Die völkerrechtswidrige Entführung und ihre Rechtsfolgen [1 ed.]
 9783428494644, 9783428094646

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STEPHAN WILSKE

Die völkerrechts widrige Entführung und ihre Rechtsfolgen

Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht Herausgegeben von Thomas Oppermann in Gemeinschaft mit Heinz-Dieter Assmann, Burkhard HeB Christian Kühl, Hans v. Mangoldt, Wernhard Möschel, Martin Nettesheim Wolfgang Graf Vitzthum sämtlich in Tübingen

Band 52

Die völkerrechtswidrige Entführung und ihre Rechtsfolgen

Von Stephan Wilske

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Wilske, Stephan: Die völkerrechtswidrige Entführung und ihre Rechtsfolgen / von Stephan Wilske. - Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht; Bd. 52) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1997/98 ISBN 3-428-09464-6

D21 Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany

© 2000 Duncker &

ISSN 0720-7654 ISBN 3-428-09464-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 91068

Meiner Mutter

Ain't in any university standin' right atop The law's long arm Out in the streets you can get areal view And hope is the charm

Nils Lofgren, "Secrets of the Street"

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der EberhardKarls-Universität Tübingen im Wintersemester 1997/98 als Dissertation angenommen. Für die Drucklegung wurde das Manuskript überarbeitet und fortgeschrieben. Es befindet sich hinsichtlich aller Kernaussagen auf dem Stand September 1998. Meinem Doktorvater und Erstgutachter, Herrn Professor Dr. Hans von Mangoldt, bin ich fiir die strenge wissenschaftliche Erziehung und die kritische Begleitung der Arbeit in den Jahren meiner Assistententätigkeit an seinem Lehrstuhl zu großem Dank verpflichtet. Ebenso bin ich Herrn Professor Dr. Wolfgang Graf Vitzthum fiir die rasche Erstellung des Zweitgutachtens und manchen kritischen und weiterfiihrenden Hinweis sehr dankbar. Den Herausgebern der "Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht", namentlich Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Thomas Oppermann, danke ich fiir die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe. Die Idee zu der Arbeit entstand während meiner Referendarwahlstation im Jahre 1992 bei Herrn Rechtsanwalt und Attorney-at-Law Clemens Kochinke, Berliner, Corcoran & Rowe LLP, in Washington, D.C. Herr Kochinke hat mich auch in den darauffolgenden Jahren bis zur Fertigstellung bei der Materialsuche stets tatkräftig unterstützt, wofiir ich ihm auch an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen möchte. Teile der Arbeit habe ich während meines Studienaufenthaltes an der University of Chicago Law School im Jahre 1995/96 im Seminar von Honorable Diane P. Wood, Richterin am Court of Appeals (7th Circuit), vorgestellt und wertvolle Hinweise von ihr erhalten. Auch hierftir schulde ich Dank. Während meiner Anwaltstätigkeit bei Rogers & Wells, New York, durfte ich auf Unterstützung und Ermutigung von Dr. Johannes K. Gäbel und Klaus H. Jander zählen.

8

Vorwort

Freundliche Unterstützung wurde mir in verschiedenen Phasen der Arbeit unter anderem von Anke Ergenzinger, Thomas Lowski, Alejandro Rossi, Teresa Schiller, Jöm Wöbke und Dr. Andreas Zimmermann sowie Christine Thomas geleistet. Diesen und den zahlreichen ungenannten Freunden, Kollegen und Institutionen weiß ich mich nachhaltig zu Dank verpflichtet. Besonderen Dank schulde ich auch Martin Mogler, der das Manuskript mit einem strengen und kritischen Blick fürs Detail Korrektur gelesen hat. Für alle verbliebenen Irrtümer und formalen Fehler zeichnet ausschließlich der Verfasser verantwortlich. Die Arbeit wurde im Juli 1998 mit dem Preis der Reinhold- und MariaTeufel-Stiftung ausgezeichnet, wofür ich der Stiftung auch an dieser Stelle herzlichen Dank sage. Ebenso herzlich danke ich schließlich dem Auswärtigen Amt in Bonn, das die Publikation dieser Arbeit durch einen Druckkostenzuschuß förderte. Möge der Leser entscheiden, ob die vorgelegte Arbeit der erfahrenen Unterstützung und Förderung auch wert ist. Stephan Wilske

Inhaltsverzeichnis Einleitung ..................................................................................... ....... ...................

27

Erster Teil Die völkerrechtswidrige Entführung A. Der Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entflihrung ......................................

31

I. Einseitiges Handeln. .............................................. ....... ............... .................

33

1. Zuständigkeit flir die Einwi1ligung in extraterritoriale Polizeiaktionen fremder Staaten ............ ................................... ......... ............. ..................

34

a) Einwi1ligung in allgemeiner Form ......................................................

35

aa) formlose Absprachen .................................................... ................

35

bb) völkerrechtlicher Vertrag .............................................................

36

(1) Deutsch-Österreichisches Grenzabfertigungsabkommen (Fall Dr. Löffler) .............................. .......... ............................

36

(2) Andere bilaterale Grenzabfertigungsverträge .........................

39

(3) Übereinkommen zur Durchflihrung des Übereinkommens von Schengen .........................................................................

41

b) Ad hoc-Einwi1ligung ..........................................................................

41

aa) Ausbleibender Protest als Beleg flir vorherige Einwilligung? .....

43

bb) Kriterien flir völkerrechtliche Zuständigkeit ...............................

45

c) Militärische Besetzung .......................................................................

47

2. Mängel der Einwi1ligung .... .................................... ...... ................ ...........

50

a) Kompetenzüberschreitung .............. ............ ........... ........ ......... ..... .......

51

b) Kollusion ........................ ....................... ........... ...... ............................

51

c) Erzwungene Einwilligung ..................................................................

55

d) Einwilligung mittels Bestechung ........................................................

58

3. Kooperation von Organen des Gebietsstaates ......................................... a) Anwendungsbereich freiwilliger Kooperation .......... ................ ..........

60 61

10

Inhaltsverzeichnis b) Kooperation unzuständiger Organe ersetzt nicht Einwilligung ..........

61

c) Kooperation erzeugt Rechtsschein der Einwilligung (Savarkar-Fall)

64

11. Zurechnung der Entführung zu einem Völkerrechtssubjekt ........................

68

I. Zurechnung staatlichen Handeins ...........................................................

69

a) Entführung durch staatliche Organe. ....... ......... ................. ............. ....

69

b) Entführung durch nichtstaatliche Organe im Auftrag oder mit Unterstützung des Staates ............................................................................

72

aa) Entführungen im Auftrag des Staates ......................... ............. ....

72

bb) Entführungen mit Unterstützung des Staates ...............................

75

c) Nachträgliche staatliche Billigung einer Entflihrung durch nichtstaatliche Organe. ............... ............. .......... .................. ......... ............... ....

79

2. Zurechnung staatlichen Unterlassens ....... .............. ...... ......... ........ ..... ....

83

a) Das US-amerikanische bai! bond-System ... ....... .......... ..... .......... .......

83

b) Grenzüberschreitende Tätigkeit der bail bondsmen ..........................

85

c) Keine staatliche Zurechnung für das Tun der bail bonding companies

86

d) Verletzung der völkerrechtlichen Handlungspflicht? ........................

87

IIl. Art der hoheitlichen Tätigkeit des Entführerstaates ........ ..................... ......

89

I. Gleichsetzung von List und Gewalt .......................................................

89

2. Völkerrechtlich zulässiger Einsatz von List ...........................................

96

a) Inlandstätigkeit mit nicht-zielgerichteter Wirkung ins Ausland ........

96

b) Inlandstätigkeit mit zielgerichteter Wirkung ins Ausland .................

97

c) Auslandstätigkeit ...............................................................................

99

aa) Vorherrschende Ansicht .............................................................

99

bb) Neuere Tendenz .........................................................................

101

3. Differenzierung der Rechtsfolgen bei Einsatz von List oder Gewalt .....

103

IV. Schuld ... ........... .......... .................. ........................ ......................................

105

V. Verletzte Rechtsgüter .................................................................................

108

I. Verletzung von Gebietshoheit und territorialer Integrität ......................

108

a) Relevanz der Intensität der Verletzung .............................................

109

b) Mangelnde Kontrolle über das Hoheitsgebiet durch den Inhaber der Gebietshoheit ........ ........... ......... ........... .... ......... ....... ...... ........ ..... ......

112

Inhaltsverzeichnis

11

c) Notwendigkeit des Staatenprotestes für die Erfüllung des Deliktstatbestandes ......................................................................................

114

d) Verletzter..........................................................................................

116

2. Verletzung des Auslieferungsvertrages ....................... ....................... ....

116

a) VS-mexikanischer Auslieferungsvertrag ........ ........ ....... ....................

117

b) Mehrheitsauffassung im V.S. Supreme Court ...................................

119

c) Eigene Auffassung .............................................................................

123

d) Reaktion der Völkerrechtsgemeinschaft ............................................

129

aa) Organisation amerikanischer Staaten ........... ...... ............ ......... ....

130

bb) Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zur willkürlichen Festnahme ..............................................................................................

130

cc) Commonwealth ofNations .........................................................

130

dd) Andere internationale Organisationen .................. ........... ... ........

131

ee) Einzelne Staaten ..........................................................................

132

e) Verletzter ...........................................................................................

136

3. Verletzung internationaler Menschenrechte ...........................................

141

a) Völkervertragsrecht ...........................................................................

143

aa) Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit ............................

143

(1) Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

143

(a) Territorialer Anwendungsbereich des Paktes ..................

143

(b) "arbitrary arrest or detention" .................... ... ..................

145

(c) Ist jede Entflihrung willkürlich? .....................................

147

(d) Praxis des Ausschusses für Menschenrechte ..................

148

(e) Definition von "Willkür" aus Sicht des Festgenommenen

151

(2) Europäische Menschenrechtskonvention ...... ....... .......... ... ....

154

(a) Territorialer Anwendungsbereich der EMRK ................

155

(b) Rechtmäßige Festnahme .................................................

156

(3) Andere regionale Menschenrechtskonventionen ..................

158

bb) Schutz vor Folter, grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ........ ......... ....... .................. .... ..... ... ............. .... ...

159

b) Völkergewohnheitsrecht ....................................................................

162

c) Verletzter .................... .......... ............ ........... ....... .... ....... ..... ..... ...... ....

167

12

Inhaltsverzeichnis aa) Menschenrechtspakte ..................................................................

167

(I) EMRK ............... ....................................................................

168

(2) AMRK .... .... .... ................................. .....................................

170

(3) IPBPR ...................................................................................

172

bb ) Völkergewohnheitsrecht ........................... ................ ..................

173

B. Völkerrechtliche Unrechtsausschließungsgründe ..............................................

177

1. Verwirkung des Einwandes der Verletzung der Gebietshoheit .... ...............

181

Ir. Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen ................. ............................

182

I . "Arrned attack" ......................................................................................

182

a) Drogenhandel als "arrned attack" ............. ...................... ...................

182

b) Terroristische Gewalttaten als "arrned attack" ..................................

188

aa) Umfang der Gewaltanwendung .................. ............... ............ .....

188

bb) Ziel der Gewalt .......................................... .................................

192

cc) Präventive Selbstverteidigung ....................................................

193

(I) Vereinbarkeit mit Wortlaut, Sinn und Zweck des Artikel 51 ...

193

(2) Staatenpraxis ............. ...... .................................................. ....

194

(3) Mögliche Anwendungsfalle ..................................................

194

(4) Abgrenzung: Achille Lauro-Fall...........................................

195

dd) Zurechnung terroristischer Gewaltakte zu Völkerrechtssubjekt .

196

(I) Handeln im Auftrag des Zufluchtsstaates .................... .........

197

(2) Verletzung von Sorgfaltspflichten des Zufluchtsstaates .......

198

2. Verhältnismäßigkeit ...............................................................................

201

III. Rechtmäßige Gewaltanwendung außerhalb von Artikel 51 .......................

203

I. Gewohnheitsrechtliches Selbstverteidigungsrecht .................................

203

2. Begrenzungen des Gewaltverbots ........................................ ........ ..........

204

a) Notstand .................. ..........................................................................

207

aa) Fragestellung ..............................................................................

207

bb) Verzicht auf Einsatz von Gewalt ................................................

208

cc) Einsatz von Gewalt .....................................................................

208

b) Wiederherstellung der internationalen Rechtsordnung .....................

212

aa) EntfUhrung zur Bestrafung schwerer Verbrechen .......................

213

Inhaltsverzeichnis

13

bb) Entftihrung zur Verhinderung schwerer Verbrechen ..................

2\6

(I) Völkerrechtliche Zulässigkeit der humanitären Intervention ...

216

(2) Staatenpraxis ......................... .... ......... ............ .......................

2\9

(a) Intervention in Zentral afrika ...........................................

2\9

(b) Intervention in Äquatorialguinea ............................. .......

2\9

(c) Kriterien ftir die völkerrechtliche Akzeptanz .................

220

IV. Beschluß des Sicherheitsrats nach Kapitel VII .........................................

222

Exkurs: Festnahmen von mutmaßlichen Kriegsverbrechern durch VNoder NATO-Truppen ..................................................................

225

C. Rechtsfolgen der völkerrechtswidrigen Entftihrung ..........................................

228

I. Wiedergutmachung gegenüber dem verletzten Staat ....................................

228

1. Restitution ..............................................................................................

228

a) Notwendigkeit des Restitutionsverlangens ........................................

230

b) Ausschluß der Restitution .................................................................

234

aa) Tatsächliche Unmöglichkeit .......................................................

234

bb) Rechtliche Unmöglichkeit ..........................................................

234

ce) Unzumutbarkeit der Restitution ..................................................

235

dd) Einwendung des Dolo facit, qui petit, quod statim redditurus .....

236

ee) Restitution unter Bedingung der Strafverfolgung durch verletzten Staat ........................ ..............................................................

236

ff) Verwirkung ..................................................................................

238

gg) Verzicht ......................................................................................

239

2. Genugtuung...........................................................................................

240

3. Andere Form der Wiedergutmachung ....................................................

240

11. Wiedergutmachung gegenüber dem Entftihrungsopfer ...............................

24\

I. Verletzung von Artikel 5 EMRK ...........................................................

24\

a) Einfluß der konventionswidrigen Festnahme auf die nachfolgende Inhaftierung......................................................................................

24\

b) Verpflichtung zur Naturalrestitution .................................................

242

c) Inhalt der Verpflichtung zur Naturalrestitution .................................

243

d) Ausnahmen von der Verpflichtung zur Naturalrestitution ................

244

2. Verletzung des menschenrechtlichen Mindeststandards ........................

245

14

Inhaltsverzeichnis

Zweiter Teil Der Einfluß der völkerrechtswidrigen Entführung auf das nachfolgende Strafverfahren A. Erfordernisse für ein Strafverfahrenshindernis aus Völkergewohnheitsrecht ...........

247

I. Allgemeine Übung .............. ..................... .............. ...... .... ........... ... ....... ......

248

11. Rechtsüberzeugung ........................................ ................ ................ ............

249

111. Nachweis von Völkergewohnheitsrecht .....................................................

249

B. Untersuchung von Staatenpraxis und Rechtsüberzeugung ................ .......... ......

252

I. Internationale Organe ............ ...... ..................................... ....... .... .......... ......

252

\. Organisation arnerikanischer Staaten (OAS) ... ......... ............ ... ....... ........

252

a) Ständiger Rat ............... ...... ......... ............ .... ......................... ..............

252

b) Rechtsausschuß ............ ........... .... ............ .... ....... ............... ........ ..... ...

254

2. Karibische Gemeinschaft (CARICOM) ..............................................................

255

11. Praxis einzelner Staaten ...............................................................................

256

\. USA .......................................................................................................

256

a) Rechtsprechung .................................................................................

258

aa) Die Ker-Frisbie-Doktrin .............................................................

258

bb) Einschränkungen der Ker-Frisbie-Doktrin .................................

264

(I) United States v. Rauscher .....................................................

265

(2) United States v. Toscanino ...................................................

266

cc) United States v. Alvarez-Machain ..............................................

272

(I) Prüfungsrahmen ....................................................................

273

(2) Entscheidung des Suprerne Court .. ........... ............. .......... .....

275

(3) Analyse der Entscheidung ....................................................

277

dd) Supervisory Power ......... .......... ................ ................ ... ......... ... ...

283

b) Exekutive .. ....... ................. ....... ............ .......... ............ ...... ............ .....

286

aa) Harmon-Gutachten .....................................................................

288

bb) Barr-Gutachten ............... .......... ................................ ............ ......

289

cc) Reaktion auf United States v. Alvarez-Machain .........................

291

c) Legislative .........................................................................................

293

aa) Mansfield Arnendrnent ... ............ ........ ...................... ........ ..........

294

Inhaltsverzeichnis

15

bb) Terrorist Prosecution Act .. ................ ........... ...... ........................

296

ce) Maritime Drug Law Enforcement Prosecution Improvements Act of 1986 .................. ...... ................ ........................ .................

297

dd) Reaktionen auf United States v. Alvarez-Machain .... .................

297

(l) Anhörungen im Repräsentantenhaus .......... .............. ............

298

(2) Gesetzesinitiativen .. .................... ......... ........ ....... ....... ..... ......

298

d) Ergebnis ................ ........ ........ ........... ........... ......... ...... ....... ......... .......

300

2. Großbritannien ................................................................................ .......

301

a) Ex parte Scott .....................................................................................

301

b) Ex parte Elliott .............. .......... ............................ .................. ............

303

c) Ex parte Mackeson ............................................................................

304

d) Ex parte Driver .............. .............. ...................... ...... ............ ..............

305

e) Bennett v. Horseferry Road Magistrates' Court ................................

306

f) Auswertung der Rechtsprechung ........................ ...... ................ .........

309

3. Neuseeland .............................................................................................

311

4. Australien ....... ...... ......... ......... .................. ........ ............. ....... ........... .......

312

5. Südafrika ................................................................................................

313

a) Rex v. Robertson ...............................................................................

313

b) Abrahams v. Minister of Justice ........................................................

313

c) Ndhlovu v. Minister of Justice ..........................................................

313

d) Nduli and Another v. Minister of Justice .................... .............. ........

314

e) State v. Ebrahim ................................................................................

315

f) Auswertung der Rechtsprechung .................... .................... ...............

316

6. Simbabwe .......... ............................ .............. ......... ........ ....... ..................

317

7. Israel ......................................................................................................

318

a) Eichmann-Fall ...................................................................................

318

b) Faik Bulut .........................................................................................

320

c) Vanunu ..............................................................................................

320

d) Entführungen ohne Absicht der Strafverfolgung ..............................

321

e) Auswertung .......................................................................................

322

8. Schweiz ..................................................................................................

323

a) Urteil des Zürcher Obergerichts vom 11. April 1967 ........................

323

16

Inhaltsverzeichnis b) Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 13. Juni 1980........

324

c) Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 15. Juli 1982.........

325

d) Auswertung der Rechtsprechung .................................... .......... .........

326

9. Frankreich ..............................................................................................

326

10. Spanien ................................................................................................

328

11. Lateinamerika ............ ................ .................. ............ ....... ............ .........

329

12. Kanada... ................ .................. ...................... ...... ......... .......... ....... ......

332

13. Deutschland .........................................................................................

333

C. Auswertung der Staatenpraxis und Ergebnis ................................................

338

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse .............................................

341

Anlagen ............................................................................................ ,....................

350

Fallverzeichnis ...................... .................................................. ..............................

364

Literaturverzeichnis .............................................................................................

381

Personen- und Sachwortverzeichnis ...................................................................

444

Abkürzungsverzeichnis a.A.

AA AaO A.B.AJ. AblEG A.C. A.D. Add. AdG aE.

AFDI Air Force L. Rev. AJIL AK

Akron L. Rev. A.L.R. Fed. All ER AMRK Am. U J. Int'l L. & Pol'y Am. U. L. Rev. Anglo-American L. Rev. Anrn. AöR App. APuZ

ArchVR Ariz. J. Int'l & Comp.L. Ark. L. Rev. Art. ASIL ASILProc. ASILS ASILS Int'l L.J. Aufl. Australian LJ. Az. 2 Wilske

anderer Auffassung Auswärtiges Amt am angegebenen Ort American Bar Association Journal Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften The Law ReportsiAppeal Cases (London) AnnuaI Digest and Reports ofPublic International Law Cases Addendum Archiv der Gegenwart am Ende Annuaire Frant;:ais de Droit International Air Force Law Review American Journal of International Law Alternativkommentar zur Strafprozeßordnung Akron Law Review American Law Reports, Federal, Cases and Annotations All England Law Reports Amerikanische Menschenrechtskonvention American University Journal ofIntemational Law and Policy American University Law Review Anglo-American Law Review (Chichester, England) Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Appellation Aus Politik und Zeitgeschichte Archiv des Völkerrechts Arizona Journal of International and Comparative Law Arkansas Law Review ArticlelArtikel The American Society of International Law The American Society of International Law Proceedings Association of Student International Law Societies ASILS International Law Journal Auflage The Australian Law Journal Aktenzeichen

18

Baylor L. Rev. B. &C. B.C. Int'l & Cornp. L. Rev. B.c. Third World LJ. Bd./Bde. BerDGesVölkR Besch!.

Abkürzungsverzeichnis

Baylor Law Review Barnewall and Cresswall Boston College International and Cornparative Law Review Boston College Third World Law Journal BandIBände Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Beschluß Bf. Beschwerdeführer BGH Bundesgerichtshof BGHSt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen B.I.L.c. British International Law Cases Bureau ofNarcotics and Dangerous Drugs BNDD BTOOk. J. Int'l L. BTOOklyn Journal ofinternational Law bspw. beispielsweise BT Bundestag BT-Drs. Bundestagsdrucksache Buff. L. Rev. Buffalo Law Review B.U. Int'l LJ. Boston University International Law Journal B.U. L. Rev. Boston University Law Review BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BYIL The British Year Book of International Law Brigham Young University Law Review B.Y.U. L. Rev. bzw. beziehungsweise Ca!. W. Int'l L.J. California Western International Law Journal Ca!. L. Rev. California Law Review Ca!. W. Int'l L.J. California Western International Law Journal Cambridge L.I. Cambridge Law Journal Cardozo J. Int'l & Cornp.L. Cardozo Journal ofinternational and Cornparative Law Cardozo L. Rev. Cardozo Law Review CARICOM Caribbean Community Case W. Res. I. Int'!. L. Case Western Reserve Journal of International Law Cath. U. L. Rev. Catholic University Law Review c.C.C. Canadian Criminal Cases CCPR Covenant on Civil and Political Rights C.D.Cal Central District of California cert. Certiorari ChVN Charta der Vereinten Nationen CIA Central Intelligence Agency Cir. Circuit Civil & Military LJ. Civil and Military Law Journal (New Delhi) Chicano-Latino L. Rev. Chicano-Latino Law Review C.l Chief Justice

Abkürzungsverzeichnis Clev. St. L. Rev. Colum. 1.L. & Soc. Probs. Colum. L. Rev. Colum. 1. Transnat'l L. Cong. Conn. 1. Int'l L. Conn. L. Rev. Cornell Int'\. LJ. Cornell L.Q. Cornell L. Rev. Corr. Creighton L. Rev. Cr. App. R. Crim. L.F. Crim. L. Rev. D.C.Cir. D.C.D.Kan. D.C.Md D.C.S.D.N.Y. DDR DEA Denv. 1. Int'l L. & Pol'y DePaul L. Rev. Dept. Ders. Det. c.L. Rev. Dick. 1. Int'l L. Dies. Diss. Diss. Op. Doc. Dok. Duke L.1. Duq. L. Rev. Ebd. Ed. Eds. EG EGMR EJIL EMRK Emory Int'l L. Rev. Emory LJ.

Cleveland State Law Review Columbia Journal ofLaw and Social Problems Columbia Law Review Columbia Journal ofTransnational Law Congress Connecticut Journal ofInternational Law Connecticut Law Review Cornell International Law Journal Cornell Law Quarterly Cornell Law Review Corrigendum Creighton Law Review The Criminal Appeal Reports (London) Criminal Law Forum The Criminal Law Review (London) District of Columbia Circuit District Court of the District of Kansas District Court of the District of Maryland District Court ofthe Southern District ofNew York Deutsche Demokratische Republik Drug Enforcement Agency Denver Journal of International Law and Policy DePaul Law Review Department Derselbe Detroit College of Law Review Dickinson Journal ofInternational Law Dieselbe Dissertation Dissenting Opinion Document Dokument Duke Law Journal Duquesne Law Review Ebenda Editor/Edition Editors Europäische Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte European Journal ofInternational Law Europäische Menschenrechtskonvention Emory International Law Review Emory Law Journal

19

20 EPIL EuGRZ f. F.

F.2d F.A.Z. FBI tT. Fla. Int'l L.1. Fla. St. U. 1. Transnat'l L. &Pol'y Fletcher F. World AtT. Fn. Fordham Int'l L.1. Fordham L. Rev. FS FS-GA F.Supp. GA GA Ga. 1. Int'l & Comp. L. GAL GAOR Gds. Geo. L.1. Georgia Bar 1. Geo. Wash. L. Rev. GG GS GV GYIL HansOLG Harv. Hum. Rts. 1. Harv. Int'l LJ. Harv. Int'l Rev. Harv. 1. on Legis. Harv. L. Rev. Hastings Const. L.Q. Hastings Int'l & Comp. L. Rev. Hastings LJ. Hous. 1. Int'l L. How.L.J.

Abkürzungsverzeichnis Encyclopedia ofPublic International Law Europäische Grundrechte-Zeitschrift Folgende Federal Reporter Federal Reporter, Second Series Frankfurter Allgemeine Zeitung Federal Bureau ofInvestigation fortfolgende Florida International Law Journal Florida State University Journal ofTransnational Law and Policy Fletcher Forum ofWorld AtTairs Fußnote Fordham International Law Journal Fordham Law Review Festschrift Festschrift Goldtammer's Archiv für Strafrecht Federal Supplement General Assembly Goldtarnmer's Archiv für Strafrecht Georgia Journal ofInternational and Comparative Law Grupo Antiterrorista de Liberacion General Assembly Official Records Gedächtnisschrift Georgetown Law Journal Georgia Bar Journal George Washington Law Review Grundgesetz Gedächtnisschrift Generalversammlung (der Vereinten Nationen) German Yearbook of International Law Hanseatisches Oberlandesgericht Harvard Human Rights Journal Harvard International Law Journal Harvard International Review Harvard Journal on Legislation Harvard Law Review Hastings Constitutional Law Quarterly Hastings International and Comparative Law Review Hastings Law Journal Houston Journal of International Law Howard Law Journal

Abkürzungsverzeichnis H.R.Rep. Hrsg. HStR Human Rights L.I. Hum. Rts. Q. ICJ i.d.F. IDI Ifor IGH ILC I1l. I1l. U. LJ. I.L.M. I.L.R. Ind. LJ.

House ofRepresentatives Report Herausgeber Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Human Rights Law Journal Human Rights Quarterly International Court of Justice in der Fassung Institut de Droit International Implementation Force Internationaler Gerichtshof International Law Commission I1Iinois Reports I1Iinois University Law Journal International Legal Materials International Law Reports Indiana Law Journal INS Immigration and Naturalization Service International and Comparative Law Quarterly Int'l & Comp. L.Q. Int'l Enforcement L. Rep. International Enforcement Law Reporter International Lawyer Int'l Law. IowaL. Rev. Iowa Law Review IPBPR Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte I.R. Irish Reports i.S. in Sachen Israel L. Rev. Israel Law Review J. Justice Juristische Arbeitsblätter JA I. Crim. L. & Criminology Journal ofCriminal Law and Criminology JDI (Clunet) Journal de droit international (Clunet) nR Jahrbuch für internationales Recht I. Marshali L. Rev. John MarshaII Law Review Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart JöR Juristische Rundschau JR J. Transnat'l L. & Pol'y Journal ofTransnational Law and Policy Juristische Schulung JuS Juristische Ausbildung JURA Juristische Wochenschrift JW Juristen-Zeitung JZ Kan. Kansas Reports Kan. L. Rev. Kansas Law Review Kap. Kapitel Karlsruher Kommentar zur Strafprozeßordnung KK Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa KSZE

21

22

La. L. Rev. L.Ed. LG Liverpool L. Rev. LJ. LNTS Loy. L.A. Int'l & Comp. LJ. Loy. L.A. L. Rev. Loy. L. Rev. LR Md. L. Rev. MDR

Abkürzungsverzeichnis

Louisiana Law Review V.S. Supreme Court Reports, Lawyer's Edition Landesgericht Liverpool Law Review Law Journal Reports League ofNations Treaty Series Loyola ofLos Angeles International and Comparative Law Journal Loyola of Los Angeles Law Review Loyola Law Review (New Orleans) Löwe-Rosenberg Maryland Law Review Monatsschrift f1ir Deutsches Recht Ministerium f1ir Staatssicherheit (der DDR) MfS Mercer L. Rev. Mercer Law Review Mich. 1. Int'l L. Michigan Journal ofInternational Law Mich. L. Rev. Michigan Law Review Mi\. L. Rev. Military Law Review Minn. L. Rev. Minnesota Law Review Mississipi College Law Review Miss. C. L. Rev. Monatsschrift f1ir Kriminologie und Strafrechtsreform MschrKrim m.w.N. mit weiteren Nachweisen Nat'L L.1. The National Law Journal NATO North Atlantic Treaty Organization Naval War College Rev. Naval War College Review N.C. 1. Infl L. & Com. Reg. North CarolinaJournal ofIntemational Law and Commercial Regulation N.D.Ill. Northern District ofIllinois Neth. Yb. ofInt'l L. Netherlands Yearbook ofInternational Law New Eng. L. Rev. New England Law Review New Eng. 1. on Crim. & New England Journal on Criminal and Civil Confinement Civ. Confmement New Jersey Law Journal New Jersey LJ. New York L.J. New York Law Journal Neue Folge N.F. Neue Juristische Wochenschrift NJW Number No. Nova Law Review NovaL. Rev. Nummer Nr. Nationalsozialismus NS Neue Zeitschrift fIir Strafrecht NStZ New South Wales Law Reports NSWLR North Western Reporter N.W.

Abkürzungsverzeichnis Nw. U. L. Rev. N.Y. Int'l L. Rev. N.Y.L. Sch. L. Rev. N.Y.L. Sch. 1. Int'l & Cornp.L. N.Y. State Bar 1. N.Y. Tirnes N.Y.U. L. Rev. N.Y.U. 1. Int'l L. & Po!. NZLR NZWehrR OAS OAU ÖZöR ÖZöflRVR o.g. Ohio N.U. L. Rev. OLG OP Or. L. Rev. P. Pa. Pace Int'l L. Rev. Para. PCH Pepp. L. Rev. PLO Pub.L.No. R.

RabelsZ RdC RGDIP Rdnr. RIAA Rutgers L. Rev. S. S.A.

SACJ SACR San Diego L. Rev. S.c. (Bai!.) S. Cal. L. Rev.

23

Northwestern University Law Review New York International Law Review New York Law School Law Review New York Law School Journal of International and Cornparative Law New York State Bar Journal The New York TirnesiCity Edition New York University Law Review New York University Journal of International Law and Politics New Zealand Law Reports (Wellington) Neue Zeitschrift flir Wehrrecht Organization of Arnerican States Organization of African Unity Österreichische Zeitschrift fIir öffentliches Recht österreichische Zeitschrift fIir öffentliches Recht und Völkerrecht oben genannte Ohio Northern Univesity Law Review Oberlandesgericht Optional Protocol Oregon Law Review Pacific Reporter Pennsylvania State Reports Pace International Law Review Paragraph Permanent Court oflnternational Justice Pepperdine Law Review Palestine Liberation Organization Public Law Nurnber RexlRegina Rabels Zeitschrift flir ausländisches und internationales Privatrecht Recueil des Cours de I'Academie de droit international de la Haye Revue Generale de Droit International Public Randnummer Reports of International Arbitral Awards Rutgers Law Review Seite The South African Law Reports South African Journal of Crirninal Justice South African Crirninal Reports San Diego Law Review South Carolina Law Reports (Bailey) Southern California Law Review

24

SchweizjZ SCOR S.D.Fla S.D.N.Y. S.D.Tex. Sero Sess. Seton Hall L. Rev. Sfor S. III. U. LJ. SJIR SK-StPO

Abkürzungsverzeichnis Schweizerischer Juristen-Zeitung Security Council Official Records Southern District of Florida Southern District ofNew York Southern District ofTexas Series Session Seton Hall Law Review Stabilization Force Southern IIIinois University Law Journal Schweizerisches Jahrbuch rur Internationales Recht Systematischer Kommentar zur Strafprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz Scots Law Tirnes South Afiican Journal of Crirninal Justice

S.L.T. South Afiican J. Criminal Justice South Afiican J. on Hurn. Rts South Afiican Journal on Human Rights South Afiican LJ. South Afiican Law Journal South Afiican Vb. Int'l L. South Afiican Yearbook of International Law Stan. L. Rev. Stanford Law Review Stasi Staatssicherheitsdienst der DDR Stat. Statute Steno Ber. Stenographische Berichte StGB Strafgesetzbuch Ständiger Internationaler Gerichtshof StIGH St. John's L. Rev. St. John's Law Review St. Mary's L.J. St. Mary's Law Journal StPO Strafprozeßordnung St. Thornas L. Rev. St. Thornas Law Review StrafV Strafverteidiger Stuttgarter Zeitung StZ sub norn. sub nornine Suffolk U. L. Rev. Suffolk University Law Review Suffolk Transnat'l LJ. Suffolk Transnational Law Journal Supplement Supp. S.W. South Western Reporter S.W.2d South Western Reporter, Second Series South West Afiican People's Organization SWAPO SW. J.lnt'l L. & Trade Am. Southwestern Journal ofInternational Law and Trade in the Americas die tageszeitung taz Ternp. Int'1 & Cornp. LJ. Temple International and Cornparative Law Journal Ternp. L.Q. Temple Law Quarterly

Abkürzungsverzeichnis Ternp. L. Rev. Tenn. L. Rev. Tex.App. Tex. Int'l L.J. Tex. L. Rev. ThürVBI T.L.R. TPD Tul. L. Rev. Tulsa J. Cornp. Int'l L. Tulsa LJ. U. C. Davis L. Rev. U. Chi. L. Rev. U. Chi. L. Sch. Roundtable UCLAL. Rev. U. Colo. L. Rev. U. Dayton L. Rev. U. Fla. L. Rev. U. Hawaii L. Rev. U. Kan. L. Rev. U. Miarni Inter-Am. L. Rev. U. Miarni L. Rev. U.N. UNCIO UNHCR UNOSOM UNTAES U. Pitt. L. Rev. Urt. USIU.S. U.S.Code Cong. & Admin. News Utah L. Rev. U. Tol. L. Rev. U. West L.A. L. Rev. v/v. Va. J. Int'l L. Va. L. Rev. Vand. J. Transnat'l L. Vand. L. Rev. Verf. vgl.

25

Temple Law Review Tennessee Law Review Texas Appeals Reports Texas International Law Journal Texas Law Review Thüringer Verwaltungsblätter The Tirnes Law Reports The South African Law Reportsffransvaal Provincial Division Tulane Law Review Tulsa Journal of Comparative and International Law Tulsa Law Journal University ofCaIifornia at Davis Law Review The University of Chicago Law Review The University ofChicago Law School Roundtable University of California at Los Angeles (UCLA) Law Review University of Colorado Law Review University of Dayton Law Review University of Florida Law Review University ofHawaii Law Review University ofKansas Law Review University ofMiami Inter-American Law Review University ofMiarni Law Review United Nations United Nations Conference on International Organization United Nations High Commissioner for Refugees United Nations Operation in Somalia United Nations Transitional Administration for Eastern Slavonia, Baranja, and Western Sirium University of Pittsburgh Law Review Urteil United States United States Code Congressional and Administrative News Utah Law Review University ofToledo Law Review University of West Los Angeles Law Review versus Virginia Journal of International Law Virginia Law Review Vanderbilt Journal ofTransnational Law Vanderbilt Law Review Verfasser vergleiche

26 VN

Vol(s). vslvs. Vt. Wake Forest L. Rev. Wall. Wash. Post Wash. U. 1. Urb. & Conternp. L. Wash. U. L.Q. WdV Wheat. Whittier L. Rev. Willamette L. Rev. Wis. Int'l L.J. WL W.L.R. Wrn. & Mary L. Rev. W. St. u. L. Rev. WVRK

Yale L.J. Yale 1. Int'l L. YBILC ZaöRV Zges Staatswiss. Ziff. ZöR ZRP ZStW

Abkürzungsverzeichnis Vereinte Nationen (Organisation/Zeitschrift) Volurne(s) versus Vermont Reports Wake Forest Law Review Wallace The Washington Post Washington University Journal ofUrban and Contemporary Law Washington University Law Quarterly Wörterbuch des Völkerrechts Wheaton Whittier Law Review Willamette Law Review Wisconsin International Law Journal Westlaw The Weekly Law Reports William and Mary Law Review Western State University Law Review Wiener Vertragsrechtskonvention Yale Law Journal Yale Journal of International Law Yearbook ofthe International Law Commission Zeitschrift rur ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift rur die gesamte Staatswissenschaft Ziffer Zeitschrift rur öffentliches Recht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift rur die gesamte Strafrechtswissenschaft

Einleitung EntfUhrungen durch staatliche Organe unter Verletzung fremder Gebietshoheit haben eine lange Geschichte. Schon Ödipus mußte sich, als er in Kolonos Zuflucht gefunden hatte, der Abgesandten Thebens erwehren, die ihn mit List und Gewalt auf thebanisches Gebiet zurückbringen wollten. I Auch dem römischen Recht war die Problematik wohlvertraut. 2 EntfUhrt wurde, wenn man Experten Glauben schenken darf, zu allen Zeiten. 3 Auch in der so deklamierten neuen Weltordnung4 greifen Staaten noch zu diesem archaischen Mittel, um mutmaßlicher Straftäter habhaft zu werden. Dabei scheint in jüngerer Zeit eher eine Zunahme von Fällen staatlicher Entfiihrungen festzustellen zu sein. 5 Im Jahre 1804 ließ der damalige Erste Konsul Napoleon den Herzog von Enghien noch aus Baden entfUhren und wegen Hoch- und Landesverrats anklagen, "weil es fUr die Sicherheit, die Ehre und das Interesse des französischen Volkes notwendig war.,,6 Auch die Entfiihrung Adolf Eichmanns aus Argentinien im Jahre 1960 wurde von Israel mit der Einmaligkeit dessen Verbrechen begründet. 7 Die Machthaber der ehemaligen DDR ließen RegimegegMarchand, Journal der Internationalen Juristen-Kommission VII (1966), 270. Vgl. die Analyse römischer Rechtsquellen in State v. Ebrahim (Supreme Court, Appellate Division, South Africa; February 16, 1991), I.L.M. 31 (1992), 888 und von Bar, Lehrbuch des internationalen Privat- und Strafrechts, 1892, 327. 3 Vgl. die Anhörung von Abraham D. Sofaer (Legal Adviser im US State Department unter den Präsidenten Reagan und Bush) vor dem Kongreß: "These kind of things have happened throughout civilization. Hundreds and hundreds of examples exist throughout human history of people being abducted involuntarily from one country by another." (Kidnapping Suspects Abroad: Hearings before the Subcommittee on Civil and Constitutional Rights of the House of Representatives Committee on the Judiciary, 102nd Cong., 2nd Sess., June 22, 1992, S. 7). 4 Vgl. die Rede des ehemaligen US-Präsidenten George Bush zu Beginn des zweiten Golfkrieges: "We have before us the opportunity to forge for ourselves and for future generations a new world order, a world where the rule of law, not the law of the jungle, governs the conduct ofnations." Transcript ofthe Comments by Bush on the Air Strike Against the Iraqis, N.Y. Times, 17 Jan 1991, A14. 5 Rebane, Fordham Int'l LJ. 19 (1996), 1636, 1670; Abramschmitt, J. Transnat'l L. & Pol'y4 (1995), 121, 122. 6 Zitiert nach Amelunxen, GS-Karlheinz Meyer, 643, 644. 7 Vgl. die an Argentinien gerichtete Note der israelischen Regierung vom 3. Juni 1960: I

2

28

Einleitung

ner, insbesondere aber Stasi-Abtrünnige, mit besonderer Härte auch auf fremdem Staatsgebiet verfolgen" schon allein um Nachahmer abzuschrecken. 8 Demgegenüber scheinen Entführungen in manchen Gegenden kein außergewöhnliches Mittel für besondere Fälle zu sein, sondern bereits routinemäßig gehandhabt zu werden. 9 Auch zwischen verbündeten Staaten wird gelegentlich

" ... The Governrnent ofIsrael requests that the special significance of bringing to trial the man responsible for the murder of rnillions of people belonging to the Jewish people be taken into account, and asks that due weight be given to the fact that the volunteers, who were themselves survivors of that massacre, placed this historic mission above all other consideration." (U.N. Doc. S/4342). 8 So schrieb der Minister fUr Staatssicherheit Ernst Wollweber 1955 in einem Tagesbefehl: "Die Macht der Arbeiterklasse ist so groß und reicht so weit, daß jeder Verräter zurückgeholt wird oder in seinem vermeintlich sicheren Versteck die gerechte Strafe ereilt." Zitiert nach Kohl, Kalter Krieg: Donner, Blitz und Teddy. Das Doppelleben des Stasi-Menschenräubers Hans Wax, Der Spiegel, 1011996 (4.3.1996), S. 52, 60. Nach Schätzungen des Stasi-Experten Karl Wilhelm Fricke, der selbst 1955 verschleppt wurde, sind bis Mitte der sechziger Jahre rund 700 Menschen in die DDR entfUhrt worden. Ebenso: Südwestpresse, 29.9.1995, S, I, Stasi als EntfUhrer. 9 Vgl. Stearns, Wis. Int'l L.J. 10 (1992) 78,143 m.w.N.: "Increasingly it appears that the practice of abducting fugitives abroad threatens to become a permanent fixture of the United States' policy. As a result, abductions are viewed instrumentally, as a tool of U.S. policy." Vgl. auch Garcia-Mora, Ind. L.1. 32 (1957), 427, 447: "It is rather naive to believe that governments will only resort to abduction in the case of common criminals." Nach der Untersuchung von Bernholz/Bernholz/Herman, N.C. 1. Int'l L. & Com. Reg. 10 (1985), 353, 380 f. setzten die USA auch schon in Fällen von Bigamie, Betrug unter Zuhilfenahme der Post (mail fraud) und Amtsanmaßung Methoden ein, die vom jeweiligen Auslieferungsvertrag nicht gedeckt waren. Ebenso Abney, Nat'l L.1. June 30, 1986, 41, 42: "Most federal illegal seizures from overseas have been connected with narcotics and espionage offenses, although the crimes have ranged from mail fraud to bail jumping." Vgl. auch Heymann/Gershengorn, Crim. L.F. 3 (1991), 1,23: "In fact, while the United States may be a particularly aggressive user of abductions, it is by no means unique." Vgl. auch die Nachricht in: Der Spiegel, 4811995 (27.11.1995), S. 143: Panorama Ausland: Tibet: Kopfgeld fUr Flüchtlinge: "Auf Befehl der chinesischen Staatssicherheit jagen Polizisten und Grenzer im Himalaja-Königreich Nepal Flüchtlinge aus Tibet. ... Für jeden zurückgebrachten illegalen Grenzgänger zahlt die chinesische Besatzungsmacht in Tibet eine Prämie von knapp 200 Mark." Auch Nordkorea ließ bereits Personen aus Südkorea und Japan entfUhren, Der Spiegel, 46/1995 (13.11.1995), S. 153: Panorama Ausland: Nordkorea - Drang nach Westen; Kristof, North Korean Defector's Tale Reminds Japan ofa Lost Girl, N.Y. Times, 7 Feb 1997, A18; Der Spiegel, 5/1994 (31.1.1994), S. 116: Panorama Ausland: Belorußland - Zurück zur Union? (EntfUhrung zweier litauischer KP-Führer aus Belorußland durch litauische Geheimdienstbeamte; F.A.Z., 4.4.1995, S. 2, Haftstrafe fUr usbekische Oppositionelle (EntfUhrung

Einleitung

29

auf dieses Mittel zurückgegriffen. lO Besonders der vom ehemaligen USPräsidenten Bush erklärte Drogenkrieg ll fUhrte zu einer Vielzahl von EntfUhrungen im rnittel- und lateinamerikanischen Raum. Teilweise wird daraus schon der Schluß gezogen, EntfUhrungen seien ein grundsätzlich angemessenes und rechtlich akzeptiertes Mittel, um Straftäter vor Gericht zu bringen. 12 Die rechtlichen Folgen von staatlichen EntfUhrungen kommen regelmäßig dann zur Sprache, wenn der EntfUhrerstaat gegen die entfUhrte Person ein öffentliches Strafverfahren einleitet. 13 Die Diskussion krankt dabei häufig daran, daß aus zum Teil sehr alten Präzedenzfällen die immer gleichen Rechtsbehauptungen abgeleitet werden, ohne daß überprüft wird, ob deren Voraussetzungen noch gegeben sind. Dabei hat die wissenschaftliche Diskussion zu staatlichen EntfUhrungen und deren Auswirkungen auf ein nachfolgendes Strafverfahren in den letzten Jahren ein hohes Maß sowohl an neuen Fragestellungen als auch an Differenzierung gewonnen. So wird vor allem von US-amerikanischer Seite die Frage aufgeworfen, ob das Völkerrecht nicht in weiterem Umfang als bisher angenommen EntfUhrungen erlaube.

von sieben usbekischen Oppositionsflihrern aus Kasachstan durch usbekische Geheimpolizisten). 10 Vgl. Focus, 25/1997, S.35: Sechs Cowboys gegen Kid - Der amerikanische Geheimdienst vertuscht bis heute die Entftihrung eines Überläufers im Jahre 1991 aus dem wiedervereinigten Berlin. 11 Vgl. hierzu Gray, Rutgers L. Rev. 44 (1991), 165; Traveland, Baylor L. Rev. 45 (1993), 185; Bogges, B.Y.V. L. Rev. 1992, 165; Campbell, Vand. 1. Transnat' L. 23 (1990),385; Henderson, Vand. 1. Transnat'l L. 24 (1991), 535. 12 Vgl. Senator Specter: "It may surprise some to hear that such methods are an appropriate way to bring criminals to trial. If someone is charged or chargeable with an offense and is at liberty in some foreign country, it is an accepted principle of law to take that alleged criminal into custody if necessary and return hirn to the jurisdiction which has authority to try hirn." (Bill to Authorize Prosecution ofTerrorists and Others Who Attack U.S. Government Employees and Citizens Abroad: Hearing before the Subcommittee on Security and Terrorism of the United States Senate Committee on the Judiciary, 99th Cong., Ist Sess., S. 1373, S. 1429 und S. 1508, July 30, 1985, S. 33 und S.36.) IJ Vgl. nun aber die Verfahren gegen Entflihrer aus der ehemaligen DDR; nach F.A.Z., 10.11.1994, S. 2: Haben DDR-Staatsorgane Menschen entflihrt?, prüft die Berliner Justiz derzeit mehr als 500 mögliche Entflihrungen durch frühere DDRStaatsorgane. Vgl. auch F.A.Z., 10.9.1996, S. 2: Anklage wegen Entflihrung nach OstBerlin erhoben.

30

Einleitung

Auch die neuere Praxis der Vereinten Nationen, die auf einen verstärkten strafrechtlichen Durchgriff auf das Individuum ziele\ scheint bisher nicht diskutierte Rechtfertigungsgründe bereitzustellen. Ebenso zwingt aber auch die gewandelte Rechtsposition des Individuums im Völkerrecht zu einer Überprüfung bisheriger Positionen. Im Anschluß an die 1966 abgeschlossene, grundlegende Arbeit von Elmar F. Bauer l5 soll die vorliegende Untersuchung sich insbesonders auf solche, durch neue Rechtsentwicklungen aufgeworfene Fragen konzentrieren.

14 Vgl. die Errichtung der internationalen Strafgerichte flir das ehemalige Jugoslawien und Ruanda in den Jahren 1993 und 1994, ebenso wie die Bemühungen um einen Ständigen Internationalen Strafgerichtshof und ein Internationales Strafgesetzbuch; hierzu Ambos, ZRP 1996,263; ders., NJW 1998,3743; Reichart, ZRP 1996, 134 rn.w.N. Das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (Rorne Statute of the International Criminal Court) wurde am 17. Juli 1998 verabschiedet; I.L.M. 37 (1998),1002-1069. 15 Die völkerrechtswidrige Entflihrung, Berlin 1968.

Erster Teil

Die völkerrechtswidrige Entführung A. Der Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung Die Auslieferung stellt nicht das einzige Mittel dar, mit dem Staaten der Zugriff auf einen mutmaßlichen Straftäter eröffnet wird, der sich in einem anderen Staat aufhält. Umgekehrt stellt auch nicht jede einverständliche Abweichung vom Auslieferungsvertrag eine Völkerrechtsverletzung dar. I Tatsächlich kennt die Staatenpraxis eine Vielzahl von informellen Verfahren, die zum Teil gegen Landesrecht verstoßen, von Fragen möglicher Verletzungen international verbürgter Menschenrechte abgesehen, aber keine Völkerrechtsverletzung darstellen. Abschiebung, Ausweisung oder die formlose Übergabe des vermeintlichen Straftäters an Beamte des interessierten Staates sind häufige Alternativen, um den Mühen des als hochformalisiert, zeitaufwendig und kostspielig empfundenen Auslieferungsverfahrens zu entgehen. 2 Die Praxis der formlosen Übergabe gesuchter Personen war beispielsweise bis zu der Entscheidung des irischen Supreme Court in der Sache The State (Quinn) v. Ryan 3 zwischen Nordirland und der Republik Irland vorherrschend: I Wenig hilfreich daher der Vorschlag von Schünemann, die völkerrechtswidrige Entführung künftig als "auslieferungsrechtswidrige Entführung" zu bezeichnen (FS-140 Jahre Goltdarnmer's Archiv 1993,215,238). 2 Vgl. Bassiouni, Vand. 1. Transnat'l L. 7 (1973), 25, 33 ff.; Abramschnitt, 1. Transnat'l L. & Pol'y 4 (1995), 121, 122; A. Evans, in: Dies.!1. F. Murphy, Legal Aspects ofInternational Terrorism 1978, 493, 494; Rebane, Fordham Int'l L.1. 19 (1996), 1636, 1669 f.; Murphy, Punishing International Terrorists, 1985, S. 81: " (... ) extraditon has not been the most favored method of rendition of international terrorists. " Vgl. auch eine Methode der britischen Praxis vermeintliche Straftäter durch Einzug des Passes im Ausland zur Rückkehr zu zwingen bei O'Higgins, in: Bassiouni (ed.), International Terrorism and Politica1 Crimes, 1975,336,337. Auch die Terroristen, die 1975 die deutsche Botschaft in Stockholm überfielen, hätten nach schwedischem Recht nicht ausgeliefert werden können; die überlebenden Attentäter wurden daher wegen Verletzung der schwedischen Einwanderungsbestimmungen in Richtung Deutschland ausgewiesen, Kane, Yale 1. Int'l L. 12 (1987), 294, 334 f.; van den Wijngaert, The Political Offence Exception to Extradition, 1980, S. 52 jeweils m.w.N. zur Staatenpraxis. 3 [1965] Irish Law Reports 70.

I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

32

"The Eire police, upon intelligence that a person in the republic was wanted by the police in Northern Ireland, would convey the person without any regular proceedings to a place near the frontier and literally 'push hirn over the border' into the arms of the waiting authorities. ,,4

Dieses Verfahren ist mittlerweile unter dem Begriff "verdeckte Auslieferung"S oder - unter besonderer Berücksichtigung der Praxis im Verhältnis Mexikos zu den USA 6 - als "mexikanische Auslieferung"? bekannt. Auch an der Grenze zwischen Kanada und den USA 8 und in manchen Gegenden Afrikas 9 sollen gesuchte Personen dem nachfragenden Staat ähnlich unbürokratisch zugefiihrt werden. lo Die Attraktivität solcher Methoden liegt häufig in der ausschließlichen Zuständigkeit der Exekutive und dem daraus resultierenden verkürzten Rechtsschutz fiir das Individuum, was wiederum aus Sicht des anfragenden Staates die Erfolgsaussichten erhöht, der gesuchten Person habhaft zu werden. Im folgenden werden die Tatbestandselemente einer Entfiihrung durch staatliche Organe gesondert dargestellt. Zur Abgrenzung von Methoden informeller Personenübergabe wird dabei zuerst das Element einseitigen Handelns problematisiert. Sodann wird untersucht, unter welchen Voraussetzungen eine Entfiihrung dem Staat zuzurechnen ist. Hieran anschließend wird die Art der hoheitlichen Tätigkeit des Entfiihrerstaates einer näheren Betrachtung unterzogen. Nach einer kurzen Stellungnahme zur Frage des Verschuldens im völkerShearer, Extradition in International Law, 1971,75 m.w.N. Bassiouni, Vand. 1. Transnat'l L. 7 (1973), 25, 37; Akehurst, A Modem Introduction to International Law, 6th ed., 1987, 109; EGMR, Affaire Bozano, Serie A, vol. 111, Nr. 60, 26. 6 Moss, A.B.A. 1. 24 (January 1991),24, nennt eine Schätzung von Bassiouni, nach der täglich ein bis zwei Personen gewaltsam über die mexikanische Grenze geschafft und den US-Strafverfolgungsbehörden übergeben werden; ebenso Bo/stad, Loy. L.A. Int'l & Comp. L.J. 13 (1991), 871, 887 und Ma, ebd. 925, 947. 7 Nadelmann, Harv. Int'l LJ. 31 (1990), 37, 72. Vgl. ausflihrIich zur wechselhaften Geschichte der US-mexikanischen Auslieferungsbeziehungen Zagaris/Padierna Pera/ta, Am. U. 1. Int'l L. & Pol'y 12 (1997), 519-533. 8 Bassiouni, Vand. 1. Transnat'l L. 7 (1973), 25, 38; HenkinlPughiSchachteriSmit, International Law - Cases and Materials, 2nd ed., 1980, 477 f.; ausführlich zur USamerikanischen PraxisA. Evans, B.Y.I.L. 40 (1964), 77-104. 9 Shearer, Extradition in International Law, 1971,75. 10 Vgl. auch die Umstände, die zur Übergabe des Carlos-Helfers Johannes Weinrichs an Deutschland führten: Der jemenitische Staatspräsident, der an deutscher Finanzhilfe interessiert war, soll im Vorgriff hierzu die Verhaftung und Übergabe Weinrichs "ohne Umschweife auf dem kleinen Dienstweg" angeboten haben; Der Spiegel, 24/1995 (12.6. 1995), S. 26,29: Terrorismus: Wie der Carlos-Helfer Johannes Weinrich ins Netz ging. 4

5

I. Einseitiges Handeln

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rechtlichen Deliktsrecht folgt eine Untersuchung der Rechtsgüter, die durch eine staatliche Entführung verletzt werden können.

I. Einseitiges Handeln Die völkerrechtswidrige Entführung zeichnet sich in erster Linie durch ein Handeln gegen den Willen des Inhabers der Gebiets- oder Flaggenhoheie 1 aus. Das äußere Erscheinungsbild einer formlosen Übergabe gesuchter Personen unterscheidet sich zwar aus Sicht des Opfers unter Umständen kaum von der klassischen Entführung, für die völkerrechtliche Betrachtungsweise ist aber die Einwilligung des Inhabers der Gebietshoheit von ausschlaggebender Bedeutung. 12 Größere Schwierigkeiten bereiten regelmäßig Fälle einer ad hoc erteilten Einwilligung zur Festnahme von Personen durch Organe eines verfolgenden Staates. \3 Da solche Einwilligungen häufig aus innen- wie außenpolitischen Gründen nicht publik werden sollen, zumindest aber die Verantwortlichkeit des die Einwilligung erteilenden Organs nicht offen gelegt werden soll, stellt sich bereits die Frage des Rechtsbindungswillens. Voraussetzung für eine völkerrechtlich wirksame Einwilligung ist, daß die Willenserklärung des Staates von diesem gewollte Rechtsfolgen auslöst. 14 Wenn bereits bei Erteilung der "Einwilligung" erklärt wird, daß Verantwortung hierfür nicht übernommen werden SOll,15 sind deren völkerrechtliche Rechtsfolgen tatsächlich nicht ge11 Wenn künftig aus Gründen der Vereinfachung nur von der Gebietshoheit die Rede ist, soll dies regelmäßig die Flaggenhoheit miteinschließen. Zum Staatsgebiet vgl. Graf Vitzthum, Staatsgebiet, in: HStR I, § 16, 709-732; ders., in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, Rdnr. 15-48,410-430. 12 Vgl. Art. 29 Abs. I des ILC-Entwurfs zur Staatenverantwortlichkeit (YBILC 1979, vol. II, part two, 109: "The consent validly given by aState to the commission by another State of a specified act not in conformity with an obligation of the latter State towards the former State precludes the wrongfulness ofthe act in relation to that State to the extent that the act remains within the limits ofthat consent."). 13 Vgl. Lowenfeld, Nova L. Rev. 15 (1991), 851: "Sometimes there's actual consent. Often there is consent at some level, and you don't know at which level." 14 Verdross/Simma, § 662; Fiedler, Unilateral Acts in International Law, in: Bernhardt (ed.), EPIL 7 (1984), 517, 521. 15 Vgl. hierzu Nadelmann, N.Y.U. J. Int'l L. & Pol. 25 (1993), 813, 865: "A U.S. drug enforcement agent who had been prominently involved in Operation Springboard told the writer that the Uruguayan interior minister had approved BNDD's (Bureau of Narcotics and Dangerous Drugs; der Verf.) irregular rendition plan only on condition that his consent would not be publicly revealed if anything went wrong. Indeed, he would be among the first to publicly condernn the entire operation if any backlash resulted."

3 WlIske

34

1. Teil, A. Tatbestand der välkerrechtswidrigen Entführung

wollt. Es liegt dann ein unverbindliches "Gentlemen's Agreement"16 des Inhalts vor, die Rechtsverletzung zu dulden und keine Restitution zu fordern, soweit innenpolitische Gründe dem nicht entgegenstehen. Ein Verfolgerstaat, der sich mit einer solchen Erklärung zufrieden gibt, handelt auf eigenes Risiko.

1. Zuständigkeit für die Einwilligung in extraterritoriale Polizeiaktionen fremder Staaten

Da fast regelmäßig auf irgendeiner Ebene des Gebietsstaates 17 staatliche Organe in eine extraterritoriale Polizeiaktion des anderen Staates eingewilligt haben,18 ist die Frage der Zuständigkeit für die Erteilung einer solchen Einwilligung von besonderer Bedeutung. In vielen Fällen läßt sich auch eine aktive Mitwirkung von Polizei oder Militär des Gebietsstaates feststellen. Hier ist wichtig festzustellen, ob diese Mitwirkung eine konkludente Einwilligung darstellt oder eine solche kraft völkerrechtlicher Vertretungsbefugnis ersetzt. Die Einwilligung kann durch völkerrechtliche Übereinkunft in allgemeiner Weise erteilt werden. Regelmäßig wird sie aber nur für einen bestimmten Einzelfall erteilt. Eine Einwilligung des Opfers in eine Festnahme und Verschleppung auf fremdes Staatsgebiet ist unbeachtlich, da eine Privatperson nicht über die staatliche Gebietshoheit verfügen kann. Die von Eichmann unterzeichnete Erklärung, daß er Argentinien freiwillig verlasse,19 ist daher - ungeachtet der Bedenken hinsichtlich der FreiwilligkeifO - unerheblich. 21 US-amerikanische

16 Vgl. Fiedler, Gentlemen's Agreement, in: Bemhardt (ed.), EPIL, Instalment 7 (1984), 105 ff. m.w.N. 17 Unter Gebietsstaat soll im folgenden der Staat verstanden werden, dessen Gebietshoheit verletzt wird. 18 Abraham D. Sofaer (Legal Adviser im US State Department unter den Präsidenten Reagan und Bush): "Now I would submit to you, having read every reported case of seizures abroad and having heard about many non-reported cases that I could get my hands on, and I have some wonderful people working for me in the Legal Adviser's Office, that almost always these seizures occur with the consent of the state involved." (Vortrag zum Thema "Seizure ofNarco-Terrorists Abroad", Nova L. Rev. 15 (1991), 840, 842 f.); vgl. Nadelmann, N.Y.U. 1. Int'l L. & Pol. 25 (1993), 813, 864: "With rare exceptions, U.S. officials have never acted entirely unilaterally in abducting fugitives from foreign countries without the permission of host govemment officials." 19 Der Wortlaut ist abgedruckt in: Corner, Georgia Bar 1. 23 (1960/61),491,492. 20 Vgl. Loose, Der Eichmann-Jäger bricht sein Schweigen, Die Welt, 28.3.1996: "Schließlich erklärte Adolf Eichmann sich auch mit einem Prozeß in Israel einverstanden: ,Sicher ist alles andere besser, als mein Leben lang an einen Bettrahmen gefesselt zu sein. '" 21 Bauer, Die välkerrechtswidrige Entführung, 1968,33 f. m.w.N.; ihm folgend Dehn,

I. Einseitiges Handeln

35

bai! bond companies fordern regelmäßig von Personen, fur die sie gegen Zahlung einer Prämie die Kaution stellen, daß diese fur den Fall des Nichterscheinens vor Gericht in eine gewaltsame Vorfuhrung einwilligen. Auch eine solche Unterwerfungs erklärung kann nur auf nationaler Ebene, nicht aber - bei grenzüberschreitendem Kidnapping - auf völkerrechtlicher Ebene Wirksamkeit entfalten. 22 Auf landesrechtlicher Ebene kann diese Erklärung zwar dem eingesetzten Kopfgeldjäger Straffreiheit sichern, keineswegs kann durch privatrechtliche Dispositionen aber über staatliche Gebietshoheit verfugt werden.

a) Einwilligung in allgemeiner Form

aa) formlose Absprachen Noch in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es Absprachen zwischen der mexikanischen Regierung und dem US-Kriegsministerium/3 denen zufolge US-Truppen innerhalb räumlicher und zeitlicher Grenzen das Recht zugestanden wurde, Banditen über die Grenze hinweg nachzueilen. 24 Auf diese Art und Weise ergriffene Personen durften ohne weitere Prüfung durch Organe Mexikos in die USA zurückgebracht werden. 25 Diese Einwilligung beschränkte sich aber auf die Festnahme von solchen Personen, denen gezielt über die Grenze hinweg nachgeeilt wurde; "Zufallsfunde" waren hiervon also ausgenommen. Dementsprechend lehnte ein texanisches Gericht Gerichtsbarkeit über einen

Verfahrenshindernis bei völkerrechtswidrigen Entftihrungen durch deutsche Strafverfolgungsorgane, Diss. Heidelberg 1993, 22, Fn. 60. 22 Kear v. Hilton, 699 F.2d 181, 185 (4th Cir. 1983): ,,( ... ) even assuming that the contract to consent was irrevocable, as between the parties to it (laffe and his surety), it did not bind the Govemment of Canada, which was not a party. That sovereign power was free to assert that there was no consent by Jaffe to his capture, on that fatal day in Toronto (... )." 23 Damaliger Name noch: War Departrnent ofthe United States. 24 Die Nacheile zu Land setzt grundsätzlich die Einwilligung des Inhabers der Gebietshoheit voraus; vgl. Münch, Nacheile, in: Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV, 2. Aufl., Bd. 11,560 f.; McNair, International Law Opinions, vol. I, Cambridge 1956, 76 f.; Wooldridge, Hot Pursuit, in: Bemhardt (ed.), EPIL 11, 145: "Although the notion of hot pursuit may found expression with respect to measures taken on land as weil as in the air, it is c\ear that only maritime hot pursuit has developed into a right which has been codified." 25 Dominquez v. State (Texas Court of Criminal Appeals 1921), 234 S.W. 79, 18 A.L.R. 503; das Abkommen selbst ist nicht veröffentlicht und wurde daher nur mündlich vorgetragen. Eine 1986 erfolgte Anfrage der USA um Bewilligung der grenzüberschreitenden Nacheile von Flugzeugen mit Drogenkurieren in den mexikanischen Luftraum wurde vom damaligen mexikanischen Präsidenten de la Madrid abschlägig beschieden, Bazyler, Whittier L. Rev. 8 (1986), 685, 696.

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I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

mutmaßlichen Mörder ab, der bei Gelegenheit einer solchen grenzüberschreitenden Verfolgung von Banditen durch US-Militär ergriffen wurde. 26 Auch bis zu der im März 1995 erfolgten türkischen Militäraktion im Nordirak soll eine Verständigung der Regierungen der Türkei und des Iraks vorgelegen haben, derzufolge türkische Sicherheitskräfte zur Bekämpfung der PKK auch aufirakisches Gebiet vordringen durften. 27 Eine solche Übereinkunft zwischen Regierungen bzw. den zuständigen Fachministerien stellt unabhängig von der Frage der Ein- oder Gegenseitigkeit eine völkerrechtlich wirksame Einwilligung dar. Ob eine solche Übereinkunft schriftlich fixiert oder nur mündlich getroffen ist, stellt deren Wirksamkeit wegen des Prinzips der Forrnfreiheit im Völkerrecht ebenfalls nicht in Frage. 28

bb) völkerrechtlicher Vertrag Soweit eine Einwilligung zur Festnahme durch Organe eines anderen Staates durch einen völkerrechtlichen Vertrag erteilt wird, bestimmt sich die Zuständigkeit zum wirksamen Vertragsabschluß für Vertragsparteien des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge 29 nach Art. 7 und 8. Diese Regeln kodifizierten im wesentlichen Völkergewohnheitsrecht. 30 Sie gelten daher auch für Staaten, für die das Wiener Übereinkommen mangels Ratifikation oder Beitritt keine völkervertragliche Wirkung entfaltet hat.

(1) Deutsch-Österreichisches Grenzabjertigungsablwmmen (Fall Dr. Löffler)

Eine völkervertragliche Einwilligung in allgemeiner Form wollte das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in seiner Entscheidung zum Fall Dr. Löffle?! Art. 5 Abs. 1 des Abkommens vom 14. September 1955 zwischen der 26 Dominquez v. State (Texas Court of Criminal Appeals 1921), 234 S.W. 79, 18 A.L.R. 503; siehe hierzu Note, Yale L.J. 31 (1921/22),443 f; Note, Mich. L. Rev. 20 (1922), 536 f. und Dickinson, AJIL 28 (1934), 231, 233. 27 Fastenrath, Der türkische Militäreinsatz im Irak, F.A.Z., 27.3.1995, S. 2; Breutz, Der Protest im Völkerrecht 1997, S. 151. 28 Vg\. IGH, NucIear Test Cases, ICJ Reports 1974, 253, 267; 457, 473, Ziff.48; YPILC 1979, vo\. H., part two, Draft articIes on State responsibility, Commentary to articIe 29, 112: "As in the case of other expressions of the will of the State, it may be tacit or implicit, provided, however, that it is always clearly established." Vg\. auch Verdross/ Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, § 660, 424 m.w.N. 29 BGB\. 1985 H 926. 30 Vg\. Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl. 1984, § 687, 442 f; von Heinegg, in: Ipsen, Völkerrecht, 3. Aufl. 1990, § 10, Rz. 4, \06 f

1. Einseitiges Handeln

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Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Erleichterungen der Grenzabfertigung im Eisenbahn-, Straßen- und Schiffsverkehr32 entnehmen. Der deutsche Staatsangehörige Dr. Löffler mit festem Wohnsitz in Österreich war vom österreichischen Zollamt zur Besprechung von Zollformalitäten wegen der Einfuhr von Umzugsgut in die auf österreichischem Hoheitsgebiet liegende, von Österreich und Deutschland gemeinsam genutzte Grenzdienststelle Bayrisch GmainiGroß Gmain gebeten worden. Die Abfertigung von deutscher Seite war bereits drei Tage vorher erfolgt. Ein Grenzübertritt war nicht beabsichtigt. Nach Ende der Besprechung wurde Dr. Löffler beim Verlassen des Dienstgebäudes von der bayerischen Polizei innerhalb der Grenzabfertigungszone überwältigt, festgenommen und sodann ohne Absprache mit österreichischen Beamten auf deutsches Hoheitsgebiet verbracht. Eine genauere Betrachtung des deutsch-österreichischen Grenzerleichterungabkommens zeigt, daß die vom OLG behauptete Befugnis nicht haltbar ist. Gemäß Art. 4 Abs. 5 des Abkommens dürfen die Bediensteten des Nachbarstaates zwar, soweit nichts anderes bestimmt ist, "alle Vorschriften ihres Staates über die Grenzabfertigung im Gebietsstaat in gleicher Weise, in gleichem Umfang und mit gleichen Folgen wie im eigenen Staat durchführen." Art. 5 Abs. 1 schließlich bestimmt: "Zu den im Artikel 4 Absatz 5 erwähnten Befugnissen gehört auch das Recht der Festnahme und zwangsweisen Zurückweisung. Die Bediensteten des Nachbarstaates sind jedoch nicht befugt, Angehörige des Gebietsstaates auf dessen Gebiet festzunehmen, in Haft zu halten oder in den Nachbarstaat zu verbringen. Sie dürfen aber diese Personen der eigenen vorgeschobenen Grenzdienststelle oder, wenn eine solche nicht besteht, der Grenzdienststelle des Gebietsstaates zur schriftlichen Aufnahme des Sachverhaltes vorfUhren." Aus dem ausdrücklichen Verbot des Satzes 2, Angehörige des Gebietsstaates festzunehmen und in den Nachbarstaat zu verbringen, könnte zwar e contrario gefolgert werden, daß dieses Verbot offensichtlich fur Angehörige anderer Staaten nicht gelte, Abs. 2 dieses Artikels bestimmt aber ausdrücklich: 31 NStZ 1995, 552, 553 (mit Anm. Wilske): "Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen entsprach die Festnahme dem Gesetz und verstieß nicht gegen Regeln des Völkerrechts. Die Beamten waren nach Art. 5 Abs. 1 des Abkommens vom 14. September 1955 ... befugt, im Bereich der gemeinsam genutzten Grenzstation den Angeklagten auch auf österreichischem Gebiet festzunehmen." 32 BGB!. 195711 581, geändert durch Abkommen vom 21.1.1975 und Abkommen vom 16.9.1977, BGB!. 197911 110 und Abkommen vom 30.7.1990, BGB!. 1992 II 1198.

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I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung "Bei Maßnahmen nach Absatz 1 ist unverzüglich ein Bediensteter des Gebietsstaates hinzuzuziehen."

Dieses Hinzuziehen von Bediensteten des Nachbarstaates ist schon deshalb notwendig, um sicherzustellen, daß keine Angehörige des Gebietsstaates festgenommen und in den Nachbarstaat verbracht werden. Schließlich kann von keinem Grenzpolizisten erwartet werden, mit bloßem Auge Staatsangehörige des Gebietsstaates von denen des Nachbarstaates unterscheiden zu können. Eine Vertragsauslegung, die es Bediensteten des Nachbarstaates erlauben würde, auf Verdacht Personen auf dem Hoheitsgebiet des Gebietsstaates ohne Mitwirkung von dessen Bediensteten festzunehmen und in den Nachbarstaat zu verbringen, dann aber rückwirkend Rechtswidrigkeit anzunehmen, wenn die Überprüfung zeigte, daß die festgenommene Person Staatsangehöriger des Nachbarstaates wäre, enthält einen systematischen Widerspruch. 33 Das hier besprochene Abkommen war zudem überhaupt nicht anwendbar, da keine Grenzabfertigung vorlag. Nach der Legaldefinition des Art. 2 lit. a bezeichnet der Begriff "Grenzabfertigung" "die Durchführung aller Vorschriften der vertragsschließenden Teile, die aus Anlaß des Grenzübertritts von Personen und der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Waren oder von Werten, die den Devisenbestimmungen unterliegen, anzuwenden sind."

Der Vorgang war von deutscher Seite aber bereits abgeschlossen. Die Besprechung mit dem österreichischen Zoll diente lediglich der einfuhrrechtlichen Klassifizierung des Umzugsgutes, also der Bestimmung des Einfuhrzolles. Hierbei handelte es sich aber um einen internen Vorgang Österreichs, der nicht mehr vom Begriff der Grenzabfertigung im Sinne des Art. 2 lit a des Abkommens umfaßt ist. Selbst wenn man den Begriff der Grenzabfertigung so weit fassen wollte, daß er auch noch interne Vorgänge des Einfuhrstaates umfaßt, wäre hier eine Maßnahme der Bundesrepublik nicht mehr zulässig gewesen. Art. 4 Abs. 2 des Abkommens bestimmt nämlich: "Nach Beginn der Grenzabfertigung des Eingangsstaates ... dürfen die Bediensteten des Ausgangsstaates die Grenzabfertigungshand!ungen nicht mehr nachholen oder wiederaufnehmen, es sei denn, daß die beteiligte Person es verlangt und die Bediensteten des Eingangsstaates damit einverstanden sind."

Eine Auslegung des Abkommens im Lichte seines Zieles und Zweckes, wie sie von Art. 31 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge 34 gefordert wird, ließe im übrigen eine derart weitgehende Einräumung von Hoheitsrechten an einen anderen Staat, ohne Anhaltspunkte für einen diesbezügli-

33 34

Vgl. Wilske, NStZ 1995,553. 1155 U.N.T.S. 331; BGBl. 1985 II 926.

I. Einseitiges Handeln

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ehen Willen, nicht zu. Dementsprechend protestierte der österreichische Botschafter am 18. Januar 1995 in Bonn beim Auswärtigen Amt anläßlich einer persönlichen Vorsprache energisch gegen die aus österreichischer Sicht rechtswidrige Verbringung von Dr. Löffler in die Bundesrepublik. 35 In einer dem Auswärtigen Amt übergebenen Notiz der österreichischen Botschaft vom 18. Januar 1995 wurde festgehalten, daß das Grenzabkommen mangels Grenzabfertigung im Sinne des Art. 2 lit a nicht zur Anwendung komme. 36 Am 24. März 1995 wurde eine entsprechende Protestnote von der Österreichischen Botschaft in Bonn an das Auswärtige Amt übersandt, in der explizit geltend gemacht wurde, daß eine Festnahme auf österreichischem Hoheitsgebiet durch deutsche Polizisten der Beiziehung eines österreichischen Bediensteten bedürfe. 37 Der deutsche Standpunkt wurde in einer Verbalnote des Auswärtigen Amts vom 6. Oktober 1995 ohne nähere Begründung aufrechterhalten. 38 Das Landgericht Salzburg hatte schon am 2. August 1995 eine Voruntersuchung gegen die an der Festnahme beteiligten bayerischen Grenzpolizisten angeordnet und ein entsprechendes Rechtshilfersuchen gestellt. 39

(2) Andere bilaterale Grenzabjertigungsverträge

Das Abkommen zur Erleichterung der Grenzabfertigung mit Frankreich hat ein Festnahmerecht von Bediensteten des Nachbarstaates ausdrücklich ausge35 Schreiben des österreichischen Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten an Dr. Löffler vom 9.7.1996; siehe Anlage 1. Vermerk des Auswärtigen Amts vom 24.1. 1995, Az. 511-531.41/58-94; siehe Anlage 2. 36 Notiz der Österreichischen Botschaft Bonn vom 18.1.1995; siehe Anlage 3. 37 Verbalnote der Österreichischen Botschaft in Bonn vom 24.3.1995; siehe Anlage 4. 38 Verbalnote des Auswärtigen Amts vom 6.10.1995, Az.: 511-531.41158-95; siehe Anlage 5. Immerhin trug das Auswärtige Amt in einer Verbalnote vom 4.9.1995 (siehe Anlage 6) vor, daß in der Praxis bei eigenen Staatsangehörigen keine Konsultation der Bediensteten des Gebietsstaates erfolge, also möglicherweise eine implizite Vertragsänderung stattgefunden habe. Nicht erklärt wurde aber, wie die jeweiligen Bediensteten erkennen, ob sie einen deutschen oder österreichischen Staatsangehörigen vor sich haben. Zudem wurde erstmals die passive Anwesenheit eines österreichischen Bediensteten bei der Festnahme geltend gemacht. Fraglich ist aber, ob die bloße Anwesenheit in jedem Fall der von Art. 5 Abs. 2 des Abkommens geforderten Hinzuziehung entspricht. 39 Vgl. hierzu die parlamentarischen Anfragen des Abgeordneten Freimut Duve, BTDrs. 13/9962, S. 10-12 und des Nationalrats Rudolf Anschober, PARL 7168/1-Pr 1/97. Das Rechtshilfeersuchen wurde vom Amtsgericht Laufen mit Schreiben vom 1.7.1998 zurückgewiesen, da nach Auffassung der Bundesregierung die Erledigung des Ersuchens dem Grundsatz der Staatenimmunität widersprechen würde; Geschäfts-Nr. 3 AR 67/96, 4 AR 49/96; siehe Anlage 7.

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I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

schlossen. 4o Die Abkommen mit der Schweiz4 \ Dänemark42 , Belgien43 , Luxemburg44 und den Niederlanden4s legen allesamt fest, daß Amtshandlungen des Eingangsstaates erst nach Durchfiihrung der Amtshandlungen des Ausgangsstaates erfolgen dürfen. Dies hat zur Folge, daß Festnahmen durch den Nachbarstaat unter Kontrolle von Bediensteten des Gebietsstaates stattfinden. Das Abkommen mit der Schweiz schließt - quasi in Vorwegnahme des Falles Dr. Löffler - eine Festnahme von Personen aus, die sich aus anderen Gründen als zum Grenzübertritt in die Grenzabfertigungszone begeben. 46 Die genannten Abkommen schließen auch allesamt eine Festnahme, Verhaftung oder Zurückverweisung in den Nachbarstaat von Staatsangehörigen des Gebietsstaates durch Bedienstete des Nachbarstaates aus. Auch diese Bestimmung verhindert unkontrollierte Polizeizugriffe, da die Rechtmäßigkeit der genannten Polizeimaßnahmen Kenntnis der Staatsangehörigkeit der betreffenden Person voraussetzt. Zumindest die von Deutschland geschlossenen Grenzabfertigungsabkommen stellen daher nur fiir einen eng definierten und kontrollierbaren Sachbereich eine Einwilligung in eine Festnahme und Verbringung ins Ausland durch ausländische Staatsorgane dar.

40 Abkommen vom 18.4.1958 über nebeneinanderliegende nationale Grenzabfertigungsstellen und Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfe an der deutsch-französischen Grenze, BGBI. 1960 11 1533, Art. 6 Abs. I Satz 2. 41 Abkommen vom 1.6.1961 über die Errichtung nebeneinanderliegender Grenzabfertigungsstellen und die Grenzabfertigung in Verkehrsmitteln während der Fahrt, BGBI. 1962 11 877, geändert durch Abkommen vom 12.4.1989, BGB\. 1991 11 291. 42 Abkommen vom 9.6.1965 über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Einrichtung von Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen an der deutsch-dänischen Grenze, BGBI. 1967 11 1521. 43 Abkommen vom 15.5.1956 über die Errichtung nebeneinanderliegender nationaler Grenzabfertigungsstellen, über die Grenzabfertigung in Zügen während der Fahrt und über die Bestimmung von Gemeinschafts- und Betriebswechselbahnhöfen, im Verkehr über die deutsch-belgische Grenze, BGB\. 1958 11 190, 358. 44 Abkommen vom 16.2.1962 über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Errichtung von Oemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen an der deutschluxemburgischen Grenze, BOB\. 196311 141. 45 Abkommen vom 30.5.1958 über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Einrichtung von Oemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen an der deutschniederländischen Grenze, BOBI. 196011 2181, geändert durch Abkommen vom 23.5. 1975, BGBI. 1976 11 569. 46 Art. 5 Abs. 2.

I. Einseitiges Handeln

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(3) Übereinkommen zur Durchfohrung des Übereinkommens von Schengen

Das Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen47 berechtigt zwar nach Art. 41 unter bestimmten Umständen zur Nacheile und ausnahmsweise zum Festhalten der verfolgten Person, ein förmliches Festnahmerecht liegt aber in jedem Fall bei den Beamten des Gebietsstaates. Die Verbringung festgenommener Personen richtet sich darüberhinaus nach den Bestimmungen der Auslieferungsabkommen. 48

b) Ad hoc-Einwilligung

Grundsätzlich wird der Staat im auswärtigen Verkehr durch die nach Landesrecht hierfür zuständigen Organe wie Staatsoberhaupt, Regierungsmitglieder und Diplomaten vertreten. 49 Ein Staat, der eine Festnahme im Ausland durchführen möchte, darf also nicht auf die Einwilligung eines beliebigen Grenzpolizisten vertrauen, sondern muß sich an die zur völkerrechtlichen Vertretung autorisierten Organe wenden. 50 Dies werden regelmäßig der Staatspräsident, Regierungschef, Außenrninister, oder, über die Vermittlung der außenpolitischen Vertreter des Gebietsstaates, der Justizminister sein. 51 Gerade in mittel- und lateinamerikanischen Staaten, in denen besonders häufig Zugriffe US-amerikanischer Polizeikräfte zu verzeichnen sind, läßt sich oftmals schwer bestimmen, wer eine Einwilligung erteilte. Als Ausnahmefall

47 Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14.6.1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen, BGB!. 1993 Ir \0\3; zur Praxis der Nacheile im beigisch-französischen Verhältnis vg!. NJW Nr. 20/1995, S. XXXVII, Belgien erhebt Vorwürfe gegen "Schengen"-Partner Frankreich, sowie F.A.Z., 17.5.1995, S. I: Frankreich wird "Recht auf Nacheile" in Kürze gewähren. 48 Vg!. Art. 41 Abs. 6 Satz 3. 49 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl., 1984, §§ 873 ff., 559 ff. so Vg!. Henkin, General Course on Public International Law, RdC 216 (\ 989 IV), 9, 313: " ... the acts or omissions of local authorities may be attributable to the State for some purposes, but generally are not sufIicient to constitute State consent to foreign police activities." Im Fall Dr. Löffler wäre also das stillschweigende Einverständnis des österreichischen Grenzbeamten nicht ausreichend gewesen. Dieser soll nach nach Augenzeugenberichten erst eingeschritten sein, als die bayerischen Polizisten der österreichischen Lebensgefährtin des Entführten Gegenstände entreißen wollten. SI Vg!. Meyer-Lindenberg, Organe des völkerrechtlichen Verkehrs, in: Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV, 2. Aufl., Bd. Ir, 1961, 668 ff.; Barberis, Representatives of States in International Relations, in: Bernhardt (ed.), EPIL, Instalment \0 (1987), 353, 354.

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I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

sei hier der Fall von Luis Arce G6mei 2 genannt, der in einer von den USA organisierten Polizeiaktion in die USA verbracht wurde. Die Aktion war vom bolivianischen Staatspräsidenten Jaime Paz Zamora persönlich genehmigt worden. Da nach der bolivianischen Verfassung eigene Staatsangehörige nicht ausgeliefert werden dürfen, geriet die Regierung von Paz Zamora unter starken innenpolitischen Druck und stand kurz vor dem Sturz. Paz Zamora selbst harte Mühe, ein eingeleitetes Amtsenthebungsverfahren zu überstehen. 53 Der Fall macht aber auch die Schwierigkeit deutlich, in Staaten, in denen auf Regierungsebene Korruption und Kriminalität anzutreffen sind, 54 Entscheidungsträger zu finden, die zur Abgabe völkerrechtlicher Erklärungen anerkannt werden können. Die US-amerikanische Praxis behalf sich in solchen Fällen häufig durch Kooperation mit vertrauenswürdigen OffIzieren von Polizei oder Militär. 55 Das Restatement verlangt demgegenüber die Einwilligung von ordnungsgemäß bevollmächtigten Entscheidungsträgern. 56 52 Arce Gomez war von 1989 bis 1981 Innenminister Boliviens und hatte sich in den USA einen Ruf als "Kokainminister" erworben, N.Y. Times, 13 Dec 1989, B 11 "Former Bolivian Interior Minister Held in U.S. on Cocaine Charges". 53 Nadelmann, N.Y.U. 1. Int'l L. & Pol. 25 (1993), 813, 876 f. m.w.N. 54 Wegen Geldwäsche und/oder Drogendelikten hatten sich in den USA unter anderem ein Premierminster und ein weiteres Kabinettsmitglied der Turks- und Caicos-Inseln zu verantworten (Nordheimer, N.Y. Times, 6 Mar 1985, AI: Head of Isles Near Bahamas Accused of Drug Plot); ebenso ein Minister von Belize (Nordheimer, N.Y. Times, 9 Apr 1985, A15: U.S. Accuses Ex-Minister from Belize in Plot to Import Marijuana), der Befehlshaber der Armee von Suriname, der dort als zweitmächtigste Person galt (N.Y. Times, 27 Mar 1986, B13: Suriname Official Held in Drug Case) und das defacto Staatsoberhaupt von Panama Manuel Noriega (United States v. Noriega, 746 F.Supp. 1506 (S.D.Fla 1990)). Siehe auch Rohter, Colombian Tumcoat Teils Miami Court Samper Took Drug Money, N.Y. Times, 25 Jul 1997, A3 ("Testifying in a drug trial here, the chief accountant of Colombia's Cali cocaine trafficking ring said he personally arranged for nearly $ 6 million in covert campaign donations to the Colombian President, Ernesto Samper, and that before taking office Mr. Samper met secretly with traffickers to discuss ways they could avoid long jail terms.") Hierzu auch: Der Spiegel, 5011996 (9.12.1996), S. 46: Drogenstaat Kolumbien. Vgl. auch Weiner, ALeader ofFormer Haitian Junta Is Charged With Smuggling Tons ofDrugs to U.S., N.Y. Times, 8 Mar 1997, 6. 55 Nadelmann, N.Y.U. 1. Int'l L. & Pol. 25 (1993), 865. 56 Restatement (Third) ofForeign Relations Law ofthe United States, 1987, § 432 (2): ,,A state's law enforcement officers may exercise their functions in the territory of another state only with the consent of the other state, given by duly authorized officials of that state." Ähnlich Henkin, General Course on Public International Law, RdC 216 (1989 IV), 9, 313: "International law, sensitive to State autonomy and impermeability, requires that any consent to such entry be authentically that of high officials who authoritatively repre-

sent the State ... "

I. Einseitiges Handeln

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aa) Ausbleibender Protest als Beleg für vorherige Einwilligung? Naheliegend ist der Gedanke, die vorherige Einwilligung eines zuständigen Organs dann anzunehmen, wenn nach Bekanntwerden der extraterritorialen Polizeiaktion eines anderen Staates kein Protest der Regierung des Gebietsstaates erfolgt. 57 Eine solche Auslegung von Schweigen könnte sich besonders in Fällen massiver Kooperation von Organen des Gebietsstaates anbieten. Als Beispiel hierfür sei der Fall des aus einer US-Strafanstalt entflohenen honduranischen Staatsangehörigen Juan Ramon Matta Ballesteros genannt, der geltend machte, er sei von den USA aus Honduras entführt worden. 58 Da Honduras keine eigenen Staatsangehörigen ausliefert, durfte dieser sich dort sicher fühlen. Matta Ballesteros wurde in den Morgenstunden des 5. April 1988 auf seinem Anwesen von honduranischen Spezialtruppen und US-Marshals festgenommen. Ihm wurde eine schwarze Kapuze aufgesetzt und auf dem Boden des Fahrzeugs der US-Marshals liegend, wurde er von diesen zum nächsten USLuftwaffenstützpunkt gefahren und von dort aus direkt in die USA geflogen. Die Aktion löste die schlimmsten anti-amerikanischen Reaktionen in der honduranischen Geschichte aus, in deren Verlauf das US-amerikanische Konsulat in Tegucigalpa von einer wütenden Menge in Brand gesetzt wurde. 59 Der Präsident von Honduras erklärte für zwei Städte, begrenzt auf fünfzehn Tage, den Notstand. 60 Die Ausschreitungen kosteten mindestens vier Menschen das Leben. 61 Zahlreiche honduranische Politiker traten aus Protest gegen die Polizeiaktion zuriick. 62 Auch ein Gesetzentwurf wurde in Folge der Festnahme des populären Drogenhändlers im Parlament eingebracht. 63 Ein Protest von Regie-

57 United States v. Verdugo-Urquidez, 939 F.2d 1341, 1352 f. (9th Cir.); Semmelman, Colum. 1. Transnat'l L. 30 (1992), 513, 552; vgl. auch Amelunxen, GS-Karlheinz Meyer, 1990,643,650 ("beredtes Schweigen"). 58 Matta-Ballesteros v. Henman, 896 F.2d 255 (7th Cir. 1990). 59 Matta Ballesteros war aufgrund großzügiger Spenden an karitative Einrichtungen und Sportvereine vor allem bei ärmeren Bevölkerungsschichten sehr beliebt; vgl. Stearns, Wis. Int'l LJ. 10 (1991), 78, 85, Fn. 50; Rohter, Seized Honduran: Drug Baron or Robin Hood? N.Y. Times, 16 Apr 1988, A4: "Outside Mr. Matta's Honduran-Cuban Tobacco Company, there was concern that his arrest would hurt the local economy." 60 Stearns, Wis. Int'l L.I. 10 (1991), S. 87. 61 Lowenfeld, AJIL 84 (1990), 444, 447, Fn. 13; Jones, Tex. Int'l L.J. 27 (1992), 211, 241 f.; Magnuson, Trouble in Tegucigalpa - A daring V.S. abduction triggers riots in Honduras, Time, 18 Apr 1988, 27; N.Y. Times, 8 Apr 1988, AI und A9: Hondurans Riot at V.S. Offices; Four Said to Die. 62 Stearns, Wis. Int'l L.1. 10 (1991), 78, 88, 1 17. 63 Matta-Ballesteros v. Henman, 896 F.2d 255 (7th Cir. 1990); Stearns, Wis. Int'l L.J. 10 (1991),117.

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rung, Präsident oder Parlament erfolgte aber nicht. Unklar blieb, ob der Aktion eine Übereinkunft auf Regierungsebene oder nur auf lokaler Ebene zugrunde lag. 64 Nadelmann berichtet, daß die Aktion mit "ausgewählten honduranischen Beamten" abgestimmt war. 65 Nach Steams soll massiver politischer und ökonomischer Druck auf Honduras ausgeübt worden sein, was eher dafür spricht, daß die Einwilligung der Regierung angestrebt war. 66 Eine offizielle Stellungnahme der honduranischen Regierung erfolgte aber nicht. Der Sprecher von Präsident Jose Azcona Hoyo behauptete sogar, er habe gehört, Matta Ballesteros sei bei einem Treffen von Drogenhändlern in Costa Rica festgenommen worden. 67 Tatsächlich liegt wohl in vielen Fällen solch undurchsichtiger Praktiken ein Einverständnis von zuständiger Seite vor, auch wenn dies nicht publik werden soll. 68 Der nachfolgende Protest hat daher durchaus klarstellende Funktion, auch wenn wiederum nicht jeder Protest ernst gemeint ist. 69 Das Manko einer Auslegung ausbleibenden Protests als Einwilligung des zuständigen Organs liegt aber darin, daß andere Gründe für das Schweigen ausgeblendet werden. Das zuständige Organ kann angesichts der Faktizität der Ereignisse einen Protest für sinnlos halten. Ebenso können nachteilige Reaktionen von einem wirtschaftlich dominierenden Entführerstaat befürchtet werLowenfeld, AJIL 84 (1990), 444, 448. Nadelmann, N.Y.U. J. Int'l L. & Pol. 25 (\993), 815, 871: " ... agents ofthe DEA and the U.S. Marshai Service worked quickly and discreetly to devise a plan whereby Matta would be quickly arrested and flown out of the country and thus deprived of any opportunity either to appeal to the courts or to contact his powerful protectors within the govemment." 66 Nadelmann, N.Y.U. J. Int'l L. & Pol. 25 (\ 993),886. 67 Magnuson, Time, \8 Apr \988, 27. 68 Fleteher, Va. J. Int'1 L. 32 (\99\), 233, 259; Semmelman, Colum. J. Transnat'1 L. 30 (\992), 5\3, 552 m.w.N.; vgl. insbesondere auch den Diskussionsbeitrag von Sofaer, ehemaliger Legal Adviser im US State Departrnent, in: Nova L. Rev. 15 (\ 991), 842 f.: "Now I would submit to you, having read every reported case of seizures abroad and having heard about many non-reported cases that I could get my hands on, and I have some wonderful people working for me in the Legal Advisers' Office, that almost always these seizures occur with the consent ofthe state involved." 69 Vgl. Nadelman, N.Y.U. J. Int'1 L. & Pol. 25 (1993), 813, 865 mit einem sehr eindrucksvollen Beispiel; Horan, Ga. J. Int'l & Comp. L. 21 (1991), 525, 535. Erfolgt ein "Protest" nur zur Verschleierung des tatsächlichen Einverständnisses und ohne daß Rechtsfolgen damit verbunden sein sollen, hat dieser keine völkerrechtliche Bedeutung. Zu den Rechtsfolgen eines wirksamen Protestes: Karl, Protest, in: Bemhardt (ed.), EPIL 1\ (1986),320,322; Kunz, Protest, in: Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV 11, 2. Aufl., 8\0, 81\ f. 64

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den70 oder das Eingeständnis soll vermieden werden, die Vorgänge im eigenen Staat nicht kontrollieren zu können. Das Ausbleiben eines Protestes kann daher möglicherweise als Indiz 71 , keineswegs aber als Beleg dafür gewertet werden, daß der Aktion eine Einwilligung des zuständigen Organs zugrunde lag. 72

bb) Kriterien für völkerrechtliche Zuständigkeit Grundsätzlich dürfen völkerrechtliche Organzuständigkeiten nicht überspielt und die verschiedenen Hiercharchieebenen des Gebietsstaates nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das heißt, die Einwilligung zu einer extraterritorialen Polizeiaktion muß bei dem nach der Rechtsordnung des Gebietsstaates für die völkerrechtliche Vertretung zuständigen Organ eingeholt werden. 73 Allein der Umstand, daß vom zuständigen Organ die Einwilligung aus möglicherweise auch eigennützigen Gründen verweigert wird, rechtfertigt grundsätzlich nicht, dessen völkerrechtliche Zuständigkeit in Zweifel zu ziehen und bei unzuständigen Organen um Einwilligung anzufragen. Eine von unzuständigen Organen erteilte Einwilligung ist völkerrechtlich nicht wirksam. Dieser Grundsatz bedarf einer Einschränkung in zweifacher Hinsicht. Zum einen ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Effektivität nicht nur auf den Wortlaut der landesrechtlichen Kompetenzzuweisungen abzustellen, sondern auch auf deren tatsächliche Handhabung. 74 Das Völkerrecht stellt nämlich grundsätzlich auf die effektiv wirksame Machtausübung ab. 75 In manchen Staaten wird in beständiger und ununterbrochener Praxis von geschriebenen Verfassungsbestirnmungen abgewichen. In solchen Fällen hat die ständige abweichende Praxis aus der Sicht des Völkerrechts verfassungsändernde Wirkung. 76 Dies hat zur Folge, daß in einem Staat, in dem Entscheidungen über die

70 Vgl. bspw. die Drohung von US-Präsident Nixon gegenüber Paraguay, im Falle der Auslieferungsverweigerung eines mutmaßlichen Drogenhändlers die US-Wirtschaftshilfe zu streichen und Darlehensanträge bei Weltbank und Interamerikanischer Entwicklungsbank nicht zu unterstützen, Nadelman, N.Y.U. J. Int'l L. & Pol. 25 (1993), 862. 71 Lonner, J. Crim. L. & Criminology 83 (1993),998,1009. 72 So auch der Kommentar der Völkerrechtskommission zu Artikel 29 des Entwurfs zur Staatenverantwortlichkeit, YBILC 1979, vol. 11, part two, 112, Ziff. (14): "Moreover, the consent must always be really expressed. It can in no way be ,presumed'." 73 Vgl. Ipsen, in: Ders., Völkerrecht, Rdnr. 3, 509; vgl. auch Ader, Gewaltsame Rettungsaktionen zum Schutz eigener Staatsangehöriger im Ausland, 1988, 38-73. 74 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl., 1984,442, 559. 75 Verdross/Simma, ebd., 559.

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1. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

Einwilligung zu extraterritorialen Polizeiaktionen anderer Staaten trotz anderslautender landesrechtlicher Vorschriften tatsächlich ausschließlich vom Militär getroffen werden, eine solche Einwilligung völkerrechtlich wirksam ist. 77 Zum anderen bedarf es auch in Fällen der stillschweigenden Duldung kompetenzwidriger Wahrnehmung von Entscheidungsgewalt einer Modiflzierung der obigen Regel. Informelle Praktiken zur Erlangung von Personen jenseits der Grenze beruhen häuflg auf lokaler Kooperation untergeordneter Dienststellen, entziehen sich also der Kenntnis der nach Landesrecht sachlich zuständigen Organe. 78 Gerade in Lateinamerika hat lokale Kooperation in Fragen informeller Personenbeschaffung eine zum Teil jahrzehntelange Tradition/9 der von den zuständigen Stellen, wenn sie nicht toleriert wird, so doch zumindest nicht energisch entgegengetreten wird. so Wenn solche stillschweigenden Kompetenzverlagerungen über einen längeren Zeitraum geduldet werden, muß sich der Staat hieran wegen des aus dem Bona-jides-Prinzip abgeleiteten Verbot des venire contra factum proprium bzw. des Estoppel-Prinzips festhalten lassen. 81 Sind sich in solchen Fällen also lokale Organe über die Zulässigkeit bestimmter extraterritorialer Polizeirnaßnahmen einig, liegt trotz fehlender Organzuständigkeit eine wirksame Einwilligung vor. Sobald der Gebietsstaat aber deutlich macht, daß er der bisherigen kompetenzwidrigen Praxis entgegenwirken möchte, hat sich die Zuständigkeit wieder nach den landesrechtlich festgelegten Kompetenzzuweisungen zu richten. 82 76 Vgl. Barberis, Representatives of States in International Relations, in: Bernhardt (ed.), EPIL, Instalment 10 (1987), 353, 354. 77 Vgl. Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl., 1984, 442 zum Fall des Parteichefs in Einparteienstaaten, der auch Staatsfunktionen ausübt, ohne Staatsoberhaupt oder Regierungschef zu sein. 78 Vgl. Stearns, Wis. Int'l LJ. 10 (1991), 78, 103 (" ... the nurnber of irregular renditions, where local authorities have acted under the color of law to render fugitives without the proper authority, have increased significantly in the last fifteen years."); vgl. Semmelman, Colum. 1. Transnat'l L. 30 (1992), 513, 552. 79 Vgl. bspw. Jones, Tex. Int'l L.J. 27 (1992), 211,243. 80 Vgl. hierfür Bassiouni, International Extradition, 195: "There are ( ... ) nurnerous cases involving agents of neighbouring states who seek to circumvent fonnal processes by acting on their own. In such cases, however, their conduct is known to their superiors and cannot be deemed wholly private." 81 Vgl.lpsen, in: Ders., Völkerrecht, 3. Aufl., 1990, § 36, Rz. 13, 17,512 f. 82 Vgl. "Bundespolizei in Mexiko soll refonniert werden", F.A.Z., 26.5. I 994, S. 2; dem Bericht zufolge hat die mexikanische GeneralstaatsanwaItschaft eine "umfassende Neuorganisation" der Bundespolizei angekündigt, nachdem führende Polizeikräfte der Korruption und des Amtsmißbrauchs beschuldigt wurden; ebenso sollen illegale Aktionen von

I. Einseitiges Handeln

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c) Militärische Besetzung Schwierigkeiten bereitet mitunter auch die Frage, wer für eine Einwilligung zuständig ist, wenn der Gebietsstaat, in dem die Person sich aufuält, von einem anderen Staat militärisch besetzt ist. Eine solche Situation lag dem US-amerikanischen Fall Ker v. Illinois zugrunde. 83 Die US-Regierung hatte im Jahre 1883 den Pinkerton-Detektiv Julian beauftragt, bei der peruanischen Regierung die Auslieferung des wegen Betrugs und Unterschlagung gesuchten US-amerikanischen Staatsangehörigen Ker zu beantragen. Da aber die peruanische Hauptstadt zu dieser Zeit noch von chilenischen Truppen besetzt und die peruanische Regierung unerreichbar in den Bergen war,84 wandte sich Julian an den Kommandeur der chilenischen Besatzungstruppen Admiral Lynch. 85 Dieser befahl, Julian bei der Festnahme von Ker behilflich zu sein. Ker wurde so mit Einwilligung und Unterstützung des chilenischen Besatzungskommandeurs auf ein US-amerikanisches Kriegsschiff verbracht. 86 Ähnlich erging es dem US-Staatsangehörigen Douglas Chandler, der von 1941 bis 1945 in Deutschland fur das NS-Regime als Rundfunkkommentator tätig war. Nach einer ersten Verhaftung und Wiederfreilassung im Jahre 1945 wurde er 1946 in Bayern erneut von US-Streitkräften verhaftet und in die USA gebracht, wo er wegen Verrats verurteilt wurde. 87

"Sondereinheiten" künftig gestoppt werden; ähnlich "Das Militär übernimmt in Rio Polizeigewalt", F.A.Z., 2.11.1994, S. 5. Vgl. auch Taylor, Nat'1 L.J., December 3, 1990, 3: ,,,We are taking this case seriously,' says Heman 1. Ruiz, counsel in charge ofprotection of civil rights at the Mexican govemment's Houston office. ,We feel that from now on we want to stop this kind of practice. '" 83 Ker v. IIIinois, 30 L.Ed 421 (1886). 84 Grenzstreitigkeiten zwischen Chile und Bolivien hatten das mit Bolivien verbündete Peru in den sogenannten Salpeterkrieg (1879-1883) verwickelt. Die Besetzung Limas erfolgte am 17. Januar 188 \. 85 Zur Person und Lebensgeschichte des Admiral Patrick Lynch Fairman, AJIL 48 (1954),294. 86 Fairman, AJIL 47 (1953), 678, 685; Bassiouni, International Extradition, vol. I, 1987; der genaue Sachverhalt war dem Supreme Court offensichtlich nicht bekannt, denn er ging in seiner Entscheidung offenbar - ohne Würdigung der spezifischen Umstände von einem eigenmächtigen Handeln Julians aus, Ker v. IIIinois, 30 L.Ed. 421, 424 (1886): " ... the facts show that this was a c1ear case ofkidnapping within the dominions ofPeru, ... " 87 Chandler v. United States, 171 F.2d 921 (Ist Cir. 1948), certiorari denied, 336 U.S. 918, rehearing denied, 336 U.S. 947 (1949); vgl. auch den Fall des Rundfunksprecher William Joyce, der in Großbritannien verurteilt wurde, ohne daß die Art seiner Verbrin-

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I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

Für den Fall Ker folgt ein Großteil der Literatur Fairman, der den Kommandierenden der Besatzungstruppen fiir die zuständige Stelle hält, eine Einwilligung zu erteilen. 88 Dabei stellt Fairman ausschließlich auf die Durchsetzbarkeit des Willens der Besatzungsmacht ab. 89 Andere Autoren werfen die Frage auf, ob durch die Besetzung die Gebietshoheit Perus in einem solchen Ausmaße geschmälert wurde, daß es sein Recht verlor, gegen eine ausländische Polizeiaktion zu protestieren. 9o Nichts anderes soll diesen Autoren zufolge im Fall Chandler gelten. Zum Teil wird aufgrund der bedingungslosen Kapitulation bereits die Staatlichkeit Deutschlands bestritten. 91 Zumindest ftir den Fall Ker ist das Abstellen auf eine Einwilligung der Besatzungsmacht aber nicht unumstritten. Garcia-Mora weist mit Recht darauf hin, daß der Auslieferungsvertrag zwischen Peru und den USA, ungeachtet der Feindseligkeiten zwischen Chile und Peru, nicht suspendiert war. 92 Da das Auslieferungsverfahren nur eine Möglichkeit darstellt, Personen in einen anderen Staat zu überstellen, kann allein hierauf nicht abgestellt werden. Das Völkerrecht gestattet der Besatzungsmacht grundsätzlich, innerhalb bestimmter Grenzen eigene Hoheitsgewalt im besetzten Gebiet auszuüben. 93 Ei-

gung dorthin problematisiert worden wäre, Joyce v. Director of Public Prosecutions, [1946] A.c. 347, hierzu 19narski, in: Bernhardt (ed.), EPIL, Instalment 8 (1985), 347 ff. und Ridder, ZgesStaatswiss. 108 (1952), 690. 88 AJIL 47 (1953), 678, 685 f.; Cardozo, AJIL 55 (1961),127,133; Bassiouni, vol. I, 197; ders., Vand. 1. Transnat'l L. 7 (1973), 25, 35; ders., Unlawful Seizures ofPersons by States as Alternatives to Extradition, in: ders. (ed.), International Terrorisrn and Political Crimes, 343, 354; Findlay, Tex. Int'l L.J. 23 (1988), I, 17; Sakellar, ASILS Int'l LJ. 2 (1978), 1, 12; Wedgwood, Am. U. 1. Int') & Pol'y 6 (1991), 537, 56 \. 89 Fairman, AJIL 37 (1953), 685 f.: "It is obvious that to obtain custody of a fugitive one deals with the power that can put its hands upon hirn." 90 Cardozo, AJIL 55 (1961), 133; Bassiouni, International Extradition, vol. I, 197; Findlay, Tex. Int') LJ. 23 (1988), 17; Sakellar, ASILS Int') LJ. 2 (1978), 12. 91 Bassiouni, Vand. J. Transnt'l L. 7 (1973) 25, 35: "There was no state whose sovereignty was offended by the action of foreign officers on its soil." Ähnlich Cardozo, AJIL 55 (1961), 133: "There was no sovereign whose sovereignty was offended ... " Für das Chandler verurteilende Bundesgericht war nur die Frage entscheidend, ob der deutschamerikanische Auslieferungsvertrag, völkerrechtliches Asylrecht oder innerstaatliches Recht verletzt war, was verneint wurde. n Garcia-Mora, Ind. LJ. 32 (1957), 427, 431, Fn. 23; kritisch auch Morgenstern, BYIL 29 (1952), 265, 273, Fn. 4 ftir den parallel gelagerten Fall Afouneh v. Attorney General of Palestine, A.D. 1942-42, Case No. 97 (Festnahme auf von britischen Truppen besetztem syrischem Territorium). 93 lpsen, in: Ders., Völkerrecht, 3. Aufl., 1990, § 67, Rz. 22,1040; Seidl-Hohenveldern,

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nen Sonderfall bildet insoweit die Besetzung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, als hier die Besatzungsmächte beanspruchten, die oberste Regierungsgewalt in Deutschland auszuüben,94 und zwar nicht im eigenen Namen, sondern im Namen Deutschlands. 95 In Art. 11 der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 hatten sich die Regierungen der vier Hauptsiegermächte darüberhinaus ausdrücklich das Recht zugesprochen, die obersten Nazifiihrer und andere Personen, die gegen ihr Landesrecht verstoßen hatten, festzunehmen. 96 Die Haager Landkriegsordnung gestattet nach Art. 43 die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, "und zwar unter Berücksichtigung der Landesgesetze, sofern keine unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen. ,.97 Soweit diese Regel im Jahre 1883 in Lateinamerika als Völkergewohnheitsrecht angesehen werden konnte, läßt sich vertreten, daß die Übergabe eines wegen Betrugs und Unterschlagung gesuchten Angehörigen eines dritten Staates an von diesem beauftragte Organe der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung dient. 98 Die USA stellten durch eine Gesetzesänderung im Jahre 1900 noch ausdrücklich die Zuständigkeit des US-Militärgouverneurs besetzter Gebiete für Fragen von Auslieferungsersuchen und -genehmigungen fest. 99

Völkerrecht, 9. Aufl., 1997, Rz. 1861 ff., 372-374; Bauer, Die völkerrechtswidrige Entflihrung, 27. 94 "The Governments of ... , hereby assurne supreme authority with respect to Germany, inc1uding all the powers possessed by the German government, the high Command and any state, municipal, or local government or authority." Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945, AJIL 39 (1945), Supp. 171 f. 95 Seidl-Hohenveldern, 9. Aufl., 1997, 150, Rdnr.740, vgl. von der Heydte, Deutschlands Rechtslage nach dem Zweiten Weltkrieg, Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV, Bd. 1,2. Aufl., 1960,352,353; HolWs, Zur Kontroverse über den gegenwärtigen Status Deutschlands, Erlangen 1948, 322. 96 AJIL 39 (1945) Supp. 171, 175; für Österreich sollten solche Rechte nach ReutNicolussi, JIR 4 (1952/53), 42, 45, nicht gelten, da Österreich weder ein kriegführender Staat, noch Bestandteil eines solchen war. 97 Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 29.7.1899, AA, Bd. 27, A 330; vgl. auch den ähnlich formulierten Art. 43 im Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs vom 18.10.1907, AA, Bd. 28, A 348. 98 Vgl. Coussirat-Coustere/Eisemann, RGDIP 76 (1972), 346, 361, Fn. 38 bis, die dies auch im Fall Chandler bejahen; kritisch hierzu Siegrist, Hoheitsakte auf fremdem Staatsgebiet, 125. 99 J B. Moore, A Digest of International Law, vol. IV, 1906,265-267. 4 Wilske

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1. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

Das IV. Genfer Abkommen zum Schutze von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949 100 beschränkt die Hoheitsgewalt der Besatzungsmacht in diesem Punkt aber deutlich. Nach dessen Art. 49 Abs. 1 sind "Einzel- oder Massenzwangsverschickungen sowie Verschleppungen von geschützten Personen aus besetztem Gebiet nach dem Gebiet der Besatzungsmacht oder dem irgendeines anderen besetzten oder unbesetzten Staates ... ohne Rücksicht auf deren Beweggrund untersagt."

Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Sicherheit der Bevölkerung oder zwingende militärische Gründe es erfordern. 101 Angehörigen des Besatzungsstaates, die vor Ausbruch des Konflikts im Gebiet des besetzten Staates Zuflucht gefunden haben, kommt heute auch Art. 70 Abs.2 des IV. Genfer Abkommens zugute. Diese dürfen demzufolge "nicht verhaftet, gerichtlich verfolgt, verurteilt oder aus dem besetzten Gebiete verschleppt [werden], es sei denn wegen nach Ausbruch der Feindseligkeiten begangener strafbarer Handlungen oder vor Ausbruch der Feindseligkeiten begangener gemeinrechtlich strafbarer Handlungen, die nach dem Recht des besetzten Staates die Auslieferung auch in Friedenszeiten gerechtfertigt hätten."

2. Mängel der Einwilligung

Zu prüfen ist, inwieweit die von einem zuständigen Organ erteilte Einwilligung in die Polizeiaktion eines anderen Staates auf dem eigenen Staatsgebiet völkerrechtlich unwirksam oder einredebehaftet ist. Diese Frage stellt sich bei Kompetenzüberschreitungen des zuständigen Organs. Sie ist besonders bedeutsam, wenn nach Landesrecht eigene Staatsangehörige nicht ausgeliefert werden dürfen und demzufolge auch keine Einwilligung in die Festnahme und Verschleppung durch ausländische Staatsorgane erteilt werden dürfte. Unterschieden werden soll hiervon die Kollusion. Hierunter soll eine Einwilligung verstanden werden, von der beide Staaten mit Bestimmtheit wissen, daß sie dem Landesrecht widerspricht. Wird massiver Druck auf einen Staat ausgeübt, um ihm eine Einwilligung abzuringen, stellt sich unter Umständen die Frage der völkerrechtlichen Wirksamkeit einer erzwungenen Willenserklärung. Nicht zuletzt von praktischer Relevanz ist auch die Frage einer erkauften Einwilligung.

BGB\. 195411 917, 195611 1586 (Berichtigung). Art. 49 Satz 2; vg\. auch Bothe, Occupation, Belligerent, in: Bemhardt (ed.), EPIL, Instalment 4 (1982), 64, 67. 100

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a) Kompetenzüberschreitung

Völkerrechtlich wirksam ist regelmäßig auch eine von einem zuständigen Organ in Überschreitung landesrechtlicher Kompetenzen erteilte Einwilligung in eine extraterritoriale Polizeiaktion fremder Staaten. Grundsätzlich muß sich der Staat völkerrechtlich nämlich auch Handlungen seiner Organe zurechnen lassen, die in Überschreitung innerstaatlicher Zuständigkeit oder unter Verletzung von Dienstanweisungen erfolgten. 102 Dieser Grundsatz gilt mittlerweile als Inhalt des Völkergewohnheitsrechts. Er beruht auf dem Argument, daß der Staat die Kompetenzüberschreitung seines Organes dadurch ermöglicht hat, daß er dieses mit der faktischen Möglichkeit zur Kompetenzüberschreitung ausgestattet hat. 103 Die Bestimmung der Kompetenzen eines ausländischen staatlichen Organs setzt zudem Struktur- und Rechtskenntnisse voraus, die regelmäßig dem Gegenüber fehlen werden. Der anfragende Staat darf demzufolge grundsätzlich darauf vertrauen, daß die ihm von einem zuständigen Organ erteilte Einwilligung der Kompetenzordnung des Landesrechts entspricht und völkerrechtlich wirksam ist. Näherer Betrachtung verdient aber der Fall offensichtlicher und somit dem Erklärungsempfänger bekannter Kompetenzüberschreitung.

b) Kollusion

Ein offensichtlicher Fall der Kollusion liegt dann vor, wenn beiden Staaten bekannt ist, daß eine Einwilligung des Gebietsstaates zu einer Festnahme und

102 Vgl. Art. 10 des Entwurfes über die Staatenverantwortlichkeit der ILC (YBILC 1975, vol. II, 61: "The conduct of an organ of aState, of a territorial governrnental entity or of an entity ernpowered to exercise elements of the governrnental authority, such organ having acted in that capacity, shall be considered as an act of the State under international law even if, in the particular case, the organ exceeded its cornpetence according to internal law or contravened instructions concerning its activity.") Ebenso Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Autl 1983, 859; Bauer, Die völkerrechtswidrige Entführung, 63 ff.; Ipsen, in: Ders., Völkerrecht, 3. Aufl., 1990, § 36, Rdnr.25-28, 515 f. jeweils m.w.N. 103 Vgl. Ipsen, in: Ders., Völkerrecht, 3. Aufl., 1990, § 36, Rdnr. 25-28,515 f.; unrichtig daher: Ndhlovu v. Minister of Justice, South Africa, Natal Provincial Division, 9 July 1976, I.L.R., vol. 68, 7, 12 ("It would be rather unusual if individual policemen could waive rights which vest in the State."); a.A. zurecht die Entscheidung des Schiedsgerichts im Savarkar-Fall, RIAA Bd. 11,243, hierzu: Doehring, Savarkar-Fall, in: Strupp/Schlochauer, WdV, Bd. 1,2. Aufl., 1960, 164 f.

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1. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

Verbringung ins Ausland rechtlich unmöglich ist. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Verfassung eines Staates ein absolutes Auslieferungsverbot eigener Staatsangehöriger vorsieht. Kein solches absolutes Auslieferungsverbot sieht beispielsweise das mexikanische Recht vor. Zwar verbietet dieses grundsätzlich die Auslieferung eigener Staatsangehöriger an das Ausland, sieht aber in AusnahmeHillen eine Ermessensentscheidung der Exekutive vor. 104 Der anfragende Staat darf daher auch bei einer "verdeckten Auslieferung" auf die Ausübung dieses Ermessens vertrauen. Die Verfassung von Honduras sieht dagegen ebenso wie die anderer lateinamerikanischer Staaten keine Ausnahmeregelung vor. Das Motiv ftir die Wahl informeller Methoden liegt dann zwangsläufig in der Unzulässigkeit einer formellen Auslieferung. 105 Gerade in diesen Fällen ist sorgfältig zu prüfen, ob die Einwilligung überhaupt mit Rechtsbindungswillen erfolgte oder ob nicht nur eine Einladung zum Handeln auf eigene Gefahr vorlag. Da der Staat, der um die Kompetenzüberschreitung weiß und hierzu möglicherweise auch angestiftet hat, nicht schutzwürdig ist, bedarf die Frage, ob auch eine solche Einwilligung rechtlich unbeschränkt wirksam ist, erneuter Überlegung. Der Kodifikationsvorschlag im vierten Bericht des ILC-Sonderberichterstatters Ago enthielt noch eine Ausnahmeklausel, nach der ein evident kompetenzüberschreitendes Handeln nicht dem Staat zurechenbar sein sollte. 106 104 Vgl. Art. 14 des Auslieferungsgesetzes vom 22.12.1975: "No Mexican shall be extradited to a foreign state except in exceptional cases in the discretion of the Executive." (inoffizielle Übersetzung der mexikanischen Regierung, I.L.M. 31 (1992), 944, Fn. 6). 105 Gegen zwei frühere honduranische Präsidenten und einen früheren Militärchef soll deshalb wegen des "Verschwindens" von 184 Menschen in den Jahren 1979 bis 1989 Anklage erhoben werden, F.A.Z., 21.4.1995, S. 6: Ermittlungen gegen früheren Präsidenten von Honduras. 106 Artic\e 10 (Conduct of organs acting outside their competence or contrary to the provisions conceming their activity): "I. The conduct of an organ of the State or of a public institution separate from the State which, while acting in its official capacity, exceeds its competence according to municipallaw or contravenes the provisions of that law conceming its activity is nevertheless considered to be an act ofthe State in intemationallaw. 2. However, such conduct is not considered to be an act ofthe State if, by its very nature, it was wholly foreign to the specific functions ofthe organ or if, even from other aspects, the organ's lack of competence was manifest." (YBILC 1972 11, 95); vgl. auch von Haeften, Gentlemen's Agreement, in: Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV, 2. Aufl., 1960,660: "Im Interesse der Rechtssicherheit des völkerrechtlichen Verkehrs erscheint es richtig, daß amtliche Erklärungen, die von dem zuständigen Vertreter eines Staates abgegeben werden,

1. Einseitiges Handeln

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Dieser Vorschlag wurde in den Entwurf nicht aufgenommen, weil, nach der Argumentation der ILC, selbst bei Offensichtlichkeit der Kompetenzüberschreitung der andere Staat den dadurch verursachten Schaden nicht abwenden könne. 107 Als Schwierigkeit angesehen wurde, daß eine solche Ausnahmeregel entweder derart eng formuliert werden müsse, daß kaum Raum rur mögliche Anwendungsfälle gegeben sei. Im Ergebnis schwäche eine solch enge Ausnahmeregel daher unnötigerweise die Haftungsgrundregel. I08 Bei einiger weniger engen Formulierung wurde dagegen die Gefahr gesehen, daß die Ausnahmeregel als Hintertür für jede Haftungszurechnung eingewandt werden könne. 109 Dieser Argumentation muß aber entgegengehalten werden, daß es in dem hier interessierenden Fall der Einwilligung in einen Zugriff ausländischer Organe auf Personen auf eigenem Staatsgebiet lediglich um die Zurechnung einer Willenserklärung, nicht aber um Schadenshaftung geht. Dazuhin muß berücksichtigt werden, daß hinter der Zurechnung auch kompetenzwidrigen Handelns der Gedanke des Vertrauens schutzes steht. Schutzwürdiges Vertrauen in die Kompetenz eines ausländischen Staatsorgans liegt aber nicht vor, wenn positive Kenntnis von dessen KompeteDZÜberschreitung gegeben ist oder zu dieser KompeteDZÜberschreitung gar angestiftet wird. Eine solche Willenserklärung dem Staat des handelnden Organs zuzurechnen, beließe dem anderen Staat die Früchte seines kollusiven Handelns. Die Kollusion liegt dabei in der Mitwirkung an der Mißachtung von Schutzbestimmungen einer anderen Rechtsordnung, die letztlich einem Individuum zugute kommen. Gegenstand der Absprache ist nämlich regelmäßig ein Mensch, dem der Schutz seiner eigenen Rechtsordnung entzogen werden soll und der so unter Verstoß gegen allgemeine MenschenrechtsstandardsIlo in einen anderen Staat verschleppt werden soll. Nahe liegt es, auch bei formlosen Absprachen und einseitigen Erklärungen auf die Maßstäbe der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVRK) zurückzugreifen. Diese nimmt in Art. 46 Rücksicht auf Beschränkungen von Staatsorganen durch das Landesrecht. III Diese Vorschrift erlaubt es einem Staat schon diesen Staat verpflichten, sofern es nicht offenbar ist, daß der betreffende Vertreter seine Befugnisse überschritten hat, ... " 107 YBILC 1975, vol. 11,68 f. 108 YBILC 1975, vol. 11,69. 109 YBILC 1975, vol. II, 69. 110 Vgl. Art. 3, 6, 8, 9 und 10 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Resolution 217 (III) der Generalversammlung der VN vom 10.12.1948). Vgl. auch B/ackmun, Yale LJ. 104 (1994), 39, 42: "Even with the consent ofthe foreign sovereign, kidnapping a foreign national flagrantly violates peremptory human rights norms." 111 Article 46: ,,(1) AState may not invoke the fact that its consent to be bound by a treaty has been expressed in violation of a provision of its internal law regarding competence to conclude treaties as invalidating its competence unless that provision was manifest and concerned a role of its internallaw of fundamental importance.

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1. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

nach ihrem Wortlaut, sich auf die fehlende Zuständigkeit zum Abschluß eines Vertrages zu berufen, wenn diese Verletzung offenkundig war und eine innerstaatliche Rechtsvorschrift von grundlegender Bedeutung betraf. Die Vorschrift umfaßt aber nicht nur landesrechtliche Bestimmungen über die Zuständigkeit zur Erklärung des Vertragswillens und der innerstaatlichen Bildung dieses Willens, sondern auch materiell-verfassungsrechtliche Beschränkungen der "treaty-making power". I 12 Dies stellte die ILC in ihrer Kommentierung zu Art. 43 ihres Entwurfs von 1966 (dem heutigen Art. 46) ausdrücklich fest ll3 und schloß sich damit der Auffassung ihres Sonderberichterstatters Waldock l14 an. Diese Konzeption wurde auf der Wiener Vertragsrechtskonferenz nicht in Frage gestellt. 115 Eine solche materiell-rechtliche Beschränkung ist aber in massiver Weise verletzt, wenn ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht, wie der Schutz des Staatsangehörigen vor Auslieferung ins Ausland, verletzt wird. Zumindest in Extremfällen,116 in denen die Rechtslage für den anderen Staat zweifels frei feststeht, gilt diese Regel auch völkergewohnheitsrechtlich. Beleg hierfür sind die überwiegend positiven Stellungnahmen der Staaten. ll ?

(2) A violation is manifest if it would be objectively evident to any State conducting itse\fin the matter in accordance with normal practice and in good faith." 112 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl, 1984, § 691, 446 m.w.N. "The Commission was fully aware that constitutional restrictions upon the competence of the executive to conclude treaties are not limited to procedural provisions regarding the ex erci se of the treaty-making power but mayaIso result from provisions of substantive law entranched in the constitution. It is also the understanding of the Special Rapporteur that the Commission intended the words ,the fact that a provision ofthe intemallaw ... regarding competence to enter into treaties has not been complied with' [so der Wortlaut des Entwurfs von 1963; der Verf.] to cover both forms of restrictions on competence." (YBILC 1965, vol. 11, 71). 113 YBILC 1966, vol. 11, 240; vgl. auch den 1951 von der ILC angenommenen Article 2: "A treaty becomes binding in relation to aState by signature, ratification, accession or any other means of expressing the wiII of the State, in accordance with its constitutional law and practice through an organ competent for that purpose." (YBILC, vol. 11,73). 114 Sir Humphrey Waldock, Special Rapporteur, Fourth Report on the Law ofTreaties, YBILC 1965, vol. 11, 3, 71. 115 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl., 1984, § 691,446 f. 116 Zu zweifelhaften Anwendungsfällen Meron, BYIL 49 (1978), 175, 178 ff. 117 YBILC 1965, vol. 11, 67 ff.; vgl. zur früheren Rechtslage auch Basdevant, RdC 15 (1926 V), 535, 581: "Mais si le chef de I'Etat a ratifie en violation manifeste de la constitution, il serait contraire au respect mutuel que les Etats se doivent de leurs institutions de considerer I'Etat comme valablement lie ( ... ). S'il [I'autre contractant; der

1. Einseitiges Handeln

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Da somit für in Schriftfonn geschlossene völkerrechtliche Verträge zwischen Staaten Kompetenzüberschreitungen nach dem jeweiligen Landesrecht nicht bedeutungslos sind, muß dies auch rür fonnlose Übereinkünfte zwischen Staaten gelten. Diese können nämlich nicht eine höhere Bestandskraft genießen, als ein völkerrechtlicher Vertrag, für den gerade aus Gründen der Rechtssicherheit die Schriftfonn gewählt wird. Wenn eine Einwilligung unter Verstoß gegen Verfassungsrecht des Gebietsstaates erteilt wird und dem anfragenden Staat dies bekannt ist, ist diese Einwilligung daher grundsätzlich mit einer Einrede behaftet. Dem kann auch nicht das Estoppel-Prinzip entgegengehalten werden, da dieses voraussetzt, daß der Erklärungsempfanger nach Treu und Glauben auf die Wirksamkeit der Erklärung vertraut hat. 1I8 Ein solches Vertrauen liegt aber bei kollusiver KompeteDZÜberschreitung gerade nicht VOr. 119 Ein auf der Wiener Vertragsrechtskonferenz gestellter Antrag des Iran, den Staat wenigstens dann an einer Vertragsunterzeichnung festzuhalten, wenn diese vom Staatsoberhaupt selbst bevollmächtigt wurde, wurde im übrigen wegen fehlender Unterstützung zurückgezogen. 120

c) Erzwungene Einwilligung

Einwilligungen in Polizeiaktionen anderer Staaten auf dem eigenen Staatsgebiet liegt häufig massiver Druck des anfragenden Staates zugrunde, der eine freie Willensentscheidung des Gebietsstaates stark beeinträchtigen kann. Verf.] invoquait ce traite, il rnanquerait a un devoir international, il engagerait sa propre responsabilite. " 118 MülleriCottier, Estoppel, in: Bernhardt (ed.), EPIL, Instalrnent 7 (1984), 78 ff.; Menzel, Estoppel-Prinzip, in: Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV, 2. Aufl., 1960, Bd. I, 441 f.,jeweils rn.w.N. 119 Vgl. die Kommentierung der ILC zu Art. 43 (dem heutigen Art. 46), YBILC 1966, vol. II, 242: "Other rnembers, however, considered that it would be adrnissible to allow an exception in cases where the violation of the interna1 law regarding cornpetence to enter into treaties was absolutely manifest. They had in rnind cases, such as have occured in the past, where a Head of State enters into a treaty on his own responsibility in contravention of an unequivocal provision of the constitution. They did not feel that to allow this exception would cornprornise the basic principle, since the other State could not legitirnately claim to have relied upon a consent given in such circurnstances. This view prevailed in the Commission." 120 NCONF.39/C.I/L.280: "If consent to be bound by a treaty has been expressed by a person authorized by the Head of State, aState rnay not invoke the fact that its consent has been expressed in violation of a provision of its internal law." Zitiert nach Verosta, ZaöRV 29 (1969), 654, 691.

1. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

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Als ein erstinstanzliches Gericht Paraguays im Jahre 1971 ein US-amerikanisches Auslieferungsgesuch hinsichtlich eines Drogenhändlers abschlägig beschied, weil der Auslieferungsvertrag keine Drogendelikte auffUhrte, vertraute die US-Regierung beispielsweise nicht auf die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts, sondern schickte sogleich einen Emissär zum damaligen Präsidenten Alfredo Stroessner, der mit der Entziehung von US-Wirtschaftshilfe und mit negativer Einflußnahme der USA auf von Paraguay beantragte Kredite bei der Weltbank und der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank drohte. 121 Stroessner machte geltend, daß die Angelegenheit noch rechtshängig sei und verwies den Emissär auf Unterredungen mit dem Justizminister und dem Präsidenten des Obersten Gerichts. Eine Woche nach Abreise des Emissärs hob das Berufungsgericht die Entscheidung der ersten Instanz auf. Auch das Oberste Gericht stimmte einige Wochen später der Auslieferung zu. 122 Beschränkte sich der Druck in diesem Fall ausschließlich auf wirtschaftliche Mittel, sollen im Fall Matta Ballesteros massivere Druckmittel gegenüber Honduras zur Anwendung gekommen sein. Angeblich soll mit der Einstellung von Zahlungen an die in Honduras stationierten "Contras" gedroht worden sein, was angesichts deren Truppenstärke von 12.000 Mann eine ernsthafte Bedrohung der Sicherheit Honduras zur Folge gehabt hätte. 123 Auch fUr die Frage der Rechtswirkung einer erzwungenen Einwilligung kann auf die parallele Problematik bei der Erzwingung eines Vertragsschlusses zurückgegriffen werden. Wenn nämlich schon die Wirksamkeit eines Vertrages, bei dem gerade Verfahren und Form besonderes Vertrauen in die Bestandskraft eines erzielten Ergebnisses schützen sollen, durch die Umstände seines Abschlusses beeinträchtigt werden kann, so muß dies auch fUr formlose Absprachen sowie einseitige Erklärungen hinsichtlich der Umstände der Abgabe gelten. Art. 52 der WVRK bestimmt nun, daß ein Vertrag nichtig ist, wenn sein Abschluß durch Androhung oder Anwendung von Gewalt unter Verletzung der in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsätze des Völkerrechts herbeigefUhrt wurde. 124 Gewalt im Sinne des Art. 52 beschränkt sich dabei auf physische Zwangsmaßnahmen, also vor allem militärische Gewalt. Ein im Verlauf der Wiener Vertragsrechtskonferenz gestellter Antrag von Staaten der Gruppe der 77, Art. 52 einen weiten Gewaltbegriff zugrundezulegen, um

Nadelmann, N.Y.U. J. Int'l L. & Pol'y 25 (1993), 813, 862. Nadelmann, ebd., 869 rn.w.N. 123 Stearns, Wis. Int'l L.J. 10 (1991), 78, 86; vgl. Smolowe, Time, 25 Apr 1988,23. 124 Artic1e 52: "A treaty is void if its conclusion has been procured by the threat or use of force in violation of the principles of international law ernbodied in the Charter ofthe Uni ted Nations." 121

122

I. Einseitiges Handeln

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so auch durch wirtschaftlichen und politischen Druck herbeigeführten Verträgen die Rechtswirksamkeit abzuerkennen, wurde abgelehnt. 125 Die Konferenz verurteilte aber einstimmig in einer in ihre Schlußakte aufgenommenen Deklaration "the threat or use of pressure in any form, whether military, political or economic", um einen Staat zur Annahme einer Verpflichtung zu bewegen, die im Widerspruch zu den Prinzipien der souveränen Gleichheit der Staaten und der Freiheit des Konsenses steht. 126 Allein aufgrund dieser Deklaration kann aber wirtschaftlicher Zwang beim Vertragsschluß nicht zur Nichtigkeit führen. Die Deklaration dürfte vielmehr Ausdruck eines kompromißhaften Entgegenkommens gegenüber der unterlegenen Minderheit sein. Die Rechtsüberzeugung der Staaten kam vielmehr durch die Beschränkung der Zwangsmittel auf Gewalt in Art. 52 der WVRK zum Ausdruck. Insoweit stellt diese Bestimmung auch kodifIziertes Völkerrecht dar. 127 Die Anwendung dieser Bestimmung auf den Fall Matta Ballesteros würde zur Nichtigkeit der Einwilligung führen, wenn tatsächlich mit einer Zahlungseinstellung an die "Contras" gedroht worden wäre. Diese Truppe war von den USA aufgebaut, in deren Interesse tätig und von ihr fInanziell abhängig. Hieraus läßt sich zwar keine dauernde Unterstützungspflicht begründen, wohl aber eine Pflicht, Schäden im Stationierungsland tunlichst zu vermeiden. Durch eine Zahlungs einstellung das Marodieren dieser Truppe zu provozieren, entspricht daher der Androhung von Gewalt im Sinne des Art. 2 (4) ChVN. 128 Über den Tatbestand des Art. 52 WVRK geht Weissman hinaus, die das zivilrechtliche US-amerikanische "concept of duress" ins Völkerrecht übertragen möchte. 129 Ein unzulässiger Zwang, der die (schwebende) Unwirksamkeit einer Willenserklärung nach sich zieht, liegt demzufolge vor, wenn durch rechtswidrige Handlungen oder Drohungen der freie Wille der erklärenden Partei gebro125 Elias, RdC 134 (1971 III), 333, 385; von Heinegg, in: Ipsen, Völkerrecht, 3. Aufl., 1990, § 15, Rdnr. 30,161 f.; Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl., 1984, § 752, 478. 126 U.N. Ooc. A/CONF.39/lI/Add.2, 285, zitiert nach Verosta, ZaöRV 29 (1969), 654,693. 127 Fisheries Jurisdiclion Case (United Kingdom v. Iceland), JC} Reports, 1973, 14: "There can be 1ittle doubt, as is implied in the Charter of the United Nations and recognized in Article 52 of the Vienna Convention on the Law of Treaties, that under contemporary international law an agreement concluded under the threat or use of force is void." Ebenso von Heinegg, in: Ipsen, Völkerrecht, 3. Aufl., 1990, § 15, Rdnr. 30, 161 f. 128 Die Einsetzung der in Honduras stationierten "Contras" als Zwangsmittel war für Honduras auch politisch besonders unangenehm, weil es dieses Zwangsmittel nach eigenen, jahrelang verbreiteten Verlautbarungen überhaupt nicht gab; vgl. dazu Smolowe, Time, 25 Apr 1988, 23. 129 Weissman, U. C. Oavis L. Rev. 27 (1994), 459, 495 f.

I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

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ehen wird. Als rechtswidrige Handlungen werden sowohl physische als auch wirtschaftliche Akte verstanden. 130 Als konkreten Anwendungsfall nennt Weissman die Vorgänge um die Verhaftung des Palästinensers Mohammed Ali Rezaq durch das FBI in Lagos, Nigeria am 15. Juli 1993. J3J Dabei wurde wohl starker wirtschaftlicher Druck auf Nigeria ausgeübt und zudem, nach Auffassung der Autorin, in unfairer Weise die innenpolitische Krisensituation in Nigeria ausgenutzt.!32 Einer Übertragung dieses Konzeptes ins Völkerrecht muß aber mit Vorsicht begegnet werden.!33 Soweit einzelne Tatbestände dieser zivilrechtlichen Rechtsfigur bereits völkerrechtlich anerkannt sind, besteht hierflir keine Notwendigkeit. Soweit ein wenig ausdifferenzierter Zwang die Wirksamkeit von Willenserklärungen nach sich ziehen soll, kann hierflir keine Rechtsüberzeugung der Staaten nachgewiesen werden. Gerade wirtschaftlicher Zwang als Druckmittel könnte dann im übrigen dazu verwandt werden, jede völkerrechtliche Abmachung in Zweifel zu ziehen, da es keine Gleichheit der Staaten in wirtschaftlicher Hinsicht gibt und wirtschaftliche Macht in sehr vielen Fällen eingesetzt wird, um ein bestimmtes Verhalten anderer Staaten zu erreichen.

d) Einwilligung mittels Bestechung

Polizeiaktionen auf ausländischem Boden sind sehr häufig von Zahlungen an Bedienstete des Gebietsstaates begleitet. 134

CalamarilPerillo, Contracts, 3rd ed., St. Paul, Minnesota, 1987, 336-35l. Engelberg, Hijacker's Arrest Laid to Diplomacy, N.Y. Times, 17 Jul 1993, L3; San Francisco Chronicle, 16 Jul 1993, AI 0: FBI Arrests Hijacker in Nigeria - He'll Face U.S. Charges for Killing American in '85. Zu den Umständen der Verhaftung vgl. auch Johnston, U.S. Sentencing Due Today in 1985 Hijack, N.Y. Times, 70ct 1996, A12. Rezaq wurde am 7. Oktober 1996 in den USA zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt; siehe Johnston, Terrorist Sentenced to Life in Prison for Deadly 1985 Hijacking, N.Y. Times, 8 Oct 1996, A16. 132 Weissman, U. C. Davis L. Rev. 27 (1994), 495, Fn. 263: " ... the Uni ted States may have taken unfair advantage of the political situation in Nigeria in order to obtain custody over Rezaq; the Nigerian govemment's ability to validly consent to the abducti on at a time when it was confronted with violent political unrest is doubtful." 133 Vgl. auch Restatement (Third) ofthe Foreign Relations Law ofthe United States, 1987, part III, introductory note, 147: "But the internationallaw of international agreements has its own character, and analogies from the contract law of any particular country are to be used with caution. (... ) Concepts of duress, mi stake, and fraud have developed slowly and differently." 134 Vgl. United States v. Toscanino, 500 F.2d 267, 269 (2d Cir. 1974: "Herrnedia was at that time and still is a member of the police in Montevideo, Uruguay. In this 130 131

I. Einseitiges Handeln

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Die Bestechung von nicht zuständigen Bediensteten sichert grundsätzlich nur ein die Polizeiaktion ennöglichendes, faktisches Einverständnis, nicht aber eine völkerrechtlich wirksame Einwilligung. Auch wenn noch kein Fall aktenkundig ist, in dem explizit nachgewiesen werden konnte, daß eine Einwilligung von einem nach Landesrecht zuständigen Organ "erkauft" wurde, ist die Frage der Wirksamkeit einer durch Bestechung erwirkten Einwilligung von großer praktischer Relevanz. Gerade in den lateinamerikanischen Staaten, in denen extraterritoriale Polizeiaktionen relativ oft vorkommen, sind Politiker und hohe Staatsbeamte in stärkerem Maße korruptionsanfällig. 135 Die Wiener Vertragsrechtskonvention sieht in Art. 50 vor, daß der Staat, dessen Vertreter vom Verhandlungsstaat mittelbar oder unmittelbar bestochen wurde, geltend machen kann, daß seine Zustimmung wegen der Bestechung unwirksam sei. 136

effort, however, Hermedia was acting ultra vires in that he was the paid agent of the United States govemment." United States ex rel. Lujan v. GengIer, 510 F.2d 62, 63 (2nd Cir. 1975): " ... Bolivian police who were not acting at the direction of their own superiors or govemment, but as paid agents of the United States." United States v. Caro-Quintero, 745 F. Supp. 599, 603 (C.D.Ca!. 1990): "In March of 1990, [DEA agent; der Verf.] Garate told Berrellez that his ,associates' in Mexico believed that they could successfully apprehend Dr. Machain and deliver hirn to custody in the United States. According to Garate, his ,associates' include former military police officers, various civilians, and at least two current police officers. Special Agent Berrellez instructed Garate to tell his associates that the DEA would pay them a $50,000 reward plus expenses ifDr. Machain were delivered to the DEA in the United States." 135 Vg!. "High-Level Mexican Ex-Officials Indicted in DEA Agent's Death", Wash. Post, 1 Feb 1990, A5 (Anklagen in den USA gegen ehemaligen Direktor der mexikanischen Bundespolizei und ehemaligen Leiter der mexikanischen Interpol-Behörde wegen Mord, Verschleppung und Drogenhandels). Ähnliche Vorwürfe wurden gegen einen ehemaligen mexikanischen Justizminister laut (Somers, N.C. 1. Int'l L. & Com. Reg. 18 (1992),213,231; Bush, Stan. L. Rev. 45 (1993),939,979, Fn. 192). Ein Schwiegersohn eines ehemaligen mexikanischen Präsidenten wurde deswegen in den USA verurteilt (Deutsch, Jury Convicts Mexican of Conspiring in Killing, Wash. Post, 22 Dec 1992, A3); Drug Ties Taint 2 Mexican Govemors, as Informers' Revelations Widen, N.Y. Times, 23 Feb 1997, I und 8; vg!. auch die Korruptionsvorwürfe in United States v. Noriega, 746 F.Supp. 1506 (S.D.Fla 1990) und in: Der Spiegel, 1911995 (8.5.1995), S. 134, Kolumbien: Wahlkampf mit Drogengeld? Vg!. aber auch die Verurteilung eines früheren französischen Ministers wegen Bestechlichkeit, F.A.Z., 21.4.1995, S. I: Französische Politiker in Korruptionsprozeß verurteilt. 136 Art. 50: "If the expression of a State's consent to be bound by a treaty has been

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1. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

Diese Vorschrift wurde unverändert dem Entwurf der ILC von 1966 entnommen. Im Entwurf von 1963 fehlte noch eine entsprechende Vorschrift, und auch 1966 war diese nicht unumstritten. Dies lag aber weniger an inhaltlichem Dissens, als vielmehr an der Auffassung, daß der Fall des bestochenen Staatenvertreters bereits durch Art. 49 (Betrug) abgedeckt sei. 137 Hinter der Vorschrift steht der Gedanke, daß durch Bestechung der für einen Vertrag notwendige Konsens untergraben wird. Dieser Gedanke läßt sich auch auf einseitige Erklärungen und formlose Übereinkünfte übertragen. Wenn ein Staat eine Einwilligung zu Hoheitsakten auf fremdem Hoheitsgebiet durch Bestechung eines Staatenvertreters erwirkt, kann er nicht darauf vertrauen, daß eine echte, dem Gebietsstaat zurechenbare Willensäußerung vorliegt. 138 Die "erkaufte" Einwilligung gibt daher kein Recht zur Verletzung fremder Gebietshoheit. 139 Macht der Gebietsstaat die Unwirksamkeit der Einwilligung nach Kenntnisnahme und bevor der andere Staat von ihr Gebrauch gemacht hat, nicht geltend, liegt eine neu erteilte konkludente Einwilligung vor. Protestiert der Gebietsstaat nicht, nachdem von der "erkauften" Einwilligung Gebrauch gemacht wurde, liegt hierin ein Verzicht aufWiedergutrnachung.

3. Kooperation von Organen des Gebietsstaates

Das Tatbestandsmerkmal des einseitigen HandeIns wird bei einer Festnahme durch ausländische Staatsorgane und anschließender Verbringung ins Ausland von manchen Gerichten l40 und Autoren l41 in Abrede gestellt, wenn Organe des procured through the corruption of its representatives directly or indirectly by another negotiating State, the State may invoke such corruption as invalidating its consent to be bound by the treaty." I37 YBILC 1966, vol. II, 245; Elias, RdC 134 (1971 I1I), 333, 375 f.; so noch Verosta, ZaöRV 29 (1969), 654, 691. 138 Vgl. Bauer, Die völkerrechtswidrige Entführung, 57; O'Higgins, BYIL 36 (1960), 279, 303; Dehn, Verfahrenshindernis bei völkerrechtswidrigen Entführungen durch deutsche Strafverfolgungsorgane, 25. 139 Vgl. auch den Kommentar zu Art. 29 des Entwurfs der Völkerrechtskommission zur Staatenverantwortlichkeit, YBILC 1979, vol. II, part two, 112, Ziff. 16: "Thus, in order to be considered as a circumstance precJuding wrongfulness, the consent must, first of all, be consent that is valid und er principles of international law that lay down the basic conditions to be fulfilled if an expression of the will of aState is to be considered as such. Hence, the consent must not be vitiated by ,defects' such as error, fraud, corruption or coercion." 140 United States v. Sobell, 142 F.Supp. 515, 525 (S.D.N.Y. 1956), affirrned 244 F.2d 520 (2d Cir. 1957); The Savarkar Case [Great Britain v. France] (Arbitral Tribunal Appointed to Decide the Case of Savarkar, 24 February 1911), 11 RIAA 243-255.

1. Einseitiges Handeln

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Gebietsstaates, trotz fehlender Einwilligung des zuständigen Staatsorgans, freiwillig bei dieser Aktion kooperierten.

a) Anwendungsbereich freiwilliger Kooperation

Nach den bisherigen Ausführungen kommt rur diese Auffassung aber nur ein sehr enger Anwendungsbereich in Betracht. Keine freiwillige Kooperation liegt von vornherein vor, wenn Organe des Gebietsstaates durch Betrug oder Zwang zur Mit-Nirkung veranlaßt wurden. 142 Die Mitwirkung ist dann nämlich nicht dem Gebietsstaat zurechenbar. Auch bei Bestechung von Beamten des Gebietsstaates liegt keine freiwillige Kooperation vor. Dies folgt schon daraus, daß die Bestechung häufig als Unterfall des Betrugs angesehen wird. 143 Es wäre auch im Ergebnis nicht zu vertreten, wenn ein Staat den Vorwurf der Verletzung fremder Souveränität durch eine nicht genehmigte extraterritoriale Polizeiaktion schon dadurch vermeiden könnte, daß er einen subalternen Beamten des Gebietsstaates besticht, um bei der Aktion mitzuwirken.

b) Kooperation unzuständiger Organe ersetzt nicht Einwilligung

Gleiches muß gelten, wenn der Staat, der eine Person auf fremdem Staatsgebiet festnehmen möchte, bewußt nicht die Einwilligung des zuständigen Organs beantragt, sondern sich mit der Kooperation von Organen begnügt, die zwar nicht zuständig, aber faktisch in der Lage sind, den erfolgreichen Ablauf der Aktion zu garantieren. Der Staat, der auf fremdem Hoheitsgebiet Personen festnehmen will, muß sich grundsätzlich um eine Einwilligung der zuständigen Stelle bemühen. 144 Die reine Faktizität der Mitwirkung unzuständiger Organe 141 Bauer, Die völkerrechtswidrige Entführung, 69 ff.; Preuss, AJIL 29 (1935), 502, 507; Morgenstern, BYIL 26 (1949), 327, Fn. 3; O'Higgins, BYIL 36 (1960), 280, 281. 142 Bauer, ebd., 69; The Savarkar Case [Great Britain v. France] (Arbitral Tribunal Appointed to Decide the Case of Savarkar, 24 February 1911), 11 RIAA 243, 254. 143 Vgl. YBILC 1966, vol. II, 245; Elias, RdC 134 (1971 III), 333, 375 f.; Verosta, ZaöRV 29 (1969), 654, 691. 144 Vgl. Art. 29 des Entwurfs der ILC zur Staatenverantwortlichkeit: ,,1. The consent validly given by aState to the comrnission by another State of a specified act not in conformity with an obligation of the latter State towards the former State prec1udes the wrongfulness of the act in relation to that State to the extent that the act remains within the limits of that consent" (Hervorheb. vom Verf.). Vgl. auch dessen Komrnentierung: "Again, the ,consent' rnust be internationally attributable to the State. In other words, it rnust ernanate frorn an organ whose will is deemed, at the international level, to be the will of the State, and the organ in question must also be competent to express that will in the case in point." (Hervorheb. vom Verf.) YBILC 1979, vol. II, part two, 109, 113.

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1. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

des Gebietsstaates kann zumindest dann eine Verletzung fremder Hoheitsrechte nicht verhindern, wenn bewußt die Anfrage beim zuständigen Organ gemieden wurde. Die Argumentation von Bauer, der eine völkerrechtswidrige Entführung bei freiwilliger Mithilfe von Beamten des Gebietsstaates ausschließt, kann nicht überzeugen. 145 Nach den allgemeinen Regeln der völkerrechtlichen Zurechnung soll dieser Tatbestand deshalb entfallen, weil der Gebietsstaat sich das Handeln und Wollen seiner Organe zurechnen lassen muß. Deshalb könne von einer Entführung, das heißt einem Handeln gegen den Willen des Gebietsstaates in diesen Fällen nicht mehr gesprochen werden. Bauer verwechselt hier aber die deliktische Haftung des Staates mit der Vertretungsbefugnis rür den Staat im völkerrechtlichen Verkehr. Unstreitig ist, daß der Staat für deliktisches Handeln auch subalterner Organe haftet. 146 Ebenso unstreitig ist auch, daß sich der Staat im völkerrechtlichen Verkehr nicht die Willenserklärung jedes seiner Organe zurechnen lassen muß, sondern nur die hierfür berufener Organe. 147 Der Fall Pauly aus dem Jahre 1909 belegt, daß zumindest dann, wenn untergeordnete Staatsorgane sich über eine Auslieferung "einigen", die Staaten diesen Konsens nicht gegen sich gelten lassen. Pauly war in der Schweiz wegen Diebstahls gesucht. Er floh nach Frankreich, wo er einen zweiten Diebstahl beging und in Haft genommen wurde. Es gelang ihm aber, zu entkommen und wieder in die Schweiz zu gelangen. Durch ein Telegramm des französischen Staatsanwalts veranlaßt, wurde er in in Fribourg von einem Schweizer Polizeibeamten festgenommen und von diesem eigenmächtig nach Frankreich überstellt. 148 Nach einem Protest der Schweiz wurde 145 Bauer, Die völkerrechtswidrige Entführung, 70, ihm folgend Dehn, Verfahrenshindernis, 22 ff., ebenso wie die von beiden zitierten Preuss, AJIl 29 (1935), 503, 507 und Morgenstern, BYIL 26 (1949), 327, Fn. 3 nennen als Beispiel für eine allgemeine Staatenpraxis nur den von Clunet, Questions de droit relatives a l'incident francoallemand de Pagny (Affaire Schnaebelt~), Paris 1887, 7 berichteten Fall Belli und Bluch. Angesichts der dort gegebenen, denkbar knappen Schilderung des Falles ("En 1883, violation du territoire suisse par des agents de la douane autrichienne a SaintMargarethen qui arretent en territoire suisse les nommes Belli et Bluch, deux colporteurs d'ecrits socialistes. Le gouvernement austro-hongrois saisi d'une reclamation de la Suisse croit devoir I'ecarter par cette consideration, devant laquelle la suisse s'incline, qu'un gendarrne saint-gallois avait coopeTe a I'arrestation.") ist die behauptete Präzedenzwirkung dieses Falles nicht nachvollziehbar. Diese Haltung der Schweiz ist, wie der Fall Pauly belegt, auch nicht verallgemeinerungsfähig (Zum Fall Pauly vgl. J. Kahler, in: Schücking (Hrsg.), Das Werk vom Haag, 157 f. und die Diskussion unten). 146 Zemanek, Responsibility of States: General Principles, in: Bernhardt (ed.), EPIL 10,362,366 m.w.N. 147 Barberis, Representatives of States in International Relations, in: Bemhardt (ed.), EPIL, Instalment 10 (1987), 353 ff. 148 Vgl. J. Kahler, in: Schücking (Hrsg.), Das Werk vom Haag, 157 f.

I. Einseitiges Handeln

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Pauly auf Befehl der französischen Regierung an die Schweizer Grenze gebracht und dort Schweizer Behörden übergeben. 149 Ähnlich entschieden wurde im Fall NaUe!. Der belgische Staatsangehörige Nollet wurde im Jahre 1891 von französischen Gendarmen in Roubaix verhaftet. Es gelang ihm aber, zu entkommen und auf belgisches Staatsgebiet zu gelangen. Dort wurde er von französischen Gendarmen, die ihn verfolgt hatten, festgenommen. Nach Festnahme wurde er der belgischen Gendarmerie in Mouscron übergeben. Diese wiederum, die Nollet rur einen französischen Staatsangehörigen hielt, übergab ihn noch am gleichen Tag der französischen Grenzpolizei. Obwohl schon die Kausalität der Grenzverletzung rur die Übergabe Nollets an Frankreich bezweifelt werden kann, entschied die Cour d'Appel de Douai,150 daß dies rechtswidrig gewesen sei, da die französischen Polizisten bei der Verfolgung nicht die Grenze hätten überschreiten dürfen und es ohne diese Grenzüberschreitung nicht gelungen wäre, sich der Person Nollets zu bemächtigen. 151 Die Mitwirkung be1gischer Behörden wurde offensichtlich nicht als geeignet angesehen, der Art und Weise der Gewahrsamsbegründung den Makel der Rechtswidrigkeit zu nehmen. Dabei hätte das Gericht durchaus differenzieren können: Eine völkerrechtskonforme Kooperation bei Festnahme und Übergabe ließe nämlich eine vorher begangene selbständige völkerrechtswidrige Handlung - das nichtgenehmigte Betreten be1gischen Hoheitsgebiets - unberührt. 152 Eine eigenmächtige Verletzung fremder Hoheitsrechte durch untergeordnete Organe muß sich der Staat daher grundsätzlich zurechnen lassen. Umgekehrt wird die eigenmächtige extraterritoriale Polizeiaktion eines anderen Staates 149 Der französische lustizminister ließ den französischen Außenminister wissen: "Conformement a la jurisprudence adoptee en pareille matiere j'estime que la justice fran~aise ne peut profiter de cette remise manifestement irreguliere et poursuivre un individu qui n'a ete mis a sa disposition que par suite de l'erreur juridique commise par les autorites fribourgeoises." Zitiert nach 1. Kahler, in: Schücking (Hrsg.), Das Werk vom Haag, 158. 150 Min. pub/. c. Nallet, Cour d'appel de Douai (eh. corr.), 15 Avril 1891, Clunet 18 (1891), 1188; Abdruck auch bei 1. Kahler, in: Schücking (Hrsg.), Das Werk vom Haag, 65, 155. 151 "Attendu que I'arrestation de Nollet a eu heu dans des conditions irregulieres; que cet inculpe s'etant evade et ayant reussi a gagner la Belgique n'aurait pas comparu devant les premiers juges en etat de detention preventive, si les agents de I'autorite, dans l'ardeur de leur poursuite, n'avaient pas franchi la frontiere devant laquelle ils auraient dü s'arreter et n'avaient pas reussi a s'emparer du fugitif qui devait se eroire en surete sur le territoire beIge; Attendu qu'j) y a heu de considerer comme non avenue I'arrestation effectuee dans ces circonstances anormales et de mettre Nollet en liberte; ... " 152 Vgl. Bauer, Die völkerrechtswidrige Entführung, 70 m.w.N.

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I. Teil, A. Tatbestand der völkerrechtswidrigen Entführung

nicht schon dadurch völkerrechtskonform, daß unzuständige Organe des Gebietsstaates hieran mitwirken. c) Kooperation erzeugt Rechtsschein der Einwilligung (Savarkar-Fall)

Raum fiir eine Einschränkung kann nur dann verbleiben, wenn es wie im Savarkar-Fall 153 zu einer spontanen Kooperation von Organen beider Staaten kommt, wobei die handelnden Organe beider Staaten von einem Einverständnis der zuständigen Stellen ausgehen. In diesem vom Ständigen Schiedshof in Den Haag entschiedenen Streitfall ist von folgendem Sachverhalt ausgegangen worden: Mit Schreiben vom 29. Juni 1910 war die französische Regierung von der britischen Regierung informiert worden, daß das Schiff "Morea" am 7. oder 8. Juli 1910 den Hafen von Marseille anlaufen werde. An Bord werde sich Savarkar befmden, der von der britischen Regierung zum Zwecke der Aburteilung wegen Hochverrats von Großbritannien nach Indien gebracht werde. Die französische Regierung wurde ersucht, dafiir Sorge zu tragen, daß Savarkar nicht entfliehe oder von indischen Freiheitskämpfern befreit werde. Die französische Regierung gab der Polizeibehörde von Marseille entsprechende Anweisung und teilte dies am 9. Juli 1910 auch der britischen Regierung mit. Die "Morea" lief am 7. Juli 1910 den Hafen von Marseille an. Am 8. Juli sprang Savarkar in den Morgenstunden von Bord, schwamm an Land und versuchte zu entfliehen. Er wurde von drei Mitgliedern der Schiffsbesatzung, darunter zwei Polizisten, unter lauten Hilferufen verfolgt. Ein französischer Polizist nahm den Fliehenden daraufhin noch auf dem Hafengelände in der Annahme fest, es handele sich um einen desertierenden Matrosen. Die herbeigeeilten Mitglieder der britischen Schiffsbesatzung, nahmen den Festgenommenen sogleich in Empfang und brachten ihn mit Hilfe des französischen Polizisten wieder auf das Schiff. Die beteiligten Mitglieder der britischen Schiffsbesatzung nahmen an, daß der französische Polizist deshalb Savarkar festgenommen und ihnen übergeben hatte, weil er über die Person des Flüchtlings informiert worden sei und entsprechende Anordnung erhalten hatte. Die Polizeibehörde von Marseille meldete mit Telegramm vom 13. Juli 1910 dem Innenminister, daß in Übereinstimmung mit der erhaltenen Instruktion Savarkar an der Flucht gehindert worden sei. Durch Note vom 20. Juli 1910 gab jedoch die französische Regierung der britischen Regierung bekannt, daß Savarkar zu Unrecht von einem Unterbeamten an die britische Besatzung übergeben worden sei. 154 Da Savar153 The Savarkar Case [Great Britain v. France] (Arbitral Tribunal Appointed to Decide the Case of Savarkar, 24 February 1911), 11 RlAA 243-255; Stuyt (ed.), Survey of International Arbitrations - 1794-1989, 3rd ed., Dordrecht et al. 1990, No. 304, 310. 154 Ab die&ern Zeitpunkt fand der Fall ein lebhaftes Echo in der französischen Presse,

I. Einseitiges Handeln

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kar sich bereits in französischem Gewahrsam befunden hatte, war man offenbar der Auffassung, es hätte ein formeller Auslieferungsantrag gestellt werden müssen. In einer weiteren Note wurde geltend gemacht, daß das Verhalten der drei Mitglieder der britischen Schiffsbesatzung als Verletzung französischer Gebietshoheit zu betrachten sei. Es wurde daher gefordert, daß Savarkar an Frankreich zurückgegeben werde. 155 Der Fall erregte einiges Aufsehen und wurde in der Literatur sehr kontrovers diskutiert. 156 Er macht in erster Linie deutlich, daß es keineswegs, wie Bauer schreibt,157 in der Praxis der Staaten allgemein anerkannt ist, daß bei freiwilliger Kooperation der Behörden des Gebietsstaates nicht von einer völkerrechtswidrigen Entführung gesprochen werden könne. Das Schiedsgericht hatte in seiner Entscheidung vom 24. Februar 1911 keine Verletzung der französischen Souveränität feststellen können: "Whereas, having regard to what has been stated, it is manifest that the case is not one of recourse to fraud or force in order to obtain possession of a person who had taken refuge in foreign territory, and that there was not, in the circumstances of the arrest and delivery of Savarkar to the British Authorities and of his removal to India, anything in the nature of a violation of the sovereignty of France, and that all those who took part in the matter certainly acted in good faith and had no thought of doing anything unlawful."158

vgl. Robin, RDGIP 18 (1911), 303, 309; zur Rolle der französischen Presse auch Wehberg, Die Friedens-Warte 13 (1911), 71, 72. 155 Doehring, Savarkar-Fall, in: Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV, 2. Aufl., Bd. I, 164 f; ders., Savarkar Case, in: Bemhardt (ed.), EPIL 2 (1981), 252 ff; 1. Kohler, Zeitschrift für Völkerrecht und Bundesstaatsrecht 5 (1911), 202 ff; ders., in: Schücking (Hrsg.), Das Werk vom Haag, Zweite Serie, Bd. I, 3. Teil, 65-166 ausführlich und mit allen relevanten Dokumenten. 156 Note, AJIL 5 (1911), 208 ff; Doehring, Savarkar-Fall, in: Strupp/Schlochauer (Hrsg.), WdV, 2. Aufl., Bd. I, 164 f; Robin, RGDIP 18 (1911), 303 ff; van Hamel, Revue de droit international et de legislation comparee, 2< Serie, 13 (1911), 370 ff.; Decocq, Revue critique de droit international prive 53 (1964),411,426 f; Travers, Revue de Droit International Prive et de Droit Penal International 13 (1917), 627, 642; Fran~ois, RdC 87 (1955 1),457,511 ff; O'Higgins, BYIL 36 (1960), 279, 315; Strupp, Zeitschrift für Völkerrecht und Bundesstaatsrecht, Beiheft I zum V. Bande (1911),3 ff; Oppenheim, International Law, vol. 1., 3rd ed., 1920, 510; Weh berg, Die FriedensWarte 13 (1911), 71 ff; Lammasch, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 6 (1912), 76, 98; sehr kritisch Note, Clunet 38 (1911), 735 ff.; 1. Kohler, Zeitschrift für Völkerrecht und Bundesstaatsrecht 5 (1911), 202; ders., Zeitschrift für Völkerrecht 7 (1913), 113, 122; ders., in: Schücking (Hrsg.), Das Werk vom Haag, Zweite Serie, Bd. I, 3. Teil, 65 ff., alle m.w.N. 157 Bauer, Die völkerrechtswidrige Entführung, 70. 158 11 RIAA 243, 254. 5 Wilsk