Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Evangelischen Landeskirchen in Hessen unter besonderer Berücksichtigung des Hessischen Kirchenvertrages vom 18. Februar 1960 [Reprint 2017 ed.] 9783111530604, 9783111162553


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INHALTSÜBERSICHT
LITERATURVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGEN
EINLEITUNG
ERSTER TEIL. Geschichtliche Grundlagen des Verhältnisses von Staut und evangelischer Kirche in Hessen
S 1. Die territorialgeschichtliche Entwicklung des staatlichen Vertragspartners
§ 2. Die geschichtliche Entwicklung der kirchlichen Vertragspartner
§ 3. Zur geschichtlichen Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche in Hessen
§ 4. Das Verhältnis zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen in Hessen seit dem Jahre 1945 bis zur Einleitung der Verhandlungen zum Staatskirchenvertrag im Oktober 1955
ZWEITER TEIL. Der Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960
§ 5. Der Verlauf der Verhandlungen zum Vertrag zwischen dem Lande Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960
§ 7. Der Standort der Kirche in der öffentlichen Ordnung (Statusfragen)
S 8. Die Ordnung des Schul- und Unterrichtswesens
§ 9. Die finanziellen und vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen
§10. Staatskirchenrechtliche Einzelfragen
§ 11. Zusammenfassung des Untersuchungsergebnisses
Schlußbetrachtung
ANHANG (Dokumente)
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Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Evangelischen Landeskirchen in Hessen unter besonderer Berücksichtigung des Hessischen Kirchenvertrages vom 18. Februar 1960 [Reprint 2017 ed.]
 9783111530604, 9783111162553

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HANS-ULRICH KLOSE Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Evangelischen Landeskirchen in Hessen unter besonderer Berücksichtigung des Hessischen Kirchenvertrages vom 18. Februar 1960

N E U E KÖLNER RECHTSWISSENSCHAFTLICHE ABHANDLUNGEN

HERAUSGEGEBEN

VON

DER RECHTSWISSENSCHAFTLICHEN

FAKULTÄT

D E R U N I V E R S I T Ä T ZU K Ö L N

H E F T 42

Berlin 1966

WALTER DE GRUYTER & CO. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.

Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Evangelischen Landeskirchen in Hessen unter besonderer Berücksichtigung des Hessischen Kirchenve rt r ages vom 18. Februar 1960

Von

Dr. Hans-Ulrich Klose Gerichtsassessor in Düsseldorf

Berlin 1966

WALTER DE GRUYTER & CO. •ormalg G. J. Göachen'ache Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.

Gedruckt mit Unterstützung der Stiftung Volkswagenwerk

Archiv-Nr. 27 08 66 3 Satz und Druck: $ Saladrnck, Berlin 36 Alle Rechte» einschließlich des Rechtes der Herstellung von Fotokopien und Mikro6Imen, vorbehalten

INHALTSÜBERSICHT

Literatur- und Quellenverzeidinis Abkürzungen Einleitung: Aufgabenstellung der Untersuchung ERSTER

Seite IX XXXIX 1

TEIL

Geschichtliche Grundlagen des Verhältnisses von Staat und Kirche in Hessen

4

§ 1 Die territorialgeschichtliche Entwicklung des staatlichen Vertragspartners I. Die territorialgeschichtliche Entwicklung bis zum Jahre 1803 . II. Die territorialen Veränderungen von 1803 bis 1819 III. Die territorialen Veränderungen im Jahre 1866 IV. Die staatliche Entwicklung seit dem Jahre 1918

4 5 7 9 10

§ 2 Die geschichtliche Entwicklung der kirchlichen Vertragspartner .

11

.

§ 3 Zur geschichtlichen Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche in Hessen I. Staat und Kirche im Reformationsjahrhundert II. Landes- und Staatskirchentum III. Das System der Staatskirchenhoheit in Hessen IV. Die staatskirchenreditliche Entwicklung unter dem System der Weimarer Reichsverfassung V. Der Kirchenkampf im nationalsozialistischen Staat § 4 Das Verhältnis zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen in Hessen seit dem Jahre 1945 bis zur Einleitung der Vertragsverhandlungen zum Staatskirchenvertrag im Oktober 1955 . . I. Theologische Grundzüge des öffentlichen Wirkens der Kirche . II. Die staatskirchenrechtlichen Normen der Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946 III. Der Einfluß der staatskirchenrechtlichen Ordnung des Grundgesetzes auf die Entwicklung in Hessen IV. Die Lage des staatlich-kirchlichen Vertragsrechts in Hessen im Jahre 1955 (zur Frage der Fortgeltung des Preußischen Kirchenvertrages vom 11. Mai 1931)

17 17 27 33 37 43

45 45 48 54

59

VI Seite ZWEITER

TEIL

Der Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960

76

§ 5 Der Verlauf der Verhandlungen zum Vertrag zwischen dem Land Hessen und den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960

76

§ 6 Die Grundzüge des Staatskirdienvertrages vom 18. Februar 1960 (Präambel)

85

§ 7 Der Standort der Kirche in der öffentlichen Ordnung (Statusfragen) I. Der öffentliche Status der Kirche (Art. 1 HKV)

89 89

II. Die Partnerschaft von Staat und Kirche

103

Art. 2 HKV (Partnerschaftliche Zuordnung von Staat und Kirche)

103

Art. 23 H K V (Freundschaftsklausel)

106

Schlußprotokoll zu Art. 23 H K V (Paritätsklausel)

108

III. Auswirkungen der öffentlichen Stellung der Kirche

109

Art. 3 und 4 H K V (Kirchliche Organisationsfreiheit) . . . .

109

Art. 8 H K V (Garantie des kirchlichen Vermögens

115

Art 9 H K V (Mitwirkungsbefugnis des Staates bei der Besetzung des leitenden kirchlichen Amtes

117

Art. 10 und 11 H K V (Anstellungsvoraussetzungen für die Übertragung kirchlicher Ämter)

120

Art. 12 H K V (Kirchliche Gerichtsbarkeit)

122

Art. 13 HKV (Kirchliche Mitwirkungsbefugnisse im staatlichen Hochschulwesen)

123

Art. 14 und 15 H K V (Schul- und Unterrichtswesen)

128

Art. 16 HKV (Anstaltsseelsorge)

129

§ 8 Die Ordnung desSchul- und Unterrichtswesens (Art. 14 und 15HKV) Art. 15 (Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage) .

.

.

Art. 14 (Ausbildung der Religionspädagogen) § 9 Die finanziellen und vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen dem Staat und den Evangelischen Landeskirchen I. Die vermögensrechtliche Entflechtung gemäß Art. 5 bis 7 H K V Art. 5 H K V (Finanzielle Leistungen des Staates an die evangelischen Kirchen) Art. 6 HKV (Übertragung staatlichen Eigentums mit kirchlicher Zweckbestimmung an die Kirchen) Art. 7 H K V (Ablösung der staatlichen Baulasten) II. Das kirchliche Besteuerungsrecht (Art. 17 und 18 HKV) . . . III. Das kirchliche Sammlungsrecht (Art. 19 HKV) IV. Kirchliche Kosten- und Gebührenfreiheit (Art. 22 HKV) . . .

131 131 141 145 145 146 156 156 160 168 168

VII

§ 10 Staatskirchenrechtliche Einzelfragen Art. 20 H K V (Kirchliche Denkmalspflege) Art. 21 H K V (Aufhebung der Patronate) Art. 24 H K V (Außerkrafttreten älterer staatskirchenrechtlidier Normen) §11 Zusammenfassung des Untersudiungsergebnisses Schlußbetrachtung Anhang: Dokumente

Seite 169 169 170 171 173

.

176 178

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der Kirche

im

Ungedruckte Quellen Akten des Hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung, Wiesbaden Akten der Kirchenverwaltung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Darmstadt Akten des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche im Rheinland, Düsseldorf Akten des Landeskirchenamtes der Evangelischen Landeskirche von KurhessenWaldeck, Kassel Akten des Privatarchivs von Ministerialdirektor Dr. h. c. Friedrich Trendelenburg f , Köln

XXXVII Benutzte Bibliotheken Bibliothek der Evangelischen Kirdie im Rheinland, Düsseldorf Bibliothek der Ervangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel Zentralbibliothek der Evangelischen Kirdie in Hessen und Nassau, Darmstadt Universitäts- und Stadtbibliothek Köln Bibliothek des Instituts für Kirdienrecht und rheinische Kirchenrechtsgesdiichte an der Universität zu Köln Bibliothek des Deutschen Städtetages, Köln

ABKÜRZUNGEN a. A. (M.) Abh. AB1.AMR

AB1.EKD AB1.EK. Frankfurt a. M. AB1.EKHN AB1.EKWP AB1HMEV

AB1.HMKU AB1.KR Abt. AKB1. AkK Akt.HMEV Akt.KV.EKHN Akt.LKA.EKKW Akt.LKA.EKRhld Allerh.Erl. ALR Ani. Anm.

AöR

andere Ansicht (Meinung) Abhandlung(en) Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Amerikanisches Kontrollgebiet, 1945—1949 Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Ausgabe Hannover) 1947 ff. Amtsblatt der Evangelischen Landeskirche Frankf u r t a. M. Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Amtsblatt der Evangelischen Landeskirche von Waldeck und Pyrmont Amtsblatt des Hessischen Ministers f ü r Erziehung und Volksbildung, 1950 ff. vorher: Amtsblatt des Hessischen Ministeriums f ü r Kultus und Unterricht (=ABl.HMKU), 1948—1949 s. AB1.HMEV Amtsblatt des Kontrollrates in Deutschland Abteilung Allgemeines Kirchenblatt für das evangelische Deutschland Archiv f ü r katholisches Kirchenrecht Akten des Hessischen Ministers f ü r Erziehung und Volksbildung Akten der Kirchenverwaltung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Akten des Landeskirchenamts der Evangelisdien Landeskirche von Kurhessen-Waldeck Akten des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche im Rheinland Allerhöchster Erlaß Allgemeines Landredit f ü r die Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794 Anlage Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts

XL AVölkR Art. Aufl. Ausf. AVerm. AVerm.Bespr. Az. Bad.GVBl. Bayer.GVBl Bd. BGBl. BGE BGHZE BSHG BVerfGE can. CDU CIC cit. DEK DÖV DR DVB1. DZKR Einf. EK (Ap) U EKH EKHK EKHN EKKW EKN EKRhld EKWP EPD (epd) Erl. FDP FrWarte G, Ges

Archiv des Völkerrechts Artikel Auflage Ausführungen Aktenvermerk Aktenvermerk über die Besprechung Aktenzeichen Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt, 1920 ff. Gesetz- und Verordnungsblatt f ü r den Freistaat Bayern, 1874—1938 Band Bundesgesetzblatt, Teil I u. II, 1949 ff. Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundessozialhilfegesetz Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts canon Christlich-Demokratische Union Codex Iuris Canonici Bestimmungen im unmittelbar vorher zitierten Gesetz (usw.) Deutsche Evangelische Kirche Die öffentliche Verwaltung Deutsches Recht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift f ü r Kirchenrecht Einführung Evangelische Kirche der (Altpreußischen) Union Evangelische Landeskirche in Hessen Evangelische Landeskirche in Hessen-Kassel Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck Evangelische Landeskirche in Nassau Evangelische Kirche im Rheinland Evangelische Landeskirche von Waldeck und Pyrmont Evangelischer Pressedienst Erläuterung Freie Demokratische Partei Die Friedenswarte Gesetz

XLI Ges.Stat.Samml. GG GS.NW GVB1. GV.NW GVOBl.LiEK GVOBl.SdilH Hdwb.Sozw. Hess HessJbLG Hess.LT.WP, 1,11, III Hess.RegBl. HistJbGörresges. HKV

H (MEV)

Hrsg. HV i. d. F. i. V. m. JbHessKgV JböR Jg-

Jur. Diss. JZ KAB1.EKA KABl.EKHan

Gesetz- und Statuten-Sammlung der freien Stadt Frankfurt (Main), 1816—1866 Grundgesetz f ü r die Bundesrepublik Deutschland von 23. Mai 1949 Sammlung des bereinigten Landesrechts NordrheinWestfalen, 1945—1956 Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, 1945 ff. Gesetz- und Verordnungsblatt f ü r das Land Nordrhein-Westfalen, Ausgabe A, 1946 ff. Gesetz- und Verordnungsblatt Lippische Landeskirche, 1955 ff. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Schleswig-Holstein Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Hessen, hessisch Hessisches Jahrbuch f ü r Landesgeschichte, 1950 ff. Verhandlungen des Hessischen Landtages, Wahlperiode, Drucksachen Abt. I, II, III Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1819 bis 1918 Hessisches Regierungsblatt 1918—1944 Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960 = Hessischer Kirchenvertrag Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung Hessisches (Ministerium für Erziehung und Volksbildung) Herausgeber, herausgegeben Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946 in der Fassung in Verbindung mit Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung, 1950 ff. Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Jahrgang Juristische Dissertation Juristenzeitung Kirchliches Amtsblatt der Evangelischen Landeskirche Anhalts Kirchliches Amtsblatt für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers

XLII KAB1.EKHK

Kirchliches Amtsblatt für die Evangelische Landeskirche in Hessen-Kassel

KABI.EKKW

Kirchliches Amtsblatt, Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelischen Landeskirche von KurhessenWaldeck Kirchliches Amtsblatt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lübeck Kirchliches Amtsblatt der Evangelischen Kirche im Rheinland Kirchengesetz

KABl.EKLü KABl.EKRhld KG KGVB1.EKNH KGVOBl.EKKApU KGVOBl.EKSchlH KGVOBl.Eu KGVOBl.NWRef KiZ KJb KL

Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen, 1934—1944 Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelischen Kirche der Altpreußischen Union Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt der Evangelischen-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holsteins Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Eutin Kirchliches Gesetz- und Verordnungsblatt für die Evangelisch-Reformierte Kirche in Nordwestdeutschland Kirche in der Zeit Kirchliches Jahrbuch für die Evangelische Kirche in Deutschland Kirchenleitung

KO

Kirdienordnung

KPD

Kommunistische Partei Deutschlands

Krs.

Kreis

Kurhess.GS

Sammlung von Gesetzen, Verordnungen, Ausschreibungen und sonstigen allgemeinen Verfügungen für die kurhessischen Staaten, 1813—1866 Kirchenverwaltung

LDP

Verordnungsblatt für die Evangelische Landeskirche in Hessen, 1922—1933; vorher: Verordnungsblatt für die evangelische Kirche des Großherzogtums Hessen, 1876—1918; Verordnungsblatt für die hessische evangelische Landeskirche, 1919—1922 Liberaldemokratische Partei

LKA

Landeskirchenamt

KV KVOB1.EKH

Lt.

Laut

LVG

Landesverwaltungsgericht

MEV

Ministerium für Erziehung und Volksbildung

Nds., Nieders.

Niedersachsen, niedersächsisch

XLIII N . F. Nieders.GVBl. NJ NJW NKV

ÖAK OKR OLG OVG Präs. PrGS

PrKonk PrKV

ProtVSyn

PrOVGE PrStG

RDHS Reg.Bez. RGBl. RGG RGStE RGZE RhldPf.GVBl. RK S. Sehr. (HMEV)

Neue Folge Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Vertrag des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. M ä r z 1955 = Niedersächsischer Kirchenvertrag österreichisches Archiv für Kirchenrecht Oberkirchenrat Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Präsident Preußische Gesetzessammlung, 1806—1945 (bis 1906: Gesetz-Sammlung f ü r die Königlichen Preußischen Staaten) Vertrag des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle vom 14. Juni 1929 = Preußenkonkordat Vertrag des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 = Preußischer Kirchenvertrag Protokoll der Verhandlungen der Verfassunggebenden Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Bd. I (Wiesbaden 1949) f. Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Preußisches Staatsgesetz betreifend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 Regierungsbezirk Reichsgesetzblatt (ab 1922: Teil I und II) hrsg. von Kurt Galling, Tübingen 1957 ff. Die Religion in Geschichte und Gegenwart, vgl. Literaturverzeichnis Entscheidungen des Reichsgeridits in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Gesetz- und Verordnungsblatt f ü r das Land Rheinland-Pfalz Konkordat zwisdien dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 = Reichskonkordat Seite Schreiben (des Hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung)

XLIV SHKV

Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein vom 23. April 1957 = Schleswig-Holsteinischer Kirchenvertrag

SJZ

Süddeutsche Juristenzeitung

Sp.

Spalte

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

Theol. Diss.

Theologische Dissertation

unveröfientl.

unveröffentlicht

Verf.

Verfügung

VerwArch.

Verwaltungsarchiv

VG

Verwaltungsgericht

VGH

Verwaltungsgerichtshof

Vgl. (o., u.)

Vergleiche (oben, unten)

Vhlg. Vhlg. KS. E K H N II, 1. o. (a. o.)

Verhandlungen

Vhlg. LS. E K K W III, 1. o. ( a . o . ) Vhgl. L V I, II, III, l i l a VO VOB1. Nassau

VVDStRL Wald.RegBl.

WiGBl. WRV ZevE ZevKR Zf.

Verhandlungen der Zweiten Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, 1. ordentliche (außerordentliche) Tagung Verhandlungen der 1. ordentlichen Tagung der 3. Landessynode der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck Verhandlungen der Verfassungberatenden Landesversammlung, Drucksachen A b t . I, II, III, III a Verordnung Verordnungsblatt des Herzogtums Nassau (seit 1816 auch verbindlich für das ottonische Gebiet), 1809—1866 Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Fürstlich Waldeckische Regierungsblätter, 1811 bis 1918 Waldeckische Regierungsblätter, 1 9 1 9 — 1 9 2 9 Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten W i r t schaftsgebietes Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 Zeitschrift für evangelische E t h i k Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht Ziffer

ZStW

Zeitschrift für Kirchenrecht, Bd. 1 (1861) ff., ab Bd. 23 ff. Deutsche Zeitschrift für Kirchenrecht (DZKR) Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte Kanonistische Abteilung Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft

ZV

Zusatzvereinbarung

ZKR

Z R G (C)

EINLEITUNG Aufgabenstellung

der

Untersuchung

Seit den Tagen der Reformation sieht sich die evangelische Kirche immer wieder vor die Aufgabe gestellt, ihrem Verhältnis zum Staate eine Ordnung zu geben. Dabei erweist es sich, daß jedes Bemühen, die staatlich-kirchlichen Beziehungen dauerhaft zu regeln, das Spannungsfeld zu beachten hat, das durch die unterschiedliche Zielsetzung des staatlichen und kirchlichen Auftrages erzeugt wird. Dieses war in der Vergangenheit um so einflußreicher, als f ü r die evangelische Kirche die Regelung ihrer Beziehungen zum Staat jahrhundertelang zugleich eine Frage ihrer institutionellen Gestalt war. Erst die Beseitigung des monarchischen Systems und des mit ihm verbundenen landesherrlichen Kirchenregiments in Deutschland im Jahre 1918 leitete ein neues staatskirchenrechtliches Ordnungsdenken ein. Es wurde im Raum der Kirche begleitet von dem verfassungsmäßigen N e u aufbau des evangelischen Kirchentums und der beginnenden Rückbesinnung auf das Wesen der reformatorischen Kirche, wie sie vor allem in der „Dialektischen Schule" Karl Barths und einer zum reformatorischen Bekenntnis zurückgreifenden lutherischen Theologie sichtbar wurde. Die Erfahrung des Kirchenkampfes im nationalsozialistischen Staat und der nun einsetzende Versuch, die Begegnung mit der totalitären Staatsgewalt theologisch zu bewältigen, führte schließlich zu einem neuen Selbstverständnis der Kirche und damit auch zu einer Neuorientierung ihrer Grundposition im Verhältnis zum Staat. Diese Entwicklung, die keinesfalls als abgeschlossen gelten kann, ist gekennzeichnet durch die Bemühungen von Kirche und Staat, ihre Beziehungen auf der Grundlage der Gleichordnung mit dem Mittel des Vertrages zu gestalten. In der Reihe der modernen in der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Kirchenverträge 1 steht der Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960, der der staatskirchenrechtlichen Situation in Hessen seit seinem Inkrafttreten das entscheidende Gepräge verleiht. 1 Der bisher letzte, seit dem Ende des II. Weltkrieges geschlossene Staatskirchenvertrag ist der Vertrag zwischen dem Lande Rheinland-Pfalz und den Evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz vom 31. März 1962 (RhldPf. GVB1. 1962, S. 173; KAB1. EKRhld 1962, S.219; ABl. E K H N 1962, S. 147; ABl. EKD 1963, Nr. 21).

1 K l o s e , Reditsbeziehungen

2 Der Abschluß dieses Vertrages ist Anlaß, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen in Hessen, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck und der Evangelischen Kirche im Rheinland, einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Dabei durfte die vorliegende Arbeit die historische Entwicklung des staatskirchenrechtlichen Geschehens in Hessen nicht außer acht lassen. Sie hat ihre Grundzüge mitzuteilen, denn auf ihnen baut die gegenwärtige staatskirchenrechtliche Ordnung auf. Darüber hinaus verdient sie deshalb Erwähnung, weil es die evangelische Kirche im hessischen Raum auch in der Vergangenheit verstanden hat, eigenständige, dem kirchlichen Auftrag wesensgemäße Organisationsformen zu schaffen. Ausgang des I. Teils der Untersuchung ist die territoriale Entfaltung der heutigen Partner des Staatskirchenvertrages. Ihr ist Beachtung zu schenken, weil sich in der unterschiedlichen Entwicklung des staatlichen und kirchlichen Gebietsstandes, dem Auseinanderfallen von Staats- und Kirehengrenzen, erstmals äußerlich erkennbar kirchliche Gestaltungsformen abweichend von den staatlichen Ordnungsvorstellungen durchsetzen und den kirchlichen Entscheidungen im Bereich des Institutionellen ein Eigengewicht geben. Daran schließt eine Erörterung der staatlich-kirchlichen Beziehungen im hessischen Raum an. Sie soll eine Übersicht ermöglichen von den Anfängen des evangelischen Kirchentums bis zur Ausbildung der Ordnungsvorstellungen, die einen Ausgleich staatlicher und kirchlicher Interessen auf der Grundlage des Vertrages suchen. In diesem Zusammenhang befaßt sich die Arbeit auch mit der Frage der Fortgeltung des Preußischen Kirchenvertrages vom 11. Mai 1931, die auf Grund der umwälzenden staatsrechtlichen Ereignisse in Deutschland seit dem Jahre 1933 nicht einhellig bejaht wird. Gegenstand des II. Teils der Untersuchung ist eine Darstellung des Hessischen Kirchenvertrages vom 18. Februar 1960. Dabei wird der Verlauf der Verhandlungen der beteiligten Vertragspartner und der Inhalt des Vertrages zu beschreiben sowie die Zuordnung des Vertragswerkes zu einem umfassenderen System staatskirchenvertraglicher Normen zu klären sein. Im Vordergrund der Betrachtung steht der Status der evangelischen Kirche in der Öffentlichkeit. Daneben ist auf die innere Verwandtschaft der Normen des Hessischen Kirchenvertrages mit den Regelungen der vorausgegangenen Staatskirchenverträge hinzuweisen. Nicht zu übersehen ist schließlich auch der gesamtkirchliche Aspekt, der in der Berufung auf den Preußischen Kirchenvertrag vom 11. Mai 1931 als einer eine Vielzahl von evangelischen Landeskirchen in beiden Teilen Deutschlands bindenden und miteinander verbindenden Vertragsordnung besteht. In der sich ständig vertiefenden Spaltung Deutschlands ist diese

3 Klammer eines gemeinsamen staatskirchenrechtlichen nicht gering einzuschätzen.

Ordnungswillens

Die Vorarbeiten für diese Abhandlung wurden im Juli 1963 abgeschlossen. Eine Berücksichtigung der inzwischen erschienenen Literatur war dem Verfasser aus arbeitstechnischen Gründen nicht möglich. Es ergibt sich aus ihr auch keine wesentliche Veränderung der vorgelegten Ergebnisse. Hinzuweisen ist an dieser Stelle vor allem auf die Habilitationsschrift von Alexander Hollerbach: Verträge zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt am Main 1965.

l1

ERSTER TEIL Geschichtliche Grundlagen des Verhältnisses von Staut und evangelischer Kirche in Hessen S 1 Die territorialgeschichtliche Entwicklung des staatlichen Vertragspartners Das Land Hessen w u r d e durch die P r o k l a m a t i o n N r . 2 der Amerikanischen Militärregierung vom 19. September 1945 2 gebildet u n d a m 16. O k t o b e r 1945 konstituiert 3 . Das neuerrichtete Land, das heutige Bundesland Hessen, besteht aus dem größeren Teil des ehemaligen Volksstaates Hessen 4 u n d der ehemaligen preußischen P r o v i n z Hessen-Nassau 5 . Es vereinigt damit althessische u n d nassauische Landesteile sowie die Gebiete ehemaliger weltlicher u n d geistlicher Herrschaften des hessischen Raumes. In der vorliegenden Untersuchung sollen die G r u n d z ü g e der territorialen K o n z e n t r a t i o n in ihrer geschichtlichen Folge skizziert werden. 2

ABl. AMR 1945, S. 2. Das Land Hessen trug zunächst den Namen „Großhessen". Erst die Entscheidung des Verfassunggebers vom 11.12.1946 (GVB1. 1946, S. 229) führte die Bezeichnung „Hessen" ein. Vgl. Georg August Z I N N / Erwin S T E I N , Die Verfassung des Landes Hessen, Kommentar, Bad Homburg v. d. H . / Berlin 1954, Einf. I I , 1 ( S . 56); Karl E. D E M A N D T , Geschichte des Landes Hessen, Kassel 1959, S . 450. 4 Ausgenommen war der Landesteil Rheinhessen, der an das neugeschaffene Land Rheinland-Pfalz gelangte. — Die Stadt Bad Wimpfen, eine hessische Exklave im württembergischen Gebiet, wurde durch Anordnung der Militärregierung von Württemberg-Baden vom 30. 11. 1945 der Verwaltung des württembergischen Landratsamts Sinsheim unterstellt. Bis zu einer endgültigen Klärung durch einen Staatsvertrag oder durch die gemäß Art. 29 GG vorgesehene Neugliederung des Bundesgebiets übt das Land Baden-Württemberg die Hoheitsbefugnisse über diesen hessischen Landesteil aus. Vgl. Otto Rudolf K I S S E L , Neuere Territorial- und Rechtsgeschichte des Landes Hessen, Wiesbaden 1961, S. 14. 5 Die ehemaligen preußischen Kreise Oberwesterwald, Unterwesterwald, Unterlahn und St. Goarshausen (Reg.-Bez. Montabaur) kamen ebenfalls an Rheinland-Pfalz. 3

5

I. Die territoriale

Entwicklung

bis zum Jahre

1803

1. D i e hessische Territorialgeschichte 6 ist dadurch gekennzeichnet, daß die politische Einheit des althessischen Landes bereits mit dem T o d e Philipps des Großmütigen ( 1 5 0 9 — 1 5 6 7 ) im J a h r e 1567 zerbrach. D a s L a n d zerfiel in die Landgrafschaften Hessen-Kassel, HessenDarmstadt, Hessen-Marburg und Hessen-Rheinfels 7 . Durch Erbfolge gelangten Hessen-Rheinfels ( 1 5 8 3 ) und Hessen-Marburg ( 1 6 0 4 ) an die beiden überlebenden Linien. U b e r die Aufteilung Hessen-Marburgs wurde erst nach einem fast fünfzigjährigen Erbfolgestreit zwischen den Landgrafschaften Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel ein Einverständnis erzielt. D e r Einigkeits- und Friedensvertrag vom 14. April 1648 8 , der durch den Westfälischen Frieden bestätigt wurde, hatte die endgültige Scheidung der politischen Entwicklung der beiden hessischen Landgrafschaften zur Folge. Bis zum J a h r e 1803 erwarben die hessischen eine Anzahl innerhessischer Herrschaften:

Landgrafschaften

Hessen-Kassel erwarb 1 6 4 8 die Reichsabtei Hersfeld 9 , 1 7 3 6 die G r a f schaft H a n a u - M ü n z e n b e r g sowie Teile der Herrschaft Babenhausen, die auf Grund der Verträge von 1762 und 1771 zwischen Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt geteilt wurde 1 0 . 6 Hierzu: Carl Wilhelm von LANCIZOLLE, Obersicht der deutschen Reichsstandschafts- und Territorialverhältnisse vor dem französischen Revolutionskriege, der seit dem eingetretenen Veränderungen der gegenwärtigen Bestandt e i l e des deutschen Bundes und der Bundesstaaten, Berlin 1830; — Wilhelm VON DER NAHMER, Entwicklung der Territorial- und Verfassungsverhältnisse der deutschen Staaten an beiden Ufern des Rheins, vom ersten Beginnen der französischen Revolution bis in die neueste Zeit (auch als dritter Teil seines Handbuchs des rheinischen Particularrechts), Frankfurt a. M. 1832; — L. EWALD, Historische Übersicht der Territorialveränderungen der Landgrafschaft HessenDarmstadt und des Großherzogtums Hessen, 2. Aufl., Darmstadt 1872; — Arthur B. SCHMIDT, Die geschichtlichen Grundlagen des Bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen, Gießen 1893. — Vgl. auch Wilhelm FABRICIUS, Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen Preußischen Rheinprovinz für das Jahr 1789, sowie Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Bd. II, Bonn 1898; — Ubersichtskarte, in: Verfassung des Landes Hessen und Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 11. Aufl., Bad Homburg v. d. H. / Zürich / Berlin 1958. 7

DEMANDT, a. a. O . , S. 1 8 3 f f . , KISSEL, a. a. O . , S. 2 3 ff., 4 1 ff.

Der größte Teil des Marburger Landes und der Niedergrafschaft Katzenellnbogen fiel an Hessen-Kassel, vgl. DEMANDT, a. a. O., S. 197 f., KISSEL, a. a. O., S . 2 5 f. 9 E. ZIEGLER, Das Territorium der Reichsabtei Hersfeld von seinen Anfängen bis 1821, Marburg 1939. 8

10

DEMANDT, a . A . O . ,

S.221.

6 Hessen-Darmstadt erwarb 1650 die restlichen Teile der Herrschaft Itter. Neben den hessischen Landgrafschaften bestanden vor der territorialen Neuordnung im Jahre 1803 auf dem Boden des heutigen Bundeslandes Hessen: 2. die rechtsrheinischen Territorien der seit 1255 11 geschiedenen nassauweilburgischen (walramische Linie) und nassau-dillenburgischen (ottonische Linie) Grafschaften: die Fürstentümer Nassau-Weilburg, Nassau-Usingen und Nassau-Oranien; 3. die Fürstentümer und Grafschaften von Solms -Lidi, -Laubach und -Rödelheim);

(Solms-Braunfels,

4. das Fürstentum Isenburg-Birstein sowie die Grafschaften IsenburgBüdingen 12 , -Wächtersbach und -Meerholz; 5. das Fürstentum Waldeck 13 ; 6. das Territorium der Kurpfalz; 7. die Territorien des Fürstentums Stolberg-Gedern und der Grafschaft Stolberg-Ortenberg; 8. das Territorium des Fürstentums Löwenstein-Wertheim und die Herrschaft Breuberg 14 ; 9. die Grafschaften von Erbach (Erbach-Fürstenau, -Erbach und -Schönberg) 1 6 ; 10. die Landgrafschaft Hessen-Homburg (seit 1622); 11. die Grafschaft Wied-Runkel; 12. die Territorien geistlicher Landesherrschaften, der Fürstabtei Fulda 1 6 , 1 1 F. W. Th. SCHLIEPHAKE, Geschichte von Nassau von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, auf der Grundlage urkundlicher Quellenforschung, Bd. 1, Wiesbaden 1866, S. 461 ff., 473 ff.; KISSEL, a. a. O., S. 57ff. 12

1954.

Hans PHILIPPI, Territorialgeschichte der Grafschaft Büdingen, Marburg

13 Alfred WAGNER, Die Geschichte Waldecks und Pyrmonts, Bad Wildungen 1888; Ulrich BOCKSHAMMER, Ältere Territorialgeschichte der Grafschaft Waldeck.

M i t B e i t r ä g e n v o n E . E . S T E N G E L , C . CRAMER u n d W . G Ö R I C H . H r s g . v o n E . E . STENGEL, W . BÜTTNER u n d F . UHLHORN, M a r b u r g

1958.

Die Herrschaft Breuberg war Kondominium von Löwenstein-Wertheim und Erbach-Schönberg. 14

1 5 Daniel SCHNEIDER, Historie und Stammtafel des hochgräflichen Hauses Erbach, Frankfurt a. M. 1736. 19 Die Reichsabtei Fulda wurde 1752 zum Bistum erhoben; — vgl. Anneliese HOFEMANN, Studien zur Entwicklung des Territoriums der Reichsabtei Fulda und seiner Ämter, Marburg 1958.

7 der Kurfürstentümer Mainz 1 7 , Trier 1 8 und Köln 1 *; das rechtsrheinische Gebiet des Bistums Worms 2 0 sowie kleinere geistliche Territorien; 13. die reichsritterschaftlichen Territorien der Wetterau: u . a . die Grafschaft Schlitz, die Besitzungen des Freiherrn von Riedesel, die Burggrafschaft Friedberg 2 1 , die Ganerbschaft Staden (Gemeinschaft zwischen Burg Friedberg, Isenburg-Büdingen und dem Freiherrn von L o w ) ; ferner weitere zahlreiche reichsritterschaftliche Gebiete; 14. die freien Reichsstädte Frankfurt a. M. 2 2 . Wetzlar 2 3 , Friedberg 21 und Gelnhausen, das rechtsrheinische Gebiet der Reichsstadt Worms sowie einzelne Reichsdörfer 24 . II. Die territorialen

Veränderungen

in der Zeit von 1803 bis 1819

1. In den Jahren 1803 bis 1819 war die territoriale Gliederung des großhessischen Raumes zahlreichen wechselvollen und tiefgreifenden Veränderungen unterworfen 2 5 . Als Ergebnis des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1 8 0 3 2 6 wurden die geistlichen Territorien nahezu vollständig säkularisiert 27 , die Reichsstädte Wetzlar 2 8 , Worms, Friedburg und Gelnhausen 29 beseitigt und umliegenden Territorien zugewiesen sowie in geringem Umfang Grenzveränderungen ange17

1581 und 1590 fielen die restlichen Gebiete der Herrschaft Eppstein an

M a i n z , DEMANDT, a. a. O . , S. 3 4 6 . 18 Ernst REIFART, Der Kirchenstaat Trier und das Staatskirchentum. Ein Beitrag zur Geschichte der Säkularisation, Jur. Diss. Freiburg 1950. 19 Es handelt sich um den Gebietsteil Volkmarsen des Herzogtums Westfalen; — Wilhelm FABRICIUS, Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Bd. V, II. Hälfte, Bonn 1913, S. 637 f. (638 Zf. 4). 2 0 Günther SOFSKY, Die verfassungsrechtliche Lage des Hodistifts Worms in den letzten zwei Jahrhunderten seines Bestehens unter besonderer Berücksichtigung der Wahl seiner Bischöfe, in: Der Wormsgau, Beiheft 16, Worms 1957. 21 Hermann ROTH, Burg und Stadt Friedberg, Friedberg i. H. 1948. 22 Friedrich BOTHE, Geschichte der Stadt Frankfurt a. M., 3. Aufl., Frankfurt 1929; KISSEL, a. a. O., S. 77 f. 23 Friedrich Kilian ABICHT, Der Kreis Wetzlar, 3 Bde., Wetzlar 1836; — A. SCHOENWERK, Geschichtliche Heimatkunde von Stadt und Kreis Wetzlar, Wetzlar 1954. 24

KISSEL, a . A . O . , S . 3 1 , 4 7 , 6 8 .

25

V g l . KISSEL, a . a . O . , S . 3 1 ff., 4 5 ff.

26 Text bei Karl ZEUMER, Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung, Teil II, 2. Aufl., Tübingen 1913, S. 509 ff. 27 §§ 7, 12, 16, 17, 19, 20, 25 R D H S ; — gemäß § 25 RDHS blieb dem Kurfürsten zu Mainz als Reichserzkanzler Staatsgebiet erhalten. 2 8 § 25 RDHS. 29

§ 7 R D H S ; — vgl. LANCIZOLLE, a. a. O . , S. 6 7 ff.

8

ordnet. Dem Landgrafen von Hessen-Kassel wurde gemäß § 3 1 R D H S die Kurwürde verliehen. 2. Mit der Errichtung des Rheinbundes am 16./17. Juli 1806 30 verloren zahlreiche Herrschaften ihre Souveränitätsrechte und wurden mediatisiert. Diese auf der Grundlage der Rheinbunds-Akte vom 12. Juli 1806 31 gefällte Entscheidung hatte nur vorübergehenden Bestand. Hervorzuheben sind in dieser Zeit mannigfacher gebietlicher Veränderungen a) die Errichtung des Großherzogtums Frankfurt, das durch das Organisationpatent vom 16. August 18 1 0 32 eine verfassungsmäßige Organisation erhielt 33 ; b) die Schaffung des Herzogtums Nassau (Nassau-Weilburg und Nassau-Usingen) am 30. August 1806 34 und c) die Aufhebung des Kurfürstentums Hessen-Kassel, das dem am 18. August 1807 proklamierten Königreich Westfalen zugeteilt wurde 3 5 . d) Gemäß Art. V der Rheinbunds-Akte wurde die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt zum Großherzogtum erhoben 36 . 3. Zu einer abschließenden Neuordnung des hessischen Raumes führten die Entscheidungen des Wiener Kongresses im Jahre 1815. Gemäß den Bestimmungen der Wiener Schluß-Akte 37 und den Vereinbarungen der nachfolgenden Staatsverträge 38 erfolgte eine dauerhafte territoriale Neugestaltung. Nach Abschluß dieses Vorgangs bestanden in den Grenzen des heutigen Bundeslandes Hessen folgende Territorien: a) das Kurfürstentum Hessen-Kassel ; b) das Großherzogtum Hessen-Darmstadt; c) das Herzogtum Nassau; d) die Landgrafschaft Hessen-Homburg; e) das Fürstentum Waldeck; 30

LANCIZOLLE, a . a . O . , S . 9 4 f f . ; — DEMANDT, a. a . O . , S . 4 0 6 .

31

T e x t b e i ZEUMER, a . a . O . , S . 5 3 2 f f .

82

Großherzoglich-Frankfurtisches Verordnungsblatt, Bd. 1, F r a n k f u r t 1 8 1 0 ,

S. 10. 3 3 Paul DARMSTÄDTER, Das G r o ß h e r z o g t u m F r a n k f u r t , F r a n k f u r t a. M. S. 5 f., 87 f. 3 4 A r t . V der R h e i n b u n d s - A k t e ; — V.D.NAHMER, a.a.O., S. 1 0 7 f f . ( 1 1 3 f f . ) . 55

DEMANDT, a . a . O . , S . 4 1 4 .

Proklamation v o m 13. 8. 1806 (Großherzoglich-Hessische Landeszeitung v o m 19. 8 . 1 8 0 6 , N r . 99, V. D. NAHMER, a. a. O., S. 27 ff. (Fußn. 1). 3 7 Text bei Johann Ludwig KLÜBER, A c t e n des Wiener Congresses, 9 Bde., Erlangen 1 8 1 5 — 1 8 3 6 , Bd. 6, S. 3 ff.; — vgl. v. LANCIZOLLE, a . a . O . , S. 1 1 2 ff., 36

KISSEL, a . a . O . , S . 3 1 f f . 3 8 F r a n k f u r t e r Territorialrezeß v o m 2 0 . 7 . 1 8 1 9 , Text bei Johann Ludwig KLÜBER, Quellensammlung zu dem Oeffentlichen Recht des Teutschen Bundes, 3. A u f l . , Erlangen 1830, S. 1 0 0 ff.

9 f) die Reichsstadt F r a n k f u r t a. M . ; g) der Kreis W e t z l a r 3 9 ( R e g . - B e z . K o b l e n z 4 0 ) und die Gemeinden Neuseesen und Werleshausen des Königreichs P r e u ß e n 4 1 ; h) das B e z i r k s a m t Gersfeld und der Landgerichtsbezirk Königreichs B a y e r n . III.

Die territorialen

Veränderungen

im Jahre

Orb42

des

1866

Diese territoriale O r d n u n g blieb bis z u m J a h r e 1 8 6 6 bestehen. I m Verlaufe des Kriegsgeschehens dieses Jahres annektierte Preußen das H e r z o g t u m Nassau, das K u r f ü r s t e n t u m Hessen-Kassel und die Reichsstadt F r a n k f u r t a. M . 4 3 . A m 2 2 . F e b r u a r 1 8 6 7 4 4 wurden die neugewonnenen Gebiete zur preußichen P r o v i n z Hessen-Nassau mit den Regierungsbezirken Wiesbaden und Kassel vereinigt. A u ß e r d e m k a m es zwischen Preußen und H e s s e n - D a r m s t a d t zu einer weiteren Gebietsbereinigung 4 5 . 3 9 Wilhelm FABRICIUS, Erläuterungen zum Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz, Bd. II, Bonn 1898, S. 428 ff., 489. — Das ehemalige Fürstentum SolmsBraunfels bildete zunächst einen selbständigen Verwaltungskreis und wurde erst am 31. 8 . 1 8 2 2 in den Kreis Wetzlar eingegliedert. 40

1932 wurde der Kreis Wetzlar dem Reg.-Bez. Wiesbaden angegliedert.

Bereits im Jahre 1803 hatte Preußen gemäß Art. 3 R D H S diese Gemeinden (Krs. Witzenhausen), die bis dahin unter der Hoheit von Mainz standen, erworben. 1807 fielen sie durdi den Tilsiter Frieden an das Königreich Westfalen und gelangten 1816 wieder an Preußen. Sie gehörten seit dieser Zeit zum preußischen Kreis Heiligenstadt (Reg.-Bez. E r f u r t , Provinz Sachsen). Durch den Erlaß vom 1. 4. 1944 (RGBl. I, S. 110) wurde der Reidisstatthalter in Thüringen mit der Wahrnehmung der Aufgaben und Amtsbefugnisse des Oberpräsidenten für den Reg.-Bez. Erfurt beauftragt (Begründung zur Vorlage der Landesregierung: Gesetz zur Bereinigung des Hessischen Landesrechts, in Hess. LT., 41

4 . W P , I , N r . 1 0 1 5 , S . 2 9 1 1 ff., 3 0 2 7 ) ; K I S S E L a . a . O . , S . 1 4 , 3 8 , 7 9 . 4 2 Dieses bestand bis 1806 aus dem reidisritterschaftlichen Territorium der Stadt und Herrschaft Gersfeld und einigen fuldaischen Ämtern. Vgl. KISSEL, a. a. O., S. 37 f. Orb gehörte bis 1803 zu Kur-Mainz. 4 3 Gesetz, betreffend die Vereinigung des Königreichs Hannover, des Kurfürstenthums Hessen, des Herzogthums Nassau und der freien Stadt Frankfurt mit der Preußischen Monarchie, vom 20. 9. 1866 (PrGS. 1866, S. 555). 4 4 Verordnung, betreffend die Organisation der Verwaltungsbehörden in dem vormaligen Kurfürstenthum Hessen, in dem vormaligen Herzogthume Nassau, in der vormals freien Stadt Frankfurt und in den bisher Bayerischen und Großherzoglich-Hessischen Gebietstheilen, vom 2 2 . 2 . 1 8 6 7 (PrGS. 1867, 5. 273). 4 5 Das Großherzogtum Hessen-Darmstadt verlor die Landgrafschaft HessenHomburg, die erst im gleichen Jahre heimgefallen war, die Kreise Biedenkopf und Vöhl, ferner einen Teil des Kreises Gießen. Diese Abtretungsgebiete und

10 IV.

Die staatliche Entwicklung

seit dem Jahre

1918

1. Die Fortsetzung des Großherzogtums Hessen-Darmstadt bildete nach dem Sturz der Monarchie am 9. November 1918 der Volksstaat Hessen 48 . Die preußische Provinz Hessen-Nassau erfuhr im Jahre 1929 durch die Aufnahme und Eingliederung des Freistaates Waldeck in den preußischen Staatsverband eine gebietsmäßige Erweiterung 4 7 . 2. Im nationalsozialistischen Deutschen Reich wurde durch den Erlaß des Gesetzes betreffend den Neuaufbau des Reiches (Neuaufbaugesetz) vom 30. Januar 1934 4 8 die bundesstaatliche Struktur des Gesamtstaates beseitigt. Die Länder Preußen und Hessen verloren wie die übrigen deutschen Reichsländer ihre Eigenstaatlichkeit 49 . Sie waren bis zum Zusammenbruch der Verwaltungsorganisation im Jahre 1945 nur noch autonome Gebietskörperschaften 50 . 3. Nach dem militärischen Zusammenbruch des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 5 1 wurde von der amerikanischen Militärregierung, die die Regierungsgewalt in ihrer Besatzungszone ausübte 52 , durch besatzungsrechtlichen Regierungsakt vom 19. September 1945 5 2 das Land Hessen die bayerischen Bezirke Gersfeld (Bezirksamt) und Orb (Landesgerichtsbezirk) wurden am 24.12.1866 mit Preußen vereinigt. Das Großherzogtum HessenDarmstadt erhielt einige nassauische, kurhessische und frankfurtische Orte ( D E M A N D T , a. a. O . , S . 4 2 9 f . , K I S S E L , a . a. O . , S . 5 0 f . ) . 4 6 Verfassung des Volksstaates Hessen vom 12.12.1919 (Hess. RegBl. 1919, S. 439). 47 Staatsvertrag zwischen Waldeck und Preußen vom 23. 3. 1928; — Preußisches Gesetz über die Vereinigung des Freistaats Waldeck mit dem Freistaat Preußen vom 25. 7.1928 (PrGS. 1928, S. 179) — Reichsgesetz über die Vereinigung von Waldeck mit Preußen vom 7.12.1928 (RGBl. I, 1928, S. 401). 4 8 RGBl. I, 1934, S. 75. 4 9 Ernst Rudolf HUBER, Das Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, Hamburg 1939, S. 321 f. 50 Ulrich SCHEUNER, Die staatsrechtliche Kontinuität in Deutschland, in: DVBl. 1950, S. 481 ff. (484); — ders., Die Funktionsnachfolge und das Problem der staatsrechtlichen Kontinuität, in: Vom Bonner Grundgesetz zur gesamtdeutschen Verfassung, Festschrift für Hans NATPIASKY, München 1956, S. 9 ff.

(36). 5 1 Text der Kapitulationsurkunde vom 8. 5.1945 in: Dokumente der Deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart (Hrsg. Johannes HOHLFELD) Bd. I V : Deutschland nach dem Zusammenbruch 1945, Berlin/München 1952, S. 1 ff. 52 Am 5. Juni 1945 haben die Alliierten die oberste Regierungsgewalt in Deutschland übernommen; — Vorspruch zur Berliner Viermächteerklärung

v o m 5. 6. 1 9 4 5 , A r t . V ( A B l . K R , E r g ä n z u n g s n r . 1, S. 7). — V g l . SCHEUNER, i n :

DVBl. 1950, S. 482. 53 ABl. AMR 1945, S. 2.

11 geschaffen. Es trug zunächst den C h a r a k t e r eines autonomen Verbandes mit eigener Rechtspersönlichkeit 5 4 . I m Zuge des staatlichen Wiederaufbaus, insbesondere der W i e d e r erlangung des Organisations- und Gesetzgebungsrechts, erwarben die deutschen L ä n d e r , damit auch Hessen, noch v o r der Gründung der Bundesrepublik Deutschland durch originären, rechtschöpfenden V o r g a n g 5 5 Staatscharakter 5 6 . § 2 Die geschichtliche Entwicklung der kirchlichen V e r t r a g s p a r t n e r D e m L a n d e Hessen stehen als kirchliche V e r t r a g s p a r t n e r drei e v a n gelische Landeskirchen gegenüber: die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, die Evangelische Landeskirche v o n Kurhessen und Waldeck und die Evangelische Kirche im Rheinland. D i e Gebiete dieser drei Landeskirchen erstrecken sich auf das T e r r i t o r i u m des Landes Hessen, so d a ß die staatliche und die kirchliche Territorialgliederung voneinander a b weichen — ein Ergebnis der unterschiedlichen Territorialentwicklung von S t a a t und Kirche im hessischen R a u m . I. Die Geschichte des evangelischen Kirchentums in Hessen ist wie in den übrigen deutschen L ä n d e r n eng verbunden m i t der Durchsetzung des 5 4 Erich KAUFMANN, Deutschlands Rechtslage unter der Besatzung, Stuttgart 1948, S. 31; — SCHEUNER, in: DVB1. 1950, S. 481 f. (482). — Die amerikanische Besatzungsmacht betrachtete die von ihr geschaffenen Gebietskörperschaften allerdings von Anfang an als Staaten (vgl. Art. II der Proklamation Nr. II vom 19. 9. 1945). Dies widerspricht jedoch dem Grundsatz, daß Staaten niemals von anderen geschaffen werden können, unabhängig davon, „welchen Anteil auch immer ein Staat oder mehrere an dem historischen Bildungsprozeß eines anderen Staates haben mögen. Ein Staat ist nämlich Staat nur durch das Dasein unmittelbarer, staatliche Funktionen versehender Organe . . . Ein Zwang zur Organisation ist u n d e n k b a r . . . " (Georg JELLINEK, Allgemeine Staatslehre, 3. Aufl., Berlin 1922, S. 274). Erst als die Besatzungsmächte den deutschen Behörden seit 1946 ein selbständiges Tätig werden gestatteten, trat in den Ländern eine deutsche Staatsgewalt wieder in Erscheinung. — Vgl. SCHEUNER, Funktionsnachfolge, S. 45; — Martin GEBHARDT, Die Rechtslage des Reichskonkordats und der Länderkonkordate nach 1945, Jur. Diss. München 1950; — Günter OSTERMANN, Die Fortgeltung des Badischen Konkordates von 1932, Jur. Diss. Köln 1962, S. 73. 5 5 Durch Volksentscheid vom 1. 12. 1946 erklärte sich die Bevölkerung des Landes Hessen für die Hessische Landesverfassung (GVB1. 1946, S. 229), die die Verfassunggebende Landesversammlung am 29. 1 0 . 1 9 4 6 angenommen hatte. — Vgl. Wiltraut von BRÜNNECK, Die Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946, in J b ö R . N . F. III (1954), S. 213 ff; — ZINN/STEIN, a. a. O., Einf. II. 58

GEBHART, a. a. O . , S . 9 7 ; —

SCHEUNER, F u n k t i o n s n a c h f o l g e , S . 4 5 .

12 landeskirchlichen Ordnungsprinzips in den einzelnen politischen Territorien 57 . Bereits im 16. Jahrhundert führte die Einordnung der kirchlichen Organisation in den absolutistischen Staatsaufbau zur Einheit der politisch-territorialen und der kirchlichen Gliederung und damit zur „Identität von Staats- und Kirchengrenzen 58 ". Innerhalb des Staatsgebiets bildete die Kirche keine rechtliche Einheit, sondern ein konfessionelles Kirchentum in der Organisationsform des Konsistorialverbandes59, dessen Umgliederung als Folge territorialer Veränderungen des Staatsgebiets wegen der „unitarisierenden Tendenz 60 " der absolutistischen Staatsordnung keine Schwierigkeiten bereitete. II. Solange die kirchliche Organisation Bestandteil des Staatsapparates war, war für eine selbständige, vom Staate unabhängige Entfaltung der evangelischen Kirche kein Raum. Zwar beseitigte zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Neugliederung der politischen Territorien das territoriale Kirchentum, an seine Stelle trat aber mit der Vereinheitlichung der kirchlichen Organisation innerhalb der neugeschaffenen Staaten des Deutschen Bundes Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Nassau, Hessen-Homburg, Waldeck und Frankfurt a. M. die Einheitskirche61, die der staatlichen Verwaltungsorganisation weiterhin eng verhaftet blieb. Auf Grund der Übereinstimmung staatlicher und landeskirchlicher Grenzen erfuhren die Gebiete der evangelischen Landeskirchen dieser Staaten ihre im wesentlichen bis zur Gegenwart bestehende Abgrenzung62. III. Eine von dem staatlichen Territorium unterschiedliche gebietsmäßige Entwicklung setzte erst mit der bekenntnismäßigen Ausprägung der Landeskirchen63, ihrer Lösung aus dem staatlichen Organisationssystem und der beginnenden Verselbständigung der kirchlichen Organisation ein64. Diese Tendenzen führten zu einer spezifischen Gestaltung 5 7 Konrad MÜLLER, Staatsgrenzen und evangelische Kirchengrenzen, Diss. Göttingen 1948, S. 3 ff. (6). 58

Jur.

M Ü L L E R , S t a a t s g r e n z e n , S. 3 8 .

Rudolf SMEND, Rechtliche Bedeutung und Rechtsprobleme landeskirchlicher Einheit, in Z e v K R VII (1959/60), S. 279ff. (281). 59

60

M Ü L L E R , S t a a t s g r e n z e n , S. 8 .

61

MÜLLER, S t a a t s g r e n z e n , S. 11 f.

heutiger

(12).

1815 wurden die Kirchenkreise Braunfels und Wetzlar (Albert ROSENKRANZ, Das Evangelische Rheinland, Bd. I, Düsseldorf 1956, S. 139 ff. und 679ff.; — ders., Abriß einer Geschichte der Evangelischen Kirche im Rheinland, Düsseldorf 1960, S. 4 und 84 — Sonderdruck aus „Das Evangelische Rheinland", Bd. 2, Düsseldorf 1958) der Evangelischen Kirche der Rheinprovinz eingegliedert. 82

63

M Ü L L E R , S t a a t s g r e n z e n , S. 1 5 ff.

84

M Ü L L E R , S t a a t s g r e n z e n , S. 1 7 ff.

13 des kirchlichen Gliederungsgebietes, das ein stärkeres Eigengewicht erhielt, was bei staatlichen Grenzziehungen zu beachten war 66 . Bei den Territorialveränderungen des Jahres 1866 66 trat dieser Vorgang im hessischen Raum erstmals in Erscheinung. Preußen verzichtete bei der Eingliederung der annektierten Territorien Nassau, Kurhessen und Frankfurt a. M. auf eine Beseitigung der bestehenden landeskirchlichen Organisation dieser Gebiete. Die überkommene kirchliche Gliederung blieb in den neuerrichteten Konsistorialbezirken Wiesbaden67, Kassel68 und Frankfurt a. M. 69 erhalten und führte allmählich zur Ausbildung und Festigung selbständiger Landeskirchen, wobei die Entwicklung durch den Ausbau einer presbyterial-synodalen Kirchenverfassung begünstigt wurde70. IV. Diese Gliederung der Kirchengebiete, die Preußen unter Aufgabe des Landeskirchentums „als Prinzip einheitlicher Ordnung der evangelischen Kirche im Territorialstaat 71 " herbeiführte, blieb in den folgenden Jahrzehnten bestehen und wurde auch durch die Ereignisse des Jahres 1918 nicht berührt. Von 1918—1933 bestanden auf dem heutigen hessischen Staatsgebiet die „Evangelische Landeskirche in Hessen", die „Evangelische Landes65

MÜLLER, S t a a t s g r e n z e n , S. 19.

Vgl. oben S. 9. 6 7 Verordnung, betreffend die Errichtung eines evangelischen Konsistoriums in Wiesbaden, vom 2 2 . 9 . 1 8 6 7 (PrGS. 1867, S. 1569); — vgl. O t t o WILHELMI, Kirchenrecht im Amtsbezirke des Konsistoriums zu Wiesbaden, Wiesbaden 1887; — Fritz GRÜNSCHLAG, Die rechtliche Stellung der Nassauischen Landeskirche, J u r . Diss. Erlangen 1916; — Paul SCHOEN, Das evangelische Kirchenrecht in Preußen, Bd. 1, Berlin 1903, S. 103 ff. 6 8 In Kassel bereitete die Errichtung eines Konsistoriums zunächst Schwierigkeiten (vgl. Karl WICKE, Die hessische Renitenz, ihre Geschichte und ihr Sinn, Theol. Diss. Erlangen 1930), so daß erst durch den Allerh. Erlaß, betreffend die anderweitige Bestimmung des Sitzes für das für den Regierungsbezirk Kassel einzurichtende Konsistorium, v o m 24. 4. 1873 (PrGS. 1873, S. 184) ein Konsistorium geschaffen wurde; — vgl. SCHOEN, Kirchenrecht, S. 119FF. 6 9 In F r a n k f u r t blieben die dort bestehenden Konsistorien zunächst in Wirksamkeit, § 3 der Verordnung v o m 22. 9. 1867, P r G S . 1867, S. 1569). Durch Allerh. Erlaß, betreifend die Kirchengemeinde- und Synodalordnung für die evangelischen Kirchengemeinschaften des Konsistorialbezirks F r a n k f u r t a. M., vom 27. 9 . 1 8 9 9 , A r t . 20 (PrGS. 1899, S. 425) wurde ein einheitliches Konsistorium für die evangelisch-lutherischen und evangelisdi-reformierten Gemeinden (Personalgemeinden) geschaffen; — vgl. Ernst TROMMERSHAUSEN, Beitrag zur Geschichte des landesherrlichen Kirchenregiments in den evangelischen Gemeinden zu F r a n k f u r t a. M., F r a n k f u r t a. M . 1897; — SCHOEN, Kirchenrecht, S. 121 ff. 66

70

MÜLLER, S t a a t s g r e n z e n , S. 4 1 ff.

71

MÜLLER, S t a a t s g r e n z e n , S. 3 8 .

14 kirche in Nassau", die „Evangelische Landeskirche Frankfurt a. M. 7 2 ", die „Evangelische Landeskirche in Hessen-Kassel", die „Evangelische Landeskirche von Waldeck und Pyrmont" sowie die „Evangelische Kirche der Rheinprovinz" mit den Kirchenkreisen Wetzlar und Braunfels. V. Die staatskirchenrechtlichen Veränderungen nach der Beseitigung des monarchischen Systems führten zu einer Festigung der Rechtsstellung der Landeskirchen gegenüber dem Staat, die es ihnen erlaubte, ihre verfassungsmäßige Organisation unabhängig von staatlicher Weisung zu gestalten. Folgerichtig wurde auch die Gliederung des Kirchengebietes als autonome gesetzgeberische und administrative Maßnahme der Kirche angesehen. Der Wandel in der Behandlung kirchlicher Gliederungsfragen zeigte sich in den Bestrebungen der evangelischen Landeskirchen des hessischen Raumes, unabhängig von der staatlichen Grenzziehung den Zusammenschluß zu einer großhessischen Kirche in der „Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Landeskirchen Hessen-Kassel, Nassau, Frankfurt a. M., Waldeck und Hessen in der Marburger Konferenz" vorzubereiten73. Die seit 1926 einsetzende zwischenkirchliche Zusammenarbeit erreichte die gewünschte Einigung jedoch nicht. VI. Eine Änderung der kirchlichen Gebietseinteilung trat erst unter der nationalsozialistischen Staatsführung im Jahre 1933 ein. Auf Betreiben der deutsch-christlichen Glaubensbewegung und mit Förderung der NS-Parteileitung 74 wurden die zum Rhein-Main-Gau gehörigen Landeskirchen von Hessen, Nassau und Frankfurt a. M. zur Landeskirche Nassau-Hessen zusammengeschlossen75. Das von dem offiziellen 7 2 Durch Kirchenvertrag zwischen der Evangelischen Landeskirche in Hessen-Kassel u n d der Evangelischen Landeskirche F r a n k f u r t a. M. v o m 2 0 . / 2 2 . 2. 1928 u n d eines Nachtrags zu diesem v o m 5 . / 1 4 . 1 2 . 1 9 2 8 (KAB1. E K H K 1929, S. 3 3 ; ABl. E K F r a n k f u r t a . M . 1 9 2 9 , S . 9 ; AKB1. 1929, S. 111), deren Bestimmungen am 1 . 4 . 1 9 2 8 bzw. 1 . 4 . 1 9 2 9 in Kraft t r a t e n , wurden die Gemeinden des Kirdienkreises Bockenheim, der bis dahin z u r Evangelischen Landeskirche in Hessen-Kassel gehörte, in die Evangelische Landeskirche F r a n k f u r t a. M. eingegliedert. — Vgl. Johannes KÜBEL, Evangelisches Kirchenrecht für F r a n k f u r t a . M . , F r a n k f u r t a . M . 1932, S. 3 6 f f . ; — MÜLLER, Staatsgrenzen, S. l l O f f . 7 8 KÜBEL, Kirchenrecht, S. 5 7 f . ; — Wilhelm LUEKEN, K a m p f , Behauptung und Gestalt der Evangelischen Landeskirche Hessen-Nassau, J u r . Diss. F r a n k f u r t a. M. 1947, S. 2 f.; MÜLLER, Staatsgrenzen, S. 6 0 ; — A.ADAM, A r t . HessenNassau, in: R G G , 3. Aufl., 1 9 5 9 , Bd. III, Sp. 2 9 6 f f . 74

MÜLLER, Staatsgrenzen, S. 144 ff. (148).

Kirchengesetz über das Inkrafttreten der Verfassung der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen v o m 8. 2 . 1 9 3 4 ( K G V B l . E K N H 1934, S. 3 ; AKB1. 1934, S. 8 3 ) ; — vgl. LUEKEN, a . a . O . , S. 3 f f . ; Heinrich STEITZ, Die Rechtsgrundlage der Evangelischen Kirche in Hessen, in: Amtsblatt der Bekennenden 75

15 Kirchenregiment angewandte Vereinigungsverfahren stieß jedoch auf den Widerstand der sich in der Bekennenden Kirche sammelnden kirchlichen Kräfte 7 6 , die diesen Versuch zur Schaffung einer Gesamtkirche als kirchenrechtlich unwirksam 77 und damit gescheitert78 ansahen. Gleichwohl ist die Landeskirche Nassau-Hessen, wie Lueken 79 nachgewiesen hat, in der NS-Zeit durch kirchenrechtlich wirksame konstitutive Kräfte, die im wesentlichen durch die Bekennende Kirche repräsentiert wurden, rechtsgültig entstanden. Lueken nennt als „konstitutive Kräfte: die Willensübereinstimmung der Gemeinden, die den Zusammenschluß getragen hat, die Wirksamkeit der Bekennenden Kirche und die gewohnheitsrechtliche Durchsetzung 80 ". Die Tatsache, daß die Gesamtlandeskirche kraft des kirchlichen Notredits rechtswirksam begründet worden ist, wurde beim kirchlichen Wiederaufbau nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft berücksichtigt81. Zwar traten die drei ehemaligen Teilkirchen zunächst wieder auseinander und bildeten sogenannte Vorläufige Kirchenleitungen, die Existenz der Gesamtlandeskirche wurde durch diesen Vorgang aber nicht beeinträchtigt 82 . Die neuerrichteten Leitungsorgane übten treuhänderisch für die Gesamtkirche bestimmte Organisationsaufträge aus, was insbesondere durch die Schaffung eines gesamtkirchlichen Organs, des Verbindungsausschusses, bestätigt wird. Dieser Verbindungsausschuß hatte u. a. die Aufgabe, den organisatorischen Zusammenschluß der kirchlichen Teilgebiete vorzubereiten. Der am 30. September 1947 83 in Friedberg versammelte Kirchentag, der sich zur Kirchensynode erklärte, bestätigte die Kirche Nassau-Hessen, 1. Jahrg. (1947), S. 42 ff. (44 f.); — MÜLLER, Staatsgrenzen, S. 188ff., (189, Fußn. 537); — Klaus WÄHLER, Die O r d n u n g der Evangelischen Kirche in Hessen u n d Nassau, Kirchenbegriff und Kirchenstruktur einer neuen Kirchenverfassung, J u r . Diss. Freie Universität Berlin 1960, S. 84 ff. 7 6 U b e r die Ordnungsauffassung der Bekennenden Kirche im Hinblick auf eine R e f o r m der landeskirchlichen Gliederung vgl. MÜLLER, Staatsgrenzen, S. 158 ff., 178 ff. 7 7 MÜLLER, Staatsgrenzen, S. 189; — Friedrich SCHMIDT-KNATZ, Die Rechtslage der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen, F r a n k f u r t a. M. 1935; — a. A . Ernst FORSTHOFF, Gutachten über die Rechtsgültigkeit des Zustandekommens der Einheitskirche Nassau-Hessen. Auszugsweise veröffentlicht bei S C H M I D T - K N A T Z , a . a . O . , S . 83 f . 78

L U E K E N , a. a . O . , S . 8 7 f f . ( 1 1 3 ) .

79

LUEKEN, a. a. O . , S. 113.

80

LUEKEN, a. a. O . , S. 113.

ADAM, in: R G G , 3. Aufl., 1959, Bd. III, S p . 2 9 6 f . (297); — K J b . , 72. bis 75. J g . (1945—1948), S. 108 ff. (110, 157). 8 2 LUEKEN, a . a . O . , S. 116ff. 8 3 Verfassunggebende Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Vhlg. der ersten T a g u n g der Verfassunggebenden Synode am 30. 9. und 1 . 1 0 . 1 9 4 7 in Friedberg/Hessen, Wiesbaden 1949 ( = P r o t V S y n . I). 81

16 Vereinigung der drei ehemaligen Kirche in Hessen und Nassau 8 4 ".

Landeskirchen

zur

„Evangelischen

Eine weitere Veränderung der kirchlichen Gebietsgliederung ereignete sich als Folge zu dem vorangegangenen Anschluß Waldecks an Preußen 8 5 . Durch Vertrag zwischen der Waldeckschen Landeskirche und der E v a n gelischen Landeskirche in Hessen-Kassel vom 12. Juni 1934 9 6 wurden die kirchlichen Gebiete 87 zur Evangelischen Landeskirche von KurhessenWaldeck vereinigt 88 . Obgleich die Waldecksche Kirche mit ihren verfassungsmäßigen Organen an dem Verfahren nicht mitwirkte, wurde die rechtliche Wirksamkeit des Zusammenschlusses später nicht bezweifelt. VII. Im Ergebnis hat die historische Entwicklung der landeskirchlichen Gliederung die Existenz von drei evangelischen Landeskirchen: der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck und der Evangelischen Kirche im Rheinland auf dem hessischen Staatsgebiet bewirkt. Ihr rechtlicher Status hat sich, wie die innerkirchliche Rechts- und Verfassungsentwicklung 89 zeigt, 84 85

ProtVSyn. I, S.52ff., AB1.EKHN 1947, S.2. Vgl. oben S. 10.

8 6 Kirchengesetz über die Vereinigung von Waldeck mit der Evangelischen Landeskirche in Hessel-Kassel vom 12. 6.1934 (KAB1. EKHK 1934, S. 73; AKB1. 1934, S. 346); — vgl. MÜLLER, Staatsgrenzen, S. 195 ff. 8 7 Nach Abtrennung des Gebietsteils Pyrmont, der an die Evangelisdilutherische Landeskirche Hannover angeschlossen wurde (AKB1. 1934, S. 293). 88 Vgl. Wilhelm MAURER, Art. Kurhessen, in: RGG, 3. Aufl., (1960), Bd. IV, Sp. 181 ff. (183 f.). 89 E K H N : Ordnung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom 24.11.1948 (ABl. EKHN 1948, S. 153; ABl. EKD 1949, Nr. 32) und 17. 3. 1949 (ABl. E K H N 1949, S. 27; ABl. EKD 1949, Nr. 77); vgl. WÄHLER, Die Ordnung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Jur. Diss. Freie Universität Berlin 1960; — Hans-Erich HESS, Die Ordnung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, in: ZevKR III (1953/54), S. 56ff.; — Martin NIEMÖLLER, Haupttypen heutiger deutscher Kirchenverfassungen; Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, in: ZevKR VII (1959/60), S. 237ff. — EKRhld.: Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 2 . 5 . 1 9 5 2 (KAB1. EKRhld. 1952, S. 57; ABl. EKD 1952 Nr. 99); — vgl. Herbert FROST, Die Rechtsstellung des Kirchenkreises der Evangelischen Kirche im Rheinland, Bonn 1958. — EKKW: Die EKKW hat die Verfassung vom 1. 6.1924 (KAB1. 1924, S. 59; AKB1. 1924) beibehalten. Diese Ordnung wird ergänzt durch mehrere in der Nachkriegszeit erlassene kirchliche Verfassungsgesetze, z. B. Neufassung des Kirchengesetzes betreffend die Leitung und Verwaltung der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck vom 27. 9.1945 / 4 . 1 2 . 1 9 4 7 (KAB1. 1948, S. 16; ABl. EKD 1948, Nr. 31); nähere Angaben in der Niederschrift über die Verhandlungen der Notsynode der EKKW vom 25. — 27. 9.1945 in TreysaHephata (Unveröffentl., Akt. LKA. EKKW).

17 zu voller Selbständigkeit gefestigt, so daß sie gleichberechtigte Vertragspartner des Staates geworden sind 90 . Die Zonen- und Ländereinteilung der Besatzungsmächte hat die Abweichung der Staats- und Kirchengrenzen voneinander noch erhöht. Die evangelischen Landeskirchen in Hessen zeichnen sich daher durch einen die Ländergrenzen überschreitenden Gebietsstand 91 aus, da sie unabhängig von der staatlichen Gliederung an ihrem historischen Gebietsstand festgehalten haben 92 . Als Partner des Landes Hessen kommen sie insoweit in Betracht, als sie gebietsmäßig am hessischen Territorium beteiligt sind. § 3 Zur geschichtlichen Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche in Hessen I. Staat und Kirche im

Reformationsjahrhundert

1. Nach dem Thesenanschlag Luthers im Jahre 1517 breitete sich in den Territorien des hessischen Raumes mit Ausnahme der unter geistlicher Hoheit stehenden Gebiete die evangelische Bewegung rasch aus 93 . 60

91

SMEND, i n : Z e v K R V I I ( 1 9 5 9 / 6 0 ) , S. 2 8 2 .

E K H N : Das Gebiet der E K H N erstreckt sich auf Hessen, RheinlandPfalz, Nordrhein-Westfalen (Hallenberg, Braunshausen / Dekanat Biedenkopf) und Baden-Württemberg (Bad Wimpfen); vgl. Wegweiser für die EKHN vom 1. 4. 1954 mit anliegender Übersichtskarte, Darmstadt 1954. — EKKW: Zur EKKW gehören außer den in Hessen gelegenen Gebieten der Kirchenkreis Schmalkalden (Sowjetzone) sowie die zum Kreis Witzenhausen gehörigen Gemeinden Allendorf und Asbach, die zur Zeit von der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen versehen werden; vgl. Handbuch der EKKW, Stand vom 15. 5. 1960. Hrsg. im Auftrage des LKA vom Verlag Ev. Presseverband Kurhessen-Waldeck e.V., Kassel 1960, S. 85 ff. — EKRhld.: Die EKRhld. umfaßt Gebiete in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und im Saarland. 92 Die kirchlichen Grenzen weichen auch von der innerstaatlichen Gliederung in Hessen ab: Zur EKHN gehören außer Gemeinden der Reg.-Bez. Wiesbaden und Darmstadt Gemeinden des Kreises Frankenberg im Reg.-Bez. Kassel. Hinzu kommen mehrere Gemeinden des Kreises Wetzlar, dessen Grenzen sich nicht völlig mit den Grenzen der Kirchenkreise Wetzlar und Braunfels (EKRhld.) decken. — Zur EKKW gehören der größte Teil des Reg.-Bez. Kassel und ein Teil des Reg.-Bez. Wiesbaden. — Die EKRhld. umfaßt den größten Teil des Kreises Wetzlar (Reg.-Bez. Wiesbaden). 93 In der Mehrzahl der Territorien setzte sich das lutherische Bekenntnis durch. Einzelne Gebiete erlebten jedoch nach 1555 eine sogenannte „Nachreformation" (Heinrich STEITZ, Geschichte der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, I. Teil, Marburg 1961), indem das calvinische Bekenntnis an die Stelle Luthertums trat. Das calvinische Bekenntnis wurde in Nassau-Dillenburg, 2 Klose, Reditsbeziehungen

18 Die sich bildenden evangelischen Gemeinden, die sich aus der kanonischen Parochial- und Bistumsverfassung lösten 94 , standen alsbald vor der A u f gabe, die R e f o r m a t i o n zu vollziehen u n d das vorhandene Kirchenwesen „auf einer einwandfreien u n d eine Rechtsbeständigkeit garantierenden rechtlichen Grundlage 9 5 " umzugestalten. Die reformatorische Auffassung von Kirche u n d Obrigkeit brach mit der mittelalterlichen Überzeugung einer geistlich-weltlichen Einheit, der Respublica Christiana 9 8 . Nach dem Kirchenverständnis der R e f o r m a t o ren 9 7 , das auf unterschiedlichen theologischen Ansätzen beruhte u n d sich in einer differenzierten Bekenntnisbildung äußerte, steht die Kirche als geistliche Gemeinschaft der Gläubigen „dem Reich der Welt u n d der in Wied, Solms-Braunfels, Solms-Lich, Isenburg, Hanau-Münzenberg und in der Kurpfalz

(1560) e i n g e f ü h r t

( v g l . STEITZ, a . A . O . ,

S. 9 0 ff.). I n

Hessen-Kassel

wurde 1607 die Einführung des reformierten Bekenntnisses angeordnet. In Hanau-Münzenberg wurde 1659 wieder eine lutherische Kirchenordnung in Kraft gesetzt. Der Hauptrezeß von 1670 erlaubte das Bestehen beider Konfessionen in diesem Lande. In Isenburg kam es im 18. Jahrhundert zu einer erneuten Ausbreitung des Luthertums. Im Zuge der Gegenreformation setzte eine Rückentwicklung der Reformation zugunsten des katholischen Bekenntnisses in den Territorien des Erzstifts Mainz, der Fürstabtei Fulda (Herbstein) und Nassau-Hadamar ein (STEITZ, a. a. O., S. 105 ff.). — Vgl. außer der erwähnten Darstellung von STEITZ, die mit umfangreichen Literaturhinweisen auch das Schrifttum über diesen Zeitraum erschließt, ferner Heinrich HEPPE, Die konfessionelle Entwicklung der hessischen Kirche, Frankfurt a. M. 1853; — Karl KÖHLER, Kirchenrecht der evangelischen Kirche im Großherzogtum Hessen, Darmstadt 1884, S. 33 ff.; Johann Victor BREDT, Neues evangelisches Kirchenrecht für Preußen, Bd. 1, Berlin 1921; — Wilhelm MAURER, Bekenntnisstand und Bekenntnisentwicklung in Hessen, Gütersloh 1955; — Otto WEBER, Eigenart und Bedeutung Niederhessisch-reformierten Kirchentums, in: Staatsverfassung und Kirdienordnung, Festgabe für Rudolf SMEND, Tübingen 1962, S. 7 7 f f . ; — WÄHLER, a. a. O . , S. 8 4 f f . 94

Erik WOLF, Ordnung der Kirche, Lehr- und Handbuch des Kirchenrechts auf ökumenischer Basis, Frankfurt a. M. 1960, S. 341. 95 Wilhelm DIEHL, Evangelische Bewegung und Reformation im Gebiet der heutigen hessen-darmstädtischen Lande, Darmstadt 1926. 96 Vgl. Karl HOLL, Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte, Bd. 1: Luther, 6. Aufl., Tübingen 1932, S. 346F.; — Ulrich SCHEUNER, Kirche und Staat in der neueren deutschen Entwicklung, in: ZevKR VII (1959/60), S. 225 ff. (232f.); — Siegfried GRUNDMANN, Die Ordnung des Verhältnisses von Kirche und Staat auf der Grundlage des Vertragskirchenrechts (Referat), Verhandlungen der 1. ordentlichen Tagung der 3. Landessynode der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck am 30.11. und 1. 12. 1959 zu Treysa-Hephata (Vhlg. LS. EKKW, III, l.o. [1959]. S. 45); Eine andere Auffassung wurde in der älteren Literatur vertreten: hierzu Karl RIEKER, Die rechtliche Stellung der evangelischen Kirche Deutschlands, Leipzig 1893, S. 68 ff., 207. 97

WOLF, O r d n u n g , S. 3 4 1 f f .

19 ihr wirkenden O b r i g k e i t in voller Freiheit g e g e n ü b e r 9 8 " . D i e begriffliche Scheidung v o n Kirche und O b r i g k e i t w i r d dabei im Sinne einer A b g r e n z u n g des geistlichen und weltlichen Aufgabenbereichs und einer Beschränk u n g der beiden G e w a l t e n auf die ihnen wesensgemäßen V e r a n t w o r t u n g s bereiche verstanden. D a s B e d ü r f n i s nach einer neuen kirchlichen O r d n u n g , das sich aus der Seinsbestimmung der Kirche als geschichtlicher Gemeinschaft herleitet, f ü h r t e wieder zu einer A n n ä h e r u n g v o n O b r i g k e i t u n d Kirche. S o hielt die lutherische A u f f a s s u n g an der reformatorischen Scheidung v o n Kirche u n d O b r i g k e i t fest, übertrug aber dem T r ä g e r der politischen G e w a l t , dem Landesherrn, der die territoriale Rechtsetzungs- u n d J u s t i z g e w a l t in seiner Person vereinigte, die V e r a n t w o r t u n g f ü r die Schaffung u n d G e staltung einer evangelischen Kirchenverfassung. O b w o h l die Einrichtung des „ N o t b i s c h o f t u m s 9 9 " als zeitweilige M a ß n a h m e zur Behebung kirchlicher N o t s t ä n d e gedacht w a r 1 0 0 , ohne bereits ein bestimmtes V e r f a s s u n g s p r i n z i p f ü r den evangelischen K i r c h e n a u f b a u festzulegen, w a r diese E n t scheidung im Ergebnis der E n t f a l t u n g des landesherrlichen Kirchenregiments 1 0 1 förderlich und begünstigte den ständig wachsenden Einfluß des S t a a t e s a u f die evangelische Kirche. D i e einsetzende staatskirchenrechtliche Entwicklung, deren P r a x i s in den hessischen L ä n d e r n lutherischen u n d reformierten Bekenntnisse trotz unterschiedlicher kirchlicher V e r f a s s u n g s k o n z e p t i o n keine grundsätzlichen Abweichungen a u f w i e s , v o l l z o g sich auf dem H i n t e r g r u n d einer politischsoziologisch bedingten W a n d l u n g des mittelalterlichen Gemeinwesens z u m absolutistischen Territorialstaat. D i e staatliche G e w a l t w u r d e sich ihrer umfassenden A u f g a b e n bei der H e r s t e l l u n g einer gesicherten S t a a t s o r d n u n g bewußt 1 0 2 . D e s h a l b konnte ihr auch die kirchliche O r g a n i s a t i o n nicht gleichgültig sein, obgleich die landesherrliche O r d n u n g s a u f g a b e nach M a ß g a b e des reformatorischen A u f t r a g e s a n f a n g s nicht als Funktion eines u m f a s s e n d e n Herrschaftswillens, sondern als „ D i e n s t an der K i r c h e " verstanden w u r d e 1 0 3 u n d die rechtstheologische B e g r ü n d u n g des hoheitlichen SCHEUNER, in: ZevKR VII (1959/60), S. 233. Zu diesem von Luther geprägten Begriff Rudolph SOHM, Kirchenrecht, Bd. 1, Neudruck München und Leipzig 1923, S. 571 mit Quellenangaben. Hans LIERMANN, Deutsches Evangelisches Kirchenrecht, Stuttgart 1933, S. 151; — 98

99

WOLF, O r d n u n g , S. 3 7 2 f .

100 Friedrich Julius STAHL, Die Kirchenverfassung nach Lehre und Recht der Protestanten, 2. Aufl., Erlangen 1862, S. 279, 307; — HOLL, a. a. O., S. 375. 101 Die Anfänge des landesherrlichen Kirchenregiments sind in der vorreformatorischen Zeit nachweisbar; vgl. WOLF, Ordnung, S. 358; — Walter HEINEMEYER, Territorium und Kirche in Hessen vor der Reformation, in: HessJbLG VI (1956), S. 138 ff. 102 RIEKER, a . a . O . , S. 103 f.; — vgl. Ludwig ZIMMERMANN, Der hessische Territorialstaat im Jahrhundert der Reformation, Marburg 1933. 103



LIERMANN, K i r c h e n r e c h t , S. 1 5 1 ; — WOLF, O r d n u n g , S. 373.

20 Handelns erst allmählich ihre Bedeutung gegenüber dem Souveränitätsanspruch der Staatsgewalt verlor. Diese Grundzüge bestimmten auch die kirchenpolitische Entwicklung in den Territorien des hessischen Raumes 1 0 4 . Der Reichsabschied von Speyer (1526), der die Durchführung des Wormser Edikts (1521) in die Entscheidungsfreiheit der Landesherren stellte, wurde als rechtswirksame Ermächtigung zu kirchlichen Reformen in den Territorien angesehen 105 . Der Augsburger Religionsfriede (1555) wurde zur reichsrechtlichen Grundlage für die Schaffung eines konfessionellen Landeskirchentums 1 0 6 , das sich in territorial-kirchenrechtlichen Bindungen bildete 1 0 7 . Die Territorialgewalt, die nach mittelalterlicher Anschauung an der bekenntnismäßigen Einheit ihres Herrschaftsbereiches festhielt, übernahm die Aufgaben des Kirchenregiments und damit die Verantwortung für die Pflege der christlichen Verkündigung und die Ordnung der kirchlichen Organisation 1 0 8 . Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf eine beispielsbetonte Darstellung der Grundzüge der kirchlichen Verfassungsentwicklung in einigen Territorien des hessischen Raumes. Diese Begrenzung, die sich aus der eigentlichen Aufgabenstellung der Arbeit ergibt, findet eine Rechtfertigung auch in der Tatsache, daß die kirchenverfassungsrechtlichen Entscheidungen in den zu behandelnden Ländern einen nachhaltigen Einfluß auf die Gestaltung der staatlich-kirchlichen Verhältnisse in den benachbarten Territorien ausgeübt haben 1 0 9 . 2. Bei der Gestaltung der Kirchenverfassung hatten die Ordnung und Organisation des Predigtamts den Vorrang. Daneben bestand ein Bedürfnis nach einer institutionellen Sicherung der Disziplinar- und Ehegerichtsbarkeit. Die ersten Ansätze zur Regelung des kirchlichen Lebens 104 Vgl. Walter SOHM, Territorium und Reformation in der hessischen Geschichte, 1526—1555, Marburg 1915. 105 LIERMANN, Kirchenrecht, S. 144 f.; — Karl HEUSSI, Kompendium der Kirchengeschichte, 12. Aufl., Tübingen 1960, § 7 8 c und e (S. 296). 106 LIERMANN, Kirchenrecht, S. 145; WOLF, Ordnung, S. 375. 107 GRUNDMANN, in Vhlg. LS. EKKW, III, L.o. (1959), S. 45 f. (46), weist auf die „Doppelschichtigkeit des Staatskirchenrechts" hin, das spätestens seit 1555 in eine reichskirchenrechtliche, die Kirchenspaltung ignorierende, und eine territorialkirchenrechtliche, auf der Spaltung der Religion aufbauende Schicht zerfallen sei; — vgl. auch WOLF, Ordnung, S. 389. 108 Ludwig Aemilius RICHTER, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts, l.Aufl., Leipzig 1842, S. 89; — G.Ludwig BÜFF, Kurhessisches Kirchenrecht, bearbeitet mit Rücksicht auf Ledderhose und Pfeiffer, Kassel 1 8 6 1 , S. 2 7 ff., ( 2 9 ) . 109 Joan CURTZE, Geschichte der evangelischen Kirchenverfassung im Fürstentum Waldeck, Arolsen 1850, S. 46 f., Anm. 1; — F. W. HASSENCAMP, Hessische Kirchengeschichte seit dem Zeitalter der Reformation, Marburg 1855, Bd. 1, S. 298.

21 zeigten sich in landesherrlichen Aufsichtsmaßnahmen, der Einrichtung kirchlicher Visitationen, die die Wiederherstellung einer kirchlichen Verw a l t u n g zum Ziel hatten. A n die verwaltungsmäßigen A n o r d n u n g e n schlössen sich die gesetzgeberischen Akte zur O r d n u n g des gesamten kirchlichen Lebens mit dem landesherrlichen E r l a ß von Kirchenordnungen an. a) W ä h r e n d in nahezu allen Gebieten lutherischer Landesherren die Visitationskommissionen durch ständige kirchenregimentliche Organe, die Konsistorien, abgelöst w u r d e n , setzte sich die Konsistorialverfassung 1 1 0 beim kirchlichen A u f b a u in der Landgrafschaft Hessen zunächst nicht durch. In Hessen w u r d e die Organisation der Kirche mit der Berufung der H o m b e r g e r Synode im O k t o b e r 1526 durch den L a n d g r a f e n Philipp eingeleitet. A n der Leitung des Kirchenwesens sollte ein synodales O r g a n , das sich aus Geistlichen u n d Vertretern der Gemeinden zusammensetzte 1 1 1 , beteiligt sein. I n der Verbindung synodaler u n d episkopaler Verfassungselemente 1 1 2 äußerte sich eine Ordnungsvorstellung, die auch in der äußeren Gestalt der Kirche die reformatorische Substanz des Kirchenbegriffs, die personale Beziehung des einzelnen zur Gemeinschaft der Gläubigen, zu erhalten versuchte. D e r geistliche A u f t r a g u n d das institutionalisierte H a n d e l n der Kirche standen nicht beziehungslos nebeneinander, so d a ß ein begrenztes eigenständiges kirchliches Wirken ermöglicht wurde. Ansätze f ü r eine rechtliche F o r m u n g des kirchlichen Lebens enthielt nach den Polizeiordnungen von 1524 u n d 1526 113 vor allem die R e f o r mationsordnung der H o m b e r g e r Synode (Reformatio ecclesiarum H a s siae) v o m 20. O k t o b e r 1526 114 , die jedoch nicht verwirklicht wurde. Bis 110

Vorbild war die kursächsisdie Kirchenvisitation, die zum ersten Male

1 5 2 6 v e r s u c h s w e i s e d u r c h g e f ü h r t w u r d e ; — RIEKER, a. a. O . , S. 1 4 6 f f . ; — WOLF,

Ordnung, S. 377. 111 Hans-Erich HESS, Die Synode als Organ kirchlicher Leitung, in KiZ, XV. Jg. (1960), S. 86 ff. (87). Die weitere Entwicklung des Synodalwesens führte jedoch auch in Hessen zur Bildung von Geistlichkeitssynoden, an denen die Vertreter der Gemeinden nicht mehr teilnahmen; — vgl. Gotthard Viktor LECHLER, Geschichte der Presbyterial- und Synodalverfassung seit der Reform a t i o n , L e i d e n 1 8 5 4 , S. 1 4 f f - , 1 2 5 ; — RIEKER, a. a. O . , S. 1 8 0 ; — WOLF, O r d -

nung, S. 366. 112

J u l i u s FRIEDRICH, i n : K a r l EGER / J u l i u s FRIEDRICH, K i r c h e n r e c h t

der

evangelischen Kirche im Großherzogtum Hessen, Bd. 1, Darmstadt 1914, S. 4 6 ; — BÜFF, a. a. O . , S. 4 4 . 113 Sammlung der Fürstlich-Hessischen Landesordnungen, 3 Bde., Cassel 1767/1777, Bd. 1, S. 49 ff. 114 Text bei Aemilius Ludwig RICHTER, Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, 2 Bde., Weimar 1846, Bd. 1, S. 56ff.; — Karl August CREDNER, Philipps des Großmütigen Hessische Kirchenreformationsordnung,

G i e ß e n 1 8 5 2 , S. 1 f f . ; HASSENCAMP, Kirchengeschichte, B d . 1; — RIEKER, a. a. O . ,

22 z u m E n d e der Regierungszeit Philipps des Großmütigen ( 1 5 6 7 ) w u r d e die kirchliche Verfassungsordnung durch zahlreiche gesetzgeberische A k t e 1 1 5 zu einem vorläufigen Abschluß gebracht. Sie w u r d e beherrscht v o n synodalen und episkopalen O r d n u n g s faktoren. D i e Beratung und Entscheidung über kirchliche Angelegenheiten oblag der Generalsynode 1 1 6 , die als Repräsentation der hessischen Kirche angesehen w u r d e 1 1 7 . D e m Landesherrn w a r die Bestätigung der synodalen Beschlüsse vorbehalten. A u ß e r d e m w u r d e das landesherrliche Kirchenregiment w i r k s a m bei der Besetzung der geistlichen Regierungsorgane, der behördlichen Beaufsichtigung der kirchlichen O r d n u n g und der Teilnahme an den Verhandlungen der Synode. Die E h e - und die Disziplinargerichtsbarkeit der Geistlichen fiel in die Zuständigkeit des Hofgerichts. Die episkopal-synodale Verfassungsordnung, die eine gewisse, wenn auch begrenzte kirchliche Handlungsfreiheit erlaubte 1 1 8 , w u r d e von der Teilung der Landgrafschaft im J a h r e 1 5 6 7 1 1 9 zunächst nicht berührt. Die S. 75 f f . ; — J . FRIEDRICH, Luther und die Kirchenverfassung der Reformatio ecclesiaeHassiae, Darmstadt 1884; — ders., Kirchenrecht, S. 19 ff.; — Gertrud SCHWANHÄUSSER, Das Gesetzgebungsrecht der evangelischen Kirche unter dem Einfluß des landesherrlichen Kirchenregiments im 16. Jahrhundert, J u r . Diss. München 1957, S. 79 ff. 1 1 5 Vgl. J.FRIEDRICH, Kirchenredit, S. 33 ff.; — Hervorzuheben sind (bei RICHTER, Kirchenordnungen, teilweise nur im Auszug): die Kastenordnungen von 1527 und 1530, die Einsetzung der Superintendenten 1531, die Homberger Kirchenenordnung 1532 (RICHTER, Bd. 1, S. 162 ff.), die hessische Kastenordnung 1533 (S. 212), die Wahl-, Visitations- und Synodalordnung von 1537, die Presbyterial- und Kirdienzuditordnung (Ziegenhainer Zuchtordnung) 1539 (Bd. 1, S. 290 ff), die Kirchenordnung von 1557 (Bd. 2, S. 503 ff.) und die Kirchenordnung von 1566, die eine Zusammenfassung der bisherigen Rechtsquellen brachte (Bd. 2, S. 289 ff.). 116

V g l . RIEKER, a . a . O . , S. 1 8 0 f f . ; —

E m i l FRIEDBERG, D i e g e l t e n d e n

Ver-

fassungsgesetze der deutschen evangelischen Landeskirchen, Bd. I, Freiburg 1885, S. 271 ff. (273); — J . FRIEDRICH, Kirdienredit, S. 4 2 ; — Emil Büchler, D e r Staatszuschuß an die evangelische Landeskirche in Hessen und die Rechtsgrundlage der ihn bildenden Einzelleistungen, J u r . Diss. Gießen 1926, S. 29. 117

B Ü C H L E R , a. a. O . , S . 2 9 .

Die kirchliche Selbständigkeit wurde in der Obergrafsdiaft Darmstadt ergänzt durch ein besonderes Organ kirchlicher Selbstverwaltung: das Definitorium, das für die gesamte Leitung der innerkirdilichen Angelegenheiten (Prüfung der Pfarramtskandidaten, Besetzung der Pfarrstellen, Organisation des Schulwesens, Ausübung der Disziplinargewalt, Leitung und Vertretung der Diözesansynoden) zuständig war. Es handelte sich dabei um ein kollegiales Organ mit beratenden und beschließenden Aufgaben. Vgl. Wilhelm DIEHL, Die alten hessischen Definitorialordnungen und das Definitorium der Obergrafschaft, in: D Z K R . , 3. F., Bd. 9 (1899), S. 45 ff., 218 ff.; — FRIEDRICH, Kirchen118

r e d i t , S. 6 3 f f . ; — BÜCHLER, a. a. O . , S. 3 3 f . 119

Vgl. oben S. 5.

23 G e n e r a l s y n o d e n 1 2 0 übten bis 1 5 8 2 ihre gesetzgeberische u n d b e r a t e n d e F u n k t i o n aus 1 2 1 . E r s t der eintretende B e k e n n t n i s s t r e i t 1 2 2 zerstörte die kirchliche E i n h e i t Hessens u n d w u r d e z u m A n l a ß einer tiefgreifenden U m g e s t a l t u n g der kirchlichen V e r f a s s u n g . b ) W e n i g e r ausgeprägt w a r e n die A n s ä t z e kirchlicher S e l b s t ä n d i g k e i t in der Verfassungsentwicklung der evangelischen K i r c h e in den nassauischen T e r r i t o r i e n 1 2 3 . D i e E r r i c h t u n g der kirchlichen O r g a n i s a t i o n setzte auch in diesen L ä n d e r n m i t der V i s i t a t i o n s t ä t i g k e i t u n d der Bestellung v o n S u p e r i n t e n d e n t e n ein. I n N a s s a u - W e i l b u r g 1 2 4 , w o die R e f o r m a t i o n m i t dem E r l a ß einer K i r c h e n o r d n u n g im J a h r e 1 5 3 3 1 2 5 zum Abschluß k a m , begünstigte das straff geleitete landesherrliche K i r c h e n r e g i m e n t die E i n f ü h r u n g der K o n sistorialverfassung. D i e geistlichen S y n o d e n besaßen k e i n e echten M i t wirkungsrechte an den kirchenregimentlichen O b l i e g e n h e i t e n , sondern w a r e n B e s t a n d t e i l e eines weitreichenden Aufsichtswesens. A b w e i c h e n d entwickelte sich das evangelische Kirchenwesen in N a s s a u - D i l l e n b u r g 1 2 6 . I n den landesherrlich erlassenen K i r c h e n o r d n u n g e n v o n 15 3 2 1 2 7 , 15 3 3 1 2 8 u n d 1 5 3 6 1 2 9 f a n d der kirchliche A u f b a u seine gesetzliche 1 2 0 Heinrich HEPPE, Geschichte der hessischen Generalsynoden von 1568 bis 1582, Kassel 1847/1848. 1 2 1 Hessische Reformation von 1572 (RICHTER, Kirchenordnungen, Bd. 2, S. 348 ff.) und Hessische Agende von 1574 (RICHTER, a. a. O., Bd. 2, S. 393 ff.); —

v g l . B Ü F F , a. a . O . , S . 5 1 ff.; — F R I E D R I C H , K i r c h e n r e c h t , S . 5 2 f f .

122 Wilhelm EBERT, Die Geschichte der evangelischen Kirche in Kurhessen von der Reformation bis auf die neueste Zeit, Kassel 1860, S. 151 ff.; HEPPE, Kirchengeschichte beider Hessen, 2 Bde., Marburg 1876, Bd. 1, S. 455 ff., — vgl. auch MAURER, Bekenntnisstand und Bekenntnisentwicklung in Hessen, Gütersloh 1955, S. 45 ff. 123

V g l . F R I E D B E R G , V e r f a s s u n g s g e s e t z e , S . 2 3 0 f f . ; — SCHOEN,

Kirchenrecht,

S . 1 0 3 ff.; — B R E D T , K i r c h e n r e c h t , B d . 1 , S . 5 1 1 ff. 1 2 4 Nikolaus Gottfried EICHHOFF, Die Kirchenreformation in Nassau-Weilburg im 16. Jahrhundert, Weilburg 1832. 1 2 5 Die Kirchenordnung wurde 1553, 1573, 1609 und 1617 revidiert und neu publiziert. (Einen Auszug aus der Kirchenordnung von 1617 geben J . J . SCOTTI, Sammlung der Gesetze und Verordnungen, welche in den v o r m a l i g e n . . . NassauWeilburgschen . . . Landesgebieten . . . ergangen sind, Düsseldorf 1836, S. 1423 ff., und Heinrich Friedrich JACOBSON, Geschichte der Quellen des Kirchenrechts des Preußischen Staates, Rheinland und Westfalen, Königsberg 1844, Urkundensammlung, S. 563 ff.) — Vgl. auch JACOBSON, Geschichte, S. 624 ff. 1 2 6 Vgl. Johann Herrmann STEUBING, Nassauische Kirchen- und R e f o r mationsgesdiichte, Hadamar 1804. 1 2 7 T e x t bei RICHTER, Kirchenordnungen, Bd. 1, S. 173 ff. 128 y o r d e r Kirchenordnung von 1536 war seit 1533 die Nürnberger Kirchenordnung von 1533 (Text bei Emil SEHLING, Die evangelischen Kirchenordnungen des X V I . Jahrhunderts, Bd. X I , Bayern, I. Teil: Franken [1961], S. 140 ff.) in Kraft. 1 2 9 T e x t bei RICHTER, Kirchenordnungen, Bd. 1, S. 277 ff.

24 Legitimation. Die synodalen Elemente der Kirchenverfassung vermochten sich jedoch wegen des erstarkenden landesherrlichen Kirchenregiments nicht zu entfalten. Bereits seit 1569 lagen die oberste Kirchenverwaltung und die Ehegerichtsbarkeit bei der gräflichen Kanzlei. Eine vorübergehende Belebung der synodalen Ordnung bedeutete die Einführung reformierter Verfassungsgrundsätze 130 , insbesondere der Kirchenordnung der Niederländischen Generalsynode zu Middelburg (1581), deren Übernahme für Nassau-Dillenburg, Solms und Wied auf einer von Geistlichen dieser Länder gemeinsam zu Herborn gehaltenen Synode im Jahre 1586 beschlossen wurde 131 . Das landesherrliche Kirchenregiment wurde von dieser Veränderung des Kirchenwesens aber nur unwesentlich berührt. c) Einen episkopalen-synodalen Charakter trug die Verfassung des evangelischen Kirchentums in der Grafschaft Waldeck 132 , die in der Kirchenordnung von 1556133 eine rechtliche Grundlage besaß. Das landesherrliche Kirchenregiment beschränkte sich auf die Ausübung der obersten Regierungs- und Verwaltungsbefugnisse 134 , ferner der Ehegerichtsbarkeit durch die landesherrliche Kanzlei. Eine ausgeprägte Synodalorganisation 135 hatte die Leitung der übrigen kirchlichen Angelegenheiten inne 136 . Damit war eine weitgehend unabhängige Erledigung der kirchlichen Aufgaben durch eigene kirchliche Organe gewährleistet. d) Dagegen war das ratsherrliche Kirchenregiment der freien Reichsstadt Frankfurt a. M. 137 mit nahezu uneingeschränkten Befugnissen aus130 1 581 wurde die kurpfälzische Kirchenordnung (1563) eingeführt (Text ohne Heidelberger Katechismus bei RICHTER, Kirchenordnungen, Bd. 2, S. 257 ff.). 131 RICHTER, Geschichte der evangelischen Kirchenverfasssung in Deutschland, Leipzig 1851, S. 181; — JACOBSON, Geschichte, S. 662; (Text der Beschlüsse der Herborner Synode bei Wilhelm NIESEL, Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen der nach Gottes Wort reformierten Kirche, München 1938, S. 290 ff., und bei Paul JACOBS, Reformierte Bekenntnisschriften und Kirchenordnungen in deutscher Übersetzung, Neukirchen 1949, S. 267 ff.). 132 CURTZE, Geschichte der evangelischen Kirchenverfassung im Fürstentum Waldeck, Arolsen 1850; — FRIEDBERG, Verfassungsgesetze, S. 831 ff.; — RIEKER, a. a. O., S . 185 ff. 133 Text bei RICHTER, Kirchenordnungen, Bd. 2, S. 169 ff.; — vgl. auch CURTZE, a. a. O., Anhang: Urkundensammlung zur Verfassungsentwicklung der Waldeckschen Kirche, S. 156 ff. 134

CURTZE, a . a . O . , S. 8 9 f .

135

Diese Pfarrsynoden traten teils als partikuläre (1541 und 1542), teils als Landessynoden (so 1532) zusammen. 136

137

CURTZE, a. a. O . , S. 8 9 f . ( 9 0 ) .

In Frankfurt a. M. hatte die lutherische Konfession eine beherrschende Stellung. Den aus Frankreich und England eingewanderten reformierten Gemeinden (vgl. LECHLER, a. a. O., S. 62 f.) war die Beibehaltung ihrer Kirchenorganisation zwar erlaubt, die freie Religionsausübung jedoch verboten

25 gestattet 188 . Es beaufsichtigte nicht nur das kirchliche Leben, soweit das nach zeitgemäßem Verständnis im Interesse der städtischen Ordnung notwendig gewesen wäre, sondern griff mit verbindlichen Anordnungen in Lehre und Kultus der evangelischen Gemeinde ein 139 . Trotzdem wurden die spezifisch kirchlichen Lebensäußerungen in dem Zwang behördlicher Maßnahmen nicht erstickt. Wie in einigen anderen protestantischen Städten Deutschlands bildeten die evangelischen Geistlichen in Frankfurt um das Jahr 15 30 1 4 0 eine korporative Versammlung, das Predigerministerium 141 . Die Gemeinschaft der Prediger hatte in den bestehenden Kirchenverfassung keine behördliche Stellung und übte keine kirchenregimentlichen Befugnisse aus 142 . Das Predigerministerium verdankt seine Entstehung der Erfahrung, daß ein weltliches Kirchenregiment zur rechten Wahrnehmung seiner Aufgaben der geistlichen Mitwirkung bedurfte. Durch gutachtliche Stellungnahmen, die auf Wunsch des Kirchenregiments erteilt wurden, durch Kundgabe geistlicher Bitten und Meinungen nahm es an der kirchlichen Gesetzgebung und Verwaltung teil 1 4 3 . Es entwickelte sich, wie Wolf feststellt 144 , „ein weiterer Ansatz zu (FRIEDBERG, Verfassungsgesetze, S. 2 5 5 ff. [ 2 5 6 ] ; H e r m a n n DECHENT, K i r c h e n geschichte v o n F r a n k f u r t a. M . seit der R e f o r m a t i o n , Leipzig / F r a n k f u r t a. M . , B d . 1 : 1 9 1 3 , B d . 2 : 1921.) 1 3 9 R e c h t s g r u n d l a g e w a r die F r a n k f u r t e r K i r c h e n o r d n u n g v o n 1530 (Text bei RICHTER, Kirchenordnungen, B d . 1, S. 140 ff.). — V g l . C a r l Christian BECKER, B e i t r ä g e zu der Kirchengeschichte der evangelisch-lutherischen G e m e i n d e zu F r a n k f u r t a. M., F r a n k f u r t a. M . 1 8 5 2 ; — E r n s t TROMMERSHAUSEN, B e i t r a g z u r Geschichte des landesherrlichen K i r c h e n r e g i m e n t s in den evangelischen G e m e i n d e n zu F r a n k f u r t a m M a i n . Wissenschaftliche Beilage zu dem P r o g r a m m des L e s s i n g - G y m n a s i u m s in F r a n k f u r t a. M . , F r a n k f u r t a. M . 1897, S. 1 6 f f . ; — SCHOEN, K i r c h e n r e d i t , S. 121 ff.; — R i c h a r d GRABAU, Das evangelisdi-lutherische P r e d i g e r - M i n i s t e r i u m der S t a d t F r a n k f u r t a. M., F r a n k f u r t

a . M . 1 9 1 3 , S . 1 ff.; —

B R E D T , K i r c h e n r e c h t , B d . 1 , S . 5 2 2 ff.

TROMMERSHAUSEN, a. a. O . , S. 3 0 . — Ähnlich verlief auch die E n t w i c k l u n g der evangelischen Gemeindeverfassung in der Reichsstadt W e t z l a r (vgl. ROSENKRANZ, a . a . O . , B d . 1, S. 6 8 9 f.). D i e konfessionelle S i t u a t i o n zeigte die B e s o n derheit, daß seit 1561 die konfessionelle Geschlossenheit der S t a d t aufgegeben war. E i n Vergleich zwischen d e m K a p i t e l des D o m s t i f t s und der Stadt, der auf der G r u n d l a g e des A u g s b u r g e r Religionsfriedens zustande k a m , e r l a u b t e das N e b e n e i n a n d e r b e s t e h e n des katholischen und evangelischen Bekenntnisses (vgl. ROSENKRANZ, A b r i ß — S o n d e r d r u c k — , S. 2 3 ; — JACOBSON, D a s evangelische Kirchenrecht des Preußischen Staates u n d seiner P r o v i n z e n , 1. A b t i g . , H a l l e 1864, S. 9 1 ) . 139

140

G R A B A U , a . a . O . , S . 1 1 ff.

141

SCHOEN, K i r c h e n r e c h t , S . 2 6 2 ff.

142

GRABAU, a. a. O . , S. 9 2 ; —

FRIEDBERG, V e r f a s s u n g s g e s e t z e , S . 2 5 6 .

GRABAU, a. a. O . , S. 9 2 . — I m L a u f e der verfassungsgeschichtlichen E n t wicklung der S t a d t F r a n k f u r t a. M . ging der E i n f l u ß des P r e d i g e r m i n i s t e r i u m s 143

26 eigenständigen O r g a n e n lutherischer Kirchenverfassung", die es der Kirche ermöglichten, ihren Dienst an der W e l t und damit entsprechend den B e dingungen dieser Zeit ihren „Öffentlichkeitsauftrag" zu erfüllen. Auch in den übrigen Territorien des hessischen Raumes, die sich der R e f o r m a t i o n anschlössen, vollzog sich die Reorganisation des Kirchenwesens in Anlehnung an den T r ä g e r der politischen G e w a l t . D e r L a n d e s herr leitete den äußeren Kirchenaufbau und gab der neuentstandenen kirchlichen Organisation in den Kirchenordnungen 1 4 5 ein territorialgesetzliches F u n d a m e n t . 3. D e r weitere Ausbau der kirchlichen Organisation verlief auch in den hessischen Territorien unter dem Einfluß staatlicher O r d n u n g s v o r stellungen. Bereits a m Ausgang des 16. Jahrhunderts mehrte sich die T e n denz, die bisherige Organisation der kirchlichen Visitationstätigkeit durch ständige, zentralgeleitete kirchliche Verwaltungsbehörden zu ergänzen oder überhaupt zu ersetzen. N a c h kursächsischem V o r b i l d 1 4 6 wurden in der Folgezeit auf Geheiß der Landesherren Konsistorien 1 4 7 geschaffen 1 4 8 , allmählidi zurück. Das Recht, ohne vorherige Aufforderung Anträge zu stellen, wurde ihm aber erst durch Art. 24 der Gemeindeordnung vom 7. 2. 1857 (Text bei FRIEDBERG, Verfassungsgesetze, I, S. 266) genommen. Gemäß § 49 der Kirchengemeinde- und Synodalordnung der evangelischen Kirchengemeinschaften des Konsistorialbezirks Frankfurt a. M. vom 27. 9. 1899 (PrGS. 1899, S. 425) wurde das Predigerministerium verpflichtet, auf Veranlassung des K o n sistoriums Gutachten zu erstatten. — Vgl. GRABAU, a. a. O., S. 80 ff. WOLF, Ordnung, S. 381 f. (382). Die evangelischen Kirchenordnungen sind — zum Teil im Auszug — wiedergegeben in den Sammlungen von Heinrich Friedrich JACOBSON, Geschichte der Quellen des Kirchenrechts des Preußischen Staates, Rheinland und Westfalen, Urkundensammlung, Königsberg 1844; Ludwig Aemilius RICHTER, Die Evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts, 2 Bde., Weimar 1846, sowie in den bisher erschienenen Bänden der Sammlung von Emil SEHLING, Die evangelischen Kirchenordnungen des X V I . Jahrhunderts, Bd. 1 ff., Leipzig 1902 ff., ab Bd. V I fortgeführt vom Institut für evangelisches Kirchenrecht der Evangelischen Kirche in Deutschland zu Göttingen, Tübingen 1955 ff. 144

145

1 4 6 Das erste Konsistorium wurde 1539 in Wittenberg für den Kurkreis und den Torgauer Kreis geschaffen; die Wittenberger Konsistorialordnung von 1542 (Text bei RICHTER, Kirchenordnungen, Bd. 1, S. 368 ff.) wurde mangels landesherrlicher Bestätigung nicht in Kraft gesetzt; — vgl. RIEKER, a. a. O., S. 160 ff. 147

382

Vgl.

LIERMANN,

Kirchenrecht,

S. 1 4 8 f . ;



WOLF,

Ordnung,

S. 3 7 9 f . ,

f.

1 4 8 Nassau-Dillenburg (1575), Hessen-Kassel (1610), Nassau-Weilburg (1617), Hessen-Darmstadt (1638), Waldeck (1676—1680) und Frankfurt a. M. (1728); nach der Wiedervereinigung der nassau-oranischen Länder (1739—1742) wurde in Dillenburg ein Oberkonsistorium eingerichtet. — Vgl. ferner Carl Wilhelm KÖHLER, Handbuch der kirchlichen Gesetzgebung des Großherzogtums Hessen, 2 Bde., Darmstadt 1847, Bd. 1, S. 23 ff.; — FRIEDBERG, Verfassungsgesetze, S. 508, Fußn. 6.

27 die mit der Wahrnehmung kirchenregimentlicher Aufgaben betraut wurden. Ihr Geschäftskreis umfaßte die geistliche Gerichtsbarkeit und die kirchliche Verwaltung 1 4 9 . D a s Ziel der Verwaltungsneuordnung bestand nicht darin, eine Vermischung der staatlichen und kirchlichen Organisation herbeizuführen und die Führung des Kirchenregiments durch staatliche Behörden zu sanktionieren 1 5 0 . Die Einrichtung besonderer kirchlicher Verwaltungsorgane sollte vielmehr einer sachgerechten Abgrenzung der politischen und kirchlichen Anlegenheiten im Rahmen der landesherrlichen Zentralverwaltung dienen. D i e Auswirkungen der Verwaltungsreform waren in den einzelnen Territorien unterschiedlich. Sie waren abhängig von der jeweiligen kirchlichen Verfassungslage vor der Einführung des Konsistorialprinzips. In den Territorien, in denen die Selbständigkeit des kirchlichen Handelns auch in verwaltungstechnischer Hinsicht einen Niederschlag gefunden hatte, bedeutete die Einsetzung landesherrlicher Behörden mit kirchlichem Kompetenzbereich eine Minderung der kirchlichen Eigenständigkeit 1 5 1 . In anderen Territorien führte die landesherrliche Kanzlei das Kirchenregiment. Die Scheidung der kirchlichen Verwaltung von der allgemeinen politischen Administration hatte in diesen Ländern vorübergehend eine Stärkung des kirchlichen Einflusses in den eigenen, geistlichen Angelegenheiten zur Folge 1 5 2 .

II. Landes- und

Staatskirchentum

1. Die politische Entwicklung von der ständestaatlichen Ordnung zum absolutistischen Territorialstaat bestimmte im 17. und 18. Jahrhundert das Verhältnis von Staat und Kirche. Im Zeichen dieser allgemeinen geschichtlichen Bewegung nahm die Gestaltung der kirchlichen Ordnung in den hessischen Territorien einen gleichförmigen Verlauf. Die Staatsgewalt, die nach der absolutistischen Staatsauffassung die Souveränitäts149 Emil SEHLING, Geschichte der protestantischen Kirchenverfassung, 2. A u f l . , L e i p z i g 1914, S. 14FF. (18); — LIERMANN, Kirchenrecht, S. 148 ff. 150

RIEKER, a . a . O . , S. 168.

In H e s s e n - D a r m s t a d t , w o die O r g a n i s a t i o n des Kirchenwesens auf einer weitreichenden Selbständigkeit b e r u h t e , w i r k t e sich die E i n r i c h t u n g zentraler K i r d i e n b e h ö r d e n schwächend auf die kirchliche S e l b s t v e r w a l t u n g aus. — Vgl. Wilhelm DIEHL, D i e alten hessischen D e f i n i t o r i a l o r d n u n g e n u n d das D e f i n i t o r i u m der O b e r g r a f s c h a f t , in: D Z K R . , 3. F., B d . 9 (1899), S. 4 5 f f . , 218 ff.; — ders., D i e B e d e u t u n g der beiden D e f i n i t o r i a l o r d n u n g e n v o n 1628 u n d 1743 f ü r die Geschichte des D a r m s t ä d t e r D e f i n i t o r i u m s , in F e s t g r u ß f ü r B e r n h a r d STADE, Gießen 1900, S. 253 ff.; — FRIEDRICH, Kirchenrecht, S. 7 7 f f . (79); BÜCHLER, a. a. O., S. 48 ff. 151

1 5 2 F ü r Hessen-Kassel v g l . BÜFF, a . a . O . , S. 6 6 ; — d a z u WOLF, O r d n u n g , S. 382 f.

28 rechte beanspruchte, bezog die Kirche in den Staatsaufbau ein. Die Existenz autonomer Verbandseinheiten war auf politischem wie auf kirchlichem Gebiet ausgeschlossen. In ihrer geistigen Prägung und Zweckbestimmung unterschied sich die territorialstaatliche Ordnung von der mittelalterlichen Reichsauffassung. Der „weltanschauliche Säkularisationsprozeß des Humanismus und der Aufklärung 1 5 3 " hatte dem Territorialstaat den geistlich-weltlichen Charakter genommen, den das mittelalterliche Reich aufgewiesen hatte. Der Partikularstaat begriff sich nicht mehr als geistlich-weltliche Einheit, sondern als ein ausschließlich politisches Gemeinwesen, das seine Entstehung dem freien gesellschaftsvertraglichen Zusammenschluß seiner Bürger verdankt. Das religiös-indifferente Staatswesen ordnete den kirchlichen Bereich seinen säkularen Zielen unter. Die Kirche wurde als Anstalt, die im Staatsinteresse für die religiöse und sittliche Erziehung der Bürger zu sorgen hatte, in die Staatsorganisation eingegliedert 154 . Der Landesherr erwarb die Stellung „eines obersten Aufsichtsorgans (summus episcopus) der gesamten Kirchenverfassung 1 5 5 ". Er übte seine kirchenrechtlichen Befugnisse nicht mehr auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Kirche als hervorragendes Glied (praecipuum membrum ecclesiae), sondern kraft seiner Landeshoheit aus 156 . Seine Sorge für die Kirche war nicht Ausdruck einer besonderen Verantwortung für die Gemeinde Jesu Christi, denn sie gründete in den politischen Zielsetzungen der Staatsgewalt. 2. Die Unterwerfung der Kirche unter die schrankenlose Machtfülle des Staates schränkte den kirchlichen Wirkungskreis in den hessischen Territorien weiter ein. Die verantwortliche Zuständigkeit kirchlicher Institutionen und geistlicher Amtsträger in kirchlichen Angelegenheiten wurde beseitigt 157 . Die Konsistorien, die in der landesherrlichen VerwalGRUND MANN, in: Vhlg. LS. E K K W , III, l.o. (1959), S. 46. RIEKER, a. a. O., S. 2 4 8 f . ; — GRUNDMANN, in: Vhlg. LS. E K K W , III, l.o. (1959), S. 4 7 ; — In Preußen fand die Einordnung der Kirche in das Staatsgefüge einen positiv-rechtlichen Niederschlag im Allgemeinen Landrecht (1794), vgl. § 13 T. II, Tit. 11 (Text bei Adolph HECKERT, Handbuch der kirchlichen Gesetzgebung Preußens, Berlin 1846, Bd. 1, S. 5). 153 154

155

W O L F , O r d n u n g , S. 3 8 3 .

Der Wandel im staatskirchenrechtlichen Denken spiegelt sich in den von der älteren reformatorischen Kirchenrechtslehre entwickelten Begriffen des Episkopalismus und des Territorialismus wider; — vgl. Martin HECKEL, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Z R G (C) X L I I (1956), S. 117ff. und Z R G (C) X L I I I (1957), S. 2 0 2 f f . ; — WOLF, Ordnung, S. 386. 1 5 7 In Hessen-Darmstadt wurden die Superintendenten nach dem Fortfall der Generalsynoden landesherrliche Beamte. Mit der Zunahme des staatlichen Einflusses auf die Leitung der Kirche ging die Bedeutung der Definitorien zurück. Ihre Zuständigkeit erstreckte sich schließlich nur noch auf die Prüfung 156

29 tungsorganisation im Gegensatz zu den übrigen Behörden gegenüber Weisungen des Landesherrn ein größeres M a ß an Selbständigkeit besaßen, verloren mit der Einordnung in die staatliche Verwaltung ihren „korporativ-selbständigen C h a r a k t e r 1 5 8 " und wurden zu Ministerialbehörden mit teilweise geistlichen Aufgaben 1 5 9 . Als weltliche Verwaltungsbehörden waren sie an die politischen Weisungen der obersten Staatsführung gebunden. 3. Z w a r wurde in den hessischen Territorien durch die Gebietsveränderungen in den Jahren 1 8 0 3 — 1 8 1 9 die Neuordnung der gesamten Staatsverwaltung erforderlich, die Neugliederung der kirchlichen O r g a nisation 1 6 0 stand jedoch im Zeichen der Fortsetzung einer territorialistischen Kirchenpolitik 1 6 1 . Im Interesse der Stärkung der Staatsgewalt wurden die kirchlichen Institutionen ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entfremdet 1 6 2 . Teilweise wurden die Konsistorien überhaupt aufder Pfarramtskandidaten. An die Stelle des Definitorialsystems trat mit der Errichtung der Konsistorien, des Metropolitanats und der Amtskirchenkonvente eine zentralgeleitete, vertikal gegliederte kirchliche Verwaltungsorganisation. — Vgl. Karl KÖHLER, Kirchenrecht, S. 22; — FRIEDRICH, Kirchenrecht, S. 81 ff.; — BÜCHLER, a . a . O . , S. 40 ff. — Eine relativ unabhängige Stellung behielt die evangelische Kirche in Waldeck, wo die Synode bis zum Jahre 1800 in geistlichen Angelegenheiten mitwirkte; — CURTZE, a. a. O., S. 130. 158

WOLF, O r d n u n g , S. 3 8 3 .

159

FRIEDRICH, K i r c h e n r e c h t , S. 85.

160

Zu Hessen-Darmstadt vgl. Carl Wilhelm KÖHLER, Handbuch, Bd. 1,

S. 2 2 ff.; — FRIEDBERG, Verfassungsgesetze, S. 5 0 8 f . ; — FRIEDRICH, K i r c h e n r e c h t ,

S. 88 f.; — BÜCHLER, a. a. O., S. 53 f.; — zur Entwicklung im Großherzogtum F r a n k f u r t vgl. TROMMERSHAUSEN, a. a. O . , S. 4 1 .

1 6 1 Art. 40 der Verfassung des Großherzogtums Hessen vom 17.12.1820 (Hess. RegBl. 1820, S. 535 — Text bei Karl Heinrich Ludwig POHLITZ, fortgesetzt von Friedrich BÜLAU, Die Verfassungen des teutschen Staatenbundes seit dem Jahre 1789 bis auf die neueste Zeit, 4 Bde., Leipzig 1832—1847, Bd. 2, S. 669ff.) bestimmte: „Verordnungen der Kirchengewalt können ohne vorgängige Einsicht und Genehmigung des Großherzogs weder verkündet noch vollzogen werden." — Durch das Edikt, die Organisation der Behörden für die evangelischen Kirchenangelegenheiten betreffend, vom 6 . 6 . 1832 (Hess. RegBl. 1832, S. 387 — Text bei PÖLITZ/BÜLAU, Bd. 2, S. 690 ff.) wurde die evangelische Kirchenverwaltung ohne Rücksicht auf bestehende Bekenntnisunterschiede auf ein Oberkonsistorium übertragen (Art. 2 cit), das dem Ministerium des Innern und der Justiz unterstellt war. Als Organe des Oberkonsistoriums wurden drei Provinzialsuperintendenten tätig (Art. 8 ff. cit). 162 Die kirchlichen Behörden wirkten bei staatlichen Maßnahmen in den Bereichen der Rechtspflege, der öffentlichen Sittlichkeit, des Schulwesens, des öffentlichen Wohlfahrtswesens (Armen- und Waisenpflege), der Gesundheitsfürsorge und des Personenstandswesens mit; — vgl. Wilhelm OTTO, Handbuch des besonderen Kirchenrechts der evangelisch-christlichen Kirche im Herzogtum Nassau, Nürnberg 1828, S. 1 ff.

30 gehoben und staatliche Behörden mit kirchlichen Leistungsaufgaben beauftragt 1 6 3 . Die evangelische Kirche wurde in den neukonstituierten Bundesstaaten zur Staatskirche. In der Praxis der staatlichen Kirchenpolitik fand auch nach 1815 der Unterschied zwischen den staatskirchenrechtlichen Aufsichtsrechten und den Rechten der Kirchenleitung in geistlichen Angelegenheiten zunächst kaum Beachtung 1 6 4 1 6 5 . Das landesherrliche Kirchenregiment galt auch weiterhin als Bestandteil der staatlichen Souveränität 1 6 6 . Seine beherrschende Stellung wurde beispielhaft deutlich bei der H e r stellung der Bekenntnisunion in den evangelischen Landeskirchen 1 8 7 . 163 Im Kurfürstentum Hessen-Kassel wurde mit dem Erlaß des Organisationsedikts vom 29. 6.1821 (Kurhess. GS. 1821, S. 28 — Text bei PÖLITZ/BÜLAU, a . a . O . , Bd. 1, S. 573 ff.) das Konsistorium als kirchliche Landesbehörde durch drei Provinzialkonsistorien ersetzt, die als regionale Verwaltungsbehörden der zentralen Leitung des Ministeriums des Innern unterstellt waren. Die konfessionellen Verhältnisse wurden bei dieser Verwaltungsreform nicht berücksichtigt. — Im Herzogtum Nassau wurde die Konsistorialverfassung durch Verordnung vom 9 . 1 1 1 . 9 . 1 8 1 5 (VOB1. Nassau 1815, S. 109 = Sammlung der landesherrlichen Edicte und anderer Verordnungen, welchen vom 1. Juli 1816 an im ganzen Umfange des Herzogtums Nassau Gesetzeskraft beigelegt worden ist, Bd. 1, S. 15) außer Kraft gesetzt und die Leitung des Kirchenwesens in die Zuständigkeit der Landesregierung überwiesen (vgl. OTTO, a . a . O . , S. 42 if.). Die beiden Generalsuperintendenten in Nassau und Weilburg wurden als korrespondierende Mitglieder der Landesregierung mit der Erledigung der kirchlichen Leitungsaufgaben betraut. Später wurden die Kompetenzen der Generalsuperintendenten in der Person eines Amtsträgers vereinigt. Dieser gehörte als kirchlidier Referent, seit 1827 mit bischöflichem Rang (Edikt vom 29. 12.1827, VOB1. Nassau 1828, S. 1), dem Regierungskollegium an. — Vgl. OTTO, a. a. O., S. 42ff.; — JACOBSON, Geschichte, S. 835 ff.; — FRIEDBERG, Verfassungsgesetze,

S. 2 3 3 ; — SCHOEN, K i r c h e n r e c h t , B d . 1, S. 108 f . ; — BREDT, K i r c h e n r e c h t , B d . 1, S.

514.

164 Friedrich F. FERTSCH, Handbuch des besonderen Kirchenrechts der evangelischen Kirche im Großherzogtum Hessen, Friedberg 1853, S. 20. 165 Eine Ausnahme bildete die staatskirchenrechtlidie Entwicklung in der freien Reichsstadt Frankfurt a. M. Gemäß Art. 35 der Konstitutions-Ergänzungs-Akte (Frankfurt/Main) vom 19.7. 1816 (Ges. Stat. Samml. Frankfurt a. M., I [1817], S. 1) wurde die institutionelle Trennung der kirchlichen und staatlichen Leitungsorgane, die nebengeordnet nur dem Träger der obersten Staatsgewalt und des Kirchenregiments, dem Senat, unterstanden, angeordnet. Auf Grund der Art. 36 und 37 cit. wurden in Frankfurt ein lutherisches und ein reformiertes Konsistorium (letzteres erst im Jahre 1820) geschaffen, die ausschließlich der Oberhoheit des Senats unterstellt waren. Vgl. TROMMERSHAUSEN, a. a. O., S. 42. le« § 134 s. 1 der kurhessischen Verfassung vom 5 . 1 . 1 8 3 1 bestätigte das Recht des Landesherrn zur mittelbaren Ausübung der kirchlichen Gewalt. 187 Eine Union kam zustande: 1817 in Nassau (vgl. C. G. FIRNHABER, Die Evangelisch-kirchliche Union in Nassau, ihre Entstehung und ihr Wesen, Wies-

31 4. N u r allmählich wirkte sich in der staatskirchenrechtlichen Entwicklung der hessischen Länder die gesetzliche Anerkennung der konfessionellen P a r i t ä t " 8 aus. Die Landesgesetzgebung sicherte in Erfüllung des Art. 16 der Deutschen Bundesakte v o m 8. J u n i 1815 1 6 9 die Gleichstellung der durch den Westfälischen Frieden 1 7 0 anerkannten Konfessionen in der öffentlichen Religionsausübung 1 7 1 . In der Kirchenpolitik des Staates, der sich gegenüber den verschiedenen Bekenntnissen auf seinem Territorium zu einer neutralen H a l t u n g veranlaßt sah, zeichnete sich die Tendenz ab, der evangelischen Landeskirche die Stellung einer v o m Staat privilegierten öffentlichen K o r p o r a t i o n 1 7 2 zu gewähren 1 7 3 . baden 1895) und in Preußen (vgl. Erich FOERSTER, Die Entstehung der Preußischen Landeskirche, 2 Bde., Tübingen 1905 und 1907), 1821 in Waldeck. Im Großherzogtum Hessen wurde die Union seit 1817 in einzelnen Gemeinden in Oberhessen und Starkenburg eingeführt (vgl. Karl KÖHLER, Kirchenrecht, S. 38 ff., FRIEDRICH, Kirchenrecht, S. 89, 159 ff.). In Kurhessen wurde die Union in den Gebieten Hanau und Fulda vollzogen (vgl. HEPPE, Kirchengeschichte, Bd. 2, S. 374 ff.; — Wilhelm MÜNSCHER, Versuch einer Geschichte der Hessischen reformierten Kirche, Kassel 1850, S. 218 f.). In Homburg wurde die Union erst durch das Unions-Statut für die bisherige evangelisch-lutherische und reformierte Gemeinde Homburg v. d. H. vom 7. 2.1901 (AKB1. 1901, S. 369) eingeführt. 168 VGL. Theodor MAUNZ, Toleranz und Parität im deutschen Staatsrecht, München 1953, S. 15; — Eckart BEULKE, Der Grundsatz der Parität der Kirchen im Staatskirchenrecht der Bundesrepublik Deutschland und seine Anwendung auf das Reichskonkordat vom 20. 7. 1933, Jur. Diss. Erlangen 1957, mit ausführlicher historischer Darstellung des Paritätsgrundsatzes; — ders., Bonner Grundgesetz und die Parität der Kirchen, in: ZevKR VI (1957), S. 127 ff. Text bei PÖLITZ/BÜLAU, a. a. O., Bd. 1, S. 10 ff. Art. V, § 1 IPO. 171 § 21 der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Hessen vom 17.12.1820 (Hess. RegBl. 1820, S. 535); — § 132 der Verfassungsurkunde für das Kurfürstentum Hessen vom 5. 1. 1831 (Kurhess. GS. 1831, S. 1); — Art. 35 der Konstitutions-Ergängzungs-Akte (Frankfurt/Main) vom 19.7.1816 (Ges. Stat. Samml. Frankfurt a. M., I [1817], S. 1). — Preußen hatte bereits in seinem Edikt, betreffend die Religionsverfassungen in den preußischen Staaten, vom 9. 7. 1788, § 1, die Gleichstellung des reformierten, lutherischen und römischkatholischen Bekenntnisses proklamiert (Wortlaut des § 1 bei HECKERT, Handbuch, S. 8). Die Grundgedanken des Edikts wurden in das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten vom 5.2. 1794 (T.II Titel 11 §§ 17ff.) übernommen. 172 Dieser Auffassung lag eine unter dem Einfluß der Aufklärung entstandene rationalistische Vorstellung zugrunde, daß die Entstehung der Kirche entsprechend dem Gründungsvorgang anderer menschlicher Gemeinwesen auf den Willensentsdiluß der Angehörigen eines Bekenntnisses zurückzuführen sei (vgl. WOLF, Ordnung, S. 395 f.). Die Betonung des Vertragsmoments und damit der menschlichen Willensentscheidung in der christlichen Gemeinde bedeutete die Gleichordnung der Kirche mit anderen menschlichen Verbänden. Sie führte 169

170

32 Die begriffliche Unterscheidung zwischen den Kollegialrechten der Kirchengesellschaft, der Kirchengewalt (iura in sacra), und den staatlichen Hoheitsrechten über die Kirche (iura circa sacra) trat in Erscheinung 1 7 4 . Die Grundsätze des Territorialismus bestimmten aber trotz des einsetzenden Wandels im staatskirchenrechtlichen Denken die Grenzen der Autonomie des kirchlichen Verbandes, der als Verwaltungsträger auch zum Verlust der geistlichen Substanz des Kirchenbegriffs. Die zwingende Anschauung von dem Stiftungscharakter der Kirche, die ihre Existenz von ihrem Herrn Jesus Christus herleitet, wurde von einem säkularisierten Kirchenbegriff verdrängt. „Die ecclesia spiritualis war zugunsten der sichtbaren, äußeren Erscheinungsform des geistlichen Kerns der Kirche preisgegeben und verloreng e g a n g e n . " (GRUNDMANN, i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , L.o. [ 1 9 5 9 ] , S . 4 8 ) . 173

Vgl.

OTTO,

a.a.O.,

S. 9 ff.;



BÜFF,

a.a.O.,

S.282f.;



FRIEDRICH,

Kirchenrecht, S. 91; — Carl Ernst HERLITZIUS, Der Begriff der kirchlichen Selbstverwaltung im deutschen Staatskirchenrecht des 19. Jahrhunderts, Jur. Diss. Köln 1932, S. 20ff.; — Willi STEIN, Die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, Jur. Diss. Köln 1955. — Preußen hatte im Allgemeinen Landrecht die öffentliche Korporationsstellung der Kirchen (T. II, 11, § 11 ALR) kodifiziert. Nach der Auffassung des Gesetzgebers wurde diese Rechtsqualität nicht der Kirche als Gesamtkorporation, sondern der „Kirchengesellschaft" als Gemeinde Verbindung beigelegt; dazu Paul HINSCHIUS, in: C.F.KOCH, Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten, 4. Bd., 8. Aufl., Berlin und Leipzig 1886, § 1 1 , Anm. 25. — Das ALR galt in den ehemals preußischen Gemeinden Neuseesen und Werleshausen (s. o.) vom 1. 4.1804 an und nach der Unterbrechung durch die Gesetzgebung des Königreichs Westfalen wieder seit dem 1.1. 1815 (§ 1 des Patents wegen Wiedereinführung des Allgemeinen Landrechts . . . , in die von den Preußischen Staaten getrennt gewesenen und mit denselben wieder vereinigten Provinzen, vom 9 . 9 . 1 8 1 4 — PrGS. 1814, S. 89). In der Rheinprovinz (Krs. Wetzlar) wurde das ALR mit Ausnahme einzelner Gesetzesbestimmungen (vgl. Friedrich BLUHME, Codex des rheinischen evangelischen Kirchenrechts, Elberfeld 1870, S. 39 ff.) nicht publiziert und erlangte keine Geltüngskraft (Theodor MEIER, Das preußische gemeine und provinzielle Kirchenrecht für das Geltungsgebiet des Allgemeinen Landrechts, Berlin 1868, S. 1; — Friedrich THUDICHUM, Deutsches Kirchenrecht des 19. Jahrhunderts, 2 Bde., Leipzig 1877/78, Bd. 1, S. 196 f.). Unzutreffend ist die Annahme, daß die Vorschriften des ALR in den ehemaligen preußischen Gebieten allgemein in Geltung standen (so BLUHME, a. a. O., S. 41, auch ZINN-STEIN, a. a. O., Vorbem. zu Art. 48, Erl. II, 4, a). Gleichwohl war die Anerkennung der evangelischen Kirchengemeinden als öffentliche Körperschaften im Kreis Wetzlar nicht zweifelhaft, da die §§ 11 und 17 des T. II, Tit. 11 ALR nur die Kodifikation einer allgemein herrschenden Rechtsanschauung waren. 174 Vgl. RIEKER, a . a . O . , S. 355 f.; — WOLF, Ordnung, S. 383 f. Neben der bereits erwähnten Regelung der Art. 35 ff. der Konstitutions-Ergänzungs-Akte der freien Stadt Frankfurt a. M. vom 19. 7.1816 ließen die religionspolitischen Bestimmungen (§§ 132 ff.) der Verfassungsurkunde für das Kurfürstentum Hessen vom 5 . 1 . 1831 (Kurhess. GS. 1831, S. 1 — Text bei PÖLITZ-BÜLAU, a. a. O., Bd. 1, S. 613 ff.) den Ansatz einer begrifflichen Scheidung beider Bereiche erkennen.

33 weiterhin mit der Erfüllung staatlicher Aufgaben b e a u f t r a g t w u r d e 1 7 5 . N u r begrenzt w u r d e n die geistlichen Angelegenheiten der Entscheidung kirchlicher Institutionen überlassen 1 7 6 . III.

Das System

der Staatskirchenhoheit

in

Hessen

1. I m Zuge der politischen Verfassungsentwicklung seit dem J a h r e 1 8 4 8 1 7 7 k a m es zur Fortbildung des Prinzips einer autonomen Kirchenverfassung 1 7 8 . D e r G e d a n k e der T r e n n u n g v o n S t a a t und Kirche f a n d Eingang in die Verfassungsgesetze der deutschen L ä n d e r , in denen sich die konstitutionelle Bewegung durchsetzte 1 7 9 . D a s System der Staatskirche w u r d e durch eine neue staatskirchenrechtliche O r d n u n g , das System der Staatskirchenhoheit, abgelöst 1 8 0 . D e r Landesherr w a r bei der Ausübung der staatlichen Hoheitsgewalt an die Mitwirkung parlamentarischer Institutionen gebunden. Die V e r pflichtung des Staates zur Beachtung der konfessionellen P a r i t ä t verbot einseitige staatliche Direktiven hinsichtlich der innerkirchlichen A n g e legenheiten der evangelischen Landeskirche und insoweit auch eine k o n stitutionelle Beschränkung des Landesherrn in der Leitung der K i r c h e 1 8 1 . In der neuen staatskirchenrechtlichen Auffassung erschien das landesherrliche Kirchenregiment nicht mehr als eine Funktion der Staatsgewalt, sondern als ein innerkirchliches A m t , das dem Inhaber der Regenten175

STEIN, a. a. O . , S. 3 4 .

176 OTTO, a. a. O., S. 10; — Ernst Rudolf HUBER, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. 1, Stuttgart 1957, S. 387 ff. (395). 1 7 7 Vgl. E. R . HUBER, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, Stuttgart 1960, S. 514 ff., mit weiteren Literaturhinweisen zur Verfassungsentwicklung in Hessen-Darmstadt, Kurhessen, Nassau und Frankfurt a. M. 1 7 8 Paul HINSCHIUS, Allgemeine Darstellung der Verhältnisse von Staat und Kirche, i n : Handbuch des öffentlichen Rechts, hrsg. von MARQUARDSEN, 1. Bd., 1. Halbbd., Freiburg i. Br. / Tübingen 1883, S. 247; — FRIEDRICH, Kirchenrecht, S. 9 4 ; — vgl. auch Erich WINKELMANN, Die Kämpfe um Bekenntnis und Verfassung in der Evangelischen Landeskirche von Hessen-Darmstadt (1848—1878), in: JbHessKgV. V

( 1 9 5 4 ) , S. V I I ff.

179 Ygj_ Art. 15 d e r Verfassungsurkunde für den preußischen Staat vom 31. 1 . 1 8 5 0 (PrGS. 1850, S. 17); Art. 16 des Staatsgrundgesetzes für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont vom 23. 5 . 1 8 4 9 (Wald.RegBl. 1849, S. 27) sowie § 42 der Verfassungsurkunde für die Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont vom 17. 8 . 1 8 5 2 (Wald. RegBl. 1852, S. 141). Vgl. ferner Verkündung der Zusammenstellung des nach den bestehenden Gesetzgebungen in dem Herzogthum (Nassau) geltenden Staatsrechts vom 28. 12. 1849 (VOB1. Nassau 1849, S. 613), §14. 1 8 0 Godehard Josef EBERS, Staat und Kirche im neuen Deutschland, München 1930, S. 44 ff. 1 9 1 Emil FRIEDBERG, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts, 6. Aufl., Leipzig 1909, S. 105. 3 K l o s e , Reditsbeziehungen

34 Stellung auf war*®'* 1 8 ^.

Grund

historischer

Umstände

als

Annexum

zugefallen

Die herrschende kollegialistische Anschauung 1 8 4 begünstigte den A u f bau einer kirchlichen Selbstverwaltung. D i e evangelischen Landeskirchen hatten die Stellung öffentlicher K o r p o r a t i o n e n 1 8 5 . Innerhalb der gesetzlich festgesetzten Grenzen verwalteten sie ihre innerkirchlichen A n g e legenheiten selbständig 1 8 6 . D i e eintretende Lockerung der engen kirchlichen Bindungen weckte Bestrebungen, nach dem Vorbild der verfassungspolitischen Entwicklung im staatlichen Bereich synodale und presbyteriale Elemente in das kirchliche Verfassungswesen einzuführen 1 8 7 1 8 8 . 182

R I E K E R , a. a. O . , S . 3 5 7 f f . ; — SEHLING, G e s c h i c h t e , S . 4 6 .

In den 1866 von Preußen annektierten Staaten und erworbenen Gebieten ging das landesherrliche Kirchenregiment von seinen bisherigen Trägern auf den König von Preußen über; — dazu: FRIEDBERG, Die evangelische und die katholische Kirche der neu einverleibten Länder in ihren Beziehungen zur preußischen Landeskirche und zum Staate, Halle 1867, S. 3 2 f f . ; — HINSCHIUS, Die evangelische Landeskirche in Preußen und die Einverleibung der neuen Provinzen, Berlin 1867, S. 51 f. Der Aczessionsvertrag zwischen Preußen und Waldeck vom 1 8 . 7 . 1 8 6 7 (Bekanntmachung, den zwischen Preußen und WaldeckPyrmont am 18. Juli 1867 abgeschlossenen Vertrag wegen Übertragung der Verwaltung der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont an Preußen betr., vom 2 8 . 1 2 . 1 8 6 7 , Wald. RegBl. 1867, S. 133), durch den gemäß A r t . 1 die Ausübung der Staatsgewalt in Waldeck auf den König von Preußen übertragen wurde, berührte die episcopale Stellung des Fürsten in der Landeskirche von Waldeck und Pyrmont nicht. Während Preußen die gesamte Verwaltung des Landes übernahm, blieb dem Fürsten von Waldeck die Leitung der Konsistorialbehörde vorbehalten. Vgl. Friedrich BÖTTCHER, Das Staatsrecht des Fürstenthums Waldeck, in: Handbuch des öffentlichen Rechts, hrsg. von MARQUARDSEN, 3.Bd., 2. Halbbd., 1. Abt., Freiburg i. Br. / Tübingen 1884, S. 149 ff. (152); — Ludwig von RÖNNE / Philipp ZORN, Das Staatsrecht der preußischen Monarchie, 3. Bd., 1. Abt., 5. Aufl., Leipzig 1915, S. 201. 183

184

WOLF, O r d n u n g , S. 3 9 5 ff., 4 0 8 ff.

In Hessen wurde die Korporationsstellung der evangelischen Landeskirche gemäß Art. 5 des Gesetzes, betreffend die rechtliche Stellung der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Staate, vom 2 3 . 4 . 1 8 7 5 (Hess. RegBl. 1875, S. 247) anerkannt. — Vgl. FRIEDRICH, Kirchenrecht, S. 121 f.; — zur Vorgeschichte dieses Gesetzes vgl. Arthur B. SCHMIDT, Kirchenrechtliche Quellen des Großherzogtums Hessen, Gießen 1891, S. 126 ff., Anm. 1. 1 8 6 § 2 des Edikts, die Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums betreffend, vom 6 . 1 . 1 8 7 4 (Hess. RegBl. 1874, S. 13; — vgl. HINSCHIUS, Allgemeine Darstellung, S. 245; — KÖHLER, Kirchenrecht, S. 57; — FRIEDRICH, Kirchenrecht, S. 121 f.; — Wilhelm VAN CALKER, Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen, Tübingen 1913, S. 2 9 7 f . (298). 1 8 7 WOLF, Ordnung, S. 4 0 0 f f . ; — Innerkirchlich wurde der Gedanke der Selbstverwaltung belebt durch die Begegnung lutherischer und reformierter Ordnungsvorstellungen im Rahmen der Unionsbestrebungen in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts; dazu STAHL, a. a. O., S. 345 ff. 185

35 Sie führte darüber hinaus auf der G r u n d l a g e der Konsistorialverfassung zur Schaffung besonderer landeskirchlicher Leitungsorgane 1 8 9 , die 188 Voirbild für die presbyterial-synodale Entwicklung in Preußen wurde die Kirchenordnung für die evangelischen Gemeinden der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz vom 5 . 3 . 1835. (Die Königl. Kabinettsordre vom 5. 3 . 1 8 3 5 wurde in den Amtsblättern der Regierungsbezirke Westfalens und der Rheinprovinz publiziert; — T e x t bei BLUHME, Codex, S. 140 ff.) Vgl. Walter GOEBELL, Die rheinisch-westfälische Kirchenordnung vom 5. 3. 1835, 2 Bde., Duisburg 1948/1954; — Herbert FROST, Die Rechtsstellung des Kirchenkreises der evangelischen Kirche im Rheinland, Bonn 1958, S. 40 ff. — In Hessen-Kassel erregte die Forderung nach einer synodalen Organisation der Kirche in kirchlichen Kreisen Widerspruch. Ein Teil der hessischen Pfarrerschaft unter Führung von Vilmar, einem Vertreter der neulutherischen Orthodoxie, verlangte die Errichtung eines unabhängigen Superintendentenamts im Sinne der althessischen Kirchenordnung von 1566. — Dazu Philipp LOSCH, Geschichte des Kurfürstentums Hessen 1803—1866, Marburg 1922, S. 298 ff.; — WICKE, Die hessische Renitenz, ihre Geschichte und ihr Sinn, Theol. Diss. Erlangen 1930. 1 8 9 Hessen: Im Großherzogtum Hessen wurde das Oberkonsistorium, das nach dem Edikt vom 6 . 6 . 1 8 3 2 (Hess. RegBl. 1832, S. 387) dem Ministerium untergeordnet war, gemäß § 129 Abs. 1 des Edikts, betreffend die Verfassung des Großherzogtums, vom 6 . 1 . 1 8 7 4 (Hess. RegBl. 1874, S. 13) zur obersten Kirchenbehörde erklärt. Waldeck: Höchste Verordnung, die Organisation des Consistorii betreffend, vom 2. 3 . 1 8 5 3 (Wald. RegBl. 1853, S. 17). Frankfurt a. M . : In Frankfurt a. M. wurden die Zuständigkeit und Zusammensetzung des lutherischen Konsistoriums durch das Organische Gesetz vom 5. 2. 1857 (Ges. Stat. Samml. Frankfurt a. M., X I V [1861], S. 39) und das Gesetz über den Geschäftskreis des evangelisch-lutherischen Konsistoriums vom 5. 2. 1857 (Ges. Stat. Samml. Frankfurt a. M., X I V [1861], S. 43) neu geregelt. Nassau: Im Herzogtum Nassau hatten die Reformpläne nur einen teilweisen Erfolg. Am 1 . 1 . 1850 wurde das Kirchenregiment einem geistlich-weltlichen Kollegium, dem Kirchensenate, übertragen (vgl. Höchste Entschließung, die Stellung und Zusammensetzung des evangelischen Kirchensenats betreffend, vom 4. 6. 1851, VOB1. Nassau 1851, S. 97). Preußen: Allerh. Erlaß, betr. . . . die Einsetzung des evangelischen Oberkirchenrats nebst Ressortreglement für die evangelische Kirchenverwaltung, vom 2 9 . 6 . 1 8 5 0 (Pr. GS. 1850, S. 343). — Nach den Gebietsveränderungen des Jahres 1866 (vgl. o. S. 9) blieb in Preußen die Trennung der staatlichen (Ministerium der geistlichen Angelegenheiten) und kirchlichen (Evangelischer Oberkirchenrat) Administration auf das Gebiet der acht älteren Provinzen beschränkt. Für die am 22. Februar 1867 gebildete preußische Provinz HessenNassau mit den Konsistorialbezirken Wiesbaden, Kassel und Frankfurt a. M. (vgl. o. S. 13) nahm das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten die Aufgaben einer kirchenregimentlichen Zentralbehörde wahr (GRÜNSCHLAG, a. a. O., S. 17). Der Kompetenzbereich derselben staatlichen, unter ministerieller Verantwortung stehenden Behörde verband die Ausübung der staatlichen Kirdienaufsicht und die Funktion der Kirchenleitung

( G R Ü N S C H L A G , a. a . O . , S . 2 2 f . ) .



36 der Oberhoheit des Landesherrn, dem bischöfliche Aufgaben zugeschrieben wurden 190 , unterstellt waren. Die Kirchenhoheit wurde weiterhin von der Staatsgewalt in Anspruch genommen 191 . Die korporative Rechtsposition der Kirche erlaubte dem Staat die Wahrnehmung der Aufsichtsrechte, die ihm gegenüber den öffentlich-rechtlichen Korporationen allgemein zustanden. Die staatliche Kirchenaufsicht war jedoch durch eine die Kirchen betreifende Gesetzgebung spezifisch ausgestaltet192, da die staatliche Kirchenpolitik jener Zeit von der Anschauung beherrscht wurde, daß die öffentliche Rechtsordnung gegen mögliche kirchliche Übergriffe zu schützen sei193. 2. Unter diesen Umständen waren der Verwirklichung des Gedankens der Trennung von Staat und Kirche enge Grenzen gesetzt194. Unter der weitreichenden und differenzierten Staatsaufsicht vermochte sich die kirchliche Autonomie gegenüber der Autorität des Staates nicht zu entfalten 195 . Hemmend wirkte die Fortsetzung des landesherrlichen Kirchenregiments, dessen begriffliche Scheidung von dem Amt des Staatsoberhaupts praktisch unbeachtlich war 196 . Die Personalunion des höchsten staatsleitenden Amtes und des Kirchenregiments unterwarf die evangelischen Landeskirchen tatsächlich einer doppelten Staatsaufsicht. Diese erstreckte sich nicht nur auf die Leitung der äußeren Kirchenorganisation, sondern auch auf die innerkirchlichen Angelegenheiten. Der beherrschende staatliche Einfluß wurde durch gesetzgeberische Maßnahmen, die die konsistoriale Ordnung durch presbyteriale und 180 Vg[ ^ 4 d e s Edikts, die Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums Hessen betreffend, v o m 6 . 1 . 1874 (Hess. RegBl. 1874, S. 13); — ferner Konrad COSACK, Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen, in: Handbuch des öffentlichen Rechts, hrsg. von Heinrich MARQUARDSEN, Bd. 3, 1. Halbbd., T. 4, Freiburg i. Br. und Leipzig 1894, S. 142; — FRIEDRICH, Kirchenrecht, S. 174. 191

HINSCHIUS, Allgemeine Darstellung, S. 266 f.; — BÖTTCHER a . a . O . ,

S. 1 6 3 ; —

COSSACK, a . a . O . , S . 1 3 7 ; — FRIEDRICH, K i r c h e n r e c h t , S . 1 2 2 ; —

CALKER, a . a . O . , S . 2 9 8 ; —

VAN

SEHLING, G e s c h i c h t e , S . 4 5 .

192

Vgl. insbesondere die preußischen und hessischen Kirchengesetze der Jahre 1874 und 1875. 193

FRIEDBERG, Lehrbuch, S. 115 f.; — HINSCHIUS, Allgemeine Darstellung,

S. 336. 194

HINSCHIUS, Allgemeine Darstellung, S. 227 ff. (229).

195

HERLITZIUS, a. a. O . , S. 5 9 f f . , 1 0 2 .

las bedeutungslos die theoretische Unterscheidung war, zeigte sich darin, daß in Preußen für die 1866 eingegliederten Landeskirchen eine institutionelle Trennung staatlicher Aufsichts- und kirchlicher Leitungsfunktionen vermieden wurde. Der preußische König bediente sich zur Ausübung seiner kirchenregimentlichen Befugnisse einer obersten staatlichen Behörde, des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten.

37 synodale Verfassungsformen ergänzten 1 9 7 , nicht wesentlich gemildert. Eine N e u o r d n u n g des Verhältnisses von Staat und Kirche w a r mit der Legalisierung einer bestimmten rechtstheoretischen Konstruktion nicht zu erreichen. H i e r z u hätte es einer theologischen Neubesinnung auf das Wesen der Kirche als Gemeinde Jesu Christi bedurft. D e m kirchlichen Konstitutionalismus, der in der „konsistorial-synodalen Mischverfassung 1 9 8 " seinen rechtlichen Niederschlag f a n d , fehlte die durchgreifende theologische Grundlegung. IV. Die staatskirchenrechtliche marer Reichsverfassung

Entwicklung

unter dem System

der

Wei-

1. Das Ende der monarchischen Staatsordnung in Deutschland im J a h r e 1918 bedeutete f ü r das evangelische Landeskirchentum die Bewältigung einer völlig veränderten staatskirchenrechtlichen Situation. D e r Fortfall des personalen landesherrlichen Kirchenregiments 1 9 9 u n d der 197

Hessen: Edikt, die Verfassung der evangelischen Kirche des Großherzogtums betreffend, vom 6.1. 1874 (Hess. RegBl. 1874, S. 13), §§ 5 ff. Waldeck: Staatsgesetz, betreffend die Synodalordnung für die vereinigte evangelische Kirche der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont vom 29. 8. 1872, vom 31.1.1873 (Wald.RegBl. 1873, S. 22). Die Synodalordnung wurde am 18. 2. 1873 verkündet. Preußen: Allerh. Erlaß, betreffend die Einführung einer General-SynodalOrdnung für die Evangelische Landeskirche der acht älteren Provinzen der Monarchie, vom 20. 1. 1876 (PrGS. 1876, S. 7). •— Gesetz, betreffend die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Monarchie, vom 3.6.1876 (PrGS. 1876, S. 125). — Kirchengemeinde-Synodalordnung für die evangelischen Gemeinden im Amtsbezirke des Konsistoriums zu Wiesbaden vom 4.7. 1877 (PrGS. 1877, S. 181); bestätigt durch Gesetz vom 6.4.1878 (PrGS. 1878, S. 145. — Allerh. Erlaß, betreffend die Presbyterial- und Synodalordnung für die evangelischen Kirchengemeinschaften (die reformierte, die lutherische und die unierte) im Bezirke des Konsistoriums zu Kassel, vom 16. 12. 1885 (PrGS. 1886, S. 1); bestätigt durch Gesetz vom 19. 3. 1886 (PrGS. 1886, S. 79). — Allerh. Erlaß, betreffend die Kirchengemeinde- und Synodalordnung für die evangelischen Kirchengemeinschaften des Konsistorialbezirkes Frankfurt a. M. vom 27.9.1899 (PrGS. 1899, S. 425); bestätigt durch Gesetz vom 28. 9. 1899 (PrGS. 1899, S. 457). 188 WOLF, Ordnung, S. 406; — vgl. auch LIERMANN, Kirchenrecht, S. 172f. 199 In Preußen wurden die Befugnisse des landesherrlichen Kirchenregiments zunächst nicht aufgehoben, sondern einem ministeriellen Kollegium übertragen, § 5 des Gesetzes zur vorläufigen Ordnung der Staatsgewalt in Preußen vom 20.3.1919 (PrGS. 1919, S. 53); Art. 82 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Preußen vom 30. 11. 1920 (PrGS. 1920, S. 543). — Im Volksstaat Hessen verlief die Aufhebung des landesherrlichen Kirchenregiments ohne besondere Schwierigkeiten, da sich die Regierung jeder Einmischung in die kirchlichen Angelegenheiten enthielt. Das Oberkonsistorium stellte in einer Bekannt-

38 landesherrlich instruierten konsistorialen oder staatlichen B e h ö r d e n o r g a nisation w a r der unmittelbare A n l a ß für eine Neugestaltung des verfassungsmäßigen Kirchenaufbaus 2 0 0 . Dieser V o r g a n g berührte auf G r u n d der historischen Verflechtung des staatlichen und kirchlichen Bereichs den K e r n der künftigen O r d n u n g des Verhältnisses von S t a a t und evangelischer Kirche. Staatlicherseits leitete das kirchenpolitische System der W e i m a r e r Reichsverfassung v o m 11. 8. 1 9 1 9 2 0 1 eine reichskirchenrechtliche N e u o r d nung des Staatskirchenrechts ein 2 0 2 . Es w u r d e beherrscht v o n dem P r i n z i p der Trennung von S t a a t und Kirche. D i e verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Trennungsgedankens folgte jedoch nicht den radikalen liberalsozialistischen Vorstellungen, die einen völligen Abbruch der staatlichkirchlichen Beziehungen verlangten, sondern brachte unter dem Einfluß der T r a d i t i o n des deutschen Staatskirchenrechts eine relative Trennung v o n S t a a t und Kirche 2 0 3 , so d a ß die vielfältigen, historisch gewachsenen Bindungen zwischen den evangelischen Kirchen und dem politischen G e meinwesen fortbestanden 2 0 4 . Die neuerworbene D i s t a n z der evangelischen Landeskirchen zum Staate zeigte sich v o r allem in A r t . 1 3 7 Abs. 3 W R V , der die Besorgung der innerkirchlichen Angelegenheiten in die ausschließliche V e r a n t w o r t u n g machung vom 7 . 1 2 . 1 9 1 8 (KVOB1. E K H . 1918, S. 81) fest, daß es die sumepiscopalen Rechte vorläufig bis zu einer endgültigen Regelung im Einvernehmen mit dem Synodalausschuß ausüben werde; — LIERMANN, Kirchenrecht, S. 1 7 9 ; —

B Ü C H L E R , a. a . O . , S . 1 1 6 .

BREDT, Neues evangelisches Kirchenrecht für Preußen, Bd. 3, Berlin 1927, S. 59 ff. 2 0 1 R G B l . 1919, S. 1383. 2 0 2 Staatskirchenrechtliche Einzelbestimmungen enthielt die Verfassung des Freistaates Preußen vom 3 0 . 1 1 . 1920 in den Artikeln 11 Abs. 4, 76, 82 und 83. Diese verfassungsrechtliche Regelung war nach erheblichen kulturpolitischen Auseinandersetzungen zustande gekommen. — Hingegen verzichtete der hessische Verfassungsgeber in der Verfassung des Volksstaates Hessen vom 12. 12. 1919 (HessRegBl. 1919, S. 439) mit Ausnahme des Art. 63, der die Patronate betraf, auf eine Regelung der Beziehungen von Staat und Kirche. Damit wurde im Volksstaat Hessen ausschließlich die reichskirchenrechtliche Neuordnung der Weimarer Reichsverfassung verbindlich. 2 0 3 EBERS, Staat und Kirche, S. 121 f.; — Wolfgang BÜCHNER, Die Kirche und die Ergebnisse der Staatsumwälzung von 1918, Jur.Diss. Würzburg 1954; — Paul MIKAT, Kirchen und Religionsgemeinschaften, in: Die Grundrechte, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, hrsg. von Karl-August BETTERMANN/Hans Carl NIPPERDEY/Ulrich SCHEUNER, Bd. IV, l . H a l b b d . , Berlin 1960, S. 124 f. 2 0 4 Dieses eigenartige Trennungssystem versuchte Stutz mit der Bezeichnung der „hinkenden Trennung" zu umschreiben, vgl. Ulrich STUTZ, Das Studium des Kirchenrechts an den deutschen Universitäten, in: Deutsche Akademische Rundschau, VI, 12. Semesterfolge, 1924, S. 1 ff. (2). 200

39 der Kirche stellte. D a s positive Verfassungsrecht gewährte d a m i t die V o r aussetzungen für den A u f b a u eines autonomen evangelischen Kirchentums. D e r Verfassungsneubau der evangelischen Landeskirchen 2 0 5 vollzog sich in den herkömmlichen F o r m e n konsistorial-synodaler Ordnungsvorstellungen. Die Leitung und V e r w a l t u n g der evangelischen Landeskirchen w u r d e nunmehr durch kirchliche O r g a n e ausgeübt, die aus den staatlichlandesherrlichen Behörden hervorgingen und ihre Legitimation zum kirchlichen H a n d e l n auf einen synodalen A u f t r a g zurückführten 2 0 6 . Freilich blieb die kirchliche Verfassungsentwicklung im wesentlichen eine äußere 205 Verfassungsurkunde für die Evangelische Kirche der Altpreußischen Union vom 29. 9. 1922 (KGVOB1. E K A p U 1924, S. 59); Staatsgesetz, betreffend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen, vom 8. 4. 1924, Anlage (PrGS. 1924, S. 221 ff., 226). Diese bestätigte in Art. 161 Abs. 1 die Sonderstellung der rheinischen und westfälischen Provinzialkirchen. Zur Angleichung an die Verfassung der E K A p U wurde die Kirchenordnung für die evangelischen Gemeinden der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz vom 5. 3. 1835 durch Beschluß vom 6. 11. 1923 (KGVOB1. E K A p U 1924, S. 165) — Text bei Friedrich GresE/Johannes HOSEMANN, Die Verfassungen der Deutschen Evangelischen Landeskirchen, 2Bde., Berlin 1927, Bd. 1, S . 5 2 f f . — neugefaßt; — vgl. hierzu H . NOETEL, Die Kirchenordnung für die evangelischen Gemeinden der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz vom 6. 11. 1923, Dortmund 1928; — Walter GOEBELL, Die rheinisch-westfälische Kirchenordnung vom 5 . 3 . 1 8 3 5 , 2 Bde., Duisburg 1948 und 1954. — Verfassung der evangelischen Landeskirche in Hessen-Kassel vom 1 7 . 2 . 1 9 2 3 (KABl. E K H K 1924, S. 59; PrGS 1924, S. 352) — Text bei GIESE/HOSEMANN, a . a . O . , S. 271 ff., — vgl. BREDT, Kirchenrecht, Bd. 3, S. 28 ff. — Verfassung der evangelischen Landeskirche in Nassau vom 5 . 1 2 . 1922 (ABl. E K N 1924, S. 53; PrGS. 1924, S. 377) — T e x t bei GIESE/HOSEMANN, a . a . O . , S. 301 ff.; — vgl. auch Handbuch, enthaltend die für die Evangelische Landeskirche in Nassau geltenden wichtigsten Gesetze und Verordnungen, Amtl. Ausgabe, Wiesbaden 1928, S. 1 ff. (Anm. 1 auf Seite 1 enthält Angaben über das schrittweise Inkrafttreten der Kirchenverfassung). — Verfassung der evangelischen Landeskirche Frankfurt a. M. vom 12. 1. 1923 (ABl. E K F 1924, S. 10; PrGS. 1924, S. 447) — T e x t bei GIESE/HOSEMANN, a. a. O., S. 363 ff.; — vgl. KÜBEL, Kirchenrecht, S. 24ff. — Verfassung der Evangelischen Landeskirche in Hessen vom 1 . 6 . 1 9 2 2 (KVOB1. E K H 1922, N r . 8) — bestätigt durch ministeriellen Erlaß vom 7. 3 . 1 9 2 2 zu N r . 4604 (zit. n a c h B Ü C H L E R , a . a. O . , S . 1 1 8 ) — T e x t b e i G I E S E / H O S E M A N N , a . a . O . , S . 6 6 3 f f . —

Verfassung der evangelischen Landeskirche von Waldeck und Pyrmont vom 1 0 . 8 . 1 9 2 1 (ABl. E K W P 1921, S . 2 9 ; Wald.RegBl. 1921, S. 79) — Text bei GIESE/HOSEMANN, a. a. O., S. 971 ff.; — Staatsgesetz, betreffend die Verfassung der evangelischen Landeskirche von Waldeck und Pyrmont vom 20. 8. 1925 (ABl. E K W P 1925, S. 37; Wald.RegBl. 1925, S. 155) — Text bei GIESE/HOSEMANN, S. 1000 ff. — Vgl. hierzu Paul SCHOEN, Das neue Verfassungsrecht der evangelischen Landeskirchen in Preußen, Berlin 1929; — Hans v. SODEN, die Verfassungen der deutschen evangelischen Landeskirchen von 1919 bis 1933, in: Theologische Rundschau, N . F., 5. Jg. (1933), S. 335 ff. 208

LIERMANN, K i r c h e n r e c h t , S . 2 0 6 f f .

40 normative Reform, die durch die politischen Umstände des Jahres 1918 ausgelöst wurde und nicht das Ergebnis einer theologischen Neubesinnung auf das Wesen der reformatorischen Kirche war 2 0 7 . Das neue kirchliche Verfassungsrecht entsprang nicht einem erwachten kirchlichen Selbstverständnis und einer eigenständigen kirchlichen Rechtsauffassüng, sondern orientierte sich an der politischen Ordnungsstruktur, die der parlamentarisch-demokratische Staat entwickelt hatte 2 0 8 . Entgegen einer bereits im Schrifttum vertretenen verfassungsrechtlichen Konzeption der Eigenständigkeit der Kirchen 2 0 9 hielt die staatskirchenrechtliche Praxis an dem bisherigen System einer Staatskirchenhoheit fest. Die Bestimmungen des preußischen Staatsgesetzes, betreifend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen, vom 8. April I924210 sicherten eine Anzahl weitreichender staatlicher Aufsichtsrechte, die die kirchliche Selbständigkeit in empfindlicher Weise einschränkten 211 . Die zeitgenössische Literatur unterstützte in ihrer Mehrheit die kirchenpolitischen Maßnahmen des Staates und begründete den Fortbestand der besonderen staatlichen Hoheitsrechte aus dem öffentlich-rechtlichen Korporationscharakter der Kirchen 2 1 2 . Auf Grund der Anerkennung der Kirchen als offentlich-rechtliche Korporationen, die ihnen in der Staatsordnung eine privilegierte Stellung gewähre, sei „nach dem Grundsatz der Korrelativität von Recht und Pflicht 2 1 3 " eine staatliche Kontrolle des kirchlichen Lebens in Gestalt einer über die Vereinsaufsicht hinausgehenden staatlichen Kirchenhoheit gerechtfertigt 214 . 2. Die Übung, die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung entsprechend den überlieferten kirchenpolitischen Ansichten zu deuten, fand aber eine Schranke in der tatsächlichen Gestaltung der staatlich-kirchlichen Beziehungen. Die Lage der evangelischen 2 0 7 In geringem Umfange kamen in den neuen Kirchenverfassungen aber auch Wesenselemente der reformatorischen Kirche zur Geltung. Vgl. hierzu Herbert FROST, Das Verhältnis von Kirche und Staat in evangelischer Sicht, in: Die Kirche in der Welt, 6. Jg. (1953), S. 71 ff. ( 7 4 f . ) ; — WOLF, Ordnung, S. 419 ff. 208

LIERMANN, K i r c h e n r e c h t , S. 1 8 3 f . ; —

W O L F , O r d n u n g , S. 4 1 5 ff.

Hans RIEDER, Staat und Kirche nach modernem Verfassungsrecht, Berlin 1928, S. 13 f.; — EBERS, Staat und Kirche, S. 131. 2 1 0 PrGS. 1924, S. 221 ( = PStG). 209

211

MIKAT, a . a . O . , S . 1 2 9 f.

Vgl. Gerhard ANSCHÜTZ, Die Verfassung des Deutschen Reiches v o m 11. August 1919, 14. Aufl., Berlin 1933, unveränderter Nachdruck Darmstadt 1960, Art. 137, Erl. 5 mit weiteren Literaturhinweisen auf S. 638. Hauptvertreter der abweichenden, eine besondere staatliche Kirchenhoheit bestreitenden Auffassung war EBERS, Staat und Kirche, S. 299 ff. 212

213

ANSCHÜTZ, a . a. O . , A r t . 1 3 7 , E r l . 5 (S. 6 3 7 ) .

So auch Günther HOLSTEIN, Die Grundlagen des evangelischen Kirchenrechts, Tübingen 1928, S. 370 f. (371). 214

41 L a n d e s k i r c h e n w a r seit d e m J a h r e 1 9 1 8 durch einen P r o z e ß gekennzeichnet, der die innere u n d ä u ß e r e E m a n z i p a t i o n der evangelischen K i r c h e v o n einem v ö l l i g s ä k u l a r i s i e r t e n S t a a t z u m Z i e l h a t t e . Ü b e r e i n s t i m m e n d m i t der verfassungspolitischen V o r s t e l l u n g , den K i r c h e n eine weitreichende A u t o n o m i e zu g e w ä h r e n , zeigten sich in der w e i t e r e n staatskirchenrechtlichen E n t w i c k l u n g T e n d e n z e n eines k o o r d i n a t i o n s r e c h t l i c h e n

Ordnungs-

bildes. N a c h dieser A u f f a s s u n g treten sich S t a a t u n d K i r c h e als gleichberechtigte R e c h t s g e m e i n s c h a f t e n gegenüber u n d regeln ihre gegenseitigen B e z i e h u n g e n wenigstens teilweise in den F o r m e n

eines

rechtlichen V e r t r a g e s . A n s ä t z e dieses Z u s a m m e n w i r k e n s

koordinationszwischen

dem

S t a a t u n d der evangelischen K i r c h e w u r d e n deutlich in den V e r t r ä g e n 2 1 5 , die einzelne deutsche L ä n d e r m i t den t e r r i t o r i a l beteiligten evangelischen

" s Erst allmählich setzte sich die Anschauung durch, daß die Verträge zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen die gleiche Rechtsqualität besitzen wie die Konkordate zwischen dem Staat und der katholischen Kirche und daß sie als staatlich-kirchliches Vertragsrecht einer Rechtssphäre sui generis zuzuordnen sind. (Vgl. Ernst R u d o l f HUBER, Verträge zwischen Staat und Kirche im deutschen Reich, Breslau 1930, S. 83 ff.; — Paul SCHOEN, Die Rechtsgrundlage der Verträge zwischen Staat und Kirche und der Verträge der Kirchen untereinander, in: A ö R N . F., Bd. 21 (1932), S. 3 5 5 f f . ; — LIERMANN, Kirchenrecht, S. 137 f., der die evangelischen Kirchenverträge zunächst als „ V e r w a l t u n g vertrage" bezeichnet hatte (LIERMANN, Das evangelische Konkordat, in: A ö R N . F., Bd. 13, 1927, S. 381 ff. r392T). — So lassen die V e r handlungen zum Preußischen Kirchenvertrag vom 11. 5. 1931 erkennen, daß die koordinationsrechtliche Auffassung vom Verhältnis des Staates zur Kirche noch nicht zur herrschenden Überzeugung der führenden Kreise der evangelischen Kirche geworden war. Die wenig konsolidierte Stellung der evangelischen Landeskirchen und die Praxis der preußischen Kirchenpolitik der zwanziger Jahre waren ungünstige Voraussetzungen für eine partnerschaftliche Regelung des Verhältnisses von Staat und Kirche in Preußen. Tohannes HECKEL hat in einem dem Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung des Freistaates Preußen erstatteten Gutachten: Sind Verträge eines deutschen Staates mit einer deutschen evangelischen Landeskirche möglich? vom 6. 4. 1928 (unveröffentl.) erstmals darauf hingewiesen, daß es kein Monopol der staatlichen Rechtsbildung gäbe (a. a. O., S. 2). Vielmehr diene die Staatsgewalt dem Recht und sei auch dem staatlich-kirchlichen Vertragsrecht mit seinen ordnenden Funktionen als einem übergeordneten Rechtssystem unterworfen. Damit sei die evangelische Kirche ein ebenso gleichwertiger Partner wie die katholische Kirche (a. a. O., S. 4). Diese Mitteilung verdanke ich Ministerialdirektor Dr. h. c. Friedrich TRENDELENBURG, der den anfänglichen Widerstand der Synoden der evangelischen Landeskirchen gegen eine vertragliche Übereinkunft mit dem preußischen Staat bestätigt.

42 Landeskirchen schlössen216. Damit wurden bestimmte Bereiche in den staatlich-kirchlichen Beziehungen der einseitigen Normierung durch staatliche Gesetze entzogen. a) In den ehemals preußischen Gebietsteilen des Bundeslandes Hessen erfolgte die vertragliche Sicherung der verfassungsgemäß garantierten Stellung der evangelischen Landeskirchen 217 durch den Vertrag des Freistaates Preußen mit den evangelischen Landeskirchen vom 11. Mai 1931 218 . b) Zwischen dem Volksstaat Hessen und der Evangelischen Landeskirche in Hessen kam eine globalvertragliche Vereinbarung nicht zustande. Die Beziehungen zwischen dem Staat und der evangelischen Landeskirche waren aber auch in diesem Lande durch die teilweise Aufgabe des subordinationsrechtlichen Prinzips gekennzeichnet. Ausdruck des neuen staatskirchenrechtlichen Verhältnisses war der Schiedsvertrag zwischen dem Volksstaat Hessen und der Evangelischen Landeskirche in Hessen vom 28. Januar / 7. Februar 1930 219 . Das Abkommen sah die Errichtung eines unabhängigen Schiedsgerichts vor, das durch eine unanfechtbare Entscheidung (Schiedsspruch) die jährlichen finanziellen Pflichtleistungen des Staates an die Evangelische Landeskirche in Hessen für die Zeit vom I. April 1925 bis zu einer reichsgesetzlichen Regelung der Ablösung der 2 1 4 Die evangelischen Staatskirchenverträge der Weimarer Zeit waren Parallelverträge zu den Konkordaten der betreffenden Länder mit dem Heiligen Stuhl. Es handelt sich um folgende Verträge: Vertrag zwischen dem Bayerischen Staate und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern r. d. Rhs. vom 15. 11. 1924 (Bayer.GVBl. 1925, S. 61); Vertrag zwischen dem Bayerischen Staate und der Vereinigten protestantisch-evangelisch-christlichen Kirche der Pfalz (Pfälzischen Landeskirche) vom 15. 11. 1925 (Bayer.GVBl. 1925, S. 65); Vertrag des Freistaates Preußen mit den evangelischen Landeskirchen vom I I . 5. 1931 (PrGS. 1931, S. 107); Vertrag des Freistaates Baden und der Vereinigten Evangelisch-protestantischen Landeskirche Badens v o m 9 . 1 2 . 1 9 3 2 (Bad.GVBl. 1933, S. 32). 2 1 7 Im Bereich Hessens waren beteiligt: die Evangelische Kirche der altpreußischen Union, die Evangelische Landeskirche in Hessen-Kassel, die Evangelische Landeskirche in Nassau, die Evangelische Landeskirche F r a n k f u r t a. M. und die Evangelische Landeskirdie von Waldeck und Pyrmont. 218 PrGS. 1931, S. 107; AKB1. 1931, S. 193; — der Vertrag wurde in den Amtsblättern der evangelischen Landeskirchen in Preußen publiziert. — Vgl. Johannes DUSKE, Z u m evangelischen Kirchenvertrag mit dem preußischen Staate, in: Preußisches Pfarrarchiv, 20. Jg. (1932), S. l f f . ; Johannes HECKEL, Der Vertrag des Freistaates Preußen mit den evangelischen Landeskirchen vom 1 1 . 5 . 1 9 3 1 , in: Theologische Blätter, 11. Jg. (1932), Sp. 6 5 f f . ; — Johannes KÜBEL, Der Vertrag der evangelischen Landeskirchen mit dem Freistaat Preußen, Berlin 1931; — Alfred SONDERMANN, Der Vertrag des Freistaates Preußen mit den evangelischen Landeskirchen, Jur. Diss. H a m b u r g 1933. 218 Hess.Reg.Bl. 1930, S. 58; KVOB1. E K H 1930, N r . 9, S. 39; — AKB1. 1930, S. 212.

43 Staatsleistungen gemäß Art. 138 Abs. 1/173 W R V feststellen sollte 220 . Mit der Schiedsvereinbarung war die Partnerschaftsstellung der Evangelischen Landeskirche in Hessen auf der Grundlage des Vertragsrechts anerkannt 2 2 1 . Durch die Errichtung eines unabhängigen Schiedsgerichts zur Beilegung staatlich-kirchlicher Streitfälle 2 2 2 unterwarf sich der Staat einer seinem Willen entzogenen Entscheidungsgewalt und bestätigte somit die seinem Souveränitätsspruch immanenten Grenzen. Das staatskirchenrechtliche System der Weimarer Reichsverfassung wurde durch den Abschluß der Staatskirchenverträge zur Regelung umstrittener Grenzfragen fortgebildet 223 . Diese Entwicklung trug die Züge einer Abschwächung der staatlichen Kirchenhoheit und der wachsenden Unabhängigkeit der evangelischen Kirche. V. Der Kirchenkampf

im nationalsozialistischen

Staat

Die Ansätze eines koordinationsrechtlichen Beziehungssystems zwischen dem Staat und der evangelischen Kirche wurden durch die kirchenpolitischen Maßnahmen der nationalsozialistischen Staatsgewalt zerbrochen 224 . Der Staat nahm auf Grund seines totalitären Machtanspruchs eine uneingeschränkte Kirchenhoheit in Anspruch und griff in alle kirchlichen Lebensäußerungen ein 225 . 2 2 f l D u r c h den Schiedsspruch v o m 2 0 . 1 1 . 1 9 3 3 w u r d e über die H ö h e der Staatsleistungen des Volksstaates Hessen an die Evangelische Landeskirche in Hessen entschieden (Schiedsspruch in der Streitsadie der Evangelischen Landeskirche Hessen gegen den V o l k s s t a a t Hessen, D a r m s t a d t , o. J . ) . Diese R e g e l u n g blieb die Rechtsgrundlage der Staatsleistungen f ü r das G e b i e t des ehemaligen Volksstaates Hessen bis zum I n k r a f t t r e t e n des F i n a n z a b k o m m e n s zwischen d e m L a n d Hessen u n d den evangelischen Landeskirchen in Hessen v o m 16. 7. 1957 ( S c h r . H M E V an die K L . E K H N v o m 1 6 . 7 . 1 9 5 7 — A Z : I — V I / 5 — 8 7 7 / 2 — 5 7 ) . 2 2 1 LIERMANN, K i r c h e n r e c h t , S. 137. 2 2 2 V g l . § 9 Abs. 3 des preußischen Gesetzes ü b e r die einstweilige R e g e l u n g der K o s t e n für die V e r w a l t u n g s b e h ö r d e n der evangelischen Landeskirchen v o m 1 5 . 1 0 . 1 9 2 4 ( P r G S . 1924, S. 6 0 7 ) , der die M ö g l i c h k e i t der E i n s e t z u n g eines Schiedsgerichts zur Beilegung v o n Meinungsverschiedenheiten e n t h i e l t . 2 2 3 MIKAT, a. a. O . , S. 130 ff. ( 1 3 3 ) . 224 VGL F H t z PoETZscH-HEFFTER/Carl-Hermann ULE/Carl DERNEDDE, V o m deutschen Staatsleben, J b ö R , B d . 2 2 ( 1 9 3 5 ) , S. 1 ff. ( 2 1 0 f f . ) ; — O t t o FRIEDRICH, D i e kirchenrechtliche E n t w i c k l u n g des deutschen evangelischen K i r c h e n t u m s seit 1 9 3 3 , i n : K J b 1 9 4 5 — 1 9 4 8 , S. 1 1 4 f f . ; — MIKAT, a. a. O . , S. 1 3 4 f . , m i t zahlreichen weiteren L i t e r a t u r h i n w e i s e n in A n m . 9 4 ; — K o n r a d HESSE, D i e E n t wicklung des Staatskirchenrechts seit 1945, J b ö R , N . F . X ( 1 9 6 1 ) , S. 3 ff. (7 ff.). 2 2 5 HUBER, Verfassungsrecht, S. 4 9 9 f., b e t o n t e — i m Gegensatz zu seiner f r ü h e r e n Auffassung — , daß dem S t a a t in allen A n g e l e g e n h e i t e n der politischen O r d n u n g u n d der staatlichen E x i s t e n z die K i r c h e n h o h e i t zustehe, die als w e sentlicher Bestandteil der politischen G r u n d o r d n u n g zu betrachten sei. — Z u r Lage in der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck e n t h ä l t die

44 In der Situation des Kirchenkampfes zerfielen mit der Absage der evangelischen Kirche an die staatliche Kirchenhoheit 226 und das nationalsozialistisch gelenkte Kirchenregiment 227 die wesentlichen institutionellen Bindungen der Kirche an den Staat. Die klare Abgrenzung der Beziehungen von Staat und Kirche war nicht allein das Ergebnis einer situationsbedingten Entscheidung der ersten Bekenntnissynode zu Barmen vom 29.—31. Mai 1934 2 2 8 , sondern vor allem der einsetzenden Rückbesinnung auf die Grundlagen der reformatorischen Theologie. Die Einsicht, daß das Bekenntnis „als verpflichtende Schriftauslegung der Kirche 2 2 9 " eine wesenhafte Bedeutung für die äußere Ordnung der Kirche hat 2 3 0 , fand ihren Niederschlag in der Barmer Erklärung zur Rechtslage der Deutschen Evangelischen Kirche vom 31. Mai 1934 2 3 1 . Diese wies das evangelische Kirchenrecht als bekenntnisgebundene Ordnung der Kirche aus 232 . Folgerichtig übernahm die evangelische Kirche mit der Verkündung des „kirchlichen Notrechts 2 3 3 " durch die zweite Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche zu Berlin-Dahlem am 19. und 20. O k tober 1934 die ausschließliche Verantwortung für die rechtliche Gestaltung Niederschrift über die Verhandlungen der Notsynode der E K K W v o m 25. 9. bis 2 8 . 9 . 1945 in Treysa-Hephata (unveröfftl., A k t . L K A . E K K W ) nähere Angaben. Z u r Situation der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen vgl. LUEKEN, K a m p f , Behauptung und Gestalt der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen, J u r . Diss. F r a n k f u r t a. M . 1947. 2 2 6 Thesen 1 und 5 der Theologischen Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche, i n : Gerhard NIEMÖLLER (Hrsg.), Die erste Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche zu Barmen, Bd. I I : Texte — D o k u m e n t e — Berichte, Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, Bd. 6, Göttingen 1959, S. 196 ff. 2 2 7 Erklärung zur Rechtslage der Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche, a. a. O., S. 202 f. 228 Karl IMMER (Hrsg.), Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche Barmen 1934, Wuppertal 1934; — vgl. Gerhard NIEMÖLLER, Die erste Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche zu Barmen, Bd. I : G e schichte, K r i t i k und Bedeutung der Synode und ihrer Theologischen Erklärung (Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, Bd. 5), Göttingen 1959. 2 2 9 Siegfried GRUNDMANN, Der Lutherische Weltbund, K ö l n / G r a z 1957, S. 66. 2 3 0 GRUNDMANN, D e r Lutherische Weltbund, S. 65 ff.; vgl. auch Alfred DE QUERVAIN, Kirche, V o l k , Staat; E t h i k II, l . H a l b b d . , Zürich 1945, S. 156ff. Vgl. zur Gesamtproblematik des kirchlichen Rechts auch WÄHLER, a. a. O., S. 159 ff. 2 3 1 Zf. 3 S. 1: „In der Kirche ist eine Scheidung der äußeren Ordnung v o m Bekenntnis nicht möglich." 2 3 2 Zf. 3 S. 3 cit. 2 3 3 Botschaft der Bekenntnissynode zu Berlin-Dahlem v o m 2 0 . 1 0 . 1 9 3 4 , A r t . II, Abs. 3, i n : Wilhelm NIEMÖLLER (Hrsg.), Die zweite Bekenntnissynode der Deutschen Evangelischen Kirche zu Dahlem (Arbeiten zur Geschichte des Kirchenkampfes, Bd. 3), Göttingen 1958, S. 37 f. (38).

45 ihrer inneren und äußeren O r d n u n g 2 3 4 . So w u r d e nicht nur die Rechtsetzungsgewalt der evangelischen Kirche bestätigt, sondern auch die spezifische Rechtsqualität kirchlicher N o r m e n 2 3 5 , die anderen W e r t u n g e n unterliegen als das säkulare R e c h t 2 3 6 . M i t G r u n d m a n n ist deshalb festzustellen: „Es ist ein Recht, das sich aus dem Wesen der Kirche und aus der Botschaft des Evangeliums herleitet 2 3 7 ." §4 D a s Verhältnis zwischen dem S t a a t und den evangelischen Landeskirchen in Hessen seit dem J a h r e 1 9 4 5 bis zur Einleitung der Verhandlungen z u m Staatskirchenvertrag im O k t o b e r 1 9 5 5 I. Theologische

Grundzüge

des öffentlichen

Wirkens

der

Kirche

Innerlich gefestigt erlebte die evangelische Kirche den militärischpolitischen Zusammenbruch des N S - S t a a t e s im J a h r e 1 9 4 5 . D i e Begegnung mit der Wirklichkeit des totalitären Staates, die in den v o n der sowjetischen M i l i t ä r g e w a l t okkupierten Gebieten Deutschlands bis in die G e g e n w a r t andauert, hat die evangelische Kirche auf ihr reformatorisches Selbstverständnis zurückgeführt 2 3 8 . T r o t z unterschiedlicher theologischer 2 3 4 Vgl. Erik WOLF, Zur rechtlichen Neugestaltung der Kirche, in: Junge Kirche, 4. Jg. (1936), S. 1072 ff.; Friedrich BRUNSTÄDT, Die Kirche und ihr Recht, Halle 1937; — Werner WEBER, Die staatskirchenrechtliche Entwicklung des nationalsozialistischen Regimes in zeitgenössischer Betrachtung, in: Rechtsprobleme in Staat und Kirche, Festschrift für Rudolf SMEND, Göttingen 1952, S. 365 ff. (386); ERNST WOLF, Das Problem der Rechtsgestalt der Kirche im Kirchenkampf, in: Z e v K R VIII, 1961, S. 1 ff. 235 VGL. D E QUERVAIN, a . a . O . , S. 145f., 158ff.; — GRUNDMANN, in: Vhlg. LS. E K K W , III, 1. o. (1959), S. 5 0 f . ; — Dietrich OEHLER, Evangelisches Kirchenrecht als bekennende Ordnung, in: Festschrift für Friedrich GIESE, Frankfurt a. M. 1953, S. 195 ff. 2 3 6 Es wurde mit der bisherigen Auffassung, die unter Verzicht auf eine klare Bekenntnisbindung von der strengen Unterscheidung zwischen Geist- und Rechtskirche beherrscht war, gebrochen. Nicht nur die Ansicht Sohms, der eine kirchliche Rechtsordnung für unvereinbar mit dem Wesen der Kirche erklärt hatte (vgl. Rudolph SOHM, Kirchenrecht, Bd. 1, S. 700), wurde revidiert, sondern auch die Betrachtungsweise Holsteins. Dieser hatte aus dem soziologischen Erscheinungsbild der Kirche als einer genossenschaftlichen Organisation „die geschichtliche Notwendigkeit. . . zur Ausprägung ihr wesensgemäßer Rechtsformen" gefolgert (HOLSTEIN, Grundlagen, S. 257), ohne einen qualitativen Unterschied der kirchlichen Normen zu den Rechtsordnungen anderer säkularer Gemeinwesen anzuerkennen ( a . a . O . , S. 87ff. [89]). 237

GRUNDMANN, i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , 1 . o . ( 1 9 5 9 ) , S . 5 1 .

Vgl. Edmund SCHLINK, Der Ertrag des Kirchenkampfes, Gütersloh 1947; — Herbert WEHRHAHN, Die kirchenrechtlichen Ergebnisse des Kirchenkampfes, in: Evangelische Theologie, N . F., 2. Jg. (1947/48), S. 313 ff.; — O t t o DIBELIUS, Grenzen des Staates, 2. Aufl., Tübingen 1952. 238

46 Begründung 239 hat sich die Auffassung von der Eigenständigkeit der Kirche, ihrer Lebensäußerungen und ihres Rechts allgemein durchgesetzt und in der theologischen Rechtslehre zu der übereinstimmenden Überzeugung geführt, daß „in der Kirche eine Scheidung der äußeren Ordnung vom Bekenntnis nicht möglich ist". Die eschatologische Botschaft des Neuen Testaments ist in das Bewußtsein der christlichen Gemeinde neu eingedrungen und hat den Grund für ein rechtes Verständnis der christlichen Freiheit gelegt 240 . Gelöst von den Bindungen säkularer Machtansprüche hat die christliche Gemeinde die Freiheit für ein verantwortliches Handeln in der Welt zurückgewonnen 241 . Die gestaltenden Kräfte des Glaubens werden zur Bewältigung des Diesseits freigesetzt 242 , eine Position, die Bonhoeffer 2 4 3 mit dem Begriff der „Diesseitigkeit des Christentums" umschrieben hat. Dieses Verständnis bestimmt den Auftrag der Kirche zur „protestantischen Gestaltung 2 4 4 " der weltlichen Ordnungen 245 , deren Existenz nicht durch eine originär-geschichtliche Seinsbestimmung, sondern allein aus der biblischen Offenbarung gerechtfertigt wird 2 4 6 . Mit dem von Bonhoeffer eingeführten Begriff des göttlichen Mandats 2 4 7 wird die auf dem Weisungscharakter beruhende funktionale Abhängigkeit der weltlichen Ordnungen deutlich hervorgehoben 248 . 2 3 9 Zu den von SCHEUNER, in: Z e v K R V I I , S. 230, Fußn. 8, S. 2 5 4 f . , skizzierten zwei Grundrichtungen in der theologischen Rechtslehre tritt die inzwischen von H a n s DOMBOIS, Das Recht der Gnade, Oekumenisches Kirdienrecht I, Forschungen und Bericht der Evangelischen Studiengemeinschaft, Witten 1961, entwickelte Auffassung, die das Wesen des kirchlichen Rechts in seinem funktionalen Verhältnis zur Gnade zu bestimmen versucht. 2 4 0 Friedrich GOGARTEN, Der Mensch zwischen G o t t und Welt, Heidelberg 1952, S. 20 ff. 2 4 1 GOGARTEN, Der Mensch, S. 23 fF.; H e i n z - H o r s t SCHREY, E i n f ü h r u n g zu „ D i e Freiheit des Christen für die Welt", in: H e l m u t THIELICKE/Heinz-Horst SCHREY, Glaube und Handeln — G r u n d p r o b l e m e evangelischer Ethik, Bremen, o. J „ S . 196 ff. 2 4 2 Dietrich BONHOEFFER, Ethik, 4. Aufl., München 1958, S. 255 ff.; — Paul TILLICH, Der Protestantismus — Prinzip und Wirklichkeit, Stuttgart 1950, S. 255 ff.; — Friedrich GOGARTEN, Verhängnis und H o f f n u n g der Neuzeit, Stuttgart 1953, S. 99 ff. 2 4 3 BONHOEFFER, Diesseitigkeit des Christentums, in: Evangelische Theologie, N . F , 1. J g . (1946/47), S. 2 f. 244

TILLICH, a. a. O . , S . 2 5 5 .

BONHOEFFER, Ethik, S. 255 ff. 2 4 8 Karl BARTH, Die kirchliche D o g m a t i k , III/4, 2. Aufl., Z ü r i d i 1957, S. 38 ff. (49); — BONHOEFFER, Ethik, S. 70 ff., 226 ff. 2 4 7 BONHOEFFER, Ethik, S. 2 2 2 f . : „ U n t e r ,Mandat' verstehen wir den konkreten, in der Christusoffenbarung und durch die Schrift bezeugten A u f t r a g , die Ermächtigung und Legitimierung zur Ausrichtung eines bestimmten göttlichen Gebotes, die Verleihung göttlicher A u t o r i t ä t an eine bestimmte Instanz." 2 4 8 BONHOEFFER, E t h i k , S. 70. 245

47 D a s M a n d a t der Kirche 2 4 9 verweist mit der V e r k ü n d i g u n g der e v a n gelischen Botschaft die weltlichen O r d n u n g e n in die Bereiche ihrer spezifischen V e r a n t w o r t u n g und Entscheidungskompetenz 2 5 0 . In der M a h nung der Kirche an den S t a a t 2 5 1 , sich auf die E r l e d i g u n g der Angelegenheiten zu beschränken, die seiner Zweckbestimmung entsprechen 2 5 2 , und d a m i t die freie Entscheidung zur B e w ä l t i g u n g der ihm zugewiesenen A u f g a b e n zu bewahren 2 5 3 , k o m m t die Eigenständigkeit des kirchlichen H a n d e l n s zum Ausdruck. In der konkreten Begegnung mit der säkularisierten staatlichen O r d n u n g w i r d das M a n d a t der Kirche z u m Öffentlichk e i t s a u f t r a g 2 5 4 , durch W o r t v e r k ü n d i g u n g , Seelsorge, katechetisches und diakonisches H a n d e l n 2 5 5 die V e r a n t w o r t u n g f ü r die O r d n u n g dieser Welt mitzuübernehmen 2 5 6 . 2 4 9 BONHOEFFER, Ethik, S. 73: „Im Unterschied zu den drei genannten Mandaten (Arbeit, Ehe und Obrigkeit, d. Verf.) geht es in dem göttlichen Mandat der Kirche um den Auftrag, die Wirklichkeit Jesu Christi in Verkündigung, kirchlicher Ordnung und christlichem Leben wirklich werden zu lassen, es geht also um das ewige Heil der ganzen Welt." 250

BONHOEFFER, Ethik, S. 7 0 f f „ 222 ff., 255.

DE QUERVAIN, a . a . O . , S. 145 ff. (147); — Hermann DIEM, 10 Thesen zum „politischen Gottesdienst", in: KiZ., XVI. Jg., 1961, S. 345 f. (346): „Es gibt keinen Staat und keine politische Situation und kein Gebiet des staatlichen Lebens, in welchem die Kirche die Ausübung dieser kritischen Funktion ihrer Verkündigung unterlassen und damit das Gebiet der iustitia civilis dem Staat selbst überlassen dürfte." 251

252

D E QUERVAIN, a. a. O . , S. 1 9 6 f f . ; —

253

BONHOEFFER, E t h i k , S. 2 5 6 .

BONHOEFFER, E t h i k , S. 2 7 0 f f .

(273).

254 Dazu Siegfried von KORTZFLEISCH, Verkündigung und „öffentliche Meinungsbildung" — Ein Beitrag zur Grundlegung kirchlicher Öffentlichkeitsarbeit, Stuttgart 1960, S. 92 ff. — KORTZFLEISCH, der die phänomenologische Struktur der Öffentlichkeit prüft, weist nach, daß der häufig angewandte Begriff des „Öffentlichkeitsanspruchs" (so Ernst WOLF, Art. „Kirche. I. Öffentlichkeitsanspruch der Kirche", in: Evangelisches Soziallexikon, 2. Aufl., Stuttgart 1956, Sp. 586 f.) „theologisch illegitim" ist. Das Evangelium sei substantiell öffentlich, bedürfe keiner Bestätigung durch die Öffentlichkeit und würde daher nicht erst öffentlich geschaffen. „Der Anspruch Gottes und sein Wille beinhalten nicht einen Anspruch der Kirche, sondern nur einen Auftrag der Kirche" ( a . a . O . , S. 110f. [111]). Von daher sei es allein zutreffend, die Aufgabe der Kirche als Auftrag, nicht aber als Anspruch an die Öffentlichkeit zu bestimmen. 2 5 5 Karl BARTH, Christengemeinde und Bürgergemeinde, Stuttgart 1946, S. 34 ff. Vgl. Art. 15 Abs. 1 der Grundordnung der E K D vom 13. 7.1948 (ABl. E K D 1948, N r . 80). 256 Karl BARTH, Christengemeinde und Bürgergemeinde, S . 7 f . , 11 f., 14f.; — Helmut GOLLWITZER, Die christliche Gemeinde in der politischen Welt, Tübingen 1954, S. 31 ff.

48 Im Vollzug ihres geistlichen Auftrags wird die Kirche zum Ordnungsfaktor in der Welt und damit integrierender Bestandteil eines umfassenden öffentlichen Ordnungsgefüges 257 . D a die Kirche ihren Verkündigungsauftrag auf Grund eines souveränen göttlichen Mandats erfüllt, wird abseits von der Betonung eigener kirchlicher Machtansprüche 258 die Gleichordnung von Staat und Kirche begründet 2 5 9 . Grundsätzliche theologische Einsichten schufen die Voraussetzung für eine koordinationsrechtliche Gestaltung des Verhältnisses von Staat und evangelischer Kirche 2 6 0 . II. Die staatskirchenrechtlicben Normen Hessen vom 1. Dezember 1946

der Verfassung

des

Landes

1. In dem neu erworbenen Selbstverständnis bemüht sich die evangelische Kirche seit dem Jahre 1945, die mannigfachen Probleme ihrer inneren und äußeren Ordnung auf der verpflichtenden Grundlage reformatorischer Aussagen zu lösen. Die eigenständige Position erlaubte den 257 Diese Stellung der Kirche wird begünstigt durch die pluralistische Ordnung des modernen parlamentarisch-demokratischen Verfassungsstaates. Es wäre jedoch verfehlt, die Kirche wegen ihres Öffentlichkeitsauftrages den Interessenverbänden oder ähnlichen Mächtegruppen zuzurechnen (so Thomas ELLWEIN, Klerikalismus in der deutschen Politik, München 1955, S. 54; — Theodor ESCHENBURG, Staat und Gesellschaft in Deutschland, 3. Aufl., Stuttgart 1957, S. 18 ff.). Im Unterschied zu diesen, von Ulrich SCHEUNER, Der Staat und die intermediären Kräfte, in ZevE, 1. Jg. (1957), S. 30 ff., als „intermediäre Kräfte" bezeichneten Machtgruppierungen, die ausnahmslos einen säkularen Charakter tragen, steht die Kirche auch in ihrer sozialen Wirklichkeit niemals „im Dienste einer säkularen Zielsetzung, sondern im Gehorsam gegen den Auftrag ihres Herrn" (GRUNDMANN, in: Vhlg. LS. EKKW, III, l . o . , S. 54); SCHEUNER, in: ZevE, 1. Jg. [1957], S. 37; — vgl. auch Joseph H. KAISER, Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin 1956, S. 122 ff. (129); — Werner WEBER, Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, 2. Aufl., Stuttgart 1958, S. 49 ff.; — sowie die kritischen Bemerkungen des verstorbenen Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen Hinrich KOPF in der Evangelischen Akademie in Loccum zum „Verbandscharakter" der christlichen Kirchen, EPD Nr. 222 vom 30. 9. 1959, S. 4 f . ; Text der Ansprache auszugsweise im K J b 1959, S. 2 f. Unbegründet erscheint jedoch die Sorge, die Anerkennung der öffentlichen Stellung der Kirche gefährde die Einheit der Staatsgewalt. Vgl. hierzu Reinhold ZIPPELIUS, Kirche und Staat und die Einheit der Staatsgewalt, in: Z e v K R I X (1962/63), S. 42 ff. 258 Eugen GERSTENMAIER, Die Christenheit in der Europapolitik der Gegenwart, in Verantwortung und Zuversicht, Festgabe für Otto Dibelius, Gütersloh 1950, S. 157 ff. (171). 2 5 9 BONHOEFFER, Ethik, S. 255ff. (257); — DIEM, in: KiZ, XVI. Jg. (1961), S. 346. 260 SCHEUNER, in: ZevKRVII, 1959/60, S.228F.; vgl. Art.3 Abs.2 GO.EKD.

49 evangelischen Landeskirchen in Hessen, eine bekenntnisgebundene kirchliche Verfassungsordnung unabhängig v o n staatlicher M i t w i r k u n g zu errichten 2 6 1 . D i e ersten A n s ä t z e einer staatlichen O r g a n i s a t i o n im hessischen R a u m bewogen die Kirchen alsbald zu der Frage, wie die Beziehungen zwischen dem neu zu konstituierenden hessischen S t a a t und den evangelischen L a n deskirchen zu gestalten seien. Bei der B e r a t u n g der kulturpolitischen Artikel der hessischen Landesverfassung 2 6 2 w u r d e das aktuelle Interesse an der künftigen O r d n u n g des Verhältnisses v o n S t a a t und Kirche sichtb a r 2 6 3 . Die evangelischen Landeskirchen nahmen zu dem staatlichen E n t w u r f Stellung 2 6 4 und teilten ihre Vorschläge mit, die t r o t z der völlig ungeklärten Rechtslage auf ein bestimmtes, den gewandelten theologischen Auffassungen entsprechendes staatskirchenrechtliches Verständnis schließen ließen. Ihre H a l t u n g konzentrierte sich auf die F o r d e r u n g an den Staat, die Eigenständigkeit der Kirche und ihrer Lebensäußerungen, insbesondere ihres Öffentlichkeitsauftrages, verfassungsrechtlich anzuerkennen und das Verhältnis v o n S t a a t und Kirche durch vertragliche V e r einbarungen zu regeln 2 6 5 . 261

Vgl. o. S. 16.

262

V g l . h i e r z u ZINN/STEIN, a . A . O . , E i n f . II, 2 ; —

Wiltraut v.

BRÜNNECK,

Die Verfassung des Landes Hessen vom 1. Dezember 1946, in: J b ö R , N. F . I I I (1954), S. 213 ff.; — Alfons SCHÖNBERGER, Die Grundsatzregelung des Verhältnisses von Staat und Kirche in der Verfassung des Landes Hessen vom 11. 12. 1946, Jur. Diss. Marburg 1952; — Ernst SCHNEIDER, Das Verhältnis von Staat und Kirche nach hessischem Verfassungsrecht, Jur. Diss. Frankfurt a. M. 1957, S. 58 ff.; — HESSE, in: J b ö R , N . F. X (1961), S. 10ff. 2 6 3 So fand am 10. und 1 1 . 9 . 1946 in Herborn eine Arbeitstagung „Kirdie und Staat" statt, an der staatliche und kirchliche Vertreter teilnahmen und die staatskirchenrechtliche Problematik erörterten (Prot, der Tagung, Akt. K V . EKHN). 2 6 4 Die Evangelische Kirche in Nassau äußerte sich in drei Schreiben an den Ministerpräsidenten des Landes Groß-Hessen — vom 24. 5. 1946 (Nr. 3803), 12. 6 . 1 9 4 6 (Nr. 3925) und vom 17. 6. 1946 (Nr. 4360) — zu Fragen des Verhältnisses von Staat und Kirche und von Religion und Schule (Akt. K V . E K H N ) . Am 30. 8. 1946 legte der „Beauftragte Arbeitskreis für evangelische Jugendunterweisung in den Evangelischen Kirchen Frankfurt, Hessen und Nassau" eine „Entschließung zur Frage der F o r m der Volksschule und zur Stellung des Religionsunterrichts" vor (Akt. KV. E K H N ) . 2 6 5 Schreiben des Verbindungsausschusses der evangelischen Kirchenleitungen von Darmstadt, Wiesbaden und Frankfurt a. M. an den Ministerpräsidenten des Staates Groß-Hessen vom 25. 9. 1946 (Auszug): „Bei der Evangelischen Kirche in Deutschland geführte Verhandlungen über die Regelung des Verhältnisses von Staat und Kirche haben die grundsätzliche Billigung folgender Forderungen an den Staat ergeben: 1. Der Staat erkennt an, daß die christliche Kirche und ihre Arbeit um des Volkes willen ungestört sein muß. Die Kirchen entscheiden allein über ihre

4

Klose,

Reditsbeziehungen

50 Dem kirchlichen Anliegen wurde der von der Vorbereitenden Verfassungskommission 2 6 6 vorgelegte Verfassungsentwurf 2 ^ 7 nicht gerecht. Dieser wurde bestimmt von den liberal-sozialistischen Gedanken einer konsequenten Trennung von Staat und Kirche 2 6 8 . Der Öffentlichkeitsauftrag der Kirche wurde schlechthin ignoriert 2 6 9 , was bei den leitenden kirchlichen Gremien erhebliche Bedenken auslöste 2 7 0 . Erst das Verfassungskompromiß 2 7 1 , das die Auseinandersetzungen der politischen Parteien 2 7 2 im Verfassungsausschuß der Verfassunggebenden Landesversammlung 2 7 3 beendete, führte zu einer Abschwächung des radikalen Trennungsgedankens und der laizistischen Tendenzen des Verfassungsprojekts 2 7 4 . Der revidierte Entwurf der staatskirchenrechtlichen Verfassungsbesimmungen (Art. 4 8 — 5 4 ) wurde in der Verfassunggebenden Landesversammlung am 29. Oktober 194 6 2 7 5 mit 82 Stimmen der S P D , C D U und K P D gegen Lehre und ihre Ordnung. Sie gestalten ihr Recht im Rahmen der für alle geltenden Gesetze. Den Kirchen verbleiben die ihnen bisher zustehenden, auf Gesetz, Vertrag und Herkommen beruhenden öffentlichen Rechte. 2. Der Staat sichert den christlichen Kirchen ihr Eigentum und die ihnen bisher zugestandenen Vermögensrechte jeder Art. Den Kirchen verbleibt das Recht, von ihren Gliedern Beiträge in Form von Steuern, Abgaben und Opfern zu erheben. 3. Auf allen Gebieten des kirchlichen Lebens, insbesondere auf denen der Jugenderziehung und der Liebestätigkeit, wird den christlichen Kirchen die Möglichkeit freier Entfaltung zugesichert. 4. Das Verhältnis von Staat und christlicher Kirche wird durch Vertrag im einzelnen geregelt." (Akt. KV. E K H N ) Vgl. SCHÖNBERGER, a. a. O., S. 117, Fußn. 1. 266 v. BRÜNNECK, in: JböR, N. F. III (1954), S. 217f. 267 Entwurf einer Verfassung für Hessen nach den Beschlüssen des Vorbereitenden Verfassungsausschusses für Groß-Hessen (auch Hessischer Entwurf genannt), Vhlg. LV, I, Nr. 2; Vhlg. LV, lila, S. 8 ff. 268

ZINN/STEIN, a. a. O . , E r l . I v o r A r t . 4 8 ; — SCHNEIDER, a. a. O . , S . 6 0 .

Dies ließ insbesondere die Fassung des Art. 34 des Hessischen Verfassungsentwurfs erkennen; — Vhlg. LV, I, Nr. 53 (Art. 32—36); —Ausführungen des Abgeordneten CASPARY (SPD), in: Vhlg. LV, lila, S. 155; — v. BRÜNNECK, 269

in: J b ö R , N . F. III (1954), S. 229 f. 270 271

Akt. KV. E K H N . Vhlg. LV, I, Nr. 81—84 (82), Vhlg. LV, III, S. 190 f. (Begründung zur

V o r l a g e N r . 8 2 ) ; — v . BRÜNNECK, i n : J b ö R , N . F . I I I ( 1 9 5 4 ) , S. 2 3 2 ; — ZINN/

STEIN, a. a. O., Einf. II, 3. 272 Über die Auffassungen der politischen Parteien vgl. v. BRÜNNECK, in: JböR, N. F. III (1954), S. 219 ff.; — SCHNEIDER, a. a. O., S. 61 ff. 273 Vhlg. LV, III, S. 155 ff., Vhlg. LV, lila, S. 149 ff. (155), 2 0 9 f f , 213 ff.; — vgl. v. BRÜNNECK, in: JböR, N. F. III (1954), S. 222ff. (228). 274

SCHNEIDER, a. a. O , S. 6 8 f .

V h l g . L V , I, N r . 9 8 , A r t . 4 8 — 5 4 ; — V h l g . L V , I I I , S . 2 1 0 f f . ; — v . BRÜNNECK, i n : J b ö R , N . F . I I I ( 1 9 5 4 ) , S . 2 3 5 f f . 275

51 6 Stimmen der L D P angenommen. Die Hessische Landesverfassung trat am 1. Dezember 1946 in Kraft 2 7 6 . 2. Die Konzeption des kirchenpolitischen Systems der hessischen Verfassung 277 wird durch die Bestimmungen der Art. 49 2 7 8 und 5 0 2 7 9 erhellt. Während Art. 49 H V die kirchliche Rechtshoheit verfassungsrechtlich garantiert 280 , ordnet Art. 50 H V das staatlich-kirchliche Verhältnis im Sinne einer strengen Scheidung der Bereiche beider Gemeinschaften 281 . Die verfassungsrechtliche Entscheidung wird freilich nicht als eine feindliche Trennung von Staat und Kirche angesehen 282 , womit die kirchlichen Wesensäußerungen dem Bereich privater Vereinstätigkeit zugewiesen würden, sondern sie wird als Auftrag verstanden, klare Grenzen zwischen dem geistlichen und dem weltlichen Bereich zu schaffen. Es erscheint aber gewagt, auf Grund der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Grenzziehung die Feststellung zu treffen, daß der hessische Staat im Verhältnis zu den Kirchen ein System allgemeiner Koordination anstrebt 283 . Die gebotene Grenzziehung verpflichtet den Staat nicht, die Kirchen als gleichberechtigte Partner anzuerkennen. Lediglich ansatzweise ist der Gleichordnungsgedanke in das hessische Verfassungsrecht eingegangen. Dafür spricht Art. 50 Abs. 2 H V , der durch das gegenseitige Nichteinmischungsverbot nicht nur die Kirchen, sondern auch den Staat der verfassungsrechtlichen Schranke unterwirft, den Wesensbestand der anderen Gemeinschaft nicht anzutasten 284 . G V B 1 . 1946, S. 2 2 9 . D e r V e r f a s s u n g s g e b e r h a t die staatskirchenrechtlichen N o r m e n d e r V e r fassung unter d e m Titel „Staat, Kirchen, Religions- und Weltanschauungsg e m e i n s c h a f t e n " z u s a m m e n g e f a ß t u n d d a m i t auch f o r m a l z u m A u s d r u c k geb r a c h t , daß er eine s y s t e m h a f t e O r d n u n g der staatlich-kirchlichen B e z i e h u n g e n h e r s t e l l e n will. 2 7 8 A r t . 49 H V : „ J e d e K i r c h e , R e l i g i o n s - u n d W e l t a n s c h a u u n g s g e m e i n s c h a f t o r d n e t u n d v e r w a l t e t i h r e A n g e l e g e n h e i t e n s e l b s t ä n d i g i n n e r h a l b d e r Schrank e n des f ü r alle g e l t e n d e n G e s e t z e s . Sie v e r l e i h t i h r e Ä m t e r o h n e M i t w i r k u n g des S t a a t e s o d e r d e r b ü r g e r l i c h e n G e m e i n d e . " 2 7 9 A r t . 50 H V : „(1) E s ist A u f g a b e v o n G e s e t z o d e r V e r e i n b a r u n g , die staatlichen u n d kirchlichen Bereiche k l a r g e g e n e i n a n d e r a b z u g r e n z e n . (2) D i e K i r c h e n , R e l i g i o n s - u n d W e l t a n s c h a u u n g s g e m e i n s c h a f t e n h a b e n sich, w i e der S t a a t , j e d e r E i n m i s c h u n g in die A n g e l e g e n h e i t e n des a n d e r e n Teils z u enthalten." 276

277

280

ZINN/STEIN,

a. a. O . , E r l . 4 z u A r t . 4 9 .

281

ZINN/STEIN,

a.A.O.,

Erl. 2 zu

Art. 50;



vgl.

auch

v. BRÜNNECK,

in:

J b ö R , N . F . III (1954), S. 2 4 6 ; — SCHNEIDER, a. a. O . , S. 122 f. 282

Z I N N / S T E I N , a. a. O . , E r l . z u A r t . 5 0

283

S o Z I N N / S T E I N , a. a. O . , E r l . 3 z u A r t . 5 0 .

284

ZINN/STEIN,

a.a.O.,

Erl. 3 zu Art. 50;



SCHNEIDER,

a.a.O.,

S. 127 ff.

(129), 138 ff. (140). — I m W i d e r s p r u c h z u d e m v o n ZINN/STEIN b e t o n t e n G l e i d i o r d n u n g s g e d a n k e n s t e h t a l l e r d i n g s die I n t e r p r e t a t i o n des A r t . 50 A b s . 2 H V , d a ß das E i n m i s c h u n g s v e r b o t in den g e m e i n s a m e n A n g e l e g e n h e i t e n des 4*

52 T r o t z dieser A n s ä t z e eines koordinationsrechtlichen O r d n u n g s d e n k e n s bleibt eine diesem Beziehungssystem entsprechende partnerschaftliche E n t wicklung des Verhältnisses v o n S t a a t u n d Kirche verfassungsrechtlich unbestimmt 2 8 5 . G e m ä ß A r t . 50 A b s . 1 H V ist eine grenzziehende R e g e l u n g f ü r die Bereiche des staatlichen und kirchlichen H a n d e l n s nicht ausschließlich dem vertraglichen Ü b e r e i n k o m m e n 2 8 6 , sondern zuerst der Initiative des staatlichen Gesetzgebers überlassen. Nicht allein diese U n k l a r h e i t erschwerte die H e r s t e l l u n g partnerschaftlicher Beziehungen zwischen dem L a n d H e s s e n u n d den evangelischen Landeskirchen. Z w a r sicherte A r t . 51 A b s . 1 H V den evangelischen Landeskirchen den S t a t u s einer K ö r p e r schaft des öffentlichen Rechts, im G e g e n s a t z z u den Regelungen anderer westdeutscher L a n d e s v e r f a s s u n g e n 2 8 7 unterließ es aber der hessische Verfassungsgeber, die Kirchen als bestimmende K r ä f t e der öffentlichen O r d nung ausdrücklich zu bestätigen 2 8 8 . E b e n f a l l s blieb der kirchliche Wunsch nach einer verfassungsrechtlichen G a r a n t i e der kirchlichen Vermögensrechte im Sinne des A r t . 138 A b s . 2 W R V u n e r f ü l l t 2 8 9 . Entgegen der staatskirchenrechtlichen T r a d i t i o n entbehrten die Vermögenswerte der Staates und der Kirche vor allem die Kirche zur Zurückhaltung verpflichte (a. a. O., Erl. 5 zu Art. 50). 285 Nach dem Wortlaut der Verfassung bleibt insbesondere ungeklärt: 1. nach welchen Richtlinien die Abgrenzung des staatlichen und kirchlichen Bereichs erfolgen soll; 2. ob der Staat die alleinige Entscheidungsbefugnis über die Methode der Abgrenzung — Vertrag oder einseitiges Staatsgesetz — besitzt; 3. ob der Staat aus eigenem Ermessen über die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeitsbereiche der staatlichen, kirchlichen und gemischten Angelegenheiten befindet. V g l . a u c h SCHNEIDER, a. a. O . , S .

1 2 1 f f . ; SCHÖNBERGER, a. a . O . , S . 1 2 4 f f .

In der Sicht von ZINN/STEIN, a. a. O., Bern, vor Art. 48, Erl. II, 4, wird die Bedeutung des koordinationsrechtlichen Vertrages überdies erheblich dadurch gemindert, daß die übergeordnete Rechtsqualität koordinationsrechtlicher Normen bestritten und das staatlich-kirchliche Vertragsrecht in seinen Geltungsbedingungen dem hessischen Verfassungsrecht unterworfen wird. 286

287

Vgl.

die

Übersicht

bei

MIKAT,

a.a.O.,

S. 141,

Fußn. 125ff.,

SCHÖN-

BERGER, a. a. O . , S . 3 9 ff. 288 Die besondere Stellung der Kirchen in der öffentlichen Ordnung kommt nur mittelbar in der differenzierenden Formulierung „Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften" zum Ausdruck. Der Verfassungswortlaut vermeidet damit jene nivellierende Tendenz der Weimarer Reichsverfassung, die eine unterschiedslose staatskirchenrechtliche Behandlung aller religiösen Gemeinschaften bekundet. 2 8 9 ZINN/STEIN, a. a. O., Erl. 6 zu Art. 52; — Schreiben der Vorl. Leitung der Evangelischen Kirche in Nassau an den Hessischen Minister für Kultur und Unterricht vom 25. 6. 1947 (Nr. 4366), in dem bedauert wird, „daß die hessische Verfassung in der Reihe der westlichen Regelungen den berechtigten kirchlichen Wünschen am wenigsten nachgekommen ist".

53 evangelischen Landeskirchen, die einer ausschließlichen geistlichen Zweckbestimmung 2 9 0 unterliegen, des verfassungsrechtlichen Schutzes, den die Kirche im Interesse einer gesicherten E r f ü l l u n g ihres Verkündigungsauftrages 2 9 1 erbeten hatte 2 9 2 . „Die Selbstbestimmung und Unverletzlichkeit der Kirche nach der Seite ihres materiellen Substrats 2 9 3 " w a r verfassungsmäßig nicht mehr gewährleistet. Die Regelung des A r t . 52 H V , d a ß die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Kirchen auf dem Wege einseitiger staatlicher Gesetzgebung abgelöst werden 2 9 4 , läßt erkennen, d a ß die hessische Verfassung eine Gleichordnung von Staat und Kirche auf vermögensrechtlichem Gebiet nicht anerkannte. 3. In der Folgezeit beeinflußte jedoch gerade das Fehlen einer verfassungsrechtlichen Bestimmung im Sinne des Art. 138 Abs. 1 W R V , der bis zur Aufstellung reichsrechtlicher G r u n d s ä t z e eine Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen nur im Wege der Vereinbarung erlaubte 2 9 5 und in Verbindung mit A r t . 173 W R V zu einer Bestandsgarantie der Staatsleistungen wurde 2 9 6 , nachhaltig die Entwicklung der staatskirchenrechtlichen Praxis in Hessen. D e r Staat w a r bestrebt, die Ablösungsfrage nicht durch einen einseitigen gesetzgeberischen Akt 2 9 7 , sondern durch ein Über290

Johannes HECKEL, Kirchengut und Staatsgewalt. Ein Beitrag zur Geschichte und Ordnung des heutigen gesamtdeutschen Staatskirchenrechts, in: Rechtsprobleme in Staat und Kirche, Festsdirift f ü r Rudolf SMEND, Göttingen 1 9 5 2 , S. 1 0 3 f f . ( 1 3 7 ) ; — MIKAT, a. a. O . , S. 2 2 0 . 291

HECKEL, Kirchengut, S. 103 ff. (105). Auf den besonderen Schutz der Vermögensrechte der kirchlich anerkannten Arbeitsverbände hatte die Vorl. Leitung der Evangelischen Kirche in Nassau in einem Schreiben an den Ministerpräsidenten des Staates GroßHessen vom 12. 6.1946 (Nr. 3925) hingewiesen. 292

293

HECKEL, K i r c h e n g u t , S. 1 0 5 .

294

Art. 52 H V steht in Widerspruch zu der Regelung des Art. 18 Abs. 1 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20.7. 1933 (RGBl. 1933, II, S. 679). Gemäß Art. 67 S. 2 HV („Kein Gesetz ist gültig, das. . . mit einem Staatsvertrag in Widerspruch steht") ist die Ablösungsregelung der Hessischen Verfassung ungültig. Zwar bindet das Reichskonkordat den hessischen Staat unmittelbar nur in seinen Beziehungen zur katholischen Kirche, der dem deutschen Staatskirchenrecht immanente Grundsatz der Parität verpflichtet diesen jedoch auch zu einer analogen Behandlung der evangelischen Landeskirchen nach Maßgabe des Art. 18 Abs. 1 RK. 295

296

EBERS, S t a a t u n d K i r c h e , S. 2 5 0 ; — MIKAT, a. a. O . , S. 2 2 9 .

Ernst Rudolf HUBER, Die Garantie der kirchlichen Vermögensrechte in der Weimarer Reichsverfassung, Tübingen 1927, S. 106; — Werner WEBER, Die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften, Stuttgart 1948, S. l f . 297 Ein dahingehender Antrag der Fraktion der KPD im Hessischen Landtag vom 11.8.1947 (Hess.LT., l.WP., I, Nr. 416) wurde abgelehnt (Hess.LT., l.WP., III, S. 931).

54 einkommen mit den evangelischen Landeskirchen zu lösen 298 . Seine Verhandlungsbereitschaft bewies, daß er die Kirchen als gleichberechtigte Gesprächspartner anerkannte und daß staatlicherseits ein Interesse an dem Ausbau eines staatlich-kirchlichen Beziehungssystems bestand, das über die verfassungsrechtlichen Anfänge einer koordinierenden Diarchie des Art. 50 H V hinausgriff. 4. Kennzeichnend für die staatskirchenrechtliche Entwicklung in Hessen ist somit, daß sich dem staatskirchenrechtlichen System der Landesverfassung keine eindeutige Stellungnahme zum Verhältnis von Staat und Kirche entnehmen läßt 299 . In Einzelbestimmungen folgt es wegen seiner auf Trennung gerichteten Tendenz auffällig der ursprünglichen Konzeption der Weimarer Reichsverfassung. Daneben stehen Ansätze, die auf die Möglichkeit der Errichtung eines koordinationsrechtlichen Beziehungssystems hindeuten. Der Weg zur Überwindung der konzeptionellen Mehrschichtigkeit wurde durch die staatskirchenrechtliche Praxis gewiesen 300 . Sie offenbarte einerseits die latente Spannung, in die das kirchenpolitische System der hessischen Verfassung bezüglich der staatskirchenrechtlichen Gesamtsituation in der Bundesrepublik Deutschland geriet, und veranlaßte andererseits zu einer „schöpferischen Verfassungsinterpretation 301 ", die das gewandelte staatskirchenrechtliche Bewußtsein der Nachkriegszeit in die Betrachtung einbezog. III. Der Einfluß der staatskirchenrechtlichen auf die Entwicklung in Hessen

Ordnung des

Grundgesetzes

1. Tiefgreifend beeinflußte die staatspolitische Entwicklung in Westdeutschland, insbesondere die Gründung der Bundesrepublik Deutschland, 298 Protokoll der Sitzung v o m 9. 1.1948, betreffend die Ausführung des Art. 52 H V . An diesem Gespräch nahmen der Hessische Minister für Erziehung und Unterricht Dr. STEIN und zwei weitere Vertreter des Kultusministeriums sowie die Vertreter der Diözesen Fulda, Limburg und Mainz und der evangelischen Landeskirchen teil (Akt. KV. E K H N ) . — Auf die Frage, ob der Staat gemäß Art. 18 Abs. 1 RK in Verbindung mit Art. 67 S. 1 H V verpflichtet sei, die Ablösungsregelung des Art. 52 H V entsprechend zu modifizieren und das „Einvernehmen" mit den Kirchen zu suchen, wies in der Sitzung Pfr. Dr. HATTEMER (Bischöfl. Ordinariat Mainz) hin. Die gleiche Ansicht hatte auch Präsident Dr. THEINERT (EKHN) geäußert (Prot., a. a. O., S. 3, — Akt. KV. E K H N —). 299

300

SCHÖNBERGER, a . a . O . , S . 1 8 1 f f . , 1 8 4 f f .

So hat der hessische Staat die Kirchen von dem Genehmigungszwang der Amortisationsgesetze bei der Annahme von Schenkungen, letztwilligen Zuwendungen und beim Grundstückserwerb befreit ( § § 3 und 7 des Gesetzes über Erwerbsbeschränkungen für juristische Personen und Ausländer v o m 13. 8.1948 — GVB1. 1948, S. 96). 301 Adalbert ERLER, Besprechung zu ZINN/STEIN, Die Verfassung des Landes Hessen,Bad H o m b u r g v . d . H ö h e / B e r l i n 1954,in: Z e v K R I V (1955),S. 410fF. (413), erblickt darin das Ziel der Autoren des Verfassungskommentars.

55 die staatskirchenrechtliche L a g e in Hessen. M i t dem Inkrafttreten des Grundgesetzes f ü r die Bundesrepublik Deutschland v o m 23. M a i 1949302303 erhielt das neuerrichtete demokratische Staatswesen (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 G G ) eine v e r f a s s u n g s m ä ß i g e G r u n d o r d n u n g , in deren Geltungsbereich das Verhältnis v o n S t a a t u n d Kirche gemäß A r t . 140 G G geordnet wurde. Durch A r t . 140 G G 3 0 4 rezipierte der Verfassungsgeber die staatskirchenrechtlichen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung. D e r Verfassungsgeber beschränkte sich auf eine verfassungsrechtliche Gestaltung der G r u n d z ü g e des staatskirchenrechtlichen Systems, u m einer k ü n f tigen E n t f a l t u n g der staatlich-kirchlichen Beziehungen nicht durch eine situationsbedingte Entscheidung v o r z u g r e i f e n 3 0 5 . T r o t z d e m bedeutete die Ü b e r n a h m e der V e r f a s s u n g s n o r m e n nicht die Wiederherstellung des staatskirchenrechtlichen Zustandes der Weimarer R e p u b l i k 3 0 6 . I n der g e w a n delten geschichtlichen S i t u a t i o n 3 0 7 w u r d e n die staatskirchenrechtlichen BGBl. 1949 I, S. 1. 30s Uber die Gesetzgebungsmaterialien des Parlamentarischen Rates vgl. Klaus-Berto v. DoEMMiNG/Rudolf Werner FüssLEiN/Werner MATZ, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts, N . F., I, 1951, S. 899 ff.; — Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar), hrsg. von Bodo DENNE-WITZ, 2 Bde., Hamburg 1950 ff., — Hermann v. MANGOLDT, Das Bonner Grundgesetz, Berlin/Frankfurt a. M. 1953, S. l f f . ; — Hermann v. MANGOLDT/ Friedrich KLEIN, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., Bd. 1, Berlin/Frankfurt a. M. 1957, S. l f f . 3(12

304 „Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes." 3 0 5 Rudolf SMEND, Staat und Kirche nach dem Bonner Grundgesetz, in:

Z e v K R I ( 1 9 5 1 ) , S. 4 f f . ( 1 1 ) ; — v . MANGOLDT, a. a . O . , S . 6 6 0 . 3 0 9 Zu dieser allgemeinen Anschauung: SMEND, in: ZevKR I (1951), S. 11; — Werner WEBER, Die Gegenwartslage des Staatskirchenrechts, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer ( = W D S t R L ) , Heft 11 (1954), S. 153ff. (158ff.); — Hans PETERS, Die Gegenwartslage des Staatskirchenrechts, 2. Mitbericht, in W D S t R L 11 (1954), S. 177ff.; — MIKAT, a. a. O., S. 136ff.; — HESSE, in: J b ö R , N . F. X (1961), S. 22f., der die führende Rolle der staatskirchenrechtlichen Theorie in der Neuinterpretation der kirchenpolitischen Artikel des Grundgesetzes und der Länderverfassungen hervorhebt; — Hans LIERMANN, Kirche und Staat in der Bundesrepublik Deutschland, in: Ö A K , 5. Jg. (1954), S. 207ff. (214ff.); — Karl Eugen SCHLIEF, Die Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche und seine Ausgestaltung im Bonner Grundgesetz. Geschichte, Entstehung und Auslegung des Art. 140 G G i. V. m. Art. 137 WRV. Jur. Diss. Münster 1961, S. 129 ff. 3 0 7 Arnold KÖTTGEN, Kirche im Spiegel deutscher Staatsverfassungen der Nachkriegszeit, in: DVB1. 1952, S. 485 ff. (486), spricht von einer „Auswechselung des verfassungsrechtlichen Hintergrundes". — Die Notwendigkeit einer neuen Auslegung der staatskirchenrechtlichen Artikel der Weimarer Reichsverfassung wird allerdings unterschiedlich begründet. Sie wird sowohl aus der

56 N o r m e n der Weimarer Reichsverfassung mit einem neuen Sinngehalt erfüllt 3 0 8 . Der Staat, der die Kirche als „Rechtsgemeinschaft: erster O r d nung 3 0 9 " anerkennt, deren „ G e w a l t ursprüngliche eigenständige H e r r schaftsgewalt ist 3 1 0 ", gestaltet seine Beziehungen zur Kirche nicht mehr durch die Verwirklichung eines einseitigen Herrschaftsanspruchs. D a s subordinationsrechtliche G e f ü g e im deutschen Staatskirchenrecht wurde durch das Prinzip der Gleichordnung (Koordination) abgelöst. Die veränderte Interpretation der Verfassungsartikel war sowohl das Ergebnis des wiedererworbenen Selbstverständnisses der evangelischen Kirche als auch einer grundlegend revidierten Staatsauffassung 3 1 1 , die durch „die Überwindung des ausschließlich staatsbezogenen Denkens, die Abkehr von einer etatistischen G r u n d a u f f a s s u n g und dem Gedanken jeder Staatsomnipotenz 3 1 2 " charakterisiert w i r d 3 1 3 3 1 4 . Mit der Anerkennung einer überpositiven, vorstaatlichen ethischen Ordnung folgte der Tatsache ihres Einbezogenseins in das Wertsystem des Grundgesetzes (so Hans HOLTKOTTEN, a . a . O . , E r l . z u A r t . 1 4 0 G G , II, 2 ; LIERMANN, i n : Ö A K , 5. J g . ( 1 9 5 4 ) , S . 2 1 4 ; SCHLIEF, a . A . O . , S . 132FF.) als auch m i t d e m W a n d e l i m t a t -

sächlichen Verhältnis von Staat und Kirche in der Bundesrepublik erklärt. — Zur Frage der „Geltungsfortbildung verfassungsrechtlicher Normen", insbesondere der korrelativen Zuordnung des positiven Verfassungsrechts zur Verfassungswirklichkeit, vgl. Konrad HESSE, Der Rechtsschutz durch staatliche Gerichte im kirchlichen Bereich. Ein Beitrag zur Frage des rechtlichen Verhältnisses von Staat und Kirche in der Gegenwart (Göttinger rechtswissenschaftliche Studien, Bd. 19), Göttingen 1956, S. 28 ff. 308 SMEND, in: ZevKR I (1951), S. 4, 11; — MIKAT, a. a. O., S. 136ff. (138). Von der allgemeinen Auffassung abweichend hält Helmut QUARITSCH, Kirchen und Staat. Verfassungs- und staatstheoretische Probleme der staatskirchenrechtlichen Lehre der Gegenwart, in: Der Staat, 1. Jg. (1962), S. 117ff., 289ff., an der etatistischen Staatsauffassung fest. Er behauptet eine allumfassende Herrschaftsfunktion des Staates und lehnt ein Koordinationsverhältnis des Staates und der Kirchen ab. 309 Erich KAUFMANN, Das Wesen des Völkerrechts und die clausula rebus sie stantibus, Tübingen 1911, S. 156. 310 MIKAT, a . a . O . , S. 161; — dieser in der Literatur überwiegend vertretenen Ansicht hat sich auch die staatliche Rechtsprechung angeschlossen — so BGHZE, Bd. 12, S. 321 ff. (323); — Bd. 22, S. 383 ff.; — OLG Schleswig, in: Z e v K R I V (1955), S. 325 ff. 311 312

Bd. 2.

HESSE, Rechtsschutz, S. 52ff.; — MIKAT, a. a. O., S. 136ff. Hans HOLTKOTTEN, Erl. zu Art. 140 GG II, 2, in: Bonner Kommentar,

313 Vgl. HESSE, Rechtsschutz, S. 56 ff., der auf das „Problem der Uberwindung einer Wertungskrise" hinweist, die er als die soziologische Ursache für die veränderte Haltung des Staates zu den Kirchen ansieht. 314 Ulrich SCHEUNER, Die staatskirchenrechtliche Tragweite des niedersächsischen Kirchenvertrages von Kloster Loccum, in: ZevKR VI (1957/58),

S . 1 ff. ( 3 ) ; — MIKAT, a. a. O . , S . 138.

57 Grundgesetzgeber der staats- und „rechtsphilosophischen Neuorientier u n g 3 1 5 " und wies mit seiner Entscheidung die Richtung zu einem neuen Verständnis der staatskirchenrechtlichen Verfassungsnormen. So w i r d in A r t . 1 4 0 G G die Eigenständigkeit der kirchlichen Lebensäußerungen, die v o n staatlicher Anerkennung unabhängig sind, bestätigt. D a s öffentliche W i r k e n 3 1 6 der Kirche ist als missionarischer Dienst 3 1 7 frei von staatlicher Weisung und bedeutet die Ausübung eines der Kirche aufgegebenen Wächteramtes gegenüber dem S t a a t 3 1 8 . Dieser Öffentlichkeitsauftrag, der nicht zuletzt durch eine rechtlich geordnete „Beteiligung v o n V e r t r e t e r n " der evangelischen Landeskirchen „in Gremien des s t a a t lichen K o m p e t e n z b e r e i c h s 3 1 9 " w a h r g e n o m m e n wird, w u r d e über die v e r fassungsrechtliche G a r a n t i e hinaus in den neuen Staatskirchenverträgen der Bundesländer 3 2 0 Niedersachsen 3 2 1 , Schleswig-Holstein 3 2 2 und R h e i n l a n d - P f a l z 3 2 3 anerkannt. 315

MIKAT, a. a. O . , S . 1 3 7 .

316

SMEND, i n : Z e v K R I ( 1 9 5 1 ) , S . 1 0 .

317

WEBER, i n : V V D S t R L l l

(1954), S. 1 7 4 ;



PETERS, i n : V V D S t R L 11

( 1 9 5 4 ) , S. 1 8 4 . 3 1 8 Ulrich SCHEUNER, Auflösung des Staatskirchen rechts? Zu den Erörterungen der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer in Marburg am 17. O k tober 1952, in: Z e v K R II (1952/53), S. 382 ff. (391). 3 1 9 Vgl. Hermann CHRONZ, Die rechtliche Beteiligung von Vertretern der Kirchen in Gremien des staatlichen Kompetenzbereichs der Bundesrepublik Deutschland und der deutschen Bundesländer, Jur. Diss. Köln 1960. 3 2 0 Nach der Generalklausel des Art. 70 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 30 G G fällt die Regelung der Kultusangelegenheiten in die ausschließliche K o m petenz der Länder (Kulturhoheit), vgl. v. MANGOLDT, a. a. O., Art. 70, Erl. 2 (S. 662); — Theodor MAUNz/Günter DÜRIG, Grundgesetz, München/Berlin 1960, zu Art. 70, Anm. 22. 3 2 1 Vertrag des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 19. 3. 1955 ( = N K V ) , ratifiziert durch Gesetz vom 1 8 . 4 . 1 9 5 5 (Nieders. GVB1. 1955, S. 159 — KAB1 E K H a n , 1955, S. 47 — KGVOB1. N W R e f . 1955, S. 57 — ABl. E K D , 1955, S. 159. — Vgl. hierzu: Konrad MÜLLER, Der Loccumer Vertrag als Spiegel der staatskirchenrechtlichen Lage in der Bundesrepublik, in: D Ö V 1955, S. 421 ff.; — Erich RUPPEL, Der Vertrag zwischen Staat und Kirche in Niedersachsen, in: Informationsblatt für die Gemeinden in den niederdeutschen lutherischen Landeskirchen, 6. Jg. (1955), S. 105 ff.; — Werner THIEME, Der Vertrag von Kloster Loccum, in: DVB1. 1955, S. 273 ff.; — Rudolf SMEND, Der niedersächsische Kirchenvertrag und das heutige Staatskirchenrecht, in: J Z 1956, S. 5 0 f f . ; — Ulrich SCHEUNER, Die staatskirchenrechtliche Tragweite des niedersädisischen Kirchenvertrages von Kloster Loccum, in: Z e v K R VI, (1957/58), S. 1 ff. 3 2 2 Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und den evangelischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein vom 2 3 . 4 . 1 9 5 7 ( = S H K V ) , ratifiziert durch Gesetz vom 2 3 . 5 . 1 9 5 7 (GVOB1. Schl-H. 1955, S. 73; — K G V O B I . Eu 1957 S. 29, — KAB1. EKLü. 1957, S. 6, — K G V O B I . EKSdilH. 1957, S. 31); — vgl.' dazu Martin REDEKER, Der Kieler Staatskirchenvertrag, in: Informationsblatt

58 2. Das koordinationsrechtlich geprägte System des Grundgesetzes modifizierte die staatskirchenrechtliche Ordnung der Hessischen Verfassung. Die bundeseinheitliche Grundsatzregelung führte gemäß Art. 31 G G zur Aufhebung der landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen, soweit sie Art. 140 G G widersprachen. Sie trat darüber hinaus an die Stelle der Normen, die mit der Regelung des Grundgesetzes wörtlich übereinstimmten 324 . Es wurden ersetzt: Art. 48 Abs. 3 H V durch Art. 137 Abs. 1 W R V ; Art. 49 H V durch Art. 137 Abs. 3 W R V ; Art. 51 H V durch Art. 137 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 — 6 und 8 W R V ; Art. 52 H V durch Art. 138 Abs. 1 W R V ; Art. 53 H V durch Art. 139 W R V und Art. 54 H V durch Art. 141 W R V 3 2 5 . Art. 48 Abs. 1 und 2 H V sind Bestandteile der Religions- und Bekenntnisfreiheit. Als Grundrechte der Landesverfassung traten sie gemäß Art. 142 G G nicht außer Kraft. Art. 50 H V , dessen Weitergeltung infolge der landesgesetzlichen Zuständigkeit unbestritten ist, war nunmehr in Übereinstimmung mit den staatskirchenrechtlichen Bestimmungen des Bundesverfassungsrechts zu interpretieren. Das vertragliche Übereinkommen hatte gegenüber der einseitigen staatsgesetzlichen Regelung künftig den Vorrang 3 2 4 . 3. Zugleich mit der Veränderung der staatskirchenrechtlichen Verfassungsordnung in Hessen verstärkten sich in der kirchenpolitischen Praxis die Tendenzen, die staatlich-kirchlichen Beziehungen auf der Grundlage partnerschaftlichen Zusammenwirkens zu pflegen. Staatliche und kirchliche Vertreter trafen sich wiederholt zu Konferenzen und bekundeten für die Gemeinden in den niederdeutschen lutherischen Landeskirchen, 8. Jg. ( 1 9 5 7 ) , S. 1 3 7 f f . ; E d o OSTERLOH, S t a a t s k i r c h e n v e r t r a g , i n : S o n n t a g s b l a t t , 1 0 . J g . (1957), N r . 26 v o m

30. 6 . 1 9 5 7 .

328 Vertrag des Landes Rheinland-Pfalz mit den Evangelischen Landeskirchen in Rheinland-Pfalz v o m 31. 3 . 1 9 6 2 (RhldPf. GVBl. 1962, S. 1 7 3 ; KAB1. E K R h l d . 1962, S. 219). 3 2 4 Diese in der L i t e r a t u r umstrittene Ansicht wird insbesondere bestätigt durch den W o r t l a u t des A r t . 142 GG, dessen Bedeutung sich nach seiner E n t stehungsgeschichte keinesfalls in einer deklaratorischen Aussage erschöpft. Sein Ausnahmecharakter verbietet eine extensive Interpretation, die über dem bezeichneten Grundrechtskatalog der A r t . 1 — 1 9 G G hinausgeht. — Vgl. v. MAN-

GOLDT,

a.a.O.,

A r t . 31,

Erl. 1;



Art. 140,

Erl. 1

(S. 6 6 0 ) ;



Art. 142;



HOLTKOTTEN, E r l . zu A r t . 140, II, 1, in: Bonner K o m m e n t a r , Bd. 2 ; — T h e o dor MAUNZ, Deutsches Staatsrecht, 9. Aufl., München/Berlin 1959, S. 1 7 6 ; — ZINN/STEIN, a . a . O . , A r t . 4 9 , E r l . 1 ; —

MIKAT, a . a . O . , S. 1 2 0 ; —

a. M .

HESSE,

Rechtsschutz, S. 2 4 f . , Bodo DENNEWITZ, Erl. zu A r t . 31, II, 2 c , in: Bonner K o m m e n t a r , Bd. 1; — z u m Verhältnis von Bund und Ländern im Staatskirchenrecht vgl. HESSE, in: J b ö R , N . F. X (1961), S. 19 ff. 325

V g l . ZINN/STEIN, a . a . O . , E r l . d e r Z f . 1 z u d e n A r t . 4 8 ff.

326

SCHNEIDER, a. a. O . , S. 1 2 7 ff.

59 ihre Bereitschaft, die Lösung umstrittener Fragen durch einen Meinungsaustausch vorzubereiten 327 . So wurde die Neuordnung des Kirchensteuerrechts in Hessen von staatlichen und kirchlichen Beauftragten gemeinsam beraten. Obgleich das Land Hessen später den einseitigen Erlaß eines staatlichen Kirchensteuergesetzes 328 einer vertraglichen Vereinbarung mit den Kirchen vorzog, wirkten sich die partnerschaftlichen Bemühungen auf die inhaltliche Gestaltung dieses Gesetzes aus, denn es ermöglichte die Entfaltung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts auf dem Gebiet des Steuerwesens 329 .

IV. Die Lage des staatlich-kirchlichen Vertragsrechts in Hessen im Jahre 1955 (Zur Frage der Fortgeltung des Preußischen Kirchenvertrages 11. Mai 1931)

vom

1. Gegenstand der Erörterung Durch die Grundsatzregelung des Art. 140 GG sowie durch einzelne landesverfassungsrechtliche Normen war die Eigenständigkeit der evangelischen Landeskirchen in Hessen garantiert. Ungeklärt war die Frage, ob die Abkommen zwischen dem Staat und den Kirchen aus der Zeit der Weimarer Republik in Geltung geblieben waren und die verfassungsrechtliche Sicherung durch eine vertragliche Garantie ergänzt wurde. In Hessen kam für die evangelischen Landeskirchen vor allem der Vertrag zwischen dem Freistaat Preußen und den Evangelisdien Landeskirchen in Preußen vom 11. Mai 1931 (Preußischer Kirchenvertrag) 330 in Betracht. Darüber hinaus war für die evangelisdien Landeskirchen auch die Frage der Fortgeltung des Reichskonkordats vom 20. Juli 1933 331 wegen seiner allgemeinen Bedeutung für das deutsche Staatskirchenrecht von erheblichem Interesse. Die Hessische Verfassung vom 1. Dezember 1946 enthielt keine ausdrückliche Anerkennung dieser Verträge 332 . 3"

Vgl. SCHEUNER, in: Z e v K R V I I (1959/60), S . 2 2 5 f . ( 2 2 6 ) . Gesetz über die Erhebung v o n Steuern durch die Kirchen, Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften im Lande Hessen (Kirchensteuergesetz) vom 2 7 . 4 . 1950 (GVBl. 1950, S. 63); — vgl. Vorlage der Landesregierung/Begründung zum Entwurf eines Kirchensteuergesetzes, Hess.LT., 1. WP., I, Nr. 1405; — III, S. 2605 ff. 9 2 9 Vgl. die Ausführungen auf S. 160 ff. PrGS. 1931, S. 107. 3 3 1 Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. 7. 1933 (RGB1.1933 II, S. 679). 332 p ü r ¿¡g Beziehungen zwischen dem Staat und der katholischen Kirche stellte sich die Frage nach dem Fortbestand des Vertrages des Freistaates Preußen mit dem Heiligen Stuhle vom 1 4 . 6 . 1 9 2 9 ( = Preußenkonkordat), ratifiziert durch Gesetz vom 3. 8. 1929 (PrGS. 1929, S. 151). ,!8

60 D i e Fortgeltung des Reichskonkordats ist — insbesondere im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts v o m 26. M ä r z 1 9 5 7 3 3 3 — nicht mehr z w e i f e l h a f t 3 3 4 . D i e F r a g e nach dem F o r t b e s t a n d der L a n d e s k o n k o r d a t e u n d S t a a t s kirchenverträge w i r d v o n der staatskirchenrechtlichen P r a x i s z w a r allgemein bejaht, im wissenschaftlichen Schrifttum jedoch wegen der weitreichenden staatsrechtlichen V e r ä n d e r u n g e n im Deutschen Reich seit dem J a h r e 1933 unterschiedlich b e a n t w o r t e t 3 3 5 . D i e staatskirchenrechtliche P r a x i s in Hessen h a t die N o r m e n des Preußischen Kirchenvertrages v o m 11. M a i 1931 unter Beschränkung auf das ehemalige preußische Staatsgebiet beachtet 3 3 6 . D a m i t ist jedoch nicht BVerfGE. Bd. 6, S. 309 ff. Zur Frage der Fortgeltung des Reichskonkordats vgl. Hans-Joachim BECKER, Zur Rechtsproblematik des Reichskonkordats, 2. Aufl., München 1956; — Friedrich GIESE/Friedrich August v. d. HEYDTE (Hrsg.), Der Konkordatsprozeß (Veröffentlichungen des Instituts für Staatslehre und Politik, Mainz e. V.), München 1957. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil allerdings die Auffassung vertreten, daß die Länder gegenüber dem Bund zur Einhaltung einzelner Bestimmungen des Reichskonkordats verfassungsrechtlich nicht verpflichtet seien (BVerfGE. 6, S. 309 ff.). Gegen diese Ansicht hat sich die wissenschaftliche Kritik mit gewichtigen Argumenten gewandt (vgl. insbesondere Hermann JAHRREISS, Völkerrecht und Bonner Grunggesetz. Zur Argumentation des Bundesverfassungsgerichts im „Konkordats-Urteil", in: Staat und Bürger, Festschrift für Willibalt APELT, München/Berlin 1958, S. 159ff.; — Carl Joseph HERING, Länder und Reichskonkordat, in: Politisch-Soziale Korrespondenz, 8. Jg. (1959), S. 5 ff.; — Günter OSTERMANN, Die Fortgeltung des Badischen Konkordates von 1932, Jur. Diss. Köln 1962, S. 54, 116 ff.). Hingegen hat der Ministerpräsident des Landes Hessen Dr. ZINN in seiner Ansprache anläßlich der Vereidigung des Bischofs von Fulda Adolf BOLTE am 31.7. 1959 die völkerrechtliche Verbindlichkeit des Reichskonkordats für die Länder verneint. ZINN erklärte, das Bundesverfassungsgericht stelle „eindeutig fest, daß aus dem Reichskonkordat keine völkerrechtlichen Beziehungen des Hl. Stuhls zu den Bundesländern hergeleitet werden können und daß die Bundesländer als jetzige ausschließliche Träger der Kulturhoheit aus dem Reichskonkordat auch nicht verpflichtet seien" (Text bei SÜSTERHENN, in: Rheinischer Merkur, 28. Jg. (1959), N r . 34, vom 21. 8.1959, S. 4). 335 Vgl. MIKAT, a . a . O . , S. 122ff. sowie die derzeitig neueste Bearbeitung zu dieser Frage von OSTERMANN, Die Fortgeltung des Badischen Konkordates von 1932, Jur. Diss. Köln 1962. — Den Fortbestand der Verträge nimmt ohne nähere Begründung Werner WEBER an, Art. Kirchenverträge, in: R G G , 3. Aufl., Bd. III, Sp. 1592. 338 VGL_ Ulrich HAUDE, Die Fortgeltung des preußischen Konkordates vom 14. 6.1929 und der preußischen evangelischen Kirchenverträge vom 11. 5. 1931 in den Ländern Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und RheinlandPfalz, Jur. Diss. Bonn 1955, S. 72. Allerdings hat sich das Land Hessen in der Frage der Fortgeltung des Preußenkonkordats und des Preußischen Kirchenvertrages äußerst vorsichtig und reserviert verhalten. Vgl. SCHÖNBERGER, a. a. O . , S . 1 2 1 . 333

334

61 entschieden, ob die Vertragsnormen als Vertragsrecht oder als innerstaatliches bzw. innerkirchliches Recht 3 3 7 Anwendung fanden. U m die rechtliche Lage der evangelischen Landeskirchen abschließend bestimmen zu können, ist daher zu untersuchen, ob der Preußische Kirchenvertrag seit seinem Inkrafttreten am 29. Juni 193 1 3 3 8 als Vertragsrecht ununterbrochen in Geltung gestanden hat. 2. Die Situation des staatlich-kirchlichen Vertragsrechts von 1 9 3 3 — 1 9 4 5 a) Bis zum Erlaß des Gesetzes betreffend den Neuaufbau des Reiches (Neuaufbaugesetz) vom 30. Januar 1934 3 3 9 wurde die rechtliche Existenz der Landeskonkordate und Staatskirchenverträge durch die staatsrechtlichen Veränderungen im Deutschen Reich seit dem 30. Januar 1933 nicht berührt 3 4 0 . Durch den Erlaß des Neuaufbaugesetzes wurde nunmehr die bundesstaatliche Struktur des Deutschen Reiches beseitigt. Die deutschen Länder verloren ihre Eigenstaatlichkeit 341 . Sie blieben lediglich autonome Verbände mit eigener Rechtspersönlichkeit und damit Träger fiskalischer Rechte und Pflichten 342 . Die von den Ländern wahrgenommenen Hoheits3 3 7 Die Konkordate und Staatskirchenverträge bedürfen zu ihrem Inkrafttreten der Transformation in staatliches und kirdiliches Recht. Sie erlangen innerstaatliche und innerkirchliche Geltung mit ihrer Verkündigung als staatliches und kirchliches Gesetz. Vgl. Theodor SANDERS, Der Einfluß der Staatensukzessionen auf die Rechtslage der katholischen Kirche im Sukzessionsgebiet, Hamburg 1927, S. 109ff.; — Lothar SCHÖPPE, Die gegenwärtige Lage der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Deutschland in rechtlicher und politischer Sicht unter besonderer Berücksichtigung der Frage nach der Gültigkeit des Reichskonkordats von 1933, Jur. Diss. Kiel 1957, S. 89 ff.; — Hubert LENTZ, Die Konkurrenz des französischen und preußischen Staatskirchenrechts 1815—1850 in bezug auf die katholische Kirche in den vormals preußischen Landesteilen westlich des Rheins, Bonn 1961, S. 134 ff. 338 Bekanntmachung über die Ratifikation des Vertrages des Freistaates Preußen mit den Evangelischen Landeskirchen in Preußen vom 2 9 . 6 . 1 9 3 1 (PrGS. 1931, S. 123). 3 3 9 RGBl. I, 1934, S. 75. 340 Alfred VERDROSS, Die völkerrechtliche Stellung Deutschlands von 1945 bis zur Bildung der westdeutschen Regierung, in: AVölkR III (1951/52), S. 129ff.; — Otto BORN, Das Problem der Weitergeltung des Reichskonkordats und der Länderkonkordate nach dem Zusammenbruch des Reiches im Jahre 1945, Jur. Diss. Münster 1953, S. 82; — OSTERMANN, a . a . O . , S. 26 ff. (29); — a. M. E. R. HUBER, Verfassungsrecht, S. 326; Heinrich KRÜGER, Die Verfassung der nationalsozialistischen Revolution, 2. Aufl., Dresden 1933, S. 44. 341 Hans PETERS, Die Rechtsnatur der Landesgesetze, in: DR, 9. Jg. (1939), S. 426ff.; ders., Das Gesetzgebungsrecht der Länder und Provinzen, in: N J . 1. Jg. (1947), S. 2ff.; SCHEUNER, Die Entwicklung der völkerrechtlichen Stellung Deutschlands seit 1945, in: FrWarte, 51. Jg. (1951/53), S. 1 ff. (14f.); ders., Funktionsnachfolge, S. 36, 44; OSTERMANN, a. a. O., S. 38 ff. mit weiteren Literaturhinweisen auf S. 39, Anm. 1. 342

S. 3 6 .

SCHEUNER, i n : D V B 1 . 1 9 5 0 , S. 4 8 1 ff. ( 4 8 4 ) ; — d e r s . , F u n k t i o n s n a c h f o l g e ,

62 rechte w a r e n v o m Reich abgeleitete H o h e i t s g e w a l t 3 4 3 . N a c h überwiegender Ansicht in Schrifttum 3 4 4 und Rechtsprechung 3 4 5 hatte die Entstaatlichung der L ä n d e r den Verlust ihrer Völkerrechtsfähigkeit sowie ihrer Fähigkeit, koordinationsrechtliche V e r t r ä g e zu schließen, zur Folge. A l s P a r t n e r k o n k o r d a t ä r e r V e r t r ä g e k a m e n die L ä n d e r nach d e m Verlust ihrer Hoheitsrechte nicht mehr in Betracht 3 4 6 . D i e verfassungsrechtliche Entwicklung des Deutschen Reiches v o m Bundes- z u m Einheitsstaat hatte somit Folgen f ü r die bestehende k o n k o r d a t ä r e und staatskirchenvertragliche L a g e . D i e B e w e r t u n g dieses V o r 343 p E T E R S ) in: D R , 9. Jg. (1939), S. 426; Herbert GROPPE, Das Reichskonkordat vom 20. Juli 1933, Köln 1956, S. 56; — OSTERMANN, a. a . O . , S. 40. — Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 13. 10.1950, in: N J W 1951, S. 327. 344

GEBHART, a . a . O . ,

S. 8 4 ;



Anton

SCHARNAGL, D a s

Reichskonkordat

und die Länderkonkordate als Konkordatssystem, in: HistJbGörresges., 74. Bd. (1955), S. 584 ff. (606); — Klaus MÖRSDORF, Probleme des deutschen Konkordatsrechts, in: Münchener Theologische Zeitschrift, 6. Jg. (1955), S. 1 ff. (5); — BORN,

a.a.O.,

S. 91 f.;

HAUDE,

a.a.O.,

S. 25 ff.

(29);

SCHEUNER,

Funktions-

nachfolge, S. 36 und 44; — ders., in: Der Konkordatsprozeß, S. 670ff. (705). 3 4 5 Urteil des Reichsgerichts vom 13. 8. 1936, RGStE., Bd. 70, S. 286 f. (287); Entscheidung des Schweizerischen Bundesgerichts vom 14. 7.1955, BGE., Bd. II, S. 319 ff. (334). 3 4 6 Gegen diese Auffassung hat sich in jüngster Zeit OSTERMANN, a. a. O., S. 45 ff., gewandt. Dieser beruft sich auf die Lehre von den geborenen und abgeleiteten Völkerrechtssubjekten (Alfred VERDROSS, Völkerrecht, 4. Aufl., Wien 1959, S. 129; — Hermann MOSLER, Die völkerrechtliche Wirkung bundesstaatlicher Verfassungen, in: Festschrift für Richard THOMA, Tübingen 1950, S. 129ff., 134ff.; — Rudolf BERNHARDT, Der Abschluß völkerrechtlicher Verträge im Bundesstaat. Eine Untersuchung zum deutschen und ausländischen Bundesstaatsrecht. Köln/Berlin 1957, S. 8 ff., 18 ff.) und die Lehren von der konstitutionellen und deklaratorischen Wirkung der völkerrechtlichen Anerkennung. OSTERMANN ist der Ansicht, daß die Länder auch nach dem Verlust ihrer Staatlichkeit Partner konkordatärer Abkommen blieben. Die Staatlichkeit sei keine Voraussetzung der Völkerrechtsfähigkeit. Die Länder verdankten als abgeleitete, nicht souveräne Glieder von Bundesstaaten ihre Völkerrechtssubjektivität der konstitutiv wirkenden Anerkennung als Personen des Völkerrechts (a. a.. O., S. 50 ff.). D a die Länder nicht auf Grund ihrer mangelnden souveränen Staatlichkeit, sondern unabhängig davon durch den Hl. Stuhl zu Trägern völkerrechtlicher Rechte und Pflichten geworden seien, habe der Verlust der Staatlichkeit nicht unbedingt zum Verlust der völkerrechtlichen Rechte und Pflichten geführt. Zwar sei den als höhere Gebietskörperschaften fortbestehenden Ländern mit der Beseitigung ihrer Staatlichkeit und dem Obergang ihrer Funktionen auf das Reich die Möglichkeit zum Eingehen neuer völkerrechtlicher Verbindlichkeiten genommen worden, die von ihnen früher abgeschlossenen Verträge seien jedoch bestehen geblieben (a. a. O., S. 52) und auch in der Folgezeit durch Eingriffe des Reichsgesetzgebers nicht aufgehoben worden (a. a. O., S. 53).

63 ganges im Hinblick auf den Preußischen Kirchenvertrag hängt davon ab, welchen Gesetzmäßigkeiten die Staatskirchenverträge unterliegen. Ihre Zuordnung zu einem bestimmten Normensystem hat eine Klärung ihrer Rechtsnatur zur Voraussetzung. Mit der heute herrschenden Auffassung 3 4 7 sind die Verträge zwischen dem Staat und der evangelischen Kirche als Verträge sui generis, koordinationsrechtliche Verträge, anzuerkennen. Staat und Kirche stehen sich als originäre Rechtsgemeinschaften gegenüber, die sich auf der Grundlage der Gleichordnung eine eigene koordinationsrechtliche Rechtsordnung schaffen 348 . Diese Rechtsordnung ist charakterisiert durch die Entstehung vertraglicher Bindungen. Aus der Zuordnung der Staatskirchenverträge zu einer bestimmten koordinationsrechtlichen Kategorie erhebt sich die Frage, ob sich auch für ihre Fortgeltung bei einer Veränderung des staatlichen Vertragspartners mit staats- und völkerrechtlichen Rechtsfolgen eine spezielle Regelung aus dem Koordinationsrecht herleiten läßt. Eine übereinstimmende Betrachtungsweise hat sich im Schrifttum nicht herausgebildet. Hervorgerufen durch den staatskirchenrechtlichen Grundsatz der konfessionellen Parität besteht die Tendenz, die Landeskonkordate und Staatskirchenverträge hinsichtlich ihrer Fortgeltung gleichmäßig zu behandeln. Es erweist sich, daß die Frage des Fortbestandes des Preußischen Kirchenvertrages nicht aus der Gesamtproblematik zu lösen ist, die die Fortgeltung staatlich-kirchlichen Vertragsrechts einschließlich der konkordatären Vereinbarungen aus der Zeit der Weimarer Republik aufwirft. So konnte auch die vorliegende Untersuchung die Konkordatslage nicht unberücksichtigt lassen. b) Die Auffassung, daß Landeskonkordate und Staatskirchenverträge hinsichtlich ihrer Fortgeltung einheitlich zu bewerten seien, äußert sich zunächst darin, daß die evangelischen Staatskirchenverträge trotz ihres anerkannten spezifisch koordinationsreditlichen Charakters wie die Konkordate den Regeln des Völkerrechts unterworfen werden 3 4 9 . 347 E. R. HUBER, Verträge zwischen Staat und Kirche im Deutschen Reich, Breslau 1930, S. 75 ff.; — Paul SCHOEN, Die Rechtsgrundlagen der Verträge zwischen Staat und Kirche und der Verträge der Kirchen untereinander, AöR.,

N . F . , B d . 2 1 ( 1 9 3 2 ) , S- 3 1 7 ff. ( 3 5 5 ) ; —

SCHEUNER, K i r c h e u n d S t a a t in

der

neueren deutschen Entwicklung, in: ZevKR VII (1959/60), S. 225 ff. (267); — HESSE, i n : J b ö R , N . F . X ( 1 9 6 1 ) , S . 3 2 . 348

HUBER, V e r t r ä g e , S . 7 8 .

HAUDE, a. a. O., S. 8 f., der die Konkordate als völkerrechtliche, die Staatskirchenverträge als koordinationsrechtliche Vereinbarungen (a. a. O., S. 51) ansieht, kommt auch hinsichtlich der Fortgeltung zu einer unterschiedlichen Bewertung. Während die Konkordate den Regeln des Völkerrechts unterliegen, soll die Beurteilung der Staatskirchenverträge nach den Grundsätzen des Staatsrechts erfolgen. 349

64 Nach herrschender Lehre werden die Konkordate als völkerrechtliche 350 , mindestens aber als quasi-völkerrechtliche Verträge 3 5 1 angesehen, da sich Staat und Kirche als Völkerrechtssubjekte begegneten 3 5 2 . Die Verträge unterliegen nach dieser Auffassung den Regeln des Völkerrechts 353 . Nach überwiegender Auffassung erlischt mit dem Untergang eines völkerrechtlichen Vertragspartners auch der ihn bindenden völkerrechtliche Vertrag 3 5 4 . Über die Folgerungen, die sich aus dieser Rechtslage für die konkordatäre Entwicklung im Jahre 1934 ergeben, werden im wesentlichen zwei Ansichten vertreten: aa) Mit dem Untergang der deutschen Länder im Jahre 1934 seien die Landeskonkordate außer Kraft getreten. Eine Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches in die Verträge habe nicht stattgefunden 8 5 5 . bb) Der Untergang der deutschen Länder habe die Existenz der Landeskonkordate nicht berührt. D a s Deutsche Reich sei in die Vertragspartnerstellung eingetreten. Die Rechtsnachfolge des Deutschen Reiches wird allerdings unterschiedlich begründet. Born 3 5 6 und H a u d e 3 5 7 vertreten die Auffassung, daß bei einer verfassungsrechtlichen Änderung der bundesstaatlichen Struktur eines Staates aus Gründen der Rechtskontinuität eine rechtsanaloge Anwendung des Tatbestandes der sogenannten „Staatensukzession 3 5 8 " geboten sei. Sie 350 Godehard Josef EBERS, Grundriß des Katholischen Kirchenrechts, Rechtsgeschichte und System, Wien 1950, S. 237; — Paul GUGGENHEIM, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd. I, Basel 1948, S. 207; — VERDROSS, Völkerrecht, 4. Aufl., Wien 1959, S. 126; — OSTERMANN, a. a. O., S. 19 ff. 351

SANDERS, a. a. O . , S. 9 9 ; — A l b e r t M . KoENiGER/Friedrich GIESE, G r u n d -

züge des katholischen Kirchenrechts und Staatskirchenrechts, 3. Aufl., Augsb u r g 1 9 4 9 , S. 2 1 6 ; — H a n s - J o a c h i m BECKER, a. a. O . , S. 11 f . ; — LENTZ, a. a. O . , 5. 133. 352 353

VERDROSS, V ö l k e r r e c h t , S. 126. GUGGENHEIM, a. a. O . , S. 2 0 5 ; VERDROSS, V ö l k e r r e c h t , S . 126.

354 Walter SCHÖNBORN, Staatensukzessionen, Handbuch des Völkerrechts, Bd. II, Abt. 3, Stuttgart 1913, S. 92; — VERDROSS, Völkerrecht, S. 192; — a. A. Georg DAHM, Völkerrecht, Bd. I, Stuttgart 1958, S. 102 f. 355

SCHÖPFE, a. a. O . , S. 87. — J o s e p h H . KAISER, D i e p o l i t i s c h e K l a u s e l d e r

Konkordate, Berlin/München 1949, S. 79, ist der Ansicht, das Deutsche Reich habe die Landeskonkordate konkludent neu abgeschlossen und sei im Jahre 1934 auch hinsichtlich dieser Verträge Partner des HL. Stuhls geworden. 358 357

BORN, a . a . O . , S. 84 ff. HAUDE, a. a. O . , S. 43 ff.

358 Mit dem Begriff der Staatensukzession erfaßt die traditionelle Völkerrechtslehre „die Nachfolge eines Staates in Rechte und Pflichten eines anderen Staates als Folge der Erstreckung seiner (vollen oder oberherrlichen) Staatsgewalt auf Gebiete, welche bisher der Staatsgewalt eines anderen Staates unterstellt waren." (SCHÖNBORN, a. a. O., S. 6.) Die Sukzessionsnormen ordnen die Folgen des Hoheitswechsels bei einer Gebietsveränderung. Die Entwicklung

65 halten eine Analogie des völkerrechtlichen Sukzessionstitels der Verschmelzung von Staaten 3 5 9 sowie einer Universalsukzession des Reiches in die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Länder für gerechtfertigt. Scheuner 360 leitet die Rechtsnachfolge des Reiches in die Verbindlichkeiten der Länder aus dem staatsrechtlichen Grundsatz des „bundesfreundlichen Verhaltens" ab. Dieser Grundsatz werde durch einen der Tradition des deutschen Staatsrechts entspringenden Rechtssatz ergänzt, wonach Reich und Länder verpflichtet seien, mit der Übernahme von Hoheitsrechten eines anderen Landes im deutschen Staatsverband in dessen Verbindlichkeiten einzutreten 381 . c) Diese Versuche, die in analoger Anwendung zugleich den Fortbestand der Staatskirchenverträge erklären sollen 362 , haben zu keiner überzeugenden Lösung geführt. Die Auffassung Scheuners erscheint bedenklich, weil er verfassungsrechtliche Regeln den Normen des Völkerrechts überordnet und damit den Vorrang der allgemeinen Grundsätze des völkerrechtlichen Verkehrs in Frage stellt. Die Schwierigkeiten, die sich aus der völkerrechtlichen Beurteilung der Konkordate für ihre Fortgeltung ergeben, zeigen auch die anderen Lösungsversuche. Der konkludente Neuabschluß der Landeskonkordate 3 6 3 ist ein Vorgang, der rechtstheoretisch bemerkenswert ist, der sich aber in der Praxis nicht eindeutig nachweisen läßt. Konstruktiv denkbar, jedoch zu umständlich erscheint die Ansicht, die sich für eine mehrfache Analogie völkerrechtlicher Normen (analoge Berücksichtigung des Sukzessionstitels und der Universalsukzession) entscheidet, um den Fortbestand der Landeskonkordate zu begründen. v o m B u n d e s s t a a t z u m E i n h e i t s s t a a t ist d a h e r k e i n v ö l k e r r e c h t l i c h e r S u k z e s s i o n s t i t e l m i t d e r F o l g e , d a ß die G r u n d s ä t z e d e r S t a a t e n s u k z e s s i o n u n m i t t e l b a r A n w e n d u n g finden. SCHÖNBORN, a. a. O . , S. 14, h ä l t d i e s e n V o r g a n g d a h e r f ü r eine s o g e n a n n t e u n e c h t e S t a a t e n s u k z e s s i o n . — V g l . auch MOSLER, a. a. O . , S. 129 ff. (170). — E i n e Ü b e r s i c h t ü b e r die L e h r e n v o n der S t a a t e n s u k z e s s i o n v e r m i t t e l t u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g d e s u m f a n g r e i c h e n S c h r i f t t u m s OSTERMANN, a. a . O . , S. 75 ff. 3 5 9 M a x HUBER, D i e S t a a t e n s u k z e s s i o n e n . V ö l k e r r e c h t l i c h e u n d staatsrechtliche P r a x i s i m 19. J a h r h u n d e r t , L e i p z i g 1898, S. 57 ff. 3 6 0 SCHEUNER, i n : D V B 1 . 1 9 5 0 , S. 4 8 5 ; — ders., F u n k t i o n s n a c h f o l g e , S. 36. 3 8 1 D i e s e s E r g e b n i s w i r d b e s t ä t i g t d u r c h die v o n MOSLER, a. a. O . , S. 168 ff., v e r t r e t e n e A n n a h m e , d a ß bei d e r Ä n d e r u n g d e r b u n d e s s t a a t l i c h e n V e r f a s s u n g s o r g a n i s a t i o n u n d d e n m i t d e r S c h a f f u n g eines E i n h e i t s s t a a t s v e r b u n d e n e n K o m p e t e n z v e r s c h i e b u n g e n die E r f ü l l u n g s v e r p f l i c h t u n g v ö l k e r r e c h t l i c h e r V e r t r ä g e auf d e n G e s a m t s t a a t ü b e r g e h e . 362 Einschränkend i n s o w e i t HAUDE, a. a. O . , S. 51, der die S t a a t s k i r c h e n v e r t r ä g e als i n n e r s t a a t l i c h e V e r e i n b a r u n g e n d e n G e l t u n g s g r u n d s ä t z e n des Staatsrechts unterwirft. 363

KAISER, a. a. O . , S . 7 9 .

5 K l o s e , Reditsbeziehungen

66 Es erhebt sich angesichts dieser Schwierigkeiten die Frage, ob die Regeln des Völkerrechts wesensgemäß auf die Verträge zwischen Staat und Kirche Anwendung finden dürfen. Das ist zweifelhaft im Hinblick auf die Verträge zwischen dem Staat und der evangelischen Kirche, deren koordinationsrechtlicher Rechtscharakter allgemein anerkannt ist, es ist aber auch bedenklich hinsichtlich der Konkordate zwischen dem Staat und der katholischen Kirche 864 . Unter Berufung auf die bei Lentz 365 zusammengestellten Argumente ist eine völkerrechtliche Vertragsnatur der Konkordate abzulehnen. Mangels einer Völkerrechtssubjektivität des Papstes beim Abschluß von Konkordaten bietet diese Auffassung bereits in ihrem Ansatz Anlaß zu Bedenken. Die Begründung, die f ü r eine völkerrechtsähnliche Rechtsnatur der Konkordate vorgetragen wird, vermag nicht zu überzeugen. Eine Analogie des Völkerrechts wäre nur dann zulässig, wenn die Verträge zwischen Staat und Kirche und die Verträge des Völkerrechts wesensmäßig gleiche Züge aufwiesen. Die Anerkennung der Kirche als einer souveränen Rechtsgemeinschaft, die dem Staat auf der Grundlage der Gleichordnung gegenübertritt, reicht nicht aus, um eine Analogie des Völkerrechts zu rechtfertigen 366 . Die N o r m e n des Völkerrechts sind zur Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen entwickelt worden 3 6 7 . Sie sind besondere Rechtssätze, die wegen der strukturellen Unterschiede von Kirche und Staat nicht auf die Beziehungen dieser beiden Partner übertragen werden dürfen. Diese Strukturunterschiede lassen sich so kennzeichnen: Die Souveränität der Kirche ist nicht mit der des Staates vergleichbar. Sie ist durch geistige Züge charakterisiert im Gegensatz zur politischen Souveränität des Staates. Staat und Kirche unterscheiden sich grundsätzlich in ihren Zwecken und Zielen. 364 a. M. Heinrich BRANDWF.INER, Die christlichen Kirchen als souveräne Rechtsgemeinschaften, Graz/Wien 1947. 365

L E N T Z , a . a. O . , S . 1 3 4 .

366

E. R . HUBER, V e r t r ä g e , S. 75.

367 a. M. VERDROSS, a . a . O . , S. l i f . — GUGGENHEIM, a . a . O . , S. 1, befürwortet die Ausdehnung der N o r m e n des Völkerrechts auf alle souveränen Rechtsgemeinschaften. OSTERMANN, a. a. O., S. 20 ff., ist der Ansicht, wegen der „Tendenz des modernen Völkerrechts, in immer stärker werdendem Umfange Rechtsbeziehungen zwischen nicht-, ja sogar unterstaatlichen Verbänden dem Völkerrecht zuzuweisen", seien die Konkordate als völkerrechtliche Verträge „(kulturpolitischen) Charakters" anzusehen. Diese Auffassung durchbricht die traditionellen Grenzen des Völkerrechts und hebt dieses auf die Stufe eines allgemeinen Koordinationsrechts, dessen Anwendung allein die gegenseitige Anerkennung der Gleichrangigkeit der am Rechtsverkehr teilnehmenden Personen voraussetzt.

67 Völkerrechtliche Verträge zwischen den Staaten dienen der Abgrenzung politischer Interessen im internationalen Verkehr. Hingegen haben die Verträge zwischen Staat und Kirche die Regelung von Interessengemeinsamkeiten und -gegensätzen zum Gegenstand, die sich bei der Berührung der ursprünglich verschiedenen Aufgabenbereiche entwickeln können 8 6 8 . Interessenkonflikte zwischen Staat und Kirche tragen das besondere Merkmal, daß sie nicht durch das Streben nach weltlicher Macht, sondern durch das Bemühen ausgelöst werden, die uneingeschränkte geistige Herrschaft über das beiden Verbänden angehörende Volk herzustellen 369 . Stehen sich bei völkerrechtlichen Verträgen die staatlichen Verbände auf abgegrenzten und räumlich geschiedenen Gebieten gegenüber, so begegnen sich Staat und Kirche im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen auf demselben Territorium und nicht als auswärtige Mächte 870 . Diese wesentlichen Unterschiede zwischen den Verträgen im Bereich staatlich-kirchlicher Beziehungen und den Verträgen der Völkerrechtsordnung verbieten eine generelle Analogie der Normen des Völkerrechts im Bereich des staatlich-kirchlichen Verlagsrechts, das damit als eigengeprägte koordinationsrechtliche Rechtsordnung in Erscheinung tritt. d) Für die Bestätigung des koordinationsrechtlichen Charakters des Verhältnisses von Staat und Kirche kann eine aus rechtstheoretischen Erwägungen vorgenommene negative Abgrenzung zum Völkerrechtskreis nicht genügen. Die Anerkennung des Koordinationsrechtes als eines besonderen Rechtssystems bedarf selbständiger Rechtfertigungsgründe. Der tragende Grund dieses Systems besteht in der geistigen Souveränität der Kirche. Als Souveränitätsträger tritt die Kirche im staatlichen Bereich dann sichtbar auf, wenn sie an der Gestaltung der Beziehungen zum Staat entscheidend mitwirkt. Der Eigentümlichkeit dieser geistigen Souveränität der Kirche entspricht daher die Vorstellung, daß die Kirche einer anderen Rechtsordnung, dem Völkerrecht, nicht schlechthin unterworfen ist. Die Tatsache der vertraglichen Beziehungen zwischen Staat und Kirche ist schließlich der Ausdruck einer von beiden Partnern kraft ihrer Souveränität geschaffenen Koordinationsrechtsordnung. Ein Kennzeichen dieses Rechtscharakters sowohl der Konkordate als auch der Staatskirchenverträge ist ferner der Kreis der Gegenstände, der von der Ordnung des staatlich-kirchlichen Vertragsrechts betroffen wird. Ein derartiger Vertrag wird von der Kirche mit dem Ziel geschlossen, die religiösen Freiheiten und Rechte der Kirche, die sie auf Grund ihres göttlichen Auftrags in Anspruch nimmt, für den Bereich der staatlichen 3,8 36I 370

5*

HUBER, Verträge, S. 141. HUBER, V e r t r ä g e , S. 141; — vgl. auch THIEME, a. a. O., S. 26. H U B E R , V e r t r ä g e , S . 1 4 2 ; — THIEME, a. a . O . , S . 2 6 .

68 Gemeinschaft zu sichern. Aus der Sicht des Staates bedeutet die partnerschaftliche Gestaltung seines Verhältnisses zur Kirche einen maßgeblichen Beitrag zur Gewährleistung des innerstaatlichen Friedens. Die Bedeutung dieser Aufgaben rechtfertigt es, das staatlich-kirchliche Vertragsrecht einem besonderen koordinationsrechtlichen Normensystem zuzuordnen. e) Mit diesem Nachweis ist indessen noch nicht geklärt, ob sich bei Fortfall eines Vertragspartners für den Fortbestand der Konkordate ähnliche Folgerungen ergeben wie in gleichgelagerten Fällen im Völkerrecht. Ein Vergleich mit der entsprechenden völkerrechtlichen Situation liefert Aufschlüsse. Im Gegensatz zu den völkerrechtlichen Verträgen, die die Regelung der auswärtigen Beziehungen der Staaten oder supranationaler Gemeinschaften zum Gegenstand haben, liegt bei den Verträgen von Staat und Kirche eine enge Beziehung zum Gebiet des staatlichen Vertragspartners und dessen Bewohnern vor. Diese Verträge regeln nicht iura personalia gebietlich geschiedener Verbände. Staat und Kirche greifen, wenn auch von grundlegend unterschiedlichen Positionen, gestaltend in das Leben der gleichen Bewohner eines bestimmten Gebiets ein371. Die Bevölkerung dieses Gebiets ist der hoheitlichen Gewalt beider Mächte unterstellt. Stets steht für die Kirche das Ziel, die Sicherung ihres Auftrages, beim Abschluß eines Vertrages mit dem Staat im Vordergrund. Der staatliche Vertragspartner ist für die Kirche erst von sekundärer Bedeutung. Diese Überlegungen rechtfertigen die Folgerung, die staatlich-kirchlichen Verträge beim Untergang eines Vertragspartners nicht entsprechend den Verträgen des Staates mit auswärtigen Mächten, sondern wie die innerstaatlichen Rechtsverhältnisse zu behandeln 372 . Damit sind die Konkordate und Staatskirchenverträge jedoch nicht der innerstaatlichen Rechtsordnung, einem Subordinationssystem, unterworfen, weil sonst die Gleichordnungsstruktur des Verhältnisses von Staat und Kirche aufgehoben wäre 373 . f) Nach h. L. erwirbt der Staat, der die Hoheitsgewalt über das Sukzessionsgebiet innehat, die Dispositionsgewalt über das objektive Recht des Territoriums. Im Interesse der Wahrung der Rechtskontinuität bleibt das Recht des erworbenen Gebiets im Sukzessionsbereich so lange erhalten, bis der sukzedierende Staat durch gesetzgeberische Akte in diese Rechtsordnung eingreift. Da die Konkordate und Staatskirchenverträge als koordinationsrechtliche Verträge den gleichen Grundsätzen der Kontinuität des Rechts unterliegen wie die innerstaatliche Rechtsordnung, tritt der Sukzessor in die Verträge ein. 371

372 373

THIEME, a. a. O . , S. 26.

E. R. HUBER, Verträge, S. 142. E. R. HUBER, Verträge, S. 144.

69 Findet diese R e g e l u n g A n w e n d u n g bei den im Völkerrecht a n e r k a n n ten Sukzessionsvorgängen, so h a t sie auch im Falle einer sogenannten unechten Staatensukzession 3 7 4 , bei der U m w a n d l u n g eines Bundesstaats in einen Einheitsstaat, zu gelten. D a s P r i n z i p der Rechtssicherheit gebietet es insbesondere in den Fällen innerstaatlicher Kompetenzverschiebungen, die K o n t i n u i t ä t koordinationsrechtlicher Vertragsverhältnisse zu beachten. A u s der besonderen Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses folgt, d a ß sich der erwerbende S t a a t trotz bestehender D i s p o s i t i o n s g e w a l t ebensowenig wie sein V o r g ä n g e r durch einseitige M a ß n a h m e n der Gesetzgebung von seinen vertraglichen B i n d u n g e n lösen k a n n . D i e B e r u f u n g auf die clausula rebus sie stantibus k a n n jedoch im E i n z e l f a l l durch den S t a a t e n wechsel begründet sein 3 7 5 . g) I m Ergebnis haben die V e r ä n d e r u n g e n der staatlichen O r g a n i s a t i o n des Deutschen Reiches durch d a s N e u a u f b a u g e s e t z u n d die d a m i t verbundene Beseitigung der Staatlichkeit der deutschen L ä n d e r die Geltungsk r a f t der L a n d e s k o n k o r d a t e u n d Staatskirchenverträge nicht beeinträchtigt. Z w a r schieden die L ä n d e r als T r ä g e r k o n k o r d a t ä r e r Rechte und Pflichten aus, d a s Deutsche Reich w a r aber in die Partnerstellung der L ä n d e r eingetreten. E s w u r d e hinsichtlich des P r e u ß e n k o n k o r d a t s und des Preußischen Kirchenvertrages anstelle des Freistaates Preußen V e r t r a g s partner. D a w e d e r das Deutsche Reich einerseits noch der H e i l i g e Stuhl und die evangelischen Landeskirchen andererseits ihre jeweilig bindenden V e r t r ä g e unter B e r u f u n g a u f die clausula rebus sie stantibus gekündigt haben, sind diese auch nach dem 30. J a n u a r 1934 als p a r t i k u l ä r e s Reichsvertragsrecht in K r a f t geblieben 3 7 6 . E. R. HUBER, Verträge, S. 147; — SCHÖNBORN, a. a. O., S. 14. E. R. HUBER, Verträge, S. 147. 3 7 6 Hinsichtlich der Landeskonkordate ist auf eine mögliche Konkurrenz dieses Ergebnisses mit der Regelung des Art. 2 Abs. 1 R K hinzuweisen. Vgl. hierzu OSTERMANN, a. a. O., S. 30 ff. — Der Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 R K wird unterschiedlich interpretiert. Folgt man der wohl herrschenden Auffassung, daß die Landeskonkordate über Art. 2 R K zu Bestandteilen des Reichskonkordats geworden seien (Adalbert ERLER, Die Konkordatslage in Deutschland, in: 374 375

S J Z 1946, S. 1 9 7 f f . [ 1 9 8 ] ; PETERS, i n : V V D S t R L 11 [1954], S. 1 7 7 f f . [ 1 9 8 ] ; —

SCHEUNER, in: Der Konkordatsprozeß, S. 670ff. [713], Weitere Schrifttumsnachweise bei OSTERMANN, a. a. O., S. 33, Anm. 2), konnte das Deutsche Reich am 30. 1. 1934 nicht mehr in die Landeskonkordate sukzedieren. Ein zweifacher Erwerb derselben Rechsstellung ist begrifflich ausgeschlossen. Der vorgelegte Lösungsvorschlag wäre damit bedeutungslos. Betrachtet man dagegen Art. 2 Abs. 1 R K als eine Garantieverpflichtung des Reiches zur Erhaltung der Landeskonkordate (MÖRSDORF, in: Münchener Theologische Zeitschrift, 6. Jg. [1955], S. 1 ff. [3]; — HAUDE, a . a . O . , S. 21 f.), wurde eine Sukzession des Reiches durch diese Bestimmung nicht ausgeschlossen. Das Reich hätte mit dem Eintritt in die Partnerstellung am 30.1. 1934 lediglich eine nach Art. 2 Abs. 1 R K gebotene vertragliche Verpflichtung erfüllt.

70 3. Die Situation des staatlich-kirchlichen Vertragsrechts in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland a) Bei der Beurteilung der Situation des staatlich-kirchlichen Vertragsrechts nach dem militärischen Zusammenbruch des Deutschen Reiches ist von der in Theorie und Praxis allgemein anerkannten Feststellung auszugehen, daß die rechtliche Existenz des Deutschen Reiches durch die bedingungslose Kapitulation am 8. Mai 1945 nicht angetastet wurde und das Deutsche Reich nicht durch „debellatio" untergegangen ist 377 . Aus dem Fortbestand des Reiches als Staat und Völkerrechtssubjekt folgt die Kontinuität des Rechts, d. h. die grundsätzliche Fortgeltung der innerdeutschen Rechtsordnung und der vom Reich abgeschlossenen und übernommenen völkerrechtlichen und koordinationsrechtlichen Verträge 378 . Das Deutsche Reich, das zwar seine völkerrechtliche Handlungsfähigkeit, nicht aber seine völkerrechtliche und koordinationsrechtliche Rechtsfähigkeit verloren hatte, blieb Vertragspartner der Landeskonkordate und Staatskirchenverträge. b) Nach dem Zusammenbruch des Reiches wurden von den Alliierten durch Regierungsakte Länder geschaffen, die zunächst den Charakter von Selbstverwaltungskörperschaften trugen 379 . Diese Einrichtungen hatten keine Hoheitsrechte und kamen als mögliche Vertragspartner bei konkordatären Verbindlichkeiten nicht in Betracht. Noch vor der Gründung der Bundesrepublik Deutschland erwarben die deutschen Länder, unter ihnen das neugeschaffene Land Hessen 380 , durch originären rechtsschöpfenden Vorgang Staatscharakter 381 . Mit dem Erwerb der Staatseigenschaft traten die dem Koordinationsrecht gemäßen Voraussetzungen ein, die eine Vertragspartnerschaft der Länder bei Konkordaten und Staatskirchenverträgen ermöglichen. Für den Nachweis des Fortbestehens der konkordatären Rechtslage mit den neuerrichteten Ländern als Vertragspartner kommen die Kategorien der Identität und der Rechtsnachfolge in Frage. Die neuentstandenen Länder sind dann wieder Vertragspartner der Landeskonkordate und Staatskirchenverträge geworden, wenn der Nachweis zu führen ist, daß sie aa) entweder mit dem Deutschen Reich oder den betroffenen ehemaligen deutschen Reichsländern identisch, oder 3 7 7 Vgl. Rolf STÖDTER, Deutschlands Rechtslage, H a m b u r g 1948; — Friedrich KLEIN, Neues Deutsches Verfassungsredlt, Frankfurt 1949; — Erich KAUFMANN, Deutschlands Rechtslage unter der Besatzung, Stuttgart 1948. 378

KAUFMANN, R e c h t s l a g e , S . 3 1 ; — B O R N , a. a . O . , S . 1 0 7 .

379

PETERS, i n : N J ,

1. J g . ( 1 9 4 7 ) , S. 2 ff. ( 5 ) ; —

HAUDE, a . a . O . ,

vgl. o. S . l l . 3 8 0 Vgl. o. S. 11. 381

SCHEUNER, F u n k t i o n s n a d i f o l g e , S . 4 5 ; H A U D E , a . a . O . , S . 7 5 .

S.75;



71 bb) entweder Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches oder der ehemaligen deutschen Reichsländer sind. aa) Eine Identität der deutschen Länder mit dem Deutschen Reich wird überwiegend abgelehnt 382 . Eine Identität des neugeschaffenen Landes Hessen mit dem ehemaligen Freistaat Preußen entfällt 3 8 3 . bb) Eine allgemeine Rechtsnachfolge der deutschen Länder gegenüber dem Deutschen Reich scheidet aus 384 , da dieses seine rechtliche Existenz und folglich seine Partnerstellung bei den Landeskonkordaten und Staatskirchenverträgen bewahrt hat. Nach einer Tradition des gemeinen deutschen Staatsrechts und gemäß dem Grundsatz des „bundesfreundlichen Verhaltens" waren die Länder zur Erfüllung der Reichsverbindlichkeiten verpflichtet, solange das Reich handlungsunfähig war 3 8 5 . Derselbe Grundsatz verbot den Ländern aber auch, die Vertragspartnerstellung des Reiches selbständig aufzuheben und damit die Rechte des Reiches zu verletzen 386 . Für den Wechsel des Vertragspartners wäre mindestens eine Zustimmungserklärung des Reiches erforderlich gewesen, die der Alliierte Kontrollrat, der die deutsche Staatsgewalt zunächst ausübte, nach allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen nicht äußern durfte 3 8 7 . Stein 3 8 8 berücksichtigt die Unantastbarkeit der Rechtsstellung des Reiches offensichtlich nicht, wenn er feststellt, daß das Land Hessen nach seinem Entstehen Partner der Konkordate und Staatskirchenverträge geworden sei 389 . Diese Behauptung läßt sich auch nicht mit dem koordinationsrechtlichen Charakter der Verträge begründen. Das Koordinations382

H A U D E , a . a . O . , S. 6 7 m i t L i t e r a t u r h i n w e i s e n ; — a. M . H e r b e r t K R Ü G E R ,

Die Bundesrepublik Deutschland und Deutsches Reich, in: S J Z 1950, S. 113 ff. 3 9 3 Eine Identität der neuerrichteten Länder mit den ehemaligen Reichsländern ist dann zu erwägen, wenn sie in ihrem K e r n und Gebietsstand v o n der territorialen N e u o r d n u n g in der Nachkriegszeit n u r unwesentlich b e t r o f fen wurden (z. B. Bayern, B r e m e n und H a m b u r g ) . Die Identität wird bei dieser Ländergruppe mit der Substanzgleidiheit begründet (vgl. R u d o l f REINHARDT, Identität und Rechtsnachfolge, in: N J W 1952, S. 441 ff. [ 4 4 3 ] ; — DAHM, a. a. O., S. 1 0 2 ; — OSTERMANN, a . a . O . , S. 67 ff., sowie die ablehnende Stellungnahme v o n SCHEUNER, F u n k t i o n s n a c h f o l g e , S. 1 1 ) .

384 Y g j U r t e i l des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes N J W 1949, S. 6 3 4 . 385

SCHEUNER, i n : D V B 1 . 1 9 5 0 , S. 4 8 4 ; —

386

H A U D E , a . a . O . , S. 7 6 ; —

v o m 30. 3 . 1 9 4 9 ,

H A U D E , a . a . O . , S. 7 7 .

SCHÖPPE, a . a . O . , S. 2 6 9 ; —

a. M .

OSTERMANN,

a. a. O . , S. 1 0 1 . 3 8 7 Erich KAUFMANN, a . a . O . , S. 3 1 ; — Lucius D. CLAY, Entscheidung in Deutschland, F r a n k f u r t 1950, S. 3 3 9 f.; — HAUDE, a. a. O., S. 65. 388

STEIN, i n : Z I N N / S T E I N , a . a . O . , V o r b . A r t . 4 8 , E r l . I I , 5 a .

Diesen Standpunkt hat audi die Hessische Landesregierung im K o n kordatsstreit v o r dem Bundesverfassungsgericht eingenommen, vgl. Schriftsatz der Hessischen Landesregierung v o m 5 . 1 0 . 1 9 5 5 , in: Der K o n k o r d a t s p r o z e ß , S. 273 ff. (278). 389

72 recht erlaubt trotz gewisser gemeinsamer Züge mit der innerstaatlichen Rechtsordnung nicht, einen anerkannt bestehenden Vertragspartner aus seiner Rechtsstellung zu verdrängen. einen besonderen koordinationsrechtlichen Normensystem zuzuordnen. Eine Rechtsnachfolge der neuentstandenen Länder gegenüber den ehemaligen Reichsländern scheitert daran, daß die Länder seit dem 30. Januar 1934 nicht mehr Träger koordinationsrechtlicher Rechte und Pflichten waren 3 9 0 . c) Im Schrifttum 391 wird die Auffassung vertreten, daß einzelne der neuerrichteten Länder durch einen konkludenten Neuabschluß 392 der Landeskonkordate und Staatskirchenverträge Vertragspartner des Heiligen Stuhls und der evangelischen Landeskirchen geworden seien. Mit dieser Fiktion soll der rechtstheoretische Nachweis dafür erbracht werden, daß die Länder als Vertragspartner und nicht nur auf Grund innerstaatlichen Rechts die Regelungen der Verträge eingehalten haben. Voraussetzung f ü r die Annahme eines konkludenten Neuabschlusses von Verträgen ist die tatsächliche Anwendung der vertraglichen Normen und ein vertraglicher Bindungswille der Beteiligten 393 . Läßt sich auch aus der Praxis der Beziehungen des Landes Hessen zu den evangelischen Landeskirchen in Hessen in der Nachkriegszeit die regelmäßige Befolgung der Bestimmungen des Preußischen Kirchenvertrages feststellen 394 , der Nachweis f ü r einen vertraglichen Bindungswillen des hessischen Staates ist damit nicht erbracht. Der staatskirchenrechtlichen Praxis ist die unzweideutige Äußerung eines Vertragswillens des Landes Hessen nicht zu entnehmen 395 . d) Zusammenfassend ist festzustellen, daß die nach 1945 einsetzende Entwicklung vom Einheits- zum Bundesstaat die Partnerstellung des 390 D e r Hessische Verfassungsgerichtshof hat in seinem Urteil v o m 3 0 . 1 0 . 1950, in: N J W 1951, S. 327, das Vorliegen einer Staatensukzession i m Verhältnis Hessens zu Preußen verneint, weil Preußen „keine Hoheitsrechte mehr besaß und deshalb seine Eigenschaft als Staat verloren hatte". 391

SCHÖPFE, a . a. O . , S . 2 4 7 f f . ; — H A U D E , a . a . O . , S. 7 7 f . ; —

OSTERMANN,

a. a. O . , S. 1 0 1 ff. 392

SCHÖNBORN,

a.a.O.,

S.47F.,

92ff.;



SANDERS,

a.a.O.,

S. 1 0 2 f f . ;



LENTZ, a. a. O . , S. 1 4 7 . 393

SCHÖPPE, a . a. O . , S . 5 1 ; O S T E R M A N N , a . a. O . , S . 1 0 2 m i t w e i t e r e n

Lite-

raturhinweisen. 394

H A U D E , a. a. O . , S. 7 2 .

395

SCHÖPFE,

a . a. O . ,

S. 2 8 3 f.



Ein

vertraglicher

Bindungswille

ist

zu

vermuten hinsichtlich der Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen und R h e i n land-Pfalz sowie der ehemaligen Länder Baden und W ü r t t e m b e r g - H o h e n zollern (SCHÖPFE, a. a. O., S. 346). Diese D e u t u n g ist aber auch nur unter der Voraussetzung gerechtfertigt, daß die entsprechenden Kundgebungen staatlicherseits nicht ausschließlich als innerstaatliche Vorgänge anzusehen sind. OSTERMANN, a. a. O., S. 103 f., verneint jedoch einen k o n k l u d e n t e n Neuabschluß des Badischen Konkordats v o n 1932 durch das Land Baden-Württemberg.

73 Reiches bei den Landeskonkordaten und Staatskirchenverträgen nicht berührt hat. D a s L a n d Hessen ist in die Partnerstellung des Reiches nicht eingetreten. Es hat das Preußenkonkordat und den Preußischen Kirchenvertrag auch nicht auf dem Wege eines konkludenten Vertragsschlusses erneuert. 4. Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und ihr Einfluß auf das staatlich-kirchliche Vertragsrecht in Hessen a) D i e Gründung der Bundesrepublik Deutschland, die nach allgemeiner Ansicht mit dem Deutschen Reich identisch ist 3 9 6 , hatte nachhaltige Folgen für die Vertragssituation 3 9 7 . Der Gründungsvorgang ist dadurch gekennzeichnet, daß sich der 1934 geschaffene Einheitsstaat wieder in eine bundesstaatliche Ordnung umgliederte. Mit dem Inkrafttreten des Bonner Grundgesetzes am 24. Mai 1949 wurde eine Kompetenzordnung wirksam, die die Zuständigkeiten zwischen dem Gesamtstaat, dem Bund, und den Ländern neu verteilte. Nach dieser Ordnung übernahmen die Länder bisherige gesamtstaatliche A u f g a b e n und traten in Zuständigkeiten des Reiches ein. Dabei wurde das Nachfolgeverhältnis gesetzlich nicht geregelt. b) Ausgehend von dem Grundsatz der Rechtskontinuität wurde für Zuständigkeitsverlagerungen im Bundesstaat die Kategorie der Funktionsnachfolge geprägt 3 9 8 . Der Begriff der Funktionsnachfolge, der als Unterfall der allgemeinen Rechtsnachfolge anzusehen ist, soll eine Reihe spezieller Fälle erfassen, die von den herkömmlichen Kategorien der Identität und der allgemeinen Rechtsnachfolge nicht betroffen werden 3 9 9 . Die Voraussetzungen f ü r die Annahme einer Funktionsnachfolge sind dann gegeben, wenn im Zuge der Umgestaltung zu einer bundesstaatlichen K o m petenzordnung geschlossene Hoheitsbereiche ihren Träger wechseln 400 . D i e Funktionsnachfolge wird daher auch als funktioneller, nicht gebietsbezogener Tatbestand der Rechtskontinuität umschrieben 4 0 1 . 3 0 6 B V e r f G E . B d . 6, S. 3 0 9 f f . (364). — Vgl. z. B. SCHEUNER, i n : DVB1. 1950, 5. 481 ff., 5 1 4 f f . ; — PETERS, i n : V V D S t R L 11 (1954), S. 196. Zahlreiche weitere N a c h w e i s e bei W e r n e r WEBER, A b l ö s u n g , S. 28 f., u n d SCHÖPFE, a. a. O., S. 306 ff. — A b w e i c h e n d äußert sich Walther Freiherr MARSCHALL v. BIEBERSTEIN, Z u m P r o b l e m der völkerrechtlichen A n e r k e n n u n g der beiden deutschen R e g i e r u n g e n . Ein B e i t r a g zur D i s k u s s i o n über die Rechtslage Deutschlands, Berlin 1959, S. 129. Seine Ansicht ist v o n G e r h a r t SCHEUER, D i e Rechtslage des geteilten Deutschland, Berlin 1960, S. 108 f., ü b e r z e u g e n d w i d e r l e g t w o r d e n . 397

a. M . H A U D E , a. a. O . , S. 8 8 ; — OSTERMANN, a. a. O . , S . 1 0 5 .

398

SCHEUNER,

Funktionsnachfolge,

S . 9 ff. ( 3 0 ) ;



THIEME,

a.a.O.,

S. 15,

u n t e r H i n w e i s auf Entscheidungen der Rechtsprechung zur F r a g e der F u n k tionsnachfolge. 399

SCHEUNER, F u n k t i o n s n a c h f o l g e , S. 34.

400

ders., a. a. O., S. 43. ders., a. a. O., S. 34.

401

74 Mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes sind die hoheitlichen Funktionen des Gesamtstaates für den Bereich der kulturellen Angelegenheiten auf die Länder übergegangen. Die Länder haben neben den territorialen Sukzessionen gegenüber den ehemaligen Reichsländern die Funktionen der Kulturhoheit des Reiches übernommen. Auf diesen Erwerb eines geschlossenen hoheitlichen Aufgabenbereiches ist der Begriff der Funktionsnachfolge anwendbar. c) Aus der Kulturautonomie der Länder fließt ihre Zuständigkeit zur Gestaltung der staatlich-kirchlichen Beziehungen 402 . D a die Landeskonkordate und Staatskirchenverträge als koordinationsrechtliche Verträge wie das innerstaatliche Recht behandelt werden, darf man folgern, daß die neuerrichteten Länder, soweit sie Nachfolgestaaten ehemals konkordatär verpflichteter Reichsländer sind, auf dem Wege der Funktionsnachfolge Partner der Verträge anstelle des Reiches geworden sind 403 . Das Bundesland Hessen, das in seinem Territorium Gebietsteile des ehemaligen Volksstaats Hessen und des Freistaats Preußen vereinigt, ist Partner des Preußenkonkordats und des Preußischen Kirchenvertrages geworden, wobei die Rechtswirksamkeit dieser Verträge auf die früheren preußischen Landesteile begrenzt bleibt. Seit der Wiederherstellung einer bundesstaatlichen Ordnung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland ist das Land Hessen im Geltungsbereich des Preußenkonkordats und des Preußischen Kirchenvertrages Vertragspartner des Heiligen Stuhls bzw. der territorial beteiligten evangelischen Landeskirchen. Die spätere Bestätigung des Fortbestehens dieser Verträge im Rahmen neuer konkordatärer und staatsvertraglicher Abkommen hat nur eine deklaratorische Bedeutung. Derartige Klauseln sollen zum Ausdruck bringen, daß der betreffende Staatskirchenvertrag seit seinem Inkrafttreten ununterbrochen in Geltung gestanden hat und durch den Abschluß einer neuen Vereinbarung zwischen Staat und Kirche in seinem Bestand nicht beeinträchtigt wird 4 0 4 . 4 0 2 Auf Grund der v o m Grundgesetz festgestellten aufgabenmäßigen Beschränkung der Länder im Bereich des Staatskirchenrechts handelt es sich auch hier nicht um eine Allzuständigkeit. 403 w e c i e r die betroffenen Länder noch der Heilige Stuhl und die evangelischen Landeskirchen haben sich im Anschluß an diesen Vorgang auf die clausula rebus sie stantibus berufen. Es hätte einer speziellen Regelung bedurft, um die Bundesrepublik nach der Kompetenzverschiebung weiterhin als Vertragspartner an die Landeskonkordate und Staatskirchenverträge zu binden. 4 0 4 Eine solche Deklaration enthalten in bezug auf den Preußischen Kirchenvertrag vom 1 1 . 5 . 1 9 3 1 der Niedersächsische Kirchenvertrag vom 1 9 . 3 . 1 9 5 5 , der Schleswig-Holsteinische Kirchenvertrag vom 23. 4. 1957, der Vertrag des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 9 . 9 . 1 9 5 7 und der Hessische Kirchenvertrag v o m 18. 2. 1960 (Präambel) sowie im Hinblick auf das Preußische Konkordat vom 14. 6. 1929 die Präambel des Vertrages des Landes N o r d rhein-Westfalen mit dem Hl. Stuhl vom 19. 1 2 . 1 9 5 6 .

75 d) D a m i t f ü h r t die Z u o r d n u n g der V e r t r ä g e zwischen S t a a t u n d Kirche zu einem koordinationsrechtlichen System, d a s eigene N o r m e n entwickelt, auch im F a l l e einer verfassungsrechtlichen Kompetenzverschiebung zu einer klaren L ö s u n g , die mit der staatskirchenrechtlichen P r a x i s übereinstimmt. Bei einer B e h a n d l u n g dieser V e r t r ä g e nach den R e g e l n des Völkerrechts w ä r e zu berücksichtigen, d a ß sich ein B u n d e s s t a a t durch eine interne Z u s t ä n d i g k e i t s v e r l a g e r u n g nicht ohne weiteres v o n seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen lösen k a n n . Eine N a c h f o l g e in völkerrechtliche V e r t r ä g e a u f G r u n d des E r w e r b s funktioneller Z u s t ä n d i g k e i t w i r d auch v o n Scheuner 4 0 5 abgelehnt. D i e Funktionsnachfolge böte den L ä n d e r n lediglich die Möglichkeit, die V e r t r ä g e durch einen konkludenten Vertragsschluß — mit seinen nachgewiesenen Schwierigkeiten — zu erneuern u n d neben dem B u n d die vertragliche Verpflichtung zur E r f ü l l u n g der Verbindlichkeiten z u übernehmen 4 0 6 . 5. Ergebnis der Untersuchung Z u s a m m e n f a s s e n d ist festzustellen, d a ß der Preußische Kirchenvertrag v o m 11. M a i 1931 ebenso wie d a s P r e u ß e n k o n k o r d a t v o m 14. J u n i 1929 unbeeinträchtigt durch die verfassungsrechtliche Entwicklung im deutschen Staatswesen seit dem J a h r e 1933 in G e l t u n g gewesen ist. Staatlicher P a r t n e r der V e r t r ä g e ist g e g e n w ä r t i g d a s B u n d e s l a n d H e s s e n , soweit sein Staatsgebiet auf G r u n d der territorialen Sukzession gegenüber dem ehemaligen Freistaat Preußen v o n diesen V e r t r ä g e n berührt w i r d . D i e rechtliche Situation der evangelischen Landeskirchen in Hessen ist nunmehr erst durch die Feststellung hinreichend gekennzeichnet, d a ß diese in den ehemals preußischen Landesteilen Hessens eine staatsvertraglich gesicherte Stellung hatten. Diese Tatsache ist f ü r die staatskirchenrechtliche Entwicklung nicht gering einzuschätzen, denn sie richtete den sich allmählich durchsetzenden koordinationsrechtlichen O r d n u n g s w i l l e n d a r a u f , welche institutionelle Sicherung eine partnerschaftliche O r d n u n g v o n S t a a t und Kirche zu ihrer d a u e r h a f t e n G e s t a l t u n g braucht.

405

SCHEUNER, F u n k t i o n s n a c h f o l g e , S . 3 6 f .

409

HAUDE, a. a. O . , S. 6 5 , 7 8 .

76 ZWEITER TEIL Der Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen in Hessen vom 18. Februar 1960

Landeskirchen

§5 D e r Verlauf der Verhandlungen z u m V e r t r a g zwischen dem Lande Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen vom 18. Februar 1960 1. Bald nach dem I n k r a f t t r e t e n des Niedersächsischen (Loccumer) Kirchenvertrages am 23. April 1955 1 zeigte die Hessische Landesregierung die Bereitschaft, das Vertragsgespräch mit den Kirchenleitungen der evangelischen Landeskirchen in Hessen u n d den Bischöflichen O r d i n a r i a t e n der Diözesen Fulda, Limburg, und Mainz aufzunehmen. Anläßlich einer jener turnusmäßigen Sitzungen 2 , die am 7. O k t o b e r 1955 in Fulda stattfand 3 , w u r d e auf Initiative des Hessischen Ministers f ü r Erziehung u n d Volksbildung die „Frage von Kirchenverträgen zwischen dem L a n d H e s sen u n d den Evangelischen Landeskirchen u n d der Katholischen Kirche" von staatlichen 4 u n d kirchlichen 5 Beauftragten erstmals erörtert. D e r hessische Staat verfolgte mit der Einleitung von Vertragsverhandlungen das Ziel, den Verfassungsauftrag des Art. 50 Abs. 1 H V zu erfüllen, u n d z w a r nicht durch ein einseitiges Staatsgesetz, sondern durch eine Vereinbarung mit den Kirchen. Dabei w a r beabsichtigt, den Meinungsaustausch auf finanzielle u n d vermögensrechtliche Fragen zu beschränken. Die stetig wiederkehrenden Staatsleistungen, die bisher Gegenstand der jährlichen Etatberatungen im hessischen L a n d t a g waren, und die staatlichen Befugnisse bezüglich der kirchlichen Vermögensverwaltung sollten eine vertragliche Grundlage erhalten®. 1

Bekanntmachung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages des Landes Niedersachsen mit den Evangelischen Landeskirchen in Niedersachsen vom 26. 4.1955 (Nieders. GVB1. 1955, S. 181). 2 Vgl. o. S. 58. 3 Niederschrift über die Sitzung am 7.10.1955 vom 12.10. 1955. Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung ( = HMEV), Akt.-Z. Nr. VI/5-VI-890/2-55 (Akt. KV. EKHN). 4 An diesem Gespräch, das unter Leitung von Min.-Rat ALLSTAEDT (HMEV) stand, nahmen Beauftragte der Hessischen Minister f ü r Erziehung und Volksbildung, der Finanzen und der Justiz teil. 5 Die Kirchenleitungen der EKHN, der EKKW und der EKRhld. hatten Vertreter entsandt. Die Kreissynoden Wetzlar und Braunfels waren durch einen eigenen Beauftragten beteiligt. Die katholische Kirche war durch Beauftragte des Bischöflichen Generalvikariats in Fulda und der Bischöflichen Ordinariate in Limburg und Mainz vertreten. 6 Niederschrift cit., S. 3 f.

77 Dem staatlichen Gesprächsangebot stimmten die Vertreter der Diözesen und der evangelischen Landeskirchen grundsätzlich zu 7 . Für die Diözesen waren jedoch die Aussichten, mit dem Land Hessen zu einem staatsvertraglichen Abkommen zu gelangen, wegen ihrer begrenzten Zuständigkeit zum Abschluß staatlich-kirchlicher Vereinbarungen 8 von Beginn an gering. An den Kompetenzschwierigkeiten scheiterte schließlich das staatliche Vorhaben, die katholische Kirche in die Verhandlungen einzubeziehen. Die Vertreter der evangelischen Landeskirchen stimmten trotz ihrer Bereitwilligkeit, Vertragsverhandlungen mit dem Lande Hessen zu eröffnen, nicht vorbehaltlos den staatlichen Vorschlägen über eine Begrenzung des Beratungsgegenstandes zu. Im Gegensatz zu der staatlichen Absicht, vertragliche Teillösungen zu schaffen, betonten sie ihr besonderes Interesse an einer globalen Regelung im Sinne des Niedersächsischen Kirchenvertrages 9 . Dieses umfassende Vertragswerk sollte als wesentlichen Bestandteil eine Garantie des Preußischen Kirchenvertrages vom 11. Mai 1931 enthalten. Trotz gewisser Auffassungsunterschiede hatte die Begegnung staatlicher und kirchlicher Vertreter am 7. Oktober 1955 ihr Ziel erreicht. Die Bereitschaft aller Gesprächspartner, die Vertragsverhandlungen aufzunehmen und die dazu erforderlichen Vorbereitungen zu treffen, war festgestellt. Stellvertretend für die evangelischen Landeskirchen in Hessen übernahm die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck zunächst die Führung der laufenden Verhandlungen mit dem Staate. Die evangelischen Landeskirchen erarbeiteten einen ersten Vertragsentwurf 1 0 , der Niederschrift cit., S. 4 ff. Als konkordatärer Partner eines Staates k o m m t nur der Heilige Stuhl in Betracht. Die privilegierte Stellung des Hl. Stuhls wird hinsichtlich einer Regelung der Ablösung der Staatsleistungen durch Art. 18 Abs. 1 R K besonders bestätigt. Nach dieser N o r m ist vor der Ausarbeitung der Ablösungsgrundsätze „ein freundschaftliches Einvernehmen" mit dem Heiligen Stuhl herzustellen. Den Diözesen war es daher nur möglich, informatorische Gespräche mit den staatlichen Stellen zu führen. 7 8

• Niederschrift cit., S. 6 f. — Diese Auffassung bekräftigte die K L . der E K H N auf ihrer Sitzung am 1 8 . 1 0 . 1 9 5 5 (Prot. [Auszug] vom 1 8 . 1 0 . 1 9 5 5 , N r . 135, Zf. 2 — Akt. KV. E K H N ) . 1 0 Entwurf I. — Dem beschließenden kirchlichen Gremium, das sich am 8. 1 1 . 1 9 5 5 versammelte, gehörten Kirchenpräsident D. NIEMÖLLER ( E K H N ) , Bischof D. WÜSTEMANN (EKKW), Oberkirchenrat Lic. D. BECKMANN und die zuständigen Referenten der drei Landeskirchen an. Dem Entwurf lag ein Vorschlag zugrunde, den Vizepräsident Dr. JUNG ( E K K W ) mit O K R . SCHUSTER ( E K H N ) vorbereitet hatte. Der vorgelegte T e x t wurde in den Beratungen des Personenkreises an verschiedenen Stellen geändert (AVerm. über die Besprechung am 8 . 1 1 . 1955 — Akt. KV. E K H N ) .

78 dem Hessischen Minister für Erziehung und Volksbildung Hennig von der EKKW unter dem 21. November 1955 11 zugeleitet wurde. Dieser Entwurf folgte in seinen wesentlichen Zügen den Bestimmungen des Niedersächsischen Kirchenvertrages. Einzelne Abweichungen erklärten sich aus der Eigentümlichkeit der hessischen Verhältnisse. Wegen der abweichenden Auffassungen der Gesprächspartner über den Umfang des Beratungsgegenstandes wurden die Verhandlungen nur zögernd eröffnet. Der Staat zeigte sich auch weiterhin lediglich an einem Finanzabkommen interessiert, während die Kirchen auf ihrem Standpunkt beharrten, daß die Gesamtheit der staatlich-kirchlichen Beziehungen in dem Vertragswerk zu ordnen sei. Das Interesse der evangelischen Landeskirchen an einer vertraglich gesicherten Rechtsposition wuchs noch, als der Staat unter Hinweis auf das gestiegene Kirchensteueraufkommen im Regierungsbezirk Wiesbaden die Zuschüsse zur Pfarrbesoldung an die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau im Jahre 1956 plötzlich einstellte 12 . Die finanzielle Lage der EKHN wurde durch diese unvorhergesehene staatliche Maßnahme nicht unbeträchtlich verschlechtert. Daraufhin sah sich die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck, die sich seit längerem in einer äußerst ungünstigen Finanzsituation befand und deshalb an einer Klärung der finanziellen Beziehungen zum Staate in besonderem Maße interessiert war, veranlaßt, die Frage eines umfassenden Staatsvertrages in einer Beratung mit dem hessischen Kultusminister am 26. Oktober 1956 13 erneut zu stellen. In dieser Sitzung erkannte der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung stellvertretend für das Land Hessen die kirchliche Forderung auf Abschluß eines umfassenden Staatskirchenvertrages an. Diesem sollte eine vertragliche Regelung der finanziellen Fragen vorausgehen. Unter Leitung der Haushaltsreferenten des Kultus- und Finanzministeriums 14 wurde ein Entwurf vorbereitet, der nach einer abschließenden Beratung am 1. März 195715 von den Kirchenleitungen der evangelischen Landeskirchen und 1 1 S d i r . L K A . E K K W an den HMEV vom 2 1 . 1 1 . 1 9 5 5 (Az.: — A6928/55 — G 872 — Akt. K V . EKHN). 1 2 Sdir. HMEV an den Regierungspräsidenten in Wiesbaden vom 21. 7 . 1 9 5 6 (AZ: VI/5-I/3-094/03-04/56 — A k t . K V . EKHN). In diesem Schreiben wird auf die Höhe des Kirchensteueraufkommens im Rechnungsjahr 1955 hingewiesen. Danach sei die Kirche in der Lage, „den Pfarrbesoldungsbedarf durch den Pflichtbeitrag der Kirchen in Höhe von 30°/o des Kirchensteueraufkommens unter Berücksichtigung des Pfründeneinkommens zu dedien". — Von der gleichen staatlichen Maßnahme wurde auch die Diözese Limburg betroffen. 13 AVerm. über die Besprechung zwischen dem HMEV HENNIG, Bischof

WÜSTEMANN u n d V i z e p r ä s i d e n t JUNG a m 2 6 . 1 0 . 1 9 5 6 ( A 6 3 7 2 / 5 6 — G 8 7 2

Akt. L K A . EKKW). 14

M i n i s t e r i a l r a t BECKER u n d R e g i e r u n g s d i r e k t o r KRÖNER.

15

A k t . K V . EKHN.



79 von der hessischen Landesregierung gebilligt wurde 1 6 . Audi die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau gab ihre ablehnende Haltung gegen eine Teillösung 17 auf, nachdem feststand, daß der vorgelegte Text nur paraphiert werden, seine Ratifikation aber erst im Rahmen eines künftigen Gesamtvertrages erfolgen sollte 18 . Wie der weitere Verhandlungsverlauf noch zeigen sollte, verband die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau mit der Billigung der Teillösung, deren Ratifikation durch die Kirchensynode noch ausstand, die Vorstellung, daß es sich um eine Vereinbarung mit vorläufigem Charakter handele, die Änderungen im Rahmen der weiteren Verhandlungen über den Gesamtvertrag nicht grundsätzlich ausschloß. Nach Ansicht ihrer Vertreter sollte der Vorvertrag vornehmlich dem Ziel dienen, die gestörten staatlich-kirchlichen Finanzbeziehungen wieder zu normalisieren, indem ein geeignetes Verfahren zur Wiederaufnahme der Staatsleistungen festgestellt wurde. 19 Der Rat der Landeskirche der EKKW stimmte in seiner Sitzung am 4. und 5. 6.1957 dem Vorvertrag zu (Sehr. LKA. EKKW an den HMEV vom 11.7.1957, A.Z.-. G 8 7 2 — A4083/57). Die EKRhld. erklärte sich unter dem Vorbehalt eines internen Finanzausgleichs zur Annahme des Finanzabkommens bereit (Sehr. LKA. Rhld. an das LKA. EKKW vom 29. 4. 1957 — 5182 — AZ.: 12-5-4-1 — Akt. LKA. EKRhld.). Beschluß der KL. EKHN vom 19. 6. 1957 (Prot. Nr. 23/1 — lfd. Nr. 6 — Akt. KV. EKHN). 17 Während die kurhessische Kirche wegen ihrer finanziellen Notlage auch einer vertraglichen Teillösung der finanziellen Beziehungen zum Staat zuzustimmen geneigt war, lehnte die E K H N diesen Weg zunächst ab. Sie befürchtete, daß mit diesem Schritt die Chancen für den Abschluß eines Gesamtvertrages erheblich vermindert würden. In einem Sdireiben an den HMEV HENNIG

v o m 2 3 . 4 . 1 9 5 7 ( A k t . K V . E K H N ) e r k l ä r t e Kirchenpräsident NIEMÖLLER:

„Unsere Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ist an zwei Fragen unmittelbar interessiert: 1. an der loyalen Regelung der vom Lande Hessen ohne Begründung eingestellten Zahlungen der Pfarrbesoldungszuschüsse für das Jahr 1956/57. Wir haben nicht die Absicht, diese zurückliegende Angelegenheit durch einen Vertrag zu regeln. 2. Wir wünschen eine vertragliche Regelung sämtlicher zwischen Staat und Kirche im Lande Hessen schwebender Fragen in einem Gesamtvertrag, von dem seit Jahren gesprochen wird. Dagegen sind wir nicht interessiert an der Herausnahme finanzieller vertraglicher Abmachungen aus dem Gesamtvertrag zwischen Kirche und Staat." 18 Sehr. HMEV an die KL. E K H N vom 16. 7. 1957 (AZ.: I/VI/5 —877/2 — 57 — Akt. KV. EKHN), S. 3: „Es besteht Einverständnis darüber, daß die vorgenannte Regelung zu gegebener Zeit in eine allgemeine vertragliche Regelung als Bestandteil übernommen, aber schon jetzt hiernach verfahren werden soll."

80 D e r hessische L a n d t a g stimmte im R a h m e n der zweiten 1 9 und dritten Lesung 2 0 des H a u s h a l t s p l a n e s 1958 den im V e r t r a g vereinbarten S t a a t s leistungen zu. D e r V o r v e r t r a g 2 1 über die N e u o r d n u n g der finanziellen Beziehungen zwischen dem L a n d Hessen und den evangelischen Landeskirchen 2 2 , der als V e r w a l t u n g s a b k o m m e n durch einen Briefwechsel 2 3 zustande k a m und gemäß A r t . 1 A b s . 1 rückwirkend z u m 1. A p r i l 1956 in K r a f t trat, w u r d e in den späteren Staatskirchenvertrag als Bestandteil übernommen. 2. Z u Beginn des J a h r e s 1958 w u r d e n zwischen dem L a n d e Hessen und den evangelischen Landeskirchen die V e r h a n d l u n g e n über die Durchf ü h r u n g der Bestimmungen des V o r v e r t r a g e s v o m 16. J u l i 1957 fortgesetzt 2 4 . W ä h r e n d sich die Evangelische Landeskirche v o n KurhessenWaldeck m i t den staatlichen Vorschlägen grundsätzlich einverstanden erklärte, äußerten die Vertreter der Evangelischen Kirche in Hessen und N a s s a u in den Gesprächen mit den B e a u f t r a g t e n des Hessischen Ministers f ü r Erziehung und V o l k s b i l d u n g noch einmal Bedenken gegen die im Hess. L T , 3. WP. (1957), III, S. 1567 ff., 1613 ff. In der Sitzung des Landtages vom 29. 5.1957 wurde der Etat des Landes Hessen in dritter Lesung verabschiedet (Hess. LT., 3. WP. [1957], III, S. 1707 ff. [1734]). 21 Siehe Anl.I. 22 Zwischen dem Land Hessen und den Diözesen Fulda, Limburg, Mainz und Paderborn wurde ein gleichartiges Verwaltungsabkommen zur Neuregelung der Staatsleistungen an die katholische Kirche getroffen, das zunächst eine befristete Geltungsdauer bis zum 31. 3.1961 hatte. Die Einigung der Partner dieses Abkommens kam in Gestalt eines Briefwechsels zustande. Schreiben des Hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung an das Bischöfliche Generalvikariat Fulda, das Bischöfliche Ordinariat Limburg und das Bischöfliche Ordinariat Mainz betreffend die Neuregelung der Staatsleistungen an die 19

20

Katholische Kirche vom 31.1.1958 — A Z . ^ J " ^ ^

— 57 (S. Anl. II);

Schreiben des Bischöflichen Generalvikars Fulda an den H M E V vom 13. 2. 1958 — Tagbuch-Nr. 752; — Schreiben des Bischöflichen Ordinariats Limburg an den H M E V vom 19.2.1958, N u m . O. E. 599/58/3; — Schreiben des Bischöflichen Ordinariats Mainz an den H M E V vom 21.2.1958, zu N r . B. O. 57/58 BFK. W/E 910/57; — Schreiben des Erzbischöflichen Generalvikariats Paderborn an den H M E V vom 31. 10. 1957, Tagbuch-Nr. A 479/57 (Akt. HMEV). — Nach Ablauf der vereinbarten Geltungsdauer wurde das Verwaltungsabkommen für die Zeit eines Jahres verlängert. 23 Schreiben des Kirchenpräsidenten NIEMÖLLER ( E K H N ) an den H M E V HENNIG vom 2 2 . 6 . 1 9 5 7 (Akt. KV. E K H N ) ; — Schreiben des Bischofs der E K K W WÜSTEMANN an den H M E V vom 11.7.1957, — G 872 — A 4083/57 (Akt. L K A . EKKW). 24 Für die E K H N übernahm am 1.1.1958 anstelle des plötzlich verstorbenen O K R . SCHUSTER O K R . Dr. KRÜGER-WITTMACK die weitere Verhandlungsführung.

81 Vertrag festgesetzte Höhe der jährlichen Staatsleistungen 25 . Sie wiesen auf die Gefahr einer möglichen Ablehnung des gesamten Vertrages durch die Synode der Landeskirche hin. Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung weigerte sich jedoch, diese Finanzbestimmungen zu diskutieren. Nach staatlicher Auffassung war die Neuordnung der jährlich wiederkehrenden Staatsleistungen an die evangelischen Landeskirchen mit dem Abkommen vom 16. Juli 1957 abgeschlossen 26 . Im Vordergrund der Erörterungen stand damit die Feststellung der Baulastabfindung, über die in mehreren Beratungen, an denen Sachverständige des Bauwesens teilnahmen, letztlich eine Einigung zu den vom Staat gesetzten Bedingungen erzielt wurde. 3. Die Verhandlungen über den Abschluß eines umfassenden Staatskirchenvertrages wurden erst am 11. November 19 5 827 wieder aufgenommen 28 . Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung legte den evangelischen Landeskirchen einen staatlichen Vertragsentwurf vor 2 9 , der in seinen Grundzügen auf dem kirchlichen Entwurf des Jahres 1955 beruhte, in seiner Disposition und Textgestaltung jedoch erheblich von diesem abwich. Das Ergebnis der Beratungen vom 11. November 1958 war der „Vorläufige Entwurf des Ministeriums 195 8 3 0 ", der zur Grundlage für die künftigen Verhandlungen über den Abschluß eines Staatskirchenvertrages wurde. Einen zweiten, verbesserten Entwurf erarbeitete das Ministerium für Erziehung und Volksbildung nach dem Stand der Besprechungen vom 16. April 1959 31 . Der Verhandlungsverlauf ist dadurch gekennzeichnet, daß neben Gesprächen mit staatlichen Beauftragten, an denen die Vertreter aller hessischen Landeskirchen teilnahmen, auch zweiseitige Verhandlungen zwischen dem Staat und den einzelnen Landeskirchen stattfanden, in denen die besonderen Probleme der betreifenden Landeskirche erörtert wurden. 2 5 Diese Auffassung kam auch in der Stellungnahme des Finanzausschusses der II. Kirchensynode der E K H N , die von dem Synodalen KEHR (Mainz) auf der 4. außerordentlichen Tagung am 3.12. 1959 vorgetragen wurde, zum Ausdruck (Vhlg. KS. E K H N , II, 4 ao., 1959). 26 Sehr. H M E V Prof. SCHÜTTE an den Kirchenpräs. E K H N NIEMÖLLER V. 2 2 . 6 . 1 9 5 9 (Akt. K V . E K H N ) , S. 5: „Idi kann nur erneut betonen, daß der materielle Inhalt des Finanzabkommens vom 9. 7. 1957 für die Kirche sowie für das Land verbindlich ist und nicht mehr abgeändert werden kann." 27 AVerm. vom 1 4 . 1 1 . 1 9 5 8 (Akt. KV. E K H N ) . 28 Im Interesse einer beschleunigten Verhandlungsführung berief die hessische Landesregierung zum 1. 9. 1958 Amtsgerichtsrat FÜLLKRUG in das Kultusministerium, der als staatlicher Beauftragter den Vertragsschluß vorbereitete. 29 Die E K K W legte ihrerseits einen Entwurf III vor, der aber nur teilweise in die weitere Diskussion einbezogen wurde (Akt. L K A . E K K W ) . 30 A k t . K V . E K H N . 31 Akt. KV. E K H N .

6 K l o s e , Reditsbeziehungen

82 Wiederum war es die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau 3 2 , die sich bis in die Schlußphase der Verhandlungen mit Anregungen und Vorschlägen an den staatlichen Gesprächspartner wandte 3 3 , um mögliche Unklarheiten im Vertragsentwurf zu vermeiden. In dieser Haltung darf der Wille der Kirche erblickt werden, das Ziel des Vertrages, friedliche staatlich-kirchliche Beziehungen dauerhaft zu gewährleisten, durch ihre Mitarbeit zu unterstützen. Die Verhandlungen führten schließlich zu einer weitgehenden Übereinstimmung der staatlichen und kirchlichen Auffassungen. Trotzdem mußte die Unterzeichnung des Vertrages mit Rücksicht auf die innerkirchliche Rechtslage der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ausgesetzt werden. Abweichend von dem sonst üblichen Verfahren bei der Ratifikation von Staatsverträgen 3 4 durfte die Unterzeichnung des Staatskirchenvertrages gemäß Art. 30 Abs. I 3 5 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 K O . E K H N 3 6 erst erfolgen, nachdem die Kirchensynode ihre Zustimmung dazu gegeben hatte. Auf ihrer 4. außerordentlichen Tagung vom 30. November bis 3. Dezember 1959 in Frankfurt a. M. entschied sich die Zweite Kirchensynode der E K H N bei einigen Vorbehalten für eine Unterzeichnung des Staatskirchen Vertrages durch die Kirchenleitung 37 . 32 Für die Verhandlungen zum Abschluß des Staatskirchenvertrages berief die II. Kirchensynode der E K H N auf ihrer 4. ordentl. Tagung vom 20.—24. 4. 1958 in Frankfurt a. M. einen Synodalausschuß. Gemäß Beschluß Nr. 29 sollte dieser Ausschuß die mit der Führung der Verhandlungen beauftragten Vertreter der EKHN zusätzlich unterstützen (Vhlg. KS. EKHN, II, 4. o. (1959), S. 430 f. [431], 604). 33 Schreiben des Kirchenpräsidenten der EKHN an den HMEV v. 30. 6. 1959 (Akt. KV. EKHN). 34 Nach völkerrechtlicher und koordinationsrechtlicher Praxis beschränkt sich die Zuständigkeit des gesetzgebenden Organs eines Vertragspartners auf die verfassungsrechtlich notwendige Zustimmung (Ratifikation) des bereits unterzeichneten Vertrages. 35 „Die Kirchensynode ist das maßgebliche Organ der geistlichen Leitung und der kirchlichen Ordnung der Gesamtkirche und vertritt grundsätzlich auch die Kirche nach außen." 3 6 „Die Kirchenleitung hat im Auftrage der Kirchensynode die Kirche zu leiten und zu verwalten."

Beschluß der II. Kirchensynode auf Antrag des Synodalen HOLTZMANN: „Die Kirchenleitung wird zur Unterzeichnung bevollmächtigt, falls folgende Vorbedingungen erfüllt sind: 1. Es ist festzustellen, daß der innerkirchliche Lastenausgleich ausschließlich Sache der beteiligten Kirchen ist; 2. daß die Gleitklausel in ihrer Gültigkeit sichergestellt ist; 3. daß der Zusatz zu Art. 14 Abs. 2 durch einen Schriftwechsel mit dem Ministerium in Wiesbaden geklärt wird." (Vhlg. KS. EKHN, II, 4. ao. [1959], S. 245 ff. [277], 337). 37

83 Ü b e r die noch strittigen F r a g e n w u r d e b a l d ein E i n v e r s t ä n d n i s zwischen d e m S t a a t und der E K H N e r z i e l t 3 8 . D i e L a n d e s s y n o d e der Evangelischen K i r c h e i m R h e i n l a n d h a t t e schon a u f ihrer 8. ordentlichen T a g u n g v o m 1 0 . bis 1 5 . M a i 1 9 5 9 in B a d K r e u z nach den v o r g e l e g t e n V e r t r a g s e n t w u r f gebilligt u n d die Kirchenleitung ermächtigt, den V e r t r a g gemeinsam m i t den beiden hessischen L a n d e s kirchen z u unterzeichnen u n d z u ratifizieren 3 9 . D i e 3 . L a n d e s s y n o d e der Evangelischen Landeskirche v o n K u r h e s s e n W a l d e c k beschloß a u f ihrer

1. ordentlichen T a g u n g a m 3 0 . N o v e m b e r

u n d 1. D e z e m b e r 1 9 5 9 , den v o r g e l e g t e n V e r t r a g s e n t w u r f a n z u n e h m e n 4 0 . D a s Hessische K a b i n e t t h a t t e a m 2 4 . N o v e m b e r 1 9 5 9 seine Z u s t i m m u n g z u d e m K i r c h e n v e r t r a g gegeben 4 1 . A m 1 8 . F e b r u a r 1 9 6 0 w u r d e der „ V e r t r a g des L a n d e s Hessen m i t den 3 8 Sehr. H M E V SCHÜTTE an Kirchenpräs. NIEMÖLLER v o m (Akt. K V . E K H N ) — Auszug:

11.12.1959

„1. Ich trete ohne weiteres Ihrer Auffassung bei, daß ein etwaiger innerkirchlicher Finanzausgleich nur Sache der beteiligten Kirchen sein kann. . . . 3. Bereits in der Besprechung mit Ihnen am 6. 11. 1959 habe ich Ihnen auf Ihre Frage ausdrücklich bestätigen können, daß es sich bei der im Schlußprotokoll zu A r t . 14 Abs. 2 vorbehaltenen Regelung nur um eine vertragliche Regelung handeln kann." Durch Schreiben v o m 1 4 . 1 2 . 1959 — Z 2 2 / M r (1960) C h / 5 9 (Akt. K V . E K H N ) erteilte die Landeszentralbank in Hessen — Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank — der in A r t . 5 Abs. 3 des Vertragsentwurfs vorgesehenen Gleitklausel für die Staatsleistungen gemäß § 3 S. 2 des Ersten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens v o m 20. 6 . 1 9 4 8 (Währungsgesetz) — W i G B l . Beilage N r . 5/1948 S. 1 — die Genehmigung. Diese Genehmigung wäre allerdings nidit erforderlich gewesen, da es sich hinsichtlich der Staatsleistungen um Personaldotationen handelt, während gemäß § 3 S. 2 cit. nur gewisse Sachbezugsteile von Staatsleistungen genehmigungspflichtig sind. 3 9 Beschluß 5 1 : Die „Landessynode n i m m t Kenntnis von den Verhandlungen der evangelischen Landeskirchen im Lande Hessen mit dem Lande Hessen über den Abschluß eines neuen Staatskirdienvertrages. Die Landessynode ist mit der F o r t f ü h r u n g der Verhandlungen im R a h m e n des bisher erarbeiteten Vertragsentwurfes einverstanden. Die Kirchenleitung wird ermächtigt, den Vertrag zusammen mit den beteiligten Kirchen in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck zu unterzeichnen und zu ratifizieren". (Verhandlungen der achten ordentlichen Rheinischen Landessynode vom 10. bis 15. Mai 1959 in Bad Kreuznadi, Mülheim a. d. R u h r , o. J., S. 136.) 4 0 „Die Synode stimmt dem Vertragsentwurf zu. Sie ermächtigt den R a t , das Ratifizierungsgesetz zu erlassen, sobald der Vertrag unterzeichnet ist." (Vhlg. LS. E K K W , III, 1. o. [1959], S. 83.) 41

Sehr. H M E V

(Akt. KV.

6''

EKHN).

SCHÜTTE an Kirchenpräs. NIEMÖLLER vom

25.11.1959

84 Evangelischen Landeskirchen in Hessen" von dem staatlichen und den kirchlichen Bevollmächtigten unterzeichnet 42 . Zu seiner Wirksamkeit im staatlichen und kirchlichen Bereich bedurfte der Staatskirchenvertrag der Ratifikation und Transformation in staatliches und kirchliches Recht, durch das nach dem staatlichen bzw. kirchlichen Verfassungsrecht zuständige beschließende Organ. Der R a t der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck 43 und die II. Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 4 4 ratifizierten den Staatskirchenvertrag durch den Erlaß eines Kirchengesetzes. Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland ratifizierte auf ihrer Sitzung am 10. März 1960 den Staatskirchenvertrag 45 , der nach seiner Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt mit dem Tage seines Inkrafttretens auch für die innerkirchliche Rechtsordnung der EKRhld. bindend wurde, ohne daß der Erlaß eines transformierenden Kirchengesetzes durch die Landessynode notwendig war. Auf Grund der Regelung des Art. 171 K O . EKRhld., der die Ausübung des kirchlichen Gesetzgebungsrechts durch die Landessynode enumerativ festlegt, werden Staatskirchenverträge ohne transformierendes Kirchengesetz im innerkirchlichen Rechtsbereich wirksam. Der Vorrang der kirchlichen Entscheidungskompetenz, den die Kirchenordnung der EKRhld. nach ihrer inneren Struktur und äußeren Gestalt der Landessynode zuweist 46 , war durch den Synodalbeschluß vom 15. Mai 1959 gewahrt. Der Hessische Landtag 4 7 ratifizierte 48 4 9 in seiner 26. Sitzung am 1. Juni 4 2 epd — Evangelischer Pressedienst — Landesdienst Hessen, Frankfurt a. M., N r . 13 vom 19. 2. 1960, N r . 14 (Sonderdienst) v o m 19. 2.1960. 4 3 Kirchengesetz zu dem Vertrag der Evangelischen Landeskirchen in Hessen mit dem Lande Hessen v o m 18. 2. 1960 vom 23. 3.1960 (KAB1. E K K W 1960, S. 17; ABl. E K D 1960, N r . 156). 44 Beschluß der II. Kirchensynode auf ihrer 5. ordentlichen Tagung v o m 2 5 . - 2 9 . 4. 1960 in Frankfurt a. M., Prot., S. 145 ff. (149); Kirchengesetz zu dem Vertrag der Evangelischen Landeskirchen mit dem Land Hessen v o m 18.2. 1960 (ABl. E K H N 1960, S. 41). 4 5 Schreiben des Präses der E K R h l d . BECKMANN an den H M E V SCHÜTTE vom 25. 4. 1960 — 6304 Az. 11-1-17-1; — Bekanntmachung der Kirchenleitung vom 14. 7. 1960 (ABl. E K R h l d . 1960, S. 93). 46 Vgl. insbesondere Art. 169 K O . E K R h l d . : „Die Landessynode hat vor allem folgende Aufgaben: N r . 11: Sie hat die Kirche in der Öffentlichkeit, insbesondere gegenüber den staatlichen Stellen zu vertreten und dafür zu sorgen, daß die Freiheit der Kirche, über ihre Lehre und Ordnung selbst zu bestimmen, nicht verletzt wird." 4 7 Hess. LT., 4.WP., I, N r . 617 (S. 1679ff.); — Hess. LT., 4.WP., III, S. 967 ff. 48 Art. 103 Abs. 2 H V . 49 Gesetz zu dem Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen in Hessen v o m 10. Juni 1960 (GVB1. 1960, S. 54).

85 1 9 6 0 d e n S t a a t s k i r c h e n v e r t r a g 5 0 . D i e R a t i f i k a t i o n s u r k u n d e n w u r d e n in feierlicher S i t z u n g a m 5. J u l i 1 9 6 0 z w i s c h e n d e n V e r t r a g s p a r t n e r n a u s g e t a u s c h t 5 1 . G e m ä ß A r t . 25 S. 2 H K V t r a t d e r V e r t r a g des L a n d e s H e s s e n m i t d e n E v a n g e l i s c h e n L a n d e s k i r c h e n in H e s s e n a n d i e s e m T a g e in Kraft5253. §6 D i e G r u n d z ü g e des S t a a t s k i r c h e n v e r t r a g e s v o m 18. F e b r u a r 1 9 6 0 (Präambel) 1. M i t d e m I n k r a f t t r e t e n des S t a a t s k i r c h e n v e r t r a g e s v o m 18. F e b r u a r 1960 w u r d e n die Beziehungen zwischen d e m L a n d Hessen u n d den e v a n gelischen L a n d e s k i r c h e n 5 4 in H e s s e n a u f d e r G r u n d l a g e des K o o r d i n a t i o n s rechts 5 5 n a c h d e m V o r b i l d des N i e d e r s ä c h s i s c h e n K i r c h e n v e r t r a g e s v o m 50

Die Vorlage der Landesregierung — Gesetzentwurf zu dem V e r t r a g des Landes Hessen m i t den Evangelischen Landeskirchen in Hessen — w u r d e v o m Hessischen Landtag in erster, zweiter u n d d r i t t e r Lesung einstimmig bei einer S t i m m e n t h a l t u n g a n g e n o m m e n (Hess. LT., 4. WP., III, S. 973). 51 epd — Evangelischer Pressedienst — Landesdienst Hessen, F r a n k f u r t a. M., N r . 66, v o m 5. 7.1960. 52 GVB1. 1960, S. 54; B e k a n n t m a c h u n g über das I n k r a f t t r e t e n des Vertrages zwischen dem Land Hessen u n d den Evangelischen Landeskirchen in Hessen v o m 29. 7. 1960 (GVB1. 1960, S. 151), vgl. Anl. III. 53 A m 9. 3. 1963 w u r d e nach m e h r j ä h r i g e n V e r h a n d l u n g e n auch zwischen der Katholischen Kirche u n d dem Lande Hessen ein V e r t r a g zur Regelung einzelner staatskirchenrechtlicher Angelegenheiten geschlossen. — V e r t r a g des Landes Hessen m i t den Katholischen Bistümern in Hessen v o m 9 . 3 . 1963 (GVB1. 1963, S. 102; Kirchliches A m t s b l a t t f ü r die Diözese Fulda 1963, S. 93; A m t s b l a t t des Bistums L i m b u r g 1963, S. 60; Kirchliches A m t s b l a t t f ü r die Diözese Mainz 1963, S. 79; Kirchliches A m t s b l a t t f ü r die Erzdiözese P a d e r b o r n 1963, S. 117, 143). S. Anl. VI. Der Hessische Landtag ratifizierte den Vertrag am 26. 6. 1963 (Hess. LT., 5. WP., III, S. 434). Die Apostolische N u n t i a t u r in der Bundesrepublik Deutschland erteilte im N a m e n des H l . Stuhles ihre Z u s t i m m u n g in einer R a t i f i k a t i o n s u r k u n d e , die dem Hessischen Ministerpräsid e n t e n am 31.7. 1963 zuging. N a c h d e m das Land Hessen u n d die Apostolische N u n t i a t u r durch einen Notenwechsel ihre Z u s t i m m u n g zu dem Vertragsinhalt e r k l ä r t h a t t e n (Art. VIII des Vertrages), stellte der Hessische Ministerpräsident durch die B e k a n n t m a c h u n g v o m 7. 8. 1963 fest, daß der V e r t r a g m i t dem 31. 7. 1963 in Kraft getreten ist (GVB1. 1963, S. 116). 54 Der Begriff der „Landeskirche" ist anstelle des Begriffs „Kirche" gew ä h l t w o r d e n , u m insbesondere aus der Sidit des Staates den Unterschied zu den Freikirchen zu verdeutlichen (AVerm. Bespr. im H M E V am 26. 5. 1959 — A k t . KV. E K H N ) . 55 F o r m a l w i r d der koordinationsrechtliche C h a r a k t e r des Kirchenvertrages bestätigt durch die A u f n a h m e des Alternats. Es handelt sich dabei u m eine dem völkerrechtlichen Vertragswesen e n t l e h n t e Ü b u n g , wechselseitig bei E r w ä h -

86 19. März 1955 56 neu gestaltet, indem sie an die veränderte staatskirchenrechtliche Lage der Nachkriegszeit angepaßt wurden. Die Grundzüge der Vertragsordnung sind in der Präambel des Staatskirchenvertrages angelegt. 2. Die Präambel umreißt die koordinationsrechtliche Struktur des Vertragsverhältnisses. Sie trifft eine Aussage über die Partnerschaft von Staat und Kirche in Hessen, die nun in Erfüllung des verfassungsrechtlichen Auftrags des Art. 50 H V , „die staatlichen und kirchlichen Bereiche klar gegeneinander abzugrenzen", eine vertragliche Sicherung erfährt 5 7 . 3. Das Vertragsrecht beseitigt die Vielfalt des staatskirchenrechtlichen Regelungen 58 , die die Folge einer unterschiedlichen historischen Entwicklung des Staatskirchenrechts, insbesondere in den Gebietsteilen des ehemaligen Freistaates Preußen und des Volksstaates Hessen, waren. Es stellt die Rechtseinheit der staatskirchenrechtlichen Ordnung in den Grenzen des Bundeslandes Hessen her 59 . Die Aufhebung der Rechtsungleichheiten lag nicht nur im Interesse des Staates. Auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, deren Gebiet sich auf frühere preußische und hessische Landesteile erstreckt, wünschte eine einheitliche Gestaltung ihrer Beziehungen zum Lande Hessen. 4. In gleicher Weise wie die Verträge der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit den evangelischen Landeskirchen 60 ihres Staatsgebiets beruht der Hessische Staatskirchenvertrag auf dem fortgeltenden Preußischen Kirchenvertrag vom 11. Mai 1931. Die Präambel bestätigt die Fortgeltung des Preußischen Kirchenvertrages 81 und weist auf den nung der Vertragspartner im Vertragstext den Vertragspartner zuerst zu nennen, für den die Ausfertigung bestimmt ist. Im H K V ist das Alternat eingefügt in die Präambel, Art. 2, 9 Abs. 2, 10 Abs. 3 und im Schlußprotokoll zu Art. 24 Abs. 1. Es ist nicht aufgenommen in das Schlußprotokoll zu Art. 17 Abs. 4, um den spezifisch staatlichen Ursprung des Steuerrechts zu betonen (AVerm. Bespr. im H M E V am 3. 2. 1960 — Akt. KV. E K H N ) . 59 An die staatliche Zusage, einen Staatsvertrag nach dem Vorbild des Loccumer Vertrages zu schließen, haben die kirchlichen Vertreter während des Verhandlungsverlaufs wiederholt erinnert. Die weitgehend gleichlautenden Formulierungen beider Verträge sind auch künftig unter dem Gesichtspunkt einer Parallelinterpretation von beachtlichem Interesse. 57 Der H M E V SCHÜTTE zur Begründung der Regierungsvorlage vor dem Hessischen Landtag am 1. 6.1960, Hess. LT., 4. WP., III, S. 967 f. (968). 58 Vorlage der Landesregierung v o m 12.5. i960, Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 617, Begründung S. 1694; — H M E V SCHÜTTE in Hess. LT., 4. WP., III, S. 968. 59 Vgl. insbesondere Art. 24 Abs. 1 HKV. 80 V o m 19. 3. 1955 bzw. 23. 4. 1957, Präambel der Verträge. 81 Die Notwendigkeit, eine deklaratorische Bestimmung über die Fortgeltung des Preußischen Kirchenvertrages aufzuweisen, ist während des gesamten Verhandlungsverlaufs von den staatlichen und kirchlichen Vertretern betont worden. — Vgl. Begründung zum Vertrag des Landes Hessen mit den

87 übereinstimmenden Willen der Vertragspartner hin, diesen „Vertrag im Sinne freiheitlicher Ordnung fortzubilden". Diese Deklaration erfolgt vor allem im Hinblick auf die evangelischen Landeskirchen im Bereich der „ D D R " , die als Partner des Preußischen Kirchenvertrages 6 2 an der formellen Erhaltung des Vertragszustandes interessiert sind. Das Bestreben, den Rechtsstatus der östlichen Gliedkirchen der E v a n gelischen Kirche der Union durch den Abschluß eines neuen Staatskirchenvertrages nicht zu verschlechtern, veranlaßte die Verhandlungspartner, die Fassung der Vertragsbestimmungen des Hessischen Kirchenvertraees dem Wortlaut des Preußischen Kirchenvertrages anzupassen und diesen nicht zu stark zu modifizieren. So blieb die organische Verbindung beider Vertragswerke auch äußerlich erkennbar. Es wurde vermieden, daß mit dem Abschluß des neuen Staatskirchenvertrages eine streitige Rechtssituation entstand, die nachteilige Folgen für die Vertraeslage in der „ D D R " hätte haben können, was die rechtliche und tatsächliche I.aee der evaneelischen Landeskirchen in diesem Teil Deutschlands erheblich beeinträchtigt hätte 6 3 . D a m i t enthält die Präambel des Hessischen Kirchenvertrages unter einem gesamtdeutschen Aspekt eine Entscheidung von beträchtlicher politischer Tragweite. 5. Als wesenhafte Bestandteile des neuen staatlich-kirchlichen Beziehungssvstems werden die Eigenständigkeit und der Öffentlichkeitsauftrag der evangelischen Landeskirchen vertraglich anerkannt. Das Land Hessen erklärt seinen Willen, die staatliche Kirchenhoheit bis auf eeringe Ausnahmen aufzugeben. M i t der ausdrücklichen Bestätigung des Öffentlichkeitsauftrages bekundet der Staat sein Einverständnis, die Lebensäußerungen der Kirche über die spezifischen Grenzen traditioneller evangelischen Landeskirchen in Hessen, in: Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. (1959), Anhang S. 74 ff. (75); — Vizepräsident Dr. JUNG in der 2. öffentlichen Sitzung der 1. ordentlichen Tagung der 3. Landessynode der EKKW, Vhlg. LS.EKKW, III, 1. o. (1959), S. 18ff. (24); — OKR. Dr. Georg KRÜGER-WITTMACK auf der 4. außerordentlichen Tagung der II. Kirchensynode der EKHN am 30. 11.1959, in: Vhlg. KS. EKHN, II, 4. ao. (1959), S. 60ff. (65); — die Ausführungen der Abgeordneten Frau Dr. WALZ (CDU) vor dem Hessischen Landtag am 1.6. 1960. in: Hess. LT., 4. WP., III, S.969ff.; — Abg. KOHL (FDP), in: Hess. LT., 4 . WP„ III, S. 971. Es sind die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche der Union: die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg, die Pommersche Evangelische Kirche, die Evangelische Kirche in Schlesien und die Evangelische Kirche der Provinz Sachsen. Nicht beteiligt ist die Evangelische Landeskirche Anhalts, die erst durch Vereinbarung über den Beitritt der Evangelischen Landeskirche Anhalts als Gliedkirche zur Evangelischen Kirche der Union vom 3./23. 10. 1960 (KAB1. EKA 1960, S. 17; ABl. EKD 1961, Nr. 1) in die Evangelische Kirche der Union aufgenommen wurde. 6 3 Abg. Frau Dr. WALZ, in: Hess. LT., 4. WP., III, S. 969.

88 Seelsorge in der Parochialgemeinde hinaus 6 4 zu gewährleisten 6 5 . „Die Kirche hat die Aufgabe der Mahnung und des helfenden Wortes, der Seelsorge und der Diakonie. Es geht nicht an, sie auf dem Gebiet der Wohlfahrt, der Massenmedien, der Erwachsenenbildung und der Schulen für unzuständig zu erklären, da sie ein hervorragender Faktor des öffentlichen Lebens im Staate ist®6." 6. In zusammenfassender Weise nennt die Präambel somit die Beweggründe, Ziele und Zwecke des Vertragswerks. Obgleich sie Bestandteil des Vertrages ist, enthält sie keine selbständig vollziehbaren Normen. Ihre grundlegenden Aussagen bleiben jedoch nicht auf einen programmatischen Gehalt beschränkt. In den leitsatzartigen Erklärungen der Präambel werden Auslegungsgrundsätze sichtbar, die in enger Beziehung zu den positiven Normen des Vertrages stehen. I m Verhältnis zu diesen ist die Grundbestimmung der Präambel ein in die Einzelbestimmungen eingreifender und für das gesamte Vertragswerk maßgebender Leitsatz, der im Einzelfall für die Auslegung des Vertragstextes heranzuziehen ist und zu dem sich keine das staatskirchenrechtliche Verhältnis berührende Maßnahme in Widerspruch setzen darf. Die Feststellungen der Präambel werden daher zu einem entscheidenden Dokument für das Verständnis des Hessischen Staatskirchenvertrages. 7. D e r Hessische Staatskirchen vertrag umfaßt 25 Artikel mit einem Schlußprotokoll, dessen Erklärungen „einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bilden 6 7 ". Inhaltlich läßt sich die Vertragsordnung in drei Hauptbereiche aufgliedern: 1. D e r Standort der Kirche in einer umfassenden öffentlichen Ordnung, die Regelung der sogenannten „Statusfragen 6 8 ", 2. die Ordnung des Schul- und Unterrichtswesens und 84 Hans-Dietrich WENDLAND, Die Kirche in der modernen Gesellschaft, 2. Aufl., Hamburg 1958, S. 205 ff.; — Klaus von BISMARCK, Die christliche Kirche und Gemeinde im Strukturwandel der Gesellschaft, in: Theodor HECKEL (Hrsg.), Die evangelische Kirche in der modernen Gesellschaft, München 1956, S. 52 ff.; — Rudolf SMEND, Wissenschafts- und Gestaltprobleme im evangelischen Kirchenrecht, in: ZevKR VI (1957/58), S. 225 ff. (239). 85

SMEND, i n : Z e v K R I ( 1 9 5 1 ) , S. 1 3 .

•« Abg. Frau Dr. WALZ in: Hess. LT., 4. WP., III, S. 969. 67 Einleitung des Schlußprotokolls; — der Niedersächsische und der Schleswig-Holsteinische Kirchenvertrag weichen insoweit vom Hessischen Kirchenvertrag ab. Ihre schlußprotokollarischen Bestimmungen wurden nicht in ein offizielles Schlußprotokoll, das als Bestandteil des Vertrages im staatlichen und kirchlichen Ratifizierungsverfahren Gesetzeskraft erlangt, sondern in ein Verwaltungsabkommen („Zusatzvereinbarung") aufgenommen. 98 Diese Formulierung geht auf eine Anregung von Herrn OKR. Dr. Georg KRÜGER-WITTMACK zurück. — Vgl. auch KRÜGER-WITTMACK, Der Staatsvertrag mit dem Land Hessen, in: KiZ., XV. Jg. (1960), S. 95 ff.

89 3. die Regelung der finanziellen und vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen dem Land Hessen und den evangelischen Landeskirchen. Hinzu kommen die Regelungen einiger staatskirchenrechtlicher Einzelfragen.

§7

D e r Standort der Kirche in der öffentlichen Ordnung (Statusfragen) I. Der öffentliche

Status der

Kirche

Art. 1 Abs. 1 H K V 6 9 1. D e r öffentliche Status der Kirche, der durch die Anerkennung der Eigenständigkeit und des Öffentlichkeitsauftrages in der Präambel in seinen Grundzügen geprägt ist, wird in Art. 1 H K V näher bestimmt. Art. 1 Abs. 1 enthält die staatliche Zusicherung, „der Freiheit, den evangelischen Glauben zu bekennen und auszuüben, den gesetzlichen Schutz zu gewähren". Das Land Hessen übernimmt über den verfassungsrechtlichen Schutz des Grundrechts des Art. 4 Abs. 1 und 2 G G 7 0 und 9 H V 7 1 in Verbindung mit Art. 142 G G hinaus eine staatsvertragliche Garantie der Freiheit des evangelischen Bekenntnisses. Bereits die hervorgehobene Stellung des Art. 1 Abs. 1 H K V , der an der Spitze aller Vertragsnormen steht und seinem Wortlaut nach dem Art. 1 P r K V nachgebildet ist, läßt erkennen, daß die Gewährleistung der Bekenntnisfreiheit für die Bestimmung des öffentlichen Standortes der evangelischen Kirche in Hessen von wesenhafter Bedeutung ist. Die Norm veranlaßt zu zwei Aussagen: 1. über den Inhalt der Bekenntnisfreiheit und 2. über den Träger dieses Rechtes. 2. Das Bekenntnis in seinem Verständnis als Aktion hat einen transzendenten Ursprung in den verpflichtenden Geboten des Glaubens und des Gewissens 72 . Die Bekenntnisfreiheit wird als die Freiheit begriffen, „Glaubensentscheidungen und Glaubens Verpflichtungen 73 " ausschließlich 69 Der Vertragsnorm entsprechen Art. 1 PrKV, 1 Abs. 1 NKV und 1 Abs. 1 SHKV. 70 Der Grundsatz des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist spezifiziert in Art. 140 GG/136 Abs. 1 und 2 WRV. 71 „Glauben, Gewissen und Überzeugung sind frei." 72 Walter HAMEL, Glaubens- und Gewissensfreiheit, in: Die Grundrechte, Bd. IV, 1. Halbbd., Berlin 1960, S. 37 ff. (50 ff.). 73 Walter HAMEL, Die Bekenntnisfreiheit, in: ZStW, Bd. 109 (1953/54), S. 54 ff. (70).

90 aus der V e r a n t w o r t u n g des Gewissens ohne den Z w a n g säkularer Mächte 7 4 z u treffen. D i e Freiheit zu bekennen u m f a ß t d a s Zeugnis der G l a u b e n s entscheidung im p r i v a t e n u n d öffentlichen Bereich, die K u n d g e b u n g einer außerhalb allgemeiner moralischer Wertungen angesiedelten religiösen Orientierung des menschlichen Bewußtseins. Dieses Zeugnis verwirklicht sich in vielfältigen F o r m e n des praktischen Verhaltens. E s beschränkt sich nicht auf die w o r t m ä ß i g e V e r k ü n d i g u n g des E v a n g e l i u m s durch P r e d i g t u n d Liturgie. Wegen seines transzendenten Gehaltes bestimmt d a s Bekenntnis über den kultischen Bereich im engeren Sinne hinaus „ d i e A u s richtung des g a n z e n Lebens im p r i v a t e n u n d öffentlichen Bereich 7 5 ". E s erschöpft sich nicht in der Liturgie, der P r e d i g t u n d der V e r w a l t u n g der S a k r a m e n t e , dem gottesdienstlichen Geschehen im engeren Sinne, sondern erstreckt sich auch auf die Seelsorge, die im katechetischen u n d d i a k o nischen Dienst d a s E v a n g e l i u m bezeugt 7 6 . Wesensmäßig gehört d a m i t z u m Bekennen der christlichen Botschaft auch die „ A u s ü b u n g " des evangelischen G l a u b e n s . D i e Freiheit der R e l i g i o n s a u s ü b u n g ist bereits in der Freiheit des Bekenntnisses enthalten. Ihre besondere Sicherung in A r t . 1 A b s . 1 h a t d a h e r keinen konstitutiven Wert, sondern den Sinn einer Legalinterpretation77. D i e Bedeutung des Begriffs der R e l i g i o n s a u s ü b u n g besteht v o r allem in dem M e r k m a l gemeinschaftlichen religiösen Verhaltens. Dieser Gesetzesinterpretation ist der H i n w e i s zu entnehmen, d a ß der Begriff der Bekenntnisfreiheit durch das Recht des individuellen Glaubenszeugnisses noch nicht erfüllt ist. D a s Bekenntnis ist die w e s e n h a f t e Äußerung der christlichen Gemeinde 7 8 . A l s gemeinschaftliches Verhalten der G l i e d e r des 7 4 Die Bekenntnisfreiheit ist nicht nur gegen Eingriffe der Staatsgewalt, sondern auch gegen verletzende Einwirkungen anderer weltlicher Institutionen geschützt. N u r diese umfassende Sicherung wird der Würde und Freiheit des Menschen in seiner individuellen Existenz wie in der Bezogenheit des gemeinschaftlichen Glaubenslebens gerecht. — Vgl. HAMEL, Glaubens- und Gewissensfreiheit, S. 66. 7 5 HAMEL, Glaubens- und Gewissensfreiheit, S. 61. 76 Vgl. PETERS, in: V V D S t R L 11 (1954), S. 190; — vgl. Christine BOURBEOK/Heinz-Dietrich WENDLAND (Hrsg.), Diakonie zwischen Kirche und Welt. Studien zur diakonischen Arbeit und Verantwortung in unserer Zeit, Hamburg

1958. 77 Abweichend bezeichnen v. MANGOLDT/KLEIN, a. a. O., Art. 4, Erl. IV, 2, das Recht der ungestörten Religionsausübung als spezielles Gruppengrundrecht, während die Gewährleistung der Bekenntnisfreiheit eine ausschließlich individuelle Rechtsgarantie sei. 78 DIEM, in: KiZ., XVI. Jg. (1961), S.345F. (346), hebt beispielsweise hervor, daß die Entscheidung des Christen, wie sein Verhältnis zur Staatsgewalt ist, nicht Sache des einzelnen und seines privaten Gewissens oder seiner von der herrschenden Macht abweichenden politischen Überzeugung (ist), sondern es ist die Sache der um die Verkündigung versammelten Gemeinde.

91 kirchlichen Verbandes ist es mehr als die Summe individueller Glaubenskundgebungen. Aus dem Wesen der Gemeinde als „ c o m m u n i o sanctor u m 7 9 " folgt, d a ß „der Christ G o t t nicht als Einzelner dient, sondern als Glied der Gemeinde, in der G e m e i n d e 8 0 " . D i e juristische W e r t u n g berücksichtigt das theologische P h ä n o m e n der geistlichen Gemeinschaft 8 1 , das in der K o m m u n i k a t i o n zum Bekenntnis in Erscheinung tritt. Sie erkennt die Kirche in ihrer organisatorischen Gestalt der Landeskirche als Rechtspersönlichkeit an. Als rechtsfähige Verbandseinheit w i r d die Kirche zur T r ä g e r i n des Rechts der Bekenntnisfreiheit, die d a m i t immanent die kirchliche Vereinigungsfreiheit v o r a u s setzt 8 2 . Die Vereinigungsfreiheit schließt die Errichtung kirchlicher V e r 7 9 GRUNDMANN, Der Lutherische Weltbund, S. 6 : „Communio sanctorum ist Gemeinschaft der Gläubigen und ist gemeinschaftliche Teilhabe an den Heilsgütern, nämlich dem Evangelium und den Sakramenten. Diese sind konstitutiv nicht nur für die Gemeinschaft der Menschen mit Christus, sondern auch der Menschen untereinander selbst. Ohne Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung gibt es keine Kirche." — Vgl. auch Dietrich BONHOEFFER, Sanctorum communio — Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche, München 1954; — Ernst WOLF, Sanctorum communio, Peregrinatio, Studien zur reformatorischen Theologie und zum Kirchenproblem, München 1954, S. 279 ff. 80

D E Q U E R V A I N , a. a. O . , S . 8 .

An dieser Stelle sei auf den ganzheitlichen Kirchenbegriff hingewiesen, der von GRUNDMANN, Der Lutherische Weltbund, S. 30 ff., im Anschluß an die Untersuchungsergebnisse der modernen lutherischen Kirchenrechtslehre (vgl. insbesondere Johannes HECKEL, Lex charitatis — Eine juristische Untersuchung über das Recht in der Theologie Martin Luthers, München 1953) neu bestätigt wurde. Dieser Begriff wird von der Erkenntnis bestimmt, daß die Unterscheidung der Kirche in sichtbare und unsichtbare Elemente, in Geist- und Rechtskirche, dem Wesen der einen unteilbaren heiligen Kirche widerspreche (a. a. O., S. 30 f.). Ausschließlich der unterschiedliche Standort der Betrachtung veranlasse zu einer differenzierenden Beurteilung des einheitlichen Kirchenbegriffs. GRUNDMANN nennt zunächst die Gestalt der „geistlichen Kirche (ecclesia spiritualis)", die von den Mitgliedern der geistlichen Gemeinschaft mit Christus gebildet werde (a. a. O., S. 35 ff.). Als irdische Gemeinschaft von Menschen trete die Kirche zugleich als „ecclesia universalis" in Erscheinung ( a . a . O . , S. 39 ff.), ohne daß der Gestaltsunterschied einen Einfluß auf die Wesenseinheit der Kirche habe. Die organisatorisch verfaßte Kirche bezeichnet GRUNDMANN als Partikularkirche („ecclesia particularis"), die wegen ihrer lokalen Bezogenheit, z. B. als Landeskirche (a. a. O., S. 45 ff.), ein Teilgebilde der ecclesia universalis sei. In der rechtlich geordneten Partikularkirche vollziehe sich sichtbar das Handeln und „die Selbstdarstellung der ecclesia spiritualis" (a. a. O., S. 45). Erst diese geistliche Beziehung verleihe der rechtlich gestalteten Kirche die Existenzberechtigung. 8 2 a. M. v. MANGOLDT, a. a. O., Art. 4, Erl. V, 2, der die religiöse Vereinigungsfreiheit erst durch eine verbundene Interpretation der Abs. 1 und 2 des Art. 4 G G für erwiesen erachtet. 81

92 bände u n d Organisationen, denen die W a h r n e h m u n g spezieller seelsorgerischer A u f g a b e n obliegt 83 , ein. Mit der Freiheit des Bekenntnisses w i r d in den weitgezogenen Grenzen bekenntnisgebundenen Verhaltens die caritative Betätigung der evangelischen Landeskirchen u n d der ihr wesensmäßig verbundenen diakonischen W e r k e geschützt 84 . Bei dieser umfassenden Interpretation der Bekenntnisfreiheit w a r eine ausdrückliche vertragliche G a r a n t i e des Rechtes der Kirche, Krankenhäuser, Kindergärten, H e i m e u n d andere Stätten kirchlicher Liebestätigkeit zu errichten und zu unterhalten, nicht zwingend erforderlich. Eine entsprechende Anregung der Evangelischen Kirche in Hessen u n d Nassau 8 5 , die sich w o h l aus einem aktuellen Bedürfnis nach Sicherheit f ü r die kirchliche Diakonie erklärt, w u r d e nicht verwirklicht. Dabei w u r d e auch kirchlicherseits nicht übersehen 8 6 , d a ß eine solche spezifizierende N o r m erhebliche Nachteile birgt. Es ist nicht auszuschließen, d a ß der beispielhafte C h a r a k t e r einer A u f z ä h l u n g kirchlicher Einzelbefugnisse über das argumentum e contrario in eine exclusive Regelung umgedeutet w i r d . Es bestände d a n n die G e f a h r , d a ß das ganzheitliche Wesen der Bekenntnisfreiheit der Kirche durch eine Auflösung in Einzelrechte preisgegeben würde. Deshalb erschien es zweckmäßiger, die Gewährleistung der diakonischen Arbeit der Kirche außerhalb des Vertragswerks durch einen Briefwechsel zwischen dem L a n d Hessen u n d den evangelischen Landeskirchen zu bestätigen 8 7 . 3. Die Freiheit des Bekenntnisses ist die Ausprägung der in der P r ä ambel niedergelegten G r u n d s ä t z e der Eigenständigkeit und des Ö f f e n t lichkeitsauftrags der Kirche. D e r Staat in seiner neutralen Position gegenüber den Konfessionen gewährt die Sicherung aber nicht nur wegen der gebotenen Toleranz, sondern auch aus weiterreichenden staatspolitischen Gründen. Er erkennt an, d a ß das Bekenntnis mit seinem verpflichtenden transzendenten Gehalt, wie er sich im Dienst am Nächsten zeigt, ein integrie83 Vgl. Kirchengesetz über die Diakonie in der E K H N vom 28. 4. 1960 (ABl. E K H N 1960, S. 52; ABl. EKD 1960, Nr. 154); Günter WASSE, Die Werke und Einrichtungen der evangelischen Kirche, Göttingen 1954. 84 JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. (1959), S. 18ff. (24); — Abg. Frau

D r . WALZ, in: Hess. LT., 4. W P „ III, S. 969. 85

Schreiben des Kirchenpräs, der E K H N NIEMÖLLER an den H M E V SCHÜTTE

vom 30. 6.1959 (Akt. KV. EKHN). 88 Ausführungen von LKR. Dr. DALHOFF (EKRhld.) in der Sitzung am 26. 5.1959 in Wiesbaden (AVerm. Nr. 9252, Akt. LKA. EKRhld.). 87 Der HMEV SCHÜTTE bestätigte in seinem Schreiben an den Kirchenpr'äsidenten der EKHN NIEMÖLLER vom 25. 1. 1960, S. 2, „daß die kirchliche, öffentliche caritative Liebestätigkeit als Ausfluß der Freiheit der Kirche anerkannt wird" (Akt. KV. EKHN).

93 render Faktor f ü r die Existenz der staatlichen Gemeinschaft ist 88 . Diese säkulare Zielsetzung kennzeichnet zugleich den grundlegenden Unterschied staatlichen und kirchlichen Wollens. Im Gegensatz zu den O r d nungsbemühungen des Staates, die durch einen legitimen weltlichen Machtanspruch ausgewiesen sind, nimmt die Kirche teil an der Gestaltung des öffentlichen Lebens in der dienenden E r f ü l l u n g des Verkündigungsauftrages 8 9 . A r t . 1 Abs. 2 H K V 9 0 1. U m der Freiheit des Bekenntnisses willen sichert Art. 1 Abs. 2 H K V die Selbständigkeit der evangelischen Landeskirchen in Gesetzgebung, Rechtsprechung 9 1 u n d Verwaltung 9 2 in „ihren Angelegenheiten", wobei 88 Dieser Konzeption folgt auch das Bundessozialhilfegesetz vom 30. 6.1960 (BGBl. I, 1960, S. 815), das das Recht der öffentlichen Fürsorge im Rahmen der Sozialleistungsreform neu ordnet. In § 10 Abs. 1 BSHG werden die kirchlichen Institutionen „im Rahmen ihrer Sozialarbeit als Träger eigener selbständiger Aufgaben anerkannt". Im Interesse der Hilfe „zum Wohle des Hilfesuchenden" (§ 10 Abs. 3 cit.) wird eine Zusammenarbeit der Träger der Sozialhilfe und der Verbände der freien Wohlfahrtspflege angestrebt. — Vgl. Walter SCHELLHORN/ Hans JIRASEK/Paul SEIPP, Das Bundessozialhilfegesetz, Berlin 1961, S. 30; — Ursula PIETSCH, Die Stellung der freien Wohlfahrtspflege im Bundessozialhilfegesetz, in: Das Bundessozialhilfegesetz (Blätter der Wohlfahrtspflege. Monatsschrift der öffentlichen und freien Wohlfahrtspflege und Jugendhilfe, hrsg. vom Landeswohlfahrtswerk für Baden-Württemberg), 108. Jg., 1961, S. 43 ff.; — Hans-Ulrich KLOSE, Die Rechtsstellung der Kirchen und ihrer caritativen Verbände im Bundessozialhilfegesetz, in: Festgabe für Carl Joseph HERING, Köln 1962 (unveröfftl.); — Georg SUHR (Hrsg.), Evangelische Stimmen zum Bundessozialhilfegesetz, Stuttgart 1962; — Paul COLLMER, Beiträge zum Verfassungsstreit über das Bundessozialhilfegesetz und das Jugendwohlfahrtsgesetz, Stuttgart 1963; — Vgl. auch § 5 Abs. 3 u. 4, Nr. 4, 6, 7 u. 8 des Gesetzes für die Jugendwohlfahrt (JWG) i. d. F. vom 11. 8. 1961 (BGBl. I, 1961, S. 1205). 89 These 6 der Theologischen Erklärung zu Barmen: „Der Auftrag der Kirche, in welchem ihre Freiheit gründet, besteht darin, an Christi Statt und also im Dienst seines eigenen Wortes und Werkes, durch Predigt und Sakrament die Botschaft von der freien Gnade Gottes auszurichten an alles Volk." 90 Art. 1 Abs. 2 S. 1 NKV; Art. 2 SHKV. 91 Der Dispositionsgewalt der Kirche unterliegen auch die älteren, aus früheren staatskirchenrechtlichen Systemen stammenden Rechtsvorschriften, die innerkirchliche Angelegenheiten regeln. Diese Auffassung hat auch der hessische Staat bei der Bereinigung des hessischen Landesrechts beachtet. Die Begründung zur Regierungsvorlage: Gesetz zur Bereinigung des Hessischen Landesrechts vom 4.4. 1961 (Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 1015, S. 2911 ff. [3032]) hebt hervor, daß die in den Rechtskreisen Kurhessen und Hessen-Darmstadt vom Landesgesetzgeber früher erlassenen Vorschriften in innerkirchlichen Angelegenheiten nicht als Landesrecht aufgeführt worden sind. 92 Zum Begriff der kirchlichen Selbstverwaltung und ihren wesensmäßigen Unterschieden zur staatlichen Selbstverwaltung vgl. HERLITZIUS, a. a. O., S. 11 ff.

94 zu den eigenen Angelegenheiten die Aufgaben der Kirche gehören, die „in unmittelbarer Zweckbeziehung 03 " zu ihrem Verkündigungsauftrag stehen 94 . Die verfassungsrechtliche Garantie des Art. 140 GG/137 Abs. 3 S. 1 W R V wird vertraglich bestätigt. Die Garantie der kirchlichen Selbstverantwortung folgt zwingend aus der Eigenständigkeit der Kirche. D a das kirchliche Recht grundsätzlich nicht in der staatlichen Rechtsordnung begründet ist 95 , sondern einen originären Charakter trägt, hat die Aussage des Art. 1 Abs. 2 H K V keine konstitutive, sondern eine affirmative Bedeutung. Es wird deutlich, daß die Rechtsposition der Kirche in der staatlichen Ordnung mit dem Begriff der Autonomie unzulänglich gekennzeichnet wird. Der Begriff der Autonomie im öffentlichen Recht bezeichnet stets eine von der Hoheitsgewalt des Staates abgeleitete Rechtsposition einer organisierten Gemeinschaft 96 . Die Autonomie ist wesensmäßig bestimmt durch die dem Staat zugestandene Befugnis, ungeachtet seiner souveränen Legislativ- und Aufsichtsgewalt Rechtsnormen zu setzen und die inneren Angelegenheiten f ü r die Mitglieder des Verbandes mit rechtsverbindlicher Kraft zu regeln 97 . Ist Autonomie aber nur „auf Grund staatlicher Übertragung oder Zulassung 98 " möglich, ist es unzutreffend, die Rechtsetzungsgewalt der Kirche, die wegen ihres originären Charakters eine staatliche Delegation ausschließt, mit dem Begriff der Autonomie zu erklären 9 9 . Deshalb kann nicht der Ansicht gefolgt werden, daß Art. 1 Abs. 2 H K V „die alte Zusage der Autonomie" wiederhole, die bereits 1848 in das deutsche Verfassungsrecht Eingang gefunden habe 100 . Diese Anschauung, 93

MIKAT, a. a. O . , S. 1 8 1 , i n A n l e h n u n g a n W i l h e l m KAHL, L e h r s y s t e m

des

Kirchenrechts und der Kirchenpolitik, Leipzig 1894, S. 284. 94 D a z u zählen insbesondere Lehre und Kultus, Ä m t e r - und Personalhoheit, das kirchliche Hochschulwesen, die Vermögensverwaltung und die caritative Tätigkeit, vgl. MIKAT, a . a . O . , S. 181 ff.; — mit Recht warnt aber PETERS, in: V V D S t R L 11 (1954), S. 182ff., vor einer schematischen Abgrenzung der kirchlichen, staatlichen und gemeinsamen Angelegenheiten, da diese den umfassenden kirchlichen Auftrag einzuengen drohe. 95 Eine Ausnahme bildet das Recht der Kirche, Kirchensteuern zu erheben, „weil es sich hier u m die Rechtssetzungsgewalt im Bereich eines erst v o m Staate verliehenen Hoheitsrechtes handelt" (EBERS, Staat und Kirche, S. 256). 96 Ludwig ENNECCERUs/Hans-Carls NIPPERDEY, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., Tübingen 1959, § 4 3 Erl. I; — Hans PAGENKOPF, Einführung in die Kommunalwissenschaft, Münster 1960, S. 85; — Ernst FORSTHOFF, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. 1, Allgemeiner Teil, 8. Aufl., München/Berlin 1961, S. 129. 97

FORSTHOFF, L e h r b u c h , S . 4 2 0 .

98

E N N E C C E R U S - N I P P E R D E Y , a . a . O . , § 4 3 E r l . I.

99

HESSE,

Rechtsschutz,

S.77f.

(78);



MIKAT,

a.A.O.,

Eduard KERN, Staat und Kirche in der Gegenwart, 1 9 5 1 , S. 1 0 2 .

»«• JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. (1959), S. 24.

S. 1 6 1 ,

173;



Hamburg/Berlin/Bonn

95 die den öffentlich-rechtlichen AutonomiebegrifF auf die kirchliche Rechtsstellung überträgt, ist den Vorstellungen des überwundenen staatskirchenrechtlichen Systems des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts verhaftet. Freilich ist nicht zu übersehen, daß einzelne Autoren auch den gegenwärtigen, nach der Anerkennung der „Eigengeartetheit und Eigenständigkeit des Kirchenrechts101" veränderten öffentlichen Rechtsstatus der Kirchen mit den Merkmalen der Autonomie zu erfassen versuchen. Diese Anschauung setzt einen erweiterten Autonomiebegriff voraus. Die kirchliche Autonomie wird als „(unabgeleitete) Befugnis der Kirchen zur Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung 102 " beschrieben. Diese Betrachtungsweise, die im Widerspruch zu dem Inhalt des öffentlich-rechtlichen Autonomiebegriffs steht, ist die Ursache mannigfacher Unklarheiten. So ist es vor der Anwendung des erweiterten Autonomiebegriffs im Staatskirchenrecht jeweils notwendig, auf seinen spezifischen Inhalt in den Grenzen dieser Rechtsmaterie hinzuweisen. Diese Schwierigkeit wird aber vermieden, wenn der gegenwärtige Rechtsstatus der Kirche mit dem sachlich zutreffenden und im Vertragsrecht erwähnten Begriff der „Eigenständigkeit" gekennzeichnet wird, der seine Ausprägung in der originären Rechtssetzungsgewalt — ergänzt durch eine eigenständige kirchliche Selbstverwaltung und Gerichtsbarkeit — erfährt 103 . 2. Eine Einschränkung für den grundsätzlichen Fortfall der staatlichen Kirchenhoheit wird auch nicht durch die Formulierung des Art. 1 Abs. 2 H K V , der den Wortlaut des Art. 137 Abs. 3 S. 1 W R V übernimmt, begründet, daß sich das Selbstbestimmungsrecht der Kirche „innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes" vollziehe. Diese Norm läßt sich zutreffend nur aus dem Gesamtzusammenhang der gegenwärtigen staatskirchenrechtlichen Ordnung interpretieren. Nach der etatistischen Staatsauffassung derWeimarer Republik diente die Regelung des Art. 137 Abs. 3 S. 1 W R V dazu, eine letztlich uneingeschränkte „Unterordnung (der Kirche) unter die staatliche Rechtsordnung104" und ein System staatlicher Aufsichtsbefugnisse zu rechtfertigen105. Angesichts der auf der Grundlage der Koordination neugestalteten Rechtsbeziehungen von Staat und Kirche hat dieser Satz einen neuen Sinngehalt gewonnen. „Sein Inhalt wird . . . nicht mehr in der Normierung eines Über- und Unterordnungsverhältnisses gesucht werden dürfen 108 ." 101

GRUNDMANN, Der Lutherische Weltbund, S. 54 ff.

102

W O L F , O r d n u n g , S. 1 4 1 .

103

SCHEUNER, in: Z e v K R V I ( 1 9 5 7 / 5 8 ) , S. 9.

101

MIKAT, a. a. O . , S. 1 7 5 .

105

V g l . ANSCHÜTZ, a . a . O . , A r t . 1 3 7 E r l . 5 .

108

HESSE, R e c h t s s c h u t z , S. 7 2 ; — SCHEUNER, i n : Z e v K R V I ( 1 9 5 7 / 5 8 ) , S . 2 6 ,

Fußn. 81, hält die Auffassung, daß die subordinationsrechtliche Gestaltung des staatskirchenrechtlichen Verhältnisses unvollziehbar geworden sei, für zu weitgehend.

96 Bereits im Jahre 1932 hat Heckel mit seiner Begriffsbestimmung „des für alle geltenden Gesetzes" die Richtung für eine Deutung gewiesen, die auch den veränderten staatskirchenrechtlichen Verhältnissen der Gegenwart gerecht wird. Heckel definierte „das für alle geltende Gesetz" als „ein Gesetz, das trotz grundsätzlicher Bejahung der kirchlichen Autonomie vom Standpunkt der Gesamtnation als sachlich notwendige Schranke der kirchlichen Freiheit anerkannt werden muß; m. a. W. jedes für die Gesamtnation als politische, Kultur- und Rechtsgemeinschaft unentbehrliche Gesetz, aber auch nur ein solches Gesetz 107 ". Obgleich diese Interpretation von der Tendenz geleitet war, den Einfluß des staatlichen Gesetzgebers zugunsten des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts einzuschränken, erschöpfte sich ihre Bedeutung wegen des allgemein anerkannten staatlichen Souveränitätsanspruchs in einer „quantitativen Abstufung 108 " des subordinationsrechtlichen Prinzips. In einem System koordinationsrechtlicher Beziehungen erfüllt sich der Sinn der ursprünglich verfassungspolitischen Formel hingegen erst in der „Gewährleistung eines Verhältnisses sinnvoller Zuordnung von Kirche und Staat 1 0 9 ". Die staatliche und kirchliche Verantwortung für die Menschen, die in der Einheit desselben politischen Raumes verbunden sind, vermag sich nur dann wirksam zu entfalten, wenn auch die Rechtseinheit innerhalb dieses Gebiets gewahrt bleibt110. Die Substanz der vorliegenden Verfassungs- und Vertragsinterpretation wird daher berechtigt als „Direktive 111 " für die Erfüllung sachlicher Ordnungsaufgaben bestimmt. Wegen des föderativen Staatsaufbaus der Bundesrepublik stellt sich diese Aufgabe der Staatsgewalt und den evangelischen Landeskirchen vornehmlich in den einzelnen Bundesländern. Das Land Hessen folgt der veränderten staatskirchenpolitischen Wirklichkeit. Es wahrt die Rechtseinheit nicht durch einseitige staatliche Maßnahmen auf Grund einer in Anspruch genommenen staatlichen Kirchenhoheit, sondern auf dem Wege wechselseitiger Anerkennung der öffentlichen Ordnungsaufgabe beider Gemeinwesen in der Gestalt des Paktes. Mit der Anerkennung des öffentlichen Status der evangelischen Landeskirchen ist kirchlicherseits die Verpflichtung verbunden, die Grundlagen der staatlichen Ordnung zu respektieren. Allerdings wird damit erkennbar, daß die Definition Heckeis zu ihrer praktischen Anwendung 107

Johannes HECKEL, Das staatskirchenrechtliche Schrifttum der

Jahre

1 9 3 0 u n d 1 9 3 1 , i n : V e r w A r d i . B d . 3 7 ( 1 9 3 2 ) , S. 2 8 0 f f . (284). 108

HESSE, R e c h t s s c h u t z , S. 7 1 .

109

HESSE, R e c h t s c h u t z , S. 7 2 f . ; — MIKAT, a . a . O . , S. 1 6 8 ; — WOLF, O r d -

nung, S. 149. 110

HESSE, R e c h t s s c h u t z , S. 7 2 f f . ; — WOLF, O r d n u n g , S. 149.

111

WOLF, O r d n u n g , S. 149.

97 der näheren Ausdeutung bedarf 112 . Die Gebundenheit der Kirche an das staatliche Gesetz kann sich nur so weit erstrecken, als kirchliches Handeln Rechtswirkungen im staatlichen Rechtsbereich erzeugt113. Der Bindungswille der Kirche steht nicht im Widerspruch zu ihrem Auftrag uneingeschränkter Verkündigung der evangelischen Botschaft. Einerseits verpflichtet gerade die Missionsaufgabe den Christen als Einzelnen wie in der Gemeinschaft der Kirche, das weltliche Recht zu beachten114, um die Erfüllung des Auftrages nicht zu gefährden. Nach Heckel115 ist es die „lex Christi", die den Christen anhält, „um der Nächstenliebe willen dem weltlichen Recht freiwillig Gehorsam zu leisten 116 ". Diese „Verantwortung vor Gott 117 " bestimme aber zugleich auch die Grenzen der Gehorsamspflicht und der Anerkennung der weltlichen Rechtsordnung118. Zum anderen hat das Bekenntnis ihm innewohnende Grenzen, die in seinem transzendenten Ursprung wurzeln und die Wirkungen des kirchlichen Rechts auf ihre sachliche Bezogenheit beschränken119. Im Ergebnis ist festzustellen, daß der Gesetzesvorbehalt des Art. 1 Abs. 2 H K V nicht allein der Durchsetzung eines legitimen Staatsinteresses dient, sondern Zeichen eines vom Staat und den evangelischen Landeskirchen „bejahten und als verbindlich angesehenen Rechtszustandes der loyalen Partnerschaft und der gemeinsamen Verantwortung für die öffentliche Ordnung 120 " ist. Art. 1 Abs. 3 HKV 1 2 1 Das vertraglich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht der evangelischen Landeskirchen umfaßt die uneingeschränkte Freiheit in der Besetzung der kirchlichen Ämter122. Die Vertragspartner haben nicht über1 1 2 Vgl. die kritischen Bemerkungen bei MIKAT, a . a . O . , S. 178 f., insbesondere Fußn. 2 9 0 ; — HAMEL, Glaubens- und Gewissensfreiheit, S. 71. 1 1 3 MIKAT, a . a . O . , S. 1 7 8 f f . ; — Joseph H . KAISER, Die politische Klausel der K o n k o r d a t e , Berlin/München 1949, S. 27. 1 1 4 BARTH, Christengemeinde und Bürgergemeinde, S. 18. 1 1 5 Johannes HECKEL, L e x diaritatis, S. 148 ff., 180. 1 1 6 Johannes HECKEL, L e x charitatis, S. 1 8 0 ; — GRUNDMANN, D e r L u t h e rische Weltbund, S. 64, Fußn. 97. 1 1 7 Johannes HECKEL, L e x diaritatis, S. 149 f. 1 1 8 HESSE, Rechtsschutz, S. 7 4 f. 1 1 9 HAMEL, Glaubens-und Gewissensfreiheit, S. 71 ff.; — MIKAT, a . A . O . , S. 180. 1 2 0 HESSE, Rechtsschutz, S. 7 5 ; — ders., in: J b ö R , N . F . X (1961), S. 2 6 f . 1 2 1 Abweichend v o m H K V enthalten der N K V und der S H K V keine spezielle Gewährleistung der kirchlichen Ä m t e r h o h e i t . 1 2 2 MIKAT, a. a. O., S. 174. Diese Auffassung hat auch die staatliche R e c h t sprechung bestätigt. Vgl. B G H Z E . Bd. 22, S. 383 ff. (387 ff.) sowie das U r t e i l des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen v o m 1 6 . 3 . 1 9 6 1 — III — Z R 1 7 / 6 0 , in: N J W 1961, S. 1 1 1 6 f . , in dem es heißt: „zu den der eigenverantwortlichen Regelung durch die Kirchen überlassenen Angelegenheiten gehört auch der gesamte

7 K l o s e , Reditsbeziehungen

98 sehen, daß die Verwirklichung der kirchlichen Aufgaben maßgeblich von der Unabhängigkeit personeller Entscheidungen bestimmt wird. Wegen dieser gesteigerten Bedeutung wurde der Grundsatz der kirchlichen Ämterhoheit bei der Verleihung und Entziehung kirchlicher Ämter unter Ausschluß staatlicher und kommunaler Mitwirkungsrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 H K V besonders bestätigt123. Art. 1 Abs. 4 S. 1 HKV 1 2 4 1. Art. 1 Abs. 4 S. 1 H K V bezeichnet die „Kirchen, Kirchengemeinden und die aus ihnen gebildeten Verbände" als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Bei der Bestimmung des Begriffs der öffentlich-rechtlichen Korporation hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß die konstituierenden Elemente dieses Rechtsinstituts weniger in seinen institutionellen als vielmehr in seinen funktionellen Merkmalen zu erblicken seien125. Nach wohl herrschender Ansicht sind die Körperschaften des öffentlichen Rechts Funktionsträger im Bereich der „mittelbaren Staatsverwaltung", die „staatliche Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln unter staatlicher Aufsicht wahrnehmen 126 ". Angesichts der in der Präambel anerkannten Eigenständigkeit der evangelischen Landeskirchen und der Beseitigung der institutionellen Verflechtung staatlicher und kirchlicher Organisation ist die öffentliche Rechtsstellung der Kirchen innerhalb der Rechtsordnung des Staatsverbandes durch den allgemeinen Begriff der Korporation des öffentlichen Rechts nicht mehr hinreichend zu erfassen127. Bereich der kirchlichen Organisation m i t s a m t dem kirchlichen Ä m t e r r e c h t . D e n Kirchen steht m i t h i n kraft i h r e r . A u t o n o m i e ' innerhalb der aufgezeigten — weiten — G r e n z e n das R e c h t zu, den kirchlichen D i e n s t selbständig zu ordnen . . 1 2 3 Entsprechend A r t . 3 Abs. 1 und 2 der G r u n d o r d n u n g der Evangelischen Kirche in Deutschland v o m 13. 7 . 1 9 4 8 (ABl. E K D 1948, N r . 80). 1 2 4 A r t . 1 Abs. 2 S. 2 N K V , A r t . 2 Abs. 2 S. 1 S H K V . 1 2 5 Vgl. FORSTHOFF, Lehrbuch, S. 425 ff., m i t einem Hinweis auf die wichtigsten L e h r m e i n u n g e n in F u ß n . 5 ; — MIKAT a. a. O . , S. 159 ff. 126

FORSTHOFF, L e h r b u c h , S. 4 2 5 , 4 3 0 f .

117

a. A .

W.

STEIN,

a.a.O.,

S. 1 0 2 f f .

(119),

der

die

öffentlich-rechtliche

K o r p o r a t i o n s f ä h i g k e i t nicht auf solche V e r b ä n d e beschränkt, die im Bereich der m i t t e l b a r e n Staatsverwaltung Staatsaufgaben erfüllen. In einem weiteren Sinne sei als öffentlich-rechtliche Körperschaft jeder V e r b a n d , auch die Kirchen, zu bezeichnen, dem der Staat eine privilegierte Stellung i n n e r h a l b der öffentlichen R e c h t s o r d n u n g einräume. D i e öffentlich-rechtliche K o r p o r a t i o n zeichne sich wesensmäßig dadurch aus, daß sie in die öffentliche O r d n u n g einbezogen u n d an den staatlichen Verwaltungsorganismus angegliedert sei (a. a. O . , S. 107), w o m i t dem Staat die Ausübung gewisser Aufsichtsrechte ermöglicht werde (a. a. O . , S. 141). — Die strenge institutionelle Scheidung staatlicher und kirchlicher Organisation v e r b i e t e t jedoch die A n n a h m e eines v o n STEIN behaupteten Angliederungsverhältnisses.

99 K r a f t ihrer ursprünglichen A u t o r i t ä t werden die Kirchen durch den staatlichen A k t der A n e r k e n n u n g als Hoheitsträger weder dem staatlichen O r g a n i s m u s eingegliedert 1 2 8 , noch werden sie bei der E r f ü l l u n g öffentlicher A u f g a b e n im spezifisch staatlichen Interesse tätig 1 2 9 . Begründet die A n e r k e n n u n g aber kein besonderes „Pflicht- u n d U n t e r o r d n u n g s v e r h ä l t n i s " der Kirchen z u m Staate, unterliegen sie auch nicht einer besonderen Staatsaufsicht 1 3 0 . A u s der Bestätigung des Hoheitscharakters darf der S t a a t spezielle Aufsichtsbefugnisse nicht herleiten. Hoheitsrechte u n d Staatsaufsicht sind nur als Folge eines Bereichs funktioneller A b hängigkeit, den der S t a a t durch die Z u w e i s u n g hoheitlicher A u f g a b e n errichtet hat, zu betrachten 1 3 1 , ohne d a ß sie selbst zueinander in einer K o r r e l a t i o n stehen 1 3 2 . 2. V e r m a g auch der Begriff der öffentlich-rechtlichen Körperschaft „ w e d e r das Wesen der Kirche 1 3 3 noch ihr G r u n d v e r h ä l t n i s z u m S t a a t e 1 3 4 " 128

HOLTKOTTEN, A r t . 140, E r l . II, 3, i n : B o n n e r K o m m e n t a r ;



PETERS,

I I I , 1. o . ( 1 9 5 9 ) , S . 5 4 ; —

MIKAT,

i n : V V D S t R L 11 ( 1 9 5 4 ) , S. 1 8 7 ; — MIKAT, a. a. O . , S. 161 ff. 129

GRUNDMANN, i n : V h l g . L S . E K K W ,

a. a. O., S. 161 f. 130

M I K A T , a. a. O . , S . 1 6 0 .

Auf ihre akzessorische Bedeutung hatte schon Heinrich ROSIN, Das Recht der öffentlichen Genossenschaft, Freiburg 1886, S. 19, hingewiesen. 131

1 3 2 EBERS, Staat und Kirche, S. 312ff.; — HERLITZIUS, a . a . O . , S. 109ff. (111); — BUCHNER, a. a. aO., S. 114 f. (115): „Die Korrelation besteht zwischen der Aufgabe (Tätigkeit) und Aufsicht, nidit zwischen öffentlichem Körperschaftsrecht und Staatsaufsicht." — A. A. ANSCHÜTZ, a. a. O., Art. 137, Erl. 6, 8. Es erweist sich der grundlegende Wandel im staatskirchenrechtlichen Denken der Gegenwart. Vor allem ANSCHÜTZ hat unter dem System der Staatskirchenhoheit die Ausstattung der Körperschaft mit öffentlicher Gewalt als konstitutives Merkmal aller Körperschaften des öffentlichen Rechts angesehen. Es war der „Versuch eines etatistisch orientierten Denkens, die Kirchen in die Begriffsbildung der öffentlichen Körperschaft überhaupt einzubeziehen" (HESSE, Rechtsschutz, S. 66). 133 Daß die Kirchen, ihre Verbände und Untergliederungen auch nach kirchlicher Rechtsüberzeugung Körperschaftscharakter haben, hat FROST, a. a. O., S. 75, dargetan. Im Unterschied zu den Korporationen des säkularen Rechtsbereichs seien die kirchlichen Körperschaften aber durch geistliche Wesenszüge gekennzeichnet. „Kirchliche Korporationen sind immer zugleich geistlich-bestimmte Institution und soziologische-juristisch geformte Personenvereinigung" (a. a. O., S. 75, Fußn. 3). Folgerichtig stellt FROST fest, daß sich mit dieser Wertung auch die Streitfrage erledige, inwieweit die Kirche Anstalts- oder Körperschaftsqualität besitze. — Vgl. ferner LIERMANN, Kirchenrecht, S. 200. 134 Ulrich SCHEUNER, Die institutionellen Garantien des Grundgesetzes, in: Recht — Staat — Wirtschaft, Bd. 4, Düsseldorf 1953, S. 88 ff. (114).

7*

100 zu erfassen 1 3 5 , so liegt in der Bestätigung der öffentlich-rechtlichen K ö r p e r schaftsqualität der Kirchen doch eine Anerkennung ihres öffentlichen Status u n d ihres öffentlichen Wirkens, „die öffentliche Bestätigung ihres Wertes 1 3 6 ". Mit einer vertraglichen Anerkennung der Körperschaftsstellung der evangelischen Landeskirchen erklärt das L a n d Hessen sein Verständnis d a f ü r , d a ß die Kirche zur E r f ü l l u n g ihrer öffentlichen A u f gaben einen gesicherten Rechtsstatus im R a h m e n der staatlichen Rechtso r d n u n g braucht 1 3 7 . Die öffentlich-rechtliche Körperschaftsstellung besitzen nach Art. 1 Abs. 4 H K V die Landeskirchen als gesamtkirchliche O r g a n i sationsformen, die Kirchengemeinden u n d „die aus ihnen gebildeten Verbände". Das L a n d Hessen hat damit den innerkirchlichen O r d n u n g s vorstellungen der drei beteiligten Landeskirchen 1 3 8 entsprochen und die mittleren Stufen des kirchlichen A u f b a u s „als ursprünglich institutionäre Gebilde geistlicher Prägung 1 3 9 ", die einen öffentlichen Status innehaben, anerkannt. Die staatliche Bestätigung erstreckt sich auf folgende k o r p o rativ selbständige Gliederungsformen: in der Evangelischen Kirche in Hessen u n d Nassau 1 4 0 auf die Dekanate 1 4 1 , in der Evangelischen Landes135 LIERMANN, Kirchenrecht, S. 188 f. (189), nennt die kirchliche Körperschaft „eine durch besondere eigen- und einzigartige Rechte und Pflichten ausgezeichnete öffentlich-rechtliche Körperschaft sui generis". — HOLSTEIN, a. a. O.,

S. 3 1 6 ; — FORSTHOFF, L e h r b u c h , S. 429, F u ß n . 2 ; — MIKAT, a . a . O . , S. 161 ff.

(165). 136 Rudolf SMEND, Zur Gewährung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an Religionsgesellschaften gemäß Art. 137 WRV, in: ZevKR II (1952/53), S. 374 ff. (376). 137 HESSE, Rechtsschutz, S. 67; — GRÜNDMANN, in: Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. ( 1 9 5 9 ) , S. 5 2 ; — Werner WEBER, Art. Staatskirchenrecht, in: HdwbSozw., Bd. 9, Stuttgart/Tübingen/Göttingen 1956, S. 753, bezeichnet die Eingliederung der Kirchen „in das Gesamtgefüge der öffentlichen Ordnung und in das System der vom Staate her bestimmten Rechtsbeziehungen" als eine wesentliche Aufgabe des Staatskirchenrechts. „Der staatskirchenrechtlichen Betrachtungsweise stellen sich die Religionsgemeinschaften als Organisationserscheinungen der weltlichen Rechtsordnung dar, die mit den Vorstellungen des staatlichen Rechts gedanklich faßbar sind und sich dem Gesamtsystem der weltlichen Rechts- und Verwaltungsordnung ohne wesentliche Härte einfügen lassen müssen." 138 Ausdrücklich wird die öffentlich-rechtliche Körperschaftsstellung anerkannt in: § 1 Verf.EKKW und Art.4 KO.EKRhld. Den Begriff der „Gemeindekörperschaft" enthält die KO. EKHN u. a. in Art. 3 Abs. 6. 139

FROST, a . a . O . , S. 7 5 .

140

Sehr. KL. EKHN an den HMEV vom 13. 2.1959, N r . 1925 (Akt. KV. EKHN) unter Hinweis auf die §§ 8 und 79 Abs. 2 der Verfassung der Evangelischen Landeskirche in Nassau vom 5.12.1920, sowie § 5 Abs. 2 der Verfassung der Evangelischen Landeskirche in Hessen vom 1. 6. 1922. Keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind die Visitationsbezirke (Propsteien) in der EKHN. 141

V g l . W Ä H L E R , a . a . O . , S. 3 0 4 ff.

101 kirche von Kurhessen-Waldeck 142 und in der Evangelischen Kirche im Rheinland 143 auf die Kirchenkreise. Die vertragliche Gewährleistung geht über die Regelung des Art. 140 GG'137 Abs. 5 W R V hinaus, die nur die „Religionsgesellschaften" als gesamtkirchliche Verbände bezieht, ohne daß die kirchlichen Untergliederungen betroffen werden 144 . Die Anerkennung der Kirchenkreise und Dekanate als Körperschaften des öffentlichen Rechts ist somit das Ergebnis einer vielfach unterschiedlichen landesrechtlichen Entwicklung, das bundesrechtlich bestätigt 145 nunmehr die vertragliche Zustimmung des Landes Hessen gefunden hat. Art. 1 Abs. 4 S. 2 H K V 1 4 6 Die staatskirchenrechtliche Konzeption des Art. 1 Abs. 4 H K V , die den Kirchen einen Status originärer Öffentlichkeit durch die vertragliche Anerkennung ihrer öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstellung bestätigt, öffnet den Weg zu der deklarativen Aussage des Abs. 4 S. 2, daß der kirchliche Dienst „öffentlicher Dienst" ist. Die Regelung darf als „deutende Positivierung des geltenden Staatskirchenrechts 147 " verstanden werden, denn bereits mit der verfassungsmäßigen oder vertraglichen Anerkennung der öffentlich-rechtlichen Körperschaftsqualität ist auch die öffentliche Rechtsnatur des kirchlichen Dienstes festgestellt 148 . 1 4 2 Sehr. L K A . E K K W an die Kirchenkanzlei der E K D v o m 15.10.1958 — A 5986/58 — G 871 (Akt. L K A . E K K W ) unter Hinweis auf die Entwicklung im preußischen Rechtsbereich. 1 4 3 Sehr. L K A . E K R h l d . an den H M E V v o m 2 7 . 1 . 1 9 5 9 , 1032 A Z . : 11-1-17-1 (Akt. L K A . E K R h l d . ) . 144

V g l . FROST, a. a. O . , S. 7 7 .

Eine bundesrechtliche Bestätigung der öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstellung der kirchlichen Mittelinstanzen enthält A r t . 38 der GrundsteuerRichtlinien der Bundesregierung v o m 10. 4. 1954 (Beilage zum Bundesanzeiger 1954, N r . 73), die zum Grundsteuergesetz v o m 10. 8. 1951 (BGBl. I, 1951, S. 515) ergangen sind. A r t . 38 cit. b e s t i m m t : „Die Evangelische Kirche in Deutschland, die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands, die Evangelische Kirche der altpreußischen U n i o n , die evangelischen Landeskirchen mit ihren Gemeinden, Gemeindeverbänden und Kirchenkreisen (Dekanaten, Propsteien usw.) . . . haben in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts." 1 4 8 A r t . 1 Abs. 2 S. 2 N K V , Zusatzvereinbarung ( = Z V ) § 2 zu A r t . 2, Abs. 2 S. 2 S H K V . 1 4 7 Konrad HESSE, Die verfassungs- und staatskirchenrechtliche Problematik des öffentlichen Dienstes der Kirche, R e f e r a t , in: Bericht über eine Tagung des Verbandes der kirchlichen Beamten, Angestellten und Arbeiter in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers am 25. 5. 1956 (hektographiert vervielf., A k t . L K A . E K K W ) , S. 1 ff. (9); — R u d o l f SMEND, D e r niedersächsische Kirchenvertrag und das heutige Staatskirchenrecht, i n : S J Z 1956, S. 5 0 f f . 145

102 M i t dieser B e s t i m m u n g sollen jene Z w e i f e l über den öffentlichen C h a rakter des kirchlichen Dienstes beseitigt werden, die entstanden sind, nachdem die neuere staatliche G e s e t z g e b u n g den kirchlichen D i e n s t aus dem öffentlichen Dienstrecht a u s g e k l a m m e r t h a t 1 4 9 . Allerdings f o l g t aus der besonderen Körperschaftsstellung der Kirchen die rechtliche Eigentümlichkeit des kirchlichen Dienstes. Wegen des originären Hoheitscharakters der Kirchen unterscheidet er sich wesentlich v o n dem D i e n s t der unmittelbaren und mittelbaren S t a a t s v e r w a l t u n g 1 6 0 . D i e fehlende institutionelle B i n d u n g des kirchlichen Dienstes an die staatliche V e r w a l t u n g schließt aber auch v o m staatlichen S t a n d p u n k t einen öffentlichen C h a r a k t e r nicht aus. H e s s e hat auf die öffentliche T ä t i g k e i t der Kirchen hingewiesen u n d betont, d a ß die „ u n v e r k e n n b a r e S t r u k t u r v e r w a n d t s c h a f t " zwischen dem staatlichen u n d kirchlichen Bereich sachlich die Entscheidung rechtfertige, die öffentliche Q u a l i t ä t des kirchlichen Dienstes anzunehmen. Diese A n sicht w e r d e durch die Ähnlichkeit des staatlichen u n d kirchlichen Behördenwesens unterstützt 1 5 1 . 2. Angesichts der E i g e n s t ä n d i g k e i t der Kirchen erlaubt die erwähnte S t r u k t u r v e r w a n d t s c h a f t aber nicht eine staatliche Einflußnahme auf d a s kirchliche Dienstrecht, d a s sich als Bestandteil des garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts versteht u n d in seinen W i r k u n g e n nur durch den G r u n d s a t z des „ f ü r alle geltenden G e s e t z e s " begrenzt w i r d 1 5 2 . G r u n d sätzlich ist d a m i t die O r d n u n g des kirchlichen Dienstwesens der staatlichen Rechtsetzung entzogen. Staatliche N o r m e n , die den Bereich des öffentlichen Dienstes regeln, sind nur d a n n verbindlich f ü r den kirchlichen R a u m , wenn sie die genannten rechtspolitischen V o r a u s s e t z u n g e n erfüllen 1 5 3 . D i e authentische Interpretation des Schlußprotokolls zu A r t . 1 A b s . 4 H K V bestätigt die U n a b h ä n g i g k e i t des kirchlichen Dienstwesens u n d ihrer G r e n z e n mit der Feststellung, d a ß der kirchliche D i e n s t „ i m bisherigen U m f a n g e " als öffentlicher D i e n s t a n e r k a n n t bleibe. Inwieweit der kirchliche D i e n s t als öffentlicher Dienst staatlichen Bestimmungen unterliegt, läßt sich folglich nicht allgemein festlegen 1 5 4 . 148 HESSE, Problematik, S. 13 f.; Gerhard PFENNIG, Der Begriff des öffentlichen Dienstes und seiner Angehörigen, Berlin 1960, S. 46 f. (47); — Carl Hermann ULE, öffentlicher Dienst, in: Die Grundrechte, hrsg. von BETTERMANN/NIPPERDEY, Bd. 4, 2. Halbbd., Berlin 1962, S. 537 ff. (545). 149

J U N G , i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , 1. o . ( 1 9 5 9 ) ,

150

H E S S E , P r o b l e m a t i k , S . 1 3 ; — M I K A T , a. a. O . , S . 1 8 7 .

S.24F.

151

HESSE, Problematik, S. 13 f.; — ders., in: J b ö R , N . F. X (1961), S. 50 f.

152

HESSE, P r o b l e m a t i k , S. 15 f.

Ebenda, S. 16. Wilhelm KÜMMEL, Die gegenwärtige Problematik des öffentlichen Dienstes der Kirche aus staatlicher Sicht, Referat, in: Bericht über eine Tagung des Verbandes der kirchlichen Beamten, Angestellten und Arbeiter in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers am 25. 5. 1956 (hektographiert vervielf., Akt. L K A . EKKW), S. 24 ff. (27), stellt fest, daß die Klärung, der 153

154

103 Diese Entscheidung setzt, wie Hesse erläutert hat 155 , eine „differenzierende Interpretation" der jeweiligen Rechtsnorm im Einzelfall voraus156, da der kirchliche Dienst weder generell dem öffentlichen Dienst zuzurechnen noch generell als ein aliud anzusehen ist157. II. Die Partnerschaß

von Staat und Kirche

Art. 2 HKV 1 5 8 (Partnerschaftliche Zuordnung von Staat und Kirche) 1. Art. 1 HKV, der die Gleichrangigkeit der Position des Staates und der evangelischen Landeskirchen in der öffentlichen Rechtsordnung festlegt, enthält die Elemente des koordinationsrechtlichen Systems in Hessen. Mit der Anerkennung der kirchlichen Unabhängigkeit ist indessen noch keine nähere Entscheidung über den weiteren Ausbau der staatlich-kirchlichen Beziehungen gefallen159. Immerhin zeigt die Tatsache erfolgreicher Vertragsverhandlungen, daß der Staat und die evangelischen Landeskirchen in Hessen in den Grenzen des gemeinsamen politischen Raumes nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern um einen Ausgleich ihrer Ordnungsvorstellungen bemüht sind. Eine eigentliche Klärung des staatskirchenrechtlichen Verhältnisses im Sinne einer partnerschaftlichen Zuordnung des staatlichen und kirchlichen Gemeinwesens bringt die Regelung des Art. 2 H K V , der unter dem Einfluß der sogenannten Freundschafisklausel des Art. 23 HKV 1 6 0 eine Absage an das liberale System der Trennung von Staat und Kirche trifft. 2. Gemäß Art. 2 werden „die Landesregierung und die Kirchenleitungen zur Pflege ihrer Beziehungen regelmäßige Begegnungen anstreben". Satz 2 dieses Artikels bestimmt, daß sich die Partner des Verkirchliche Dienst bleibe als öffentlicher Dienst anerkannt, im staatlichen Dienstrecht nicht allgemein berücksichtigt wird. Das sei darauf zurückzuführen, daß der staatliche Gesetzgeber den Begriff des öffentlichen Dienstes nicht einheitlich, sondern jeweils dem Sinn und dem Zweck des einzelnen Gesetzes entsprechend abgegrenzt habe. — Vgl. auch Werner KALISCH, Grund- und Einzelfragen des kirchlichen Dienstrechts, in: Z e v K R II ( 1 9 5 2 / 5 3 ) , S. 24ff. 155

HESSE, P r o b l e m a t i k ,

S. 2 3 .

Dieses in der Praxis oft recht schwierige Verfahren wird, wie KÜMMEL, a. a. O., S. 39 f., offenbar annimmt, nicht dadurch überflüssig, daß der staatliche Gesetzgeber feststellt, ob der Dienst der öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften im Beamten-, Besoldungs- und Tarifrecht des Bundes und der Länder geregelt ist. Trotz der Vorteile, die eine solche klärende Regelung hätte, bliebe sie zunächst auf den staatlichen Rechtsbereich beschränkt, da der Staat das kirchliche Dienstwesen nicht durch einseitige gesetzgeberische Maßnahmen zu binden vermag. 156

157 158

HESSE, Problematik, S . 2 3 ; ders., in: J b ö R , N . F. X (1961), S. 51. A r t . 2 Abs. 1 N K V , Art. 3 Abs. 1 SHKV.

159

V g l . M I K A T , a . a . O . , S. 1 4 6 ;

180

Art. 12 P r K V , A r t . 22 N K V , A r t . 28 SHKV.



WOLF, O r d n u n g ,

S. 1 5 0 .

104 träges „vor der Regelung -von Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen und sich zur Besprechung solcher Fragen jederzeit zur Verfügung stellen werden". Die Bestimmung wird ergänzt durch Art. 23 H K V , der die Vertragspartner verpflichtet, Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Vertrages „auf freundschaftliche Weise" beizulegen. Der Hessische Kirchenvertrag, der die Förderung eines freundschaftlichen Verhältnisses zwischen dem Land Hessen und den evangelischen Landeskirchen in seiner Präambel ausdrücklich feststellt und sich zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit bekennt, gewährleistet gemäß Art. 2 ein Beteiligungsrecht der Kirchen in öffentlichen Angelegenheiten, das dem Ausgleich unterschiedlicher Interessen von Staat und Kirche dienen soll. Diese Mitwirkung der Kirchen kann sich in folgenden Beteiligungsstufen vollziehen: a) durch das Recht der Kirche auf Unterrichtung als schwächste Ausprägung des Beteiligungsrechtes; b) durch das Recht auf Mitsprache, das den Anspruch auf Anhörung, gemeinschaftliche Aussprache und Beratung enthält; c) durch ein Initiativrecht, das der Kirche in staatlich-kirchlichen Angelegenheiten die Möglichkeit gibt, dem Staat Vorschläge zu unterbreiten, eigene Anregungen vorzutragen, Anträge zu stellen und deren Beratung mit dem staatlichen Partner unter Hinweis auf Art. 2 S. 2 H K V zu verlangen. 3. Mit der Vereinbarung regelmäßiger Besprechungen der Mitglieder des staatlichen und der kirchlichen Leitungsorgane 161 wird in Hessen eine Übung fortgesetzt, deren Anfänge bis in die Besatzungszeit zurückreichen162. Art. 2 H K V ist aber nicht nur die vertragliche Positivierung einer in Ansätzen ausgeprägten staatskirchenrechtlichen Praxis sachlicher 1 S 1 D a b e i bleiben in H e s s e n die L a n d e s k i r c h e n durch ihre L e i t u n g e n selbst V e r h a n d l u n g s p a r t n e r des Staates. A b w e i c h e n d v o n den B e s t i m m u n g e n des Niedersächsischen ( A r t . 2 A b s . 2) u n d des Schleswig-Holsteinischen Kirchenvertrages ( A r t . 3 Abs. 2) äußert der Hessische K i r c h e n v e r t r a g nicht ausdrücklich die T e n d e n z , auch die einzelnen Landeskirchen u n t e r e i n a n d e r z u enger Z u s a m m e n a r b e i t zu bewegen u n d sie zu veranlassen, ihre A n l i e g e n d e m S t a a t g e g e n ü b e r einheitlich z u v e r t r e t e n ( K o n f e r e n z der Evangelischen L a n d e s k i r c h e n in Niedersachsen). D i e E r r i c h t u n g einer g e m e i n s a m e n Geschäftsstelle der L a n deskirchen in Wiesbaden u n d die Bestellung kirchlicher B e v o l l m ä c h t i g t e r wie in Niedersachsen ( A r t . 2 A b s . 2 S. 2 N K V ) u n d Schleswig-Holstein ( A r t . 3 A b s . 2 S. 2 S H K V ) ist nicht v o r g e s e h e n . D a s Fehlen einer g e m e i n s a m e n V e r t r e t u n g kennzeichnet in a u f f ä l l i g e r Weise die historisch b e d i n g t e E i g e n p r ä g u n g der hessischen Landeskirchen, die — wie auch der V e r h a n d l u n g s v e r l a u f gezeigt hat — zwecks W a h r n e h m u n g spezifisch landeskirchlicher Interessen die unm i t t e l b a r e V e r b i n d u n g z u r L a n d e s r e g i e r u n g zu erhalten wünschen. 1 6 2 S. o. S. 49, Fußn. 263.

105 Zusammenarbeit, sondern Ausdruck eines bestimmten Strukturprinzips der gegenwärtigen staatskirchenrechtlichen O r d n u n g . Das System sachbezogener Kooperation enthält dynamische Züge, die die staatlich-kirchlichen Beziehungen in Hessen k ü n f t i g entscheidend beeinflussen können. Nach Art. 2 S. 2 H K V verpflichtet sich das L a n d Hessen, alle Fragen, die den Staat und die evangelische Kirche berühren, gemeinsam mit den Landeskirchen zu erörtern. Aus der zunächst theoretischen Anerkennung des Öffentlichkeitsauftrages der Kirche w i r d die Folgerung gezogen, d a ß die Kirche als öffentlicher O r d n u n g s f a k t o r anzuerkennen ist und ihre beratende Beteiligung bei öffentlichen Vorhaben des Staates, soweit sie kirchliche Interessen berühren, gesichert wird. Die kirchliche M i t w i r k u n g vollzieht sich in den Bereichen staatlicher Gesetzgebung u n d Verwaltung. K ü n f t i g besteht f ü r die Kirchenleitungen der evangelischen Landeskirchen in Hessen der vertragliche Anspruch, die Landesregierung im vorbereitenden Gesetzgebungsverfahren 1 6 3 und bei M a ß n a h m e n der Verwaltung über ihre Auffassungen zu unterrichten. A r t . 2 entspricht dem neuen Verständnis des Verhältnisses von Staat u n d Kirche in der Nachkriegszeit 1 6 4 , das Scheuner 165 als ein Beziehungssystem „freundschaftlicher Zusammenarbeit" bezeichnet hat. Die Bedeutung der Vertragsnorm erschöpft sich aber nicht darin, d a ß die herrschende staatskirchenrechtliche Anschauung vertraglich bestätigt wird, vielmehr eröffnet sie darüber hinaus Möglichkeiten, die staatskirchenrechtliche Praxis auch in der Z u k u n f t im Sinne der theoretischen Zielsetzung zu gestalten. Als Bindeglied zwischen Lehre u n d Praxis h a t die Regelung des A r t . 2 H K V den R a n g einer Ecknorm des gesamten Vertragswerks. 4. Die erhebliche praktische Bedeutung des Art. 2 H K V ist seit dem Inkrafttreten des Vertrages unter anderem in zwei Fällen deutlich geworden. Z u m einen w u r d e zwischen dem Hessischen Minister f ü r Erziehung u n d Volksbildung und den evangelischen Landeskirchen ein Einverständnis über die Teilnahme von Schulabgängern an kirchlichen Rüstzeiten erzielt 1 6 6 . Z u m anderen w u r d e im R a h m e n des Gesetzgebungs163 JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. (1959), S. 25. IM YGJ £J;E Ansprache von Kirchenpräsident D. NIEMÖLLER anläßlich des Austausches der Ratifikationsurkunden am 5. 7. 1960 in Wiesbaden, auszugsweise in: epd — Evangelischer Pressedienst — Landesdienst Hessen, Nr. 66 vom 5. 7. 1960, S. 1 f. 165 SCHEUNER, in: ZevKR VI (1957/58), S. 11. 166 j ) e r HMEV hatte zunächst die Befreiung dieser Schüler vom Unterricht zum Zwecke der Teilnahme an dreitägigen kirchlichen Rüstzeiten unter Hinweis auf die verfassungsrechtlich angeordnete Schulform der Gemeinschaftsschule abgelehnt. Erst auf die Vorstellungen der evangelischen Landeskirchen, die sich auf Art. 2 und 23 HKV beriefen, kam es zu einer Regelung, die künftig einen zweitägigen Besuch der kirchlichen Rüstzeiten durch die Schulabgänger ermöglichen soll. — Erl. des HMEV vom 21. 3. 1961 an die Regierungspräsidenten — Az III 125/10 — 61 (ABl. HMEV 1961, S. 137).

106 Verfahrens zum Gesetz über die Unterhaltung und Verwaltung der öffentlichen Schulen und die Schulaufsicht (Schulverwaltungsgesetz) vom 28. Juni 1 9 6 1 1 6 7 nach einer Intervention der Kirchen 1 6 8 sichergestellt, daß die Kirchen in den Schuldeputationen gemäß § 4 4 Abs. 1 S. 2 SchVG vertreten sind 1 6 9 . Art. 23 H K V 1 7 0 (Freundsdiaftsklausel) 1. Art. 23 H K V gibt den partnerschaftlichen Ordnungsvorstellungen eine normative Gestalt. Seit der Aufhebung der staatlichen Kirchenhoheit haben der Staat und die evangelische Kirche nur die Möglichkeit, Streitigkeiten auf dem Wege der Verhandlung beizulegen. Angesichts der anerkannten Gleichrangigkeit des kirchlichen Vertragspartners trägt der Hessische Staatskirchenvertrag seine Gewähr ausschließlich in sich selbst. Die Existenz eines partnerschaftlichen Beziehungssystems beruht deshalb auf dem Willen der Partner zur Verständigung und setzt ihre gegenseitige Loyalität voraus. Art. 23 H K V ist ein verpflichtendes PrinGVB1. 1961, S. 87. Ausführungen der Abg. Frau HORN (SPD), Hess. LT., 4. WP., III, S. 1560f.; Kultusminister SCHÜTTE, Hess. LT., a . a . O . , S. 1577. 167 168

169 Die Gesetzesvorlage der Landesregierung vom 11.2.1961 (Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 976, S. 2783 ff., 2794, 2811) sah eine Mitwirkung von Vertretern der Kirchen in den zu bildenden Schuldeputationen, die an die Stelle der bisherigen Schulvorstände (§§2 ff. des Hessischen Schulverwaltungsgesetzes vom 10. 7. 1953, GVB1. 1953, S. 131) treten sollten, nicht mehr vor und wich insoweit von der bisherigen Rechtslage ab. Gemäß § 4 Abs. 1 SchVG vom 10. 7. 1953 war unter bestimmten, gesetzlich genannten Voraussetzungen die Berufung von Vertretern der Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts in die Schulvorstände vorgesehen (vgl. CHRONZ, a. a. O., S. 151 f.). Die hessische Landesregierung beabsichtigte, diese Rechtspraxis „zugunsten freier Entfaltung der kommunalen Selbstverwaltung" aufzugeben (Begründung zur Gesetzesvorlage, Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 976, S. 2811; Ausführungen des Ministerpräsidenten ZINN, Hess. LT., 4. WP., III, S. 1421 ff., 1414 f.). Die Stellungnahmen der Kirchen, die die Beibehaltung des seitherigen Zustandes forderten, sowie die Haltung der parlamentarischen Opposition (Abg. Dr. WAGNER [CDU], Hess. LT., 4. WP., III, S. 1427 f.) veranlaßten die Fraktion der SPD, einen Abänderungsantrag zu § 43 des Regierungsentwurfs einzubringen (Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 1055; Ausführungen des Abg. Rudi SCHMITT [SPD], Hess. LT., 4. WP., III, S. 1569 ff., 1572). Seine Fassung erlangte als § 4 4 SchVG Gesetzeskraft: „1. Die Gemeinden und die Landkreise bilden eine oder mehrere Schuldeputationen im Sinne der §§ 72, 79 Abs. 6 der Hessischen Gemeindeordnung, § 43 der Hessischen Landkreisordnung. Den Schuldeputationen müssen angehören Lehrer, Erziehungsberechtigte sowie Vertreter der Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. 2. Für Schulverbände gelten diese Vorschriften sinngemäß." 170 Art. 12 PrKV, Art. 22 NKV, Art. 28 SHKV.

107 zip und zwingt die Beteiligten, Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Vertrages auf freundschaftliche Weise zu beseitigen. Dabei handelt es sich nicht allein um eine deklaratorische Bekräftigung des guten Willens des Staates und der evangelischen Landeskirchen. Im Zusammenhang mit Art. 2 H K V gewinnt die „Freundschaftsklausel", wie bereits angedeutet, eine beträchtliche praktische Bedeutung. 2. Die Einrichtung einer unabhängigen schiedsgerichtlichen Instanz bei staatlich-kirchlichen Streitigkeiten ist im Vertrag generell nicht vorgesehen 1 7 1 . Den kirchlichen Vorschlag, eine Schiedsklausel in den Vertrag aufzunehmen 1 7 2 , hat das L a n d Hessen zurückgewiesen 1 7 3 . Der Rechtsschutz der Kirche wird grundsätzlich nicht durch eine Schiedsgerichtsbarkeit gewährleistet, sondern durch ein Verständigungsverfahren, das in der Abgrenzung von Tatbeständen besteht. Es steht unter der Verpflichtung der Vertragsparteien, ihre Vorstellungen an dem Ziel des Vertragswerks zu orientieren. Allerdings ergeben sich auch aus kirchlicher Sicht Bedenken gegen eine allgemeine staatlich-kirchliche Schiedsgerichtsbarkeit, die durch das Rechtsschutzbedürfnis der Kirche nicht aufgewogen werden. Entscheidungen einer obligatorischen Schiedsinstanz würden möglicherweise auch auf den Bereich der innerkirchlichen Angelegenheiten übergreifen. Es erscheint aber mit dem geistlichen A u f t r a g der Kirche unvereinbar, daß sie sich einem unter Umständen gegen ihre Überzeugung entscheidenden Schiedsgericht unterwerfen soll 1 7 4 . Angesichts dieser Einschränkung, die sich aus der Wesensverschiedenheit von Staat und Kirche erklärt, ist die Wirkungsfähigkeit eines obligatorischen Schiedsgerichts in Frage gestellt. 1 7 1 D i e B e r u f u n g einer K o m m i s s i o n m i t schiedsgerichtlichen F u n k t i o n e n ist n u r in den Fällen des A r t . 9 H K V vorgesehen, soweit es sich bei der Ber u f u n g in ein leitendes geistliches A m t u m die Feststellung u m s t r i t t e n e r T a t sachen handelt. 1 7 2 D e r E n t w u r f III der E K K W enthielt in A r t . 3 Abs. 2 den eines Schiedsgerichts. 1 7 3 H e s s e n ist d a m i t bei den V e r h a n d l u n g e n einer Schiedsklausel m i t v e r w e i g e r t hatte. — Vgl. S . 4 7 ff.

Vorschlag

der A u f f a s s u n g des Freistaates Preußen g e f o l g t , der z u m Preußischen K i r c h e n v e r t r a g die V e r e i n b a r u n g dem H i n w e i s auf den V o r r a n g staatlicher Interessen SONDERMANN, a. a. O., S. 79 f. (80); — KÜBEL, V e r t r a g ,

1 7 4 Diese A u f f a s s u n g w u r d e v o n M i n . - D i r . TRENDELENBURG in den Verh a n d l u n g e n z u m Preußischen K i r c h e n v e r t r a g a m 16./17. 12. 1930 v e r t r e t e n . — A u f z e i c h n u n g über die V e r h a n d l u n g e n v o m 16. u n d 17. 12. 1930, b e t r e f f e n d den Abschluß eines evangelischen K i r c h e n v e r t r a g e s zwischen V e r t r e t e r n des Freistaates Preußen u n d der evangelischen Landeskirchen ( E O . 334/31 A k t . K V . E K H N ) , S. 7 ; — Z u s t i m m e n d J . HECKEL in der V e r h a n d l u n g a m 25. 2. 1931 — A u f z e i c h n u n g über die V e r h a n d l u n g a m 25. 2. 1931, betr. den Abschluß eines evangelischen K i r c h e n v e r t r a g e s zwischen V e r t r e t e r n des Freistaates Preußen u n d der evangelischen Landeskirchen ( E O . 492/31 A k t . K V . E K H N ) , S. 4 f.

108 Diese Folgerung erstreckt sich nicht nur auf den Bereich des Bekenntnisses, sondern auch auf Fragen politischen Interesses. Auch in diesem Falle bestehen Zweifel an der Möglichkeit einer bindenden schiedsgerichtlichen Entscheidung, da Staat u n d Kirche unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe haben. W ä h r e n d f ü r den Staat das politische Problem ein zentrales A n liegen seiner Existenz ist, w i r d die Kirche d a v o n nur peripher berührt. Erschwert w ü r d e die Tätigkeit des Schiedsgerichts durch den Mangel fester N o r m e n des Staatskirchenrechts, das sich als lebendige O r d n u n g ständig fortbildet u n d neue G r u n d z ü g e zur E n t f a l t u n g bringt. 3. Im Einzelfall mag indessen die Schaffung einer schiedsgerichtlichen Instanz zur Beilegung von Streitigkeiten aus Zweckmäßigkeitsgründen wünschenswert sein. Die verbindliche Entscheidung einer mit richterlicher A u t o r i t ä t ausgestatteten Institution besitzt Vorteile gegenüber den u n mittelbaren, häufig recht schwierigen Verhandlungen der P a r t n e r , deren H a l t u n g durch die Betonung eines Interessenstandpunkts verhärtet ist. Eine solche Lösung böte neben der Möglichkeit, fachlich geeignete Persönlichkeiten in das Spruchgremium zu berufen, eine gesteigerte G e w ä h r d a f ü r , d a ß äußere, sachfremde Einflüsse von dem Verständigungsverfahren ferngehalten werden. Obgleich der Hessische Kirchenvertrag die Einrichtung einer Schiedsinstanz nicht nachdrücklich vorsieht, ist diese Möglichkeit im R a h m e n des allgemeinen Verständigungsverfahrens gemäß A r t . 2 und 23 H K V nicht ausgeschlossen. D e r V e r t r a g enthält weder das Verbot eines Schiedsverfahrens noch den Hinweis auf eine grundsätzliche Weigerung der Partner, einen Streitfall über die Einsetzung eines Schiedsgerichts zu bereinigen. Es ist kein G r u n d d a f ü r ersichtlich, d a ß dieses im völkerrechtlichen Verkehr a n e r k a n n t e Mittel zur friedlichen Einigung im Bereich der koordinationsrechtlichen Beziehungen keine Geltung besitzen sollte. Auf G r u n d der verpflichtenden W i r k u n g des A r t . 23 H K V sind die Vertragspartner vielmehr gehalten, beim Fehlschlagen anderer Einigungsversuche diesen Weg einer Verständigungsmöglichkeit zu beschreiten. Schlußprotokoll zu A r t . 23 H K V 1 7 5 (Paritätsklausel) Die in Art. 23 H K V niedergelegte Abrede der freundschaftlichen Beilegung entstehender Meinungsverschiedenheiten w i r d im Schlußprotokoll in einem speziellen Fall, im Hinblick auf die W a h r u n g der konfessionellen Parität, näher bestimmt. Das Schlußprotokoll enthält eine sogenannte Paritätsklausel zugunsten der evangelischen Kirchen im Verhältnis zur katholischen Kirche. Das Land Hessen w i r d nach M a ß g a b e des Paritätsgrundsatzes den I n h a l t des Staatskirchenvertrages überprüfen, w e n n die katholische Kirche in einer Vereinbarung eine über den vorliegenden 175

klausel.

Der NKV und der SHKV enthalten keine entsprechende Paritäts-

109 Vertrag hinausgehende günstigere rechtliche u n d materielle Stellung erhalten sollte. Die A u f n a h m e dieser Regelung in das Vertragswerk, die den im deutschen Staatskirchenrecht herrschenden G r u n d s a t z der P a r i t ä t sichert, ist auf die Initiative der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 1 7 6 zurückzuführen. In der vorliegenden Fassung stellt sie einen K o m p r o m i ß dar zwischen der gegensätzlichen staatlichen u n d kirchlichen Auffassung. D e r Staat hielt die Stellung der evangelischen Landeskirchen wegen des allgemeinen staatskirchenrechtlichen Paritätsgrundsatzes f ü r hinreichend gesichert 177 . Die Evangelische Kirche in Hessen u n d Nassau wünschte die A u f n a h m e einer Meistbegünstigungsklausel, die die Lage der evangelischen Landeskirchen im Fall einer verbesserten Stellung der katholischen Kirche an diese automatisch angeglichen hätte. D e r staatliche S t a n d p u n k t erschien nicht haltbar, weil das k o n k o r d a t ä r e Recht auch k r a f t des Paritätsgrundsatzes nicht unmittelbar im Verhältnis zur evangelischen Kirche gilt 178 , sondern nur reflexmäßige Auswirkungen hat. Die evangelischen Landeskirchen sind d a n n ihrerseits nur berechtigt, eine der Konkordatslage entsprechende vertragliche Regelung zu verlangen. Der kirchliche Vorschlag w a r ebenfalls nicht unbedenklich, weil die A n w e n d u n g des Paritätsgrundsatzes im Sinne einer automatischen Anpassung an die Rechtslage der katholischen Kirche die G e f a h r einer schematischen Angleichung birgt, die angesichts der Wesensverschiedenheiten der Kirchen verfehlt ist. Die vertragliche Lösung w i r d den staatlichen u n d kirchlichen Bedürfnissen gleichermaßen gerecht. Sie eröffnet, ohne die staatlichen Interessen zu beeinträchtigen, den evangelischen Landeskirchen einen Anspruch d a r a u f , d a ß das Land Hessen die Vertragssituation jeweils unter dem Gesichtspunkt der W a h r u n g der konfessionellen P a r i t ä t p r ü f t , um im Falle einer Paritätsverletzung die gebotenen Folgerungen zu ziehen. III. Auswirkungen

der öffentlichen

Stellung

der

Kirche

Art. 3 179 und 4 1 8 0 H K V (Kirchliche Organisationsfreiheit) 1. Auf den in den Eingangsbestimmungen des Vertrages getroffenen Grundentscheidungen beruhen die weiteren vertraglichen Regelungen, die die P a r t n e r im Hinblick auf den öffentlichen Status der evangelischen 178

AVerm. über die Vhlg. im MEV am 16. 4. 1959 (Akt. KV. EKHN), S. 1. cit. 178 Vgl. Hans PETERS, Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, in: Die Grundrechte, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, Bd. IV, l . H a l b b d . , Berlin 1960, S. 3 6 9 f f . ( 4 2 4 f . ) ; — BEULKE, Grundsatz, S. 1 1 6 f f . ; — 177

ders., in: Z e v K R V I (1957/58), S. 153. 179 180

Art. 2 und 3 PrKV, Art. 10 N K V , Art. 12 SHKV. Art. 4 PrKV, Art. 11 N K V , Art. 13 SHKV.

110 Landeskirchen in Hessen vereinbart haben. Art. 3 und 4 H K V kennzeichnen die Auswirkungen, die sich aus der Aufhebung der staatlichen Kirchenhoheit für das Verhältnis von kirchlicher Rechtsbildung und Verbandsgewalt zur staatlichen Rechtsordnung erheben. Durch diese Normen werden die Mitwirkungsrechte des Staates auf ein Mindestmaß, das durch die Erfordernisse eines ordnungsmäßigen Rechtsverkehrs bestimmt wird 181 , begrenzt. 2. Nach den Regelungen des Preußischen Kirchenvertrages 182 hatte der Staat Mitwirkungsbefugnisse, soweit kirchliches Handeln Rechtswirkungen im bürgerlichen Bereich erzeugte 183 . Gemäß Art. 2 PrKV war die „Ordnung der kirchlichen Vermögensverwaltung" der Aufsichtsgewalt des Staates unterworfen. Die Vorschrift forderte die Vorlage sämtlicher kirchlicher Gesetze, Notverordnungen und Satzungen über die vermögensrechtliche Vertretung und Vermögensverwaltung, bevor sie verkündet werden durften und Rechtskraft erlangten. Der Staat griff damit in empfindlicher Weise in die kirchliche Rechtssetzungsgewalt ein und beeinträchtigte durch seine Einflußmöglichkeiten auf das kirchliche Vermögenswesen die Unabhängigkeit der evangelischen Kirche. 3. Das Land Hessen hat in der Nachkriegszeit von den staatlichen Genehmigungsvorbehalten, soweit sie innerkirchliche Vermögensverhältnisse betrafen, wegen der veränderten staatskirchenrechtlichen Lage keinen Gebrauch mehr gemacht. Zwar gab der Staat seine Vorbehaltsrechte nicht einseitig auf, er verzichtete aber bei ihrer Wahrnehmung auf die Prüfung genehmigungspflichtiger Vorgänge, da sich in der Verwaltungspraxis keine Beanstandungen ergeben hatten. Diese Entwicklung wurde begünstigt durch den Aufbau einer eigenen kirchlichen Finanzverwaltung, die durch eine innerkirchliche Kontrolle die staatliche Finanzaufsicht auch aus der Sicht des staatlichen Interesses entbehrlich werden ließ. Nunmehr wird durch Art. 3 H K V auch die normative Aufhebung der zahlreichen administrativen Abhängigkeiten zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen vollzogen. Die Mitwirkung des Staates bei der kirchlichen Gesetzgebung ist gemäß dieser Regelung nur insoweit beibehalten, als kirchliche Rechtsnormen die vermögensrechtliche Vertretung der Kirchen und ihrer Verbände im Außenverhältnis berühren. Die kirchlichen Rechtssätze sind dem Hessischen Minister für Erziehung und Volksbildung vorzulegen. Dieser hat ein Einspruchsrecht, wenn eine ordnungsmäßige vermögensrechtliche Vertretung nicht gewährleistet erscheint. Im Schlußprotokoll zu Art. 3 Abs. 2 H K V wird bestimmt, daß die in Art. 3 Abs. 1 H K V genannten Vorschriften nicht eher in Kraft gesetzt werden, 181

Begründung zur Vorlage der Landesregierung zu Art. 3, Hess. LT.,

4. W P . , I, N r . 6 1 7 , S . 1 6 9 5 ; — v g l . M I K A T , a. a. O . , S. 1 8 8 . 182

Art. 2—4, 7, 8 und 9 PrKV.

183

SONDERMANN, a . a . O . , S . 5 3 f .

111 als die Einspruchsfrist abgelaufen, ein etwaiger Einspruch zurückgezogen oder für unbegründet erklärt worden ist. Über den Einspruch entscheidet auf K l a g e der Kirche das zuständige Oberlandesgericht 184 . Die Vorschrift des Art. 3 H K V ist im öffentlichen Interesse geboten. Es wird verhindert, daß im vermögensrechtlichen Verkehr mit der Kirche und ihren öffentlich-rechtlichen Verbänden Ungewißheit über die verantwortliche Vertretung der jeweiligen Körperschaft besteht 185 . 4. Trotz der Entflechtung der staatlich-kirchlichen Verwaltungsbeziehungen enthält Art. 3 H K V als Enumerativbestimmung für die Zuständigkeit eines staatlichen Gerichts einen Restbestand staatlicher Kirchenhoheit. Ein staatliches Gericht beurteilt die Frage, welche Voraussetzungen an eine geeignete vermögensrechtliche Vertretung der Kirche zu stellen sind. Die Entscheidungskompetenz des Oberlandesgerichts unterwirft ein umfangreiches Gebiet innerkirchlicher Rechtsordnung der staatlichen Rechtsprechung 186 . Eine derartige Regelung, die die kirchliche Organisationsgewalt im Gegensatz zur kirchlichen Eigenständigkeit der staatlichen Rechtsprechung unterordnet, haben die Partner des SchleswigHolsteinischen Kirchen Vertrages vermieden. Gemäß Art. 12 Abs. 2 S H K V wird in diesen Fällen ein Klageverfahren vor einem besonderen Schiedsgericht zugelassen. Der Rechtsstaatsgedanke, die „Bindung der staatlichen Gewalten an Gesetz und Recht 1 8 7 ", setzt indessen auch in Hessen der Tätigkeit des staatlichen Gerichts eine Grenze und garantiert einen Schutz gegen die Gefahren staatlicher Beeinflussung. Die richterliche Gewalt ist an den vertraglichen Grundsatz der Eigenständigkeit der Kirche gebunden und hat bei ihren Entscheidungen darauf zu achten, daß die geistliche Wirkungsfreiheit der Kirche durch die Ausübung staatlicher Genehmigungsvorbehalte nicht angetastet wird 1 8 8 . Der staatliche Richter hat bei jeder Entscheidung auf Grund des Art. 3 Abs. 2 H K V zu prüfen, ob die Entscheidung mit den Bestimmungen der Präambel und des Art. 1 H K V im Einklang steht. 5. Dagegen beschränkt sich die Beteiligung des Staates bei der kirchlichen Verbandsorganisation gemäß Art. 4 S. 1 H K V auf die Entgegennahme und Bekanntmachung der kirchlichen Organisationsurkunden. Die Maßnahmen des kirchlichen Organisationswesens dienen dazu, die äußeren Voraussetzungen für eine wirksame Seelsorge zu schaffen. Als Akte 184 185

Es kommt zur Zeit das O L G Frankfurt in Betracht. KRÜGER-WITTMACK, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. (1959), S. 67.

186 p r a u

A b g . D r . WALZ, H e s s . L T . , 4. W P . , III, S. 9 7 0 ; —

vgl.

HESSE,

Rechtsschutz, S. 106 ff.; — a. A. Adalbert von HANSTEIN, Der Detmolder Kirchenvertrag vom 6.3.1958, in: Z e v K R VI (1957/58), S.299ff. (308). 187 Andreas HAMANN, Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5.1949, 2. Aufl., Berlin/Neuwied 1960, Einf., Erl. D 1. 188

V g l . HESSE, R e c h t s s c h u t z , S. 94 u n d 96.

112 der kirchlichen S e l b s t v e r w a l t u n g b e d ü r f e n sie nicht der staatlichen Z u stimmung 1 8 8 . Beschlüsse über die B i l d u n g u n d V e r ä n d e r u n g v o n Kirchengemeinden 1 9 0 und der aus ihnen gebildeten V e r b ä n d e werden daher erst nach ihrer V e r k ü n d u n g in den kirchlichen A m t s b l ä t t e r n dem Hessischen Minister f ü r Erziehung u n d V o l k s b i l d u n g vorgelegt. Seine Stellungnahme berührt die W i r k s a m k e i t der in eigener H o h e i t vollzogenen kirchlichen Entscheidung nicht. D a m i t w i r d eine V e r w a l t u n g s p r a x i s im L a n d e Hessen nahezu bestätigt, die seit dem J a h r e 1945 den Vorschriften des A r t . 4 des preußischen Staatsgesetzes, betreifend die Kirchenverfassungen der evangelischen Landeskirchen, v o m 8. 4. 1 9 2 4 1 9 1 und A r t . 4 P r K V nicht mehr g e f o l g t ist und ü b e r h a u p t d a r a u f verzichtet hat, d a ß Beschlüsse über die V e r ä n d e r u n g der kirchlichen V e r b a n d s o r g a n i s a t i o n dem S t a a t zur G e nehmigung vorgelegt werden 1 9 2 . D i e Vertragsregelung bedeutet darüber hinaus eine Fortentwicklung des Staatskirchenrechts gegenüber den B e stimmungen des Niedersächsischen und des Schleswig-Holsteinischen Kirchenvertrages, die die Vorlagepflicht der Organisationsbeschlüsse v o r ihrem Inkrafttreten beibehalten haben 1 9 3 . A r t . 4 S. 1 H K V berücksichtigt hingegen sowohl die G r u n d s ä t z e kirchlicher S e l b s t v e r w a l t u n g als auch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit 1 9 4 , die ein Anrecht d a r a u f 189

MIKAT, a. a. O., S. 205.

ieo Vorlegungspflichtig ist auch der Beschluß über eine Umpfarrung, wenn durch diese Entscheidung die Grenzen einer Kirchengemeinde geändert werden, nicht dagegen, wenn innerhalb einer Kirdiengemeinde die Pfarrbezirke verändert werden. Die Errichtung von "Pfarr- und Vikarstellen unterliegt nicht der Anzeigepflicht, da durch eine solche Maßnahme Änderungen im Bestand der Kirdiengemeinde nicht eintreten. Im Interesse einer klaren Rechtslage hat die E K H N auch Umbenennungen von Pfarrgemeinden dem Staat mitgeteilt (Akt. K V . E K H N ) . 191

PrGS. 1924, S. 121.

Die E K H N hat dem Staat seit 1947 die Beschlüsse über die Bildung und Veränderung von Kirchengemeinden nicht mehr vorgelegt, nachdem ein staatlicher Beauftragter in einer mündlichen Erklärung auf die Anzeige verzichtet hatte. So hätte die E K H N die Neuordnung der Kirche, insbesondere die U m bildung der Dekanate in den ehemals preußischen Landesteilen, mitteilen müssen (KRÜGER-WITTMACK, Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. [1959], S. 68). Soweit in Hessen eine Meldung erfolgt ist, hat sich der Staat in der Vergangenheit damit begnügt, die kirchlichen Organisationsurkunden im Staatsanzeiger zu veröffentlichen (JUNG, Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. [1959], S. 25). 192

193 Gemäß Art. 11 Abs. 1 N K V und Art. 13 Abs. 1 S H K V haben die Landeskirchen Beschlüsse, die die Bildung oder Veränderung kirchlicher Verbände betreffen, acht Wochen bzw. einen Monat vor der Ausfertigung der Organisationsurkunden der Landesregierung vorzulegen. Nach Art. 13 Abs. 1 N K V hat die Landesregierung außerdem das Recht, Bedenken zu erheben, die gegebenenfalls die Landeskirchen zur Prüfung ihrer Beschlüsse verpflichten. 194

KRÜGER-WITTMACK, V h l g . K S . E K H N , II, 4. a. ao. (1959), S. 68.

113 hat, über die Bildung oder Veränderung eines kirchlichen Verbandes als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts unterrichtet zu werden. 6. D e r G r u n d s a t z des Art. 4 S. 1 H K V f ü r eine staatliche M i t w i r k u n g bei der Gestaltung der kirchlichen Verbandsorganisation erstreckt sich jedoch nicht ohne weiteres auf die Bildung u n d Veränderung kirchlicher Anstalten u n d Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit. G e m ä ß Art. 4 S. 2 H K V w i r k t der Staat in diesem Bereich kirchlicher Organisation nach besonderen Richtlinien mit, die mit den Kirchen vereinbart werden sollen. Diese Richtlinien sind bisher nicht festgelegt worden. D e r kirchliche Vertragsentwurf des Jahres 1955 195 enthielt hinsichtlich der „Bildung kirchlicher Anstalten und S t i f t u n g e n " einen gleichlautenden Vorschlag. I m Verlauf der Verhandlungen setzte sich aber die Auffassung durch, d a ß das kirchliche Organisationsrecht auch die Befugnisse umfasse, kirchliche Anstalten u n d Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu errichten. Noch der Vertragsentwurf nach dem Stand der Verhandlungen am 1. O k t o b e r 1959 sah eine dem A r t . 4 S. 1 H K V entsprechende Regelung des kirchlichen Anstalts- u n d Stiftungswesens vor. Auf G r u n d eines Kabinettsbeschlusses v o m 24. N o v e m b e r 1959 196 entstand die endgültige Fassung des Art. 4 S. 2 H K V 1 9 7 , die dem L a n d Hessen einen Vorbehalt bei der Ausgestaltung des staatlichen Mitwirkungsrechts einräumte. D a m i t ist z w a r das Recht der Kirche, derartige Einrichtungen zu schaffen, grundsätzlich anerkannt 1 9 8 , zugleich w i r d aber die Tendenz sichtbar, „das System der freien Körperschaftsbildung 1 9 9 " zu begrenzen u n d dem staatlichen Interesse in diesem Organisationsbereich einen über den Art. 4 S. 1 H K V hinausreichenden Einfluß zu erlauben. 7. Die kirchliche Rechtsgestaltung e r f a ß t wegen ihrer eigenständigen S t r u k t u r auch die Organisationsformen der öffentlich-rechtlichen Anstalt u n d Stiftung 2 0 0 2 0 1 . Es finden daher die Vorschriften über die Verleihung 185 196

Art. 11 Abs. 2. Sehr, des H M E V

1959 (Akt. K V . 187

SCHÜTTE

an Kirchenpräsident

NIEMÖLLER

vom 25. 11.

EKHN).

Diese Fassung entspricht inhaltlich Art. 13 Abs. 2 SHKV. Gemäß Art. 11 Abs. 2 SHKV ist eine staatliche Mitwirkung nur bei der Bildung, nicht aber Veränderung kirchlicher Anstalten und Stiftungen vorgesehen. 188 In der Verhandlung am 2. 7. 1959 im MEV (Niederschrift VI — Kirchenvertrag, Akt. KV. EKHN) gab der Staat die Zusage, daß das Recht der Kirchen, Anstalten und Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu errichten, außerhalb des Vertrages schriftlich anerkannt werde. 198

200

LIERMANN, K i r c h e n r e c h t , S. 356.

Zur Unterscheidung der beiden Begriffe vgl. Harry EBERSBACH, Die Stiftung des öffentlichen Rechts, Göttingen 1961, S. 67 ff. EBERSBACH gelangt zu dem Ergebnis, daß sich die öffentlich-rechtliche Stiftung im materiellen Sinne allein durch die Art und Weise der Vermögensverwendung von der Anstalt unterscheidet (a. a. O., S. 69). 201 Im kirchlichen Ausbildungswesen, bei der Errichtung von Predigerseminaren, kirchlichen Akademien und Schulen ist die Rechtsform der öffent8 K1 o s e , Reditsbeziehungen

114 der öffentlichen Rechtsfähigkeit entsprechend der staatskirchenrechtlichen Gesamtkonzeption Anwendung 2 0 2 . Bei der Stiftung ist auch im Bereich des kirchlichen Stiftungswesen zwischen der Stiftung des öffentlichen und der des privaten Rechts zu unterscheiden 203 . Art. 4 S. 2 H K V berücksichtigt diese Differenzierung nicht, doch bereits die Regelung des Art. 3 Abs. 1 H K V , der ausschließlich die kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts betrifft, veranlaßt, die Begriffsunterscheidung auch auf die Interpretation des Art. 4 S. 2 H K V zu übertragen. Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung hat unter Berufung auf den Kabinettsbeschluß vom 24. November 1959 erklärt, daß es sich bei den kirchlichen Stiftungen im Sinne des Art. 4 S. 2 H K V nur um solche Rechtspersönlichkeit handele, „die entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen gebildet und verändert werden 2 0 4 ". Für diese einschränkende Auslegung, die die kirchliche Rechtshoheit in die Grenzen privatrechtlichen Handelns verweist 2 0 5 , bietet die vertragliche Regelung keinen Anhalt. Sie steht vielmehr im Widerspruch zu der staatskirchenrechtlichen Konzeption des Vertragswerks. Angesichts ihres öffentlich-rechtlichen Organisationsrechts ist die Kirche befugt, durch kirchenrechtliche Organisationsakte kirchliche Stiftungen zu errichten, die die Begriffsmerkmale einer öffentlich-rechtlichen Institution tragen. Daneben ist es ihr unbenommen, Stiftungen im Rahmen der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu schaffen. Entsprechend dieser Differenzierung werden die zu vereinbarenden Richtlinien zu gestalten sein. Die verfassungsrechtlich bestimmte Kulturhoheit der Länder öffnet dem Land Hessen eine größere Verhandlungsbreite hinsichtlich der Stiftung des öffentlichen als der des privaten Rechts. Der Staat hat zu beachten, daß der öffentliche Status der Kirche auch im Bereich des kirchlichen Stiftungswesens Anerkennung finden muß, so daß sich die staatliche Mitwirkung bei der Errichtung oder Veränderung einer kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts in dem Vorlageverfahren der Organisationsurkunden erschöpfen dürfte. Dagegen bietet die bundesgesetzliche Regelung des privaten Stiftungswesens einen geringeren Spiellich-reditlichen Anstalt oder Stiftung denkbar. Vgl. Art. 11 Abs. 6 des Vertrages des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Lippischen Landeskirche vom 6.3.1958, ratifiziert durch Gesetz vom 28.5.1958 (GV. NW. 1958, S.205; GVOBl. LiEK 1958, S. 203), der eine „Anstalt mit Hochschulcharakter zur wissenschaftlichen Ausbildung" der Geistlichen vorsieht. 202

MIKAT, a. a. O . , S . 2 0 5 .

Über die Begriffsunterschiede zwischen der Stiftung des öffentlichen und der des privaten Rechts vgl. FORSTHOFF, Lehrbuch, S. 446. 203

204

Schreiben des H M E V

an Kirdienpräs. NIEMÖLLER v o m

25.11.1959

(Akt. K V . E K H N ) . 2 0 5 KRÜGER-WITTMACK, V h l g . K S . E K H N , II, 4. a. o . ( 1 9 5 9 ) , S . 6 8 .

115 räum für staatlich-kirchliche Vereinbarungen, da die Vertragspartner an die bestehende Rechtslage gebunden sind. Nicht zuletzt im Hinblick auf das staatliche Aufsichtsrecht besitzt die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Stiftung für die evangelischen Landeskirchen ein beträchtliches Interesse. Während der Staat über die öffentlich-rechtlichen Stiftungen auf Grund des originären öffentlichen Status der Kirche eine gesteigerte Aufsicht nicht in Anspruch nehmen darf, übt er hinsichtlich der privatrechtlichen Stiftungen eine Aufsicht in den Grenzen der bürgerlich-rechtlichen Normen aus. 8. Für die Erfüllung der mannigfachen caritativen Aufgaben der Kirche, die der Staat voll anerkannt hat, bietet sich neben der Institution der Anstalt auch die der Stiftung des öffentlichen Rechts an 2 0 6 . Es erscheint daher zweifelhaft, ob sich der Standpunkt der hessischen Landesregierung, der die öffentlich-rechtliche Organisationsgewalt der evangelischen Landeskirchen auf dem Gebiet des Stiftungswesens erheblichen Beschränkungen unterwirft, entgegen der Gesamtkonzeption des Staatskirchenvertrages durchzusetzen vermag. Art. 8 H K V 2 0 7 (Garantie des kirchlichen Vermögens) 1. Art. 8 Abs. 1 H K V 2 0 8 gewährleistet das Eigentum und andere Vermögensrechte der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen der evangelischen Landeskirchen im Umfange des Art. 140 GG/138 Abs. 2 WRV 2 0 9 . Die Vertragsnorm kennzeichnet damit den öffentlichen Status der Kirche „nach der Seite ihres materiellen Substrats 2 1 0 ". Schutzobjekt der Regelung ist das Kirchengut in seiner öffentlichen Funktion vor jeder Antastung durch den Staat. Die kirchlichen Vermögensrechte werden vor säkularisierenden Eingriffen geschützt 211 , soweit sie der Erfüllung missionarischer Aufgaben dienen. Seinem Umfange nach ergreift der verfassungsrechtliche und jetzt auch vertragliche Schutz das gesamte kirchliche Vermögen, soweit es für „Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke" bestimmt ist 212 und wendet sich gegen jede „Beeinträchtigung der freien Verfügungsmacht über das Kirchengut unter Mißachtung seiner öffentlichen Funktion im kirchlichen 206 VGL, Werner WEBER, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Redits, 2. Aufl., München/Berlin 1943, S. 4 0 f . ; — KRÜGER-WITTMACK, i n : K i Z , X V . J g . ( i 9 6 0 ) , S . 9 6 ; — E B E R S B A C H , a . a . O . , S . 7 9 f . 207 208

Art. 6 P r K V , Art. 18 N K V , Art. 23 S H K V . Art. 6 Abs. 1 PrKV, Art. 18 Abs. 1 N K V , Art. 23 Abs. 1 S H K V .

209

MIKAT, a . a . O . , S. 2 1 9 ff.

210

HECKEL, K i r c h e n g u t , S. 103 ff. ( 1 0 5 ) ; —

211

HECKEL, K i r c h e n g u t , S. 129.

M I K A T , a. a. O . , S. 2 2 2 .

2 1 2 HECKEL, Kirchengut, S. 130f.; — einschränkend äußert sich HUBER, Garantie, S . 4 0 f f . (47).

8*

116 Organismus 2 1 3 ". Das Ziel der vertraglichen Gewährleistung des Art. 8 Abs. 1 H K V , der die verfassungsrechtliche Garantie inhaltlich übernimmt, unterscheidet sich daher von der allgemeinen Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Während nach Art. 140 GG/138 Abs. 2 W R V die öffentliche Aufgabe des kirchlichen Vermgöens geschützt wird, sichert Art. 14 G G die privatrechtlichen Beziehungen des kirchlichen Eigentümers zu seinem Vermögen und läßt die Möglichkeit eines staatlichen Enteignungsaktes zu. Die privatrechtlichen Vermögensverhältnisse der evangelischen Landeskirchen fallen nicht unter die Gewährleistung des Art. 140 GG/138 Abs. 2 WRV, sondern sind nur nach Maßgabe des Art. 14 G G geschützt. Folglich schließt auch Art. 8 Abs. 1 H K V eine Enteignung kirchlichen Vermögens nach den Grundsätzen des Art. 14 Abs. 3 G G nicht aus. Die öffentliche Zweckbestimmung des kirchlichen Vermögens setzt jedoch den staatlichen Enteignungsmaßnahmen Grenzen, so daß dieses nicht in dem gleichen Umfange wie das Eigentum im allgemeinen staatlichen Eingriffen ausgesetzt ist 214 . Der öffentliche Charakter des Kirchenguts untersagt die Enteignung stets dann, wenn sie zu einer Zweckentfremdung kirchlichen Vermögens führt 2 1 5 . 2. Dem Erfordernis eines unbedingten Schutzes kirchlicher Vermögenswerte wird Art. 8 Abs. 1 H K V in geeigneter Weise gerecht. Das zeigt ein Vergleich dieser Bestimmung mit dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 PrKV 2 1 6 . Im Gegensatz zu der preußischen Regelung bemißt sich der Schutz der kirchlichen Vermögensrechte nicht mehr „nach Maßgabe der Verfassung des Deutschen Reiches", sondern nur noch hinsichtlich ihres Umfanges gemäß Art. 138 Abs. 2 WRV, der nunmehr einen ausschließlich ausfüllenden Charakter hat. Damit bezeichnen die Grenzen der gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Gewährleistung zwar den Umfang der vertraglichen Garantie, diese ist aber gegenüber der preußischen Regelung 217 unabhängig von der Geltungskraft der verfassungsrechtlichen Norm des Art. 138 Abs. 2 WRV. Eine Änderung des Art. 140 GG/138 Abs. 2 WRV hat eine entsprechende Revision der Vereinbarung nicht mehr unmittelbar zur Folge. Vorrangig beruht die Rechtslage des Vermögens der evangelischen Landeskirchen in Hessen auf der vertragsrechtlichen Entscheidung, die lediglich an den materiellen Inhalt des Art. 138 Abs. 2 W R V anknüpft. 213

HECKEL, Kirchengut, S. 129; — MIKAT, a. a. O., S. 221.

214

M I K A T , a. a. O . , S . 2 2 2 .

Ohne vorheriges Einvernehmen mit den kirchlichen Behörden k o m m t eine Beseitigung gottesdienstlicher Gebäude nicht in Betracht; so auch Art. 17 Abs. 2 R K . 2 1 8 „Den Kirchen, ihren öffentlich-rechtlichen Verbänden, Anstalten und Stiftungen werden das Eigentum und andere Rechte nach Maßgabe der Verfassung des Deutschen Reiches gewährleistet." 2 1 7 KÜBEL, Vertrag, S. 40. 215

117 3. D a trotz der vertraglichen Garantie des Art. 8 Abs. 1 H K V staatliche Eingriffe in das kirchliche Vermögen, soweit es keiner öffentlichen Zweckbestimmung unterliegt, nicht völlig ausscheiden, hat sich das L a n d Hessen dazu verstanden, die Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften gemäß Art. 8 Abs. 2 H K V 2 1 8 zu beschränken. Der S t a a t hat sich verpflichtet, „bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf die kirchlichen Belange Rücksicht zu nehmen". In Fällen der Enteignung kirchlicher Grundstücke wird er den Erwerb gleichwertiger Grundstücke durch die Kirchen im Rahmen seiner gesetzlichen Möglichkeiten fördern. Dabei ist an die Erteilung von Genehmigungen, die nach den gesetzlichen Bestimmungen für den Grundstücksverkehr erforderlich sind, gedacht. 4. D a s L a n d Hessen hat im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung die Integrität der kirchlichen Vermögensrechte anerkannt. Es hat über die Vermögensgarantie hinaus den evangelischen Landeskirchen zugesichert, daß sie im Enteignungsfalle eine rücksichtsvolle Behandlung erfahren werden. D a m i t hat der Staat bestätigt, daß er die Selbständigkeit und Autorität des kirchlichen Organismus zu respektieren beabsichtigt, um den öffentlichen Status der evangelischen Landeskirchen auch bezüglich seiner materiellen Voraussetzungen nicht zu gefährden 2 1 9 . Art. 9 H K V 2 2 0 (Mitwirkungsbefugnis des Staates bei der Besetzung des leitenden kirchlichen Amtes) 1. Art. 9 H K V enthält die sogenannte „politische K l a u s e l 2 2 1 " , die dem Staat ein Mitwirkungsrecht bei der Besetzung leitender kirchlicher Ämter 2 2 2 geben soll und damit in die kirchliche Ämterhoheit eingreift. Die Ausgestaltung der „politischen K l a u s e l " , die in den Beratungen der K o n k o r d a t e und Staatskirchenverträge der Weimarer Zeit besonders umstritten war 2 2 3 , charakterisiert den Wandel in der staatskirchenrechtlichen L a g e der Gegenwart. D i e grundlegende Änderung der politischen A r t . 18 A b s . 2 N K V , A r t . 23 A b s . 2 S H K V . HECKEL, K i r c h e n g u t , a. a. O . , S. 103, kennzeichnet die G a r a n t i e der kirchlichen V e r m ö g e n s r e c h t e als ein „zweites G r u n d r e c h t " der Kirche m i t politischem Sinngehalt. 218

219

Art. 7 PrKV, Art. 7 N K V , Art. 9 S H K V . Vgl. Werner WEBER D i e politische Klausel in den K o n k o r d a t e n , S t a a t und Bischofsamt, H a m b u r g 1939; — J o s e p h H . KAISER, D i e politische Klausel der K o n k o r d a t e , Berlin/München 1949. 2 2 2 Z u m Begriff der „ L e i t u n g " i m Verfassungsrecht der evangelischen L a n 220

221

d e s k i r c h e n v g l . W Ä H L E R , a. a. O . , S. 2 8 1 . 2 2 3 A u f z e i c h n u n g über die V e r h a n d l u n g e n , b e t r e f f e n d den Abschluß eines evangelischen K i r c h e n v e r t r a g e s a m 16. u n d 17. 12. 1930, E O . 334/31 (Die K e n n t n i s dieser A u f z e i c h n u n g v e r d a n k e ich H e r r n M i n i s t e r i a l d i r e k t o r D r . h. c. T r e n d e l e n b u r g , K ö l n ) S. 2 f f . ; — vgl. KÜBEL, V e r t r a g , S. 42 ff.; — SONDERMANN, a. a. O . , S. 64 f.

118 Verhältnisse seit dem Jahre 1945 hat zu einer anderen Interessenlage des Staates geführt. Noch bei dem Abschluß des Preußischen Kirchenvertrages im Jahre 1931 war der Freistaat Preußen aus begründeten politischen, vor allem grenzpolitischen Interessen bestrebt, seine Einflußrechte bei der Besetzung der leitenden Kirchenämter zu erhalten 224 . Derartig bedeutsame politische Probleme hatte das Land Hessen in den Verhandlungen mit den evangelischen Landeskirchen im Jahre 1960 nicht zu berücksichtigen. Die Aufnahme einer „politischen Klausel" in den Hessischen Staatskirchenvertrag wurde überwiegend aus Paritätsgründen gewünscht, da der Staat auf die „politische Klausel" in einem etwaigen Konkordat mit der katholischen Kirche wegen ihrer internationalen Stellung und etwaiger damit verbundener außerdeutscher Einflüsse nicht zu verzichten gedenkt 225 . Sie erschien darüber hinaus notwendig im Interesse der Rechtsgleichheit der Kirchenverträge und im Hinblick auf eine Angleichung an die Regelung des Preußischen Kirchenvertrages, dessen wesentliche Bestandteile in den Hessischen Kirchenvertrag eingehen sollten. Staatlicherseits wurde auch der Fall einer kirchlichen Verfassungsänderung erwogen 226 . 2. Die tatsächliche Bedeutung des Art. 9 H K V im Rahmen der staatlich-kirchlichen Beziehungen ist gering. Art. 9 Abs. 1 S. 1 lautet: „In das A m t des leitenden Geistlichen einer Kirche, dessen Besetzung nicht auf einer Wahl oder Berufung durdi eine Synode beruht, wird niemand berufen werden, von dem nicht die zuständigen kirchlichen Stellen durch Anfrage bei der Landesregierung festgestellt haben, daß Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen."

Entgegen der Regelung des Art. 7 PrKV 2 2 7 wird die Mitwirkung des Staates bei der Besetzung kirchlicher Ämter auf das „Amt des leitenden Geistlichen" beschränkt. Der Staat respektiert die innerkirchliche Entwicklung 228 , „der Kirche anstelle der von Juristen geführten zentralen Verwaltungsbehörden wieder eine geistlich bestimmte Leitung zu geben 2 2 9 " und dieser die verantwortliche Leitung der Gesamtkirche zuzuweisen. Die Vertragspartner setzen dabei voraus, daß das geistliche Leitungsamt durch eine einzelne Amtsperson repräsentiert wird. Art. 9 H K V betrifft deshalb nur die Einzelpersönlichkeit, die als Träger eines geistlichen Leitungsamtes die Gesamtkirche repräsentativ vertritt, nicht aber die einzelnen Mitglieder eines kollegialen geistlichen Leitungsorgans, wie das „Leitende 2 2 4 Friedrich TRENDELENBURG, Unser Elternhaus, Köln 1958 (unveröfftl.), S. 176 ff. 2 2 5 KRÜGER-WITTMACK, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. (1959), S. 77. 226 AVerm. Bespr. zwischen Min.-Rat FRITZSCHE ( H M E V ) und Vize-Präs. JUNG (EKKW) am 1. 10. 1958 in Kassel (Akt. H M E V ) , S. 2. 227

SONDERMANN, a . a . O . S . 6 2 ff.

228

Abg. Frau Dr. WALZ, Hess. LT., 4. WP., III, S. 970.

229

WÄHLER, a. a. O . , S. 3 4 7 .

119 Geistliche A m t " der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 2 3 0 2 3 1 , das bestimmte Teilleitungsaufgaben der Kirche im Rahmen der ihm von der Kirchenordnung zugewiesenen Zuständigkeiten erfüllt. Die Kirchen sind verpflichtet, bei der Besetzung des leitenden geistlichen Amts die Äußerung der Landesregierung zur Person des Kandidaten einzuholen, wenn die Besetzung nicht durch eine synodale Berufungs- oder Wahlentscheidung erfolgt. Sie haben in diesem Falle lediglich die Vakanz und die Personalien des Amtsträgers der Landesregierung mitzuteilen 232 . Bei der gegenwärtigen Verfassungslage aller beteiligten Landeskirchen entfällt eine staatliche Mitwirkung, da die leitenden geistlichen Ämter durch Wahlen der landeskirchlichen Synoden besetzt werden 233 . 3. Bei einer veränderten kirchenverfassungsrechtlichen Situation, beim Fehlen einer synodalen Berufungshandlung, hat der Staat nur das Recht, „staatspolitische, nicht dagegen kirchliche oder parteipolitische Bedenken" zu erheben 234 . So wird der Staat Bedenken äußern, wenn der Kandidat eine loyale Einstellung zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vermissen läßt. Hingegen darf der Staat seines Zweifel an der Person des Kandidaten nicht damit begründen, daß dieser die kirchenoder schulpolitische Gesetzgebung ablehnt 235 . Bei Meinungsverschiedenheiten ist der Weg der freundschaftlichen Verständigung gemäß Art. 2 und 23 H K V zu beschreiten. Außerdem begünstigt Art. 9 Abs. 2 S. 3 H K V die Schlichtungsbemühungen. Die Feststellung bestrittener Tatsachen, aus denen die politischen Bedenken hergeleitet werden, ist auf Antrag einer von Staat und Kirche gemeinsam zu bestellenden Kommission zu übertragen, die zu Beweiserhebungen und Rechtshilfeersuchen nach den f ü r die Verwaltungsgerichte geltenden Vorschriften befugt ist. Die Entscheidung in der Bewertung der Tatsachen trifft bei der gegenwärtigen Rechtslage der Staat 236 , der dabei aber die Auswirkungen der Freundschaftsklausel des Art. 23 H K V zu beachten hat. 4. Das vertraglich anerkannte Recht der evangelischen Landeskirchen, ihre Ämter frei von jeder staatlichen Mitwirkung zu verleihen, wird 230

Art. 44 KO. E K H N . AVerm. Bespr. im H M E V am 26. 5.1959 (Akt. KV. E K H N ) , S. 3. 232 Art. 9 Abs. 2 S. 1 HKV. 233 E K H N : Wahl des Kirchenpräsidenten gem. Art. 46 Abs. 1 S. 1 KO. E K H N ; — EKKW: Wahl des Bischofs, § 1 des Kirdiengesetzes betreffend den Bischof der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck v o m 20.2.1 (KAB1. EKKW 1947, S. 19, 1948, S. 3); — EKRhld.: Wahl des Präses 4.12.1947 der EKRhld., Art. 196 in Verb, mit Art. 172 Nr. 1 KO. EKRhld. 234 Art. 9 Abs. 2 S. 1 HKV. 231

235

V g l . KAISER, P o l i t i s c h e K l a u s e l , S. 1 3 5 f f . ( 1 3 7 ) ; —

a. M . WEBER,

Poli-

tische Klausel, S. 60 ff. (75). 236 Albert M. KOENIGER, Die neuen deutschen Konkordate und Kirchenverträge, Bonn/Köln 1932, S. 197.

120 durch Art. 9 H K V nur unwesentlich eingeschränkt. Mittelbar beeinflußt die Bestimmung auch die innerkirchliche Verfassungsordnung, denn sie begünstigt das synodale Prinzip. In dieser H a l t u n g zeigt sich das M i ß trauen des Staates gegen jede von der parlamentarisch-demokratischen Staatsauffassung abweichende Ordnungsvorstellung u n d die Tendenz, die innere O r d n u n g der auf einem Staatsgebiet tätigen Verbände demokratisierend zu beeinflussen. D a m i t erweist sich die G e f a h r , d a ß eine dem staatlichen Parlamentarismus entlehnte, dem geistlichen Wesen kirchlicher Verfassung f r e m d e Vorstellung in das innerkirchliche Ordnungsgefüge bestimmend eingreift. Art. 10 237 u n d I I 2 3 8 H K V (Anstellungsvoraussetzungen f ü r die Ü b e r tragung kirchlicher Ämter) 1. Das aus der Ämterhoheit fließende Recht der Kirche, die Voraussetzungen f ü r die Ü b e r n a h m e eines geistlichen Amtes in eigener Vera n t w o r t u n g zu bestimmen, w i r d bezüglich der Anstellungserfordernisse gemäß A r t . 10 u n d 11 H K V zugunsten eines staatlichen Mitwirkungsrechts durchbrochen. A r t . 10 u n d 11 H K V übernehmen mit geringfügigen Textabweichungen die Bestimmungen der Art. 8 und 9 Abs. 1 P r K V . Die Bekleidung eines geistlichen Amtes in der Kirchenleitung u n d -Verwaltung, die Ü b e r n a h m e einer Lehrtätigkeit an einer kirchlichen Anstalt, die der praktischen Vorbereitung der Geistlichen auf ihre seelsorgerischen A u f gaben dient 2 3 9 , sowie die Anstellung im P f a r r a m t 2 4 0 setzen voraus, d a ß der künftige Amtsträger 1. Deutscher im Sinne des A r t . 116 Abs. 1 G G ist; 2. ein zum Studium an einer deutschen Universität berechtigendes Reifezeugnis besitzt u n d 3. ein mindestens dreijähriges theologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule zurückgelegt hat. Das theologische Studium an einer österreichischen staatlichen 2 4 1 u n d an einer schweizerischen deutschsprachigen Universität w i r d entsprechend der bisherigen Ü b u n g im Schlußprotokoll 2 4 2 als gleichberechtigt anerk a n n t . Über die Regelung des A r t . 8 Abs. 3 P r K V hinaus w i r d das Studium an den kirchlichen Hochschulen in Bethel, Wuppertal, Neuendettelsau 237

Art. 8 PrKV, Art. 8 NKV, Art. 10 SHKV. Art. 9 Abs. 1 PrKV, Art. 9 NKV, Art. 11 SHKV. 238 Art. 10 Abs. 1 HKV. 240 Art. 11 HKV. 241 Es betrifft das Studium an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Wien. Diese Bestimmung erlangt möglicherweise erst künftig unter dem Gesichtspunkt der Parität eine Bedeutung, falls in einer neuen konkordatären Vereinbarung das Studium katholischer Theologen in Österreich zu regeln wäre. 242 Schlußprotokoll zu Art. 10 Abs. 1 Buchst, c. 238

121 und Berlin 243 nach Maßgabe der kirchlichen Ausbildungsvorschriften anerkannt 244 245 . Nichtordinierte Personen dürfen in einem der in Art. 10 Abs. 1 H K V genannten Ämter nur angestellt werden, wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG besitzen 246 . 2. Die evangelischen Landeskirchen erkennen an, daß der Staat begründete Interessen an der Aufrechterhaltung des bisherigen Rechtszustandes hat 247 . Das staatliche Begehren läßt sich aber nicht mehr mit der Gewährung der Staatsleistungen begründen. Im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 1 PrKV hat der Staat darauf verzichtet, die staatlichen Dotationen mit der Bedingung zu verbinden, daß ihm die Kirche ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung der Anstellungsvoraussetzungen der kirchlichen Amtsträger einräume. Das staatliche Interesse wird auch unzureichend mit der Fakultätsgarantie des Art. 13 Abs. 1 H K V erklärt 248 . Der Staat hat inzwischen bestätigt, daß eine wissenschaftliche Ausbildung auch im Rahmen der kirchlichen Hochschulen gesichert erscheint. Das Land Hessen hat aus grundsätzlichen Erwägungen an den drei Mindestbedingungen festgehalten, weil sie ein wichtiger traditioneller Bestandteil der gegenwärtigen staatskirchenrechtlichen Ordnung in Deutschland sind. Der Staat hat ferner ein Interesse daran, daß die Geistlichen als Träger eines öffentlichen, wenn auch nichtstaatlichen Auftrages eine wissenschaftliche Ausbildung erhalten 249 . Die Kirche konnte diesem Wunsche um so mehr entsprechen, als sie selbst einen Ausbildungsstand der Geistlichen anstrebt, der sie zu ihren seelsorgerischen Aufgaben in ausreichender Weise zurüstet 250 . Im übrigen wird die kirchliche Handlungsfreiheit durch das Zugeständnis der Kirchen nicht eingeengt, da bei staatlichem und kirchlichem 243 YG[ Werner WEBER, Der gegenwärtige Status der theologischen Fakultäten und Hochschulen, in: Tymbos f ü r Wilhelm AHLMANN, Berlin 1951, S. 309 ff.; — ders., Rechtsfragen der kirchlichen Hochschulen, in: Z e v K R I (1951), S. 3 4 6 f f . ; — Gisela SCHMIDT, Der Rechtsstatus der evangelischen kirchlichen Hochschulen in Deutschland, Jur. Diss. Köln 1957. 244 Eine verfassungsrechtliche Anerkennung enthält A r t . 60 Abs. 3 H V : „Die kirchlichen theologischen Bildungsanstalten werden anerkannt." 2 4 5 Während damit die „kirchliche Hochschulfähigkeit" (WEBER, Der gegenwärtige Status, S. 318) durch den hessischen Kirchenvertrag bestätigt wird, fehlt eine vertragliche Sicherung des Rechts der evangelischen Landeskirchen in Hessen, kirchliche Ausbildungsstätten zu errichten. Diese bleiben insofern auf den verfassungsrechtlichen Schutz des A r t . 60 Abs. 3 H V angewiesen. 246 A r t . 10 Abs. 2 H K V . 2 4 7 Vgl. EBERS, Staat und Kirche, S. 3 4 / f . ; — RIEDER, a. a. O., S. 113. 248

JUNG, i n : V h l g . L S . E K K W , III, 1 . a. o . ( 1 9 5 9 ) , S. 2 9 .

249

MIKAT, a . A . O . ,

250

SONDERMANN, a. a. O . , S . 6 6 .

S.210.

122 Einverständnis im Einzelfall von den Erfordernissen des Art. 10 Abs. 1 H K V abgesehen werden kann 2 5 1 . 3. Auf Grund der kirchlichen Ämterhoheit werden die Personalien der in Art. 10 Abs. 1 und 2 H K V bezeichneten Amtsträger nach ihrer Bestellung dem Minister für Erziehung und Volksbildung mitgeteilt. Die in Art. 9 Abs. 2 P r K V verlangte Mitteilung der Personalien der neu ernannten Pfarrer an den Regierungspräsidenten ist fortgefallen. Eine seit 1945 im Einverständnis mit dem Staat geübte Praxis 2 5 2 wurde durch die rechtliche Neuordnung der staatlich-kirchlichen Beziehungen bestätigt. Art. 12 H K V 2 5 3 (Kirchliche Gerichtsbarkeit) Art. 12 Abs. 1 H K V sichert den evangelischen Landeskirchen das Recht zu, im Verfahren vor den kirchlichen Gerichten und im förmlichen Disziplinarverfahren gegen kirchliche Amtsträger Zeugen und Sachverständige eidlich zu vernehmen 254 und die Amtsgerichte um Rechtshilfe zu ersuchen. Die Tätigkeit kirchlicher Gerichte 255 ist ein Ausfluß des originären Weisungsrechts der Kirche und unterliegt ihrer freien Ordnungsgewalt 256 . Ein materielles oder formelles Mitwirkungsrecht des Staates ist ausgeschlossen. Über seinen unmittelbaren sachlichen Bezug hinaus ist Art. 12 Abs. 1 H K V in zweifacher Hinsicht beachtlich: Während die Tätigkeit kirchlicher Gerichtsbehörden nach Art. 14 PrStG vom 8. April 1924 bisher nur nach Maßgabe einer einseitigen staatsgesetzlichen Regelung anerkannt war, ist ihre Existenz nunmehr vertraglich verbürgt. Außerdem beschränkt sich die Garantie nicht mehr auf eine Disziplinargerichtsbarkeit 257 , son2 5 1 In A n b e t r a c h t d e r w a c h s e n d e n ö k u m e n i s d i e n B i n d u n g e n d e r evangelischen L a n d e s k i r c h e n , die sich u n t e r a n d e r e m in d e r A n s t e l l u n g ausländischer Geistlicher ä u ß e r n , g e w i n n t die A u s g l e i c h s f u n k t i o n dieser R e g e l u n g in d e r Z u k u n f t eine g e s t e i g e r t e B e d e u t u n g . 2 5 2 KRÜGER-WITTMACK, i n : V h l g . K S . E K H N , II, 4. a. o. (1959), S. 78. 2 5 3 A r t . 19 N K V , A r t . 24 SHKV. 2 5 4 V g l . S c h l u ß p r o t o k o l l z u A r t . 12 A b s . 1 H K V .

255 V g l .

LIERMANN, K i r c h e n r e c h t ,

S. 343 ff.; —

Dieter

SCHEVEN, D e r

Ver-

w a l t u n g s r e c h t s s c h u t z i m kirchlichen Bereich, J u r . D i s s . K ö l n 1 9 5 4 ; — ders., D i e B e d e u t u n g des A r t . 19 A b s . 4 des G r u n d g e s e t z e s f ü r d i e A n f e c h t u n g kirchlicher V e r w a l t u n g s a k t e , i n : Z e v K R I V (1955), S. 1 5 7 f f . ; — H a r t m u t MAURER, D i e V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t d e r evangelischen K i r c h e , J u r . D i s s . G ö t t i n g e n 1 9 5 8 ; — U l r i c h SCHEUNER, G r u n d f r a g e n d e r kirchlichen V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t , i n : Z e v K R V I (1957/58), S. 337 ff. 256

M I K A T , a. a. O . , S. 1 8 9 .

V g l . h i e r z u H a n s WIESNER, G r u n d f r a g e n aus d e m kirchlichen D i s z i p l i n a r r e c h t , J u r . D i s s . B o n n 1 9 6 0 ; — K u r t HANSCH, D i e D i s z i p l i n a r g e r i c h t s b a r k e i t in d e r evangelischen K i r c h e , G ö t t i n g e n 1 9 6 1 ; — Friedrich H e r m a n n SCHOOFS, Geschichte u n d G e g e n w a r t s g e s t a l t d e r kirchlichen G e r i c h t s b a r k e i t d e r 257

123 dern bezieht die übrigen kirchlichen Gerichtsinstitutionen ein 2 5 8 . D i e Entscheidung trägt der Entwicklung Rechnung, die staatliche Gerichtsbarkeit in kirchlichen Angelegenheiten durch den A u s b a u eines weitreichenden kirchlichen Rechtsschutzsystems 2 5 9 , die E i n f ü h r u n g kirchlicher V e r f a s s u n g s und Verwaltungsgerichte 2 6 0 , zu ersetzen. D e r S t a a t erkennt durch Art. 12 H K V die Berechtigung kirchlicher Institutionen an, die „nach den bestehenden Gerichtsverfassungs- und Prozeßgesetzen innerhalb des staatlichen Bereichs 2 6 1 " die Wesensmerkmale echter Gerichtsbarkeit tragen 2 6 2 . Wegen der bekenntnisneutralen Position des S t a a t e s bleibt den kirchlichen Gerichten die Rechts- und A m t s h i l f e in Lehrzuchtverfahren versagt 2 6 3 . A r t . 13 H K V 2 6 4 (Kirchliche M i t w i r k u n g s b e f u g n i s s e im staatlichen Hochschulwesen) 1. A r t . 13 H K V regelt das Verhältnis der evangelischen Landeskirchen zu der Evangelisch-theologischen F a k u l t ä t an der Philipps-Universität zu M a r b u r g , der derzeitig einzigen evangelisch-theologischen F a k u l t ä t evangelischen Kirchen in Deutschland, Jur. Diss. Köln 1963. — Die landeskirchliche Disziplinargerichtsbarkeit wurde in den landeskirchlichen Gesetzen zur Einführung des Disziplinargesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 11.3.1955 (ABl. E K D 1955, N r . 59) geregelt. — E K H N : Kirchengesetz zur Einführung des Disziplinargesetzes der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 11.3.1955, vom 2 0 . 4 . 1 9 5 6 (ABl. E K H N 1956, S. 88; ABl. E K D 1956, N r . 176); — E K K W : Kirchengesetz über die Regelung des Disziplinarrechts vom 1.12.1955 (KAB1. E K K W 1955,S. 62; ABl. E K D 1956, N r . 14); — E K R h l d . : Kirdiengesetz über das Disziplinarrecht in der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 6 . 1 2 . 1 9 5 6 (KAB1. EKRhld. 1957, S. 17; ABl. E K D 1957, N r . 119). 2 5 8 Abweichend von Art. 19 N K V ist Art. 12 H K V mehr als eine Aufrechterhaltung der Art. 14 und 16 PrStG. 258

HESSE, R e c h t s s c h u t z , S. 112 ff.

E K H N : Kirchengesetz über das Kirchliche Verfassungs- und Verwaltungsgericht gemäß Art. 56 der Kirchenordnung (KVVG) vom 14.2.1952 (ABl. E K H N 1952, S. 18; ABl. E K D 1952, N r . 61); — EKRhld.: Kirchengesetz über die Errichtung einer Verwaltungskammer beim Rechtsausschuß der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 14. 5. 1959 (KAB1. EKRhld. 1959, S. 90; ABl. E K D 1959, N r . 139) — vgl. Art. 207 ff. KO. EKRhld. 260

261

HESSE, R e c h t s s c h u t z , S. 112.

WOLF, Ordnung, S. 681, bezweifelt den eigentlichen Rechtsprechungscharakter kirchlicher Gerichte, da ihre Entscheidungen überwiegend kirchlicherzieherische Maßnahmen darstellten. 262

293 264

Art. 12 Abs. 2 H K V . Art. 11 PrKV, Art. 3 N K V , Art. 4 S H K V .

124 a n einer U n i v e r s i t ä t im L a n d e H e s s e n 2 6 5 . D i e V e r t r a g s o r d n u n g u m f a ß t s o m i t einen T e i l der staatlich-kirchlichen B e z i e h u n g e n im Bereiche des U n i v e r s i t ä t s w e s e n s 2 6 6 . A r t . 13 A b s . 1 H K V ü b e r n i m m t d i e in A r t . 11 A b s . 1 P r K V ausgesprochene Sicherung der evangelisch-theologischen F a k u l t ä t e n f ü r die Evangelisch-theologische F a k u l t ä t a n der U n i v e r s i t ä t M a r b u r g . D a s L a n d H e s s e n erneuert im V e r t r a g s w e r k zugleich die in A r t . 60 A b s . 2 H V verfassungsrechtlich gewährleistete institutionelle F a k u l t ä t s g a r a n t i e 2 6 7 im S i n n e einer B e s t a n d s g a r a n t i e , w ä h r e n d d i e e v a n gelischen L a n d e s k i r c h e n d i e staatliche F a k u l t ä t als A u s b i l d u n g s s t ä t t e ihrer Geistlichen a n e r k e n n e n . 2. A r t . 13 A b s . 2 H K V 2 6 8 regelt d a s M i t w i r k u n g s v e r f a h r e n der e v a n gelischen L a n d e s k i r c h e n bei der B e s e t z u n g der L e h r s t ü h l e a n der E v a n gelisch-theologischen F a k u l t ä t an der U n i v e r s i t ä t z u M a r b u r g 2 6 9 . W i e bei den V e r h a n d l u n g e n z u A r t . 11 P r K V 2 7 0 ist die vertragliche Entscheidung G e g e n s t a n d l a n g w i e r i g e r B e r a t u n g e n gewesen. 2 6 5 Bei der Neugründung der Universität Gießen (Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Justus Liebig-Hochschule in Gießen vom 11. 9. 1950, vom 2. 7. 1957 (GVB1. 1957, S. 89), Art. 1; Gesetz über die Justus Liebig-Universität in Gießen i. d. F. v o m 2 . 7 . 1 9 5 7 — GVB1. 1957, S. 90) wurde die ehemals bestehende Evangelisch-theologische Fakultät nicht wieder errichtet. 2 6 6 Nicht in den Vertrag aufgenommen wurde die „Vereinbarung über die Stiftung einer Professur für Evangelische Theologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a. M. zwischen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau einerseits und dem Land Hessen und der Johann Wolfgang Goethe-Universität andererseits vom 30. 7. 1952" (Akt. KV. E K H N ) . Als Ausgleich für die an der Universität Gießen bei der Neugründung der Universität nicht wiederhergestellte evangelisch-theologische Fakultät hat sich der Staat bereit erklärt, eine Stiftungsprofessur für evangelische Theologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in F r a n k f u r t a. M. zu errichten. Während der Verhandlungen erklärte die Evangelische Kirche in Hessen und N a s sau, daß sie einen Rechtsanspruch auf eine Wiedererrichtung der Evangelischtheologischen Fakultät an der Justus Liebig-Universität zu Gießen habe, auf den sie im Interesse einer gesicherten Ausbildung des theologischen Nachwuchses nicht verzichten könne. 267

ZINN/STEIN,

a.A.O.,

Erl. 5

zu

Art. 60

HV;



a. M .

Werner

THIEME,

Deutsches Hochschulrecht, Berlin/Köln 1956, S. 132; — eine Verbindung von institutioneller Garantie und Status-quo-Garantie nehmen an: O t t o FRIEDRICH, Der evangelische Kirchenvertrag mit dem Freistaat Baden, Lahr 1933, S. 117; •— W. WEBER, Der gegenwärtige Status, S. 309. 2 6 8 Art. 11 Abs. 2 P r K V , Art. 3 Abs. 2 N K V , Art. 4 Abs. 2 S H K V . 2 6 9 Vgl. Art. 60 Abs. 2 S. 2 H V : „Vor der Berufung ihrer (der theologischen Fakultäten, Verf.) Dozenten sind die Kirchen zu hören." 2 7 0 Vgl. KÜBEL, Vertrag, S. 6 7 f . ; — Hans Christhard MAHRENHOLZ, Die Mitwirkung der evangelischen Kirche bei der Besetzung der Lehrstühle in den evangelisch-theologischen Fakultäten, Jur. Diss. Göttingen 1955, S. 9 f f . ; auszugsweise Veröffentlichung in: Z e v K R V (1956), S. 219 ff.

125 a) Die Problemlage bei der Berufung der theologischen Universitätslehrer entsteht aus der Doppelstellung der evangelisch-theologischen Fakultäten, die einerseits als wissenschaftliche Einrichtungen der Lehre und Forschung und andererseits der bekenntnismäßigen Ausbildung des geistlichen Nachwuchses dienen 2 7 1 . Als wissenschaftliche Institutionen übernehmen sie die Pflege der Theologie als Wissenschaft 2 7 2 , die in die institutionelle Garantie der Lehrfreiheit 2 7 3 des Art. 5 Abs. 3 S. 1 G G 2 7 4 einbezogen ist 2 7 5 . D e m verfassungsrechtlichen Institut der Lehrfreiheit, die die Organisationsfreiheit der Universität in der Gestalt ihrer Verfassung umschließt 276 , liegt aber im Sinne der herrschenden staatsrechtlichen Anschauung ein Wissenschaftsbegriff zugrunde, der eine „säkulare S t r u k t u r " aufweist 2 7 7 . b) D i e Universität versteht sich als Einrichtung einer säkularisierten staatlich-öffentlichen Ordnung 2 7 8 und steht als solche hinsichtlich aller wissenschaftlichen Disziplinen unter dem verfassungsrechtlichen Schutz der Lehrfreiheit, die Eingriffe des Staates oder anderer Verbände in Lehre und Forschung verbietet 2 7 9 . D i e Lehrfreiheit erstreckt sich auch auf die an den Universitäten gelehrte Theologie, die als „integrierender Bestandteil einer sich nur im Sinne des staatlichen Verfassungsrechts verstehenden Wissenschaft" angesehen wird 2 8 0 . D a m i t sind der Mitwirkung der Kirchen im Bereich der staatlich-wissenschaftlichen Hochschulen enge Grenzen gesetzt 2 8 1 . 271

THIEME, H o c h s c h u l r e c h t , S. 1 3 4 f.

272

V g l . THIEME, H o c h s c h u l r e c h t , S. 6 8 f.

273 VGI_

V

_

MANGOLDT/KLEIN,

a.a.O.,

Erl. X ,

1 b

zu

Art. 5;

HAMANN,

a. a. O . , E r l . 13 z u A r t . 5 A b s . 3 G G ; A r n o l d RÖTTGEN, D i e F r e i h e i t der Wissenschaft u n d die S e l b s t v e r w a l t u n g d e r U n i v e r s i t ä t , i n : D i e G r u n d r e c h t e , B d . II, h r s g . v o n F r a n z L . NEUMANN/Hans C a r l NippERDEY/Ulridi SCHEUNER, B e r l i n 1954, S. 2 9 1 ff. 274

„ K u n s t , Wissenschaft, Forschung u n d L e h r e sind frei."

275

RÖTTGEN, F r e i h e i t d e r Wissenschaft, S. 3 0 7 f.

278

V. MANGOLDT/KLEIN, a . a . O . , E r l . X , 2 b z u A r t . 5; —

RÖTTGEN,

Frei-

heit d e r Wissenschaft, S. 3 0 6 . 277

RÖTTGEN, F r e i h e i t d e r Wissenschaft, S. 3 0 7 .

278

RÖTTGEN, F r e i h e i t d e r W i s s e n s c h a f t , S. 3 2 1 ff.

278

RÖTTGEN, F r e i h e i t der W i s s e n s c h a f t , S. 3 2 1 .

280 KÖTTGEN, F r e i h e i t d e r W i s s e n s c h a f t , S. 3 0 8 . — O b g l e i c h THIEME, H o c h schulrecht, S. 67, a n e r k e n n t , d a ß die T h e o l o g i e i h r e m W e s e n nach b e k e n n t n i s m ä ß i g e B i n d u n g e n v o r a u s s e t z t , d e r e n A b l e h n u n g die t h e o l o g i s c h e Wissenschaft als solche in F r a g e stellen w ü r d e , h ä l t er die d u r c h die L e h r f r e i h e i t g e w ä h r l e i s t e t e e i g e n v e r a n t w o r t l i c h e E n t s c h e i d u n g des H o c h s c h u l l e h r e r s in F r a g e n d e r W i s s e n s c h a f t a u s n a h m s l o s f ü r u n a n t a s t b a r (a. a. O . , S. 250). 2 8 1 V g l . ü b e r d e n E i n f l u ß d e r kirchlichen Ä m t e r h o h e i t auf p e r s o n e l l e E n t s c h e i d u n g e n i m B e r e i c h d e r U n i v e r s i t ä t W e r n e r RALISCH, i n : Z e v K R I I ( 1 9 5 2 / 5 3 ) , S. 2 4 f f . ( 3 6 f . ) ; THIEME, H o d i s d i u l r e c h t , S . 137.

126 c) Die Tatsache, daß die evangelisch-theologischen Fakultäten neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit die wissenschaftliche Ausbildung der Geistlichen besorgen, führt zu einer Konfliktsituation zwischen Staat und Kirche. Bereits aus der Existenz und der Garantie der theologischen Fakultäten folgt eine Mitverantwortung der Kirche für Lehre und Dienst der staatlichen Hochschuleinrichtung. Die theologische Fakultät braucht zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben die kirchliche Legitimation 282 . D a die Fakultät einen kirchlichen Auftrag erfüllt, werden die spezifischen Interessen der Kirche vor allem bei der Besetzung der theologischen Lehrstühle berührt. Die Kirche trägt Sorge dafür, daß die zukünftigen Geistlichen einen akademischen Unterricht erhalten, der mit dem Bekenntnis der Landeskirche übereinstimmt 283 und sie befähigt, den Verkündigungsauftrag in der Treue zum evangelischen Bekenntnis auszuführen 284 . Das legitime Mitwirkungsrecht 285 der evangelischen Landeskirchen wird aber tatsächlich begrenzt durch die im Rahmen der Lehrfreiheit garantierte Universitätsverfassung. Auf Grund ihres Korporationsstatus übt die Fakultät in eigener Verantwortlichkeit das Vorschlagsrecht bei der Besetzung der Lehrstühle aus 288 , während der Minister für Erziehung und Unterricht mit dem Berufungsrecht die Verantwortung für die wissenschaftliche und personelle Entscheidung trägt. In den Grenzen dieser durch die traditionelle Universitätsverfassung bestimmten Grundsätze kann sich eine Beteiligung der evangelischen Landeskirchen verwirklichen. d) Das kirchliche Mitwirkungsrecht bei der Besetzung der theologischen Lehrstühle beschränkt sich nach Art. 13 Abs. 2 H K V auf eine gutachtliche Stellungnahme in Bekenntnis und Lehre des anzustellenden ordentlichen oder außerordentlichen Professors 287 durch die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck 288 , in deren Gebiet sich die Universität Marburg befindet. Das Mitwirkungsverfahren ist nach dem Vor282 283

S. 664. 284

Vgl. MAHRENHOLZ, in: Z e v K R V (1956), S. 273. Vgl. MAHRENHOLZ, in: Z e v K R V (1956), S . 2 6 3 f . ; — WOLF, Ordnung, LIERMANN, K i r c h e n r e c h t , S . 3 3 3 .

Kritisch hierzu H e r m a n n MULERT, Evangelische Kirchen und theologische Fakultäten, Tübingen 1930. 2 8 6 MAHRENHOLZ, in: Z e v K R 5 (1956), S. 249. 2 8 7 Nicht betroffen sind die H o n o r a r p r o f e s s o r e n , apl. Professoren, Dozenten und Lehrbeauftragten. 2 8 8 Auf G r u n d einer internen Vereinbarung wird die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck mit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in Verbindung treten, bevor sie im B e r u f u n g s v e r f a h r e n Stellung n i m m t ; — Wilhelm JUNG, Der Hessische Kirchenvertrag v o m 18. Februar 1960, in: Z e v K R VII (1959/60), S. 2 8 9 f f . (292). Diese Übereinkunft hat jedoch bisher keine praktische Bedeutung erlangt (Sehr. K L . E K H N an den Verf. v o m 4 . 2 . 285

1963).

127 bild der R e g e l u n g des Preußischen Kirchenvertrages 2 8 9 ausgestaltet 2 9 0 . D i e A n f r a g e a n die Evangelische Landeskirche v o n Kurhessen-Waldeck erfolgt gleichzeitig mit der B e r u f u n g , „ d . h. mit dem A n g e b o t des betreffenden Lehrstuhls". D a m i t weicht die hessische R e g e l u n g v o n der des Niedersächsischen Kirchenvertrages 2 9 1 ab, die eine Mitteilungspflicht der L a n d e s r e g i e r u n g vor der B e r u f u n g vorsieht und aus Zweckmäßigkeitsgründen der hessischen L ö s u n g vorzuziehen ist 2 9 2 . D e r Ministerialentwurf der Hessischen Landesregierung v o m 11. N o v e m b e r 1958 enthielt z w a r einen sich den kirchlichen Interessen nähernden Vorschlag nach dem Beispiel des L o c c u m e r Vertrages, dieser stieß jedoch auf die Ablehnung der Theologischen F a k u l t ä t der U n i v e r s i t ä t M a r b u r g 2 9 3 . D i e F a k u l t ä t berief sich unter H i n w e i s auf eine S t e l l u n g n a h m e des F a k u l t ä t e n t a g e s der evangelisch-theologischen F a k u l t ä t e n auf die Freiheit v o n Lehre und Forschung sowie auf die Stellung der F a k u l t ä t im U n i v e r s i t ä t s v e r b a n d . D a die H a l t u n g der F a k u l t ä t auch die U n t e r s t ü t z u n g der Evangelischen Landeskirche v o n Kurhessen-Waldeck f a n d 2 9 4 , die als unmittelbar beteiligte Landeskirche die kirchlichen Interessen in der Fassung der überk o m m e n e n preußischen R e g e l u n g g e w a h r t sah, einigten sich die Vertreter v o n S t a a t und Kirche auf die Ü b e r n a h m e dieses Verfahrens in den H e s sischen Kirchenvertrag 2 9 5 . Ein A n t r a g der Evangelischen Kirche in Hessen Schlußprotokoll zu Art. 11 Abs. 2 Nr. 2 PrKV. Die Regelung geht auf die Königl. Kabinettsordre vom 5 . 2 . 1 8 5 5 (Staatsanzeiger N r . 125 v. 1.7.1855) zurück; — vgl. Zusammenstellung der Vorschriften für die evangelische Kirchenverwaltung nach dem Ressortreglement vom 2 9 . 6 . 1 8 5 0 und den später ergangenen Bestimmungen, T e i l C , I, N r . 8, in: AKB1., 6. Jg., 1857, S. 381. 2 9 1 Zusatzvereinbarung zu Art. 3 Abs. 2 Nr. 2 N K V . 292 Vgl. MAHRENHOLZ, in: Z e v K R V (1956), S . 2 4 5 f . , 271. 2 9 3 Schreiben des Dekans der Theologischen Fakultät Marburg Prof. D. Dr. 289 290

WÜRTHTCEIN a n d e n B i s c h o f d e r E K K W D . WÜSTEMANN v o m 2 8 . 1 2 . 1 9 5 6

(Akt.

L K A . EKKW). Gleichzeitig bekundete aber die Fakultät ihre Bereitschaft, bei Berufungen vor Einreidiung des Dreiervorschlages mit der Landeskirche die Verbindung aufzunehmen. 284 AVerm. Bespr. im MEV am 11.11.1958, S. 6 (Akt. KV. E K H N ) . 2 9 5 Art. 13 Abs. 2 H K V unterscheidet sich grundlegend von den vergleichbaren Regelungen der Konkordate. Art. 19 R K (Schlußprotokoll zu Art. 19 S. 2 R K ) bezeichnet die kirchlichen Vorschriften für die katholisch-theologischen Fakultäten als verbindlich. Gemäß Art. 12 Abs. 1 PrKonk. in Verb, mit dem Schlußprotokoll bedürfen die katholischen Hochschullehrer der missio canonica, so daß sie nur im Einverständnis mit dem zuständigen Diözesanbischof ernannt und zur Unterrichtstätigkeit zugelassen werden. Die Ursache für die davon abweichende Gestaltung des Verhältnisses der evangelischen Landeskirchen zu den evangelisch-theologischen Fakultäten besteht letztlich in dem Fehlen einer jurisdiktioneil gesicherten Lehrautorität der Kirche im Sinne des Can. 1322 CIC. — Vgl. hierzu auch Manfred BALDUS, Die Philosophisch Theologischen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Geschichte und gegenwärtiger Rechtsstatus. Jur. Diss. Köln. 1964.

128

und Nassau, das Gutachten auch auf den „Wandel" des Anzustellenden zu erstrecken, verfiel ebenfalls der Ablehnung 296 . Bevor die Kirchenleitung der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck in einem Gutachten „Bedenken gegen Bekenntnis und Lehre des Anzustellenden" äußert, hat sie in den Beratungen mit Vertretern der übrigen Landeskirchen297 festzustellen, „ob ihre Bedenken überwiegend geteilt werden 298 ". Vor ihrer endgültigen Stellungnahme wird die Kirche „in eine vertrauliche mündliche Fühlungnahme mit der Fakultät eintreten 299 ". Dieses Gespräch, das auf Wunsch eines der Beteiligten auch in Anwesenheit eines der evangelischen Kirche angehörenden Vertreters des Ministers für Erziehung und Volksbildung stattfinden kann, soll der Klärung der Konfliktslage dienen. Obgleich die gutachtliche Äußerung der Kirche den Hessischen Minister für Erziehung und Volksbildung nicht bindet und es im staatlichen Ermessen steht, ob den kirchlichen Bedenken entsprochen wird, soll mit dieser Bestimmung eine einseitige staatliche Entscheidung vermieden werden. Der vertraglich institutionalisierte Gedanke der Partnerschaft veranlaßt die Beteiligten, auch in hochschulpolitischen Fragen den Weg der Verständigung zu beschreiten. 3. Dagegen erfolgt die Bestellung des Universitätspredigers an der Philipps-Universität zu Marburg gemäß Art. 13 Abs. 3 H K V durch den Minister für Erziehung und Volksbildung nur im Einvernehmen mit der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck. Erweiternd tritt zu der Regelung des Art. 11 Abs. 3 PrKV hinzu, daß der Universitätsprediger eine kirchliche Bevollmächtigung („kirchliche Bestallung") erhält 300 . Der Staat erkennt damit an, daß der Universitätsprediger mit der Verkündigungsaufgabe einen wesensmäßig kirchlichen Auftrag erfüllt und daß der Kirche bei der Bestellung dieses Amtsträgers ein gesteigertes Mitwirkungsrecht zuzubilligen ist. Art. 14 und 15 H K V (Schul- und Unterrichtswesen) Art. 14 und 15 H K V bestimmen den öffentlichen Status der evangelischen Landeskirchen ergänzend auf den Gebieten des Schul- und Unterrichtswesens. Das Verhältnis von Staat und Kirche erfährt eine abschließende Formung im Hinblick auf die Ordnung des Religionsunter296 KRÜGER-WITTMACK, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. (1959), S. 79. Vgl. Art. 12 Abs. 1 PrKonk. sowie Schlußprotokoll zu Art. 12 Abs. 1 S. 2; Art. 19 S. 2 RK in Verb, mit dem Schlußprotokoll. 297 Es ist an eine Konsultation der übrigen hessischen Landeskirchen gedacht. Die Beratung mit anderen deutschen Landeskirchen ist, da es sich um eine innerkirchliche Angelegenheit handelt, nicht ausgeschlossen. 298 Schlußprotokoll zu Art. 13 Abs. 2, N r . 3, S. 1. 296 Schlußprotokoll zu Art. 13 Abs. 2, N r . 3, S. 2. 300 Schlußprotokoll zu Art. 13 Abs. 3 HKV.

129 richts, die Berufung der akademischen Lehrer für evangelische Theologie und das Prüfungswesen für die Lehrkräfte in evangelischer Theologie an den allgemein- und berufsbildenden Schulen. Staat und Kirche unternehmen mit diesen vertraglichen Regelungen den Versuch, den Grundsatz der Partnerschaft auf dem Gebiet des Schulwesens zu verwirklichen301. Art. 16 HKV 3 0 2 (Anstaltsseelsorge) 1. Art. 16 H K V nennt eine der seelsorgerischen Aufgaben, die die evangelische Kirche in Erfüllung ihres missionarischen Auftrages versieht, die Seelsorge in Kranken-, Strafanstalten 303 und anderen öffentlichen Anstalten im Lande Hessen. Der vertragliche Schutz reicht weiter als die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 140 GG/141 WRV, die die Ausübung der Anstaltsseelsorge nur zuläßt, soweit ein Bedürfnis dafür besteht304. Art. 16 Abs. 1 H K V garantiert demgegenüber die Seelsorge ohne Bedürfnisprüfung in allen öffentlichen Anstalten des Landes, „in denen eine seelsorgerische Betreuung üblich ist 305 ". Dabei ist die Feststellung der Üblichkeit nicht dem freien Ermessen des Staates überlassen, vielmehr sind die Voraussetzungen für eine regelmäßige Anstaltsseelsorge im staatlichen und kirchlichen Einvernehmen zu prüfen. Ob in einer bestimmten Anstalt seelsorgerische Maßnahmen üblich sind, hängt nicht davon ab, daß die evangelische Kirche in der Vergangenheit die Anstaltspfleglinge betreut hat. Im Einzelfall wird jeweils zu untersuchen sein, ob in einer Anstalt die Voraussetzungen für die Existenz oder das Werden einer Anstaltsgemeinde306 festzustellen sind, die die seelsorgerische Betreuung ihrer Glieder verlangen 807 . Dieses Erfordernis wird jedenfalls dann gegeben sein, wenn die Angehörigen einer Anstalt, die sich zur evangelischen Kirche bekennen, durch äußere Umstände daran 3 0 1 Diese Bemerkungen zum öffentlichen Status der evangelischen Kirchen im Bereidi des Schul- und Hochschulwesens beschränken sich auf einen Hinweis auf die einschlägigen N o r m e n des Hessischen Kirchenvertrages. Die beachtliche Bedeutung der erwähnten Vorschriften des Vertragswesens veranlaßt zu einer gesonderten Betrachtung der staatlich-kirchlichen Beziehungen im Schul- und Unterrichtswesen, in deren Verlauf das Statusproblem im einzelnen zu erörtern sein wird. Vgl. u. S. 131 ff. 3 0 2 A r t . 6 N K V , A r t . 8 SHKV. 803 Vgl. Ewald ALERTZ, Die Strafanstaltsseelsorge in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Landes Nordrhein-Westfalen, Jur. Diss. Köln 1961. 3 0 4 Z u m Verhältnis von Staat und Kirche im Strafvollzug vgl. ALERTZ, a. a. O., S. 83 ff. 3 0 5 Hervorgehoben vom Verf. 3 0 6 Die Anstaltsgemeinde hat den Charakter einer Personalgemeinde. —

V g l . W O L F , O r d n u n g , S. 5 8 8 f . ( 5 8 9 ) ; —

A L E R T Z , a. a. O . , S. 1 3 3 .

ZINN/STEIN, a. a. O., Erl. 2 zu Art. 54, bejahen ein Bedürfnis bereits dann, wenn sich Angehörige einer Kirche oder Religionsgemeinschaft in einer der bezeichneten Anstalten befinden. 307

9

Klose,

Kedicsbeziehungen

130 gehindert sind, an den gottesdienstlichen Veranstaltungen der örtlichen Kirchengemeinde teilzunehmen 3 0 8 . 2. Wird gerade bei den A u f g a b e n des Anstaltswesens die gemeinsame staatliche und kirchliche Verantwortung augenscheinlich 309 , so zeichnet sich auch in der Durchführung der regelmäßigen Seelsorge eine partnerschaftliche Orientierung ab. Gemäß Art. 16 Abs. 1 S. 2 H K V ist es dem S t a a t und den beteiligten Landeskirchen wahlweise überlassen, den Anstaltsgeistlichen von der Kirche im Einvernehmen mit dem Träger der Anstalt oder von dem Träger der Anstalt im Einvernehmen mit der Kirche zu bestellen 3 1 0 . I m Gegensatz zu den Regelungen des Niedersächsischen 311 und des Schleswig-Holsteinischen Kirchenvertrages 3 1 2 , die ausschließlich den mit Zustimmung der Kirche berufenen und im staatlichen Dienstverhältnis stehenden Anstaltspfarrer anerkennen, enthält die hessische Vertragsnorm eine grundsätzliche Gleichbewertung des staatlichen und kirchlichen Dienstes 3 1 3 3 1 4 . Der Wirkungsbereich des allein im kirchlichen Dienst stehenden Anstaltsseelsorgers, der freilich die äußere Dienst- und Anstaltsordnung zu beachten hat 3 1 5 , darf daher gegenüber einem v o m S t a a t angestellten geistlichen Amtsträger nicht eingeschränkt werden 3 1 8 . 308

MIKAT, a. a. O . , S . 1 9 5 .

Im Hinblick auf den Strafvollzug stellt ALERTZ, a. a. O., S. 94 ff., fest, daß Staat und Kirche bei einer unterschiedlichen Zielsetzung „gemeinsame Wege gehen". 310 Zum Anstellungsverhältnis des Seelsorgers im staatlichen Strafvollzug 309

v g l . ALERTZ, a. a. O . , S . 103 f f .

Art. 6 N K V . Art. 8 Abs. 2 SHKV. 313 Diese Regelung, die auf Vorschlag der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau in den Vertrag aufgenommen wurde, geht auf eine Vereinbarung zwischen der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und dem Hessischen Minister der Justiz vom 1.4.1951 zurück (Akt. KV. EKHN). 314 Das Problem, ob der Strafanstaltsgeistliche besser im staatlichen oder im kirchlichen Dienstverhältnis stehen solle, nennt ALERTZ, a. a. O., S. 105 ff. (108), in Anlehnung an Wilhelm KAHL, Das Zusammenwirken von Staat, Kirche und freien Vereinen in der Gefangenen- und Entlassenenpflege, Jahrbücher der Rheinisch-Westfälischen Gefängnisgesellschaft, Bd. 97 (1907), S. 84 ff. (111), eine „formale Zuständigkeitsfrage", da der Erfolg der Seelsorge vor allem „von der Persönlichkeit und der Mission des Seelsorgers" (a. a. O., S. 107) abhänge. 3 1 5 MIKAT, a . a . O . , S. 195; — vgl. den ausdrücklichen Hinweis auf die „allgemeine Hausordnung" der Anstalten in Art. 6 S. 1 N K V . 318 ALERTZ, a. a. O., S. 109, weist darauf hin, daß sich in der Praxis die Beamtenstellung des Gefängnisseelsorgers häufig als vorteilhaft erwiesen habe, insbesondere in der NS-Zeit, da nur auf diese Weise eine Gefangenenseelsorge überhaupt oder in einem wünschenswerten Umfange ermöglicht worden sei (a. a. O . , S. 1 0 5 ff.). 311

312

131 Wie hoch der Staat die seelsorgerische Betreuung der Anstaltsinsassen einschätzt, ist aus der Bestimmung des Art. 16 Abs. 2 H K V zu schließen. Das Land Hessen verpflichtet sich, sich dafür einzusetzen, daß auch in den Anstalten anderer Unternehmen die Kirchen ihren seelsorgerischen Dienst erfüllen können. 3. Gemäß Art. 16 Abs. 3 H K V 3 1 7 berücksichtigt das Land Hessen bei der Regelung der dienstrechtlichen Angelegenheiten der Anstaltsgeistlichen die Eigenständigkeit des kirchlichen Aufgabenbereichs. Die Seelsorge wird im Auftrage und unter Aufsicht der Kirche ausgeübt. Die Anstaltsgeistlichen unterstehen lediglich der Disziplinargewalt des Staates 318 , sind aber, soweit es sich um die Ausübung der durch die Ordination erworbenen Rechte handelt, der geistlichen und disziplinarischen Aufsicht der zuständigen Landeskirche unterworfen. Die kirchliche Ämterhoheit wird auch durch eine etwaige beamtenrechtliche Bindung der Anstaltsseelsorger nicht beeinträchtigt. 4. Indem der Staat der Anstaltsseelsorge durch Art. 16 H K V eine hervorragende öffentliche Stellung beilegt, bezeichnet er beispielhaft den öffentlichen Status der diakonischen Tätigkeit der Kirche 319 . Neben ihrer sachlichen Zweckbestimmung besitzt die Vertragsnorm eine maßgebliche Bedeutung für die Bewertung des kirchlichen Handelns in der Öffentlichkeit. S8 Die Ordnung des Schul- und Unterrichtswesens Art. 15 H K V 3 2 0 (Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage) 1. Die Aufnahme schulpolitischer Bestimmungen in das Vertragswerk berücksichtigt die Erfahrung, daß sich im Erziehungs-, Unterrichts- und Bildungswesen vielfache Berührungspunkte zwischen Staat und Kirche ergeben. Um Meinungsverschiedenheiten auf dem Gebiet des Schulwesens künftig weitgehend auszuschließen, waren die Verhandlungspartner um eine grundsätzliche Entscheidung bemüht, die auf einer von allen Beteiligten übereinstimmend gebilligten schulpolitischen Konzeption beruhen 317

Entspricht Art. 8 Abs. 3 S H K V .

318

ALERTZ, a. a. O . , S. 123 ff.

Der wiederholt geäußerte Wunsch der Kirche, die diakonischen Einrichtungen und Werke (Krankenhäuser, Kindergärten, Altersheime, Diakonissenstationen) ausdrücklich in den vertraglichen Schutz einzubeziehen, wurde indessen vom Staat abgelehnt (AVerm. Bespr. im M E V vom 16. 4. 1959, S. 4 — Akt. KV. E K H N ) . 319

3 2 0 Schulpolitische Bestimmungen sind in Art. 5 N K V und Art. 6 S H K V enthalten.

9*

132 sollte. Im Ergebnis begegnen sich die staatliche und die kirchliche Auffassung in der Grundsatzregelung des Art. 15 Abs. 1 HKV 3 2 1 . Diese bestimmt, daß die öffentlichen Schulen Gemeinschaftsschulen auf christlicher Grundlage sind. Mit diesem vertraglichen Anerkenntnis bestätigen die evangelischen Landeskirchen die bisherige Schulpolitik des Landes Hessen, die ihre verfassungsrechtliche Formung in Art. 56 Abs. 2 H V gefunden hat: „An allen hessischen Schulen werden die Kinder aller religiösen Bekenntnisse und Weltanschauungen in der Regel gemeinsam erzogen (Gemeinschaftsschule)." Die institutionelle Garantie der hessischen Verfassung zugunsten der Gemeinschaftsschule322, die sich in der Schulgesetzgebung des Landes Hessen niedergeschlagen hat 323 , wird durch eine vertragliche Garantie ergänzt. a) Die Lösung wurde dadurch begünstigt, daß sich die schulpolitischen Standpunkte des Staates und der evangelischen Landeskirchen in Hessen einander genähert hatten. In grundsätzlichen Stellungnahmen haben sich die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck 324 und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau 325 gegen ein konfessionelles Schulwesen und für die Schulform der Gemeinschaftsschule ausgesprochen. Mit ihrer zustimmenden Haltung haben die Kirchen freilich die Erwartung verbunden, daß die Tradition der in einigen Gebieten Hessens326 ver321 Während Art. 5 Abs. 1 N K V die Regelung der §§ 2, 3 und 5 des Gesetzes über das öffentliche Schulwesen in Niedersachsen vom 14. 9. 1954 (Nds. GVB1. 1954, S. 89) übernimmt, entspricht der Inhalt des Art. 6 Abs. 1 SHKV dem des Art. 15 Abs. 1 HKV. In allen vertraglichen Vereinbarungen haben sich die evangelischen Landeskirchen zu einer Anerkennung der staatlichen Schulauffassung verstanden. 322

ZINN/STEIN, a . a . O . , E r l . 8 z u A r t . 5 6 H V .

823

Gesetz über die Unterhaltung und Verwaltung der öffentlichen Schulen und die Schulaufsicht (Schulverwaltungsgesetz — SchG) vom 28. 6.1961 (GVBl. 1961, S. 87). 324

Stellungnahme der evangelischen Kirchen in Hessen zur Schulreform vom 18. 8./20. 9. 1948 (ABl. E K H N 1948, S. 83; KABl. EKKW 1948, S.41; ABl. EKD 1948, N r . 75). 325 Beschluß der Verfassunggebenden Synode über die christliche Simultanschule vom 11. 5. 1949 (ABl. E K H N 1949, S. 88; ABl. EKD 1949, Nr. 123); — vgl. Vhlg. der III. Tagung der Verfassunggebenden Synode der E K H N , ProtVSyn. II, S. 340 ff. 326

In den ehemals preußischen Landesteilen Hessens mit Ausnahme des Gebiets des früheren Herzogtums Nassau war die Bekenntnisschule die regelmäßige Schulform (§§ 33 und 42 des Gesetzes, betreffend die Unterhaltung der öffentlidien Volksschulen, vom 28. 7.1906 — PrGS. 1906, S. 335). — Im Gegensatz zu der von ZINN/STEIN, a. a. O., Erl. 12 c zu Art. 57 HV, vertretenen Ansicht handelte es sich nicht um eine nur formal geprägte Bekenntnisschule, eine sogenannte „Sdiule auf konfessioneller Grundlage", sondern um eine auch ihrem Wesen nach im Geiste des Bekenntnisses gestaltete Schulform (vgl. PETERS,

133 breiteten „christlichen S i m u l t a n s c h u l e " fortgesetzt w i r d 3 2 7 . D i e V e r fassunggebende S y n o d e der Evangelischen K i r c h e in Hessen und N a s s a u h a t in ihrer Entscheidung v o m 11. M a i 1 9 4 9 die V o r a u s s e t z u n g e n f ü r die A n e r k e n n u n g dieser S c h u l f o r m g e n a n n t u n d e r k l ä r t , „ d a ß in der S i m u l tanschule den evangelischen K i n d e r n der Z u g a n g zum E v a n g e l i u m v o n Jesus Christus o h n e j e d e Beeinträchtigung offenbleibt u n d der evangelische R e l i g i o n s u n t e r r i c h t nach L e h r e u n d O r d n u n g unserer K i r c h e erteilt wird328". b ) M i t der vertraglichen B e s t ä t i g u n g , d a ß die hessische Gemeinschaftsschule a u f einer christlichen G r u n d l a g e a u f b a u e , k o m m t der S t a a t den schulpolitischen V o r s t e l l u n g e n der beiden Landeskirchen entgegen. D e m W o r t l a u t des A r t . 5 6 Abs. 2 H V ist dieses V e r s t ä n d n i s des Begriffs „Gemeinschaftsschule" nicht o h n e weiteres zu entnehmen. E i n spezifisch christliches Erziehungsideal w i r d in der V e r f a s s u n g nicht g e n a n n t 8 2 9 . D i e Ansicht, d a ß die hessische Gemeinschaftsschule christlichen G r u n d s ä t z e n verpflichtet ist, ist bisher n u r im W e g e der V e r f a s s u n g s i n t e r p r e t a t i o n geäußert worden. Z i n n / S t e i n 3 3 0 e r k l ä r e n , es h a b e bei den B e r a t u n g e n zur L a n d e s v e r f a s sung Ü b e r e i n s t i m m u n g d a r ü b e r bestanden, d a ß die hessische G e m e i n schaftsschule nicht eine weltliche, sondern eine auf der T r a d i t i o n der christlichen Simultanschule beruhende Einrichtung sei. Sie h a b e die A u f Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S. 409, Anm. 131). — Im Herzogtum Nassau bestand die christliche Simultanschule gemäß § 2 des Nassauischen Schuledikts vom 24. 3. 1817 (VOB1. Nass. 1817, S. 47). — In den Gebietsteilen des ehemaligen Großherzogtums Hessen wurde gemäß Art. 1 N r . 4, Art. 16 des Edikts, die Volksschulen in dem Großherzogtum Hessen betreffend, vom 6 . 6 . 1 8 3 2 (Hess. RegBl. 1832, S. 431) die Konfessionsschule als Regel vorausgesetzt. Daneben konnten unter bestimmten, gesetzlich festgelegten Bedingungen öffentliche christliche Elementarschulen eingerichtet werden, die ihrem Wesen nach der christlichen Simultanschule entsprachen. — Im Gebiet der ehemaligen Landgrafschaft Hessen-Homburg galt eine entsprechende Regelung gemäß Art. 4 des Edikts, betreffend die Einrichtung des Volksschulwesens im Oberamt Meisenheim für das Amt Homburg, vom 9 . 1 0 . 1 8 3 8 (LandgräflichHessisches Amts- und Intelligenzblatt 1838, N r . 44; T e x t im Archiv der Landgräflich Hessischen Gesetze und Verordnungen, Homburg v. d. H . 1867, S. 269) in Verbindung mit der Verordnung, betreffend die Einführung des unterm 9. 10. 1838 erlassenen Edikts über die Einführung des Volksschulwesens im Oberamt Meisenheim für das Amt Homburg, vom 1 9 . 8 . 1 8 4 2 (Landgräflich Hessisches Regierungsblatt 1842, N r . 13; — T e x t im Archiv cit., S. 376). So audi ZINN/STEIN, a. a. O., Erl. 8 zu Art. 56 H V . ProtVSyn. II, S. 347. 3 2 9 Vgl. Eitel BRINKMEIER, Das Verhältnis von Staat und Kirche hinsichtlich der Erteilung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen, Jur. Diss. Köln 1952, S. 93. 327

328

330

ZINN/STEIN, a. a. O . , E r l . 8 z u A r t . 5 6

HV.

134 gäbe, „den Kindern den Zugang zur Welt des Christentums 3 3 1 " zu erschließen, wobei an eine Erziehung auf der Grundlage christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte gedacht ist 332 . Damit wird aber deutlich, daß Staat und Kirche zu einer unterschiedlichen Bewertung der christlichen Gemeinschaftsschule gelangen. Es bleibt zweifelhaft, ob die Forderung, „dem Gesinnungseinfluß des Christentums 3 3 3 " im Unterricht Geltung zu geben, die Annahme rechtfertigt, die in Hessen eingeführte Schulform habe einen christlichen Charakter. Es ist wahrscheinlicher, daß sich mit diesem Schultypus jene liberale Auffassung in Hessen durchgesetzt hat, die die christlichen Bildungswerte zwar nicht bestreitet, sie aber nur neben anderen gesondert hervorgehobenen Bildungsgrundlagen, wie „die Humanität und der Sozialismus 3 3 4 ", im Unterricht beachtet wissen will 3 3 5 . Diese Ansicht wird bestätigt durch die Tatsache, daß an den Gemeinschaftsschulen auch solche Lehrer tätig sein können, die einem christlichen Bekenntnis nicht angehören 339 . Der Verkündigungsauftrag als zentrales Anliegen der Kirchen, die sich primär nicht als Kultur- und Bildungsträger verstehen, blieb der staatlichen Betrachtungsweise fremd 3 3 7 . c) Angesichts des Umstandes, daß die christliche Grundlage der öffentlichen Schulen nunmehr vertraglich anerkannt ist, stellt sich die Frage, ob das Land Hessen seine in der schulischen Erziehung bezogene neutrale weltanschauliche Position 338 zugunsten einer schärferen Betonung christlicher Werte aufgegeben hat. Im Laufe der Verhandlungen hat sich der Staat auf Grund der von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau 331

Z I N N / S T E I N , a. a. O . , E r l . 8 z u A r t . 5 6

HV.

332 p E X E R S j Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S. 408. 333

ZINN/STEIN, a. a. O . , E r l . 8 z u A r t . 5 6

HV.

So der Abg. CASPARY (SPD), in: Vhlg. L V , III a, S. 215. 335 P e t e r s , Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S. 409, stellt daher zutreffend fest, daß die Gemeinschaftsschule, ebenso wie die beiden anderen Schularten, auf bestimmten weltanschaulichen Voraussetzungen aufbaue. 334

386

ZINN/STEIN, a. a. O . , E r l . 8 z u A r t . 5 6

HV.

337 Vgl. den Erlaß des Hess. Ministers für Erziehung und Volksbildung v o m 20. 12. 1956 — III — 071/1 — 56. Grundsatz der Bildungspläne f ü r die allgemeinbildenden Schulen in Hessen, A Teil 2, „Gemeinsame Erziehungsund Bildungsaufgaben der allgemeinbildenden Schulen", ABl. H M E V 1957, S. 4: „Zweierlei muß jedoch schon hier klärend festgestellt werden: Einmal, daß das im ersten Teil der Bildungspläne ausgesprochene Bekenntnis zur christlichen Grundlage unserer Schule ernst gemeint ist und auf der Einsicht in die in unserem Kulturkreis ungebrochen fortwirkende und ständiger Erneuerung fähige Grundkraft des Christentums beruht; zum anderen, daß das christliche Weltbild auch in der Krise, die es in weiten Kreisen der Bevölkerung heute durchlebt, dem tiefer Blickenden keineswegs als ein Weltbild erscheinen kann, das für die Jugend keine Realität oder Werbekraft besitzt." 338

BRINKMEIER, a. a. O., S. 187 f. (188).

135 geäußerten Bedenken 339 dazu verstanden, die farblose Formulierung des Entwurfs „Gemeinschaftsschule auf allgemein christlicher Grundlage 3 4 0 341 durch die gegenwärtige Fassung des Art. 15 Abs. 1 H K V : „Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage" zu ersetzen. Daraus läßt sich freilich noch nicht folgern, daß sich die Vertragspartner durch diese Regelung über die verfassungsrechtlichen Bindungen des Art. 56 Abs. 2 H V , wie sie die bisherige Verfassungsinterpretation ermittelt hat, hinweggesetzt haben. Ausnahmslos haben die beteiligten Vertragspartner erklärt, daß Art. 15 Abs. 1 H K V lediglich eine Bestätigung des Art. 56 Abs. 2 H K V sei 342 . Die Begründung zur Regierungsvorlage 343 enthält den ausdrücklichen Hinweis darauf, daß durch die Aufnahme der Vorschriften des Art. 15 Abs. 1 S. 3 und 4 H K V 3 4 4 die Eigenschaft der öffentlichen Schulen als Gemeinschaftsschulen verbürgt sei. Die Betonung, daß neben der „christlichen Lehre und Ethik . . . auch die geistigen und sittlichen Grundlagen der H u m a n i t ä t " im Unterricht wirksam werden sollen 345 , läßt erkennen, daß wenigstens nach Auffassung des staatlichen Vertragspartners auch noch dem Begriff der Gemeinschaftsschule im Hessischen Kirchenvertrag eine dem liberalen Denken entstammende Wertung zugrunde liegt. Sie erinnert gewissermaßen daran, daß die Werte der H u m a n i t ä t und der Toleranz nicht zu allen Zeiten als mit der christlichen Überzeugung vereinbar angesehen wurden 3 4 6 . Nach staatlicher Ansicht soll die vertragliche Gewährleistung der christlichen Gemeinschaftsschule sicherstellen, daß ohne eine bekenntnismäßige Bindung des Schulwesens der religiöse Einfluß in der allgemeinen Erziehung gewahrt wird 3 4 7 . 339 AVerm. Bespr. im MEV am 11.11.1958, S. 9 (Akt. KV. E K H N ) ; — der staatliche Beauftragte äußerte in dieser Besprechung die Befürchtung, daß nach der Aufhebung der weitergehenden Formulierung die Bekenntnisschule gefordert werden könnte. 340 Hervorgehoben durch den Verf. 341 So noch der Ministerialentwurf v o m 11.11. 1958 (Akt. KV. E K H N ) . 342 Kultusminister SCHÜTTE vor dem Hessischen Landtag am 1. 6.1960, in: Vhlg. Hess. LT., 4.WP., III, S.968; — Abg. KOHL (FDP), in: Vhlg. Hess. LT., 4. WP., III, S. 971; — JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, l . o . (1959), S . 3 0 ; — Oberlandeskirchenrat NEUGEBAUER, in: Vhlg. LS. EKKW, III, l . o . (1959),

5. 4 0 ; — KRÜGER-WITTMACK, i n : K i Z , X V . Jg. ( 1 9 6 0 ) , S. 95 ff. (96). 343

Hess. LT., 4. WP., I, N r . 617, S. 1697 f. „In Erziehung und Unterricht sollen auch die geistigen und sittlichen Grundlagen der Humanität zur Geltung kommen. Auf die Empfindungen anderer ist Rücksicht zu nehmen." 345 Kultusminister SCHÜTTE, in: Vhlg. Hess. LT., 4. WP., III, S.968. 346 Vgl. Carl Joseph HERING, Über Toleranz und die Notwendigkeit der Erziehung zur Toleranz, in: Wahrheit und Wert in Bildung und Erziehung, 1. Folge, Düsseldorf 1955, S. 135 ff. 347 Entsprechend dieser schulpolitischen Konzeption ist eine Mitwirkung kirchlicher Vertreter in diesem Teil des staatlichen Kompetenzbereichs nicht 344

136 Bei einer Betrachtung des Art. 15 Abs. 1 H K V ist indessen zu beachten, daß die Auffassung eines der Vertragspartner allein f ü r die Interpretation des Begriffes „Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage" keine Verbindlichkeit beanspruchen kann. Insbesondere ist der amtlichen Begründung zur Vorlage der hessischen Landesregierung eine authentische Auslegung des Vertragstextes nicht zu entnehmen. Die Stellungnahme der hessischen Landesregierung gibt lediglich zu erkennen, daß die Antragstellerin im Ratifikationsverfahren, bei der Bearbeitung des Entwurfes des Ratifikationsgesetzes zum Hessischen Kirchenvertrag, eine bestimmte Vorstellung zu der Regelung des Art. 15 H K V gehabt hat. Ausschlaggebend f ü r die Interpretation der Einzelregelungen des Vertrages ist vielmehr der im Vertragstext zum Ausdruck gelangte objektivierte Wille der Vertragspartner, wie er sich aus dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt. Danach steht eindeutig fest, daß „die öffentlichen Schulen Gemeinschaftsschulen auf christlicher Grundlage (sind)". Ferner steht diese Aussage an der Spitze aller vertraglichen Bestimmungen, die das Schulwesen betreffen. Die klare Formulierung und die Vorrangstellung des Art. 15 Abs. 1 S. 1 H K V erlauben die Folgerung, daß die hessische Gemeinschaftsschule zutreffend nicht mehr mit einer weltanschaulich unverbindlichen Schulform beschrieben werden kann, sondern daß sie eine spezifisch christliche Grundlage besitzt. Das bedeutet nicht, daß sich die staatliche Zielsetzung mit dem Wesen der kirchlichen Aufgabe im Erziehungs- und Unterrichtswesen trifft, es heißt aber, daß dem Verkündigungsauftrag der evangelischen Kirche im staatlichen Schulbereich ein sicherer Platz zugestanden wird. Mit dem vertraglichen Anerkenntnis der Gemeinschaftsschule auf christlicher Grundlage wird sinnfällig zum Ausdruck gebracht, daß die hessische Gemeinschaftsschule offen ist f ü r alle Werke der christlichen Verkündigung 3 4 7 3 . Damit ist aber auch eine Verlagerung der Werte von einer liberal begründeten zu einer christlich geprägten Schule, die sich zugleich den neuen Anforderungen, die die pluralistische Gesellschaft an die Schule stellt, nicht verschließt, eingetreten. d) Art. 15 Abs. 1 H K V gewährleistet somit, daß die evangelischen Landeskirchen ihre Verkündigungsaufgabe im Schulbereich im Status vertraglicher Sicherung erfüllen können. Mit der Aussage, daß die öffentlichen Gemeinschaftsschulen eine christliche Grundlage haben, erwirbt die Kirche das Zugeständnis, in Ubereinstimmung mit der äußeren staatlichen Schulordnung das Evangelium zu verkündigen 3 4 8 . Dem christlichen in die vertragliche Regelung aufgenommen worden. Die Beteiligung von kirchlichen Vertretern in den Schuldeputationen, die nach § 44 des Schul Verwaltungsgesetzes vom 28. 6. 1961 (GVB1. 1961, S. 87) vorgesehen ist, beruht auf einem einseitigen Gesetzgebungsakt des Staates. 347a Erlaubt ist z. B. das Morgengebet zum Beginn des täglichen Unterrichts, das allerdings nur überkonfessionelle Aussagen enthalten darf. 348 Z. B. durch die Einrichtung regelmäßiger Schulgottesdienste und den Besuch kirchlicher Rüstzeiten durch Schüler und Lehrer.

137 Pädagogen steht der Weg offen, auch in der Simultanschule gemäß den verpflichtenden Grundsätzen eines in christlicher Verantwortung gebundenen Gewissens zu unterrichten. Vor allem aber enthält bereits der in Art. 15 Abs. 1 H K V normierte Schulbegriff, der das Vorhandensein unterschiedlicher Bekenntnisse voraussetzt, die Garantie des Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach 3 4 9 . Damit ist die geistliche Unterweisung der Kinder in Übereinstimmung mit dem Bekenntnis und der Lehre der evangelischen Kirche „als wesentlicher Bestandteil des gesamten Unterrichts 3 5 0 " gesichert. e) Die Vertragspartner hatten bei der Vorbereitung der staatlichkirchlichen Übereinkunft im Schul- und Unterrichtswesen die verfassungsrechtlich geformte und durch die Praxis erhärtete Schulordnung zu respektieren 3 5 1 3 5 2 . Der Verhandlungsspielraum war daher verständlicherweise gering. Trotzdem bietet die erarbeitete Lösung, insbesondere auf Grund gewisser schulpolitischer Gemeinsamkeiten, allen Beteiligten genügend Raum, ihren bestimmungsmäßigen Auftrag im Rahmen der vorgefundenen und nun vertraglich bestätigten Ordnung wahrzunehmen. 2. D a s von Staat und Kirche geteilte Verständnis, daß der Religionsunterricht „ein konstituierendes, bestimmendes Element 3 5 3 " der christlichen Gemeinschaftsschule ist, findet seinen Ausdruck in dem Bemühen der Vertragspartner, die wesentlichen Fragen religionspädagogischer Erziehung durch eindeutige, bis in Einzelheiten reichende Regelungen zu klären 3 5 4 . 349 y g l PETERS, Elternrecht, E r z i e h u n g , B i l d u n g u n d Schule, S. 416 f., ü b e r das V e r h ä l t n i s v o n „ b e k e n n t n i s f r e i e r " Schule u n d R e l i g i o n s u n t e r r i c h t . 850

M I K A T , a. a. O . , S . 1 9 7 .

Gleichwohl h ä t t e es nahegelegen, auch die T ä t i g k e i t kirchlicher Schulen in das V e r t r a g s w e r k einzubeziehen. So u n t e r h ä l t die Evangelische Kirche in H e s s e n u n d N a s s a u t r o t z ihrer grundsätzlichen Z u s t i m m u n g zur christlichen Gemeinschaftsschule auf G r u n d eines Beschlusses der V e r f a s s u n g g e b e n d e n S y n o d e v o m 1 1 . 5 . 1 9 4 9 (Vhlg. V S y n . II, S. 347) s o g e n a n n t e evangelische Beispielsschulen, in denen der g e s a m t e U n t e r r i c h t im Geiste des evangelischen Bekenntnisses erteilt w i r d . E i n e d a h i n g e h e n d e kirchliche A n r e g u n g lehnte der S t a a t j e d o d i entschieden ab ( A V e r m . Bespr. im M E V a m 16. 4 . 1 9 5 9 , S. 5 u n d 2 6 . 5 . 1 9 5 9 , S . 4 — A k t . K V . E K H N —). G r u n d l a g e des Privatschulwesens ist das Privatschulgesetz v o m 27. 4 . 1 9 5 3 (GVB1. 1953, S. 57) u n d das G e s e t z über die F i n a n z i e r u n g v o n Privatschulen (Privatschulfinanzierungsgesetz) — P S d i F G — v o m 28. 6 . 1 9 6 1 (GVB1. 1961, S. 99). 351

352 Art. 5 Abs. 2 N K V stellt eine b e s o n d e r e V e r e i n b a r u n g über „ e v a n gelische P r i v a t s c h u l e n " in Aussicht. A r t . 7 S H K V g e w ä h r t den Kirchen das Recht, Privatschulen einzurichten. 859

A b g . FRICKE ( S P D ) , i n : V h l g . L V , l i l a , S. 171.

V g l . die grundsätzlichen B e m e r k u n g e n z u r B e g e g n u n g v o n Staat u n d K i r d i e in der E r t e i l u n g des Religionsunterrichts bei BRINKMEIER, a. a. O., S. 37 ff. 354

138 a) Die institutionelle G a r a n t i e des Religionsunterrichts als o r d e n t liches Lehrfach 3 5 5 gemäß A r t . 7 Abs. 3 S. 1 GG 3 5 6 u n d A r t . 57 Abs. 1 S. 1 H V 3 5 7 , seine E i n o r d n u n g in den gesamten Unterrichtsplan, w i r d bezüglich der allgemein- u n d berufsbildenden Schulen 358 durch Art. 15 Abs. 2 S. 1 H K V zur Vertragsnorm erhoben. D e r Staat hat darauf zu achten, d a ß die äußeren Voraussetzungen f ü r eine ordnungsmäßige D u r c h f ü h r u n g des Religionsunterrichts bestehen u n d sie erforderlichenfalls zu schaffen, w o z u auch die Aufstellung eines ausreichenden Stellenplans gehört. D a r ü b e r hinaus w i r d das staatlich-kirchliche Begegnungsfeld des Religionsunterrichts geordnet, wobei die inhaltliche Gestaltung der Vereinbarung erkennen läßt, d a ß der Staat die innerkirchlichen Ordnungsvorstellungen nach M a ß g a b e der P r ä a m b e l anerkennt. b) G e m ä ß A r t . 15 Abs. 2 S. 2 H K V vertreten der Staat u n d die evangelischen Landeskirchen die Auffassung, d a ß der Religionsunterricht nur in Übereinstimmung mit den „Lehren u n d O r d n u n g e n der Kirche 3 5 9 " erteilt werden d a r f . Wesensmäßig ist die religiöse Unterweisung an die bekenntnismäßigen G r u n d l a g e n und die Lehrauffassungen der jeweiligen evangelischen Landeskirche gebunden. Die evangelischen Landeskirchen bestimmen als kirchliche Träger des Religionsunterrichts über seine inhaltliche Gestaltung u n d greifen insofern in den Unterrichtsablauf ein 360 . Z u r ordnungsmäßigen E r f ü l l u n g ihrer religionserzieherischen A u f g a b e n k ö n nen sie eine gemäß A r t . 15 Abs. 2 S. 2 H K V zugestandene K o n t r o l l befugnis 3 6 1 f ü r den Religionsunterricht in Anspruch nehmen 3 6 2 . Z w a r 355 ZINN/STEIN, a.a.O., Erl. 1 zu Art. 57; — PETERS, Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S. 403, 413; — a. A. Hans HECKEL, Deutsches Privatschulrecht, Berlin/Köln 1955, S. 206, der dem gesamten Art. 7 GG Grundrechtscharakter beimißt. 856 „Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach." 357 „Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach." Da Art. 57 HV kein Grundrecht enthält, beurteilt sich das Verhältnis dieser Norm zu Art. 7 Abs. 3 S. 1 und 2 GG nicht nach Art. 142 GG, sondern gemäß Art. 31 GG. Nach Art. 31 GG ist Art. 57 H V zugunsten des Art. 7 Abs. 3 S. 1 und 2 GG außer Kraft getreten. 358 Vgl. Entschließung der Ersten Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau zum Religionsunterricht in den Berufsschulen auf der 5. ordentlichen Tagung in Frankfurt a. M. vom 23. 3. 1954 (ABl. E K H N 1954, S. 78; ABl. EKD 1954, Nr. 173); — dazu Adalbert ERLER, Rechtsgutachten vom 4. 12.1953 (Akt. KV. EKHN), wonach auch in Hessen der Religionsunterricht in den Berufsschulen ordentliches Lehrfach ist. — Vgl. ferner PETERS, Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S. 414; — MIKAT, a. a. O., S. 197. 359 Vgl. Art. 7 Abs. 3 S. 2 GG. 360 PATERS, Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S. 423 f. 361

Vgl. BRINKMEIER, a. a. O . , S. 152 ff. (158).

362

BRINKMEIER, a . a. O . , S. 1 6 0 f f .

139 u n t e r l i e g t d e r R e l i g i o n s u n t e r r i c h t als o r d e n t l i c h e s L e h r f a c h d e r gleichen, das g e s a m t e S c h u l w e s e n u m f a s s e n d e n

staatlichen

Aufsicht363

andere Unterrichtsfach394, A r t . 15 Abs. 2 S. 2 H K V

wie

jedes

g e w ä h r t den e v a n -

gelischen L a n d e s k i r c h e n a b e r n e b e n d e r s t a a t l i c h e n S c h u l a u f s i c h t ein V i s i t a t i o n s r e c h t , das i h n e n die P r ü f u n g e r m ö g l i c h e n soll, o b „ d e r I n h a l t u n d die G e s t a l t u n g des R e l i g i o n s u n t e r r i c h t s den L e h r e n u n d O r d n u n g e n d e r Kirche entsprechen365". c ) I m S c h l u ß p r o t o k o l l zu A r t . 15 A b s . 2 H K V ist das v o m S t a a t a n e r k a n n t e K o n t r o l l r e c h t n ä h e r e r l ä u t e r t . D a b e i w i r d die E i g e n s t ä n d i g k e i t d e r kirchlichen O r d n u n g g e w a h r t . D i e A u s ü b u n g der K o n t r o l l b e f u g n i s s e ist den nach d e m kirchlichen R e c h t z u s t ä n d i g e n O r g a n e n 3 6 6 der L a n d e s k i r c h e n ü b e r l a s s e n 3 6 7 . E s w i r d d e n evangelischen K i r c h e n a b e r gestellt, o b sie i m E i n v e r n e h m e n m i t den staatlichen

anheim-

Aufsichtsbehörden

S c h u l r ä t e u n d R e l i g i o n s l e h r e r m i t der A u s ü b u n g d e r V i s i t a t i o n

beauf-

t r a g e n w o l l e n 3 6 8 . D i e hessische R e g e l u n g s t e l l t die K o n t r o l l e des R e l i g i o n s »«» A r t . 7 Abs. 1 G G . 364

Vgl. PETERS, Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S. 410 ff., 4 2 4 ; —

M I K A T , a. a. O . , S . 1 9 8 .

s«5 £ > e r Verfassungsnorm des A r t . 57 H V war ein kirchliches Visitationsrecht nicht zu entnehmen, die bisherige Praxis kannte jedoch ein auf dem V e r waltungswege eingeführtes, begrenztes Recht der Kirchen zur Einsichtnahme in den Religionsunterricht (Erl. des Hessischen Ministers für Kultus und U n t e r richt, betreffend die Ausführung der A r t . 57 und 58 der „Verfassung des L a n des H e s s e n ' , v o m 1 4 . 1 2 . 1 9 4 8 — Min/70723/48 [ABl. H M K U 1949, S. 4 1 ] ; ABl. E K H N 1949, S . 7 ; KAB1. E K K W 1949, S . 2 ; ABl. E K D 1949, N r . 4 7 ) ; — v g l . SCHÖNBERGER, a . a . O . , S . 1 4 8 f f . 3 M U m die vielfältigen Aufgaben und Probleme des Religionsunterrichts wirksamer erledigen zu können, hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ein besonderes Organ geschaffen, das mit kirchlichen Vollmachten ausgestattet ist: den Gesamtkirchlichen Ausschuß für den evangelischen Religionsunterricht (Art. 54 K O . E K H N ) ; Kirchengesetz über den Gesamtkirchlichen Ausschuß für den Evangelischen Religionsunterricht vom 2 4 . 1 1 . 1 9 4 8 — ABl. E K H N 1948, S. 154; ABl. E K D 1948, N r . 3 3 ; Kirchengesetz, betreffend die Ordnung des Gesamtkirchlichen Ausschusses für den Evangelischen Religionsunterricht, vom 1 7 . 3 . 1 9 4 9 — ABl. E K H N 1949, S. 40, ABI. E K D 1949, N r . 82). — Dieses kirchliche Organ, in dem auch V e r t r e t e r der Lehrerschaft mitwirken, hat den Auftrag, alle mit dem Religionsunterricht zusammenhängenden Fragen mit den Beauftragten des staatlichen Schulwesens, der Lehrerverbände sowie anderen mit dem Schulwesen befaßten Einrichtungen zu erörtern und die kirchlichen Belange berücksichtigende Lösungen vorzubereiten. — Vgl. O K R . WISSMANN auf der 2. Tagung der Verfassunggebenden Synode der E K H N vom 2 2 . - 2 4 . 1 1 . 1948 in F r a n k f u r t a. M., Bd. 1, S. 196 f.; —

W Ä H L E R , a . a. O . , S . 3 6 4 f . 367

Schlußprotokoll zu A r t . 15 Abs. 2, N r . 1 S. 1.

» M Schlußprotokoll zu A r t . 15 Abs. 2, N r . 1 S. 2.

140 Unterrichts in die ausschließliche V e r a n t w o r t u n g der Kirche 3 6 9 und weicht insoweit von den Bestimmungen des A r t . 5 Abs. 1 N K V / § 5 Abs. 2 S. 3 N d s . Schulgesetz u n d des A r t . 6 Abs. 5 S. 2 S H K V ab, die „die Einsichtsn a h m e in den evangelischen Religionsunterricht" n u r durch kirchlich bea u f t r a g t e staatliche Schulaufsichtsbeamte zulassen. Diese Zuständigkeitsbeschränkung hinsichtlich der Ausübung der Kontrollbefugnis vermindert nicht unwesentlich das ursprünglich zugestandene Visitationsrecht. 3. Art. 15 Abs. 3 H K V 3 7 0 , der die Vorschrift des § 3 Abs. 2 des Gesetzes über das L e h r a m t an öffentlichen Schulen v o m 13. N o v e m b e r 195 8 3 7 1 berücksichtigt, t r ä g t der E r f a h r u n g Rechnung, d a ß eine vertragliche Garantie des Religionsunterrichts nur d a n n ihren Zweck erfüllt, wenn zugleich f ü r die personellen Voraussetzungen der D u r c h f ü h r u n g des Unterrichts gesorgt ist. Wegen des bestehenden Mangels an ausgebildeten Religionslehrern w ä r e der Religionsunterricht vielerorts in Frage gestellt. Diesem unbefriedigenden Zustand soll durch die Regelung abgeholfen werden, d a ß „im Bedarfsfalle der Religionsunterricht von Geistlichen oder anderen kirchlich gebildeten Religionslehrkräften (Katecheten) durchgeführt werden kann 3 7 2 ". D a s Land Hessen, das an dem Erfordernis der Erteilung der staatlichen Lehrbefähigung festhält, verzichtet auf ein besonderes Genehmigungsverfahren 3 7 3 . N a c h A r t . 15 Abs. 3 H K V gilt die staatliche Erlaubnis zur Ü b e r n a h m e des Religionsunterrichts als erteilt, w e n n die Kirche den Geistlichen u n d Katecheten die Befähigung zur Ü b e r n a h m e des Religionsunterrichts z u e r k a n n t hat. 4. N a c h dem bereits Ausgeführten versteht es sich schließlich, d a ß gemäß A r t . 15 Abs. 4 H K V 3 7 4 Staat u n d Kirche die Lehrpläne u n d Lehrbücher im gegenseitigen Einvernehmen festlegen 375 , um durch sorgfältige 309

Eine Einschränkung der kirchlichen Visitationsberechtigung enthält lediglich Nr. 2 S. 1 des Schlußprotokolls zu Art. 15 Abs. 2 HKV. Danach wird der Ortspfarrer von der Ausübung des der Kirche zustehenden Rechts für die in seinem Gemeindegebiet befindlichen Schulen ausgeschlossen. Diese Bestimmung soll offenbar der irrtümlichen Vorstellung begegnen, daß die Visitationsbefugnis der Kirche einer „geistlichen Schulaufsicht" der Ortspfarrer nahekomme. 370 Art. 6 Abs. 6 SHKV. 371 GVBl. 1958, S. 172. 372 Schlußprotokoll zu Art. 15 Abs. 3 HKV. — Im Zusammenhang mit der Bedarfsfrage regten die Vertreter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau eine Fixierung der Pflichtstunden der Geistlichen an, die aber in die vertragliche Regelung nicht aufgenommen wurde (AVerm. Bespr. im MEV am 26. 5. 1959, S. 4 — Akt. KV. EKHN). 373 So auch Art. 6 Abs. 6 SHKV. Der Niedersächsische Kirchenvertrag sieht einen Einsatz kirchlich ausgebildeter und beauftragter Lehrpersonen nicht vor. 374 Art. 5 Abs. 1 NKV/§ 5 Abs. 2 S. 1 Nds. Schulgesetz; Art. 6 Abs. 4 S. 1 SHKV. 375 VGI_ HERMANN, Kirchenrecht, S. 331; — PETERS, Elternrecht, Erziehung, Bildung und Schule, S.424; — MIKAT, a.a.O., S. 198; — WOLF, Ordnung, S.663.

141 Auswahl des Lehrstoffs einen am Bekenntnis orientierten religiösen Unterricht zu ermöglichen376. Art. 14 HKV 3 7 7 (Ausbildung der Religionspädagogen) 1. Art. 14 H K V regelt die Auswirkungen der in Art. 15 H K V niedergelegten Grundsätze in einem weiteren Bereich des Hochschulwesens, der Ausbildung der Lehrkräfte für den Religionsunterricht. Da der Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen nach Lehre und Ordnung der Kirche erteilt werden muß, ist zu folgern, daß an den Einrichtungen für die Ausbildung der Religionslehrer die Voraussetzungen für eine diesen Erfordernissen genügende Vorbildung zu schaffen sind378. Die Vertragspartner standen daher vor der Aufgabe, den Grundsatz der ausschließlichen staatlichen Zuständigkeit in der Lehrerbildung mit dem Interesse der Landeskirchen in Einklang zu bringen, eine dem Bekenntnis und den kirchlichen Lehranschauungen entsprechende Ausbildung der Religionslehrer zu sichern. Die vertragliche Regelung beschreitet auch hier den verfassungsrechtlich vorgezeichneten Weg und berücksichtigt eine in Hessen weitestgehend geübte Praxis. 2. Art. 14 Abs. 1 H K V sichert zunächst die wissenschaftliche Vorbildung in evangelischer Theologie und Religionspädagogik „an den Hochschulen für Erziehung 379 , den Universitäten und den entsprechenden Einrichtungen anderer wissenschaftlicher Hochschulen". Die Auswahl der theologischen Dozenten erfolgt unter Mitwirkung der evangelischen Landeskirchen, die bei der Anstellung der Hochschullehrer nach einem entsprechend Art. 13 Abs. 2 H K V gestalteten Verfahren beteiligt werden 380 . 3. Art. 14 Abs. 2 H K V gewährleistet die Mitwirkung kirchlicher Vertreter bei der ersten Prüfung in evangelischer Religion für das Lehramt an den allgemein-und berufsbildenden Schulen (Volks-, Mittel-, Berufsund Fachschulen an den Pädagogischen Instituten) sowie bei den Prüfungen für das wissenschaftliche Lehramt an den höheren Schulen. 3 7 6 Damit erhielt ein in der bisherigen Verwaltungspraxis geübtes Verfahren eine gesetzliche Grundlage (Erl. des Hessischen Ministers für Kultus und Unterricht vom 14.12.1948 — ABl. HMKU 1948, S. 41; die evangelischen Landeskirchen haben entsprechende Regelungen erlassen: Kirchengesetz der E K H N vom 17. 3. 1949 — ABl. E K H N 1949, S. 40; — Verordnung des Bischofs der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck über die Erteilung des Religionsunterrichts vom 18.2. 1949 — KAB1. EKKW 1949, S. 12). 3 7 7 Art. 4 NKV, Art. 5 SHKV. 378

MIKAT, a. a. O . , S. 1 9 8 .

Auf Wunsch der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wurde in das Schlußprotokoll zu Art. 14 Abs. 1 HKV, Nr. 2, eine Bestimmung aufgenommen, die die kirchenmusikalische Ausbildung an den Hochschulen für Erziehung sicherstellen soll (AVerm. Bespr. im MEV am 11. 11. 1958, S. 8 — Akt. KV. EKHN). 3 8 0 Schlußprotokoll zu Art. 14 Abs. 1 HKV, Nr. 1. 379

142 Die evangelischen Landeskirchen haben während der Vertragsverhandlungen wiederholt erklärt, daß ihnen an einer möglichst weitgehenden Beteiligung an den Prüfungen für das Lehramt gelegen sei, um eine engere Bindung der unterrichtenden Religionslehrer an die Kirche 3 8 1 herzustellen. Der Wunsch der Kirche, durch eine Mitwirkung am Prüfungsverfahren Vorsorge für eine schriftgetreue Verkündigung im Religionsunterricht zu treffen, erscheint auch deshalb verständlich, weil der Hessische Kirchenvertrag abweichend von der Regelung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 S H K V die Errichtung kirchlicher Ausbildungsstätten für Religionspädagogen nicht vorsieht 3 8 2 . Die evangelischen Landeskirchen sind hinsichtlich der Ausbildung der Religionslehrer grundsätzlich auf die staatlichen Einrichtungen angewiesen 3 8 3 . a) Der Staat, der die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht erteilt 384 , hat den Verkündigungsauftrag der Kirche für den Religionsunterricht bestätigt. Er erkennt an, daß die Lehrer zur Erteilung des Religionsunterrichts erst dann berechtigt sind, wenn die Kirche ihr Vokationsrecht 385 ausgeübt hat und sie die — widerrufbare — Bevollmächtigung erlangt haben 3 8 0 . Die Beteiligung der Kirchen bei den Prüfungen der Lehramtskandidaten bleibt indessen auf ein Mindestmaß beschränkt. Während zu den Prüfungen für das Lehramt an den allgemein- und berufbildenden Schulen ein Vertreter der örtlich zuständigen Landeskirche von dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einzuladen ist 3 8 7 , ist die 381 Auf diese enge Bindung darf die Kirche im Interesse der seelsorgerisdien Betreuung der Religionslehrer nicht verzichten; — Hinweis des Synodalen LINK in der Verfassunggebenden Synode der EKHN, ProtVSyn. I, S. 196 ff. (197). 382 Ein dahingehender Vorschlag der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck setzte sich nicht durch (AVerm. Bespr. im MEV am 11.11.1958, S. 9 — Akt. KV. EKHN). 383 Eine Einschränkung enthält das Schlußprotokoll zu Art. 15 Abs. 3 HKV, vgl. o. S. 270. 384 Art. 14 Abs. 2 S. 3 HKV. 385

V g l . BRINKMEIER, a . a . O . , S. 1 2 9 F . ; — PETERS, E l t e r n r e c h t ,

Erziehung,

Bildung und Schule, S. 423; — MIKAT, a. a. O., S. 198. 386 Art. 14 Abs. 2 S. 4 HKV. — Die Bestimmung folgt der bisherigen Praxis in Hessen. Den Kirchen wurde auch ohne gesetzliche Regelung das Recht der besonderen kirchlichen Bevollmächtigung der Religionslehrer zugestanden (Erl. des Hessischen Ministers für Kultus und Unterricht vom 14.12. 1948 — Min/70723/48 —, Abschn. I [ABl. HMKU 1949, S. 41]; Erl. des Hessischen Ministers für Kultus und Unterricht vom 20. 8.1949 — Abt. 2/Kirchl. Bevollmächtigung/51 — [ABl. HMKU 1949, S. 351]; Erl. des Hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung, betreffend die kirchliche Bevollmächtigung zur Erteilung des evangelischen Religionsunterrichts an Berufs- und Berufsfachschulen, vom 22.10. 1951 — XI/Kirchl. Bevollmächtigung/51 — [ABl. HMEV 1951, S.431]). 387 Art. 14 Abs. 2 S. 1 HKV.

143 Kirche bei den P r ü f u n g e n vor den wissenschaftlichen P r ü f u n g s ä m t e r n durch ein M i t g l i e d der Evangelisch-theologischen F a k u l t ä t an der U n i versität M a r b u r g b z w . durch einen D o z e n t e n f ü r Theologie an der U n i versität F r a n k f u r t a. M . v e r t r e t e n 3 8 8 3 8 9 . Für die Hochschulen f ü r E r z i e hung 3 9 0 , die im R a h m e n der N e u o r d n u n g der Lehrerausbildung in Gießen 3 9 1 und F r a n k f u r t a. M . 3 9 2 eingerichtet wurden, ist eine die Belange der Kirche beachtende Z u s a t z r e g e l u n g vorbehalten 3 9 3 . Sie w i r d nach dem Art. 14 Abs. 2 S. 2 H K V . Der Wunsch der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, eine kirchliche Vertretung bei den Prüfungen vor den wissenschaftlichen Prüfungsämtern zu erreichen, wurde von der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck abgelehnt und auch vom Staat nicht akzeptiert (OKR. WISSMANN, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. [1959], S. 257). Ebenfalls ließ sich die Vorstellung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, die Tätigkeit der Dozenten in den Prüfungsausschüssen an die Voraussetzung der kirchlichen Bevollmächtigung zu binden, wegen der nach staatlicher Auffassung eigentümlichen Rechtsstellung des Hochschullehrers nicht durchsetzen (AVerm. Bespr. im MEV am 16. 4.1959 und 26. 5.1959 — Akt. KV. E K H N ) . 368

389

3 9 0 § § 6 ff. des Gesetzes über das Lehramt an öffentlichen Schulen vom 13. 11. 1958 (GVBl. 1958, S. 172). — Vgl. Reinhold BROERMANN, Die Rechtsverhältnisse der eigenständigen Pädagogischen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, Jur. Diss. Köln 1961, S. 46 ff. 3 9 1 § 19 Abs. 1 des Gesetzes über das Lehramt an öffentlichen Schulen vom 13. 11. 1958 (GVBl. 1958, S. 172). 3 9 2 Gesetz über die Errichtung einer Hochschule für Erziehung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a. M. vom 12.5.1960 (GVBl. 1960, S. 45). 3 9 3 Schlußprotokoll zu Art. 14 Abs. 2 H K V , N r . 1. — In dieser Vereinbarung, die bisher nicht zustande gekommen ist, wird die strittige Frage zu klären sein, ob die Kirche bei den Prüfungen an den Hochschulen für Erziehung nach dem Verfahren bei den Pädagogischen Instituten (Art. 14 Abs. 2 S. 1 H K V ) oder dem vor den wissenschaftlichen Prüfungsämtern (Art. 14 Abs. 2 S. 2 H K V ) zu beteiligen ist. Über dieses Problem wurde während des Verhandlungsverlaufs kein Einverständnis erzielt. Der Staat bevorzugt die Universitätslösung, weil er befürchtet, daß mit der Anwendung des erstgenannten Verfahrens der Hochschulstatus der Hochschulen für Erziehung gefährdet würde. — Die Kirche erklärt dazu, daß allein eine gemäß dem Verfahren bei den Pädagogischen Instituten geregelte Beteiligung ihrer Vertreter die Möglichkeit biete, die kirchliche Bevollmächtigung für den Religionsunterricht während des Prüfungsablaufs zu erteilen. Sie könne auf die Begegnung mit dem künftigen Religionslehrer nicht verzichten, weil ihm nur so das Bewußtsein vermittelt werde, daß er mit dem positiven Prüfungsabschluß zwar die staatlichen Anforderungen an die Erteilung der Lehrbefähigung erfüllt habe, mit seiner Unterrichtstätigkeit aber einen kirchlichen Auftrag wahrnehme. Ferner sei bei der hohen Zahl der Prüflinge an den Hochschulen für Erziehung die Universitätslösung praktisch undurchführbar (OKR. WISSMAN, in: Vhlg. K S . E K H N , II, 4. a. o.

[1959], S. 258).

144 Wesen des gegenwärtigen staatlich-kirchlichen Beziehungssystems im Sinne des Art. 2 H K V Vertragscharakter tragen 884 . b) Über die Tätigkeit des kirchlichen Vertreters bei der ersten Lehrerprüfung für das Lehramt an den allgemein- und berufsbildenden Schulen enthält der Vertrag keine näheren Bestimmungen. Nach dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 2 H K V beschränkt sich seine Aufgabe auf die Anwesenheit während der Prüfung. Eine Mitwirkung am Prüfungsverfahren bei der Feststellung der Lehrbefähigung für den Religionsunterricht nach dem Vorbild des Art. 4 Abs. 2 N K V ist nicht erwähnt. Die hessische Regelung bleibt auch hinter der des Art. 5 Abs. 3 SHKV zurück, die eine stimmberechtigte Mitwirkung des kirchlichen Vertreters im Prüfungsausschuß erlaubt und für die Erteilung der Lehrbefähigung das Einverständnis des Vertreters der Kirche verlangt. Die Entscheidung über den Umfang der Beteiligung des kirchlichen Beauftragten am Prüfungsgespräch ist damit, entsprechend der bisherigen Praxis in Hessen395, in das Ermessen des Staates gestellt. c) Bei der zweiten Lehrerprüfung und dem Assessorexamen ist eine unmittelbare kirchliche Vertretung nicht vorgesehen. Die kirchlichen Belange werden insoweit beachtet, als das Schlußprotokoll zu Art. 14 Abs. 2 H K V ausdrücklich anordnet, daß das Prüfungsgespräch über das Fach evangelische Religion nur von einem Prüfer geführt werden darf, der neben der fachlichen Voraussetzung der Lehrbefähigung für den evangelischen Religionsunterricht auch die kirchliche Bevollmächtigung besitzt. 4. Art. 14 Abs. 4 H K V genügt der Notwendigkeit, daß der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen zu erteilen ist. Die Studien- und Prüfungsordnungen für das Fach evangelische Religion an allen Schularten sind „im Benehmen 396 ", d. h. im Zusammenwirken zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen aufzustellen. 5. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die staatsvertragliche Vereinbarung die Rechtsstellung der evangelischen Kirchen im Hinblick auf den Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen gegenüber der bisherigen Rechtslage erheblich verändert hat. In der Vergangenheit war die Tätigkeit der evangelischen Landeskirchen auf die Ausübung eines 394 So die einhellige Auffassung aller staatlichen und kirchlichen Vertreter in der Besprechung im MEV am 26. 5 . 1 9 5 9 (AVerm. Bespr. im MEV am 26. 5. 1959 — Akt. KV. E K H N ) . 395 Erlaß des Hessischen Ministers für Kultus und Unterridit, betreffend die Prüfung in Religionslehre, v o m 4.12.1949—III/E. Religionsunterricht/48 —

(ABl. H M K U

1 9 4 9 , S. 1 8 ) ; — v g l . O K R . WISSMANN, i n : V h l g . K S . E K H N ,

II,

4. a. o . ( 1 9 5 9 ) , S. 2 6 0 f f .

398 £> er Staat war nicht bereit, für die Aufstellung der Studien- und Prüfungsordnungen ein „Einvernehmen" zwischen den Vertragspartnern zu verlangen, da eine solche Regelung dem Grundsatz der Staatshoheit zuwiderlaufe (AVerm. Bespr. im MEV am 26. 5.1959 — Akt. KV. E K H N ) .

145 verfassungsrechtlich nicht gesicherten Besuchsrechts beschränkt. Die Summe der vertraglich zugestandenen Befugnisse öffnet ihnen nunmehr ein größeres Betätigungsfeld. Die Berechtigung, bei der Aufstellung der Lehr- und Unterrichtspläne und der Gestaltung des Unterrichtsstoffes mitzuarbeiten, erschließt ihnen in Verbindung mit dem Vokationsrecht bei der Anstellung staatlicher Lehrkräfte ein maßgebliches Aufsichtsrecht über die inhaltliche Gestaltung des Religionsunterrichts. So vermag insbesondere die Ausübung des Vokationsrechts in den Fällen ausgleichend zu wirken, in denen die Anliegen der Landeskirchen wegen ihres relativ einflußlosen Mitwirkungsrechts bei den Lehrerprüfungen unzureichend gewahrt sind. §9 Die finanziellen und vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen I. Die vermögensrechtliche

Entflechtung gemäß Art. 5 bis 7

HKV

1. Die Vertragsnormen der Art. 5 bis 7 H K V regeln das finanzielle Verhältnis zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen in Hessen. Die Gestaltung der finanziellen und vermögensrechtlichen Beziehungen, die bereits in dem Vorvertrag vom 11./16. Juli 1957 3 9 7 normiert und später im Wortlaut unverändert in den Gesamtvertrag übernommen wurden, hat während der Verhandlungen das uneingeschränkte Interesse der Vertragspartner in Anspruch genommen. Auf Grund der vielschichtigen und unübersichtlichen Verhältnisse der staatlich-kirchlichen Finanzbeziehungen sah sich das Land Hessen überhaupt erst veranlaßt, im Jahre 1955 den evangelischen Landeskirchen das Vertragsangebot zu unterbreiten 3 9 8 . Bei der Aufnahme der Verhandlungen stimmten alle Beteiligten darin überein, daß eine Neuordnung dieser Materie auf vertraglicher Grundlage die finanzielle Entflechtung und Vereinfachung der überkommenen staatlich-kirchlichen Bindungen zum Ziel haben müsse. Daran wurde die Erwartung geknüpft, daß eine Bereinigung der historischen Leistungsbeziehungen zwischen Staat und Kirche ein größeres Maß an gegenseitiger Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit erlauben werde als in der Vergangenheit, weil mit der Beseitigung der weitreichenden Verquickung staatlicher und kirchlicher Angelegenheiten im Finanzwesen auch die aus dieser Situation erwachsenden faktischen Abhängigkeiten entfallen würden 3 9 9 . Vgl. o. S. 78 f. 398 Niederschrift über die Sitzung am 7. 10. 1955 in Fulda, Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung, Akt.-Z. N r . VI/5-VI-890/2-55 (Akt. KV. E K H N ) . 3 9 9 Vgl. W. WEBER, Ablösung, S. 3 7 ; sowie die betont kritischen Ausführungen von Gustav HEINEMANN, Eigenständige Kirche? in: KiZ, X V I . Jg. (1961), S . 324 ff. 387

10

Klose,

Reditsbeziehungen

146 Der Staat bot an, für die Staatsleistungen, die bis dahin vom hessischen Landtag jährlich mit der Verabschiedung des Landesetats bewilligt wurden, eine Vertragsgrundlage zu schaffen. Als Staatsleistungen kamen in Betracht: 1. Dotationen, 2. Pfarrbesoldungszuschüsse, 3. Katasterzuschüsse und 4. Baulastverpflichtungen. Als Ziel wurde hinsichtlich der Dotationen und Pfarrbesoldungszuschüsse die Pauschalierung, eine Fixierung der Zuschüsse mit werterhaltender Gleitklausel und damit eine Automatisierung angeregt. Bezüglich der Katasterzuschüsse und Patronatsverpflichtungen wünschte der Staat eine endgültige Ablösung 400 . Die Gesprächspartner eröffneten die Verhandlungen in dem Bestreben: 1. die auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage gezahlten staatlichen Zuwendungen zu einem Gesamtzuschuß zusammenzufassen; 2. das staatliche Eigentum an kirchlichen Gebäuden und Grundstücken, soweit sie kirchlichen Zwecken dienen, auf die Kirchen zu übertragen; 3. den Staat von Geld- und Naturalleistungen an die Kirchengemeinden, vor allem auf Grund bestehender Baulasten, zu entbinden 401 . Verfassungsrechtliche Bedenken bestanden gegen den Ablösungsplan nicht. Das Land Hessen ist für die Durchführung der Ablösung in seinem Staatsgebiet zuständig. Zwar enthält Art. 140 GG/138 Abs. 1 WRV eine Garantie der Staatsleistungen bis zur Aufstellung der für eine Ablösung geltenden Grundsätze 402 durch den Bundesgesetzgeber, diese Vorschrift soll aber vornehmlich dem Schutzbedürfnis der Kirchen genügen und verbietet lediglich einseitige staatliche Ablösungsmaßnahmen 403 . Dagegen ist es den Kirchen nach allgemeiner Auffassung nicht verwehrt, auf die Ausübung der ihnen zustehenden Rechte wenigstens teilweise zu verzichten und einer Ablösung der Staatsleistungen auf der Grundlage einer vertraglichen Einigung zuzustimmen. Das Schutzinteresse erscheint im Rahmen einer Vereinbarung hinreichend gewahrt 404 . Art. 5 HKV 4 0 5 (Finanzielle Leistungen des Staates an die evangelischen Kirchen) 1. Art. 5 H K V regelt die finanziellen Leistungen des Staates an die evangelischen Landeskirchen im Hinblick auf die in der Vergangenheit 400

Niederschrift, cit., S. 3.

401

JUNG, i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , 1. o . ( 1 9 5 9 ) , S . 2 6 .

402

WEBER, Ablösung, S. 2.

403

MIKAT, a. a. O . , S. 2 2 9 .

404

WEBER, A b l ö s u n g ,

S. 4 ; —

ZINN/STEIN,

MIKAT, a. a. O . , S. 2 2 9 . 405

Art. 16 N K V , Art. 18 SHKV.

a.A.O.,

Erl. 1 z u Art. 52;



147 g e w ä h r t e n D o t a t i o n e n f ü r kirchenregimentliche A u f g a b e n , zur P f a r r besoldung und P f a r r v e r s o r g u n g sowie die k a t a s t e r m ä ß i g e n Zuschüsse. D e n Beratungen über die Festsetzung der k ü n f t i g e n Staatsleistungen ging eine P r ü f u n g der derzeitigen Rechtslage v o r a u s . D i e Rechtsgrundlagen f ü r die staatlichen Z u w e n d u n g e n w a r e n entsprechend der früheren staatlichen Zugehörigkeit der einzelnen Landesteile unterschiedlich 4 0 6 . a) I n den ehemals preußischen Gebietsteilen des L a n d e s Hessen erhielten die evangelischen Landeskirchen gemäß A r t . 5 A b s . 1 P r K V 4 0 7 eine staatliche D o t a t i o n f ü r die allgemeine kirchliche V e r w a l t u n g zur Bestreitung ihrer Personal- u n d Sachausgaben. D e r D o t a t i o n s b e t r a g , den der Freistaat Preußen an die evangelischen Landeskirchen v o n HessenK a s s e l , N a s s a u , F r a n k f u r t a. M . und die Evangelische Kirche der altpreußischen U n i o n ( R h e i n p r o v i n z ) zahlte 4 0 8 , w u r d e v o m L a n d e Hessen nach K r i e g s e n d e und seit dem J a h r e 1956 unter Bewilligung eines Teuerungszuschlages 4 0 9 weitergewährt. D i e D o t a t i o n an die Evangelische Kirche in Hessen u n d N a s s a u f ü r das Gebiet der ehemaligen Landeskirche N a s s a u w u r d e nach M a ß g a b e des Reichseinkommenssteuersolls zwischen den neugebildeten L ä n d e r n H e s s e n u n d R h e i n l a n d - P f a l z aufgeteilt 4 1 0 . b) D a s L a n d Hessen leistete außerdem Z a h l u n g e n auf G r u n d katastermäßiger Verpflichtungen 4 1 1 . D i e Katasterzuschüsse 4 1 2 w a r e n staatliche 406 Eine sorgfältige Aufstellung über „Die finanziellen Verpflichtungen des Landes Hessen gegenüber der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau ( E K H N ) " (=Finanzielle Verpflichtungen) befindet sich in den Materialien der EKHN. 4 0 7 „Die Dotation der Kirchen für kirchenregimentliche Zwecke wird künftig jährlich vier Millionen neunhundertfünfzigtausend Reichsmark betragen. Sie wird auf die Kirchen gemäß besonderer Vereinbarung aufgeteilt werden." 408 VG]_ Aufgliederung der Dotation bei KÜBEL, Vertrag, S. 38. 4 0 8 Im Jahre 1950 wurde der ursprüngliche Dotationsbetrag in eine Personal- und Sachdotation aufgegliedert. Die Erhöhung im Jahre 1956 betrug für die Personaldotation 55°/o, für die Sachdotation 2 0 % der bis dahin gezahlten Summe (Stellungnahme des Finanzausschusses der II. Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, betr. „Die Grundlagen zu Art. 5 des Staatskirchen Vertrages" = Stellungnahme — Akt. KV. E K H N ) , veröfftl. in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. o. (1959), S. 321 ff. 4 1 0 Stellungnahme, S. 3. 4 1 1 Die katastermäßigen Zuschüsse betrugen jährlich: E K H N : für Frankfurt a. M.: D M 11958,74 und für Nassau (nach der Aufteilung der Gesamtsumme von D M 19 300,74 auf Hessen und Rheinland-Pfalz): D M 17 547,75 (Stellungnahme, S. 2F.); — E K K W : ca. D M 150000,— (JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, l . o . [1959], S. 26). 4 1 2 Eine besondere Aufstellung der Katasterzuschüsse im Rahmen des Vertrages erfolgte nicht. Ein entsprechender Vorschlag der E K H N wurde unter Hinweis auf die gewünschte globale Regelung abgelehnt (AVerm. Bespr. im MEV am 26. 5.1959, S. 2 — Akt. KV. E K H N ) .

10»

148 Geld- und Naturalleistungen an kirchliche Rechtsträger, vor allem Pfarrgemeinden. Sie gründeten auf besonderen Rechtstiteln, häufig landesherrlichen Erlassen, und waren ursprünglich in eine besonderes Kataster aufgenommen. Dabei handelte es sich um feststehende staatliche Verpflichtungen, die in ihrem Ursprung überwiegend auf unwiderrufliche Geldzuwendungen in der Reformationszeit zurückgingen, teilweise aber auch auf widerruflichen Geldleistungen im 19. Jahrhundert beruhten, als der preußische Staat erstmals die unzureichende Versorgung der Pfarrer durch die Zusicherung eines Mindestgehalts zu verbessern bemüht war 4 1 3 . Ferner waren es Ersatzleistungen für ältere, fortgefallene kirchliche Rechte 414 . c) Die staatlichen Zuschüsse zur Pfarrbesoldung und Pfarrversorgung werden, falls nicht die bereits erwähnten Rechtstitel in Betracht kommen, auf ein Gewohnheitsrecht 415 zurückgeführt. Danach ist der Staat verpflichtet, „den Bedarf an angemessenen Gehaltsbezügen, der durch die prinzipiellen Deckungsmittel (Pfründenerträge usw.) nicht gedeckt ist, aus Staatsmitteln bereitzustellen 416 ". Infolge der Inkameration des Kirchengutes in der Reformation und der Säkularisation des kirchlichen Vermögens gemäß den §§ 34 ff. R D H S vom 24. Februar 1803 hielt sich der Staat für verpflichtet, den Pfarrbesoldungsaufwand zu tragen 417 . Die Festlegung der staatlichen Pfarrbesoldungszuschüsse beruhte auf dem preußischen Pfarrbesoldungsgesetz vom 2. Juli 1898 418 , das zwecks Angleichung der staatlichen Leistungen an den durch die wirtschaftliche Entwicklung veränderten kirchlichen Bedarf durch weitere Gesetze 419 , zuletzt durch das Pfarrbesoldungsgesetz vom 3. Juli 1931 420 , ergänzt wurde. JUNG, in: Vhlg. LS. E K K W , III, 1. o. (1959), S. 26. Sehr. Kl. E K H N an den Verf. v o m 4. 2. 1963. 415 y g j Denkschrift über den U m f a n g der Staatsleistungen der deutschen Länder an die evangelischen Kirchen bis zur Ablösung. Ausgearbeitet im Deutschen Evangelischen Kirchenbundesamt. Als Handschrift gedruckt, BerlinCharlottenburg 1928, S. 2 2 f . ; — Johannes DUSKE, Die Dotationspflicht des Preußischen Staates für die allgemeine Verwaltung der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, Berlin 1929, S. 17; — WEBER, Ablösung, S. 2 9 f . 4 1 6 Denkschrift, S. 23. 4 1 7 § 35 R D H S verpflichtete die Landesherren kraft Gesetzes, aus dem säkularisierten Kirchengut alle wesentlichen kirchlichen Bedürfnisse zu befriedigen. — Vgl. JUNG, Finanzbericht, in: Vhlg. LS. E K K W , II, 3. o. (1957), S. 125 ff.; — Georg KRÜGER-WITTMACK, Der kirchliche Grundbesitz, Geschichte, U m f a n g und Bedeutung, in: KiZ, X I V . Jg. (1959), S. 337ff. 4 1 8 Gesetz, betreffend das Diensteinkommen der evangelischen Pfarrer, vom 2. 7. 1898 (PrGS. 1898, S. 155). 4 1 9 Vgl. die Übersicht der Pfarrbesoldungsgesetze bei Hans LIERMANN, Kirchen und Staat, Bd. 2, München 1956, S. 42, Fußn. 1. 420 PrGS. 1931, S. 125. 413 414

149 D i e H ö h e der Dienst- und Versorgungsbezüge der P f a r r e r w a r dem Diensteinkommen der S t a a t s b e a m t e n a n g e p a ß t 4 2 1 . D e r U m f a n g der staatlichen Zuschüsse bestimmte sich nach dem jeweiligen örtlichen P f a r r besoldungsbedarf der einzelnen P f a r r g e m e i n d e 4 2 2 , soweit er nicht wegen der geringen steuerlichen Leistungsfähigkeit aus bestimmten Teilen der Ortskirchensteuer und sonstigen E i n n a h m e n des P f a r r v e r m ö g e n s , insbesondere des P f a r r p f r ü n d e a u f k o m m e n s , gedeckt werden konnte 4 2 3 . In der Nachkriegszeit setzte der hessische S t a a t die Z a h l u n g v o n Zuschüssen zur P f a r r b e s o l d u n g an die evangelischen Landeskirchen f o r t 4 2 4 . D i e staatlichen Leistungen reichten jedoch nicht aus, u m den tatsächlichen B e d a r f a n ä h e r n d zu befriedigen 4 2 5 . Eine E r h ö h u n g der B e d a r f s d e c k u n g s zuschüsse lehnte der S t a a t ab. Abweichend v o n der preußischen Rechtsl a g e v e r t r a t der S t a a t die Ansicht, daß sämtliche Staatszuschüsse Ermessensleistungen seien, auf die die Kirche keinen Rechtsanspruch habe 4 2 0 . § 1 Abs. 1 cit. § 3 Abs. 1 cit. — Unzutreffend ist die in der Begründung des Rates der Landeskirche der E K K W zu Art. 5—7 H K V (Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. [1959], S. 76) vertretene Auffassung, daß die Bedürfniszuschüsse nach den in Preußen entwickelten Grundsätzen vor allem von der Höhe des Pfarrbesoldungsbedarfs und der Steuerkraft der einzelnen Landeskirche abhängig waren. Denselben Widerspruch zur tatsächlichen Rechtslage enthält auch die Begründung zur Vorlage der hessischen Landesregierung zu Art. 5 H K V (Hess. LT., 4. WP., I, N r . 617, S. 1695 f., 1696). 4 2 3 Stellungnahme, S. 4. 4 2 4 E K H N : Jährlicher Gesamtbetrag: D M 9 3 8 700,— (Stellungnahme, S. 5). Die E K H N erhielt einen Zuschuß für das hessische Gebiet der ehemaligen Landeskirche Nassau. Für Frankfurt a. M. kam eine staatliche Leistung zur Pfarrbesoldung nicht in Frage, da sämtliche Pfarrgemeinden dieses Kirchengebiets wegen ihres hohen finanziellen Aufkommens sogenannte Überschußgemeinden ohne besonderen Pfarrbesoldungsbedarf waren (Stellungnahme, S. 2). — E K K W : Jährlicher Gesamtbetrag: D M 4 800000,— (JUNG, Finanzbericht, in: Vhlg. LS. EKKW, II, 2. o. [1955], S . 9 6 f . [97]). — E K R h l d . : Jährlicher Gesamtbetrag: D M 2 9 0 0 0 0 , — . 4 2 5 Seit dem Jahre 1931 waren die jährlichen Bedarfsleistungen wegen der wirtschaftlichen Notstände und später aus kriegsbedingten Gründen erheblich herabgesetzt worden. Erst im Jahre 1950 verstand sich der hessische Staat dazö, die Kürzungen auszugleichen und in Verbindung mit den mehrfachen Änderungen der staatlichen Besoldung zu erhöhen, ohne daß der notwendige Aufwand gesichert war. — Vgl. Finanzielle Verpflichtungen, S. 7; — KRÜGERWITTMACK, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. (1959), S. 73; — Sehr, der K L . E K H N an den H M E V vom 12.1. 1955 — Nr. 47914/54 —, vom 18. 6.1956 — 421

422

N r . 21955 — , v o m 21. 9 . 1 9 5 6 — N r . 33211 — ( A k t . K V . E K H N ) . 4 2 6 Sehr, des H M E V SCHÜTTE an den Kirchenpräs, der E K H N NIEMÖLLER vom 16.9.1959, S . 4 f f . (6) — (Akt. KV. E K H N ) . Diese Ansicht wurde freilich auch im hessischen Kultusministerium nicht einhellig geteilt. In einer im Ministerium erarbeiteten gutachtlichen Äußerung vom 2. 6. 1955 — Az. VT/5 (Akt. KV. E K H N ) , S. 3 ff., wurde ein rechtlicher Anspruch der Kirchen auf staatliche Pfarrbesoldungszusdiüsse anerkannt.

150 Die Berechnung der Pfarrbesoldungszuschüsse sei nicht von dem Bedarf der Einzelgemeinde abhängig. D a s erhöhte Kirchensteueraufkommen im Gesamtkirchengebiet rechtfertige eine Kürzung der Staatszuschüsse, die die Kirche durch einen innerkirchlichen Finanzausgleich auffangen könne 4 2 7 . Die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck konnte durch die staatlichen Leistungen etwa 50°/o des Pfarrbesoldungsbedarfs decken 428 . Im Jahre 1956 stellte der Staat die Zahlung der Pfarrbesoldungszuschüsse an die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau unter Hinweis auf das hohe Kirchensteueraufkommen im Gesamtgebiet der Landeskirche überhaupt ein 4 2 0 . Die Leistungen wurden erst wieder aufgenommen, als die Evangelische Kirche in Hessen und N a s s a u in eine Ablösung der staatlichen Baulastpflichten zu den im wesentlichen vom Staat gesetzten Bedingungen einwilligte 4 3 0 . d) Die Rechtsgrundlage für die Staatsleistungen in den ehemaligen Gebietsteilen des Volksstaates Hessen war der Schiedsspruch in der Streitsache der Evangelischen Landeskirche in Hessen gegen den Volksstaat Hessen vom 20. November 1933 4 3 1 . Nach dieser Entscheidung war der Volksstaat Hessen verpflichtet, einen jährlichen Zuschuß in H ö h e von 5 0 0 0 0 0 , — R M auf Gleitklauselbasis sowie einen Zuschuß zu den Ruhegehältern der Mitglieder und Beamten des Predigerseminars in Friedberg zu zahlen 4 3 2 . Auf Grund der Neugliederung der Länder in der Nachkriegszeit wurde die staatliche Belastung zwischen den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz verteilt. Der hessische Staat erfüllte seine Verpflichtungen hinsichtlich des auf ihn entfallenden Anteils einschließlich einer Teuerungszulage 4 3 3 . 427

Stellungnahme, S. 4.

428

JUNG, i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , 1. o . ( 1 9 5 9 ) , S. 2 7 .

Finanzielle Verpflichtungen, S. 5 f.; — vgl. o. S. 78. 430 Stellungnahme, S. 4. 431 Schiedsspruch in der Streitsache der Evangelischen Landeskirche Hessen gegen den Volksstaat Hessen vom 20.11.1933, S. 11, vgl. o. S. 42; vgl. Carl HEYLAND, Die Rechtsansprüche der Hessischen Evangelischen Landeskirche auf Gewährung von Staatszuschüssen zur Pfarrbesoldung in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen. Ein Rechtsgutachten, der Hessischen Evangelischen Landeskirche erstattet, Frankfurt/M. 1932 (unveröfftl., Akt. KV. E K H N ) ; — Friedrich GIESE, Die hessischen Staatsleistungen zugunsten der Evangelischen Landeskirche, in: VerwArch., Bd. 39 (1934), S. 189ff. 432 Außerhalb des Schiedsspruchs zahlte der Volksstaat Hessen Grundlastenbesoldung und ständige Grundzinsen im Reg.-Bez. Darmstadt in einer jährlichen Höhe von 32930,81 RM sowie Einzelleistungen an vier Kirchengemeinden mit jährlich 386,80 RM; Gesamtbetrag: 33 317,61 RM (Finanzielle Verpflichtungen, S. 2). 433 Der jährliche Zuschuß an die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau betrug 656 872,44 DM. 429

151 e) Insgesamt betrugen die Staatsleistungen des L a n d e s Hessen evangelischen Landeskirchen: Evangelische Kirche in Hessen und N a s s a u : 1 869717,11 Evangelische Landeskirche v o n K u r h e s s e n - W a l d e d s : 5 200 000,00 Evangelische Kirche im R h e i n l a n d : 290000,00

a n die DM DM434 DM434

Sa. 7 3 5 9 7 1 7 , 1 1 D M 2. Diese auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage gezahlten staatlichen Zuschüsse w e r d e n gemäß A r t . 5 Abs. 1 H K V durch einen Gesamtzuschuß an die evangelischen Landeskirchen in H e s s e n in H ö h e v o n 7 950 000,00 D M ersetzt 4 3 5 u n d d a m i t verrentet. D i e Staatsleistung w i r d f ü r die einzelnen Landeskirchen getrennt ausgewiesen 4 3 8 . Es entfallen nach A r t . 5 A b s . 2 H K V auf die Evangelische Kirche in Hessen und N a s s a u 1 800 0 0 0 , 0 0 D M Evangelische Landeskirche v o n Kurhessen-Waldeck 5 900 000,00 D M 4 3 7 Evangelische Kirche im R h e i n l a n d 2 5 0 000,00 D M 4 3 7 D e r Staatszuschuß w i r d durch eine Gleitklausel auf der G r u n d l a g e der staatlichen B e a m t e n b e s o l d u n g gesichert 4 3 8 . 3. Bei der Festsetzung der H ö h e der vertraglichen Staatsleistungen zeichneten sich unterschiedliche A u f f a s s u n g e n zwischen den Vertretern des S t a a t e s einerseits und den Vertretern der Evangelischen Kirche in Hessen Bei diesen Zahlen handelt es sich offenbar um Annäherungswerte. Wie in Art. 18 Abs. 1, § 16 Abs. 3 ZV. S H K V werden in den Gesamtzusdiuß die Katasterleistungen einbezogen, während sie nach Art. 17 Abs. 3 und 4 N K V abgelöst werden. 436 Art. 16 Abs. 1 N K V und Art. 18 Abs. 1 S H K V legen nur die staatliche Gesamtleistung fest. Die Verteilung wird der Vereinbarung der Landeskirchen untereinander überlassen. 4 3 7 Während die bisherige Staatsleistung an die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau nach unten abgerundet wurde, verminderte sich der Zuschuß der Evangelischen Kirche im Rheinland um 40 000,— DM. 4 3 8 Art. 5 Abs. 3 H K V . — Eine zweite Gleitklausel sollte nach staatlichen Plänen das veränderliche Steueraufkommen der Kirchen in die Bemessung des Staatszusdiusses einbeziehen. Es war daran gedacht, das kirchliche Steueraufkommen mit einer Q u o t e von 3 0 % an den Gesamtkosten für die Pfarrerbesoldung zu beteiligen. Angesichts des gegenwärtig anwachsenden Steuerertrages wäre der staatliche Zuschuß erheblich herabgesetzt worden. Der Staat erkannte die Bedenken der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck an und ließ den Plan einer weiteren Gleitklausel fallen. Die Evangelische Kirche im Rheinland erblickte indessen gerade in der Aufnahme einer das veränderliche Steueraufkommen berücksichtigenden Gleitklausel eine Garantie der Kirchen Steuersätze und damit eine gewisse Sicherung der Pfarrerbesoldung; — Sehr, des Bischofs der E K K W WÜSTEMANN an den Präses der EKRhld. HELD vom 2 1 . 3 . 1 9 5 7 — A 1682/57 — G 872 (Akt. L K A . EKRhld.); — Sehr, des L K A . EKRhld. an den L K A . E K K W vom 14. 3.1957 — 2028 AZ. 12-5-4-1 (Akt. L K A . EKRhld.). 434

435

152 und Nassau sowie der Evangelischen Kirche im Rheinland andererseits ab. Während die Rechtsgrundlagen f ü r die staatlichen Zuschüsse zur allgemeinen Verwaltung und die Katasterzuschüsse nicht umstritten waren, wichen die Ansichten der Verhandlungspartner über die Rechtsgrundlage der Pfarrbesoldungszuschüsse erheblich voneinander ab. Staatlicherseits wurde im Sinne der oben skizzierten Auffassung 4 3 9 die Meinung vertreten, daß die Pfarrbesoldungszuschüsse ausschließlich Ermessenszuschüsse seien und bei der Ermittlung des Bedarfs das gesamte Finanzaufkommen der jeweiligen Landeskirche und darüber hinaus die unterschiedliche Steuerkraft aller beteiligten Landeskirchen zu beachten seien 440 . Dagegen beriefen sich die Vertreter der genannten Landeskirchen auf die im Schrifttum vertretene und allgemein anerkannte gewohnheitsrechtliche Begründung dieser Staatsleistung 441 und erklärten unter H i n weis auf die bisherigen gesetzlichen Regelungen der Pfarrbesoldung, daß „staatszuschußfreie Kirchengemeinden ebensowenig in die Ermittlung des Staatszuschußbedarfs einbezogen werden könnten wie die Kirchengemeinden der ehemaligen Landeskirche Hessen, f ü r die sich die Staatszuschußpflicht nach den im Schiedsspruch vom 20. November 1933 festgelegten Maßstäben bemißt 4 4 2 ". Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau wies außerdem auf die wachsenden caritativen und seelsorgerischen Aufgaben im Rhein-Main-Gebiet hin, die gesteigerte Kosten verursachten 443 . Die kirchliche Auffassung setzte sich gegenüber dem Standpunkt des Staates nicht durch. Der staatliche Vorschlag bezog das unterschiedliche Steueraufkommen der einzelnen hessischen Landeskirchen in die Berechnung der Pfarrbesoldungszuschüsse ein und enthielt damit die Initiative zu einem kirchlichen Finanzausgleich. Der staatliche Plan sah zunächst vor, den Zuschußbetrag f ü r die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau 4 4 4 um 300 000,— D M niedriger zu bemessen als bisher, gegenüber einer entsprechenden Erhöhung der staatlichen Zuwendung an die 4S

» Vgl. o. S. 149 f.

440

Sehr, des H M E V HENNIG an den Kirchenpräs. der E K H N NIEMÖLLER v o m 9 . 4 . 1 9 5 8 (Akt. KV. E K H N ) ; — Begründung zur Vorlage der hessischen Landesregierung zu Art. 5 H K V (Hess. LT., 4. WP., I, N r . 617, S. 1696). 441 Sehr, des Kirchenpräs, der E K H N NIEMÖLLER an den H M E V HENNIG vom 9. 5. 1959 (Akt. KV. E K H N ) ; — vgl. Schiedsspruch, S. 38 f. 442

Finanzielle Verpflichtungen, S. 6.

443

Das Petitum der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (Sdir. der KL. E K H N an den H M E V v o m 18.6. 1956 — Nr. 21955 — Akt. KV. E K H N ) belief sich auf 2 703 921,33 D M (Finanzielle Verpflichtungen, S. 8). 444

Der erste staatliche Vorschlag sah nur eine Zuschußleistung an die E K H N in H ö h e von 1,3 bis 1,4 Mill. D M vor (AVerm. Bespr. am 1 6 . 1 0 . 1 9 5 6 Akt. KV. E K H N ) und wurde erst in der Sitzung am 1 . 3 . 1 9 5 7 (AVerm. — Akt. KV. E K H N ) auf 1,5 Mill. D M geändert.

153 Evangelische Landeskirche v o n Kurhessen-Waldeck 4 4 5 . Gegen diese U b e r legung w a n d t e n sich die Vertreter der Evangelischen Kirche in H e s s e n u n d N a s s a u , die einen staatlich gelenkten innerkirchlichen Finanzausgleich ablehnten 4 4 6 . D i e kirchliche A u f f a s s u n g , d a ß es sich hierbei um eine innerkirchliche Angelegenheit handele, w u r d e schließlich v o m S t a a t bestätigt 4 4 7 . Ferner vertraten die Kirchenvertreter die Ansicht, d a ß sich eine weitere H e r a b setzung der staatlichen Zuschüsse z u r P f a r r b e s o l d u n g nicht rechtfertigen ließe 4 4 8 . Sie setzten durch, d a ß die vertraglich garantierte Staatsleistung die bisher gezahlte S u m m e a n n ä h e r n d erreichte, erklärten sich aber d a m i t einverstanden, an die Evangelische Landeskirche v o n Kurhessen-Waldeck im W e g e des innerkirchlichen Finanzausgleichs jährlich einen B e t r a g in H ö h e v o n D M 300 0 0 0 , — zu zahlen 4 4 9 . N a c h mehrmaliger Leistung dieser S u m m e w u r d e der Finanzausgleich auf Beschluß der I I . Kirchensynode der Evangelischen Kirche in H e s s e n u n d N a s s a u v o m 29. A p r i l i 9 6 0 4 5 0 eingestellt. D i e Evangelische Kirche im R h e i n l a n d w a r nur d a n n z u r A n n a h m e der V e r e i n b a r u n g bereit, wenn der durch die staatliche K ü r z u n g entstandene A u s f a l l v o n 4 0 0 0 0 , — D M f ü r die Kirchenkreise B r a u n f e l s u n d W e t z l a r durch eine innerkirchliche Ausgleichsleistung v o n der E v a n g e lischen Landeskirche v o n Kurhessen-Waldeck getragen w ü r d e 4 5 1 . D i e 4 4 5 Die finanzielle Lage der Evangelischen Landeskirche von KurhessenWaldeck war seit jeher schwierig. Ohne staatliche Hilfe wäre die E K K W gezwungen, ihr gesamtes Kirchensteueraufkommen zu Besoldungszwecken zu verwenden; — vgl. JUNG, Finanzbericht, in: Vhlg. LS. EKKW, II, 3. o. (1957), S. 128. — Ein Finanzausgleich besteht auch zwischen den Diözesen Limburg einerseits und den Diözesen Mainz und Fulda andererseits. 4 4 9 AVerm. Bespr. im MEV am 1. 3.1957 (Akt. KV. E K H N ) , Beschluß der II. Kirdiensynode der E K H N vom 3.12.1959, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. (1959), S. 277. 447

Sdir. des H M E V

SCHÜTTE a n d e n K i r c h e n p r ä s ,

der E K H N

NIEMÖLLER

v o m 1 1 . 1 2 . 1959 ( A k t . K V . E K H N ) .

Finanzielle Verpflichtungen, S. 9. AVerm. Bespr. zwischen Kirchenpräs. NIEMÖLLER ( E K H N ) und Bischof WÜSTEMANN (EKKW) am 3. 5.1957 — A 2608/57 — G 872 (Akt. LKA. EKKW); Sehr, des Kirchenpräs. NIEMÖLLER ( E K H N ) an Bischof WÜSTEMANN (EKKW) vom 4. 5.1957 (Akt. KV. E K H N ) . 4 5 0 Beschlußfassung über die Annahme des ordentlichen Haushaltsplanes der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau für das Rechnungsjahr 1961 ( l . I V . 1960 bis 31. III. 1961) und des dazu gehörenden Stellenplanes in 3. Lesung, Vhlg. KS. E K H N , II, 5. o. (1960), S. 403, 195, 209 f. 4 5 1 Beschluß der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 9. 5.1957 (Akt. L K A . EKRhld.); — Sehr, des L K A . EKRhld. an das LKA. E K K W vom 14. 5.1957 — 5182 II Az.: 15-5-4-1 (Akt. LKA. EKRhld.). 448

449

154 Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck übernahm diese Verpflichtung, um den Abschluß des Abkommens nicht zu gefährden 4 5 2 . 4. Mit der Regelung des Art. 5 H K V wurden die bezeichneten Staatsleistungen in einem Gesamtzuschuß neu festgesetzt. Die differenzierten staatlichen Zahlungen wurden auf eine gemeinsame Grundlage, die vertraglich gesicherte jährliche Rentenleistung, umgestellt. Hinsichtlich der Pfarrbesoldungszuschüsse wurde das Prinzip der Bedarfsdeckung zugunsten einer Begrenzung der Staatsleistung aufgegeben 453 . Die finanzielle Neuordnung berührt die Rechtsgrundlage der jeweiligen staatlichen Einzelleistung nicht. Die von Jung 4 5 4 geäußerte Ansicht, daß die Ersetzung einzelner Staatsleistungen durch einen Gesamtzuschuß als öffentlich-rechtliche Novation 4 5 5 zu bewerten sei, vermag nicht zu überzeugen. Die zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen bestehenden schuldrechtlichen Beziehungen wurden durch die Vereinbarung nicht aufgehoben und durch ein vertraglich begründetes neues Schuldverhältnis ersetzt 456 . Z w a r hat sich der Inhalt der schuldrechtlichen Beziehungen insofern geändert, als die H ö h e der staatlichen Zahlungen neu festgesetzt und diese zu einem Gesamtbetrag zusammengefaßt wurden, ihr rechtlicher Fortbestand wird durch diesen A k t jedoch nicht in Zweifel gezogen. Vor allem fehlt es an dem „Haupterfordernis f ü r die Annahme einer Schuldersetzung 457 ", dem erklärten Willen der Vertragspartner, die alten Schuldverhältnisse durch die Begründung einer neuen Verbindlichkeit zu ersetzen. Der Verhandlungsverlauf läßt erkennen, daß staatlicher- und kirchlicherseits nicht an eine Novation gedacht wurde. Tat452

Sehr, des LKA. E K K W an das LKA. EKRhld. v o m 16. 5. 1957 — A 2894/57 — G 872 — (Akt. LKA. EKRhld.); JUNG, Finanzbericht, in: Vhlg. LS. EKKW, II, 3. o. (1957), S. 130. 453 Gegen diese Regelung wandte sich v o r allem die Evangelische Kirche i m Rheinland im Hinblick auf einen möglichen Rückgang der kirchlichen Steuereinnahmen. Eine endgültige Freigabe des kirchlichen Bedarfsdeckungsanspruchs in Ansehung der staatlichen Zuschüsse zur Pfarrbesoldung und Pfarrversorgung würde in Verbindung mit dem Verzicht auf eine Kirchensteuergleitklausel zu erheblichen Nachteilen für die Kirche führen (Sehr, des LKA. EKRhld. an die KL. E K H N v o m 14. 3 . 1 9 5 7 — 2028 A z . : 12-5-4-1 — A k t . LKA. EKRhld.). 454

JUNG, i n : Z e v K R V I I ( 1 9 5 9 / 6 0 ) ,

S.291.

455

Ludwig ENNECCERUS/Theodor Kipp/Martin WoLFF/Heinrich LEHMANN, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl., Tübingen 1958, § 7 5 : „Vertragsmäßige A u f h e b u n g einer bestehenden Schuld durch Begründung einer neuen an ihre Stelle tretenden Schuld". 456 Eine solche Regelung enthält ausdrücklich Art. 5 Abs. 3 und 4 des Vertrages des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Lippischen Landeskirche v o m 6 . 3 . 1 9 5 8 (GVB1. N W 1958, S. 205; — GVOB1. LiEK IV, 1958, S. 203); — v g l . v . HANSTEIN, i n : Z e v K R V I ( 1 9 5 7 / 5 8 ) , S. 3 0 9 . 457

ENNECCERUS/LEHMANN, a. a. O . , § 7 5 , E r l . III, 5.

155 sächlich waren die Parteien bestrebt, das bisherige umständliche Zahlungsverfahren durch eine summenmäßige Festsetzung der Staatsleistungen zu ersetzen, um die staatlichen Finanzbeziehungen zu vereinfachen 458 . Das vertragliche Abkommen ist nicht an die Stelle der genannten Rechtsgrundlagen, sondern als zusätzlicher Rechtstitel neben diese getreten. Die alten Rechtstitel haben damit nicht eine Umwandlung, sondern eine Verstärkung erfahren 459 4 e o . 5. Wegen der Unabhängigkeit der kirchlichen Vermögens- und Finanzverwaltung wird ein Verwendungsnachweis für die gezahlten Staatszuschüsse gemäß § 64 a der Reichshaushaltsordnung 461 nicht mehr vom Land Hessen verlangt 462 . 6. Art. 5 Abs. 5 H K V bestimmt im Hinblick auf eine endgültige Ablösung der Staatsleistungen gemäß Art. 140 GG/138 Abs. 1 WRV, daß die bisherige Rechtslage 463 maßgebend bleibt. Als vertraglicher Rechtstitel im Sinne der verfassungsrechtlichen Norm scheiden die Leistungsbestimmungen des Art. 5 H K V bei einer künftigen Ablösung aus. Mit der Aufnahme der Regelung in das Abkommen haben die Vertragspartner ausdrücklich bekundet, daß sie sich nur befristet, d. h. bis zu einer endgültigen Ablösung der Staatsleistungen binden wollten 464 . Im Schlußprotokoll zu Art. 5 Abs. 5 H K V 4 6 5 sichert der Staat zu, eine Ablösung nicht ohne Zustimmung der Kirchen durchzuführen 468 . Diese Regelung, die dem Grundsatz des Art. 18 Abs. 1 R K entspricht, ist eine notwendige Folge des koordinationsrechtlichen Systems, der gegenseitigen Beachtung der Integrität des Hoheitsbereiches des anderen Partners 467 . 4 5 8 S. o. S. 145; — Begründung zur Vorlage der Landesregierung zu Art. 5 H K V (Hess. LT., 4. WP., I, N r . 617, S. 1695). 4 6 9 So auch O. FRIEDRICH, Kirchenvertrag, S. 98 f. (99). 4 6 0 Diese Auffassung wird bestätigt durch Art. 5 Abs. 5 H K V , der für den Fall der Ablösung auf die bisherige Rechtslage der Staatsleistung verweist. 4 8 1 Reichshaushaltsordnung vom 31. 12. 1922 (RGBl. 1923 II, S. 17) i. d. F. des Gesetzes v o m 13. 12. 1933 (RGBl. 1933 II, S. 1007). 4 6 2 Art. 5 Abs. 5 H K V . 4 6 3 Bei der Interpretation dieses Begriffs ist Art. 18 Abs. 2 R K zu berücksichtigen, der Reflexwirkungen auf das Verhältnis des Staates zu den evangelischen Landeskirchen hat. — BEULKE, Grundsatz, S. 135 f., und WEBER, Ablösung, S. 3 f., befürworten auf Grund des dem deutschen Staatskirchenrecht immanenten Prinzips der Parität eine analoge Anwendung des Art. 18 Abs. 2 R K auf die evangelische Kirche. 484

a. M . WEBER, A b l ö s u n g , S. 77 f.

Vgl. Art. 16 Abs. 2 N K V , Art. 18 Abs. 2 S H K V . 4 6 9 Staatlicherseits stieß die Aufnahme dieser Bestimmung zunächst auf erhebliche Bedenken, weil eine Gefährdung der staatlichen Interessen befürchtet wurde (AVerm. Bespr. im M E V am 16. 4. 1959, S. 3 — Akt. KV. E K H N ) . 465

467

BEULKE, G r u n d s a t z , S. 129.

156 Art. 6 H K V 4 6 8 (Übertragung staatlichen Eigentums mit kirchlicher Zweckbestimmung an die Kirchen) A r t . 6 S. 1 H K V vollzieht eine weitere Bereinigung der vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen dem Staat u n d den evangelischen L a n deskirchen. Auf G r u n d der Säkularisation u n d des Staatskirchentums entstand staatliches Eigentum an zahlreichen öffentlichen Gebäuden u n d Grundstücken, die kirchlichen Zwecken gewidmet sind. Die Eigentumsrechte des Landes Hessen an diesen Gebäuden, den Einrichtungsgegenständen u n d Grundstücken werden, soweit die O b j e k t e ausschließlich ortskirchlichen Zwecken gewidmet sind, den Kirchen u n d bei vorliegendem Einverständnis den Kirchengemeinden übertragen 4 6 9 . Grunderwerbssteuer, Gerichts- u n d Vermessungskosten werden dabei nicht erhoben 4 7 0 . Art. 7 H K V 4 7 1 (Ablösung der staatlichen Baulasten) 1. A r t . 7 H K V ordnet die Ablösung der staatlichen Baulastverpflichtungen u n d f ü h r t die vermögensrechtliche Entflechtung der staatlich-kirchlichen Beziehungen zu einem endgültigen Abschluß. G e m ä ß A r t . 7 Abs. 1 H K V 4 7 2 entbinden die Kirchen das Land Hessen mit W i r k u n g v o m 1. Juli 1957 von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden. D e r Staat w i r d freigestellt von der Pflicht zur U n t e r h a l t u n g der nach A r t . 6 H K V in das Eigentum der Kirchen übergegangenen Gebäude. Ferner w i r d der Staat aus seinen Baulastverpflichtungen entlassen, die auf P a t r o n a t s - oder anderen Rechtsgründen beruhen. Als Ausnahme von der generellen Beseitigung der staatlichen Leistungen bleibt die Verbindlichkeit des Landes bestehen, f ü r die bauliche U n t e r h a l t u n g der Elisabethkirche u n d der Universitätskirche in M a r b u r g zu sorgen. D e r Staat erkannte an, d a ß der hohe denkmalspflegerische A u f w a n d die Evangelische Landeskirche von KurhessenWaldeck in unangemessener Weise belasten würde 4 7 3 . 468 Art. 17 Abs. 1 NKV, ZV § 10; Art. 19 Abs. 1 SHKV, ZV § 17. 466 Nach JUNG, in: ZevKRVII (1959/60), S. 291, sind in der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck von dieser Regelung 6 Kirchen, 2 Pfarrhäuser und 5 sonstige kirchlich genutzte Grundstücke betroffen. In seinem Finanzbericht vom 3. 12. 1957 (Vhlg. LS. EKKW, II, 3. o. [1957], S. 130) nennt J U N G zehn Objekte: Kirche Burguffeln, Klosterkirche Cornberg, Klosterkirche Lippoldsberg, Elisabethkirche Marburg, Kirche und Pfarrhaus Fritzlar, 2. luther. Pfarrhaus Kirchhain, Küsterwohnung Cappel, Friedhöfe Blankenheim und Philippsthal. — In der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau kam die Kaiserpfalzkapelle in Bad Wimpfen in Betracht, bei der die Klärung der Rechtslage erhebliche Schwierigkeiten bereitete. 470 Art. 6 S. 2 HKV. 471 Art. 17 Abs. 3 und 4 NKV, Art. 20 SHKV. 472 Art. 17 Abs. 3 NKV, Art. 20 Abs. 1 SHKV. 473 Aus dem gleichen Grunde wurde später auch die Fürstengruft in der Stadtkirdie in Darmstadt von der Übergabe an die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ausgenommen (Sehr, des HMEV an die KL. EKHN vom 13.11. 1959 — VI/5-I/3-094/03-59 — Akt. KV. EKHN).

157 2. Zur Ablösung 474 der staatlichen Baulasten, die überwiegend auf Staatspatronaten beruhten, leistete der hessische Staat gemäß Art. 7 Abs. 2 H K V 4 7 5 eine einmalige Kapitalzahlung 4 7 6 477 an die Landeskirchen in Höhe des Friedensneubauwertes 478 der in Betracht kommenden Gebäude 479 . Der Friedensneubauwert war nach der vertraglichen Weisung 480 im Einvernehmen zwischen der staatlichen Hochbauverwaltung und den Kirchen festzustellen. a) Bei der Ermittlung des Ablösungsbetrages war von der allgemeinen Rechtsanschauung auszugehen, daß die abzulösende Staatsleistung durch eine gleichwertige staatliche Ausgleichsleistung zu ersetzen sei 481 . D a eine Ablösungsmaßnahme den Vermögensstand der Kirche nicht vermindern darf, hatten die Landeskirchen einen Anspruch auf den vollen Ersatz des aufgegebenen Wertes. Die staatliche Kapitalleistung war deshalb so hoch zu bemessen, wie es die künftige Unterhaltung der kirchlichen Bauten erfordern würde. b) Uber die Höhe der notwendigen Ablösungssumme vertraten das Land Hessen und die Evangelische Landeskirche in Hessen und Nassau unterschiedliche Ansichten. Die Ausgangslage für die Berechnung des Ablösungsbetrages bildete der Friedensneubauwert des Jahres 1913. Der Staat erkannte zunächst einen jährlichen Unterhaltungssatz von 3°/o des Friedensneubauwertes an. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau wies jedoch nach, daß auf Grund verschiedener Rückstände in der Erfüllung der staatlichen Baulastverpflichtung an mehreren Objekten, u. a. der Schloßkirche zu Weilburg, ein beträchtlicher Nachholbedarf bestand 482 . Dieser Nachhol4 7 4 Es wird der Interpretation WEBERS, Ablösung, S. 38, gefolgt, daß die Ablösung nicht primär Rechtsentziehung mit anschließendem Schadensersatz sei, sondern Leistung an Erfüllungs Statt und Ersatz der abzulösenden Leistung durch eine neue, die Ablösungsleistung. 4 7 5 Art. 17 Abs. 4 N K V , Art. 20 Abs. 2 S H K V . 4 7 6 Evangelische Kirche in Hessen und Nassau: 2 284 848,— DM. — Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck: 2 0 4 0 000,— D M . 4 7 7 Eine Abfindung gegen wertbeständige Objekte, insbesondere Land oder Forsten, wurde staatlicherseits nicht erwogen. Gegen eine Anlage der Kapitalsumme in Grundbesitz hatte der Staat keine Einwendungen (Sehr, des H M E V

SCHÜTTE a n d e n K i r c h e n p r ä s , d e r E K H N

NIEMÖLLER v o m

19. 6 . 1 9 5 9



Akt.

KV. E K H N ) . 4 7 8 Der Friedensneubauwert ist derjenige Wert, den ein Gebäude zu den Baupreisen des Jahres 1913 bei seiner jetzigen Erstellung kosten würde. 4 7 9 Die Liste der Gebäude, an denen zugunsten der Kirche eine staatliche Baulast bestand, befindet sich in Anl. IV, V. 4 8 0 Art. 7 Abs. 2 H K V . 481

WEBER, A b l ö s u n g , S. 39.

Der Nachholbedarf wurde von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau auf 925 0 0 0 , — D M beziffert. Allein für die Schloßkirche in Weilburg wurde er mit ca. 350000,— D M angegeben (KRÜGER-WITTMACK, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. [1959], S. 75 f.). 482

158 bedarf w u r d e staatlicherseits z w a r teilweise anerkannt, aber auch durch die G e w ä h r u n g eines zusätzlichen Pauschalbetrages 4 8 3 nicht ausgeglichen, wie sich inzwischen herausgestellt hat 4 8 4 . Durch diesen pauschalen Zuschlag w u r d e der jährliche U n t e r h a l t u n g s s a t z auf 4 % des Friedensneubauwertes erhöht und somit in V e r b i n d u n g mit dem auf 25 festgesetzten K a p i t a l i s i e r u n g s f a k t o r eine A b l ö s u n g s z a h l u n g in H ö h e des vollen Friedensneubauwertes des J a h r e s 1913 ermöglicht. D i e kirchlichen E i n w ä n d e richteten sich gegen eine R e g e l u n g , die die Ablösungssumme nach M a ß g a b e des Friedensneubauwertes des J a h r e s 1913 ermittelte, ohne den bis z u m J a h r e 1957 erheblich angestiegenen B a u i n d e x 4 8 5 als Teuerungszuschlag in der Berechnung zu berücksichtigen 4 8 6 . D a b e i d a r f nicht übersehen werden, d a ß eine A b f i n d u n g in H ö h e des vollen Friedensneubauwertes f ü r die evangelischen Landeskirchen in H e s sen gegenüber den A b l ö s u n g s s u m m e n in Niedersachsen u n d SchleswigHolstein, w o die Kirchen 6 0 % des N e u b a u w e r t e s b z w . 7 0 % des Friedensneubauwertes als A b l ö s u n g erhielten, eine erheblich günstigere L a g e bedeutete 4 8 7 . T r o t z d e m hielten die Vertreter der Evangelischen Kirche in Hessen und N a s s a u die Ablösungsberechnung f ü r unbefriedigend, d a der festgestellte B e t r a g keinen vollen Wertausgleich f ü r die a u f g e g e benen Rechtspositionen darstellte 4 8 8 . D e r mit der P r ü f u n g der F r a g e bea u f t r a g t e Finanzausschuß der I I . Kirchensynode der Evangelischen Kirche Der Staat leistete 741000,— DM. Sehr. K L . E K H N an den Verf. vom 4. 2.1963. 4 8 5 Nach Angabe der E K H N betrug der Bauindex im Jahre 1957 das 3,8fache des Friedensneubauwertes des Jahres 1913 (Finanzielle Verpflichtungen, S. 14). 4 8 8 Sehr, des L K A . EKRhld. an das L K A . E K K W vom 1. 9. 1958, N r . 16145 Az. 12-5-12 (Akt. L K A . EKRhld.); — Bericht des Synodalen KEHR, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. a. o. (1959), S. 245 ff. (247 f.). 4 8 7 KRÜGER-WITTMACK, in: Vhlg. KS. E K H N , II, 4. o. (1959), S. 75. Ob freilich die hessische Ablösungsregelung für die evangelischen Landeskirchen im Ergebnis vorteilhafter ist als die in Schleswig-Holstein getroffene Vereinbarung bleibt zumindest zweifelhaft, da gemäß Art. 18 Abs. 1 S H K V die Ablösungssumme in die pauschalierte jährliche Staatsleistung einbezogen wurde und somit auch der gleitenden Anpassung der Staatsleistung an die Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten unterliegt. Mit dieser Gleitklausel lassen sich mittelbar auch Kostensteigerungen auf dem Gebiet des kirchlichen Bauwesens auffangen. 488 Die Ablösungssumme enthielt, wie ein von der Bauabteilung der Kirchenverwaltung der E K H N erarbeiteter Vergleich des Friedensneubauwertes mit den bisher üblidien Ablösungsberechnungen zeigt (Stellungnahme der Bauabteilung vom 3. 3.1958 — A k t KV. E K H N ) , gegenüber der früheren Rechtslage erhebliche Nachteile für die Kirchen. Bei einer Zugrundelegung des Friedensneubauwertes mit dem Faktor 1 erreichte der Ablösungsbetrag in den ehemals hessischen Landesteilen Wertfaktoren von 1,85 bei Massiv- und 2,36 bei Fachwerkbauten (Gesetz, die Umwandlung und Ablösung von Reallasten 483

484

159 in Hessen und N a s s a u stellte in seinem Bericht 489 fest, daß der jährliche Kostenaufwand zur Erfüllung der Bauunterhaltungs- und Neubauverpflichtungen nicht mit der gewährten Abfindungssumme zu decken sei. Der Staat beharrte jedoch auf dem von ihm entworfenen Ablösungsplan und erkannte lediglich den besonderen Nachholbedarf für die Schloßkirche in Weilburg an, den er durch eine Aufstockung des Ablösungsbetrages befriedigte 4 9 0 . c) T r o t z begründeter kirchlicher Vorstellungen wurde die zu den Bauaufwendungen des Staates zählende Bauaufsicht über die kirchlichen Gebäude 4 9 1 nicht durch einen besonderen Ablösungsbetrag ausgeglichen 492 . d) Ebenfalls lehnte es der Staat ab, die sogenannten Nebenbaulasten, die Gebühren- und Architektenkosten, für die in der Ablösung einbegriffenen Neubaufälle 4 9 3 durch einen Ablösungsbetrag abzufinden, obgleich die „Dienstanweisung für die Staats- und Sonderbauämter des Landes Hessen 4 9 4 " die Nebenbaukosten als ablösungspflichtig ausweist. 3. Obgleich die Ablösung den Staat von seinen Lasten entbindet, bleibt er den eigentlichen Berechtigten, den Kirchengemeinden, weiterhin verpflichtet 495 . Die Rechtsstellung der Kirchengemeinden hat sich durch die Ablösungsvereinbarung nicht verändert. Art. 7 Abs. 3 H K V trägt der innerkirchlichen Rechtslage Rechnung, wonach die Gesamtkirche nicht berechtigt ist, über Vermögensrechte ihrer Kirchengemeinden zu verfügen. Art. 7 Abs. 3 und 4 H K V zieht die Folgerung aus der in Art. 7 Abs. 1 H K V getroffenen Entscheidung. Dem L a n d Hessen wird aufgegeben, Verpflichtungen, von denen es freizustellen ist, ohne Zustimmung der und Dienstbarkeiten betreffend, vom 24.7.1898 [Hess. RegBl. 1898, S. 379], in den ehemals preußischen Landesteilen, in denen eine gesetzliche Ablösungsgrundlage fehlte, Wertfaktoren von 1,98 bei Massiv- und 2,43 bei Fachwerkbauten des Friedensneubauwertes; — vgl. F. W. Ross/Rolf BRACHMANN, Leitfaden für die Ermittlung des Bauwertes von Gebäuden, 16. Aufl., Hannover-Kirdirode 1955. Die Ablösungssumme blieb auch hier hinter den in der Nachkriegszeit erzielten Bedingungen zurück (Stellungnahme der Bauabteilung, S. 6). 489 Bericht des Synodalen KEHR, in: Vhlg. KS. EKHN, II, 4. a. o. (1959), S. 247 f. 490 491

KRÜGER-WITTMACK, i n : V h l g . K S . E K H N , II, 4. a. o . ( 1 9 5 9 ) , S . 7 6 . WEBER, A b l ö s u n g , S . 6 1 .

492 Der Hess. Minister für Erziehung und Volksbildung vertrat die Ansicht, daß die Ersatzleistung für die staatliche Bauaufsicht bereits in der allgemeinen Ablösungssumme einbegriffen sei (Sehr, des HMEV an den Kirchenpräs. der E K H N vom 19. 6. 1959, S. 6 — Akt. KV. EKHN). 49S Sehr, der KL. E K H N an den HMEV vom 1. 6.1959 (Akt. KV. EKHN). 494 Hrsg. vom Hess. Minister für Finanzen, Absdin. H, S. 5 (LoseblattSammlung). 4 9 5 JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, II, 3. o. (1957), S. 131, bezeichnet den Vorgang als „kumulative Schuldübernahme" der staatlichen Lasten durch die Kirchen.

160 Kirchen weder gerichtlich noch außergerichtlich anzuerkennen 496 . Falls das Land in einen Rechtsstreit wegen der erwähnten Verpflichtungen verwickelt wird, wird es der jeweiligen Landeskirche den Streit verkünden und ihr die Einsicht in die Prozeßunterlagen gestatten 497 . Die Kirchen sind gehalten, sich um den Abschluß von Verträgen mit den berechtigten Pfarrgemeinden zu bemühen, durch die das Land aus seinen Verbindlichkeiten gegenüber den Rechtsträgern entlassen wird 498 . 4. Im Ergebnis führen die Finanzbestimmungen der Art. 5 bis 7 H K V zu einer Reduzierung der staatlichen Leistungen an Zahl und Umfang und damit zu einer weitgehenden Entflechtung der staatlich-kirchlichen Beziehungen. Eine fortlaufende Staatsleistung besteht in Hessen noch hinsichtlich der fixierten Rentenleistung des Art. 5 H K V als Zuschuß zu den kirchlichen Ausgaben für die allgemeine Verwaltung und die Pfarrbesoldung499. Neue Verhandlungen kommen daher nur dann in Betracht, falls sich aus Paritätsgründen infolge einer besseren Stellung der katholischen Kirche in einem Finanzabkommen eine Prüfung der Staatsleistungen als notwendig erweisen oder die endgültige Ablösung der Rentenleistung sowie staatlicher Einzelleistungen in Frage stehen sollte. II. Das kirchliche Besteuerungsrecht Art. 17500 und 18501 H K V 1. Die Artikel 17 und 18 H K V bedeuten einen mittelbaren Schutz des gegenwärtigen kirchlichen Finanzwesens 502 . Sie betreffen das Recht der 496

Art. 7 Abs. 3 S. 1 HKV. Art. 7 Abs. 3 S. 2 H K V . 498 Art. 7 Abs. 4 HKV. 499 Nicht in die Ablösung einbezogen wurden lt. Schlußprotokoll zu Art. 5 und 7 H K V die aus dem Geschäftsbereich des Ministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu erbringenden Leistungen. Diese Bestimmung trifft den als juristische Person anerkannten Nassauischen Zentralstudienfonds (vgl. C. G. FIRNHABER, Der Nassauische Centralstudienfonds nach seiner Entstehung, Zusammensetzung und Verpflichtung, aktenmäßig dargestellt, Wiesbaden 1885). Irrtümlicherweise wurde zunächst angenommen, daß die Verwaltung dieses Fonds in das Ressort des im Vertrag genannten Ministeriums falle. Durch Schreiben des H M E V an die KL. E K H N v o m 26. 2.1960 — VI-III-I/3-034/060 — (Akt. KV. E K H N ) wurde geklärt, daß der Nassauische Zentralstudienfonds unter Aufsicht des Hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung steht und v o m Regierungspräsidenten in Wiesbaden verwaltet wird. Das Schreiben bestätigte zugleich, daß entsprechend dem Schlußprotokoll zu Art. 5 und 7 H K V der Zentralstudienfonds von der Ablösung nicht berührt wird. 500 Art. 12 N K V , Art. 14 SHKV. 501 Art. 13 N K V , Art. 15 SHKV. 502 Vgl. LIERMANN, Kirchenrecht, S. 373ff.; Heinz GEFAELLER, Die Kirchensteuer seit 1945, in: ZevKR I (1951), S. 80ff., 382ff.; HESSE, in: JböR, N . F. X (1961), S. 53. 497

161 Kirche, Steuern, die einen wesentlichen Teil des kirchlichen F i n a n z a u f kommens darstellen, als öffentliche Abgaben zu erheben. D a s Recht der Kirche, zur Erfüllung ihrer Aufgaben v o n ihren Mitgliedern durch den S t a a t garantierte, auf G r u n d der bürgerlichen Steuerlisten eingezogene Abgaben zu verlangen, hat erstmals einen gesetzgeberischen N i e d e r schlag 5 0 3 in den staatlichen und kirchlichen Kirchensteuergesetzen des 19. und des beginnenden 2 0 . J a h r h u n d e r t s 5 0 4 gefunden. Es hat in der G e g e n w a r t gemäß A r t . 51 Abs. 3 H V 5 0 5 und A r t . 1 4 0 G G / 1 3 7 Abs. 6 W R V eine verfassungsrechtliche G a r a n t i e erhalten. N a c h herrschender Auffassung beruht das kirchliche Besteuerungsrecht nicht auf der eigenen Rechtsetzungsgewalt der Kirche, sondern auf einer staatlichen D e l e g a t i o n 5 0 6 . Z w a r besitze die Kirche das originäre Recht, von ihren Mitgliedern Abgaben zu fordern, die Ausgestaltung dieser Beiträge als Kirchensteuern setze jedoch eine Ermächtigung durch den s t a a t lichen Gesetzgeber v o r a u s 5 0 7 . E s w i r d das legitime Recht des Staates 5 0 3 Die Wurzeln des kirchlichen Steuerwesens reichen bis in das 16. J a h r hundert (vgl. Wilhelm WIBBELING, Kirchensteuer im Reformationsjahrhundert, in: Z e v K R V I I [1959/60], S. 49 ff.). Eine erste gesetzgeberische Formung erfuhr das kirchliche Steuerrecht in T . I I , Tit. 11, § 1 1 0 P r A L R , der eine Beitragspflicht der Mitglieder der „Kirchengesellschaften" zum Zwecke der Unterhaltung der kirchlichen Einrichtungen anordnete. 5 0 4 Hessen: Edikt, das Besteuerungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften betreifend, vom 23. 4. 1875 (Reg. Bl. 1875, S. 262); Preußen: Gesetz, betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden und Parochialverbänden der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen Preußens, vom 1 4 . 7 . 1 9 0 5 (PrGS. 1905, S. 277); Gesetz, betreffend die Erhebung von Kirchensteuern in den Kirchengemeinden der evangelischen Kirchen der Konsistorialbezirke Kassel, Wiesbaden und Frankfurt, in den Gesamtverbänden der evangelischen Kirche des Konsistorialbezirks Kassel sowie in der vereinigten evangelisch-lutherischen und evangelisch-reformierten Stadtsynode zu Frankfurt (Main), vom 22. 3 . 1 9 0 6 , (PrGS. 1906, S. 46).

Zur geschichtlichen Entwicklung des Kirchensteuerrechts in Hessen vgl. Friedrich GIESE, Deutsches Kirchensteuerrecht, Kirchenrechtliche Abhandlungen, hrsg. von Ulrich STUTZ, 69.—71. Heft, Stuttgart 1910, S. 15ff., 106ff., 110ff., 113 ff., 170ff.; — Peter Graf von WEDEL, Die Steuerhoheit innerhalb der evangelischen Kirche Deutschlands, Jur. Diss. Köln 1953, S. 4 ff.; — ferner die Begründung der hessischen Landesregierung zur Vorlage des Entwurfs des Kirchensteuergesetzes vom 27. 4 . 1 9 5 0 , Hess. LT., 1. WP., I, N r . 1405. 5 0 5 Art. 51 Abs. 3 H V ist gemäß Art. 31 G G aufgehoben. An seiner Stelle gilt A r t . 140 GG/137 Abs. 6 W R V . 5 0 9 Vgl. EBERS, Staat und Kirche, S. 408; — Herbert WEHRHAHN, Die Kirchensteuerpflicht der Protestanten in Deutschland, Tübingen 1952, S. 17; — MIKAT, a. a. O., S. 230, mit weiteren Literaturhinweisen in Anm. 527. 5 0 7 Zu dieser Ansicht hat sich HESSE, in: J b ö R . , N . F. X (1961), S. 53 f., kritisch geäußert. HESSE, der die Berechtigung des Staates, an der Gestaltung

11 K1 o s e, Reditsbeziehungen

162 anerkannt, das Kirchensteuerrecht so zu ordnen, d a ß sein eigener Steuerb e d a r f nicht geschmälert und die Steuerkraft der B e v ö l k e r u n g nicht in unangemessener Weise belastet wird. 2. In Hessen hatte das kirchliche Steuerwesen, das nach M a ß g a b e des Landesrechts gestaltet w u r d e , bis z u m Inkrafttreten des Hessischen Kirchenvertrages seine gesetzliche G r u n d l a g e in dem Hessischen Kirchensteuergesetz v o m 27. A p r i l 195 0 5 0 8 und in den dieses Gesetz ausfüllenden Steuerordnungen der evangelischen Landeskirchen 5 0 9 . D e r staatliche G e setzgeber legte die G r u n d s ä t z e zur E r h e b u n g der Kirchensteuern fest und umriß die kirchliche Ermächtigung z u m E r l a ß von Steuerordnungen 6 1 0 . E r beschränkte sich entsprechend dem einsetzenden W a n d e l staatskirchenrechtlichen Verständnisses d a r a u f , R a h m e n b e s t i m m u n g e n aufzustellen und die nähere A u s g e s t a l t u n g des kirchlichen Steuerwesens der innerkirchlichen Rechtssetzung zu überlassen. des kirchlichen Besteuerungsrechts mitzuwirken, grundsätzlich bejaht, wendet sich gegen eine Unterbewertung des originären Rechts der Kirche, Abgaben zu erheben. Im Bereich des kirchlichen Besteuerungsrechts sei eine Beschränkung der staatlichen Tätigkeit auf die spezifisch staatlichen Angelegenheiten geboten. Eine Mitwirkung des Staates komme nur im Hinblick auf die Verwendung der bürgerlichen Steuerlisten, den Zwangscharakter der Abgabe und die Verwaltung der Kirchensteuern durch staatliche Behörden in Frage. D a das kirchliche Besteuerungsrecht staatliche und originär-kirchliche Bestandteile aufweise, sei es verfehlt, dieses als staatliche Angelegenheit zu qualifizieren und seinen Rechtsgrund mit einer staatlichen Delegation zu erklären. — Die katholische Kirche nimmt dieses Recht gemäß Can. 1946 C I C als kirchliches Hoheitsrecht in Anspruch. 5 0 8 Gesetz über die Erhebung von Steuern durch die Kirchen, Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften im Lande Hessen (Kirchensteuergesetz) vom 2 7 . 4 . 1 9 5 0 (GVBl. 1950, S. 63); — Verordnung zur Durchführung des Gesetzes vom 27. 4. 1950 über . . . , vom 7. 7.1952 (GVBl. 1952, S. 132).

so« Vorl. Kirchensteuerordnung für die Evangelische Kirche in Hessen-Nassau im Bereich des Landes Hessen vom 13. 4.1950 (ABl. E K H N 1950, S. 103). Die Geltungsdauer der Kirchensteuerordnung wurde durch Beschluß der Kirchensynode jeweils für die Dauer eines Rechnungsjahres verlängert. — Vgl. v. WEDEL, a. a. O., S. 21. — Kirchengesetz, betreffend die Kirchensteuerordnung für die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck, vom 14.4.1950 (KAB1. E K K W 1950, S. 24; ABl. E K D 1950, N r . 125). — Vgl. v. WEDEL, a. a. O., S. 42 f. — Kirchensteuergesetz der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 27. 10./17.11.1950 (KAB1. EKRhld. 1951, S. 11; ABl. E K D 1951, N r . 15). — Vgl. v. WEDEL, a . a . O . , S. 31 ff. — Beschluß der Landessynode zur Kirchensteuerordnung für die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck vom 4. 6. 1960 (KAB1. E K K W 1960, S. 37). 5W

(14).

Z I N N / S T E I N , a. a . O . , E r l . 7 z u A r t . 5 1 H V ; — v . W E D E L , a. a . O . , S . 13 f .

163 3. Die Vertragspartner haben die Grundzüge des geltenden Kirchensteuerrechts in die Vertragsordnung übernommen 5 1 1 . Art. 17 Abs. 1 H K V garantiert das Recht der Landeskirchen, „nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen auf Grund von Steuerordnungen Kirchensteuern zu erheben 5 1 2 ". Die hessischen Landeskirchen können die Kirchensteuer als Landes- und Ortskirchensteuer in der Form von Zuschlägen zu den staatlichen Steuern sowie als Kirchgeld erheben 513 . Die Aussage über die Kompetenz des Landesgesetzgebers bedeutet dabei nicht, daß die Existenz des kirchlichen Besteuerungswesens überhaupt unter dem Vorbehalt landesrechtlicher Zustimmung steht 514 . Der Staat kann das kirchliche Besteuerungsrecht kraft seiner doppelten, vertraglichen und verfassungsrechtlichen Gewährleistung, vor allem wegen des engen sachlichen Zusammenhangs mit Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 1 H K V in Verbindung mit Art. 138 W R V 5 1 5 , nicht in Frage stellen. Es steht lediglich in seinem Ermessen, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Auftrages des Art. 140 G G / 137 Abs. 6 W R V zu bestimmen. D a ß die landesrechtlichen Vorschriften nicht ohne vorherige Fühlungnahme mit den Landeskirchen geändert werden dürfen, garantiert Art. 2 H K V . D a s Land Hessen verzichtet auch im Vertrage auf eine umfassende kirchensteuerrechtliche Regelung und begnügt sich mit der Festlegung einer Rahmenordnung, während die weitere Normierung des kirchlichen Besteuerungswesens in den kirchlichen Steuerordnungen stattfinden soll. Damit erkennt der Staat innerkirchliches Recht als dem staatlichen wesens511 JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, L.O. (1959), S. 30; — Begründung zur Vorlage der hessischen Landesregierung zu Art. 17 f., Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 6 1 7 , S. 1 6 9 8 . 512 Weitergehend ist Art. 14 Abs. 1 SHKV, der einen staatlichen Einspruch gegen Kirchensteuergesetze und -Verordnungen nur gestattet, wenn sie die Einheitlichkeit der Kirchensteuerordnungen der Landeskirchen beeinträchtigen oder mit den staatlichen Steuervorschriften nicht übereinstimmen. Die Beschränkung staatlicher Mitwirkungsredite gemäß Art. 14 SHKV führt, wie HESSE, in: JböR., N. F. X (1961), S. 56, zutreffend feststellt, zu einem „Optimum an Sicherung der kirchlichen Selbständigkeit". 513 Die Form der kirchlichen Steuerhebung bestimmt § 2 des Kirchensteuergesetzes vom 27. 4. 1950: „1. Als Kirchensteuer können einzeln oder nebeneinander erhoben werden: 1. ein Zuschlag zur Einkommenssteuer (Lohnsteuer), 2. ein Hebesatz nach den Meßbeträgen der Grundsteuer, 3. ein Kirchgeld, 4. ein Zuschlag zur Vermögenssteuer, der nur neben den Steuern 1 bis 3 erhoben werden kann." 5 1 4 KRÜGER-WITTMACK, i n : V h l g . K S . E K H N , II, 4. a. o . ( 1 9 5 9 ) , S . 8 1 ; MIKAT, a. a. O . , S . 2 3 0 ; — HESSE, i n : J b ö R . , N . F . X ( 1 9 6 1 ) , S . 53 f.

515

11*

HESSE, in: JböR., N. F. X (1961), S. 53.



164 verschiedenes, aber gleichrangiges Recht an. Diese Auffassung wird auch dadurch bestätigt, daß die vertragliche Garantie das Recht zur Erhebung eines Kirchgeldes einbezieht. Es handelt sich bei dieser Steuerform um einen kopfsteuerartig ausgebildeten Mitgliedsbeitrag 5 1 6 , der sich im Unterschied zum staatlichen Steuerrecht als Sonderform im kirchlichen Steuersystem entwickelt hat. Die grundsätzliche Genehmigungspflicht der kirchlichen Steuerordnungen und Steuersätze durch den Staat bleibt nach Art. 17 Abs. 2 H K V auch künftig bestehen. D e lege lata wird damit bewiesen, daß kirchliches Steuerrecht zu seiner Durchsetzung der Delegation des Staatsgesetzes bedarf. D a s Genehmigungsverfahren, das vertraglich nicht näher beschrieben wird, bestimmt sich gegenwärtig nach den Vorschriften des Kirchensteuergesetzes vom 27. April 1950 und der Durchführungsverordnung vom 15. Juni 1950 5 1 7 . Trotzdem gesteht der Staat den evangelischen Landeskirchen im Hinblick auf die Bestätigung oder Versagung einer kirchlichen Steuermaßnahme eine gewisse Unabhängigkeit zu, denn das staatliche Ermessen ist unter bestimmten Voraussetzungen an die kirchliche Entscheidung gebunden 5 1 8 . 4. Nach Art. 17 Abs. 3 H K V verpflichten sich die beteiligten Landeskirchen, sich bei der Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommen- und Lohnsteuer über einen einheitlichen Zuschlagssatz zu verständigen. Mit diesem Verhandlungsergebnis, das von einem einheitlichen Steuersatz der evangelischen Landeskirchen innerhalb des hessischen Staatsgebietes ausgeht, wurde ein Anliegen der Kirchen verwirklicht. Der Staat vertrat die Auffassung, daß die unterschiedliche Finanzlage der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck zu einer differenzierten Bemessung der Kirchensteuerzuschläge führen müsse 519 . Es wurde befürchtet, daß mit der Festlegung eines einheitlichen Steuersatzes die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau gegenüber der kurhessischen Kirche eine bessere finanzielle Stellung erhalten würde und daß danach bei einer etwa notwendigen Erhöhung des Kirchensteuersatzes für diese Landeskirche auch die E K H N an der Verbesserung des Kirchensteueraufkommens teilhaben würde. Der Staat wünschte aber, sich seine Verhandlungsfreiheit gegenüber jeder einzelnen Landeskirche zu erhalten 5 2 0 . Im Ergebnis hätte eine solche Regelung zu einem staatlich verordneten Finanzausgleich der Landeskirchen untereinander geführt, der aber nach 516

LIERMANN, K i r c h e n r e c h t , S . 3 7 6 F . ; — WOLF, O r d n u n g , S . 6 7 6 .

517

Schlußprotokoll zu Art. 17 Abs. 2 HKV.

518

JUNG, i n : V h l g . L S . E K K W , III, 1. o . ( 1 9 5 9 ) , S . 3 1 ; — B e g r ü n d u n g z u r

Vorlage der Landesregierung zu Art. 17, Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 617, S. 1698. 519 AVerm. Bespr. im MEV am 11. 11. 1958 (Akt. KV. EKHN), S. lOf. 520 cit.

165 übereinstimmender M e i n u n g aller a m Vertragsgespräch beteiligten L a n d e s kirchen als innerkirchliche Angelegenheit dem staatlichen Zugriff entzogen bleiben sollte 5 2 1 . A u ß e r d e m w u r d e kirchlicherseits erklärt, d a ß bei der finanziellen L a g e der beiden Landeskirchen zu einer unterschiedlichen B e h a n d l u n g des Kirchensteuersatzes keine V e r a n l a s s u n g bestehe. D a s höhere Kirchens t e u e r a u f k o m m e n der Evangelischen Kirche in H e s s e n u n d N a s s a u w e r d e durch die gesteigerten seelsorgerischen A u f g a b e n im R h e i n - M a i n - G e b i e t mit seiner ständig wachsenden Bevölkerungsdichte a u f g e h o b e n 5 2 2 . D i e staatliche H a l t u n g erschien nicht unbedenklich, weil sie der B e messung des Steuersatzes den kirchlichen F i n a n z b e d a r f z u g r u n d e legte u n d sich nach M a ß s t ä b e n richtete, die nicht in der „sachgegebenen E i g e n a r t der staatlichen M i t w i r k u n g " b e g r ü n d e t w a r e n 5 2 3 . Schließlich setzte sich auch staatlicherseits die Ü b e r z e u g u n g durch, d a ß eine B e a n s t a n d u n g der kirchlichen Steuersätze nur „unter dem Gesichtspunkt einer Ü b e r f o r d e rung der Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen" in Betracht k o m m e , der S t a a t aber nicht über die F r a g e eines angemessenen kirchlichen F i n a n z b e d a r f s zu befinden habe 5 2 4 . 5. A r t . 17 A b s . 4 H K V begrenzt das staatliche Ermessen, soweit die Kirchensteuerordnungen u n d -Steuersätze den Vereinbarungen zwischen der Landesregierung und den Kirchenleitungen entsprechen. I n diesem F a l l e w i r d v o n einer staatlichen Genehmigungspflicht abgesehen. D i e Landeskirchen sind nur gehalten, die Beschlüsse über die Steuersätze dem Minister f ü r E r z i e h u n g und V o l k s b i l d u n g mitzuteilen, f a l l s die Kirchensteuer als einheitlicher Zuschlag zur E i n k o m m e n - b z w . Lohnsteuer erhoben w i r d 5 2 5 . D i e im Z e i t p u n k t des Vertragsschlusses genehmigten u n d gültigen Kirchensteuersätze u n d Kirchgeldbeträge gelten gemäß A r t . 17 Abs. 4 S . 1 H K V 5 2 6 als vereinbart 5 2 7 . D a r ü b e r hinaus legt das Schlußprotokoll zu A r t . 17 A b s . 4 H K V fest, unter welchen V o r a u s s e t z u n g e n der E r l a ß kirchlicher Steuerordnungen v o n der staatlichen Genehmigungspflicht una b h ä n g i g u n d s o f o r t w i r k s a m ist. 6. D i e steuerrechtlichen Bestimmungen des Hessischen Kirchenvertrages enthalten keine sogenannte Steueranpassungsklausel, die bei einer Ä n d e 521

cit.

522

KRÜGER-WITTMACK, i n : V h l g . K S . E K H N , II, 4. a. o . ( 1 9 5 9 ) , S . 82.

523

HESSE, in: JböR., N . F. X (1961), S. 54.

524

V g l . HESSE, e b d .

Art. 17 Abs. 4 S. 2 H K V . 526 In Verbindung mit dem Schlußprotokoll zu Art. 17 Abs. 4 N r . 3. 5 2 7 Genehmigungsbesdiluß des Hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung vom 1. 4.1959, Zf. 1 bis 3 — VI/5-873/6-59 (ABl. H M E V 1959, S. 156). 525

166 rung des staatlichen Steueraufkommens 528 eine entsprechende Angleichung der kirchlichen Steuern an die veränderten Verhältnisse nach sich zieht, um das kirchliche Steuervolumen zu erhalten. Der Niedersächsische Kirchenvertrag entbehrt zwar ebenfalls einer allgemeinen Gleitklausel, enthält aber eine gewisse Garantie der Kirchensteuersätze 529 . Im Schleswig-Holsteinischen Kirchenvertrag 580 bestimmt sich die Bemessung der Kirchensteuerhebesätze der Landeskirchen nach den Steuersätzen der Mehrheit der evangelischen Landeskirchen in der Bundesrepublik und nennt damit einige Voraussetzungen für eine im Bedarfsfalle notwendige Steueranpassung. Demgegenüber lehnte das Land Hessen bei den Vertragsverhandlungen eine Garantie des kirchlichen Steuervolumens ab 531 . Die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck schloß sich dem staatlichen Standpunkt an, weil sie befürchtete, daß eine Sicherung des Kirchensteuervolumens,' d. h. eine gleitende Klausel des veränderlichen Steueraufkommens, möglicherweise eine Fixierung der oberen Aufkommensgrenze zeitigen würde 5 3 2 . Darin erblickte sie eine unvorteilhafte Lösung, die sie zu vermeiden wünschte. Gegen diese Auffassung wandte sich vor allem die Evangelische Kirche im Rheinland, die die Notwendigkeit eines vertraglichen „Volumensanerkenntnisses" betonte 533 . Sie wurde unterstützt von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Diese hielt im Hinblick auf die Gefahr einer allgemeinen Verschlechterung der Währungs- und Steuerverhältnisse die Einführung einer vertraglich garantierten Mindestkirchensteuer für unentbehrlich 534 . Beide Landeskirchen äußerten die Besorgnis, daß bei veränderten Finanzverhältnissen nach der Fixierung der Pfarrbesoldungszuschüsse 535 der gefährliche Zustand eintreten könne, daß nicht einmal die Besoldung der kirchlichen Amtsträger gesichert sei 536 . 5 2 8 Sowohl als Folge veränderter staatlicher Steuersätze als auch bedingt durch Konjunkturschwankungen der Wirtschaft, ohne 3aß diese sich in Maßnahmen der staatlichen Steuerpolitik niederschlagen. 5 2 9 § 6 Z V zu Art. 12 Abs. 4 N K V . 5 3 0 Art. 14 Abs. 3 S H K V i. Verb. m. § 13 ZV. 5 3 1 AVerm. Bespr. im M E V am 11. 11.1958 (Akt. K V . E K H N ) , S. 11 f. 5 3 2 AVerm. Bespr. im M E V am 1. 3.1957 — A 1370/57 — G 872 — (Akt. L K A . E K K W ) ; — AVerm. Bespr. im M E V am 26. 5. 1959 (Akt. K V . E K H N ) , S.5. 533 Schreiben der K L . E K R h l d . an die E K K W v o m 1 4 . 3 . 1 9 5 7 — Az. 12-5-4-1 — (Akt. L K A . E K R h l d . ) ; — AVerm. Bespr. im M E V am 11. 11.1958 (Akt. KV. E K H N ) , S. 11 f.; — Akt.-Verm. Bespr. (Akt. L K A . EKRhld.). 534 Sehr, des Kirchenpräs, der E K H N NIEMÖLLER an den H M E V SCHÜTTE vom 1. 6.1959 (Akt. K V . E K H N ) . 5 3 5 Vgl. o. S. 151. 536 AVerm. Bespr. im M E V am 1 1 . 1 1 . 1 9 5 8 (Akt. K V . E K H N ) , S. 12.

167 Ihre Ansicht vermochte sich gegenüber den staatlichen Vorstellungen nicht durchzusetzen. Die Aufnahme einer Kirchensteuersicherungsklausel in Gestalt der Garantie einer Mindestkirchensteuer unterblieb. Angesichts der engen Verknüpfung der kirchlichen Steuersätze mit den staatlichen Steuern sind die evangelischen Landeskirchen bei einer wesentlichen Veränderung der Steuersituation auf den von Jung 5 3 7 bezeichneten Weg der gütlichen Einigung gemäß Art. 2 H K V angewiesen. 7. Die Verwaltung der Kirchensteuern, soweit sie in Zuschlägen zur Einkommens-, Lohn- und Vermögenssteuer bestehen, wird nach Art. 18 Abs. 1 H K V auf Antrag der Kirchen den Finanzämtern übertragen 538 , womit gemäß Abs. 2 die Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren antragsweise verbunden werden kann 5 3 9 . Für diese Tätigkeit erhält das Land Hessen eine Vergütung in Höhe von drei vom Hundert der durch die Finanzkassen vereinnahmten Steuermittel 540 . Die evangelischen Landeskirchen haben das Recht, die Besteuerungsunterlagen bei den staatlichen und kommunalen Finanzbehörden durch Beauftragte einzusehen. Die Finanzämter sind verpflichtet, nach Maßgabe des Schlußprotokolls zu Art. 18 Abs. 1 H K V den Kirchen und Kirchengemeinden die zur Durchführung der Veranlagung erforderlichen Auskünfte zu erteilen. 8. Die vorliegende vertragliche Regelung des kirchlichen Steuerrechts ermöglicht ein enges Zusammenwirken von Staat und Kirche in den gemeinsamen Steuerangelegenheiten. Das staatliche Interesse, eine zu starke Inanspruchnahme der Steuerkraft der Bürger durch die kirchliche Besteuerung zu verhüten, erscheint hinreichend gewahrt. Während die Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens den evangelischen Landeskirchen genügend Raum läßt, ihre steuerlichen Vorstellungen im Rahmen kirchlicher Selbstbestimmung zu verwirklichen, sind die kirchlichen Belange wegen des Fehlens einer garantierten Mindestkirchensteuer nicht ausreichend geschützt. Nicht zu übersehen sind die kirchlichen Bedenken, die gegenwärtige vertragliche Lösung bringe die Gefahr mit sich, daß die evangelischen Landeskirchen bei einer ungünstigen Währungs- und Wirtschaftslage zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht imstande seien. Ebenda. Die bereits in der Vergangenheit geübten Regeln f ü r die Mitwirkung der staatlichen Finanzverwaltung bei der Verwaltung der Kirchensteuern werden Vertragsrecht; — Begründung der Vorlage der Landesregierung zu Art. 18, Hess. LT., 4. WP., I, N r . 617, S. 1698. 539 Die Zwangsvollstreckung kann nach Art. 18 Abs. 2 H K V audi den kommunalen Körperschaften unter der Voraussetzung ihrer Zustimmung übertragen werden. 5 4 0 Nach Art. 13 Abs. 1 S. 3 N K V und § 15 Abs. 3 ZV zu Art. 15 Abs. 1 S H K V beträgt der Entschädigungssatz 4 %>. 537

538

168 III.

Das kirchliche

Sammlungsrecht

Art. 19 H K V 5 4 1 A r t . 19 Abs. 1 H K V ermächtigt die evangelischen Landeskirchen und ihre Gemeinden, bei ihren Angehörigen zu jeder Zeit freiwillige Gaben für kirchliche Aufgaben und Zwecke zu sammeln. A r t . 19 Abs. 2 H K V übernimmt inhaltlich die Regelung des A r t . 6 Abs. 2 P S t G v o m 8. A p r i l 1 9 2 4 . Die Kirchen sind berechtigt, jährlich eine allgemeine H a u s s a m m l u n g „ z u m Besten ihrer bedürftigen Gemeinden" genehmigungsfrei zu veranstalten. D i e Kirchen sind nicht mehr v e r pflichtet, die nach § 1 Abs. 1 des Sammlungsgesetzes v o m 5. N o v e m b e r 1 9 3 4 5 4 2 erforderliche staatliche Genehmigung für die öffentliche S a m m lung freiwilliger Abgaben einzuholen 5 4 3 . D i e Sammlungsbefugnis beschränkt sich auf die Begünstigung der Gemeinden der jeweiligen Landeskirche und erstreckt sich nicht auf eine Sammlungstätigkeit zur U n t e r s t ü t z u n g außerhalb der landeskirchlichen Grenzen befindlicher Gemeinden 5 4 4 . IV.

Kirchliche

Kosten-

und

Gebührenfreiheit

Art. 22 H K V 5 4 5 E i n e weitere, das kirchliche Finanzwesen berührende Schutzbestimmung enthält A r t . 2 2 H K V , der die gesetzlich bewilligte Freiheit der Kirchen v o n staatlichen K o s t e n und Gebühren sichert. Die auf landesrechtlichen Vorschriften 5 4 6 beruhende Gebührenbefreiung der Kirchen in Art. 14 N K V , Art. 16 S H K V . Gesetz zur Regelung der öffentlichen Sammlungen und sammlungsähnlichen Veranstaltungen (Sammlungsgesetz) vom 5 . 1 1 . 1 9 3 4 ( R G B l . 1934 1, S. 1068) in der Fassung vom 2 3 . 1 0 . 1941 ( R G B l . 1941 I, S. 654). 5 4 3 Die vertragliche Regelung folgt einem Beschluß der Innenministerkonferenz vom 10./11. 4. 1958; — Erlaß des Hessischen Ministers des Innern betr. die Genehmigung von Sammlungen, die von Kirchengemeinden durchgeführt werden, vom 28. 8 . 1 9 5 8 — II f-21 f 02-39/58-7 — (veröfftl. im KAB1. E K K W 1958, S. 39; — ABl. E K H N 1959, S. 164; — ABl. E K D 1959, N r . 48); — Begründung zur Vorlage der Landesregierung zu Art. 19, Hess. LT., 4. WP., I, N r . 617, S. 1698. 5 4 4 Ein entsprechender Vorschlag der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wurde vom Staat unter Hinweis auf ein geordnetes öffentliches Finanzwesen abgelehnt, AVerm. Bespr. im M E V am 6. 11. 1959 (Akt. KV. E K H N ) . — Nicht betroffen von dieser Regelung sind ferner Sammlungen der Inneren Mission und des Evangelischen Hilfswerks. 5 4 5 Art. 15 N K V , Art. 17 S H K V . 5 4 6 Hessisches Verwaltungsgebührengesetz vom 1 4 . 1 0 . 1 9 5 4 (GVBl. 1954, S. 163) in der Fassung vom 6 . 7 . 1 9 6 0 (GVBl. 1960, S.69), § 3 A b s . l Buchst.b; — § 7 Abs. 1 Hessisches Justizkostengesetz vom 15. 5. 1958 (GVBl. 1958, S. 60) in Verbindung mit § 2 des Gerichtskostengesetzes vom 1 8 . 6 . 1 8 7 8 ( R G B l . 1878, S. 141) in der Fassung vom 26. 7 . 1 9 5 7 (BGBl. 1957 I, S. 941). 541

542

169 Hessen wird vertraglich garantiert. Neben die einzelgesetzliche Befreiung tritt die vertragliche Gewährleistung des Gebührenprivilegs. Die evangelischen Landeskirchen sind dem Staat und den juristischen Personen des öffentlichen Rechts damit in vollem Umfange gleichgestellt. Der Staat folgt mit dieser Regelung der verfassungsrechtlichen Weisung des Art. 140 GG/138 Abs. 1 WRV, der die Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften bis zu einer bundesgesetzlich geordneten Ablösung aufrechterhält 547 . Die verfassungsrechtliche Garantie erstreckt sich auch auf die „Vermögenswerten Vorteile 5 4 8 ", die der Staat den Kirchen in Gestalt von Gebührenbefreiungen als sogenannte „negative Staatsleistung 549 " gewährt. Nicht zuletzt ist die Tatsache, daß die Kirchen von der Pflicht entbunden sind, Kosten und Gebühren zu entrichten, als eine Auswirkung ihrer öffentlichen Stellung zu betrachten 550 . §10 Staatskirchenrechtliche Einzelfragen Art. 20 H K V 5 5 1 (Kirchliche Denkmalspflege) Art. 20 H K V erklärt die Bereitschaft der Landeskirchen, der Denkmalspflege besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die Kirchen sind verpflichtet, sich der Pflege und Erhaltung denkmalswerter Gebäude, der dazugehörigen Grundstücke und sonstiger historisch wertvoller Gegenstände mit der im öffentlichen Interesse gebotenen Sorgfalt anzunehmen. Der Genehmigungsvorbehalt der staatlichen Behörden bei der Veräußerung kunst- und kulturgeschichtlicher Werte gemäß Art. 6 Abs. 1 N r . 1 PStG vom 8. April 1924, der eine Maßnahme der Staatsaufsicht darstellte, entfällt. Art. 20 S. 2 H K V enthält nur noch die Bedingung, daß die Kirchen Veräußerungen, Umgestaltungen und Restaurationen im Benehmen mit den staatlichen Einrichtungen der Denkmalspflege vornehmen. Gemäß Art. 20 S. 4 H K V äußern die Kirchen ihr Einverständnis, daß ein künftig zu erlassendes Gesetz über den Denkmalsschutz auch im kirchlichen Bereich uneingeschränkt Anwendung finden wird 5 5 2 . Der be5 4 7 Vgl. § 163 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) vom 21. 1. 1960 (BGBl. 1960 I, S. 17). 5 4 8 EBERS, Staat und Kirche, S. 245; — HUBER, Garantie, S. 62; — WEBER, Ablösung, S. 51; — MIKAT, a. a. O., S. 227; — R G Z 111, S. 134 ff. 5 4 9 WEBER, Ablösung, S. 51. 5 5 0 HESSE, in: J b ö R , N . F. X (1961), S. 52. 5 5 1 Art. 20 N K V , Art. 25 S H K V . 5 5 2 Nach Art. 25 S H K V finden die staatlichen Vorschriften subsidiär Anwendung, soweit die evangelischen Landeskirchen die Denkmalspflege nicht in eigener Zuständigkeit normativ regeln. — Vgl. auch § 19 des Gesetzes zum Schutze des deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung vom 6. 8. 1955 (BGBl. 1955 I, S. 501).

170 sorgte E i n w a n d der Landeskirchen 5 5 3 , daß ein derartiges Gesetz zusätzliche, unangemessen hohe finanzielle Lasten auferlegen könnte, w u r d e v o m S t a a t mit dem H i n w e i s entkräftet, daß der Einsatz öffentlicher Mittel f ü r denkmalspflegerische A u f g a b e n allgemein begrenzt sei und die Kirchen darüber hinaus bei besonderen Belastungen ähnlich wie die k o m m u n a l e n Körperschaften mit staatlicher H i l f e rechnen könnten 5 5 4 . A r t . 21 H K V 5 5 5 ( A u f h e b u n g der P a t r o n a t e ) Mit A r t . 21 H K V w i r d das staatliche Patronatsrecht 5 5 6 in Hessen z u m Abschluß gebracht und das Patronatswesen nahezu in die ausschließliche V e r a n t w o r t u n g der evangelischen Landeskirchen gestellt. D i e lastenpflichtigen P a t r o n a t e des Staates, die auf dem Rechtstitel einer kirchenrechtlich begründeten staatlichen Leistung an die Kirchen beruhen und in ihrem Bestand von dem freien Ämterbesetzungsrecht der Kirche gemäß A r t . 137 Abs. 3 W R V nicht betroffen wurden 5 5 7 , sind mit der Ablösung der staatli^ien Baulastverpflichtung gemäß Art. 7 Abs. 1 H K V in F o r t f a l l gekommen 5 5 8 . N a c h A r t . 21 S. 1 H K V werden die landesrechtlichen Vorschriften über landesrechtliche Patronate 5 5 9 , soweit sie staatliche N o r m e n sind, aufgehoben. A u f G r u n d des Art. 137 Abs. 3 S. 1 W R V wären die evangelischen Landeskirchen bereits in der Vergangenheit b e f u g t gewesen, den lasten558

AVerm. Bespr. im MEV am 11.11. 1958 (Akt. KV. E K H N ) , S. 13.

554

KRÜGER-WITTMACK, i n : V h l g . K S . E K H N , II, 4. a. o. ( 1 9 5 9 ) , S. 8 3 .

5 5 5 Art. 21 N K V , Art. 26 SHKV. 556 VG[ Moritz HANSULT, Das Patronat in der evangelischen Landeskirche des Großherzogtums Hessen, Friedberg 1898; — Otto LAMBERTUS, Das sog. landesherrliche Patronatrecht, Jur. Diss. Breslau 1907; — Hans Hermann BERNBECK, Das Kirchenpatronat in Hessen, Jur. Diss. Gießen, Darmstadt 1926; — Johannes HECKEL, Die Besetzung fiskalischer Patronatstellen in der Evangelischen Landeskirche und in den katholischen Diözesen Altpreußens, in: Z R G (C) X V (1926), S. 200ff., 301 ff.; — Jürgen HÄRDER, Die katholischen und evangelischen Staatspatronate in Deutschland, in: AkK., 127. Bd. (1955), S. 6 ff., 313 ff. 5 5 7 MIKAT, a. a. O., S. 209; — Begründung zur Vorlage der Landesregierung zu Art. 21, Hess. LT., 4. WP., I, N r . 617, S. 1699. 558

S . o . S . 1 5 6 ; — HÄRDER, i n : A k K , 127. B d . , S . 5 3 .

Auch diese Patronate beruhen auf einem kirchenrechtlichen Erwerbsgrund. Gemeint sind nicht die sogenannten unechten Patronate, die als landesherrlicher Patronat dem staatlichen Hoheitsrecht über die Kirchen entsprangen und sich im wesentlichen durch ein landesherrlich in Anspruch genommenes Pfarrstellenbesetzungsrecht auszeichneten (LIERMANN, Kirchenrecht, S. 287 f.). Der landesherrliche Patronat galt bereits durch Art. 137 Abs. 3 WRV als beseitigt (MIKAT, a. a. O., S. 209). Entsprechend hatte die Verfassung des Volksstaates Hessen vom 12. 12. 1919 (Hess. RegBl. 1919, S. 439) in § 63 Abs. 1 die Aufhebung der landesherrlichen, standesherrlichen und grundherrlichen Patronate angeordnet. 559

171 freien Patronat rechtsverbindlich zu regeln 560 . Die Gesetzgebungskompetenz wurde jedoch im Freistaat Preußen und im Volksstaat Hessen vom Staat in Anspruch genommen 561 . Eine staatsgesetzliche Regelung ist in beiden Ländern nicht zustande gekommen 562 . Art. 21 S. 1 H K V verwirklicht nunmehr das Recht der kirchlichen Ämterhoheit auf dem Gebiete des Patronatswesens, das der eigenständigen Ordnung der evangelischen Landeskirchen überlassen wird. Gemäß Art. 21 S. 2 H K V ist dieselbe Regelung für die mit Lasten verbundenen Patronate vorgesehen, „sobald sich die Beteiligten über die Ablösung der Lasten geeinigt haben, die Ablösung auf Grund landesgesetzlicher Regelung stattfindet oder der Patron von den Lasten freigestellt wird". Gegenüber der Bestimmung des Niedersächsischen Kirchenvertrages 563 enthält Art. 21 S. 2 H K V noch die Möglichkeit einer staatlichen Regelung der Patronatslasten, die allerdings durch eine vorherige Einigung der Patronatspartner vermieden werden kann. Art. 24 H K V 5 6 4 (Außerkrafttreten älterer Staatskirchennormen) 1. Art. 24 H K V regelt als Schlußbestimmung des Vertrages das Verhältnis der Vertragsnormen zu den bisherigen staatskirchenrechtlichen Vorschriften. Art. 24 Abs. 1 H K V stellt grundsätzlich fest, daß die den Vertragsnormen widersprechenden Gesetze und Übereinkommen zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen ihre rechtliche Wirksamkeit verlieren 565 . Es wird hervorgehoben, daß das preußische Staatsgesetz, betreffend die Kirchen Verfassung der evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 566 im ehemals preußischen Staatsgebiet, sowie die Vereinbarung zwischen dem Volksstaat Hessen und der Evangelischen Landeskirche in Hessen vom 27. Mai 19 3 0 5 6 7 mit dem hiernach ergangenen Schiedsspruch vom 20. November 193 3 5 6 8 für das althessische Gebiet des Bundeslandes Hessen außer Kraft treten. HÄRDER, in: A k K , 127. Bd., S. 5 4 f f . , 5 7 f f . SEI p r o V G E , 82. Bd., S. 1 9 6 f f . (201 f.); — HÄRDER, in: A k K , 127. Bd., S. 54 ff. 5 8 2 HÄRDER, in: A k K , 127. Bd., S. 329f., 3 4 0 f . (341); — das in § 6 3 Abs. 2 der Verfassung des Volksstaates Hessen angekündigte Gesetz ist nicht ergangen. Ein i m J a h r e 1932 im preußischen Kultusministerium erarbeiteter Gesetzentwurf über den lastenfreien P a t r o n a t wurde nach der nationalsozialistischen Machtergreifung im J a h r e 1933 nicht mehr weiter verfolgt. 5 6 3 A r t . 21 Abs. 1 N K V . 5 6 4 A r t . 23 Abs. 2 N K V , A r t . 29 Abs. 2 S H K V . 5 6 5 L t . Schlußprotokoll zu A r t . 24 Abs. 2 H K V werden die sonstigen aufzuhebenden staatlichen Gesetze zusammengefaßt und im beiderseitigen Einvernehmen bekanntgegeben. 5 6 6 P r G S . 1924, S . 2 2 1 . 5 8 7 Hess. R e g B l . 1930, S. 58. 5 6 8 Vgl. o. S. 42. 560

172 2. Eine Ausnahme zu dieser Entscheidung trifft Art. 24 Abs. 2 H K V , der die Fortgeltung des Art. 17 Abs. 1 bis 4 u n d 7 P S t G anordnet. Abweichend von dem Niedersächsischen u n d dem Schleswig-Holsteinischen Kirchenvertrag 5 6 9 bleibt das sogenannte Bauresolut des A r t . 17 Abs. 1 P S t G auch weiterhin bestehen. Diese Bestimmung sieht im Falle von Streitigkeiten über die A n o r d n u n g von N e u - und R e p a r a t u r b a u t e n bei Kirchen-, P f a r r - u n d Küstereigebäuden, w e n n die Küsterei mit einer Schule nicht verbunden ist, über die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zur A u f b r i n g u n g der Baukosten sowie über die Verteilung der Baukosten auf die Kirchengemeinden, kirchliche V e r b ä n d e und Drittverpflichtete eine Entscheidung durch eine Staatsbehörde (Regierungspräsident) als Exekutivinstanz vor. Nach A r t . 24 Abs. 2 H K V in Verb. m. Art. 17 Abs. 1 P S t G unterliegt ein beträchtlicher Ausschnitt der kirchlichen Vermögensangelegenheiten der Regelung des staatlichen Verwaltungsrechts und somit einer besonderen Staatsaufsicht 5 7 0 . 3. Indessen w a r es den evangelischen Landeskirchen nicht verwehrt, in freier Entscheidung auf ein aus ihrer eigenständigen Position fließendes Recht zu verzichten 5 7 1 u n d dem Staat auf vertraglichem Wege ein besonderes Aufsichtsrecht in bestimmten vermögensrechtlichen Fragen als rein obligatorische Verpflichtung einzuräumen. D e r Staat wünschte den bisherigen Rechtszustand beizubehalten, weil den Bedürfnissen der Praxis damit gedient sei 572 . Für die Aufrechterhaltung der staatlichen Entscheidungskompetenz sprach sich aber auch der Vertreter der kurhessischen Kirche aus, da die kirchlichen Interessen in Auseinandersetzungen mit baulastpflichtigen Körperschaften auf diese Weise am besten gewahrt seien 573 . Diese, ebenfalls an praktischen E r fahrungen orientierte Ansicht berücksichtigt nicht in ausreichendem M a ß e , d a ß die Regelung des Art. 17 P S t G mit einer erheblichen Einschränkung 569

Nach Art. 23 Abs. 2 NKV und Art. 29 Abs. 2 SHKV behalten nur die Abs. 2 bis 4 und 7 des Art. 17 PStG ihre rechtliche Wirksamkeit. Art. 27 SHKV bestimmt ausdrücklich, daß die nach Art. 17 Abs. 1 PStG der Staatsbehörde obliegenden Aufgaben auf die obersten Verwaltungsbehörden der Kirche übergehen. 570 Die Rechtsprechung hat die Frage, ob Art. 17 PStG geltendes Recht ist, nicht einheitlich beurteilt. Das LVG Schleswig hat in seinem Urteil vom 8.1. 1954 (2 K 131/53, in: ZevKR III [1953/54], S. 419 ff., 422) festgestellt, daß Art. 17 PStG mit Art. 140 GG angesichts der anerkannten Eigenständigkeit der Kirche unvereinbar und deshalb ungültig ist. Das VG Frankfurt hat in seinem Urteil vom 13.12.1955 (II/1-644/54, in: ZevKR V [1956], S. 324 ff.) die Weitergeltung des Art. 17 PStG bejaht. 571 EBERS, Staat und Kirche, S. 144F.; BEULKE, Grundsatz, S. 124: „Insoweit gilt auch hier der Satz volenti non fit iniuria." 572 Begründung zur Vorlage der Landesregierung zu Art. 24, Hess. LT., 4. WP., I, Nr. 617, S. 1699. 573 JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. (1959), S. 31. — Die Regelung folgt dem kirchlichen Entwurf des Jahres 1955, Art. 22.

173 der kirchlichen Rechtsstellung verbunden ist. Trotz dieses Nachteils für die kirchlichen Belange einigten sich die Verhandlungspartner auf die Übernahme des Art. 17 Abs. 1 bis 4 PStG in das Vertragswerk. Mit ihrer Zustimmung zur staatlichen Entscheidungskompetenz haben die evangelischen Landeskirchen auf eine von staatlicher Mitwirkung freie kirchliche Vermögensverwaltung verzichtet. S " Zusammenfassung des Untersuchungsergebnisses 1. Mit dem Inkrafttreten des Hessischen Kirchenvertrages ist das Vertragskirchenrecht zur bestimmenden Ordnung in den Beziehungen zwischen dem Staat und den evangelischen Landeskirchen in Hessen geworden. Das Vertragswerk tritt an die Stelle einer durch Unsicherheit gekennzeichneten staatskirchenrechtlichen Situation, wie sie in der verfassungsrechtlichen Entscheidung des Art. 140 G G deutlich wird 5 7 4 . Die bestehenden Unklarheiten waren in Hessen besonders groß, weil die kirchenpolitischen Bestimmungen der Hessischen Landeverfassung in ihrer Zielsetzung nicht eindeutig waren. Sie enthielten sowohl Elemente der Trennung als auch Ansätze für eine koordinationsrechtliche Entwicklung, die in der Verfassungswirklichkeit zunehmend in Erscheinung traten. Mit Smend 5 7 5 ist deshalb festzustellen, daß der Hessische Kirchenvertrag eine Positivierung und authentische Auslegung des geltenden Staatskirchenrechts darstellt. 2. Das Schwergewicht des Vertrages liegt, abgesehen von der Tatsache seines Abschlusses und der damit verbundenen Durchsetzung des Vertragsgedankens überhaupt, in seinen grundsätzlichen Aussagen zum Verhältnis von Staat und Kirche, insbesondere in der Anerkennung der Eigenständigkeit der Kirche und ihres unaufgebbaren und unabdingbaren öffentlichkeitsauftrags. Mit der Bestätigung des öffentlichen Status der Kirche und des Prinzips freundschaftlicher Zusammenarbeit 576 mit dem Staate ist der Grundzug der Vertragsordnung gewiesen, die in der gegenwärtigen Phase der staatskirchenrechtlichen Entwicklung die Reste des Staatskirchentums und der Staatskirchenhoheit zu beseitigen versucht 577 . 574

SMEND, i n : J Z 1956, S. 5 0 f f .

575

SMEND, i n : J Z

1 9 5 6 , S. 5 0 f . ; v g l . a u c h MÜLLER, i n : D Ö V

1955, S. 421 ff.

(423 f.). 5 7 6 SCHEUNER, in: Z e v K R V I I (1959/60), S. 267. 5 7 7 Damit ist aber, wie DIEM, in: KiZ, X V I . Jg., 1961, S. 345 f. (346), zutreffend ausführt, die Gefahr einer indirekten staatlichen Beeinflussung des kirchlichen Handelns nidit beseitigt. DIEM: „ES ist aber zu beachten, daß diese Anerkennung der Kirche durch den Staat und die damit verbundenen Privilegien und Rechte durchaus auch als Mittel zur Domestizierung der Kirdie verwendet werden kann, um auf diese Weise direkt oder indirekt ihre Verkündigung zu kontrollieren und unwirksam zu machen."

174 3. In den Einzelbestimmungen des Vertrages erfahren die Grundsatzentscheidungen eine nähere inhaltliche Ausgestaltung. Die Tendenz des Vertrages ist durch eine weitgehende Entflechtung der verwaltungs- und rechtstechnischen Beziehungen von Staat und Kirche gekennzeichnet. Dabei werden die überkommenen staatlichen Aufsichts- und Mitwirkungsbefugnisse in kirchlichen Angelegenheiten, die im wesentlichen noch den Preußischen Kirchenvertrag des Jahres 1931 inhaltlich bestimmten, durch partnerschaftliche Beteiligungsformen abgelöst. Art. 2 H K V nimmt unter den Vertragsnormen eine Schlüsselstellung ein. Die überschauende Betrachtung der Einzelbestimmungen zeigt, daß die Stoffauswahl des Hessischen Kirchenvertrages nach dem Vorbild der Staatskirchenverträge der Nachkriegszeit begrenzt ist und nur einen Teil des staatlich-kirchlichen Berührungsfeldes in die Vertragsregelung aufnimmt. S o bleiben die Bereiche gemeinsamer Verantwortung von Staat und Kirche in der caritativen Arbeit, der Jugendpflege und Erwachsenenbildung, sowie im Hinblick auf die Massenkommunikationsmittel Rundfunk und Fernsehen im einzelnen ungeregelt. Nicht berücksichtigt sind Fragen des Feiertagsrechts und der Sonntagsruhe 5 7 8 . Es fehlt an einer klärenden Bestimmung über die Abgrenzung der Zuständigkeit staatlicher Gerichte in kirchlichen Angelegenheiten 579 . Offengeblieben ist eine vertragliche Sicherung des kirchlichen Schulwesens 580 . Eine Bestimmung über die kirchliche Beteiligung in Friedhofsangelegenheiten enthält der Vertrag nicht 581 . Nicht zuletzt trifft auch auf den Hessischen Kirchenvertrag die Feststellung zu, daß sich die Vereinbarung hinsichtlich der Mitwirkungsbefugnisse der Kirche im staatlichen Kompetenzbereich nur sehr zurückhaltend äußert 5 8 2 . Angesichts der anerkannten Eigenständigkeit und des Öffentlichkeitsauftrages der Kirche wäre ein weiterer Bereich staatlich-kirchlicher Beziehungen einer vertraglichen Regelung zugänglich gewesen. 4. Der Verhandlungsverlauf, vor allem die Behandlung staatskirchenrechtlicher Einzelfragen, hat freilich gezeigt, daß die staatskirchenrechtliche Neuorientierung noch nicht in das Bewußtsein aller am Vertrags578 In Hessen geregelt durch Gesetz über die Feiertage vom 17.9. 1952 (GVB1. 1952, S. 145) in der Fassung der Änderungsgesetze vom 6.11.1954 (GVB1. 1954, S. 185) und vom 16.4.1957 (GVB1. 1957, S.49); — vgl. Gebhard

DIRKSEN, Das Feiertagsrecht, Göttingen 1961.

Vgl. HESSE, in: JböR., N. F. X (1961), S.76ff. Vgl. JUNG, in: Vhlg. LS. EKKW, III, 1. o. (1959), S. 32. 581 Die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck hatte eine vertragliche Sicherung des kurhessischen Friedhofsrechts empfohlen. — Vgl. die Sammlung des in Hessen geltenden staatlichen und kirchlichen Friedhofsrechts bei Jürgen GAEDKE, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, Göttingen 1954, Nr. 60 ff. 579 580

582

Vgl. SCHEUNER, in: Z e v K R V I (1957/58), S. 34; — ders., in: Z e v K R VII

( 1 9 5 9 / 6 0 ) , S . 2 6 8 ; — CHRONZ, a. a . O . , S . 1 9 8 f .

175 gespräch Beteiligten eingedrungen war, sondern erst allmählich an Einfluß gewann. Der Wandel in der staatskirchenrechtlichen Überzeugung, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges so deutlich in Erscheinung getreten ist, wurde in den Beratungen zum Hessischen Kirchenvertrag gleichsam noch einmal nachvollzogen 583 . Wenn Smend 584 den Preußischen Kirchenvertrag des Jahres 1931 als eine entsprechend der damals herrschenden staatskirchenrechtlichen Auffassung bedeutungsvolle „Verständigung über eine Reihe von Einzelpunkten" bezeichnet, dann trifft diese Einschätzung auch zu auf die Haltung des Landes Hessen bei den Eröffnungen der Vertragsverhandlungen, als der Staat lediglich eine Einzelvereinbarung über finanzielle Fragen wünschte. Erst im Verlauf des Vertragsgesprächs setzte sich staatlicherseits ein verändertes staatskirchenrechtliches Verständnis durch, das eine globalvertragliche Regelung in der Gestalt eines Vergleichs 585 ermöglichen sollte. Die Bedeutung des Verhandlungsergebnisses besteht daher nicht allein in der Schaffung eines Vertragswerks, sondern auch in einer während der Verhandlungen durch den ständigen Meinungsaustausch erzielten Wandlung überkommener kirchenpolitischer Vorstellungen. 5. Die inhaltliche Begrenzung des Vertrages steigert die Bedeutung der Grundsatzentscheidungen. Zwar bleibt es dem Staat überlassen, alle vertraglich nicht näher festgelegten Bereiche staatlich-kirchlicher Begegnung durch einseitige staatsgesetzliche Maßnahmen zu regeln, die erklärte gemeinsame öffentliche Verantwortung der Vertragspartner verpflichtet ihn aber gemäß Art. 2 HKV, auch bei einseitiger Zuständigkeit des staatlichen Gesetzgebers den Meinungsaustausch mit den Kirchen zu suchen. Hier enthalten die Grundsatzbestimmungen des Vertrages einen dynamischen Zug, der in der Zukunft die Möglichkeit eröffnet, staatskirchenrechtliche Entscheidungen gemäß den allgemeinen Entwicklungstendenzen des Vertragskirchenrechts sowie seiner spezifischen Erfordernisse im Einzelfall zu treffen. 6. Der Hessische Staatskirchenvertrag wahrt nach Inhalt und Anlage die Rechtseinheit mit den voraufgegangenen Staatskirchenverträgen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein 586 . Gleichwohl zeigen sich aber in einzelnen Sachbereichen Unterschiede, die nicht in allen Fällen auf die spezifisch hessischen Verhältnisse zurückzuführen sind, sondern auf die Tendenz der Weiterentwicklung des Vertragskirchenrechts hinweisen. Vor allem ist die ansatzweise Verwirklichung einer Partnerschaft im Sinne 583 Der hessische Ministerpräsident ZINN äußerte noch in der 45. Sitzung des Hessischen Landtages am 9. 5. 1957 (Hess. LT., 3. WP., III, S. 1622 f., 1623) Bedenken gegen die Ansicht, daß der Abschluß eines Kirchenvertrages nach dem Loccumer Vorbild die Stellung der evangelischen Kirche unabhängiger gestalten würde, als es die Staatspraxis in Hessen zuließe. 584 585 586

SMEND, i n : J Z 1 9 5 6 , S . 5 0 . GRUNDMANN, i n : V h l g . L S . E K K W , III, 1 . o. ( 1 9 5 9 ) , S. 5 8 . JUNG, i n : V h l g . L S . E K K W , III, 1 . o. ( 1 9 5 9 ) , S. 3 1 f .

176 gemeinsamer Verantwortung auf dem Gebiet des Schulwesens (Art. 14 und 15 HKV) hervorzuheben 587 . 7. Für die Beurteilung der staatskirchenrechtlichen Ordnung in Hessen ergeben sich aus dem Hessischen Kirchenvertrag drei wesentliche Merkmale. a) Zunächst bedeutet die Vertragsordnung eine dauerhafte Gewährleistung eines staatlich-kirchlichen Beziehungssystems, da sie nicht durch einseitige gesetzgeberische Akte eines Vertragspartners, sondern nur im Wege des gegenseitigen Einverständnisses aufgehoben werden oder geändert werden kann 588 . Die Berufung auf die clausula rebus sie stantibus ist, wie aus dem Wesen des Vertragsrechts folgt, nicht ausgeschlossen589. b) Alsdann bestätigt das Abkommen die geschichtliche Bedeutung der evangelischen Kirche, indem die Partikularkirchen durch den Vertragsschluß gegenüber anderen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften in besonderer, aber legitimer Weise privilegiert werden. Die nivellierende Tendenz des Art. 137 Abs. 3 WRV, der mit dem Begriff der „Religionsgesellschaft" die christlichen Kirchen mit den Sekten und Weltanschauungsgemeinschaften gleichstellte und zu einer schematischen Gleichbehandlung aller Vereinigungen weltanschaulicher Art im deutschen Staatskirchenrecht führte 590 , wird zugunsten einer an qualitativen Maßstäben orientierten Parität aufgegeben591. c) Schließlich erlaubt die geschaffene Vertragsordnung dem Staat und der Kirche, „ihre wechselseitigen Beziehungen auf der Grundlage einer gesunden freiheitlichen Ordnung neu zu gestalten 592 ". Damit ist angedeutet, daß die Vertragsordnung nicht ein neues statisches System errichten will, sondern daß sie durch dynamische Züge charakterisiert wird, die eine ständige Auseinandersetzung und Zusammenarbeit der Vertragspartner ermöglichen sollen593. Schlußbetrachtung Die historische Entwicklung des Verhältnisses von Staat und evangelischer Kirche in Hessen hat seit der Reformation über die Systeme des Landes- und Staatskirchentums sowie der Staatskirchenhoheit bis zur 587

GRUNDMANN, i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , 1. o . ( 1 9 5 9 ) , S. 5 9 .

588

GRUNDMANN, i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , 1. o . ( 1 9 5 9 ) , S. 5 4 .

589

Stellungnahme der Vertreter des Landes Hessen in der Besprechung am 16. 4 . 1 9 5 9 (AVerm. Bespr. im M E V am 16. 4 . 1 9 5 9 — A k t . KV. E K H N ) . 59» WEBER, i n : V V D S t R L 11 ( 1 9 5 4 ) , S. 1 7 1 . 591

SMEND,

in:

JZ

1956,

S. 5 3 ;



SCHEUNER,

in:

ZevKRVII

S. 2 7 0 f . ; — HESSE, in: JböR, N . F. X (1961), S. 2 7 f . 592

GRUNDMANN, i n : V h l g . L S . E K K W , I I I , 1. o . ( 1 9 5 9 ) , S. 5 7 .

593

V g l . SMEND, i n : J Z 1 9 5 6 , S. 5 2 .

(1959/60),

177 Ausbildung einer Vertragskirchenordnung in der Gegenwart geführt. Die Veränderlichkeit der geschichtlichen Verhältnisse zeigt, daß das Problem der Beziehungen von Staat und Kirche einer abschließenden Lösung nicht zugänglich ist. Stets besteht aber in der jeweiligen geschichtlichen Situation die Aufgabe, ein staatlich-kirchliches Beziehungssystem anzustreben, das dem rechtverstandenen Ordnungsauftrag des Staates und dem Verkündigungsauftrag der Kirche ein Höchstmaß an Entfaltung sichert 594 . Das Ergebnis der Untersuchung des Verhandlungsverlaufs und des Gehalts des Hessischen Staatskirchenvertrages gestattet die Schlußfolgerung, daß die staatskirchenvertragliche Ordnung Bedingungen geschaffen hat, die es dem Staat und der evangelischen Kirche erlauben, ihren spezifischen Auftrag zum Wohle der Bevölkerung des Landes wahrzunehmen. Kirchenpräsident Niemöller erklärte als Sprecher der drei evangelischen Landeskirchen anläßlich des Austausches der Ratifikationsurkunden am 5. Juli 1960: „Es gab — und es gibt sie immer noch — gewisse atmosphärische Störungszonen in dem Raum, in dem Staat und Kirche einander begegnen; und es wird sie vermutlich auch in Zukunft geben. D a ß sich in ihnen keine wirklichen und ernsthaften Störungen entwickeln, dafür werden wir beiderseits in der gemeinsamen Verantwortung, die Staat und Kirche mit diesem Vertrag übernommen und anerkannt haben, Sorge tragen müssen 595 ." Im Lande Hessen ist die Stellung der Kirche zum Staat und ihre Beteiligung am öffentlichen Leben als Ausdruck ihres Wächteramtes vertraglich gewährleistet. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß die Kirche nicht von Rechtsgarantien lebt, „sondern daß es der Geist ist, durch dessen Wirken sie allein ihren Aufgaben gerecht werden kann 5 9 6 ". So enthält auch der Hessische Kirchenvertrag keine endgültige, sondern eine den gegenwärtigen politischen und sozialen Verhältnissen angepaßte, relativ günstige Lösung f ü r die staatlich-kirchlichen Beziehungen, die es der Kirche in der konkreten geschichtlichen Situation ermöglicht, ihren „Auftrag, die Wirklichkeit Jesu Christi in Verkündigung, kirchlicher O r d nung und christlichem Leben wirklich werden zu lassen 597 ", zu erfüllen.

594

V g l . BONHOEFFER, E t h i k , S. 2 7 3 f .

595

epd — Evangelischer Pressedienst, Landesdienst Hessen, Nr. 66 v o m 5. 7. i960, S. 2. 596

597

KRÜGER-WITTMACK, i n : K i Z , X V . Jg. ( 1 9 6 0 ) , S. 9 8 . BONHOEFFER, E t h i k , S. 7 3 .

12 K l o s e , Reditsbeziehungea

ANHANG (Dokumente) ANLAGE I Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung I-VI/5-877/2-57

Wiesbaden, den 16. Juli 1957 Luisenplatz 10 Tel. Nr. Sammel-Nr. 5881 (Nachts 2 03 94) Postschließfach Nr. 14

An die Kr/Hs/mer Kirchenleitung der Evgl. Kirche in Hessen und Nassau Herrn Kirchenpräsident D. Niemöller Darmstadt Adelungstr. 38 Betr.: Neuordnung der finanziellen Beziehungen zwischen Staat und Kirche Bezug: Ihr Schreiben vom 22. 6. 1957 Die Hessische Landesregierung hat in der Sitzung vom 9. 7.1957 beschlossen, die finanziellen Leistungen des Staates an die evangelischen Landeskirchen mit Wirkung vom 1. 4. 1956 wie folgt zu regeln: Artikel 1 1. Die zur Zeit als Dotation für kirchenregimentliche Zwecke und als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -Versorgung gewährten finanziellen Leistungen des Landes an die evangelischen Kirchen in Hessen sowie die katastermäßigen Zuschüsse werden mit Wirkung vom 1. April 1956 durch einen Gesamtzuschuß (Staatsleistung an die evangelischen Kirchen) ersetzt. 2. Die Staatsleistung beträgt 7 950000,— DM. Davon entfallen auf die 1,8 Mio. Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck 5,9 Mio. Evangelische Kirche im Rheinland 0,25 Mio. 3. Die Staatsleistung ist den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Sie wird in dem gleichen Verhältnis erhöht oder vermindert, in dem sich die Besoldung der Landesbeamten ab 1. April 1957 erhöht oder vermindert. Berechnungsgrundlage ist die Besoldung der Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 2 c 2 (Eingangsgruppe des höheren Dienstes) am 1. Januar 1957. Auszugehen ist von dem Mittel zwischen Anfangs- und Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 2 c 2, dem Wohnungsgeldzuschuß der Tarifklasse III, Ortsklasse B, für einen Beamten mit zwei zuschlagpflichtigen Kindern im Alter vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr; das sind am 1. Januar 1957 12 510,— DM.

179 4. Die Staatsleistung w i r d mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im voraus an die Kirchen gezahlt. Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64 a der Reichshaushaltsordnung wird nicht gefordert. 5. Für eine Ablösung der Staatsleistung gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes f ü r die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 bleibt die bisherige Rechtslage maßgebend. Artikel 2 1. Das Land überträgt das Eigentum an staatlichen Gebäuden und G r u n d stücken, die ausschließlich evangelischen ortskirchlichen Zwecken gewidmet sind, den Kirchen, oder, wenn darüber ein Einverständnis zwischen Kirchen und Kirchengemeinden hergestellt ist, den Kirchengemeinden. Bei vorliegenden besonderen Umständen kann im Einzelfalle etwas anderes vereinbart werden. Bei der Eigentumsübertragung nadi Satz 1 werden Grunderwerbssteuer, Gerichtsund Vermessungskosten nicht erhoben. Das gleiche gilt f ü r die Weiterübertragung von den Kirchen auf die Kirchengemeinden, wenn das Eigentum innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages übergeht. 2. Die Kirchen stellen das Land mit Wirkung vom 1. April 1957 zu Geldund Sachleistungen an die Kirchengemeinden, insbesondere zur baulichen Unterhaltung der nach Absatz 1 übertragenen sowie der Gebäude frei, an denen das Land aus Patronats- oder anderen Rechtsgründen baulastpflichtig ist. Ausgenommen bleibt die Verpflichtung des Staates zur baulichen Unterhaltung der Elisabethkirche sowie der Universitätskirche in Marburg/L. 3. Zur Ablösung der Baulastverpflichtungen (Absatz 2) leistet das Land an die Kirchen eine einmalige Kapitalzahlung in H ö h e des Friedensneubauwertes der in Betracht kommenden Gebäude. Der Friedensneubauwert ist im Einvernehmen zwischen der staatlichen Hochbauverwaltung und den Kirchen zu ermitteln. 4. Das Land darf ohne Zustimmung der Kirchen Verpflichtungen, von denen es freizustellen ist, weder gerichtlich noch außergerichtlich in irgendeiner Weise anerkennen. Wird das Land wegen der genannten Verpflichtungen in einen Rechtsstreit verwickelt, so wird es der Kirche alsbald den Streit verkünden und ihr Einsicht in seine Unterlagen über den Prozeßstoff gewähren. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sind dem Land zu erstatten. 5. Die Kirchen werden sich bemühen, Verträge mit den Berechtigten zustande zu bringen, durch die das Land aus seinen Verpflichtungen gegenüber den Berechtigten entlassen wird." Sie haben dieser Regelung mit Schreiben vom 22. Juni 1957 zugestimmt. Es besteht Einverständnis darüber, daß die vorgenannte Regelung zu gegebener Zeit in eine allgemeine vertragliche Regelung als Bestandteil übernommen, aber schon jetzt hiernach verfahren werden soll. Ich werde demzufolge nunmehr mit Wirkung vom 1 . 4 . 1 9 5 6 die Staatsleistungen an die Evangelischen Landeskirchen nach Maßgabe dieser N e u o r d n u n g bewirken. Die Beträge gehen Ihnen k ü n f t i g nur noch über die Staatshauptkasse zu. Die Ihnen hiernach f ü r 1956 u n d die abgelaufenen Monate des Rechnungsjahres 1957 noch zustehenden Beträge werden Ihnen spätestens im August dieses Jahres zugehen. Die erforderlichen Mittel habe ich heute bei dem H e r r n Hessischen Minister der Finanzen angefordert. gez. Arno Hennig (Dr. h. c. A r n o Hennig) 12»

ANLAGE II Auszugsweise Der Hessische Minister für Erziehung und Volksbildung VI/5-871/5

Abschrift 31. Jan. 1958 Kr/hs

1/3-094/04 " 5 7 An das Bischöfliche Generalvikariat Fulda an das Bischöfliche Ordinariat Limburg an das Bischöfliche Ordinariat Mainz Betr.:

Neuregelung der Staatsleistungen an die Katholische Kirche. , , , VI/5-871/5 Bezug. Mein Schreiben vom 2.12.1957, 1/3 —-57 Nachdem nunmehr auch in der Frage der Pauschalierung der Baulastverpflichtungen des Staates an kirchlichen Gebäuden auf der Basis des in der Sitzung vom 16.11.57 erarbeiteten Vorschlages eine Lösung gefunden ist, fasse ich das Ergebnis der Verhandlungen über die Neuordnung der Staatsleistungen des Landes an die Katholische Kirche wie folgt zusammen: Artikel I 1. Die zur Zeit als Dotationen für kirchenregimentliche Zwecke und als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -Versorgung gewährten finanziellen Leistungen des Landes an die Katholische Kirche in Hessen sowie die katastermäßigen Zuschüsse werden mit Wirkung vom 1. April 1956 durch einen Gesamtzuschuß (Staatsleistung) an die Katholische Kirche ersetzt. 2. Die Staatsleistung beträgt jährlich 3 214 500 DM. Davon entfallen auf das Bischöfl. Generalvikariat Fulda 1 915 200 DM das Bischöfl. Ordinariat Limburg 507 700 DM das Bischöfl. Ordinariat Mainz 768 500 DM das Erzbischöfl. Generalvikariat Paderborn 23100 DM 3. Die Staatsleistung ist den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Sie wird in dem gleichen Verhältnis erhöht oder vermindert, in dem sich die Besoldung der Landesbeamten ab 1. April 1957 erhöht oder vermindert. Berechnungsgrundlage ist die Besoldung der Landesbeamten der Bes. Gruppe A 2 c 2 (Eingangsgruppe des höheren Dienstes am l . J a n . 1957). Auszugehen ist von dem Mittel zwischen Anfangs- und Endgrundgehalt der Bes. Gruppe A 2 c 2, dem Wohnungsgeldzuschuß der Tarifklasse III, Ortsklasse B für einen Beamten mit zwei zuschlagpflichtigen Kindern und dem Kindergeldzuschlag

181 für zwei zuschlagpflichtige Kinder im Alter vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr: das sind am 1. Januar 1957 12 510 D M . D i e Staatsleistung wird mit V12 des Jahresbetrages jeweils monatlich im voraus an die Kirchen gezahlt. Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64 a R H O wird nicht gefordert. 4. Für eine Ablösung der Staatsleistung gemäß Art. 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 der Deutschen Verfassung vom 11. August 1919 bleibt die bisherige Rechtslage maßgebend. Artikel I I 1. Die Baulastverpflichtung des Landes an kirchlichen Gebäuden — gleichzeitig 1 ob sie im Eigentum der Kirche, einer Kirchengemeinde oder des Staates stehen — wird ab 1. 4. 1957 durch eine jährliche Pauschalzahlung des Landes an die Diözesen in Höhe von 2 1 /2%> des Friedensneubauwertes der Gebäude bzw. Gebäudeteile, auf die sich die Baulast des Staates erstreckt, abgegolten. D e r Abgeltungsbetrag wird zum 1. 6. eines jeden Jahres bereitgestellt. Die Diözesen führen mit diesen Beträgen die Bauunterhaltung an den Gebäuden staatlichen Patronats selbst durch. Es steht ihnen frei, sich hierbei der Staatsbauämter gegen angemessene Vergütung zu bedienen. Sie werden sich aber auf jeden Fall für die Dauer der zeitlich begrenzten Pauschalierung wegen der Verwendung der Mittel jeweils mit den zuständigen Staatsbauämtern verständigen und diesen gegenüber den Nachweis über die ordnungsmäßige Verwendung der Mittel führen. 2. Auf die Pauschale nach Ziff. 1 werden die Beträge angerechnet, die das Land vom 1 . 4 . 1957 an noch aus Mitteln des Staatshaushaltes 1957 in Erfüllung seiner Baulastverpflichtungen aufgewendet hat. 3. Der Abgeltungsbetrag von 2 1 /2%> des Friedensneubauwertes ist in der Erwartung vereinbart, daß es bis zum Ablauf dieses Vertrages (s. Art. I V ) zu der von beiden Seiten angestrebten Totalablösung der Baulastverpflichtung des Landes kommt. Die Totalablösung soll in diesem Fall auf den 1 . 4 . 1957 — den auch für die evangelischen Kirchen geltenden Stichtag — zurückbezogen und das Ablösungskapital ab 1 . 4 . 1957 mit 4°/o p. a. verzinst werden Auf die Zinsen ist die vom 1. 4. 1957 an vom Lande gemäß Art. 2 Ziff. 1 dieses Vertrages gezahlte jährliche Pauschalleistung von 2 1 /2°/o des Friedensneubauwertes anzurechnen. 4. Kommt die Totalablösung der Baulastverpflichtungen des Landes nicht zustande, besteht aber bei Ablauf dieses Vertrages auf beiden Seiten ein Interesse an einer Verlängerung des Vertrages unter Aufrechterhaltung der Pauschalierung der Baulastverpflichtung, so gilt künftig der Satz von 2°/o des Friedensneubauwertes als Grundlage der jährlichen Pauschalleistungen. Über die Frage, ob die Pauschale dann etwa dem Bauindex angepaßt werden kann, bleiben besondere Verhandlungen bei Verlängerung des Vertrages vorbehalten. 5. Ausgenommen von der Pauschalierung sind die Dome zu Fulda und Limburg. Nicht von der Pauschalierung erfaßt werden ferner zerstörte, noch nicht wieder aufgebaute Objekte oder künftig noch zu erstellende kirchliche Gebäude, für welche die Kirche die Baulastverpflichtung des Staates glaubt in Anspruch nehmen zu können. Sie bleiben einer Sonderregelung im Einzelfall vorbehalten. 1

Offenbar ist statt „gleichzeitig" gleichgültig gemeint.

182 Artikel I I I 1. Soweit durch die Regelung zu Art. I und II Ansprüche von Kirchengemeinden gegen das Land Hessen berührt werden, stellen die Diözesen das Land von diesen Verpflichtungen frei. 2. Das Land darf ohne Zustimmung der Diözesen Verpflichtungen, von denen es gemäß Art. III (1) von den Diözesen freizustellen ist, weder gerichtlich noch außergerichtlich in irgendeiner Weise anerkennen. Wird das Land wegen der genannten Verpflichtungen in einen Rechtsstreit verwickelt, so wird es der Diözese alsbald den Streit verkünden und ihr Einsicht in seine Unterlagen über den Prozeßstoff gewähren. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sind dem Land zu erstatten. Artikel I V Die vorstehende Regelung gilt bis zum 31. 3.1961. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir baldmöglichst Ihr schriftliches Einverständnis zu dieser Neuordnung der Staatsleistungen mitteilen würden. Ich schlage vor, die Neuregelung durch einfachen Briefwechsel in Kraft zu setzen und sie als f ü r beide Teile verbindlich anzusehen, sobald mir Ihre schriftliche Zustimmungserklärung zu diesem Brief vorliegt. Zusatz für Fulda Die Vergleiche Petersberg, Brauhaus Fulda und Elisabethenkirche Kassel werden durch Art. II (2) nicht berührt. Die Behandlung des Priesterseminars im Falle einer Totalablösung bleibt besonderen Verhandlungen vorbehalten. Zusatz für Limburg Der guten Ordnung halber mache idi darauf aufmerksam, daß in den der Neuordnung der Staatsleistungen zu Grunde liegenden Katasterzuschüssen, die mit der Jahresleistung 1956 berücksichtigt sind, auch die sogenannten Tischtitelzuschüsse f ü r Theologiestudenten enthalten und damit in der Neuordnung miterfaßt sind. In Art. I der Vereinbarung sind diese nicht ausdrücklich erwähnt. Zusatz für Mainz Der Vergleich Lampertheim wird durch Art. II (2) nicht berührt. gez. D . h. c. Arno Hennig

A N L A G E III Vertrag des Landes Hessen mit den Evangelischen

Landeskirchen

Das Land Hessen, vertreten durdi den Ministerpräsidenten, und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, die Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck, die Evangelische Kirche im Rheinland, sämtlich vertreten durch ihre verfassungsmäßigen Vertreter,

in Hessen

183 geleitet v o n dem Wunsche, das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem L a n d u n d den Kirchen zu f ö r d e r n u n d zu festigen u n d g e m ä ß dem V e r f a s s u n g s a u f t r a g des Artikels 50 der Hessischen V e r f a s s u n g einheitlich zu gestalten, sind in W ü r d i g u n g des in allen zum ehemaligen Freistaat P r e u ß e n gehörenden Landesteilen in G e l t u n g stehenden Vertrages mit den Evangelischen Landeskirchen nebst Schlußprotokoll v o m 11. M a i 1931 u n d in Ü b e r e i n s t i m m u n g über die Eigenständigkeit u n d den ö f f e n t l i d i k e i t s a u f t r a g der Kirchen übereingekommen, den V e r t r a g im Sinne freiheitlicher O r d n u n g f o r t z u b i l d e n u n d wie f o l g t zu fassen: Artikel 1 1. D a s L a n d Hessen g e w ä h r t der Freiheit, den evangelischen G l a u b e n zu bekennen u n d auszuüben, den gesetzlichen Schutz. 2. D i e Kirchen o r d n e n u n d v e r w a l t e n ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des f ü r alle geltenden Gesetzes. 3. Sie haben das Recht, ihre Ä m t e r ohne M i t w i r k u n g des Staates oder der bürgerlichen G e m e i n d e zu verleihen oder zu entziehen. 4. D i e Kirchen, die Kirchengemeinden u n d die aus ihnen gebildeten V e r b ä n d e sind K ö r p e r s c h a f t e n des öffentlichen Rechts; ihr Dienst ist öffentlicher Dienst. Artikel 2 D i e Landesregierung und die Kirchenleitungen w e r d e n z u r Pflege ihrer Beziehungen regelmäßige Begegnungen anstreben. Sie w e r d e n sich v o r der Regelung v o n Angelegenheiten, die die beiderseitigen Interessen berühren, m i t e i n a n d e r ins Benehmen setzen u n d sich jederzeit z u r Besprechung solcher Fragen z u r V e r f ü g u n g stellen. Artikel 3 1. Kirchliche Gesetze, N o t v e r o r d n u n g e n u n d Satzungen, welche die v e r mögensrechtliche V e r t r e t u n g der Kirche, ihrer öffentlich-rechtlichen V e r b ä n d e , A n s t a l t e n und S t i f t u n g e n betreffen, w e r d e n dem Minister f ü r E r z i e h u n g und Volksbildung vorgelegt. 2. D e r Minister f ü r E r z i e h u n g u n d Volksbildung k a n n Einspruch erheben, w e n n eine o r d n u n g s g e m ä ß e vermögensrechtliche V e r t r e t u n g nicht gewährleistet ist. D e r Einspruch ist bis zum A b l a u f eines M o n a t s seit der V o r l a g e zulässig. Ü b e r den Einspruch entscheidet auf K l a g e der Kirche das zuständige O b e r landesgericht. Artikel 4 D i e Kirchen w e r d e n Beschlüsse über die Bildung u n d V e r ä n d e r u n g ihrer Kirchengemeinden u n d der aus ihnen gebildeten V e r b ä n d e dem Minister f ü r E r z i e h u n g und Volksbildung mitteilen u n d eine A u s f e r t i g u n g der O r g a n i s a t i o n s u r k u n d e vorlegen. D a s L a n d w i r k t bei der Bildung u n d V e r ä n d e r u n g kirchlicher Anstalten u n d S t i f t u n g e n mit eigener Rechtspersönlichkeit nach Richtlinien mit, die mit den Kirchen v e r e i n b a r t w e r d e n . Artikel 5 1. Die zur Zeit als D o t a t i o n f ü r kirchenregimentlidie Zwecke u n d als Z u schüsse f ü r Zwecke der P f a r r b e s o l d u n g und -Versorgung g e w ä h r t e n finanziellen Leistungen des L a n d e s an die Evangelischen Kirchen in Hessen sowie die k a t a s t e r m ä ß i g e n Zuschüsse w e r d e n mit W i r k u n g v o m 1. A p r i l 1956 d u r d i einen G e s a m t zuschuß (Staatsleistung an die Evangelischen Kirchen) ersetzt.

184 2. Die Staatsleistung beträgt 7 950000 D M . D a v o n entfallen auf die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau 1,8 Millionen D M , Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck 5,9 Millionen D M , Evangelische Kirche im Rheinland 0,25 Millionen D M . 3. Die Staatsleistung ist den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Sie wird in dem gleichen Verhältnis erhöht oder vermindert, in dem sich die Besoldung der Landesbeamten ab 1. April 1957 erhöht oder vermindert. Berechnungsgrundlage ist die Besoldung der Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 2 c 2 (Eingangsgruppe des höheren Dienstes) am 1. J a nuar 1957. Auszugehen ist von dem Mittel zwischen Anfangs- und E n d g r u n d gehalt der Besoldungsgruppe A 2 c 2, dem Wohnungsgeldzuschuß der T a r i f klasse I I I Ortsklasse B f ü r einen Beamten mit zwei zuschlagpflichtigen Kindern und dem Kinderzuschlag f ü r zwei zuschlagpflichtige Kinder im Alter vom vollendeten 6. bis zum vollendeten 14. Lebensjahr; das sind am 1. J a n u a r 1957 12510 D M . 4. Die Staatsleistung w i r d mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im voraus an die Kirchen gezahlt. Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64 a der Reichshaushaltsordnung wird nicht gefordert. 5. Für eine Ablösung der Staatsleistung gemäß Artikel 140 des G r u n d gesetzes f ü r die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 bleibt die bisherige Rechtslage m a ß gebend. Artikel 6 Das Land überträgt das Eigentum an staatlichen Gebäuden nebst Einrichtungsgegenständen und Grundstücken, die ausschließlich evangelischen ortskirchlichen Zwecken gewidmet sind, den Kirchen oder, wenn darüber ein Einverständnis zwischen Kirchen und Kirchengemeinden hergestellt ist, den Kirchengemeinden. Bei vorliegenden besonderen Umständen kann im Einzelfall etwas anderes vereinbart werden. Bei der Eigentumsübertragung nach Satz 1 werden Grunderwerbssteuer, Gerichts- und Vermessungskosten nicht erhoben. D a s gleiche gilt f ü r die Weiterübertragung von Kirchen an die Kirchengemeinden, wenn das Eigentum innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages übergeht. Artikel 7 1. Die Kirchen stellen das Land mit Wirkung vom 1. April 1957 von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen an die Kirchengemeinden, insbesondere zur baulichen Unterhaltung der nach Artikel 6 übertragenen sowie der Gebäude frei, aus denen das Land aus Patronats- oder anderen Rechtsgründen baulastpflichtig ist. Ausgenommen bleibt die Verpflichtung des Staates zur baulichen Unterhaltung der Elisabethkirche sowie der Universitätskirche in Marburg/L. 2. Zur Ablösung der Baulastverpflichtung (Absatz 1) leistet das Land an die Kirchen eine einmalige Kapitalzahlung in H ö h e des Friedensneubauwertes der in Betracht k o m m e n d e n Gebäude. D e r Friedensneubauwert ist im E i n v e r n e h m e n zwischen der staatlichen H o c h b a u v e r w a l t u n g u n d den Kirchen zu ermitteln. 3. Das L a n d darf ohne Zustimmung der Kirchen Verpflichtungen, von denen es freizustellen ist, weder gerichtlich noch außergerichtlich in irgendeiner Weise anerkennen.

185 W i r d das L a n d wegen der genannten Verpflichtung in einen Rechtsstreit verwickelt, so wird es der Kirche alsbald den Streit verkünden und ihr Einsicht in seine Unterlagen über den Prozeßstoff gewähren. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sind dem Land zu erstatten. 4. Die Kirchen werden sich bemühen, Verträge mit den Berechtigten zustande zu bringen, durch die das Land aus seinen Verpflichtungen gegenüber den Berechtigten entlassen wird. Artikel 8 1. Den Kirchen, den Kirchengemeinden und den aus ihnen gebildeten Verbänden sowie den evangelischen Anstalten und Stiftungen werden ihr Eigentum und andere Rechte an ihrem Vermögen im Umfange des Artikels 140 des G r u n d gesetzes f ü r die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 2 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 gewährleistet. 2. Die Landesbehörden werden bei der Anwendung enteignungsrechtlicher Vorschriften auf die kirchlichen Belange Rücksicht nehmen. Beabsichtigen die Kirchen in Fällen der Enteignung oder der Veräußerung kirchlicher Grundstücke, gleichwertige Ersatzgrundstücke zu erwerben, werden die Landesbehörden ihnen bei der Erteilung von Genehmigungen, die nach besonderen Vorschriften des Grundstücksverkehrs vorgesehen sind, im Rahmen der geltenden gesetzlichen Bestimmungen entgegenkommen. Artikel 9 1. In das Amt des leitenden Geistlichen einer Kirche, dessen Besetzung nicht auf einer Wahl oder Berufung durch eine Synode beruht, wird niemand berufen werden, von dem nicht die zuständigen kirchlichen Stellen durch A n f r a g e bei der Landesregierung festgestellt haben, daß Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen. W i r d das A m t auf G r u n d einer Wahl oder Berufung durch eine Synode besetzt, so zeigt die Kirche der Landesregierung die Vakanz an und teilt ihr später die Person des neuen Amtsträgers mit. 2. Als politische Bedenken im Sinne des Absatz 1 gelten nur staatspolitische, nicht dagegen parteipolitische Bedenken. Bei etwaigen Meinungsverschiedenheiten hierüber (Artikel 23) wird die Landesregierung auf Wunsch die Tatsachen angeben, aus denen sie die Bedenken herleitet. Die Feststellung bestrittener Tatsachen wird auf Antrag einer von Staat und Kirche gemeinsam zu bestellenden Kommission übertragen, die zu Beweiserhebungen und Rechtshilfeersuchen nach den f ü r Verwaltungsgerichte geltenden Vorschriften befugt ist. Artikel 10 1. Die Kirchen werden einen Geistlichen als Vorsitzenden oder Mitglied einer Behörde der Kirchenleitung oder einer höheren kirchlichen Verwaltungsbehörde, ferner als Leiter oder Lehrer an einer der praktischen Vorbildung der Geistlichen gewidmeten Anstalt nur anstellen, wenn er a) Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes f ü r die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 23. Mai 1949 ist, b) ein zum Studium an einer deutschen Universität berechtigendes Reifezeugnis besitzt, c) ein mindestens dreijähriges theologisches Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule zurückgelegt hat. 2. Wird in einem solchen Amt ein Nichtgeistlicher angestellt, so wird die Vorschrift des Absatz 1 zu a) angewandt.

186 3. Bei staatlichem und kirchlichem Einverständnis kann von den in Absatz 1 und 2 genannten Erfordernissen abgesehen werden; insbesondere kann das Studium an anderen Hochschulen als den in Absatz 1 zu c) genannten anerkannt werden. 4. Die Personalien der in Absatz 1 und 2 genannten Amtsträger werden dem Minister für Erziehung und Volksbildung mitgeteilt. Artikeln Für die Anstellung als Pfarrer gelten die in Artikel 10 Absatz 1 zu a), b) und c) genannten Erfordernisse. Für die Anstellung von Hilfskräften im pfarramtlichen Dienst gilt mindestens das zu a) genannte Erfordernis. Artikel 10 Absatz 3 findet Anwendung. Artikel 12 1. Im Verfahren vor den Kirchengerichten und im förmlichen Disziplinarverfahren gegen Geistliche und Kirchenbeamte sind 1.

die Kirchengerichte und die kirchlichen Disziplinarbehörden berechtigt, Zeugen und Sachverständige zu vereidigen,

2.

die Amtsgerichte verpflichtet, Rechtshilfeersuchen stattzugeben. 2. Dies gilt nicht für Verfahren wegen Verletzung der Lehrverpflichtung.

Artikel 13 1. Für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen bleibt die Evangelisch-theologische Fakultät an der Philipps-Universität in Marburg/L. bestehen. 2. V o r der Anstellung eines ordentlichen oder außerordentlichen Professors an einer evangelisch-theologischen Fakultät wird der kirchlichen Behörde Gelegenheit zu gutachtlicher Äußerung gegeben werden. 3. Die Bestellung des evangelischen Universitätspredigers an der PhilippsUniversität Marburg/L. geschieht durch den Minister für Erziehung und Volksbildung im Einvernehmen mit der Evangelischen Landeskirche von KurhessenWaldeck. Für die anderen Universitäten des Landes bleibt eine entsprechende Regelung vorbehalten, wenn sie eine theologische Fakultät erhalten. Artikel 14 1. An den Hochschulen für Erziehung an den Universitäten und entsprechenden Einrichtungen anderer wissenschaftlicher Hochschulen wird die wissenschaftliche Vorbildung in evangelischer Theologie und in evangelischer Religionspädagogik gewährleistet. Die hauptamtlichen Professoren und Dozenten für evangelische Theologie sind im Benehmen mit der zuständigen Kirche zu berufen. Artikel 13 Absatz 2 findet sinngemäß Anwendung. Der Wechsel von einer Hochschule für Erziehung des Landes zu einer anderen gilt nicht als Anstellung im Sinne dieser Bestimmung. 2. Zu der ersten Prüfung für das Lehramt an Volks- und Mittelschulen, Berufsschulen, Berufsfachschulen und Fachschulen an den Pädagogischen Instituten ist zu der Prüfung in evangelischer Religion ein Vertreter der zuständigen Landeskirche vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses einzuladen. Bei den Prüfungen in evangelischer Religion vor den wissenschaftlichen Prüfungsämtern werden die Kirchen durch ein Mitglied der Evangelisch-theologischen Fakultät (Marburg/L.) bzw. durch einen Professor oder Lehrbeauftragten für Theologie (Frankfurt/M.) vertreten. Die Lehrbefähigung für den Religionsunterricht wird vom Staat erteilt. Zur Erteilung des Religionsunterricht sind die Lehrer jedoch

187 erst berechtigt, wenn sie die Bevollmächtigung der Kirche erhalten haben. Widerruft die Kirche die Bevollmächtigung, so endet die Berechtigung, Religionsunterricht zu erteilen. 3. Für Erweiterungsprüfungen zum Erwerb der Lehrbefähigung im Fach Religion für das Lehramt an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen gilt Absatz 2 sinngemäß. 4. Die Studien- und Prüfungsordnungen für das Fach evangelische Religion an allen Schularten werden im Benehmen mit den Kirchen aufgestellt. Artikel 15 1. Die öffentlichen Schulen sind Gemeinschaftsschulen auf christlicher Grundlage. In ihnen werden die Schüler ohne Unterschied des Bekenntnisses und der Weltanschauung zusammengefaßt. In Erziehung und Unterricht sollen auch die geistigen und sittlichen Werte der Humanität zur Geltung kommen. Auf die Empfindungen Andersdenkender ist Rücksicht zu nehmen. 2. Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an allen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts haben die Kirchen das Recht, sich durch Einsichtnahme zu vergewissern, daß der Inhalt und die Gestaltung des Religionsunterrichtes den Lehren und Ordnungen der Kirche entsprechen. 3. Für die Geistlichen und die kirchlich ausgebildeten Religionslehrkräfte (Katecheten), denen ihre Kirche die Befähigung zur Erteilung von Religionsunterricht zuerkannt hat, gilt die staatliche Genehmigung zur Übernahme des evangelischen Religionsunterrichtes als erteilt. 4. Lehrpläne und Lehrbücher für den Religionsunterricht sind im Einvernehmen mit den Kirchen zu bestimmen. Artikel 16 1. In Krankenhäusern und Strafanstalten sowie in den sonstigen öffentlichen Anstalten des Landes, in denen eine seelsorgerische Betreuung üblich ist, werden die Kirchen zur Vornahme seelsorgerischer Besuche und kirchlicher Handlungen zugelassen. Wird in diesen Anstalten eine regelmäßige Seelsorge eingerichtet und werden hierfür Pfarrer hauptamtlich angestellt, so wird der Pfarrer von der Kirche im Einvernehmen mit dem Träger der Anstalt oder von dem Träger der Anstalt im Einvernehmen mit der Kirche bestellt. 2. Bei Anstalten anderer Unternehmen wird das Land dahin wirken, daß die Anstaltspfleglinge entsprechend seelsorgerisch betreut werden können. 3. Die vom Land bestellten Geistlichen unterstehen unbeschadet der Disziplinargewalt des Landes der geistlichen und disziplinarischen Aufsicht der zuständigen Kirche, soweit es sich um die Ausübung der durch die Ordination erworbenen Rechte handelt. Das Land wird einen Geistlichen, sobald er die durch die Ordination erworbenen Rechte verloren hat, zu pfarramtlichem Dienst in staatlichen Einrichtungen nicht mehr zulassen. Artikel 17 1. Die Kirdien und Kirchengemeinden sind berechtigt, nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen auf Grund von Steuerordnungen Kirchensteuern, insbesondere auch Kirchgeld, zu erheben. 2. Die Kirchensteuerordnungen und ihre Änderungen und Ergänzungen sowie die Beschlüsse über die Kirchensteuersätze bedürfen der staatlichen Genehmigung.

188 3. Die Kirdien werden sich für die Bemessung der Kirchensteuer als Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) über einen einheitlichen Zuschlagsatz verständigen. 4. Die Beschlüsse über die Kirchensteuersätze gelten als genehmigt, wenn sie den Bedingungen entsprechen, die mit den Kirchenleitungen vereinbart werden. Soweit die Kirchensteuer als einheitlicher Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) erhoben wird, werden die Kirchen ihre Beschlüsse über die Kirchensteuersätze dem Minister für Erziehung und Volksbildung anzeigen. Artikel 18 1. Auf Antrag der Kirchen ist die Verwaltung der Kirchensteuern, die in Zuschlägen zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) und zur Vermögenssteuer bestehen, den Finanzämtern zu übertragen. Soweit die Einkommensteuer durch Steuerabzug vom Arbeitslohn in hessischen Betriebsstätten erhoben wird, sind die Arbeitgeber zu verpflichten, auch die Kirchensteuer nach dem genehmigten Steuersatz einzubehalten und abzuführen. Das Land erhält als Entschädigung für die Verwaltung der Kirchensteuern 3 vom Hundert des durch die Finanzkassen vereinnahmten Aufkommens. D i e Finanzämter erteilen den von den Kirchen benannten Stellen Auskunft über die ihrer Verwaltung übertragenen Kirchensteuern. 2. Die Vollstreckung der Kirchensteuern wird auf Antrag der Kirdien den Finanzämtern oder, wenn die Gemeinden (Kreise) zustimmen, diesen übertragen. Artikel 19 1. Die Kirchen und ihre Gemeinden sind berechtigt, von ihren Angehörigen freiwillige Gaben für kirchliche Zwecke zu sammeln. 2. Für jede Kirche gilt alljährlich in ihrem Gebiet eine allgemeine Haussammlung zum Besten ihrer bedürftigen Gemeinden als genehmigt. D i e Zeit der Sammlung ist im Benehmen mit dem Hessischen Minister des Innern festzusetzen. Artikel 20 Die Kirchen werden der Erhaltung und Pflege denkmalswerter Gebäude nebst den dazugehörigen Grundstücken sowie denkmalswerter Gegenstände ihre besondere Aufmerksamkeit widmen. Sie werden Veräußerungen, Umgestaltungen und farbliche Instandsetzungen nur im Benehmen mit den Stellen der staatlichen Denkmalspflege vornehmen. Sie werden dafür sorgen, daß die Kirchengemeinden und sonstigen Verbände entsprechend verfahren. Im übrigen finden auch auf kirchlichem Bereich die Vorschriften eines etwa zu erlassenden Denkmalsschutzgesetzes Anwendung. Artikel 21 Die landesrechtlichen Vorschriften über nicht mit Lasten verbundene Patronate werden, soweit sie staatliche Normen sind, aufgehoben. Dasselbe gilt für die mit Lasten verbundenen Patronate, sobald die Beteiligten sich über die Ablösung der Lasten geeinigt haben, die Ablösung auf Grund landesgesetzlicher Regelung stattfindet oder der Patron von den Lasten freigestellt wird. Artikel 22 Auf Landesrecht beruhende Gebührenbefreiungen für das Land gelten auch für die Kirdien und ihre öffentlich-rechtlichen Verbände, Anstalten und Stiftungen. Weitergehende Gebührenbefreiungen nach dem Hessischen Justizkostengesetz vom 15. Mai 1958 (GVB1. S. 60) bleiben aufrechterhalten.

189 Artikel 23 Die Vertragsschließenden werden eine etwa in Zukunft zwischen ihnen entstehende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen. Artikel 24 1. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten dieses Vertrages treten die diesen Bestimmungen entgegenstehenden Gesetze und Ubereinkommen außer Kraft, insbesondere das preußische Staatsgesetz betreffend die Kirchenverfassung der Evangelischen Landeskirchen vom 8. April 1924 (GS. S. 221) und die Vereinbarung zwischen dem Hessischen Staat und der Evangelischen Landeskirche in Hessen vom 27. Mai 1930 (Reg. Bl. S. 58) nebst dem hiernach erlassenen Schiedsspruch vom 20. November 1933. 2. Es verbleibt jedoch bis zu anderweitiger gesetzlicher Regelung in den ehemals preußischen Landesteilen bei der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte f ü r die Entscheidung über öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zur Aufbringung der Baukosten f ü r N e u - und Reparaturbauten bei Kirchen-, P f a r r - und Küstergebäuden, wenn die Küsterei mit der Schule nicht verbunden ist, sowie über die Verteilung derselben auf Kirchengemeinden, kirchliche Verbände und Drittverpflichtete gemäß Artikel 17 Absatz 1 bis 4 und 7 des preußischen Staatsgesetzes vom 8. April 1924. Artikel 25 Dieser Vertrag soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen in Wiesbaden ausgetauscht werden. E r tritt mit dem Tage des Austausches in Kraft. Zu U r k u n d dessen ist dieser Vertrag in vierfacher Urschrift unterzeichnet worden. Geschehen zu Wiesbaden am 18. Februar 1960 (L. S.)

(L. S.)

Der Hessische Ministerpräsident gez. D r . Georg-August Z i n n Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Die Kirchenleitung gez. D. N i e m ö l l e r Kirchenpräsident Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck Der Bischof gez. D . W ü s t e m a n n

Evangelische Kirche im Rheinland Die Kirchenleitung gez. D . D r . B e c k m a n n gez. U l r i c h (L- S.) Präses Oberkirchenrat Anlage zu § 1 Abs. 2 Schlußprotokoll Bei der Unterzeichnung des am heutigen Tage geschlossenen Vertrages des Landes Hessen mit den Evangelischen Landeskirchen sind folgende übereinstimmende Erklärungen abgegeben worden, die einen integrierenden Bestandteil des Vertrages bilden.

190 Zu Artikel 3 Absatz 2: Als öffentlicher Dienst bleibt der kirchliche Dienst im bisherigen Umfang anerkannt. Zu Artikel 1 Absatz 4 : Es besteht Übereinstimmung darüber, daß die in Absatz 1 genannten Vorschriften nicht eher in Kraft gesetzt werden, als die Einspruchsfrist abgelaufen, der Einspruch zurückgenommen oder für unbegründet erklärt worden ist. Zu Artikel 5 Absatz 5: Das Land wird eine Ablösung ohne Zustimmung der Kirchen nicht durchführen. Zu Artikel 6: Die Einrichtungsgegenstände werden nach gemeinsam aufzustellenden Inventarverzeichnissen übereignet. Zu Artikel 5 und 7: Die aus dem Geschäftsbereich des Ministers für Landwirtschaft und Forsten zu erbringenden Leistungen werden von dieser Regelung nicht berührt. Zu Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe c): 1. Das theologische Studium an den kirchlichen Hochschulen Bethel, "Wuppertal, Neuendettelsau und Berlin wird nach Maßgabe der kirchlichen Ausbildungsvorschriften anerkannt. 2. Das an einer österreichischen staatlichen und an einer deutschsprachigen schweizerischen Universität zurückgelegte theologische Studium wird auf Wunsch der beteiligten Kirchen entsprechend den Grundsätzen, die für andere geisteswissenschaftliche Fächer gelten werden, als dem theologischen Studium an einer deutschen staatlichen Hochschule gleichberechtigt anerkannt. Zu Artikel 12 Absatz 1: Der den Eid Abnehmende muß die Befähigung zum Richteramt haben. Zu Artikel 12 Absatz 2 : 1. Bevor jemand als ordentlicher oder außerordentlicher Professor an einer evangelisch-theologischen Fakultät erstmalig angestellt werden soll, wird ein Gutachten in bezug auf Bekenntnis und Lehre des Anzustellenden von der kirchlichen Behörde, in deren Bereich die Fakultät liegt, erfordert werden. 2. Die der Anstellung vorangehende Berufung, d. h. das Angebot des betreffenden Lehrstuhls durch den Minister für Erziehung und Volksbildung wird in vertraulicher Form und mit dem Vorbehalt der in Absatz 1 vorgesehenen Anhörung geschehen. Gleichzeitig wird die kirchliche Behörde benachrichtigt und um ihr Gutachten ersucht werden, für welches ihr eine ausreichende Frist gewährt werden wird. 3. Etwaige Bedenken gegen Bekenntnis und Lehre des Anzustellenden werden von der kirchlichen Behörde niefit erhoben werden, ohne daß sie sich mit Vertretern der übrigen Kirchen beraten und festgestellt hat, ob ihre Bedenken überwiegend geteilt werden. Das Ergebnis wird in dem Gutachten angegeben werden. Die kirchliche Behörde wird, bevor sie in ihrem Gutachten solche Bedenken erhebt, in eine vertrauliche mündliche Fühlungnahme mit der Fakultät eintreten, auf Wunsch der kirchlichen Behörde oder Fakultät unter Beteiligung eines der evangelischen Kirche angehörenden Vertreters des Ministers für Erziehung und Volksbildung.

191 4. Die vorstehenden Bestimmungen gelten auch für eine Wiederanstellung, falls der zu Berufende inzwischen die Zugehörigkeit zu einer evangelisch-theologischen Fakultät im Lande Hessen verloren hatte. Zu Artikel 13 Absatz 3: 1. Die Universitätsprediger werden aus dem Kreis der ordinierten Mitglieder der Fakultät bestellt. Mit ihrer Einführung wird die Kirche einen ihrer obersten Geistlichen beauftragen. 2. Die Universitätsprediger erhalten eine kirchliche Bestallung. Die Bestallungsurkunde wird bei der Einführung ausgehändigt. 3. Wird aus besonderen Gründen von der Bestellung eines Universitätspredigers abgesehen, so wird dafür Sorge getragen werden, daß auf Grund besonderer Vereinbarung der evangelisch-akademische Gottesdienst von Mitgliedern der Theologischen Fakultät abgehalten werden kann. Zu Artikel 14 Absatz 1: 1. Die Bestimmungen des Schlußprotokolls zu Artikel 13 Absatz 2 gelten sinngemäß. 2. An den Hochschulen für Erziehung ist Gelegenheit zu kirchenmusikalischer Ausbildung zu geben. Zu Artikel 14 Absatz 2: 1. Für die Hochschulen für Erziehung bleibt eine Regelung vorbehalten. 2. Bei der zweiten Lehrerprüfung bzw. Assessorenprüfung wird gewährleistet, daß bei dem Prüfungsgespräch über das Fach evangelische Religion der Prüfende außer der Lehrbefähigung für evangelische Religion auch die kirchliche Bevollmächtigung besitzt. Zu Artikel 14 Absatz 3: Die Regelung gilt sinngemäß auch für Abschlußprüfungen von Ergänzungslehrgängen zum Erwerb der Lehrbefähigung für den evangelischen Religionsunterricht. Zu Artikel 15 Absatz 2: 1. Die den Kirchen zustehenden Befugnisse werden durch die Organe ausgeübt, die nach den Ordnungen, Gesetzen oder Satzungen der Kirche dafür zuständig sind. Mit der Ausübung dieser Rechte können im Einvernehmen mit den staatlidien Schulaufsichtsbehörden auch die Schulräte und Religionslehrer beauftragt werden. 2. Im eigenen Pfarrbezirk kann der Ortspfarrer die der Kirche zustehenden Rechte nicht ausüben. Die obersten Kirchenbehörden teilen die Namen der Beauftragen und der Stellvertreter den zuständigen staatlichen Schulaufsiditsbehörden mit. 3. Wenn der Beauftragte während der planmäßigen Religionsstunden den Unterricht einer Schulklasse besuchen will, so hat er sich rechtzeitig mit der staatlidien Schulaufsichtsbehörde ins Benehmen zu setzen. Zu Artikel 15 Absatz 3: Im Bedarfsfalle kann der evangelische Religionsunterricht auch von Geistlichen oder von kirchlich ausgebildeten Religionslehrkräften (Katecheten) durchgeführt werden.

192 Zu Artikel 17 Absatz 2 : Das Genehmigungsverfahren richtet sich vorbehaltlich späterer anderweitiger gesetzlicher Regelung nach den Vorschriften des Kirchensteuergesetzes vom 27. April 1950 (GVB1. S. 63) und der Durchführungsverordnung vom 15. Juni 1950 (GVB1. S. 108). Zu Artikel 17 Absatz 4: 1. Ein Landes- oder Ortskirchensteuerbeschluß, durch den die Steuer als einheitlicher Zuschlag zur Einkommensteuer (Lohnsteuer) erhoben wird, gilt als genehmigt, wenn der Zuschlag den im Vorjahr erhobenen Hundertsatz nicht übersteigt. 2. Ein Landes- oder Ortskirchensteuerbeschluß, durch den die Steuer als gleichmäßiger Zuschlag zu den Meßbeträgen der Grundsteuer bemessen wird, gilt als genehmigt, wenn der Zuschlag als Landeskirchensteuer und Ortskirchensteuer insgesamt 20 vom Hundert der Meßbeträge oder den im Vorjahr erhobenen Hundertsatz nicht übersteigt. Ändern sich die Meßzahlen der Grundsteuer von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, so ist der allgemein genehmigte Kirchensteuersatz im Einvernehmen zwischen den Kirchenleitungen und dem Minister für Erziehung und Volksbildung den veränderten Verhältnissen anzupassen. Das gleiche gilt, wenn sich, zum Beispiel durch eine neue Bewertung des Grundbesitzes, die Besteuerungsgrundlage dieser Steuer wesentlich ändert. 3. Ein Landes- oder Ortskirchensteuerbeschluß, durch den die Erhebung eines Kirchgeldes bestimmt wird, gilt als genehmigt, wenn das Kirchgeld sich in einem Rahmen hält, der zwischen dem Minister für Erziehung und Volksbildung und den Kirchenleitungen vereinbart wird. Zu Artikel 18 Absatz 1: 1. Die Unterlagen, deren die Kirchen und Kirchengemeinden (Gesamtverbände) aus steuerlichen Gründen bedürfen (einschließlich der Angaben über die Konfessionszugehörigkeit), sind ihnen auf Anforderung von den zuständigen Landes- und Gemeindebehörden mitzuteilen. 2. Für die Mitteilung der Besteuerungsunterlagen sind folgende Verfahren vorgesehen: a) Die von den Kirchen benannten Stellen erhalten Einsicht in die Veranlagungslisten (V-Listen) und die Lohnsteuerkarten. b) Die Finanzämter erteilen Auskunft über die Besteuerungsmerkmale der einzelnen Kirchenangehörigen, soweit diese zur Heranziehung von Kirchensteuern von Bedeutung sind. c) Das Steuergeheimnis ist zu wahren. 3. Die Gemeindebehörden verfahren für ihre Steuern entsprechend. Zu Artikel 23: Falls das Land in einer Vereinbarung der katholischen Kirche über den vorliegenden Vertrag hinausgehende weitere oder andere Rechte oder Leistungen gewähren sollte, wird es den Inhalt dieses Vertrages einer Überprüfung unterziehen, so daß die Grundsätze der Parität gewahrt werden. Zu Artikel 24 Absatz 1: Das Land und die Kirchen werden die nach dieser Vorschrift weiterhin außer Kraft tretenden gesetzlichen Bestimmungen und Übereinkommen im beiderseitigen Einvernehmen bekanntgeben.

193 Geschehen zu Wiesbaden am 18. Februar 1960 Der Hessische Ministerpräsident (L. S.) gez. Dr. Georg-August Z i n n Evangelische Kirche in Hessen und Nassau Die Kirdienleitung (L. S.) gez. D. N i e m ö l l e r Kirchenpräsident Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldedi Der Bischof gez. D. W ü s t e m a n n Evangelische Kirche im Rheinland Die Kirchenleitung gez. D. Dr. B e c k m a n n gez. U l r i c h (L. S.)

Präses

Oberkirchenrat

ANLAGE IV/V Verzeichnis der kirchlichen Gebäude und anderer Objekte, an denen eine bestehende staatliche Baulastverpftichtung gemäß Art. 7 HKV abgelöst wurde. Evangelische Kirche in Hessen und Nassau1 Reg.-Bez. Wiesbaden Pfarrgehöft in Frankfurt a. M. — Niederrad Chor der Kirche in Frankfurt a. M. — Unterliederbach Pfarrgehöft in Wiesbaden-Biebrich Chor der Kirche in Wiesbaden-Biebrich Pfarrgehöft in Wiesbaden-Igstadt Chor und Turm der Kirche in Wiesbaden-Igstadt Pfarrgehöft in Wiesbaden-Kloppenheim Chor und Turm der Kirche in Wiesbaden-Kloppenheim Chor und Sakristei der Kirche in Eschborn Pfarrgehöft in Delkenheim Chor der Kirche in Medenbach Pfarrgehöft in Neuenhain Kirche in Neuenhain Pfarrgehöft in Oberliederbach Chor und Turm der Kirche in Oberliederbach Pfarrgehöft in Sulzbach 1 Sehr. HMEV an die KL. E K H N vom 3 . 9 . 1 9 5 9 — AZ VI/5-I/3-094/03-59. Bestätigt durch Sehr. KL. EKHN an den HMEV vom 19.10.1959 (Akt. KV. EKHN).

13 K l o s e , Redttsbeziehungeii

194 Chor und Turm der Kirdic in Sulzbach Pfarrgehöft in Wallau Chor der Kirche in Wallau Pfarrgehöft in Seulberg Pfarrgehöft in Steinfischbach Pfarrgehöft in Elkershausen Kirdie in Elkershausen Pfarrgehöft in Essershausen Kirdie in Gräveneck Kirdie in Weilburg Pfarrgehöft in Weilmünster Reg.-Bez. Darmstadt' Kirdie in Wixhausen Pfarrgehöft in Wixhausen Kirdie in Grävenhausen Simultankirche in Hofheim 3 Pfarrgehöft in Waldmidielbadi Pfarrgehöft in Sickenhofen Pfarrgehöft in Crumstadt Kirdie in Biebesheim Pfarrgehöft in Oberau Pfarrgehöft in Dortelweil Pfarrgehöft in Niedererlenbach Pfarrgehöft in Rendel Pfarrgehöft in Södel Evangelische Landeskirche von Kurhessen-Waldeck4 Reg.-Bez. Kassele Kirdie in Petersberg/Hersfeld 2 Die Fürstengruft in der Stadtkirdie zu Darmstadt wird von der Übernahme der Baulast durch die Evangelische Kirdie in Hessen und Nassau aus denkmalspflegerischen Erwägungen ausgenommen. Die Instandsetzung und Instandhaltung der Fürstengruft wird aus Mitteln für staatseigene Denkmäler bestritten. 3 In der Ablösungssumme ist nur der auf die E K H N entfallende Anteil der staatlichen Baulast an der Simultankirche in Hofheim enthalten (Vs Anteil). Sdir. HMEV an die KL. E K H N vom 13. 11.1959 — AZ. VI/5-I/3-094/03-59 (Akt. KV. EKHN). 4 Die Gebäudeliste wurde dem Verf. vom Landeskirchenamt der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen-Waldeck, Kassel, mit Schreiben vom 19. 6. 1961 — AZ. A 3401/61 I — G 872 übermittelt. (Sdir. HMEV an die KL. EKKW vom 27.12.1957 — AZ. I-VI/5-871/5-57-094/04). 6 Gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 2 H K V bleibt die Verpflichtung des Landes Hessen zur baulichen Unterhaltung der Elisabethkirche und der Universitätskirche in Marburg/L. bestehen.

195 Kirdie in Philippsthal (Sdiloßkirdie) Pfarrgehöft in Philippsthal Küsterhaus in Philippsthal Kirdie in Blankenheim Ref. Totenhof in Blankenheim Kirche (Kapelle) auf dem Domänenhof in Cornberg Gruft der Stiftskirche in Rotenburg Kirdie auf dem Domänenhof in Burguffeln Klosterkirche in Lippoldsberg Pfarrhof in Lippoldsberg Kirdie in Fritzlar Pfarrhaus in Fritzlar, Domplatz Frauenmünsterkirche in Obermöllrich, Gemarkung Fritzlar Pfarrhaus in Cuxhagen-Breitenau Pfarrgehöft in Felsberg Pfarrhaus in Spieskappel Kirdie in Spieskappel Kirdie in Immichenhain8 Chor der Martinskirdie in Kassel Evang.-Luth. Oberpfarrei in Marburg/L., Luth. Kirchhof 1 1. Luth. Pfarrhaus in Kirdhhain, Hinterm Kirchhof 25 2. Luth. Pfarrhaus in Kirchhain, Bahnhofstraße 9 Ref. Pfarrhaus in Kirchhain, Borngasse 5 Ref. Pfarrhaus in Rausdienberg, Kraftgasse 26 Küsterhaus in Cappel Ref. Pfarrhaus in Mündihausen Ref. Küstergehöft in Münchhausen Kirche in Louisendorf Pfarrscheune in Louisendorf Ref. Kirdie in Frankenberg/Eder, Auf der Burg 16 1. Ref. Pfarrhaus in Frankenberg/Eder, Auf der Burg 4 2. Ref. Pfarrhaus in Frankenberg/Eder, Auf der Burg 2 Reg.-Bez Wiesbaden Pfarrhaus in Hanau-Kesselstadt Pfarrhaus in Bruchköbel Pfarrhaus in Niederissigheim Pfarrhaus in Niederrodenbach Pfarrhaus in Oberdorfelden Pfarrhaus in Rossdorf Pfarrhaus in Rüdigheim Kirdie mit altem und neuem Friedhof in Rüdigheim Pfarrhaus in Mottgers Pfarrhaus in Neuengronau Pfarrhaus in Sterbfritz * Für die Kirche in Immichenhain war der Staat nur zu '/s Anteil bau1 astpflichtig. 13»

196 Evangelische Kirche im R h e i n l a n d E i n e staatliche Baulastpflicht bestand am D o m zu W e t z l a r und an d e m e v a n gelischen P f a r r h a u s in Kröffelbach. D i e Verpflichtung des Staates, für die bauliche U n t e r h a l t u n g des D o m e s zu W e t z l a r zu sorgen, u m f a ß t e gegenüber der Evangelischen Kirche im R h e i n l a n d einen Anteil von der gesamten Baulast.

ANLAGE VI

Vertrag des Landes Hessen mit den katholischen

Bistümern in Hessen

Zwischen dem L A N D H E S S E N , gesetzlich v e r t r e t e n durch seinen M i n i s t e r p r ä s i d e n t e n einerseits und den B I S T Ü M E R N

FULDA,

LIMBURG

und M A I N Z

sowie dem

ERZ-

B I S T U M P A D E R B O R N , vertreten durch die zuständigen Ordinarien andererseits, w i r d mit Zustimmung des H l . Stuhles folgender V e r t r a g geschlossen: Artikel I 1. D i e als D o t a t i o n e n der Diözesen und Diözesananstalten, als Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und -Versorgung sowie als katastermäßige Z u schüsse gewährten finanziellen Leistungen des Landes Hessen werden mit W i r kung v o m 1. April 1956 durch Gesamtzuschüsse (Staatsleistungen) an die Bistümer ersetzt. 2. F ü r die Staatsleistungen gelten jährlich folgende G r u n d b e t r ä g e : D M 1 9 2 4 9 0 0 , — für das Bistum F u l d a , D M 5 0 7 7 0 0 , — für das Bistum Limburg, D M 7 6 8 5 0 0 , — für das Bistum M a i n z , DM 23 1 0 0 , — für das Erzbistum P a d e r b o r n . 3. D i e Staatsleistungen sind den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen. Sie werden in dem gleichen Verhältnis erhöht oder v e r mindert, in dem sich die Besoldung der Landesbeamten seit dem 1. April 1 9 5 7 erhöht h a t , weiterhin erhöht oder vermindert. Berechnungsgrundlage ist die B e soldung der Landesbeamten der Besoldungsgruppe A 2 c 2 (Eingangsgruppe des höheren Dienstes) am 1. J a n u a r 1957. Auszugehen ist von dem Mittel zwischen A n f a n g s - und Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 2 c 2 (jetzt A 13), dem Wohnungsgeldzuschuß (jetzt „Ortszuschlag") der Tarifklasse I I I (jetzt T a r i f klasse I I ) Ortsklasse B f ü r einen B e a m t e n m i t zwei Zuschlagspflichtigen K i n d e r n u n d d e m Kinderzuschlag f ü r zwei Zuschlagspflichtige K i n d e r i m A l t e r v o m v o l l endeten 6. bis zum vollendeten 14. L e b e n s j a h r ; das sind am 1. J a n u a r 1 9 5 7 D M 12510,—.

197 4. Die Staatsleistungen werden mit einem Zwölftel des Jahresbetrages jeweils monatlich im voraus an die Bistümer gezahlt. Ein Verwendungsnachweis gemäß § 64 a der Reichshaushaltsordnung wird nicht gefordert. 5. Die auf Grund der Vereinbarung vom 31. Januar 1958 geleisteten Zahlungen werden angerechnet. 6. Für eine Ablösung der Staatsleistungen gemäß Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in Verbindung mit Artikel 138 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 bleibt die bisherige Rechtslage maßgebend. Artikel II 1. Das Land überträgt das Eigentum an staatlichen Gebäuden nebst Einriditungsgegenständen und Grundstücken, die katholischen kirchlichen Zwecken gewidmet sind, den Bistümern oder, wenn darüber ein Einverständnis zwischen den Bistümern und Kirchengemeinden hergestellt ist, den Kirchengemeinden. Bei vorliegenden besonderen Umständen kann im Einzelfall etwas anderes vereinbart werden. Bei der Eigentumsübertragung nach Satz 1 werden Grunderwerbssteuer, Gerichts- und Vermessungskosten nicht erhoben. Das gleiche gilt für die Weiterübertragung von Kirchen an die Kirchengemeinden, wenn das Eigentum innerhalb von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages übergeht. 2. Die Bistümer stellen das Land mit Wirkung vom 1. April 1957 von allen Verpflichtungen zu Geld- und Sachleistungen, insbesondere zur baulichen Unterhaltung der nach Absatz 1 übertragenen sowie der Gebäude frei, aus denen das Land aus Patronats- oder anderen Rechtsgründen baulastverpflichtet ist, auch insoweit, als Berechtigte dieser Verpflichtungen Kirchengemeinden sind. 3. Das Land darf ohne Zustimmung der Bistümer Verpflichtungen, von denen es freizustellen ist, weder gerichtlich noch außergerichtlich in irgendeiner Weise anerkennen. Wird das Land wegen der genannten Verpflichtungen in einen Rechtsstreit verwickelt, so wird es dem betreffenden Bistum alsbald den Streit verkünden und ihm Einsicht in seine Unterlagen über den Prozeßstoff gewähren. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten sind dem Land zu erstatten. 4. Die Bistümer verpflichten sich, einen Ausgleich mit den berechtigten Kirchengemeinden in eigener Zuständigkeit und so zu regeln, daß das Land aus seinen Verpflichtungen von den berechtigten Kirchengemeinden entlassen wird. Artikel III 1. Die Baulastverpflichtungen des Landes an kirchlichen Gebäuden, gleichgültig, ob sie im Eigentum eines Bistums, einer Pfarrei oder Kirchengemeinde oder des Staates stehen, werden durch die einmalige Kapitalzahlung in Höhe des Friedensneubauwertes dieser Gebäude abgelöst, und zwar D M 4 880 000,— a) an das Bistum Fulda mit b) an das Bistum Limburg mit D M 4 050 000,— c) an das Bistum Mainz mit D M 1 620 000,— 2. Gleichzeitig mit den Ablösungsbeträgen ist für die Zeit vom 1. April 1957 bis zum Inkrafttreten des Vertrages ein jährlicher Betrag von 4 v. H . der Ablösungsbeträge zu entrichten, auf den die zur Unterhaltung der Gebäude im Sinne des Absatzes 1 in der genannten Zeit durch das Land gewährten Leistungen angerechnet werden.

198 3. Die nach Absatz 1 und 2 zu leistenden Zahlungen werden mit Inkrafttreten dieses Vertrages fällig. Artikel IV Die Baulastverpflichtung für die Dome von Fulda und Limburg verbleibt beim Land. Die Grenze des Domgebäudes in Fulda zu dem angrenzenden Priesterseminar ist festgelegt. Artikel V Die Bistümer werden der Erhaltung und Pflege denkmalswerter Gebäude nebst den dazugehörigen Grundstütken sowie denkmalswerter Gegenstände ihre besondere Aufmerksamkeit widmen. Sie werden Veräußerungen, Umgestaltungen und farbliche Instandsetzungen nur im Benehmen mit den Stellen der staatlichen Denkmalspflege vornehmen. Sie werden dafür sorgen, daß die Kirchengemeinden und sonstigen Verbände entsprechend verfahren. Im übrigen finden auch auf kirchlichem Bereich die Vorschriften eines etwa zu erlassenden Denkmalschutzgesetzes Anwendung. Artikel V I Falls das Land den Evangelischen Landeskirchen in einer Vereinbarung über diesen Vertrag hinausgehende weitere oder andere Rechte oder Leistungen gewähren sollte, wird es den Inhalt dieses Vertrages einer Überprüfung unterziehen, so daß die Grundsätze der Parität gewahrt werden. Artikel V I I Die Vertragschließenden werden eine etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen. Artikel V I I I Dieser Vertrag tritt in Kraft, wenn das Land Hessen und die Apostolische Nuntiatur in Bad Godesberg im Namen des H l . Stuhles ihre Zustimmung zu diesem Vertragsinhalt durch einen Notenwechsel erklärt haben. Zu Urkund dessen ist dieser Vertrag in fünffacher Urschrift unterzeichnet worden. Geschehen zu Wiesbaden am 9. März 1963. Der Hessische Ministerpräsident gez. Georg-August Zinn Der Erzbischof von Paderborn gez. Lorenz Jaeger Der Bischof von Fulda gez. Adolf Bolte Der Bischof von Limburg gez. Wilhelm Kempf Der Bischof von Mainz gez. Hermann Volk (Siegel)

Entscheidungen in Kirchensachen seit 1946 H e r a u s g e g e b e n v o n P r o f . D r . D r . CARL JOSEPH HERING u n d O b e r s t a d t d i r e k t o r D r . j u r . u t r . HUBERT LENTZ.

Oktav. Kunsthalbleder. I. 1946—1952. X V I , 363 Seiten. 1963. DM 55,—. II. 1953—1954. X I I , 437 Seiten. 1964. DM 64,—. III. 1957 bis 1958. X I I , 408 Seiten. 1966. DM 74,—.

Das Disziplinargesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 11. März 1955 sowie die Verordnung der Evangelischen Kirche der Union über das Disziplinarrecht vom 14. Mai 1956 nebst den Überleitungsgesetzen der Gliedkirchen erläutert von Konsistorialp r ä s i d e n t i . R . D r . H A N S VON A R N I M .

Oktav. VII, 221 Seiten. 1960. Ganzleinen DM 16,—. (Sammlung Guttentag Band 251)

Das Verhältnis von Kirche und Staat in der Bundesrepublik V o n K u l t u s m i n i s t e r P r o f . D r . PAUL MIKAT.

Oktav. IV, 24 Seiten. 1964. DM 5,—. (Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft, Heft 14)

Kirchenkampf in Deutschland 1933-1945 Religionsverfolgung und Selbstbehauptung nationalsozialistischen Zeit.

der Kirchen

in

der

V o n FRIEDRICH ZIPFEL. M i t e i n e r E i n l e i t u n g v o n HANS HERZFELD.

Groß-Oktav. X V I , 571 Seiten. 1965. Ganzleinen DM 38,—. (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin Band 11)

Hauptfragen christlicher Religionsphilosophie V o n EMANUEL H I R S C H .

Oktav. VIII, 405 Seiten. 1964. Ganzleinen DM 19,80 (Die kleinen de-Gruyter-Bände Band 5)

W A L T E R DE G R U Y T E R & CO • B E R L I N 30

Das Wesen des reformatorischen Christentums V o n EMANUEL H I R S C H .

Oktav. VII, 270 Seiten. 1963. Ganzleinen DM 18,—.

Ethos und Evangelium V o n EMANUEL H I R S C H .

Oktav. XII, 443 Seiten. 1966. Ganzleinen DM 38,—.

Ethik V o n W O L F G A N G TRILLHAAS.

2., neubearbeitete Auflage. Groß-Oktav. XVI, 498 Seiten. 1965. Ganzleinen DM 32,—. (Sammlung Töpelmann I, 4; Verlag A. Töpelmann)

Das Evangelium und der Zwang der Wohlstandskultur V o n W O L F G A N G TRILLHAAS.

Oktav. VIII, 80 Seiten. 1966. DM 12,—. (Theologische Bibliothek Töpelmann 13; Verlag A. Töpelmann)

Gott existiert Eine dogmatische Studie. V o n C A R L - H E I N Z RATSCHOW.

Oktav. IV, 87 Seiten. 1966. DM 12,—. (Theologische Bibliothek Töpelmann 12)

Worte für jeden Tag Gesammelt aus den Schriften N A T H A N

SÖDERBLOMS

v o n A N N A SÖDERBLOM.

Ins Deutsche übertragen von T. Baur. 2., veränderte Auflage. Oktav. VII, 370 Seiten. 1956. Kunststoff DM 14,80. (Verlag A. Töpelmann)

WALTER DE G R U Y T E R

& CO • B E R L I N

30