krakau. Ebd. 515/108, Bl. 8. Ebd. 515/108, Bl. 40. Bereits ab 1. März 1940 wurden die Kommandeure der Ordnungspolizei in Krakau, Lublin, Radom und Warschau mit je 150 Exemplaren des «Völkischen Beobachters” und des «Schwarzen Korps” sowie 800 Exemplaren der «Deutschen Polizei« beliefert: StA Lublin 515/147 Bl. 16. RG-15.011M. reel 11, f. 157, Bl. 9 ff. Die Führung von Einsatzmappen war mit Rundschreiben vom 2.12.1940 des HA Orpo angeordnet worden. Jedem IdO/BdO wurden 200 Einsatzmappen mit Inhaltsverzeichnissen, Personalbögen und Einsatzblättern zugesandt. Mit der Führung der Mappen wurden die Polizeischulungsleiter bei den IdO/BdO beauftragt (ebd.). Ebd., f. 151 und 152. Curilla, Judenmord in Polen, S. 691 ff. Die Zahl der Opfer, die bei der Ghettoliquidierung in Pinsk ermordet wurden, schwankt nach verschiedenen Schätzungen zwischen 16 200 und 26 200: Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 638 f. Siehe unten S. 478. Unter anderem in RG-15.011 r. 11, f. 152 (22.10.41). Schäfer, «jedenfalls habe ich auch mitgeschossen”, S. 269, s. o. S. 349.
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ANMERKUNGEN ZU S. 472-481
Zit. n. ebd. S. 270. Siehe oben S. 331 u. 352 ff. StA Lublin 515/142. Curilla, Judenmord in Polen, S. 757-765. StA Lublin 514/37, Bl. 17. Zit. n. Mallmann u. a., Deutscher Osten, S. 169. Kielbon, Judendeportationen. Insgesamt waren in den Jahren 1939 bis 1943 etwa 640 000 Juden in den Distrikt Lublin deportiert worden, die meisten – 473 240 – im Jahr 1942 (ebd. S. 139). StA Lublin 514/37, Bl. 111 f. Karl Schnittert, Sohn eines Arztes, war nach abgebrochenem Medizinstudium 1926 zur Polizei gegangen. Er gehörte bereits 1923 der SA, seit 1930 der NSDAP und seit 1931 der SS an; in der Partei war er Kreisredner und Gauschulungswart: SSO Schnittert, Karl, 23.0.1904. StA Lublin 514/37, Bl. 143. 515/108, Bl. 59 ff.; R 19/464. Schäfer, »jedenfalls habe ich auch mitgeschossen«, S. 276. StA Lublin 515/108, Bl. 28-30. Harten, De-Kulturation, S. 178; Die deutsche Polizei H. 7, 1941, S.134. RG 15.011, reel 11, f. 155 (19.10.42); Harten, ebd., S. 183 f. Grabowski, German Anti-Jewish Propaganda (2009); siehe auch Jockheck, Propaganda, S. 328; Musial, Zivilverwaltung, S. 319 f. Zur Ausstellung »Jüdische Weltpest« RG-31.001M., reel 8, f. 184, 241 und 262 (Dokumente zur Ausstellung in Lemberg, mit einem Ausstellungsführer und einem Lageplan). Pohl, Judenpolitik (1993), S. 65. Ebd. S. 145. RG 15.001M., reel 11, f. 159 (Berichte vom November und Dezember 1941 sowie Januar und März 1942); vgl. a. Matthäus, Ausbildungsziel Judenmord (1999), S. 694; ders., Die »Judenfrage« als Schulungsthema, S. 79. Die Formulierung »… um sie für die Durchführung ihres schweren Dienstes zu härten« findet sich zuerst in einem Bericht der Gendarmeriehauptmannschaft Zamosc vom Januar 1942; der KdG Lublin übernahm sie in seinem Quartalsbericht vom März 1942. RG 15.001M., reel 11, f. 159, Bl. 22. RG 15.011M., reel 11, f. 159, Bl. 14. Westermann, Police Battalions, S. 110. RG 15.011, reel 11, f. 155 Bl. 28. Ebd., f. 152 (26.11. und 19.12.1941). Wolfgang Diewerge, seit 1930 NSDAP-Mitglied und schon 1923 beim Schlageter-Bund, war Ministerialrat im Reichspropagandaministerium und Leiter des Reichspropagandaamtes Danzig-Westpreußen; 1941 war er als Untersturmführer und Kriegsberichter für die Waffen-SS tätig, später wurde er zum Standartenführer ernannt. Von ihm stammte unter anderem auch die Schrift »Polnischer Blutterror – eine ewige Mahnung«. Benz, Judenvernichtung aus Notwehr? (1981). Unter anderem in StA Old. 18744. Siehe oben S. 243. Siehe die verschiedenen Anschreiben und Berichte in RG 15.011, reel 11, f. 154, 155 und 157. Ebd., f. 155 (19.10.42). Darstellung bei Curilla, Judenmord in Polen, S. 771-800. Siehe etwa die Darstellungen bei Pohl, Judenpolitik, S. 156 und Wasser, Raumplanung, S. 290. RG 15.011, reel 11, f. 155 Bl. 19. Eine Abschrift von Goebbels« Auslassungen über den »Lebensstil im totalen Krieg« ging auch im August 1944 noch einmal an die Dienststellen der Ordnungspolizei: R 19/304, Bl. 314. WE-Berichte in RG 15.011, reel 11, f. 158 und 159. Darunter befand sich auch die Einsatzmappe des Gendarmerieoberleutnants Joachim. Er war als Leiter einer Gendarmerieeinheit im Oktober 1942 an der Ermordung von Juden in Konskowola durch Angehörige des PB 101 beteiligt: Curilla, Judenmord in Polen, S. 716, 720, 787 f. RG 15.011, reel 11, f. 159, Bl. 2. Pohl, Judenpolitik (1993), S. 170 ff. RG-15.011 r. 11, f. 152.
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Ebd. Bl. 19 f. IPN, GK 755/9, Bl. 118. RG 18.002, reel 10, f. 62. Ebd., 11.2.1942. RG-18.002M., reel 10, f. 62 (3.12.1941). Die »Zehn Punkte« erschienen in Goebbels’ Artikel »Die Juden sind schuld!« vom 16.11.1941. In: »Das eherne Herz«. Reden und Aufsätze aus den Jahren 1941/1942 von Joseph Goebbels. Eher-Verlag München. Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 219; ders., Schutzpolizei und Judenmord (2005). Ebd. S. 222 und 225. RG-18.002M., reel 8: R 82-1-1 (10.4.1942). RG-18.002M., reel 10 (83-1-21). Die Exekutionen setzten nicht unvermittelt ein. Schon unmittelbar nach der Besetzung Lettlands begannen Ende Juni und Ende Juli größere Mordaktionen unter Leitung des SD und unter Mitwirkung lettischer Hilfspolizei und des berüchtigten Arajs-Kommandos: Reichelt, Lettland unter deutscher Besatzung, S. 190 f. RG-18.002M., reel 10, f. 22; siehe auch Krausnick/Wilhelm, Truppe des Weltanschauungskrieges, S. 571-574. Siehe das Dienst- und Kriegstagebuch Dietrichs in RG-18.002, reel 10 (R 83-1-19 und 21). Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 195. Offenbar bestand die Anweisung, dass jeweils ein Schütze auf die Mutter, ein anderer gleichzeitig auf das Kind zielte. Eine ausführliche Beschreibung findet sich bei Ezergailis, Holocaust in Latvia (1996), S. 293 f.; vom Massaker existiert eine Filmaufnahme, die man im Internet herunterladen kann. Die Aktion sorgte offenbar für Unruhe unter der Bevölkerung, denn in den Lageberichten vom 31.12. und 3.1. wird vermerkt, dass die Vorgänge immer noch »Gesprächsthema der hiesigen Bevölkerung« waren. RG-18.002, reel 30, f. 6 (23.12.41); Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 195 f. Leutnant Frank war Dietrichs Stellvertreter und nahm dessen Aufgaben nach Dietrichs Beurlaubung ab 17.12. mit wahr (ebd.). RG 18.002M, reel 10, f. 62. Ein Bericht vom November 1943 weist Polizeimeister Roland als WS-Redner aus. Der Schupo-Dienstabteilung Libau gehörten zu dieser Zeit (1941/42) 23 Männer an, die fast alle von der Polizeiverwaltung Danzig kamen: ebd. f. 40; vgl. R 19/119, Bl. 447. RG 18.002M, reel 10, f. 62 (BdO Ostland 15.10.1941). RG 11.001M.15, reel 81, f. 222 (5.3.1942). Ebd. Bl. 10-12. Ebd. Bl. 4 und 5; zu Eibner siehe Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 355. Zu Rosenbergs Richtlinien siehe Baumgärtner, Weltanschauungskampf (1977) S. 102. Ebd. Bl. 18. Auf den Text nahm auch das »Mitteilungsblatt« Nr. 51 vom 1.12.1942 Bezug. Goebbels, Das eherne Herz, S. 451 ff. RG 11.001M.15, reel 81, f. 222. Ebd., Bl. 24. Ebd. Bl. 23; Zu Leuschner siehe Harten u. a., Rassenhygiene als Erziehungsideologie, S. 229 f. Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 372. Die übers Land verteilten Gendarmerieposten kommandierten auch den größten Teil der einheimischen Hilfskräfte. Im Herbst 1942 waren in Weißrussland ganze 850 Mann stationiert, während die Schutzmannschaft Ende des Jahres bereits über 10 000 Hilfskräfte umfasste (Gerlach S. 191 u. 204). Der Polizeimeister Fritz Jacob, der an der Gendarmerieschule Bad Ems auf den Ost-Einsatz vorbereitet wurde, berichtete nach dem Krieg, er habe mit 25 Gendarmen und 500 ukrainischen Schutzmännern ein Gebiet betreut, das etwa einem deutschen Regierungsbezirk entsprach: Klee/ Dreßen/Rieß, »Schöne Zeiten«, S. 149. Siehe auch unten S. 519. RG-31.096M., reel 4 (1151-1-147a, Bl. 1). Ebd.; reel 5 (1536-1-1). Ebd., Bl. 19. Ebd., reel 4, Bl. 6. Ebd., 29.5.1942. Lower, Nazi empire-building, S. 173; zur Umsiedlungsaktion siehe Heinemann, Rasse, S. 457 f. Klemp, Nicht ermittelt, S. 121 f., 278, 286. Das PB 304 war an der Ermordung von schätzungsweise 17 000 Juden hauptsächlich in der Ukraine beteiligt: ebd. S. 240. Zum PB 33 siehe auch Niglas/Hiio,
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Estonian Battalions (2006) und Kott, Rekrutierung (2012). Die Baltendeutschen des PB 33 waren 1941 mit Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion im Lager Stahnsdorf bei Berlin zusammengefasst, als RPB »Ostland« aufgestellt und in einem Lager der Orpo bei Frankfurt/O. ausgebildet worden. Die 1. Kompanie bestand aus Letten, die 2. und 3. aus Esten; sie wurden im Oktober 1941 als RPB »Ostland« bzw. RPB 33 in die besetzten Ostgebiete verlegt. Die lettische Kompanie wurde später dem PB 320, die estnische dem PB 304 unterstellt. Siehe auch oben S. 337 f. RG-31.096M., reel 5 (1536-1-1), Bl. 52. RG-53.002M., reel 5 (658-1-1), Bl. 48. Ebd. (658-1-4), Bl. 187. Der KdG versandte das Programm als Muster einer Dienstversammlung an die Gebietsführer. RG-31.096M., reel 8 (1511-1-39), Bl. 24. Ebd., reel 9 (1182-1-3), Bl. 70; reel 5 (1536-1-1), Bl. 95, 96, 100. Ebd., reel 5 (1536-1-1), Bl. 97; reel 9 (1182-1-17), Bl. 26. Ebd., reel 5 (1536-1-1), Bl. 110 ff. Im gesamten polnischen Staatsgebiet beispielsweise lag der Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung vor Kriegsbeginn lediglich bei 2%. Im Generalgouvernement mit 1940 etwa 12 Millionen Einwohnern lag der Anteil der Volksdeutschen bei 0,8%; bis 1943 wurden 69 000 Personen in die Deutsche Volksliste aufgenommen: Jansen/Weckbecker, Der »Volksdeutsche Selbstschutz«, S. 29; Mlynarczyk, Judenmord, S. 67; Harten, De-Kulturation, S. 107 f. Zur Differenzierung und Abgrenzung der Begriffe »Schulung« und »Propaganda« im Selbstverständnis des Nationalsozialismus siehe oben S. 20. Hass, Rußlandbild (1994); Mallmann, Türöffner der Endlösung; Herf, Der Krieg und die Juden, S. 178; Quinkert, Propaganda und Terror, S. 52 f. Zum diffusen Konzept der »Ost-Rassen« Harten, De-Kulturation, S. 34 ff. und 133 ff. Zusammengestellt nach Hamann, »Erwünscht und unerwünscht« (1986). Allgemein zur Typologie des RuSHA Heinemann, Rasse. Siehe auch die Dokumentation bei Lerchenmüller/Simon, MaskenWechsel, S. 413 ff: (»Die Rassenformel«). Insgesamt wurden 1880 Anwärter der uniformierten Polizei untersucht. Ein Drittel der Anwärter waren zuvor schon wegen »formaler Mängel« ausgesondert worden: R 59/55. So einigte man sich etwa bei der Aufstellung der galizischen Division darauf, »großzügig« zu verfahren: »In Anbetracht der insbesondere vom rassischen Gesichtspunkt aus durchschnittlich geringeren Qualität des hiesigen Menschenmaterials werden auch Angehörige der Rassegruppen III und IV eingestellt.« NS 19/1785 Bl. 42. R 19/326, Bl. 32; R 58/259, Bl. 391. In der Zeitschrift »Die Abt. VI. Nachrichtendienst zur Führung der Weltanschaulichen Erziehung« wurde Anfang 1944 darauf hingewiesen, dass die »nichtdeutschen« Verbände innerhalb der Waffen-SS von der »übrigen SS« dadurch unterschieden seien, dass sie Insignien wie die Sigrunen und den Totenkopf nicht trügen; sie würden aber von der SS eingesetzt und »gehörten auch richtigerweise zur SS«, weil sie die Besten ihres Volkes darstellten und vom Reichsführer-SS dazu ausersehen seien, die politische Sicherheit und den inneren Schutz des neuen Europa zu gewährleisten: Die Abt. VI Nr. 7, Februar 1944, S. 23 f. (NSD 41/5). Krausnick/Wilhelm, Truppe des Weltanschauungskrieges, S. 169. Wegner Hitlers Politische Soldaten (1982), S. 315. Picker, Tischgespräche (1965), S. 333 f. R 58/259, Bl. 295 f. (23.3.42). Eine ausführliche Erläuterung findet sich im Mitteilungsblatt 20 vom 20.7.1942 des BdO Beslau (IPN, GK 875/26). Broszat, Polenpolitik (1961), S. 131; Harten, De-Kulturation, S. 110 u. 119. Siehe z. B. Heinemann, Rasse, S. 244. Documenta occupationis Bd. XIII, S. 328 f.; vgl. Harten, De-Kulturation, S. 213 f. Siehe auch Borodziej für die Gestapo: Terror und Politik, S. 51. Harten, De-Kulturation, S. 230 ff. R 58/259 (26.3.42). Zur Sprachenpolitik siehe auch Scholten, Sprachverbreitungspolitik (2000). Scholten, Sprachverbreitungspolitik, S. 408. Harten, De-Kulturation, S. 239 f. Die Abt. VI, Nr. 7, Februar 1944.
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Kott/Rougthved, Kongsvinger (2009); Mounine, Cernay (1999), S. 103. Zu Kongsvinger und Sennheim als Ausbildungsstätten der SS siehe auch Harten, Himmlers Lehrer, S. 369 ff. und 378 f. Siehe oben S. 344 f. Jahresbericht 1943, S. 17: NIOD 077/296; Harten, Himmlers Lehrer, S. 393 f., allgemein zu Avegoor ebd. S. 391 ff. Schneider, Auswärts eingesetzt, S. 278. Harten, Himmlers Lehrer, S. 354 f. Schneider, Auswärts eingesetzt, Anm. S. 278. Harten, Himmlers Lehrer, S. 368 ff. NS 19/449, Bl. 26 f. Die Germanische Leitstelle bestand 1942 aus einer Hauptabteilung »Nord« und einer Hauptabteilung »West«; zur Hauptabteilung »Nord« gehörten Abteilungen für England, Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und Estland. 1944 bestand in der Amtsgruppe D des SS-Hauptamtes neben der Germanischen Leistelle eine »Freiwilligen-Leitstelle für europäische nicht-germanische Länder«; Estland war weiterhin der »Germanischen Leitstelle« zugeordnet (NS 31/8 und 9, Geschäftsverteilungspläne vom Juni und Dezember 1944). Den Anstoß zur Anerkennung der Esten als »germanisches Volk« hatte wohl Franz Riedweg im Oktober 1942 mit dem Vorschlag gegeben, eine Abteilung der Germanischen Leitstelle in Reval zu errichten (NS 31/375, Monatsbericht Bl. 6-12). Im Schulungsamt (C I) wurde allerdings keine entsprechende Differenzierung getroffen. Hier bestand 1944 eine Abteilung »Europäische Erziehungsarbeit« mit Referaten für die Niederlande, Flandern, Norwegen, Dänemark, Wallonien, Estland, Lettland, Litauen, Russland, Kroatien und Ungarn (Harten, Himmlers Lehrer, S. 164). Richtlinien für die Erziehung von Esten. In: Die Abt. VI, Nr. 8/April 1944; NS 31/449. NS 19/382, Bl. 231; vgl. Myllyniemi, Neuordnung, S. 237. Ebd., Bl. 224. In einer Rede vor Generälen in Sonthofen im Mai 1944 traf Himmler die feine Unterscheidung zwischen »germanischen Junkerschulen« und »Waffenjunkerschulen«: »Die Letten und Esten gliedern sich in Divisionen, sogenannte Waffendivisionen der SS ein. Ihre Jugend kommt zu uns auf unsere Unterführerschulen, kommt zu uns soweit sie rassisch entspricht, auf germanische Junkerschulen und ohne sie zu kränken, auf Waffenjunkerschulen, soweit sie rassefremd von uns ist«: Geheimreden, S. 208. MA Prag, 10.SS-Division Estland, k. 1. Im »germanischen Ausbildungslager« Sennheim wurden gelegentlich allerdings auch »nicht-germanische Freiwillige« aufgenommen; so erhielten hier die für die SS-Freiwilligen-Division Galizien ausgewählten Feldgeistlichen 1943 eine militärische Grundausbildung von etwa 6 Wochen: NS 19/1785 Bl. 85; vgl. Mounine, Cernay, S. 417 ff. NS 19/382 (8.9.43). Myllyniemi, Neuordnung, S. 233-242; Scholten, Sprachverbreitungspolitik, S. 260; Handrack, Reichskommissariat Ostland, S. 148. Aly/Heim, Vordenker der Vernichtung, S. 427. MA Fbg. N 756/60c, Divisionsbefehl für die Ausbildung Nr. 16, vom 1.1.1945. NS 31/449, Bl. 8. Ebd. Bl. 4 f.; siehe auch Harten, Himmlers Lehrer, S. 413, zu Ziegler ebd. S. 152. Sturm, Die lettische Legion (2001), S. 49. MA Fbg, RS 3-15/20. Himmler fand das auch »insgesamt richtig«, wünschte aber für alle Bataillone eine Besoldung in drei Stufen, damit die Möglichkeit bestünde, sich hinaufzuarbeiten oder zurückversetzt zu werden: NS 19/382 (Januar 1943). NS 31/448, Bl. 17. Prieberg, Musik im NS-Staat, S. 408 f.; Harten, De-Kulturation, S. 238 f. »Intime Beziehungen« waren auch mit den »Ostarbeitern« (Kennzeichen »Ost«) aus den ehemaligen Ländern der Sowjetunion verboten, allerdings mit einer weniger rigorosen Begründung: weil sie 20 Jahre »mit sowjetischer Propaganda überschüttet« worden seien. Angehörige der übrigen Völker des Ostens, Südostens, Südens und Westens seien nicht gekennzeichnet und unterlägen keinen einschränkenden Bedingungen, Vermischungen sollten aber »aus Gründen der Reinerhaltung unseres Blutes« ebenfalls vermieden werden, »da sie entweder zu den slawischen oder den
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romanischen Völkern« gehörten, also zwar als »artverwandt«, aber »nicht stammesgleich« galten. Als Sonderfall wurden noch die Tschechen genannt: Tschechen, die intime Beziehungen zu deutschen Volksgenossen unterhielten, müssten sofort der Polizei gemeldet werden. Mitt.bl. Gruppe B, BdO Breslau Nr. 41, April 1944 (IPN, GK 875/26). Scholten, Sprachverbreitungspolitik, S. 300 ff. NS 31/450, Bl. 65. Das Dokument ist ohne Autor und ohne Datierung. Im gleichen Aktenbestand befindet sich ein Konzept von Rudolf Hippius mit dem Titel »Psychologische Unterlagen zur Frage der Bevölkerungslenkung in der Ukraine«, das Ludwig Eckstein im März 1945 an Hans-Willi Ziegler weiterleitete. Hippius war Professor für Völkerpsychologie und Mitarbeiter der Reinhard-Heydrich-Stiftung in Prag. In dem Text ließ er sich auf 7 Seiten über die Psychologie der Ukrainer aus: ebd. Bl. 52 ff. Zu Hippius und den Arbeiten der Heydrich-Stiftung in der Spätphase des Krieges siehe Weidemann, Reinhard-Heydrich-Stiftung (2000), S. 60 ff. und 82 ff. RG-15.011, reel 11, f. 157 (10.5.44, 25.5.44, 13.7.44). Es handelte sich um die Schuma-Bataillone 203, 211 und 252. RG-31.096, reel 5 (1536-1-1), Bl. 56, 24.6.1942; reel 4 (1151-1-147a), Bl. 38. Im Schriftverkehr des BdO Ukraine wurde seitdem der Ausdruck »politische Betreuung« verwendet. In dem Runderlass waren auch Esten und Letten eingeschlossen. Dazu weiter unten S. 524 f. NS 2/82, Bl. 217 ff.; Heinemann, Rasse, S. 445. Dieckmann, Litauen, S. 523. Am 6.12.1942 befahl Himmler, aus den lettischen und litauischen Schutzmannschaften je 1000 Männer »rassisch nach SS-Maßstäben bei schärfster Prüfung und politischer Überprüfung« auszuwählen, die dann auf deutsche Polizeibataillone verteilt werden sollten (NS 19/382). Stang spricht von einem Programm »ideologischer Germanisierung und SS-ifizierung«: Kollaboration und Massenmord, S. 184 f. Siehe auch Kott, Rekrutierung der Waffen-SS (2012). Die Abt. VI, Nr. 8/April 1944, S. 7 ff. und S. 28 f. Die Tagung fand vom 14. bis 17.8.1944 in der von Prof. Dr. Alexander Nikuradse-Sanders geleiteten Stelle für »Kontinentaleuropäische Forschung« statt: R 6/258. »Bei der Landarbeitererfassung und Zuführung ist in erster Linie die polnische und ukrainische Polizei zu verwenden«: R 70 Polen/180 (undatiert). In einer Anordnung des HSSPF Krakau vom 17.6.1940 wird die »Wahrnehmung des allgemeinen polizeilichen Dienstes« als Aufgabe der polnischen Polizei bestimmt (ebd.). Zu den Tätigkeiten und Aufgabenfeldern der polnischen Polizei siehe z. B. die Berichte des Stadt- und Kreishauptmanns für Kielce aus den Jahren 1942 und 1943, in: IPN, GK 652/46-48. So zum Beispiel bei der »Aussiedlung« der Juden von Wodislaw oder bei der »Verfolgung von Juden« bei Jedrzejow im November und Dezember 1942: IPN, Gk 652/48 t. 1, Bl. 37 und 75. Der Aktenbestand enthält Dokumente über Anforderungen von Gewehrpatronen durch die polnische Polizei bei den deutschen Dienststellen. Zum Schusswaffengebrauch kam es hauptsächlich bei der Verfolgung von Kriminellen und bei »frei umherlaufenden« und tollwutverdächtigen Hunden. In der Regel wurden jeweils nur wenige Patronen verbraucht; eine Ausnahme bildete der Verbrauch von 32 Patronen bei der »Verfolgung von Juden« bei Jedrzejow und 174 Patronen bei der Aktion in Wodzislaw. Borodziej, Terror und Politik, S. 34. Ebd. S. 36. Mit dem Hinweis auf eine Polizeischule für polnische Anwärter im Distrikt Krakau in der Zeitschrift Deutsches Recht (11/1942, S. 2326) dürfte Neu-Sandez gemeint gewesen sein. Zur Sipo-Schule Bad Rabka Hempel, Pogrobowcy kle̜ski (1990), S. 134 f.; siehe oben S. 134 f. Pohl, Judenverfolgung, S. 92; Finder/Prusin, Collaboration in Eastern Galicia (2004), S. 103; Rich, Armed Ukrainians (2014), S. 277 f. Nach Sandkühler nahm die Lemberger Schule den Betrieb am 1. November 1941 auf; Vorläufer-Schulen in Cholm und Przemysl wurden stattdessen geschlossen: Sandkühler, »Endlösung« in Galizien, S. 79. Studenten der Schule waren an der Liquidierung des Lemberger Ghettos beteiligt: ebd. S. 477; Himka, Organization, S. 17. Zu den Schulen in Lemberg und Neu-Sandez siehe auch den Beitrag »Die polnische Polizei und die ukrainische Hilfspolizei im Generalgouvernement«, in: Die deutsche Polizei H. 1/1942. Zur Schule in Cholm weiter unten S. 517. RG-31.001M., reel 10, f. 24, Bl. 7 (19.7.1942). Kommandeur der Schule war 1942 Major v. Strohne. R 70 Polen/338 (31.3.1940 u. a.); Finder/Prusin, Collaboration in Eastern Galicia, S. 103. Zur Beteiligung polnischer Polizei an NS-Verbrechen siehe etwa Friedrich, Zusammenarbeit und Mittäterschaft in Polen (2003); Gross, Nachbarn (2001); Bajohr/Löw, Tendenzen und Probleme (2015) S. 16 f.; Siepracka, Einstellung der christlichen Polen (2010), S. 366.
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Ausführlich hierzu Musial, Die Brutalisierung des Krieges (2000). Struve, Herrschaft, S. 392 f. StA Lublin 515/82 (24.11.1939), 515/84 (15.2.1940; 26.2.40) und 515/87 (18.11.1939); BA: R 52-III/43 (2.7.1940). Verordnungsblatt für das Generalgouvernement Teil I, 1940 Nr. 6, 4.12.40 (S. 343); IPN, GK 648/1. R 19/334, Bl. 17 und 24 ff. In einem Schreiben wurde sogar davon ausgegangen, dass die Hälfte der Offiziere Funktionäre oder Mitarbeiter nationalpolnischer Organisationen waren: GK 105/260; Borodziej, Terror und Politik, S. 36 ff. Zur ambivalenten Beurteilung der polnischen Polizei siehe auch Seidel, Deutsche Besatzungspolitik (2006), S. 81 ff. Zamojszczyna Bd. 2, S. 474. IPN, GK 656/1 (7.9.43). Bereits Anfang 1943 hatte der HSSPF Krüger von einem Überfall auf eine polnische Polizeiwache berichtet. Die Polizisten hätten sich nicht verteidigt, sondern ergeben und seien deshalb nach Entscheid Himmlers erschossen worden; die Familien wurden verhaftet und in ein KZ überstellt: NS 19/2648, Bl. 172-174. Siehe oben S. 422 f. Auch Adam Hempel gibt in seiner Darstellung zur polnischen Polizei keine Hinweise auf weltanschaulich-politische Unterrichtsinhalte. Danach standen auf dem Ausbildungsplan der polnischen Kriminalpolizei beispielsweise neben fachspezifischen und militärischen Inhalten lediglich Instruktionen über die Organisation der deutschen Behörden und Ämter sowie eine Einführung in »das neue Strafrecht«: Hempel, Pogrobowcy kle̜ski (1990), S. 135. StA Katt. 119/3745, Bl. 34. RG-15.033, reel 1, f. 17, Bl. 85 (28.9.1942). IPN, GK 646/108 (1.6.43). IPN, GK 656/1. Hempel, Pogrobowcy kle̜ski, S. 74 f. Ebd. IPN, GK 652/50 t. 1, Bl 33 und 276. IPN, Gk 652/46, Bl. 306 und 308 f. Siehe z. B. die Weisungen des KdG Lublin für die polnische Polizei vom 16.6.1940 (R 70 Polen/33) oder die Befehle des KdO Radom zur Ausbildung in der Kommandosprache (IPN, GK 656/1, Bl. 54). »Der Dienstunterricht im Heere für Volksdeutsche. Ausgabe deutsch-polnisch«: Hempel, Pogrobowcy kle̜ski, S. 98; GK 656/1, Bl. 84. IPN, Gk 656/1. Auch für die polnische und ukrainische Kriminalpolizei wurde ein planmäßiger Deutsch-Unterricht eingeführt; die Teilnahme war Dienstpflicht. Siehe die Beispiele Radom und Kielce in IPN, Gk 105/6. In Kielce erteilte eine polnische Lehrerin den Unterricht. Golczewski, Kollaboration in der Ukraine, S. 158 ff.; Wasser, Himmlers Raumplanung, S. 99 ff. Die Besserstellung der Ukrainer Ostgaliziens gilt auch insbesondere für die Schul- und Bildungspolitik. Siehe dazu Hansen, Schulpolitik als Volkspolitik (1994), S. 379 ff.; Harten, De-Kulturation und Germanisierung, S. 237 ff.. Finder/Prusin, Collaboration in Eastern Galicia, S. 108; Dean, Polen in der einheimischen Hilfspolizei (2003) S. 359. Pohl, Judenverfolgung in Ostgalizien, S. 277 f. RG-31.001, reel, f. 43. RG-15.011, reel 22, f. 291, Bl. 36 und 60. Zu Weissmann siehe auch oben S. 469. – Unter den Gehaltsund Reisekostenabrechnungen für die polnische und ukrainische Polizei in Zamosc findet sich der Hinweis auf die Abordnung eines Polizisten zu einem Lehrgang in Cholm auf Befehl des KdG; der Lehrgang begann Anfang Januar 1941 und dauerte 6 bis 7 Wochen: IPN, GK 655/7. Die Listen enthalten auch Hinweise auf »Dienstreisen« im Zusammenhang mit »Sondereinsätzen«. Finder/Prusin, Collaboration, S. 104. Einen Beleg dafür geben die Autoren allerdings nicht; die Anordnungen für die Anwärterlehrgänge in Lemberg enthalten keine Hinweise auf einen weltanschaulichen Unterricht: RG-31.001, reel 10, f. 24. Allerdings waren die Polizeischulen für Ukrainer in Lemberg und Rowno 1942 bereits stark von der OUN unterwandert, die sie für eigene nationalistische Propaganda nutzte. Die Deutschen suchten die OUN von den Schutzmannschaften fernzuhalten, hatten dabei aber nur bedingt Erfolg. Die OUN rief ihre Mitglieder dazu auf, sich für die
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ukrainische Polizei anwerben zu lassen, um von deren militärischer Ausbildung zu profitieren: Himka, Ukrainian Nationalists (2011); Bruder, OUN, S. 184. Sandkühler, »Endlösung« in Galizien, Anm. S. 477. In einem Schreiben aus dem Jahr 1944 ist von »Hilfspolizisten« als »Freiwilligen der deutschen Polizei« die Rede, die »Volksdeutsche und Fremdvölkische« aus den eingegliederten Ostgebieten, dem Generalgouvernement, Elsaß, Lothringen, Luxemburg und Oberkrain umfasste: R 19/326, Bl 18. Offenbar wurden aber auch im Generalgouvernement 1942 zwei Schuma-Bataillone aus volksdeutschen Ukrainern aufgestellt; 1943 wurden zwei, 1944 acht weitere Bataillone gebildet: Tessin u. a., Waffen-SS und Ordnungspolizei, S. 579 f. und 646 f. Ein Merkblatt der Sicherheitspolizei für die Führer der Einsatzkommandos vom 17.7.1941 sah bereits die Möglichkeit vor, dass »im Bedarfsfall« zuverlässige Personen als »Hilfspolizeibeamte« eingestellt werden könnten: Birn, Kollaboration und Mittäterschaft, S. 304. Schnellbrief Heydrichs an die Einsatzgruppenleiter vom 30.7.1941, abgedruckt in: Angrick u. a., Besatzungsherrschaft, S. 82-84. In Himmlers Befehl vom 25.7. war von Ukrainern, Baltenländern und Weißruthenen sowie »örtlich noch vorhandenen Männern und nicht-kommunistischen Kriegsgefangenen« die Rede. Russen blieben nach diesen Anordnungen vorerst ausgeschlossen: R 19/326; vgl. Birn, Kollaboration, Anm. S. 304. R 19/326 (31.7.1941). Ebd. (6.11.1941). R 19/464, Bl. 169; R 70 Polen/166 (8.1.1942); vgl. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 191. 1943 bestanden etwa in Weißruthenien 55 Gendarmerie- und 72 Schuma-Posten, die von der Gendarmerie kommandiert und beaufsichtigt wurden: Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 192 u. 205; vgl. Haberer, German Police and Genocide (2019), S. 19 für Weißrussland. Siehe auch RG-11.001 M. 15, reel 80 (Fd. 1323-1-50); RG-31.096, reel 9 (1182-1-3: 8.12.1941). Dean, Soviet Ethnic Germans (2010). Siehe Schema S. 482. Bruder, Die Organisation Ukrainischer Nationalisten (2007), insbes. S. 127 ff. und 160 f.; Finder/Prusin, Collaboration in Eastern Galicia (2004); Musial, Brutalisierung, S. 277. Siehe z. B. Himka, Lviv Pogrom (2011), S. 229. Kott, Rekrutierung der Waffen-SS (2012). Matthäus, »Weltanschauliche Erziehung«, S. 321. Bubnys, Die litauischen Hilfsbataillone (2003); vgl. Heine, Ermächtigung (2003); Stang, Kollaboration und Massenmord; Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 308-10. Dieckmann, Litauen, S. 514; Bubnys, Hilfsbataillone. R 19/119 Bl. 409 und 435; R 2/12158, Bl. 124. Zahlen bei Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 389 und Pohl, Ukrainische Hilfskräfte (2002); zu Litauen Dieckmann S. 519 f. und 508. Ein Bericht vom November 1942 nennt eine Zahl von insgesamt 161 000 Schutzmännern (R 2/12158 Bl. 102). Genaue Zahlen sind schwer zu ermitteln, weil die Verhältnisse ständig im Fluß waren und nicht immer klar ist, auf welche Gebiete sich die Zahlen beziehen. Die Gesamtzahl von 100 000 einheimischen Hilfskräften (»Schuma«) wurde im Oktober 1941 vom BdO Rowno als voraussichtlicher Bedarf für das Generalkommissariat Ukraine geschätzt. Genaue Zahlen liegen für die Bezirke Kiew und Shitomir aus dem Jahr 1942 vor; danach meldete der KdO Kiew einen Bestand von 1120 reichsdeutschen Polizisten und 6907 Schuma-Kräften, der KdO Shitomir meldete 1016 reichsdeutsche und 4324 einheimische Kräfte; der weitaus größte Teil der Schuma entfiel jeweils auf die Gendarmerie (5000 bzw. 3924). In einer anderen Aufstellung des KdO Shitomir werden insgesamt 4699 Polizeikräfte genannt, davon gehörten 3709 den Schutzmannschaften an (R 19/121 Bl. 49 und Bl. 487). Eine Aufstellung vom Juli 1942 für die Generalkommissariate Ostland und Ukraine weist eine Zahl von insgesamt rd. 131 800 Schuma- und Hilfs-Schuma-Angehörigen auf; dazu kamen über 33 000 Feuerschutzmänner (R 19/266). Ein Bericht Dalueges über die Kräfte der Ordnungspolizei vom Februar 1943 nennt bereits die Zahl von insgesamt 300 876 Schuma-Kräften einschließlich Angehörigen der Schuma-Bataillone in den gesamten Ostgebieten (R 19/375). Haberer (German police in Belorussia, 2001) schätzt, dass die deutsche Gendarmerie auf 10- bis 20mal stärkere Schuma-Kräfte angewiesen war, um ihre Sonderaufgaben erfüllen zu können. Ähnlich dürften die Verhältnisse bei der Sicherheitspolizei und dem SD gewesen sein. So gehörten beispielsweise dem SD in Minsk 1943 lediglich 150 deutsche Beamte und SSMänner an, denen 1100 Einheimische (Balten, Volksdeutsche und Weißrussen) gegenüberstanden
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(Bericht des Sturmbannführers Dr. Strauch auf der Minsker Arbeitstagung im April 1943: R 93/20; vgl. Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 187). In: RG-18.002M, reel 10, f. 62. Der Bericht ist nicht datiert, dürfte aber frühestens Ende 1942 verfasst worden sein, da er die Entsendung ausgewählter lettischer Schutzmänner zur Weiterbildung an die Polizeischule Riga erwähnt, die erst im Herbst 1942 eröffnet wurde. Ebd. StA Katt. 807/198, Bl. 125; RG 15.033 reel 1, f. 17, Bl. 57 f. RG-26.031, reel 1 (R 683-2-13). Ebd., Bl. 46-48. RG-18.002, reel 10, f. 62. Ebd., reel 11, f. 71. So ging beispielsweise das Rundschreiben des BdO Ostland, besondere Taten und Ereignisse »in frischen und spannenden Kurzaufsätzen unter besonderer Betonung des Haltungsmäßigen« zu schildern, auch an die Kommandeure der lettischen Schuma-Bataillone: ebd. (7.1.42). Die Feststellung Deans, mit der antisemitischen Indoktrinierungsarbeit sei erst im Herbst 1942 begonnen worden, als die meisten Ghettos bereits liquidiert worden waren, lässt sich daher nicht aufrechterhalten (Dean, Collaboration, S. 73). RG-31.096, reel 4: Rundschreiben des BdO für die Ukraine vom 18.5.1942. Auf dem Verteiler standen allerdings nur die Litauischen Schuma-Bataillone 11 und 17. RG-18.002, reel 10, f. 62 (KdO Riga 29.6.42). RG-31.096, reel 4 (1151-1-147a); reel 5 (1536-1-1), Bl. 56, 24.6.1942. Ebd. HStA München, Inn-73335, f. 5 (9.2.1942). Ähnlich zum Beispiel das Rundschreiben des Polizeischulungsleiters beim BdO Hamburg vom 7.2.1942 zur Zusammenstellung einer Sammlung von Ansichtspostkarten, um den in den besetzten Ostgebieten eingestellten Schutzmännern eine Vorstellung von Deutschland – «Landschaft und Siedlung” – zu vermitteln; unter anderem sollten die Regierungsbezirke Schleswig 20, Lüneburg und Aurich jeweils 15, Bremen 10 und das Land Oldenburg 25 Karten beisteuern: StA Bremen 14, 13/1-P.1.b Nr. 222. R 20/24, Bl. 37 (19.8.42). Siehe z. B. KdO Shitomir 18.9.1942: RG-31.096M. reel 5 (1536-1-1) Bl. 56. RG-11.001M.15, reel 81, f. 222 (4.8.42). Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 488. RG-11.001.M15, reel 81, f. 222 (10.2.43) Bl. 23; 31.10.42, Bl 18. Lower, Nazi empire-building, S. 137; Dean, Collaboration, S. 73. RG-26.031M., reel 1 (683-2-13, Bl. 55-57). Vermutlich handelte es sich um ein Konzept für die Polizeischule von Vilnius, die im Spätherbst 1942 eröffnet wurde (Dieckmann, Litauen, S. 523). Reivytis hatte Kriminologie in Berlin und Kaunas studiert; er unterstützte Joachim Hamann bei der Vernichtung der litauischen Juden: Suziedelis, Collaboration in Lithuania (2004), S. 349 f. RG-22.014M., reel 40, f. 515, Bl. 15-18. RG-11.001.M15, reel 81, f. 222. Die Lehrgangsteilnehmer der Schule wurden im April 1943 beim »Unternehmen ›Draufgänger‹« eingesetzt: Curilla, S. 731. Die Polizeischule Wilejka wird auch in einer Abhandlung »Die Schutzmannschaft« vom April 1944 erwähnt: IfZ, Fb 104/2. R 94/8 Lageberichte des Gendarmeriegebietsführers Brest-Litowsk. RG-26.031M., reel 1 (»Der Aufbau der litauischen Polizei«; »Organisation«). Die Schutzmannschaften folgten den Deutschen nicht bedingungslos, wie Dieckmann schreibt: Offenbar desertierte nahezu jeder fünfte der litauischen Schutzmänner. Insgesamt wurden in Litauen 26 Bataillone mit 12 000 bis 13 000 Mann aufgestellt, von denen etwa 2300 desertierten: Dieckmann, Litauen, S. 528. Die Unzufriedenheit hing auch damit zusammen, dass ein großer Teil der Bataillone außerhalb Litauens eingesetzt wurde. RG-11.001M.15, reel 80, f. 219 (1241-1-55, Bl. 15 ff.). RG-18.002M, reel 11, f. 71 (9.4.42). Die Prügelstrafe kam zwar etwa im Rahmen der Zwangsrekrutierungen von Arbeitskräften zur Anwendung, die Durchführung blieb aber zumeist der einheimischen Polizei überlassen. Siehe z. B. für die Ukraine Penter, Die lokale Gesellschaft im Donbass (2003). Die Entscheidung für den Ausbau war allerdings schon im Herbst 1942 getroffen worden. Seit dem Frühjahr 1942 fanden in Berlin und Umgebung bereits Schulungskurse statt, in denen sowjetische
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Kriegsgefangene zu Propagandisten ausgebildet wurden, im November 1942 wurde ein Schulungslager für »russische Freiwillige« in Dabendorf bei Berlin errichtet, 1943 organisierte die Propagandaabteilung in Minsk Schulungskurse für einheimische Propagandisten; Anfang 1944 wurde noch eine Rednerschule bei Baranowitschi eröffnet: Quinkert, Propaganda und Terror, S. 105 ff. Text u. a. in R 6/140. Quinkert, Propaganda und Terror, S. 291. RG-11.001M.15, reel 81 (1323-1-223). Quinkert, Propaganda und Terror, S. 354 ff., Zit. S. 356. R 90/158. Die Propagandaarbeit konzentrierte sich hauptsächlich auf einheimische Lehrer und Polizisten. RG 11.001M.15, reel 81, fo. 222, Bl. 27. Siehe zum Beispiel den Bericht über die Deutschlandfahrt vom 11./12.7.1943 und den Plan für die Propagandaarbeit im Gebiet Baranowitschi für August 1943 (ebd.). Zu den Deutschlandfahrten siehe auch Quinkert, Propaganda und Terror, S. 303 f. RG-11.001M.15, reel 81, f. 222, Bl. 27 f. RG-53.002, reel 13, f. 1277 (2.11.43). R 19/333. – Der »Weißruthenische Zentralrat«, im Dezember 1943 vom damaligen Generalkommissar von Gottberg durch die Zusammenfassung verschiedener Beratungsgremien errichtet, war vor allem für Schulwesen, kulturelle und soziale Angelegenheiten zuständig und sollte den Kern einer künftigen Selbstverwaltung bilden. Leiter war der Studienrat Radoslaw Ostrowski, der auch nach 1945 im US-amerikanischen Exil sein Amt als »Präsident des Weißrussischen Zentralrates« fortführte. Aus der »Weißruthenischen Heimatwehr« ging Anfang 1945 die 30. Waffen-SS-Grenadierdivision hervor: Gerlach, Kalkulierte Morde, S. 211 f. R 19/333 (23.2.44); »Die Schutzmannschaft«, Minsk 10.4.1944: IfZ, Fb 104/2. Der für die Schuma zuständige Oberst Klepsch beklagte bereits auf einer Arbeitstagung des Generalkommissars in Minsk im April 1943 den chronischen Mangel an einheimischem Führungspersonal und berichtete von mehreren Führerlehrgängen des KdO, die aufgrund unzulänglicher Auslesearbeit durch das weißruthenische Selbsthilfewerk nur schlechte Erfolge gezeitigt hätten: R 93/20. Allgemein zur Propagandaarbeit in Weißrussland Quinkert, Propaganda und Terror. RG-31.002, reel 3, f. 312. R 90/158. Rich, Reinhard’s Footsoldiers, 2001; Benz, Handlanger der SS (2015); Black, Trawniki-Männer (2004); Pohl, Trawniki-Männer. Steinhart, The Chameleon of Trawniki, 2009, S. 245 f. Der Anteil der Volksdeutschen in Trawniki lag bei etwa 15%: Benz, Handlanger, S. 49. Black, Footsoldiers, 2011. Daneben bestand 1941/42 auch eine Ausbildungskompanie mit Ukrainern in Auschwitz: Lasik, Organisationsstruktur des KL Auschwitz (1999), S. 342 ff. Angelika Benz lässt die zahlreichen Hinweise auf eine weltanschauliche Schulungsarbeit in Trawniki bei Black außer Acht und zitiert nur eine Nachkriegsaussage, in der ein weltanschaulich-politischer Unterricht verneint wurde. RG-18.002M., reel 10, f. 5 (3.10.41). Ebd., reel 2, f. 62. Ebd., reel 10, f. 21 und 22; reel 17, f. 17; R70 Sowjetunion/147. Ende 1941 setzte sich die Libauer Revierpolizei zu 60% aus ehemaligen Soldaten und zu 40% aus Angehörigen der ehemaligen Polizei Lettlands zusammen, »also allesamt Männer mit Erfahrungen im Polizei- und Militärdienst und entsprechend zu erwartender Disziplin.« Reichelt, Lettland unter deutscher Besatzung, S. 344. Felder, Lettland im Zweiten Weltkrieg (2009), S.158. Siehe oben S. 524. RG-18.002M., reel 10, f. 22. Schulungsinhalte werden nicht genannt. Zit. n. Reichelt, Lettland unter deutscher Besatzung, S. 121. Vestermanis, Der lettische Anteil an der »Endlösung«, S. 437; siehe auch oben S. 486. Hierzu und zum Folgenden die Zeitungsberichte in RG-18.002M., reel 10, f. 21. Jüngerkes, Besatzungsverwaltung in Lettland (2010), S. 154. Jüngerkes, Besatzungsverwaltung in Lettland (2010), S. 185 ff. Als van Tonningen im September 1942 erneut ins Ostland reiste, fand er in Weißruthenien bereits zwei holländische Musterbetriebe vor.
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Ziel war, im Ostland Mustergüter zu errichten, die als Schulungsbetriebe für zukünftige niederländische Siedler dienen konnten (ebd. S. 188). Zu diesen Plänen auch Bosma, Verbindungen zwischen Ost- und Westkolonisation (1993); Fahlbusch, Westdeutsche Forschungsgemeinschaft (2003); Wasser, Himmlers Raumplanung, S. 197. Bevor er Gouverneur der Nationalbank wurde, war Rost van Tonningen Schulungsleiter der nationalsozialistischen Bewegung (NSB) in den Niederlanden. 1942 gründete er die niederländische Oost-Compagnie, um die niederländische Beteiligung an den Siedlungsvorhaben in den besetzten Ostgebieten zu fördern. Bei dem in der Zeitung »Kurländisches Wort« wiedergegebenen Text dürfte es sich um eine Rückübersetzung ins Deutsche gehandelt haben; vgl. Dieckmann, Litauen, S. 522 f. Himmler hatte am 31.8.1942 befohlen, dass alle Schutzmannschaften den folgenden Eid abzulegen hatten: »Als Angehöriger der Schutzmannschaft schwöre ich, treu, tapfer und gehorsam zu sein und meine Dienstpflichten, besonders im Kampf gegen den völkermordenden Bolschewismus gewissenhaft zu erfüllen. Für diesen Eid bin ich bereit, mein Leben einzusetzen. So wahr mir Gott helfe.« (R 19/304, Bl. 222); vgl. Dieckmann S. 522 f. RG-18.002 reel 10 f. 21: Kurländisches Wort Nr. 253, 31.10.1942. Ebd., Kurländisches Wort 166, 20.7.1943. RG-18.002M., reel 30, f. 189, Bl. 69. Ebd., reel 30, f. 189, Bl. 69 ff. Ebd., reel 10, f. 71. Ebd., reel 30, f. 4. Aufgrund von Erlassen des BdO vom Mai und Juni 1942 ordnete der KdO Riga am 29.6.1942 den Versand der Mitteilungsblätter Gruppe B auch an die Schuma und einen damit verbundenen Unterricht durch die Verbindungsoffiziere an. Die Schuma dürften die Blätter aber auch schon vorher erhalten haben; so ging ein Rundschreiben des BdO vom 7.1.1942 zur Mitarbeit an den Mitteilungsblättern B auch bereits an einen Schuma-Bataillons-Kommandeur: ebd., reel 10, f. 62. RG-18.002M., reel 10, f. 62 (26.11.1942). Felder, Lettland im Zweiten Weltkrieg, S. 274. Grelka, Ukrainische Nationalbewegung, S. 395; Golczewski, Kollaboration in der Ukraine, S. 157 und 167. Zit. n. Grelka, S. 396. Zit. n. Grelka, S. 391. Kochs Vorstellungen entsprachen weitgehend Hitlers eigenen Ideen zur Beherrschung der Völker des Ostens: Picker, Hitlers Tischgespräche S. 102 ff. und 246 ff.; Grelka S. 391 f. RG-31.096, reel 9, f. 3, Bl. 58. Ebd., reel 4 (1151-1-147a). Zwei Exemplare der Mitteilungsblätter des BdO Ukraine aus dem Jahr 1943 (Heft 13 und 14) sind im Bundesarchiv Berlin erhalten: RD 207/25. Vgl. Lower, Nazi empire-building, S. 137 und Anm S. 253 f. RG-31.096, reel 4 (1151-1-147a, Bl. 38). RG-31.096M., reel 4 (1151-1-147a), Bl. 46 f. Picker, Hitlers Tischgespräche, S. 69 f. RG-31.002M., reel 12, f. 318. Im gleichen Aktenbestand finden sich Dokumente über eine Deutschland-Reise ukrainischer Schöffen und Richter sowie Materialien über Lehrgänge und Schulungen von Propagandarednern durch Angehörige des Ost- und Propagandaministerums. Ebd. (20.8.42) RG-31.096M., reel 4 (1151-1-147a), 18.9.1942. Lower, Nazi empire-building, S. 138. Nach Pohl war die Mehrzahl der Schuma im Generalkommissariat Shitomir am Judenmord beteiligt: Pohl, Ukrainische Hilfskräfte, S. 219. RG-31.096M., reel 4 (1151-1-147a), Bl. 64. RG-53002, reel 5 (658-1-1), 19.8.1943. RG-31.096M., reel 4 (1151-1-147a), 14.10.42. Ebd., 8. und 12.10.1942. Ebd. Bl. 62; vgl. Lower, Nazi empire-building, S. 138. Matthäus, Die »Judenfrage« als Schulungsthema, S. 82. Über die Ermordung der Juden von Berditschew Christ, Dynamik des Tötens (2011). RG-31.096M., reel 4 (1151-1-147a), Bl. 62. R 70 Sowjetunion/21 (12.5.41).
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ANMERKUNGEN ZU S. 545-554
Radchenko, Ukrainian Auxiliary Police (2013), S. 72 f. Lower, Nazi empire-building, S. 137 f.; Dean, The German Gendarmerie (1996), S. 179; ders., Collaboration in the Holocaust, S. 73. Zum Wortlaut des Eids siehe oben S. 538. R 20/24, Bl. 19 Ebd. (18.6.42). Das PB 122 war zuvor in Lothringen stationiert, siehe oben S. 382 ff. Die beiden PB wurden im Sommer 1942 für den »Anti-Partisanenkampf« im Raum Mogilew-Bobruisk eingesetzt und sollten zu diesem Zweck durch Ukrainer-Einheiten verstärkt werden. Die Ukrainer-Unterführerschule unter Leitung von HStuf. und Polizeihauptmann Karl Dietrich bestand schon Anfang 1942: Curilla, Baltikum und Weißrussland, S. 707. Zum Schuma-Bataillon 57 ebd. S. 404 ff. Dem Polizeimeister, der »mit dem Osten vertraut« war, standen zwei ukrainische Ausbilder als Hilfskräfte zur Seite. Der Beitrag enthält keine Informationen zum Inhalt der Ausbildung, nur die »deutsche Disziplin« wird hervorgehoben: Die deutsche Polizei H. 17, 1941, S. 307. »Treu – tapfer – gehorsam. Ukrainische Schutzmannschaft in unserer Ausbildung«, von SS-Kriegsberichter Rolf Schwertfeger. In: Die deutsche Polizei 1943, H. 20. Nicht erwähnt wird in dem Artikel, dass die Kandidaten für die Schutzmannschaften zuvor auch von Rasseprüfern des RuSHA auf ihre Eignung hin untersucht wurden. Isabell Heinemann erwähnt entsprechende Beispiele aus dem Raum Kiew: Rasse, S. 445. Ähnliche Musterungen fanden auch in anderen besetzten Gebieten statt; vgl. z. B. den Abschlußbericht über die rassische Musterung von Polizei-Anwärtern im Protektorat Böhmen und Mähren vom Februar 1943: R 59/55. Dean, Collaboration, S. 73; Lower, Nazi empire-building, S. 137. Golczewski erwähnt eine »SchumaGebietsschule«, die im August 1943 im Gebiet von Dnipropetrovsk errichtet, wegen des Vormarschs der Roten Armee aber schon im September 1943 wieder aufgegeben werden musste: ders., Ukrainische Schutzmannschaften (1988), S. 190. 1942 bestand eine Unterführerschule für Ukrainer in Mogilew: R 20/24. RG-31.096M; reel 4 (1151-1-147a), Bl. 110, 20.8.42. Siehe die Themenzusammenstellung bei Dean, Collaboration, S. 73; Lower, Nazi empire-building, S. 132. W. Lower, ebd. Dean, Soviet Ethnic Germans (2010). RG-53.002M., reel 5 (658-1-1), 6.6.1942. ebd., Richtlinien vom 5.5. und Anweisungen für das Gendarmerie-Gebiet Wassiljewitsch 5.6.42. RG-31.096M., reel 9 (1182-1-3), Bl. 99 ff. Offenbar wurde der Plan auch umgesetzt, denn in Dokumenten vom September 1943 wird eine »Höhere Schuma-Schule« in Puschtscha-Wodiza bei Kiew erwähnt: RG.31.001, r. 8 (R 35-12-97). Auch in dem schon erwähnten Bericht von Schwertfeger über einen Unterführerlehrgang für ukrainische Schutzmänner ist von Gebietsschulen, auf denen eine erste Auswahl getroffen werde, und einer Hauptschule mit 4monatigen Lehrgängen die Rede; Schwerttfeger schreibt aber nichts über die weltanschaulich-politischen Unterrichtsinhalte, sondern hebt nur die »deutsche Disziplin«, deutsche Kommandosprache und die militärische Ausbildung für den Bandenkampf hervor: Die deutsche Polizei H. 20, 1943, S. 412. RG-31.096M., reel 9 (1182-1-3), Bl. 105 (25.10.42). Ebd., Bl. 102 (16.4.43). NS 31/450. Zur »Zeitschrift für ostländische Schutzmannschaften« Das neue Europa siehe auch den Hinweis in »Nationalsozialistische Führung 4/44, S. 35 (NSD 41/12) und bei Doebel, Weltuntergang (2005).
Materialien 1 2 3
Mit einem Anhang »Können Völker sterben?« Aus: SS-Schulungsbrief OA Weichsel, Ausgabe 4/5. StA Katt. 119/4643, Bl. 204 f. Ebd., 119/3747 bis 3751
Anhang Abkürzungen BA Bundesarchiv BdO Befehlshaber der Ordnungspolizei BdS Befehlshaber der Sicherheitspolizei BKA Bundekriminalamt DAI Deutsches Auslands-Institut DNVP Deutschnationale Volkspartei EG Einsatzgruppe Ek Einsatzkommando EWZ Einwandererzentrale FAD Freiwilliger Arbeitsdienst FHA SS-Führungshauptamt Gestapo Geheime Staatspolizei Gestapa Geheimes Staatspolizeiamt GG Generalgouvernement GK Generalkommissar(iat) HA Hauptamt H.Abt. Hauptabteilung HdP Hochschule der Polizei Münster-Hiltrup HfL Hochschule für Lehrerbildung HSSPF Höherer SS-und Polizeiführer HStA Hauptstaatsarchiv IdO Inspekteur der Ordnungspolizei IdS Inspekteur der Sicherheitspolizei IfZ Institut für Zeitgeschichte IKL Inspektion der Konzentrationslager IMT International Military Tribunal KdF Kraft durch Freude KdG Kommandeur der Gendarmerie KdO Kommandeur der Ordnungspolizei Kdr. Kommandeur KdSch Kommandeur der Schutzpolizei KK Kriminalkommissar Komp. Kompanie KTB Kriegstagebuch LA Landesarchiv Napola Nationalpolitische Erziehungsanstalt ND Nachrichtendienst NKWD (sowjetisches) Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten NS Nationalsozialismus NSFO Nationalsozialistischer Führungsoffizier NSLB Nationalsozialistischer Lehrerbund NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
634 OA OKW Orpo ORR OUN PAB PB Pg. PID Pol. PSL PV RAD Rd.erl. Ref. RFSS RK RKF RPA RPB RSHA RuS; RS RuSHA Schuma Schupo SD SHD Sipo Sk SSO SSPF SS-HA StA Stapo Stuba TV UWZ VPS WE WF WS ZSt.
ANHANG
Oberabschnitt Oberkommando der Wehrmacht Ordnungspolizei Oberregierungsrat Organisation ukrainischer Nationalisten Polizeiausbildungsbataillon Polizeibataillon Parteigenosse Politischer Informationsdienst Polizei Polizeischulungsleiter Polizeiverwaltung Reichsarbeitsdienst Runderlass Referent, Referat Reichsführer SS Reichskommissar(iat) Reichskommissar für die Festigung des deutschen Volkstums Rassepolitisches Amt Reservepolizeibataillon Reichssicherheitshauptamt Rasse- und Siedlungswesen Rasse- und Siedlungshauptamt Schutzmannschaft Schutzpolizei Sicherheitsdienst Sicherheitshilfsdienst Sicherheitspolizei Sonderkommando SS-Officer SS- und Polizeiführer SS-Hauptamt Staatsarchiv Staatspolizei Sturmbann Totenkopfverbände Umwandererzentrale Verstärkter Polizeischutz Weltanschauliche Erziehung Weltanschauliche Führung Weltanschauliche Schulung Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen
QUELLEN UND LITERATUR
635
Quellen und Literatur Bei Signaturen ohne Nennung des Archivs handelt es sich um Signaturen des Bundesarchivs Berlin oder des United States Holocaust Memorial Museums. Für die Personenbezogenen Akten des ehemaligen BDC (Berlin Document Center) im Bundesarchiv habe ich die alten Signaturen (SSO = SS-Officer-Akten, RS = RuS-Akten usw.) verwendet. Mikrofilme aus dem Archiv des United States Holocaust Memorial Museums (USHMM) sind nur mit »RG« benannt.
Bundesarchiv Berlin: NS 2/39, 51, 64, 82, 93, 100-102, 132, 151, 187 NS 6/821 NS 12/1416b NS 19/281, 382, 449, 1669, 2648, 3582, 4004 NS 21/329 NS 22/897, 1135 NS 31/1, 4, 5, 252, 375, 450 NS 31 II/14,15 NS 33/44 NS 34/79 NS 47/36 NS 69/401 R 2/12203, 12208a, 12155, 12158 R 6/140, 258 R 19/5, 5a bis f, 97, 116, 119, 121, 143, 157, 232, 238, 244, 248, 263, 265, 266, 271, 273, 281, 284, 304, 305, 308, 311, 325, 326, 333-336, 375, 377, 380, 381, 385, 390, 391, 423, 435, 460, 461, 596, 688, 722, 723, 764, 774, 2780 R 20/23-25, 30, 50, 51, 60-71, 74, 76-78, 80, 88, 95, 97, 98, 105, 125, 140, 150, 155, 157, 162, 165, 172, 217, 235, 236 R 36/166 R 52-III/43 R 58/239, 241, 243, 259, 262, 270, 565, 779, 780, 781, 825-827, 840, 844, 848, 849, 927, 991, 993, 2354, 3950, 6074, 6291, 6483, 6528, 6649, 7038, 7044, 7082, 7122, 7166, 7238, 7363, 7392, 8087, 9112, 9663, 9704 R 59/55 R 70 Böhmen und Mähren/1, 2, 3 R 70 Lothringen/2, 4, 21, 34, 35, 40, 44, 45, 122, 133 R 70 Luxemburg/4 R 70 Niederlande/4 R 70 Norwegen/33 R 70 Polen/33, 80, 166, 233, 338, 338, 394, 400, 401, 402, 403, 180, 187, 188, 679, 684 R 70 Sowjetunion/20, 21, 34, 43, 147 R 90/158 R 91/288 R 93/20 R 94/8 R 1501/3776, R 1501/127370a ZA I 5883 ZB 6649 A. 3, ZB 6766, ZB 7049 A. 5
636
ANHANG
ZR 535 A. 4, ZR 550/1, ZR 921 Bd. 2 NSD 41/22 RD 18/2; 18/15-2; 207/25; 221/3 BDC 106.55; 78.01 Personenbezogene Dateien: ehem. BDC: SSO (SS-Officer), RS (RuS-Akten), PK (Parteikorrespondenz), RK (Reichskulturkammer), DS; OGK (Ortsgruppernkartei) SS-Listen
Bundesarchiv Koblenz: NL 1265/6
ZSt. Lbg = Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg: AR-Z 269/60 B 162/1143 (=II 213 AR 1902/66) B 162/7054 (= AR-Z 43/1967)
MA Fbg = Bundesarchiv/Militärgeschichtliches Archiv Freiburg: RS 3-4/15, 43, 49 und 71 RS 4/291; 420 RS 5/937 N 756/60c Mikrofilme: M 261 A 18; M 266 A 18; M 267 A 12; M 734 A 7, A 19; M 765 A 26
BBF = Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin: Personaldateien
HStA/Hauptstaatsarchiv Bremen: 4, 13/1-P.1.b 163; 222 7, 1066-340 171 Akte I bis III, 251
HStA/Hauptstaatsarchiv Darmstadt: 1912 A Nr. 21/3 R 1 B, 5668 G 12 B A Nr. 41/5
StA Fbg = Staatsarchiv Freiburg: F 75/1-306 bis 321 W 307 Nr. 922
StA Hbg = Staatsarchiv Hamburg: 331-1, I/173, 177, 1483, 1484, 1487, 1501 bis 1504, 1509, 1572, NSDAP – K 2
QUELLEN UND LITERATUR
StA Hann = Staatsarchiv Hannover: Hann. 122a, Nr. 2623 bis 2631, Mf 1511 bis 1523 87 Acc. Hannover 92/84 Nr. 161 180 Hildesh. Nr. 840
LA NRW = Landesarchiv Nordrhein-Westfalen (Abt. Duisburg): RW 33-2; 33-5; 34-9; 36-5, 36-7; 37-11, 37-12, 37-19
GLA Karlsr = Generallandesarchiv Baden: 1588; 465d/56
StA Lbg = Staatsarchiv Ludwigsburg: K 110/42, 50 PL 506-1, 4, 5, 16 EL 903/1 Bü. 220
HLA/Hauptlandesarchiv Magdeburg: C 20 Ib-4191
StA/Staatsarchiv Marburg: 327/2b 112, 113
HStA München = Bayerisches Hauptstaatsarchiv: Inn 73331, f. 1, f. 2, f. 5 Polizeischule Fürstenfeldbruck (Ffbr) Nr. 20, 118, 120, 179
StA Old = Staatsarchiv Oldenburg: 136/18606, 18607, 18619, 18744 bis 18746, 18761 Old. 262-1G
StA/Staatsarchiv Stade: Rep. 180P-1101
HStA Stuttg = Hauptstaatsarchiv Stuttgart: E 151/03 Bü. 569, 636, 1089, 1090, 1099, 1173
HStA/Hauptstaatsarchiv Weimar: Personalakte Volksbildungsministerium 12411 (Hotzel). Reichststatth. Thür. 134, 137, 139, 141, 142, 144, 154 Thür. Min. d. Inn. P 53
637
638
ANHANG
StA Wolf. = Staatsarchiv Wolfenbüttel: 12 Neu 13/15133 bis 15137; 15455
IfZ = Institut für Zeitgeschichte München: Fb 104/2 Mikrofilme MA 366, 398, 418, 421, 432 bis 435
USHMM = United States Holocaust Memorial Museum, Washington: RG-11.001M.01 (RSHA): reel 1, 13 u. 14 RG-11.001M.15 (deutsche Polizei in den besetzten Gebieten), reel 80 u. 81 RG-13.002M. (KdS Estland): reel 2 RG-15.007M. (RSHA): reel 9 RG 15.011M. (KdG Lublin): reel 11 u. 22 RG-15.033M. (PV Sosnowitz): reel 1, 3, 4 u. 6 RG 18.002M. (Lettland): reel 8, 10, 11, 17 u. 30 RG-22.014M. (versch.), reel 40 RG-26.031M. (Orpo Litauen): reel 1 RG-31.001M. (KdS/SSPF Lemberg): reel 2, 8 u. 10 RG-31.002M.(RK Ukraine): reel 3 u. 12 RG-31.096M. (GK Shitomir): reel 4, 5, 8 u. 9 RG-48.008M. (NA Prag): 0087 u. 135 RG-53.002M. (KdG Shitomir): reel 5 u. 13
NARA = National Archives Washington: RG 242/T 175, r. 230 u. 247
NIOD = Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie Amsterdam: 077-1718; 077/296
NA Prag = Staatsarchiv Prag (Státní ústrední archiv v Praze): URP 307, I-1d 6204 URP dodatky I, kr. 82; kr. 86 URP 301 (Fds. 211) URP 1215; 1216; 1221 sg.109-8/41
MA Prag = Zentrales Militärarchiv Prag (Vojenský ústrední archiv): 10.SS-Division Estland, k. 1
IPN = Institut des Nationalen Gedenkens Warschau (Instytut Pamieci Narodowej): GK 105/6 GK 105/260 GK 646/108
QUELLEN UND LITERATUR
639
GK 648/1 GK 652/46-48 GK 652/50 t. 1 GK 655/7 GK 656/1 GK 693/1 GK 720/1 GK 755/9, 175 GK 757/1143, 1101 GK 812/302 GK 827/6 GK 875/8, 26 Ld 1/340 Ld 1/7771
StA/Staatsarchiv Posen (Archiwum Panstwowe Poznan): 1008-12 1020-4 1025-1, 2, 3 1029-6 1232-4, 5 1235-4, 58, 64, 69, 70, 73 bis 77, 229 1238-10, 15
StA Katt = Staatsarchiv Kattowitz (Archiwum Panstwowe Kattowice): Sygn. 807: Doss. 183, 185, 193, 195, 198, 199, 200, 201, 204 Sygn. 119: Doss. 40, 80, 225, 235, 1622, 2197, 2328, 3277, 3730, 3741 bis 3754, 3757, 3760, 3808, 3831, 4033, 4038, 4056, 4036, 4038, 4180, 4248, 4314, 4347, 4573, 4643 bis 4645, 4651, 4654, 4657, 4659
StA/Staatsarchiv Lublin (Archiwum Panstwowe Lublin): Sygn. 515, Doss. 21, 82, 84, 87, 108, 122, 142, 147 Zeitschriften, Amtsschriften, Kalender: MBliV, ab 1936 RMBliV = Ministerialblatt für die Preußische innere Verwaltung; Ministerialblatt des Reichs- und preußischen Ministeriums des Inneren; (Reichs-)Ministerialblatt für die innere Verwaltung Bef.bl. Chef Sipo/SD = Befehlsblatt des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD Bef.bl. Chef Orpo = Befehlsblatt des Chefs der Ordnungspolizei IMT/Nürnberger Prozesse = International Military Tribunal: Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof 14. Oktober 1945 bis 1. Oktober 1946, 42 Bde., Nürnberg 1947-1949. Der Deutsche Polizeibeamte; Die deutsche Polizei Die Deutsche Polizei. Taschenkalender für die Sicherheitspolizei (1941) Die Deutsche Polizei. Taschenkalender für die Schutzpolizei des Reiches und der Gemeinden und Verwaltungspolizei (1941)
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ANHANG
Sächs. Verw.bl. = Sächsisches Verwaltungsblatt Verordnungsblatt für Lothringen Die Abteilung VI. Nachrichtendienst zur Führung der weltanschaulichen Erziehung. Hg. SSHauptamt (NSD 41/5) Deutsches Recht PID = Politischer Informationsdienst Schriftenreihe für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei Mitt.bl. = Mitteilungsblätter für die weltanschauliche Schulung der Ordnungspolizei, Gruppe A und B SS-Leitheft u. a.
LITERATUR
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PERSONENREGISTER
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Personenregister Albert, Wilhelm 52 f., 96-98, 562, 526, 568 Albrecht 544 f. Alnor, Walter 537 Alpers, Friedrich 176 Altendorf, Heinz 227, 258 f., 359 f., 602 Altendorf, Oswald 366, 374, 592 Amberger, Ludwig 289-291, 594 Arajs, Viktor 133 Astel, Karl 175 f. Augsberger, Franz 594 Augsburg, Emil 144, 577 Augustin, Günther 578 Axt 258, 483 Bach-Zelewski, Erich von dem 358 Baeumler, Alfred 233 f. Bähr, Ludwig 280, 593 Balke 447, 450-459 Ballensiefen, Heinz 83, 119 Balthasar, Edgar 257, 259, 392, 592 Bang, Paul 82, 439, 484 Bangerski(s), Rudolfs 538 Bartsch, Georg 175, 580 Bathe, Rolf 236, 369 Baumann, Martin 372 Bayer, Otto 181, 308 Becker, Hans 298 Becker, Herbert 467 Bedritzki/Bjedritzky 530 f. Beek, Gottfried zur 177, 302 Behrends, Hermann 124 Behringer, August 122 Berg, Alf 122 f., 163, 573 Berger, Friedrich 289-292, 295, 578, 594 Berger, Gottlob 115, 251, 253, 396, 503, 562, 587 f. Bergh, Ernst van den 36, 560 Bergmann, Heinrich 104, 569 Berkelmann, Theodor 605 Best, Werner 45, 51 f., 54 f., 87, 97, 99, 109, 129, 145, 159, 161, 179, 316 Bestmann, Herbert 376, 594 Beyer, Herbert 123, 573 Biegelmeyer, Ewald 569 Bittner, Herbert 46 Blobel, Paul 146 Block, Magnus 223 Blum, Günther 176
Blunck, Hans Friedrich 174 Böhmer, Rudolf 96, 568 Bomhardt, Adolf von 588 Bonatz, Wilhelm 46, 561 Borchers, Karl 292, 376, 594 Borchert, Alfred 228, 588 Bose, Carl 33-35 Bourier, Karl 278, 593 Brand, Curt 298, 595 Brandstädter, Fritz 564 Brendel, Alfons 502 f. Brügmann, Arnold 123, 573 Brügmann, Hans 567 Brummerloh, Helmut 110, 570 Buchegger, Karl 411 Buhr, Ferdinand de 104, 569 Burck, Erich Wilhelm 185, 244, 582 Bürger, Karl Heinz 185 Burkart, A. 258, 297, 300 f., 370, 595, 603 Burmester, Karl 81 Buss, Daniel 98, 103, 111, 143, 162, 570 Bussinger, Gottlieb 64, 132, 138, 146, 163, 564, 574, 577 Butschkow, Heinrich 186, 582 Caesar, Joachim 73, 127, 181 f., 185, 225, 227, 251, 306, 580, 588 Castagne, Fritz 578 Churchill, Winston 255 f., 463 Class, Carl 386, 607 Clauss, Ludwig Ferdinand 283, 496, 578 Cremer, Johann 235, 258 f., 490 f., 493 f., 580, 589, 592 Cromwell, Oliver 403-405 Crost, Heinrich 181 f., 257, 259, 582, 592 d’Angelo, Karl 131, 163 Daeumling, Heinrich 144 Daitz, Werner 295 f. Daluege, Kurt 42, 165, 176, 182-184, 186, 210, 229, 233, 248, 266, 271, 308, 356, 365, 390393, 479, 518, 578 f., 586, 612, 622 Daniels, Herbert Edler von 99 f., 115, 117, 131, 571 Dannecker, Theodor 89 f., 124 f., 127, 573 Darré, Reichard Walter 78, 81, 177, 184, 243, 275, 289, 305, 553, 558 Dauphin, Ludwig 607 Degenhardt, Paul 444
658
ANHANG
Depprich/Depperich, Paul 386 Dethof, Hermann 470, 615 Dickopf, Paul 120, 572 Dietrich, Fritz 485 f., 537 f., 617 Dietrich, Karl 626 Dietrich, Sepp 238 Dittel, Paul 81 Dobers, Ernst 302, 436, 595, 612 Doctor, Karl/Carl 258-260, 592 Dongus, Walter 286 Dörnte, Erwin 73, 93, 144, 263, 576 Drayss, Theodor 386 Dressler-Andress, Horst 363 Drexel, Max 64, 93, 99, 103, 108, 142, 149, 152-158, 162, 577 f., 605 Duffner, Hans 128, 567 Dürre, Konrad 177 Dwinger, Edwin Erich 237, 393, 430, 440, 590 Ebrecht, George 179, 185 Eckstein, Ludwig 306, 562, 595, 620 Egerter, Anton 132, 574 Ehlers, Erich 81, 119 Ehlich, Hans 73, 125, 127 f. Ehrlinger, Erich 125, 144, 572 Eibner 488-490, 617 Eichmann, Adolf 73, 89 f., 124 f., 127, 147, 564 Eichstädter, Albert-Leo 212, 257 f., 260, 279, 582, 592 Eickstedt, Egon von 505 Einnolf, Heinrich 372 Eisenbarth, Peter 64 Elling, Georg 110, 119, 142, 149, 570 Endres, Hans 103, 159, 162, 567, 578 Endres, Klaus/Claus 258, 260, 278, 592 Engel, Siegfried 73, 94, 100 f., 103, 108-110, 116, 126, 128 f., 142, 149, 158, 162, 570, 573 Engert, Karl 372 Erbt, Wilhelm 177 Estenfeld, Heinrich 48, 120, 572 Evert, Emil 82, 94 f., 565 Eweler, Heinrich 48, 120 f., 572 Fahnenschreiber, Paul 186, 258, 260 f., 467, 469-471, 580, 592, 609 Falk, Ernst-August 377, 605 Falter, Franz 374 Feder, Gottfried 177 Feldmann, Friedrich 111, 570 Fetzer 434 Fick, Ernst 251, 587 f.
Fischer, Gerhard 291 Fischer, Hans 106, 108, 116 f., 142, 570, 572 Flade, Hans 180 Fleischmann, Georg 46, 111, 570 Flug, Otto 211, 585 Folkerts, Gerhard 101, 103, 115, 133, 142, 149, 162, 571, 576 Framenau, Kurt 258, 261, 297, 305 f., 370, 458, 580, 592, 595, 603 Frank, Richard 485-487, 521, 537 f., 617 Frank, Hans 135, 355, 470, 507, 601 Franke, Alfred 222 Franke-Gricksch, Alfred 81 Franz, Hermann 317 Frauendorfer 174 Frick, Wilhelm 248, 493 Friebel, Wilhelm 258, 261 f., 592 Friedrichs, Heinz F. 604 Fritsch, Theodor 177 Fritzsche, Hans 476 Fuhrmann, Kurt 291 f., 594 Fuhse, Georg (?) 306, 604 Funck, Heinrich Wilhelm 121, 146, 163, 572, 577 Ganzer, Karl Richard 68 Gehl, Walther 83, 168, 222, 305, 579 Gehrmann, Heinz 569 Gengenbach, Karl 73, 127 Gierlichs, Rudolf 372, 604 Gieseler, Wilhelm 121, 505 Gilles, Werner 587 Gindel, Willi 101, 103, 110, 115, 142, 162, 570 Glattes, Lothar 207, 283-286, 388, 584 Glatzel, Norbert 566 Globke, Hans 584 Globocnik, Odilo 135, 592 Gnade, Hartwig 367 f. Goebbels, Joseph 23, 237, 244, 248 f., 320, 351, 438, 440, 476, 478, 480, 484, 486, 488-490, 492, 496, 522, 527, 530, 558, 590, 607 f., 616 f. Goebel 424, 436 Görhard, Werner 258, 595 Göring, Hermann 44, 166, 296, 411, 553 f., 561 Gornickel, Werner 567 Gottberg, von 624 Gracht, Hans 302 Graf, Jakob 305
PERSONENREGISTER
Gräfe, Heinz 138 Gramatinsch 537 Grau, Wilhelm 301 Graucob, Karl 301 Greiser, Alfred Max 500 Greite, Walter 248 Groß, Walter 174 Grünwald, Hans-Dietrich 209, 585 Gschwend, Wilhelm 102, 569 Güldenzopf, Hermann 386, 607 Gunia, Otto 121, 572 Günther, Hans F. K. 78, 81, 161, 173, 177, 189, 198, 207, 222, 275, 282, 305, 415, 496, 502, 505, 578, 585 Gürtler, Heinz 78, 119 Guse, Felix 585 Gutekunst, Paul 73, 146, 163, 577 Gutensohn, Wilhelm 212, 257 f., 260, 262, 277 f., 582, 592 f. Gwosdz, Rudolf 98 f., 103, 108, 142, 162, 570 Haag, Herbert 300, 595 Haase, Willi 175, 580 Haase 442 f., 455 Hagemann, Arno 317 Hagen, Herbert 89 f., 124, 126 Hahnzog, Ferdinand 469 Hamann, Joachim 64, 520, 563, 618, 623 Hammer, Erich 103, 115, 128, 129, 142, 149, 162, 571, 576 Hanelt, Gustav 592 Hanner, Karl 286 Hannibal, Heinrich 374, 604 Harms, Bernhard 560 Härtel, Max 257, 262 f., 582, 589, 592 Hartl, Albert 73, 80 f., 90 f., 122, 124, 127, 147, 159, 163, 296, 564, 567, 577 Hartmann, Horst 174-177, 181, 185, 580 f., 592 Hass, Karl 119 Hauer, Rolf 293 Hauer, Jakob Wilhelm 109, 158 f., 161, 567, 578, 594 Haushofer, Karl 586 Haussmann, Emil 154 Haynberg, Walter 82 Heckmann, Wilhelm 257 f., 263, 582, 589, 591 f. Heigl, Josef 233, 258, 263 f., 582, 589, 591 f. Heinemann, Emil 464
659
Heinemann, Hans 258, 264, 379, 381, 592 Heise, Karl 485 Heißmeyer, August 114, 233 Heizmann, Karl 212, 593 Hellwig, Otto 47 f., 118, 120, 131, 139, 143, 163, 572, 575 Helwes, Hans 359, 604 Henschel, Theodor 283 Hentig, Hans von 559 Henze, Albert 301, 595 Herbert, Georg 278 Herbst, E. 571 Herbst, Friedrich-Wilhelm 99, 103, 112, 128, 142, 162, 570 Hermann-Lejeune 233 Herrmann, Günther 63, 121, 139, 143, 567, 576 Herz, Hermann 144, 163, 577 Henzler, Reinhold 381 Heydrich, Reinhard 25, 45, 47 f., 51-53, 55 f., 60, 64, 74, 89, 92 f., 96 f., 101, 107, 115-118, 120, 122, 124, 129, 140, 145, 147, 157, 161, 215, 329, 342, 518, 561 f., 565-568, 576, 622 Heyse, Karl 181 f., 257, 264 f., 279, 589, 591 f. Hildebrandt 488 Hilger, Paul 566 Hippius, Rudolf 612, 620 Hirschberg, Paul 123, 133, 143, 163, 280 Hirthe, Helmut 144, 163, 577 Hitschler, Konrad 228, 234, 588 Hoffmann, Karl 117 (?), 124 Hoffmann, Wolfgang 367 f., 603 Hohmüller, Walter 84, 566 Höhn, Reinhard 122 Holtz, Günther 505 Horstmeyer, Wilhelm 299, 595 Horthy, Miklós 371, 553 Hotzel, Rudolf 56, 59 f., 78, 98-103, 107 f., 111, 117 f., 142 f., 150-152, 156, 158, 162 f., 563, 568, 572, 577 Hubig, Hermann 73, 94, 103, 113 f., 128, 138, 142, 149, 162, 571, 576 Hüls, Wilhelm 584 Hummitzsch, Heinz 127, 144, 576 Jacob, Fritz 617 Jacobs 539 Jacobsen, Rudolf 185, 282 Jahn, Bruno 236, 369 Jakobson, E. 537 f.
660 Jankuhn, Herbert 121 Jansen, Werner 174, 199 Janssen 457 f. Jeckeln, Friedrich 384, 485, 539 Jilski, Herbert 209 John, Johannes 566 Jonak, Gustav 81 Jordan, Wilhelm 301 Jurjans, Andrejs 537 Kaisen, Wilhelm 570 Kaltenbrunner, Ernst 83-85, 565 f. Karpp, Willi 257 f., 265, 380, 592 Kasper, Herbert 283 f. Katzmann, Fritz 135, 325, 397, 418, 598 Kehrer, Walter 155, 157, 577 f. Kemmerich, Rolf 299 Kernholt, Otto 177 Kieckbusch, Karl 295 f. Kielpinski, Werner von 128 Klagges, Dietrich 222 Kleffel, Adolf 470 Klingelhöfer, Waldemar 138, 575 Klingemann, Gottfried 122 f., 163, 573 Knieriem 306 Knigge, Hans-Joachim 73, 94, 103, 110 f., 119, 130, 142, 162, 567, 570 Knittel, Kurt 612 Knochen, Helmut 127 Knofe, Oskar 186 Knopp, W. 121 Koch, Erich 507, 541, 625 Koch, Hans 540 Köhn, Walter 236 Kolan, Walter 290 f., 594 Kompus, Paul 104, 136 König, Herbert 181 f. Konopath, Hanno 578 Kopff, Helmut 235, 386 f., 589, 607 Kopp, Walter 295, 595 Koschorke, Helmuth 393 f., 581 Kosinna, Gustaf 83, 305 Kramer, Otto 282 Kraus, Heinz 73, 94, 130, 567 Krause, Eugen 134, 575 Krellmann, Paul 248 Krieck, Ernst 60, 151, 233 Kroh,Oswald 288 f., 594 Kropp, August 227 f., 257 f., 265 f., 280, 379 f., 582, 589, 591 f.
ANHANG
Krüger, Hans 134, 575 Krüger, Karl 257, 266, 582, 589, 592 Krzykowski, Karl 178, 580 Kuhfahl, Albert 300, 302, 595 Kühhas, Alois 228, 234, 588 Kuhlmann, Wilhelm 566 Kühn, Robert 258, 266, 379, 382, 386, 592 Kuhr, Johann Josef 349, 601 Kummer, Bernhard 582 Kunzmann, Willi 280 f., 593 Lagarde, Paul de 305 Lammers, Paul 298 Landgraf 600 Langenberg, Karl 371, 603 Leers, Johann von 174, 177 f. Leetsch, Johannes 127, 144 Leichtweiß, Rolf 293, 296, 594 Lenz, Fritz 268, 496 Lettow-Vorbeck, Hans Albert von 92, 184 Levin, Rudolf 119 Lichte, Karl 600 Lichtenegger, Hans 121, 133 f., 565, 572, 575 Lie, Jonas 502 Lienau, Walter 181 Ließem, Reiner 209 Lietzau, Karl 521, 522, 524, 536 Linnemann, Felix 47, 118, 561 f. Lippe, Friedrich Wilhelm Prinz zur 578 Lippert, Walter 291 f., 376, 594 Litt, Theodor 36 Loba, Kurt 115, 571 Löbus, Erich 94, 567 Löffler, Hermann 148, 211, 577 Looß, Helmut 149 f., 577 Lossen, Oskar 180 Mäe, Hjalmar 136, 575 Mahnke, Horst 119 Maier, Franz 282 Maly, Hans 46, 99, 103, 112, 143, 162, 570 Mandel, Hermann 578 Männel, Hannsjoerg 68, 70 Marquier, Reginald 227 f., 588 Maurer, Johann 135 Maurer, Paul 281, 593 Maurer, Wilhelm 135 Mehringer, Friedrich 81, 119, 585, 593 Mergenthaler, Christian 38 Messerschmidt, Hermann 207, 222 Metzner, Karl 386, 607
PERSONENREGISTER
Metzsch, Horst 211 Meyer, Fritz 300, 303 Meyer, Hannes 122 Miksch, Rudolf 319 Mildebrath, Lothar 257, 266 f., 582, 592 Mildenstein, Leopold von 124 Misch, Georg 585 Moeller van der Bruck, Arthur 275 Möller, Eberhard Wolfgang 174 Montua, Max 356 Muellner, Johann 589 Mühler, Rolf 91, 127, 573 Müller, Heinrich 45, 73, 127, 562 Müller, Karl Alexander von 568 Mülverstedt, Arthur 317 Mutschler, Karl 587 Mylius, Paul 81 Nebe, Arthur 45, 87 Neesse, Karl Gottfried 121 Nehlig, Eduard 386, 606 f. Neill, Alexander S. 337 Neuert, Werner 176 Nickol, Alfred 73, 94, 102, 123 f., 126-129, 134, 163, 564, 573 Niederer, Georg 281 Niekerke, Hermann 235, 332, 398 f., 589, 609 Nietzsche, Friedrich 186, 247, 292, 578 Nikuradse-Sanders, Alexander 620 Nissen, Adolf 303 Nockemann 145 Nohl, Herman 211, 585 Nord, Walter 333 Noßke, Alfred 154-156, 577 Noweck, Friedrich 235, 589 Oberborbeck, Felix 176 Oberländer, Theodor 299, 595 Oebsger-Röder, Rudolf 138, 575 Ogilvie, Hans 113, 571 Ohlendorf, Otto 127, 144, 155, 562 Olfenius, Karl 174, 204, 383, 584, 606, 609 Osterieder, Heinz 578 Otto, Gerhard 90 f., 567 Pancke, Günter 295 f. Panzinger, Friedrich 81, 84 Pastenaci,, Kurt 83 Pawelka, Alfred 446, 448, 458, 613 Pechau, Manfred 94, 103, 114, 138, 142, 149, 162, 571, 576
661
Peters, Hermann 327 Peters, Kurt 571 Petersen, Ernst 372 f., 604 Petersen, Peter 267, 592 Pfahler, Gerhard 288 f. Pfoser, Alfons 111, 570 Phleps, Hellmuth 283 f. Pieken, Albertus 604 Plantius, Heinrich 349, 472, 601 Platzhoff, Walter 381 Pohl, Erich 593 Pohl, Werner 257, 265, 267, 379 f., 582, 589, 591-593 Pöhls, Werner 363, 603 Pommer, Otto 282 Pötsch, Walter 178 Pralle, Wilhelm 291, 293 Proch, Walter 134 f., 575 Proeschold, Ludwig 181 Pudelko, Alfred 236, 248 Quaas, Herbert 300, 303, 306, 595 Rabe, Karl 134 Rasack, Ed. R. 244, 258, 297, 301, 370 Raubenheimer, Karl-Heinz 258, 268, 593 Raulien, Fritz 233, 235, 257 f., 268, 582, 589, 591, 593 Rauter, Albin 502 f. Rehberg 483 Reichert, W. 228, 344, 588 Reivytis, Vyautas 523, 527, 623 Rennau, Heinz 101-103, 108, 114, 119, 128, 133, 143, 162, 570, 574 Reschke, Erich 144, 163, 577 Richter 437, 440 Richter, Hans 81, 248 Richter, Rudolf 82 Riebel, Gerhard 602 Riedweg, Franz 619 Rieffert, Johann Baptist 114, 559, 572 Rill, Robert 607 Ritter, Robert 574 Rittsteiger, Johann 257, 269, 593 Ritzer, Konrad 209, 585 Rogge, Heinz 82, 565 Roosevelt, Franklin D. 25, 230, 243, 255, 381, 403, 463, 478 Rosenbaum, Wilhelm 134 f., 575 Rosenberg, Alfred 57, 78, 81, 173, 175, 177, 275, 393, 429 f., 478, 488, 527, 582, 616
662
ANHANG
Roesner, Ernst 121 Rösinger, Ludwig 188, 207 f., 257, 269, 280288, 388, 582, 589, 591-593 Roßner, Ferdinand 295 Rössner, Hans 73, 126, 128, 573 Rost van Tonningen, Meinoud 538, 625 f. Rüdiger, Karl-Heinz 233 Ruffing, Otto 206, 344, 389, 584 Rumler, Günther 258, 269 f., 379 f., 593 Runge, Friedrich Wilhelm 182 Russack, Walter 301 S’akowitsch, J. 527 f. Sandberger Martin 56, 78, 98-104, 107, 112 f., 116, 118, 135 f., 141, 153, 162, 568-570, 572 Sander, Gerd 372 Sartorius, Herbert 291 f. Sattler, Karl 292-296 Sauckel, Fritz 176, 390 f. Schaeffer, Werner 302 Schäfer, Walter 278 Schaffner, Jakob 83 Schänzlin, Hermann 99, 103, 115, 143, 162, 571 Scheel, Gustav 99, 107, 109, 116, 122, 153, 569, 572 Scheer, Josef 427, 429, 435, 441 f., 592, 611 Scheerer 286 Schegg, Hermann 222, 227 f., 233, 257, 270 f., 593 Schellenberg, Walter 51-55, 57, 92, 97, 117, 138, 562 f., 568 Schering, Walther M. 211 Scheu, Fritz 73, 94, 130, 567 Scheurenberg 387 Schick, Hans 81 Schickedanz, Arno 177 Schiedermair, Rolf 608 Schieritz, Hans-Joachim 212, 276, 279, 585 Schill, Richard 290-292, 509, 594 Schinke, Gerhard 211 Schlake, Robert 587 Schlitter, Otto 571 f., 604 Schlömer, Robert 371 Schmelt, Albrecht 416 f., 434 f., 452 Schmidt, Carlo 107 Schmidt, Friedrich 566 Schmitz, Heinz 283-285, 287, 594 Schmückle, Karl 176 Schnittert, Karl 94, 474, 567, 616 Schnitzer, Otto 282 f.
Schoenfelder, Roland 258, 271, 593 Schoengarth, Eberhardt 134 f. Schollenberger, Karl 594 Scholtz, Walter 446 Scholtz-Klink, Gertrud 562 Schönemann, Werner 564 Schönel 293 Schönerer, Georg von 238 Schrader, Otto 110 f., 570 Schramm, Hubertus 293, 296 Schrewe, Ernst 301, 595 Schröder, Erich 124 Schroeder, Stefan 302 Schubert, Willi 223 Schuh, Willy 567 Schulte, Gerd 96, 127, 568 Schultz, Bruno K. 384, 606 Schultze-Naumburg, Paul 174, 176, 578 Schulz, Erwin 73, 100-102, 106-110, 116-118, 139-141, 143, 150, 156, 162 f., 371, 565, 570572, 604 Schulz, Fritz Otto Hermann 83 Schulz, Walther 130, 186, 582 Schütt, Werner 181 f., 581 Schwertfeger, Rolf 546, 626 Seeling, Hans 206, 584 Seekel, Friedrich 114, 119 f., 128, 145 f., 163, 571 f., 577 Segeberg 600 Segelken, Heinz 298 f., 595 Seibert, Heinrich 96, 568 Seibert, Theodor 242 Seidensticker 456 Seitz, Heinrich 386 Sepp, Fritz 127 Sievers, Fritz 291 Simon, Gustav 382 Singer 390 Six, Franz Alfred 81, 89, 119, 124 f., 563 Smend, Rudolf 36 Solz, Hermann 386, 607 Sommerlade, Kurt 228, 588 Spengler, Wilhelm 73, 96, 121, 126 f., 147, 163, 573, 577 Spitz, Karl 298 Spranger, Eduard 114, 572 Sprung, Kurt 292, 376 Stalin, Josef W. 237, 244, 376, 414, 463 Stegemeyer, Hans-Dietrich 371, 604
PERSONENREGISTER
Steimle, Eugen 73, 87, 147 f., 152, 163, 577 Stein, Günter 81 Stelzer, Hugo 227 f., 233, 236, 249, 257 f., 271 f., 297, 308, 351, 364, 369 f., 532, 582, 589, 592 f. Stengel-Rutkowski, Lothar 161 Steudle, Emil 82, 119 Stevens, Hermann 223 Stratmann, Hugo 298, 300, 302, 595 Streckenbach, Bruno 56, 64, 73, 99 f., 106110, 116 f., 127, 134, 139 f., 154 f., 562, 565, 568, 572, 575 f. Strobel, Hans 582 Stuckart, Wilhelm 207, 393, 584, 608 Tachabotarewitsch 531 Teufel, Max 282, 594 Theune, Erich 458 Thiele, Johannes 45 f., 561, 565, 571 Thiesen, Otto 301 Thole, Heinrich 185 Thomas, Alfred 100, 103, 111, 143, 162, 570 Thomas, Erwin 248 Thomsen, Harro 103, 112, 143, 162, 571 Timm, Hans-Joachim 257, 272, 380, 593, 605 Timmermann, Richard 257, 272 f., 582, 593 Triloff, Karl 244, 306 Trog, Hermann 82, 94, 565, 567 Trummler, Hans 102, 118, 131 f., 139, 143, 163, 574, 576 Tyarks Johann 299, 595 Unseld, Karl Heinz 181 Vehse, Otto 104 Vietz, Franz 258, 273, 432, 593, 611 Viiding, Arnold 104, 135 f., 572 Vockensohn, Karl 339 f. Vogt, Josef 127 Vogt, Ludwig 369 Vollbrecht, Hans 115, 121, 571 f. Volz, Hans 83 Wagener, Wilhelm 258, 273-275, 288 f., 292295, 297, 399-406, 408 f., 468, 582, 589, 593, 609 Wagner, Richard 177, 250, 538 Wagner, Robert 390, 607 Walkhoff, Fritz 235, 589 f. Weber, Gustav 110 f., 570 Weber, Max 211, 585 Weberstedt, Hans 582, 592 Wedekind, Wilhelm 290 f., 594
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Weibgen, Hans 182 Weigel, Theodor 582 Weinmann, Erwin 81, 144, 576 Weissmann 469, 517, 621 Wendlinger, Johann 429, 432, 611 Wendt, Hans (?) 291 f. Wendzio, Oskar 119-121, 572 Wenner, Wilhelm 180 Werner, Paul 73, 121, 565 Westerkamp, Eberhardt 411 Westermann, Diedrich 215, 341 Wetz, Arthur 121 Wetzel, Gerhard 212, 258, 274, 585, 589, 591, 593 Weygandt, Ernst Adolf 292, 376 Wieckberg, Wolfgang 211 f., 257 f., 274 f., 399, 409 f., 414-416, 582, 585, 589, 591, 593 Wieking, Friederike 562 Wiemann, Helmut 299, 595 Willich, Heinrich 98, 100, 102, 106 f., 116, 143, 162, 566, 568, 570 Wimmer, Karl 224, 587 Wirth, Hermann 161 Wisliceny, Dieter 124 Witt, Karl 258, 275 f., 483 f., 487, 580, 592 f. Wittek, Erhard 431 Wohlauf, Julius 367 f., 378, 603, 605 Wolf, Martin 91, 124 Woelfert, Ulrich 233, 257, 276 f., 416, 427, 429-435, 438-443, 448 f., 455 f., 458, 462, 464 f., 522, 565 f., 582, 589, 591, 593 Woyrsch, Udo v. 139 Wrede, Anton 113, 142, 163, 571 Wrede, Arnold 571 Wrede, Hans 223, 278, 587 Wulff, Hinrich 370-372, 374 f., 595, 603 f. Wullbrandt 474 Zachmann, Ferdinand 122, 124, 573 Zapp, Paul 73, 90 f., 94 f., 100, 103, 109 f., 126, 142, 149, 157-162, 578, 594 Ziegler, Hans-Willi 506, 619 f. Zillmann, Kurt 48, 118, 120 f., 572 Zimmermann, Hugo 235, 589 Zirpins, Walter 48, 100-103, 105, 112 f., 118 f., 121 f., 143, 162, 571 Zöberlein, Hans 238, 431 Zwingelberg, Werner 170, 180, 186, 222, 225228, 231 f., 234, 254, 438, 581, 588 f., 592 Zwickler, Walter 594