Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft nach geltendem und künftigem Recht [1 ed.] 9783428484140, 9783428084142


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Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft nach geltendem und künftigem Recht [1 ed.]
 9783428484140, 9783428084142

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Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 92

Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft nach geltendem und künftigem Recht Von Ekkehard A. Armbruster

Duncker & Humblot · Berlin

E K K E H A R D Α. A R M B R U S T E R

Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft nach geltendem und künftigem Recht

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 92

Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft nach geltendem und künftigem Recht

Von Ekkehard A. Armbruster

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche B i b l i o t h e k - CIP-Einheitsaufnahme

Armbruster, Ekkehard Α.: Die Stellung des haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft nach geltendem und künftigem Recht / von Ekkehard A . Armbruster. - Berlin : Duncker und H u m b l o t , 1996 (Schriften zum Wirtschaftsrecht ; Bd. 92) Zugl.: Freiburg (Breisgau), U n i v . , Diss., 1993/94 I S B N 3-428-08414-4 NE: G T

©

A l l e Rechte vorbehalten 1996 Duncker & H u m b l o t G m b H , Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany I S S N 0582-026X I S B N 3-428-08414-4

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort Die Arbeit wurde von der juristischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg im Wintersemester 1993/94 als Dissertation angenommen. Da der Entwurf einer Insolvenzordnung von dem Deutschen Bundestag im April 1994 in einer gegenüber dem Regierungsentwurf vom Januar 1992 erheblich geänderten Fassung angenommen wurde, bedurfte es einer umfassenden Überarbeitung der Doktorschrift. Besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Albrecht Dieckmann sowohl für die Anregung zu diesem Thema, als auch fur seine wertvollen Ratschläge und die konstruktive Kritik, die den Fortgang der Arbeit begleiteten. Dank sage ich weiter Herrn Prof. Dr. Rolf Stürner fur die zügige Erstellung des Zweitgutachtens, Frau Christiane Huber für die Fertigung des Manuskripts und ihre vielfältige Unterstützung. Schließlich danke ich Herrn Dr. Klaus Bacher, der mir bei technischen Unbilden zur Seite stand sowie Frau Monika Mätschke für die Endkorrektur des Manuskripts. Die Arbeit widme ich meinen Eltern. Freiburg, im September 1995 Ekkehard A. Armbruster

Inhaltsverzeichnis Einleitung

13

Einführung in die Problemstellung

13

Erstes Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

17

I.

Zweck des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens

17

II.

Insolvenzfähigkeit der Personenhandelsgesellschaften

19

III.

Insolvenzgrund bei den Personenhandelsgesellschaften 1. Die Zahlungsunfähigkeit 2. Insolvenz der Gesellschaft trotz liquidem, persönlich haftendem Gesellschafter?.

20 20 21

IV. Gemeinschuldner bei der Insolvenz der Pesonenhandelsgesellschaft 1. Die unbeschränkt haftenden Gesellschafter als Gemeinschuldner 2. Ist die Gesellschaft Gemeinschuldnerin?.

22 22 23

V.

24 24 26 27 27 29

Die Insolvenzmasse der Personenhandelsgesellschaft 1. Allgemeines zur Insolvenzmasse 2. Zugehörigkeit der Einlage zur Insolvenzmasse 3. Darlehen des ausgeschiedenen Kommanditisten als Teil der Aktivmasse?. a) Die Auffassung der herrschenden Meinung b) Zur Position K. Schmidts

Zweites Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs und im Gesellschaftsvergleich unter Berücksichtigung der Insolvenzordnung

31

I.

Kurzdarstellung der Kommanditistenhaftung außerhalb des Konkurses.

31

II.

Allgemeines zur Kommanditistenhaftung im Konkurs

34

III. Zur Doppelfunktion des § 171 Abs. 2 HGB 1. Die Sperrwirkung 2. Die Ermächtigungsfunktion

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IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter. 1. Inhalt des Rechts, welches der Verwalter nach § 171 Abs. 2 HGB geltend macht 2. Die Einziehung der Pflichteinlage des Kommanditisten zur Konkursmasse 3. Wahlrecht des Konkursverwalters und des Kommanditisten? a) Die herrschende Meinung b) Die Auffassung K. Schmidts c) Die Position des OLG Celle d) Stellungnahme 4. Die Rechtsstellung des Konkursverwalters im Rahmen von § 171 Abs. 2 HGB und Anspruchsträgerschaft bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der Haftsumme a) Zur Rechtsstellung des Verwalters, wenn er nach § 171 Abs. 2 HGB gegen die haftenden Kommanditisten vorgeht b) Anspruchsträgerschaft bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der Haftsumme. aa) Der Konkursverwalter als Zuordnungssubjekt

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8

Inhaltsverzeichnis hb) Die Kommanditgesellschaft als Rechtsinhaberin cc) Die Gesellschaftsgläubiger bleiben Anspruchs- bzw. Rechtsträger.

V.

Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB 1. Anwendung auf den beschränkt haftenden, aktiven Kommanditisten 2. Anwendung hinsichtlich des ausgeschiedenen Kommanditisten bei einer mehrgliedrigen KG mit mehreren Kommanditisten 3. Der Verwalter nimmt den Ausgeschiedenen nach § 171 Abs. 2 HGB in Anspruch, wobei letzterer nur bevorrechtigten Altgläubigern gegenüber haftet 4. Keine Geltung bei unbeschränkter Haftung des Kommanditisten. 5. Heranziehung des § 171 Abs. 2 HGB, falls nur ein (Alt-) Gläubiger vorhanden oder die Haftsumme für die Befriedigung sämtlicher (Alt-) Gläubiger ausreichend ist a) Die (ausgeschiedenen) Kommanditisten haften nur einem (Alt-) Gläubiger. b) Die Haftsumme ist für die Befriedigung aller (Alt-) Gläubiger genügend 6. Anwendbarkeit des § 171 Abs. 2 HGB auch bei Nichtbeteiligung von Gläubigern am Konkurs? 7. Geltung von § 171 Abs. 2 HGB, wenn die GmbH einer GmbH & Co KG als alleinige persönlich haftende Gesellschafterin sämtliche Kommanditanteile übernimmt und sodann über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet wird a) Die frühere Auffassung des BGH b) Die Meinung K. Schmidts c) Die Änderung der Rechtsprechung des BGH 8. Heranziehung des § 171 Abs. 2 HGB bei Umwandlung einer K G in eine OHG durch Austritt sämtlicher Kommanditisten 9. Heranziehung von § 171 Abs. 2 HGB im Privatkonkurs eines vormaligen Komplementärs? 10. Anwendbarkeit des § 171 Abs. 2 HGB bei Vorhandensein einer Scheinkommanditgesellschaft, eines Scheinkommanditisten bzw. bei nichtigem Gesellschaftsvertrag? 11. Anwendung auf die fehlerhafte, in Vollzug gesetzte Gesellschaft 12. Heranziehung des § 171 Abs. 2 HGB bei konkursfreier Liquidation bzw. im (Zwangs-) Vergleichsverfahren?

VI. Kritik am Wortlaut von § 171 Abs. 2 HGB 1. Nebulose Fassung der Norm 2. Fehlende Differenzierung zwischen Einlage und Haftsumme 3. Keine Begründung von Rechten in § 171 Abs. 1 HGB 4. Geltendmachung vergemeinschafteter Rechte VII. Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme des Kommanditisten gemäß § 171 Abs. 2 HGB 1. Sondermasse beim aktiven Kommandititsten? 2. Sondermasse beim ausgeschiedenen Kommanditisten a) Verneinung der Sonderfondsbildung? b) Bejahung der Sondermassenbildung c) Vereinbarkeit der Lösung mit dem Prinzip der Gläubigergleichbehandlung im Konkurs? VIII. Eigene Einwendungen des gemäß § 171 Abs. 2 HGB in Anspruch genommenen Kommanditisten 1. Die Haftsumme ist zur Gläubigerbefriedigung nicht oder nicht vollständig erforderlich.. a) Einwendungen des aktiven Kommanditisten b) Einwendungen des ausgeschiedenen Kommanditisten 2. Einwand, vor Konkurseröffnung Gläubiger befriedigt bzw. die Einlage erbracht zu haben

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Inhaltsverzeichnis 3. Die Aufrechnungsmöglichkeit mit einer Forderung gegen die KG bei einem Vorgehen des Konkursverwalters nach § 171 Abs. 2 HGB a) Einwendung des aktiven Kommanditisten aa) Aufrechnung mit einer Drittgläubigerforderung bb) Aufrechnung mit Sozialforderungen b) Einwendung des ausgeschiedenen Kommanditisten aa) Aufrechnung mit einer Drittgläubigerforderung bb) Aufrechnung mit Sozialforderungen 4. Aufrechnungsmöglichkeit des aktiven Kommanditisten mit einer Privatforderung gegen einen Gesellschaftsgläubiger gegenüber dem Konkursverwalter bzw. gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Konkurs 5. Aufrechnung des Ausgeschiedenen mit einer Privatforderung gegen Altgläubiger gegenüber dem nach § 171 Abs. 2 HGB vorgehenden Konkursverwalter bzw. gegenüber den Altgläubigern 6. Aufrechnungsmöglichkeit des Kommanditisten, der einer Gesellschaftsschuld beigetreten ist oder sich für eine solche verbürgt hat, mit einem Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft aufgrund Gläubigerbefriedigung gegenüber dem Haftanspruch aus § 171 Abs. 2 HGB IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger 1. Teilnahme des (ehemaligen) Gesellschafters mit einer Drittgläubigerforderung am Gesellschaftskonkurs 2. Konkursbeteiligung mit dem aktiven Kapitalanteil? 3. Konkursgläubigerstellung des Kommanditisten, welcher einen Gesellschaftsgläubiger vor Konkurseröffnung befriedigt hat, aufgrund des Erstattungsanspruchs nach § 110 HGB bzw. § 426 BGB a) Gläubigerbefriedigung durch den aktiven, haftenden Kommanditisten. b) Altgläubigerbefriedigung durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten.... 4. Wird der Kommanditist, der an einen Gesellschaftsgläubiger nach Konkurseröffnung gezahlt hat, mit seiner Regreßforderung Konkursgläubiger? a) Zahlung durch den aktiven, haftenden Kommanditisten. b) Zahlung an Altgläubiger durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten c) Teilzahlungen an Altgläubiger durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten nach Konkurseröffnung bei Resttilgung der Altgläubigerforderung durch die Konkursdividende d) Teilzahlung an bevorrechtigte Altgläubiger durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten nach Konkurseröffnung 5. Konkursbeteiligungsrecht des Kommanditisten, der seine Haftsumme an den Konkursverwalter geleistet hat, mit seinem Regreßanspruch gegen die Gesellschaft a) Der aktive Kommanditist zahlt seine Haftsumme an den Konkursverwalter b) Der Altkommanditist leistet seine Hafteinlage an den Konkursverwalter X.

Das Zusammentreffen von Gesellschaftskonkurs und Eigenkonkurs eines haftenden Kommanditisten

XI. Zur Frage einer Begrenzung der Kommanditistenhaftung und des Vorliegens einer Vollstreckungssperre im (Zwangs-) Vergleichs- bzw. im Reorganisationsverfahren 1. Anwendbarkeit der §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO a) Die Geltungsbejahung durch eine Mindermeinung b) Die herrschende Gegenmeinung 2. Zum Problem des Vorliegens einer Vollstreckungssperre zugunsten des Kommanditisten im Vergleichs- bzw. Zwangsvergleichsverfahren 3. Haftungsreduzierung im künftigen Reorganisationsverfahren zugunsten des begrenzt haftenden Kommanditisten?

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10

Inhaltsverzeichnis

Drittes Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Gesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit nach geltendem und künftigem Recht 141 I.

Allgemeines zum Einstehenmüssen des persönlich haftenden Gesellschafters im Gesellschaftskonkurs

141

II.

Doppelfunktion des § 93 InsO 1. Die Sperrwirkung 2. Die Ermächtigungsfunktion

142 142 143

III

Die Rechtsausübung durch den Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter nach künftigem Recht 1. Inhalt des geltend gemachten Rechts 2. Wahlrecht des die Haftung Realisierenden? 3. Die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters i.R.v. § 93 InsO und Anspruchs- bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der Haftsumme a) Zur Rechtsstellung des nach § 93 InsO vorgehenden Insolvenzverwalters b) Anspruchsträgerschaft bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der eingezogenen Haftsumme

144 144 146 146 146 146

IV. Kritik an der systematischen Einordnung des § 93 InsO

149

V.

149 150

Zum Anwendungsbereich des § 93 InsO 1. Heranziehung für die Haftung aktiver, persönlich haftender Gesellschafter. 2. Anwendung hinsichtlich des aus einer Gesellschaft mit mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern ausgeschiedenen Gesellschafters 3. Heranziehung von § 93 InsO, wenn nur ein (Alt-) Gläubiger vorhanden oder das Haftungspotential des persönlich haftenden Gesellschafters für die Befriedigung aller (Alt-) Gläubiger genügend ist 4. Legitimationsbefugnis des Insolvenzverwalters bei Nichtbeteiligung der Gläubiger am Insolvenzverfahren? 5. Heranziehung von § 93 InsO bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines ehemaligen Gesellschafters bzw. eines Dritten, der sämtliche Gesellschaftsanteile übernommen hat 6. Geltung des § 93 InsO bei Existenz von Scheingesellschaftern bzw. bei nichtigem Gesell schaftsvertrag? 7. Anwendung auf die fehlerhafte, in Vollzug gesetzte Gesellschaft

VI. Zur Frage des Einstehenmüssens des persönlich haftenden Gesellschafters für alte und neue Masseverbindlichkeiten sowie für Forderungen aus Sozialplänen 1. Die Haftung für Masseverbindlichkeiten a) Das Einstehenmüssen des persönlich haftenden Gesellschafters für Masseverbindlichkeiten im Konkurs der Gesellschaft aa) Die Haftung für alte Masseverbindlichkeiten bb) Das Einstehenmüssen für neue Masseverbindlichkeiten b) Die Haftung für Masseansprüche im Doppelkonkurs c) Folgerung aus der haftungsrechtlichen Differenzierung zwischen alten und neuen Masseverbindlichkeiten 2. Die Haftung für Forderungen aus Sozialplänen im Einzel- wie im Doppelkonkurs VII. Die Haftung für und die Berechtigung aus Masseverbindlichkeiten nach künftigem Recht 1. Allgemeines zur Neuregelung der Rangordnung von Masseverbindlichkeiten 2. Die Haftung für Kosten des Insolvenzverfahrens 3. Das Einstehenmüssen für "sonstige Masseverbindlichkeiten".

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Inhaltsverzeichnis 4. Auswirkungen auf die Haftungslage durch die Feststellung der Masseunzulänglichkeit? 5. Das Einstehenmüssen des persönlich haftenden Gesellschafters für Sozialplanansprüche 6. Gewährung von Unterhalt aus der Insolvenzmasse

179 184

VIII. Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme des persönlich haftenden Gesellschafters nach § 93 InsO 1. Sonderfondsbildung beim aktiven, aufrecht stehenden Gesellschafter?. 2. Sondermassenbildung beim ausgeschiedenen, persönlich haftenden Gesellschafter 3. Sonderfondsbildung hinsichtlich des Einstehenmüssens für Masseverbindlichkeiten

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178

IX. Aufrechnungsmöglichkeiten des gemäß § 93 InsO in Anspruch genommene persönlich haftenden Gesellschafters 1. Die Aufrechenbarkeit mit einer Drittgläubigerforderung gegen die Gesellschaft gegenüber dem nach § 93 InsO vorgehenden Insolvenzverwalter. a) Einwendung des aktiven Gesellschafters b) Einwendung des ausgeschiedenen Gesellschafters 2. Die Aufrechnungsmöglichkeit mit einem Aufwendungsersatz- oder Sozialanspruch gegen die Gesellschaft gegenüber dem gem. § 93 InsO vorgehenden Insolvenzverwalter... a) Einwendung des aktiven Gesellschafters b) Einwendung des ausgeschiedenen Gesellschafters aa) Aufrechenbarkeit mit einem Regreßanspruch aus einer Altgläubigerbefriedigung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bb) Aufrechenbarkeit mit einem Abfindungsanspruch 3. Zur Aufrechnungsmöglichkeit des unbeschränkt haftenden Gesellschafters mit einer Privatforderung gegen einen Gesellschaftsgläubiger gegenüber dem ihn nach § 105 ElnsO in Anspruch nehmenden Insolvenzverwalter bzw. gegenüber diesem Gesellschaftsgläubiger a) Der aktive, persönlich haftende Gesellschafter rechnet auf b) Der ausgeschiedene, persönlich haftende Gesellschafter rechnet auf. 4. Aufrechnungsmöglichkeit des persönlich haftenden Gesellschafters, der auf eine Bürgschaft oder auf einen Schuldbeitritt hin geleistet hat, mit dem Erstattungsanspruch aus §§ 774 Abs. 1, 426 Abs. 2 BGB gegenüber dem nach § 93 ElnsO vorgehenden Insolvenzverwalter

202

X.

202

Der unbeschränkt haftende Gesellschafter als Konkursgläubiger 1. Konkursbeteiligung des Gesellschafters mit Forderungen aus Drittgeschäften und mit Ansprüchen auf den Kapital- bzw. Gewinnanteil 2. Konkursteilnahme des Gesellschafters mit dem Erstattungsanspruch bei Gläubigerbefriedigung vor Konkurseröffnung a) Gläubigerbefriedigung durch den aktiven, unbeschränkt haftenden Gesellschafter b) Der ausgeschiedene, grenzenlos haftende Gesellschafter befriedigt einen Altgläubiger 3. Das Recht auf Konkursbeteiligung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters mit einem Regreßanspruch aus der Gläubigerbefriedigung nach Konkurseröffnung a) Gläubigerbefriedigung durch den aktiven Gesellschafter b) Gläubigerbefriedigung durch den ausgeschiedenen Gesellschafter c) Der ausgeschiedene, unbeschränkt haftende Gesellschafter befriedigt Altgläubiger zum Teil nach Verfahrenseröffnung, die Restbefriedigung durch die Konkursdividende erlangen

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XI. Der unbeschränkt haftende Gesellschafter als Insolvenzgläubiger nach künftigem Recht... 210 1. Teilnahme des persönlich haftenden Gesellschafters mit Forderungen aus Drittgeschäften bzw. mit Ansprüchen auf den Gewinn- oder Kapitalanteil 211

Inhaltsverzeichnis

12

2. Die Insolvenzbeteiligung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters mit dem Regreßanspruch bei Gläubigerbefriedigung vor Insolvenzverfahrenseröffnung a) Gläubigerbefriedigung durch den aktiven Gesellschafter b) Der ausgeschiedene Gesellschafter tilgt Gesellschaftsverbindlichkeiten. 3. Insolvenzbeteiligung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters mit einem eventuellen Regreßanspruch bei Leistung an einen Gesellschaftsgläubiger nach Insolvenzverfahrenseröffnung? a) Leistung an Gesellschaftsgläubiger durch den aktiven Gesellschafter. b) Der ausgeschiedene Gesellschafter leistet an Altgläubiger c) Teilleistungen des Altgesellschafters an alle Altgläubiger bei Restbefriedigung aus der Masse

211 211 212

213 213 215 216

XII. Das Nebeneinander von Gesellschaftskonkurs und Privatkonkurs eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters 217 1. Allgemeines 217 2. Der Regelungsgehalt des § 212 KO 217 XIII. Das Aufeinandertreffen von Gesellschaftsinsolvenz und Eigeninsolvenz des unbeschränkt haftenden Gesellschafters nach künftigem Recht 1. Die Begründung des Regierungsentwurfs zur InsO. 2. Die Auswirkungen auf die Stellung der persönlich haftenden Gesellschafter und deren Privatgläubiger X I V . Die Haftungsbegrenzung des persönlich haftenden Gesellschafters durch den (Zwangs-) Vergleich 1. Der Grundgedanke der §§211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO und deren Anwendbarkeit auf den aktiven Gesellschafter 2. Geltung der §§211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO für den ausgeschiedenen, unbeschränkt haftenden Gesellschafter? X V . Die Haftungsbegrenzung persönlich haftender Gesellschafter bei Erstellung eines Insolvenzplanes und Restschuldbefreiung 1. Zur Haftungsbegrenzung durch den Insolvenzplan gem. § 217 InsO sowie die Restschuldbefreiung nach den §§ 227, 286 ff InsO. 2. Haftungsbegrenzung gem. § 217 InsO sowie Restschuldbefreiung nach den §§ 227, 286 ff InsO auch im Hinblick auf den ausgeschiedenen, persönlich haftenden Gesellschafter?

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237

X V I . Abschließende Würdigung der Haftung von Mitgliedern einer Personenhandelsgesellschaft im Insolvenzverfahren über das Gesellschaftsvermögen 1. Zur beschränkten Haftung des Kommanditisten 2. Das Einstehenmüssen persönlich haftender Gesellschafter

238 238 239

Literaturverzeichnis

244

Einleitung Einführung in die Problemstellung Am 21. April 1994 hat der Deutsche Bundestag aufgrund der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses (sechster Ausschuß)1 den "Entwurf zusammen mit dem Einführungsgesetz einer Insolvenzordnung (InsO)" in erheblich veränderter Fassung angenommen2. Das Gesetz ist am 18.10.1994 verkündet worden. 3 An die Stelle der bisherigen Konkurs- und Vergleichsordnung soll eine einheitliche Insolvenzordnung treten, welche sowohl die wirtschaftliche Zwangsliquidation als auch eine Sanierung von Gemeinschuldnern vorsieht. Ein wesentliches Ziel der Reform besteht darin, die Massearmut, unter denen gegenwärtig mehr als 75 Prozent der Konkursverfahren leiden, zu überwinden 4 . Dadurch soll die Eröffnungsreife von Insolvenzverfahren herbeigeführt werden. Dies geschieht unter anderem durch eine Aufstockung der Insolvenzmasse, indem der Gesetzgeber die Gesellschafterhaftung der Masse einverleibt und sie über den Insolvenzverwalter abwickelt. Bislang ist dieses Modell nur fìir die beschränkte Kommanditistenhaftung über § 171 Abs. 2 HGB Gesetz. Dies hat zur Konsequenz, daß sich die Gesellschaftsgläubiger in Anbetracht des Einstehenmüssens unbeschränkt haftender Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht in einer Zwangsgemeinschaft befinden. Über § 128 HGB (§161 Abs. 2 HGB) können sie persönlich haftende Gesellschafter bis zu deren Konkurs für Gesellschaftsverbindlichkeiten direkt in Anspruch nehmen. Nach derzeitigem Recht findet also ein Gläubigerwettlauf statt. Derjenige Gesellschaftsgläubiger, der sich zuerst einen vollstreckbaren Titel verschafft, hat die größten Befriedigungschancen.

1

Bundestag-Drucksache 12/7302 vom 19.04.1994.

2

Bundesrat-Drucksache 33694 vom 29.04.1994.

3

BStBl I S. 2866 und 2911.

4

Engelhard, recht 90, 34; Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BundestagDrucksache 12/7302, S. 1.

14

Einleitung

Künftig soll in Anlehnung an § 171 Abs. 2 HGB auch die Gläubigerbefriedigung aus der Haftung aufrecht stehender Gesellschafter in einem geregelten Verfahren erfolgen. Dadurch wird dem Grundsatz der "par condicio creditorum" Rechnung getragen.5 Dies leistet - jedenfalls im Ansatz - die Vorschrift des § 93 InsO, deren Wortlaut wie folgt lautet: "Ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien eröffnet, so kann die persönliche Haftung eines Gesellschafters während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden."

Auf den ersten Blick scheint die (inhaltliche) Ausdehnung des § 171 Abs. 2 HGB auf den unbeschränkt haftenden Gesellschafter unproblematisch zu sein. Sie wird daher, soweit ersichtlich, im Grundsatz uneingeschränkt bejaht.6 Schließlich besteht bereits deswegen ein Bedürfnis für eine geregelte Haftungsabwicklung, weil eine entwickelte Rechtsordnung den Wettlauf zugunsten des Stärkeren und Geschickteren oder den Kampf aller gegen alle nicht akzeptieren kann.7 Zudem schafft ja allein die Tatsache der unbeschränkten Haftung keineswegs die Gewähr für das Vorhandensein eines unerschöpflichen Haftungspotentials. Als Regelungsalternative wäre nur in Betracht gekommen, mit der Gesellschaft automatisch auch den persönlich haftenden Gesellschafter in die Insolvenz fallen zu lassen. Dieses Modell ist in Frankreich Gesetz geworden. Ein solcher Automatismus würde indes nicht danach fragen, ob beim Gesellschafter

5 Häsemeyer, KTS 82, 507ff; Ulmer, ZHR 149, 541 (570); vgl. auch zur Unverzichtbarkeit des Prinzips der "par condicio creditorum" in der Reform: Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 45f; Hanisch, ZZP 90, 1 (4f). 6 K . Schmidt, NJW 82, 887; ders., Gutachten D, S. D47; ders., JZ 85, 301 (303f); ders., ZGR 86, 178 (205); ders., Gesellschaftsrecht, S. 1248f, 1325; ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 81; Uhlenbruch GmbHR 89, 101 (109); ders., Die GmbH & Co KG, S. 621 (627); kritisch im Hinblick auf die Erweiterung der Kostenmasse: Häsemeyer, Die Regelung der Masseverbindlichkeiten, der Masseunzulänglichkeit und des Verfahrenskostenvorschusses, in Leipold, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 101 (104); kritisch in Ansehung der Zerstörung von Aufrechnungslagen: Dieckmann, Zur Aufrechnung, in Leipold, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 211 (213); vgl. schon bisher zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen der Gesellschaftsgläubiger gegen Organe juristischer Personen: K. Schmidt, KTS 84, 345 (375); Uhlenbruch GmbHRdsch 71, 70 (71); Ulmer, ZHR 149, 541 (570); ders. in Kübler, Neuordnung des Insolvenzrechts, S. 119 (123). 7

Hanisch, ZZP 90, 1 (5).

8 Art. 97 InsolvenzG, zitiert bei Sonnenberger, Französchisches Handels- und Wirtschaftsrecht, Rn. 98; vgl. auch Jaeger, Der Konkurs, S. 170ff; K. Schmidt, JZ 85, 301 (303); Jaeger/Weber, KO, Vorbem. 16 vor §§ 207ff, § 212 Anm. 1.

Einleitung

überhaupt die Insolvenzvoraussetzung - Zahlungsunfähigkeit - vorläge. Eine derartige Lösung schösse über das Ziel hinaus.9 Allerdings kannte die Preußische KO von 1855 einen Simultankonkurs, der die notwendige Trennung von Unternehmensinsolvenz und Privatkonkurs aufhob. 10 Jaeger1'sah hierin zu Recht eine unzulässige Privilegierung der Gesellschaftsgläubiger. Die geplante Neuregelung, eingebunden in die InsO, wirft jedoch Probleme auf. Dies gilt schon hinsichtlich der systematischen Einordnung. Gehört sie, wie §171 Abs. 2 HGB, in das HGB oder in die InsO? Ist es weiter zutreffend, wenn es im Regierungsentwurf 12 heißt, durch die Neuregelung verschlechtere sich die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters gegenüber dem geltenden Recht nicht, obwohl die Sperrwirkung des § 93 InsO ähnlich dem § 171 Abs. 2 HGB, wie er derzeit ausgelegt wird, möglicherweise verhindert, daß der Gesellschafter mit einer Privatforderung gegen einen Gesellschaftsgläubiger gegenüber dem nach § 93 InsO vorgehenden Insolvenzverwalter aufrechnen kann? Wenn unter der Geltung des § 171 Abs. 2 HGB der Kommanditist mit einer Drittgläubigerforderung gegen die Gesellschaft gegenüber dem Konkursverwalter aufzurechnen vermag 13 , obwohl das Gegenseitigkeitserfordernis nicht vorliegt, so fragt sich, ob dies in Zukunft auch für den aufrecht stehenden Gesellschafter gilt. Jedenfalls paßt das Argument, das beim Kommanditisten herangezogen wurde, hier nicht, weil der Komplementär oder OHG-Gesellschafter keine Enthaftung durch Leistung einer Hafteinlage (vgl. § 171 Abs. 1 HGB) erreichen kann. Gerade im Hinblick auf Aufrechnungsprobleme ist weiterhin fraglich, ob § 93 InsO eine versteckte "cessio legis" darstellt. Für die Abwicklung der Kommanditistenhaftung über den Konkursverwalter wird das abgelehnt.

9

K . Schmidt, JZ 85, 301 (303); ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 33, 35.

10

1

K . Schmidt, JZ 85, 301 (303); ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 33, 35.

'jaeger, Der Konkurs, S. 173f.

12

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 140. R G Z 63, 265 (267); BGHZ 58, 72 (75f); BGH W M 76, 107; BGH BB 81, 813.

13

16

Einleitung

Wäre es beim unbeschränkt haftenden Gesellschafter anders, so müßten Gläubiger alter Masseverbindlichkeiten, für die die Gesellschafter haften, in der Gesellschaftsinsolvenz vorrangig aus der dann masseeigenen Sicherheit - Gesellschaftervermögen - gem. § 52 InsO, der § 64 KO entspricht, Befriedigung suchen, was sich als Vorteil für die neuen Massegläubiger erwiese. Mit ersteren müßten sie nur insoweit konkurrieren, als diese im Zuge der Inanspruchnahme der Gesellschafter ausgefallen sind oder verzichtet haben. Problematisch wegen der Verschärfung von Spannungslagen zwischen einzelnen Gläubigergattungen scheint die ersatzlose Streichung von § 212 KO zu sein. Gesellschaftsgläubiger haben ja trotz der Geltung der §§171 Abs. 2 HGB, 93 InsO an der Gesellschafterhaftung teil. Reinen Gesellschaftergläubigern haftet indes nicht das Gesellschaftsvermögen. Die Schuldnerverdoppelung zugunsten der Gesellschaftsgläubiger wurde bislang durch die Ausfallhaftung als Haftungsprivileg für die bloßen Gesellschaftergläubiger ausgeglichen, was künftig wegfallen wird. Zu untersuchen ist weiterhin, ob Gesellschafter nach gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundsätzen für Sozialplanansprüche einstehen müssen, die während des Verfahrens begründet wurden. Wegen der geplanten Streichung von Konkursvorrechten (vgl. § 61 KO) werden diese künftig als Masseverbindlichkeiten eingeordnet. Handelt es sich insoweit um Neuverbindlichkeiten, für die Gesellschafter nicht persönlich haften? Schließlich bedarf es auch einer Klärung, in welchen Fällen die über § 93 InsO und § 171 Abs. 2 HGB beigetriebenen Haftungsmassen gesondert zu verbuchen sind, weil nicht alle Gesellschaftsgläubiger hieran teilhaben. Man denke in diesem Zusammenhang nur an die ausgeschiedenen Gesellschafter, die lediglich den sogenannten Altgläubigern haften. Dies sind die wesentlichen Sachfragen, die sich unter der Geltung einer InsO stellen. Da § 93 InsO dem § 171 Abs. 2 HGB nachgebildet ist, wird zunächst die Kommanditistenhaftung im Konkurs unter Herstellung von Bezügen zum künftigen Recht dargestellt werden. Daran schließt sich die Stellung persönlich haftender Gesellschafter nach der derzeitigen Rechtslage an, wobei im direkten Vergleich mit der geplanten InsO Veränderungen aufzuzeigen sind.

Erstes Kapitel

Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft I . Zweck des Konkurs- bzw. Insolvenzverfahrens Im Konkurs tritt an die Stelle der Einzelzwangsvollstreckung die Gesamtvollstreckung in das Vermögen des Schuldners. Der Konkurs dient der Gläubigergesamtheit14. Er ist mithin ein Gesamtkonkurs, der das der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen einer Person in Gänze erfaßt 15. Nicht anerkannt ist ein Konkursverfahren über unselbständige Vermögensteile, ein sogenannter Teilkonkurs 16 , der streng von dem Sonderkonkurs (hierzu unter Kapitel 1, 2) zu trennen ist. Das Konkursverfahren will fur die Befriedigung der Gläubiger in einem geregelten Verfahren sorgen und tritt an die Stelle des einzelzwangsvollstreckungsrechtlichen Präventionsprinzips, wobei das Ausfallrisiko von den Gläubigern gemeinsam getragen werden soll 17 . Zweck ist also die "gerechte Verteilung einer unzulänglichen Masse"18. Der dem zugrunde liegende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung ("par condicio creditorum") wird nach dem Willen des Gesetzgebers "nur" durch die Regelungen über die Absonderung, Aussonderung, Aufrechnung im Konkurs, Vorwegbefriedigung von Massegläubigern (vgl. § 57 KO) und die Rangklassen des § 61 KO durchbrochen 19. Durch diese Bestimmungen erweist sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung im geltenden Recht als eine bloße Theorie 20 . Vermieden wird durch die Kon-

14

Kisch, NJW 49, 757; Jaeger/Lent, KO, Einleitung III, III; Unger, KTS 60, 33 (35).

15

Jaeger/Henckel, KO, § 1 Anm. 149; Kilger/ K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c; Hess/Kropshofer, KO, § 1 Anm. 5. 16 Kilger, KO, § 1 Anm. 9; Hess/Kropshofer, KO, § 1 Anm. 5; Kuhn, FS f. Schilling, S. 69 (73); Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 1 Anm. 7. 17 Spellenberg, S. 83; Hanisch, ZZP 90, 1 (4) bezeichnet das Prinzip der "par condicio creditorum" als "zeitlos und unverzichtbar"; Jaeger/Lent, KO, Einleitung III, I; vgl. auch Tschierschke, S. 49, 69. 18

Tschierschke, S. 49; vgl. auch Berges, KTS 60, 1 (7).

19

Jaeger/Lent, KO, Einleitung III, III; Unger, KTS 60, 33 (35f).

2 Armbruster

18

1. Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

kurseröffnung lediglich der einzelzwangsvollstreckungsrechtliche Gläubigerwettlauf. Bedingt durch die Verfahrenseröffnung bilden die Gläubiger einen Zwangsverband. Sie werden nur innerhalb ihrer jeweiligen "Kaste" gleichberechtigt befriedigt. Das künftige Insolvenzverfahren soll ebenso wie der Konkurs zu einer Gesamtvollstreckung fuhren. In diesem Zusammenhang wird die Verfahrenseröffnung erleichtert werden, indem unter anderem die Rangfolge der Masseverbindlichkeiten veändert wird. Nicht übernommen wurde die im Regierungsentwurf vorgesehene Minimalvoraussetzung der Deckung von Gerichts- und Verwalterkosten für den ersten Abschnitt des Verfahrens bis zum Berichtstermin (§§ 30 Abs. 1, 35 Abs. 1 Nr. 2 ElnsO). Ein Insolvenzverfahren soll nur eröffnet und durchgeführt werden, wenn die Kosten des gesamten Verfahrens gedeckt sind (§§ 26 Abs. 1, 207 InsO; vgl. auch § 107 Abs. 1 KO). Des weiteren ist - nicht zuletzt durch die Regelung des § 93 InsO - geplant, die Insolvenzmasse aufzustocken. Dadurch soll der masselose Konkurs überwunden werden 21 . Gleichzeitig ist angestrebt, den bislang theoretisch gebliebenen Grundsatz der "par condicio creditorum" durch die Abschaffung von Rangklassen zu verwirklichen 22 . 23

Zum klassenlosen Insolvenzverfahren wird das freilich nicht führen . Zwar werden einige Spannungslagen zwischen einzelnen Gläubigergruppen wegfallen, doch verbleibt es wohl bei der Bevorrechtigung von Massegläubigern, und selbst diese sind auch künftig untereinander nicht gleichberechtigt, wenn etwa der Gesellschafter mit seinem Privatvermögen nicht für alle Masseschulden (soweit sie nämlich Neuverbindlichkeiten darstellen) zu haften braucht. Weiterhin wird es auch künftig Ab- und Aussonderungsrechte geben. Die Insolvenzordnung soll verschiedene Verwertungsarten in einem Gesetz vereinigen, nämlich Liquidation, Sanierung sowie übertragende Sanierung, wobei marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten stärker als bisher Rechnung getragen werden soll 24 .

2 °Unger, KTS 60, 33 (36), bezeichnet angesichts der Sonderrechte den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung als eine Farce; kritisch auch Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 28f, 44f. Er bezeichnet die Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger als "Schicksalsfrage der Reform." 2

'Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 85, 140.

22 Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 81, 90; Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, Bundestag-Drucksache 12/7302, S. 150.

23

Vgl. Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 78, 81, 90 (Vorrang von Sozialplanforderungen). 24

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 77f, 82f.

. Insolvenz

der Personenhandelsgesellschaft

I I . Insolvenzfähigkeit der Personenhandelsgesellschaften Die Konkursfähigkeit von OHG und KG ist in § 209 Abs. 1 S. 1 KO gesetzlich anerkannt. Diese Vorschrift knüpft an die Parteifähigkeit der Gesellschaften (§§ 124 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) an 25 . Über genannte Gesellschaften findet ein selbständiges Konkursverfahren statt, wobei ausschließlich das Gesellschaftsvermögen konkursbefangen ist. Dabei wird der Konkurs einer Handelsgesell26

schafit als Sonderfall eines gesetzlichen Liquidationsverfahrens verstanden . Grundsätzlich erfaßt der Konkurs nur das Vermögen der Gesellschafter, das in die Gesellschaft eingebunden ist 27 . Das bedeutet, daß die Verwaltungs- und Verfugungsbefugnissperre des § 6 KO sowie die Vollstreckungssperre des § 14 KO nur für dieses Vermögen gilt, das Privatvermögen der Gesellschafter also 28

unberührt bleibt . Zu beachten ist schon die Ausnahmeregelung des § 171 Abs. 2 HGB, wonach das Kommanditistenvermögen teilweise haftungsrechtlich dem Gesellschaftsvermögen zugewiesen w i r d 2 9 . Durch den Konkurs wird die Gesellschaft aufgelöst (§§ 131 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB). Das bedeutet aber nicht, daß die OHG bzw. KG nicht mehr existiert. Vielmehr tritt an die Stelle des Erwerbszwecks der Abwicklungszweck. Die Gesellschaft ist mit Konkurseröffnung nicht mehr als werbende tätig 30 .

25

Hueck, OHG, S. 382; Ulmer in GK HGB, § 131 Anm. 37; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 1; Κ. Schmidt in 100 Jahre KO, S. 247 (251), stellt nicht auf die Parteifòhigkeit ab, sondern darauf, ob haftungsmäßig ein Sondervermögen vorliegt; Kilger/K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A d; ebenso Henckel, ZZP 84, 447 (4570; Fehl, ZGR 78, 725 (730), betont, daß Konkursrechtssubjekt die "Gesellschafter in ihrer gesellschaftlichen Verbundenheit" seien. Diesen Standpunkt bezeichnet wiederum K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 31, als "überholt und unhaltbar". 26

K . Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 26; Kilger/K.Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c.

27

V g l nur RGZ91, 12(13).

78 Baur, DRZ 50, 9 (11); Blomeyer, BB 68, 1461 (1462); Jaeger/Henckel, KO, § 1 Anm. 155, 157; Jaeger/Lent, KO, § 1 Anm. 70, § 14 Anm. 23; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 1; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 1 Anm. 8e. 29 Häsemeyer, ZHR 149, 42 (49fï); Bendix, JW 25, 586; Blomeyer, BB 68, 1461 (1462); Gottwald/Timm, § 84 Rn. 1, 9; Renaud, S. 600f; Seuffert, S. 73; Sieveking, S. 37; Baur/Stürner, Rn. 7.4, 7.24; Ulmer in GK HGB, § 131 Anm. 37; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 1; RGZ 84, 242 (249); RG WarnRspr 15, Nr. 63, S. 85; RGZ 91, 12f; RG JW 36, 733; OLG Dresden OLGE 32, 282; OLG Karlsruhe JW 33, 133. 3 °Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 131 Anm. 1A; Leven, S. 8; Ulmer in GK HGB § 131 Anm. 3ff, 36; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 30; RGZ 16, 1 (2f); nach K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 151, bleibt der Zweck der Gesellschaft selbst unverändert.

20

1. Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

Künftig wird die Insolvenz einer Gesellschaft nicht mehr notwendig in ein gesetzliches Liquidationsverfahren münden, soll doch der Insolvenzplan statt einer Liquidation auch eine Sanierung vorsehen können 31 . Auch im geplanten Recht verbleibt es natürlich bei der Insolvenzfahigkeit der Personenhandelsgesellschaften. Daneben tritt diejenige der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (§ 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO).

I I I . Insolvenzgrund bei den Personenhandelsgesellschaften 1. Die Zahlungsunfähigkeit Bei den "reinen" Personenhandelsgesellschaften ist Konkursgrund ausschließlich die Zahlungsunfähigkeit (§ 102 KO). Die Überschuldung ist nicht ausreichend, weil die Gesellschaft aufgrund der persönlichen Haftung der OHGGesellschafter bzw. der Komplementäre in der Regel Kreditmöglichkeiten hat 32 . Insoweit steht die Gesellschaft einer natürlichen Person gleich. Die Verlustausgleichspflicht der Gesellschafter aus § 735 BGB soll von vornherein die Überschuldung verhindern 33. Dies erklärt sich wie folgt: hinter dem Vermögen steht eine Person mit ihrer Erwerbsfahigkeit und ihrem Kredit. Wirtschaftlich betrachtet, bedeutet beides Vermögen. Folglich ist bei einer Person allein die Zahlungsunfähigkeit, nicht aber die Überschuldung Konkursgrund 34. Die Überschuldung ist dann zusätzlich Insolvenzgrund, wenn Vermögen von der Person abgegrenzt ist. Letzteres gilt für die kapitalistischen Gesellschaftsformen (§§ 207 Abs. 1, 209 Abs. 1 S. 2 KO, 63 Abs. 1 GmbHG, 98 Abs. 1 Nr. 2, 3 GenG) 35 , denen die GmbH & Co, soweit dort keine natürliche Person unbeschränkt haftender Gesellschafter ist, gleichgestellt wird (§ 209 Abs. 1 S. 3 KO) 3 6 .

31

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 2, 76ff.

32

Hueck, OHG, S. 383; vgl. auch Beelitz, S. 119; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1064; Baur/Stürner, Rn. 1187; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 13; Κ . Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 43ff, zufolge sollte der Tatbestand der Überschuldung zum Eröffiiungstatbestand für alle Unternehmensträger, also auch für Personengesellschaften erklärt werden. 33

Hillers, S. 233.

34

Jaeger, Der Konkurs, S. 41f; kritisch hinsichtlich der Gleichstellung einer natürlichen Person und einer Personenhandelsgesellschaft, weil letztere nicht überschuldet fortexistieren kann: K. Schmidt, JZ 85, 301 (302). 35

V g l . Jaeger, Der Konkurs, S. 42.

. Insolvenzr

Personenhandelsgesellschaft

Auch im geplanten Recht bleiben die Regeln über den Konkursgrund sachlich bestehen (§§ 17, 19 Abs. 3 Inso). Als zusätzlicher Grund fur die Eröffnung des Insolvenzverfahrens soll die "drohende Zahlungsunfähigkeit" eingeführt werden, soweit ein entsprechender Antrag sämtlicher persönlich haftender Gesellschafter oder eines Vertretungsberechtigten vorliegt (§ 18 Abs. 1, 3 InsO). Durch die Beschränkung der Antragsberechtigung sollen "voreilige, nicht ausreichend abgestimmte Anträge" vermieden werden 37 . Bei der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit werden betagte Verbindlichkeiten einbezogen, soweit die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der Schuldner bei Fälligkeit der Forderungen diese nicht wird tilgen können. Vorübergehende Zahlungsstockungen und ganz geringfugige Liquiditätslücken haben dabei freilich außer Betracht zu bleiben 38 .

2. Insolvenz der Gesellschaft trotz liquidem, persönlich haftendem Gesellschafter? Bei hinreichender Beachtung der Trennung von Gesellschafts- und Privatvermögen der Gesellschafter, wenn also mit der Eigenkonkursfähigkeit (Sonderkonkurs) der Personenhandelsgesellschaft Ernst gemacht wird, darf für den Konkursgrund bei der OHG bzw. KG der Vermögensbestand der Gesellschafter keine Rolle spielen. Es gibt nämlich kein einheitliches Konkursverfahren über die Gesellschafts- und Privatmassen der Gesellschafter 39. Mit der Gesellschaft fällt nicht automatisch auch der persönlich haftende Gesellschafter in Konkurs 40 . Die Preußische KO von 1855 kannte allerdings einen Simultankonkurs, der die notwendige Trennung von Unternehmensinsolvenz und Privatkonkurs aufhob 41 .

36

Hierzu: Baur/Stümer, Rn. 7.27; Klauss/Mittelbach, Die KG, Rn. 320; Kuhn, FS f. Schilling, S. 69f; Sudhoff, NJW 73, 1829ff. 37

Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, Bundestag-Drucksache S. 157.

12/7302,

38

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 114f. 39

Beelitz, S. 119, mit dem Hinweis darauf, daß Zahlungseinstellung der Gesellschaft und Zahlungsunfähigkeit der Gesellschafter meist zusammenfallen werden; Hueck, OHG, S. 383; Jaeger, Der Konkurs, S. 43; ders., KO, § 30 Anm. 13, §§ 209, 210 Anm. 4; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 9; RG LZ 16, Sp. 308 Nr. 24. 40

Anders aber die französische Regelung Art. 97 InsolvenzG, zitiert bei Sonnenberger, Rn. 98. 41

§ 287 Abs. 2 PreußKO 1855.

22

1. Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

Auch künftig wird kein einheitliches Insolvenzverfahren in diesem Sinne existieren. Jedoch soll im geplanten Recht, wie angedeutet, durch die Existenz eines § 93 InsO die masselose Insolvenz überwunden werden, indem Haftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen persönlich haftende Gesellschafter "der Insolvenzmasse zugewiesen" werden 42 . Für die Frage, ob Anträge auf Eröffnung von Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen werden müssen (§ 26 InsO), wird es mithin nicht bei der getrennten Betrachtung von Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen bleiben. Insoweit kommt es zu einer Aufweichung der rechtlichen Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen.

I V . Gemeinschuldner bei der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft 1. Die unbeschränkt haftenden Gesellschafter als Gemeinschuldner Nach h.M. sind alle persönlich und unbeschränkt haftenden Gesellschafter im Konkurs der Personenhandelsgesellschaft Gemeinschuldner 43, nicht nur die geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten 44. Daran wird auch bei Geltung der InsO festzuhalten sein (vgl. hierzu Kapitel 3, 15 a). Wie schon der Ausdruck "Gemeinschuldner" besagt, ist auf die persönliche, unbeschränkte Haftung abzustellen45. Nicht diskutiert wird, ob auch der ausgeschiedene, unbeschränkt haftende Gesellschafter Gemeinschuldner ist. Stellt man nur auf die persönliche, grenzenlose Haftung ab, müßte man dies wohl bejahen. Andererseits ist nur das gesamthänderisch gebundene Vermögen konkursbefangen.

42

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 85, vgl. auch S. 140. 43

Baur/Stürner, Rn. 33.6, 33.16; Fehl, ZGR 78, 725 (730); Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 763; Hueck, OHG, S. 384; Jaeger, Lehrbuch, S.199; Kuhn, FS f. Schilling, S. 73; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1085; Ritter, HGB, § 131 Anm. 5; Schmitz-Beuting, KTS 57, 35 (37); Gottwald/Timrn, § 84 Rn. 20, 22; Tschierschke, S. 82t; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 18f, 21; Wissmann, S. 106; RG JW 95, 454 Nr. 7; RGSt 34, 374 (380); 46, 77 (78); 69, 65 (66); RG JW 02, 213 Nr 3; RAG HRR 31, Nr. 1147; OLG Karlsruhe JW 33, 133; OLG Düsseldorf KTS 59, 175; BGH KTS 61, 72 (74); BGHZ 34, 293 (297). 44 O L G Düsseldorf KTS 59, 175; Baur/Stürner, Rn. 33.6; unklar: Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 18, der einmal von den Gesellschaftern, dann wieder von der OHG als Gemeinschuldnerin spricht. 45

V g l . Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 19.

IV. Gemeinschuldner bei der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

23

Diese Tatsache spricht dagegen, den Ausgeschiedenen, der sein Auseinandersetzungsguthaben erhalten hat, als (Mit-) Gemeinschuldner zu begreifen 46. Zudem besteht kein Grund, ihn im Eröffnungsverfahren gem. § 105 Abs. 2 KO zu hören oder ihm die Mitantragsbefugnis nach § 202 KO einzuräumen. Schließlich ist er nurmehr Haftender, der auch vor Verfahrenseröffhung, sieht man von dem Auseinandersetzungsanspruch ab, keinerlei Einfluß auf das gesamthänderische, später konkursbefangene Vermögen der Gesellschaft hat. Die völlig h.M. sieht den Kommanditisten mangels unbeschränkter Haftung nicht als Gemeinschuldner an 47 . Die KG selbst ist nicht juristische Person, Rechtsträger sind die aufrecht stehenden Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, so daß auch nur sie Gemeinschuldner sein können, denn nach noch überwiegender Meinung ist die Rechts- und Parteifähigkeit nach § 124 Abs. 1 HGB keine materielle 48.

2. Ist die Gesellschaft Gemeinschuldnerin? Dennoch begreifen manche Autoren die Gesellschaft als Gemeinschuldnerin, weil sie als Trägerin des Unternehmens angesehen werde. Es sei überholt, wegen der Rechtsunfähigkeit der Personengesellschaften die Gesellschafter als Gemeinschuldner zu begreifen, der Gesellschaftskonkurs sei kein Separatkonkurs eines gemeinsamen Vermögens der Gesellschafter 49.

46

In diese Richtung ist wohl Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 18, zu verstehen, wenn er darlegt, die "jeweiligen Gesellschafter" seien in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Träger der im Gesellschaftsvermögen vereinigten Rechte und der Gesellschaftsverbindlichkeiten; ausdrücklich Fischer in GK HGB, § 129 Anm. 16. 4?

Baur/Stürner, Rn. 33.16; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 769; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 57; Uhlenbruck, GmbHR 73, 107 (109f): das gelte auch für Kommanditisten einer GmbH & Co KG, die selbst die GmbH-Anteile halten und Einfluß auf die Geschäftsführung der K G nehmen; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 19; OLG Hamm MDR 72, 59; a.A. wohl Bley, VglO, § 109 Anm. 13; Ganssmüller, GmbHR 67, 25 (27). 48

Ganssmüller, GmbHRdsch 67, 25 (27); Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1068; vgl. auch RG JW 95, 454 Nr. 7; Jaeger, Der Konkurs, S. 66f; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 20; kritisch hierzu: K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 31 f: es liege der Konkurs einer einzigen Gemeinschuldnerin vor, der Gesamthand, mithin der Gesellschaft; Kilger/K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c, § 209 Anm. 2 c bb. 49 K . Schmidt/Schulz, ZIP 82, 1015 (1017); Kilger/K:Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c, § 209 Anm. 2 c bb; Kohler, Lehrbuch, S. 82, geht von Konkursen zweier Personen aus; Konietzko, S. 69, spricht lapidar von der Gemeinschuldnerin KG; vgl. auch Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 36.

24

1. Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

In den Motiven 50 wird offen gelassen, ob jeder persönlich haftenden Gesellschafter oder aber, "wenn die Gesellschaft als juristische Person betrachtet werden soll", die Gesellschaft Gemeinschuldnerin ist. Die hier dargelegten unterschiedlichen Meinungen sind durch ein verschiedenartiges Verständnis von der Rechtsnatur der Personenhandelsgesellschaften bedingt. Der Streit um den wahren Gemeinschuldner läßt sich auf die Frage reduzieren, ob die "Gesamthand ein Sondervermögen der Gesamthänder" oder ob "sie selbst Rechtsträger" ist 51 . Das ist eine dogmatisch heftig umstrittene Frage, der hier nicht weiter nachgegangen werden soll, zumal es sich hier nicht um ein "drängendes Sachproblem" 52 von praktischer Relevanz handelt.

V . Die Insolvenzmasse der Personenhandelsgesellschaft Nachdem in der Begründung zum Regierungsentwurf 63 davon die Rede ist, daß Haftungsansprüche der Insolvenzmasse zugewiesen werden sollen, bedarf es einer Klärung der Frage, was diese Masse umfaßt.

1. Allgemeines zur Insolvenzmasse Unter Konkursmasse versteht man ein Sondervermögen, das aufgrund seiner haftungsrechtlichen Zuweisung zu den Gläubigern von dem übrigen Schuldnervermögen rechtlich getrennt ist 54 . Die Masse bleibt allerdings Vermögen des Gemeinschuldners 55. Weil fur die Personenhandelsgesellschaften ein Sonderkonkurs anerkannt ist, gehört zur Konkursmasse das gesamte beschlagfähige, also pfändbare Gesellschaftsvermögen (§§ 209 Abs. 1 KO, 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB, 718 BGB i.V.m. § 1 KO) 5 6 .

5

°Hahn, Motive, Bd. IV, S. 395.

51

Hueck, OHG, S. 32ff; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 167ff.

52

K . Schmidt in 100 Jahre KO, S. 247 (253).

53

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 85. 54

Kilger, KO, § 1 Anm. 1A; Jaeger/Henckel, KO, § 1 Anm. 49; kritisch im Hinblicik auf den Konkurs einer juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft: Kilger/K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c. 55

V g l . nur Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 1 Anm. 2.

V.

ie Insolvenz

der Personenhandelsgesellschaft

25

Hinzuzurechnen ist nach h.M. auch das durch Surrogation 57 und kraft Zuerwerb des Konkursverwalters 58 Erlangte, das Umlaufvermögen. Aus § 171 Abs. 2 HGB, 129 Abs. 2 KO läßt sich der Schluß ziehen, daß das "Geschäft", mithin das Unternehmen in die Masse fällt 59 . Damit bleibt ein zur bloßen Nutzung, Fruchtziehung eingebrachter Gegenstand ("quoad usum") unberücksichtigt. Er unterliegt im Konkurs der Aussonderung 60. Im Konkurs der Personenhandelsgesellschaft ist strikt zwischen Gesellschaftsund Privatvermögen der Gesellschafter zu trennen, so daß zur Konkursmasse der Gesellschaft grundsätzlich nicht das Eigenvermögen der Gesellschafter gehört 61 . Insolvenzmasse ist somit das Aktivvermögen der Gesellschaft, wozu natürlich auch Forderungen der Gesellschaft gegen Gesellschafter und Dritte zu rechnen sind. Das könnte nach der neuen Regelung des § 93 InsO möglicherweise anders sein, denn nach der Begründung zum Regierungsentwurf sollen die Haftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen persönlich haftende Gesellschafter künftig der Insolvenzmasse zugewiesen werden 62 . Dabei handelt es sich jedoch gerade nicht um Vermögenswerte der Gesellschaft, sondern um solche, die materiell-rechtlich eigentlich den Gläubigern zugewiesen sind. Bedeutet dann die Zuordnung dieser Forderungen zur Masse eine nur haftungsrechtliche oder handelt es sich um eine materiell-rechtliche, mithin um eine dem § 93 InsO zugrunde liegende versteckte "cessio legis"?

56 ßaur/Stürner, Rn. 33.7; Hueck, OHG, S. 384; Jaeger, Lehrbuch, S. 200; Jaeger/Lent, KO, § 1 Anm. 66; Tschierschke, S. 82; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 1 Anm. 8e; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 29; RG JW 36, 733; zur Frage, ob es überhaupt ein konkursfreies Vermögen der Gesellschaft gibt: K. Schmidt/Schulz, ZIP 82, 1015 (1017) m.w.N.; K. Schmidt, ZHR 152, 105 (115); ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 69ff; Kilger/K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c; dagegen Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 63 Anm. 71-72a. 57

V g l . hierzu im einzelnen: Jaeger/Henckel, KO, § 1 Anm. 125ff; K. Schmidt/Schulz, ZIP 82, 1015(1016). 58 R G Z 52, 49 (53); 59, 367 (369); 90, 124 (126); K. Schmidt/Schulz, ZIP 82, 1015 (1016); Kilger/K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 1 Anm. 106. 59

K i l g e r , KO, § 1 Anm. 3A; Jaeger/Lent, KO, § 1 Anm. 4; K. Schmidt/Schulz, ZIP 82, 1015 (1016). 6

°Jaeger, Der Konkurs, S. 102.

61

62

Statt aller: Baur/Stürner, Rn. 33.7; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 20, 32.

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 85.

26

1. Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

Praktische Relevanz erlangt dieses Problem etwa im Zusammenhang mit der Frage der Aufrechenbarkeit des persönlich haftenden Gesellschafters mit einer Drittgläubigerforderung gegen die Gesellschaft gegenüber dem nach § 93 InsO vorgehenden Insolvenzverwalter und hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 64 KO entsprechenden § 52 InsO, wie bereits in der Problemstellung angedeutet wurde. Letztere Vorschrift wäre nämlich dann heranzuziehen, wenn die beim ausgeschiedenen Gesellschafter realisierte Haftsumme materiell-rechtlich der Gesellschaft zustünde und somit eine masseeigene Sicherheit als absonderungsgleiches Recht bildete. Der Altgläubiger, dem auch der ausgeschiedene Gesellschafter haftet, müßte vorrangig den Ausgeschiedenen - freilich über den Verwalter - in Anspruch nehmen. Ein ähnliches Problem stellt sich im Verhältnis der alten Massegläubiger zu den neuen Massegläubigern, wie ebenfalls im Aufriß der Arbeit aufgezeigt wurde. Von Bedeutung ist das "cessio legis"-Problem auch für die Frage der Anwendbarkeit des § 43 InsO, der § 68 KO entspricht, im Falle der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafterin). Auf diese Sachfragen wird gesondert einzugehen sein.

2. Zugehörigkeit der Einlage zur Insolvenzmasse Wenn das gesamte Gesellschaftsvermögen die Konkursmasse bildet, so werden hiervon notwendig auch die geleisteten Einlagen der Gesellschafter erfaßt, soweit sie "quoad sortem" erbracht wurden. Zweifelhaft könnte sein, ob nämliches fur noch ausstehende Einlagen gilt, denn der Erwerbszweck der Gesellschaft wurde ja mit Konkurseröffnung durch den Abwicklungszweck ersetzt. Da aber die Einlagen neben dem Erwerbszweck auch der Schuldendeckung dienen, hat der Konkursverwalter auch rückständige Einlagen zur Masse einzuziehen (§§6, 117 KO, künftig §§ 80, 148 InsO), soweit der Konkurszweck dies verlangt und keine anderslautenden Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern existieren 63. Bei der Einforderung dieser Einlagen

63 Baur/Stürner, Rn. 33.7; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 15; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 144 Anm. 2; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 32, 34; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 764; Kilger, KO, § 209 Anm. 5a; Leven, S. 8; Lichtenberg, S. 36; Michel, KTS 91, 67 (69), für den Erwerbereines Gesellschaftsanteils; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1070, 1087; Ritter, HGB, § 131 Anm. 5; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 97; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1329; ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 78. Dies gelte für den jeweiligen Gesellschafter, auch wenn er nur Rechtsnachfolger sei, a.a.O., Fn. 36 mit Hinweis auf BGHZ 84, 47 (50f) für den Fall einer GmbH. Schneider, BB 54, 246; Tschierschke, S. 4; Uhlenbruck, GmbH & Co, S. 629; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 7, 30f; ROHGE 25, 158 (162); RGZ 1, 68 (74); 37, 82 (84) = 37, 133 (135); ROHG JW 11, 809 zur Einziehung rückständiger Beiträge nach Auflösung der Gesellschaft; BGH NJW 90,3145.

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muß der Verwalter den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter beachten64. Gleiches gilt für die Sacheinlage65. Weicht die Einlage eines Kommanditisten von der Haftsumme ab oder wurde die Leistung einer Sacheinlage vereinbart, steht dem Verwalter eventuell ein Wahlrecht zu, welchen Anspruch er geltend macht 66 .

3. Darlehen des ausgeschiedenen Kommanditisten als Teil der Aktivmasse? Der Kommanditist Κ scheidet aus der X-KG aus, wobei diese rechtlich unverändert bleibt. Statt sich den Auseinandersetzungsanspruch auskehren zu lassen, vereinbart er mit den persönlich haftenden Gesellschaftern, die Einlage von D M 15.000 als Darlehen gegen eine entsprechende Verzinsung stehen zu lassen. Seine eingetragene Haftsumme beträgt ebenfalls D M 15.000. Wenig später fallt die Gesellschaft in Konkurs. Das Aktivvermögen der Gesellschaft beläuft sich zu diesem Zeitpunkt nach Vorwegbefriedigung von Masseverbindlichkeiten auf D M 50.000. Neben den Gläubigern A, B, C meldet auch Κ seine Darlehensforderung zur Tabelle an. A hat eine Forderung von D M 10.000, die Ansprüche von Β und C betragen 20.000 bzw. 50.000 DM. Fraglich ist, ob Κ als normaler Konkursgläubiger zu behandeln ist oder ob insoweit noch Nachwirkungen seiner früheren Gesellschafterstellung zu verzeichnen sind.

a) Die Auffassung der herrschenden Meinung Die h.M. sieht in der buchmäßigen Umwandlung einer Einlage in ein Darlehen noch keine haftungsauslösende Einlagenrückgewähr i.S.v. § 172 Abs. 4 HGB, weil dem Ausgeschiedenen nichts aus dem Gesellschaftsvermögen zugewandt werde, die Stellung der Gläubiger der Gesellschaft sei daher nicht beeinträchtigt worden 67 . Die Haftung des ausgeschiedenen Κ lebt hiernach durch die schlichte Umwandlung der Einlage in ein Darlehen nicht auf.

64

Gottwald/Timm, § 84 Rn. 34; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 26. 65

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 16; Schilling in GK HGB § 171 Anm. 38; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 129. 66 Str., vgl. Furrer, S. 124, 126f; Schilling in GK HGB § 171 Anm. 38; Unger, KTS 60, 33 (37); Weipert in RGRK HGB § 171 Anm. 38; s. hierzu unten, Kapitel 2, 4 c. 67

Tschierschke, S. 20; vgl. auch Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, 172 Anm. 10; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 773 Fn. 73; Wiedemann, FS f. Bärmann, S. 1037 (1040).

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1. Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaf

Mit dem Darlehensanspruch hat Κ zwar die Passivmasse - die Schulden der Gesellschaft - erhöht. Solange die Forderung indes nicht realisiert wird, es also nicht zu einer quotenmäßigen Auszahlung des Darlehens als Folge der Konkursbeteiligung kommt, bildet der stehengelassene Wert, so er überhaupt noch vorhanden ist, einen Teil der Aktivmasse der X-KG. Eine Verkürzung des Haftungsobjektes zu Lasten der Altgläubiger tritt sonach nicht ein. Dies geschehe erst mit der Rückzahlung des Darlehens an den ausgeschiedenen Gesellschafter 68 . Konsequenterweise wäre im Gesellschaftskonkurs der Κ Konkursgläubiger. Er würde in Konkurrenz zu den Gesellschaftsgläubigern treten. Statt der Konkursquoten von 1/8, 2/8, 5/8 für A, B, C erzielten sie lediglich Quoten von 2/19, 4/19 und 10/19. Erhielte er die Konkursquote von 3/19, so würde seine Haftung mit der Auszahlung allerdings wieder aufleben. Dies wäre nämlich wie eine Einlagenrückgewähr zu verstehen (§ 172 Abs. 4 HGB), weil er in diesem Moment der Gesellschaft und damit mittelbar den Gesellschaftsgläubigern haftungsrechtlich zugewiesenes Kapital entzöge. Lebte die Haftung dann nur in Höhe der Quote auf oder in Höhe der Darlehensvaluta? Im Konkurs werden die Forderungen der Gläubiger mit Rücksicht auf das Prinzip der "par condicio creditorum" gekürzt. Sie erhalten als Entgelt für die dem Gemeinschuldner erbrachte Leistung nicht die vereinbarte Gegenleistung, sondern nurmehr die Quote. Es tritt eine gesetzlich gewollte Äquivalenzstörung ein. Die Differenz zwischen Quote und ursprünglich vereinbarter Forderung, hier also ca. 7.895 D M gegenüber 15.000 D M ist zum Teil den anderen Konkursgläubigern zugute gekommen. Folglich könnte die Haftung nur in Höhe der Konkursquote aufleben. Die Konkursteilnahme hätte für den Ausgeschiedenen keinen Sinn. Rechtlich kann man ihm dann gegen die Beteiligung den "dolo agit"- Einwand entgegensetzen69. Auch Tschierschke 70weist daraufhin, daß die Gesellschaftsgläubiger benachteiligt würden, wenn der Darlehensanspruch im Konkurs wie ein Drittgläubigeranspruch behandelt würde. § 172 Abs. 4 HGB verbiete daher, mit diesem Anspruch zu den Altgläubigern in Konkurrenz zu treten. Andere Autoren 71 formulieren, der frühere Gesellschafter müsse hinter

68 B G H Z 39, 319 (331); BGH L M § 172 Nr. 2, 3, 4 m. Anm. Fischer; Düringer/ Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 172 Anm. 10; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 172 Anm. 19; Häsemeyer, ZHR 149, 42 (70); Keuk, ZHR 135, 410 (411); Konietzko, S. 84, 100; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1101; Schilling, JR 64, 102 (103); Weipert in RGRK HGB § 172 Anm. 31; Westermann I, Rn. 926; unklar Uhlenbruck, S. 161f. 69

7

Furrer, S. 230f.

°Tschierschke, S. 80.

71

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 172 Anm. 10; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 172 Anm. 19; Weipert in RGRK HGB § 172 Anm. 31; kritisch insoweit Keuk, ZHR 135, 410 (421).

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den Gesellschaftsgläubigern zurücktreten. Dann ist jedenfalls der Darlehensanspruch kein echter Drittgläubigeranspruch, er steht vielmehr dem Auseinandersetzungsanspruch des Ausgeschiedenen im Konkurs gleich 72 . Folglich kann Κ mit seinem Darlehensanspruch, soweit er eine verkappte Einlagenrückforderung darstellt, nicht am Konkurs teilnehmen.

b) Zur Position K. Schmidts K. Schmidt 73 , der in der Umwandlung des Auseinandersetzungsanspruchs in ein Darlehen schon die Einlagenrückgewähr sieht, begreift das Darlehen nicht als haftendes Kapital der Gesellschaft. Er wählt die Fiktion einer Aufrechnung des Ausgeschiedenen (§§ 53, 54 KO) mit der Darlehensforderung gegen die haftungsrechtliche Inanspruchnahme durch den Konkursverwalter (§171 Abs. 2 HGB). Übersteige die Darlehensforderung die Haftsumme, könne der ausgeschiedene Kommanditist, anders als nach der h.A., den Unterschiedsbetrag als Konkursforderung anmelden74. In unserem Fall könnte K, wenn seine eingetragene Haftsumme nur 10.000 D M betrüge, hiernach in Höhe der Differenz von 5.000 D M am Konkurs teilnehmen. Dies kann er aber auch nach der h.M., denn erhielte der vormalige Gesellschafter - was ja diese Auffassung ebenfalls verneint - die Quote als Konkursgläubiger, läge hierin eben nur eine Einlagenrückgewähr i.S.v. § 172 Abs. 4 HGB bis zur Höhe der Haftsumme 75. Da seine Haftung summenmäßig begrenzt ist, steht er mit dem Unterschiedsbetrag von D M 5.000 einem normalen Konkursgläubiger gleich. Für Κ errechnete sich somit eine Quote von 1/17, also ein Anspruch in Höhe von D M 2.941, fur A, B, C Quoten von 2/17, 4/17 und 10/17. Die Lösung von K. Schmidt hat die konsequente Trennung zwischen Einlage und Fremdkapital für sich. Wie er aber selbst eingesteht, gelangt man mit seinem

72 S o i.E. wohl Schlegelberger/Geßler, HGB, § 172 Anm. 19, wenn dort auf die Ausführungen zum Abfindungsguthaben im Gesellschaftskonkurs verwiesen wird (Anm. 17). 73

K . Schmidt, ZGR 76, 307 (331); ders., Einlage und Haftung, S. 76, 159; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1314. 74

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 76. 75 Priester, BB 76, 1004 (1007f); Schilling in GK HGB, § 172 Anm. 30; Westermann I, Rn. 926; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 288; zu beachten ist, daß K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 27f, 77fT, insbesondere S. 79f; ders., DB 77, 2313, hinsichtlich der die Haftsumme übersteigenden Einlage ein anderes Kapitalerhaltungsverständnis (§ 172 Abs. 4 HGB) hat, als die h.M.

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1. Kapitel: Die Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft

Denkmodell wirtschaftlich zu dem gleichen Ergebnis wie die h.A. Auch hinsichtlich der Konkursteilnahme mit dem die Haftsumme übersteigenden Betrag ergibt sich - entgegen K. Schmidt - kein abweichendes Resultat. Durch das künftige Recht werden sich insoweit keine Änderungen ergeben. Die Regelungen der §§ 171 Abs. 2 HGB, 172 Abs. 4 HGB bleiben inhaltlich bestehen.

Zweites Kapitel

Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs und im Gesellschaftsvergleich unter Berücksichtigung der Insolvenzordnung Die Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Personenhandelsgesellschaft wird sich mit der Schaffung des § 93 InsO an derjenigen des Kommanditisten (vgl. § 171 Abs. 2 HGB) orientieren. Dabei bleibt die Vorschrift des § 171 Abs. 2 HGB inhaltlich unverändert. Die Stellung des Kommanditisten in der Insolvenz der Gesellschaft bleibt durch das Reformvorhaben unberührt, vorausgesetzt man begreift § 93 InsO nicht als stille "cessio legis", die dann möglicherweise auch zu einer schleichenden Änderung des §171 Abs. 2 HGB führte. Es soll daher im weiteren Fortgang der Darstellung zunächst auf die Kommanditistenhaftung außerhalb des Konkurses Bezug genommen werden. Hierauf baut dann die konkursrechtliche Stellung des Kommanditisten auf, welche ihrerseits Bedeutung für das Einstehenmüssen persönlich haftender Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten in der Insolvenz erlangt. Soweit für die Kommanditistenhaftung von Relevanz, werden Änderungen, die durch die InsO eintreten, in diesem Kapitel behandelt.

I . Kurzdarstellung der Kommanditistenhaftung außerhalb des Konkurses Der Kommanditist haftet qualitativ wie ein unbeschränkt haftender Gesellschafter (§§ 128, 161 Abs. 2 HGB), da er Mitglied der Gesamthand und damit Mitträger der Gesellschaftsschulden ist 76 . Der einzige, freilich bedeutsame Unterschied zur Haftung des Komplementärs bzw. OHG-Gesellschafters besteht in der Haftungslimitierung. Hierbei ist zu unterscheiden: soweit der eingetragene Kommanditist seine Hafteinlage - oder besser Haftsumme 77 - erbracht hat, ist

76 K e u k , ZHR 135, 410 (414); Schumann, JZ 58, 427; Westermann I, Rn. 902; daher auch die Kritik am Wortlaut des § 171 Abs. 1 HGB in OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043; Ritter, HGB, § 171 Anm. 2, 5b, 5c.

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2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

sein Einstehenmüssen gegenständlich auf den Gesellschaftsanteil begrenzt, summenmäßig jedoch unbeschränkt, weil er mit seinem gesamten Anteil haftet, unabhängig von der eingetragenen Haftsumme (vgl. § 172 Abs. 1 HGB) 7 8 . Anderenfalls, soweit also die Haftsumme nicht geleistet wurde, hat er eben wie ein unbeschränkt haftender Gesellschafter persönlich, unmittelbar, primär und gegenständlich unbeschränkt mit seinem Privatvermögen einzustehen, jedoch nur bis zur Höhe der in das Handelsregister eingetragenen Haftsumme (§§ 128, 161 Abs. 2 H G B ) 7 9 . Zwischen der Leistung der Pflichteinlage und der Außenhaftung besteht ein funktionaler Zusammenhang, eine Wechselbeziehung80 . Das soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Κ tritt als Kommanditist in die X-KG ein. Laut Gesellschaftsvertrag hat er eine Pflichteinlage in Höhe von 20.000 D M zu erbringen. Im Handelsregister ist für ihn eine Haftsumme von 30.000 DM eingetragen. Erbringt Κ die Pflichteinlage an die Gesellschaft, wirkt sich dies mittelbar auf das Außenverhältnis aus, indem hierdurch die unmittelbare Haftung des Kommanditisten ziffernmäßig beschränkt und bei Erreichen der Haftsumme gänzlich ausgeschlossen wird. Der Kommanditist haftet dann den Gesellschaftsgläubigern nicht mehr persönlich,

77

Zur Terminologie und Unterscheidung zwischen Hafteinlage, Haftsumme und Pflichteinlage: Donner, DNotZ 43, 288 (2900; Ebenroth, JZ 85, 322 (325); Elsing, S. 25; Fritze, NJW 56, 975 (976); Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 4, lOf; Haupt/Reinhardt, S. 81; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 3; Komblum, S. 215, 221; Leven, S. 6; Neumann-Duesberg, DB 65, 769; Ritter, HGB, § 171 Anm. 3; Schilling, JR 64, 102 (103); Tschierschke, S. 2f, 37, 40, 43; Unger, KTS 60, 33 (36); BGHZ 58, 72 (74) verwendet den Begriff Hafteinlage; BGH BB 76, 436; BGH NJW 87, 3184 (31850; fur die Verwendung des Begriffs Haftsumme: Beelitz, S. 57, 60, 69; Grämlich, NJW 67, 1447f; Jacobi, Iher. Jb. 70, 300ff, 316; Lichtenberg, S. 12; Müller-Erzbach, S. 234, 237; Ullrich, NJW 74, 1486 (1490); Westermann, FS f. Barz, S. 81 (82f), unterscheidet zwischen Haftsumme, Einlage und Pflichteinlage; Wissmann, S. 129f; Würdinger, S. 53f; Joost, ZGR 87, 370 (377), spricht terminologisch genauer von Haftungssumme; ausdrücklich gegen den Begriff Hafteinlage: RGZ 51, 33 (38); OLG Stuttgart NJW 55, 1928; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 124; ders., ZGR 76, 307 (311); wohl auch Keuk, ZHR 135, 410 (417). 78

Die Haftung ist eine mittelbare und beruht auf der gesamthänderischen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, vgl. Buchwald, JR 61, 246; Ehrenberg, S. 339-341; Furrer, S. 206; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 2; Keuk, ZHR 135, 410 (418); Westermann I, Rn. 902. ?9 Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 2f; Leven, S. lf; Lichtenberg, S. 10; Westermann I, Rn. 906. 8 °Gursky, DB 78, 1261 (1263); Joost, ZGR 87, 370 (380); K. Schmidt, Einlage und Haftung , S. 58, 19f; Tschierschke, S. 2; Würdinger, S. 54.

I. Kurzdarstellung der Kommanditistenhaftung

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also mit seinem Privatvermögen (§171 Abs. 1 HS 2 HGB) 8 1 . Eine Haftungserschöpfimg vermag der haftende Kommanditist auch durch die Leistung der Haftsumme an die Gesellschaftsgläubiger, die ihn direkt in Anspruch neh82

men können, zu erzielen . Soweit Κ die Pflichteinlage geleistet hat, wird dadurch im Außenverhältnis auch die Haftsumme abgedeckt. Bei Zahlung von 20.000 D M an die Gesellschaft verbleibt somit eine Außenhaftung von D M 10.000. Eine vollständige Enthaftung vermag Κ dadurch zu erreichen, daß er auch die restlichen 10.000 D M an die Gesellschaft entrichtet oder in dieser Höhe Gesellschaftsgläubiger befriedigt, denen er ja mit dem verbliebenen Betrag unmittelbar haftet. Grundsätzlich unberührt von der Gläubigerbefriedigung bleibt die Pflichteinlage, soweit die Einlageverpflichtung nicht gerade in der Gläubigerbefriedigung besteht83 . Wenn also K, statt D M 20.000 als Pflichteinlage an die Gesellschaft zu leisten, in entsprechender Höhe Gesellschaftsgläubiger befriedigt, haftet er nach außen nur noch mit D M 10.000. Der Gesellschaft schuldet er nach wie vor DM 20.000. Freilich kann er, soweit gesellschaftsvertraglich nichts Gegenteiliges vereinbart ist, mit seinem Erstattungsanspruch (§110 HGB) gegenüber der Gesellschaft unter den Voraussetzungen der §§ 387 ff BGB aufrechnen. Hier zeigt sich der funktionale Zusammenhang zwischen Haft- und Pflichteinlage. Wird die Haftsumme an den Kommanditisten zurückgewährt, lebt die Haftung wieder auf (§ 172 Abs. 4 HGB). Das System der Haftung und Enthaftung des Kommanditisten ist also gleichsam ein oszillierendes. In Ansehung der Kommanditistenhaftung bewegt sich die

81

Statt aller: Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 4, 8, 15; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 12ff; Neumann-Duesberg, DB 65, 769; Tschierschke, S. 2; Ullrich, NJW 74, 1486 (1490); Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 12; Westermann I, Rn. 908; Wissmann, S. 129f; Würdinger, S. 54; Wunderlich, Anm. zu BGH ZIP 91, 233 in DWiR 91, 26, weist daraufhin, daß nach dem Urteil des BGH die Kommanditistenhaftung mit dem Privatvermögen bis zur Höhe der Haftsumme auch dann besteht, wenn die Haftsumme nur aus steuerlichen Gründen höher als die Pflichteinlage bemessen wurde.

8? Furrer, S. 203, 214; Gursky, DB 78, 1261 (1262); Häsemeyer, ZHR 149, 42 (57, 65); Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 21; Konietzko, S. 65f, nach dem die Haftungsbefreiung durch Gläubigerbefriedigung aber nicht unmittelbar aus dem Gesetz ableitbar ist. Er folgert dies aus einem Erst-recht-Schluß aus § 171 Abs. 1 HS 2 i.V.m. § 161 HGB; K. Schmidt, ZGR 76, 307 (312, 314); ders., Gesellschaftsrecht, S. 1296; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 40; BGHZ 39, 319 (328); 42, 192 (193); 51, 391 (393); 58, 72 (74); 63, 338 (342). 83

BGHZ 63, 338 (342) fur den Fall der Abtretung des Einlageanspruchs der Gesellschaft; BGH NJW 84, 2290f; Keuk, ZHR 135, 410 (419); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1302; ders., Einlage und Haftung, S. 45; insoweit unzutreffend Gursky, DB 78, 1261 (1263). 3 Armbruster

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2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

KG zwischen einer Kapital- und Personenhandelsgesellschaft. Daher rührt auch die Zwitterstellung der KG.

I I . Allgemeines zur Kommanditistenhaftung im Konkurs Da fur die Personenhandelsgesellschaften ein Sonderkonkurs gesetzlich anerkannt ist, könnten die Gesellschaftsgläubiger im Gesellschaftskonkurs neben den persönlich haftenden Gesellschaftern auch die Kommanditisten in Anspruch nehmen, soweit diese unmittelbar haften, weil sie die Haftsumme nicht geleistet oder zurückerhalten haben. Denn die §§ 12, 14 KO gelten nur fur den Gemeinschuldner, wozu die Kommanditisten jedenfalls nicht gehören (s. Kapitel 1,4 a). § 171 Abs. 2 HGB leitet nun den bestehenden Haftungsanspruch der Gesellschaftsgläubiger aus §§ 128, 161 Abs. 2, 171 Abs. 1 HGB in die Hand des Konkursverwalters über 84 . In der Vorschrift kommt ein allgemeiner Grundgedanke des Konkursrechts zur Geltung: im Konkurs soll für eine gemeinsame Befriedigung der Gläubiger in einem geregelten Verfahren gesorgt werden. § 171 Abs. 2 HGB verhindert, daß ein Gesellschaftsgläubiger auf Kosten der übrigen Gläubiger die Kommanditistenhaftung ausschöpft, daß er sich mithin ein "de facto"Vorrecht verschafft. Auch soweit nämlich die Haftsumme durch die Kommanditisten nicht geleistet wurde, diene sie im Konkurs der gleichmäßigen, anteilmäßigen Befriedigung der Gläubigergemeinschaft 85. Es soll ein Wettlauf der Gesellschaftsgläubiger zwecks Befriedigung aus dem Haftungspotential der Kommanditisten während des anhängigen Konkursverfahrens unterbunden wer86

Λ

den .

84 K . Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 80f, spricht von einer "vis attractiva concursus" im untechnischen Sinne: in die insolvenzrechtliche Abwicklung werden Ansprüche einbezogen, die nach materiellem Recht nicht zur Masse gehören. § 171 Abs. 2 HGB sorge für eine "Haftungskoordination über das Innenverhältnis", a.a.O., S. 35. 85

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 31; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 770, 772; Konietzko, S. 17, 83f; Leven, S. 11, 21, 81; Lichtenberg, S. 43; Schilling, JR 64, 102; ders., in GK HGB, § 171 Anm. 35; K. Schmidt in 100 Jahre KO, S. 247 (268); ders., Gesellschaftsrecht, S. 1325f; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 44; Tschierschke, S. 45, 84; Unger, KTS 60, 33 (37); Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31; Westermann I, Rn. 729, 907; Wiedemann, FS f. Bärmann, S. 1037 (1039); RGZ 150, 163 (172); BGHZ 27, 51 (55); BGH L M § 171 HGB Nr. 1; BGHZ 39, 319 (321); 42, 192 (194); 58, 72 (76); BGH NJW 90, 3145f; BGH ZIP 91, 233 (235); OLG Celle ZIP 85, 100 (101); BFH JZ 85, 346 (347). 86 Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3A; Leven, S. 10; K. Schmidt, JZ 85, 301 (303); Gottwald/Timm, § 84 Rn. 44; Uhlenbruch Die GmbH & Co KG, S. 623; Unger, KTS 60, 33 (37); Wissmann, S. 130; LG Göttingen NJW 70, 1374 (1375).

II. Allgemeines zur Kommanditistenhaftung im Konkurs

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Der Grundsatz der "par condicio creditorum" wird über das Gesellschaftsvermögen hinaus auf den Haftungsanspruch der Gesellschaftsgläubiger gegen die Kommanditisten ausgedehnt87. Die Kommanditistenhaftung wird in die konkursmäßige Abwicklung einbezogen, obwohl der Kommanditist nicht in Konkurs gefallen ist 88 , das Gesellschaftsvermögen wird gewissermaßen haftungsrechtlich erweitert 89. In dem Beispielsfall unter Kapitel 2, 1 können die Gesellschaftsgläubiger nach Konkurseröffnung auf K, der die Haftsumme von D M 30.000 nicht geleistet hat und damit haftet, nicht direkt Zugriff nehmen. Für sie wird der Konkursverwalter tätig, der das haftende Potential des Κ in Höhe von 30.000 D M realisiert und die Gläubiger hieraus anteilmäßig befriedigt. § 171 Abs. 2 HGB weist damit eine Sperr- und Ermächtigungsfunktion auf. Einer Klärung bedarf auch die Frage, in welchem Umfang Kommanditisten für Masseverbindlichkeiten haften. Die KO unterscheidet in den §§ 58, 59 zwischen Massekosten und Masseschulden. Sie entstehen aus Handlungen des Konkursverwalters, die der Gläubigergesamtheit zum Vorteil gereichen, weil sie der Konkursabwicklung dienen90. Den Massegläubigern gehen im Konkurs nur die Aus-, Absonderungs- und Aufrechnungsberechtigten vor 91 . Dabei erfolgt die Befriedigung der Masseansprüche außerhalb des eigentlichen Konkursverfahrens, sofern sich nicht die Masseunzulänglichkeit (§ 60 KO) herausstellt. Das Vollstreckungsverbot des § 14 KO gilt nicht für Massegläubiger 92.

87

Gursky, DB 78, 1261 (1262); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1326. 88

K . Schmidt, JZ 85, 301 (303); vgl. auch OLG Celle ZIP 85, 100 (101).

CO

Müller-Erzbach, Handelsrecht, S. 236; Häsemeyer, ZHR 149, 42 (45, 49f, 61f, 65, 70), spricht von der haftungsrechtlichen Zuweisung des Kommanditistenvermögens zum Gesellschaftsvermögen; ders., Insolvenzrecht, S. 770. 90

Vgl. nur Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 1; zu den Gründen für die Privilegierung solcher Forderungen: SG Bremen ZIP 80, 630f. 91 R G Z 53, 190 (193) für das Aus- und Absonderungsrecht; v. Wilmowski/Kurlbaum, KO, § 57 Anm. 1; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 57 Anm. 2.

36

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Trotz der Handlung des Verwalters werden diese Schuldverhältnisse jedenfalls nach herkömmlicher Auffassung nicht durchweg nach Eröffnung des Konkursverfahrens begründet, wie § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO zeigt 93 . Danach sind Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung gemäß § 17 KO zur Konkursmasse verlangt wird, Masseschuldansprüche. Voraussetzung für die "Wahlmöglichkeit" 94 des Konkursverwalters ist, daß der gegenseitige Vertrag - etwa Kauf einer Maschine durch die später insolvent werdende KG - von beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllt wurde. Der ursprüngliche Erfüllungsanspruch soll allerdings mit der Konkurseröffnung wegfallen 95 . Wählt der Verwalter Erfüllung, so wird das Schuldverhältnis mit dem bisherigen Inhalt neu begründet 96. Insoweit handelt es sich dann eigentlich um neue Masseverbindlichkeiten. Hierauf wird in Kapitel 3.VII.3. näher einzugehen sein.

92

RGZ 61, 259 (261); BGH W M 58, 903; Dieckmann, Zur Behandlung des "Neuerwerbs" in Leipold, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 127 (129), der auf die Ausnahme bzgl. der "unechten" Massegläubiger i.S.v. § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO hinweist, vgl. hierzu A G Augsburg ZIP 85, 115; Kilger, KO, § 57 Anm. 1; v. Wilmowski/Kurlbaum, KO, § 57 Anm. 3; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 14 Anm. 14, § 57 Anm. 7; zu der Frage, ob bei Masseinsuffizienz den Neumassegläubigern eine Rangstelle vor § 60 Abs. 1 Nr. 1-4 KO zukommen soll, ob sie mithin vorweg zu befriedigen sind: BGH ZIP 84, 612 (614f) m. abl. Anm. Eckert, S. 615 (617f); B A G KTS 90, 122 (125); Pape, ZIP 84, 796ff. 93

Jaeger/Lent, KO, § 59 Anm. 5; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 59 Anm. 9, 12; zur Frage, ob die Masseansprüche aus § 59 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 vor Konkurseröffnung entstanden sind, vgl. Sieveking, S. 51-55 m.w.N.; a.A.: Jaeger, KO, § 3 Anm. 18f. 94

Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 17 Rn. 36, spricht davon, daß § 17 KO kein echtes Wahlrecht gewähre, der Konkursverwalter habe vielmehr nur das Recht, Erfüllung zu verlangen, da bereits mit Konkurseröffnung die Schadensersatzforderung wegen Nichterfüllung entstanden sei; vgl. auch Gottwald/Huber, § 35 Anm. 34, § 36 Anm. 1. 95

R G Z 11, 136(139); BGHZ 106, 236(2411); BGH NJW 90, 1113(1115); BGHZ 116, 156 (158); BGH ZIP 93, 600 (601); Jaeger/Henckel, KO, § 17 Anm. 161f; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 17 Anm. 36; Gottwald/Huber, § 35 Anm. 34; a.A. insbesondere unter Hinweis auf § 164 Abs. 1 KO: Musielak, AcP 179, 189 (194f). % B G H Z 106, 236 (243); 116, 156 (158f); BGH ZIP 93, 600 (601); anders die herkömmliche Meinung, die in dem Erfüllungsverlangen nur eine Umgestaltung sieht. Jaeger/Henckel, KO, § 17 Anm. 11 I f f (113f). Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 17 Anm. 19, 36, spricht von einem Gestaltungsrecht nurmehr insoweit, als der Konkursverwalter eine Konkursforderung zu einer Masseschuld i.S.v. § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO machen kann; ebenso Gottwald/Huber, § 35 Anm. 31, § 36 Anm. 21; Kilger/K. Schmidt, KO, § 17 Anm. 1 b; kritisch zu der neueren Rechtsprechung mit überzeugenden Gründen: Bork, FS f. Zeuner, S. 297 ff.

II. Allgemeines zur Kommanditistenhaftung im Konkurs

37

Wie beim persönlich haftenden Gesellschafter ist für den haftenden Kommanditisten in Ansehung der Masseforderungen zwischen Alt- und Neuverbindlichkeiten zu differenzieren 97. Diese Unterscheidung wird in haftungsrechtlicher Hinsicht unter Kapitel 3, 6 a ausfuhrlich behandelt werden, weil es, soweit ersichtlich, Untersuchungen zur Haftung von Gesellschaftern für Masseforderungen nur in Ansehung persönlich haftender Gesellschafter gibt. Festzuhalten ist an dieser Stelle, daß aufrecht stehende Gesellschafter - und damit wohl auch haftende Kommanditisten - für alte Masseverbindlichkeiten einzustehen haben, weil es sich dabei um solche Forderungen handelt, die bereits vor Konkurseröffnung, wenn auch als betagte oder bedingte entstanden sind (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, Nr. 3 KO). Auf ihr Entstehen haben (allerdings nur) persönlich haftende Gesellschafter Einfluß. Tätigt der Konkursverwalter hingegen Zukäufe zur Masse (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 KO), um dieselbe sodann besser verwerten zu können, so hat der Gemeinschuldner, hier der Komplementär oder OHG-Gesellschafter, keine Einflußnahmemöglichkeit, weshalb er hierfür nicht einstehen muß 98 . Derartige Ansprüche werden als neue Masseverbindlichkeiten qualifiziert. Fraglich ist nun, ob diese Haftungsgrundsätze auf den Kommanditisten übertragbar sind. Dieser haftet ja wie ein persönlich haftender Gesellschafter, nur eben ziffernmäßig beschränkt. Daraus ist zu schließen, daß der Kommanditist bis zur Höhe seiner Haftsumme jedenfalls fìir alte Masseverbindlichkeiten eintreten muß, obwohl er auf diese - im Gegensatz zum aufrecht stehenden Gesellschafter - auch keinen Einfluß hat. Aber danach wird im Falle der Haftung des Kommanditisten ohnehin nicht gefragt. Auf die Begründung von Neumasseschulden oder neuen Masseforderungen hat er genausowenig Einfluß wie aufrecht stehende Gesellschafter. Allerdings käme die Haftsumme, hätte er sie der KG zukommen lassen, auch den neuen und Neu-Massegläubigern zugute. Eigentlich kann es dem haftenden Kommanditisten gleichgültig sein, ob der Verwalter die über § 171 Abs. 2 HGB beigetriebene Haftungsmasse fìir die Begleichung von alten

97

Im folgenden werden Masseforderungen, die vor bzw. nach Konkurseröffnung entstanden sind, als alte / neue Masseverbindlichkeiten bezeichnet. Den Begriffen Alt- und Neumasseverbindlichkeit kommt eine andere Bedeutung zu: es geht dabei um Masseschulden, die vor oder nach Feststellung der Masseunzulänglichkeit begründet wurden, vgl. nur Kilger, KO, § 60 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 60 Anm. 2b, 2d. 98

Sieveking, S. 37ff, insbesondere S. 40-48; vgl. auch explizit zum Gesellschaftsrecht im Anschluß an Sieveking: K. Schmidt, ZHR 152, 105 (114f); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 70; allgemein zur begrenzten Haftung von Gemeinschuldnern ftlr Neuschulden: Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 4; Müller, KTS 64, 14 (19); M. Schmidt, S. 120ff; K G Recht 42, Nr. 3814; zum Vergleich der Haftungsbegrenzung beim Gesellschaftskonkurs mit derjenigen bei einem Nachlaßkonkurs: Sieveking, S. 36ff; zur Fallkonstellation der Befreiung eines Massegläubigers durch einen Geschäfisbesorger: Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 5a.

38

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

oder auch neuen Masseansprüchen verwendet. Wesentlich ist die eintretende Enthaftung. Relevant wird das Problem allerdings für den Fall, daß die nicht geleistete Haftsumme der Höhe nach die Konkursforderungen zusammen mit den alten Masseverbindlichkeiten bei zusätzlich existierenden neuen Masseforderungen übersteigt. Wenn das Einstehenmüssen des Kommanditisten qualitativ nicht anders als die Haftung aufrecht stehender Gesellschafter sein soll, nur eben summenmäßig begrenzt, so spricht das dafür, die Haftung zu verneinen. Der Konkursverwalter dürfte sonach den die Konkursforderungen zuzüglich der alten Masseverbindlichkeiten übersteigenden Restbetrag einer offenen Haftsumme nicht nach § 171 Abs. 2 HGB einziehen. Freilich wird eine derartige Fallkonstellation in der Praxis kaum vorkommen. Warum sollte der Verwalter neue Masseforderungen begründen, wenn sämtliche Konkurs- und alten Masseansprüche ohnehin schon durch die offenstehende Haftsumme abgedeckt sind? Sinn machte das nur, wenn ungewiß ist, ob die Hafteinlage beigetrieben werden kann, ob mithin eine Vollstreckung gegen den Kommanditisten Erfolg verspricht. Und wann ist schon die Haftsumme eines Kommanditisten höher als die Gesellschaftsschulden bei Konkurseröffnung?

I I I . Z u r Doppelfunktion des § 171 Abs. 2 H G B 1. Die Sperrwirkung Um die gleichmäßige Gläubigerbefriedigung zu verwirklichen, versagt § 171 Abs. 2 HGB den Gesellschaftsgläubigern das Recht, sich nach Konkurseröffnung persönlich an den Kommanditisten zu halten". Der Kommanditist hat den Gesellschaftsgläubigern gegenüber im Konkurs nur noch mittelbar einzustehen. 100 Spiegelbildlich wird den haftenden Kommanditisten die Möglichkeit genommen, durch mehr oder weniger willkürliche Gläubigerbefriedigung ihre Haftung zu erschöpfen und damit für die Zukunft auszuschließen101. Damit trifft

99

Beelitz, S. 122; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 772; Hahn/Mugdan, Materialien Bd. VI, S. 284; Haupt/Reinhardt, Gesellschaftsrecht, S. 82; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 7, 26, 31; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 31; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 125; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31; BGHZ 27, 51 (55); 42, 192 (193f); BGH NJW 76, 751 (752); BGHZ 82, 209 (216). 100

Beelitz, S. 121.

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

39

§ 171 Abs. 2 HGB zwei negative Aussagen und weist eine "Sperrwirkung" Λ 02

auf

. 2. Die Ermächtigungsfunktion

Umgekehrt beinhaltet besagte Vorschrift die positive Aussage, daß der Konkursverwalter "Zahlung auf die Haftung" verlangen kann, mithin eine "Ermächtigungsfunktion" 103 . Im künftigen Recht wird die Haftung durch den Insolvenzverwalter oder Sachwalter realisiert 104 .

I V . Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter 1. Inhalt des Rechts, welches der Verwalter nach § 171 Abs. 2 HGB geltend macht Bei strikter Beachtung der Trennung von Außenhaftung und Einlagepflicht des Kommanditisten kann es i.R.v. § 171 Abs. 2 HGB nicht um einen Anspruch des Konkursverwalters auf Leistung der Pflichteinlage gehen. Wenn schon in § 171 Abs. 1 HGB unter "Einlage" die Haftsumme zu verstehen ist 1 0 5 , dann muß dies auch für § 171 Abs. 2 HGB gelten, der ja lediglich auf Abs. 1 verweist. In § 171 Abs. 2 HGB geht es also um die Geltendmachung der unmittelbaren Haftung des

101

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 33; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 771; Konietzko, S. 17, 86f; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 125f; Westermann I, Rn. 907; RGZ 37, 82 (86) = 37, 133 (137); BGHZ 58, 72 (75); Gottwald/Timm, § 84 Rn. 46, 49, weist daraufhin, daß ein Kommanditist auch mit einer Forderung gegen einen Gesellschaftsgläubiger nicht haftungsbefreiend aufrechnen kann; ebenso Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31. 102

Beelitz, S. 122; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 125f; ders., Gutachten D, S. D46; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1326. 103 K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 126, 137; ders., Gutachten D, S. D46; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1326; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 28.

104

So § 171 Abs. 2 HGB künftige Fassung; vgl. Diskussionsentwurf, Band II, Ergänzungen, Gesetzestext, S. 42, Begründung, S. B63. 105 N u r in §§ 167, 169 HGB ist mit Einlage die Pflichteinlage gemeint: Lichtenberg, S. 11; Schilling in GK HGB, § 161 Anm. 12; Joost, ZGR 87, 370 (377f), lehnt auch die Bezeichnung "Pflichteinlage" ab, da der Kommanditist die Einlage freiwillig übernommen habe.

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2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Kommanditisten 106 . Die Außenhaftung wird "in das Innen Verhältnis verlegt und über die Masse abgewickelt" 107 . An die Stelle der Haftungserschöpfung durch Gläubigerbefriedigung tritt diejenige durch Leistung der Haftsumme an den Konkursverwalter. Teilweise wird die Unterscheidung zwischen Einlage und Haftung nicht deutlich gemacht. So wurde selbst in den Materialien 108 zu § 168 Abs. 2 HGB a.F., der dem heutigen § 171 Abs. 2 HGB entspricht, formuliert, der Gesellschaftsgläubiger, der bei einem Kommanditisten Befriedigung suche, entziehe dadurch der Konkursmasse den Anspruch auf die rückständige Einlage. Diese Sichtweise wurde sodann von vielen Autoren 109 , mitunter auch von der Rechtsprechung 110, unreflektiert übernommen. Selbst in jüngster Zeit geht der BGH in noch vom Zweck des § 171 Abs. 2 HGB aus, "die Einlageforderung der Gesellschaft gegen Einzelzugriffe der Gläubiger zu sichern". Das Gericht kritisiert, die Literatur übersehe, daß "ohne den § 171 Abs. 2 HGB die Gläubiger gleichwohl auf die Einlageforderung wenn auch nur mittelbar - zugreifen könnten". Dies deshalb, weil ftir den Fall, daß - bei Nichtberücksichtigung des § 171 Abs. 2 HGB - der Kommanditist noch während des Konkurses haftungsbefreiend Gläubiger der Gesellschaft befriedigen müßte, er mit seinem Anspruch auf Erstattung dieser Aufwendungen gegenüber der Einlageforderung der Gesellschaft zum Nennwert aufrechnen könnte. §171 Abs. 2 HGB verhindere diese Aufrechnung und erhalte damit im Interesse aller Konkursgläubiger die Einlageforderung der Konkursmasse.

106 K e u k , ZHR 135, 410 (427); Konietzko, S. 17f, 69; Kuhn, Sonderbeilage W M 78, 1 (9); Lichtenberg, S. 40; K. Schmidt, JR 76, 278; ders., ZGR 76, 307 (313); ders. in 100 Jahre KO, S. 247 (268); ders., JZ 85, 301 (303); Uhlenbruch Die GmbH & Co KG, S. 624; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 36; BGHZ 58, 72 (74); OLG Celle ZIP 85, 100 (101). 107

K . Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 35.

10R Hahn/Mugdan, Materialien, Bd. VI, S. 284. 109

Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, KO, 7. Aufl. § 3 Anm. 25; anders nun wohl Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 3 Anm. 24, bei zwar gleicher Formulierung, er versteht aber unter Einlage die Hafteinlage oder Haftsumme, § 209 Anm. 35; falsch auch: Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 15; Schumann, JZ 58, 427 (429); Tschierschke, S. 45; Unger, KTS 60, 33; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31. 110

B G H N J W 76, 751 (752); OLG Hamburg OLGE 32, 109; OLG Stuttgart NJW 55, 1928f.

1U B G H NJW 90, 3145 m. Anm. Grunewald in JZ 91, 146, die feststellt, trotz der verbalen Anknüpfung des Urteils an die Idee der Einlagensicherung durch § 171 Abs. 2 HGB liege die Ansicht des BGH "jetzt weitgehend auf der Linie seiner ehemaligen Kritiker".

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

41

Wie schon in Kapitel 2, 1 dargelegt wurde, berührt die Gläubigerbefriedigung seitens eines Kommanditisten den Anspruch auf die rückständige Pflichteinlage grundsätzlich nicht, es sei denn, die Einlageverpflichtung beinhaltet gerade die Gläubigerbefriedigung. Der vom BGH zitierte Beispielsfall besagt nicht das Gegenteil. In Rechnung zu stellen ist aber der funktionale Zusammenhang zwischen Pflichteinlage und Haftsumme. Schuldet der Kommanditist Κ beispielsweise eine Pflichteinlage in Höhe von D M 30.000 und ist für ihn eine Haftsumme von D M 20.000 eingetragen, so könnte er, soweit er nach Konkurseröffnung einen Gläubiger mit D M 10.000 befriedigt hätte, in Höhe dieses Betrages (§110 HGB) gegen die Pflichteinlageforderung in der Tat aufrechnen, ließe man § 171 Abs. 2 HGB außer Betracht. Der Aufrechnung stünde übrigens nicht entgegen, daß der Aufwendungsersatzanspruch bei Konkurseröffnung durch die Realisierung der Hafung seitens des Gläubigers aufschiebend bedingt war, wie § 54 Abs. 1 KO zeigt 112 . Insoweit modifiziert § 54 Abs. 1 KO auch § 55 KO. Durch die Aufrechnung würde Κ mit entsprechendem Betrag automatisch von seiner Außenhaftung befreit. Versagt bliebe ihm aber die Aufrechnung gegenüber der noch ausstehenden Haftsumme von weiteren D M 10.000. Sonst käme es zu einer Verdoppelung der Tilgungswirkung mit der Folge des § 172 Abs. 4 HGB. Entgegen der Auffassung des BGH will nun § 171 Abs. 2 HGB nicht die Aufrechnung gegenüber der Pflichteinlageforderung versagen sondern vielmehr verhindern, daß der Kommanditist zugleich von seiner Außenhaftung befreit wird. § 171 Abs. 2 HGB betrifft, wie dargelegt, das Außenverhältnis des Gesellschafters zu den Gesellschaftsgläubigern. Daß durch § 171 Abs. 2 HGB zugleich der (Pflicht-) Einlageanspruch erhalten bleibt, ergibt sich aus dem funktionalen Zusammenhang von Einlage und Haftung des Kommanditisten. Es ist dies ein Annex dieser funktionalen Verbindung. Hinsichtlich eines die Haftsumme übersteigenden Rests der (Pflicht-) Einlageforderung muß die Aufrechnung gestattet sein, soweit die Hafteinlage voll erbracht wurde, es sei denn, man würde mit dem BGH vertreten, § 171 Abs. 2 HGB erfasse auch die Pflichteinlage. Dem steht wiederum nicht § 55 KO entgegen, da der Aufvvendungsersatzanspruch ja aufschiebend bedingt ist (§ 54 KO). Dann wird aber nur fìir eine solche Pflichteinlagerestforderung die Auffassung des Gerichts interessant, § 171 Abs. 2 HGB bezwecke, die (Pflicht-) Einlageforderung der Gesellschaft gegen Einzelzugriffe der Gläubiger zu sichern. Indes haftet der Kommanditist für diesen Restbetrag nicht mehr im Außenverhältnis. Er hat keine Veranlassung, einen Gesellschaftsgläubiger über den Betrag seiner Haftsumme hinaus zu befriedigen. Anderes würde nur gelten, wenn der lediglich

112

B G H NJW 90,3145.

42

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

der Gesellschaft gegenüber mit diesem (Pflicht-) Einlagerestbetrag haftende Gesellschafter gleichwohl einen Gesellschaftsgläubiger willkürlich befriedigte, um sodann mit dem Erstattungsanspruch aufzurechnen. Erzielt hätte er damit lediglich, daß er frei entscheiden könnte, welchem Gläubiger er seine über die Haftsumme hinausgehende Einlage zugute kommen läßt. Eine gleichmäßige, anteilige Gläubigerbefriedigung würde tatsächlich vereitelt, obwohl der Pflichteinlagerestanspruch als Teil der Konkursmasse (§§6 Abs. 2, 117 KO) ebenfalls zur gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung genutzt werden soll. Mit dieser Folge kann man, vergegenwärtigt man sich die praktische Relevanz einer solchen Fallgestaltung, getrost leben: einerseits wird es nicht allzu häufig vorkommen, daß die in einer Geldsumme bestehende Pflichteinlage die Hafteinlage übersteigt. Und wenn dem doch so sein sollte, so müßte sich der Kommanditist zusätzlich dem Vorgehen des Konkursverwalter nach den §§ 6, 117 KO entziehen wollen, daß er die bevorzugte Befriedigung eines bestimmten Gläubigers bezweckt. Letzteres wird regelmäßig nur bei einem besonderen Näheverhältnis zu einem bestimmten Gläubiger der Fall sein. Bedenkt man, daß, folgte man der Auffassung des BGH, ein schlüssiges haftungsrechtliches Konzept, das den §§171 ff HGB zugrunde liegt und welches die Trennung von Außen- und Innenverhältnis konsequent aufrechterhält, über Bord zu werfen wäre, so kann man für die angeführte Fallkonstellation durchaus die Ungleichbehandlung von Gläubigern im Gesellschaftskonkurs in Kauf nehmen. Daß es bei § 171 Abs. 2 HGB um die Leistung der Haftsumme geht, wird auch deutlich, wenn die gesellschaftsvertraglich bedungene Einlage eine Sacheinlage ist. Sie wird im Konkurs über die §§ 6 Abs. 2, 117 KO eingezogen. Unter Umständen kann nämlich selbst im Konkurs, wenn die Gesellschaft aufhört, als werbende tätig zu sein (§§ 131 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB), ein Verwertungsinteresse an der ausstehenden Sacheinlage existieren. Dies deshalb, weil auch diese Einlagen für die Gläubiger ein Haftungsobjekt darstellen. Freilich gilt das nur, wenn sich nicht aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, daß Sacheinlagen nur für die werbend tätige Gesellschaft zu leisten sind 113 . Nach einhelliger Meinung geht der Anspruch aus § 171 Abs. 2 HGB indes stets auf Zahlung einer Geldsumme, unabhängig davon, was im Gesellschaftsvertrag vereinbart worden ist 1 1 4 . Es geht nämlich hierbei um das Außenverhältnis und nicht darum, was der Gesellschafter laut Gesellschaftsvertrag zu leisten hat.

U3 W e i p e r t in RGRK HGB, § 171 Anm. 38; vgl. auch Gursky, DB 78, 1261 (1263); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 129f, unter Betonung der Fälle einer UntemehmensfortfÜhrung (§§ 129 Abs. 2, 132 KO); ders., Gesellschaftsrecht, S. 1329; Uhlenbruch Die GmbH & Co KG, S. 626.

V. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

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Die Inanspruchnahme des Kommanditisten nach § 171 Abs. 2 HGB ist somit, das sei hier nochmals hervorgehoben, etwas gänzlich anderes als die Pflicht zur Einlageleistung, welche sich ausschließlich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt. Gleichartige Probleme wird es mit Einfuhrung des § 93 InsO, bezogen auf den persönlich haftenden Gesellschafter, nicht geben. Der Grund hierfür liegt darin, daß es einen funktionalen Zusammenhang zwischen Einlage und Einstehenmüssen des unbegrenzt haftenden Gesellschafters nicht gibt.

2. Die Einziehung der Pflichteinlage des Kommanditisten zur Konkursmasse Unter Umständen können, wie soeben dargelegt, auch Sacheinlagen im Konkurs zur Masse gezogen werden. Generell werden Pflichteinlagen, auch wenn sie auf Geldzahlung gerichtet sind, im Konkurs zur Masse gezogen. Der Einlageanspruch steht materiell-rechtlich der Gesellschaft zu. Er fällt in die Konkursmasse. Im Gesellschaftskonkurs wird er gemäß §§6 Abs. 2, 117 KO in die Hand des Konkursverwalters übergeleitet, so daß auch hinsichtlich der Pflichteinlage eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung ermöglicht wird 1 1 5 . Bei dieser Vorgehensweise ist der Konkursverwalter allerdings an die Vereinbarungen der Gesellschafter im Innenverhältnis gebunden. Uhlenbruck 116 stützt den Anspruch des Konkursverwalters auf Leistung der rückständigen Pflichteinlage fälschlicherweise auf §§ 128, 161 Abs. 2 HGB i.V.m. §§ 109 HGB, 706 BGB. § 128 HGB regelt jedoch die Haftung fur die Verbindlichkeiten der Gesellschaft 117, also im Außenverhältnis, während es hier um die Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag, mithin um das Innenverhältnis geht. Sowohl die Überleitung des Anspruchs der Gesellschaft nach §§ 6 Abs. 2 , 1 1 7 KO, als auch diejenige der Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gemäß § 171 Abs. 2 HGB auf den Konkursverwalter haben die Verwirklichung der "par

114

R G Z 51, 33 (36); OLG Celle NJW 52, 427; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 33; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 28; Kornblum, S. 221; Leven, S. 14f; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 39; Unger, KTS 60, 33; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31; Weipert in RGRK HGB, §171 Anm. 38; Westermann I, Rn. 907. 115 Konietzko, S. 18, 69; Kuhn, Sonderbeilage W M 78, 1 (9); Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 38; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 38; Westermann I, Rn. 907; i. E. ebenso Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 29; vgl. auch OLG Karlsruhe OLGE 11, 407 (408). 116

U7

Uhlenbruck, GmbHR 73, 107 (112).

V g l . nur Weipert in RGRK HGB, § 128 Anm. 2.

44

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

condicio creditorum" zum Zweck. Es bestehen also deutliche Parallelen zwischen beiden Regelungen. Auch in Zukunft wird natürlich der Insolvenzverwalter eine eventuell bestehende Pflichteinlage sowohl des Kommanditisten als auch des persönlich haftenden Gesellschafters zur Masse einziehen können (§§ 80, 148 InsO).

3. Wahlrecht des Konkursverwalters und des Kommanditisten? Schuldet der Kommanditist sowohl die Pflichteinlage als auch die Haftsumme und sind beide nicht deckungsgleich, hat also der Gesellschafter eine Sacheinlage zu leisten oder weicht die Haftsumme von der Bareinlage betragsmäßig ab, so stellt sich die Frage nach der Vorgehensweise des Konkursverwalters. Welche Rechte wird er realisieren? Kann er möglicherweise sogar die verschiedenen Handhaben kumulieren? Zu erörtern wird auch sein, ob sich die Gläubiger gefallen lassen müssen, daß die zur einstweiligen Fortführung des Unternehmens benötigte Sacheinlage alsbald an Wert verliert. a) Die herrschende Meinung Die h.M. gewährt dem Konkursverwalter ein Wahlrecht , so daß er jeweils den günstiger erscheinenden Anspruch (also die Rechtsverfolgung nach § 171 Abs. 2 HGB oder nach §§6 Abs. 2 117 KO) geltend machen kann. Kumulativ sind diese Rechte keinesfalls auszuüben (§171 Abs. 1 HGB) 1 1 9 , soweit zwischen Einlage und Haftung der funktionale Zusammenhang besteht. Hingegen steht dem Kommanditisten im Konkurs kein Wahlrecht zu, ob er sich durch Leistung einer Sacheinlage von seiner unmittelbaren Haftung befreit 120 . Im Sinne einer

118 Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 30, 33, spricht vom Ermessen des Konkursverwalters; Häsemeyer, ZHR 149, 63 (74); ders., Insolvenzrecht, S. 771; Keuk, ZHR 135, 410 (434); Kilger, KO, § 209 Anm. 5a; Lichtenberg, S. 44f; Michel, KTS 91, 67 (73f, 76, 84); Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 38; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 42; Timm, a.a.O., Rn. 43, weist ausdrücklich darauf hin, daß die zur Konkursmasse gezogene Pflichteinlage der gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger dient, auch wenn der betreffende Kommanditist nicht allen Gesellschaftsgläubigern haftet; Uhlenbruck, GmbHR 73, 107 (112); ders., Abschreibungsgesellschaften, S. 161; ders., Die GmbH & Co KG, S. 625f; Unger, KTS 60, 33 (37); Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 38; Westermann I, Rn. 907. 119

S o ausdrücklich Gursky, DB 78, 1261 (1263f); Michel, KTS 91, 67 (73).

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

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bestmöglichen Masseverwertung zur Gläubigerbefriedigung soll hier dem Verwalter die Entscheidung allein obliegen, welche Handhabe er ergreift. b) Die Auffassung K. Schmidts K. Schmidt 121 hingegen verneint ein solches Wahlrecht des Verwalters. Schulde der Kommanditist die Einlage in Form einer Geldleistung, so sei von einem Vorrang der (Pflicht-) Einlageschuld auszugehen, es liege überhaupt kein Fall von § 171 Abs. 2 HGB vor. Zahle der Gesellschafter, so leiste er seine Einlage und beseitige automatisch seine Haftung (§171 Abs. 1 HS 2 HGB). Die Grundlage seiner Zahlung und des Zahlungsverlangens des Konkursverwalters bestehe in dem Leistungsversprechen. Die Ermächtigungsftinktion des § 171 Abs. 2 HGB sei gegenüber der Befugnis des Verwalters, die vom Kommanditisten geschuldete Einlage zu verlangen, subsidiär. K. Schmidt gesteht zu, daß es sich beim Fall der Bareinlage um ein recht theoretisches Problem handelt. Denn auch bei Abweichen der Haftsumme von der Bareinlage soll zwar der Kommanditist die Einlage leisten müssen, der Konkursverwalter könne aber nach § 171 Abs. 2 zusätzlich Zahlung verlangen, soweit noch ein Rest der Haftsumme offen ist 1 2 2 . Nicht theoretisch ist der Fall einer ausstehenden Sacheinlage. Falls die Erbringung der Sacheinlage im Konkursverfahren in Ansehung beispielsweise einer Unternehmensfortfuhrung noch einen Sinn habe, also nicht konkurszweckwidrig sei, so K. Schmidt 123 , müsse der Konkursverwalter nach § § 6 Abs. 2, 117 KO vorgehen (auch hier Vorrang der Einlageschuld). Anderenfalls stehe dem Verwalter nur die Möglichkeit zu, die Haftung gemäß § 171 Abs. 2 HGB geltend zu machen, wobei dann auch der Kommanditist der Konkursmasse nicht die Sacheinlage aufdrängen dürfe.

120 Uhlenbruch Die GmbH & Co KG, S. 626; ähnlich K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 139, der freilich einen Anwendungsfall des § 171 Abs. 2 HGB verneint, wenn der Kommanditist noch die Pflichteinlage schuldet. 121 K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 128, 139, 152; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 99; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1329; im Anschluß an ihn Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn.30.

122 K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 128; Heymann/Kötter, HGB, § 171 Anm. 3. 123

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 129; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 99; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1329; vgl. auch Uhlenbruch Die GmbH & Co KG, S.

626.

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2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

c) Die Position des OLG Celle Das OLG Celle 124 entscheidet gerade umgekehrt. Es verneint ebenfalls ein Wahlrecht des Kommanditisten nach Konkurseröffnung, stützt dies aber auf die Überlegung, daß in diesem Stadium die Einlage nicht mehr werbend tätig sein könne. § 171 Abs. 2 HGB sei daher allein einschlägig. Danach müßte aber auch der Konkursverwalter generell nach § 171 Abs. 2 HGB vorgehen.

d) Stellungnahme Gegen die Auffassung des OLG Celle ist einzuwenden, daß die Leistung einer Sacheinlage im Konkurs nicht generell ausgeschlossen ist. Vielmehr wird darauf abzustellen sein, ob sie sich mit dem Konkurszweck vereinbaren läßt (s.o., Kapitel 1, 5 b). K. Schmidt ist beizupflichten, wenn er den Konkursverwalter für den Fall auf den Rechtsbehelf des § 171 Abs. 2 HGB verweist, in dem die Leistung der Sacheinlage konkurszweckwidrig erscheint. Die Frage nach dem Wahlrecht des Konkursverwalters oder des Kommanditisten stellt sich hier nicht. Wenn er aber generell ein Wahlrecht verneint und den Verwalter auf die Geltendmachung der Einlage verweist, ist ihm nicht zuzustimmen. Würde der Konkursverwalter gezwungen, die Sacheinlage einzufordern, um dieselbe anschließend zu verwerten, so belastete er die Masse unnötig mit Verwertungskosten 125. Zudem verliert die Sacheinlage als Wirtschaftsgut in der Regel im Laufe der Zeit an Wert. Freilich könnte man dagegen einwenden, die Einziehung der Sacheinlage solle in diesem Fall ausgeschlossen sein, da sie nicht dem Konkurszweck entspreche, so daß ein Wahlrecht nicht in Rede stünde. Die Wahlmöglichkeit käme danach nie in Betracht, wenn der Wert der Sacheinlage gleich oder niedriger als die Haftsumme wäre, die gleiche Realisierbarkeit unterstellt. Im umgekehrten Fall, wenn der Wert der Sacheinlage die Haftsumme übersteigt, müßte nach/C. Schmidt ohnehin wegen des generellen Vorrangs der Sacheinlageleistung der Weg über §§6 Abs. 2, 117 KO beschritten werden. Der h.M. zufolge soll der Konkursverwalter hier wählen dürfen. Jedoch ist der Verwalter verpflichtet, im Gläubigerinteresse eine bestmögliche Masseverwertung vorzunehmen (§§ 82, 117 KO) 1 2 6 . Dann aber ist es verfehlt, von einem Wahlrecht zu sprechen. Wegen dieser Verpflichtung des Verwalters, im Interesse sämtlicher Gesellschaftsgläubiger eine bestmögliche

124

125

O L G Celle NJW 52,427; vgl. auch Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 16.

Gursky, DB 78, 1261 (1263).

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

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Gläubigerbefriedigung zu erzielen, wird er schon bei der Frage, ob er die Sacheinlage einfordert, eine Kosten-Nutzen Analyse anstellen müssen. Hierin einzustellen sind zum einen die Verwertungskosten. Zu berücksichtigen ist aber auch, daß die Sacheinlage regelmäßig mit der Zeit an Wert verliert. Daher wird es nur dann sinnvoll sein, auf der Sacheinlageleistung zu bestehen, wenn die Prognose ergibt, daß nach Abzug der Verwertungskosten und des voraussichtlichen Wertverlustes der Betrag der Haftsumme zumindest erreicht wird. Entgegen K. Schmidt besteht allerdings kein Grund, eine generelle Subsidiarität des Anspruchs aus § 171 Abs. 2 HGB anzunehmen. Ist die Haftsumme größer als die Bareinlagepflicht, so gilt § 171 Abs. 2 HGB. Bei umgekehrter Konstellation hat der Konkursverwalter nach §§6 Abs. 2, 117 KO vorzugehen. Ein Wahlrecht scheidet auch hier aus oben genannten Gründen aus. Der Konkursverwalter hat nach dem für die Konkursgläubiger günstigsten Recht vorzugehen. Indes stellt sich für die Bareinlageverpflichtung ein weiteres Problem, wenn nämlich der ausgeschiedene Gesellschafter noch eine Geldeinlagae zu leisten hat. Zieht der Konkursverwalter diese gem. §§ 6 Abs. 2, 117 KO zur Masse, so kommt sie allen Gläubigern zugute 127 , obwohl der Ausgeschiedene nur den Altgläubigern haftet. Anders hingegen, wenn der Verwalter die Haftung nach § 171 Abs. 2 HGB realisiert. Ist die (Geld-) Pflichteinlage höher als die Haftsumme, wird der Weg über die §§ 6 Abs. 2, 117 KO zu wählen sein. Fraglich ist nur, ob der Verwalter die einziehbare Gesamtsumme bis zur Höhe der Haftsumme als Hafteinlage deklarieren darf, woraus dann eine Sondermasse zugunsten der Altgläubiger zu bilden ist, der Rest wäre materiell-rechtlich Massegegenstand, oder ob er einheitlich die Pflichteinlage zur Masse ziehen muß. Problematisch ist auch, was zu gelten hat, wenn für den vormaligen Gesellschafter Haft- und (Bar-) Pflichte in läge identisch sind. Bei einem Vorgehen - auch - nach § 171 Abs. 2 HGB würden durch die Sondermassenbildung automatisch die Neugläubiger (im ersten Fall zumindest teilweise) ausgebootet. Doppelgleisig wird der Verwalter wohl nicht vorgehen dürfen, so daß bei höherer Pflichteinlage immer diese einheitlich - wegen des funktionellen Zusammenhangs - zu realisieren sein wird. Bei summenmäßiger Identität beider Einlagen kommt man jedoch nicht umhin, ein echtes Wahlrecht zu gewähren.

126 K i l g e r , KO, § 117 Anm. 4; OLG Düsseldorf KTS 73, 270 (271f); wegen besagter Pflicht des Konkursverwalters wird die Situation vor Konkurseröffnung, in der der Kommanditist in gleichem Maße von der Gesellschaft und von einem ihrer Gläubiger in Anspruch genommen werden konnte, mit Konkurseröffnung entgegen Michel, KTS 91, 67 (73), eben doch verändert. 127

K i l g e r , KO, § 209 Anm. 5a; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 42.

48

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Wegen der Verpflichtung des Verwalters zur bestmöglichen Masseverwertung im Interesse der Konkursgläubiger muß es auch dem Gesellschafter verwehrt bleiben, zu entscheiden, ob er die Einlage leistet oder auf die Haftsumme bezahlt. Dem Entwurf zur InsO zufolge wird der Verwalter hinsichtlich seiner Vorgehensweise auch eine mögliche Sanierung im Auge behalten müssen128.

4. Die Rechtsstellung des Konkursverwalters im Rahmen von § 171 Abs. 2 HGB und Anspruchsträgerschaft bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der Haftsumme a) Zur Rechtsstellung des Verwalters, wenn er nach § 171 Abs. 2 HGB gegen die haftenden Kommanditisten vorgeht Die Norm des § 171 Abs. 2 HGB wirft die Frage auf, wie der Konkursverwalter tätig wird, ob er ein fremdes Recht in fremdem Namen geltend macht, ob er vielleicht prozeßstandschafitlich vorgeht. Das nämliche Problem wird sich auch bei § 93 InsO stellen. Früher wurde der Konkursverwalter als Vertreter des Kridars 129 bzw. der Gläubiger angesehen, der die Rechte nur geltend machen durfte, falls er hierzu ausdrücklich "ermächtigt" wurde 130 . Nunmehr ist nahezu einhellig anerkannt, daß der Konkursverwalter nicht die Gesellschaftsgläubiger vertritt. Der Verwalter ist nämlich Wahrer nicht der Sonderinteressen einzelner, sondern aller Gläubiger 131 . Ebensowenig ist er Vertreter der Gesellschaft. Er übe, so wird behauptet, ein selbständiges, ihm vom Gesetz

128 Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 77f. 129

Heute noch K. Schmidt, ZGR 86, 152 (153), der von einer organschaftlichen Vertretung spricht; ebenso Kilger/K. Schmidt, KO, § 6 Anm. 2 b (gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners). Das paßt aber allenfalls für ein Vorgehen nach §§ 6 Abs. 2, 117 KO. An anderer Stelle spricht K. Schmidt von einer Einziehungsermächtigung: Gesellschaftsrecht, S. 1327; ders., KTS 84, 345 (376); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 108; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb, bezeichnet die vorherrschende Amtstheoriellb als "üblich und im Ergebnis unschädlich". 130

Furrer, S. 124 (Vertreter des Gläubigers); Keuk, ZHR 135, 410 (430), bezeichnet den Konkursverwalter als "Vertreter oder Treuhänder" der Gläubiger, dann wieder nur als "Treuhänder", S. 433; Wieland, S. 760f.

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

49

übertragenes Recht aus, wobei sich der Inhalt desselben von demjenigen der Gläubiger ableite 132 . Mit der Qualifizierung dieses Rechts als selbständiges, dem Konkursverwalter gesetzlich übertragenes, ist noch nichts über die rechtliche Zuordnung des Anspruchs ausgesagt. Dargelegt wurde damit nur die Ausübungszuständigkeit.

b) Anspruchsträgerschaft

bzw. Rechtsträgerschaft

hinsichtlich der Haftsumme

Ein zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit besteht darin, die rechtliche Zuordnung des Anspruchs auf das Einstehenmüssen haftender Gesellschafter und Hand in Hand damit diejenige der eingezogenen "Haftsumme" in der Insolvenz der Gesellschaft abzuklären. Fraglich ist, ob die Haftungsansprüche, die ursprünglich den Gesellschaftsgläubigern zustanden, durch die Verfahrenseröffnung materiell-rechtlich ein anderes Zuordnungssubjekt erhalten. In Betracht kommen als Zuordnungssubjekte der Konkursverwalter, die KG (Gemeinschuldnerin) und die Gesellschaftsgläubiger. Praktische Relevanz hat dies im Hinblick auf Fragen der Aufrechnung von haftenden aktiven wie ausgeschiedenen Kommanditisten. Hier stellen sich Gegenseitigkeitsprobleme, wenn etwa der Kommanditist einen (Drittgläubiger-) Anspruch gegen die Gesellschaft hat. Steht der Gegenanspruch gem. § 171 Abs. 2 HGB materiell-rechtlich nicht der Gemeinschuldnerin Gesellschaft sondern deren Gläubigern zu, so fehlt es für die Aufrechenbarkeit eigentlich an der Gegenseitigkeit. Von Bedeutung ist die Frage der materiell-rechtlichen Zuordnung des Haftungsanspruchs auch im Hinblick auf § 68 KO, der für das Verhältnis zwischen haftendem Gesellschafter und Gesellschaft nur dann gelten kann, wenn gesonderte, also materiell-rechtlich verschieden zuzuweisende Vermögensmassen nebeneinander für dieselbe Schuld haften 133 .

131 Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 36, unter Kritik am Wortlaut von § 171 Abs 2 HGB, da es nicht um mehrere Rechte, sondern um ein Recht gehe; ähnlich Leven, S. 39ff; Staub/Pinner, HGB, § 1 7 1 Anm. 8; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36; in diesem Sinne wohl auch RGZ 46, 352 (353); ausdrücklich gegen die Vertretungslösung RGZ 51, 33 (37).

132

Beelitz, S. 122; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 15; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36; Neufeld/Schwarz, HGB, § 171 Anm. 3; Staub/Pinner, HGB, § 171 Anm. 8; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 36; RGZ 46, 352 (353); 51, 33 (37); OLG Celle ZIP 85, 100 (101 f). 133 O L G Colmar OLGE 15, 252 (253f); Häsemeyer, KTS 82, 1 (8); ders., KTS 82, 507 (556 Fn. 269); Kilger, KO, § 68 Anm. 5; Jaeger/Lent, KO, § 68 Anm. 4; Tschierschke, S. 67f; Jaeger/Weber, KO, § 212 Anm. 1; Wissmann, S. 99f.

4 Armbruster

50

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Die nämlichen Probleme und Fragen um die Anwendbarkeit des dem § 64 KO entsprechenden § 52 InsO werden sich im künftigen Recht auch beim persönlich haftenden Gesellschafter stellen 134 . Mangels gesetzlicher Anhaltspunkte ist schon im geltenden Recht unklar und streitig, wer Rechtsträger des Anspruchs und der eingezogenen Haftsumme ist. In der älteren Literatur finden sich geradezu nebulose, verschleiernde Stellungnahmen zu dieser Frage. Es werden in diesem Zusammenhang verschiedenste, geradezu konträre Lösungsmöglichkeiten angeboten. Auch vermengt man die Frage der Rechtszuständigkeit bezüglich der eingezogenen Haftsumme allzuoft mit derjenigen der Anspruchsträgerschaft.

aa) Der Konkursverwalter als Zuordnungssubjekt Teilweise wird formuliert, es handle sich bei § 171 Abs. 2 HGB um ein selbständiges, eigenes Recht des Konkursverwalters 135. Geßler 136 schließt sich dem an und ergänzt, dieses Recht werde im eigenen Namen für Rechnung der Gesellschaftsgläubiger geltend gemacht. Dabei wird aber nicht deutlich, ob die eingezogene Haftsumme materiell-rechtlich den Gesellschaftsgläubigern oder aber dem Konkursverwalter zusteht, wobei der Passus "für Rechnung" letzterenfalls die Bedeutung hätte, der Betrag solle den Gläubigern wirtschaftlich zugute kommen. Ebensowenig klar ist, ob dieses selbständige, eigene Recht des Verwalters nur eine eigenständige, gesetzlich angeordnete Ermächtigungsbefugnis, mithin eine Ausübungszuständigkeit, oder eine Anspruchsträgerschaft bedeutet. Auch Pinner 137 gebraucht die soeben zitierte Wendung. Daraus könnte man schließen, daß der Konkursverwalter Rechtsträger sein soll, zumal Pinner betont, das Recht des Konkursverwalters sei nicht mit demjenigen der Gläubiger nach § 171 Abs. 1 HGB identisch. Letzteres ende mit der Konkurseröffnung und werde durch das des Verwalters ersetzt, der für die Gläubigergesamtheit tätig werde. Diese fehlende Identität kann aber auch daher rühren, daß es sich nunmehr im Konkurs um ein vergemeinschafitetes Recht handelt.

134

Vgl. schon oben, Kapitel 1, 5 a am Ende. 135

V g l . wiederum Beelitz, S. 122; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 15; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36; Neufeld/Schwarz, HGB, § 171 Anm. 3; Staub/Pinner, HGB, § 171 Anm. 8; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 36; RGZ 46, 352 (353); 51, 33 (37); OLG Celle ZIP 85, 100(101f). 136

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 31.

13?

Staub/Pinner, HGB, § 171 Anm. 8, unter Hinweis auf RGZ 46, 352 (353); 51, 33 (37).

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

51

Zudem verweist Pinner in diesem Zusammenhang auf die Rechtsähnlichkeit 138

mit § 13 AnfG. Nach Keuk mache der Konkursverwalter zwar ein fremdes Recht geltend, aber er werde treuhänderisch Eigentümer des Eingezogenen. Die Frage, ob der Verwalter ein eigenes oder fremdes Recht i.R.d. § 171 Abs. 2 HGB ausübt, stellt sich entsprechend bei der Anfechtung. Die Unterscheidung zwischen Rechtsausübung (§§ 171 Abs. 2 HGB, 36 KO, 13 AnfG) und Rechtsinhaberschaft legt den Schluß nahe, dem Verwalter stehe das Recht nicht zu 1 3 9 . Gegen eine Rechtsinhaberschaft spricht weiterhin die grundsätzliche Stellung des Konkursverwalters, der typischerweise fremde Rechte ausübt und die Tatsache, daß bei seinem Tod oder einer Entlassung ein subjektloses Recht entstünde 140 . Diese Einwände geben aber kaum etwas gegen die Treuhandlösung Keuks her. Gegen eine solche führt Leven 141 lapidar an, der Gesetzgeber habe sich nicht für sie entschieden. Das ist aber gerade die Frage. bb) Die Kommanditgesellschaft als Rechtsinhaberin Nicht wenige Autoren 142 vertreten die Auffassung, mit Konkurseröffnung stehe der Anspruch der Gesellschaftsgläubiger gegen den haftenden Kommanditisten der KG zu, er gehöre zur Konkursmasse. Rechtskonstruktiv geschieht das nach Auffassung durch einen "Gläubigerwechsel in der Form eines Rechtsübergangs, der Rechtsnachfolge", mithin mittels einer "cessio legis" mit der Besonderheit der Zusammenfassung der zahlreichen Einzelansprüche zu einem einzigen Anspruch.

138 Keuk, ZHR 135,410(430). 139

Jaeger/Lent, KO, Vorbem. IV 2 zu §§ 29-42; Leven, S. 48ff; Bedenken gegen die Heranziehung von Rechtsgedanken aus § 36 KO hegen: Keuk, ZHR 135, 410 (430 Fn. 54); Wieland, S. 760 Fn. 13; ebenso hinsichtlich der §§ 93 Abs. 5, 117 Abs. 5, 62 Abs. 2 S. 2 AktG: Keuk, a.a.O. 140

So die in der vorigen Fn. zitierten Autoren. 141

Leven, S. 49.

142

Berges, KTS 57, 49 (56), folgert das aus der Vergemeinschaftung der Befriedigungsrechte; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 16; Häsemeyer, ZHR 149, 42 (65); Jaeger, KO, §§ 209, 210 Anm. 17; Graf Lambsdorff, M D R 73, 362 (364); Leven, S. 36f, 76ff, insbesondere S. 77, 88; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36, 38f, in sich widersprüchlich, wenn er zugleich feststellt, der Konkursverwalter handle für Rechnung der Gesellschaftsgläubiger (Anm. 36); K. Schmidt, Gutachten D, S. D 46f; v. Tuhr, AT Band II 1, S. 43f; Uhlenbruck, Abschreibungsgesellschaften, S. 161; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 38, 42; Westermann I, Rn. 907; RGZ 37, 82 (85) für die Zeit vor Geltung des § 171 Abs. 2 HGB; wohl auch OLG Karlsruhe OLGE 11, 407 (408); OLG Celle NJW 52, 427; OLG Stuttgart NJW 55, 1928 (1929); BFH JZ 85, 346 (347).

52

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Seine These, der haftungsrechtliche Anspruch werde der Masse zugewiesen, stützt Leven 143 auf ein konkursrechtliches Ordnungsprinzip", wonach durch Konkurseröffnung bedingte Rechtsveränderungen wirtschaftlich zugunsten der Gesellschaftsgläubiger, rechtstechnisch durch Veränderung oder Begründung von Rechten, die dem Gemeinschuldner als Massesubjekt zustehen, erfolgen sollen. Weiterhin weist er auf die Rechtsentwicklung hin, da schon vor der Normierung einer dem § 171 Abs. 2 HGB entsprechenden Vorschrift im Konkurs der Gesellschaft der Haftungsanspruch (Art. 165 ADHGB) in der Praxis durch den Konkursverwalter auf Zahlung zur Masse geltend gemacht wurde 144 . Schließlich spreche für die Zuordnung des Haftungsanspruchs zur Konkursmasse auch die regelmäßige Kongruenz zwischen der in § 171 Abs. 2 HGB ausdrücklich geregelten Ausübungszuständigkeit des Konkursverwalters und der Rechtszuständigkeit des Massesubjektes145. Dogmatisch sucht Leven 146 die Massezugehörigkeit auf eine ergänzende Auslegung des § 171 Abs. 2 HGB unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 1978 Abs. 2 BGB zu gründen. Gem. § 1978 Abs. 2 BGB stehen Herausgabe- und Ersatzansprüche der Nachlaßgläubiger für den Fall der Nachlaßverwaltung bzw. des Nachlaßkonkurses fiktiv dem Nachlaß, mithin dem Erben als Träger des Nachlasses zu. Die Nachlaßforderungen können während der Vermögensabsonderung nur von den Amtswaltern geltend gemacht werden 147 . In diesem Zusammenhang wären wohl auch die Fiktionen der §§ 1985 Abs. 2 S. 2, 2144 Abs. 1, 2383 Abs. 1 S. 3 BGB einschlägig. Trennt man Einlageleistung und Haftung und erblickt man in § 171 Abs. 2 HGB ausschließlich die Geltendmachung der Haftsumme, so ist nicht mehr so eindeutig, ob der noch zur Zeit der Geltung des ADHGB vom Reichsgericht vertretenen Auffassung von der Zugehörigkeit des Anspruchs zur Konkursmasse beizupflichten ist 1 4 8 . Der Gesetzgeber scheint, so K. Schmidt 149 , der

143

Leven, S. 59. 144

Leven, S. 53ff, unter Berufung auf RGZ 1, 68 (73f); 37, 82 (85) = 37, 133 (136); 46, 352f; a.A.: Schwalb, ZHR 34, 338 (427); Staub, ADHGB, Art. 169 Anm. 4b. 145

Leven, S. 57f,61.

146

Leven, S. 65ff.

147

Münchener Kommentar/Siegmann, BGB, § 1978 Anm. 10; a.A. nur K G DJZ 05, 652. 14R

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 138; anders RGZ 37, 82 (85) = 37, 133 (136). 149

Im folgenden K. Schmidt, KTS 84, 345 (3760; anders aber ders., Gesellschaftsrecht, S. 1327: dort spricht er zwar auch von einer Einziehungsermächtigung, er ordnet aber den Anspruch den Gesellschaftsgläubigern zu.

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

53

Gesellschaft all diejenigen Ansprüche im Konkurs zuzuordnen, die ihr auch außerhalb der Insolvenz der Gesellschaft zustehen. Auf der anderen Seite spricht die Tatsache, daß außerhalb des Konkursverfahrens die Gesellschaftsgläubiger zuständig sind, fur eine bloße Einziehungsermächtigung des Konkursverwalters. Übrigens wird auch bei Bejahung einer bloßen Einziehungsermächtigung des Konkursverwalters das Ziel der gemeinsamen Befriedigung von Gläubigern in einem geregelten Verfahren verwirklicht. Entscheidend ist, daß der Verwalter die Haftungsansprüche bzw. die realisierte Haftsumme für die Gesamtheit der Gläubigerschaft verwaltet. Letzlich läßt K. Schmidt das Ergebnis offen, da der Anspruch jedenfalls der Gesellschaft zustehe. Möglich sei es durchaus, Ansprüche dem Gemeinschaftsvermögen zuzuordnen, die dem Gemeinschuldner außerhalb des Konkurses nicht zustehen oder nicht geltend gemacht werden können. Gegen die Deutung des § 171 Abs. 2 HGB als "cessio legis" spricht dessen Wortlaut, da dort ausdrücklich von der Ausübung des den Gesellschaftsgläubigern zustehenden Rechts durch den Konkursverwalter die Rede ist 1 5 0 . Das Gesetz ordnet hier nicht ausdrücklich an, daß die Forderung kraft Gesetzes übergehen soll, was aber für eine "cessio legis" erforderlich wäre 151 . Zu einem ähnlichen Ergebnis wie Leven kommt Häsemeyer 152, der das Kommanditistenvermögen haftungsrechtlich dem Gesellschaftsvermögen zuweist und es damit bis zur Höhe der Haftsumme wie Gesellschaftsvermögen behandelt. Er lehnt seine Konstruktion an die Gläubigeranfechtung gemäß § § 1 , 7 AnfG an, da auch dort fremdes Vermögen haftungsrechtlich dem Schuldnervermögen zugewiesen werde. Die nach § 171 Abs. 2 HGB eingeforderte Haftsumme wird danach unmittelbar Bestandteil der Konkursmasse, eine Sondermasse sei nicht zu bilden 153 . Dann ist hiernach aber letztlich die Zuweisung doch eine materiellrechtliche, nicht bloß eine haftungsrechtliche. Auch der Vergleich mit § § 1 , 7 AnfG hinkt, da dort vormals dem Schuldner zugewiesenes Vermögen demselben

15 °So Lichtenberg, S. 54; das gleiche Argument kann auch gegen die Rechtsträgerschaft des Konkursverwalters angeführt werden; Michel, KTS 91, 67 (70 Fn. 14). 15

'Lichtenberg, S. 54; Münchener Kommentar/Roth, BGB, § 412 Anm. 2; Tschierschke, S. 43f, 84; BGHZ 43, 1 (5). 152 Häsemeyer, ZHR 149, 42 (49); kritisch: Michel, KTS 91, 67 (72 Fn. 23), der das Modell der haftungsrechtlichen Zuweisung des Kommanditistenvermögens zum Gesellschaftsvermögen als mit dem kodifizierten Haftungssystem unvereinbar ansieht. 153 Häsemeyer, ZHR 149, 42 (64f); Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 36, zitiert Häsemeyer falsch, wenn er meint, dieser würde den Anspruch dem Konkursverwalter zuweisen. Nach Häsemeyer, a.a.O., S. 55f, weist § 171 Abs. 2 HGB dem Verwalter nur die Ausübungszuständigkeit zu.

54

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

wieder zugeordnet wird, was zum Vorteil der Gläubiger gereicht. Hier indes gehörte das Haftungspotential - Gesellschaftervermögen - zu keiner Zeit zum Gesellschaftsvermögen.

cc) Die Gesellschaftsgläubiger bleiben Anspruchs- bzw. Rechtsträger Die h.M. 1 5 4 sieht den Konkursverwalter als Ausübungsberechtigten eines fremden Rechts in eigenem Namen für fremde Rechnung, nämlich für Rechnung der Gesellschaftsgläubiger. Von Ritter 155 wird er zusätzlich als "Legitimationszessionar des Gesellschaftsgläubigers kraft Gesetzes bezeichnet, andere 156 verstehen ihn als "Treuhänder" der Gesellschaftsgläubiger. Nach Wieland 157 erhebt der Konkursverwalter die den Gläubigern zustehenden Ansprüche; er sei gesetzlicher Vertreter der Gläubiger. § 171 Abs. 2 HGB kann demnach konse158

quentenweise auch keine "cessio legis" beinhalten , so daß durch diese Vorschrift eine Änderung der Anspruchs- bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der eingezogenen Haftsummen nicht erfolgt.

154

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 31; Heckmann, KTS 60, 182f; Heymann/Hom, HGB, § 171 Rn. 28; Kornblum, S. 220f; Kuhn, FS f. Schilling, S. 69 (74); ders., Sonderbeilage W M 78, 1 (9); Ritter, HGB, § 171 Anm. 5c; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36, aber widersprüchlich: er bejaht die Leistung der Hafteinlage an die Konkursmasse, Anm. 36, 38; Schumann, JZ 58, 700; Tschierschke, S. 44; Ulmer, ZHR 149, 541 (570), spricht von einer gesetzlichen Prozeßstandschaft; Unger, KTS 60, 33 (36); BGHZ 27, 51 (56f); unklar: BGHZ 58, 72 (76), wo die Rede davon ist, der Kommanditist sei außerhalb des Gesellschaftskonkurses nicht Schuldner der Gesellschaft, sondern Schuldner der Gesellschaftsgläubiger; OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043 zweifelt, ob das Eingezogene der Masse einzuverleiben ist. 155 Ritter, HGB, § 171 Anm. 5c, unter Hinweis auf RGZ 51, 33 (37); sich ihm anschließend: OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043. I56

Berges, KTS 60, 1 (9 Fn. 14); Heckmann, KTS 60, 182 (183); Keuk, ZHR 135, 410 (430, 433), die den Treuhänder freilich als Eigentümer des Eingezogenen versteht; Lichtenberg, S. 41; Unger, KTS 60, 33 (37), hinsichtlich der Altgläubiger. 157

Wieland, S. 760f.

1 SR Gegen eine "cessio legis": BGHZ 27, 51 (56); BGH L M § 171 HGB Nr. 1; BGHZ 42, 192 (1930; Heckmann, KTS 60, 182; Lichtenberg, S. 49, 54ff; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1326f; Tschierschke, S. 44; zweifelnd: Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31; Wissmann, S. 130.

IV. Die Rechtsausübung durch den Konkursverwalter

55

Die Gesellschaftsgläubiger bleiben Anspruchsträger 159, und der Konkursverwalter ist nur für die Zeit des Konkurses legitimationsbefugt, so daß eine gesetzliche Prozeßstandschaft vorliegt 160 . Nach Konkursbeendigung können die Gesellschaftsgläubiger wieder unmittelbar auf den haftenden Kommanditisten Zugriff nehmen 161 . § 171 Abs. 2 HGB 162 bewirkt hiernach keine materielle Rechtsänderung . Wollte man eine solche dennoch bejahen, so wäre dem § 171 Abs. 2 HGB eine Doppelzession immanent. Zum einen beinhaltete § 171 Abs. 2 HGB diejenige "cessio legis", die einen Anspruchsübergang mit Konkurseröffnung bewirkte, zum anderen eine "stille Rückzession" auf die Gesellschaftsgläubiger mit Konkursbeendigung. §171 Abs. 2 HGB solchermaßen zu interpretieren, bedeutete schon ein gewagtes Unterfangen. Die Gesellschaftsgläubiger bleiben daher Anspruchsträger. Rechte aus § 171 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 HGB werden nicht der Konkursmasse einverleibt 163 , denn Konkursmasse ist ja das (beschlagfähige) Gesellschaftsvermögen (s.o., Kapitel 1,5 a). Für dieses Ergebnis spricht die Nähe zur Rechtslage außerhalb des Konkurses 164 . Dies gilt sowohl für die Ansprüche als auch für die geleisteten Zahlungen. Leven 165 kritisiert an dem Ergebnis, die KO sehe nirgendwo

159 B G H W M 76, 130 (131); Michel, KTS 91, 67 (70); Unger, KTS 60, 33 (36); a.A. offensichtlich und ohne Problemerörterung: Diskussionsentwurf, Band II, Ergänzungen, Begründung, S. B63. 16

° V g l . Ulmer, ZHR 149, 541 (570).

161

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 20; LG Göttingen NJW 70, 1374 (1375); wohl auch BGH NJW 76, 751 (752); vgl. zur Zwangsvollstreckung bei festgestellten Forderungen: Jaeger/Weber, KO, § 164 Anm. 9. 162

Str., vgl. BGHZ 42, 192 (193 f): eine Rechtsänderung finde insofern statt, als die vom Konkursverwalter eingezogene Hafteinlage nur noch zur gleichmäßigen Befriedigung der berechtigten Gesellschaftsgläubiger verwendet werden dürfe; so auch BGHZ 63, 338 (343); Tschierschke, S. 44; Wieland, S. 760; a.A., also für eine sachliche Umgestaltung: Grämlich, NJW 67, 1447 (1449); Keuk, ZHR 135, 410 (429), für den ausgeschiedenen Gesellschafter; Leven, S. 59, 73f; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 37, weil sich der Kommanditist nicht durch Leistung an die Gläubiger von seiner Haftpflicht befreien könne. 163

B G H Z 27, 51 (56f); BGH L M § 171 HGB Nr. 1; Heckmann, KTS 60, 182; Keuk, ZHR 135, 410 (430), die aber für eine Zuordnung zum Konkursverwalter eintritt; Kuhn, Sonderbeilage W M 78, 1 (9); Ritter, HGB, § 171 Anm. 5c; Schumann, JZ 58, 700; Tschierschke, S. 44; Unger, KTS 60, 33 (36); zweifelnd: K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 138; anders (für eine Zuordnung zur Gesellschaft) ders., KTS 84, 345 (376f); für eine Zuordnung zu den Gesellschaftsgläubigern: ders., Gesellschaftsrecht, S. 1327; zweifelnd auch OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043. 164

So Leven, S. 45.

56

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

vor, daß der Konkursverwalter Ansprüche der Konkursgläubiger ausübe. Die Zuweisung des Anspruchs zu den Gesellschaftsgläubigern ist nach seiner Auffassung eine systemfremde Ausnahme. Indes bleibt es dem Gesetzgeber unbenommen, Ausnahmeregelungen zu treffen, die nicht in die Systematik geltender Normen einzuordnen sind, wie beispielhaft § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO zeigt. Einen im Ergebnis gleichen Weg wie der hier vertretene schlägt Michel 1 6 6 ein. Die KO regele die Verteilung der Konkursmasse, nicht eine Verteilung sonstiger Vermögenswerte (§§ 117, 149 ff KO). Zählte man die i.R. des § 171 Abs. 2 HGB erbrachten Leistungen nicht zur Konkursmasse, sondern behandelte man sie als einen "Sonderfonds", so fände die KO jedenfalls keine direkte Anwendung. Nach § 171 Abs. 2 HGB seien aber die auf die Haftung gezahlten Beträge nach den gleichen Regeln wie die (sonstige) Konkursmasse an die Gläubiger zu verteilen. Daraus folgert Michel 1 6 7 , "daß auch die zur Deckung der Haftung erbrachten Leistungen zur Konkursmasse zu zählen sind". Zwar seien streng genommen Vermögenswerte gleich welcher Art, die nach Konkurseröffnung an die Gesellschaft erbracht würden, von § 1 KO nicht erfaßt, der auf das Gemeinschuldnervermögen zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung abstellt. Jedoch beschreibe § 1 KO den gegenständlichen Bereich dessen, was zur Konkursmasse zu zählen sei, nicht abschließend, wie die §§ 29 ff KO, insbesondere § 37 Abs. 1 KO zeigten. Mithin gebiete der Zweck des § 171 Abs. 2 HGB, die gleichmäßige Befriedigung der Konkursgläubiger zu gewährleisten, daß "die zur Deckung der Haftung erbrachten Leistungen zur Konkursmasse zu zählen" seien. Michel möchte seine Ausführungen jedoch nicht dahingehend verstanden wissen, daß eine Aussage über die materiell-rechtliche Zuordnung des Geleisteten getroffen sei 168 . Auch anerkennt er offensichtlich die Notwendigkeit einer Sondermassenbildung aus dem durch einen Altkommanditisten i.R.d. § 171 Abs. 2 HGB Eingebrachten 169.

165

Leven, S. 46f, unter Hinweis darauf, daß selbst für den anfechtungrechtlichen Rückgewähranspruch die Konkursgläubiger nicht als Anspruchsinhaber genannt werden. 166

167

I m folgenden Michel, KTS 91, 67 (71f).

M i c h e l , KTS 91, 67 (72).

168 M i c h e l , KTS 91, 67 (72 Fn. 25); daher spricht er lediglich davon, das Eingebrachte zähle zu der Konkursmasse. An anderer Stelle formuliert er unscharf, die Leistungen seien Bestandteile der Konkursmasse, a.a.O., S. 72, 74, 84. 169

M i c h e l , KTS 91, 67 (71 Fn. 20, 76f).

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

57

Wo eine materielle Rechtsänderung nicht zwingend geboten ist, um eine anteilmäßige Gläubigerbefriedigung im Zwangsverband des Konkurses zu realisieren, sollte auf sie verzichtet werden. Wie noch zu zeigen sein wird (Kapitel 2, 8 c aa (1), bb (1)), vermag man auch bei Verneinung einer "cessio legis" das Problem zu lösen, das sich stellt, wenn ein aktiver oder ausgeschiedener Kommanditist mit einer Drittgläubigerforderung an die Gesellschaft gegenüber dem Haftanspruch (§171 Abs. 2 HGB) trotz fehlender Gegenseitigkeit aufrechnen will.

V . Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 H G B Gerade in jüngerer Zeit wurde der Anwendungsbereich des § 171 Abs. 2 HGB von der Rechtsprechung über seinen Wortlaut hinaus aus praktischen Bedürfhissen heraus ausgedehnt. Da die Norm sachlich unverändert bleiben soll, wird sich die Frage nach dem Geltungsumfang auch künftig stellen. Gleiches gilt für die geplante Regelung des § 93 InsO. Auch diese Vorschrift deckt ihrer sprachlichen Fassung nach bei weitem nicht alle relevanten Fallkonstellationen ab. 1. Anwendung auf den beschränkt haftenden, aktiven Kommanditisten Der klassische Anwendungsfall des § 171 Abs. 2 HGB betrifft - auch in seiner zukünftigen Fassung - den Kommanditisten, der seine Hafteinlage nicht erbracht hat und daher persönlich, aber summenmäßig begrenzt haftet. 2. Anwendung hinsichtlich des ausgeschiedenen Kommanditisten bei einer mehrgliedrigen KG mit mehreren Kommanditisten Nach völlig h.M. 1 7 0 ist § 171 Abs. 2 HGB auch im Falle des bereits vor Konkurseröffnung ausgeschiedenen Kommanditisten in den durch § 159 HGB

170

Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 773; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 35; Keuk, ZHR 135, 410 (429); Kuhn, Sonderbeilage W M 78, 1 (9); Leven, S. 82; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 134f; ders., JR 76, 278f; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Tschierschke, S. 45, nahm eine Analogie an, weil die damalige Fassung des § 171 HGB von der Haftung allen Gesellschaftsgläubigern gegenüber sprach, der Ausgeschiedene aber nur den Altgläubigem haftet; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 43; BGHZ 27, 51 (55f); 39, 319 (321); BGH NJW 90, 3145; OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043; a.A.: OLG Hamburg OLGE 32, 109 (110), welches verkennt, daß § 171 Abs. 2 HGB nicht die Einlageverpflichtung erfaßt.

58

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

vorgegebenen zeitlichen Grenzen anwendbar, falls dieser seine Hafteinlage nie geleistet oder aber zurückerhalten hat (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB). Bedenken können allerdings daraus entstehen, daß der Ausgeschiedene eben nicht mehr Gesellschafter ist, § 171 Abs. 2 HGB aber auf Abs. 1 verweist, der seinerseits vom Kommanditisten, also einem Gesellschafter spricht. Jedoch haftet er als früherer Gesellschafter für die Altverbindlichkeiten 171 , also für diejenigen Forderungen, die bis zu seinem Ausscheiden dem Grunde nach aufgelaufen sind. Durch bloßes Ausscheiden aus der Gesellschaft vermag sich der Kommanditist nicht aus der Haftung für einmal entstandene Ansprüche zu stehlen. Dann besteht die gleiche Gefahr einer ungeregelten Gläubigerbefriedigung wie bei einem haftenden aktiven Gesellschafter. Die alleinige Legitimationsbefügnis des Konkursverwalters ermöglicht eine anteilmäßige Befriedigung der Altgläubiger 172 aus der zu bildenden Sonder- und allgemeinen Konkursmasse. Der BGH 173 geht folgerichtig von einer entsprechenden Anwendung des § 171 Abs. 2 HGB aus. Das wird auch im geplanten Recht der Fall sein.

3. Der Verwalter nimmt den Ausgeschiedenen nach § 171 Abs. 2 HGB in Anspruch, wobei letzterer nur bevorrechtigten Altgläubigern gegenüber haftet Der B G H 1 7 4 hatte folgenden Fall zu entscheiden: Der Beklagte war Kommanditist einer mehrgliedrigen KG mit mehreren beschränkt haftenden Gesellschaftern gewesen und schied vor Eröffnung eines Anschlußkonkursverfahrens aus der Gesellschaft aus. Auf seine Einlage wurde ihm ein Teilbetrag zurückbezahlt. Der Rest seines Auseinandersetzungsguthabens wurde in ein Darlehen umgewandelt, auf das Zinsen gezahlt wurden. Der Konkursverwalter verlangte nun im Hinblick auf die ausgekehlte Teilsumme Leistung des Altkommanditisten auf bevorrechtigte Konkursforderungen (§ 61 Abs. 1 Nr. 2 KO), die die einzigen Altverbindlichkeiten darstellten (vgl. §§171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB).

171

Statt vieler: Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 773; Kornblum, S. 238f; Graf Lambsdorff, M D R 73, 362 (363); Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 9; Michel, KTS 91, 67 (74ff); Schilling, JR 64, 102; Tschierschke, S. 9ff; Unger, KTS 60, 33; Westermann I, Rn. 359, 427; RGZ 86, 60 (61); BGHZ 27, 51 (55f); 39,319(329). 172

BGHZ 27, 51 (56); BGH L M § 171 HGB Nr. 1; wohl auch BGHZ 71, 296 (304f); BGH NJW 90,3145. 173

1

B G H Z 27,51 (55f.).

BGHZ 39, 319 (323ff, insbesondere S. 325f.).

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

59

Problematisch war, ob die Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters bestand. Mit Befriedigung der bevorrechtigten Altgläubiger (§ 61 Nr. 1-5 KO) aus den nach § 171 Abs. 2 HGB realisierten Vermögenswerten käme es zu einer Überleitung von Gläubigerforderungen i.R.v. § 426 Abs. 2 BGB analog auf den Altkommanditisten und zwar inklusive Sicherheiten und Vorrechte (§§ 412, 401 Abs. 2 BGB) 1 7 5 . Die §§ 426 Abs. 2, 412, 401 BGB sind deshalb entsprechend anwendbar, weil zum einen der Ausgeschiedene im Innenverhältnis volle Erstattung seiner erbrachten Leistungen fordern kann, er insoweit keinerlei gesellschaftlichen Bindungen unterworfen ist 1 7 6 . Außerdem würden die Neugläubiger anderenfalls im Vergleich zu dem ausgeschiedenen Gesellschafter ungerechtfertigterweise bevorteilt, obwohl kein Anlaß besteht, sie besser zu stellen als bei einem normalen Gesamtschuldverhältnis. Zöge nämlich der Konkursverwalter die Haftsumme von den ausschließlich bevorrechtigten Altgläubigern haftenden ehemaligen Kommanditisten ein und befriedigte er mit diesen Beträgen jene Gläubiger, so bliebe die allgemeine Konkursmasse unberührt, obwohl die Altgläubiger aufgrund ihrer bevorzugten Stellung auch aus der allgemeinen Insolvenzmasse - nunmehr zu Lasten der Neugläubiger - volle Befriedigung hätten erlangen können. Mithin könnte der Altkommanditist für die auf ihn übergegan-genen Forderungen im Konkurs, mithin als Konkursgläubiger, seinerseits bevorzugte Befriedigung verlangen, ohne daß § 172 Abs. 4 HGB dem entgegenstünde, da ja die bevorrechtigten Gesellschaftsgläubiger, denen gegenüber der ehemalige Kommanditist haftet, allesamt befriedigt wurden. Der Konkursverwalter müßte die Summe, die er eingezogen hatte, dem Betrag nach geradewegs wieder aus der Masse an den Altkommanditisten auskehren. Dann aber bedeutete ein Zahlungsbegehren des Konkursverwalters gegen den Altkommanditisten ein Verstoß gegen § 242 BGB. Es ist dies der Einwand "dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est" 177 . All das gilt nur, wenn feststeht, daß die Konkursmasse zur Befriedigung der bevorrechtigten Gläubiger ausreicht.

175 B G H Z 39, 319 (323ff); Pagenstecher/Grimm, S. 227; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 151; Uhlenbruck, Abschreibungsgesellschaften, S. 102; ders., Die GmbH & Co KG, S. 635f; vgl. zur Frage der Anwendbarkeit von Gesamtschuldregelungen auf das Verhältnis von Gesellschaft und ausgeschiedenen Gesellschaftern: RG JW 28, 2612f; BGHZ 39, 319 (323); 44, 229 (233); 48, 203 (204); Fischer in GK HGB, § 128 Anm. 56; Düringer/Hachenburg/Flechthei, § 128 Anm. 16; Hueck, OHG, S. 449f; Lehmann, ZHR 79, 57 (73ff); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1049f. 176

B G H Z 39,319(325).

177

Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Amm. 3C; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 135; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 635f.

60

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Nicht anders ist nach dem BGH 178 zu entscheiden, wenn die eingezogene Haftsumme fìir die Gläubigerbefriedigung ungenügend ist. Zunächst stehe der Anmeldung der Regreßforderung § 68 KO, der den Gläubigern eine Vollbefriedigung ermöglichen möchte, entgegen, aber nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem die bevorrechtigten Gläubiger Restbefriedigung aus der Konkursmasse erzielten' 7 9 . Die Entscheidung erfährt in der Literatur überwiegend Zustimmung 180 . Keuk 1 8 1 kritisiert freilich, die Haftung sei im entschiedenen Fall, entgegen der Auffassung des BGH 1* 2, eine subsidiäre. Der Altkommanditist könne die Altgläubiger, denen er hafte, auf das Gesellschaftsvermögen verweisen, so daß er im Ergebnis nicht einzustehen habe, er hafte mithin subsidiär. Diesem Einwand begegnet K. Schmidt 183 mit dem Hinweis auf eine Besonderheit im Konkurs. § 171 Abs. 2 HGB zufolge falle für die Dauer des Konkursverfahrens die Zuständigkeit für Haftung und Regreß beim Konkursverwalter zusammen. Soweit nicht § 172 Abs. 4 HGB der Regreßnahme entgegenstehe, sei daher dem BGH zuzustimmen. Obige Ausführungen zur ausnahmsweisen Versagung der Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters bei vollständiger Befriedigung bevorrechtigter Gesellschaftsgläubiger gelten dann nicht, wenn neben den bevorrechtigten auch nicht bevorrechtigte Altgläubiger am Konkurs teilnehmen. Weber 184 begründet das damit, daß bei der Verteilung der beim Altkommanditisten über § 171 Abs. 2 HGB realisierten Vermögenswerte Vorrechte einzelner Altgläubiger ohne Bedeutung seien. Das ist zutreffend, wenn man davon ausgeht, daß Konkursvorrechte sich nur auf die Konkursmasse beziehen können, während die vom

178

BGHZ 39, 319 (327); vgl. auch Tschierschke, S. 92; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 35. 179

Ausführlich wird zur Konkursgläubigerstellung des Kommanditisten in Kapitel 2, 9 Stellung genommen werden.

180 Pagenstecher/Grimm, S. 227; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3C; Kilger, KO, § 68 Anm. 6; Kornblum, S. 243; Schilling, JR 64, 102f; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 7b; Uhlenbruch Die GmbH & Co KG, S. 637, für eine GmbH & Co KG; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 35. IO]

Keuk, ZHR 135,410(437).

182 BGHZ 39, 319 (322): die Haftung des Kommanditisten sei nicht wie die des Bürgen eine subsidiäre, da ihm keine Einreden der Vorausklage (§§ 771, 772 BGB) zustünden. 183

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 151. 184

Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 33, 35; vgl. auch Pagenstecher/Grimm, S. 227; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 151.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

61

Kommanditisten eingezogene Sondermasse jedenfalls nach geltendem Recht nicht Teil der Konkursmasse ist. Oben (Kapitel 2, 4 d bb (3)) wurde ausgeführt, das nach § 171 Abs. 2 HGB Eingezogene stehe materiell-rechtlich, nicht nur haftungsrechtlich, der Gläubigergesamtheit zu. Da Konkursmasse streng genommen nur das Gesellschaftsvermögen ist, könnten sich Konkursvorrechte auch nur auf die allgemeine Masse beziehen, es sei denn, man ließe den Vorrechtscharakter auf die Forderung gegen die Altkommanditisten durchschlagen. Nun soll zwar das Vorrecht im Gesellschaftskonkurs eine der "Forderung inne185

wohnende Kraft" darstellen , jedoch ist das eigentlich nur dann auf das Einstehenmüssen des Gesellschafters übertragbar, wenn dieser ebenfalls in Konkurs gefallen ist (also im Falle des Doppelkonkurses), schließlich behandelt § 61 KO Konkursvorrechte und der Altkommanditist ist in dieser Fallkonstellation nicht in Konkurs gefallen. Allerdings wird das i.R. des § 171 Abs. 2 HGB Beigetriebene von dem Privatvermögen des (Alt-) Kommanditisten getrennt und so behandelt, als wäre über dieses ein Sonderkonkurs eröffnet worden. Der ehemalige Kommanditist wird hier nach den allgemeinen Regeln seine Rückgriffsforderung aus der Masse erst befriedigt erlangen, wenn die Forderungen aller Altgläubiger vollständig getilgt wurden, denn sonst lebte die Haftung wieder auf (§ 172 Abs. 4 HGB). Anders ausgedrückt: Wird aus der nach § 171 Abs. 2 HGB bei einem bestimmten Altgesellschafter realisierten Haftsumme seitens des Konkursverwalters ein bevorrechtigter Altgläubiger (§ 61 KO) befriedigt, so geht das Vorrecht auf den regreßberechtigten Altkommanditisten über. Dieser könnte sodann wie zuvor der Altgläubiger volle Befriedigung aus der Restsondermasse verlangen. Mit Befriedigung der Regreßforderung erhielte der Ausgeschiedene aber gerade dasjenige zurück, was er zuvor in die Sondermasse eingeschossen hatte, um eine Haftungserschöpfting zu erwirken. Die Haftung lebte nach § 172 Abs. 4 HGB wieder auf.

1 KS RGZ 85, 341 (343); RAGE 11, 321ff; BGHZ 34, 293 (294); BAG ZIP 82, 209 = BAG AP Nr. 12 zu § 59 KO m. zust. Anm. Beitzke, für den Sonderfall eines Anspruchs aus § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO; L A G Frankenthal ArbRSlg 13, L A G S. 3 m. zust. Anm. Hueck, S. 4; L A G Frankfurt BB 54, 1029, für Lohnforderungen gem. § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO (Lohnschutzcharakter des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO); OLG Karlsruhe M D R 69, 152 filr eine Forderung nach § 61 Abs. 1 Nr. 5 KO; SG Bremen ZIP 80, 630 (632) m. Anm. Voigt; LSG N W ZIP 81, 751 (752); FG Baden-Württemberg ZIP 86, 520 (521); vgl. auch Frotscher, S. 31 Fn. 25; Geist, Rn. 237, für das Vergleichsverfahren; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 128 Anm. 9B; Jaeger/Lent, KO, § 61 Anm. 21; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 77, unter Hinweis auf den Akzessorietätsgrundsatz des § 129 Abs. 1 HGB.

62

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Im zukünftigen Recht stellen sich entsprechende Probleme, obwohl es keine Insolvenzvorrechte 186 mehr geben soll, im Hinblick auf die Rangordnung von Masseverbindlichkeiten (§ 209 InsO).

4. Keine Geltung bei unbeschränkter Haftung des Kommanditisten § 171 Abs. 2 HGB verweist auf Abs. 1, wonach der Kommanditist nur bis zur Höhe seiner Hafteinlage unmittelbar haftet. Sonach hat § 171 Abs. 2 HGB die beschränkte Kommanditistenhaftung im Auge. Gesetzt den Fall, der Kommanditist Κ ist im Dezember eines Jahres in die XKG eingetreten und hat seine Hafteinlage in Höhe von D M 100.000 geleistet. Eingetragen wurde er als Kommanditist indes erst im Juni des darauffolgenden Jahres. Zwischen Eintritt und Eintragung sind Forderungen von D M 120.000 bzw. D M 60.000 zugunsten der Warenlieferanten G und W begründet worden, denen der Eintritt des Κ als Kommanditist nicht bekannt war. Die Vorschrift des § 171 Abs. 2 HGB erfaßt nicht die unbeschränkte (Kommanditisten-) Haftung. Für eine "par condicio creditorum", so die Begründung 187 , müsse nur wegen der summenmäßig begrenzten Haftung gesorgt werden, so daß dieses Prinzip in den Fällen des § 176 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 HGB oder beim persönlich haftenden Gesellschafter 188 nicht heranzuziehen sei. Der in dem Einstehenmüssen verkörperte Wert sei unbestimmt und könne unbegrenzt in Anspruch genommen werden 189 , zumal der persönlich haftende Gesellschafter i.d.R. mit der Gesellschaft in Konkurs fallen werde, im Gegensatz zum Kommanditisten, der beschränkt hafte 190 .

186

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 81.

187

Vgl. hierzu: Beelitz, S. 125; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 176 Anm. 7; M i 7; Michel, KTS 91, 67 (69), der dies für rechtspolitisch bedenklich hält; Schilling in GK HGB, § 176 Anm. 15; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 133; ders., NJW 82, 887; ders., JZ 85, 301 (303); ders., Gesellschaftsrecht, S. 1189; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 44; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 36; ders., Die GmbH & Co KG, S. 618, 621; BGH BB 68, 1561 (1562); BGHZ 82, 209 (214). 188

Baur/Stürner, 11. Aufl., Rn. 1188; Fitting, S. 484; Frank, KTS 56, 85; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 31; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3A; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 27; Kornblum, S. 220; Leven, S. 9; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 35f; K. Schmidt, JZ 85, 301 (303); Uhlenbruch Die GmbH & Co KG, S. 618; BGH W M 56, 1537; BGHZ 48, 203 (205) für den ausgeschiedenen Gesellschafter; OLG Dresden OLGE 32, 282 (283). 189

10

Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 35; Westermann I, Rn. 907 Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3A.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

63

Übersehen wurde dabei, daß die unbeschränkte Haftung keine unerschöpfliche ist. Ein Gesellschaftsgläubiger kann sich zum Leidwesen seiner Mitkonkurrenten durch den schnelleren Zugriff auf den unbegrenzt haftenden Gesellschafter, im Beispielsfall den K, Sondervorteile verschaffen, denn nach geltendem Recht vermag der Gläubiger seine Forderung im Gesellschaftskonkurs anzumelden und daneben gegen den voll haftenden Gesellschafter vorzugehen 191. Im vorliegenden Fall kann es mithin zu einem Gläubigerwettlauf von G und W kommen, die ihre Forderungen im Konkurs anmelden können und sich möglichst schnell einen vollstreckungsrechtlichen Titel gegen Κ zu verschaffen suchen. Kritisiert wurde daher bereits in der Vergangenheit die zu enge Fassung des § 171 Abs. 2 HGB 1 9 2 . Hanisch konstatierte, eine entwickelte Rechtsordnung könne den Wettlauf zugunsten des Stärkeren und Geschickteren oder den Kampf aller gegen alle nicht akzeptieren 193. Der BGH m spricht von einer Aufspaltung der Haftung im Konkurs, wenn der Verwalter die Haftsumme einziehe, während die Gesellschaftsgläubiger nur eine unbeschränkte Haftung des Kommanditisten geltend machen könnten. Das Bedürfnis, § 171 Abs. 2 HGB sachlich auf unbeschränkt haftende Gesellschafter zu übertragen, zeigt sich auch für den Fall des Doppelkonkurses. Früher wurde verkannt, daß die Konkurseröffnung über das Gesellschaftervermögen keineswegs ein Allheilmittel zur anteilmäßigen Gläubigerbefriedigung ist. Denn letztere wird zeitlich in der Regel dem Gesellschaftskonkurs nachfolgen. Zwischen der Eröffnung des Gesellschaftskonkurses und derjenigen des Gesellschafterkonkurses werden sich einige Gläubiger durch Vollstreckung gegen persönlich haftende Gesellschafter auf Kosten der anderen bereits Sondervorteile 195

(Befriedigung) verschafft haben. Dann kann aber entgegen Häsemeyer durch den Gesellschafterkonkurs keine anteilmäßige Befriedigung der

191 B G H KTS 57, 9; 61, 72; BGH NJW 67, 2203 (2204); BGHZ 82, 209 (214); BGH NJW 86, 2308; OLG Nürnberg KTS 68, 188; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 128 Anm. 9A; Fischer in GK HGB, § 128 Anm. 30; Fitting, Reichs- Konkursrecht, S. 484; Frank, KTS 56, 85; Jaeger/Weber, KO, § 212 Anm. 1; Kuhn, W M 57, 150; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 212 Anm. 1, § 209 Anm. 30; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 128 Anm. 22; Schneider, BB 54, 246f; Wülbers, BB 53, 897.

192

K. Schmidt, Gesellschafìsrecht, S. 1325; vgl. ders., ZGR 86, 178 (205); ders., Gutachten D, S. D47; ders., NJW 82, 887; ders., JZ 85, 301 (303); Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Uhlenbruck, Die GmbH & Co. KG, S. 621, 627; ders.; GmbHR 89, 101 (109). 193

Hanisch, ZZP 90, 1 (5).

194

195

B G H BB 83, 1561 (1562).

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (61); ähnlich wie Häsemeyer: v. Gerkan, ZGR 92, 109 (117).

64

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Gesellschaftsgläubiger verwirklicht werden. Die Konkursanfechtung kann hier keine Hilfe leisten, denn Befriedigungen vor Eröffnung des Eigenkonkurses des Gesellschafters sind nur beschränkt anfechtbar In Zukunft soll über § 93 InsO auch das Einstehenmüssen aller unbegrenzt haftenden Gesellschafter in einem geregelten Verfahren in der Insolvenz der Gesellschaft abgewickelt werden.

5. Heranziehung des § 171 Abs. 2 HGB, falls nur ein (Alt-) Gläubiger vorhanden oder die Haftsumme für die Befriedigung sämtlicher (Alt-) Gläubiger ausreichend ist a) Die (ausgeschiedenen) Kommanditisten haften nur einem (Alt-) Gläubiger Findet § 171 Abs. 2 HGB auch dann Anwendung, wenn nur ein (Groß-) Gläubiger vorhanden ist, dem die aktiven oder ausgeschiedenen Kommanditisten haften? Die Beantwortung der Frage hängt davon ab, was § 171 Abs. 2 HGB eigentlich leisten will. Seinem Wortlaut nach trifft § 171 Abs. 2 HGB diesen Fall ohne weiteres. Allerdings wird die Vorschrift hier ihrem Schutzzweck, die anteilmäßige Gläubigerbefriedigung überhaupt erst zu ermöglichen, nicht gerecht, denn es besteht keine Gefahr einer ungeregelten Gläubigerbefriedigung, es fehlt an der Forderungskollision. Dies spricht dafür, hier eine teleologische Reduktion vorzunehmen 1 9 6 . Indes, so wenden die Gegner 197 ein, bestehe die Möglichkeit, daß sich die Annahme nur eines (Alt-) Gläubigers im Nachhinein als falsch erweise. Die Klage des (vermeintlich) einzigen Gläubigers könne sich jederzeit - bei Auftauchen weiterer Gläubiger - als von Anfang an unbegründet erweisen; der den vermeintlich einzigen (Alt-) Gläubiger befriedigende Gesellschafter würde von seiner Haftung nicht befreit. Umgekehrt sei bei Anwendung von § 171 Abs. 2

1% Fischer, Anm. zu BGH L M Nr. 1 zu § 172 HGB; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 36, für den Fall eines Altgläubigers, der sich nicht am Konkurs beteiligt; Heymann/Hom, HGB, § 171 Rn. 35; wohl auch Lichtenberg, S. 41f; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 48; Tschierschke, S. 88; Unger, KTS 60, 33 (37); BGHZ 27, 51 (55) nimmt hierzu nicht Stellung, betont aber den Gesetzeszweck einer "gleichmäßigen Befriedigung der berechtigten Gesellschaftsgläubiger"; offen auch BGH L M § 171 HGB Nr. 1.

197

Leven, S. 85; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 136; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 116; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 35.

65

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

HGB die Gefahr gegeben, daß letztlich doch nur ein Gläubiger existiere. Die Legitimationsbefugnis des Verwalters fiele rückwirkend weg, er trüge mithin ein hohes Prozeßrisiko 198. Die Ungewißheit über die Zahl der Gläubiger ende nämlich erst mit Ablauf der Ausschlußfrist (vgl. §§ 152, 155 KO). Dann aber wögen die Nachteile mangelnder Rechtsklarheit schwerer als die Gefahr, daß der Konkursverwalter ohne Not die Haftsumme zugunsten nur eines Gläubigers einzieht 199 . Diesem entstehen durch den Umweg einer Befriedigung über den Konkursverwalter keinerlei rechtliche Nachteile, zumal er für die im Rahmen des § 171 Abs. 2 HGB entstehenden Verwaltungskosten (§ 58 Nr. 2 KO analog, da das über § 171 Abs. 2 HGB eingezogene Haftungspotential materiellrechtlich ja nicht der Konkursmasse zugewiesen ist) nicht haftet. Denn diese Verwaltungsaufwendungen wären ohne Verfahrenseröffhung nicht entstanden200 und eine bloße Veranlassungshaftung kennt das Konkursrecht nicht. Auch gibt es einen Eingläubigerkonkurs, wenn sich später herausstellen sollte, daß eine 201

Mehrzahl von Gläubigern gar nicht vorhanden ist ge bis heute offen.

202

. Der BGH

ließ diese Fra-

Folgt man der Meinung, welche die Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters bei Vorhandensein nur eines (Alt-) Gläubigers verneint, und befriedigt der Gesellschafter nach Konkurseröffnung den (vermeintlich) einzigen Gläubiger, besteht die Gefahr, daß sich weitere Gläubiger melden und der Verwalter gegen ihn aus § 171 Abs. 2 HGB vorgeht. Dann stellt sich das nächste Problem: wird der Kommanditist von seiner Haftung frei, obwohl eine Fallkonstellation des §171 Abs. 2 HGB gegeben war (Sperrwirkung)? Fraglich ist, ob die Unsicherheit über die Legitimationsbefugnis des Verwalters zu Lasten des haftenden Gesellschafters gehen darf. Eigentlich könnte der Kommanditist den Gläubiger infolge der Sperrwirkung nicht wirksam befriedigen. Ihm stünde dann ein Bereicherungsanspruch gegen den Gläubiger zu 2 0 3 und er hätte erneut an den Verwalter zu zahlen (§171 Abs. 2 HGB). Hinsichtlich jenes Bereicherungsanspruchs trüge er das Insolvenzrisiko des Gläubigers.

198

Leven, S.84.

199

Leven, S.86

2

°°So Sieveking, S.74.

201 R G Z 11, 40 (42); RGSt 39, 326f; 41, 309 (314f); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 136; vgl auch Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb.

202

Vgl. BGH L M Nr. 1 zu § 171 HGB. K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 154; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 33; Leven, S.89.

203

66

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Wollte man ihm dieses nicht aufbürden, wäre mit Uhlenbruck 204 dem ehemaligen Gesellschafter anzuraten, stets nur an den Verwalter zu leisten. Es dürfte eher im Risikobereich des Haftungsschuldners liegen, die Anzahl seiner Gläubiger nicht zu kennen, als daß man diese Unwägbarkeit der Gläubigergesamtheit aufbürdete. Existiert also tatsächlich nur ein Gläubiger, was dem Verwalter nicht bekannt war, so ist es unschädlich, wenn er die Haftung gleichwohl realisiert hat. Es ist dann Sorge dafür zu tragen, daß das Eingezogene - eventuell unter Bildung einer vorsorglichen Sondermasse bei bestehender Ungewißheit - dem einen Gläubiger zugute kommt. Sind dagegen de facto mehrere Gläubiger vorhanden und hatte der (Alt-) Kommanditist einen einzigen voll befriedigt, so hat eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung zu erfolgen; das Risiko trüge in diesem Fall der haftende (Alt-) Gesellschafter.

b) Die Haftsumme ist für die Befriedigung

aller (Alt-) Gläubiger genügend

Wenn die beigezogene Haftsumme für eine Befriedigung aller (Alt-) Gläubiger ausreicht, stellt sich ebenfalls das Problem der Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters mangels Forderungskollision, und es werden die entsprechenden Argumente für 2 0 5 und wider 2 0 6 eine Einziehungsbefügnis des Konkursverwalters angeführt.

6. Anwendbarkeit des § 171 Abs. 2 HGB auch bei Nichtbeteiligung von Gläubigern am Konkurs? Verfolgt ein Gesellschaftsgläubiger, dem der Kommanditist haftet, seine Forderung im Gesellschaftskonkurs nicht, fehlt es also an der Anmeldung der Forderungen, wird von der h.M. 2 0 7 dem Konkursverwalter ein Vorgehen nach § 171 Abs. 2 HGB versagt, denn Ansprüche, mit denen er nicht amtlich zu tun be-

204

Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 634.

205

K e u k , ZHR 135, 410 (433); Leven, S. 86ff; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 137; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 116; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Uhlenbrock, Die GmbH & Co KG, S. 633f, 638; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm.35. 206

Fischer, Anm. zu BGH L M Nr. 1 zu § 172 HGB; wohl auch Lichtenberg, S. 41f; Tschierschke, S. 88; indifferent auch hier BGH L M Nr. 1 zu § 171 HGB.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

67

kommt, darf er nicht betreuen, ja er hat mit diesen Forderungen überhaupt nichts zu tun. Das bedeutet freilich nicht, daß diese Gläubiger sich im Konkurs direkt an den Kommanditisten wenden dürfen, weil sonst eine Gleichbehandlung mit denjenigen Gläubigern, die ihre Forderungen anmeldeten, ausgeschlossen wäre 2 0 8 . § 171 Abs. 2 HGB entfaltet seine Sperrwirkung (vgl. Kapitel 2, 3 a). Es zeigt sich, daß Sperrftinktion und Ermächtigungsfunktion bei § 171 Abs. 2 HGB nicht immer zusammenfallen. Zudem können die Gläubiger ihre Forderungen 209

nach § 142 KO noch nachträglich anmelden . Kurz gesagt, der Konkursverwalter darf nur die im Konkurs geltend gemachten Forderungen einziehen 210 . Hiergegen hat sich Unger 211 gewandt: die Feststellung einer Forderung zur Konkurstabelle sei für die Inanspruchnahme des Kommanditisten weder erforderlich noch ausreichend. Deshalb habe der Konkursverwalter nicht das Recht und auch nicht die Pflicht, auf die Anmeldungen dieser Gläubiger zur Konkurstabelle abzustellen. Die Berufung Ungers hinsichtlich der Legitimationsbefugnis des Verwalters auf die Entscheidung RGZ 51, 33 (40f) ist übrigens unzutreffend. Das Reichsgericht nahm zur Legitimationsbefugnis des Verwalters nicht Stellung 2 1 2 . Es stellte lediglich fest, daß die Existenz einer angemeldeten und festgestellten Forderung im Gesellschaftskonkurs seitens der Kommanditisten estritten werden könnte, um die Leistung der rückständigen Hafteinlage daraufhin zu verweigern. Hieraus kann entgegen Unger gerade nicht abgeleitet werden, es bedürfe keiner Forderungsanmeldung im Konkurs. Die Feststellung und die Anmeldung von Forderungen im Konkurs sind deutlich zu unterscheiden. Im übrigen ist es insbesondere im Hinblick auf den ausgeschiedenen Gesellschafter keinesfalls unproblematisch, ob er einer festgestellten Forderung widersprechen

207 K e u k , ZHR 135, 410 (433); Komblum, S. 243; Kuhn, W M 59, 98 (104); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 137; Schumann, JZ 58, 427 (428); Tschierschke, S. 89f; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 33, 35, versagt die Teilhabe von Altgläubigem, die ihre Forderungen nicht anmeldeten, an der eingezogenen Haftsumme nur, wenn kein Altgläubiger seine Forderung im Gesellschaftskonkurs verfolgt; eine mir unbegreifliche Differenzierung, denn der Konkursverwalter ist bzgl. Forderungen von Altgläubigern, die nicht angemeldet wurden, nicht legitimationsbefiigt; BGHZ 27, 51 (54); BGH L M N r . 1 zu § 171 HGB.

208

Lichtenberg, S. 43, für den Fall eines ausgeschiedenen Kommanditisten. 209

Lichtenberg, S. 43; Tschierschke, S. 89; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm.35. 210 B G H L M Nr. 1 zu § 171 HGB; Unger, KTS 60, 33 (35, 37); a.A. Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm.33.

211 Unger, KTS 60, 33 (35), flir den Fall eines ausgeschiedenen Kommanditisten und unter Hinweis auf RGZ 51, 33 (40f.). 212

Vgl. auch Tschierschke, S.90

68

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

kann. Die Rechtskraftwirkung des Tabelleneintrags erstreckt sich nämlich grundsätzlich auf den Gesellschafter. Begründet wird dies damit, der persönlich haftende Gesellschafter sei Mitträger der Gemeinschuldnerrolle und müsse sich daher auch i.R.v. § 164 Abs. 2 KO wie der Gemeinschuldner behandeln lassen 213 . Dies gilt aber gerade nicht für den ausscheidenden Gesellschafter 214 und schon gar nicht für den Kommanditisten 215 . Fischer zieht hieraus meines Erachtens zutreffend den Schluß, der (persönlich haftende) ausgeschiedene Gesellschafter könne auch nach der Feststellung zur Tabelle auf Einwendungen der Gesellschaft zurückgreifen, denn es entfalle der Rechtfertigungsgrund für eine Erstreckung der Rechtskraft des Tabelleneintrags auf ihn 2 1 6 . Wie das Reichsgericht erachtet auch das OLG Stuttgart 217 die Feststellung einer Forderung im Konkurs nicht als Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 171 Abs. 2 HGB. Tschierschke 218 interpretiert die Entscheidung des OLG falsch, wenn er aus ihr herauszulesen versucht, die Inanspruchnahme von Kommanditisten geschehe unabhängig von einer Forderungsanmeldung. Auf das Anmeldeerfordernis bei Altgläubigern müßte man wohl verzichten, wenn das vom ehemaligen Gesellschafter Eingezogene in die allgemeine Konkursmasse flösse 219 , also nicht gesondert verbucht würde und damit allen Gläubigern zugute käme. Die Einziehungsbefugnis des Verwalters wäre dann schon durch die Forderungsanmeldung seitens der übringen Gläubiger gedeckt.

213

Fischer in GK HGB, § 129 Anm.16.

214

Fischer in GK HGB, § 129 Anm.16.

215

Baur/Stürner, Rn. 33.16; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 769; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 57; Uhlenbruck, GmbHR 73, 107 (109f): das gelte auch für Kommanditisten einer GmbH & Co KG, die selbst die GmbH-Anteile halten und Einfluß auf die Geschäftsführung der KG nehmen; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 19; OLG Hamm MDR 72, 59; a.A. wohl Bley, VglO, § 109 Anm. 13; Ganssmüller, GmbHR 67, 25 (27). 216

Fischer in GK HGB, § 129 Anm. 16; a.A. LG Arnsberg KTS 67,62.

217

O L G Stuttgart NJW 55, 1928f.

218

Tschierschke, S.90. Tschierschke, S.90.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

69

7. Geltung von § 171 Abs. 2 HGB, wenn die GmbH einer GmbH & Co KG als alleinige persönlich haftende Gesellschafterin sämtliche Kommanditanteile übernimmt und sodann über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet wird Hier handelt es sich um eine GmbH & Co KG, bei der die juristische Person alleinige Komplementärin ist. Es scheiden alle Kommanditisten aus der Gesellschaft aus. Übrig bleibt die GmbH, über deren Vermögen sodann der Konkurs eröffnet wird. Der Konkursverwalter möchte nach § 171 Abs. 2 i.V.m. § 172 Abs. 4 HGB gegen die vormaligen Kommanditisten vorgehen.

a) Die frühere Auffassung des BGH Der BGH verneinte für einen solchen Fall die Anwendbarkeit von § 171 Abs. 2 HGB, da die Norm nach ihrer Stellung im Abschnitt über die KG und ihrem Wortlaut nur den Konkurs über das Vermögen der KG betreffe. Die Legitimationsbefugnis aus § 171 Abs. 2 HGB sei Teil des Konkursrechts. Aus Gründen der Rechtssicherheit dürfe das Insolvenzrecht in seinem Geltungsbereich nur mit größter Zurückhaltung ausgedehnt werden. Das Gericht wies auch auf die praktischen Probleme hin, die aus der Trennung von Verbindlichkeiten der GmbH, der KG und dort wieder hinsichtlich der Kommanditistenhaftung aus der Trennung von Alt- und Neuschulden resultieren. Außerdem sei der verfolgte Zweck, "eine gleichmäßige und anteilige Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zu erreichen", ohnehin nicht lückenlos gewährleistet, so nicht im Vergleichsverfahren oder bei Abweisung des Konkursantrages, weshalb es keiner solchen Nachwirkung bedürfe.

b) Die Meinung K. Schmidts Anders entschiede K. Schmidt 221 einen derartigen Fall. Er kritisiert die Enge des Gesetzeswortlauts von § 171 Abs. 2 HGB und sucht das Argument des BGH, die systematische Stellung des § 171 Abs. 2 HGB spreche gegen eine Anwendung im vorliegenden Fall, zu entkräften, indem er auf die Haftung des ehemaligen Kommanditisten hinweist. Dieser hafte als Altgesellschafter selbst dann noch, wenn die KG nicht mehr existiere.

220

B G H NJW 76, 751 (752); vgl. zur Aufgabe dieser Rechtsprechung in BGH NJW 90, 3145f sogleich unter cc. 221

K . Schmidt, JR 76, 278 (280f); Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb.

70

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Der Vergleich scheint nicht so recht zu passen. Die Gesellschaftsverbindlichkeit ist im Vergleichsbeispiel zu einem Zeitpunkt entstanden, als der Ausgeschiedene noch aktiver Gesellschafter einer existierenden KG war. Im Rahmen von § 171 Abs. 2 HGB wird, anders als bei der Haftungsregelung aus Abs. 1, nicht an einem früheren Zeitpunkt angeknüpft. Vielmehr ist, jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift, entscheidend, welche Gesellschaftsform zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung vorliegt. Daran orientiert sich scheinbar die Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters. Die vom BGH befürcheteten praktischen Schwierigkeiten beruhten, so K. Schmidt, gerade auf dem Prinzip des § 171 Abs. 2 HGB, auf der Anknüpfung an die Haftung. Uhlenbruck 222 schließt sich der Meinung K. Schmidts an. Immer wenn der Kommandist für Verbindlichkeiten einer GmbH & Co KG nur beschränkt hafte und ein konkursfähiges Sondervermögen vorhanden sei, müsse der Gläubigerwettlauf verhindert werden. Jedenfalls ist das von K. Schmidt und Uhlenbruck erzielte Ergebnis rechtspolitisch erwünscht.

c) Die Änderung der Rechtsprechung des BGH Den in der Literatur zum engen Anwendungsbereich des § 171 Abs. 2 HGB geäußerten Bedenken trägt der BGH nunmehr Rechnung. In dem zu entscheidenden Fall 2 2 3 schied ein Kommanditist aus der Gesellschaft aus. Im Anschluß daran wurde die KG in eine GmbH umgewandelt, über deren Vermögen die Eröffnung des Konkursverfahrens erfolgte. Nunmehr verallgemeinert der BGH 224, Sinn und Zweck des § 171 Abs. 2 HGB geböten es, "diese Bestimmung in jedem Fall der summenmäßig beschränkten Haftung des Kommanditisten im Konkurs des Hauptschuldners eingreifen zu lassen", gleichgültig, ob "es sich bei diesem noch um eine KG oder um eine mit ihr identische Gesellschaft mit anderer Rechtsform oder um eine Rechtsnachfolgerin" handle, "auf die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch die Schuld übergegangen" sei, für die der Kommanditist hafte. Der gesetzgeberische Zweck, die Haftung des Kommanditisten zu kanalisieren, verlange, § 171 Abs. 2 HGB ausnahmslos anzuwenden, "wenn Konkursgläubigern außer der Konkursmasse Kommanditisten summenmäßig beschränkt haften" 225 .

222 Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 628, unter Hinweis auf Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 104. 223

B G H N J W 90, 3145f = JZ 91, 143 m. zust. Anm. Grunewald, JZ91, 146.

224

B G H NJW 90,3145.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

71

Abgestellt wird auf die Schutzbedürftigkeit der Gläubigergesamtheit. Zwar sei in § 171 Abs. 2 HGB mit dem "Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft" das Vermögen der KG gemeint, was aber nicht so verstanden werden dürfe, "daß diese Regelung nicht auf einen an die Stelle der KG getretenen anderen Rechtsträger übertragbar sein sollte". Der Gesetzgeber habe übersehen, daß die Kommanditistenhaftung von einer Änderung der Rechtsform der KG oder durch eine übertragende Umwandlung durch Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen Rechtsträger unberührt bleibe. Der Gläubiger könne darauf vertrauen, "nicht mit anderen zum Wettlauf um die Haftsumme des Kommanditisten antreten zu müssen", wenn sein Hauptschuldner in Konkurs falle, gleich, ob er noch als KG oder in anderer Rechtsform fortbestehe. Entgegen der früheren Rechtsprechung drohe auch keine Rechtsunsicherheit, weil sich der Konkursverwalter in der Regel über das Handelsregister Gewißheit verschaffen könne, ob und wann die Gemeinschuldnerin aus der KG hervorgegangen oder dieser in deren Vermögen nachgefolgt sei. Das Problem, zwischen den einzelnen Neu- bzw. Altverbindlichkeiten der KG und deren Rechtsnachfolgerin zu unterscheiden, sei nicht größer als bei einer KG, aus der lange vor dem Insolvenzeintritt ein Kommanditist ausgeschieden sei und hafte.

8. Heranziehung des § 171 Abs. 2 HGB bei Umwandlung einer KG in eine OHG durch Austritt sämtlicher Kommanditisten Die X-KG besteht aus den persönlich haftenden Gesellschaftern A und Β sowie aus den Kommanditisten C und D. C und D scheiden aus der Gesellschaft aus und erhalten ihre Einlage zurückerstattet. Die KG wandelt sich daher in eine OHG um, über die sodann der Konkurs eröffnet wird. Nach bislang überwiegender Auffassung 226 soll § 171 Abs. 2 HGB in diesem Fall nicht einschlägig sein, wenn nach dem Ausscheiden der Kommanditisten über die verbleibende OHG der Konkurs eröffnet wurde, weil § 171 Abs. 2 HGB seinem Wortlaut und seiner systematischen Stellung zufolge nur die Konkurseröffnung über das Vermögen der KG erfasse.

225

226

B G H NJW 90,3145 (3146).

O L G Hamburg OLGE 32, 109; BGH NJW 76, 751 (752) für den Fall des Konkurses über eine GmbH, die alle Kommanditanteile übernahm: nur beim Konkurs über das Vermögen einer K G rechtfertige sich die Anwendung von § 171 Abs. 2 HGB; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 40; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 45.

72

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Anderer Ansicht ist allerdings K. Schmidt 227 , der § 171 Abs. 2 HGB nicht als Regelung über den Konkurs der KG sondern als Normierung der Geltendmachung der Kommanditistenhaftung im Konkurs begreift. Er verkennt aber nicht den entgegenstehenden Wortlaut. Dieser und die h.M. beruhten, so der Autor, auf der unzureichenden Trennung von Einlage und Haftung. Der Wortlaut sei zu eng 228 . Entscheidend sei, daß ein Dritter nach den Regeln der summenmäßig beschränkten Haftung (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB) einstehen müsse. In der Tat besteht bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation die Gefahr eines Wettlaufs der Gesellschaftsgläubiger. Die anteilmäßige Befriedigung dieser ist gefährdet. Jedoch sprechen der eindeutige Wortlaut des § 171 HGB und seine systematische Stellung im Gesetz gegen eine solch extensive Auslegung. Dennoch wird wohl in Zukunft im Hinblick auf die neueste höchstrichterliche Rechtsprechung 229 auch dieser Fall durch eine ausdehnende Auslegung des § 171 Abs. 230

2 HGB erfaßt werden. In Anbetracht der Problematik einer richterrechtlich vorgenommenen Lückenergänzung bleibt der Gesetzgeber aufgerufen, für eine Klarstellung im Gesetzeswortlaut Sorge zu tragen, was indes bislang auch für das Reformvorhaben nicht erfolgt ist. Zwar erfaßt künftig § 93 InsO gerade auch die Insolvenz einer OHG. Der ausgeschiedene Kommanditist - im Beispielsfall C und D - haftet ebenfalls wie ein aufrecht stehender Gesellschafter persönlich 2 3 1 , was ja eigentlich vom Wortlaut des § 93 InsO gerade abgedeckt ist. In der Gesetzesterminologie ist aber durchweg der OHG - Gesellschafter oder Komplementär gemeint, wenn von der persönlichen Haftung oder dem persönlich haftenden Gesellschafter die Rede ist 2 3 2 .

227

K. Schmidt, JR 76, 278f; ders. in 100 Jahre KO, S. 247 (268); ders., Gesellschaftsrecht, S. 1327; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Konietzko, S. 69 Fn. 2; vgl. auch Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 45, unter Hinweis auf Sinn und Zweck der Vorschrift. K. Schmidt, JR 76, 278, 280; ders., Einlage und Haftung, S. 131. 229

B G H NJW 90, 3145f.

23 °Larenz, Methodenlehre, S. 305ff (insbesondere S. 307f); das Wortlautargument sei relativ schwach, so K. Schmidt, JR 76, 278 (280); Grunewald, Anm. zu BGH NJW 90, 3145 in JZ 91, 146.

231

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 2f; Leven, S. If; Lichtenberg, S. 10; Westermann I, Rn. 906. 232

Vgl. bspw. zu §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO: Heinemann, GmbHRdsch 68, 203 (2040; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 166 m.w.N.; Jaeger/Weber, KO, § 211 Anm. 4; Wissmann, S. 147ff; zur Terminologie im HGB: Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm.120.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

73

Daß selbst hinsichtlich der Haftung des Kommanditisten im Konkurs über das Vermögen eines Einzelkaufmannes gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht, soll sogleich dargelegt werden.

9. Heranziehung von § 171 Abs. 2 HGB im Privatkonkurs eines vormaligen Komplementärs? Die X-KG soll in dieser Fallgruppe aus einem Komplementär A sowie den Kommanditisten Β und C bestehen. Β und C scheiden unter Einlagenrückgewähr aus der Gesellschaft aus. Es verbleibt ein einzel- oder nichtkaufmännisches Unternehmen, bestehend aus dem ehemaligen Komplementär A. Dieser fällt sodann in Konkurs. Der bislang h.M. 2 3 3 zufolge findet § 171 Abs. 2 HGB im Konkurs des ehemaligen Komplementärs, also hier des A, selbst dann keine Anwendung, wenn der Gemeinschuldner das Geschäft der Gesellschaft mit Aktiven und Passiven übernommen hatte. K. Schmidt 234 wendet ein, daß § 171 Abs. 2 HGB, soweit es um die Kommanditistenhaftung von Dritten (vorliegend Β und C) für Unternehmensverbindlichkeiten gehe, auch im Konkurs des Einzelkaufmanns und des nichtkaufmännischen Unternehmers gelte. Zwar finde hier keine Abschichtung zwischen Unternehmens- und Privatgläubigern statt und die Haftung der Altkommanditisten dürfe auch nicht den Eigengläubigern des Unternehmers zugute kommen. Die Bildung einer Sondermasse verhindere dies aber. Sonach werden die eingezogenen Haftungsmassen gesondert verbucht. Zur Bewertung dieser Fallgruppe gilt das oben Gesagte. Es wird hier besonders die Diskrepanz zum Wortlaut des § 171 Abs. 2 HGB deutlich, der explizit vom Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft spricht. Dennoch würde nunmehr wahrscheinlich auch der BGH 235 diese Fallvariante in Anlehung an K. Schmidt dem § 171 Abs. 2 HGB unterfallen lassen. Schließlich verallgemeinerte er, besagte Bestimmung müsse "in jedem Fall der summenmäßig beschränkten Haftung des Kommanditisten im Konkurs des Hauptschuldners eingreifen".

233

OLG Hamburg OLGE 32, 109f; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 15; Schlegelberger/Geßler, HGB § 171 Anm. 40; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3A; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm.31. 234

Κ . Schmidt, JR 76, 278 (280); vgl. auch Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 38; Konietzko, S. 69 Fn.2. 235

V g l . die Entscheidung BGH NJW 90, 3145f.

74

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Auch hier bleibt der Gesetzgeber aufgefordert, eine Wortlautanpassung vorzunehmen.

10. Anwendbarkeit des § 171 Abs. 2 HGB bei Vorhandensein einer Scheinkommanditgesellschaft, eines Scheinkommanditisten bzw. bei nichtigem Gesellschaftsvertrag? Wenn soeben Fragen aufgeworfen wurden, ob § 171 Abs. 2 HGB auch dann einschlägig ist, wenn es um die Kommanditistenhaftung in einer anderen Gesellschaftsform als derjenigen der KG oder um eine solche beim Konkurs über das Vermögen einer "Nichtgesellschaft" geht, so ist nunmehr zu untersuchen, ob diese Norm anzuwenden ist, falls der potentiell Haftende nicht Kommanditist ist. Angenommen, das vollkaufmännische Grundhandelsgewerbe einer nicht eingetragenen KG sinkt auf das Niveau eines Kleingewerbes, was zur Folge hat, daß aus der KG eine BGB-Gesellschaft geworden ist 2 3 6 . Gleichgelagert ist der Fall, in dem eine eingetragene KG überhaupt kein Gewerbe betreibt, so daß auch § 5 237

HGB nicht zum Tragen kommt . Mithin liegt eine an sich nicht konkursfähige Scheinkommanditgesellschaft vor. Nach geltendem Recht ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht (sonder-) konkursföhig 238 , was sich in Zukunft ändern soll (vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO). K. Schmidt zufolge ist § 171 Abs. 2 HGB auch dann heranzuziehen, wenn "ein Dritter nach Rechtsscheingrundsätzen als Kommanditist haftet". Für ihn spielt demnach die fehlende Konkursfähigkeit der Scheingesellschaft 240 keine Rolle. Geht man jedoch vom Wortlaut des § 171 Abs. 2 HGB aus, muß man

236

B G H Z 32, 307 (310); BGH W M 62, 12 ftlr eine OHG.

237

Einen derartigen Fall entschied jüngst das OLG Koblenz ZIP 90, 1268; vgl. auch die hierzu ergangene Revisionsentscheidung BGH ZIP 91, 233; zu diesem Problem auch Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 5 Anm. 1 Bb. 238

Vgl. nur Kilger, KO, § 1 Anm. 9; Kilger/K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A d, § 209 Anm. 4 c; Kuhn/Uhlenbruck, KO, Vorbem. Β § 207 Anm. 1; Jaeger/Weber, KO, Vorbem. 12 vor §§ 207, 208 Anm. 12; für eine Ausdehnung der Konkursfàhigkeit auf die unternehmenstragende GbR: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1522 m.w.N.; ders., JZ 85, 909 (914); ders., Anm. zu BGH ZIP 91, 233 in EWiR 91, 481 (482). 239

K. Schmidt, JR 76, 278 (280); es geht hier um Fälle, in denen eine bloße Scheinkommanditgesellschaft vorliegt und um solche, in denen zwar tatsächlich eine KG existiert, ein Dritter aber nur aus Rechtsscheingrundsätzen wie ein Kommanditist haftet.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

75

seine Heranziehung im gegebenen Fall verneinen, da keine Kommandit- sondern eine bloße BGB-Gesellschaft vorliegt. Das OLG Koblenz 241 negiert auch eine rechtsähnliche Anwendung von § 171 Abs. 2 HGB. Ihm zufolge verfehlte die analoge Heranziehung der Norm den Zweck, eine gleichmäßige und anteilige Befriedigung aller Gläubiger zu gewährleisten. Denjenigen Gläubigern, denen gegenüber der Rechtsschein der Kommanditistenstellung geweckt wurde, hafteten die Gesellschafter wie Kommanditisten, allen anderen unbeschränkt als BGB-Gesellschafter. Dann müßten die Gläubiger, so das OLG, "in jedem einzelnen Fall prüfen, ob und bei welchen Gesellschaftern eine Haftung aus veranlaßtem Rechtsschein besteht und wo nicht, eine Prüfung, die sich als sehr schwierig und zeitraubend herausstellen könnte". Die Entscheidung wird seitens von Gerkan 242 zustimmend besprochen. Es wäre nicht sachgerecht, so argumentiert er, diejenigen Gläubiger, die im Vertrauen auf das Bestehen einer KG den Haftungsanspruch der §§ 171, 172 HGB erworben haben, im Konkursfall im Gegensatz zu den übrigen Gläubigern dadurch schlechter zu stellen, daß sie ihre Ansprüche nur noch mittelbar über den Konkursverwalter geltend machen können. § 171 Abs. 2 HGB sei für die Fälle einer Schein-KG, bei denen es zu einer Haftung nach den §§ 171, 172 HGB nur aus Gründen des veranlaßten Rechtsscheins kommen könne, nicht heranzuziehen. Der BGH 243 hat die Entscheidung des Berufungsgerichts verworfen. Er verneint eine Rechtsscheinhaftung. Die Kommanditisten hätten durch den Abschluß des Gesellschaftsvertrages ihr Einverständnis damit erklärt, im Rahmen der Kommanditistenhaftung (§171 Abs. 1 HGB) nach außen verpflichtet zu werden. Die Gesellschafter hafteten mithin so, als handelte es sich um eine Kommanditgesellschaft. Ihr Einstehenmüssen basiere auf der den geschäftsführenden Gesellschaftern tatsächlich erteilten Vertretungsmacht 244.

24 °Str., K. Schmidt, JR 76, 278, (280); Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 38; Richert, M D R 60, 976, (977f); anders: Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 123 Anm. 10, soweit nicht der Fall des § 5 HGB gegeben sei; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 123 Anm. 14; Hueck, S. 46; Jaeger, KO, §§ 209, 210 Anm. 2; Kilger, KO, § 209 Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 4; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 3; Wieland, S.532. 24I

O L G Koblenz ZIP 90, 1268 (1269f.)

242

v. Gerkan, Anm. zu OLG Koblenz ZIP 90, 1268 in EWiR 90, 1003 (1004). 243 BGHZ 113, 216 = BGH EWiR 91, 25 m. Anm. Wunderlich, S. 26f. 244

B G H Z 113,216(220).

76

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Dann komme auch der Grundgedanke des § 171 Abs. 2 HGB zum Tragen, die Mittel aus der beschränkten Haftung der Kommanditisten gleichmäßig auf die Gläubiger, denen gegenüber die Haftung besteht, zu verteilen. Dem stehe nicht entgegen, daß in einer BGB-Gesellschaft ein Teil der Gesellschafter wie Kommanditisten einzustehen habe. § 171 Abs. 2 HGB sei Teil des Konkursrechts 245. Nicht entschieden hat damit der BGH, ob § 171 Abs. 2 HGB heranzuziehen wäre, wenn das Einstehenmüssen wie ein Kommanditist auf Rechtsscheingrundsätzen beruht. Gewiß wäre es für den Konkursverwalter schwierig, die tatsächlichen Umstände aufzuklären, die die Voraussetzung für eine Rechtsscheinhaftung bildeten. Man mag zweifeln, ob die tatsächliche Mühe bereits ausreicht, § 171 Abs. 2 HGB unberücksichtigt zu lassen. Das Bedenken v. Gerkans, diejenigen Gläubiger, die auf das Bestehen der Kommanditgesellschaft vertraut hätten, dürften nicht schlechter als die anderen gestellt werden, indem sie nur noch mittelbar über den Konkursverwalter auf den Scheinkommanditisten Zugriff nehmen könnten, weist Ähnlichkeit mit dem Problem der Anwendung des § 176 HGB auf die Schein-KG auf 246 . Warum die Gläubiger, die auf die Existenz einer KG vertraut haben, sich hieran nicht festhalten lassen sollen, erscheint mir nicht einsichtig. Letztlich kommt von Gerkan 247 in einer Besprechung der BGHEntscheidung doch zur Bejahung des § 171 Abs. 2 HGB, indem er freichlich entgegen der Auffassung des Gerichts doch eine Rechtsscheinhaftung bejaht. Der veranlaßte Rechtsschein verliere nicht schlechthin deshalb seine Bedeutung, weil die Gesellschafter im rechtsgeschäftlichen Bereich wie Kommanditisten mitverpflichtet wurden 248 , von Gerkan lehnt die analoge Heranziehung des § 171 Abs. 2 HGB auf den Konkurs einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ab. Die Auswirkungen der Fehlentscheidung, über die BGB-Gesellschaft Konkurs zu eröffnen, würden noch vertieft, wendete man dann auch noch § 171 Abs. 2 HGB an. Deshalb ist er auch genötigt, trotz der rechtsgeschäftlichen Als obKommanditistenverpflichtung auf die Rechtsscheinhaftung zurückzugreifen. Aber auch der Lösungsansatz von Gerkans ist nicht frei von jedem Bedenken. Wenn die Fehlentscheidung, über eine GbR das Konkursverfahren zu eröffnen, schon in formelle Rechtskraft erwächst, dann sollte man auch ernst machen mit der Anwendung konkursrechtlicher Vorschriften. Zudem ist es problematisch,

245

S o schon BGH W M 76, 130 (131).

246

V g l . zum Streitstand hinsichtlich des § 176 HGB: BGHZ 61, 59 (66f); 69, 95 (98f); Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 176 Anm. 2C; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 176 Anm.5f. 247

v . Gerkan, ZGR 92, 109 (118f.).

248

v . Gerkan, a.a.O., S. 114, insbesondere S. 118.

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

77

trotz Bejahung einer rechtsgeschäftlichen Haftung die eigentlich subsidiäre Rechtsscheinhaftung kumulativ ins Feld zu fuhren, von Gerkan fuhrt dann auch selbst aus 249 , zumindest für einen bestimmten Bereich von Verbindlichkeiten anderen Ursprungs als der rechtsgeschäftlicher (oder rechtsgeschäftsähnlicher) Art komme darüber hinaus eine persönliche Haftung der Gesellschafter aus dem erzeugten Anschein einer KG in Betracht. Im vorliegenden Fall ging es allerdings gerade um eine rechtsgeschäftliche Haftung. Existiert eine KG, ist aber der Haftende nur Scheinkommanditist, muß, da er wie ein Kommanditist haftet, auch § 171 Abs. 2 HGB zumindest analog herangezogen werden 250 . Bei nichtigem Gesellschaftsvertrag 251, etwa wenn der Vertrag privatschriftlich geschlossen wurde, obwohl die Gesellschafter Betriebsgrundstücke einzubringen hatten, ist, wie im vorgenannten Beispiel, nicht notwendig gemeinschaftliches Vermögen entstanden, so daß der Mangel der Konkursfähigkeit nur durch rechtskräftigen Eröffnungsbeschluß geheilt werden kann 252 . Eine Einlagepflicht existiert nicht. Da aber § 171 Abs. 2 HGB nicht auf die Einlagepflicht, sondern auf die Haftung der Kommanditisten bis zur Höhe der eingetragenen Haftsumme zugeschnitten ist, wäre diese Vorschrift anwendbar 253. Indes wird nach Weber 254 der Konkurs mangels Masse eingestellt werden müssen (§ 204 KO). Es scheint mir aber zumindest denkbar, daß infolge der Heilung auch gemeinschaftliches Vermögen entsteht. Als problematisch erwiese sich dann allerdings der gestaltende Einfluß von Prozeßrecht auf das materielle Recht.

249

v . Gerkan, a.a.O., S. 114.

250

Nach K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 133, muß der in Anspruch genommene Dritte ohnehin nicht Kommanditist sein, er soll nur wie ein solcher summenmäßig beschränkt haften; vgl. ders., JR 76, 278 (279). 251

Vgl. zu den Nichtigkeitsgründen: Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 4 m.w.N. 252

Vgl. zur Rechtskraft eines Eröffnungsbeschlusses: RGZ 129, 390 (39lf) unter Hinweis auf die Sicherheit des Verkehrslebens; RGZ 136, 97 (99f): die Geltendmachung der Unzulässigkeit der Konkurseröffnung sei im Prozeßwege als ausgeschlossen anzusehen; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 4; Jaeger/Weber, K009, 210 Anm. 8. 253 Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31; falls keine Heilung des nichtigen Vertrages eingetreten ist, kommt mangels Konkursfähigkeit auch § 171 Abs. 2 HGB nicht zum Zuge: Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 40. 254

Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 8.

78

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Eine Einstellung mangels Masse wäre nicht ohne weiteres möglich, wenn man die Ansprüche gegen die Kommanditisten bzw. deren eingezogene Haftsumme als die Konkursmasse der "Gesellschaft" betrachtete. Die überwiegende Meinung lehnt das, wie dargelegt (Kapitel 2, 4 d bb (3)), ab, weil es sich bei den Forderungen bzw. bei dem Eingezogenen um Gläubigerrechte handelt. Fraglich ist, ob man sich über diese rechtskonstruktiven Bedenken hinwegsetzen sollte, weil das Einverleibte und die Ansprüche unabhängig von der rechtlichen Zuordnung den Konkursgläubigern zugute kommen. Ein solcher Schritt fällt scheinbar leicht, wenn man mit Häsemeyer 255 das Kommanditistenvermögen haftungsrechtlich dem Gesellschaftsvermögen zuordnet. Der Konkurs brauchte dann nicht so schnell infolge Massearmut eingestellt zu werden.

11. Anwendung auf die fehlerhafte, in Vollzug gesetzte Gesellschaft § 171 Abs. 2 HGB findet unstreitig bei Vorliegen einer fehlerhaften, in Voll256

zug gesetzten KG Anwendung . Eine solche liegt etwa dann vor, wenn die Gesellschaft werbend tätig wird, wobei sich der Kommanditist Κ hinsichtlich der Gewinnverteilungsregelung in einem Inhaltsirrtum befunden hat oder derselbe im Hinblick auf die Gewinnverteilung arglistig getäuscht wurde. 12. Heranziehung des § 171 Abs. 2 HGB bei konkursfreier Liquidation bzw. im (Zwangs-) Vergleichsverfahren? Für den Fall einer konkursfreien Liquidation paßt § 171 Abs. 2 HGB nicht, denn es ist ja über das Vermögen der Gesellschaft gerade nicht der Konkurs eröffnet worden 257 .

255

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (49).

256 R G Z 51, 33 (36f) unter Hinweis auf die Maßgeblichkeit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 103; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 627; die fehlerhafte Gesellschaft sei ohne weiteres konkursfähig: Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 5.

257

Hierzu und im folgenden: Koniblum, S. 222; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1194; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 102; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 627; ausdrücklich für das Vergleichsverfahren: Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 40; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3A; Kuhn, W M 74, 674 (679); Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 46; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 173; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 102; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 46; BGHZ 58, 72 (74).

V. Der Anwendungsbereich von § 171 Abs. 2 HGB

79

Im Vergleichsverfahren existiert keine dem § 171 Abs. 2 HGB entsprechende Vorschrift. Daraus wird geschlossen, die Gesellschaftsgläubiger könnten unvermindert - nach einer Mindermeinung 258 auf die Vergleichsquote begrenzt und unmittelbar auf das Vermögen der beschränkt haftenden Kommanditisten zugreifen 259 . Der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 8 VglO) im Vergleichsverfahren bezieht sich nach der h.M. 2 6 0 nämlich nur auf das Gesellschaftsvermögen. Im Anschlußkonkursverfahren (§§ 102 ff VglO) wird die Wirkung des § 171 Abs. 2 HGB auch nicht auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens vorverlagert 261 . Anders wird für das Zwangsvergleichsverfahren entschieden. Es findet zwischen dem allgemeinen Prüfungstermin und Genehmigung der Vornahme der Schlußverteilung statt, falls ein entsprechender Vorschlag des Gemeinschuldners vorliegt (§ 173 KO). Dieses Verfahren ist - wenn auch nicht notwendiger - Bestandteil des Konkursverfahrens, wie nicht zuletzt § 190 KO zeigt. Folglich findet auch § 171 Abs. 2 HGB Anwendung. Häsemeyer 262 kritisiert die Auffassung, wonach § 171 Abs. 2 HGB im Zwangsvergleichsverfahren gilt. Er verlangt, daß der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auf Grund des § 1 VglO sowohl im Konkursverfahren als auch im Vergleichsverfahren angewendet werden muß. Es bestehe zwischen Vergleichs- und Konkursverfahren ein funktionaler Zusammenhang. Ziel des Vergleichsverfahrens sei die Abwendung des Konkurses (§ 1 VglO). Folglich müsse die Gläubigergleichbehandlung in beiden Verfahren und für dasselbe Haftungsvermögen verwirklicht werden, so daß es einer durchgängigen haftungsrechtlichen Zuweisung des Kommanditistenvermögens zum Gesellschaftsvermögen bedürfe. Jedoch behalte der Vergleichsschuldner seine Verfügungsbefugnis (vgl. §§ 58 ff VglO), um den Vergleich erfüllen zu können.

258

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (61); ders., Insolvenzrecht, S. 771; Heinemann, GmbHRdsch 68, 203 (205); Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 39; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 166ff; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1332f; Uhlenbruck, GmbHRsch 71, 75; 259

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 40; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3A; Kornblum, S. 222; Kuhn, W M 74, 674 (679); Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 46; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 173; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 46; BGHZ 58, 72 (74). 260

R G Z 150, 163 (172); Bley/Mohrbutter, VglO, § 8 Anm. 19; Bley/Mohrbutter, VglO, 4. Aufl., § 8 Anm. 36; Bley/Mohrbutter, VglO, 3. Aufl., § 8 Anm. 36, 40. 261 B G H Z 58, 72 (74); a.A.: Häsemeyer, ZHR 149, 42 (60), weil die Gläubiger möglichst aus derselben Haftungsmasse befriedigt werden sollten, die ihnen bei sofortiger Konkurseröffnung zur Verfügung gestanden hätte, wie § 107 Abs. 1 VglO zeige. 262

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (59fï); vgl. auch ders., Insolvenzrecht, S. 771f.

80

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Eine dem § 171 Abs. 2 HGB vergleichbare Regelung könne es daher nicht geben. Dennoch sei eine Gleichbehandlung der Gläubiger auch hinsichtlich der Kommanditistenhaftung sowohl im Anschlußkonkursverfahren (vgl. §§107 Abs. 1 VglO, 30 KO, 171 Abs. 2 HGB; §§ 28, 104 VglO) als auch im Vergleichsbzw. Zwangsvergleichsverfahren (vgl. §§181 KO, 8 Abs. 1, Abs. 2 VglO; §§ 8 Abs. 3, 79 Nr. 3, 87 VglO) gesetzlich gewollt. Daher müßten die Vergleichswirkungen auf die Kommanditistenhaftung erstreckt werden 263 . Dies spreche dafür, den Vollstreckungszugriff auf das Kommanditistenvermögen während des Vergleichsverfahrens analog §§ 47, 48 VglO auszuschließen. Auch Häsemeyer kommt also zu dem Ergebnis, daß § 171 Abs. 2 HGB im Vergleichsverfahren nicht anwendbar ist. Gleichwohl versagt er den unmittelbaren Gläubigerzugriff auf das Kommanditisten vermögen. Umgekehrt würde man dann hiernach auch dem Kommanditisten die Haftungserschöpfüng bei einer Gläubigerbefriedigung zur Zeit des laufenden Vergleichsverfahrens absprechen müssen. Künftig soll es kein eigenständiges Vergleichsverfahren mehr geben 264 . Was die Sanierung angeht, so wird eine anteilige Gläubigerbefriedigung im Hinblick auf die Kommanditistenhaftung im einheitlichen Insolvenzverfahren durch den §171 Abs. 2 HGB n.F. erfolgen. Die Vorschrift greift im geplanten Recht nämlich nicht nur für den Fall der Zerschlagung der Gesellschaft.

V I . K r i t i k am Wortlaut von § 171 Abs. 2 H G B 1. Nebulose Fassung der Norm Die Unklarheiten, die bei der Frage der Anspruchsträgerschaft und der rechtlichen Zuordnung der eingezogenen Haftsumme bestehen, sind angesichts der wenig deutlichen Fassung des § 171 Abs. 2 HGB nicht verwunderlich. In diesem Zusammenhang vermißt man die gesetzliche Bestimmung des Rechtssubjektes, 265

dem der Anspruch materiell-rechtlich zusteht

263

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (62).

264

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 78, 82f; K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 22f m.w.N., verweist auf die rechtspolitische Forderung nach der "Schaffung eines Einheitsverfahrens mit offenem Ausgang". 265

L e v e n , S. 62.

VI. Kritik am Wortlaut von § 171 Abs. 2 HGB

81

Des weiteren ist, wie dargelegt (Kapitel 2, 5 g, h, i, k), der Anwendungsbereich des § 171 Abs. 2 HGB bei weitem zu eng gefaßt. § 171 Abs. 2 HGB muß jeden Fall der (Schein-) Kommanditistenhaftung in der Insolvenz eines Hauptschuldners erfassen, wenn eine anteilmäßige Gläubigerbefriedigung realisiert werden soll, gleich, ob es sich bei letzterem um eine KG, eine sonstige Gesellschaft oder gar eine natürliche Person handelt. Zwar dehnt die Rechtsprechung die Norm zunehmend aus, wofür auch ein Bedürfnis besteht, doch geschieht dies entgegen dem klaren Wortlaut der Vorschrift. Im künftigen Recht wird auch die neue Fassung von § 171 Abs. 2 HGB dem Wortlaut nach nicht die Kommanditistenhaftung in der Insolvenz der OHG oder eines sonstigen Hauptschuldners erfassen. Da aber, wie aufgezeigt, durchaus ein Regelungsbedürfnis besteht, sollte § 171 Abs. 2 HGB wie folgt ergänzt werden: "Gleiches gilt für die Kommanditistenhaftung im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines sonstigen Schuldners." Das nämliche Problem wird sich bei § 93 InsO stellen.

2. Fehlende Differenzierung zwischen Einlage und Haftsumme In § 171 HGB fehlt es, wie unter Kapitel 2, 4 a dargelegt, insgesamt an der Unterscheidung zwischen Einlage und Haftsumme. § 171 Abs. 1 HGB hat mit der Einlage nichts zu tun und ebensowenig Abs. 2, der ja lediglich auf Abs. 1 • , 266 . verweist. Mangels eines funktionalen Zusammenhanges zwischen Einlage und Haftung hat diese Frage für die Neuregelung des § 93 InsO keinerlei Bedeutung. Schließlich vermag der persönlich haftende Gesellschafter nicht durch Einlageleistung seine Enthaftung zu bewirken, vgl. § 128 HGB.

3. Keine Begründung von Rechten in § 171 Abs. 1 HGB Ein weiterer Kritikpunkt ist, daß in § 171 Abs. 2 HGB von einem "den Gesellschaftsgläubigern nach Absatz 1 zustehenden Recht" die Rede ist. § 171 Abs. 1 HGB begründet aber kein Recht für die Gesellschaftsgläubiger. Die Haftung der Kommanditisten ergibt sich vielmehr aus §§ 128, 161 Abs. 2 HGB. Abs. 1 des §171 HGB beschränkt das Recht der Gesellschaftsgläubiger. 267

266

K.Schmidt, Einlage und Haftung, S. 124f; Unger, KTS 60, 33 (36); Würdinger, Recht der Personengesellschaften, S. 56, 60f. 267

R i t t e r , HGB, § 171 Anm. 5b; OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043.

6 Armbruster

82

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Eine Parallelproblematik taucht im künftigen Recht, was § 93 InsO anbelangt, offensichtlich nicht auf.

4. Geltendmachung vergemeinschafteter Rechte Aus dem Wortlaut des § 171 Abs. 2 HGB könnte man schließen, der Konkursverwalter mache jeweils die den einzelnen Gesellschaftsgläubigern zustehenden Rechte geltend. Dagegen scheint aber zu sprechen, daß der Konkursverwalter Wahrer gemeinsamer Interessen der Gesellschaftsgläubiger ist. 268 Während des Konkurses bestehe ein einheitlicher, zentraler Anspruch auf Zahlung, so 269

Leven.

Die Annahme einer Vielzahl von Forderungsrechten führe zu prakti270

sehen und dogmatischen Schwierigkeiten. Die Reduzierung des Haftungsanspruchs eines jeden Gläubigers sei vor der Feststellung der Schuldenmasse (§§ 138 ff KO) rechtlich und tatsächlich unmöglich. Die dogmatischen Bedenken Levens scheinen mir überflüssig zu sein. Nicht nachzuvollziehen ist, warum bei der Geltendmachung von Einzelansprüchen die Reduzierung des Haftungsanspruchs vor der konkursrechtlichen Feststellung der Masse eintreten soll. Im Ergebnis würde mithin auch die Realisierung der Einzelansprüche zu einer Wahrung der Gesamtinteressen der Gläubigerschaft unter Berücksichtigung konkursrechtlicher Verteilungsgrundsätze führen. 271 Allein die praktische Handhabbarkeit spricht für die Vergemeinschaftung. Nach der Aufhebung des Konkursverfahrens müßte allerdings die Vergemeinschaftung wieder automatisch aufgelöst werden. Praktische Bedeutung kommt der Vergemeinschaftungsfrage auch im neuen Recht nicht.

268 V g l . nur Staub/Pinner, HGB, § 171 Anm.8; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 3b; vgl. zur Vergeinschaftung auch Michel, KTS 91, 67 (70). 269

L e v e n , S. 39ff., 73, 77.

270

Im folgenden: Leven, S. 4Iff; die Vergemeinschaftung ist unabhängig von dem durch Leven vertretenen gesetzlichen Forderungsübergang. Diese Sichtweise paßt somit auch für den Fall, daß der Verwalter nur Ausübungsberechtigter hinsichtlich der den Gläubigern zustehenden Ansprüche ist. 27I

W e i p e r t in RGRK HGB, § 171 Anm. 36.

VII. Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme

83

V I I . Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme des Kommanditisten gemäß § 171 Abs. 2 H G B Dem Problem, ob aus dem nach § 171 Abs. 2 HGB Eingezogenen eine Sondermasse zu bilden ist, kommt praktische Relevanz zu. Haften aktive oder ausgeschiedene Kommanditisten nicht allen Gesellschaftsgläubigern, muß Vorsorge dafür getroffen werden, daß das nach § 171 Abs. 2 HGB Eingeforderte nicht in den sämtlichen Konkursgläubigern als Haftungsfonds zur Verfügung stehenden "großen Topf 1 fließt. Es muß dann vielmehr die Voraussetzung für eine differenzierte Verteilung jener Vermögenswerte geschaffen werden.

1. Sondermasse beim aktiven Kommanditisten? Was den aktiven Gesellschafter betrifft, so hängt die Frage der Sondermassenbildung mit der oben (Kapitel 2, 4 d bb) behandelten Problematik einer Rechtszuständigkeit der eingezogenen Haftsumme zusammen. Die früher h.M. (s. Kapitel 2, 4 d bb (2)) vertrat, daß das nach § 171 Abs. 2 HGB Einverleibte in die allgemeine Konkursmasse fallen und allen Gläubigern zugute kommen sollte. Es bestand angeblich keine Notwendigkeit für die Bildung von Sondermassen. Aber auch diejenigen, die hinsichtlich der Rechtszuständigkeit des Geltendgemachten auf die Gesellschaftsgläubiger verweisen, verneinen zum Teil die Bildung einer Sondermasse 272. Dies deshalb, weil, soweit die Kommanditisten allen Gesellschaftsgläubigern haften, das praktische Bedürfnis fehle. Wenn nämlich der Kreis der Gesellschaftsgläubiger mit demjenigen der Haftenden deckungsgleich ist, mithin alle Gläubiger auf die i.R. des § 171 Abs. 2 HGB gebündelte Haftungsmasse in einem geregelten Verfahren Zugriff nehmen können, macht es keinen Sinn, Teile dieser Masse auszugliedern, da sie gerade nicht einer Gruppe von Gläubigern vorzubehalten sind. Es ist daher für diesen Fall eine einheitliche Konkursmasse zu bilden. Keuk 2 7 3 trägt dem Rechnung, indem nach ihrer Meinung für den Fall, daß sich die Kreise der Konkursgläubiger der Gesellschaft und der Gläubiger des

272

So wohl Kornblum, S. 220f; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31, 33, 35; Wissmann, S. 138; a.A. wohl K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1330; ders., Einlage und Haftung, S. 140, mit dem Verweis darauf, daß die Sonderfondsbildung ausschließlich auf der Zweckbindung des gem. § 1 7 1 Abs. 2 HGB eingeforderten Betrages beruht und lediglich einen Verteilungsmaßstab für den Konkursverwalter abgibt; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 629; Wieland I, S. 759f. 273

K e u k , ZHR 135,410(431).

84

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Kommanditisten decken, der Einfachheit halber die Konkursmasse und der aus § 171 Abs. 2 HGB resultierende Sonderfonds zusammenzufassen sind. Der Auffassung Keuks ist zu folgen. Sie berücksichtigt die unterschiedliche materiell-rechtliche Zuordnung der Konkursmasse und der eingezogenen Haftsumme, die ja eigentlich - dogmatisch betrachtet - nach einer gesonderten Verbuchung verlangt. Zu kurz gedacht ist es freilich, generell ein praktisches Bedürfnis für eine Sondermassenbildung zu verneinen. Soweit Gesellschafter nicht für Masseforderungen persönlich haften, die Neuverbindlichkeiten darstellen, oder nicht für Neumasseforderungen einzustehen haben, weil all diese erst nach Verfahrenseröffnung begründet wurden, und damit außerhalb der Einflußnahmemöglichkeit der Gesellschafter stehen (s.o., Kapitel 2, 2) 2 7 4 , deckt sich der Kreis der Haftenden mit demjenigen der Gläubiger nicht, was nach einer Sonderfondsbildung verlangt. Hierzu ein Beispiel: Die X-KG ist in Konkurs gefallen. Nach Verfahrenseröffnung nimmt der Konkursverwalter Zukäufe von Halbfertigteilen vor, die durch die X-KG zusammengebaut und sodann durch den Verwalter im Rahmen von Verwertungsverkäufen veräußert werden. Der Zulieferer G kann, da die aus den Zukäufen entstandenen Gesellschaftsschulden neue Masseverbindlichkeiten darstellen, auch über § 171 Abs. 2 HGB nicht den haftenden Kommanditisten Κ über den Verwalter in Anspruch nehmen. Da Κ den sonstigen Gesellschaftsgläubigern, nicht aber dem G haftet, ist dessen Haftsumme gesondert zu verbuchen. Gleiches gilt für den Fall, daß zwischen einem oder mehreren Gesellschaftsgläubigern und dem Kommanditisten ein Haftungsverzicht vereinbart wurde (§ 129 Abs. 1 HGB, persönliche Einwendung), sofern nicht durch den Vertrag 275

das gesamte Schuldverhältnis aufgehoben werden sollte (§ 423 BGB)

.

In diesen Fallkonstellationen ist die Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters nach § 171 Abs. 2 HGB zu bejahen, denn der Gesellschafter haftet ja 274

Vgl. zur Haftung von Sondergutsträgem: OLG Hamburg OLGE 25, 336 (338); L A G München ZIP 90, 1217 (1218); Ehrenberg, S. 21; Jaeger, ZZP 50, 157 (169f); Kohler, Lehrbuch, S. 387; M. Schmidt, S. 120f; speziell für das Gesellschaftsrecht: Sieveking, S. 37ff; K. Schmidt, ZHR 152, 105 (114f); vgl. zum Streitstand hierzu unter Kapitel 3, 6 b bb (2). 275

Vgl. zum Haftungsverzicht: RG JW 28, 2612; OLG Nürnberg BB 58, 891 für den ausgeschiedenen Gesellschafter; BGH BB 71, 975; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 128 Anm. 18, § 129 Anm. 3; Fischer in GK HGB, § 129 Anm. 9; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 128 Anm. 6, § 129 Anm. lAb.

VII. Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme

85

immerhin einem Teil der Gesellschaftsgläubiger. Da er aber nicht allen gegenüber einzustehen hat, darf das Eingezogene nicht mit der allgemeinen Konkursmasse zusammengefaßt werden. Es besteht hier mithin ein praktisches Bedürfnis fur die Sonderfondsbildung.

2. Sondermasse beim ausgeschiedenen Kommanditisten a) Verneinung der Sonderfondsbildung? Der Kommanditist Κ tritt am 01.07.1992 aus der X-KG aus. Noch im Juni 1992 wurde eine Forderung zugunsten des Warengläubigers G begründet. Κ erhält sein Auseinandersetzungsguthaben. Nach dem 01.07.1992 entstehen weitere Verbindlichkeiten der Gesellschaft zugunsten der Gesellschaftsgläubiger Y und Z. Zum Jahresende wird das Konkursverfahren über das Vermögen der XKG eröffnet. Der Konkursverwalter geht gegen K, dessen persönliche Haftung über § 172 Abs. 4 HGB aufgelebt ist, nach § 171 Abs. 2 HGB vor. Insbesondere früher 276 wurde auch aus der vom ausgeschiedenen Kommanditisten eingezogenen Haftsumme kein Sonderfonds gebildet, obwohl der ehemalige Gesellschafter nur den sogenannten Altgläubigern haftet 277 . Danach würde die Haftungsmasse des Κ zur allgemeinen Konkursmasse gezogen, an der sowohl G als auch Y und Ζ teil hätten. Dies, obwohl Κ den Neugläubigern Y und Ζ gegenüber nicht haftet. Dadurch reduzierten sich die Befriedigungschancen des Altgläubigers G. An einer allgemeinen, auch das seitens des Altkommanditisten Eingezahlte erfassenden Konkursmasse hätten somit Neu- und Altgläubiger teil. Das Ergebnis begründete man damit, der Kommanditist könne auch vor Konkurseröffnung durch Einzahlung der Einlage 278 eine Haftungsbefreiung

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 16f; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 36; Ritter, HGB, § 171 Anm. 5c, formuliert, die Forderung würde nicht der Masse einverleibt, sondern sie sei im Gegenteil als Forderung gegen die Gesellschaft aus der Masse zu berichtigen. Andererseits bezieht er dies auf die "konkursrechtlich gleichstehenden Gesellschaftsgläubiger", was j a möglicherweise die Altgläubiger im Verhältnis zu den Neugläubigern nicht sind.; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 38-40, 42; OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043. 277 Häsemeyer, ZHR 149, 42 (69f); Keuk, ZHR 135, 410 (429); Kornblum, S. 238; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1330; Schumann, JZ 58, 427 (430); ders., JZ 58, 700; Weipert in RGRK HGB, § 128 Anm. 29; Wissmann, S. 131; st. Rspr.: RGZ 125, 417 (418); 140, 10 (12); BGHZ 27, 51 (58f); BGH L M § 171 HGB Nr. 1; BGHZ 36, 224 (225).

278

Gemeint ist wohl die Pflichteinlage, soweit sie sich mit der Haftsumme deckt oder aber die Haftsumme.

86

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

erlangen. Dann aber käme das in die Gesellschaft Eingebrachte in jedem Fall allen Gesellschaftsgläubigern unterschiedslos zugute, das Ergebnis sei daher nicht unbillig 2 7 9 . Anders ausgedrückt: hätte der ehemalige Kommanditist Κ sein Auseinandersetzungsguthaben, nachdem er ursprünglich seine Hafteinlage erbracht hatte, nicht ausbezahlt bekommen, wäre es mithin nicht zu einem Aufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB gekommen, so hätten die Neugläubiger, also diejenigen, die nach seinem Ausscheiden mit der Gesellschaft kontrahierten, im Konkurs an dieser Haftsumme teil, obwohl sie mit der Existenz besagter Vermögenswerte nicht rechnen durften. Dann sei es nur konsequent, wenn selbiges Ergebnis für den Fall eintritt, daß die Einlagenrückgewähr durch den Konkursverwalter revidiert wird. Nach Berges 280 können die Gläubiger im Konkurs der Gesellschaft nicht mehr unmittelbar auf den (ausgeschiedenen) Kommanditisten Zugriff nehmen (Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB), vielmehr seien die Befriedigungsrechte vergemeinschaftet. Der Gesetzgeber rechne die ausstehende Hafteinlage in § 171 Abs. 2 HGB "ausdrücklich bereits zur Zugriffsmasse im Konkurs der Kommanditgesellschaft". Das Recht der einzelnen Gesellschaftsgläubiger erlösche. Jedoch wurde bereits festgestellt (Kapitel 2, 4 d bb (3)), daß § 171 Abs. 2 HGB keine "cessio legis" beinhaltet. Die Gesellschaftsgläubiger bleiben nach wie vor Forderungsinhaber, die Vergemeinschaftung der Gläubigerrechte führt nicht zu einer Einverleibung des Haftungsanspruchs in die allgemeine Konkursmasse 281, aus der dann sowohl Alt- als auch Neugläubiger Befriedigung fänden. Aus pragmatischen Gründen - der Ausgeschiedenen haftet nicht sämtlichen Gesellschaftsgläubigern - wäre indes auch bei Bejahung des "cessio legis"Ansatzes eine Sondermassenbildung denkbar. Fischer 282 argumentiert, die im Rahmen der Haftungsverwirklichung beim Altkommanditisten entstehenden Kosten fielen der allgemeinen Konkursmasse zur Last. Deshalb sei konsequenterweise auch das nach § 171 Abs. 2 HGB beim

279

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 17; nach Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 42, haben die Gesellschaftsgläubiger, denen der ausgeschiedene Kommanditist haftet, keinen Anspruch auf bevorzugte Befriedigung aus dem von dem Kommanditisten Geleisteten. 280

Berges, KTS 57, 49 (56), mit dem Hinweis auf ähnliche Regelungen in den §§ 56 Abs. 2, 84 Abs. 5 S. 4, 99 AktG; vgl. zur Vergemeinschaftung auch Michel, KTS 91, 67 (70), m.w.N. 281 Tschierschke, S. 44, mit Hinweis auf Unger, KTS 60, 33 (36). 282

Fischer, Anm. zu BGH L M Nr. 1 zu § 172 HGB, der für eine billige Regelung der Kostenaufteilung eintritt; vgl. auch Lichtenberg, S. 48; Tschierschke, S. 47.

VII. Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme

87

Ausgeschiedenen Erlangte der allgemeinen Konkursmasse zuzuschreiben, um eine Benachteiligung der Neugläubiger zu verhindern.

b) Bejahung der Sondermassenbildung Nunmehr anerkennt die h.M. 2 8 3 trotz der oben dargelegten Argumente die Bildung eines Sonderfonds aus der durch den Ausgeschiedenen nach §§171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB geleisteten Haftsumme. Entscheidend sei, daß der vormalige Kommanditist, in unserem Fall der K, ausschließlich den Altgläubigern (hier G) haftet, keinesfalls jedoch den Neugläubigern Y und Z. Zudem wolle § 171 Abs. 2 HGB den vorhandenen Gläubigerkreis nicht erweitern 284 . Beide Gläubigergruppen müßten daher auch im Konkurs unterschiedlich behandelt werden 285 . An der Verteilungsmasse, die sich aus dem Gesellschafts vermögen ergibt, sind hiernach Alt- und Neugläubiger zu beteiligen, an der Sondermasse nur die Altgläubiger 286 . Im vorliegenden Fall ist aus den nach § 171 Abs. 2 HGB beim Κ realisierten Vermögenswerten eine gesonderte Masse zu bilden, die dem Altgläubiger G vorbehalten bleibt. Es sei nicht einzusehen, warum Neugläubiger, die außerhalb des Konkurses den vormaligen Kommanditisten nicht in Anspruch nehmen könnten, durch den Konkurs einen Vorteil erlangen sollten 287 .

283

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 36; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3C; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 35; Keuk, ZHR 135, 410 (430f); Kornblum, S. 243; Kuhn, W M 59, 98 (104); ders., Sonderbeilage W M 78, 1 (9); Leven, S. 18f, spricht von einem zweckgebundenen Bestandteil der allgemeinen Konkursmasse; Michel, KTS 91, 67 (77); Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 36, 42; K. Schmidt, JR 76, 278 (279); ders., Einlage und Haftung, S. 138; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1330f; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172, Anm. 112; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Schumann, JZ 58, 427 (429f); ders., JZ 58, 700; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 44, 49; Tschierschke, S. 83; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 1 Anm. 8 a; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 629, 635; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 32, 33; Wiedemann, FS f. Bärmann, S. 1037 (1039); Wieland I, S. 759f; Wissmann, S. 131, 136; BGHZ 27, 51 (56ff); BGH L M Nr. 1 zu § 171 HGB; BGHZ 71, 296 (304f); i.E. auch BGH ZIP 93, 763 (767); a.A. ist offenbar Häsemeyer, ZHR 149,42ff, Voranmerkung in Zusammenschau mit S. 71f; ders., Insolvenzrecht, S. 773. 284

BGHZ 27, 51 (56); Kuhn, Sonderbeilage W M 78, 1 (9).

285

Kohler, AcP 95, 339 (343f), entwickelte daher den Gedanken, daß, wie beim Genossenschaftskonkurs, zwei verschiedene Konkursmassen zu bilden seien. Er geht von zwei Konkursgemeinschaften aus, wobei die eine nicht Beschlagsrechts-, sondern Eigentumsgemeinschaft sei. 286 Schumann, JZ 58, 427 (429); wohl auch Köhler, AcP 95, 339 (344); Wiedemann, FS f. Bärmann, S. 1037 (1039); der Konkursverwalter darf von dem Ausgeschiedenen nur so viel verlangen, wie er für eine vollständige Befriedigung der Altgläubiger benötigt: Tschierschke, S. 48, unter Hinweis auf RGZ 51, 33 (38); BGHZ 27, 51 (58): § 68 KO finde Anwendung; vgl. auch Tschierschke, S. 49.

88

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Dem Argument der Gegenmeinung, der Altgesellschafter vermöge auch außerhalb der Insolvenz haftungsbefreiend an die Gesellschaft zu leisten, so daß von der Haftsumme auch die Neugläubiger profitierten, wird entgegengehalten, der ausgeschiedene Kommanditist sei keinesfalls verpflichtet, die "Hafteinlage" in das Gesellschaftsvermögen einzubringen, er habe hierzu auch keine Veranlassung, denn er schulde ja nach Erhalt des Abfindungsguthabens keine Pflichteinlage mehr 288 . Was die Kostentragungspflicht aus dem Vorgehen des Konkursverwalters gegen den ehemaligen Gesellschafter angeht, so wäre es sinnvoll, die Kosten der Sondermasse aufzubürden, weil normalerweise die Kosten aus der Masse zu decken sind, zu deren Lasten sie entstanden289. Entgegen der Auffassung Berges kann die Vergemeinschaftung der Gläubigerrechte ebensowenig zu einer Einverleibung der den Gesellschaftsgläubigern zustehenden Haftungsansprüche in die Konkursmasse führen 290 . Wie dargestellt (Kapitel 2, 6 d) spricht lediglich die praktische Handhabbarkeit für eine Vergemeinschaftung. Letztere begründet keine Änderung materiell-rechtlicher Art. Auch sei eine Mehrbelastung des Konkursverwalters, die sich aus der Sonderfondserstellung ergibt, so Unger 2 1 7 , durchaus zumutbar, "weil die Bildung einer besonderen, den Altgläubigern vorbehaltenen Teilungsmasse dem konkursrechtlichen Grundsatz der Aussonderung entspräche". Die Aussonderung erfolgt aber notwendig aus der Konkursmasse, während der Konkursverwalter doch das vom Altgesellschafter Eingeforderte gerade nicht zur allgemeinen Konkursmasse zieht 292 . Die Frage lautet nicht, ob dem Konkursverwalter etwas zumutbar ist oder nicht, sondern ob sich eine rechtliche Notwendigkeit für die Bildung einer gesonderten Teilungsmasse ergibt, weil der Ausgeschiedene nur einem begrenzten Kreis von Gläubigern haftet.

987

Schilling, JR 64, 102. 288

BGHZ 27, 51 (57); Schilling, JR 64, 102; Tschierschke, S. 43; unklar Unger, KTS 60, 33 (37). 289

290

Vgl. Fischer, Anm. zu BGH L M Nr. 1 zu § 172 HGB; Michel, KTS 91, 67 (77 Fn. 42). U n g e r , KTS 60, 33 (36); ihm folgend: Tschierschke, S. 44.

291

Unger, KTS 60, 33 (36f).

Tschierschke, S. 47.

VII. Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme

89

c) Vereinbarkeit der Lösung mit dem Prinzip der Gläubigergleichbehandlung im Konkurs? In unserem Beispielsfall will der Altgläubiger G auf die Sondermasse (vgl. §171 Abs. 2 HGB) und zusätzlich auf die allgemeine Konkursmasse zur Erlangung einer möglichst hohen Quote zugreifen. Die Neugläubiger Y und Ζ wehren sich hiergegen mit dem Argument, der Grundsatz der "par conditio creditorum" würde dadurch umgangen, weil sie selbst nur an der allgemeinen Konkursmasse teil hätten. Uneinigkeit besteht in der Tat darüber, ob bei Beteiligung der Altgläubiger an der Konkursmasse und der Sondermasse sowie Beschränkung der Neugläubiger auf die allgemeine Konkursmasse der Gleichbehandlungsgrundsatz als angeblich tragendes konkursrechtliches Prinzip, welches in § 171 Abs. 2 HGB zum Aus293

druck kommt, gewahrt ist Nach Unger 294 soll der Gleichbehandlungsgrundsatz hier überhaupt nicht gelten, weil es sich beim Sonderfonds nicht um einen Teil der Konkursmasse handle. Schließlich wurde dargetan, daß die nach § 171 Abs. 2 HGB eingezogenen Vermögenswerte materiell-rechtlich den Gläubigern zustehen, nicht der Gesellschaft. § 171 Abs. 2 HGB ist aber geradezu Exponent einer anteilmäßigen Gläubigerbefriedigung. Man machte es sich zu einfach, zöge man sich auf das hier jedenfalls formale Argument zurück, die Gläubigergleichbehandlung beziehe sich nur auf die Konkursmasse. Es geht darum, daß der Konkursverwalter mit den ihm zur Verfugung gestellten geldwerten Mitteln die Konkursgläubiger in einem geregelten Verfahren anteilig zu befriedigen hat und zwar unabhängig von deren rechtlicher Zuordnung. Fraglich ist doch, ob es der Bildung eines Sonderfonds bedarf, um eine Gläubigergleichbehandlung wenigstens annähernd zu verwirklichen. Die Erreichung dieses Konkurszwecks sei, so Tschierschke 295, dadurch sichergestellt, daß die Neugläubiger nicht von der Hafteinlage der Altkommanditisten profitierten. 296

Auch der BGH

297

konstatiert trotz Anwendung des § 68 KO

keine unzulässige

293

An dieser Stelle sei nochmals festgestellt, daß der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung angesichts der vielfältigen Druchbrechungen im wesentlichen theoretischer Natur ist (s. schon Kapitel 1,1). 294

295

U n g e r , KTS 60, 33 (35f).

Tschierschke, S. 45, 49.

90

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Verkürzung der Rechtsstellung von Neugläubigern, da ihnen ein persönlicher Haftungsanspruch gegen den vormaligen Kommanditisten von Anfang an nicht zur Verfügung stehe. Für die Neugläubiger stelle sich die Einlagenrückgewähr an den Altkommanditisten als endgültige dar. Betrachtet man die Befriedigungschancen im Konkurs, so haben die Altgläubiger gegenüber den Neugläubigern einen Vorteil; sie können möglicherweise eine 298

vollständige Forderungstilgung erreichen

299

. Dies kritisiert Lichtenberg

Die zweifache Zugriffsmöglichkeit der Altgläubiger sei unter dem Gesichtspunkt einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung fragwürdig. Zweifel an der Gleichbehandlung von Alt- und Neugläubigern bei einer Sondermassenbildung äußert insbesondere auch Häsemeyer 300. Die Altgläubiger erzielen nämlich, da sie in volle Konkurrenz zu den Neugläubigern hinsichtlich des aktuellen Gesellschaftsvermögens treten, die gleiche Konkursquote wie die ausschließlich auf dieses Vermögen beschränkten Neugläubiger; dies, obgleich die Altgläubiger über den Konkursverwalter ein zusätzliches und ausschließliches Zugriffsrecht auf das Vermögen der Altkommanditisten haben. Häsemeyer 301 formuliert, es werde den Neugläubigern angesonnen, "mit einer auf breiterer Haftungsbasis begründeten Schuldenlast auf nunmehr eingeschränkter Haftungsbasis zu gleichen Quoten konkurrieren zu müssen". Gehen wir von dem Grundfall aus, daß zur Zeit der Begründung der Gesellschaftsschuld zugunsten des (späteren Alt-) Gläubigers, im Beispielsfall des G (s. unter Kapitel 2, 7 b aa), nur das Gesellschaftsvermögen und natürlich der Komplementär haften. Das Einstehenmüssen des Kommanditisten beruht dann auf seinem Ausscheiden, verbunden mit einer Einlagenrückgewähr. Der Altgläubiger G erlangt durch die persönliche Haftung des ehemaligen Kommanditisten einen Ausgleich für die entsprechende Schmälerung des

296

B G H Z 27,51 (58f).

297

Ebenso Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 32, der auf die Besonderheit hinweist, daß die Altgläubiger die Mithaftung des Kommanditisten nicht selbst verwirklichen können. Insoweit wird also § 68 KO durch § 171 Abs. 2 HGB überlagert; vgl. auch Jaeger/Weber, a.a.O., Anm. 34; Lichtenberg, S. 48. TOO

Lichtenberg, S. 48; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 32. 299

3

Lichtenberg, S. 48.

°°Häsemeyer, ZHR 149, 42 (71f).

301

Häsemeyer, a.a.O., S. 71.

VII. Die Bildung von Sondermassen bei Inanspruchnahme

91

Gesellschaftsvermögens infolge Auskehrung des Auseinandersetzungsguthabens. Das Haftungspotential Gesellschaft wird wieder aufgefüllt. Zu der Zeit, zu der die Neugläubigerforderungen begründet wurden, war das Vermögen der Gesellschaft bereits geschmälert. Der Neugläubiger hat gewissermaßen mit einer "ärmeren" KG kontrahiert. Zwar ist die KG, haftungsrechtlich betrachtet, nicht ärmer geworden, sondern lediglich materiell-rechtlich 302 um das ausgekehrte Auseinandersetzungsguthaben. An die Stelle der Hafteinlage ist der Haftungsanspruch, der nunmehr den Gläubigern zusteht, getreten. Dies gilt aber nur in Ansehung der Altgläubiger. Was die Neugläubiger angeht, so kontrahieren sie mit einer materiell-rechtlich und haftungsrechtlich ärmeren Gesellschaft, da ihnen gegenüber der Ausgeschiedene nicht einzustehen hat. Hiergegen könnte man nun einwenden, daß die Hafteinlage, hätte sie der Altgesellschafter nur stehen gelassen, auch den Neugläubigern zugte käme. Jedoch besteht für den Ausgeschiedenen hierzu ebensowenig Anlaß wie zur Leistung der Hafteinlage durch den haftenden, vormaligene Gesellschafter in das Gesellschafts vermögen 303 . Die Neugläubiger können nicht auf ein insoweit erhöhtes Haftungspotential vertrauen. Wenn nun die Konkurseröffnung folgt, so soll der Altgläubiger vollberechtigter Konkursgläubiger und, was die Haftung des Ausgeschiedenen betrifft (vgl. § 172 Abs. 4 HGB), daneben unter Ausschluß der Neugläubiger über den Konkursverwalter teilhabeberechtigt sein. Die hieraus folgenden größeren Befriedigungschancen des Altgläubigers scheinen sich daraus zu rechtfertigen, daß ihm bei Entstehung seiner Forderung noch ein größeres Haftungspotential zur Verfügung stand. Diese Betrachtungsweise berücksichtigt scheinbar aber nicht, daß im Konkurs das Vertrauen auf ein ehedem höheres Gesellschaftsvermögen, sieht man einmal von der Konkursanfechtung ab, nicht geschützt wird. Die Konkursquoten können sich nur an der im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch vorhandenen Verteilungsmasse orientieren. Faktisch erfolgt dieser Schutz aber dadurch, daß ein Teil des Haftungspotentials der Gesellschaft mit der Abfindung des Altkommanditisten ausgelagert wird und damit nicht mehr einer eventuellen Mißwirtschafit bzw. einem wirtschaftlichen Risiko der Gesellschaft ausgesetzt ist. Als Ersatz dient die Nachhaftung der ausgeschiedenen Gesellschafter. Die Auskehrung des Abfindungsanspruchs hat für die Neugläubiger einen - unabhängig vom Konkurs - entscheidenden Nachteil. Wäre die Abfindungsforderung nicht realisiert worden, hätten sie neben den Altgläubigern hieran Anteil. Das ändert sich mit der Auskehrung. Die Nachhaftung kommt nämlich nur den Altgläubigern zugute. Es wäre dem ehemaligen Kommanditist unzumutbar, für

302

M i c h e l , KTS 91, 67 (83).

303

V g l . zu letzterem: BGHZ 27, 51 (57).

92

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Verbindlichkeiten einstehen zu müssen, die nach seinem Ausscheiden begründet wurden, auf die er mithin keinerlei Einfluß hatte. Die Nachhaftung soll den Neugläubigern gerade keine "breitere Haftungsbasis" verschaffen 304. Dann beruht die Bevorzugung der Altgläubiger auf dem Zusammenspiel von § 738 Abs. 1 S. 2 BGB und § 172 Abs. 4 HGB sowie auf dem Grundsatz, daß der Ausgeschiedene nicht für Verbindlichkeiten haften soll, auf die er keinen Einfluß hat. Sie ist gesetzlich angeordnet und daher hinzunehmen. Die Besserstellung ist nicht konkurs-, sondern gesellschaftsrechtlich bedingt, sie setzt sich lediglich im Konkurs fort. Auch kann sie nicht durch die Anwendung von § 64 KO ausgeglichen werden. Soweit der Doppelberücksichtigungsgrundsatz des § 68 KO gilt, ist die Anwendung des Prinzips der Ausfallhaftung (§ 64 KO) ausgeschlossen305.

V I I I . Eigene Einwendungen des gemäß § 171 Abs. 2 H G B in Anspruch genommenen Kommanditisten Nachdem oben Haftungsfragen erörtert und in diesem Zusammenhang Probleme zur Sonderfondsbildung behandelt wurden, bleibt nunmehr zu untersuchen, ob dem Kommanditisten Einwendungen gegenüber dem ihn nach § 171 Abs. 2 HGB in Anspruch nehmenden Konkursverwalter zustehen. Einem Anspruch des Konkursverwalters gegen den Kommanditisten auf Leistung der Haftsumme kann dieser nur Einwendungen entgegenhalten, die gegenüber allen Gesellschaftsgläubigern (oder der Gesellschaft gegenüber, falls man den Anspruch als Teil der Konkursmasse begreift) bestehen. Der Grund dafür liegt darin, daß der (vergemeinschaftete) Anspruch der Gesamtheit der Gläubiger geltend gemacht wird 3 0 6 .

304

So auch Michel, KTS 91, 67 (79), unter Kritik an der Auffassung Häsemeyers. Michel stützt sich zusätzlich auf die in § 68 KO kodifizierte Wertung, derzufolge Konkursgläubiger bei Erhalt von Teilleistungen von einem anderen Schuldner dennoch den gesamten Anspruch als Konkursforderung geltend machen können. 305

V g l . nur Kilger, KO, § 64 Anm. 2; Jaeger/Lent, KO, § 64 Anm. 3; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 64 Anm. 8. 306 Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 17; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 35f; Kornblum, S. 221; Lichtenberg, S. 39; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 41; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 127; Tschierschke, S. 84; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 41; Wunderlich, Anm. zu BGH ZIP 91, 233 in DWiR 91, 26 (27), spricht von einer Einwendungssperre, die § 171 Abs. 2 HGB enthalte; a.A.: Furrer, S. 126; Ritter, HGB, § 171 Anm. 5c; Wieland I, S. 760 Fn. 14.

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

93

1. Die Haftsumme ist zur Gläubigerbefriedigung nicht oder nicht vollständig erforderlich a) Einwendungen des aktiven Kommanditisten Der Kommanditist kann dem Konkursverwalter, der ihn i.R.v. § 171 Abs. 2 HGB in Anspruch nimmt, entgegenhalten, seine Haftsumme sei zur Deckung von Gläubigerforderungen, für die er haftet, nicht oder nicht vollständig erforderlich. Eine Ansammlung von Kapital, das über die ausstehenden Verbindlichkeiten der Gesellschaft hinausgeht, ist für die Gesellschaftsgläubiger ohne Interesse und gehört daher auch nicht mehr zum Aufgabenbereich des Konkursverwalters 307 . Das Recht aus § 171 Abs. 2 HGB findet seine Schranke in dem Zweck des Konkurses, der Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern zu dienen 308 . Der Konkursverwalter muß im Streitfall beweisen, daß Forderungen 309

existieren, für die der Kommanditist einzustehen hat

.

b) Einwendungen des ausgeschiedenen Kommanditisten Fraglich ist, ob der Ausgeschiedene dem gegen ihn vorgehenden Konkursverwalter entgegenhalten kann, die Konkursmasse reiche ganz oder teilweise zur Befriedigung der Altgläubiger aus bzw. für die Befriedigung aller Altgläubiger bedürfe es nicht der gesamten Haftsumme. Angenommen, der Kommanditist Κ ist vor Konkurseröffnung aus der X-KG ausgeschieden, wobei ihm seine Hafteinlage in Höhe von 50.000 D M ausbezahlt wurde. Die Summe der Altverbindlichkeiten, für die Κ wegen § 172 Abs. 4 HGB haftet, beläuft sich auf 25.000 DM. Die allgemeine Konkursmasse weist Aktiva von 60.000 D M auf. Der Konkursverwalter fordert von Κ über die §§ 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB D M 50.000 ein. Κ beruft sich darauf, die allgemeine Konkursmasse sei ausreichend, um sämtliche Altverbindlichkeiten zu tilgen.

307

H i e r z u : RGZ 51, 33 (38); BGH L M Nr. 1 zu § 171 HGB; OLG Stuttgart NJW 55, 1928f mit dem Hinweis darauf, daß der Einwand durch Forderungsfeststellungen gem. § 144 Abs. 1 KO nicht abgeschnitten wird, dies unter Berufung auf RGZ 51, 33 (40); Beelitz, S. 124; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 17; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 35f; Keuk, ZHR 135, 410 (430f); Lichtenberg, S. 39; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1089; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 41; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 134; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1327; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Unger, KTS 60, 33 (36); Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 41 f. -ΪΛΟ

OLG Stuttgart NJW 55, 1928.

309

Keuk, ZHR 135, 410 (431); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 134.

94

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Des weiteren sei wegen der geringen Höhe der Altschulden eine Einforderung der gesamten Haftsumme nicht angezeigt. Nach h.M. soll das von dem früheren Kommanditisten Eingezogene eine Sondermasse (s. hierzu unter Kapitel 2, 7 b) bilden, die den Altgläubigern vorbehalten ist. Letztere haben jedoch zusätzlich an der allgemeinen Konkursmasse teil. Ihnen stehen zwei Haftungsfonds zur Verfügung. Da aber die ehemaligen Gesellschafter nicht subsidiär haften, könnten sie die Altgläubiger nicht unmittelbar über den Konkursverwalter auf die Konkursmasse verweisen 310 . Kommanditisten, auch vormalige, haften, falls sie für Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen müssen, unmittelbar und primär (s.o., Kapitel 2, 1). Im Beispielsfall vermag der erste Einwand des Κ nicht zu greifen. In der Literatur 311 , die eine Sondermassenbildung ablehnt, wird die Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters auch für den Fall bejaht, daß die Haftsumme für die Tilgung der Altverbindlichkeiten nicht erforderlich ist, weil das i.R.v. § 171 Abs. 2 HGB Beigezogene in die allgemeine Konkursmasse fließe, obwohl der Altgesellschafter eigentlich nicht für Neuverbindlichkeiten haftet. Hätte der Kommanditist, so wird argumentiert, die Hafteinlage erbracht, würde sie auch zur Begleichung von Neuverbindlichkeiten verwandt werden. Danach hätte Κ die gesamte Haftsumme in die allgemeine Konkursmasse einzuschießen, obgleich er nur den Altgläubigern haftet. Dies ist nicht damit zu rechtfertigen, die erbrachte Einlage haftete auch Neugläubigern, denn der Ausgeschiedene schuldet die (Haft-) Einlage nur noch den Altgläubigern. Eine Veranlassung, die Haftsumme auch zur Befriedigung von Neuverbindlichkeiten stehen zu lassen, besteht nicht. Dann ist Κ mit seiner zweiten Einwendung erfolgreich, soweit absolute Gewißheit besteht, daß keine weiteren Altforderungen bestehen (vgl. Kapitel 2, 5 e). Sind alle Altgläubiger bevorrechtigte Konkursgläubiger, die gänzlich aus der Masse befriedigt werden können, soll ein Interesse an der Geltendmachung der Haftung fehlen, denn dies führe lediglich gem. §§ 426 Abs. 2, 412, 401 BGB zu einem Gläubigerwechsel. Wenn also beispielsweise Arbeitnehmer Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis für die Zeit des Aktivseins des Κ geltend machen (§ 61 Nr. 1 a KO) und die restlichen Altverbindlichkeiten aus rückständigen Umsatzsteuerbeträgen bestehen (§ 61 Nr. 2 KO), so könnte K, nachdem diese

310

B G H Z 39, 319 (322); i.E. auch Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 37; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 35; a.A.: Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 36; Lichtenberg, S. 30, unter falscher Berufung auf Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31, welcher nicht den ausgeschiedenen Kommanditisten meint. Mißverständlich Gottwald/Timm, § 84 Rn. 49, unter Berufung auf BGHZ 39, 319 (326). Die Ausführungen des BGH auf S. 326 betreffen indes bevorrechtigte Konkursgläubiger. 311

42.

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 17; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm.

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

95

Verbindlichkeiten aus der Sondermasse getilgt wurden, die Vorrechte seinerseits im Konkurs der X-KG geltend machen. Eine Inanspruchnahme des ehemaligen Gesellschafters, hier des K, wäre eine unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) 3 1 2 . Die Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB wird freilich aufrecht erhalten bleiben, Altgläubiger können den Ausgeschiedenen nicht in Anspruch nehmen. Eine vergleichbare Konstellation soll es jedenfalls für Konkursvorrechte i.S.d. §§ 61 f KO nach der InsO nicht geben, da selbige abgeschafft werden 313 . Auch Absonderungsrechte (§§ 4, 47 ff KO) sind Vorzugsrechte - die übrigens auch im künftigen Recht bestehen (§§ 49 ff InsO) - i.S.v. § 401 Abs. 2 BGB 3 1 4 oder § 401 Abs. 1 BGB -, so daß sich die nämlichen Probleme stellen. Es bedarf auch hier eines Rückgriffs auf § 242 BGB. Nicht anwendbar ist nämlich die Vorschrift des § 64 KO - Prinzip der bloßen Ausfallhaftung des Kommanditisten -, die ihrerseits § 68 KO verdrängen würde. Denn § 64 KO setzt voraus, daß sich in der Person des Gemeinschuldners dingliche Haftung und persönliche Schuld vereinigen 315 . Der haftende Kommanditist ist indes nicht Gemeinschuldner; insofern handelt es sich nicht um eine persönliche Schuld des Gemeinsondern eines Drittschuldners. Zwischen den angeführten Fallgruppen scheint eine Diskrepanz hinsichtlich der Lösungsansätze zu bestehen. Für den aktiven Kommanditisten wurde der Konkurszweck in den Vordergrund gerückt (vgl. unter aa), hinsichtlich des ausgeschiedenen die primäre Haftung. Auch was den aktiven Gesellschafter angeht, gilt jedoch der Grundsatz, daß der Kommanditist unmittelbar und primär haftet, nicht aber subsidiär. Das spielt aber dort keine Rolle, weil die zu bildende Sondermasse zur einheitlichen Befriedigung jedenfalls der Konkursgläubiger dient, 316 soweit nicht zwischen dem Kommanditisten und einzelnen Gesellschaftsgläubigern ein Haftungsverzicht vereinbart wurde.

312

BGHZ 39, 319 (323ff); Fischer, Anm. zu BGH L M Nr. 2-4 zu § 172 HGB; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 59; Pagenstecher/Grimm, S. 227; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 37; Tschierschke, S. 91; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 35; vgl. hierzu schon oben, Kapitel 2, 5 c. 313

314

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 90.

V g l . nur Palandt/Heinrichs, BGB, § 401 Rn. 7.

315 Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 64 Anm. 2; Kilger, KO, § 64 Anm. 1; Kilger/K. Schmidt, KO, § 64 Anm. 1. 316

K e u k , ZHR 135, 410 (431), plädiert daher für eine Zusammenziehung der allgemeinen Konkursmasse und des Sonderfonds, vgl. hierzu ausführlich oben, Kapitel 2, 7 a.

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2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Ein Wertungswiderspruch besteht deshalb nicht, weil der Verweis auf die unmittelbare und primäre Haftung des Altkommanditisten im Konkurs auch der Gläubigergleichbehandlung Rechnung trägt. Könnten die ehemaligen Kommmanditisten die Altgläubiger mittelbar über den Konkursverwalter auf die allgemeine Konkursmasse verweisen, so reduzierte sich die von den Neugläubigern zu erwartende Quote noch stärker, als wenn der Verwalter vor der Inanspruchnahme der Konkursmasse den Sonderfonds in Anspruch nähme. Soweit nämlich Altgläubiger auf die allgemeine Konkursmasse verwiesen würden, träten sie in volle Konkurrenz zu den Neugläubigern. Je mehr Gläubiger indes auf denselben Hafungsfonds verwiesen werden, desto geringer wird die Befriedigungschance für den einzelnen. Zudem widerspricht § 68 KO einer vorrangigen Inanspruchnahme der allgemeinen Konkursmasse und damit einer bloßen Ausfallhaftung des Kommanditisten. Diese Vorschrift findet auf den (ausgeschiedenen) Kommanditisten Anwendung, obwohl zwischen ihm und der Gesellschaft kein Gesamtschuldverhältnis besteht, denn ausreichend ist, daß zwei gesonderte Vermögensmassen nebeneinander für dieselbe Verbindlichkeit haften 317 . Gesonderte Vermögensmassen4.S. der Vorschrift sind die (allgemeine) Konkursmasse (Gesellschaftsvermögen) und die (gesonderte) Haftungsmasse des Gesellschafters, die ja materiell-rechtlich nicht Teil der Konkursmasse ist 3 1 8 . Die Norm will eine Vollbefriedigung von Gläubigern absichern. Zu beachten ist eine Dividendenkürzung, wenn die Altgläubiger eine mehr als einhundertprozentige Befriedigung durch die Doppelbeteiligung erlangen 319 . Das Wahlrecht i.R.v. § 68 KO kann theoretisch immerhin aber auch dazu führen, daß der Verwalter die früheren Kommanditisten "ungeschoren" läßt. Jedoch wird er das, soweit überhaupt etwas von den Ausgeschiedenen zu erwarten ist, nicht tun dürfen, denn er ist verpflichtet, die Interessen aller, auch der Neugläubiger zu wahren. Ein echtes Wahlrecht im Sinne eines freien Ermessens existiert mithin nicht. Der Hinweis des BGH auf die nicht subsidiäre Haftung der Altkommanditisten verhindert geradezu eine 320

unbillige Neugläubigerbenachteiligung

317 O L G Colmar OLGE 15, 252 (253f); Häsemeyer, KTS 82, 1 (8); ders., KTS 82, 507 (556 Fn. 269); Kilger, KO, § 68 Anm. 5; Jaeger/Lent, KO, § 68 Anm. 4; Tschierschke, S. 67f; Jaeger/Weber, KO, § 212 Anm. 1; Wissmann, S. 99f.

318 Vgl. nur Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 7. 319

K i l g e r , KO, § 68 Anm. 6; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 10 m.w.N.

32 ° S o ist es auch unzutreffend, wenn Lichtenberg, S. 48, unter Hinweis auf Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 35, die Entscheidung BGHZ 39, 319 (322) als Beispielsfall für einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz anführt. Vgl. hierzu oben, Kapitel 2, 7 b cc.

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

97

Soweit der Konkursverwalter also berufen ist, die Kommanditistenhaftungsmasse und die eigentliche Konkursmasse parallel zu verwerten, hat er, um die Alt- und Neugläubiger gleichmäßig zu bedienen, immer auch zugleich die Kommanditistenhaftung zu realisieren. Auch § 93 InsO will übrigens keine unnötige Kapitalansammlung bewirken 321 .

2. Einwand, vor Konkurseröffnung Gläubiger befriedigt bzw. die Einlage erbracht zu haben Natürlich kann der Kommanditist sich bei Inanspruchnahme seitens des Konkursverwalters darauf berufen, er habe vor dem Konkurs Gesellschaftsgläubiger befriedigt bzw. die Einlage, die sich wertmäßig mit der Haftsumme deckt, gegenüber der Gesellschaft erbracht 322. Nicht zu berücksichtigen ist allerdings der Einwand, ein anderer Gläubiger habe einen Titel gegen ihn erstritten. Vielmehr muß der Kommanditist beweisen, daß er den Gläubiger befriedigt hat 323 . Die Leistung der Hafteinlage kann der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern entgegenhalten, auch wenn sie erst während des Prozesses oder nach Rechtskraft des Urteils erfolgt 324 . Folglich besteht diese Einwendung auch gegenüber dem Konkursverwalter, der dann im Prozeß gegen den Gesellschafter die Hauptsache für erledigt erklären kann. Streitig ist, ob die Enthaftung auch eintritt, wenn der Kommanditist einen Gläubiger (vor Konkurseröffnung) befriedigt, dem er aus einem zusätzlichen Rechtsgrund, wie beispielsweise Schuldbeitritt oder Bürgschaft, verpflichtet • ,325

ist

.

321

Ein entstehender Masseüberschuß soll zwar erst nach Abschluß des Verfahrens an die Gesellschafter zurückfließen (§ 227 ElnsO), Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 85. Immerhin darf aber der Insolvenzverwalter nur zur Zahlung derjenigen Beträge auffordern, die für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erforderlich sind, Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 140. 322 R G Z 7, 48 (49); 63, 265 (2660 für den Fall einer Aufrechnung; RG LZ 07, 500; OLG Celle NJW 52, 427; Beelitz, S. 66, 109; Fritze, NJW 56, 975 (976); Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 25, 35; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 32; Lichtenberg, S. 40; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 37; Tschierschke, S. 85; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 37. 323

Beelitz, S. 109.

324 F r i t z e , NJW 56, 975 (976); Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 27f; bach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 2E; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 33.

7 Armbruster

Baum-

98

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Man wird dies verneinen müssen, da sowohl die Gesellschaftsgläubiger als auch die Gesellschaft davon ausgehen, daß der Kommanditist eine Mehrleistung erbringen möchte 326 .

3. Die Aufrechnungsmöglichkeit mit einer Forderung gegen die K G bei einem Vorgehen des Konkursverwalters nach § 171 Abs. 2 HGB a) Einwendung des aktiven Kommanditisten aa) Aufrechnung mit einer Drittgläubigerforderung Unterstellt, der Kommanditist Κ haftet, er hat also seine Haftsumme nicht geleistet. Der Konkursverwalter geht nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Gesellschaftsvermögen der X-KG nach § 171 Abs. 2 HGB gegen den Κ vor. Kann dieser nunmehr mit einer Forderung aus einem Rechtsgeschäft mit der Gesellschaft gegenüber dem Verwalter aufrechnen und wenn ja, in welcher Höhe? Schon das RG327 und auch der BGH 32% ließen eine Aufrechnung des Kommanditisten mit einer sich gegen die Gesellschaft richtenden Drittgläubigerforderung gegenüber dem ihn nach §§ 128, 161 Abs. 2 HGB in Anspruch nehmenden Gesellschaftsgläubiger entsprechend § 387 BGB zu. Dem schloß sich die Lehre teilweise an 329 . Problematisch ist die Gegenseitigkeit, weil "der Kommanditist hinsichtlich seiner Haftung außerhalb des Gesellschaftskonkurses nicht Schuldner der Gesellschaft, sondern Schuldner der Gesellschaftsgläubiger ist" 3 3 0 .

325 F ü r eine Haftungsbeschränkung RGZ 7, 48 (49); 37, 82 (87) = 37, 133 (137); Beelitz, S. 109f; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 9. 326

Ausdrücklich für den Fall des Konkurses: BGHZ 58, 72 (76ff); BGH NJW 74, 2000 (2002); Schwalb, ZHR 34, 338 (401f); Furrer, S. 215, 225; Wieland I, S. 764 Fn. 28. 327

R G Z 63, 265 (267).

328

BGHZ 58, 72 (75f) ftir den Fall der Aufrechnung mit einer Regreßforderung im Konkurs; BGH W M 76, 107; BGH BB 81, 813 im Falle des Konkurses einer GmbH & Co. 329

Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 34; Kilger, KO, § 209 Anm. 5a; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Leven, S. 102ff; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 38; a.A.: Tschierschke, S. 41, 86; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 45f; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31, unter Hinweis auf § 55 Nr. 1 KO. 330

B G H Z 58, 72 (76).

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

99

Da sich aber der Kommanditist durch Zahlung an die Gesellschaft der Haftung begeben kann (§ 171 Abs. 1 HGB) 3 3 1 , soll gleiches für den Fall der Aufrechnung mit einer Forderung gegen die Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafts332

gläubiger gelten . Hierdurch wird das Gesellschaftsvermögen wie durch eine Zahlung vermehrt, sofern die Gegenforderung entsprechend werthaltig, also durchsetzbar ist 3 3 3 . Gleiches gelte dann im Konkurs 334 . Indes besteht in der Insolvenz der Gesellschaft ja gerade das Problem der mangelnden (vollen) Durchsetzbarkeit von Forderungen. Hinsichtlich seiner Gegenforderung würde der Kommanditist, wäre er, falls er nicht haftete, normaler Konkursgläubiger, nurmehr mit der Quote bedient. Von einer "Vermehrung" des Gesellschaftsvermögens im Konkurs kann daher lediglich in Höhe der Quote gesprochen werden. Etwas anderes gälte nur dann, wenn es zu einer Gläubigerbefriedigung käme. Hier geht es aber um eine Haftungsbefreiung durch Einlageleistung. Entscheidend für die Aufrechnungsmöglichkeit ist, daß die Eröffnung des Konkursverfahrens nicht früher entstandene - wenn auch problematische - Aufrechnungslagen rückwirkend beseitigen soll. K. Schmidt 335 spricht in bezug auf die problematische Gegenseitigkeit bei der Aufrechnung von offenbaren Begründungsschwierigkeiten. Lichtenberg 336 sucht diesen Gegenseitigkeitsproblemen dadurch auszuweichen, daß er ein Bedürfnis für die direkte Aufrechnung gegenüber Gesellschaftsgläubigern verneint. Dies deshalb, weil der Kommanditist ja nach h.M. "in jedem Falle" gegenüber der KG aufrechnen könne, um sich vor einer Inanspruchnahme durch den Gesell-

Das soll selbst dann gelten, wenn der Kommanditist der Gesellschaft keine Einlage mehr schuldet. Der Betrag wird dann gesondert verbucht und nicht dem Kapitalanteil zugeschrieben: Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 9; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 10, 16, 18; Leven, S. 102f; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 21; zu beachten ist, daß die Gesellschaft nie einen Leistungsanspruch auf die Haftsumme hat, vgl. Grämlich, NJW 67, 1447 (1448); Leven, S. 7f, 102f; Neumann-Duesberg, DB 65, 769; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 22; BGH W M 76, 107; teilweise wird es dem Kommanditisten verwehrt, auf eine Nichtschuld zu zahlen: Häsemeyer, ZHR 149, 42 (70); Koenige/Teichmann/Koehler, HGB, § 171 Nr. 2; Staub/Pinner, HGB, § 171 Anm. 14, 18; kritisch auch Lichtenberg, S. 24f, 29; K. Schmidt, ZGR 76, 307 (311); ders., Einlage und Haftung, S. 119f. 332

RGZ 63, 265 (267); BGHZ 58, 72 (76); v. Gerkan, FS f. Kellermann, S. 67 (70). 333

V g l . hierzu v. Gerkan, FS f. Kellermann, S. 67 (700; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 47ff; Wiedemann, FS für Bärmann, S. 1037 (1043). 334

BGHZ 95, 188 ( I 9 6 0 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung in BGHZ 51, 391 (3940 und BGHZ 61, 59 (700; v. Gerkan, FS f. Kellermann, S. 67 (70); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 47ff; Wiedemann, FS f. Bärmann, S. 1037 (1043).

100

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

schaftsgläubiger zu befreien (§171 Abs. 1 HS 2 HGB). Die Interessenlage gebiete daher nicht, eine Analogie zu § 387 BGB anzunehmen. In dieser Allgemeinheit sind die Ausführungen Lichtenbergs unzutreffend. Wenn man mit der angeblich überwiegenden Meinung die Aufrechnung in jedem Fall gegenüber der KG zuläßt, so erspart man sich die Gegenseitigkeitsprobleme nur für diejenigen Konstellationen, in denen die Gesellschaft noch die Pflichteinlageforderung innehat und auch dann nur, wenn sich gleichartige Forderungen gegenüberstehen. Übersteigt die Haftsumme die Pflichteinlage oder ist der Kommanditist ausgeschieden, entstehen selbige Schwierigkeiten auch bei der Aufrechnung gegenüber der KG. Entgegen Lichtenberg wird man mithin nicht in allen Fällen zu einer direkten Anwendung des § 387 BGB kommen können. Die Gegenseitigkeitsprobleme sind nicht gänzlich aus der Welt geschafft. Bejaht man nun trotz besagter Ungereimtheiten die Aufrechenbarkeit außerhalb des Konkurses, so muß gleiches für die einseitige Verrechnung gegenüber dem ihn im Konkursfall beanspruchenden Konkursverwalter gelten 337 , denn dieser übt nach h.M. (s.o., Kapitel 2, 4 d bb (3)) i.R.d. § 171 Abs. 2 HGB nur die den Gesellschaftsgläubigern zustehenden Rechte aus. In dem oben angeführten Beispielsfall kann der Kommanditist demnach aufrechnen.

335

K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 10; weiterhin kritisch: Lichtenberg, S. 29; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31; Leven, S. 102f, kritisiert, daß von der Möglichkeit der Leistung der Hafteinlage an die KG vor Konkurseröffnung ohne weiteres auf eine Aufrechnungsbefugnis im Konkurs geschlossen wird; gegen die Konstruktion Levens, § 387 BGB auch auf nicht bestehende Forderungen des Aufrechnungsgegners anzuwenden (Vergleich mit der Ersetzungsbefugnis): Lichtenberg, S. 29, 65ff; BGHZ 3, 316 (319); 10, 205 (207ff) anerkannten eine Ausnahme vom Gegenseitigkeitserfordernis fur die Kriegsgesellschaften des Deutschen Reiches; einschränkend bzw. ablehnend jedoch wieder BGHZ 15, 30 (31); 26, 31 (340^Lichtenberg, S. 70f. 337

R G Z 37, 82 (87); 63, 265 (267); BGHZ 58, 72 (75f); BGH NJW 74, 2000 (2001); BGH BB 81, 813 für den ausgeschiedenen Kommanditisten; Beelitz, S. 123f; Brandes, Sonderbeilage W M 86, 1 (200; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 16; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 34; Kuhn, FS f. Schilling S. 69 (74); ders., W M 74, 674 (679f); Leven, S. lOOf; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1094; i.E. auch Tschierschke, S. 86f; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 40; kritisch: Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 771; Lichtenberg, S. 50.

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

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Zu beachten sind freilich die Voraussetzungen der §§ 53 ff KO 3 3 8 . Auch wenn man davon ausgeht, daß der Kommanditist nach § 171 Abs. 2 HGB die Haftsumme zur Masse schuldet, diese materiell-rechtlich der Konkursmasse zuzuordnen ist, scheitert die Aufrechenbarkeit nicht an § 55 Nr. 1 KO. § 55 KO verschärft das Gegenseitigkeitserfordernis, um einer ungerechtfertigten Benachteiligung der Konkursmasse entgegenzutreten 339. Die Gegenseitigkeit braucht hiernach nicht erst im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung vorzuliegen. Vielmehr muß dieses Erfordernis nach § 55 Nr. 1 , 2 KO bereits bei Konkurseröffnung gegeben sein. Unproblematisch ist das hier freilich nicht. Setzt doch § 387 BGB für die Aufrechnung voraus, daß die Forderungen gegenseitig geschuldet sind 340 . Vor Konkurseröffnung ist aber der Gesellschafter hinsichtlich seiner Haftung jedenfalls nicht Schuldner der Gesellschaft sondern Schuldner der Gesellschaftsgläubiger. Zu verweisen ist wiederum auf die soeben behandelte Gegenseitigkeitsproblematik. Diese Vorgabe des § 55 KO wird indes wieder dadurch "aufgeweicht", daß gem. § 54 Abs. 1 KO eine Aufrechnung mit bedingten Forderungen ermöglicht wird. Das gilt sowohl für rechtsgeschäftlich als auch für gesetzlich bedingte Forderungen 341, weil die Zahlungspflicht des Kommanditisten zur Masse schon zuvor unter der aufschiebenden Bedingung der Konkurseröffnung bestanden hat 342 . Entweder man erblickt in § 171 Abs. 2 HGB einen gesetzlichen Forderungsübergang, so daß die Hafungsansprüche aus den §§161 Abs. 2, 128 HGB materiell-rechtlich der Masse zugewiesen sind oder man sieht in der Zahlungspflicht zur Masse eine nur haftungsrechtliche Einverleibung in die Konkursmasse, die dann im Hinblick auf das Gegenseitigkeitserfordernis bei der Aufrechnung genügen soll. Gegen eine solche Aufrechenbarkeit spricht sich eine Mindermeinung 343 aus. Hat beispielsweise der haftende Kommanditist an die Gesellschaft sein Grundstück verkauft und übereignet, so ist der Gegenwert für die durch den Kommanditisten erlangte Drittforderung (Kaufpreisanspruch) in die Gesellschaft

338

Beelitz, S. 123; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 34; Leven, S. 100. R G Z 124, 346 (349); Kilger, KO, § 55 Anm. 1.

339

340

B G H Z 58, 72 (76).

341

R G LZ 11, 635; BGHZ 15, 333 (335); BGH NJW 74, 2000 (2001).

342

B G H Z 15, 333 (335); BGH W M 60, 720; BGH NJW 90, 3145; Kilger, KO, § 54 Anm. 4; Jaeger/Lent, KO, § 54 Anm. 9; Leven, S. 101; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 54 Anm. 5; a.A. aber Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31. 343

Keuk, ZHR 135, 410 (434), mit unzutreffendem Hinweis auf BGHZ 42, 192 (194); Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31, der § 55 Nr. 1 KO als entgegenstehend ansieht.

102

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

gelangt, das Haftungspotential der KG wurde gesichert, indem ihr ein Sachwert zugeflossen ist. Per saldo tritt zwar keine Erhöhung der Haftungsmasse ein, denn die Gesellschaft hat dann Barmittel, die ja ebenfalls einen potentiellen Haftungsfonds darstellen, verloren, doch unterliegen Sachwerte nicht einer derartigen "Fluktuation", wie das bei Barmitteln der Fall ist. Die Tilgung der Verbindlichkeit der KG erfolgt durch die Aufrechnung gegenüber dem die Gläubigerrechte nach § 171 Abs. 2 HGB geltend machenden Konkursverwalter. Der Zweck der §§ 128, 161 Abs. 2, 171 Abs. 1 HGB ist realisiert worden, nämlich das Vorhandensein eines summenmäßig beschränkten Haftungspotentials sicherzustellen. Nun muß zwar nicht notwendig aufgrund des Rechtsgeschäfts zwischen der Gesellschaft und dem Kommanditisten ein Sachwert in das Vermögen der KG fließen, ein Vermögenswert ist es aber allemal, so daß dem Gesetzeszweck Genüge getan ist. Es bleibt freilich bei dem Bedenken hinsichtlich des Gegenseitigkeitserfordernisses.

bb) Aufrechnung mit Sozialforderungen Hier stehen zum einem Fälle in Rede, in denen der aktive Kommanditist vor Konkurseröffnung Gesellschaftsgläubiger befriedigt hat, wobei die Haftsumme nicht ausgeschöpft wurde. Fraglich ist, ob er nun mit der entstandenen Regreßforderung gegen die Gesellschaft (§110 HGB) gegenüber dem nach § 171 Abs. 2 HGB vorgehenden Konkursverwalter aufrechnen kann 344 . Das wird allgemein verneint. Betrachtet man die Gläubigerbefriedigung als eine Leistung der Haftsumme an die Gesellschaft (§171 Abs. 1 HS 2 HGB), weil deren Passiva verringert wurden 345 , oder sieht man in der Gläubigerbefriedigung einfach eine Enthaftung i.S.v. § 171 Abs. 1 HS 1 HGB (s. Kapitel 2, 1), so bedeutet die Leistung der Gesellschaft auf den Erstattungsanspruch, mithin auch die

344

Zur Aufrechenbarkeit mit einem Erstattungsanspruch aus § 110 HGB gegenüber einer Pflichteinlageforderung außerhalb des Konkurses: Beelitz, S. 45; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 1 7 1 Anm. 10; Fritze, NJW 56, 975 (976); Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 21; Gursky, DB 78, 1261 f; Häsemeyer, ZHR 149, 42 (47f); Konietzko, S. 97; Kuhn, W M 74, 674 (679); Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 27; K. Schmidt, ZGR 76, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S. 44f; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 27; BGHZ 63, 338 (342f) für den Fall der Abtretung der Einlageforderung; BGH NJW 84, 2290f. 345

BGHZ 51, 391 (394) unter Hinweis auf Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 16; vgl. auch Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 2C.

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

103

Aufrechnung, eine Umkehrung dieses Prozesses mit der Folge des Wiederauflebens der Haftung analog § 172 Abs. 4 HGB 3 4 6 . Zum anderen muß Entsprechendes für die Aufrechnung mit einem Regreßanspruch bei Gläubigerbefriedigung nach Konkurseröffnung gelten, es sei denn, alle Gesellschaftsgläubiger wurden befriedigt 347 . Ein besserer Ansatz findet sich bei K. Schmidt 348 , der aufgrund der Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB schon das Entstehen einer Rückgriffsforderung bei Gläubigerbefriedigung während des Konkursverfahrens verneint. Weder wird der Gläubiger befriedigt, noch der Kommanditist bzw. die Gesellschaft befreit. Ähnlich gelagert ist das Problem der Konkursbeteiligung des Kommanditisten, welcher Gesellschaftsgläubiger befriedigt und dadurch seine Enthaftung bewirkt hat. Bei Auskehrung der Quote lebte seine Haftung wieder auf, denn er entzöge der Gesellschaft gerade das, (wenn auch nur als Quote), was er an Haftungsmasse einzuschießen verpflichtet war. Die in diesem Zusammenhang auftauchenden Fragen werden ausführlich diskutiert werden (Kapitel 2, 9 d), so daß sich hier weitergehende Erörterungen erübrigen.

b) Einwendung des ausgeschiedenen Kommanditisten aa) Aufrechnung mit einer Drittgläubigerforderung Der Beispielsfall von oben (unter Kapitel 2, 8 c aa (1)) ist hier mit der Maßgabe heranzuziehen, daß nunmehr ein ausgeschiedener Kommanditist haftet, sei es, weil er die Hafteinlage nie erbracht oder sei es, weil er das Auseinandersetzungsguthaben erlangt hat. Rechnet der ausgeschiedene, haftende Kommanditist mit einer Drittgläubigerforderung gegen die Gesellschaft gegenüber dem Konkursverwalter, der die Haftsumme geltend macht, auf, so liegt ebenso wie beim aktiven Gesellschafter 346

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 10, § 172 Anm. 8; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 21; Heymann/Kötter, HGB, § 171 Anm. 2; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 31, § 172 Anm. 29; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 162f, zur Frage der Analogie: S. 92; Schwalb, ZHR 34, 338 (403); Tschierschke, S. 87. 347

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 163; für letzteren Fall spricht Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 33, von einem "Bereicherungsanspruch an die Masse" in Höhe der Konkursquote, der zur Aufrechnung gegen den Hafteinlageanspruch geeignet sei. 348

K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 154ff.

104

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

eine Voraussetzung des § 387 BGB nicht vor. Es fehlt an der Gegenseitigkeit349. Manche Autoren 350 versagen daher gänzlich die Aufrechnung, zumal da dem Ausgeschiedenen eine andere Einwendung zu Gebote stehe. Er könne den Gläubigern (und damit wohl auch dem Konkursverwalter,^. Verf.) entgegenhalten, er habe der Gesellschaft Vermögenswerte zugeführt, ohne eine Gegenleistung zu empfangen. In Höhe des objektiven Wertes des von ihm Geleisteten könne er daher nicht in Anspruch genommen werden. Weber 351 verweist darauf, daß die Aufrechnung des ehemaligen Gesellschafters mit einer Forderung gegen die Gesellschaft allen Gesellschaftsgläubigern zugute kommt, der Ausgeschiedene aber nur den Altgläubigern haftet. Auch insofern fehle es an der Gegenseitigkeit. Nach überwiegender Auffassung 352 wird die Aufrechnung zugelassen unter Berufung darauf, daß sich der Kommanditist, auch der frühere, der keine Einlage mehr schuldet, durch Zahlung an die Gesellschaft von der Haftung befreien könne. Der vormalige Gesellschafter habe der KG das zugeführt, was er als Konkursquote bekommen hätte, wenn er seine Forderung als Konkursgläubiger hätte geltend machen können und diesen Weg statt der Aufrechnung gegangen wäre. Dieser Betrag sei dann ausschließlich den Altgläubigern zur Verfügung zu stellen (Bildung einer Sondermasse, s. Kapitel 2, 7 b bb) 3 5 3 . Ähnlich argumentiert der BGH 354. Nach ihm darf der Altkommanditist nicht schlechter gestellt werden als der aktive, der sich ja durch Aufrechnung von seiner Hafteinlageschuld befreien kann. Darauf, daß eine Aufrechnung allen Gesellschaftsgläubigern zum Vorteil gereicht, wird dabei nicht näher eingegangen. Was das Gegenseitigkeitserfordernis anbetrifft, so verweist das Gericht auf eine frühere Entscheidung des gleichen Senats355, in der § 387 BGB entsprechend angewandt

349

Tschierschke, S. 41, 86; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31.

35

°Tschierschke, S. 41, 86f; wohl auch Lichtenberg, S. 31, 92.

35

Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 31.

352

Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 34; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 36; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 118; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 634; BGH BB 81, 813; nach RGZ 37, 82 (85) ist ein Kommanditist, der der Gesellschaft keine Einlage schuldet, hinsichtlich der Befriedigung der gegen die Gesellschaft bestehenden Forderungen wie ein Einlageschuldner zu behandeln. 353

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 162, für den Fall der Aufrechnung mit dem Abfindungsanspruch im Konkurs. 354

B G H BB 81, 813 für eine GmbH & Co KG.

355

B G H Z 58, 72 (75).

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

105

wurde. Damals ging es um die Aufrechnung des aktiven Kommanditisten, die unter der Voraussetzung zugelassen wurde, daß der Gesellschafter noch der KG angehört und der Kreis der Konkursgläubiger sowie derjenige der Gläubiger, denen der Kommanditist haftet, deckungsgleich sind. Der Vergleich der beiden Entscheidungen läßt insoweit eine gewisse Widersprüchlichkeit erkennen. Auf den Punkt gebracht unterscheiden sich die Fallkonstellationen aa. und bb. hinsichtlich Drittgläubigerforderungen wie folgt: Der ehemalige Gesellschafter haftet nur den Altgläubigern, eine Aufrechnung würde aber zugleich den Neugläubigern anteilmäßige Befriedigung verschaffen. Wenn zum Beispiel der Kommanditist Κ nach seinem Ausscheiden die Einlage zurückerhalten hat, wodurch seine Haftung wieder auflebt, und er der KG ein Betriebsgrundstück verkauft, so verbleibt der Gesellschaft bei Aufrechnung das Grundstück. Die Kaufpreisforderung und der Haftungsanspruch sind erloschen (§ 389 BGB). Das Betriebsgrundstück kommt in der Insolvenz den Alt- und Neugläubigern zugute, da es in das allgemeine Gesellschaftsvermögen eingebunden ist. Hätte der Altkommanditist hingegen, statt eine Drittgläubigerforderung zu begründen, mit der er dann aufrechnete, die Haftsumme an den Konkursverwalter geleistet, wäre diese ausschließlich den Altgläubigern zugute gekommen. Die Frage ist, ob man diesen "Schönheitsfehler" hinnehmen möchte. Wenn man das Gegenseitigkeitserfordernis mit dem Hinweis auf eine mögliche Haftungsbefreiung durch Zahlung an die Gesellschaftskasse aushebelt, kann man dieses Argument auch für das hier in Rede stehende Problem nutzbar machen. Der ausgeschiedene Kommanditist kann seine Enthaftung dadurch bewirken, daß er die Schmälerung des Gesellschaftsvermögens wieder rückgängig macht, auch wenn er der Gesellschaft nichts schuldet, so jedenfalls die h.M 3 5 6 . Hätte der vormalige Kommanditist seine Einlage nicht zurückverlangt, so käme diese auch den Neugläubigern zugute. Dann spricht aber nichts dagegen, wenn dieses Resultat wiederum durch Rückgängigmachung der Einlagenrückgewähr eintritt. Ob dies durch Zahlung in das Gesellschaftsvermögen oder durch Aufrechnung geschieht, ist ohne Bedeutung. Die Altgläubiger müssen mit dem Risiko leben, daß sie zu den Neugläubigern in Konkurrenz treten. Eine Aufrechnung des ehemaligen Gesellschafters wäre daher vertretbar.

356

V g l . die Nachweise unter Kapitel 2, 8 c aa (1).

106

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs bb) Aufrechnung mit Sozialforderungen

Angenommen, der Kommanditist Κ scheidet aus der X-KG aus, wobei er lediglich einen Teil seines Auseinandersetzungsguthabens ausbezahlt erhalten hat. In Höhe des an ihn ausgekehrten Betrages lebt die Haftung wieder auf (§ 172 Abs. 4 HGB). Mit dem ihm zustehenden Restbetrag möchte K, nachdem das Konkursverfahren über das Gesellschaftsvermögen eröffnet wurde, gegenüber dem die Haftung realisierenden Konkursverwalter aufrechnen. Auch bei dieser Variante fehlt es an der Gegenseitigkeit der Forderungen 357. Mitunter wird daraufhingewiesen, daß die Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch einer Einlagenrückgewähr gleichkäme (§ 172 Abs. 4 HGB), so daß sie zu versagen sei, weil sie den Kommanditisten wieder persönlich haftbar machte 3 5 8 . Bei gegenteiliger Auffassung würde das Haftungssystem der §§ 128, 161 359

Abs. 2, 171 HGB illusorisch werden . Mit der gleichen Begründung verneint man die Aufrechnung mit einem zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme durch einen Gesellschaftsgläubiger entstehenden Ersatzanspruch gem. § 110 HGB. Entgegen der h.A. bejaht K. Schmidt 360 die Aufrechenbarkeit. Er sieht schon im Ausscheiden eine Einlagenrückgewähr und muß schließlich, um die Haftung abzuwenden, die Verrechnung durch Rechtsgeschäft oder mittels Automatik zulassen. Hiergegen wendet sich Gursky 361 , der zutreffend auf die Gefahr einer Risikokumulation hinweist. Mit der h.M 3 6 2 wird man daher unter Einlagenrückzahlung die Zuwendung von Vermögenswerten aus dem Gesellschaftsvermögen an den (ausgeschiedenen) Gesellschafter ohne angemessene Gegenleistung verstehen.

35?

Lichtenbcrg, S. 31, m.w.N.

OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043; Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 172 Anm. 10, nach dem schon der Anspruch auf Rückzahlung den Gesellschaftsgläubigern gegenüber unwirksam sein soll; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 36; Lichtenberg, S. 32f; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 40; Tschierschke, S. 87; Unger, KTS 60, 33; Weipert in RGRK HGB, § 172 Anm. 31. 359

O L G Hamburg HRR 34, Nr. 1043.

36

° K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 159ÌT; ders., ZGR 76, 307 (331), für die Umwandlung eines Abfindungsanspruchs in ein Darlehen; gegen die Aufrechnungsbefugnis aber wohl Keuk, ZHR 135,410(424). 361

362

Gursky, DB 78, 1261 (1264).

B G H Z 39, 319 (331); OLG Düsseldorf GmbHRdsch 59, 114; BAG ZIP 83, 170 (172); Schilling in GK HGB, § 172 Anm. 29; Weipert in RGRK HGB, § 172 Anm. 29.

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

107

4. Aufrechnungsmöglichkeit des aktiven Kommanditisten mit einer Privatforderung gegen einen Gesellschaftsgläubiger gegenüber dem Konkursverwalter bzw. gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Konkurs Kommanditist Κ hat seine Hafteinlage in Höhe von DM 30.000 nicht erbracht. Der Gesellschaftsgläubiger G schuldet ihm aus einem Autokauf noch 45.000 DM. Die Forderungen des G gegenüber der insolventen KG aus Warenlieferungen belaufen sich auf DM 70.000. Nun fordert der Konkursverwalter von Κ i.R.v. § 171 Abs. 2 HGB die Haftsumme ein. Κ will hiergegen mit seiner Forderung gegen G aufrechnen. Könnte der Kommanditist mit einer Privatforderung gegen einen Gesellschaftsgläubiger gegenüber dem ihn auf die Leistung der Haftsumme in Anspruch nehmenden Konkursverwalter aufrechnen, so erlangte der Gesellschaftsgläubiger G, dessen Recht der Verwalter ja geltend macht, zu Lasten der übrigen Gläubiger volle Befriedigung. Dieses Resultat will § 171 Abs. 2 HGB jedoch gerade vermeiden 363 . Gleiches gilt natürlich auch für eine Aufrechnung direkt gegenüber dem Gesellschaftsgläubiger 364. Umgekehrt kann dann natürlich auch der Gesellschaftsgläubiger nach Konkurseröffnung nicht gegenüber dem Kommanditisten aufrechnen, 365da die Befugnis zur Geltendmachung der Haftung auf den Konkursverwalter übergegangen ist 3 " 6 und sich der aufrechnende Gläubiger gegenüber dem Kommanditisten

363

Ebenroth, JZ 85, 322 (324); Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 34; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3B; ausdrücklich Heymann/Kötter, HGB, § 171 Anm. 3; Keuk, ZHR 135, 410 (434); Schìegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 106; Jaeger/Weber, HGB, §§ 209, 210 Anm. 31; vgl. auch BGHZ 42, 192 (194); 58, 72 (76) allgemein zu diesem Zweck des §171 Abs. 2 HGB. 364

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 17; Lichtenberg, S. 39; Leven, S. 96, einschränkend S. 100; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 126; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 40; Westermann I, Rn. 907; BGHZ 42, 192 (194); a.A. Ritter, HGB, § 171 Anm. 5, der auch die §§ 53 ff KO als nicht entgegenstehend ansieht. 365 Ebenroth, JZ 85, 322 (324); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 126; a.A.: RGZ 41, 25 (27ff). Nach dem damals geltenden Recht gab es keine dem § 171 Abs. 2 HGB entsprechende Norm. Dazu, ob die Aufrechnungsmöglichkeit des Gesellschaftsgläubigers, der zugleich Gesellschaftsschuldner ist, auch nach Konkurseröffnung gegeben ist, soweit die Aufrechnungslage vor Konkurs bestand (§§ 53ff KO), vgl. Häsemeyer, ZHR 149, 42 (58). 366 S o ausdrücklich BFH JZ 85, 346 (347); vgl. auch Fischer, Anm. zu BGH L M Nr. 5 zu § 171 HGB; Kuhn, FS f. Schilling, S. 69 (740; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 44; zur Überleitung des Haftungsanspruchs auf den Konkursverwalter: BGH NJW 58, 1139; BGHZ 58, 72 (76).

108

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

auf Kosten seiner Gläubigerkonkurrenten befriedigte. Der Gläubiger kann dem Kommanditisten jedenfalls im Konkurs keine bestimmte Haftungsrealisierung aufzwingen, weil sich dieser aufgrund des § 171 Abs. 2 HGB nur noch durch Leistung in die Konkursmasse von der Haftung befreien kann 367 . Der Gläubiger ist ebensowenig in der Lage, gegenüber dem Zessionar aufzurechnen, an den der Kommanditist seine Privatforderung gegen den Gesellschaftsgläubiger abgetreten hat. Einen solchen Fall hatte derBFH 36* zu entscheiden: es wäre auch nach § 406 BGB unverständlich, wenn der Gläubiger, der mit Konkurseröffnung die Aufrechnungsbeftignis verloren hat, diese im Falle einer Forderungszession wiedererlangen sollte. Nach § 398 S. 2 BGB könne der Zessionar gegen eine Aufrechnung alle Gegenrechte des Zedenten, mithin auch die Einrede aus § 171 Abs. 2 HGB geltend machen. Durch die Aufrechenbarkeit würde auch der Regelungszweck des § 171 Abs. 2 HGB, für eine gleichmäßige Gläubigerbefriedigung zu sorgen, vereitelt. Der Gläubiger befriedigte sich letztlich auf Kosten der Hafteinlage des Kommanditisten, weil der Zessionar, dem die Forderung aus der Hand geschlagen würde, seinerseits bei dem Zedenten, also dem Kommanditisten, Regreß nehmen könnte, denn die Forderungsabtretung erfolge im Zweifel erfüllungshalber. Ebenroth 369 kritisiert an der Entscheidung zu Recht, daß das Rekurrieren des BFH auf § 398 S. 2 BGB hier an der Sache vorbei geht, denn die Konkurseröffnung erfolgte nach der Zession, so daß dem Kommanditisten bis zur Abtretung der Einwand aus § 171 Abs. 2 HGB gar nicht zustand. Entscheidend sei vielmehr, daß die Aufrechnung gegenüber dem Zessionar die anteilmäßige Gläubigerbefriedigung zunichte mache. Statt des Gesellschaftsgläubigers könnte auch nicht der Konkursverwalter gegenüber dem Zessionar aufrechnen, denn dadurch käme es ebenfalls zu einer Befriedigung des Gesellschaftsgläubigers zum Nachteil der übrigen 370 .

367

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (58f).

368

B F H JZ 85, 346 (348).

369

Ebenroth, JZ 85, 322 (324f); entgegen Ebenroth, a.a.O., S. 325, scheitert die Aufrechnung des Kommanditisten gegen die Einlagepflicht mit einem Anspruch aus § 110 HGB im Konkurs nicht an § 55 Nr. 2 KO, weil der Regreßanspruch schon aufschiebend bedingt durch die Gläubigerbefriedigung entstanden war. 37

°Ebenroth, JZ 85, 322 (325).

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

109

5. Aufrechnung des Ausgeschiedenen mit einer Privatforderung gegen Altgläubiger gegenüber dem nach § 171 Abs. 2 HGB vorgehenden Konkursverwalter bzw. gegenüber den Altgläubigern Für diese Sachverhaltskonstellation kann man den unter Kapitel 2, 8 d aufgeführten Beispielsfall fruchtbar machen, wobei nunmehr Κ seine Hafteinlage nach Ausscheiden aus der Gesellschaft in Form des Auseinandersetzungsguthabens zurückerlangt hat. G ist ein Altgläubiger. Außerhalb des Konkurses kann der ausgeschiedene Kommanditist, hier K, mit einer Privatforderung gegenüber dem ihn belangenden oder gegenüber einem anderen Altgläubiger aufrechnen und seine Haftung erschöpfen 371, denn er hat dadurch das Gesellschaftsvermögen in Höhe der getilgten Schuld vermehrt 372 respektive die Haftsumme an den Gläubiger erbracht. Mit Konkurseröffnung versagt der Regelungszweck des § 171 Abs. 2 HGB die Aufrechnung gegenüber Altgläubigern 373 .

6. Aufrechnungsmöglichkeit des Kommanditisten, der einer Gesellschaftsschuld beigetreten ist oder sich für eine solche verbürgt hat, mit einem Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft aufgrund Gläubigerbefriedigung gegenüber dem Haftanspruch aus § 171 Abs. 2 HGB Hier geht es um den Fall, daß ein beschränkt haftender Kommanditist - er hat seine Haftsumme nicht geleistet - sich zusätzlich für eine Gesellschaftsschuld gegenüber einem Gesellschaftsgläubiger verbürgt hat oder einer solchen Schuld beigetreten ist. Nunmehr befriedigt er im Konkurs einen Gesellschaftsgläubiger und möchte mit der nach § 774 Abs. 1 BGB bzw. § 426 Abs. 2 BGB auf ihn übergeleiteten Forderung gegenüber dem Anspruch aus § 171 Abs. 2 HGB aufrechnen. Das RG374 gestand einem Kommanditisten für den Fall der Zahlung aus einer Bürgschaft die Aufrechenbarkeit des Erstattungsanspruchs gegen die

371

B G H Z 39, 319 (328); 42, 192 (193).

372

Lichtenberg, S. 30; Tschierschke, S. 39. 373

Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 36; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 118; Tschierschke, S. 85f; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 634; BGHZ 42, 192 (194).

110

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Gesellschaft gegenüber einem Pflichteinlageanspruch im Konkurs zu, wobei es zur Zeit der Geltung des ADHGB noch keine dem § 171 Abs. 2 HGB entsprechende Vorschrift gab. Der BGH 375 hatte dagegen über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem der Kommanditist mit einem Erstattungsanspruch infolge einer Gläubigerbefriedigung auf der Basis eines Schuldbeitritts gegenüber dem Haftsummenanspruch aus § 171 Abs. 2 HGB aufrechnete. Dem Gericht zufolge soll es den Gesellschaftsgläubigern nicht zum Nachteil gereichen, daß der Kommanditist gegenüber einem Gläubiger einen zusätzlichen Verpflichtungsgrund geschaffen hat. Das kumulative Einstehenmüssen sei sein Risiko (vgl. schon oben unter Kapitel 2, 8 b). Die Gefahr der Doppelinanspruchnahme setze sich im Konkurs fort. Werde der Kommanditist im Konkurs aus dem Schuldbeitritt in Anspruch genommen, so könne er besagtes Risiko nicht durch Aufrechnung gegenüber dem Hafteinlagenanspruch auf die anderen Gesellschaftsgläubiger überwälzen. Anderenfalls würde die Ratio des § 171 Abs. 2 HGB, die Haftsumme der Gläubigergesamtheit zur Verfügung zu stellen, nicht erreicht. Der Kommanditist sei nur wie jeder andere Gesellschaftsgläubiger hinsichtlich seines Erstattungsanspruchs zu behandeln, soweit die Schuldbeitrittsverpflichtung über die gesellschaftsrechtliche Haftung hinausgehe. Die frühere Literatur 376 bejahte mit dem RG die Regreßaufrechnung, wobei § 55 KO dem nicht entgegenstehen sollte, denn der Rückgriffsanspruch sei schon durch die Bürgschaftsübernahme vor Konkurseröffnung aufschiebend bedingt entstanden (§ 54 Abs. 1, Abs. 3 KO). Nunmehr findet die Rechtsprechung des BGH in der Literatur 377 nahezu uneingeschränkte Zustimmung. In der neueren Literatur gesteht einzig von Gerkan 378 dem Kommanditisten die Aufrechnung auch mit dem Betrag zu, der die

374

R G Z 37, 82 (87)=37, 133 (137).

375 B G H Z 58, 72 (76ff); weiterhin RG JW 07, 275 Nr. 39; vgl. auch die Bestätigung in BGH NJW 74, 2000 (200 lf) für den Fall einer Bürgschaft. 376

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 16; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 34; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 40; vgl. zu den §§ 53ff KO, die der Aufrechnung nicht entgegenstehen: BGH NJW 74, 2000 (2001); NJW 90, 3145. 377

Kuhn, W M 74, 674 (680); Lichtenberg, S. 8Iff, unter Betonung des Konkurszwecks einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1095; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 165; widerspüchlich: Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, 1. Aufl., S. 219, 221f; a.A., ohne Begründung: Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 36. 37R

von Gerkan, FS f. Kellermann, S. 67 (73).

VIII. Eigene Einwendungen des Kommanditisten

111

Haftsumme nicht übersteigt. Dies setze allein voraus, daß die Aufrechnung nicht zum Nennwert, sondern in Höhe der Werthaltigkeit der Gegenforderung erfolge. Hierdurch würde das Erfordernis der Aufbringung des haftenden Kapitals nicht beeinträchtigt, da sich der Aufrechnende nicht mehr verschafft, als das, was ihm anderenfalls auf seine Forderung als Konkursquote auszuschütten wäre. von Gerkan übersieht dabei, daß der Kommanditist aus dem zusätzlichen Verpflichtungsgrund keinen Vorteil ziehen darf. Wie dargelegt, muß der zusätzliche Verpflichtungsgrund - etwa eine Bürgschaft oder ein Schuldbeitritt - unberücksichtigt bleiben. Dann aber stimmt die Prämisse, der Kommanditist erhalte nur die Konkursquote - und damit bleibe die insolvenzrechtliche Gleichbehandlung gewahrt, nicht. Erhält er nämlich die Quote, so liegt hierin eine Teilrückgewähr der Haftsumme (§ 172 Abs. 4 HGB), die doch den normalen Gesellschaftsgläubigern zugute kommen soll. Der Kommanditist ist primär Haftender und erst sekundär Gesellschaftsgläubiger. Er soll nicht selbst als Konkursgläubiger an seiner eigenen Hafteinlage teilhaben 379 . Wenn der BGH feststellt, daß der Kommanditist mit dem über die Haftsumme hinausgehenden Rückgriffsanspruch wie die übrigen Gesellschaftsgläubiger zu behandeln sei, so bedeutet das möglicherweise, daß er auch insoweit nicht gegen die Haftsummenforderung des Konkursverwalters aufrechnen kann. Dies deshalb nicht, weil er sich sonst als Gläubiger im Konkurs der Gesellschaft befriedigen würde und zwar auf Kosten der Mitgläubiger. Die Haftungsbefreiung wäre im Ergebnis Folge der Einzelgläubigerbefriedigung und das sollte ja durch § 171 Abs. 2 HGB vermieden werden. Jedoch greift der Rechtsgedanke des § 171 Abs. 2 HGB nicht, soweit es um den die Haftsumme übersteigenden Regreßbetrag geht. Eine Aufrechnung mit diesem, die Hafteinlage überschießenden Wert muß daher unter Berücksichtigung der Voraussetzungen der §§ 53 ff KO zulässig sein 380 .

379

B G H Z 69, 274 (280); Hillers, S. 227.

-ion Vgl. BGHZ 58, 72 (770; BGH NJW 74, 2000 (2001); von Gerkan, FS f. Kellermann, S. 67 (690; Lichtenberg, S. 82f; problematisch ist nur, ob die Aufrechnung zum Nennwert oder aber nur in Höhe der objektiven Werthaltigkeit der Gegenforderung möglich ist: für ersteres wohl BGHZ 58, 72 (770; BGH NJW 74, 2000 (2001); a.A.: von Gerkan, a.a.O., S. 68, 72f, der hinsichtlich des Wertgehalts der Gegenforderung auf die spätere Konkursquote abstellt (S. 75).

112

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

I X . Der Kommanditist als Konkursgläubiger Nachdem Haftungsfragen in bezug auf den Kommanditisten abgeklärt wurden, stellt sich nunmehr die weitere Frage, ob der Kommanditist seinerseits Konkursgläubiger sein kann oder ob seine Gesellschafterstellung bzw. - bei seinem Ausscheiden - Nachwirkungen derselben einer Konkursbeteiligung entgegenstehen.

1. Teilnahme des (ehemaligen) Gesellschafters mit einer Drittgläubigerforderung am Gesellschaftskonkurs Unproblematisch ist, daß der Kommanditist mit einer Drittgläubigerforderung, wenn er etwa der Gesellschaft ein Grundstück verkauft hat, Konkursgläubiger in der Insolvenz der KG sein kann 381 . Selbiges gilt freilich auch für den Altkommanditisten, denn durch die Begleichung dieses Anspruchs wird ihm keine 382

Hafteinlage zurückgewährt

2. Konkursbeteiligung mit dem aktiven Kapitalanteil? Den aktiven Kapitalanteil darf der Kommanditist im Gesellschaftskonkurs keinesfalls geltend machen, denn dieser soll gerade Haftungsobjekt der "normalen" Gesellschaftsgläubiger sein 383 . Dementsprechend kann auch ein Abfindungsanspruch im Konkurs nicht angemeldet werden, solange der Gesellschafter nicht tatsächlich ausgeschieden ist. Denn dann bildet die Abfindungsforderung noch keinen zur Zeit der Konkurseröffnung begründeten Vermögensanspruch i.S.v. § 3 KO384.

381

Beelitz, S. 125; Häsemeyer, ZHR 149, 42 (66); Jaeger, Der Konkurs, S. 95f; Jaeger, KO, §§ 209, 210 Anm. 15; Kilger, KO, § 209 Anm. 7; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1104; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 140; Schneider, BB 54, 246; Jaeger/Weber, KO, § 209, 210 Anm. 26; Westermann I, Rn. 722. 382

Tschierschke, S. 67.

TOT

Vgl. ROHGE 5, 204 (206); OLG Karlsruhe OLGE 11, 407; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 26; das gilt auch fur den unbeschränkt haftenden Gesellschafter: BGHZ 69, 274 (280); BGH NJW 81, 2251 (2252); BGH NJW 85, 1468 (1470); Jaeger/Henckel, KO, § 3 Anm. 18; Wissmann, S. l O l f m.w.N. 3

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 141.

113

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

Hingegen ist nach h.A. die Teilnahme des ehemaligen Gesellschafters mit dem 385

Abfindungsanspruch am Gesellschaftskonkurs möglich . Probleme entstehen dann, wenn Altgläubiger vorhanden sind, denen der Ausgeschiedene haftet. Dann hätte die Auszahlung der Dividende auf den Abfindungsanspruch ein Wie386

deraufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB zur Folge . Wohl besteht die Möglichkeit der Konkursbeteiligung aber hinsichtlich der ihm nach Leistung der Haftsumme auf sein Privatkonto gutgeschriebenen Gewinnanteile 387 , so daß Sozialansprüche nicht generell von einer Anmeldung im Konkurs ausgeschlos•

λ

3 8 8

sen sind

. 3. Konkursgläubigerstellung des Kommanditisten, welcher einen Gesellschaftsgläubiger vor Konkurseröffnung befriedigt hat, aufgrund des Erstattungsanspruchs nach § 110 HGB bzw. § 426 BGB

a) Gläubigerbefriedigung

durch den aktiven, haftenden Kommanditisten

Der haftende Kommanditist - er hat seine Hafteinlage nicht erbracht - wird vor Eröffnung des Konkursverfahrens von einem Gesellschaftsgläubiger nach § 128 HGB i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 171 Abs. 1 HGB in Anspruch genommen. Der Gesellschafter befriedigt diesen und meldet seinen Erstattungsanspruch aus § 110 HGB im darauffolgenden Gesellschaftskonkurs an.

385

ROHGE 10, 57 (62); RGZ 7, 93 (95); BGHZ 27, 51 (59); Beelitz, S. 125; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 773; Jaeger, Der Konkurs, S. 97, für den unbeschränkt haftenden Gesellschafter; so wohl auch Tschierschke, S. 49; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 63; Ulmer in GK HGB, § 131 Anm. 64, § 138 Anm. 34; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 27. 386 Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 63; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 172 Anm. 17; Tschierschke, S. 80 und Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 27, lassen die Anmeldung zu, die Dividende soll hingegen den Gläubigern zufallen, denen die Altkommanditisten haften; ebenso Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 773; nach K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 143, lebt die Haftung schon mit der Umwandlung der Einlage in den Abfindungsanspruch wieder auf.

387

Beelitz, S. 126; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 141 (Grenze: § 172 Abs. 4 S. 2 HGB); Schneider, BB 54, 246; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 625; RFHE 26, 108 (1090388

Jaeger, Der Konkurs, S. 96; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1104; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 141; Beelitz, S. 126, der die Teilnahme mit Forderungen aus § 110 HGB am Konkurs generell zuläßt, weil diese angeblich mit der Kapitalbeteiligung nichts zu tun hätten; a.A.: Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 564, Fn. 2; Lehmann/Hoeniger, S. 272 Fn. 3. 8 Armbruster

114

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Beelitz 389 bejaht ohne weiteres ein Konkursteilnahmerecht, weil Ansprüche aus §110 HGB "reine Gesellschaftsschulden" und somit Konkursforderungen seien. Keuk 3 9 0 verneint hingegen die Beteiligung des Kommanditisten mit seinem Regreßanspruch. Dies deshalb, weil der Gesellschafter fur die Gesellschaftsgläubiger primär Haftender sei und erst in zweiter Linie ebenfalls Gesellschaftsgläubiger. Im Konkurs sollten dann die Schuldner (als Mitglieder der Gesamthand) nicht den Gesamthandsgläubigern etwas aus der Konkursmasse wegnehmen können. Erstere hätten nicht bloß Haftungsmasse für die Gesellschaft vorzuschießen, sondern ihre Haftung sei eine endgültige. Daraus folgt die Versagung des Konkursteilnahmerechts der Gesellschafter, solange noch "Nur-Gesellschaftsgläubiger" vorhanden sind, weil deren Quote verringert würde. Die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs im Gesellschaftskonkurs wird sonach durch § 172 Abs. 4 HGB gehindert. Infolge der Gläubigerbefriedigung trat Haftungserschöpfiing ein (§171 Abs. 1 HS 1 HGB), die durch die Ausschüttung im Konkurs rückgängig gemacht würde 391 . Wenn freilich der Gesellschafter alle Gesellschaftsgläubiger vor Konkurseröffnung befriedigt, so soll einer Geltendmachung der Rückgriffsansprüche im Gesellschaftskonkurs nichts entgegenstehen392. Hat der Kommanditist Κ einer GmbH & Co KG seine Hafteinlagae in Höhe von DM 1 Mio - die Pflichteinlage soll erheblich niedriger sein - nicht erbracht und sind die einzigen (Groß-) Gläubiger der insolventen KG, A und B, mit Ansprüchen von jeweils D M 400.000 vor Verfahrenseröffnung von Κ befriedigt worden, so ist die Geltendmachung von DM 800.000 seitens des Κ im Konkurs der Gesellschaft ohne weiteres möglich. Fraglich ist nur, ob es dann überhaupt zu einer Konkurseröffnung über das Gesellschaftsvermögen kommen kann. Befriedigt Κ - unter Abwandlung des Grundfalles bei gleicher Haftsumme - den Großhändler C in Höhe von D M 1,2 Mio vor Verfahrenseröffnung, so kann er selbstverständlich in Höhe von DM 200.000 neben A und Β Konkursgläubiger sein. Hiergegen spricht nicht § 68 KO, da diese Vorschrift für die Gläubigerbe393

friedigung vor Konkurseröffnung nicht gilt

-ÎOQ

Beelitz, S. 126f. 39 ° K e u k , ZHR 135, 410 (441t), in Anlehnung an Müller, NJW 68, 225 (229f), für eine OHG; vgl. auch Blomeyer, BB 68, 1461 (1462ff); Mohrbutter, NJW 68, 1125 (11260; kritisch hierzu Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 26.

391

Wissmann, S. 136. 3

Wissmann, S. 133.

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

115

Auch nach K. Schmidt 394 scheitert die Regreßnahme im Konkurs grundsätzlich an § 172 Abs. 4 HGB. Entgegen Keuk nehme der Kommanditist den Gesellschaftsgläubigern aber nichts aus der Masse weg, weil er ja nur an die Stelle des befriedigten Gläubigers trete. Dann profitiere nicht der Kommanditist, sondern derjenige, dessen Forderung getilgt wurde. Die Meinungen von K. Schmidt und Keuk decken sich im Grunde. Zwar behauptet K. Schmidt, der Gesellschafter nehme bei einer Konkursteilnahme den Gesellschaftsgläubigern nichts aus der Masse weg, er trete vielmehr an die Stelle des befriedigten Gläubigers. Er revidiert dann aber im Grunde seine Ausführungen, indem er die Geltendmachung der Rückgriffsforderung im Konkurs an § 172 Abs. 4 HGB scheitern läßt. Man darf nämlich den Kommanditisten mit seinem Anspruch aus § 110 HGB nicht isoliert als Gesellschaftsgläubiger sehen. Daher ist auch nicht aus den Augen zu verlieren, daß der Kommanditist für die Gesellschaftsgläubiger einen potentiellen Haftungsfonds bildet, entweder mittelbar über die Einlage bzw. Hafteinlage oder direkt. Hat er, wie hier, seine Haftsumme durch Gläubigerbefriedigung geleistet, so darf er sie nicht von der Gesellschaft zurückfordern, wenn dies zu Lasten der übrigen Konkursgläubiger ginge; deren Quote würde verkürzt werden. Der Einwand liegt nahe, der Kommanditist sei auch Konkursgläubiger und die Bevorzugung des befriedigten Gesellschaftsgläubigers sei eben außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt. Der konkursrechtliche Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz wäre demnach nicht berührt. Entscheidend ist aber, daß dann, wenn sich der Gesellschafter mit einer Regreßforderung beteiligt, er die Einlageleistung i.S.v. § 171 Abs. 1 HS 2 HGB bzw. die Enthafitung (§171 Abs. 1 HS 1 HGB) rückgängig macht (§ 172 Abs. 4 HGB (analog)) 395 . Plakativ deutlich wird dies, wenn das Modell Häsemeyers 396 von der haftungsrechtlichen Zuweisung des Kommanditistenvermögens zum Gesellschaftsvermögen bis zur Höhe der Haftsumme herangezogen wird. Es ist also daran festzuhalten, daß der haftende Kommanditist mit seinem Erstattungsanspruch gem. § 110 HGB aus einer vorkonkurslichen Gläubigerbefriedigung nur dann Konkursgläubiger sein kann, wenn keine anderen Gesellschaftsgläubiger mit ihm konkurrieren, denen

393

Vgl. nur Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 11: maßgebender Zeitpunkt ist die Eröffnung des Konkursverfahrens. 394

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 146f, vgl. auch S. 92, 152f. 395

Heymann/Kötter, HGB, § 171 Anm. 2; vgl. zur Frage der Analogie: Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 21; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 92. 3%

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (45, insbes. S. 49ff).

116

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs 397

gegenüber seine Haftung wieder aufleben könnte allenfalls beim Altkommanditisten.

. Praktisch relevant wird das

b) Altgläubigerbefriedigung durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten Für diese Problematik kann man sich den obigen (Kapitel 2, 9 c) Beispielsfall nutzbar machen, wenn man ihn geringfügig abwandelt. Es soll sich nunmehr um einen haftenden, ausgeschiedenen Kommanditisten handeln, der ebenfalls vor Eröffnung des Konkursverfahrens einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt hat. Seinen Erstattungsanspruch aus § 426 BGB 3 9 8 möchte auch er im Konkursverfahren anmelden. Eine solche Sachverhaltskonstellation hatte der BGH 399 zu entscheiden und er bejahte das Recht zur Konkursteilnahme mit dem Erstattungsanspruch für den Fall, daß der ehemalige Kommanditist die Altgläubiger, denen er haftet, befriedigt. Dann nämlich geht § 172 Abs. 4 HGB ins Leere 400 . Zwar gehört zur Rückzahlung der Einlage i.S.v. § 172 Abs. 4 HGB auch die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens an den ausgeschiedenen Kommanditisten. Die Haftung kann aber nur dann aufleben, wenn der vormalige Gesellschafter bestimmten Gesellschaftsgläubigern haftet. Das ist bei Befriedigung aller Altgläubiger gerade nicht der Fall. Anders ist allerdings zu entscheiden, wenn der Ausgeschiedene die Altgläubiger nur zum Teil befriedigt, da hier § 172 Abs. 4 HGB relevant wird 4 0 1 . 397

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 147; Tschierschke, S. 74f; vgl. zum Konkursteilnahmerecht des nicht haftenden Kommanditisten mit einer Regreßforderung nach § 110 HGB: Hillers, S. 227.. 398

Vgl. zur Anspruchsgrundlage des § 426 BGB beim ausgeschiedenen Gesellschafter: BGHZ 39, 319 (323ff); Fischer in GK HGB, § 128 Anm. 60; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 128 Anm. 5A, wendet die §§ 670, 426 Abs. 2 BGB an; Schilling in GK HGB § 171 Anm. 42a; Westermann I, Rn. 372; kritisch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1240f m.w.N.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 773, zieht auch für den Ausgeschiedenen § 110 HGB heran. 399

4

B G H Z 27,51 (59).

° ° K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 147; Tschierschke, S. 63; Wissmann, S. 133.

401

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 10, § 172 Anm. 8, aber nicht explizit für den Ausgeschiedenen; Heymann/Kötter, HGB, § 171 Anm. 2, § 172 Anm. 3; Tschierschke, S. 75f; Wissmann, S. 135f, er versteht § 172 Abs. 4 HGB als "Konkurrenzverbot außerhalb der Konkursordnung".

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

117

Tschierschke 402 gesteht dem Altkommanditisten die Anmeldung und das Feststellenlassen seiner Rückgriffsforderung im Konkurs zu; die darauf entfallende Dividende soll aber zur zusätzlichen Befriedigung der Altgläubiger verwandt werden. Der Gesellschafter müsse hinter diesen zurücktreten. Erst ein verbleibender Überschuß - nach Vollbefriedigung aller Altgläubiger - sei an ihn auszukehren. Dagegen spreche auch nicht § 68 KO, weil die Gläubigerbefriedigung vor Konkurs dazu führe, daß in Höhe der Teilleistung keine Mehrheit von Schuldnern mehr bestehe403. Treffend ist die Begründung dieses eingeschränkten Konkursteilnahmerechts. Tschierschke 404 weist darauf hin, die Beteiligungsversagung würde ungerechtfertigterweise zum Vorteil auch der Neugläubiger erfolgen - dies im Widerspruch zur materiellen Rechtslage. Denn für den Fall, daß man dem Altgesellschafter die Beteiligung versagte, fiele die Quote der Neugläubiger höher aus - und dies, obwohl der ehemalige Kommanditist gegenüber den Neugläubigern, denen er nicht haftet, ranggleich ist. Der Altkommanditist stünde schlechter, als wenn er nach Konkurseröffnung - trotz der Sperre des §171 Abs. 2 HGB - alle Altgläubiger befriedigt hätte, weil er dann mit den Neugläubigern konkurrieren dürfte, wodurch sich deren Quote verringerte. Die Meinung Tschierschkes verdient aus den genannten Gründen den Vorzug.

4. Wird der Kommanditist, der an einen Gesellschaftsgläubiger nach Konkurseröffnung gezahlt hat, mit seiner Regreßforderung Konkursgläubiger? a) Zahlung durch den aktiven, haftenden Kommanditisten In dem Beispielsfall aus Kapitel 2, 9 c aa zahlt der haftende Kommanditist nunmehr nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen Gesellschaftsgläubiger. Hier ist allerdings bereits fraglich, ob überhaupt ein Regreßanspruch entstanden ist.

402

Tschierschke, S. 74f; vgl. zum Zurücktretenmüssen des Ausgeschiedenen gegenüber den anderen Gesellschaftsgläubigern: Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 172 Anm. 10; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 172 Anm. 17; Ritter, HGB, § 172 Anm. 5; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34; Weipert in RGRK HGB, § 172 Anm. 31. 403

Tschierschke, S. 72, 74; vor Konkurseröffnung führt nämlich eine Teilbefriedigung zu einem teilweisen Erlöschen der Forderung. 404

Tschierschke, S. 74f.

118

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Gegen eine Konkursbeteiligung des zahlenden Gesellschafters könnte zum einen eine Entstehung der Rückgriffsforderung (§110 HGB) erst nach Verfahrenseröffnung sprechen. Es gilt zu untersuchen, ob der Anspruch nicht doch schon existiert (§ 3 KO), weil das Gesellschaftsverhältnis, auf das er sich gründet, schon bestanden hat. Dies wird von Müller 4 0 5 verneint. Der Anspruch setze eine Aufwendung des Gesellschafters voraus, die aber erst nach Konkursbeginn getätigt wurde. Allerdings ist für Bürgen und Mitschuldner eines Gemeinschuldners anerkannt, daß deren Rückgriffsforderungen als bedingte Ansprüche i.S.v. § 67 KO behandelt werden 406 . Keuk 4 0 7 verneint gleichwohl - für den Komplementär die Subsumtion der Erstattungsforderung unter § 67 KO, da sonst praktisch die gesamte Konkursmasse, soweit der Gesellschafter für Gesellschaftsschulden haftet, zur Sicherung des Gesellschafters zurückzubehalten sei (§§ 154, 156, 168 Nr. 2, 169 KO). Die Autorin berücksichtigt nicht, daß derartige Ausgleichsansprüche nur insoweit zur Sicherung berechtigen, als die Hauptgläubiger - hier die Gesellschaftsgläubiger - sich nicht selbst am Verfahren beteiligen, da sonst eine Verdoppelung der Schuldenlast einträte 408 . Auch hier passen die Überlegungen Keuks und Müllers, eine Konkursbeteiligung der Kommanditisten scheitere an ihrer Stellung als Haftende und die Kommanditisten dürften nicht den "echten" Gesamthandsgläubigern die Konkursmasse streitig machen. Dem zahlenden Kommanditisten vermag auch nicht eine entsprechende Anwendung von § 407 BGB zu helfen. Schutzzweck dieser Vorschrift ist zwar das Vertrauen des Schuldners darauf, daß sein "Altgläubiger" nach wie vor der verfügungsbefugte Gläubiger der Forderung ist und schutzwürdig soll selbst grob fahrlässige Unkenntnis sein 409 . Des weiteren ist der Verwalter zwar kein neuer Gläubiger sondern bloßer Prozeßstandschafter 410 oder

405

Müller, NJW 68, 225 (230), für den unbeschränkt haftenden Gesellschafter. 406

H a h n , Materialien, Bd. IV, S. 262ff; vgl. auch Jaeger, Der Konkurs, S. 183f; Künne, KTS 57, 58 (59); Jaeger/Lent, KO, § 3 Anm. 24; Schumann, JZ 58, 427 (428), für den ausgeschiedenen Kommanditisten; Tschierschke, S. 65f, für den ausgeschiedenen Kommanditisten; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 3 Anm. 37, § 67 Anm. 3; Wissmann, S. 105, 135, 145; RGZ 85, 209 (212). 407

K e u k , ZHR 135, 410 (440); ähnlich schon RGZ 85, 209 (212).

408

K i l g e r , KO, § 67 Anm. 1; Jaeger/Lent, KO, § 67 Anm. 5; eingehend Mengering, S. 102ff; ausdrücklich auch Wissmann, S. 106. 409

Münchener Kommentar/Roth, BGB, § 407 Rn. 1, 12; Palandt/Heinrichs, BGB, § 407 Rn. 1. 41

° S o Ulmer, ZHR 149, 541 (570).

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

119

"Legitimationszessionar" 411. Immerhin kommt es für den Kommandtisten einem Gläubigerwechsel gleich, wenn er nach Verfahrenseröffnung nur noch an die Masse leisten darf. Dementsprechend erwägt Leven 412 die Heranziehung des § 407 BGB, wobei er zugleich von einem gesetzlichen Forderungsübergang ausgeht. Indes ist der Kommanditist in der Krise nicht schutzwürdig; weiß er nicht, ob das Verfahren eröffnet wurde, so sollte er tunlichst an die Masse leisten, wodurch er auf jeden Fall seine Haftungsbefreiung erzielen kann (§171 Abs. 1 HS 2 HGB) 4 1 3 . Eine gesteigerte Schutzbedürftigkeit wie bei einem sonstigen Schuldner i.S.v. § 407 BGB ist ihm nicht zuzugestehen. Die h.M. 4 1 4 überträgt ihre Ansicht zur Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters auf den Kommanditisten: beiden sei die Konkursteilnahme aufgrund des § 68 KO analog versagt. Freilich gilt das uneingeschränkt nur für die teilweise Befriedigung von Gesellschaftsgläubigern, so daß diese weiterhin ihre volle Forderung im Gesellschaftskonkurs anmelden dürfen. § 68 KO hat nur die Teilbefriedigung eines jeweiligen Gläubigers im Auge und findet daher keine Anwendung für den Fall, daß nur ein Teil der Gläubiger, denen der Kommanditist haftet, durch denselben voll befriedigt wurde 415 . Könnte ein Gesellschafter mit den Gesellschaftsgläubigern konkurrieren, so führte das zu einer Doppelbefriedigung derselben Forderung durch die Masse 416 . Demzufolge würde die

41 W e r , HGB, § 171 Anm. 5 c, unter Hinweis auf RGZ 51, 33 (37); ebenso OLG Hamburg HRR 34, Nr. 1043; vgl. zum ganzen unter Kapitel 2, 4 d bb. 412

L e v e n , S . 89ff, 117.

413

Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 37; i.E. ebenso K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 154; RGZ 37, 133 (137). 414

BGHZ 27, 51 (54) für den ausgeschiedenen Gesellschafter; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, §171 Anm. 3C; Kilger, KO, § 67 Anm. 1, § 68 Anm. 6; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 42 a; wohl auch Kilger/K. Schmidt, KO, § 67 Anm. 1, § 68 Anm. 6; Schumann, JZ 58, 427f, für den ausgeschiedenen Kommanditisten; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 7b; Jaeger/Weber, KO, § 209, 210 Anm. 34. 415

Vgl. Kubis, S. 101: der Schutz des § 68 KO strahle nicht auf die Gläubigergesamtheit aus; etwas anderes besagen entgegen Kubis, S. lOlf, indes auch nicht die Entscheidungen BGHZ 27, 51 (54, 59f); BGHZ 39, 319 (327); s. auch Hahn, Materialien, Band IV, S. 264ff; Kilger, KO, § 68 Anm. 1, 6; Jaeger/Lent, KO, § 68 Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 1; BGHZ 92, 374 (379) für die Teilerfüllung einer Bürgschaftsschuld.

120

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

vom einzelnen Gesellschaftsgläubiger zu erwartende Quote niedriger ausfallen. Das kumulative Teilnahmerecht ginge also zu Lasten der Masse, mithin gereichte es zum Nachteil aller Gläubiger. Zwar besteht anerkanntermaßen zwischen den haftenden Gesellschaftern und der Personengesellschaft kein Gesamtschuldverhältnis 417 . Trotz des Fehlens einer Mehrheit schuldender bzw. haftender Personen (§ 421 BGB) haften zwei gesonderte Vermögensmassen (Gesellschaftsund Gesellschaftervermögen) desselben Rechtsträgers nebeneinander auf die ganze Leistung, auch wenn die Beträge, für die gehaftet wird, verschieden hoch sind. Dies rechtfertigt die entsprechende Heranziehung von § 68 K O 4 1 8 . Großzügig geht man dabei über die Tatsache hinweg, daß der Gesellschaftsgläubiger hinsichtlich der Haftung des Kommanditisten aufgrund der Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB kein unmittelbares Teilhaberecht hat, was aber § 68 KO eigentlich voraussetzt. Im Gegensatz zum unbeschränkt haftenden Gesellschafter, der unbeschadet einer quotenmäßigen Befriedigung grenzenlos haftet, genügt es für die Konkursgläubigerstellung des Kommanditisten nicht, daß er die Forderung eines Gesellschaftsgläubigers vollständig tilgt. Er muß vielmehr alle Gläubiger, die am Konkurs teilnehmen, befriedigen. Ansonsten käme § 172 Abs. 4 HGB zum Tragen. Die Auskehrung des der Quote entsprechenden Betrages bedeutete eine Einlagenrückgewähr. Soweit aber der Kommanditist noch Gläubigern haftet, soll seine Einlage zu deren Befriedigung dienen. Erst nach einer Totalbefriedigung gelangt er in den Genuß der Konkursbeteiligung 419 . Ein

416

Jaeger/Lent, KO, § 3 Anm. 26a, § 67 Anm. 5; Schumann, JZ 58, 427 (428), für den ausgeschiedenen Kommanditisten; Tschierschke, S. 68f, für den ausgeschiedenen Kommanditisten; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 3 Anm. 37, § 68 Anm. 4, 7; Jaeger/Weber, KO, § 212 Anm. 1; Wissmann, S. 105; vgl. auch RGZ 14, 172 (176) für einen Bürgen; RGZ 32, 84 (88) für Mitschuldner; RGZ 37, 1 (3) für einen Bürgen oder Mitschuldner; BGHZ 27, 51 (54) für den ausgeschiedenen Gesellschafter. 417

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 128 Anm. 16; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 128 Anm. 21, 32; Pagenstecher/Grimm, S. 226 Fn. 15; Hueck, OHG, S. 320f; Kühne, ZHR 133, 149 (151); Lehmann, ZHR 79, 57 (73); Ritter, HGB, § 128 Anm. 8; RG JW 28, 2612; BGHZ 5, 35 (37); 22, 240 (246); 34, 293 (297); 47, 376 (378), mit teilweise divergierenden Ansichten hinsichtlich des ausgeschiedenen Gesellschafters. 418 O L G Colmar OLGE 15, 252 (253f); Häsemeyer, KTS 82, 1 (8); ders., KTS 82, 507 (556 Fn. 269); Kilger, KO, § 68 Anm. 5; Jaeger/Lent, KO, § 68 Anm. 4; vgl. auch Tschierschke, S. 67f, hinsichtlich der Altkommanditisten und zur Frage der Haftung "auf das Ganze"; Jaeger/Weber, KO, §212 Anm. 1; Wissmann, S. 99f.

419

Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3C; Kilger, KO, § 67 Anm. 1, § 68 Anm. 6; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 42a; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 149f; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 7b; Jaeger/Weber, KO §§ 209, 210 Anm. 34, teilweise für den ausgeschiedenen Kommanditisten.

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

121

Kollision mit den anderen Gesellschaftsgläubigern ist ausgeschlossen. Dieser Fall wird praktisch kaum eintreten. K. Schmidt 420 rekurriert zur Problemlösung in erster Linie auf § 171 Abs. 2 HGB, indem er die Frage aufwirft, ob ein Regreßanspruch des Kommanditisten aufgrund der Sperrwirkung dieser Norm überhaupt entstehen kann. Weil, so legt er dar, ein Kommanditist, der nach der Konkurseröffnung noch an einen Gesellschaftsgläubiger zahle, diesen nicht befriedigen und ebensowenig seine Enthaftung bewirken könne, schaffe nicht eine Regreßforderung, sondern ein Bereicherungsanspruch (§812 Abs. 1 S. 1 BGB) des Kommanditisten gegen den Gläubiger Ausgleich 421 . Unter Umständen könne bzw. müsse der Konkursverwalter sogar die Zahlung genehmigen (§§ 362 Abs. 2, 185 Abs. 2 BGB). So insbesondere dann, wenn der Kommanditist alle Gläubiger, denen er haftet, befriedigt habe 422 . Nur dann entstehe, so K. Schmidt, eine Rückgriffsforderung. Anderenfalls verhindere die Sperrfunktion des § 171 Abs. 2 HGB das Entstehen einer solchen. Gleiches gelte auch dann, wenn der Gesellschafter seine volle Haftsumme auf alle Gläubiger verteile, diese aber nur teilweise befriedige, ohne daß dies gleichmäßig und nur hinsichtlich derjenigen geschehe, denen er haftet. 423 Die Auffassung von K. Schmidt verdient Zustimmung, weshalb die Konkursteilnahme schon im Vorfeld von § 68 KO mangels Entstehung eines Rückgriffsanspruchs gegen die Gesellschaft scheitern muß.

b) Zahlung an Altgläubiger durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten Der Fall von Kapitel 2, 9 c soll dahin abgewandelt werden, daß eine Befriedigung von Altgläubigern nach Eröffnung des Konkursverfahrens durch den ausgeschiedenen, beschränkt haftenden Kommanditisten erfolgt.

420

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 150. 421

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 154; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 33; Leven, S. 89; s. auch Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 37; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 37; Westermann I, Rn. 907; Wissmann, S. 133f. 422

K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 154, 156; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb; Wissmann, S. 134. 423

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 158.

122

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Auch für ihn gilt, daß aufgrund der Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB die Regreßforderung, nun aus § 426 BGB (s. o., Kapitel 2, 9 c bb), schwerlich entstehen kann 424 . Wissmann 425 schildert die Stellungnahme K.Schmidts zu diesem Problemkreis, der angeblich einen Rückgriff im Konkurs an § 172 Abs. 4 HGB scheitern läßt, solange noch Gläubiger vorhanden sind, die nicht vollständig befriedigt wurden. Die zitierten Ausführungen K. Schmidts 426 betreffen indes den Rückgriffsanspruch des Kommanditisten wegen Zahlungen an den Konkursverwalter; denn nur dann kann nach seiner Auffassung § 172 Abs. 4 HGB überhaupt zum Tragen kommen. Hier hingegen entsteht laut K. Schmidt schon keine Regreßforderung, eben wegen § 171 Abs. 2 HGB. Die h.M. 4 2 7 verweist erneut auf § 68 KO, der dem Altkommanditisten die Anmeldung bei Teilbefriedigung verwehren soll. Solange auch nur ein Altgläubiger am Konkurs teilnimmt, dessen Forderung nicht getilgt wurde, scheitert die Konkursteilnahme auch an § 172 Abs. 4 HGB. Der BGH 429 vergleicht den vormaligen Kommanditisten mit einem Bürgen, der seine Regreßforderung auch nicht im Konkurs anmelden darf. Wie der Bürge soll der haftende Kommanditist den Gläubigern eine zusätzliche Befriedigungschance bieten und deshalb nicht in Konkurrenz zu ihnen treten. Hat der haftende, ehemalige Kommanditist alle Altgläubiger befriedigt, kann er seinen Rückgriffsanspruch im Konkurs anmelden, weil jetzt seine Haftung

424

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 150, 154, 156, 158; ihm folgend: Wissmann, S. 133f. An anderer Stelle formuliert K. Schmidt jedoch, § 171 Abs. 2 HGB ändere nichts daran, daß der ehemalige Kommanditist wegen seiner Ersatzansprüche gegen die Gesellschaft nicht neben den Altgläubigern am Konkurs der Gesellschaft teilnehmen könne: Kilger/K. Schmidt, KO, § 67 Anm. 1. 425

Wissmann, S. 137. 426

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 150ff. 427 B G H Z 27, 51 (54, 590; BGHZ 39, 319 (327); entgegen Kubis, S. 101, hat der BGH in BGHZ 39, 319 (327) nicht die Auffassung vertreten, § 68 KO diene dem Schutz aller (ursprünglichen) Gläubiger. Das Gericht entschied ausdrücklich nur den Fall einer teilweisen Befriedigung von Altgläubigern, die aus der Konkursmasse eine Forderungsresttilgung auf Grund von Konkursvorrechten erlangten. Fischer, Anm. zu BGH L M Nr. 2, 3, 4 zu § 172 HGB; Pagenstecher/Grimm, S. 227; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3C; Kilger, KO, § 67 Anm. 1, § 68 Anm.6; Kornblum, S. 243f; Bley/Mohrbutter, VglO, § 32 Anm. 7; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1103; Schilling, JR 64, 102 (103); ders., in GK HGB, § 171 Anm. 42a; Schumann, JZ 58, 427 (428f); Tschierschke, S. 67ff, 81; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 7, 7b; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34; so aber wohl auch Kilger/K. Schmidt, KO, § 67 Anm. 1, § 68 Anm. 6. 428

B G H Z 27, 51 (54); zustimmend: Schumann, JZ 58, 427 (428).

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

123

nicht wieder aufleben kann. Zum gleichen Ergebnis gelangt K. Schmidt 429 , demzufolge der Altkommanditist als Dritter (wegen der Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB) alle Altgläubigerforderungen in voller Höhe tilgen und dann dem Verwalter die Genehmigung abringen kann, wodurch der Erstattungsanspruch entsteht. Entgegen K. Schmidt meint Wissmann 430 ohne den Doppelberücksichtigungsgrundsatz des § 68 KO nicht auskommen zu können. Nur mittels dieser Vorschrift sei es den Gesellschaftsgläubigern möglich, auf die Konkurs- und Sondermasse zuzugreifen. Letzteres bestreitet jedoch auch K. Schmidt nicht. Er vertritt keineswegs, daß § 68 KO den Altgläubigern versagt bleiben soll, sondern verneint lediglich das Auftreten der Konkurrenz hinsichtlich der Konkursaltgläubigerschaft, da eine solche schon im Vorfeld von § 68 KO verhindert wird (s. unter Kapitel 2, 9 d aa).

c) Teilzahlungen an Altgläubiger durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten nach Konkurseröffnung bei Resttilung der Altgläubigerforderung durch die Konkursdividende Angenommen, der haftende Altkommanditist Κ zahlt nach Verfahrenseröffnung auf die noch zur Zeit seines Aktivseins begründete Forderung des Gesellschaftsgläubigers G, die sich auf DM 10.000 beläuft, DM 5.000, wobei seine Hafteinlage ebenfalls D M 5.000 beträgt. G beteiligt sich dennoch mit seinem Anspruch in voller Höhe am Konkurs der Gesellschaft. Der h.M. 4 3 1 zufolge entsteht in Höhe der teilweisen Tilgung in der Person des Altkommanditisten, hier des K, ein Regreßanspruch, dessen Geltendmachung durch § 68 KO ausgeschlossen ist, solange nicht der Gesellschaftsgläubiger volle Deckung für seine Forderung erlangt hat, und zwar auch dann, wenn der ausgeschiedene Kommanditist seine volle Haftsumme erbrachte. Ein etwa erzielter Dividendenüberschuß soll dem Rückgriffsgläubiger, also dem ehemaligen Kommanditisten K, zugute kommen. Wird er dennoch an den Gesellschaftsgläubiger ausgeschüttet, so ist dieser ungerechtfertigt bereichert.

429

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 156; vgl. auch Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d bb. 43

S. 137. 43°Wissmann, 1

Dempewolf, NJW 61, 1341 f; Jaeger/Lent, KO, § 3 Anm. 26a, § 68 Anm. 8; Tschierschke, S. 70f; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 3 Anm. 37, § 67 Anm. 3; BGHZ 27, 51 (59) ließ diese Frage offen.

124

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Streitig ist, auf wessen Kosten ein solcher Altgläubiger bereichert ist. Teilweise wird vertreten, der Hauptgläubiger habe auf Kosten des Rückgriffsgläubigers zuviel bezogen (§816 Abs. 2 BGB) 4 3 2 . Tschierschke 433 hingegen sieht die Bereicherung als auf Kosten der Masse erfolgt. Er bejaht daher einen Anspruch des Konkursverwalters aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB auf Einziehung zur Masse. In Konsequenz dessen hätten die Neugläubiger neben den Altkommanditisten, so man letzteren nun mit der h.M. ein Teilnahmerecht zugesteht, am Eingezogenen teil. Sie würden folglich mittelbar von der Haftung des vormaligen Gesellschafters profitieren. Zum Nachteil des ehemaligen Gesellschafters Κ erhielten sie eine höhere Quote. Dessen Haftung soll aber im Ergebnis nicht den Neugläubigern zum Vorteil gereichen 434. Anerkennt man im vorliegenden Fall ein Beteiligungsrecht des ausgeschiedenen Kommanditisten am Konkurs, so ist der Dividendenüberschuß entweder direkt an ihn auszukehren oder aber man befürwortet auch hier i.R. der Konkursmasse eine Sonderfondsbildung, die nur dem Ausgeschiedenen zugute kommen soll. Mit K. Schmidt 435 wird man, sofern nicht ausnahmsweise eine Genehmigungspflicht des Konkursverwalters aus § 242 BGB abzuleiten ist, aufgrund der Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB eine Konkursgläubigerstellung des Altkommanditisten ablehnen müssen. Ein Regreßanspruch ist nicht entstanden. Schließlich hat der Konkursverwalter und nicht der Kommanditist die Haftsumme auf die Gläubiger zu verteilen.

d) Teilzahlung an bevorrechtigte Altgläubiger durch den ausgeschiedenen, haftenden Kommanditisten nach Konkurseröffnung In dem eben genannten Fall soll G ein Arbeitnehmer sein, dem noch Arbeitslohn gegen die in Konkurs gefallene KG zusteht. Hier tritt der Altgläubiger, der ein Konkursvorrecht i.S.v. § 61 Abs. 1 Nr. 1-5 KO innehat, an den Altkommanditisten heran, der haftet, weil er sein Auseinandersetzungsguthaben erhalten - oder nie eine Haftsumme geleistet hat. Mit seiner

432

Jaeger/Lent, KO, § 3 Anm. 26a; Wissmann, S. 139, mit eingehender Begründung auf S. 70f. 433

Tschierschke, S. 71. 434

Das ergibt sich auch aus der Wertung des § 68 KO, vgl. K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 151. 435

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 157f.

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

125

(eventuell gegebenen) Rückgriffsforderung möchte Κ sich am Konkurs als Gläubiger beteiligen. Grundsätzlich muß, wie dargelegt, der vormalige Kommanditist, der Altgläubiger zum Teil befriedigte, hinter diesen im Konkurs zurücktreten. Die Rechtslage ändert sich jedoch dann, wenn die Altgläubiger ein Konkursvorrecht innehaben und restliche Befriedigung aus der Masse erlangen. Nach der h.M. (s.o., Kapitel 2, 9 d cc) ist ein Teilnahmerecht des ehemaligen Gesellschafters schon deswegen gegeben, weil hier § 68 KO nicht mehr einschlägig ist. Die Altgläubiger wurden vollständig befriedigt. Aber auch K. Schmidt 436 zufolge muß man die Konkursbeteiligung des ausgeschiedenen Gesellschafters bejahen. § 171 Abs. 2 HGB steht dem nicht entgegen. Die Sperrvorschrift verliert ihre Existenzberechtigung dort, wo die Gesellschaftsgläubiger mit Sicherheit vollständige Tilgung ihrer Forderung erzielen können. Bei Vorhandensein eines erstrangigen Konkursvorrechts, wie hier bei G, ist das unproblematisch, so daß der Konkursverwalter die Leistung an die Altgläubiger zu genehmigen hat (§ 242 BGB), wenn nicht schon das Vermögen des Gemeinschuldners durch Masseverbindlichkeiten aufgezehrt ist. Künftig werden die Konkursvorrechte abgeschafft 437. Eine parallele Sachverhaltskonstellation kann jedoch in Ansehung von Masseverbindlichkeiten gleichwohl entstehen. Zwar soll für Lohnausfälle der letzten drei Monate vor Verfahrenseröffnung Konkursausfallgeld bezahlt werden. Forderungen aus Sozialplänen, die nach Verfahrenseröffnung aufgestellt wurden und denen bislang der Rang des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO zukam (vgl. § 4 S. 1 SozPIG), werden künftig Masseverbindlichkeiten bilden 438 , die bei Masseunzulänglichkeit anteilig zu kürzen sind (§ 123 Abs. 2 InsO). Für Masseverbindlichkeiten wird sich die Rangfrage in der massearmen Insolvenz erneut stellen (§ 209 Abs. 1 InsO).

5. Konkursbeteiligungsrecht des Kommanditisten, der seine Haftsumme an den Konkursverwalter geleistet hat, mit seinem Regreßanspruch gegen die Gesellschaft Kann der aktive oder ausgeschiedene, haftende Kommanditist, der, nachdem ihn der Konkursverwalter gem. § 171 Abs. 2 HGB in Anspruch genommen hat,

436

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 157. 437

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 90f. V g l . auch Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 90.

438

126

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

nach Leistung der Hafteinlage an denselben, mit seinem Regreßanspruch Konkursgläubiger sein?

a) Der aktive Kommanditist zahlt seine Haftsumme an den Konkursverwalter Die Leistung auf die noch ausstehende Haftsumme bei Inanspruchnahme des Kommanditisten aus § 171 Abs. 2 HGB fuhrt streng genommen erst dann zu einem Rückgriffsanspruch aus § 110 HGB, wenn der Konkursverwalter das Erlangte an die Gesellschaftsgläubiger auskehrt 439. Vermag der Verwalter aus der i.R.v. § 171 Abs. 2 HGB gebildeten (Sonder-) Masse die Gläubiger voll zu befriedigen, was wohl eher theoretisch sein dürfte, stehen einem Regreßanspruch im Konkurs §§68 KO, 171 Abs. 2, 172 Abs. 4 HGB nicht im Wege. Ein praktisches Bedürfnis zur Bildung von Sondermassen bei aktiven Kommanditisten wurde, abgesehen vom Vorliegen von Masseforderungen, die Neuverbindlichkeiten darstellen, und von der Existenz eines Haftungsverzichts zwischen Gesellschaftsgläubigern und dem Haftenden, ohnehin verneint. Rechnerisch ist die Begründung von Sondermassen aber vonnöten, um die Frage des Konkursbeteiligungsrechts in Ansehung der vorgenannten Vorschriften zu klären. Bei nur teilweiser Tilgung der Gesellschaftsgläubigerforderungen aus der vom Konkursverwalter zu verteilenden Haftsumme soll die Regreßnahme im Konkurs aufgrund des § 68 KO ausgeschlossen sein, weil die Gesellschaftsgläubiger eben wegen der nur teilweisen Forderungstilgung weiterhin am Konkursverfahren teilnehmen 440 . K. Schmidt 4 4 1 hingegen zieht § 172 Abs. 4 HGB heran, denn solange noch Gläubiger existierten, denen gegenüber die Kommanditistenhaftung durch Regreßnahme aufleben könne, sei eine solche durch den Gläubigerschutz ausgeschlossen. Der Unterschied beider Auffassungen zeigt sich, wenn die volle, eingezogene Haftsumme nur zu einer Teilbefriedigung der Gläubiger ausreicht. Nach überwiegender Meinung 442 ist dann § 68 KO hinsichtlich des

439

Baur, Fälle und Lösungen, S. 140; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 150; a.A.: Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34. 440

BGHZ 27, 51 (58f) hinsichtlich des ausgeschiedenen Kommanditisten; Baur, Fälle und Lösungen, S. 141 f; Keuk, ZHR 135, 410 (438); Kilger/K. Schmidt, KO, § 67 Anm. 1, § 68 Anm. 6. 441

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 152f, in Anlehnung an Tschierschke, S. 79f, und Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34, hinsichtlich Altkommanditisten.

IX. Der Kommanditist als Konkursgläubiger

127

Restbetrages nicht mehr einschlägig. Zwar soll diese Norm die Vollbefriedigung einer Forderung ermöglichen, jedoch paßt deren Ratio nur für den Forderungsteil, für den den die Gesamthaft besteht. Anderenfalls würde der Teilmitschuldner wie ein Mitschuldner hinsichtlich des gesamten Anspruchs behandelt. Es wird auch eingewandt, eine Anmeldung käme erst dann in Betracht, wenn der Gläubiger nicht mehr am Verfahren mit seiner Forderung teilnehme. Das sei aus §33 VglO analog zu schließen443. § 33 VglO stelle, so Tschierschke 444, die gesetzliche Formulierung der Folgerung dar, die sich aus § 68 KO ergebe. Eine Doppelbefriedigung müsse vermieden werden, was durch den Ausschluß von der Konkursbeteiligung geschehe. Allerdings seien diese Schlüsse nur zu ziehen, solange die Voraussetzungen des § 68 KO vorlägen. Bei Erlöschen der Mithaft entfielen auch die Voraussetzungen von § 68 KO. Die Auszahlung der Konkursdividende an den Kommanditisten würde jedoch ein Wiederaufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB bewirken 445 , wobei nach Tschierschke die Anmeldung zum Konkurs als solche möglich bleiben soll (s. o., Kapitel 2, 9 c bb).

b) Der Altkommanditist

leistet seine Hafteinlage an den Konkursverwalter

Auch für den vormaligen Kommanditist gilt, so die überwiegende Auffassung 446 , daß § 68 KO zum Zuge kommt, bis die ursprünglichen Gläubiger voll befriedigt sind bzw. solange die Haftsumme an den Verwalter in voller Höhe geleistet wurde, jedoch nur für eine Teilbefriedigung der Altgläubiger ausreicht.

442 R G Z 8, 290 (2920 für § 61 KO a.F.; BGH NJW 60, 1295 (1296); 69, 796f; Kilger, KO, § 68 Anm. 6; Kuhn, KTS 57, 58, 68f; ders., KTS 61, 1 (5); Jaeger/Lent, KO, § 68 Anm. 3; Tschierschke, S. 77ff; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 68 Anm. 5, 5b; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34; a.A.: Blomeyer, BB 71, 937; Dempewolf, NJW 61, 1341 (1342f); Künne, KTS 57, 58ff; KG OLGE 25, 335; OLG Karlsruhe M D R 58, 345 (346). 443 Dempewolf, NJW 61, 1341 (1342); Künne, KTS 57, 58 (59f), spricht davon, daß § 33 VglO inhaltlich auch für das Konkursverfahren gilt; vgl. zum Ganzen: Jaeger/Lent, KO, § 67 Anm. 5.

444

Tschierschke, S. 79, filr den ausgeschiedenen Kommanditisten. 445

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 153; Tschierschke, S. 80, für den Altkommanditisten; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34. 446 B G H Z 27, 51 (580; 39, 319 (326); Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3C; Tschierschke, S. 77ff; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 636; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34.

128

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Nur bei Vollbefriedigung der Altgläubiger aus der Sondermasse ist die Konkursteilnahme des ehemaligen Kommanditisten uneingeschränkt möglich, weil § 172 Abs. 4 HGB nicht mehr eingreift und eine Konkurrenz zu den Altgläubigern nicht eintreten kann 447 . Die Neugläubiger werden nicht benachteiligt, wenn statt der Altgläubiger nun die ausgeschiedenen Kommanditisten mit ihrem Rückgriffsanspruch (§ 426 BGB) als Konkursgläubiger auftreten. Schließlich sollen sie von der Haftung eines ehemaligen Kommanditisten nicht profitieren. Im Grunde hat nur ein Gläubigeraustausch stattgefunden 448.

X . Das Zusammentreffen von Gesellschaftskonkurs und Eigenkonkurs eines haftenden Kommanditisten Bisher war nur vom Gesellschaftskonkurs die Rede. Wenn nun aber der Gesellschaftskonkurs und ein Konkurs des Gesellschafters zeitlich zusammenfallen, so hat das zur Folge, daß verschiedene Gläubigergruppen hinsichtlich des Gesellschaftervermögens in Konkurrenz zueinander treten. Fraglich ist dann, wie sich das Verhältnis der zwei Gläubigergattungen zueinander gestaltet. Für eine solche Konstellation ergeben sich, betrachtet man nur die Gemeinschuldner, keine Besonderheiten. Beide Konkurse sind gesondert abzuwickeln. Führt man sich jedoch die Stellung der Gläubigergruppen vor Augen, so zeigt sich, daß diese nicht gleichgestellt sind. Die Gesellschaftsgläubiger haben über die §§ 128, 161 Abs. 2 HGB, wenn auch nur mittelbar, am Gesellschafterkonkurs teil. Hingegen können Privatgläubiger der Kommanditisten nicht auf das Gesellschaftsvermögen, das ja gesamthänderisch gebundenes Eigenvermögen der Gesellschafter ist, zugreifen. Da vermag auch § 212 KO keinen Ausgleich zu schaffen, wonach die Gesellschaftsgläubiger nur subsidiär, soweit sie im Gesellschaftskonkurs mit ihrer Forderung ausgefallen sind, auf die Gesellschafterhaftung in deren Privatkonkurs Zugriff nehmen können. Die Norm gilt nicht für den begrenzt haftenden Kommanditisten 449 . Zur Zeit der Geltung der Reichsconcursordnung wurde die dem

447

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 152; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 119; Tschierschke, S. 64, 73ff, nach dem die Konkursteilnahme möglich ist. Er verneint aber eine Ausschüttung, solange noch Altgläubiger vorhanden sind; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 34; vgl. auch Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 36. 448

Unklar ist, ob die auf den Ausgeschiedenen übergegangenen Altgläubigerforderungen neu anzumelden sind. Dagegen: Künne, KTS 57, 58 (59); Tschierschke, S. 64; a. A. wohl BGHZ 39, 319 (3260-

X. Das Zusammentreffen von Gesellschaftskonkurs

129

heutigen § 212 KO entsprechende Vorschrift des § 201 teilweise analog auf den Doppelkonkurs Gesellschaft - Gesellschafter angewandt450. Zwar ist auch der haftende Kommanditist "persönlich haftender Gesellschafter", aber die KO gebraucht die Terminologie des HGB, welches unter einem "persönlich haftenden Gesellschafter" nur den unbeschränkt haftenden versteht 451 . Im Privatkonkurs des beschränkt haftenden Kommanditisten können die Gesellschaftsgläubiger nämlich keine Befriedigung suchen, was aber § 212 KO voraussetzen würde. Dies deshalb nicht, weil gemäß § 171 Abs. 2 HGB der Konkursverwalter des Gesellschaftskonkurses hinsichtlich der Geltendmachung der Kommanditistenhaftung die alleinige Legitimationsbefugnis innehat 452 . Die bei dem Kommanditisten realisierten Haftsummen kommen freilich auf dem Umweg über den Konkursverwalter den Gesellschaftsgläubigern doch zugute. Ebensowenig wie § 212 KO gilt § 110 VglO beim Vergleichsverfahren über das Kommanditistenvermö453

gen

.

Die X-KG, an welcher der Komplementär X und der Kommanditisten Y beteiligt sind, ist zahlungsunfähig, wobei Y seine Haftsumme in Höhe von D M 500.000 nicht erbracht hatte. Der Großgläubiger der Gesellschaft, G, der Außenstände von D M 1 Mio gegen die Gesellschaft hat, erwirkt die Eröffnung von Konkursverfahren gegen die KG, gegen X und Y, die ihrerseits nicht zahlungsfähig sind. Seine Forderung meldet er in allen parallel eröffneten Konkursverfahren an. Im Verfahren gegen X kann er Befriedigung nur insoweit verlangen, als er mit seiner Forderung im Konkurs der Gesellschaft ausgefallen ist, was die reinen Privatgläubiger des X schützt, die keine doppelte Haftungsbasis (X und die Gesellschaft) zur Verfügung haben (Prinzip der Ausfallhaftung des § 212 KO). Diese Einschränkung gilt nicht im Konkursverfahren gegen Y. Obwohl 449

Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 19; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 41; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 47f; Baur/Stürner, Rn. 33.17; Kuhn/Uhlenbruck, KO, §212 Anm. 3; Jaeger/Weber, KO, § 212 Anm. 15. 45

°Ehrenberg, S. 395; Renaud, S. 611.

451

V g l . §§ 161 Abs. 1, 172 Abs. 6, 172a, 176, 177a HGB, 209 Abs. 1 S. 3, 210 Abs. 1, Abs. 2, 211 KO; s. hierzu: Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 19; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 41; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 48; RGZ 150, 163 (166ff); Beelitz, S. 130, meint, daß die Terminologie "persönlich haftender Gesellschafter" nicht gegen die Anwendbarkeit spricht; zur allgemeinen Kritik an der Terminologie: Furrer, S. 20f; Leven, S. 2; Wissmann, S. 147f; Würdinger, Arbeitsbericht, S. 61. 452 S o Beelitz, S. 130; Pagenstecher/Grimm, S. 224 Fn. 10; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 47f; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, §§ 171, 172 Anm. 121; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 212 Anm. 3; Uhlenbruck, Die GmbH & Co KG, S. 639; Jaeger/Weber, KO, § 212 Anm. 15. 453

Böhle/Stamschräder/Kilger, VglO, § 110 Anm. 2; Bley/Mohrbutter, VglO, § 110 Anm. 13.

9 Armbruster

130

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

auch dessen (reine) Privatgläubiger nicht am Gesellschaftsvermögen teilhaben, fehlt es infolge der Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB an dem formalen Erfordernis der unmittelbaren Teilhabe der Gesellschaftsgläubiger am Privatkonkurs des Y. Mit dieser "Formalargumentation" werden also Privatgläubiger des Y gegenüber denjenigen des X benachteiligt. Mangels Anwendbarkeit von § 212 KO müßte nun eigentlich § 68 KO einschlägig sein, weil ja § 212 KO eine Ausnahmeregelung vom Doppelberücksichtigungsgrundsatz des § 68 KO darstellt 454 . Dem könnte, ähnlich wie bei §212 KO, der Wortlaut des § 68 KO entgegenstehen. Denn ebenso wie in § 212 KO wird doch in § 68 KO vorausgesetzt, daß der Gläubiger in jedem Verfahren ein Teilnahmerecht innehat. Aber auch im Doppelkonkurs gilt aufgrund des § 171 Abs. 2 HGB, daß einzelne Gesellschaftsgläubiger den Kommanditisten nicht belangen dürfen. Die alleinige Legitimationsbefügnis steht dem Konkursverwalter zu. Dann ist § 68 KO scheinbar immer dann auf das Verhältnis KGKommanditist unanwendbar, wenn über das Gesellschaftsvermögen der Konkurs eröffnet wurde, sobald also § 171 Abs. 2 HGB eingreift. Dem steht allerdings die Rechtsprechung des BGH, bezogen auf die Haftung des ausgeschiedenen Kommanditisten im Konkurs der Gesellschaft, entgegen455. Zunächst läßt das Gericht §171 Abs. 2 HGB unberücksichtigt und erläutert den Regelungsgedanken des § 68 KO. Sodann wird festgestellt, daß die Rechtsstellung des Haftenden trotz §171 Abs. 2 HGB die gleiche sei, wie wenn der Konkursverwalter die Legitimationsbefugnis nicht hätte 456 . Folglich scheint es für § 68 KO unbeachtlich zu sein, daß der Gesellschaftsgläubiger hinsichtlich der Haftung des Kommanditisten nur ein Teilhaberecht, gemittelt durch den Konkursverwalter, besitzt (vgl. hierzu schon unter Kapitel 2, 4 d bb (3), 9 d aa). Diese gewisse Widersprüchlichkeit ist allerdings hinzunehmen, wenn man die eingezogene Haftsumme als nicht zur Konkursmasse gehörig ansieht. Betrachtet man hingegen die beim Kommanditisten realisierten Vermögenswerte materiell-rechtlich als der Insolvenzmasse zugewiesen, so hat der Gesellschaftsgläubiger hieran unmittelbar teil. § 68 KO paßt dann schon eher, wobei freilich dennoch in der Vorstufe der Konkursverwalter über § 171 Abs. 2 HGB zwischengeschaltet ist. Im Doppelkonkurs ist sonach trotz der Legitimationsbefugnis des Konkursverwalters, wie auch im bloßen Gesellschaftskonkurs, § 68 KO anwendbar. Für obigen Beispielsfall bedeutet dies, daß der Großgläubiger G sowohl im

454

Mengering, S. 183; Schubert, S. 100; Jaeger/Weber, KO, § 68 Anm. 4; Wissmann, S. 118f. 455

BGHZ 27, 51 (54, 59); § 68 KO ist nach völlig h.M. sowohl auf den aktiven, als auch auf den ausgeschiedenen Kommanditisten anwendbar, s.o., Kapitel 2, 8 a bb, 9 d aa. 456

B G H Z 27,51 (59).

XI. Zur Frage einer Begrenzung der Kommanditistenhaftung

131

Verfahren gegen die KG als auch in demjenigen gegen Y bis zu seiner Vollbefriedigung parallel vorgehen darf. Dies ist neben der doppelten Haftungsmasse ein weiteres Gläubigerprivileg, welches gegenüber den bloßen Privatgläubigern des Y zu rechtfertigen schwer fällt, zumal die Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB bei § 212 KO zu Lasten der Privatgläubiger des Y geht, bei § 68 KO dann aber plötzlich keine Rolle spielen soll.

X I . Z u r Frage einer Begrenzung der Kommanditistenhaftung und des Vorliegens einer Vollstreckungssperre im (Zwangs-) Vergleichs- bzw. im Reorganisationsverfahren Nachdem oben lediglich Stellung zur Gesellschafterhaftung im Konkurs bzw. zur Konkursbeteiligung von Kommanditisten genommen wurde, soll nunmehr die Haftung von Kommanditisten im Vergleichs- und Zwangsvergleichsverfahren beleuchtet werden. In diesem Zusammenhang wird auch darauf einzugehen sein, ob Gesellschaftsgläubiger im Vergleichs- bzw. Zwangsvergleichsverfahren im Gegensatz zum Konkursverfahren direkt auf haftende Gesellschafter Zugriff nehmen können.

1. Anwendbarkeit der §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO Begrenzt der Vergleich oder der Zwangsvergleich, die ja beide die Schuldnerverbindlichkeiten herabsetzen wollen, auch den Umfang der persönlichen Haftung von Kommanditisten? Mit anderen Worten: haben sie an der Haftungslimitierung ähnlich dem Hauptschuldner teil? Auch hier stellt sich bezüglich der §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO das Wortlautproblem, ob "persönlich haftende Gesellschafter" auch die Kommanditisten sind. Der Gesetzgeber jedenfalls versteht - nach der Terminologie des HGB, der KO und VglO - unter "persönlich haftenden Gesellschaftern" nur die unbeschränkt haftenden 457.

457 Z u r Problematik bei §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO: Heinemann, GmbHRdsch 68, 203 (204f); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 166, m.w.N.; Jaeger/Weber, KO, § 211 Anm. 4; Wissmann, S. 147ff.

132

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

a) Die Geltungsbejahung durch eine Mindermeinung Eine Mindermeinung 458 verficht die Anwendbarkeit dieser Vorschriften auf den beschränkt haftenden Kommanditisten. Sein Einstehenmüssen werde auf die Vergleichsquote beschränkt, wobei die Verpflichtung zur Einlageleistung gegenüber der Gesellschaft unberührt bleibe. Wirtschaftlich sei er wie die unbeschränkt haftenden Gesellschafter auf die Begrenzung nach § 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO angewiesen, denn häufig gebe die KG die Existenzgrundlage für den Kommanditisten ab. Bei Nichtanwendbarkeit des § 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO könnten die Gesellschaftgläubiger nach den §§ 135, 161 Abs. 2 HGB vorgehen, wodurch der Zweck des Vergleichsverfahrens vereitelt würde 459 . Zur Gesellschaftssanierung, dem über §§211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO verfolgten Zweck, gehöre auch, daß der Kommanditist von den Vergleichswirkungen profitiere 460. Der beschränkt haftende Gesellschafter riskiere nicht nur den Verlust seiner Einlage, sondern er hafte den Gläubigern außerhalb des Konkurses unmittelbar, wenn auch beschränkt. Die Gesellschaftsschulden seien seine eigenen und keineswegs fremde, für die er gem. § 193 S. 2 KO einzustehen habe. Die Vergleichsgläubiger sollen also von dem Kommanditisten ebenfalls nur die Vergleichsquote einfordern können und zwar bei unverminderter Höhe der Haftsumme 461 . Der Kommanditist, der seine Einlage, gemeint ist die Hafteinlage, nicht geleistet hat und daher begrenzt haftet, wäre, wenn sich die Vergleichswirkung nicht auf ihn erstreckte, so Kohler 462 , schlechter gestellt, als wenn er dies getan hätte, weil die Einlage dann als Teil des Gesellschaftsvermögens notwendig vom Vergleich erfaßt würde. § 211 Abs. 2 KO wolle einen Wettlauf der Gläubiger verhindern, demzufolge die schnelleren im Vorgehen gegen die haftenden Kommanditisten volle Befriedigung erzielen könnten, die anderen hingegen nur die Quote erhielten 463 .

458 Häsemeyer, ZHR 149, 42 (61); ders., Insolvenzrecht, S. 771; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 39; Uhlenbruck, GmbHRdsch 71, 75; sowie die in den folgenden Fußnoten genannten Autoren; nach Pagenstecher/Grimm, S. 228f, unterfällt allerdings der ausgeschiedene Kommanditist dem § 193 S. 2 KO. 459

Heinemann, GmbHRdsch 68, 203 (205).

460

K . Schmidt, Einlage und Haftung, S. 166ff; ders., Gesellschaftsrecht, S. 1332f.

461

Pagenstecher/Grimm, S. 225; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 168f; Jaeger/Weber, KO, § 2 1 1 Anm. 4; darüber, daß die Haftsumme als solche durch den Vergleich bzw. Zwangsvergleich nicht reduziert wird, ist man sich einig, vgl. nur Pagenstecher/Grimm, S. 228f; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 39; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 49. 462

K o h l e r , Lehrbuch, S. 468.

XI. Zur Frage einer Begrenzung der Kommanditistenhaftung

133

b) Die herrschende Gegenmeinung Für die Gegenauffassung sprechen historische sowie gesetzessystematische Gründe 464 . In der Tat stiegen die Befriedigungschancen der einzelnen Gläubiger, welche nach Beendigung des Konkursverfahrens (§ 190 KO) wieder direkt auf die haftenden Kommanditisten Zugriff nehmen könnten (vgl. den Wegfall der Sperrwirkung des § 171 Abs. 2 HGB), wenn beim Zwangsvergleich eine Haftungsbegrenzung auf die Quote einträte. Denn Haftungsbegrenzung auf die Quote meint keinesfalls, daß die Haftsumme nicht zur Gläubigerbefriedigung zur Verfügung stünde. Sie wird von den Wirkungen des Zwangsvergleichs insofern nicht betroffen, als die Pflichteinlage, die ja zumindest teilweise mit der Haftsumme deckungsgleich ist, als Gesellschaftsvermögen den Gläubigern nach Maßgabe des Vergleichsabschlusses haftet 465 . Das Haftungspotential (die Haftsumme) der Kommanditisten wäre nicht mehr so schnell erschöpft, wenn jeder Gläubiger nur seine Quote einfordern könnte. Allerdings wird dadurch regelmäßig nicht der Wettlauf der Gläubiger als solcher ausgeschlossen466. Auch kann § 211 Abs. 2 KO nicht die Ratio entnommen werden, für eine Gläubigergleichbehandlung zu sorgen 467 . Der Hinweis Heinemanns auf die §§ 135, 161 Abs. 2 HGB greift ebensowenig, denn § 135 HGB bezieht sich auf die Privat-, nicht aber auf die Gesellschaftsgläubiger 468. Allerdings erfasse § 193 S. 2 KO diejenigen Fälle, in denen Dritte für den Gemeinschuldner einzustehen hatten. Zwar sei der Kommanditist nicht Dritter. Wie bei einer Bürgschaft solle die Gesellschafterhaftung aber ebenfalls eine Gläubigersicherheit darstellen, was die Kreditwürdigkeit der Personenhandelsgesellschaft ausmache. Wenn mithin ein Bürge unter § 193 S. 2 KO falle, dann erst recht der beschränkt haftende Kommanditist 469 . Dieses Argument spräche indes dafür, auch den Komplementär den

463

Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 49, unter Berufung auf den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung. 464

RGZ 150, 163 (166ff); Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 39; Mohrbutter/Mohrbutter, Rn. 1105; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 166; Wissmann, S. 152; i. E. auch Uhlenbruck, KTS 91, 223 (229), für eine GmbH & Co KG. 465

RGZ 150, 163 (169f); Pagenstecher/Grimm, S. 225; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 169; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 211 Anm. 8; Jaeger/Weber, KO, § 211 Anm. 4; Wissmann, S. 150. 466

R G Z 150, 163 (173); Kuhn, Anm. zu BGH L M Nr. 1 zu § 109 VglO; Wissmann, S. 150.

467

Häsemeyer, ZHR 149,42 (61f); Wissmann, S. 150.

468

Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 135 Anm. 1A; Wissmann, S. 151.

469

Wissmann, S. 152f; vgl. auch Gottwald/Timm, § 84 Rn. 66.

134

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

§§ 193 S. 2 KO, 82 Abs. 2 VglO (entgegen §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO) unterzuordnen. Entscheidend ist daher vielmehr, daß die Gefahr fur die beschränkt haftenden Gesellschafter, die im übrigen nicht Mitträger der Vergleichs· bzw. Gemeinschuldnerrolle 470 sind (s. Kapitel 1,4 a), wesentlich geringer ist als das Risiko der Komplementäre, die ja letzlich das Unternehmen sanieren sollen. Letztere haften nicht grundsätzlich beschränkt 471. Weiterhin kommt es maßgeblich darauf an, ob der Gesellschafter im Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnis (§§ 114, 161 Abs. 2, 164 HGB) einen beherrschenden Einfluß auf intendierte Sanierungsbestrebungen ausüben kann. Eine Ungereimtheit besteht aber insoweit, als, wie Kohler zuzugestehen ist, die geleistete Haftsumme notwendig von der Vergünstigung des Vergleichs bzw. des Zwangsvergleichs erfaßt wird, die Haftung des Kommanditisten nach der h.M. aber nicht. Hat der Kommanditist nämlich die Hafteinlage erbracht, ist diese Teil des Gesellschaftsvermögens. Da im Rahmen des (Zwangs-) Vergleichs die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gegenüber der Gesellschaft gekappt werden, kommt dies letzthin der Masse zugute, nicht aber dem haftenden Kommanditisten, der von der Wirkung des (Zwangs-) Vergleichs mangels Anwendbarkeit des § 211 Abs. 2 KO nicht profitiert. Diese Diskrepanz kann man freilich dadurch als gerechtfertigt sehen, daß die Nichtanwendung der §§ 211 Abs. 2, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO als Druckmittel gegenüber den Kommanditisten verstanden wird, die Hafteinlage zu erbringen. Der B G H 4 7 2 versagt § 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO selbst einem Kommanditisten, der für eine Vergleichsforderung unbeschränkt haftet, weil er mit Forderungsentstehung persönlich haftender Gesellschafter gewesen oder gem. § 15 HGB wie ein solcher zu stellen ist. In dem entschiedenen Fall war der Haftende zunächst Komplementär gewesen. Später wurde er bei unverändertem Kapitalanteil Kommanditist, wobei die Haftungsbeschränkung erst eingetragen wurde, nachdem zugunsten eines Gesellschaftsgläubigers aus Warenlieferungen Forderungen

470 Jaeger, Lehrbuch, S. 199; Bley/Mohrbutter, VglO, § 109 Anm. 22; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 19; Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 19; kritisch: Ganssmüller, GmbHRdsch 67, 25.

471

R G Z 150, 163 (169f); Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 50; vgl. die ähnliche Argumentation hinsichtlich der Kommanditistenhaftung für Verbindlichkeiten aus unerlaubter Handlung oder "culpa in contrahendo" bei Dieckmann, W M 87, 1509 (1512). 472 B G H KTS 71, 34 (35f) mit Anm. Kuhn, L M Nr. 1 zu § 109 VglO; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 66; Wissmann, S. 153f; die leise Kritik Wissmanns, S. 154, der BGH hätte es sich "leichter machen können", ist unberechtigt, da er zur Begründung seiner Entscheidung gerade auf den Regelungszweck des § 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO abstellte; a.A.: Heinemann, GmbHRdsch 68, 203 (206); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 170.

XI. Zur Frage einer Begrenzung der Kommanditistenhaftung

135

entstanden. Später wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Vergleichsverfahren eröffnet. Dem Gericht zufolge müsse man auf die zur Zeit des Vergleichsverfahrens vorhandenen, persönlich haftenden Gesellschafter abstellen, da nur dies dem Regelungszweck gerecht werde, die Gesellschaft am Leben zu erhalten. Der Kommanditist komme, auch wenn er für bestimmte Verbindlichkeiten unbeschränkt hafte, nicht derart als wirtschaftlicher Träger des Vergleichsverfahrens in Betracht, wie wenn er unbeschränkt haftender Gesellschafter wäre. Aus Gründen der Rechtssicherheit könne nicht danach differenziert werden, ob der Kommanditist einen beherrschenden Einfluß, auch hinsichtlich der Unternehmensfortführung, auszuüben in der Lage sei. Dem wird, da auf die Ratio von §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO abzuheben ist, zuzustimmen sein 473 . In Konsequenz dessen muß aber gleiches für die Haftung nach § 176 HGB gelten 474 . Statt auf die Ratio von §§211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO rekurriert Heinemann 475 bei § 176 HGB ausschließlich auf die Erfüllung haftungsrechtlicher Kriterien eines Komplementärs in der Person des Kommanditisten, unabhängig davon, ob dieser auch im übrigen die Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters innehat. Der Grund bestehe in der haftungsrechtlichen Natur des § 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO. Zu beachten ist jedoch der vom Gesetzgeber mit der haftungsrechtlichen Norm verfolgte Zweck, so daß entgegen Heinemann der Ansatzpunkt tatsächlich in der außerhaftungsrechtlichen Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters liegt. Sollte der Fall eintreten, daß der unbeschränkt haftende Kommanditist (vgl. § 176 HGB) auch noch geschäftsführungsbefugt ist (§§ 164, 163 HGB), scheint mir eine Heranziehung der §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO zwingend geboten.

473

Fraglich scheint mir zu sein, ob Gründe der Rechtssicherheit es zwingend erfordern, daß nicht danach unterschieden werden darf, ob ein beherrschender Einfluß auf die Unternehmensfortführung ausgeübt wird. 474

Wissmann, S. 154; a.A. aber die h.M. in der Literatur: Heinemann, GmbHRdsch 68, 203 (206); Böhle-Stamschräder/Kilger, VglO, § 109 Anm. 5; Graf Lambsdorff, MDR 73, 362 (364); Bley/Mohrbutter, VglO, § 109 Anm. 22; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S. 169; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 66; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 211 Anm. 8; Jaeger/Weber, KO, § 211 Anm. 4. 475

Heinemann, GmbHRdsch 68, 203 (206).

136

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

2. Zum Problem des Vorliegens einer Vollstreckungssperre zugunsten des Kommanditisten im Vergleichs- bzw. Zwangsvergleichsverfahren Fraglich ist, ob die Gesellschaftsgläubiger im Vergleichs- oder Zwangsvergleichsverfahren ungehindert die Haftung von Kommanditisten realisieren können. Wie dargelegt, kennt die VglO keine dem § 171 Abs. 2 HGB entsprechende Vorschrift, so daß sich die Gesellschaftsgläubiger unmittelbar bei dem haftenden Kommanditisten sollen schadlos halten können. Häsemeyer 476 verlangt, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung aufgrund des § 1 VglO sowohl im Konkursverfahren als auch im Vergleichsverfahren gelten muß. Der Vergleichsschuldner behalte allerdings grundsätzlich die Verfügungsbefiignis (vgl. §§ 58 ff VglO), um den Vergleich erfüllen zu können. Schon von daher könne es keine dem § 171 Abs. 2 HGB entsprechende Regel geben. Häsemeyer möchte nun die Gläubigergleichbehandlung dadurch herstellen, daß er die Vergleichswirkungen auf die Kommanditistenhaftung erstreckt 477 . Hier ist aber nochmals klarzustellen, daß die geforderte Ausdehnung der §§211 Abs. 2, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO auf die Kommanditisten eine Gläubigergleichbehandlung nicht bewirken kann (vgl. schon unter Kapitel 2, 11 a bb). Vielmehr stellt sie nurmehr einen Schritt in diese Richtung dar. Der Wettlauf der Gläubiger als solcher wird davon nicht betroffen, denn nach Abschluß des Vergleichsverfahrens setzt ein Wettlauf der Gläubiger hinsichtlich der Forderungsbeträge ein, die durch die Quote nicht abgedeckt wurden. Häsemeyer 478 sieht in §§ 8 Abs. 3, 79 Nr. 3 VglO weitere Schranken. Unter § 8 Abs. 3 VglO sollen auch Vorzugsabkommen, die Dritte - also unter anderem wohl der Kommanditist - mit Vergleichsgläubigern abschließen, fallen. Demnach wäre eine Gläubigerbefriedigung durch den haftenden Kommanditisten im Vorfeld 4 7 9 oder während des laufenden Vergleichsverfahrens nichtig. Indes gilt § 8 Abs. 3 VglO nicht für einen neben dem Vergleichsschuldner (zu letzterem gehören Kommanditisten nicht) haftenden Dritten (§§ 32 f VglO) 4 8 0 .

476

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (59f); ders., Insolvenzrecht, S. 771 f. 477

Häsemeyer, ZHR 149, 42 (62); ders., Insolvenzrecht, S. 771 f. 478 Häsemeyer, ZHR 149, 42 (62f, 66f). Er weist unter Berufung auf Bley/Mohrbutter, VglO, § 109 Anm. 15 (richtig Anm. 14, d. Verf.), zugleich auf den eingeschränkten Anwendungsbereich von § 79 Nr. 3 VglO hin (S. 62); ders., Insolvenzrecht, S. 771 f.

479

48

Böhle-Stamschräder/Kilger, VglO, § 8 Anm. 4; Bley/Mohrbutter, VglO, § 8 Anm. 39.

°Bley/Mohrbutter, VglO, § 8 Anm. 36; vgl. ders., 3. Aufl. § 8 Anm. 36, 40.

XI. Zur Frage er Begrenzung der Kommanditistenhaftung

137

Die Vorschrift will den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger, die vom Vergleich betroffen sind, wahren 481 . Dieser Grundsatz soll aber der h.M zufolge auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sein 482 . Folglich paßt § 8 Abs. 3 VglO nicht für ein Vorzugsabkommen zwischen haftendem Kommanditist und einem Vergleichsgläubiger. Jener kann mithin vor oder während des Vergleichsverfahrens einen Gesellschaftsgläubiger befriedigen. Unbedenklich ist das freilich nicht. Haftet neben dem Vergleichsschuldner ein Bürge, so ist durchaus verständlich, daß das Gleichheitsprinzip die Bürgenhaftung nicht erfassen soll. Beim Kommanditisten ist das jedoch anders. Hätte er die Haftsumme in die KG eingebracht, so wäre sie als Teil des Gesellschaftsvermögens notwendig vom Vergleich erfaßt worden und unterfiele dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Gleichwohl findet § 8 Abs. 3 VglO keine Anwendung auf den begrenzt haftenden Gesellschafter, weil dieser dem § 32 VglO unterfällt, welcher eine Parallelregelung zu § 68 KO darstellt 483 . Entgegen Häsemeyer kann daher die Gläubigergleichbehandlung im Vergleichsverfahren nach überwiegender Auffassung weder durch die Anwendung von §§211 Abs. 2, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO 4 8 4 , noch durch eine Heranziehung von § 8 Abs. 3 VglO verwirklicht werden. Es existiert demnach für den Kommanditisten keine Vollstreckungssperre. K. Schmidt 485 bezeichnet daher die unzureichende Verzahnung von Konkurs und Vergleich als einen historischen Grundmangel der geltenden Insolvenzgesetze. Er kritisiert, daß die Kommanditistenhaftung nicht im Vergleich durch den Verwalter realisiert werden kann, wodurch das Vergleichsverfahren zwar weniger einschneidend, aber auch weniger effektiv sei. Schließlich besteht unabhängig davon, ob der insolvente Schuldner wirtschaftlich zerschlagen oder saniert werden soll, ein Bedürfnis dafür, die Gläubiger in einem geregelten Verfahren anteilig zu befriedigen. Künftig wird dieses Problem durch die Geltung des § 171 Abs. 2 HGB n.F. im Einheitsverfahren nicht mehr auftreten.

481

Auch im Vergleichsverfahren ist, ähnlich wie im Konkurs, der Grundsatz aufgrund der vielfältigen Durchbrechungen im wesentlichen theoretischer Natur, vgl. § 26 VglO. 482

R G Z 150, 163 (172); Bley/Mohrbutter, VglO, § 8 Anm. 19.

483 Z u m Verhältnis von § 32 VglO zu § 68 KO: Böhle-Stamschräder/Kilger, VglO, § 32 Anm. 1; Bley/Mohrbutter, VglO, § 32 Anm. 1, 7.

484

Wenn Häsemeyer, ZHR 149, 42 (610, einerseits erkennt, daß die §§211 Abs. 2, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO nicht der Gläubigergleichbehandlung dienen, andererseits aber konstatiert, deren Erstreckung auf die Kommanditistenhaftung stelle die Gleichbehandlung her, so muß dies wohl so verstanden werden, daß seiner Auffassung nach das Gleichbehandlungsprinzip Reflex besagter Normen ist. 485

K . Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 17 m.w.N.

138

2. Kapitel: Die Stellung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs

Was das Zwangsvergleichsverfahren betrifft, so wurde bereits dargestellt, daß selbst eine Anwendung von § 211 Abs. 2 KO auf den Kommanditisten nicht den Gläubigerwettlauf verhindern könnte. Allerdings gilt für die Dauer des Verfahrens § 171 Abs. 2 HGB. Für diese Zeit wird der Grundsatz der "par condicio creditorum" wirksam, denn das Zwangsvergleichsverfahren ist Teil des Konkursverfahrens, wie § 190 KO zeigt. Nicht einleuchtend ist, warum eine Vollstreckungssperre zwar im Zwangsvergleichs- nicht aber im Vergleichsverfahren existiert.

3. Haftungsreduzierung im künftigen Reorganisationsverfahen zugunsten des begrenzt haftenden Kommanditisten? Die InsO sieht statt der Zweiteilung von Konkurs- und Vergleichsverfahren ein einheitliches Insolvenzverfahren vor, das ähnlich dem Vergleich eine Reorganisation des Schuldners ermöglicht 486 . Dies geschieht durch die Erstellung eines Insolvenzplans (§§217 fflnsO). Nach dem Grundsatz des § 253 ElnsO (Regierungsentwurf) sollte die Haftung des Schuldners und dessen persönlich haftender Gesellschafter auf privatautonomer Grundlage begrenzt werden können. Dies gilt auch nach Streichung der Worte "und dessen persönlich haftender Gesellschafter" in der nunmehr verabschiedeten Fassung. Trifft der Plan nämlich keine anderweitige Regelung, so werden mit der dem Plan entsprechenden Befriedigung der Insolvenzgläubiger auch die persönlich haftenden Gesellschafter von ihrer Haftung gesetzlich befreit (§ 270 Abs. 1, 2 ElnsO (Regierungsentwurf), vgl. nunmehr § 227 InsO) 487 . Letzteres entspricht den §§ 211 Abs. 2 KO und 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO 4 8 8 . Auch die Neuregelungen sehen mithin die Haftungslimitierung bzw. Restschuldbefreiung nur für persönlich haftende Gesellschafter, mithin Komplementäre und OHG-Gesellschafter vor.

486

Z u m Reorganisationsverfahren wird ausführlicher in Kapitel 3, 15 Stellung genommen.

487

V g l . auch Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, Bundestag-Drucksache 12/7302, S. 181. 488

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 202.

XI. Zur Frage er Begrenzung der Kommanditistenhaftung

139

Es drängen sich daher zwei Fragen auf: warum unterliegt es nicht der privatautonomen Gestaltung, auch die spätere Haftung des Kommanditisten zu begrenzen (§217 InsO), und wieso gilt der gesetzliche Forderungserlaß nicht auch für den haftenden Kommanditisten (§ 227 Abs. 2 InsO)? Die Antworten, die sich hierauf finden lassen, sind die gleichen, wie sie die h.M. für das geltende Recht zu §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO gibt. Wenn § 227 Abs. 2 InsO die Regelungen der §§ 211 Abs. 2 KO, 109 Abs. 1 Nr. 3 VglO inhaltlich auf das künftige Recht überträgt, so besteht der intendierte Zweck auch hier in dem Hinwirken auf eine Unternehmenssanierung. Eine solche ist zuvörderst Aufgabe der Komplementäre, der eigentlichen Unternehmensträger, die ja zudem ein ungleich höheres Risiko tragen als die haftenden Kommanditisten. § 227 Abs. 2, Abs. 1 InsO wird man, entsprechend § 211 Abs. 2 KO, ebenfalls nicht die Ratio entnehmen können, außerhalb des Insolvenzverfahrens für eine Gläubigergleichbehandlung Sorge tragen zu wollen. Auch im künftigen Recht bleibt die Argumentationsschwäche bestehen, daß die geleistete Haftsumme notwendig von der möglichen Restschuldbefreiung erfaßt wird ganz im Gegensatz zu der nicht erbrachten. Insoweit ist aber die Schlechterstellung des haftenden Kommanditisten wiederum mit dem Zwangsmittel der Haftsummeneinbringung erklärbar. Warum die vielbeschworene Gestaltungsfreiheit bei der Insolvenzplanerstellung jedoch nicht die Kommanditistenhaftung erfassen kann (§217 InsO), ist weniger leicht einsehbar. Man ist versucht, die Begründung, die gegen eine Erstreckung des § 227 Abs. 2, Abs. 1 InsO auf den Kommanditisten angeführt wurde, hier zu übernehmen. Weshalb sollen die Gläubiger es indes nicht in der Hand haben, im Plan Festsetzungen über eine Restschuldbefreiung des Kommanditisten zu treffen? Mit welcher Berechtigung wird der haftende Kommanditist schlechter gestellt als die persönlich haftenden Gesellschafter? Der Gedanke drängt sich auf, daß im Falle der Gesellschaftssanierung für die Zukunft eine Art Mindestkapital der Gesellschaft gesichert werden soll. Auch könnte man in der getroffenen Regelung eine Mindestgarantierung von Rechten der schlichten Insolvenzgläubiger sehen. Einen solchen Schutz genießen diese aber auch nicht, wenn ihnen ein insolventer Privatschuldner statt einer Gesellschaft gegenübersteht. Eine Art Mindestkapitalgarantie existiert ebensowenig beim Privatschuldner. Die auf persönlich haftende Gesellschafter reduzierte Regelung geht auch auf Kosten der reinen Privatgläubiger von Kommanditisten, wenn es zu einer Restschuldbefreiung kommt.

140

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Mag man also die Beschränkung der Haftungsreduzierung aus Gesetz (§ 227 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 InsO) auf persönlich haftende Gesellschafter hinnehmen, so geht es doch zu weit, eine solche Reduzierung zugunsten des Kommanditisten auf der Basis von Vereinbarungen qua Gesetz auszuschließen489.

489

Stümer, Aufstellung und Bestätigung des Insolvenzplans, in Leipold, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 41 (45), wünscht, daß auch die beschränkte Haftung des Kommanditisten Gegenstand des Insolvenzplans sein kann.

Drittes Kapitel

Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters in der Insolvenz der Gesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit nach geltendem und künftigem Recht Die in den ersten beiden Kapiteln der Arbeit behandelten Probleme zum Gesellschaftskonkurs sowie zur Stellung von Kommanditisten in demselben stellen Vorfragen fur die Haftung aufrecht stehender Gesellschafter im Konkurs- bzw. Insolvenzverfahren dar. In dem nunmehr folgenden dritten Kapitel sollen Vergleiche zwischen der Kommanditistenhaftung in der Insolvenz der Gesellschaft und derjenigen unbeschränkt haftender Gesellschafter gezogen werden. Das sich aus dieser Zusammenschau ergebende Bild wird sodann Schlüsse auf das künftige Recht zulassen, da § 171 Abs. 2 HGB durch § 93 InsO der Sache nach auf persönlich haftende Gesellschafter ausgedehnt werden soll. Der Gang der Darstellung wird sich im wesentlichen an demjenigen des zweiten Kapitels orientieren.

I . Allgemeines zum Einstehenmüssen des persönlich haftenden Gesellschafters im Gesellschaftskonkurs Im geltenden Insolvenzrecht existiert keine dem § 171 Abs. 2 HGB entsprechende Vorschrift, welche die Haftung der Komplementäre, der nach § 176 HGB haftenden Kommanditisten und der OHG-Gesellschafter im Gesellschaftskonkurs kanalisiert und somit für eine Gläubigergleichbehandlung sorgt. Vielmehr sind die Gesellschaftsgläubiger in der Lage, im Konkurs der Gesellschaft völlig ungehemmt auf persönlich haftende Gesellschafter Zugriff zu nehmen (§ 128 H G B ) 4 9 0 .

490

Statt aller: Düringer/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 171 Anm. 15; Schlegelberger/Geßler, HGB, § 171 Anm. 31 ; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 764, 766; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 171 Anm. 3A; Heymann/Horn, HGB, § 171 Rn. 27; Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 139f; Schilling in GK HGB, § 171 Anm. 35; Kilger/K. Schmidt, KO, § 209 Anm. 2 d cc; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 21, 58; Weipert in RGRK HGB, § 171 Anm. 35; BGHZ 82, 209 (214) für den unbeschränkt haftenden Kommanditisten; BAG ZIP 86, 1202 (1204f); L A G München ZIP 90, 1217f.

142

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Der Konkurs hat also keine Auswirkung auf das Einstehenmüssen der unbeschränkt haftenden Gesellschafter, was zu einem unkontrollierten Gläubigerwettlauf auf das Sicherungsmittel Gesellschafterhaftung führt. Selbstverständlich haftet der Gemeinschuldner und somit der persönlich haftende Gesellschafter 491 uneingeschränkt für Konkursforderungen. Warum sollte auch durch den Konkurs eine Privilegierung des Schuldners eintreten. Wie bereits in der Problemstellung dargelegt, soll dem Prinzip der "par condicio creditorum" künftig auch im Hinblick auf diesen Gläubigerwettlauf Geltung verschafft werden unter gleichzeitiger Überwindung der Massearmut. A l l dies soll § 93 InsO leisten 492 . Besagte Norm ist dem § 171 Abs. 2 HGB nachempfunden und weist wie dieser ebenfalls eine Doppelfunktion auf:

I I . Doppelfunktion des § 93 I n s O 4 9 3 1. Die Sperrwirkung Genau wie nach § 171 Abs. 2 HGB ist es im künftigen Recht auch gem. § 93 InsO den Insolvenzgläubigern nicht möglich, ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die persönlich haftenden Gesellschafter Zugriff zu nehmen 494 . Ausdrücklich formuliert § 93 InsO, die persönliche Haftung des Gesellschafters für Gesellschaftsverbindlichkeiten könne "während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden". Als Reflex dessen vermag dann unter dem Gesichtspunkt gleichmäßiger Gläubigerbefriedigung auch der unbegrenzt haftende Gesellschafter ebensowenig

49 V g l . nur Fischer in GK HGB, § 128 Anm. 30; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 128 Anm. 9A; K. Schmidt, ZHR 152, 105 (113); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 67; a.A. nur Wochner, BB 83, 517 (52lf).

492

K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 36: eine Verallgemeinerung des in § 171 Abs. 2 HGB enthaltenen Prinzips sei die Lösung, die das Koordinationsproblem einfach und sachgerecht löse; in diese Richtung geht wohl auch die Kritik Michels, KTS 91, 67 (69), der die fehlende Inanspruchnahmemöglichkeit des nach § 176 HGB haftenden Kommanditisten gem. § 171 Abs. 2 HGB im geltenden Recht für rechtspolitisch bedenklich hält. 493

Vgl. hierzu: K. Schmidt, Gutachten D, S. D46 f; zur Sperrfunktion vgl. Uhlenbruck, BB 89, 433 (437). 494

Uhlenbruck, KTS 91, 223 (235), konstatiert, die Regelung des § 105 ElnsO wirke sich im Ergebnis zum Nachteil der einzelnen Gläubiger aus (§ 105 ElnsO (Regierungsentwurf) entspricht im wesentlichen dem jetzigen § 93 InsO).

II. Doppelftinktion des § 93 InsO

143

Gesellschaftsgläubigerforderungen zum Erlöschen zu bringen. Zahlt er dennoch an einzelne Gläubiger, wird man diesem Tun die schuldtilgende Wirkung versagen müssen. Umgekehrt hat dann der "Scheinbefriedigte" kein Recht zum Behaltendürfen. Diese Fehlleitung der Haftungsmasse ist nach Bereicherungsrecht (§812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) abzuwickeln. Für den unbeschränkt haftenden Gesellschafter existiert zwar nicht das Druckmittel der Versagung einer Haftungsbegrenzung (wie bei dem Kommanditisten), schließlich ist für ihn die Einlageleistung nicht an eine Enthaftung gekoppelt; jedoch reicht es aus, daß die unberechtigte Zahlung auf eine Schuld den Kreis der Gläubiger bzw. deren Forderungshöhe unberührt läßt. Eine Ausnahme von diesen Grundsätzen sollte sich den §§ 105 Abs. 3, 103 Abs. 2, 93 analog ElnsO (Regierungsentwurf) zufolge dann ergeben, wenn dem Gesellschafter "zur Zeit der Leistung die Eröffnung des Verfahrens nicht bekannt war". Diese Verweisungskette fiel mit § 103 Abs. 2 ElnsO (Regierungsentwurf) weg. § 103 Abs. 2 ElnsO wurde nicht übernommen, weil die Leistung an Insolvenzgläubiger in Unkenntnis der Verfahrenseröffhung und eine etwa damit verbundene Befreiung des Leistenden aus Gründen der Straffung der InsO der Regelung durch die Rechtsprechung vorbehalten bleiben soll 4 9 5 . In Betracht käme insoweit eine entsprechende Anwendung der §§ 407, 412 BGB - eine direkte sogar, wenn man in § 93 InsO eine "cessio legis" sieht. Einen Vorteil aus der Anwendung dieser Vorschriften zöge der befriedigte Gläubiger zum Nachteil der Mitgläubiger, aber auch der Leistende. Da der in Unkenntnis der Verfahrenseröffhung leistende Gesellschafter schutzwürdig ist, erscheint es angezeigt, besagte Norm anzuwenden.

2. Die Ermächtigungsfunktion Die neue Vorschrift ermöglicht es dem Insolvenzverwalter, die Haftung der (theoretisch) grenzenlos beanspruchbaren Gesellschafter zu kanalisieren. § 93 InsO beinhaltet eine Ausschließlichkeitsermächtigung, genau wie § 171 Abs. 2 HGB. Nunmehr soll ein kurzer Ausblick auf die Haftungsrealisierung durch einen sogenannten Sachwalter auch in bezug auf die Kommanditistenhaftung in der Insolvenz vorgenommen werden.

495

Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, Bundestag-Drucksache S. 165.

12/7302,

144

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Die Insolvenzordnung anerkennt als besondere Art des Insolvenzverfahrens die Eigen Verwaltung unter Aufsicht eines Sachwalters (Siebter Teil, §§ 270 ff InsO). Bei Vorliegen des Einverständnisses der Gläubiger kann dem Schuldner die Insolvenzabwicklung unter Aufsicht übertragen werden (§ 270 InsO) 496 . Dann wird statt eines Insolvenzverwalters ein Sachwalter bestellt (§ 270 Abs. 3 InsO). Jedoch ist auch für diesen Fall nur der Sachwalter in der Lage, die Haftung nach § 93 InsO bzw. § 171 Abs. 2 HGB zu realisieren (§§ 280 InsO, 171 Abs. 2 HGB künftige Fassung für den Kommanditisten). Dies scheint aufgrund der Interessenkollision jedenfalls für den persönlich haftenden Gesellschafter (er ist nach h.M. Gemeinschuldner) zwingend zu sein. Zwar sind die Kommanditisten keinesfalls Gemeinschuldner, so daß deren Haftung durchaus seitens der persönlich haftenden Gesellschafter geltend gemacht werden könnte. Da sich im Haftungsfall jeder Gesellschafter selbst der Nächste sein wird, würden letztere wohl auf die haftenden Kommanditisten Zugriff nehmen. Man könnte mithin Zweifel anmelden, ob die Sachwalterlegitimation in § 171 Abs. 2 HGB künftige Fassung geboten ist. Es ist aber interessengerecht, wenn die Haftung gem. § 93 InsO und diejenige nach § 171 Abs. 2 HGB n.F. von ein und derselben Person verwirklicht wird. Hierfür spricht die praktische Erwägung der Abwicklungserleichterung.

I I I . Die Rechtsausübung durch den Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter nach künftigem Recht 1. Inhalt des geltend gemachten Rechts In § 93 InsO kann es, wie bei § 171 Abs. 2 HGB, nur um die Außenhaftung gehen. Diese ist, sieht man von der Erfüllungswahl gem. § 17 KO (künftig § 103 InsO) ab, immer in Geld zu leisten. Relevant wird das insbesondere bei den sogenannten Verschaffüngsansprüchen. Angenommen, der Gläubiger G hat bei der X-OHG eine Drehbank gekauft. Die Lieferung bleibt aus. G möchte neben der insolventen OHG auch die Gesellschafter X und Y auf Lieferung verklagen. Nach der Rechtsprechung kann der Gläubiger außerhalb des Insolvenzverfahrens X und Y grundsätzlich auf Erfüllung in Anspruch nehmen 497 , wenn die

496

Vgl. Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 100, 222f zu § 331 ElnsO (Regierungsentwurf), der im wesentlichen § 270 InsO entspricht. Eigenverwaltung gibt es nunmehr nur unter Mitwirkung eines Sachwalters, der anstelle eines Insolvenzverwalters bestellt wird, so Beschlußempfehlung und Bericht des Reschtsausschusses, Bundestag-Drucksache 12/7302, S. 185.

III. Die Rechtsausübung durch den Insolvenzverwalter

145

Leistungserbringung zu den gesellschaftsrechtlichen Pflichten des jeweiligen Gesellschafters gehört, insbesondere, wenn es um vertretbare Handlungen geht. Nicht auf Geld gerichtete Forderungen sind im Insolvenzverfahren in Geld umzurechnen (vgl. § 69 KO, künftig § 45 InsO), falls der Verwalter nicht ausnahmsweise auf Erfüllung besteht (§ 17 KO, künftig § 103 InsO). Hafteten der Gemeinschuldner und die Gesellschafter (unterstellt, letztere haften bei Erfüllungswahl überhaupt) im Insolvenzverfahren nicht auf Geld, wäre also im vorliegenden Fall die Drehbank unabhängig von der Erfüllungswahl nach § 17 KO bzw. § 103 InsO zu liefern, so führte dies zu einer ungleichmäßigen Gläubigerbefriedigung. Dies wollen die §§93 InsO, 171 Abs. 2 HGB gerade verhindern. Henckel 498 vertritt hingegen für das geltende Recht die Auffassung, auch bei einer Erfullungsablehnung durch den Konkursverwalter könne der Vertragspartner der Gemeinschuldnerin den ursprünglichen Erfüllungsanspruch gegen den (ausgeschiedenen) persönlich haftenden Gesellschafter geltend machen, sofern er den Schadensersatzanspruch gem. § 26 S. 2 KO nicht im Konkurs anmelde. Obwohl damit dem Vertragspartner die Möglichkeit eingeräumt würde, durch Inanspruchnahme des Gesellschafters der Gesellschaft eine Leistung aufzudrängen, "die diese vielleicht weder haben will noch gebrauchen kann" könne der Vertragspartner nicht auf den Schadensersatz verwiesen werden, solange seine Leistung noch möglich sei. Ausnahmen hiervon seien nur nach Treu und Glauben zuzulassen. Diese Meinung würde indessen denjenigen Gläubiger unbillig bevorzugen, der mit einer Personenhandelsgesellschaft kontrahierte; die Lösung wäre zudem kaum praktikabel 499 . Wählt der Verwalter künftig nach § 103 InsO Erfüllung, so greifen möglicherweise die §§93 InsO, 171 Abs. 2 HGB gar nicht, da hierdurch neue Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO) begründet werden, für die die Gesellschafter eigentlich nicht einzustehen haben 500 .

497

Sog. "Erfüllungstheorie": BGHZ 23, 302 (3050 ftir den Fall einer Rechnungslegung; BGHZ 73, 217 (222) bei vertretbaren Nachbesserungsarbeiten. Für das Einstehenmüssen auf das bloße Interesse insbesondere Wieland, S. 631, 636ff: der Gesellschafter hafte gleich einem Bürgen, sog. "Haftungstheorie". 498

Jaeger/Henckel, KO, § 17 Anm. 200.

499 S o i.E. Blomeyer, BB 68, 1461 (1462); Mohrbutter, NJW 68 1125 (1126); Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 17 Anm. 36 c; Jaeger/Weber, KO, § 211 Anm. 1. 5

°°Vgl. hierzu schon unter Kapitel 2, 2; ausführlich wird diese Problematik in Kapitel 3, 6 a erörtert werden. 10 Armbruster

146

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Beim unbeschränkt haftenden Gesellschafter existiert kein funktionaler Zusammenhang zwischen Einlage und Haftung, denn durch Leistung der Einlage vermag er keine Haftungslimitierung zu bewirken (vgl. hierzu o., Kapitel 2, 1). Dies erlangt Bedeutung für das Problem, ob dem Insolvenzverwalter, ähnlich wie schon dem Konkursverwalter beim Vorgehen gegen den Kommanditisten, eine Wahlmöglichkeit zukommt.

2. Wahlrecht des die Haftung Realisierenden? Es stellt sich nicht die Frage, ob der Insolvenzverwalter oder Sachwalter statt nach § 93 InsO gem. §§ 80 Abs. 1, 22 Abs. 1 InsO vorgehen, also die Einlage einziehen kann. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun und wiederum ist anzumerken, daß eine funktionale Verknüpfung zwischen Einlage und Einstehenmüssen des persönlich haftenden Gesellschafters nicht besteht. Der Verwalter wird i.d.R. beide Rechte kumulativ ausüben, vorausgesetzt, eine Einlage ist überhaupt geschuldet.

3. Die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters i.R.v. § 93 InsO und Anspruchs- bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der Haftsumme a) Zur Rechtsstellung des nach § 93 InsO vorgehenden Insolvenzverwalters Wie bei § 171 Abs. 2 HGB ist dem Verwalter durch § 93 InsO ein selbständiges Recht durch Gesetz übertragen worden. Die Ausübungszuständigkeit liegt nunmehr statt bei den Gesellschaftsgläubigern bei dem Insolvenzverwalter 501

b) Anspruchsträgerschaft bzw. Rechtsträgerschaft hinsichtlich der eingezogenen Haftsumme Die Frage, ob die Haftungsansprüche bzw. die über § 93 InsO beigezogenen Haftungsmassen den Gläubigern oder dem Gemeinschuldner zuzuordnen sind, erlangt, wie bei der Kommanditistenhaftung, praktische Bedeutung hinsichtlich der Aufrechnung mit Drittgläubigerforderungen gegenüber dem Insolvenzverwalter. Sieht man die Ansprüche und die nach § 93 InsO realisierten Vermögenswerte als materiell-rechtlich der Insolvenzmasse zugewiesen, so ist mit

501

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 140; Ulmer, in Kübler, Neuordnung des Insolvenzrechts, S. 119 (123).

III. Die Rechtsausübung durch den Insolvenzverwalter

147

einem Mal, also durch die Verfahrenseröffnung, die Gegenseitigkeit gewahrt und einer Aufrechnung steht nichts mehr im Wege. Weiterhin ist für diesen Fall fraglich, ob in der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und persönlich haftendem Gesellschafter der dem § 68 KO entsprechende § 43 InsO noch Geltung beanspruchen kann, stünde doch dem Gesellschaftsgläubiger nurmehr eine einzige, freilich aufgestockte, Haftungsmasse, das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung. Auf letzteres wird gesondert einzugehen sein. Es gibt auch in § 93 InsO keinen Anhaltspunkt dafür, wem der Anspruch und nach dessen Realisierung die eingezogene Haftungsmasse zustehen soll. Eine Auseinandersetzung hierüber ist damit wie bei § 171 Abs. 2 HGB vorprogrammiert 502 . Realistisch scheinen, entsprechend dem geltenden Recht, zwei Lösungsansätze zu sein: Die Praxis und der überwiegende Teil der Lehre (vgl. hierzu oben, Kapitel 2, 4 d bb (3)) sehen in § 171 Abs. 2 HGB keine materielle Rechtsänderung, so daß die Gesellschaftsgläubiger Anspruchsträger bleiben und auch das Eingezogene der Gläubigergesamtheit zusteht. Gestützt hat man sich in diesem Zusammenhang auf die Nähe zur Rechtslage außerhalb des Konkurses. Man kann dem Gesetzgeber unterstellen, daß er die in § 171 Abs. 2 HGB getroffene Regelung inhaltlich für den persönlich haftenden Gesellschafter übernehmen wollte 5 0 3 . Es wäre nämlich außerordentlich ungeschickt, würde man in § 93 InsO eine andere Rechtszuständigkeit gesetzlich anordnen als in § 171 Abs. 2 HGB, der ja inhaltlich unverändert bleiben wird, sieht man einmal von der Legitimationsbefugnis des Sachwalters ab. Die Gesetzesmaterialien sind unklar gefaßt. In der Allgemeinen Begründung zum Regierungsentwurf heißt es, "Haftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen persönlich haftende Gesellschafter werden künftig der Insolvenzmasse zugewiesen"504. An anderer Stelle 505 ist die Rede davon, daß

502

Anders aber wohl K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 84. 503 W e n n Uhlenbruck, GmbHR 89, 101 (109), in der Zuweisung der Haftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger gegen persönlich haftende Gesellschafter an die Insolvenzmasse eine Rechtsanalogie zu § 171 Abs. 2 HGB sieht, so scheint er dies haftungsrechtlich zu verstehen, da die h.M. j a in §171 Abs. 2 HGB nicht die Anordnung einer "cessio legis" sieht.

504

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 85; vgl. auch Uhlenbruck, GmbHR 89, 101 (109); unklar formuliert Uhlenbruck, BB 89, 433 (437), wenn er davon ausgeht, die persönliche Haftung werde der Insolvenzmasse und damit dem Insolvenzverwalter zugewiesen; ähnlich K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 82, der davon spricht, die Direkthaftung der Gesellschafter gegenüber den Gläubigern werde der Gesamthaftungsmasse zugeschlagen. A u f S. 129f schreibt er, die Haftung erfolge in jedem Fall über die Masse; Landfermann, KTS 89, 763 (774), spricht von einer Erhöhung der Insolvenzmasse um die Beträge, die der Verwalter von den persönlich haftenden Gesellschaftern beitreiben kann.

148

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

mittels § 93 InsO zugleich ein Beitrag zur "Überwindung der Massearmut der Insolvenzen" geleistet werden soll. Den Materialien zufolge wird "das gesamte, den Gläubigern haftende Vermögen in die Teilungsmasse einbezogen"506. Ein Indiz für die materiell-rechtliche Zuweisung zur Masse könnte auch die Beibehaltung eines vor Konkurs bestehenden Aufrechnungsrechts durch die entsprechende Anwendung der §§ 406, 412 BGB sein 507 . In § 412 BGB ist von einem gesetzlichen Forderungsübergang die Rede. Jedoch spricht die Begründung zu § 105 ElnsO (Regierungsentwurf), jetzt § 93 InsO, nur von einer entsprechenden Heranziehung der §§ 406, 412 BGB 5 0 8 . Wie angedeutet, kann kaum unterstellt werden, daß § 93 InsO eine andere Rechtskonstruktion aufweisen soll als § 171 Abs. 2 HGB. Schließlich geht es dem Gesetzgeber in erster Linie um die Masseanreicherung (im nicht technischen Sinne) und um eine anteilmäßige Gläubigerbefriedigung in einem geregelten Verfahren. Diesen Zwecken würde auch durch eine nur haftungsrechtliche Zuweisung der Ansprüche bzw. der eingezogenen Haftsummen zur Masse Genüge getan. Welchem der hier aufgezeigten Lösungsansätze zu folgen ist, wird davon abhängen, ob im Hinblick auf die Anwendung anderer konkursrechtlicher Normen, wie beispielsweise §§ 43, 52 InsO ein schlüssiges haftungsrechtliches Konzept entsteht, das auch praktisch zu handhaben ist. Fraglich ist, ob, verfolgt man die "cessio legis" - Alternative, damit auch eine "schleichende" Änderung des § 171 Abs. 2 HGB vollzogen ist, oder ob eine rechtskonstruktive Diskrepanz zwischen §171 Abs. 2 HGB und § 93 InsO entsteht. Wünschenswert und zu rechtfertigen wäre letztere keinesfalls. Vieles deutet darauf hin, daß die Zuweisung der Haftungsansprüche zur Insolvenzmasse eine rein haftungsrechtliche ist. Kritik ist jedenfalls insoweit anzumelden, als der Gesetzgeber die Rechtskonstruktion des § 93 InsO im dunkeln beläßt. Eine deutlichere Gesetzesfassung drängte sich schon deshalb auf, weil ein entsprechender Streit bereits hinsichtlich §171 Abs. 2 HGB stattgefunden hat. Dies ist freilich nicht der einzige Kritikpunkt an der Neuregelung, wie sich sogleich zeigen wird.

505

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 140.

506

Referentenentwurf, 3. Teil, Begründung zu den einzelnen Vorschriften, S. 97.

507

So der Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 140. Vgl. wiederum Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 140.

V. Zum Anwendungsbereich des § 93 InsO

149

I V . K r i t i k an der systematischen Einordnung des § 93 InsO Man kann in Ansehung des § 171 Abs. 2 HGB zweifeln, ob die Regelung in das HGB oder in die InsO gehört 509 . Unzweifelhaft systemwidrig ist es aber, im Rahmen der Insolvenzrechtsreform die Legitimationsbefugnis des Insolvenzverwalters bzw. Sachwalters bzgl. der Kommanditistenhaftung weiterhin im HGB zu regeln, diejenige, die den unbeschränkt haftenden Gesellschafter betrifft, jedoch in die InsO zu übernehmen. Hier wird systematisch Zusammengehöriges ohne ersichtlichen Grund auseinanderdividiert. Es hätten sich folgende, systematisch besser einzuordnende Lösungsmöglichkeiten angeboten: Den Regelungsgehalt des § 93 InsO hätte man bei § 128 HGB unterbringen können. § 171 Abs. 2 HGB wäre als Spezialregelung für die Kommanditistenhaftung in der Insolvenz folgerichtig an seinem jetzigen Standort zu belassen. Wenn schon Regelungen über die Konkursfähigkeit von Personalgesellschaften in der Konkurs- bzw. Insolvenzordnung (§§ 209 KO, 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO) getroffen wurden, wäre es auch möglich gewesen, künftig die insolvenzrechtlichen Haftungsregeln für beide, also den Kommanditisten und den persönlich haftenden Gesellschafter, dem § 11 InsO in einer eigenständigen Vorschrift anzugliedern. Schließlich hätte, legte man Wert auf die systematische Einordnung im dritten Teil der InsO mit seiner allumfassenden Überschrift "Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens", auch eine einheitliche Regelung beider Haftungen in § 93 InsO zu Gebote gestanden. Keinesfalls sollte man jedoch systematisch Zusammengehöriges streuen. Dies erleichtert nicht gerade die Rechtsanwendung.

V . Z u m Anwendungsbereich des § 93 InsO Um eine Abgrenzung der Geltungsbereiche von § 171 Abs. 2 HGB und § 93 InsO vornehmen zu können, bedarf es der Klärung, für welche Fallgruppen nun die Neuregelung gelten soll, nachdem diese Frage für § 171 Abs. 2 HGB bereits beantwortet wurde (s. Kapitel 2, 5).

509

So Weber, KTS 70, 73 (74); K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 26, kritisiert schon die systemlose Einordnung der §§ 207ff KO in die Konkursordnung; BGH NJW 76, 751 (752) formuliert, die Befugnis des § 171 Abs. 2 HGB sei "der Sache nach Teil des Konkursrechts"; ebenso BGH ZIP 91, 233 (235).

150

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

1. Heranziehung für die Haftung aktiver, persönlich haftender Gesellschafter Dies ist der typische Anwendungsfall von § 93 InsO. Da es um persönlich haftende Gesellschafter geht, wird auch der ausnahmsweise unbeschränkt haftende Kommanditist (§ 176 HGB) erfaßt, zumal er ja nicht dem § 171 Abs. 2 HGB unterfällt (s.o., Kapitel 2, 5 d). Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Kommanditist Κ in die X-KG eintritt, seine Hafteinlage zwar sofort erbringt, jedoch erst später in das Handelsregister eingetragen wird. Zwischen seinem Eintreten und der Eintragung sind Gesellschaftsverbindlichkeiten zugunsten des Warenlieferanten G begründet worden. Für diese haftet Κ unbeschränkt, wenn G der Eintritt des Κ als Kommanditist nicht bekannt war. § 93 InsO meint mit der "persönlichen Haftung" des Gesellschafters die unbegrenzte Gesellschafterhaftung.

2. Anwendung hinsichtlich des aus einer Gesellschaft mit mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern ausgeschiedenen Gesellschafters Hier geht es um die Fälle, in denen ein Komplementär oder OHGGesellschafter ausscheidet, wobei die Gesellschaft als solche bestehen bleibt. Zwar ist auch in diesem Fall (vgl. zum ausgeschiedenen Kommanditisten Kapitel 2, 5 b) der Ausgeschiedene nicht mehr Gesellschafter, aber die persönlich unbeschränkte Haftung für Altschulden, mithin für Verbindlichkeiten, die zur Zeit seines Aktivseins begründet wurden, bleibt fortbestehen, weshalb auch das Risiko einer ungleichmäßigen Gläubigerbefriedigung weiterhin existent ist. Der Ausgeschiedene haftet als Gesellschafter, § 93 InsO findet auf ihn Anwendung.

3. Heranziehung von § 93 InsO, wenn nur ein (Alt-) Gläubiger vorhanden oder das Haftungspotential des persönlich haftenden Gesellschafters für die Befriedigung aller (Alt-) Gläubiger genügend ist Hierzu ist auf obige Ausführungen zum Kommanditisten zu verweisen (Kapitel 2, 5 e). Bei Vorhandensein nur eines (Alt-)Gläubigers oder von ausreichendem Gesellschaftervermögen besteht die Gefahr eines Gläubigerwettlaufs nicht. Man könnte somit dem Insolvenzverwalter die Legitimationsbefugnis absprechen. Allerdings kann sich die Annahme nur eines vorhandenen

V. Zum Anwendungsbereich des § 93 InsO

151

Gläubigers bzw. das Ausgehen von hinreichendem haftendem Vermögen des (Alt-) Gesellschafters im Nachhinein als falsch erweisen. Aus Gründen der Rechtssicherheit wird man dem Insolvenzverwalter daher nicht die Legitimationsbefugnis versagen dürfen, denn auch im künftigen Insolvenzverfahren gilt lediglich die zweiwöchige Ausschlußfrist des § 189 InsO, so daß eine nachträgliche Berücksichtigung nicht festgestellter Forderungen, für die auch noch kein Titel besteht, in Betracht kommt (§ 192 InsO).

4. Legitimationsbefugnis des Insolvenzverwalters bei Nichtbeteiligung der Gläubiger am Insolvenzverfahren? Wie bei § 171 Abs. 2 HGB (s. Kapitel 2, 5 f) wird der Insolvenzverwalter unangemeldete Forderungen nicht betreuen dürfen (§§ 28, 177 InsO), es sei denn, es handelt sich um Ansprüche nachrangiger Gläubiger (§§ 174 Abs. 3, 39 InsO). Letztere können ohnehin nur ausnahmsweise mit einer Befriedigung rechnen und das Insolvenzverfahren braucht mit der Anmeldung und Prüfung besagter Forderungen nur für diesen Ausnahmefall belastet zu werden 510 .

5. Heranziehung von § 93 InsO bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines ehemaligen Gesellschafters bzw. eines Dritten, der sämtliche Gesellschaftsanteile übernommen hat Zur Erläuterung dieser Fallkonstellation sei folgender Beispielsfall aufgeführt: Die Gesellschafter A und Β einer dreigliedrigen OHG übertragen ihren Gesellschaftsanteil in gegenseitigem Einvernehmen (vgl. §§ 105 Abs. 2 HGB, 719 BGB) auf den Gesellschafter C. Sodann wird über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Gleich zu bewerten ist der Fall, daß alle Gesellschafter, also Α, Β und C ihre Anteile auf einen außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten D übertragen, der seinerseits zahlungsunfähig wird. Die ehemaligen, persönlich haftenden Gesellschafter müssen für die zur Zeit des Bestehens der Gesellschaft begründeten Verbindlichkeiten als Gesellschafter einstehen. Dies spricht für eine Geltungsanordnung des § 93 InsO, zumal hier das gleiche Risiko einer ungleichmäßigen Gläubigerbefriedigung existiert wie bei der Insolvenz der Gesellschaft.

510

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 184 zu § 201 ElnsO, jetzt § 174 InsO.

152

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Wesentlich ist allein, daß der Haftende als (ehemaliger) Gesellschafter nach § 128 HGB einzustehen hat. Zudem kann es von Zufälligkeiten abhängen, ob das Insolvenzverfahren bereits über das Gesellschaftsvermögen oder aber erst nach Übernahme sämtlicher Anteile durch eine juristische oder Privatperson eröffnet wird. Jedoch spricht ähnlich wie bei § 171 Abs. 2 HGB der in dieser Hinsicht eindeutige Wortlaut des Gesetzes gegen eine Anwendung von § 93 InsO. In dieser Norm wird vorausgesetzt, daß die Eröffnung des Insolvenzverfahrens "über das Vermögen einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien" erfolgt. In Anlehnung an die Ausführungen von K. Schmidt (s.o., Kapitel 2, 5 i) zum Anwendungsbereich des § 171 Abs. 2 HGB wäre auch in bezug auf das Einstehenmüssen von unbegrenzt haftenden Gesellschaftern, wie hier der Altgesellschafter A und B, für Gesellschaftsverbindlichkeiten aus rechtspolitischen Gründen der Rechtsgedanke des § 93 InsO immer auch dann heranzuziehen, wenn das Insolvenzverfahren nicht über das Gesellschaftsvermögen eröffnet wurde. Dies trüge auch der neuesten Rechtsprechung des BGH sn zu § 171 Abs. 2 HGB Rechnung. Das Gericht hat erkannt, daß dem Gläubigerwettlauf nicht nur beim Konkursverfahren über das Vermögen einer KG, sondern bei demjenigen über das Vermögen eines jedweden Hauptschuldners Einhalt geboten werden muß. Freilich ist auch hier eine Wortlautergänzung des § 93 InsO etwa wie folgt gebo.

512

ten

:

"Gleiches gilt für die persönliche Haftung eines Gesellschafters im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines sonstigen Schuldners".

6. Geltung des § 93 InsO bei Existenz von Scheingesellschaftern bzw. bei nichtigem Gesellschaftsvertrag? Angenommen 513 , die A betreibt zusammen mit X eine größere Fabrik in der Rechtsform einer OHG. Ihr Mann Β knüpft mit dem Gläubiger G

51

' B G H NJW 90, 3145f; vgl. hierzu eingehend oben, Kapitel 2, 5 g cc.

512

K. Schmidt, Wege zum Insolvenzrecht, S. 82, wünscht sich eine allgemeinere Fassung, nach der "jede Haftung, die gegenüber allen Gläubigern eintritt, über die Masse abzuwickeln ist", weil das Gesellschaftsrecht neben der persönlichen Haftung andere Fälle kenne, in denen eine derartige Direkthaftung umstritten und schwer gegen eine Innenhaftung abzugrenzen sei (so, ob die Konzernhaftung im qualifizierten faktischen Konzern oder die Gründerhaftung bei einer unterkapitalisierten GmbH eine Außenhaftung gegenüber den Gläubigern oder eine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft darstelle).

V. Zum Anwendungsbereich des § 93 InsO

153

Geschäftsverbindungen, wobei er wahrheitswidrig vorgibt, er sei Teilhaber der OHG. G tätigt nur deshalb Geschäftsabschlüsse mit der insolventen Gesellschaft, weil er auf die Haftungsgrundlage des Β vertraut. Der Β ist bloßer Scheingesellschafter, haftet aber als solcher für Verbindlichkeiten aus Geschäften, die der G im Vertrauen auf diesen Rechtsschein abgeschlossen hat 514 . Er muß sich so behandeln lassen, als entspräche der Rechtsschein der Wirklichkeit. Folglich wird künftig § 93 InsO zumindest analog heranzuziehen sein. Zwar ist Β tatsächlich nicht Gesellschafter, aber er muß sich wie ein solcher behandeln lassen. Falls A und Β eine Falschmünzerei in der Rechtsform einer OHG oder KG betreiben, ist der Gesellschaftsvertrag nichtig. Auch die Grundsätze der "fehlerhaften Gesellschaft" finden bei einem Verstoß gegen ein Verbotsgesetz i.S.v. § 134 BGB keine Anwendung. Gleiches gilt für die Gründung einer Scheingesellschaft aus lediglich steuerlichen Gründen, wobei ein Handelsgewerbe nicht betrieben werden soll. Ist der Gesellschaftsvertrag nichtig, fehlt es also am gemeinschaftlichen Vermögen, erfolgt eine Verfahrenseröffnung nur bei rechtskräftigem Eröffnungsbeschluß (vgl. unter Kapitel 2, 5 k). Eine Einstellung mangels Masse ist nach Rechtskraft des Beschlusses künftig nicht ohne weiteres möglich, da die nach § 93 InsO beanspruchten Vermögenswerte in die Teilungsmasse fließen sollen 515 . Dagegen könnte sprechen, daß man nicht etwas einer Masse zuweisen kann, die nicht existent ist. Jedoch bildet dann die eingezogene Haftsumme die Insolvenzmasse der "Gesellschaft". Dies an der Nichtexistenz der Gesellschaft scheitern zu lassen, hieße die Rechtskraft des Eröffnungsbesch lusses umgehen 516 .

513

Beispielsfall in Anlehnung an BGHZ 17, 13.

514

B G H Z 17, 13(170-

515

S o schon der Referentenentwurf, 3. Teil, Begründung zu den einzelnen Vorschriften, S. 97.

516

N a c h Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses kann nicht mehr geltend gemacht werden, es bestehe keine Personenhandelsgesellschaft, vgl. Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 209 Anm. 4; vgl. zum rechtskräftigen Konkurseröffnungsbeschluß über das Vermögen einer BGB-Gesellschaft: BGH ZIP 91,233 (234) m.w.N.

154

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

7. Anwendung auf die fehlerhafte, in Vollzug gesetzte Gesellschaft A und Β schließen einen privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer OHG, wobei die Einlagepflicht des Β in der Einbringung eines Betriebsgrundstückes besteht. Der Vertrag ist wegen Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 313 BGB nichtig. Wurde seitens der Gesellschaft bereits gewirtschaftet, so bedeutet das nicht, daß das Gesellschaftsverhältnis nichtig ist 5 1 7 . Unzweifelhaft wird § 93 InsO genau wie § 171 Abs. 2 HGB auf eine solche Gesellschaft anwendbar sein (s.o., Kapitel 2, 5 1).

V I . Z u r Frage des Einstehenmiissens des persönlich haftenden Gesellschafters für alte und neue Masseverbindlichkeiten sowie für Forderungen aus Sozialplänen Das Problem, für welche Gesellschaftsverbindlichkeiten der persönlich haftende Gesellschafter einzustehen hat, ist notwendig auch bedeutsam für die Anwendung von § 93 InsO. Deshalb werden Sonderfälle der Haftung im folgenden erörtert. Zunächst wird in diesem Zusammenhang auf die geltende Rechtslage abzustellen sein, bevor auf Änderungen im künftigen Recht eingegangen wird.

1. Die Haftung für Masseverbindlichkeiten a) Das Einstehenmüssen des persönlich haftenden Gesellschafters für Masseverbindlichkeiten im Konkurs der Gesellschaft aa) Die Haftung für alte Masseverbindlichkeiten Alte Masseverbindlichkeiten 518 sind solche Forderungen, die bereits vor der Konkurseröffnung, wenn auch als betagte oder aufschiebend bedingte, entstanden waren, also zu einer Zeit, in der der Gemeinschuldner schon persönlich verpflichtet war (§ 59 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 KO). So liegen beispielsweise in folgendem Fall Altverbindlichkeiten vor: Über das Vermögen der X-KG wurde am 01.07.1992 Konkurs eröffnet. Der Konkursverwalter beschäftigt den Arbeitnehmer A nach Konkurseröffnung

517

V g l . n u r RGZ 142, 98 (104ft); BGHZ 3, 285 (287ff); 11, 190(191f).

Vgl. zur Terminologie Kapitel 2, 2.

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens fìir Masseverbindlichkeiten

155

weiter. Bei den Ansprüchen des A aus dem Dienstvertrag für die Zeit nach Konkurseröffnung handelt es sich um Masseansprüche gem. § 59 Abs. 1 Nr. 2 Alt 2 KO. A nimmt hierfür über den Verwalter den persönlich haftenden Gesellschafter X in Anspruch, der der Auffassung ist, für diese Verbindlichkeiten nicht einstehen zu müssen. Für derartige Ansprüche haftet der Gemeinschuldner als natürliche Person selbst mit seinem konkursfreien Vermögen, denn er hatte ja auch vor der Konkurseröffnung mit seinem Gesamtvermögen einzustehen. Hieran ändert sich nichts durch die Umwandlung in Masseschulden infolge der §§59 Abs. 1 Nr. 2, 22 K O 5 1 9 . Folglich kann sich der Gemeinschuldner weder darauf berufen, er habe auf die Entstehung des Schuldverhältnisses keinen Einfluß gehabt, noch darauf, die Eingehung eines solchen habe nicht in seinem Interesse gelegen 520 . Der Zugriff der Massegläubiger ist durch §§ 12, 14, 57 KO nicht ausgeschlossen 521 . Hat der Gemeinschuldner zugleich eine Massegläubigerstellung inne, so haftet natürlich nur die Konkursmasse 522.

519 H i e r z u : RGZ 2, 23 (24); 27, 113 (114) jeweils zum alten Recht; RGZ 98, 136 (137); HansOLG LZ 12, Sp. 867f; KG JW 31, 2153; L A G München ZIP 90, 1217 (1218); Ackmann, Anm. zu L A G München ZIP 90, 1217, in EWiR § 59 KO 5/90, 1011; Bley, ZZP 62, 111 und 342, 348; Jaeger, KO, § 57 Anm. 3, 4a; ders., Lehrbuch, S. 133; Kilger, KO, § 57 Anm. 2; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 3f; Müller, KTS 64, 14 (20); K. Schmidt, ZHR 152, 105 (113); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 69; M. Schmidt, S. 120; Sieveking, S. 50, 55ff; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 57 Anm. 10; a.A.: Fitting, S. 182 Fn. 35. 52 °Sieveking, S. 60; eine Haftungsbeschränkung soll aber laut Sieveking, a.a.O., wohl in Anlehnung an § 159 HGB für Dauerschuldverhältnisse, mit dem ersten möglichen Kündigungstermin eintreten; vgl. hierzu die Problematik beim ausgeschiedenen Gesellschafter bei Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 159 Anm. 3B; vgl. auch zur Frist des § 159 Abs. 2 HGB: K. Schmidt, ZHR 152, 105 (118f). 521 K G JW 31, 2153; Kilger, KO, § 57 Anm. 2; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 57 Anm. 10; dies ist nicht unstreitig: nach v. Wilmowski/Kurlbaum, KO, vor § 57 Anm. 2f, steht zwar fest, daß der Gemeinschuldner persönlich für den aus der Konkursmasse erwachsenden Ausfall haftet, daß diese Haftung jedoch vor Aufhebung des Konkurses nicht geltend gemacht werden kann; ebenso Fitting, S. 182f; Sieveking, S. 57, 102ff. Die völlig h.M. sieht, was früher nicht unbestritten war, den Gemeinschuldner als Schuldner der Massegläubiger, nicht hingegen die Konkursgläubiger mit der bloßen Konkursmasse oder gar die Konkursmasse selbst: RGZ 52, 331 (332f); RAG 13, 148 (152); OLG Hamburg OLGE 25, 336 (337f); Jaeger, KO, § 57 Anm. 2f; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 3f; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 57 Anm. 9; a.A.: Köhler, Lehrbuch, S. 381ff (387); ders., Leitfaden, S. 204; Seuffert, S. 240.

522

Zur Frage, ob der Gemeinschuldner überhaupt Massegläubiger sein kann: bejahend: v. Wilmowski/Kurlbaum, KO, vor § 57 Anm. 4; a.A.: Wolff, KO, § 57 Anm. 3.

156

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Auf den Gesellschaftskonkurs übertragen muß dies bedeuten, daß für solche Ansprüche nicht nur die Masse, sondern auch das nicht konkursbefangene Privatvermögen des persönlich haftenden Gesellschafters, der ja Gemeinschuldner ist (vgl. Kapitel 1,4 a), nach § 128 HGB seitens der Massegläubiger in An523

spruch genommen werden kann . Ein konkursfreies Vermögen der Gesellschaft selbst existiert mangels Pfändungsgrenzen und weil der Hinzuerwerb nach Verfahrenseröffhung ohne weiteres zur Abwicklungsmasse (vgl. §§ 131 Nr. 3, 161 Abs. 2 HGB) gehört, möglicherweise nicht 524 . Das gilt jedenfalls dann, wenn man davon ausgeht, die Konkursmasse werde durch das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen gebildet, was zur Folge hat, daß jeder Erwerb nach Konkurseröffnung (Neuerwerb) automatisch Hinzuerwerb zur Masse, nämlich zum Unternehmen ist. Auch nicht übertragbare Vermögenswerte Rechte sind demnach massezugehörig und selbst eine Freigabe durch den Konkursverwalter kommt im Gesellschaftskonkurs nicht in Betracht. Dann tritt an die Stelle des konkursfreien Vermögens das Privatvermögen des persönlich haftenden Gesellschafters. Anderenfalls steht es neben dem konkursfreien Vermögen der Gesellschaft. Die unbegrenzte Haftung des Gesellschafters für Altschulden ist mit der Zulässigkeit eines Sonderkonkurses durchaus vereinbar. Die Vermögenssonderung hat keinesfalls eine allgemeine Haftungsbeschränkung zur Folge, denn sonst stellten sich diejenigen, die in der Rechtsform einer OHG oder KG wirtschafteten und deren persönlich haftende Gesellschafter wären, besser als reine Privatgantschuldner. Der Gesellschafter X hat daher für die Arbeitnehmeransprüche des A mit seinem der Einzelzwangsvollstreckung unterliegenden Vermögen einzustehen. An dieser Vollhaftung persönlich haftender Gesellschafter für Altschulden ändert sich konsequenterweise auch nichts durch die Konkursbeendigung, soweit die Massegläubiger entgegen der §§ 57, 191 Abs. 1, 205 Abs. 2 bzw. 60 KO nicht befriedigt wurden, weil das Gesetz für die Annahme des Gegenteils nichts hergibt 525 .

523 K . Schmidt, ZHR 152, 105 (114f); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 69; Wolf, Allgemeine Wirkungen der Insolvenzeröffnung, in Leipold, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 113 (122), weist daraufhin, daß bei einer Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen eine dem Wesen der OHG widersprechende OHG mit beschränkter Haftung zugelassen würde. Haftete der Komplementär nicht für Masseschulden, so Wolf, würde er besser stehen als der Kommanditist, der eine nicht geleistete Einlage nach § 171 Abs. 2 HGB an den Konkursverwalter erbringen muß, womit dieser auch Masseschulden begleichen kann; L A G München ZIP 90, 1217 (1218). 524 K . Schmidt/Schulz, ZIP 82, 1015 (1017ff), m.w.N.; K. Schmidt, ZHR 152, 105 (115); Kilger/K. Schmidt, KO, § 1 Anm. 1 A c; dagegen: Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 63 Anm. 71-72a, mit eingehender Begründung. 525

Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 5, mit Nachweisen hinsichtlich des Streitstandes zu dieser Frage.

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens f r Masseverbindlichkeiten

157

Wird die Gesellschaft nach Konkursbeendigung weiterbetrieben, etwa weil das Verfahren auf Grund eines Zwangsvergleichs aufgehoben wurde (§§ 190 KO, 144 HGB), so erlöschen Masseforderungen des Gesellschafters nicht durch Konfusion, obwohl die persönlich haftenden Gesellschafter ja Gemeinschuldner sind, denn im Gegensatz zu der Gegebenheit bei einer natürlichen Person bleibt das Gesellschaftsvermögen nach Konkursbeendigung Sondergut 526. Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen des Gesellschafters bleiben getrennt.

bb) Das Einstehenmüssen für neue Masseverbindlichkeiten Zu den neuen Masseforderungen gehören Ansprüche, die erst während des Konkursverfahrens aufgrund der Konkursverwaltung entstanden sind. Dies gilt insbesondere für Handlungen, die der Konkursverwalter für Rechnung des Gemeinschuldners vornimmt (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 KO) 5 2 7 . Hierzu gehören die Fälle, in denen der Konkursverwalter Zukäufe von Waren für die Masse vornimmt. Auch diese Neuverbindlichkeiten sind Gesellschaftsschulden, so daß eigentlich aus Akzessorietätsgründen eine unbegrenzte Haftung nach § 128 HGB eintreten müßte. Hiernach hätte der persönlich haftende Gesellschafter, der ja Gemeinschuldner ist, ohne eine Beschränkung auf die Konkursmasse für alle Ansprüche aus Geschäften des Verwalters zu haften 528 . Die Vertreter dieser Auffassung weisen darauf hin, daß alle Masseforderungen Folgen der Konkurseröffnung seien, die der Gemeinschuldner beantragt oder aber jedenfalls veranlaßt habe. Das zugunsten der Massegläubiger geschaffene Privileg (Berichtigung der Masseverbindlichkeiten vor Konkursforderungen) würde in ein solches für den Schuldner umgewandelt werden, so wird argumentiert, verneinte man die Haftung für Masseschulden und Massekosten529.

526

V g l . zur Konfusion bei einer natürlichen Person: Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 5 a.E.

527

Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 3f; K. Schmidt, ZHR 152, 105 (1131); nach K. Schmidt, a.a.O., kann ein Kommanditist, der nach § 171 Abs. 2 HGB erfolglos in Anspruch genommen wurde, seine Forderung auf Erstattung der Prozeßkosten als Massegläubiger gem. § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO geltend machen; a.A.: Jaeger/Weber, KO, §§ 209, 210 Anm. 33, der von § 58 Nr. 1 KO ausgeht. 528

So in der Tat Petersen/Kleinfeller, KO, vor §§ 50-53 Anm. 3; v. Wilmowski/Kurlbaum, KO, § 6 Anm. 6, vor § 57 Anm. 2; Levy, ZZP 49, 212 (213), unter Hinweis auf die Motive; Wolff, ZZP 22, 207 (212); SG Bremen ZIP 80, 630. 529

Levy, ZZP 49, 212 (213); Wolff, ZZP 22, 207 (210), der auf das Verschulden oder den in der Person des Gemeinschuldners liegenden Zufall abstellt.

158

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Gegen diesen Standpunkt wird vorgebracht, die Schulden entstünden ohne Zutun des Gemeinschuldners 530. Der Gantschuldner habe nur einen geringen Einfluß auf die Bestellung des Konkursverwalters und sei infolge seiner mangelnden Einwirkungsmöglichkeit auf die Führung der Geschäfte Spekulationen des Verwalters oder der Gläubiger schutzlos ausgeliefert 531. Eine beschränkte Haftung erscheine da billig, wo jemandem eine Verpflichtung obliege, ohne daß er selbst einen bestimmenden Einfluß auf die Entstehung bzw. Höhe derselben auszuüben vermöge 532 . Die Übertragung dieses Gedankens auf die konkursbefangene Gesellschaft nahm Sieveking 533 vor. Er verwies zudem darauf, den Gläubigern sei bei Handlungen des Konkursverwalters nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO die Sachlage bekannt, ihre Schutzbedürftigkeit vermindere sich daher. Der Konkursverwalter handle erkennbar nur für die Masse und zwar im Fremdinteresse. Wenn sich Masseschulden für den Gemeinschuldner günstig auswirkten, sei dieser zwar nicht schutzwürdig. Hieraus könnne man aber nicht ableiten, er müsse allgemein persönlich über die Masse hinausgehend haften. Wegen des eigentlich geltenden Akzessorietätsgrundsatzes nimmt K. Schmidt 534 eine teleologische Reduktion des § 128 HGB vor. Nach der Konkursbeendigung wird der vormalige Gemeinschuldner für neue Masseverbindlichkeiten, da er nur mit dem konkursbefangenen Vermögen einzustehen hatte, nicht persönlich haften, es sei denn, aus der Masse wären Vermögenswerte in seine freie Verfügung gelangt (§§ 192, 206 KO) 5 3 5 . Für diese

53 ° V g l . die Denkschrift zur österreichischen KO 1914, S. 56, zitiert bei Jaeger, ZZP 50, 157 (1690; Jaeger, a.a.O., spricht von einer "gegenständlich beschränkten Haftung" des Gemeinschuldners; ihm folgend OLG Hamburg OLGE 25, 336 (338); vgl. auch LAG München ZIP 90, 1217

(1218). 531

Kohler, Lehrbuch, S. 387.

532

Ehrenberg, S. 21; M. Schmidt, S. 120f, der für die gegenteilige Annahme von einer "modifizierten, abgemilderten Form einer Schuldknechtschaft" spricht, a.a.O., S. 121 Fn. 1. 533 Sieveking, S. 37ff, insbesondere S. 40-48; vgl. auch explizit zum Gesellschaftsrecht im Anschluß an Sieveking: K. Schmidt, ZHR 152, 105 (114f); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 70; allgemein zur begrenzten Haftung von Gemeinschuldnern für Neuschulden: Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 4; Müller, KTS 64, 14 (19); M. Schmidt, S. 120ff; KG Recht 42, Nr. 3814; zum Vergleich der Haftungsbegrenzung beim Gesellschaftskonkurs mit derjenigen bei einem Nachlaßkonkurs: Sieveking, S. 36ff; zur Fallkonstellation der Befriediung eines Massegläubigers durch einen Geschäftsbesorger: Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 5a. 534

K . Schmidt, ZHR 152, 105 (1 15); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 70.

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens f r Masseverbindlichkeiten

159

haftet der Gemeinschuldner gem. § 419 Abs. 2 BGB analog 536 beziehungsweise entsprechend § 130 HGB 5 3 7 . Fraglich ist, ob die Haftungsbegrenzung auch für Massekosten (§58 KO) gilt. Solche sind beispielsweise Gerichtsgebühren, gerichtliche und außergerichtliche Auslagen sowie öffentliche Abgaben. Zwar entstehen die Kosten ohne Willen des Gemeinschuldners, jedoch soll es hierauf nicht ankommen. Deshalb müsse man, so Sieveking 538 , darauf abstellen, ob die Kosten variabel seien, sich im Laufe des Verfahrens als veränderbar gestalteten oder ob eine hinreichende Bestimmbarkeit vorliege. Da sich die Gerichtskosten des § 58 Nr. 1 KO der Höhe nach als Ausfluß der Vermögenslage darstellten, wie sie der Gemeinschuldner unter eigener Verwaltung geschaffen habe, rührten sie aus der Vergangenheit her, so daß sie der Gemeinschuldner in vollem Umfang tragen müsse 539 . Was die Forderungen aus § 58 Nr. 2 KO betrifft, mithin die Vergütungen und Auslagen für den Sequester, Konkursverwalter und den Gläubigerausschuß, so unterscheidet Sieveking danach, ob die Verwaltungs- und Verwertungskosten auch dann entstanden wären, wenn es nicht zur Konkurseröffnung gekommen wäre. Bejahendenfalls soll eine unbeschränkte Haftung eintreten; solche Kosten brauchten sich, da sie nicht besonders an die Konkursverwaltung anknüpften, auch keine Beschränkung durch den Konkurs gefallen zu lassen, selbst wenn sie fortlaufend und nach Konkurseröffnung entstünden540.

535

B G H NJW 55, 339; W M 64, 1125; OLG Hamburg OLGE 25, 336 (3370; OLG Hamburg KuT 30, 28; KG Recht 42, Nr. 3814; LAG München ZIP 90, 1217 (1218); Bley, KuT 27, 17; Bötticher, ZZP 77, 55 (56 Fn. 2); Hanisch, S. 150; Kiehl, ZZP 30, 289 (298fï); Kilger, KO, § 57 Anm. 2; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 5; Müller, KTS 64, 14 (19f); Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 57 Anm. I I b ; Kohler, Lehrbuch, S. 384, der j a ohnehin die Gläubigerschaft beschränkt auf das Konkursvermögen haften läßt; Seuffert, S. 240, für Neuverbindlichkeiten, für die die Gemeinschaft der Konkursgläubiger hafte; die unbeschränkte Haftung nach Konkursbeendigung bejahen: Fitting, S. 183; Petersen/Kleinfeller, KO, vor §§ 50-53 Anm. 3; v. Wilmowski/Kurlbaum, KO, vor § 57 Anm. 2; Wolff, ZZP 22, 207ff; vgl. zum Thema auch Baur, FS f. Weber, S. 41 ff; für eine unbegrenzte Haftung nach Konkursbeendigung: OLG Hamburg SeuffArch 38, Nr. 198 (S. 255). 536 Bötticher, ZZP 77, 55 (64); Dieckmann, Zur Behandlung des Neuerwerbs, in Leipold, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 127 (129); Hanisch, S. 150; Kilger, KO, § 57 Anm. 2; Baur/Stürner, Rn. 17.3; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 57 Anm. 11. 537

S o K. Schmidt, ZHR 152, 105 (116); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 70.

oo

Sieveking, S. 69. 539 Sieveking, S. 70f; ähnlich Hesselbarth, LZ 11, Sp. 598 (5990; a.A.: Jaeger, KO, § 57 Anm. 5; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 70: die Kosten seien verfahrensimmanent und sollten nur die Konkursmasse der Gesellschaft betreffen.

160

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Andere Autoren 541 vertreten eine generelle Haftungsbeschränkung für Massekosten, wenn schon für neue Masseverbindlichkeiten keine unbegrenzte Haftung existiere. Konsequent bejahen diejenigen, die auf die Veranlassung des Konkursverfahrens durch die Zahlungsunfähigkeit abstellen, die persönliche Haftung des Gemeinschuldners - und damit des persönlich haftenden Gesellschafters 542. Mit Sieveking wird richtigerweise darauf abzustellen sein, ob der Gemeinschuldner auf die Entstehung von Masseforderungen Einfluß nehmen konnte oder nicht; ferner, ob sie unmittelbar Ausfluß der Insolvenz der Gesellschaft sind, wie beispielsweise die Gerichtskosten gem. § 58 Nr. 1 KO. Den Massegläubigern nach §§ 105, 106 VglO steht für den Fall des Anschlußkonkurses die unbegrenzte Haftung des Gemeinschuldners zur Disposition, denn es handelt sich hier um Altschulden 543 . Ist die Konkursmasse rechtlos bereichert, wobei die Mehrung bereits vor Konkursbeginn eingetreten ist, so handelt es sich bei dem Bereicherungsanspruch um eine bloße Konkursforderung 544. Ein Bereicherungsanspruch als Masseschuld gem. § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO ist nur dann gegeben, wenn die Bereicherung dem bei Verfahrenseröffnung vorhandenen Vermögen des Gemeinschuldners aber nach Konkurseröffnung unmittelbar zugeflossen ist. Veräußert beispielsweise der Konkursverwalter vermeintlich zur Konkursmasse gehörige Maschinen, die tatsächlich unter einfachem Eigentumsvorbehalt geliefert wurden, an einen gutgläubigen Dritten, wobei der Erlös ununterscheidbar mit Massegeldern vermengt wird, so daß eine Ersatzaussonderung nicht stattfinden kann, dann haftet die Masse für den Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nach § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO545.

54

°Sieveking, S. 74; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 3, 5, differenziert danach, ob die Massekosten schon bei Konkursbeginn begründet waren. Soweit der Gemeinschuldner bereits vor dem Konkurs persönlich verpflichtet gewesen sei, hafte er zugleich mit seinem konkursfreien Vermögen. 541

Jaeger, ZZP 50, 157 (171); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 70; Schultze, S. 46f; so auch KG BIZpfl 36, 72. 542 Völderndorf, S. 597f; ähnlich Hesselbarth, LZ 11, Sp. 599f, für § 58 Nr. 1 KO; Levy, ZZP 49, 212 (213), der auf den prozessualen Grundsatz verweist, daß die Verfahrenskosten demjenigen aufzuerlegen seien, der sie veranlaßt habe; kritisch hierzu: Jaeger, ZZP 50, 157 (170f) und Sieveking,

5. 68. 543

544

Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 5, für die Zeit nach Konkursbeendigung. Jaeger/Lent, KO, § 59 Anm. 10; Kilger, KO, § 59 Anm. 6; Kilger/K. Schmidt, KO, § 59 Anm.

6. 545

Beispiel nach Jaeger/Lent, KO, § 59 Anm. 10, 12.

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens für Masseverbindlichkeiten

161

Da die Ansprüche nach § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO nach Konkurseröffnung entstanden sind, werden sie als neue Masseverbindlichkeiten eingeordnet; eine Haftung des Gesellschafters kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht 546 . Anders ist freilich für die Zeit nach Beendigung des Konkursverfahrens zu entscheiden, falls der Gesellschafter bereichert ist 5 4 7 . Eine Ausnahme von obigem Grundsatz ist aber für folgenden Fall zu machen: Verkauft eine insolvente OHG - handelnd durch einen Gesellschafter oder Prokuristen - trotz Eröffnung des Konkursverfahrens Waren unter dem Marktpreis an einen Gläubiger G, so ist dieses Rechtsgeschäft unwirksam. Die bereits erbrachte Gegenleistung ist aus der Masse zurückzugewähren (§ 7 Abs. 1,2 KO). Die Verpflichtung des Verwalters zur Herausgabe des Kaufpreises ist eine Masseverbindlichkeit i.S.v. § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO. Obwohl die Bereicherung in die Insolvenzmasse geflossen ist, erscheint fraglich, ob nicht der persönlich Haftende ausnahmsweise doch einzustehen hat. Rekurriert man auf die fehlende Einflußnahmemöglichkeit des Gesellschafters auf Handlungen des Verwalters, so trifft das diesen Fall nicht. Vorliegend hat die OHG, vertreten durch einen aufrecht stehenden Gesellschafter oder durch einen bevollmächtigten Dritten gehandelt. Den nicht handelnden OHG-Gesellschaftern wird man dieses Tun auf Grund der personenrechtlichen Verbundenheit, die auf gesellschaftsvertraglicher Basis fußt, zurechnen müssen. Folglich haften sie für diesen Ausgleichsanspruch.

b) Die Haftung für Masseansprüche im Doppelkonkurs Interessant ist die von der Einordnung der Forderungen im Gesellschaftskonkurs als Masseverbindlichkeiten ausgehende Wirkung auf die Geltendmachung solcher Ansprüche gegen den Gesellschafter im Falle des Doppelkonkurses. Unterstellt, der Gesellschafter haftet im Gesellschaftskonkurs für bestimmte Masseforderungen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Konkursverwalter nach Verfahrenseröffnung Arbeitnehmer einer OHG weiterbeschäftigt. Anzumerken ist an dieser Stelle, daß eine Haftung des Gesellschafters für Masseverbindlichkeiten im Konkurs der Gesellschaft nur in Betracht kommt, wenn diese im Zeitpunkt der Eigenkonkurseröffnung bereits begründet war (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 KO). Der Gesellschafter muß nicht für Neuverbindlichkeiten einstehen548. Nun wird auch über das Eigenvermögen des Gesellschafters der Privatkonkurs

546 K . Schmidt, ZHR 152, 105 (114); Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 70; Sieveking, S. 65f.

7

Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. 5; Sieveking, S. 84.

162

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

eröffnet; es befinden sich mithin die OHG und ihr Gesellschafter zur gleichen Zeit im Konkurs. Sind Massegläubiger - hier die Arbeitnehmer - im Gesellschaftskonkurs zugleich solche im Gesellschafterkonkurs, können sie also in diesem sowohl die "reinen" Privatkonkursgläubiger als auch die Gesellschaftskonkursgläubiger, die zugleich Privatkonkursgläubiger sind, verdrängen? Und weiter: gelten die Ausführungen zur rechtlichen Einordnung von Masseverbindlichkeiten im Doppelkonkurs auch für bevorrechtigte Konkursforderungen? Soweit letztere im Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Gesellschaftsvermögen begründet waren (vgl. §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 KO), gilt dies kraft der akzessorischen Gesellschafterhaftung auch für den Gesellschafterkonkurs. Nicht unumstritten ist, ob den Masseverbindlichkeiten im Gesellschafterkonkurs die gleiche rechtliche Einordnung zukommt, wie im Gesellschaftskonkurs. Unsicherheit in diesem Bereich ist durch die systemwidrige Einordnung 549 der Ansprüche aus § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO entstanden. Diese Ansprüche resultieren aus der Zeit vor der Verfahrenseröffnung und sind somit eigentlich Konkursforderungen nach § 3 Abs. 1 KO. Der Gesetzgeber hat sie durch die Regelung des § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO zu unechten Masseschulden aufgewertet. Ausgangspunkt für eine rechtliche Beurteilung kann nur die in den §§ 209, 212 KO angelegte Anerkennung eines Sonderkonkurses sein. Wenn man mit der Trennung von Gesellschafts- und Gesellschafterkonkurs Ernst macht, muß auch gesondert für jeden Konkurs einzeln festgestellt werden, was Masseschuld einer Konkursmasse ist und was nicht 550 .

548 V g l . hierzu: Häsemeyer, Die Regelung der Masseverbindlichkeiten, der Masseunzulänglichkeit und des Verfahrenskostenvorschusses, in Leipold, Insolvenzrecht im Umbruch, S. 101 (107). 549 Hierzu: Kilger/K. Schmidt, KO, § 3 Anm. 1 c, § 59 Anm. 5 A, B; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 212 Anm. 5a; LSG NW ZIP 81, 751 (753); BAG KTS 79, 150 (162); BGHZ 79, 124 (1250: daß § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO einen Fremdkörper im System der Masseschulden darstelle, zeigten die Regelungen in §§ 59 Abs. 2, 60, 103 Abs. 2 KO; BAG ZIP 82, 209 (210) = BAG AP Nr. 12 zu § 59 KO m. Anm. Beitzke; AG Augsburg ZIP 85, 115f, das sich mit der Frage beschäftigt, ob für Massegläubiger i. S. v. § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO das Vollstreckungsverbot des § 14 KO gilt; hierzu auch AG Meldorf ZIP 85, 1284f; LG Ulm ZIP 86, 323 (324); vgl. auch Denck, KTS 84, 35ff; Kilger, NJW 80, 27Iff; im künftigen Recht soll die Regelung des § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO keine Neuauflage erfahren, vgl. Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 126. 550 R G Z 135, 62 (630; RAGE 11, 185 (186); zustimmend: Heilmann, BB 82, 1054f; Jaeger, JW 32, 1017; Jaeger/Lent, KO, § 57 Anm. la; Kilger/K. Schmidt, KO, § 212 Anm. 3; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 29; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 57 Anm. lc, § 212 Anm. 6.

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens f r Masseverbindlichkeiten

163

Angemerkt sei nur, daß die Rechtsprechung 551 unter Kritik eines Teils der Lite552

ratur bevorrechtigte Konkursforderungen nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO im Doppelkonkurs einheitlich behandelt. Der Vorrechtscharakter stelle eine der Forderung "innewohnende Kraft" dar (§ 401 Abs. 2 BGB). Künftig sollen freilich Konkursvorrechte abgeschafft werden zum Zwecke der Realisierung einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung 553. Die Qualifizierung einer Verbindlichkeit als Masseschuld haftet nicht dem Anspruch als solchem an, so daß sie sich automatisch auf die Haftung des Gesellschafters übertragen würde. Vielmehr hängt schon die Einordnung als Masseschuld von der konkreten Konkurssituation, also von der jeweiligen Sachverhaltskonstellation ab 554 . Masseschuld ist ein "relativer Begriff' 5 5 5 .

551 RGZ 85, 341 (343); RAGE 11, 32Iff; BGHZ 34, 293 (294); BAG ZIP 82, 209 = BAG AP Nr. 12 zu § 59 KO m. zust. Anm. Beitzke, für den Sonderfall eines Anspruchs aus § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO; L A G Frankenthal ArbRSlg 13, L A G S. 3 m. zust. Anm. Hueck, S. 4; L A G Frankfurt BB 54, 1029, für Lohnforderungen gem. § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO (Lohnschutzcharakter des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO); OLG Karlsruhe M DR 69, 152 für eine Forderung nach § 61 Abs. 1 Nr. 5 KO; SG Bremen ZIP 80, 630 (632) m. Anm. Voigt; LSG NW ZIP 81, 751 (752); FG Baden-Württemberg ZIP 86, 520 (521); vgl. auch Frotscher, S. 31 Fn. 25; Geist, Rn. 237, für das Vergleichsverfahren; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 128 Anm. 9B; Jaeger/Lent, KO, § 61 Anm. 21; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 77, unter Hinweis auf den Akzessorietätsgrundsatz des § 129 Abs. 1 HGB.

552

Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 767f; Heilmann, KTS 81, 359 (360ff); ders., BB 81, 1835; ders., BB 82, 1054 (1055); Heinrich/Schilling, BB 84, 2188f; Jaeger, KO, § 212 Anm. 4; ders., JW 32, 1017; Kilger, KO, § 212 Anm. 3; Mohrbutter/Mohrbutter, S. 352f; Bley/Mohrbutter, VglO, § 110 Anm. 4; Kilger/K. Schmidt, KO, § 212 Anm. 3; Gottwald/Timm, § 84 Rn. 29; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 61 Anm. 63, § 212 Anm. 6; Jaeger/Weber, KO, § 212 Anm. 8; Wissmann, S. 125ff; vgl. aber auch FG Baden-Württemberg EWiR 86, 395 m. zust. Anm. Onusseit; Schlegelberger/K. Schmidt, HGB, § 128 Anm. 77. 553

Regierungsentwurf, Bundesrat-Drucksache 1/92, S. 81, 90; Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, Bundestag-Drucksache 12/7302, S. 150; eine Abschaffung der Konkursvorrechte wurde u.a. gefordert von: Heilmann, NJW 84, 1517 (1518); K. Schmidt, B.B1. 84, 23 (25), er tritt vor allem für die Abschaffung des Fiskusprivilegs des § 61 KO ein, dies in Anlehnung an das österreichische Recht; Hanisch, ZZP 90, 1 (4f), erachtet das Prinzip der "par condicio creditorum" für zeitlos und unverzichtbar, weshalb er fordert, daß "mit der Gewährung jedweder Privilegien sehr zurückhaltend und vorsichtig" zu verfahren sei. 554

So die sinngemäße Begründung in RGZ 135, 62 (63); RAGE 11, 185 (186f); RAG LZ 32, Sp. 1310 (1311); BGHZ 34, 293 (294fï); SG Bremen ZIP 80, 630 (632) m. Anm. Voigt, S. 632f; LSG NW ZIP 81, 751 (752); vgl. auch Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 128 Anm. 9B; Kilger, KO, § 57, Anm. 1; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 212 Anm. 5, 5a; Wissmann, S. 128; a.A.: BAG ZIP 82, 209. 555

Jaeger, JW 32, 1017.

164

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Zutreffend ist daher die getrennte Betrachtungsweise der beiden Insolvenzen. § 128 HGB trifft nur eine Aussage über die Einstandspflicht, nicht aber darüber, wie sich dieselbe realisiert 556 . Die Regelungen der §§ 57 ff KO stellen Durchbrechungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, und deshalb ist eine restriktive Auslegung geboten 557 . Natürlich sind daher neben Masseschulden (§ 57 KO) auch Massekosten (§58 KO) im Gesellschaftskonkurs nicht automatisch solche 558

im Gesellschafterkonkurs c) Folgerung aus der haftungsrechtlichen Differenzierung zwischen alten und neuen Masseverbindlichkeiten Wenn die Gesellschafter, wie angedeutet, ausschließlich für Masseverbindlichkeiten haften, die Altforderungen darstellen, so drängen sich Parallelen zur Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters auf. Auf diese wird sodann einzugehen sein. Die Stellung des Gesellschafters in der Insolvenz der Gesellschaft kommt, was das Einstehenmüssen für Masseverbindlichkeiten angeht, derjenigen eines Ausgeschiedenen nahe 559 . Das Fortbestehen der Haftung des ehemaligen Gesellschafters entspricht einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach der Gesellschaftsgläubiger einen für seine Forderung haftenden Schuldner nicht durch Umstände verlieren darf, auf die er keinen Einfluß nehmen kann 560 . Daher haftet dieser nur für Schulden, die im Zeitpunkt seines Ausscheidens bereits begründet waren, mithin für Altverbindlichkeiten 561 . Auch der aktive Gesellschafter haftet, wie dargelegt, im Konkurs der Gesellschaft nur für Masseforderungen, die als Altverbindlichkeiten zu qualifizieren

556

S G Bremen ZIP 80, 630 (631); Wissmann, S. 125, für das Konkursvorrecht

557 B G H Z 52, 155 (166); B AGE 17, 84 (89); Heilmann, KTS 75, 274 (277); ders., S. 60; Jaeger/Lent, KO, § 61 Anm. 14; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 61 Anm. 1, § 212 Anm. 6.

55X

RAGE 11, 185 (187); Heilmann, KTS 81, 359 (361 Fn. 19), wonach dies auch für die im Anschlußkonkurs gem. §§ 105f VglO zu Masseforderungen erhobenen Ansprüche gilt. 559

K . Schmidt, ZHR 152, 105 (116); ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 131.

560 R G Z 142, 206 (209) unter Betonung des Vertrauensschutzes der Gläubiger; Ulmer in GK HGB, § 128 Anm. 49; ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1229. 561

S o die ständige Rspr., vgl. nur RG JW 1900, 663 Nr. 17; RGZ 86, 60 (61); 125, 417 (418); 140, 10 (12); 142, 206 (209); BGHZ 55, 267 (269).

165

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens f r Masseverbindlichkeiten

sind. Die Begründung ist freilich eine andere, denn der Gesellschafter ist in der Insolvenz immerhin noch ein aktiver, so daß er nach Akzessorietätsgrundsätzen eigentlich auch für Neuschulden einstehen müßte. Die wohl h.M. rekurriert im wesentlichen auf die Einflußlosigkeit des Gesellschafters hinsichtlich der Bestellung des Konkursverwalters bzw. auf die Geschäftsführung desselben und die Verwaltung im Fremdinteresse (s. hierzu oben, Kapitel 3, 6 b bb (2)). Immerhin haftet aber der aktive Gesellschafter nach § 128 HGB unabhängig von seiner Geschäfitsführungs- oder Vertretungsbefugnis 562. Dann besteht scheinbar eine gewisse Widersprüchlichkeit zwischen den allgemeinen Haftungsgrundsätzen beim aktiven, aufrecht stehenden Gesellschafter und der Sonderkonstellation einer Nichthaflung hinsichtlich neuer Masseverbindlichkeiten im Gesellschaftskonkurs. K. Schmidt 563 rechtfertigt die Nichtanwendung des § 128 HGB mittels einer teleologischen Reduktion dieser Vorschrift, die auf den von Sieveking 564 erarbeiteten Grundsätzen fußt. Weil im Konkurs das Prinzip der Selbstorganschaft durchbrochen sei und die Erträge nicht den Gesellschaftern zuflössen, rechtfertige sich die Haftungsbegrenzung auf Altschulden. Die Berufung auf die im Konkurs fehlende Organschaft ist nicht zwingend, denn auch außerhalb des Insolvenzverfahrens kann dieser Grundsatz praktisch umgangen werden. So vermag zwar ein Dritter nicht organschaftlicher Vertreter einer Personenhandelsgesellschaft zu sein 565 . Dennoch besteht die Möglichkeit, Dritte mit umfassender Vollmacht (Generalvollmacht) auszustatten566, wenn auch nicht alle Gesellschafter gleichzeitig von der Vertretungsmacht ausgeschlossen werden dürfen (§ 125 Abs. 1 HGB) 5 6 7 . Somit kommt dem Eigennutzgedanke die entscheidende Bedeutung zu. Ein Gesellschafter, der ausschließlich das unternehmerische Risiko ohne die Wohltat einer zumindest möglichen Ertragserwirtschaftung unbegrenzt trüge, wäre in das bestehende gesellschaftsrechtliche System nicht einzuordnen.

562 D a s ist unstreitig, vgl. nur Schlegelberger/Geßler, ger/Hachenburg/Flechtheim, HGB, § 128 Anm. 4. 563

564

HGB,

§

128 Anm.

14;

Dürin-

K . Schmidt, ZHR 152, 105 (1150; ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 131.

Sieveking, S. 37ff.

565

B G H Z 26, 330 (333); 33, 105 (108); 36, 292 (295).

566

B G H Z 36, 292 (295); Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 125 Anm. 1D; BGH NJW 82, 1817.

567

B G H Z 41, 367 (369); BGH NJW 82, 1817; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 125 Anm. 4; Fischer in GKHGB, § 125 Anm. 4.

166

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Falls den Gesellschaftern bei Konkurseinstellung 568 oder Zwangsvergleich ihre vormalige Rechtsstellung zuwächst, haften sie nachträglich auch für die Neuverbindlichkeiten. Das ergibt sich aus einer Analogie zu § 130 HGB 5 6 9 .

2. Die Haftung für Forderungen aus Sozialplänen im Einzel- wie im Doppelkonkurs Angenommen, über die X-KG wird das Konkursverfahren am 01.07.1990 eröffnet. Der Konkursverwalter kündigt unter anderem das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers A zum 31.12.1990. Im Juli 1991 wird eine Vereinbarung über den Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile infolge Betriebsänderung (§ 111 BetrVG) zwischen dem Konkursverwalter und dem Betriebsrat getroffen, derzufolge für den A ein Gesamtbetrag in Höhe von D M 6000 vorgesehen ist. Diese Forderung wurde ordnungsgemäß beim Konkursgericht (§ 139 S. 1 KO) angemeldet. A nimmt nun für die Forderung den Komplementär X in Anspruch. In der Insolvenz bestimmter Gesellschaften muß eine "Einigung über den Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan)", so der Wortlaut des § 112 BetrVG, getroffen werden. Die breit angelegte Diskussion 570 über die Zulässigkeit der Aufstellung von Sozialplänen im Konkurs eines mit einem Betriebsrat versehenen Unternehmens hat sich durch das SozPIG vom 20.02.1985 erledigt 5 7 1 . Gleiches gilt fur die Frage, ob Sozialplanansprüche Masseschulden572,

568

Gemeint ist natürlich nicht die Einstellung mangels Masse, vgl. §§ 131 Nr. 5, 144 HGB.

569

S o K. Schmidt, ZHR 152, 105 (116); ders., Wege zum Insolvenzrecht, S. 131 f.

57 ° V g l . BAGE 23, 62 (72); BAG AP Nr. 1 zu § 113 BetrVG 1972; BAG KTS 79, 150 (153fï); L A G Hamm AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972; L A G Hamm EzA Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972; ArbG Arnsberg, BB 73, 1306; L A G Düsseldorf DB 76, 2072f; Heinze, NJW 80, 145ff; Henckel, KTS 79, 17Iff; Heß, ZIP 85, 334ff; Kilger, KO, § 6 Anm. 15c; Richardi, RdA 79, 193ff; Teubner, BB 74, 982 (988); Uhlenbruck, BB 73, 1360 (1362) ders., KTS 73, 81 (88ff). 57 V g l . das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren vom 20.12.1991, BGBl I, S. 2289, Art.l: "In § 8 wird die Jahreszahl "1991" durch die Jahreszahl "1993" ersetzt."

572

BAGE 26, 257 (258) für nachkonkursliche Sozialpläne; L A G Hamm DB 74, 50; Hanau, ZfA 74, 89, (117f); Kraushaar, ArbuR 78, 33 (41ff); Richardi, Sozialplan und Konkurs, S. 76, 81; ders., DB 76 Beilage 6, S. 6ff; a.A.: B A G KTS 79, 150 (162fï); BVerfGE 65, 182 (192); BAGE 45, 357 (363); Uhlenbruck, BB 73, 1360 (1362Q; vgl. die Nachweise bei Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 59 Anm. 2s; Zeuner, JZ 76, Iff.

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens für Masseverbindlichkeiten

167

Konkursforderungen mit der Rangstelle des § 61 Abs. 1 Nr. 6 K O 5 7 3 , § 61 Abs. 1 Nr. I 5 7 4 oder gar "superbevorrechtigte" Konkursforderungen mit dem Rang einer "Nr. 0 " 5 7 5 sind. Nunmehr stellen Ansprüche aus Sozialplänen, die nach Konkurseröffnung erstellt wurden, wie beispielsweise hier die Forderung des A, qua gesetzlicher Anordnung (§§ 1, 2, 4 S. 1 SozPIG) Konkursforderungen mit der Rangstelle des § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO dar 576 . Für Sozialplanforderungen, die früher als 3 Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens begründet wurden, gilt das Vorrecht nicht, weshalb es bei der geltenden Rechtslage bleibt (§§ 3, 4 SozPIG) 577 . Typischerweise sind Konkursforderungen aber solche, die zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens begründet sind (§ 3 Abs. 1 KO). Hier geht es aber um die Haftung aus Sozialplänen, die nach Konkurseröffnung erstellt wurden. Eigentlich müßte der Gesellschafter für derartige Neuverbindlichkeiten nicht einstehen (s.o., Kapitel 3, 6 b bb (2), für Masseforderungen, die Neuverbindlichkeiten darstellen, was jedoch für sämtliche Neuschulden gilt). So hat im Beispielsfall der X wegen der Konkurseröffnung keinerlei Einfluß auf die Begründung des Sozialplananspruchs für den A. Auf der anderen Seite machte der Gesetzgeber diese Sozialplanforderungen ausdrücklich zu Konkursforderungen, er ordnete sie mithin so ein, als seien sie vor Verfahrenseröffnung entstanden. Das BAG578 hat daraus geschlossen, daß die Qualifizierung dieser Ansprüche als Konkursforderungen auch für die Gesellschafterhaftung gelte.

573 B A G E 45, 357 (361ff, insbes. S. 371); Beuthien, ZIP 84, 261 (263ff); Henckel, KTS 79, 171 (174fï), der freilich grundsätzlich gegen die Aufstellung eines Sozialplanes im Konkurs eintritt (S. 173f); a.A.: B A G KTS 79, 150 (166f, 171); vgl. die Nachweise bei Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 59 Anm. 2s, § 61 Anm. 32f; Zeuner, JZ 76, 1 (8f). 574

K ö r n i g DB 75, 1411 (1415); a.A.: BAG KTS 79, 150 (165f); BAGE 45, 357 (367ff).

575

S o BAG AP Nr. 6 zu § 112 BetrVG 1972 = BAG KTS 79, 150 (168ff) m. abl. Anm. Henckel (S. 171ff); Heilmann, NJW 79, 782, der freilich zugleich eine gesetzgeberische Neuregelung verlangt; a.A.: BVerfGE 65, 182 (190fï); BGH ZIP 84, 612 (614). 576 Z u r neuen Rechtslage: BAGE 50, 221 (223, 226); B A G AP Nr. 8 zu § 128 HGB; Kilger, KO, § 61 Anm. 3 III; Kilger/K. Schmidt, KO, § 61 Anm. 3 III; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 59 Anm. 2t, § 6 1 Anm. 32g ff. 577 B a l z , DB 85, 689 (690); Kilger, KO, § 61 Anm. 3 III 2; Kilger/K. Schmidt, KO, § 61 Anm. 3 III b; Kuhn/Uhlenbruck, KO, § 61 Anm. 32h.

^78

B A G AP Nr. 8 zu § 128 HGB.

168

3. Kapitel: Die Stellung des unbeschränkt haftenden Gesellschafters

Gerade im Konkurs gewinne die persönliche Haftung nach § 128 HGB ihre Bedeutung. Überlegungen zur Haftung fur Neuverbindlichkeiten seien nicht auf Ansprüche aus Sozialplänen übertragbar, weil das Gesetz auch Sozialpläne, die in einem Zeitraum von 3 Monaten vor dem Antrag auf Verfahrenseröffhung erstellt wurden, mit den im Konkurs begründeten gleichstellen wollte (§§ 2, 3, 4 SozPIG). Mit der Aufstellung des Plans erfülle der Verwalter lediglich eine Pflicht des Arbeitgebers, es würden daher keine zusätzlichen Forderungen zu Lasten des Arbeitgebers und der für ihn haftenden Gesellschafter begründet. Durch die Einordnung der Sozialplanforderungen als bloße Konkursforderungen erführen die Arbeitnehmer ohnehin Nachteile (§§ 2, 4 S. 2 SozPIG); es spreche daher nichts für eine weitere haftungsrechtliche Einschränkung ihrer Gläubigerstellung. Zeuner 579 bespricht die Entscheidung zustimmend. Er verweist darauf, daß die Wurzel des Anspruchs in dem bereits vor der Konkurseröffnung begründeten Arbeitsverhältnis liege, was ausreiche, um die persönliche Haftung zu begründen. Die Fallkonstellation könne man mit derjenigen vergleichen, in welcher der Konkursverwalter die Abwicklung eines beiderseits nicht vollständig erfüllten Vertrages ablehne und einen Schadensersatzanspruch nach § 26 S. 2 KO auslöse. Schließlich hafte der Gesellschafter auch für Altverbindlichkeiten, die Grundsätze zur Nichthaftung bei Neuverbindlichkeiten seien daher auf die im vorkonkurslichen Arbeitsverhältnis fußenden Sozialplanansprüche auch nicht entsprechend anwendbar. Man wird dieser Entscheidung im Ergebnis folgen können, da sie sich eindeutig am gesetzgeberischen Willen orientiert. Freilich ist festzustellen, daß die Qualifizierung von Sozialplanansprüchen i.S.v. § 2 SozPIG als (bevorrechtigte) Konkursforderungen ähnlich wie diejenige von Verbindlichkeiten aus § 59 Abs. 1 Nr. 3 KO als Masseforderungen systemwidrig erfolgt. Rechtsstreitigkeiten werden hierdurch geradezu provoziert. Es liegt in der Konsequenz der kritisierten Rechtsprechung, den Sozialplananspruch im Falle eines Doppelkonkurses auch in der Gesellschafterinsolvenz als bevorrechtigt (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 KO) einzuordnen 580. Anders wird freilich mit der h.L. 5 8 1 zu entscheiden sein. Sie zieht die gleichen Argumente heran, wie sie

579

Zeuner, Anm. zu BAG AP Nr. 8 zu § 128 HGB, daselbst. 580

Vgl. hierzu oben, Kapitel 3, 6 b cc und BAG KTS 79, 150 m. Anm. Henckel = BAG NJW 79, 774 m. Anm. Heilmann; BAG ZIP 82, 209 m. krit. Anm. Heilmann, BB 82, 1054 (1055); ders., schon in KTS 81, 359 (360).

VI. Zur Frage des Entstehenmüssens f r Masseverbindlichkeiten

169

zu der Einordnung von Masseschulden vertreten werden (s.o., Kapitel 3,6 b cc). Bevorrechtigte Konkursforderungen seien zudem in Bestand und Umfang vom Eröffnungszeitpunkt abhängig, der in beiden Konkursen regelmäßig differiere 582 . Mithin sollte auch, was die Konkursvorrechte angeht, in jedem Insolvenzverfahren gesondert festgestellt werden, ob der jeweiligen Konkursforderung eine Vorrangstellung einzuräumen ist. Bei den Sozialplänen ist im Doppelkonkurs außerdem folgendes zu beachten: den Arbeitnehmern gegenüber nimmt die Handelsgesellschaft die Arbeitgeberstellung ein (§§ 124 (161 Abs. 2) HGB), nicht hingegen der persönlich haftende Gesellschafter 583, zumal die Arbeitgeberposition im Konkurs durch den Verwalter ausgeübt wird 5 8 4 . Die Dienstherreneigenschaft kommt der Gesamtheit der Gesellschafter zu, nicht dem einzelnen. Die Gesellschaft insgesamt geht das Dienstverhältnis ein, so daß die Mitträger des Gesellschaftsvermögens in ihrer 585

gesamthänderischen Verbundenheit verpflichtet sind . Auch dies spricht dagegen, die Sozialplanansprüche im gleichzeitig stattfindenden Gesellschaftskonkurs als bevorrechtigt anzuerkennen. Demgegenüber kann auch das Billigkeitsargument des BGH, § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO habe Lohnschutzcharakter sowie das ins Feld geführte öffentliche Interesse nicht durchgreifen 586, denn dies kann im Einzelfall ebenfalls für § 59 Abs. 1 Nr. 2 KO zutreffen, wobei der Massecharakter dieser Forderungen im Gesellschaftskonkurs auch von der Rechtsprechung nicht automatisch auf den Gesellschafterkonkurs übertragen wird, obwohl diese