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German Pages 143
Schriftenreihe zur Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung
Band 28
Der Reiseveranstaltungsvertrag Die Rechtsbeziehungen zwischen Reiseveranstalter und Kunden bei Gesellschafts- und Pauschalreisen unter besonderer Berücksichtigung der Reisebedingungen Von
Dr. Gabriele Arndt
Duncker & Humblot · Berlin
GABRIELE ARN DT
Der Reiseveranstaltungsvertrag
Schriftenreihe zur Rechtssoziologie und Rechtstatsachenforschung Herausgegeben von Ernlt E. lIirlch und Manfred Rehbinder
Band 28
Der Reiseveranstaltungsvertrag Die Recht8beziehungen zwi8chf"n Rei~everan8talter und Kunden bei Ge8ellschaft8- und Pauschalreisen unter besonderer Berücksichtigung der Reisebedingungen
Von
Dr. Gabriele Arndt
DUNCKER & nUl\IßLOT I
ßERLIN
Alle Rechte vorbehalten
@ 1972 Duncker & Humblot. Berlln 41
Gedruckt 1972 bel Alb. Sayffaerth. Berlln 61 Prlnted In Germany ISBN 342802824 4
Vorwort Die Veranstaltung von Gesellschafts- und Pauschalreisen hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelt. Dabei spielten zunächst vorwiegend die deutschsprachigen Länder und die nähere europäische Umgebung eine Rolle. Heute sind jedoch auch Reisen in entferntere und entfernteste Gegenden für weite Bevölkerungskreise nichts außergewöhnliches. Selbstverständlich wachsen damit auch die Schwierigkeiten, die mit solchen organisierten Reisen verbunden sind, so daß es nicht verwunderlich -ist, wenn die rechtlichen Probleme dieser Reisen in den letzten Jahren auch in der Öffentlichkeit zunehmende Beachtung finden. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen dabei noch immer die Geschäftsbedingungen der Reiseveranstalter, nachdem das Anfang 1970 in Brüssel abgeschlossene Internationale Übereinkommen über den Reisevertrag (CCV), mit dem eine einheitliche Regelung der Beziehungen zwischen den Reisenden und den Reiseveranstaltern und -vermittlern, insbesondere eine haftungsrechtliche Sicherung der Reisenden versucht werden sollte, nur von einigen Staaten angenommen wurde und in Deutschland zunächst hauptsächlich am Widerstand des Reisebüroverbandes gescheitert ist. Die vorliegende Arbeit, die eine systematische Darstellung des Reiseveranstaltungsvertrages zum Gegenstand hat, sollte daher zwei Aufgaben erfüllen: Einmal ging es um eine Sammlung und systematische Verarbeitung der wichtigsten Reisebedingungen, zum anderen um deren Erläuterung und Überprüfung anhand des geltenden Rechts und der einschlägigen Dogmatik. Dabei ergab sich, daß 21 der gegenwärtig verwendeten Vertragsklauseln ungültig sind. Hervorgehoben sei, daß die in der Arbeit angeführten Bedingungen nur als Beispiele dienen, die zunächst einen Überblick darüber geben sollen, welche Regelungen überhaupt vorhanden und wie diese Regelungen, wenn sie in einem Vertrag auftreten, zu verstehen und zu beurteilen sind. Eine Reihe von Bedingungen ist in späteren als den hier berücksichtigten Prospekten in Binzelhei ten geändert worden. Jedoch handelt es sich dabei immer nur um den Austausch der bisherigen Regelung durch eine andere in anderen Bedingungen bereits vorhandene, so daß die Aussagen dieser Arbeit dadurch nicht berührt werden.
Vorwort
6
In den Prospekten für das Jahr 1972 verweisen die Veranstalter meist nicht mehr auf die früher vom Deutschen Reisebüroverband herausgegebenen ARB. Wenn diese Bedingungen dennoch im Anhang abgedruckt sind, so beruht dieses auf der überlegung, daß die ARB als klassisches Muster in fast alle anderen Reisebedingungen Eingang gefunden haben, andererseits aber nicht mehr wie diese Bedingungen einem ständigen Wandel unterworfen sind, der sie für den Abdruck ungeeignet erscheinen läßt. Abschließend sei auf zwei neuere Aufsätze hingewiesen, die in dieser Arbeit nicht mehr verwertet werden konnten, und zwar auf den Aufsatz von Eberhard Rebmann "International einheitliche Regelung des Rechtes des Reisevertrages", in Betrieb 1971, S. 1949 ff., der sich mit dem bereits erwähnten CCV beschäftigt, ferner auf den Aufsatz von Harald Bartl in NJW 1972, S. 505 ff. über "Die Urlaubsreise und ihre Beeinträchtigung" . Bielefeld, im Dezember 1972
Manfred Rehbinder
Inhaltsverzeichnis Erster Abschnitt: Grundlagen ........................................
13
§ 1 Die Begriffe "Gesellschafts-" und "Pauschalreise" ................
13
§ 2 Die Rechtsbeziehungen bei einer organisierten Reise ..............
14
§ 3 Der Reiseveranstaltungsvertrag ..................................
15
§ 4 Die Reisebedingungen
..........................................
16
Zweiter Abschnitt: Gegenstand und Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages ..................................................
20
§ 1 Der typische Reiseveranstaltungsvertrag
20
I. Der Gegenstand des Reiseveranstaltungsvertrages
II. Die Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages .......... 1. Werkvertrag .......................................... 2. Geschäftsbesorgungsvertrag ............................ 3. Maklervertrag 4. Handelsrechtliche Beurteilung ......................... . § 2 Sonderfälle
I. Der Veranstalter als Leistungsträger ..................... .
II. Reiseverträge mit der Verpflichtung zu Reisedienstleistungen 1. übernahme der Beförderung ......................... . 2. übernahme der Beherbergung und Bewirtung ......... . 3. übernahme der Reiseleitung ........................... . 4. übernahme sämtlicher Reiseleistungen ................. . III. Mehrere Veranstalter ..................................... .
21
24 24 25 26 26
28 28 29 29 30
31 31 32
Dritter Abschnitt: Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages ... .
33
§ 1 Ausschreibung, Anmeldung und Bestätigung ................... .
33
I. II. III. IV.
Die Ausschreibung ....................................... . Die Anmeldung ........................................... . Die Bestätigung ........................................... . Die Form ................................................. .
33
§ 2 Die Einbeziehung der Reisebedingungen in den Vertrag . ........ .
43
I. Die Firmenbedingungen ................................... .
43
II. DieARB ................................................. . III. Die Bedingungen der übrigen Leistungsträger ............. .
46
33 38
42
45
8
Inhaltsverzeichnis
§ 3 Die Bevollmächtigung des Veranstalters
47
§ 4 Die Mängel bei Vertragsabschluß ................................
49
I. Die Irrtumsanfechtung und die Anfechtung wegen arglistiger
Täuschung ................................................
11. Die anfängliche Unmöglichkeit § 5 Das vorvertragliche Schuldverhältnis
I. Allgemeines
49 54 55
55
11. Die Haftung für Auskünfte ................................
57
III. Besondere Vereinbarungen vor Vertragsabschluß .. . .. . . . . . . .
58
Vierter Abschnitt: Die Erfüllung des Reisevertrages ..................
59
§ 1 Pflichten und Tätigkeit des Veranstalters ........................
59
I. Art und Umfang der zu vermittelnden Leistungen ..........
59
11. Weisungen des Kunden. .. . . . . . . . . . . . . . . ... . . . . . . . .. . . . . . . .
60
III. Die Reiseunterlagen
60
IV. Die Abrechnung mit den Leistungsträgern ..................
63
V. Nebenpflichten des Veranstalters ..........................
64
VI. Termine und Dauer der Reise ..............................
65
VII. Erfüllungsort
66
VIII. Die Höchstpersönlichkeit des Reiseanspruchs ................
66
IX. Die Beteiligung anderer Personen an der Vertragserfüllung und die Erfüllung durch mehrere Veranstalter. . . .. . . . ... . . .
67
§ 2 Pflichten des Kunden . .................... " . . .. . . ... . .... . .. . .. .
69
I. Die Bezahlung ............................................ 1. Der Reisepreis ........................................ 2. Der Aufwendungsersatz ................................ 3. Die Anzahlung ........................................ 4. Die Vorleistungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Modalitäten der Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Erfüllungsort .......................................... 7. Die Einstandspflicht Dritter für die Bezahlung ..........
69 69
11. Die Mitwirkung des Kunden bei der Durchführung der Reise
74
1. Die Pflicht zur Abnahme. ... . .. . ... .. . . . . . .. . . .... ... . ..
74
2. Mitwirkungspflichten, deren Verletzung zum Annahme-
verzug führt
70 70 70
72 72 73
...................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
3. §242BGB ......... ... ... .......... .... ............ .....
75 75
4. Die Mitwirkung bei einem Vertrag zugunsten Dritter....
Inhaltsverzeichnis
9
§ 3 Der Anderungsvorbehalt ........................................
75
I. Änderungen des Reiseplanes und der Reiseleistungen ......
1. Die ARB-Regelung .................................... 2. Die Regelung in den Firmenbedingungen ... . . . . . . . . . . . . . 3. Die Auswirkungen der Änderungen auf den Reisepreis .. a) Erhöhung der Kosten ............. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verringerung der Kosten. . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. . 4. Die Änderungspflicht ..................................
75 76 80 83 83 84 85
11. Änderung des Reisepreises ................................ 1. Preiserhöhungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Preisermäßigungen ....................................
85 86 87
Fünfter Abschnitt: Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90
§ 1 Kündigung und Rücktritt des Kunden ............................
89
I. Der Rücktritt vor Reisebeginn ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Rücktrittsrecht ....................................
89 89 89 94 95
2. 3. 4. 5.
Die Rücktrittsgebühren ................................ Die Rücktrittserklärung ................................ Entsprechende Anwendung der Rücktrittsregeln ........ Die Folgen des Rücktritts für die Vollmacht des Veranstalters ................................................
96
11. Der vorzeitige Abbruch der Reise. .. . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . .
96
§ 2 Umbuchung und Verlängerung ..................................
97
I. Die Umbuchung
.......................................... 1. Die Ummeldung auf eine andere Reise .................. 2. Die Änderung von Einzelheiten der Reise. . . . . . . . .. . .. .. . 3. Der Wechsel des Kunden ..............................
97 98 100 101
11. Verlängerung und Unterbrechung .......................... 1. Die Verlängerung ...................................... 2. Die Unterbrechung der Reise ..........................
102 102 103
§ 3 Der Rücktritt des Veranstalters ..................................
103
I. Das allgemeine Rücktrittsrecht ............................
103
11. Der Rücktritt in besonderen Fällen ........................ 1. Rücktritt wegen Versäumung der Zahlungsfrist. . .. . . ... . 2. Ausschluß des Kunden wegen Nichterscheinens beim Reiseantritt und Fehlen der Reiseunterlagen ............ 3. Rücktritt aus sonstigen Gründen in der Person des Kunden
108 108
§ 4 Der Wechsel des Veranstalters ..................................
110
109 110
10
Inhaltsverzeichnis
Sechster Abschnitt: Leistungsstörungen ..............................
112
§ 1 Der A usfaH der Reise ..........................................
112
§ 2 Der Verzug des Veranstalters. . . . . . . .. . . . . . .. ... .... .. . . .. .. . . . . .
114
§ 3 Der Annahmeverzug des Kunden ................................
114
§ 4 Störungen bei Durchführung der Reise ..........................
117
I. Der Verantwortungsbereich des Veranstalters. . . .. .. ... . . . .
117
11. Die Gewährleistungsrechte des Kunden .................... 1. Das Nachbesserungsrecht .............................. 2. Wandelung und Minderung............................ 3. Die Reisebedingungen
119 119 120 120
111. Schadensersatzansprüche 1. Gesetzliche Regelung 2. Die Regelung der Reisebedingungen ....................
121 121 122
IV. Der Haftungsausschuß für besondere Leistungen ............ 1. Gepäcktransfer ........................................ 2. Devisenbesorgung ...................................... 3. Ausflüge, Besichtigungen ete. ..........................
125 125 126 126
V. Die Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen ..........................................
127
VI. Die gleichzeitige Haftung von Veranstalter und Leistungsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
129
Siebenter Abschnitt: Die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Reisevertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
132
§ 1 Die Verjährung
................................................
132
§ 2 Rechtsweg und Zuständigkeit ....................................
132
Anhang
............................................................
135
I. AHgemeine Reisebedingungen ....................................
135
H. Verzeichnis der nach dieser Arbeit ungültigen Klauseln. . . . . . . . . .
138
Sch riften verzeichnis
140
Verzeichnis der zugrundeliegenden Reisebedingungen Allgemeine Reisebedingungen
(ARB) I
Finnenbedingungen : Aero Lloyd Berlin Flugreisen GmbH, Berlin und Hamburg, Stand: September 1970
(Aero Lloyd)
airtours international GmbH & Co. KG, Frankfurt, Stand: Juli 1970
(airtours)
Gesellschaft für Akademische Studienreisen e. V. Heidelberg, Stand: Nov./Dez. 1969
Akademische Studienreisen)
ARTU Berliner Gesellschaft für Studenten- und Jugendaustausch mbH, Stand: September 1970
(ARTU)
Bayrisches Reisebüro Berlin, Stand: Oktober 1970
(Bayerisches Reisebüro)
Berlin Flug Ring GmbH & Co KG, Stand: Dezember 1969
(BFR)
Reisebüro Berolina Berlin, Stand: Oktober 1970
(Berolina)
Busch-Reisen GmbH Berlin, Stand: September 1970
(Busch)
Wagons Lits/Cook Frankfurt, Stand: Oktober 1969
(Cook)
Deutsches Reisebüro GmbH Frankfurt a. M., Stand: August 1970
(DER)
flug-union berlin Flug- und Schiffsreisen GmbH, Stand: Dezember 1969
(fub)
Germania-Reisen Berlin, Stand: September 1970
(Germania)
Hetzel-Reisen GmbH Stuttgart, Stand: November 1968
(Hetzel)
Hummel-Reisen GmbH & Co Hannover, Stand: Juli 1970
(Hummel)2
N-U-R Neckermann und Reisen GmbH & Co. KG Frankfurt, Stand: November 1969
(N-U-R)
Paneuropa KG München, Stand: Juli 1970
(Paneuropa)
Scharnow-Reisen GmbH & Co KG Hannover, Stand: Juli 1970 Dr. Tigges-Fahrten Wuppertal, Stand: Juli 1970
(Scharnow)2
= (Dr. Tigges)
I Die ARB, die von der Finna Druckerei und Verlag Gutenberg in Melsungen herausgegeben werden, sind mit deren Genehmigung im Anhang abgedruckt. Z Die Bedingungen von Hummel, Scharnow und Touropa sind im wesentlichen aufeinander abgestimmt.
12
Verzeichnis der zugrundeliegenden Reisebedingungen
Touristia Ferien- und Freizeitreisen GmbH Berlin, Stand: September 1970 Touropa GmbH & Co. KG München, Stand: August 1970
Touristica (Touropa)!
Transeuropa Reisen GmbH Nürnberg, Stand: November 1970
(Transeuropa)
TTS-Reisetraum GmbH Berlin, Stand: Oktober 1970
(TTS)
Erster Abschnitt
Grundlagen
§ 1 Die Begriffe der "Gesellsrhafls"- und "Pausrhalreise" 1. Gesellschaftsreisen sind nach den Richtlinien des Deutschen Reisebüroverbandes1 "Reisen, die für mehrere Personen ausgeschrieben werden", "als Mindestleistungen Beförderung, Unterkunft, volle oder teilweise Verpflegung, Bedienungsgelder (einschl. Schuhputzen), Steuern, Licht und Heizung und möglichst die Kurtaxe einschließen" und bei denen die Reiseteilnehmer "während des wesentlichen Teiles der Reise bzw. an den Zielorten von einem Reiseleiter begleitet bzw. betreut werden". Ganz ähnlich definieren Klatt-Fischer die Gesellschaftsreise als "eine für eine Personenmehrheit ausgeschriebene, von einem Reiseleiter begleitete Reise längerer Dauer, in deren Preis mindestens Beförderung, Unterkunft, teilweise, wenn nicht volle Verpflegung, Bedienungsgelder sowie alle anderen Abgaben eingeschlossen sind"!. Sünner fügt hinzu, daß der Preis gegenüber den Reiseteil~ nehmern nicht aufgeschlüsselt werde3• Abgesehen davon, daß es bei einer Begriffsbestimmung auf die N ebenleistungen wie Schuheputzen, Heizung und Kurtaxe und auch auf die Dauer der Reise nicht entscheidend ankommen kann, sind in den genannten Definitionen alle wesentlichen Merkmale der Gesellschaftsreise enthalten. Entscheidend ist, daß die Reise von einem Veranstalter für eine Gruppe von Personen ausgeschrieben und vorausgeplant wird, daß die hauptsächlichen Reiseleistungen durch einen pauschalen Reisepreis abgegolten und die Teilnehmer der Reise von einem Reiseleiter betreut werden. Demgegenüber erfassen die Definitionen von Steinbrenner, der die Gesellschaftsreise als eine "im voraus festgelegte, besonders verbilligte Reise größerer Gruppen" bezeichnet4, und von Drosihn, der sie als 1 "Veranstaltung und Ankündigung von Reisen", April 1953, § 2 Abs.2, abgedruckt bei Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S. 318 ff. ! Gesellschaftsreise, S. 28. a Rechtsbeziehungen, S. 7/8. • Reisebürounternelunung, S. 15.
A. Grundlagen
14
die "Zusammenfassung zahlreicher Pauschalreisen mit preislicher Vergünstigung und weitgehender Normierung" beschreibt5 , nur einen Teil der wesentlichen Merkmale und fügen mit dem Moment der Preisvergünstigung etwas hinzu, was zwar im allgemeinen der wirtschaftlichen Bedeutung einer Gesellschaftsreise entspricht, jedoch ihre Erscheinungsform nicht beeinflußt. 2. Pauschalreisen sind nach den erwähnten Richtlinien des Deutschen Reisebüroverbandes "Reisen, die für einzelne oder mehrere Personen ausgeschrieben werden" und "als Mindestleistungen Beförderung, Unterkunft, volle oder teilweise Verpflegung, Bedienungsgelder (einschI. Schuhputzen), Kurtaxen, Steuern, Licht und Heizung einschließen"6. Sieht man auch hier von den Einzelheiten ab, so besteht der wesentliche Unterschied zu den Gesellschaftsreisen darin, daß die Pauschalreisen auch für einzelne Personen ausgeschrieben werden können und nicht von einem Reiseleiter begleitet oder betreut werden. Außerdem hat der Kunde in der Regel größere Wahlmöglichkeiten innerhalb des angebotenen Programms, so daß seine Buchung teilweise der Bestellung einer Einzelreise sehr nahe kommt. Es handelt sich aber auch hier um eine organisierte Reise, die dem Kunden im Unterschied zur Einzelreise7 als Gesamtleistung zu einem Gesamtpreis angeboten wird. Da dieser Umstand für die rechtliche Beurteilung wesentlich bedeutsamer ist als die Möglichkeit einer individuellen Wahl, erscheint die Zusammenfassung der Gesellschaftsund Pauschalreisen unter dem Oberbegriff der organisierten Reisen angemessener als eine Unterscheidung zwischen Gesellschafts- und Individualreisen, wie sie Klatt-Fischer und Sünner durch die Beschränkung ihrer Abhandlungen auf die Gesellschaftsreise vorgenommen haben8 •
§ 2 Die Remtsbeziehungen bei einer organisierten Reise Unternehmer einer Gesellschafts- und Pauschalreise ist der Veranstalter, der die Reisen plant, ausschreibt, an den Kunden "verkauft" und ihre Durchführung in der Hand hat. 5
Das Reisebüro, in Handbuch für Fremdenverkehrsbetriebe, S. 99.
8
Insbes. Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S.28.
e "Veranstaltung und Ankündigung von Reisen", April 1953, § 2 Abs.3, abgedruckt bei Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S. 318 ff. 7 Richtlinien des DRV, a.a.O., § 2 Abs. 5.
§ 3 Der Reiseveranstaltungsvertrag
15
Die eigentlichen Reiseleistungen werden jedoch in der Regel von anderen Unternehmen erbracht, mit denen der Veranstalter meist im voraus Vereinbarungen trifft, die ihm ein bestimmtes Leistungskontingent sichern. Dabei handelt es sich entweder um Abmachungen, die den Veranstalter ermächtigen, Verträge zwischen den Kunden und den Leistungträgern über die betreffenden Leistungen abzuschließen oder die Leistungen dergestalt an den Kunden zu vermitteln, daß dieser am Zielort selbst den Vertragsabschluß vornehmen kann; oder der Veranstalter verschafft sich die notwendigen Reiseleistungen z. B. durch Miet- und Charterverträge zunächst selbst, um sie als eigene Leistungen an den Kunden weiterzugeben. Bei der Buchung der Reisen werden häufig selbständige Reisebüros eingeschaltet, die als Agenturen des Veranstalters tätig sind, aber den Kunden auch darüber hinaus beraten und betreuen und damit in eigene Rechtsbeziehungen zu ihm treten!.
§ 3 Der Reiseveranstaltungsvertrag Wenn das Verhältnis zwischen Veranstalter und Kunden in dieser Arbeit als Reiseveransaltungsvertrag oder als Reisevertrag bezeichnet wird, so bedürfen diese Begriffe einer kurzen Begründung: 1. Daß es sich trotz der immer wieder hervorgehobenen VermittlersteIlung des Veranstalters! um einen besonderen Vertrag handelt, ist fast allgemein anerkannt! und ergibt sich insbesondere daraus, daß der Veranstalter die Veranstaltung der Reise als eine eigene Leistung anbietet. Auch läßt sich die Buchung der Reise schon aufgrund des Pauschalpreises nicht in eine Bestellung der einzelnen Reiseleistungen zerlegen, wie das notwendig wäre, wenn der Veranstalter nur als Vertreter der einzelnen Leistungsträger tätig werden sollte, ohne in eigene Vertragsbeziehungen zu den Kunden zu treten. Im übrigen zeigen zahlreiche Formulierungen in den Reisebedingungen, daß auch die Veranstalter von dem Zustandekommen eines Vertrages ausgehen. So ist in Ziff XII Abs. 1 ARB von "Rechtsstreitigkeiten aus Verträgen mit Reiseveranstaltern", bei Dr. Tigges von dem "Vertragsabschluß" , ! Z. B. LG Frankfurt/M., Klatt IV Nr.344. Zu beachten ist der Sonderfall, daß die Buchungsstelle ausnahmsweise selbst den Veranstaltungsvertrag abschließt (AG Kempten (Allgäu) Klatt IV Nr. 345). ! z. B. Ziffer I ARB. 2 Bodenschatz, VersWirtsch 1957, 357 (359); Corsten: Rechtsbeziehungen, S. 56 ff., Weimar: Recht auf der Reise, S. 52; LG Berlin, Klatt IV Nr.341 und die übrige Rechtsprechung; für Gesellschaftsreisen: Klatt-Fischer, Gesellschaftsreise, S.143; Sünner, Rechtsbeziehungen, S. 27 ff.
16
A. Grundlagen
bei Cook von dem "bestehenden Vertragsverhältnis" und bei NUR von dem "Veranstaltungsvertrag" die Rede. Auch die Anwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen überhaupt, die Regelungen über das Verbindlichwerden der BuchungS, die ins einzelne gehenden Haftungsregelungen4 und die nach dem "Vertretenmüssen" des Veranstalters differenzierten Folgen bei einem Ausfall der Reises sind nur auf dieser Grundlage verständlich'. 2. Die Bezeichnung "Reiseveranstaltungsvertrag" ist dem Brüsseler übereinkommen über den Reisevertrag (CCV) entnommen1 • Sie unterscheidet den Vertrag zwischen Veranstalter und Kunden von dem bloßen Reisevermittlungsvertrag, den der Kunde bei der Buchung einzelner Reiseleistungen oder auch bei der Bestellung eines Reiseveranstaltungsvertrages mit dem Reisebüro abschließt. Daneben wird in dieser Arbeit ebenso wie vereinzelt in der Rechtsprechung und Literatur8 der Begriff "Reisevertrag" für den Vertrag zwischen Kunden und Veranstalter gebraucht, der im CCV dagegen als Oberbegriff für Reiseveranstaltungs- und Reisevermittlungsverträge erscheint. Da jedoch nur der Reiseveranstaltungsvertrag die Reise selbst und nicht nur die Vermittlung von Verträgen über Reiseleistungen zum Gegenstand hat9 , ist es naheliegend, wenn nicht sogar richtiger, den Begriff "Reisevertrag" auf den Reiseveranstaltungsvertrag zu beschränken.
§ 4 Die Reisebedioguogen 1. Wie eingangs bereits erwähnt, wird der Reisevertrag wesentlich von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Veranstalter bestimmt, die hier meist als Reisebedingungen bezeichnet werden. z. B. Ziff. II Abs. 2 ARB. z. B. Ziff. VIII ARB. 5 z. B. Ziff. VI ARB. e a. A. Leiss, JR 1958, 161/162, der aber eine vertragsähnliche Haftung des Veranstalters aus der Entgegennahme der Reisegebühren und der öffentlichen Ausschreibung der Reise herleiten will - eine juristisch nur schwer verständliche und überflüssige Konstruktion. 1 Abgedruckt in "Das Reisebüro" Fachbeilage zu ..Der Fremdenverkehr", Oktober 1970, S.7/8 und November 1970, S.5/6. Wie im Vorwort bereits erwähnt, ist das Abkommen von den meisten Reiseländern nicht unterzeichnet worden, insbes. nicht von der Bundesrepublik. 8 Steinbrenner: Reisebürounternehmung, S. 37; LG Berlin, Klatt IV Nr.341. Sünner: Rechtsbeziehungen, S.27, spricht von einem "Gesellschaftsreisevertrag". o Vgl. unten S.21/22. 3 4
§ 4 Die Reisebedingungen
17
Dazu gehören einmal die Allgemeinen Reisbedingungen (ARB) , die ursprünglich vom Deutschen Reisebüroverband herausgegeben wurden und auf die noch heute, nachdem sich der Reisebüroverband aus kartell rechtlichen Gründen von ihnen distanziert hatt, ein großer Teil der Firmenbedingungen ergänzend verweist2 • Diese Verweisung ist ohne weiteres zulässig, wenn sie - wie regelmäßig - nicht auf einer kartellrechtlichen Bindung beruht. Aber auch durch die Unwirksamkeit eines zugrundeliegenden Kartells wird die Einbeziehung der Bedingungen in den Einzelvertrag nicht unwirksam 3 , so daß die ARB in jedem Fall auch noch heute Bedeutung haben. Daneben gibt jeder Veranstalter Firmenbedingungen heraus, in denen er die wesentlichen Fragen des Reisevertrages mehr oder weniger selbständig regelt. Eine Besonderheit dieser Bedingungen besteht darin, daß sie anders als reine Allgemeine Geschäftsbedingungen über die Abwicklung des Vertrages häufig auch eine nähere Bestimmung des Vertragsgegenstandes, insbesondere eine Erläuterung des Reisepreises und eine Beschreibung der vermittelten Reiseleistungen zum Inhalt haben und sich damit dem Formularvertrag nähern'. Rechtlich ergeben sich daraus jedoch keine Besonderheiten. 2. Bei der Behandlung der Reisebedingungen trifft man auf die bekannte Problematik: Die Bedingungen werden wie Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt einseitig vom Unternehmer aufgestellt und dienen damit vorwiegend seinen Interessen. Der Kunde hat praktisch keine Möglichkeit, auf ihren Inhalt Einfluß zu nehmen, und sie entziehen sich wegen ihrer geringen übersichtlichkeit und Werbekraft weitgehend auch der Kontrolle durch den Wettbewerb 5• Andererseits ist die Aufstellung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gerade beim Reisevertrag unerläßlich, da die Regelung des BGB weder ganz passend noch ausreichend ist, um den Besonderheiten der Reiseorganisation und den Erfordernissen einer rationellen Bearbeitung der Reiseverträge gerecht zu werden6 • Aufgabe einer rechtlichen Kontrolle der Bedingungen kann es daher nur sein, sie auf ihre berechtigten 1 Vgl. "Das Reisebüro" Fachbeilage zu "Der Fremdenverkehr", April 1970, S. 13/14. 2 Alle außer ARTU; Cook; DER; fub; Germania; Paneuropa; Touristica; Transeuropa. 3 BGH NJW 1956, 1201. 4 Zu den Begriffen Allgemeine Geschäftsbedingungen und Formularvertrag: v. Brunn: Formularmäßige Vertragsbedingungen, S.20/21; Palandt-Danckelmann-Heinrichs, Anm. 6a vor § 145 BGB; Schmidt-Salzer: AGB, S.27. 5 Fischer, BB 1957,481 (482); Kliege: Rechtsprobleme, S. 27; a. A. v. Brunn: Formularmäßige Vertragsbedingungen, S. 113. 6 Zur Rationalisierungsfunktion: v. Brunn a.a.O., S.30/31; Kliege a.a.O., S.18/19 u. S. 28 ff.; Weber: AGB, N 39.
2 Amdt
18
A. Grundlagen
Funktionen zu beschränken, einer einseitigen Interessenwahrung des Unternehmers aber soweit wie möglich zu begegnen. Ansatzpunkte dafür sind die Auslegung und die Inhaltskontrolle : a) Die Geschäftsbedingungen werden ihrer Bestimmung gemäß ohne Rücksicht auf den EinzelfalF, aber im übrigen nach den Regeln der Willenserklärung, d. h. so ausgelegt, wie ein vernünftiger Empfänger aus dem Kundenkreis sie verstehen muß8. Unklarheiten gehen nach einer traditionellen Auslegungsregel zu Lasten des Aufstellers9 • b) Die Geschäftsbedingungen unterliegen wie alle vertraglichen Regelungen der Kontrolle der §§ 138 10 und 242 BGB". Dabei ist insbesondere im Rahmen des § 242 BGB der Umstand von Bedeutung, daß die Bedingungen einseitig vom Unternehmer aufgestellt werden, so daß ihnen die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Kontrolle durch den Vertragsgegner weitgehend fehlt'2. Der Unternehmer, dem die formale Freiheit zur einseitigen Vertragsgestaltung eingeräumt wird, ist nach Treu und Glauben verpflichtet, diese Freiheit nicht ihrem Sinn zuwider zur einseitigen Interessenwahrnehmung zu mißbrauchen, sondern auch die Interessen seiner Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Häufig wird in diesem Zusammenhang der Gedanke des § 315 BGB herangezogen 13, der allerdings zu einer echten Analogie nicht geeignet ist l4 . Maßstab für eine gerechte Regelung sind insbesondere die Normen des dispositiven Rechts 1S, deren Abdingbarkeit ebenfalls auf der Annahme eines ausgehandelten Vertrages beruht". Der Unternehmer darf von ihrem wesentlichen Inhalt daher nur dann abweichen, wenn dies 7 Enneccerus-Nipperdey, § 206 Ir; Flume, Rechtsgeschäft, S.317; Raiser: AGB, S. 252; Weber: AGB, N 311; RGZ 81, 117 (119); BGHZ 7,365 (368); a. A. Schmidt-Salzer: AGB, S. 233 ff., der damit jedoch die Vorstellungen der Beteiligten verkennt. 8 Raiser a.a.O.; Weber a.a.O.; RGZ 100, 29 (31). 9 Enneccerus-Nipperdey, § 206 Ir; Raiser: AGB, S.262; Schmidt-Salzer: AGB, S.199; Weber: AGB, N 324; RGZ 87, 335 (336/37); BGHZ 5,111 (115). 10 RGZ 20, 115 (116); 62, 264 (266); 113,427 (429/30); BGHZ 17, 1 (5). 11 BGHZ 13, 188 (201); 20, 164 (167); 22, 90 (97); 33, 216 (219); 48, 264 (268/69); OLG Hamburg, BB 1954, 392; OLG München NJW 1955,1319 (1320). 12 Enneccerus-Nipperdey, § 163 VI 4; Kliege a.a.O., S. 103 ff., Meeske, BB 1959, 857 (860); Palandt-Danckelmann-Heinrichs, Anm.3b vor § 145 BGB; Schmidt-Salzer: AGB, S.66/67 u. 269 ff.; Weber: AGB, N 334 ff.; BGHZ 51, 55 (59); a.A. v. Brunn a.a.O. S.61162, 99. 13 Flume a.a.O., S. 671; Larenz, SchuldR I, S. 70; Lukes, JuS 1961,301 (308); BGHZ 38, 183 (186); LG Tübingen, NJW 1964, 1798 (1799). 14 Fikentscher, SchuldR, S. 110; Kliege a.a.O., S.85/86; Weber: AGB, N 341. 15 Enneccerus-Nipperdey, § 163 VI 4; Flume a.a.O., S. 671; Larenz a.a.O., S. 70/71; Raiser: AGB, S. 293; Schmidt-Salzer: AGB, S.238/239; Weber: AGB, N 61, 374; BGHZ 22, 90 (97); 41, 151 (154); NJW 1970, 29 (32). 16 Weber: AGB, N 43.
§ 4 Die Reisebedingungen
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durch besondere sachliche Gründe oder durch einen anderweitigen Interessenausgleich gerechtfertigt ist17 • c) Durch die Unwirksamkeit einer Klausel wird der übrige Vertrag nicht berührt. Dies ergibt sich aus einer Anwendung des § 242 BGB unmittelbar l8 , bei einer Anwendung des § 138 BGB aus § 139 BGB, dessen Vermutung umgekehrt wirdu. d) Eine weitere Kontrollmöglichkeit sieht die h. M. in einer Auslegung der Verweisungserklärung, die sich nur auf übliche und angemessene Klauseln beziehen soll, mit denen der Kunde billigerweise rechnen konnte 2o • Doch hat dieses Verfahren neben der unmittelbaren Inhaltskontrolle keine selbständige Bedeutung21 und beruht in der Regel auf einer reinen Fiktion22 , so daß es hier außer acht gelassen werden soll. Besondere Bedeutung für die vorliegende Arbeit hat die Inhaltskontrolle nach § 242 BGB anhand des dispositiven Rechts. Um eine solche Kontrolle vornehmen zu können, genügt es nicht, die Regelung der Reisebedingungen allein zu betrachten, sondern es bedarf eines Vergleiches mit der Rechtslage ohne diese Bedingungen. Das erfordert eine Darstellung der Rechtslage und eine dogmatische Einordnung der Reisebedingungen, die sich auch sonst als dienlich für ein Verständnis der einzelnen Klauseln erwiesen hat.
17 Larenz a.a.O.; Schmidt-Salzer a.a.O.; Weber: AGB, N 61, 374; BGHZ 41, 151 (154); NJW 1970, 29 (32); a.A. v. Brunn a.a.O., S. 93 ff. Es ist nicht zu verkennen, daß mit dieser Kontrollbefugnis der Gerichte eine gewisse Rechtsunsicherheit verbunden ist (v. Brunn a.a.O, S. 57); doch muß dies im Interesse der Vertragsgerechtigkeit in Kauf genommen werden und kann durch eine konsequente Rechtsprechung oder auch durch eine vorbeugende Kontrolle, wie sie z. B. die ASJ vorschlägt (Zeitschrift für Rechtspolitik 1970, 190), erheblich eingeschränkt werden. 18 Larenz a.a.O., S.72, Fußn.3, über eine teleologische Reduktion; Raiser: AGB, S. 324; Schmidt-Salzer: AGB, S.249. 18 Palandt-Danckelmann-Heinrichs, Anm.6e vor § 145 BGB; BGHZ 22, 90 (92/93). 20 Erman-Hefermehl, Anm. III 4 b vor § 145 BGB; Fikentscher a.a.O., S.109; Palandt-Danckelmann-Heinrichs a.a.O.; BGHZ 17, 1 (3); 38,183 (185). 21 Vgl. BGH a.a.O., wo beide Begründungen nebeneinander gebraucht werden. 22 Meeske, BB 1959, 857 (861); Raiser: AGB, S. 176/177; Weber: AGB, N 291.
2°
Zweiter Abschnitt
Gegenstand und Rechtmatur des Reiseveranstaltungsvertrages
§ 1 Der typisme Reiseveranstaltungsvertrag Ziff. I ARB: "Das Reisebüro ist - auch wenn es als Reiseveranstalter auftritt - nur Vermittler der bei der Durchführung der Reise in Anspruch genommenen Unternehmen und Personen (Beförderungsunternehmen, Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe, Reiseleitungen, Gepäckträger usw.)." N-U-R: "N-U-R haftet für die Richtigkeit der Beschreibung aller in diesem Prospekt angebotenen Reisedienstleistungen und für die sorgfältige Vorbereitung der bestätigten Reisen. N-U-R ist Veranstalter der angebotenen Reisen, für die vertragsmäßige Erbringung der einzelnen Reisedienstleistungen übernimmt N-U-R als Vermittler jedoch keine Haftung." Paneuropa: "Paneuropa haftet neben den zur Vertragserfüllung eingeschalteten Unternehmen unmittelbar für die ordnungsgemäße Durchführung und Abwicklung der gebuchten Reise entsprechend dem Angebot. Das Angebot umfaßt alle Leistungen, die in der Rubrik "im Preis inbegriffen" aufgeführt sind. Kann eine dieser Leistungen nicht erfüllt werden, wird der wirtschaftliche Gegenwert rückvergütet." Die heute wohl herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur sieht den Reiseveranstaltungsvertrag als Geschäftsbesorgungswerkvertragi oder zumindest als Werkvertrag 2 an, während KlattFischer von einem einfachen Geschäftsbesorgungsvertrag sprechen 3 und damit, wie sich aus der daraus gefolgerten bloßen Verschuldenshaftung ergibt, einen Geschäftsbesorgungsdienstvertrag meinen4 • In einer je1 Corsten: Rechtsbeziehungen, S. 61 ff.; Steinbrenner: Reisebürounternehmung, S. 40; Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 47; i.E. AG Frankfurt/M., Klatt II Nr. 154, das zwar nur mit einem Geschäftsbesorgungsvertrag und § 323 BGB arbeitet, aber den Veranstalter unabhängig von seinem Verschulden für den Vermittlungserfolg einstehen läßt. 2 LG Berlin, Klatt IV Nr. 341; AG Berlin-Charlottenburg, Klatt IV Nr.342; AG Kempten/Allgäu, Klatt IV Nr. 345; LG Berlin. Klatt IV Nr. 347. 3 GeselIs::haftsreise S. 143 und 146; Klatt in "Das Reisebüro" Fachbeilage zu "Der Fremdenverkehr", Januar 1971, S. 3/4. 4 Ebenso: Weimar: Recht auf der Reise, S. 52; AG Braunschweig, Klatt IV Nr. 346; LG Wuppertal, Klatt IV Nr.348; OLG Nürnberg nach Klatt in "Das Reisebüro" - Fachbeilage zu "Der Fremdenverkehr", Januar 1971, S.3/4.
§ 1 Der typische Reiseveranstaltungsvertrag
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weils vereinzelten Entscheidung haben das Landgericht Berlin einen gemischten Vertrag 5 und das Landgericht Frankfurt/M. eine dem Maklervertrag ähnliche Vereinbarung; angenommen. Die Unterschiede liegen in einer verschiedenen Vorstellung von dem Vertragsgegenstand. Während bei einem gemischten Vertrag alle Reiseleistungen7 und bei einem Maklervertrag nach § 652 BGB die bloße Vermittlung der einzelnen Verträge mit den Leistungsträgern Vertragsinhalt sein müßte, würde der Veranstalter bei einem Geschäftsbesorgungsdienstvertrag nach § 611 BGB die Organisations- und Vermittlungsleistung als solche, bei einem Geschäftsbesorgungswerkvertrag dagegen nach § 631 BGB deren Ergebnis schulden. I. Der Gegenstand des Reiseveranstaltungsvertrages Untersucht man den Inhalt des Reiseveranstaltungsvertrages unter diesen Gesichtspunkten, so ergibt sich folgendes: 1. Die Ansicht, daß der Veranstalter alle Reiseleistungen zu erbringen habe, mag zwar der verbreiteten Meinung im Kundenkreis entsprechen, daß der Veranstalter für alle diese Leistungen einstehen müsse B, sie widerspricht jedoch der Tatsache, daß der Veranstalter normalerweise nicht selbst leistet und auch keinen unmittelbaren Einfluß auf die Tätigkeit der Leistungsträger ausüben kann. Die Leistung des Veranstalters besteht - auch dem Kunden erkennbar - in der Reiseorganisation. Nimmt man hinzu, daß die Vermittlerstellung der traditionellen Rolle des Reisebüros entspricht und daß ferner die einzelnen Leistungsträger in den Angeboten der Veranstalter regelmäßig benannt werden, so muß man zu dem Ergebnis kommen, daß die Reisedienstleistungen selbst nicht Inhalt des Reisevertrages werden9 • Durch die Vermittlerklausel wird diese Ansicht bestätigt lD ; sie gilt aber auch ohne Vermittlerklausel, also z. B. nach den zitierten Bedingungen der Paneuropa. 2. Die Leistung des Veranstalters erschöpft sich jedoch nicht in der Vermittlung von Verträgen mit den Leistungsträgern; vielmehr be5 Klatt III Nr. 254; ebenso i.E.: FG München, Klatt IV Nr.294; Fikentscher, SchuldR, S. 372. • Klatt 11 Nr. 169. 7 LG Berlin, Klatt III Nr.254. 8 Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 22. 9 LG Frankfurt/M. nach Klatt in "Das Reisebüro" Fachbeilage zu "Der Fremdenverkehr", Januar 1971, S.4. 10 Abzulehnen ist danach die Ansicht von Sünner (Rechtsbeziehungen, S. 22), der in der Vermittlerklausel eine ungewöhnliche und bei stillschweigender Verweisung unwirksame Klausel sieht. (Zu der einschränkenden Auslegung der Verweisung allgemein vgl. oben S. 19).
B. Gegenstand und Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages
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steht seine Aufgabe und tatsächliche Tätigkeit in der Organisation und Durchführung der Reise insgesamttt, wobei er z. B. auch für deren Planung und für die Auswahl der Leistungsträger sowie für die Abrechnung und die Regelung von Auseinandersetzungen mit den Leistungsträgern t2 zu sorgen hat. In den bei den zuletzt zitierten Reisebedingungen wird dieser Sachverhalt angedeutet. Wenn dabei in den Bedingungen der Paneuropa die Vorbereitungstätigkeit und in beiden Bedingungen die Verpflichtung zur Abrechnung mit den Leistungsträgern nicht erwähnt wird, so möchte ich den Grund dafür in dem Sinn der betreffenden Bestimmungen sehen, die Haftung des Veranstalters von der Haftung der Leistungsträger abzugrenzen, ohne daß damit die Absicht zu einer umfassenden Darstellung der Veranstalterleistung verbunden ist. Das gleiche gilt von der allgemeinen Vermittlerklausel in den übrigen Reisebedingungen t3 . überhaupt ist die Vermittlung von Verträgen mit den Leistungsträgern nicht der wesentliche Inhalt des Reiseveranstaltungsvertrages. Die Reisebedingungen sprechen zu Recht von der Vermittlung der Reisele:stungen; denn dem Kunden kommt es bei Abschluß des Veranstaltungsvertrages erkennbar nur darauf an, daß er die Reiseleistungen erhält. Der Veranstalter kann daher in Ausnahmefällen seine Verpflichtung aus dem Veranstaltungsvertrag auch ohne die Vermittlung eines gültigen Vertrages erfüllen, während er andererseits seiner Vertragspflicht nicht nachkommt, wenn er einen wirksamen Vertrag vermittelt, den der Leistungsträger aber nicht erfüllt14 • 3. Die Frage, ob der Veranstalter die organisierende Tätigkeit als solche oder deren Ergebnil' schuldet, ist mit der h. M. im zweiten Sinn zu entscheiden. Das ergibt sich einmal aus den Vorstellungen der Parteien, die bei ihren Vereinbarungen nicht die Tätigkeiten des Veranstalters, sondern die fertig geplante Reise in ihrer Gesamtheit und als Ergebnis dieser Tätigkeiten im Auge haben t5 . Zum anderen entspricht es der Verteilung der Vergütungsgefahr, die so eng mit dem Vertragsgegenstand verknüpft ist, daß sie, obwohl es sich bereits um eine Folge des Vertrages handelt, hier auch zu dessen Bestimmung herangezogen werden kanntG. Bei einem Reisevertrag erhält der Veranstalter grundCorsten: Rechtsbeziehungen, S. 62/63; Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 30/3l. t2 Vgl. dazu die Behandlung der Reklamationen in den Bedingungen von Berolina, BFR, Busch, Touristica, Touropa!Schamow/Hummel, TTS. t3 LG Berlin, Klatt IV Nr. 341 und 347. 14 Corsten: Rechtsbeziehungen, S 63; Sünner: Rechtsbeziehungen, S 31; a.A. Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S. 146; AG Braunschweig, Klatt IV Nr. 346, die auf die Vertragsvermittlung abstellen. t5 Corsten a.a.O., S. 62/63; Sünner a.a.O., S.30. t6 Erman-Wagner, Anm. 1a zu § 631 BGB; Soergel-Ballerstedt, Anm.7 vor § 631 BGB. 11
§ 1 Der typische Reiseveranstaltungsvertrag
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sätzlich nur dann eine Vergütung, wenn er die Reise tatsächlich durchführt. Gelingt es ihm z. B. trotz seiner Bemühungen nicht, den Kunden am Zielort unterzubringen, oder erhält er nachträglich die Absage eines Leistungsträgers, so war seine bisherige Tätigkeit vergeblich l7 • Reisebedingungen, die wie Ziff. VI Abs. 2 ARB bei Ausfall der Reise aus Gründen höherer Gewalt eine Bearbeitungsgebühr vorsehen18 oder dem Kunden bestimmte Kosten unabhängig von dem Vermittlungserfolg auferlegen19 , sind nur Ausnahmen von diesem Grundsatz und haben auf den Gegenstand des Vertrages keinen Einfluß. Gegenstand des Reiseveranstaltungsvertrages ist danach die erfolgreiche Reiseorganisation, während die einzelnen Reisedienstleistungen Gegenstand besonderer Verträge mit den Leistungsträgern sind. 4. Besonders zu betrachten ist in diesem Zusammenhang das Verhältnis zu den Reiseleitern. Nach Ziff. I ARB bezieht sich die Vermittlerklausel auch auf die Leistungen der Reiseleitung20 , obwohl die Reiseleiter mit der Reiseorganisation am Zielort oder unterwegs, insbesondere mit der Zimmerzuweisung und der Behandlung von Reklamationen Aufgaben wahrnehmen, die auch zu den Organisationspflichten des Veranstalters gehören. Da jedoch der Veranstalter den Leistungserfolg schuldet und die Tätigkeit des Reiseleiters nicht von dieser Verpflichtung abgespalten werden kann, ist die Vermittlerklausel insoweit als ein unbeachtlicher Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten anzusehen. Zuzustimmen ist insoweit der Ansicht von Klatt-Fischer, die den Reiseleiter - auch wenn es sich um einen selbständigen Unternehmer handelt - stets nur als Erfüllungsgehilfen des Veranstalters ansehen, ohne auf die Vermittlerklausel Rücksicht zu nehmen21 • Daneben ist es jedoch möglich, daß der Reiseleiter - z. B. als Fremdenführer22 - Aufgaben wahrnimmt, die nicht unmittelbar zur Reiseorganisation gehören. In diesen Fällen ist das Zustandekommen eines eigenen Vertrages zwischen ihm und den Kunden entsprechend der Vermittlerklausel denkbar.
Corsten: Rechtsbeziehungen, S.62/63. Aero-Lloyd; Akademische Studienreisen; fub; N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges. 19 z. B. fub für Telefonkosten bei kurzfristiger Anmeldung. 20 Ebenso: Busch; DER; TTS. Anders bei abschließender Aufzählung ohne Erwähnung der Reiseleiter (Aero Lloyd; Dr. Tigges; Touropa/Scharnowl Hummel). 21 Gesellschaftsreise, S.I72; ebenso: AG Berlin-Charlottenburg, Klatt IV Nr.342; LG Berlin, Klatt IV Nr.343. 2Z Zum Aufgabenbereich des Reiseleiters: Klatt-Fischer, a.a.O., S. 111 ff. 17
18
24
B. Gegenstand und Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages
11. Die Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages 1. Werkvertrag
a) Mit der Feststellung, daß der Veranstalter die erfolgreiche Reiseorganisation schuldet, ist der wesentliche Schritt zur Annahme eines Werkvertrages getan, dessen Gegenstand nach § 631 BGB jeder durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführende Erfolg sein kann. Denkbar wäre zwar, daß der Veranstalter die Reisen, die ja zu einem weitgehend festen Programm angeboten werden und im wesentlichen vorbereitet sind, gar nicht mehr im Sinne des § 631 BGB "herstellt", sondern lediglich verkauft. Dem steht jedoch entgegen, daß die geschuldete konkrete Reise bei Vertragsabschluß noch nicht vorhanden ist, sondern erst mit der Durchführung Wirklichkeit wird 23 • Diese Durchführung ist das eigentliche "Werk", während die vorbereitenden Vereinbarungen mit den Leistungsträgern im Vorfeld des Vertrages bleiben und die ausgeschriebenen Reiseprogramme mit Mustern zu vergleichen sind, nach denen das Werk hergestellt werden soll. b) Zum Wesen des Werkvertrages gehört ferner die Vereinbarung einer Vergütung 24 • Vergütung ist dabei jede Leistung der einen Partei, die nach dem Inhalt des Vertrages ein Ausgleich für die Leistung der anderen Partei sein solFs, wobei sich der entscheidende Parteiwille durch Auslegung des Vertrages nach §§ 133, 157 BGB ergibt. Die Vergütung für die Leistung des Veranstalters ist der Reisepreis28 • Dieser Preis setzt sich zwar hauptsächlich aus den Forderungen der dem Kunden vermittelten Leistungsträger zusammen; er enthält jedoch in der Regel auch einen Gewinnaufschlag des Veranstalters sei es, daß dieser ihn auf die Bruttopreise der Leistungsträger aufschlägt, sei es daß er ihn aufgrund von Nettopreisen der Leistungsträger kalkuliert und dabei sowohl seine Vermittlungsleistung gegenüber den Leistungsträgern als auch seine Organisationsleistung gegenüber den Kunden in Rechnung stellt. Davon muß auch der Kunde ausgehen, wenn der Veranstalter ihm die Reise in der für organisierte Reisen typischen Weise zu "seinem" Preis anbietet, so daß der unaufgeschlüsselte Pauschalpreis sowohl zur Vergütung der einzelnen Leistungsträger als auch zur Vergütung des Veranstalters bestimmt ist27 • Corsten: Rechtsbeziehungen, S.58; Sünner: Rechtsbeziehungen, S.40. Enneccerus-Lehmann, § 150 II; Soergel-Ballerstedt, Anm.l zu § 631 BGB; Staudinger-Riedel, Anm. 25 zu § 631 BGB. 25 Enneccerus-Nipperdey, § 147 IV; Erman-Westermann, Anm.l0 vor § 104 BGB; Soergel-Hefermehl, Anm. 6 vor § 104 BGB; Stau dinger-Kaduk, Anm. 63 vor § 305 BGB. 2& LG Berlin, Klatt IV Nr. 341. 27 Nicht richtig ist es dagegen, wenn Corsten (Rechtsbeziehungen, S. 69) die Vergütung nur in dem Gewinnaufschlag des Veranstalters sehen will; denn 23
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§ 1 Der typische Reiseveranstaltungsvertrag
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2. Geschäftsbesorgungsvertrag
Der Geschäftsbesorgungsvertrag besteht nach § 675 BGB in einem Dienst- oder Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Die h. M. versteht unter einer Geschäftsbesorgung in diesem Sinne eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art für einen anderen und in dessen Interesse 28 oder - anders ausgedrückt - die selbständige Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen29 , während Esser das Kriterium lediglich in der Wahrnehmung fremder Interessen sieht30 und an anderer Stelle von dem rechtsgeschäftlichen oder selbständigen wirtschaftlichen Handeln des Geschäftsherrn spricht31 und Nipperdey die Ansicht vertritt, daß jeder Dienst- oder Werkvertrag die Merkmale einer Geschäftsbesorgung erfülle32 • Es ist hier nicht der Ort, auf die Verschiedenheiten dieser Definitionen einzugehen, denn die Reiseveranstaltung ist in jedem Fall als Geschäftsbesorgung anzusehen: Da der Veranstalter für den Kunden entgeltliche Verträge mit den Leistungsträgern abschließt und die Abrechnung mit diesen besorgt, handelt er sowohl rechtsgeschäftlich als auch wirtschaftlich und mit Bezug auf die Vermögensinteressen des Kunden 33 • Er handelt auch für den Kunden, ob man nun darunter die Wahrnehmung von Angelegenheiten versteht, für die dieser ursprünglich selbst zu sorgen hatte~\ oder ob man von der Unterscheidung zwischen der Leistung für einen anderen und der Leistung an einen anderen ausgeht35 , und er handelt schließlich auch in dessen Interesse. Der Reiseveranstaltungsvertrag erfüllt also die Voraussetzungen des Geschäftsbesorgungswerkvertrages, wobei allerdings schon jetzt gesagt werden kann, daß der Charakter des Geschäftsbesorgungsvertrages mit damit stellt er auf die tatsächlichen Verhältnisse ab, während es richtiger Ansicht nur auf die Parteivereinbarung ankommt. Da die Auslegung des Vertrages hier zu einer Vergütungsvereinbarung führt, ist eine solche auch anzunehmen, wenn der Veranstalter im Einzelfall keinen Gewinn hat (vgl. Enneccerus-Nipperdey, § 147 IV, zum Verkauf einer Sache unter ihrem Wert). 28 Enneccerus-Lehmann, § 164 I; Fikentscher, SchuldR, S. 516; ähnlich: Erman-Hauß, Anm. 1 zu § 675 BGB; Palandt-Thomas, Anm.2a zu § 675 BGB; BGH NJW 1966, 1452 (1454). 29 Larenz, SchuldR II, S.264; Soergel-Mühl, Anm.1 zu § 675 BGB. 30 SchuldR II, S. 183/184. 31 a.a.O., S. 164. 32 Staudinger-Nipperdey, Anm. 16 zu § 675 BGB. 33 Corsten: Rechtsbeziehungen, S.61; Sünner: Rechtsbeziehungen, S.46/47. 3f Palandt-Thomas, Anm.2a zu § 675 BGB; RGZ 97, 61 (65/66); BGH Betrieb 1959, 168; NJW 1966, 1452 (1454). 35 Fikentscher, SchuldR, S. 517; Palandt-Thomas, a.a.O.; BGH Betrieb 1959, 168.
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B. Gegenstand und Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages
den dazugehörigen Weisungs- und Informationsrechten des Kunden wegen der weitgehenden Vorausplanung des Veranstalters sehr in den Hintergrund tritt. 3. l\Iaklervertrag
Während das Vorliegen eines Dienstvertrages durch die Annahme eines Werkvertrages von vornherein ausgeschlossen wird, können Maklervertrag und Werkvertrag nach h. M. grundsätzlich nebeneinander bestehen36 ; doch sind die Voraussetzungen des Maklervertrages im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Nach § 652 BGB wird dem Makler eine Provision für den Nachweis oder die Vermittlung von Verträgen versprochen, wobei unter Vermittlung das Verhandeln mit beiden Parteien im Hinblick auf den Vertragsabschluß zu verstehen ist37 , nicht jedoch der Vertragsabschluß selbst. Die Bevollmächtigung des Maklers schließt zwar einen Maklervertrag nicht aus 38 , seine Stellvertretertätigkeit wird jedoch im allgemeinen als außerhalb des Vertrages liegend bezeichnet39 , während sie beim Reiseveranstaltungsvertrag gerade zu seinem typischen Inhalt gehört40 • Hinzu kommt, daß der Veranstalter zwar meistens Verträge vermittelt, daß aber der Schwerpunkt seiner Verpflichtung gegenüber dem Kunden nicht in dieser Vermittlung selbst, sondern in dem Gelingen, in der Organisation der Reise liegt. Wie bereits ausgeführt, ist es sogar möglich, daß der Veranstalter seinen Vertrag ohne die Vermittlung gültiger Verträge mit den Leistungsträgern erfüllt, wenn er auf andere Weise für die ordnungsgemäße Erbringung der notwendigen Leistungen sorgt. Weder der Reisepreis noch der darin enthaltene Gewinnaufschlag sind daher als eine Vergütung für die Vermittlung von Verträgen anzusehen, wie das für einen Maklervertrag notwendig wäre. 4. Handelsrechtliche Beurteilung
a) Ein besonderes Handelsgeschäft ist in dem typischen Reiseveranstaltungsvertrag nicht zu sehen. Die Bestimmungen der §§ 93 ff. HGB 36 Enneccerus-Lehmann, § 157 I lc; Erman-Wagner, Anm.4 zu § 652 BGB; Fikentscher, a.a.O., S. 529; Soergel-Neumann, Anm. 1 vor § 652 BGB; Staudinger-Riedel, Anm.3 vor § 652 BGB; a. A. Corsten: Rechtsbeziehungen, S. 70 ff.; Palandt-Thomas, Anm.3c vor § 652 BGB. 37 Fikentscher, a.a.O., S. 529; Palandt-Thomas, Anm.3b zu § 652 BGB; Soergel-Mormann, Anm.5 zu § 652 BGB; Staudinger-Riedel, Anm.l zu § 652 BGB. 38 BGB-RGRK, Anm.2 zu § 652 BGB; OLG Braunschweig, OLGZ 13, 392 (393). 39 Planck, Anm. 4a ~ vor § 652 BGB; Staudinger-Riedel, Anm.9 zu § 652 BGB; OLG Braunschweig, a.a.O. 40 Vgl. dazu RG Recht 1913 Nr.2994, das in einem solchen Fall das Vorliegen eines Maklervertrages abgelehnt hat.
§ 1 Der typische Reiseveranstaltungsvertrag
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scheiden aus, weil der Veranstalter kein Makler, also auch kein Handelsmakler ist; die Bestimmungen über Kommission (§§ 383 ff., 406 HGB) und Spedition (§§ 407 ff. HGB) kommen nicht in Betracht, weil der Veranstalter die Verträge mit den Leistungsträgern nicht im eigenen Namen abschließt; und die Vorschriften über die Personenbeförderung (§§ 453 ff. und 664 ff. HGB) und den Handelskauf (§§ 373 ff. HGB) könnten nur Anwendung finden, wenn der Veranstalter die betreffenden Reisedienstleistungen selbst erbringen würde. Allerdings kann bei einzelnen Fragen an eine analoge Anwendung der Bestimmungen über die handelsrechtlichen Vermittlungsgeschäfte gedacht werden. b) Ein einfaches Handelsgeschäft nach § 343 HGB liegt vor, wenn der Veranstalter als Kaufmann anzusehen ist. Abgesehen davon, daß die Reiseunternehmen im allgemeinen die Voraussetzungen des § 2 HGB erfüllen und der Veranstalter daher zumindest kraft Eintragung Kaufmann sein wird, ergibt sich seine Kaufmannseigenschaft meist auch nach § 1 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 Nr.7 HGB aus seiner Beziehung zu den Leistungsträgern, da er diesen gegenüber aufgrund der laufenden Agenturverträge in der Regel die Stellung eines Handelsvertreters nach § 84 HGB hat41 • Die Tatsache, daß er zugleich eine Verpflichtung gegenüber den Kunden übernimmt, schließt das Bestehen eines Handelsvertreterverhältnisses zwischen ihm und den Leistungsträgern nicht aus42 • Die ihm nach § 87 HBG zustehende Provision kann auch darin liegen, daß der Leistungsträger ihm die Vermittlung zu einem Nettopreis überläßt, auf den er seine Vermittlungsgebühr in eigener Kalkulation aufschlagen kann 43 • Der Veranstalter ist also in der Regel Kaufmann, und die von ihm abgeschlossenen Reiseverträge sind Handelsgeschäfte nach § 343 HGB. Da der Kunde selbst nicht als Kaufmann innerhalb seines Gewerbebetriebes tätig wird, gelten nach § 345 HGB die Vorschriften über einseitige Handelsgeschäfte, insbesondere die §§ 347 Abs. 1, 358, 361 HGB. Auch die Vorschriften über die Handlungsvollmacht, insbesondere die §§ 56 und 75 h HGB sind zu beachten.
41 Corsten: Rechtsbeziehungen, S. 101/102; Klatt-Fischer: S.151; Sünner: Rechtsbeziehungen, S.136; a.A. Leiss, JR brenner: Reisebürounternehmung, S. 38, der zu Unrecht ständigen Betrauung annimmt. 42 Corsten, a.a.O., S.89; Schröder, Anm.49 zu § 86 HGB; Handlungsagent, S. 264. 43 Sünner, a.a.O., S. 128/129.
Gesellschaftsreise, 1958,S. 161; Steindas Fehlen einer Schmidt-Rimpler:
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B. Gegenstand und Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages
§ 2 Sonderfälle I. Der Veranstalter als Leistungsträger Neben den Fällen, in denen die tatsächlichen Verhältnisse der nach außen zum Ausdruck gebrachten Vermittlerstellung des Veranstalters entsprechen, gibt es auch solche, in denen der Veranstalter alle oder einige Reiseleistungen selbst erbringt - sei es, daß die eingesetzten Betriebe oder Personen zu seinem Unternehmen gehören, sei es, daß er sich die erforderlichen Leistungen z. B. durch Miet- oder Charterverträge zunächst selbst verschafft und an den Kunden weitergibt1 • Die Vermittlerklausel verliert in diesen Fällen ihren eigentlichen Sinn; denn da der Veranstalter zugleich der Leistungsträger ist, mit dem ein Vertrag vermittelt werden soll, übernimmt er auch dessen Verpflichtungen. Die Auswirkungen auf den Reisevertrag sind jedoch verschieden. 1. Kann der Kunde erkennen, daß der Veranstalter bestimmte Leistungen selbst erbringen will, so ist die entgegenstehende Vermittlerklausel in den Reisebedingungen insoweit als unbeachtlicher Widerspruch zu den vorrangigen Parteivereinbarungen anzusehen2 , die dahin gehen, daß der Veranstalter die Reise organisieren und zugleich bestimmte Reisedienstleistungen erbringen soll. Es handelt sich damit um einen der unter II besonders zu erörternden Fälle. 2. Häufig sind die internen Verhältnisse jedoch nicht nach außen erkennbar - und dazu trägt gerade auch die Vermittlerklausel in den Reisebedingungen bei. Es ist zwar anzunehmen, daß der Kunde auch in diesen Fällen mit einer Leistung durch den Veranstalter einverstanden ist; denn die Person des Unternehmens ist ihm in der Regel gleichgültig, und ein besonderes Interesse daran, daß dieser mit dem Veranstalter nicht identisch sei, ist nicht ersichtlich3 • Auf den Gegenstand des Reisevertrages kann dies jedoch keinen Einfluß haben; denn da der Kunde nicht weiß, daß noch weitere Beziehungen zu dem Veranstalter entstehen, kann er auch nicht den Willen haben, diese in den Reisevertrag einzubeziehen4 • Es bleibt also bei dem typischen Reisevertrag. Daneben treten die Beförderungs-, Gastaufnahme- oder ähnliche Verträge als selbständige Rechtsbeziehungen. 1 Der Abschluß von Verträgen zugunsten des Kunden kann dagegen je nach der Parteivereinbarung als - allerdings von dem typischen Vertragsinhalt abweichende - Vermittlungs leistung oder als Leistung des Veranstalters selbst angesehen werden und bedarf, da er überdies selten ist, keiner besonderen Erörterung. 2 i. E. Corsten: Rechtsbeziehungen, S.55/56, der aber auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellt. 3 Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 99; vgl. auch unten S. 48. , A. A. Corsten, a.a.O., der nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten abstellt.
§ 2 Sonderfälle
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11. Reiseverträge mit der Verpflichtung zu Reisedienstleistungen Eine Besonderheit stellen die seltenen Fälle dar, in denen der Veranstalter durch eine Bestimmung in den Reisebedingungen 5 oder durch den sonstigen Inhalt seines Angebots (vgl. I) von vornherein zu erkennen gibt, daß er einige oder alle Reisedienstleistungen selbst erbringen wird. In diesen Fällen erstreckt sich die Vereinbarung der Parteien sowohl auf die Reiseorganisation als auch auf die einzelnen Reiseleistungen. Mit Rücksicht auf den einheitlichen Reisepreis handelt es sich dabei um einen einheitlichen Vertrag6 , dessen Gegenstand und Rechtsnatur sich jedoch von denen des typischen Reisevertrages durch die zusätzlichen Leistungsverpflichtungen des Veranstalters unterscheiden. 1. "übernahme der Beförderung
Der Beförderungsvertrag ist für sich allein gesehen ein Werkvertrag" auf den je nach der Art der Beförderung zusätzlich Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes (insbesondere § 23 PBefG), der Eisenbahnverkehrsordnung und - allerdings selten - die §§ 453 ff. HGB, die §§ 44 ff. LVG und unter Umständen das Warschauer Abkommen, die §§ 664 ff. HGB oder die §§ 26 ff. BinnSchiffG Anwendung finden. Bei einer Fahrt mit Platzkarten, im Schlafwagen oder in einer Schiffskabine sind gleichzeitig die Voraussetzungen eines Mietvertrages erfülUS; außerdem können insbesondere bei Schiffsreisen auch dienst- und kaufvertragliche Beziehungen vorliegen 9• Tritt neben diese werkvertraglichen oder gemischten Verpflichtungen die dem Geschäftsbesorgungswerkvertrag zugeordnete Organisationsverpflichtung des Veranstalters, so entsteht in jedem Fall ein gemischter Vertrag, der sich aus den verschiedenen erwähnten Elementen zusammensetzt. Nach h. M. ist bei gemischten Verträgen der vorliegenden Art zwischen den typischen Verträgen mit andersartiger Nebenleistung und den Typenkombinationsverträgen mit gleichgeordneten Leistungen zu 5 fub für die Unterbringung bei Sonderflugreisen. , Dazu: Enneccerus-Lehmann, § 100 B H. 7 Statt aller: Erman-Wagner, Anm.3 zu § 631 BGB. 8 Zur Platzkarte: Palandt-Heinrichs, Anm.6 zu § 305 BGB; StaudingerRiedei, Anm.ll vor § 631 BGB; zum Schlafwagen: Esser, SchuldR H, S.165; Staudinger-Riedel, a.a.O.; zur Schiffskabine: Esser, a.a.O.; Fikentscher, SchuldR, S. 372. , Fikentscher, a.a.O.
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B. Gegenstand und Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages
unterscheiden10 • Während die ersten grundsätzlich dem für die Hauptleistung geltenden Recht untergeordnet werden sollen, soll auf die zweiten das Recht aller einbezogenen Vertragstypen kombiniert Anwendung finden. Da es jedoch kaum möglich ist, für die Bestimmung von Haupt- und Nebenleistungen ein Kriterium zu finden, das nicht von dem gesuchten Ergebnis ausgeht, und da der Parteiwille und die Besonderheiten des Vertrages in jedem Fall Abweichungen von den damit gewonnenen Grundsätzen verlangen können, ist der praktische Wert einer solchen Einteilung sehr zu bezweifeln. Besser ist es, mit der reinen Kombinationstheorie l1 von einem grundsätzlichen Nebeneinander der verschiedenen Vertragstypen auszugehen und Kombinationsfragen nach dem Parteiwillen von Fall zu Fall zu entscheiden 1!. Für die Bestimmung der Rechtsnatur des Reisevertrages in diesem Fall genügt daher die Feststellung, daß es sich um einen gemischten Vertrag handelt, der teilweise einem besonders geregelten Werkvertragsrecht, teilweise dem Recht eines Geschäftsbesorgungswerkvertrages untersteht und der in besonderen Fällen zusätzlich miet-, kauf- und dienstvertragliche Elemente enthält. Auch in dieser Zusammensetzung handelt es sich um ein einseitiges Handelsgeschäft, wobei sich die Kaufmannseigenschaft des Veranstalters hier auch aus § 1 Abs. 2 Nr. 5 HGB ergeben kann, der auf Luftfahrtunternehmen entsprechend anzuwenden ist 13 , und unter Umständen aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB 14 • 2. 'Obemahme von Beherbergung und Bewirtung
Der Beherbergungsvertrag setzt sich regelmäßig aus einem mietvertraglichen und einem dienstvertraglichen Element zusammen 15 • Andere Verpflichtungen können hinzukommen, stellen aber meist den Gegenstand von Sondervereinbarungen dar, die auf den Gesamtvertrag keine Auswirkungen haben. Als besondere Regelung gelten die §§ 701 ff. BGB. 10 Enneccerus-Lehmann, § 100 B; Fikentscher, SchuldR, S.371/372; Larenz, SchuldR II, S. 5; Soergel-Schmidt, Anm. 18 vor § 305 BGB; StaudingerKaduk, Anm. 76 ff. vor § 305 BGB. 11 Hoeniger; Gemischte Verträge, S. 87 ff.; Esser, SchuldR II, S. 102; PalandtHeinrichs, Anm. 6 zu § 305 BGB. 12 Die reine Absorptionstheorie (Lotmar: Arbeitsvertrag, S. 176 ff.) beruht auf einer Verkennung der schuldrechtIichen Typenfreiheit und kann heute als überholt angesehen werden. Im übrigen nahm Lotmar in vielen Fällen des gemischten Vertrages zwei selbständige, kumulierte Verträge an (a.a.O., S. 192) und kam damit zu ähnlichen Ergebnissen wie die heute h. M. 13 Schlegelberger-Hildebrandt, Anm.51 zu § 1 HGB. 14 Schlegelberger-Hildebrandt, Anm.50 zu § 1 HGB. 15 Statt aller: Enneccerus-Lehmann, § 127 I 3.
§ 2 Sonderfälle
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Der Bewirtungsvertrag ist ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag mit gleichzeitigen Dienstleistungs- und Gebrauchsüberlassungspflichten. Hinsichtlich des kaufrechtlichen Teils sind auch die Vorschriften über den einseitigen Handelskauf anzuwenden. Bei Vermietung eines Zimmers mit Frühstück und bei einem Hotelund Pensionsvertrag treffen alle diese Verpflichtungen zusammen. Bei einem mit Beherbergungs-, Bewirtungsleistungen oder beidem gemischten Reisevertrag kommt als weiteres Element der Geschäftsbesorgungswerkvertrag hinzu. übernimmt der Veranstalter die Bewirtung regelmäßig selbst, so ist er auch nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 HGB als Kaufmann anzusehen. 3. ttbernahme der Reiseleitung
Eine besondere übernahme der Reiseleitung kommt nach dem oben Gesagten nur insoweit in Betracht, als es sich z. B. um Fremdenführungen und andere außerhalb der Reiseorganisation liegende Tätigkeiten handelt. In diesen Fällen erhält der Reisevertrag ein zusätzliches dienstvertragliches Element. An der handels rechtlichen Beurteilung ändert sich gegenüber dem typischen Reisevertrag nichts. 4. ttbernahme sämtlicher Reiseleistungen
Auch in den Fällen, in denen der Veranstalter alle Reiseleistungen selbst übernimmt, entsteht ein gemischter Vertrag, der sich aus Beförderungs-, Beherbergungs-, Bewirtungsverträgen u. a. zusammensetzt, aber auch die besondere Verpflichtung des Veranstalters zur Reiseorganisation weiter enthält. Da der Veranstalter jedoch in diesem Fall keine Verträge für den Kunden vermittelt und keine Abrechnung mit den Leistungsträgern durchzuführen hat, kann man seine Tätigkeit, die hier in dem bloßen Abstimmen der einzelnen Reiseleistungen aufeinander besteht, nicht mehr als Geschäftsbesorgung bezeichnen. Vielmehr führt seine Verpflichtung zur Reiseorganisation hier zu einem einfachen Werkvertrag. Soweit der Veranstalter die Leistungen regelmäßig selbst erbringt, ist er Kaufmann nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 und in der Regel Nr. 5 HGB; ansonsten kann er kraft Eintragung Kaufmann nach § 2 HGB sein. Es ist nicht möglich, in dieser Arbeit neben dem typischen Reiseveranstaltungsvertrag mit seiner wesentlichen Verpflichtung zur Reiseorganisation auch alle untypischen Leistungsverpflichtungen des Veranstalters zu beschreiben und die dabei auftretenden Kombinationsprobleme zu erörtern. Da die Verpflichtung zur Reiseorganisation auch
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B. Gegenstand und Rechtsnatur des Reiseveranstaltungsvertrages
in den untypischen Fällen vorhanden und im wesentlichen gleich zu behandeln ist16 und da die allgemeinen Bestimmungen des BGB und HGB sowie die meisten Bestimmungen der Reisebedingungen auf die Ausnahmefälle ebenso Anwendung finden wie auf den typischen Reisevertrag, ist die Darstellung dieses Vertrages im allgemeinen auch ausreichend, um die wesentlichen Besonderheiten zu erfassen. Im folgenden wird daher grundsätzlich nur von dem typischen Reiseveranstaltungsvertrag die Rede sein; die Möglichkeit von Ausnahmefällen ist aber im Auge zu behalten.
III. Mehrere Veranstalter Einige Reisen werden gemeinschaftlich von mehreren Unternehmern veranstaltet17 • Soweit diese die Verantwortlichkeit untereinander aufgeteilt haben und dies nach außen erkennbar machen (z. B. durch den Zusatz "Landarrangements Reisebüro X" u. ä.), könnte man daran denken, daß sich der Reiseveranstaltungsvertrag hier in verschiedene Verträge mit den einzelnen Veranstaltern aufspaltet, deren Gegenstand sich entsprechend von dem des gesamten Reisevertrages unterscheidet l8 • Dem steht jedoch entgegen, daß die Reise als Einheit angeboten wird und daß es für die erfolgreiche Durchführung gerade auch auf die Zusammenarbeit der Veranstalter ankommt, die sie mit dem Angebot der Reise in Aussicht stellen. Dem kann nur durch Annahme eines einheitlichen Reisevertrages Rechnung getragen werden l9 • Darüber hinaus sprechen auch die äußeren Umstände für ein gemeinschaftliches Versprechen der Veranstalter i. S. d. § 427 BGB. Beide Veranstalter sind daher in solchen Fällen Gesamtschuldner, während sich an dem Inhalt des Reisevertrages nichts ändert.
18 Der Unterschied zwischen Geschäftsbesorgungswerkvertrag und Werkvertrag fällt hier - wie bereits angedeutet - kaum ins Gewicht. 17 Davon zu unterscheiden ist der Fall, daß ein Veranstalter einen anderen einschaltet (s. dazu unten S. 68/69) oder daß ein Veranstalter insoweit ausdrücklich nur als Reisevermittler auftritt (z. B. Transeuropa). 18 Treten beide Unternehmen ohne Zusatz gemeinschaftlich auf wie in LG Berlin, Klatt IIr Nr.253, so stellt sich dieses Problem nicht. 19 Vgl. OLG Braunschweig, OLGZ 9, 4/5; BGH NJW 1952, 217.
Dritter Abschnitt
Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
§ 1 Aussdueibung, Anmeldung und Bestätigung I. Die Ausschreibung1 Es ist ein wesentliches Merkmal der organisierten Reisen, daß sie der Veranstalter in Prospekten, Zeitungsinseraten und Werbeplakaten öffentlich ausschreibt. Dabei handelt es sich wie im allgemeinen bei Veröffentlichungen dieser Art" nicht um ein verbindliches Vertragsangebot, sondern lediglich um eine Aufforderung an die Reiseinteressenten, ihrerseits Vertragsangebote abzugeben3 • Besondere Bedeutung hat die Ausschreibung für die Bestimmung des späteren Vertragsinhaltes und für dessen Auslegung4 • Falsche Angaben in den Prospekten können sowohl eine vertragliche HaftungS als auch eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsabschluß 6 begründen.
11. Die Anmeldung Ziff. II Nr.l ARB: "Die Anmeldung erfolgt auf dem dazu bestimmten Formular, das der Kunde - gegebenenfalls gleichzeitig im Auftrag aller aufgeführten Teilnehmer - zu unterschreiben hat. Mit der Unterschrift wird die Anmeldung für alle angemeldeten Teilnehmer verbindlich ... Soweit die Anmeldung zunächst lediglich fernmündlich oder schriftlich ohne 1 Der Begriff "Ausschreibung" ist in den beteiligten Wirtschaftskreisen gebräuchlich. Er ist hier im wirtschaftlichen, nicht im juristischen Sinne gemeint, in dem er als terminus technicus auf das öffentliche Recht beschränkt ist. ! Enneccerus-Nipperdey, § 161 I 2a; Soergel-Lange, Anm.6 zu § 145 BGB; Staudinger-Coing, Anm.2 zu § 145 BGB. 3 Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S.143; Steinbrenner: Reisebürounternehmung, S.38; Sünner: Rechtsbeziehungen, S.15. 4 AG und LG Frankfurt/M., Klatt I Nr. 66. 5 Vgl. N-U-R; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa. 6 AG Frankfurt/M., Klatt II Nr.153. In dem dort behandelten Fall wäre aber m. E. statt der vorvertraglichen eine unmittelbare Vertragshaftung anzunehmen gewesen (s. unten S. 57).
g Arndt
C. Der Abschluß des ReiseveranstaItungsvertrages
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Formular vorgenommen wird, ist sie ebenfalls verbindlich; die Unterzeichnung des Anmeldeformulars ist baldmöglichst nachzuholen." (Ziff. II Nr.4: "Bei der Anmeldung wird eine Anzahlung... erhoben.") airtours: "Anmeldungen sind frühzeitig erbeten. Sie werden von allen airtours international-Buchungsbüros angenommen, sie sollen schriftlich, können mit Einverständnis der Vertretung auch anders erfolgen. Die Anmeldung ist für den Besteller und alle als Reisende oder Mitreisende genannte Personen voll verbindlich, auch wenn das Buchungsbüro die Anmeldung nicht in schriftlicher Form oder ohne Unterschrift des Bestellers oder ohne Anzahlung angenommen und die Buchung vorgenommen hat." Hetzei: " ... Mit dieser Unterschrift wird die Anmeldung für alle Gäste verbindlich ... Bei persönlicher Buchung wird sie mit der Anzahlung verbindlich." Das eigentliche Vertragsangebot geht vom Kunden aus, der sich zu einer Reise anmeldet. Im allgemeinen wird er dabei das von dem Veranstalter vorgesehene Anmeldeformular an den Veranstalter senden oder in einer Buchungsstelle ausfüllen lassen und unterschreiben. Es sind aber auch mündliche, formlos schriftliche, fernschriftliche, telegrafische und telefonische Anmeldungen möglich, bei denen die formularmäßige Buchung nachgeholt wird. 1. Als empfangsbedürftige Willenserklärung wird die Anmeldung dadurch wirksam, daß sie dem Veranstalter oder einem Bevollmächtigten zugeht (§ 130 Abs. 1 BGBf oder daß sie diesen Personen gegenüber abgegeben wird. Andere als diese Voraussetzungen können für das Wirksamwerden der Anmeldung allein auch in den Reisebedingungen nicht aufgestellt werden; denn die Reisebedingungen gelten als Allgemeine Geschäftsbedingungen nur aufgrund eines Vertrages 8 , werden also für den Kunden erst wirksam, wenn er sie mit seiner Anmeldung anerkannt hat. Die Form und die Modalitäten der Anmeldung stehen ihm wie jedem Anbietenden frei. Allerdings haben die "Verbindlichkeitsvoraussetzungen" in den Reisebedingungen 9 insoweit praktische Bedeutung, als grundsätzlich nur formgerechte bzw. Anmeldungen mit der erforderlichen Anzahlung entgegengenommen und bearbeitet werden. a) Bei Anmeldungen, die an die Zentrale des Veranstalters gerichtet werden, ergeben sich in der Frage des Zugangs keine Besonderheiten. b) Anmeldungen, die gegenüber einer Buchungsstelle des Veranstalters oder gegenüber selbständigen Reiseagenturen abgegeben werden, Ausdrücklich erwähnt bei N-U-R (ausführliche Bedingungen). Enneccerus-Nipperdey, § 163 VII; Raiser: AGB, S.77; Schmidt-Salzer: AGB, S.54/55; Weber: AGB, Nr.195, 228; BGHZ 3, 200 (203); 17, 1 (2). 9 ARTU; Hetze!. 7
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§ 1 Ausschreibung, Anmeldung und Bestätigung
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sind in dieser Form dem Veranstalter zugegangen, wenn die betreffenden Buchungsstellen als Empfangsbevollmächtigte oder Empfangsboten zu ihrer Entgegennahme ermächtigt sind. Die veranstaltereigenen und die von ihm beauftragten Buchungsstellen sind durch ihre Bestellung zur Entgegennahme der üblichen formularmäßigen, aber auch zu ausnahmsweise notwendigen Anmeldungen in anderer Form ermächtigt, wie u. a. durch die zitierten Reisebedingungen bestätigt wird lO • Allerdings spricht bei Verwendung des Anmeldeformulars eine Vermutung für dessen Vollständigkeit, so daß mündliche Zusatzerklärungen des Kunden auf seine eigene Gefahr übermittelt werden, d. h. dem Veranstalter selbst zugehen müssen, um überhaupt als Vertragsinhalt in Betracht zu kommenIl. Das gilt insbesondere, wenn mündliche Nebenabreden formularmäßig ausgeschlossen sind12• Die Frage, ob es sich bei den veranstaltereigenen und beauftragten Reisebüros um Empfangsboten oder um Empfangsvertreter nach § 164 Abs.3 BGB handelt, ist mit Corsten13 im zweiten Sinne zu beantworten, wenn man berücksichtigt, daß die Reisebüros die eigentlichen Verhandlungspartner des Kunden bei der Anmeldung sind und durch ihre Vorschläge und Erläuterungen wesentlich Einfluß auf die Bestellung nehmen14• Es kommt daher nach § 166 BGB bei einer Auslegung der Anmeldeerklärung nicht auf das Verständnis des Veranstalters, sondern darauf an, wie das Reisebüro die Erklärung des Kunden verstehen mußte 15 • Dabei können sowohl Erklärungen maßgeblich werden, die der Kunde zur Erläuterung seiner Anmeldung abgegeben hat, als auch 10 Ebenso: N-U-R; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa (für telefonische Anmeldungen). 11 Brüggemann in Großkomm. HGB, Anm.2 zu § 91a HGB i.V.m. Godin in RGRKomm. z. HGB, Anm. 16 f. zu § 346 HGB; Schmidt-Rimpler: Handlungsagent, S.233 (der von ihm geforderte ausschließliche Charakter des Formulars ist hier gegeben). 12 Ziff. XI ARB; Aero Lloyd; ARTU; BFR; DER; fub; Germania; N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges; Touristica; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa. Dazu: Raiser: AGB, S. 238; Schmidt-Rimpler, a.a.O., S.234; Weber: AGB, N 308. Unrichtig AG Düsseldorf, Klatt IV Nr. 340, das in einer Bestätigung des Veranstalters, in der die mündliche Vereinbarung mit der Buchungsstelle nicht enthalten ist, eine Ablehnung der Anmeldung verbunden mit einem neuen Angebot sieht. 13 Rechtsbeziehungen, S. 76. 14 Für den Vermittlungsvertreter allgemein: Brüggemann in Großkomm. HGB, Anm. 1 zu § 91a HGB; Schmidt-Rimpler, a.a.O., S.220; Schröder, Anm. 18c zu § 84 HGB, 6a zu § 86 HGB; RGZ 51, 147 (150). 15 Enneccerus-Nipperdey, § 178 III 1; Schröder, Anm.6b zu § 86 HGB; Soergel-Schultze-v. Lasaulx, Anm.3 zu § 166 BGB.
S"
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c.
Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
Ausführungen des Reisebüros über den Inhalt der Reiseleistungen1ft • Abweichende oder zusätzliche Nebenabreden zu einer formularmäßigen Anmeldung können auf diesem Wege jedoch ebensowenig Gültigkeit erlangen wie von der maßgeblichen objektiven Auslegung abweichende Erläuterungen zu den Reisebedingungen17 • Der Umstand, daß ein Reisebüro mit der Vermittlung von Reisen für einen Veranstalter betraut ist, ergibt sich im allgemeinen aus Anschlägen in dem Verkaufs raum - häufig schon an der Tür -, aus Stempeln auf den Prospekten oder daraus, daß die Buchungsstelle Prospekte des Veranstalters vorrätig hält. Es können aber auch unbeauftragte Reisebüros solche Prospekte auszuliegen haben und Reisen vermitteln l8 • In diesen Fällen gilt das Vorangegangene nur in den Fällen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht; im übrigen trägt der Kunde das Risiko des richtigen Zugangs beim Veranstalter. 2. Bei einigen Buchungsstellen ist es üblich, mehrere Alternativwünsche in die Anmeldung des Kunden aufzunehmen 19 • Da es für die Bestimmtheit des Angebots genügt, daß der Vertragsinhalt durch den Adressaten bestimmt werden kann20 , liegt auch in diesem Fall ein wirksames Angebot vor. 3. Bei der Anmeldung mehrerer Kunden auf einem Formular, das nur von einem Teilnehmer unterzeichnet wird, kann der Unterzeichnende als Stellvertreter der übrigen tätig geworden sein. Davon gehen die ARB in Ziff. II Nr.l S.l und 2 und einige andere Reisebedingungen 21 aus, wobei in den ausführlichen Bedingungen der N-U-R die der Verkehrsanschauung entsprechende Regelung getroffen wird, daß der unterzeichnende Teilnehmer auch in den übrigen Angelegenheiten, die mit dem Reisevertrag zusammenhängen, als bevollmächtigt gilt.
Daneben ist es jedoch auch möglich, daß der Unterzeichnende die Verträge für alle aufgeführten Personen im eigenen Namen abschließen will. Bei der Anmeldung von Familienmitgliedern, insbesondere 16 Brüggemann in Großkomm. HGB, Anm.1 zu § 91a HGB; Schmidt-Rimpler, a.a.O., S.227; Schrö:l.er, a.a.O.; RG, a.a.O.; LG Hamburg, LZ 1912, 252 (253); AG und LG Frankfurt/M., Klatt I Nr.66; a.A. für die Erläuterung durch einen Angestellten: AG Frankfurt/M., Klatt I Nr.65, das zu Unrecht die Erläuterung wie eine Auskunft behandelt. 17 Hersdlel-Beine: Handelsvertreter, S.79; a.A. Schmidt-Rimpler, a.a.O., S. 228; RGZ 147, 186 (188/189) im Gegensatz zu der sonstigen überindividuellen Behandlung der AGB. 18 Klatt I Nr. 10 (ohne Angaben). 19 z. B. N-U-R. 20 Enneccerus-Nipperdey, § 161 I 1. 21 airtours; Hetzei; N-U-R (ausführliche Bedingungen).
§ 1 Ausschreibung, Anmeldung und Bestätigung
37
von Kindern, wird man das in der Regel annehmen können22 • In diesen Fällen handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter, der den Mitangemeldeten zwar hier in aller Regel einen Leistungsanspruch, aber keine sonstigen Vertragsrechte und -pflichten verleiht bzw. auferlegt 23 • Nach der Auslegungsregel des § 335 BGB hat der Vertragsabschließende selbst ebenfalls einen Anspruch auf Leistung an den Mitangemeldeten. Wann ein Fall der Stellvertretung und wann ein Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, bestimmt sich aus den Umständen des Einzelfalles 24 • Die Reisebedingungen können diese Frage nicht regeln, weil sie für die unter Umständen nicht vertraglich gebundenen Mitangemeldeten keine Gültigkeit haben und hinter einer abweichenden Parteivereinbarung zurückstehen müssen. 4. Auch die Frage, an wen sich das Angebot richtet, ist eine Frage des Parteiwillens sowie des § 164 Abs.2 BGB; d. h. die Anmeldung richtet sich an denjenigen, den der Kunde für den Veranstalter halten darf25 • In der Ausfüllung einer Anmeldung ohne Bezeichnung des Veranstalters liegt neben der Anmeldung bei dem später eingetragenen Veranstalter auch das Angebot zum Abschluß eines Reisevermittlungsvertrages an die Buchungsstelle26 • 5. An die wirksam gewordene Anmeldung ist der Kunde bis zu einer Bestätigung oder Ablehnung des Veranstalters oder bis zu einem erfolglosen Ablauf der vereinbarten oder gesetzlichen Annahmefrist gebunden. Eine weitergehende Bindung ergibt sich auch nicht aus den Reisebedingungen, die von einem Verbindlichwerden schlechthin sprechen 27 ; denn eine vernünftige Auslegung dieser Formulierung kann nur zu dem Ergebnis führen, daß damit keine Regelung über die Dauer der Verbindlichkeit getroffen werden sollte 28 • 22 Vgl. RGZ 87, 64 (65); ähnlich LG Berlin, Klatt IV Nr.347, wo der anmeldende Vater allerdings nicht selbst Reiseteilnehmer war. 23 Enneccerus-Lehmann, § 35 IV 1; Erman-Westermann, Anm.5 zu § 328 BGB. 24 Staudinger-Coing, Anm. 6a zu § 164 BGB. 25 LG Berlin, Klatt III Nr. 253 (nach der Bemerkung im Prospekt "Reisebüro Y i.V.m. Reisebüro X" sind beide Genannten Vertragspartner); AG Kempten/Allgäu, Klatt IV Nr.345 (die Buchungsstelle als Veranstalter); LG Berlin, Klatt IV Nr.341 (Buchungsstelle als Veranstalter) und Nr.347 (Veranstalter war der ausschreibende Unternehmer, nicht der von ihm eingeschaltete Sprachclub). 28 LG Frankfurt/M., Klatt IV Nr. 344. !7 Ziff. II Nr.1 ARB; airtours; Hetze!. 28 Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 25. Nicht zu folgen ist ihm darin, daß er aus der Formulierung in den Reisebedingungen die Berechtigung zu einer großzügigen Behandlung der Annahmefrist herleiten will.
C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
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Die durchschnittliche Annahmefrist nach § 147 BGB wird hier etwa zwei Wochen betragen 20 ; doch kann sich aus besonderen Umständen, z. B. durch die Nähe des Reisetermins etwas anderes ergeben. Stirbt der Kunde vor Bestätigung seiner Anmeldung, so erlischt sein Angebot nach der in § 153 BGB vorgesehenen Ausnahme, da die Buchung einer Reise weitgehend auf persönliche Interessen abgestimmt ist und für einen Dritten nicht die gleiche Bedeutung hat.
III. Die Bestätigung Ziff. II Nr.2 ARB: "Für den Reiseveranstalter wird die Anmeldung verbindlich, sobald und soweit er dem Kunden - gegebenenfalls über die Buchungsstelle - die Teilnahme an der angemeldeten Reise bestätigt hat." N-U-R (ausführliche Bedingungen): "Erfolgt eine Bestätigung abweichend von der Anmeldung des Reiseteilnehmers, kommen die von der N-U-R vermittelten Verträge zwischen dem Reiseteilnehmer und den mit der Durchführung der angebotenen Reisedienstleistungen in Anspruch genommenen Unternehmen und Personen und der zwischen dem Reiseteilnehmer und der N-U-R geschlossene Veranstaltungsvertrag mit dem Erhalt der Bestätigung zustande, wenn nicht der Reiseteilnehmer innerhalb einer Woche schriftlich widerspricht." ARTU: "Nur in sehr seltenen Fällen kann es vorkommen, daß die Anmeldung wieder an Sie zurückgehen muß, ... In diesen Fällen erhalten Sie so schnell wie möglich Bescheid. Falls Sie keine Absage erhalten haben, so verschicken wir die Fahrtunterlagen ... " 1. Die Bestätigung ist die zur Wirksamkeit des Vertrages notwendige Vertragsannahme. a) Bei einer schriftlichen Anmeldung in der Zentrale erhält der Kunde diese Bestätigung ebenfalls schriftlich - meist auf einem Durchschlag des Anmeldeformulars. b) Bei einer telefonischen Anmeldung in der Zentrale wird ihm entweder eine schriftliche Bestätigung in Aussicht gestellt, oder die Reise wird ihm sofort zugesagt. Regelmäßig ergänzt der Veranstalter diese Zusage jedoch durch eine schriftliche Bestätigung. c) Bei der Anmeldung über eine beauftragte Buchungsstelle ist es einmal möglich, daß diese die Anmeldung lediglich entgegennimmt und den Kunden bittet, eine Bestätigung des Veranstalters abzuwarten. Meist wird sie ihm dabei eine Zeit sagen, in der er etwa mit der Bestätigung rechnen kann; sonst gilt § 147 Abs.2 BGB. Bei Mitteilung der Bestätigung ist die Buchungsstelle in diesem Fall Erklärungsbotin des Veranstal ters 30 • 29 30
Vgl. auch N-U-R. Corsten: Rechtsbeziehungen, S.76.
§ 1 Ausschreibung, Anmeldung und Bestätigung
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d) Häufiger kommt es vor, daß die Buchungsstelle sofort bei der Anmeldung eine telefonische Bestätigung des Veranstalters einholt, diese dem Kunden mitteilt und ihm zugleich ein Bestätigungsformular aushändigt, das meist in einem Durchschlag des Anmeldeformulars besteht. In diesen Fällen fragt es sich, ob die Buchungsstelle ebenfalls nur als Botin31 oder als bevollmächtigte Stellvertreterin des Veranstalters handelt. Für die erste Alternative spricht, daß sie die telefonische Bestätigung des Veranstalters lediglich weitergibt und keine Entscheidungsbefugnis mehr hat. Für die zweite Alternative spricht jedoch und das scheint mir ausschlaggebend zu sein -, daß die Buchungsstelle das Bestätigungsschreiben mit allen Einzelheiten ausfüllt, die sie mit dem Veranstalter nicht notwendig besprechen muß, daß sie es mit ihrem eigenen Namen unterzeichnet und daß sie auch bei den vorangegangenen Verhandlungen eine entscheidende Funktion hatte. Die Abhängigkeit von Weisungen des Geschäftsherrn schließt das Vorliegen einer Stellvertretung nicht unbedingt aus 32 , so daß es angemessen ist, die Buchungsstelle in diesen Fällen als Stellvertreterin des Veranstalters anzusehen. e) Entsprechend handelt sie auch in den Fällen als Vertreterin, in denen sie dem Kunden ohne Zusage des Veranstalters ein Bestätigungsformular aushändigt33 • Damit würde bei Vorliegen einer allgemeinen Abschlußvollmacht der Vertrag zwischen Veranstalter und Kunden ohne weiteres zustandekommen. Regelmäßig haben die Buchungsstellen jedoch keine allgemeine Abschlußvollmacht, sondern müssen jede einzelne Buchung durch den Veranstalter genehmigen lassen34 • Bei den Angestellten in veranstaltereigenen Büros könnte man zwar an eine Anscheinsvollmacht nach § 56 HGB denken; aber wenn man auch das Reisebüro als Laden und die darin getätigten Geschäfte als Verkäufe im juristischen Sinn ansehen kann, so wird doch die Vermutung des § 56 HGB durch die ständige übung im Reisebürogewerbe widerlegt, nach der jede Buchung von der Zentrale bestätigt werden muß. Bei den Agenturen besteht von vornherein keine Vermutung für eine Abschlußvollmacht33 • Die Buchungsstelle handelt daher in diesen Fällen als Vertreterin ohne Vertretungsmacht, so daß die Wirksamkeit des Vertrages nach § 177 Abs. 1 BGB von der Genehmigung des Veranstalters abhängt. 31 Corsten, a.a.O., der nicht zwischen den verschiedenen Fällen unterscheidet. 32 Larenz: AT BGB, S.538; Soergel-Schultze-v. Lasaulx, Anm.60 vor § 164 BGB; Staudinger-Coing, Anm.27 vor § 164 BGB. 33 Schmidt-Rimpler: Handlungsagent, S.224 für den Vermittlungsvertreter allgemein. 34 Corsten, a.a.O., S.76; AG Kamen, Klatt IV Nr.282; LG Frankfurt/M., Klatt IV Nr. 344. 35 Schmidt-Rimpler: Handlungsagent, S.216.
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C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
Dabei ist zu unterscheiden: (1) War die fehlende Vertretungsmacht dem Kunden bekannt, insbesondere weil ihn die Buchungsstelle darauf hingewiesen hatte, so gilt § 177 Abs.2 BGB. Die Genehmigung ist auf Verlangen gegenüber dem Kunden zu erklären und gilt dann mit Ablauf von zwei Wochen als verweigert. Buchungsstelle und Kunde vereinbaren zwar häufig, daß der Kunde nur bei einer Ablehnung des Veranstalters oder bei notwendigen Änderungen Nachricht erhalten soll, so daß sich der Kunde bei Schweigen der Buchun~sstelle auf die Gültigkeit des Vertrages verläßt. Dennoch kann man in dem Schweigen keine Genehmigung des Vertrages sehen, wie das bei einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Veranstalter der Fall wäre. Denn das Schweigen der Buchungsstelle wirkt nicht für den Veranstalter, und das Schweigen des Veranstalters kann nicht als Genehmigung gewertet werden, weil dieser nichts von der Vereinbarung weiß. Anders ist es nur, wenn die Vereinbarung wie nach den Bedingungen der ARTU vom Veranstalter selbst ausgeht. (2) Wenn der Kunde das Fehlen der Vertretungsmacht nicht kannte, gilt für Reiseagenturen § 91 a HGB. Das Schweigen des Veranstalters ist hier als Genehmigung anzusehen; allerdings ist Voraussetzung, daß er zuvor von dem Vertragsabschluß benachrichtigt worden ist. Für veranstaltereigene Buchungsstellen ist an eine analoge Anwendung des § 75 h HGB zu denken, da die dort angestellten Vertreter zwar nicht außerhalb des Betriebes, aber außerhalb der allein entscheidungsbefugten Zentrale tätig werden. f) Bei der Anmeldung über eine nicht beauftragte Buchunqsstelle wird diese regelmäßig als Empfangsbotin des Kunden die Bestätigung entgegennehmen. Möglich ist auch ein Handeln als Vertreterin ohne Vertretungsmacht, wobei die §§ 91 a, 75 h HGB hier nicht in Betracht kommen. 2. Die Bestätigung muß mit der Anmeldung inhaltlich übereinstimmen. Meist ergibt sich das schon daraus, daß es sich um einen Durchschlag des gleichen Formulars handelt. Kommt es in den übrigen Fällen zu einer Abweichung, so gilt die Bestätigung nach § 150 Abs. 2 BGB als neues Angebot, das der erste Offerent in der Regel ausdrücklich annehmen muß, wenn es zum Vertragsabschluß kommen so1l36. Sein Schweigen ist nach Treu und Glauben nur dann als Annahme des neuen Angebotes anzusehen, wenn der Vertragspartner nicht mit einer Ablehnung rechnen konnte 37, also bei geringfügigen und unbedeutenden Änderungen. 3& Erman-Hefermehl, Anm.5 zu § 150 BGB; Flume: Rechtsgeschäft, S.621; Soergel-Lange, Anm.6 zu § 150 BGB; BGHZ 18, 212 (215/16). 37 Flume, a.a.O., S. 660; Soergel-Lange, a.a.O.; BGH Betrieb 1956, 474.
§ 1 Ausschreibung, Anmeldung und Bestätigung
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Die Bestimmung in den ausführlichen Bedingungen der N-U-R, wonach der Vertrag bei jeder abweichenden Bestätigung zu den geänderten Bedingungen zustandekommt, wenn der Kunde nicht innerhalb einer Woche schriftlich widerspricht, ist entweder im Sinne dieser Rechtslage einschränkend auszulegen, da m3.n davon ausgehen kann, daß der Veranstalter nicht absichtlich erhebliche Abweichungen von der Bestellung zum Inhalt des Vertrages machen will, oder sie ist nach § 242 BGB insoweit unwirksam, als sie ein solches Verhalten schützt. Im übrigen wäre gegen die pauschalierte Frist von einer Woche ebensowenig einzuwenden wie gegen die Notwendigkeit eines schriftlichen Widerspruchs, der dem auch im übrigen schriftlichen Verfahren entspricht, wenn nicht diese Bestimmung nur in den ausführlichen, nicht jedoch in den sonst sehr vollständigen Prospektbedingungen enthalten wäre. Wie noch auszuführen sein wird, ist die Verweisung auf andere und ausführliche Bedingungen in den Prospektbedingungen zwar grundsätzlich möglich, doch darf der Kunde nicht mit wesentlichen Abweichungen in diesen Bedin~ungen überrascht werden 38 • Ein solcher Fall ist hier gegeben. Da die Prospektbedingungen der N-U-R im allgemeinen alle wesentlichen Punkte, insbesondere auch die Fragen der Anmeldung ausführlich regeln, kann der Veranstalter grundsätzlich nicht d'l.mit rechnen, daß sich der Kunde die ausführlichen Bedingungen, soweit er überhaupt darauf aufmerksam wird, schon bei der Anmeldung besorgt. Es widerspricht daher Treu und Glauben, wenn er in diese Bedingungen Klauseln aufnimmt, die ein bestimmtes Verhalten von dem Kunden verlangen und an ein entsprechendes Versäumnis nachteilige Folgen knüpfen. Die zitierte Bestimmung ist daher nur insoweit von Bedeutung, als sie in etwa dem entspricht, was auch nach allgemeinen Regeln für einen rechtzeitigen Widerspruch des Kunden zu erwarten wäre; doch ist weder die Frist von einer Woche unbedingt zwingend, noch ist es ausgeschlossen, daß der Kunde auf anderem Wege, z. B. telefonisch wirksam widerspricht. Ein Sonderfall der abweichenden Bestätigung ist in den Prospektbedingungen der N-U-R geregelt. Danach kann bei Bestellung eines Einzelzimmers ohne Rückfrage auch die Belegung eines Doppelzimmers bestätigt werden, wenn Einzelzimmer nicht mehr frei sind. Es ist nicht anzunehmen, daß dem Kunden mit dieser Regelung ein Widerspruch gegen die abweichende Bestätigung abgeschnitten werden sollte; jedenfalls hätte dies deutlicher zum Ausdruck kommen müssen. Aus der Bestimmung ergibt sich jedoch, daß ein solcher Widerspruch grundsätzlich nicht erwartet wird, so daß ein Schweigen des Kunden als Zustimmung angesehen wird. Bei der bekannten Knappheit von Einzelzimmern entspricht dies auch den allgemeinen Regeln. 38
Vgl. unten S. 45.
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C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
3. Sind im Prospekt mehrere Veranstalter genannt, so reicht grundsätzlich auch die Bestätigung eines von ihnen aus, um den Vertrag mit allen zustandekommen zu lassen39 ; denn in dem gemeinsamen Auftreten als Veranstalter liegt im allgemeinen zumindest eine stillschweigende gegenseitige Vollmachtserteilung. IV. Die Form Ziff. XI ARB: "Mündliche Abreden sind beiderseits unverbindlich, es sei denn, sie werden schriftlich bestätigt," Touropa/Scharnow/Hummel: ,,(Die Anmeldung) wird für uns verbindlich, wenn wir Ihnen . . . die Buchung für die angemeldete Reise schriftlich bestätigt haben." 1. Der Reisevertrag muß schriftlich abgeschlossen werden; doch genügt im Unterschied zu der Regel der §§ 127, 126 BGB die schriftliche Bestätigung durch den Veranstalter. Dies ist in den zitierten Reisebedingungen und den meisten anderen ausdrücklich geregelt40 , kann aber auch in den Fällen, in denen weder eine eigene Regelung vorhanden ist, noch die ARB geltentt, aufgrund einer allgemeinen übung als vereinbart angesehen werden. Bei der Buchung über eine Buchungsstelle wird die Schriftform auch durch die Unterschrift des Vertreters gewahrt42 , während die Zustimmung oder Genehmigung des Veranstalters nach §§ 167 Abs.2, 182 Abs.2 BGB nicht formbedürftig ist. Bei einer telefonischen Anmeldung bestehen zwei Möglichkeiten: entweder der Vertrag ist nach der Regel des § 154 Abs.2 BGB bis zum Zugang der schriftlichen Bestätigung noch nicht abgeschlossen, oder die Parteien haben bei ihrem Telefongespräch die ursprüngliche Formbedürftigkeit aufgehoben43 , so daß der Vertrag sogleich zustandekommt. Im einzelnen läßt sich das nur von Fall zu Fall entscheiden, wobei es z. B. auch darauf ankommen kann, ob es sich um eine eilige Bestellung handelt oder um eine langfristige Buchung, bei der für eine schriftliche Bestätigung genügend Zeit ist. Nach dem klaren Wortlaut der ARB und der meisten Reisebedingungen ist die Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung im Sinne des § 125 BGB anzusehen; doch hat dies wegen der Möglichkeit abweichender Parteivereinbarungen wenig praktische Bedeutung. LG Frankfurt/M., Klatt 111 Nr. 253. Aero Lloyd; ARTU; BFR; Germania; HetzeI; N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges; Transeuropa. 41 Cook; DER und fub, die allerdings für Nebenabreden (fub auch für Änderungen) die Nowendigkeit einer schriftlichen Bestätigung erwähnen. 42 Staudinger-Coing, Anm.8 zu § 164 BGB; RGZ 130, 39 (47). 43 Vgl. Raiser: AGB, S.235. 39
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§ 2 Die Einbeziehung der Reisebedingungen in den Vertrag
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2. Kein Formerfordernis ist die Anzahlung. Allerdings könnten die Parteien aufgrund ihrer Vertragsfreiheit auch die Anzahlung zur Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrages machen; doch ist dies in den Reisebedingungen nicht geschehen. Vielmehr ist die Anzahlung regelmäßig als eine Folge der Anmeldung geregeW'. Bei Hetzel wird ihr, da sie dort neben der Unterschrift den Gültigkeitszeitpunkt der Anmeldung festsetzen soll, eine dem Draufgeld des § 336 BGB entsprechende Beweisfunktion beigelegt.
§ 2 Die Einbeziehung der Reisebedingungen in den Ver'rag I. Die Firmenbedingungen airtours: "Die Reisebedingungen werden mit der Anmeldung von allen genannten Reiseteilnehmern anerkannt." BFR: "Mit der Anmeldung, auch ohne Unterschrift und Anzahlung, werden diese Bedingungen für alle angemeldeten Teilnehmer verbindlich." Touristica: "Mit der Anzahlung ... anerkennen Sie den Erhalt des Prospektes und somit diese Reisebedingungen." 1. Die Bedingungen der einzelnen Veranstalter werden regelmäßig dadurch in den Vertrag einbezogen, daß sie der Kunde bei Unterzeichnung des vorgedruckten Anmeldeformulars anerkennt. Da sie in den Prospekten ausreichend bekannt gemacht sind, bestehen gegen ihre Geltung in diesem Fall keine Bedenken 1 • Nach den allgemeinen Regeln der Stellvertretung ist die Anerkennung auch wirksam, wenn ein bevollmächtigter Kunde den Vertrag zugleich für andere Reiseteilnehmer unterzeichnet hat!. 2. Meldet sich der Kunde ohne Formular und ohne sonstige ausdrückliche Bezugnahme auf die Reisebedingungen an, so liegt jedenfalls dann eine stillschweigende Anerkennung der Bedingungen vor, wenn der Vertrag unter Zugrundelegung eines Prospektes abgeschlossen worden ist, der die Reisebedingungen enthält3 • Maßgebend dafür ist eine Auslegung der Reiseanmeldung nach allgemeinen Vertragsregeln 4 ; 44 Statt aller: Ziff. III Nr.4 ARB und besonders deutlich: N-U-R; Transeuropa. 1 Enneccerus-Nipperdey, § 163 VI 2; Raiser: AGB, S.170; Schmidt-Salzer: AGB, S. 28; Weber: AGB, N 261; BGHZ 7, 187 (190). Z Vgl. airtours; BFR; Busch; TTS; Transeuropa (Anmeldungsformular); Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise,S.144. 3 AG Kamen, Klatt IV Nr. 282; allgemein: Raiser: AGB, S. 182/183; SchmidtSalzer: AGB, S. 128. , Konstruktionen über eine Obliegenheitsverletzung (Hanau, AcP 165, 220 (237 ff.); Krause, BB 1955, 265 (267» bzw. culpa in contrahendo (Meeske, BB
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c. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
auf die Bestimmungen in den Reisebedingungen selbst kann es für die Frage ihres Wirksamwerdens nicht ankommen. Daher ist auch die Regelung in den Bedingungen der Touristica, die den Erhalt eines Prospektes bei der Anzahlung fingiert, ohne Bedeutung. 3. Bei einem - seltenen - Vertragsabschluß ohne Prospekt kommt es darauf an, ob der Kunde aus anderen Gründen mit der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen rechnen mußte, insbesondere darauf, ob deren Verwendung Verkehrssitte ist. Rechtsprechung und Literatur sind bisher mit der Annahme einer solchen Verkehrssitte äußerst vorsichtig gewesen. Eine ausdrückliche Anerkennung ist nur für das Verkehrs- und Transportwesen, für Banken, Versicherungen und öffentlicher Versorgungsanstalten ausgesprochen worden 5 • M. E. wird das jedoch der heutigen Sachlage nicht mehr gerecht; denn die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entspricht in vielen Branchen nicht nur einer ständigen übung der Unternehmer, sondern wird auch von den Kunden - und zwar nicht nur den Kaufleuten - als selbstverständlich vorausgesetzt6 • Daß diese sehr häufig mit der Regelung im einzelnen nicht einverstanden sind, kann an der grundsätzlichen Anerkennung nichts ändern. Bei den Reiseverträgen kommt hinzu, daß eine Ergänzung der Einzelbestellung durch allgemeine Bestimmungen z. B. über die Fragen des Rücktritts - geradezu notwendig ist. Man kann daher auch bei dem Kunden normalerweise davon ausgehen, daß er mit solchen Bedin~ungen rechnet'. Ordnungsgemäß bekannt gemachte und veröffentlichte Firmenbedingungen werden damit nur dann nicht Vertragsinhalt, wenn der Kunde ihnen ausdrücklich widerspricht oder schriftliche Sondervereinbarungen getroffen werden. 4. Abgesehen von ihrem Wirksamwerden über die Verkehrssitte können die Reisebedingungen schließlich auch dadurch Gültigkeit erlangen, daß der Veranstalter sie mit seiner Bestätigung in den Vertrag einführt und der Kunde dies anerkennt. Nach der Rechtsprechung kann dabei in dem bloßen Schweigen des Kunden keine Anerkennung gesehen werden, wohl aber in der gleichzeitigen widerspruchslosen Ent1959, 857 (863» oder eine normierende (Raiser: AGB, S.85) bzw. vertragsergänzende Verkehrs sitte (Flume: Rechtsgeschäft, S.669/670) führen zu einer ungerechtfertigten Sonderbehandlung der AGB. 5 Blomeyer: SchuldR AT, S.78; Fikentscher: SchuldR, S.108/109; Raiser: AGB, S. 160; Weber: AGB, N 251. , Fikentscher: SchuldR, S.109, sieht die Möglichkeit abweichender Vereinbarungen als Kriterium für das Nichtbestehen einer Verkehrssitte an. Hierin unterscheiden sich die genannten Bedingungen jedoch nicht von vielen anderen, auch nicht von den Reisebedingungen. 7 Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 19/20; Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S.145; LG Hamburg, Klatt I Nr.64; a.A. AG Hannover, Klatt I Nr.60; AG Kempten/Allgäu, Klatt IV Nr.345.
§ 2 Die Einbeziehung der Reisebedingungen in den Vertrag
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gegennahme der Reiseunterlagen. 8 Da der Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen jedoch eine übliche und zu erwartende Vertragsergänzung ist, spricht viel dafür, hier auch dem bloßen Schweigen schon die Bedeutung einer Zustimmung zu geben9 • Ein Vermerk in den erst später zugesandten Reiseunterlagen reicht dagegen nicht aus, um die Bedingungen in den Vertrag einzuführen10• 5. Ein besonderes Problem bieten die bereits erwähnten Bedingungen der N-U-R, die in den Prospektbedingungen auf weitere ausführliche Bedingungen verweist, die dem Kunden auf Verlangen zugesandt werden. Solche Verweisung ist im Prinzip ebenso möglich wie die Verweisung auf anderweitige Bedingungen; doch kann man sie in beiden Fällen nur dahin verstehen, daß die zusätzlich herangezogenen Bedingungen lediglich ergänzende Bedeutung haben. Im zweiten Fall führt daher die Auslegung der Verweisung dazu, daß nur ergänzende Bestimmungen in den anderen Bedingungen Wirksamkeit erlangen, während im Fall der N-U-R die den Prospektbedingungen widersprechenden Regelungen als gegen Treu und Glauben verstoßend unwirksam sind. Aus dem gleichen Grunde können aber auch solche Bedingungen in der ausführlichen Fassung keine Wirksamkeit erlangen, deren Regelung wegen ihrer Bedeutsamkeit für den Kunden in den im übrigen sehr umfassenden Prospektbedingungen zu erwarten gewesen wäre 11 • 11. Die ARB
Ziff. II Nr.l S.2 u.3 ARB: "Mit der Unterschrift wird die Anmeldung für alle angemeldeten Teilnehmer verbindlich. Sie erkennen damit gleichzeitig diese ,Allgemeinen Reisebedingungen' an." Busch: "Mit der Anmeldung ... , werden diese Bedingungen sowie die Allgemeinen Reisebedingungen von allen Teilnehmern anerkannt." N-U-R: "Soweit nichts anderes vorgesehen, gelten außerdem die ,Allgemeinen Reisebedingungen' des DRV in der jeweilig gültigen Fassung." BFR: (im Abschnitt "Haftung" nach der Vermittlerklausel) "In Zweüelsfällen gelten die Allgemeinen Reisebedingungen ..." 1. Die ARB werden entweder durch ausdrückliche Erwähnung in der Anmeldung oder durch Bezugnahme in den Firmenbedingungen zum Vertragsinhalt. Fehlt es an solcher Einbeziehung l2 , so haben sie auch BGHZ 18, 212 (216). Flume: Rechtsgeschäft, S.673. 10 Für die gleichgelagerte Frage der Rechnungen: Larenz: SchuldR I, S.67 Fußn. 1; Raiser: AGB, S. 196; RGZ 133, 330 (338/39). 11 Vgl. oben S.41. 11 Aero Lloyd; ARTU; Cook; DER; fub; Germania; Paneuropa; Touristica; Transeuropa. 8 9
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C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
dann keine Gültigkeit, wenn der Veranstalter von ihrer Anwendung ausgeht; denn es entspricht zwar der Verkehrssitte, daß überhaupt Reisebedingungen Anwendung finden, nicht jedoch, daß gerade die im Kundenkreis nicht besonders bekannten ARB Vertragsinhalt werden. Im Gegenteil muß der Kunde Firmenbedingungen, die keinen Bezug auf die ARB nehmen, für ausschließliche Regelungen halten. Soweit die ARB nur im Zusammenhang mit der Haftung erwähnt werden l3 , können sie auch nur in diesem Zusammenhang Anwendung finden, es sei denn, daß es sich um eine offensichtlich zufällige Einordnung handeW 4• 2. In jedem Fall gelten die ARB nur ergänzend zu den regelmäßig sehr ausführlichen Bedingungen der Veranstalter l5 , so daß ihre praktische Bedeutung nicht sehr groß ist. Ihr theoretischer Wert liegt jedoch darin, daß sie als typisches Beispiel für die im wesentlichen ähnlichen Reisebedingungen gelten können. 3. Unrichtig ist es, wenn in einigen Reisebedingungen l6 von den "Allgemeinen Reisebedingungen des DRV" gesprochen wird. Wie bereits erwähnt, hat der Deutsche Reisebüroverband aus kartellrechtlichen Gründen von diesen Bedingungen Abstand genommen, so daß sie heute außerhalb seiner Verantwortung weiterbestehen 17• Auch von einer "jeweiligen Fassung" kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein l8 • 111. Die Bedingungen der übrigen Leistungsträger DER: "Durch die Annahme der Transportdokumente, Gutscheine, Vouchers usw. erkennt der Reisende die aufgeführten Bedingungen an." BFR: "In Zweifelsfällen gelten ... die Transportbedingungen der Fluggesellschaften und sonstigen Verkehrsträger." Abgesehen von untypischen Fällen, in denen sich der Veranstalter verpflichtet, einzelne Leistungen selbst zu erbringen, haben die Bedingungen der Leistungsträger keine Bedeutung für den Reisevertrag lO • Hinweise darauf in den Reisebedingungen sind daher regelmäßig nur ein rechtlich unbedeutender Hinweis auf den Inhalt der weiteren VerBayrisches Reisebüro; BFR. airtours und Berolina, die zwar die Verweisung unter der überschrift "Haftung" vornehmen, aber zugleich auch andere Regelungen in diesem Zusammenhang treffen. 15 LG Frankfurt/M., Klatt IV Nr.44. 18 Akademische Studienreisen; Hetzei; N-U-R; TTS. 17 Vgl. oben S. 17. 18 Klatt in "Das Reisebüro" Fachbeilage zu "Der Fremdenverkehr", April 1970, S. 14. IV AG Sonthofen, Klatt I Nr. 55. 13
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§ 3 Die Bevollmächtigung des Veranstalters
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träge. Im übrigen werden diese Bedingungen unabhängig von einer solchen Verweisung nach allgemeinen Regeln Vertragsinhalt, wobei es nach § 166 BGB auf das Kennen oder Kennenmüssen des Vertragsschließenden selbst, also regelmäßig des Veranstalters, ankommt.
§ 3 Die Bevollmämtigung des Veranstalters Das Interesse des Kunden ist bei Abschluß des Reisevertrages nicht nur auf die Reiseorganisation, sondern insbesondere auf die einzelnen Reiseleistungen gerichtet. Da er diese Leistungen jedoch nicht aufgrund des Reisevertrages erhalten soll, sind weitere rechtliche Vereinbarungen nötig, die in der Regel in engem Zusammenhang mit dem Abschluß des Reisevertrages stehen. 1. In vielen Fällen schließt der Veranstalter schon vor der Bestätigung des Reisevertrages im Namen des Kunden Verträge mit den übrigen Leistungsträgern ab, die ihm eine sichere Zusage an den Kunden ermöglichen. Solche Verträge sind nach §§ 164, 177 BGB nur wirksam, wenn der Veranstalter von dem Kunden zu ihrem Abschluß ermächtigt worden ist.
Eine ausdrückliche Vollmacht wird ihm in der Regel nicht erteilt, und der Kunde macht sich im allgemeinen auch keine Gedanken über deren Notwendigkeit. Die Bevollmächtigung des Veranstalters ergibt sich jedoch aus dem Zweck des Reisevertrages, der dahin geht, dem Kunden alle erforderlichen Reisedienstleistungen zu verschaffen, und der gleichzeitig anerkannten Vermittlerklausel, die den Abschluß von Verträgen im Namen des Kunden als regelmäßiges Verfahren zu diesem Zweck erscheinen läßt 1 • Sie ist in der Anmeldungserklärung des Kunden zu sehen. Da der Kunde an die Verträge mit den Leistungsträgern nur bei Zustandekommen des Reisevertrages gebunden sein soll, ist die Vollmacht durch dessen Bestätigung aufschiebend bedingt!, wobei die Folgen des Bedingungseintritts jedoch nach § 159 BGB auf den Zeitpunkt der Anmeldung zurückbezogen werden. Der Veranstalter ist also zunächst Vertreter ohne Vertretungsmacht, nach der Bestätigung jedoch rückwirkend bevollmächtigter Vertreter des Kunden. 2. Bei Vertragsabschlüssen nach der Bestätigung erübrigt sich diese letzte Einschränkung. 1 Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 31; zum Zusammenfallen von Vertrag und Vollmacht: Staudinger-Coing, Anm. 21 zu § 164 BGB. 2 Zur Möglichkeit einer Bedingung: Enneccerus-Nipperdey, § 184 III 2b; Soergel-Schultze-v. Lasaulx, Anm.3 zu § 167 BGB.
C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
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3. Häufig werden die Veranstalter nicht nur von den Kunden, sondern auch von den Leistungsträgern zum Vertragsabschluß bevollmächtigt3 , so daß der Vertrag zwischen Leistungsträger und Kunden durch eine beliebige schlüssige Handlung des Veranstalters zustandekommt. In diesen Fällen könnte ein Verstoß gegen § 181 BGB vorliegen. Es ist jedoch anzunehmen, daß sich der Leistungsträger, der das Verfahren ja kennt, mit der Mehrvertretung einverstanden erklärt hat und auch der Kunde, der sich über die Verhandlungen zwischen Veranstalter und Leistungsträger in der Regel ohnehin keine Gedanken macht, dieses Verfahren gestattet. Eine solche konkludente Erlaubnis reicht zum Ausschluß des § 181 BGB aus 4 • 4. Darüber hinaus ist bereits erwähnt worden, daß auch der Veranstalter selbst Reiseleistungen erbringen kann, ohne daß sich dadurch der Gegenstand des Reisevertrages ändert. Die Frage, wie in diesen Fällen die weiteren Verträge zwischen Veranstalter und Kunden zustandekommen, ist ebenfalls über § 181 BGB zu beantworten; denn nach § 181 BGB kann der Bevollmächtigte auch mit sich selbst einen Vertrag abschließen, wenn ihm dies aufgrund seiner Vollmacht gestattet ist. Der Kunde erklärt eine solche Gestattung ebensowenig wie die Vollmacht selbst; sein Einverständnis ergibt sich jedoch aus der Tatsache, daß ihm das Verfahren beim Veranstalter und seine weiteren Vertragspartner in der Regel gleichgültig sind 5 und daß er sogar häufig mit dem Veranstalter als Vertragspartner rechnet. Auch ist ihm ein Vertrag mit dem Veranstalter selbst im allgemeinen nur vorteilhaft und eine Interessenkollision wegen der bereits im Reisevertrag festgelegten Leistungen nicht zu befürchten. Man könnte zu dem gleichen Ergebnis auch über eine analoge Anwendung der handelsrechtlichen Bestimmungen über das Selbsteintrittsrecht gelangen; doch gibt es ein solches Selbsteintrittsrecht nach §§ 400 und 412 HGB nur bei Kommission und Spedition, also bei Geschäften, bei denen sich der Kaufmann zu Vertragsvermittlungen im eigenen Namen verpflichtet. Das Problem des § 181 BGB, das sich beim Reiseveranstaltungsvertrag stellt, weil der Veranstalter die Verträge im Namen des Kunden abschließt, wird damit nicht gelöst und läßt sich nur unter Bezugnahme auf die besondere Interessenlage lösen. Andererseits steht auch die Tatsache, daß dem Handelsmakler und dem Handelsvertreter kein Eintrittsrecht zusteht, dem Selbsteintritt beim Reiseveranstaltungsvertrag nicht entgegen, da es sich bei den Corsten: Rechtsbeziehungen, S. 81, 89/90. Soergel-Schultze-v. Lasaulx, Anm.33 zu § 181 BGB; Staudinger-Coing, Anm.1ge zu § 181 BGB; RG SeuffA 86 Nr.42. 5 Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 99. 3
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§ 4 Die Mängel bei Vertrags abschluß
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Verpflichtungen dieser Kaufleute um reine Vertragsvermittlungen handelt, während die Vertragsvermittlung beim Reisevertrag keine wesentliche Bedeutung hat, sondern die Vermittlung der Leistungen geschuldet wird. Daraus ergibt sich eine andere Interessenlage, die der die oben gefundene Lösung über § 181 BGB entspricht. 5. In den Reisebedingungen wird die Frage der Vollmacht nirgends erwähnt, obwohl sie sich zwingend aus der Vermittlerklausel ergibt. Der Grund dafür liegt in dem ganz auf das Ergebnis ausgerichteten Inhalt des Reiseveranstaltungsvertrages, bei dem die Tätigkeiten des Veranstalters, die zu diesem Ergebnis führen, in den Vorstellungen der Parteien keine Rolle spielenG.
§ 4 Die Mängel bei Vertragsabsdtluß I. Die Irrtumsanfechtung und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung fub: "Die Geltendmachung von Ansprüchen, welche durch auf Irrtum beruhender Preisberechnung entstehen, bleibt vorbehalten. fub ist befugt, die auf Irrtum beruhende Preisdifferenz bis zum Reiseantritt geltend zu machen." Touropa/Scharnow/Hummel: ,,(Alle Angaben entsprechen dem Stand bei Drucklegung ( ... ) Änderungen der Leistungen und Preise vorbehalten.) Das gleiche gilt für Änderungen aufgrund von Druckfehlern und Irrtümern." Außer der fehlenden GeschäftsfähigkeW und einem Mangel der Form kommen als Fehler bei Vertragsabschluß hauptsächlich Irrtum und arglistige Täuschung in Betracht, die zu einem Dissens nach § 155 BGB führen oder den Betroffenen nach §§ 119, 120 oder 123 BGB zur Anfechtung berechtigen. 1. Dabei können einmal die Fälle eine Rolle spielen, in denen das Buchungsbüro die Anmeldung des Kunden oder die Bestätigung des Veranstalters falsch übermittelt. a) Ist das Buchungsbüro Vertreter oder Vertreter ohne Vertretungsmacht2, so hat eine falsche Übermittlung für die Vertragserklärung selbst keine Bedeutung. Der Veranstalter kann jedoch unter den üblichen Voraussetzungen seine Vollmacht oder Genehmigung anfechten, wenn diese auf einer falschen Information beruhen 3•
Vgl. oben S.22. Die Bedingungen von ARTU und Hetzel betonen ausdrücklich die Notwendigkeit einer Mitunterschrift des gesetzlichen Vertreters bei Minderjährigen. 2 Vgl. oben S.39. a Staudinger-Coing, Anm.7 zu § 166 BGB. 8
1
4 Arndt
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C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
b) Wird die Buchungsstelle als Empfangsvertreterin bei der Anmeldung und als Erklärungsbotin bei der schriftlichen Bestätigung tätig', so führt die falsche Weitergabe der Anmeldeerklärung zu einer von dieser abweichenden Bestätigung, also zum Dissens. Eine absichtlich geänderte schriftliche Bestätigung geht dem Kunden weder in der ursprünglichen Form noch mit dem geänderten Inhalt zu 5 , so daß es in diesen Fällen überhaupt an einem Vertragsabschluß fehlt. c) Ist die Buchungsstelle als unbeauftragtes Reisebüro Empfangs- und Erklärungsbotin des Kunden6 , so trägt dieser das gesamte übermittlungsrisiko. Er kann jedoch eine falsch weitergegebene Anmeldung nach § 120 BGB anfechten. 2. Weiter kommt eine Anfechtung des Kunden in den Fällen in Be tracht, in denen er sich über die Bedeutung seiner Anmeldungserklärung etwa aufgrund einer Verwechslung falsche Vorstellungen gemacht (§ 119 Abs.1 BGB) oder eine verkehrswesentliche Eigenschaft irrtümlich als gegeben angesehen hat (§ 119 Abs. 2 BGB). Bedeutsam ist danach z. B. die Vorstellung, ein Badeort liege am Meer, während er in Wirklichkeit 50 km landeinwärts liegt, oder ein Hotel sei ein ruhig gelegener Bauernhof, während es in Wirklichkeit im Zentrum der Stadt liegt und einen Tanzbetrieb hat; persönliche Erwartungen hinsichtlich des Klimas oder der Sehenswürdigkeiten am Zielort sind dagegen unbeachtlich. 3. Auf seiten des Veranstalters spielt insbesondere der Berechnungsirrtum eine gewisse Rolle, der in verschiedener Form auftreten kann. a) Der Veranstalter kann sich einmal bereits bei der Kalkulation seines Preisangebotes - z. B. über den Preis eines Leistungsträgers geirrt und daraufhin einen zu niedrigen Preis in seine Ausschreibung aufgenommen haben. Ein solcher Kalkulationsirrtum ist als bloßer Motivirrtum im Vorbereich des Vertrages unbeachtlich und berechtigt nicht zur Anfechtung7 • Davon, daß die Zusammensetzung des Preises und die Höhe der Einzelpreise Gegenstand der Vertragsverhandlungen waren, kann gerade bei einem pauschalen Reisepreis nicht die Rede sein, auch wenn der Kunde durch Zufall Einzelpreise erfahren sollte8 • b) Davon zu unterscheiden ist ein Irrtum bei der Berechnung des endgültigen Preises, der z. B. dadurch entstehen kann, daß der Ver4
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Vgl. oben S.35 u. 38. Enneccerus-Nipperdey, § 167 III 2; Staudinger-Coing, Anm.5 zu § 120
BGB.
Vgl. oben S.36 u. 40. LG München I, Klatt II Nr.l71, für Einzelreise; i.E. AG Sonthofen, Klatt I Nr.55; allgemein zum Kalkulationsirrtum in diesem Fall: RGZ 55, 367 (370/ 71); 64, 266 (268); Enneccerus-Nipperdey, § 167 IV 4; Staudinger-Coing, Anm. 53 zu § 119 BGB. 8 Dazu: RGZ 64, 266 (268); 101, 107 (108); 105,406 (407); i.E. strittig (vgl. b». G
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§ 4 Die Mängel bei Vertrags abschluß
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anstalter oder die Buchungsstelle einen bestimmten Zuschlag vergessen oder den Preis für eine falsche Saison berechnen. Wird der falsch berechnete Preis in diesen Fällen bei Vertragsabschluß zugrundegelegt, so kommt der Vertrag wenigstens zunächst zu diesem Preis zustande. Die Tatsache, daß der Kunde den Irrtum anhand des Prospektes und der Reisebedingungen feststellen könnte, vermag nichts daran zu ändern, da die ausdrücklichen Parteivereinbarungen dem Prospekt und den Reisebedingungen vorgehen und der Kunde sich auf die Preisberechnung des Veranstalters verlassen kann9 • So bestimmt auch Ziff. IV Nr.1 S.l ARB, daß Zu- und Abschläge dem Kunden ausdrücklich bestätigt sein müssen lO • Zu denken ist jedoch an eine Anfechtungsmöglichkeit oder Vertragskorrektur. Das Reichsgericht hat in einem ähnlich gelagerten Falll1 eine Anfechtung nach § 119 Abs.1 BGB zugelassen, da die Berechnungsgrundlagen Gegenstand der Vertragsverhandlungen gewesen und damit Erklärungsinhalt geworden seieni!. Diese Rechtsprechung ist jedoch mit der überwiegenden Meinung in der Literatur 1a abzulehnen; denn bei der Frage, ob sich jemand über den Inhalt seiner Erklärung geirrt hat, kann es keine Rolle spielen, ob er dem Empfänger zugleich mitgeteilt hat, welche überlegungen ihn zu dieser Erklärung veranlaßt haben. Eine solche Mitteilung kann lediglich bei der Vertragsauslegung l4 , die hier nach dem oben Gesagten jedoch nicht in Betracht kommt, oder nach der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage l5 Beachtung finden. Die Frage nach der Geschäftsgrundlage ist eine Frage der Risikoverteilungltl. Grundsätzlich wird jede Vertragspartei auch bei falschen Vorstellungen über die Wirklichkeit am Vertrag festgehalten oder zur Anfechtung verpflichtet; Vorstellungen jedoch, bei deren Unrichtigkeit ein Festhalten am Vertrag gegen Treu und Glauben verstoßen würde, g Anders für die Buchung eines Fluges: LG Kiel, Klatt IV Nr. 349; wie hier auch in diesem Fall: OLG Celle, Klatt IV Nr. 350. 10 Vgl. auch fub und N-U-R für den Preis allgemein. 11 RG JW 1927, 1362/63. 12 Vgl. auch RGZ 101, 107 (108); 105, 406 (407). 13 Enneccerus-Nipperdey, § 167 IV 4; Larenz: AT BGB, S. 378; SoergelHefermehl, Anm. 22 und 24 zu § 119 BGB; Staudinger-Coing, Anm. Ha zu § 119 BGB. 14 Enneccerus-Nipperdey, a.a.O.; Flume: Rechtsgeschäft, S.502; Larenz, a.a.O.; Soergel-Hefermehl, Anm.24 zu § 119 BGB. 15 Enneccerus-Nipperdey, a.a.O.: Larenz, a.a.O.; BGH MDR 1960, 580. Flume, a.a.O., S. 502 ff., nimmt in den Fällen zweier gleichrangiger widersprüchlicher Vertragserklärungen, von denen die h. M. eine als Geschäftsgrundlage ansieht, an, daß jeder Vertragspartner den anderen an dem für die3en günstigen Ergebnis festhalten kann. 16 Flume, a.a.O., S. 500.
c.
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Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
bezeichnet man als Geschäftsgrundlage, deren Fortfall oder Fehlen eine Vertragskorrektur notwendig macht l7 • In den Irrtumsfällen ist dies zu Recht nur bei einem beiderseitigen Irrtum angenommen worden l8 , der aber nicht schon dann vorliegt, wenn die eine Partei der anderen ihre unrichtigen überlegungen mitgeteilt hat, sondern nur dann, wenn die Parteien die unrichtigen Vorstellungen zum Gegenstand ihrer gemeinsamen überlegungen und Verhandlungen gemacht haben19 • Bei den hier zu erörternden Berechnungsfehlern des Veranstalters trifft dies nicht zu. Vielmehr liegt die Berechnung allein in der Hand des Veranstalters, und der darin weniger erfahrene Kunde verläßt sich im allgemeinen auf deren Richtigkeit, ohne eigene Nachprüfungen anzustellen. Der Berechnungsfehler ist daher ein einseitiger Irrtum des Veranstalters, für den er allein das Risiko trägt. Eine Preiskorrektur ist also auch in diesen Fällen nicht möglich20 • c) Anders ist es in den Fällen, in denen die Rechnung erst nach Vertragsabschluß aufgestellt wird 21 • Hier kommt der Vertrag zum Prospektpreis zustande, und der nachträgliche Irrtum bleibt ohne Bedeutung, so daß der Veranstalter das zu wenig Gezahlte nachfordern kann. Allerdings hat das Landgericht KieF 2 in einem ähnlich gelagerten Fall bei der Buchung eines Fluges entschieden, daß die Nachforderung nach Abschluß der Reise gegen Treu und Glauben verstoßen würde und daher nicht mehr möglich sei. Dies wird insbesondere mit der Verantwortung des Veranstalters für eine richtige Preisberechnung begründet. Trotzdem handelt es sich wohl um eine etwa zu weite Ausdehnung des Verwirkungstatbestandes. d) Offensichtliche Schreib- und reine Rechenfehler lassen sich in jedem Fall bereits auf dem Wege der Auslegung berichtigen, ohne daß das Problem der Anfechtung oder der Geschäftsgrundlage dabei berührt zu werden braucht. e) Eine Abweichung von diesen Ergebnissen stellt die zitierte Bedingung der fub dar, die sich für jeden Fall der auf Irrtum beruhenden Preisberechnung bis zum Reisebeginn ein Nachforderungsrecht vorbehält. Statt aller: Enneccerus-Nipperdey, § 177 III 4. RG Gruch. 69, 216; OLG München, MDR 1950,672; BGH MDR 1960, 580. 19 RG, a.a.O.; OLG München, a.a.O.; BGH, a.a.O. 20 AG Hannover, Klatt 11 Nr.170, für unbeachteten Saisonzuschlag. Bei Abweichungen zum Nachteil des Kunden ist zu beachten, daß die Anmeldung häufig noch keinen bestimmten Preis enthält, sich also nur auf die Prospektbestimmungen bezieht. In diesem Fall ist die unrichtige Bestätigung eine vom Angbot abweichende Annahme, der der Kunde widersprechen kann. 21 LG Itzehoe, Klatt IV Nr. 351, für die Buchung eines Fluges. 22 LG Kiel Klatt IV Nr. 349. 17 18
§ 4 Die Mängel bei Vertragsabschluß
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Versteht man dabei unter "Preisberechnung" dem engeren Wortsinn entsprechend nicht die Preiskalkulation, sondern die Berechnung des endgültigen Preises, so weicht diese Regelung zwar zuungunsten des Kunden von dem geltenden Vertragsrecht ab, ist jedoch unter dem Gesichtspunkt eines angemessenen Interessenausgleichs nicht zu beanstanden. Gerade in den Irrtumsfällen, die nicht im Wege der Auslegung (vgl. d)) zu korrigieren sind, hat der Kunde die Einzelheiten der Preisberechnung dem Veranstalter überlassen, indem er grundsätzlich bereit war, sich dessen feststehenden Bedingungen zu fügen. Das wird besonders deutlich, wenn der Endpreis, wie bei der schriftlichen Anmeldung, bei der Anmeldung noch gar nicht berechnet war, gilt aber auch in den Fällen, in denen die Buchungsstelle sofort eine Rechnung aufstellt. Die Interessen des Kunden werden daher durch die N achforderung einer Summe, die er ohnehin zu zahlen bereit gewesen wäre, jedenfalls dann nicht entscheidend beeinträchtigt, wenn diese wie hier an eine angemessene Frist gebunden ist. Andererseits hat der Veranstalter ein beachtenswertes Interesse dar an, die Summe zu erhalten, die ihm normalerweise gebührt. Fälle, in denen der Kunde seine Entscheidung ausnahmsweise von der falschen Berechnung des Veranstalters oder der Buchungsstelle abhängig gemacht hat, können über eine Haftung des Veranstalters aus Verschulden bei Vertrags abschluß ausgeglichen werden23 • Sollten unter den Irrtümern in der Preisberechnung dagegen auch Kalkulationsirrtümer zu verstehen sein, die der Ausschreibung zugrunde liegen, so wäre diese Regelung jedenfalls nach § 242 BGB unwirksam; denn sie würde den Kunden ohne Rechtfertigung durch die besondere Interessenlage mit einem Risiko belasten, für das er nicht verantwortlich ist und das er weder beeinflussen noch überblicken kann. Dagegen gehören zu der "auf Irrtum beruhenden Preisberechnung" auch die Fälle, in denen der Vertrag zum Prospektpreis zustandekommt und lediglich bei der Zahlungsaufforderung ein Fehler unterläuft. Hier wirkt sich die Regelung durch die Beschränkung der Nachforderungsfrist ausnahmsweise zum Vorteil des Kunden aus, der ohnehin zur Nachzahlung verpflichtet ist. f) Der ebenfalls zitierte allgmeine Irrtums- 24 und DruckfehlervorbehaW5 in einigen Reisebedingungen bezieht sich dagegen nach seinem Zusammenhang nur auf den Inhalt des Prospektes und gilt nicht, wenn dieser Inhalt ohne Berichtigung Vertragsinhalt geworden ist. !3 24
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Vgl. LG Kiel, Klatt IV Nr. 349. Germania; Hetzei; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa. N-U-R; Paneuropa; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa.
C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages 4. Zu erwähnen ist schließlich noch der Irrtum des Veranstalters über Eigenschaften des Kunden, die ihn zur Teilnahme an einer Gruppenreise ungeeignet machen. Zum Beispiel kann der Veranstalter den Reisevertrag nach § 119 Abs.2 BGB anfechten, wenn der Kunde von einer ansteckenden Krankheit befallen ist oder wenn er in einem Reiseland politische Schwierigkeiten zu erwarten hat, die sich zum Nachteil der ganzen Gruppe auswirken können. Treten solche Umstände erst nach Vertragsabschluß ein, so kann sich der Veranstalter wegen Wegfalls der objektiven Geschäftsgrundlage von dem Vertrag lösen. Die Reisebedingungen, die sich mit dieser Frage befassen!6, behandeln sie in jedem Fall als einen vom Kunden verursachten Rücktritt27 eine Regelung, gegen die keine Bedenken bestehen, wenn man berücksichtigt, daß der Kunde auch im Fall einer Anfechtung wegen seiner regelmäßig zumindest fahrlässigen Unkenntnis keinen Vertrauensschadensersatz nach § 122 BGB verlangen kann und seinerseits aus Verschulden bei Vertragsschluß zum Ersatz des Schadens beim Veranstalter verpflichtet wäre. Bei Hindernissen, die nach Vertragsabschluß auftreten, ist zu erwägen, daß ein vernünftiger Kunde in solchen Fällen ohnehin von sich aus auf die Teilnahme verzichten müßte. 5. Bei einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, für die im übrigen nichts Besonderes gilt, ist die beauftragte Buchungsstelle auch wenn sie den Vertrag nur vermittelt - keine "Dritte" im Sinne des § 123 BGB!B.
11. Die anfängliche Unmöglichkeit Der Reisevertrag, der eine von Anfang an undurchführbare Reise zum Gegenstand hat, ist nach § 306 BGB nichtig. Kannte der Veranstalter die Unmöglichkeit oder war sie ihm, was meist der Fall sein wird, zumindest aus Fahrlässigkeit unbekannt, so hat er nach § 307 Abs. 1 BGB den Vertrauensschaden des Kunden bis zur Höhe des Reisewertes zu ersetzen29 • Zu beachten ist jedoch der noch zu erörternde ÄnderungsvorbehaWo in den Reisebedingungen, der es dem Veranstalter ermöglicht, neu bekannt werdende Hindernisse bis zu einem gewissen Grad zu umgehen. Dagegen können die Regeln über die Absage der Reise31 bei einem von vornherein nichtigen Vertrag keine Rolle spielen. Akademische Studienreisen; fub. Vgl. unten S. 110. 28 h. M. zum Vermittlungsvertreter: Staudinger-Coing, Anm.38 zu § 123 BGB; Soergel-Hefermehl, Anm.29 zu § 123 BGB. 28 Vgl. unten § 5 I. 30 Unten 4. Abschnitt, § 3. 31 Unten 5. Abschnitt, § 3. 28
27
§ 5 Das vorvertragliche Schuldverhältnis
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Die Erfüllung eines Werkvertrages ist nach heute h. M. auch dann objektiv unmöglich, wenn der geschuldete Erfolg zwar an sich, aber nicht so wie versprochen durchgeführt werden kann s2 • Auch hier ist jedoch der Änderungsvorbehalt zu beachten. Außerdem wird man mit Soergel-Ballerstedt33 einschränkend sagen müssen, daß die auf einem Planungsfehler beruhende Unmöglichkeit der mangelfreien Herstellung den Unternehmer nach dem Sinn des Werkvertrages nicht über § 306 BGB von seiner vertraglichen Haftung befreien kann. Ein solcher Planungsfehler wird aber insbesondere bei der anfänglichen Unmöglichkeit einer Reiseveranstaltung häufig vorliegen.
§ 5 Das vorvertraglime Smuldverhältnis I. Allgemeines N-U-R (ausführliche Bedingungen): "Insbesondere haftet die N-U-R weder für ... noch für Verschulden bei Vertragsschluß. Für das vorvertragliche Schuldverhältnis gilt im allgemeinen nichts Besonderes: Die Parteien sind einander zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet und haften auf Schadensersatz, wenn sie diese Pflicht schuldhaft verletzen 1• Sonderfälle sind die Pflicht des Veranstalters, eine Buchung, die er nicht durchführen will, unverzüglich gegenüber dem Kunden abzulehnen (§ 663 BGB), und die bereits erwähnte Haftung aus § 307 BGB. Die beauftragten Buchungsstellen sind bei Wahrnehmung der vorvertraglichen Pflichten Erfüllungsgehilfen des Veranstalters. In den Reisebedingungen wird die vorvertragliche Haftung im allgemeinen nicht erwähnt. Auch Haftungsausschlüsse allgemeiner Art! beziehen sich nach ihrem Zusammenhang regelmäßig nur auf die vertragliche Haftung. Die zitierte Bedingung der N-U-R ist also eine vereinzelte Erscheinung. Gegen ihre Wirksamkeit bestehen einmal deswegen Bedenken, weil sie trotz ihrer eigenständigen Bedeutung in der sonst ausführlichen Haftungsregelung der Prospektbedingungen nicht erwähnt wird 3 , Soergel-Ballerstedt, Anm.11 zu § 633 BGB. a.a.O. 1 Enneccerus-Lehmann, § 43 IU; AG Kempten/Allgäu, Klatt IV Nr. 345, zur Pflicht des Reisebüros. M. E. war dieser Anspruch jedoch ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen eines Mangelfolgeschadens, da der Vertrag ja zustandegekommen war. f Akademische Studienreisen (für Verschulden der Erfüllungsgehilfen); fub (für Verschulden der Erfüllungsgehilfen und eigene Fahrlässigkeit). 3 Vgl. oben S.45. 32
33
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C. Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
zum anderen fragt es sich, ob eine Regelung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses durch Allgemeine Geschäftsbedingungen überhaupt möglich ist. Dabei ist zu unterscheiden: Kommt der Vertrag unter Bezugnahme auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zustande, so erlangt auch der darin enthaltene Haftungsausschluß für vorvertragliches Verschulden Gültigkeit, ohne daß dagegen grundsätzliche Bedenken bestehen, da der Vertrag das vorvertragliehe Verhältnis fortsetzt und verstärkt und daher in e~ner engen Beziehung zu diesem steht. Kommt ein Hauptvertrag nicht zustande, so müssen die Geschäftsbedingungen durch eine besondere Unterwerfung des Kunden bereits Inhalt der vertragsähnlichen vorvertraglichen Beziehung geworden sein. Dazu ist es notwendig, daß der Kunde ihre Anwendung durch den Unternehmer bei Eintritt in die Vertragsverhandlungen kannte oder kennen mußte, wie das z. B. bei einem Aushang im Geschäftslokal der Fall sein kann. Für die Reisebedingungen gilt dies, wenn sie - wie teilweise die ARB - im Buchungsbüro aushängen, so daß der Kunde damit rechnen muß, daß sie bereits für die Vertragsverhandlungen gelten sollen, oder wenn eine Anmeldung anhand des Prospektes vorgenommen wird, der eine deutlich für die vorvertragliche Beziehung bestimmte Regelung enthält. Die hier zu erörternde Regelung der N-U-R, die überhaupt nicht in den Prospektbedingungen enthalten ist, könnte daher nur mit dem Abschluß des Hauptvertrages wirksam werden. Die Bedingung hält jedoch auch einer allgemeinen Inhaltskontrolle nicht stand. Die Rechtsprechung ist zwar bisher mit den Haftungsausschlüssen recht großzügig verfahren und hat bei der Verschuldenshaftung über die Bestimmung des § 276 Abs. 2 BGB hinaus grundsätzlich nur den Ausschluß der Haftung für eigene grobe Fahrlässigkeit und grobe Fahrlässigkeit leitender An!5estellter für unzulässig erklärt4 • Vereinzelt ist dies aber auch schon auf die Haftung für jede grobe FahrlässigkeitS und - unterstützt von überzeugenden Argumenten in der Literatur6 - auf die Haftung für eigene leichte Fahrlässigkeit und die leichte Fahrlässigkeit leitender Angestellter bei einem Organisationsfehler ausgedehnt worden 1 • Macht man dagegen mit dem Grundsatz ernst, daß von so wesentlichen und unter dem Gesichtspunkt der gerechten Risikoverteilung ohne weiteres einleuchtenden dispositiven Normen, wie sie die Vorschriften über die Verschuldenshaftung sind, 4 BGHZ 13, 198 (202); 20, 164 (167/68); 38, 183 (185); NJW 1962, 1195 (1196); OLG München, NJW 1955, 1319 (1320). 5 BGH NJW 1968,1718 (1720) (andeutungsweise, aber abgelehnt, wenn mit einer Pauschalsumme gehaftet wird). 8 Raiser: AGB, S. 308; G. Raiser: Gesetzliche Kontrolle, S. 161. 7 RG DRiZ 1931 Nr.560; BGH NJW 1956, 1065 (1066/67) (allerdings unter zusätzlicher Berufung auf eine Monopolstellung).
§ 5 Das vorvertragliche Schuldverhältnis
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nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes abgewichen werden darfs, so muß man der vorliegenden Regelung überhaupt die Anerkennung versagen. Denn der Veranstalter trägt im Bereich der vorvertraglichen Haftung weder ein größeres Risiko als jeder andere Unternehmer und Vertragspartner, noch kann er den Rechtsverlust des Kunden durch entsprechende Vorteile ausgleichen. 11. Die Haftung für Auskünfte Ziff. VIII Nr.6 ARB: "Auskünfte aller Art erfolgen nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr." Ein besonderes Problem ist die Haftung für Auskünfte, die der Kunde während der Vertragsverhandlungen von dem Veranstalter selbst oder einer Buchungsstelle erhält. Dabei sind jedoch verschiedene Fälle zu unterscheiden.
1. Die "Auskunft" kann einmal die Beschreibung der Reiseleistungen selbst zum Inhalt haben. In diesem Fall gehört sie unmittelbar zu der vertraglichen Vereinbarung und ist bei richtiger Betrachtung keine Auskunft im Sinne der oben zitierten Reisebedingungen 9 • Der Veranstalter haftet bei einer unrichtigen Angabe in der Regel aus dem Vertrag selbst; nur wenn dieser an der unrichtigen Angabe scheitert, kann sich eine Haftung aus Verschulden bei Vertrags abschluß ergeben. 2. Daneben sind Auskünfte denkbar, die mit dem Reisevertrag im Zusammenhang stehen, ohne sich jedoch unmittelbar auf dessen Inhalt zu beziehen, wie z. B. ei.ne Auskunft über das Klima am Zielort oder die einzuhaltenden Paß- und Devisenvorschriften. Hier handelt es sich um echte Auskünfte, zu deren Erteilung der Veranstalter zwar nicht verpflichtet ist, die er aber aufgrund einer vertraglichen oder vorvertraglichen Pflicht, bevor er sie erteilt, sorgfältig prüfen mußI0. Die Haftung für solche Auskünfte wird durch Ziff. VIII Nr.6 ARB in zulässiger Weise beschränkt l1 • Da die Auskünfte nach bestem Wissen erfolgen sollen, ist anzunehmen, daß die Haftung für grobe Fahrlässigkeit bestehen bleibt12 • Der Haftungsausschluß für leichte Fahrlässigkeit aber ist dadurch gerechtfertigt, daß der Veranstalter einerseits Vgl. oben S. 18/19. Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 88; vgl. auch N-U-R, Touropa/Scharnow/ Hummel und Transeuropa, die das Einstehen für die richtige Beschreibung als vertragliche Haftung regeln. 10 LG Köln, NJW 1959, 818; allgemein: Soergel-Mühl, Anm. 3 zu § 676 BGB; Staudinger-Nipperdey, Anm.6 u. 13 zu § 676 BGB. l! Ebenso: N-U-R. I! Staudinger-Nipperdey, Anm.29 zu § 676 BGB. 8
9
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c.
Der Abschluß des Reiseveranstaltungsvertrages
überhaupt nicht verpflichtet ist, eine Auskunft zu erteilen, und dies kostenlos tut und daß er andererseits mit der Haftung für Auskünfte ein sehr weitgehendes und schwer überschaubares Risiko tragen würde. Auch bei einer ausdrücklichen Vereinbarung mit dem Kunden müßte dieser wohl regelmäßig mit einer solchen Haftungsbeschränkung einverstanden sein. 3. Die meisten Auskünfte werden dem Kunden von der Buchungsstelle erteilt, die, wie oben erwähnt, innerhalb des vorvertraglichen Schuldverhältnisses als Erfüllungsgehilfin des Veranstalters tätig wird. Das setzt jedoch voraus, daß ein solches Verhältnis bereits besteht, d. h. daß sich der Kunde für einen bestimmten Veranstalter entschieden hat. Bei Agenturen, die für verschiedene Veranstalter tätig werden, kommt es aber auch häufig vor, daß der Kunde sich zunächst allgemein informiert, bevor er in nähere Vertragsverhandlungen eintritt. Bei Auskünften, die ihm in diesem Vorstadium erteilt werden, ist ihm allein die Buchungsstelle verantwortlich, auf deren Haftung, da es sich auch um ein Reisebüro handelt, in der Regel ebenfalls Ziff. VIII Nr.6 ARB Anwendung findet. III. Besondere Vereinbarungen vor Vertrags abschluß
fub: "Sollte jedoch erst kurzfristig gebucht werden, so hat der Reiseteilnehmer die hierdurch möglicherweise anfallenden Telegramm-, Telefon-, Telexgebühren oder sonstigen Zusatzkosten zusätzlich zu tragen. Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag nicht zustandekommt." HetzeI: "Anmeldegebühr bei allen unseren Reisen 1,- DM." Nach einigen Reisebedingungen soll der Kunde auch ohne Zustandekommen des Reisevertrages eine Anmeldegebühr zahlen oder unter bestimmten Umständen die Kosten der Buchung erstatten l3 • Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Regelung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses, sondern um die Begründung eines besonderen Auftragsverhältnisses, nach dem der Veranstalter zur Vorbereitung der Bestätigung, der Kunde zur Bezahlung bzw. zum Ersatz der damit verbundenen Aufwendungen verpflichtet ist. Eine solche Vereinbarung kann aber nicht allein aufgrund der Reisebedingungen entstehen, die einen Vertrag voraussetzen, aber nicht begründen. Die Erhebung besonderer Gebühren ist daher nur zulässig, wenn sie vor Vornahme der Anmeldung ausdrücklich angekündigt worden ist und der Kunde sich damit einverstanden erklärt hat. 13 fub; Hetzel. Soweit in den Reisebedingungen Bearbeitungsgebühren für die kurzfristige Buchung ohne den Zusatz erwähnt werden, daß sie auch ohne Reisevertrag erhoben würden (ARTU; Dr. Tigges), handelt es sich dagegen nur um einen besonders berechneten Teil des Reisepreises, der aufgrund des Reisevertrages erhoben wird und daher keine Besonderheit darstellt.
Vierter Abschnitt
Die Erfüllung des Reisevertrages
§ 1 Pilidtten und Tätigkeit des Veranstalters Hauptflicht des Veranstalters ist es - wie bereits dargestellt - , die Reise für den Kunden zu organisieren und durchzuführen, wobei er hauptsächlich dafür verantwortlich ist, daß der Kunde die vereinbarten Leistungen tatsächlich erhält. Zusätzlich treffen ihn einige Nebenpflichten aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag und allgemeine Sorgfaltspflichten aus § 242 BGB.
I. Art und Umfang der zu vermittelnden Leistungen Touropa/Scharnow: "a) Wir vermitteln Ihnen die im Prospekt ausgeschriebenen Reisedienstleistungen und betreuen Sie während der Reise durch unsere deutschsprachige Reiseleitung. Der Reisepreis umfaßt: Flug ab und bis Frankfurt entsprechend Programm einschließlich Bordverpflegung bei Flug mit Linienmaschinen Beförderung in der Economy-Klasse (erste Klasse gegen Aufpreis möglich) - Unterbringung in Zweibett-Zimmern (Einzelzimmer gegen den ausgeschriebenen Mehrpreis möglich), Verpflegung laut Prospektbeschreibung (Frühstück, Halbpension, Vollpension), alle Transfers vom Flughafen zum Hotel und zurück, TS-Reiseleitung. Besichtigungen laut Prospektausschreibung sowie eine Reisekostenausfallversicherung. Nicht im Preis eingeschlossen sind die Flughafensteuern im Ausland. Ausnahmen werden im Programmablauf erwähnt. b) ...
c) Sie fliegen mit modernen Maschinen der ... d) das Freigepäck beträgt 20 kg pro Person. ... übergepäck kann auf Sonderflügen nicht befördert werden, bei Linienflügen ist dieses gegen Zuzahlung möglich .... Tiere können nicht befördert werden. e) Dem Wunsch nach Zusatzleistungen, wie z. B. Einzelzimmer, Meerblick, Bad/Balkon, wird je nach Verfügbarkeit entsprochen." Art und Umfang der zu vermittelnden Leistungen ergeben sich aus der Anmeldung und Bestätigung und aus der Beschreibung in den Prospekten. Im Mittelpunkt stehen die Leistungen, für die der Veranstalter schon nach der Definition der Gesellschafts- und Pauschalreisen zu sorgen hat. Die Transfers gehören nicht selbstverständlich dazu, sind aber häufig im Reisepreis enthalten.
60
D. Die Erfüllung des Reisevertrages
Daneben sind eine Reihe anderer Leistungen möglich, wie die Vermittlung von Versicherungs- und Kreditverträgen, die Besorgung von Devisen und Visa und die Veranstaltung von Ausflügen, Besichtigungen und Sportkursen. Soweit diese Leistungen nicht obligatorisch im Reisepreis enthalten sind, beruhen sie auf einer besonderen Bestellung des Kunden, erfolgen aber in jedem Fall im Rahmen des Reisevertrages, es sei denn, daß die Vermittlung bei der Buchungsstelle selbst bestellt worden ist bzw. die Sonderveranstaltung von einem selbständigen örtlichen Reiseleiter in eigener Verantwortung durchgeführt wird. Eine Besonderheit stellt die jetzt auch bei Reisen mögliche "Fahrt ins Blaue" dar, bei der die Reiseleistungen zunächst überhaupt nicht bestimmt sind. Soweit dem Veranstalter die Bestimmung ganz freistehen soll, gilt § 315 BGB; ist der Veranstalter - wie in der Regel an sein Reiseprogramm gebunden, so handelt es sich um eine Wahlschuld nach § 262 BGB.
11. Weisungen des Kunden Für Weisungen des Kunden, die nach §§ 675, 665 und 645 BGB grundsätzlich möglich wären, ist aufgrund der Besonderheit des Reisevertrages nur beschränkt Raum. So kann der Kunde einige Sonderwünsche hinsichtlich der Reiseleistungen äußern, bei der Anmeldung eine telefonische oder telegrafische Zimmerbestellung verlangen oder bei der Devisenbesorgung besondere Anweisungen geben. Im wesentlichen ist die Reiseorganisation jedoch durch Vorausplanung bestimmt oder insbesondere soweit es sich um das Verfahren handelt - in das Belieben des Veranstalters gestelW.
In.
Die Reiseunterlagen
Ziff. II Nr. 5 ARB: "Die Restzahlung ist nur gegen Aushändigung der Reiseunterlagen zu entrichten, sofern nicht in der Reiseausschreibung bzw. in sonstigen Unterlagen und Vereinbarungen ein früherer Termin vorgeschrieben ist." Ziff. VIII Nr. 4 ARB: "Für verlorengegangene Reiseunterlagen wird kein Ersatz geleistet." Einige Zeit vor der Reise erhält der Kunde in der Regel seine Reiseunterlagen, die einen verschiedenen Umfang und Inhalt haben können. In Betracht kommen neben allgemeinen Informationsblättern ein Teilnehmerausweis oder eine sonstige Quittung über die Bezahlung des I
Corsten: Rechtsbeziehungen, S.66.
§ 1 Pflichten und Tätigkeit des Veranstalters
61
Reisepreises, Fahrkarten, Platzkarten und Schlafwagenkarten, Hotelgutscheine, Essensmarken, Vouchers und andere Gutscheine. 1. Soweit sich diese Unterlagen auf die Leistung eines anderen Unternehmers beziehen, werden sie häufig als Anweisung bezeichnet2, Dabei wird jedoch übersehen, daß die Konstruktion der Anweisung als Doppelermächtigung3 oder zumindest Ermächtigung des Angewiesenen4 mit der Vermittlers teIlung des Veranstalters nicht vereinbar ist; denn der Leistungsträger leistet danach nicht aufgrund einer Ermächtigung des Veranstalters, sondern erbringt eine eigene Leistung an den Kunden. Eine Anweisung kann daher - abgesehen von dem Voucher als der Anweisung an ein anderes Reisebüro· - nur vorliegen, wenn der Veranstalter die Verträge mit den Leistungsträgern ausnahmsweise nicht im Namen des Kunden, sondern im eigenen Namen abgeschlossen hat. Im übrigen ist zwischen den einzelnen Unterlagen zu unterscheiden:
a) Fahrkarten, die am Schalter der Eisenbahn gelöst werden, Fahrscheinhefte, die von einem Reisebüro - bei der Bundesbahn von einem amtlichen Reisebüro - ausgestellt werden, Platzkarten und Schlafwagenkarten sind normalerweise bis zum Antritt der Fahrt Inhabermarken nach § 807 BGB, die von der Eisenbahnverwaltung bzw. in Vertretung für diese ausgestellt werden 6 • Das gilt auch für Gesellschafts- und Pauschalreisen, obwohl der Kunde hier im Innenverhältnis als verpflichtet anzusehen ist, die Karte nicht zu übertragen, da sie für ihn als Teilnehmer an der gesamten Reise bestimmt ist. Bei Gruppenreisen erhält der Kunde häufig anstelle der regulären Fahrkarte ein Billet, das nur in Verbindung mit dem Sammelfahrschein Gültigkeit hat. Hier bilden Sammelfahrschein und Einzelbillet eine gemeinsame Inhaberkarte. Auch Schiffspassagen und Omnibusfahrscheine können Inhaberkarten sein 7 ; meist lauten sie jedoch auf den Namen des Reisenden und sind dann ein bloßes Beweispapier8 • 2 Drosihn: Das Reisebüro, in Handbuch für Fremdenverkehrsbetriebe, S. 94 ff.; Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S.72; für Pauschalreisen: Steinbrenner: Reisebürounternehmung, S. 24 ff. (mit Ausnahme der Fahr-, Flugund Schiffsscheine). 3 h. M.; Enneccerus-Lehmann, § 203 12; Staudinger-Kober-Müller, Anm.l vor § 783 BGB. 4 Larenz: SchuldR H, S.339/360. 5 Steinbrenner, a.a.O .. , S.20. ft h. M.; Enneccerus-Lehmann, § 216, 2; Finger: Eisenbahngesetze, Anm. la zu § 10 EVO; Steinbrenner, a.a.O., S.24. 7 Für Schiffspassage: Abraham: Seerecht, S.177; Steinbrenner, a.a.O., S.25. 8 Für Schiffspassage: Riese: Luftrecht, S.432; Steinbrenner, a.a.O.
62
D. Die Erfüllung des Reisevertrages
Flugscheine haben nach dem Warschauer Abkommen nur Beweisfunktion 9 • Das ist zwar nicht unbestritten lO , dürfte aber nach der heutigen Fassung des Art. 3 WA nicht zu bezweifeln sein. Nach den Bedingungen der IATA müssen die Flugscheine auf den Namen des Passagiers lauten (Art. 3 § 2) und sind ebenfalls trotz der relativ weiten Entscheidungsbefugnis des Unternehmers bei ihrem Verlust reine Beweispa piere l l • Auch die Schiffskarten, Omnibusfahrscheine und Flugscheine werden entweder von dem Unternehmer selbst oder von dem dazu bevollmächtigten Reisebüro, z. B. dem Veranstalter, im Namen des Unternehmers ausgestellt. b) Die Hotelgutscheine werden vom Veranstalter ausgestellt und haben hinsichtlich der Reiseleistung nur eine Beweisfunktion. Darüber hinaus werden sie aber von den Leistungsträgern an Erfüllungs Statt als Zahlung entgegengenommen12 und stellen insoweit ein Wertpapier dar, als sie den Zahlungsanspruch des Leistungsträgers gegen den Veranstalter verkörpern. Da sie nur an bestimmte Leistungsträger gegeben werden können, handelt es sich um Rektapapiere l3 • c) Essensgutscheine schließlich haben nur die zuletzt beschriebene Funktion als ZahlungsmitteP4. Die Beweisfunktion scheidet aus, da der Kunde sich hier selbst den Vertragspartner und den Vertragsgegenstand aussucht. 2. Die Frage, ob der Kunde einen Anspruch auf bestimmte Reiseunterlagen hat, ist grundsätzlich zu verneinen; denn da es dem Veranstalter freisteht, wie er die Reise organisieren will, steht es ihm auch frei, auf die Aushändigung von Unterlagen teilweise oder ganz zu verzichten und die Teilnehmer z. B. nur in einer Liste des Reiseleiters zu erfassen. Die Rechte des Kunden aus dem Reisevertrag sind durch die schriftliche Bestätigung und den Anspruch auf eine Quittung nach § 368 BGB ausreichend gesichert. Soweit aber die Aushändigung der Reiseunterlagen - wie z. B. der Fahrkarte bei der Einzelpauschalreise - notwendig ist oder im Prospekt entsprechend der üblichen Durchführung der Reise in Aussicht gestellt wird, muß man dem Kunden einen besonderen, insbesondere einklagbaren Anspruch darauf zut Guldimann: Lufttransportrecht, Anm.16 zu Art. 3 WA; Schleicher-Reymann-Abraham: Luftfahrt, Anm.l zu Art. 3 WA. 10 Riese, a.a.O., S. 432. 11 Riese: Luftrecht, S.432; Schleicher-Reymann-Abraham, Anm.2 zu Art. 3 WA. 12 Drosihn: Das Reisebüro, in Handbuch für Fremdenverkehrsbetriebe, S.96. 13 Vgl. OLG Marienwerder, SeuffA 59 Nr. 155. 14 Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S. 170; Sünner: Rechtsbeziehungen,
S. 111.
§
1 Pflichten und Tätigkeit des Veranstalters
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billigen, so daß der Veranstalter in Verzug kommen kann, wenn er den für die Aushändigung bestimmten Termin überschreitet, und der Kunde ein Zurückbehaltungsrecht hat, bis er die Unterlagen erhält. 3. Für verlorene Reiseunterlagen soll nach Ziff. VIII Nr.4 ARB und anderen Reisebedingungen15 kein Ersatz geleistet werden. Hinsichtlich des besonderen Anspruchs auf Aushändigung der Unterlagen ergibt sich das schon daraus, daß dieser mit der einmaligen Aushändigung erfüllt worden ist. Im übrigen entspricht es auch dem Sinn der Aushändigung und dem Inhalt des Reisevertrages; denn Sinn der Aushändigung ist es, die weitere Verantwortung insoweit in die Hände des Kunden zu legen; und nach dem Inhalt des Reisevertrages ist der Veranstalter nur verpflichtet, die Reise in der üblichen Art und Weise durchzuführen, nicht jedoch, auch für besondere Schwierigkeiten des einzelnen Reisenden zu sorgen. Hinzu kommt, daß die Unterlagen, soweit es sich um Inhabermarken handelt, auch von den Leistungsträgern nicht ersetzt werden 16 und daß in den übrigen Fällen der Ersatz eines Papiers mit einem gewissen Risiko und Aufwand für den Veranstalter verbunden ist. Nur wenn dies ausnahmsweise nicht zutrifft, die Unterlagen aber für den Kunden dennoch wesentliche Bedeutung haben, ist nach Treu und Glauben eine Ausnahme von diesem Grundsatz zu machen. Im übrigen kann der Kunde seine Ansprüche bei allen Beweispapieren natürlich auf andere Weise geltend machen und nachweisen. Soweit es sich um Gutscheine gehandelt hat, wird er in der Regel zunächst selbst bezahlen müssen, hat dann aber gegen den Veranstalter einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB. 4. Die Aushändigung des Flugscheines hat nach dem Warschauer Abkommen darüber hinaus die Bedeutung, daß die Anwendbarkeit des Abkommens davon abhängig ist. Es genügt jedoch, daß der Flugschein dem Veranstalter als dem Vertreter des Kunden ausgehändigt wird 17 •
IV. Die Abrechnung mit den Leistungsträgern Daraus, daß der Kunde den gesamten Reisepreis an den Veranstalter zahlt, ergibt sich die weitere Verpflichtung des Veranstalters, ihn von Zahlungsansprüchen der Leistungsträger freizustellen, die aufgrund der Vermittlerklausel entstehen. Regelmäßig wird allerdings auch der von einem Veranstalter vermittelte Vertrag zwischen Leistungsträger und airtours; ARTU; N-U-R; Paneuropa; T'fS. Vgl. Hueck: Wertpapierrecht, S. 126. 17 Riese: Luftrecht, S.433; Schleicher-Reymann-Abraham, Anm. 3 zu Art. 3 WA; a.A. wohl Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S.71/72. 15
11
D. Die Erfüllung des Reisevertrages
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Kunden bereits dahin auszulegen sein, daß der Kunde seine Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Leistungsträger durch Zahlung an den Veranstalter erfüllt bzw. durch Hingabe eines ihm vom Veranstalter ausgehändigten Gutscheines an Zahlungs Statt erfüllen kann. Ist aber eine solche Auslegung im Einzelfall nicht möglich, z. B. weil es sich um einen spontan abgeschlossenen Vertrag während der Reise z. B. durch den Reiseleiter handelt und der Leistungsträger nicht weiß, daß dieser Vertrag im Rahmen einer organisierten Reise abgeschlossen wird, so hat der Kunde einen gesonderten Anspruch gegen den Veranstalter auf Befreiung von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Leistungsträger. V. Nebenpftichten des Veranstalters 1. Die Pflichten des Geschäftsführers aus §§ 675, 666 BGB sind auf die typische Geschäftsführung mit einem Weisungs recht des Kunden und einem Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsherrn ausgerichtet und und spielen daher bei dem Reisevertrag, bei dem Weisungen des Kunden weitgehend nicht infrage kommen und der Aufwendungsersatz größtenteils in dem unaufgegliederten Reisepreis enthalten ist, eine nur unteregordnete Rolle. a) Die Benachrichtigungspflicht wird außer bei Nebentätigkeiten, wie z. B. der Devisenbesorgung, hauptsächlich in den Fällen eines Ausführungshindernisses18 aktuell. Eine entsprechende Regelung treffen die ARB in Ziff. VI Nr. 1 für den Ausfall der Reise. b) Die Pflicht, dem Geschäftsherrn auf Verlangen Auskunft über den Stand der Geschäfte zu erteilen, kann z. B. Bedeutung erlangen, wenn der Kunde Namen und Sitz eines Leistungsträgers erfahren will, um gegen ihn Ansprüche geltend zu machen 19 • Im übrigen hat sie wenig praktische Bedeutung, weil dem Kunden die Durchführung der Reise schon mit der Bestätigung zugesagt wird. c) Die Pflicht zur Rechenschaftslegung schließlich kann im Hinblick auf den grundsätzlich unaufgegliederten Reisepreis nur für Nebengebühren, z. B. Telefonspesen oder die Gebühren für die Devisenbesorgung, in Betracht kommen.
2. Weitere Pflichten des Veranstalters können sich aus § 242 BGB ergeben. So ist die Pflicht zu einer gewissenhaften Auskunftserteilung nicht nur eine vorvertragliche20 , sondern auch eine vertragliche Pflicht, und auch die gewissenhafte Prüfung von Empfehlungen für Veranstal18
Erman-Hauß, Anm.1a zu § 666 BGB; Staudinger-Nipperdey, Anm.2 zu
§ 666 BGB. 19 20
Vgl. Rudolph, JW 1911, 705; Soergel-Mühl, Anm.5 zu § 666 BGB. Vgl. oben S. 57.
§ 1 Pflichten und Tätigkeit des Veranstalters
65
tungen außerhalb des Reiseplanes gehört zu den Vertragspflichten des Veranstalters. Eine Pflicht zu Hinweisen auf die notwendigen Reisevorbereitungen besteht dagegen grundsätzlich nicht; denn der Kunde verliert durch den Abschluß des Reisevertrages nicht seine Selbständigkeit, und es ist von ihm zu erwarten, daß er sich die nötigen Informationen selbst besorgt. Etwas andes muß jedoch für Besonderheiten gelten, die nur dem Veranstalter bekannt sind, dem Kunden dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit unbekannt. Dabei kann insbesondere der Kundenkreis eine Rolle spielen, an den sich das Reiseangebot seinem Inhalt und seinem Preis nach richtet.
VI. Termine und Dauer der Reise 1. Die Termine der Reise sind eine ihrer wesentlichen Eigenschaften. Wenn eine Reise zu bestimmten Daten gebucht wird, so gehören diese Daten zum Inhalt der geschuldeten Geschäftsbesorgung und zur Gestalt des herzustellenden "Werkes", sind also keine bloßen Fälligkeitstermine für die Erbringung der Organisationsleistung. Das ergibt sich nicht so sehr aus der Interessenrichtung des Kunden, dem auch mit der Annahme eines relativen Fixgeschäftes nach § 361 BGB Genüge getan wäre 2 t, sondern daraus, daß man den Veranstalter bei Versäumung eines Reisetermins auch bei Einzelpauschalreisen22 nicht für verpflichtet halten kann, die Reise zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Für ihn bedeutet eine solche spätere Reise eine ganz andere Reiseorganisation und damit eine Änderung des Vertragsgegenstandes. Richtiger Ansicht nach wird daher die Erfüllung des Reisevertrages bei Versäumung eines Termins jedenfalls insoweit unmöglich, als es sich um die zu diesem Termin zu erbringenden Reiseleistungen handelt, so daß der Reisevertrag im Gegensatz zu § 361 BGB als absolutes Fixgeschäft mit verschiedenen nacheinander einzuhaltenden Terminen angesehen werden muß. 2. Obwohl die Durchführung der Reise sich auf einen bestimmten Zeitraum erstreckt, handelt es sich nicht um ein Dauerschuldverhältnis; denn der Leistungsumfang ist hier nicht wie bei diesem durch die Dauer des Vertrages bestimmt23 , sondern von vornherein festgelegt 2'. Es liegt 21 So Sünner: Rechtsbeziehungen, S.48, der jedoch wenigstens hinsichtlich der einzelnen Reiseleistungen ein absolutes Fixgeschäft annimmt; AG BerlinCharlottenburg, Klatt II Nr. 157. 22 Bei Gesellschaftsreisen kommt hinzu, daß die Leistung an alle Teilnehmer gleichzeitig erfolgen muß. 23 Dazu allgemein: Blomeyer, SchuldR AT, S. 43; Larenz, SchuldR I, S.25. 24 Sünner: Rechtsbeziehungen, S.48.
5 ArDdt
D. Die Erfüllung des Reisevertrages
66
ein dem Ratenvertrag ähnliches Verhältnis vor, das sich jedoch von diesem durch das notwendige Aneinanderpassen der Einzelleistungen unterscheidet.
VII. Erfüllungsort fub: "Erfüllungsort ist der Geschäftssitz der fub." Erfüllungsort ist - im Unterschied zu dem Ort, an dem der Leistungserfolg jeweils eintritt25 - nach § 269 BGB der Sitz der Zentrale des Veranstalters. Dem entspricht die Regelung in den Reisebedingungen, soweit dort der Erfüllungsort besonders erwähnt wird26 •
VIII. Die Höchstpersönlichkeit des Reiseanspruchs Die Leistung des Veranstalters ist in vieler Hinsicht auf die Person des Kunden abgestellt. Flugscheine und Schiffspassagen lauten im allgemeinen auf den Namen des Kunden und müssen bei übertragung des Beförderungsrechts umgeschrieben werden; in den Beherbergungsunternehmen muß der Kunde regelmäßig namentlich angemeldet werden (Ziff.3a Internat HoteIO); bei der Belegung von Doppelzimmern kann das Geschlecht des Reisenden und seine Zusammengehörigkeit mit einer anderen Person eine Rolle spielen; und soweit die Besorgung der Visa zu den Leistungen des Veranstalters gehört, sind alle Angaben zur Person des Kunden von Bedeutung. Darüber hinaus hat auch der Veranstalter selbst bei Gesellschaftsreisen ein gewisses Interesse an einigermaßen geeigneten Teilnehmern, also daran, daß die Person, für die er die Reise bestätigt, ihren Anspruch nicht beliebig auf eine andere überträgt. Eine Auslegung des Reisevertrages muß daher zu dem Ergebnis führen, daß der Anspruch des Kunden auf Teilnahme an der Reise höchstpersönlich und unübertragbar ist. Diese Ansicht wird durch einige Reisebedingungen bestätigt, die eine "Änderung des Namens" als gebührenpflichtige Umbuchung, also als Vertragsänderung bezeichnen21 •
25
Dazu: Enneccerus-Lehmann, § 23 II 1; Soergel-Schmidt, Anm.142 zu
§ 269 BGB.
2& Aero Lloyd; Akademische Studienreisen; BFR; fub; Scharnow; Transeuropa. 21 BFR; Berolina; Germania; besondere Umschreibungsgebühr: Paneuropa; Touropa-Scharnow-Fernreisen.
§ 1 Pflichten und Tätigkeit des Veranstalters
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IX. Die Beteiligung anderer Personen an der Vertragserfüllung und die Erfüllung durch mehrere Veranstalter Busch: "Unterkunft vermitteln die örtlichen Reiseleitungen, wobei der Betreuungsvertrag zwischen diesen und dem Reisenden zustandekommt ...." DER: "Das Deutsche Reisebüro GmbH kann für die Vermittlung im Ausland zu erbringender Leistungen ausländische Korrespondenzbüros heranziehen. Diese Büros werden sorgfältig ausgewählt, doch kann eine Haftung für die Ausführung der ihnen übertragenen Dienste nicht übernommen werden." 1. Soweit der Veranstalter zu der Vertragsvermittlung und Reiseorganisation andere Personen hinzuzieht, handeln diese grundsätzlich als seine Erfüllungsgehilfen - und zwar gilt das außer für die Angestellten des Veranstalters auch für Korrespondenzbüros und Reiseleiter, die einen Teil der Vertragsvermittlungen übernehmen28 • Soweit die Reisebedingungen wie die Bedingungen von Busch eine davon abweichende Regelung treffen, ist diese als Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten unbeachtlich29 • Bloße Haftungsbeschränkungen wie in der zuletzt zitierten Regelung des DER ändern dagegen an der grundsätzlichen Stellung der Erfüllungsgehilfen nichts; ihre Zulässigkeit wird im Zusammenhang mit den Leistungsstörungen zu erörtern sein 30 •
2. Reisebüros und Personen, bei denen der Veranstalter lediglich Auskünfte einholt, sind dagegen keine Erfüllungsgehilfen, weil sie nicht bei der Erfüllung selbst, sondern nur als "Lieferanten" des Veranstalters 31 tätig werden. 3. Ähnliches gilt für die Leistungsträger, deren Mitwirkung zur Erfüllung des Reisevertrages notwendig, jedoch erst ein Ergebnis der eigentlichen Erfüllungsleistung des Veranstalters ist. Die Ansicht von Sünner, der in den Leistungsträgern aufgrund ihres tatsächlichen Auftretens Erfüllungsgehilfen des Veranstalters sehen Will 32, ist abzulehnen. Der Gedanke des § 413 HGB ist nicht anwendbar; denn wenn auch die Stellung des Reiseveranstalters der eines im eigenen Namen handelnden Spediteurs praktisch sehr nahekommt, so ist doch zu berücksichtigen, daß der Veranstalter in seinen Reisebedingungen ausdrücklich Vertragsabschlüsse im Namen des Kunden in Aussicht stellt, um damit einer eigenen Haftung für die Leistungsträger zu entgehen. Daß dies durch die Interessenlage gerechtfertigt ist, wurde oben33 ausgeführt.
AG BerUn-Charlottenburg, Klatt IV Nr. 342; LG Berlin, Klatt IV Nr. 343. Vgl. oben S. 23. 30 Unten 6. Abschnitt, § 4. 31 Dazu allgemein: Staudinger-Weber, Anm.43 zu § 278 BGB. 32 Rechtsbeziehungen, S. 37; ebenso: LG BerUn, Klatt IV Nr.341 (das Hotel als Erfüllungsgehilfe bei der Verschaffung der Unterkunft). 33 S.21. 28
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages
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4. Verpflichten sich mehrere Veranstalter gemeinsam dazu, eine Reise zu organisieren, so ist - da alle die Erfüllung des gesamten Vertrages schulden34 der Veranstalter, der einzelne Organisationsaufgaben allein übernimmt, als Erfüllungsgehilfe der anderen anzusehen35 • Seine eigenen Erfüllungsgehilfen sind gleichzeitig Erfüllungsgehilfen der Mitveranstal ter38 • 5. Wenn der Veranstalter seine Verpflichtungen ganz einem anderen überträgt, so erhebt sich die Frage nach der Zulässigkeit einer Substitution, die mit der Aufgabe auch die Verantwortung für deren Erfüllung auf den anderen Veranstalter überträgt. § 664 BGB ist in der Verweisung des § 675 BGB nicht erwähnt und daher nach dem wohl eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht anwendbar37 • Das bedeutet, daß weder eine Vermutung nach § 664 Abs. 1 S. 1 BGB dafür besteht, daß der Geschäftsführer seine Leistung höchstpersönlich zu erbringen hat, sondern daß diese nach der allgemeinen Regel des § 267 BGB grundsätzlich auch von einem Dritten erbracht werden kann3B ; noch daß § 664 Abs.1 S.2 BGB Anwendung findet 39 , denn es besteht keine Veranlassung, anzunehmen, daß der Kunde, der die Leistung durch einen Dritten nicht besonders zu gestatten braucht, regelmäßig mit einer Substitution einverstanden ist. Nach allgemeinen Regeln handelt vielmehr auch der leistende Dritte nur als Erfüllungsgehilfe des eigentlichen Vertragspartners, sofern nicht im Einzelfall eine befreiende oder kumulative Schuldübernahme vereinbart worden ist. Auch die Regelung der §§ 408 Abs. 1 und 413, 432 HGB für Spediteur und Frachtführer ist auf den Reiseveranstalter nicht entsprechend anzuwenden. Diese Bestimmungen beruhen auf der besonderen Interessenlage im Speditions- und Frachtrecht, die eine Einschaltung von Zwischenspediteuren und Zwischen frachtführern für Teilstrecken notwendig machen kann. Auch ist das Speditions- und Frachtrecht zu speziell, als daß es sich auf andere Vertragsarten übertragen ließe. Der Reiseveranstaltungsvertrag mag zwar wegen der zu vermittelnden Beförderungsleistung eine gewisse Ähnlichkeit mit der Spedition haben, doch erhält er durch die weiteren Verpflichtungen des Veranstalters, insbesondere Vgl. oben S. 32. OLG Braunschweig, OLGZ 9, 4 (6); BGH NJW 1952, 217. 36 BGH, a.a.O. 37 BGB RGRK, Anm. 2 zu § 675 BGB; Erman-Hauß, Anm. 5 zu § 664 BGB; Staudinger-Nipperdey, Anm.59 zu § 675 BGB; RGZ 161, 68 (70); a.A. Larenz: SchuldR 11, S.265; Soergel-Mühl, Anm.4 zu § 664 BGB. 3B Staudinger-Nipperdey, a.a.O.; Staudinger-Riedel, Anm.9 zu § 631 BGB; a.A. Larenz, a.a.O. 39 RGZ 161, 68 (73); BGH LM 1 zu § 664 BGB; a.A. RGZ 78, 310 (312). 34
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§ 2 Pflichten des Kunden
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durch seine Organisationspflichten, ein so anderes Gepräge, daß dieser Eindruck wieder aufgehoben wird. Grundsätzlich ist also auch der hinzugezogene Veranstalter nur Erfüllungsgehilfe des ersten, während dieser der verantwortliche Vertragspartner des Kunden bleibt.
§ 2 Pflirhten des Kunden I. Die Bezahlung 1. Der Reisepreis
Ziff. IV Nr.2 S.l ARE: "Es gelten die in den Reiseausschreibungen und sonstigen Unterlagen aufgeführten Preise. Zuschläge für besondere Hauptreisezeiten, für Einzelzimmer oder bessere Unterbringung usw. und Abschläge für Kinder usw. gelten nur nach Maßgabe der Reiseausschreibungen bzw. der sonstigen Unterlagen: sie müssen dem Kunden bestätigt sein." Der Kunde ist verpflichtet, den vereinbarten Reisepreis zu zahlen, wie er sich aus dem Prospekt, den Reisebedingungen und insbesondere der Bestätigung ergibt!. Dabei handelt es sich nach der Definition der Gesellschafts- und Pauschalreisen im wesentlichen um einen Gesamtpreis, der die Kosten aller Leistungen enthält, die an den Kunden erbracht werden sollen; hinzu kommen einige Gebühren und Zuschläge wie Autobahn- und Flughafengebühren2 , Einzelzimmer und Saisonzuschläge. Andererseits sehen die meisten Veranstalter die Möglichkeit von Kinderermäßigungen vor. Nach seinem Inhalt ist der Reisepreis zugleich zur Bezahlung der Leistungsträger bestimmt. Bei einer entsprechenden Auslegung der von dem Veranstalter vermittelten Verträge mit den Leistungsträgern3 wird daher mit der Bezahlung auch deren Anspruch gegenüber dem Kunden befriedigt. In den übrigen Fällen ergibt sich aus der Bezahlung der bereits erwähnte Anspruch des Kunden auf Freistellung von einer Inanspruchnahme durch die Leistungsträger 4• Da sich der Reisepreis aber andererseits als Pauschalpreis nur aus dem Vertrag mit dem Veranstalter ergibt, kommt es auf die Preisbedingungen der Leistungsträger nicht an 5 • Für eine falsche Berechnung und Nachforderung der Leistungsträger hat der Veranstalter aufzukommen. ! Vgl. auch fub; N-U-R. Die Flughafengebühr ist häufig aber auch von dem Reisenden selbst zu zahlen, der dadurch einen Vertrag mit der Flughafengesellschaft abschließt: AG Frankfurt/M., Klatt IV Nr.287. 3 Oben S. 63/64. , ObenS. 64. 5 AG Sonthofen, Klatt I Nr. 55 2
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages 2. Der Aufwendungsersatz
Ziff. IV Nr. 1 S.2 ARB: "Aufwendungen für die Besorgung der erforderlichen Visa und ausländischen Zahlungsmittel gehen zu Lasten des Kunden; das gleiche gilt für Telegramm- und Telefonspesen, sofern der Kunde vorher eingewilligt hat." Der Aufwendungsersatz - insbesondere für die Vergütung der Leistungsträger - ist wie häufig bei Geschäftsbesorgungswerkverträgen grundsätzlich in der Vergütung des Veranstalters enthalten, so daß dieser keinen besonderen und variablen Anspruch nach § 670 BGB hat. Lediglich die Gebühren für Besorgung von Visa und Devisen oder besonders verursachte Telefon- und Telegrammspesen können wie nach der zitierten Regelung der ARB als echter Aufwendungsersatzanspruch vereinbart werdens. 3. Die Anzahlung
Ziff.I1 Nr.4 ARB: "Bei der Anmeldung wird eine Anzahlung in Höhe von DM 30,- für Reisen, deren Gesamtpreis unter DM 300,- liegt, und von 10 % des Gesamtpreises, aufgerundet auf DM 5,-, für Reisen mit einem höheren Gesamtpreis erhoben." Dem festen Reisepreis anstelle des Aufwendungsersatzes entspricht es, daß an die Stelle des Vorschusses für Aufwendungen nach § 669 BGB nach allen Reisebedingungen der Anspruch auf eine pauschal berechnete Anzahlung tritt, die bei der Anmeldung oder kurz danach7 fällig wird. Die Höhe der Anzahlung richtet sich in der Regel nach der Höhe des Reisepreises und beträgt im Höchstfall etwa 25 Ofo davon. 4. Die Vorleistungspfticht
Ziff.lI Nr.5 ARB: "Die Restzahlung ist nur gegen Aushändigung der Reiseunterlagen zu entrichten, sofern nicht in der Reiseausschreibung bzw. in sonstigen Unterlagen und Vereinbarungen ein früherer Termin vorgeschrieben ist." N-U-R.: "Restzahlung ist spätestens drei Wochen vor Reiseantritt ohne nochmalige Aufforderung zu leisten. Bei kurzfristiger Anmeldung muß der gesamte Reisepreis vor Reiseantritt gezahlt werden." Der Kunde hat den Reisepreis nach allen Reisebedingungen grundsätzlich vor Antritt der Reise zu zahlen. Das stellt eine Abweichung von den §§ 641, 646 BGB und der Regelung anderer entgeltlicher Verträge dar und ist mit einem Hinweis auf die Vorschußpflicht nach § 669 BGB nicht ausreichenj begründet, weil in dem Reisepreis nicht nur die Auf6 airtours; Akademische Studienreisen (Visa u. Devisen); DER; N-U-R (Visa). 7 N-U-R; Transeuropa.
§2
Pflichten des Kunden
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wendungen des Veranstalters, sondern auch seine eigentliche Vergütung enthalten sind. Die Berechtigung der Vorleistungspflicht ergibt sich jedoch aus der besonderen Situation bei Abschluß eines Reisevertrages; denn der Veranstalter hat nach Vollendung der Reise keine Möglichkeit mehr, seine Leistung zurückzuhalten, und er muß befürchten, den Kunden dann nicht mehr zahlungswillig und zahlungsfähig zu finden. Der Kunde dagegen ist L.urch die Aushändigung der Reiseunterlagen, die er nach Ziff. II Nr. 5 ARB und den meisten anderen Reisebedingungen B bei oder vor der Restzahlung erhält, ausreichend gesichert. Er ist im allgemeinen auch eher in der Lage, sich von der Leistungsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Veranstalters ein Bild zu machen, als dies dem Veranstalter gegenüber dem ihm regelmäßig unbekannten Kunden möglich ist; und schließlich ist der Veranstalter durch einen Vertragsbruch wenigstens etwas in seinem geschäftlichen Ruf gefährdet, während dem Kunden die Meinung des Veranstalters verhältnismäßig gleichgültig sein kann. Reisebedingungen, die einen spätesten Termin für die Restzahlung festsetzen, ohne diese von der Aushändigung der Reiseunterlagen abhängig zu machen 9 , begründen damit grundsätzlich keine weitergeh'2nde Vorleistungspflicht; vielmehr kann der Kunde, der die Reiseunterlagen bis zum spätesten Zahlungstermin noch nicht erhalten hat, die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 BGB geltend machen. Eine Ausnahme bilden lediglich die Bedingungen von Transeuropa, die bei langfristiger Buchung ausdrücklich die Zusendung der Reiseunterlagen von der Einzahlung des Reisepreises abhängig machen. Da für diese weitergehende Vorleistungspflicht aber das oben dargestellte Schutzbedürfnis des Veranstalters fehlt und andererseits der Kunde ein Interesse daran hat, vor der Bezahlung wenigstens die Richtigkeit der Reiseunterlagen zu prüfen, wird man diese Bestimmung mit Rücksicht auf die andere gesetzliche Risikoverteilung nicht anerkennen können, wenn der Kunde z. B. auf einer Bezahlung per Nachnahme gegen Aushändigung der Reiseunterlagen besteht. Daneben sind ausdrücklich Vereinbarungen möglich, die den Kunden auch insoweit zu einer Vorleistung verpfiichten10• Reisebedingungen, die eine Stundung des Reisepreises vorsehen l l , meinen damit regelmäßig nur die Vermittlung eines besonderen Kreditvertrages mit einem dem veranstaltenden Unternehmen verbundenen S airtours; BFR; Busch; DER; fub; Hetzel; Paneuropa; Dr. Tigges; Touristica; Touropa/Scharnow/Hummel. • Berolina, Germania, N-U-R; teilweise Transeuropa; TTS. 10 Ziff. II Nr.5 ARB; airtours. 11 BFR; N-U-R: Transeuropa.
D. Die Erfüllung des Reisevertrages
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Kreditinstitut. An der Fälligkeit des Reisepreises ändert sich dadurch nichts. 5. Modalitäten der Zahlung
Transeuropa: "... Anzahlung ... , die ... auf unser Postscheckkonto ... zu überweisen ist. Die restlichen Reisekosten sind mit Angabe der Teilnehmernummer auf das Postscheckkonto ... einzuzahlen." Ziff. II Nr.3 ARB: "Die zur Anmeldung berechtigten Buchungsstellen sind auch inkassobevollmächtigt. " Aero Lloyd: "Die Kosten für am Zielort in Anspruch genommene höhere Hotelgruppen und Extras sowie Verlängerungen sind zu dem im Prospekt angegebenen Preis an uns oder die örtliche Reiseleitung zu zahlen. Unmittelbare Zahlung an Hotel, Pension etc. wirkt nicht schuldenbefreiend." a) Die Art und Weise der Bezahlung steht dem Kunden grundsätzlich frei; doch sind besondere Vereinbarungen und Regelungen wie in den Bedingungen der Transeuropa zu beachten. b) Außer an den Veranstalter selbst kann der Kunde auch an die mit dem übrigen Auftrag stets auch inkasso bevollmächtigten Buchungsstellen oder an die für Zahlungen während der Reise unter Umständen ebenfalls inkassobevollmächtigten Reiseleiter 12 zahlen und wird dadurch von seiner Verpflichtung befreit. Keine Inkassovollmacht haben dagegen die Leistungsträger - und zwar auch nicht insoweit, als es sich um die von ihnen selbst zu beanspruchenden Preise handelt; denn es ist möglich, daß der Veranstalter besondere Verrechnungsvereinbarungen mit ihnen getroffen hat, deren Einhaltung mit der eigenmächtigen Zahlung des Kunden vereitelt würde. Bei einer Zahlung an die Leistungsträger ist der Vertrag daher erst erfüllt, wenn diese den Betrag mit dem Veranstalter verrechnet bzw. an ihn abgeliefert haben. 6. Erfüllungsort
BFR: "Erfüllungsort und Gerichtsstand für beide Teile ist Berlin." Die Zahlungsverpflichtung des Kunden wäre nach §§ 270, 269 BGB eine Schickschuld oder, wenn im Reisebüro bezahlt werden soll, eine Bringschuld 13• Erfüllungsort ist also entweder der Wohnsitz des Kunden 14 oder der Sitz des Reisebüros. In einigen Reisebedingungen wird stattdessen aber der Sitz des Veranstalters entweder ausdrücklich für 12
13 14
Außer Aero Lloyd: Dr. Tigges. AG Lindau, Klatt IV Nr. 354. h. M. für Geldschulden: Enneccerus-Lehmann; § 23 13.
§ 2 Pflichten des Kunden
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beide Teile l5 oder mit dem gleichen Ergebnis allgemein lS als Erfüllungsort bezeichnet. Diese Abweichung von der gesetzlichen Regelung hat für die Leistung selbst nur insoweit Bedeutung, als der Schuldner bei der Schickschuld nicht die Verzögerungsgefahr trägt, während sie der Kunde hier tragen müßte, doch wirkt sich das in der Praxis so gut wie gar nicht aus und ist außerdem durch die Inkassovollmacht der Buchungsstellen im wesentlichen wieder aufgehoben. Der eigentliche Sinn der Regelung liegt daher nicht in einer wirklichen Bestimmung des Erfüllungsortes, sondern in einer Bestimmung des Gerichtsstandes nach § 29 ZP0 17 • Inwieweit sie unter diesem Gesichtspunkt zulässig ist, wird im Zusammenhang mit der gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche aus dem Reisevertrag zu erörtern sein l8 • 7. Die Einstandspfticht Dritter für die Bezahlung
airtours: "Der Besteller haftet für alle Reisenden oder Mitreisenden." ARTU: "Der mitunterschreibende gesetzliche Vertreter übernimmt neben dem Anmelder die Verpflichtung, den Rechnungsbetrag oder etwaige Rücktrittskosten zu zahlen, soweit eine solche Verpflichtung nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist." Bei einem Vertrag zugunsten Dritter hat der Kunde auch für die mitangemeldeten Reiseteilnehmer den Reisepreis zu bezahlen. In den übrigen Fällen kann eine Haftung für die mitangemeldeten Personen, wie sie in den Bedingungen der airtours vorgesehen ist, abgesehen von dem Fall des § 179 BGB, ohne eine besondere und ausdrückliche Garantieerklärung nicht begründet werden, da es sich insoweit nicht um die Ausgestaltung eines der beiden Verträge, sondern um die Begründung einer neuen vertraglichen Verpflichtung handelt, zu der die Bezugnahme auf Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht ausreicht. Das gleiche gilt für die Bedingungen der ARTU, zumal da der gesetzliche Vertreter hier in überhaupt keinen vertraglichen Beziehungen zu dem Veranstalter steht und in der Unterschrift für den Minderjährigen nicht zugleich auch eine Anerkennung der Geschäftsbedingungen im eigenen Namen gesehen werden kann. Auf die Erwägung, daß eine solche Einstandspflicht des gesetzlichen Vertreters aus Billigkeitsgründen durchaus zu befürworten wäre, kommt es danach nicht an. Der gesetzliche Vertreter haftet lediglich bei einer vorsätzlichen oder sittenwidrigen Schädigung des Veranstalters nach § 823 Abs.2 oder § 826 BGB. 15
BFR.
Aero Lloyd; Akademische Studienreisen; fub; Scharnow. Larenz: SchuldR I, S. 149; vgl. auch die sonst gleichen Bedingungen von Touropa und Hummel einerseits, die nur von dem Gerichtsstand sprechen, und Scharnow andererseits, die nur den Erfüllungsort erwähnen. 18 Unten 7. Abschnitt, § 2. 18
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages 11. Die Mitwirkung des Kunden bei der Durchführung der Reise 1. Die Pflicht zur Abnahme
Eine Pflicht des Kunden zur Abnahme des Werkes nach § 640 BGB kommt hier nach § 646 BGB nicht in Betracht, da es sich bei der Reiseorganisation um eine unkörperliche und nicht abnehmbare Leistung handelt. Auch die Reiseunterlagen können nicht als Ersatz für die Reiseorganisation gelten; denn das eigentliche "Werk", die Durchführung der Reise, wird mit ihnen nur vorbereitet. 2. Mitwirkungspflichten, deren Verletzung zum Annahmeverzug führt Ziff. IX Nr. 1 S. 1 ARB: "Der Kunde ist für seine Person für die Einhaltung der den jeweiligen zwischenstaatlichen Verkehr regelnden Paß-, Visa-, Devisen-, Zoll- und Impfbestimmungen verantwortlich." BFR: "Ein Fluggast muß von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn er nicht rechtzeitig zum Abflug erscheint oder nicht im Besitz der für die Reise nötigen Dokumente ist." N-U-R: "Sind dem Anmeldenden die Unterlagen 14 Tage vor Reiseantritt noch nicht übersandt worden, hat er die übersendung bei der N-U-R anzumahnen." Der Kunde hat eine Reihe von Mitwirkungspflichten im Sinne des § 642 BGB, die zwar nicht durchsetzbar sind l9 , deren Verletzung aber zum Annahmeverzug führt und die Folgen der §§ 642, 643, 645, 324 Abs.2 BGB auslöst sowie eine positive Vertragsverletzung darstellen kann20 • Hierzu gehört die Pflicht, bei Beginn der Reise und zu allen anderen Terminen rechtzeitig zu erscheinen 2t, die erforderlichen Reisedokumente und -unterlagen mitzubringen22 und unter Umständen abzuholen, die notwendigen Paß-, Zoll-, Devisen- und Gesundheitsbestimmungen des Reiselandes einzuhalten 23 und dem Veranstalter die für die Reiseorganisation notwendigen Angaben zur Person zu machenu. Keine Mitwirkungspflicht in diesem Sinne ist die bei der N-U-R geregelte Verpflichtung des Kunden, unpünktlich eintreffende Reiseunterlagen anzumahnen; denn dadurch wird das Versäumnis des Veranstal19 Enneccerus-Lehmann, § 152 UI; Staudinger-Riedel, Anm.2 zu § 642 BGB. 20 BGHZ 11, 80 (83); 50, 175 (178/79). 21 Außer BFR mit verschiedener Regelung der Folgen: ARTU; fub; Hetzei; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel. 22 Vgl. Fußn.21. 23 Außer ARB: Aero Lloyd; airtours; ARTU; Bayrisches Reisebüro; BFR; DER; fub; Hetzei; N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa. 24 Vgl. AG Frankfurt, Klatt I Nr. 67, zur Frage, ob eine Dame oder ein Herr an der Reise teilnehmen sollte.
§ 3 Der Änderungsvorbehalt
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ters, auf den das Fehlen der Unterlagen in erster Linie zurückzuführen ist, nicht aufgehoben. Die Pflichtverletzung des Kunden kann jedoch bei einem Anspruch gegen den Veranstalter unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens nach § 254 BGB eine Rolle spielen. Das gleiche gilt auch außerhalb der Bedingungen der N-U-R und z. B. auch für den Fall, daß der Kunde unrichtige Reiseunterlagen hinnimmt, obwohl er die Unrichtigkeit erkannt hat oder hätte erkennen müssen. 3. §242BGB
Schließlich ist der Kunde aufgrund seiner allgemeinen Vertragspflicht nach § 242 BGB zur Rücksichtnahme auf den Veranstalter verpflichtet und darf die Durchführung der Reise insbesondere dann nicht gefährden, wenn davon auch die übrigen Reisenden betroffen werden. Neben den eben genannten Pflichten kann unter diesem Gesichtspunkt z. B. die Pflicht zur Pünktlichkeit bei Besichtigungsreisen oder zur Vermeidung der Ansteckung von Mitreisenden im Krankheitsfall eine Rolle spielen. Im einzelnen ist die jeweilige Situation entscheidend, ohne daß sich allgemeine Regeln aufstellen lassen. Eine Verletzung dieser Pflichten führt zu einem Anspruch des Veranstalters auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung. Bei erheblichen Störungen kommt darüber hinaus eine Kündigung des Vertrages nach § 643 BGB analog25 in Betracht. 4. Die Mitwirkung bei einem Vertrag zugunsten Dritter
Bei einem Vertrag zugunsten Dritter, also z. B. bei Familienreisen, sind die Mitwirkungs- und Verhaltens pflichten häufig von dem Dritten zu erfüllen. Dieser ist insoweit Erfüllungsgehilfe des eigentlichen Kunden.
§ 3 Der Xnderungsvorbehalt I. Änderungen des Reiseplanes und der Reis·eleistungen Die Möglichkeit, nach § 665 BGB von Weisungen des Geschäftsherrn abzuweichen, hat bei einem Reisevertrag nur für die Nebenleistungen unmittelbare Bedeutung. Ob § 665 BGB darüber hinaus auch auf die Bestimmung von Zeit, Art und Umfang der Reiseleistungen anzuwenden ist, obwohl es sich dabei nicht um eigentliche Weisungen des Kunden, sondern um ein Angebot des Veranstalters handelt, kann dahingestellt Z5
BGH BB 1963, 160.
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages
bleiben; denn jedenfalls wird diese Bestimmung von den im Ergebnis in allen Reisebedingungen enthaltenen Änderungsvorbehalten vollständig ersetzt. 1. Die ARB-Regelung
Ziff. III Nr. 1: "Änderungen des Reiseplanes bzw. der Reisedienstleistungen vor Antritt der Reise müssen den betreffenden Kunden rechtzeitig bekanntgegeben werden." Ziff. 111 Nr. 2: "Änderungen des Reiseplanes bzw. der Reisedienstleistungen w ä h ren d der Reise bedürfen, soweit sie nicht durch unvorhergesehene Ereignisse bedingt sind, der Einwilligung des Reiseteilnehmers. " Ziff.III Nr.3: "Ist trotz erfolgter Bestätigung die Unterbringung in einem Einzelzimmer oder eine besondere Unterbringung, wie z. B. Südzimmer, Zimmer mit Seeblick, durch den Beherbergungsbetrieb nicht erfolgt, erstattet der Reiseveranstalter lediglich den für das Einzelzimmer oder die besondere Unterbringung etwa gezahlten Zuschlag. Ein weitergehender Anspruch gegen den Reiseveranstalter besteht nicht." Die ARB unterscheiden zwischen allgemeinen Änderungen vor und nach Antritt der Reise und dem Abweichen von Sonderwünschen. a) Änderungen des Reiseplanes vor Antritt der Reise sind nach Ziff. UI Nr. 1 auch ohne Zustimmung des Kunden zulässig und ändern nach einem Vergleich mit Ziff. III Nr.2 nichts an dessen vertraglicher Bindung. (1) Begrenzungen dieses sehr weit ge faßten Änderungsrechtes ergeben sich aus dem richtig verstandenen Begriff der Änderung, aus § 315 und aus § 242 BGB. (a) Von einer "Änderung" des Reiseplanes kann vernünftigerweise nur dann die Rede sein, wenn die Reise selbst dabei nicht in ihrem Wesen verändert wird. Um eine ganz andere Reise, nicht nur um eine Änderung, handelt es sich z. B. bei einer Auswechslung des Reiseziels oder des Reisegebietes (eine Reise an die Costa Brava statt nach Mallorca, eine Rundreise durch Süditalien statt in die norditalienischen Städte), bei einer wesentlichen Verschiebung der Reisetermine, wobei bei seltenen Reisen ein größerer, bei häufiger durchgeführten Reisen ein kleinerer Spielraum besteht, oder bei Umwandlung einer Kreuzfahrt in einen Rundflug. (b) Aus § 315 BGB ergibt sich, daß der Veranstalter eine Änderung nur nach billigem Ermessen bestimmen kann, d. h. daß sie die Situation angemessen und dem Kunden zumutbar sein muß. Unzumutbar sind ihm z. B. über die in (a) aufgeführten Fälle hinaus alle Änderungen der Reisetermine mit Ausnahme reiner Verkürzungen der Reise, wesentliche Abweichungen von der vereinbarten Hotelkategorie und bei Pauschal-
§ 3 Der Änderungsvorbehalt
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reisen alle Abweichungen von den individuellen Bestellungen, deren Möglichkeit der Kunde mit dem regelmäßig höheren Pauschalpreis besonders bezahlt, so daß er nicht nachträglich einem sonstigen Gruppenreisenden gleichgestellt werden kann. Sollte eine derartige Änderung notwendig werden, so hat der Veranstalter nur die Möglichkeit, die Reise ganz ausfallen zu lassen oder sich mit dem Kunden zu einigen. (c) Daraus, daß der Veranstalter die Reise selbst angeboten und damit grundsätzlich die Verantwortung für ihre Durchführbarkeit übernommen hat, ergeben sich auch nach Treu und Glauben besondere Voraussetzungen für das Änderungsrecht. Es darf sich einmal nicht um Änderungen handeln, die schon im voraus geplant und nur aus Reklamegründen nicht in die Reiseankündigung aufgenommen waren. Das erklärt die Angabe eines für den Programminhalt maßgeblichen Stichtages in vielen Reisebedingungen l • Zum anderen darf der Veranstalter die Notwendigkeit einer Änderung nicht schuldhaft herbeigeführt haben 2 • (2) Auch mit diesen Einschränkungen geht der Änderungsvorbehalt über das Recht des Geschäftsherrn nach § 665 BGB hinaus; denn während der Geschäftsherr nach § 665 BGB grundsätzlich die Entschließung des Auftragsgebers abwarten muß und seine Entscheidung zumindest an dessen mutmaßlichen Willen auszurichten hat, kann der Veranstalter aufgrund des Änderungsvorbehaltes selbst entscheiden und braucht dabei nur im Rahmen des § 315 BGB auf die Interessen des Kunden Rücksicht zu nehmen. Zugleich bedeutet der Änderungsvorbehalt eine Beschränkung der werkvertraglichen Haftung, nach der der Veranstalter für die Durchführung der Reise so, wie sie angeboten worden ist, einzustehen hätte. Sowohl unter dem einen als auch unter dem anderen Gesichtspunkt ist die Regelung jedoch wegen der Besonderheiten des Reisevertrages anzuerkennen. (a) Der Unterschied zwischen § 665 BGB und dem Änderungsvorbehalt ergibt sich aus der verschiedenen Stellung des Geschäftsherrn bei einem üblichen Auftrag und des Kunden beim Reisevertrag. Denn während die Bestimmung des Vertragsinhaltes bei einem gewöhnlichen Auftrag in der Regel vom Auftraggeber ausgeht, erfolgt sie beim Reisevertrag im wesentlichen durch den Veranstalter, und während der gewöhnliche Auftrag von den individuellen Interessen des Auftraggebers beherrscht wird, treten diese bei der pauschal organisierten Reise notwendigerweise in den Hintergrund. Dem entspricht es, daß auch Änderungen nicht von der Entschließung und den Interessen des Kunden im 1 Aero Lloyd; airtours; ARTU; Cook; DER; Germania; Hetzel; N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges; Touristica; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa. 2 i. E. für Abweichen von Sonderwünschen: LG BerUn, Klatt IV Nr.341.
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages
Einzelfall abhängen, sondern vom Veranstalter nach allgemeinen überlegungen bestimmt werden. (b) Daß Änderungen überhaupt notwendig und anzuerkennen sind, ergibt sich daraus, daß es dem Veranstalter insbesondere aufgrund des räumlichen und zeitlichen Abstandes unmöglich ist, Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse auszuschließen bzw. seine Reisen entsprechend einzurichten, daß aber die Aufhebung des Vertrages in den meisten dieser Fälle eine übertriebene Reaktion wäre, die der Interessenlage nicht gerecht würde.
(3) Nach Ziff.III Nr. 1 ARB muß die Änderung vor Reiseantritt dem Kunden rechtzeitig bekanntgegeben werden. "Rechtzeitig" bedeutet nach dem Sinn der Bestimmung: zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kunde sich noch auf die Änderung einstellen, z. B. auch vom Vertrag zurücktreten kann. Um dieser Regelung einen Sinn zu geben, müssen Änderungen, die dem Kunden nicht mehr rechtzeitig mitgeteilt werden können, wie Änderungen während der Reise behandelt werden. (4) Man könnte daran denken, dem Kunden in den hier erörterten Fällen in ergänzender Vertrags auslegung nach § 242 BGB ein gebührenfreies Rücktrittsrecht zuzubilligen, wie das in den Bedingungen von Cook ausdrücklich geschehen ist. Daß dies jedoch nicht im Sinn der ARB wäre, ergibt sich aus einem Vergleich mit Ziff. VI Nr. 2, nach der sogar bei einem unverschuldeten Ausfall der Reise eine bestimmte Gebühr zu bezahlen ist. Zieht man darüber hinaus in Betracht, daß nur allgemein zumutbare Änderungen möglich sind und daß persönliche Gründe, die den Kunden dennoch zu einem Rücktritt veranlassen könnten, innerhalb des pauschalen Reisevertrages auch sonst keinen Raum haben, so erscheint es nicht unbillig und mit dem Wesen des Reisevertrags vereinbar, den Kunden auf sein übliches gebührenpflichtiges Rücktrittsrecht zu beschränken. Allerdings ist zu beachten, daß eine verspätete Bekanntgabe der Änderung nach Ablauf der ersten Rücktrittsfrist den Veranstalter nach § 666 BGB verpflichten kann, die zusätzlichen Rücktrittskosten im Wege des Schadensersatzes selbst zu tragen. b) Änderungen während der Reise bedürfen nach Ziff. III Nr.2 ARB grundsätzlich der Einwilligung des Kunden. Es handelt sich also rechtlich gesehen um eine Vertragsänderung, die an die zuvor genannten Schranken des Änderungsvorbehalts nicht gebunden ist. Eine Schwierigkeit ergibt sich hier bei Gesellschaftsreisen, die eine einheitliche Entscheidung aller Teilnehmer erfordern. Da der Reisevertrag mit jedem Teilnehmer einzeln abgeschlossen wird, ist grundsätzlich auch die Zustimmung jedes einzelnen Teilnehmers notwendig. Es entspricht jedoch einer verbreiteten übung, stattdessen eine Abstimmung stattfinden zu lassen, deren Ergebnis sich die unterlegene
§ 3 Der Änderungsvorbehalt
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Minderheit fügen soll. Soweit alle Teilnehmer einverstanden sind, bestehen gegen das Verfahren keine Bedenken. Die Frage ist jedoch, was geschieht, wenn sich einige Teilnehmer der Abstimmung oder dem Abstimmungsergebnis widersetzen. Betrachtet man zunächst das Verhältnis der Teilnehmer untereinander, so ist zu sagen, daß zwischen diesen keinerlei Verpflichtung besteht, sich einem Entschluß der Mehrheit zu beugen; denn die Reisegesellschaft ist weder von vornherein, noch auf grund ihres gemeinschaftlichen Verhaltens als Gesellschaft im Rechtssinne anzusehen3 , so daß auch keine rechtliche Bindung besteht. Lediglich ein schikanöses Verhalten ist nach § 226 BGB unzulässig. Im Verhältnis zum Veranstalter könnte sich die Bindung an den Willen der Mehrheit aus einer dahingehenden Verkehrs sitte ergeben. Doch reicht der häufige Gebrauch solcher Abstimmungen zu der Annahme einer Verkehrssitte noch nicht aus, und es ist m. E. auch nicht annehmbar, den Kunden allen Änderungswünschen der Mehrheit zu unterwerfen. Aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme unter den Parteien' ergibt sich jedoch unter den besonderen Umständen der Gesellschaftsreise, daß der Kunde sich einer fast einstimmig angenommenen oder sogar gewünschten Änderung im Interesse des Veranstalters nicht grundlos widersetzen darf und daß er weniger bedeutsame Gründe um so eher zurückstellen muß, je geringfügiger die Änderung ist. c) Änderungen, die durch unvorhergesehene Ereignisse bedingt, also notwendig sind, können nach Ziff. III Nr.2 auch ohne Einwilligung des Kunden vorgenommen werden. In diesem Fall gelten alle Einschränkungen des Änderungsvorbehaltes. Die Notwendigkeit einer Benachrichtigung des Kunden ist nicht besonders erwähnt, ergibt sich aber im allgemeinen von selbst. Für schuldhaft herbeigeführte notwendige Änderungen haftet der Veranstalter wie für andere Erfüllungsmängel. d) In Ziff. III Nr. 3 ARB ist ein Abweichen von Sonderwünschen hinsichtlich der Unterbringung als Haftungsausschluß für den Fall besonders geregelt, daß der Beherbergungsbetrieb eine anderweitige Unterbringung vornimmt. Für die Frage der Änderung bedeutet dies, daß ein Abweichen von den Sonderwünschen des Kunden insoweit sowohl vor als auch nach Antritt der Reise möglich sein soll. 3 Sünner: Rechtsbeziehungen, S.8, 152; a.A. für den Fall eines gemeinschaftlichen Verhaltens: Leiss, JR 1958, 161 (164), der jedoch übersieht, daß sich ein gemeinschaftliches Verhalten hier aus der Natur der Sache ergibt und daher nicht den Schluß auf einen stillschweigend abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag zuläßt. , Vgl. oben S.75.
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages
Die Reiseunternehmer haben hier ein häufig auftretendes Problem ganz zu ihren Gunsten entschieden. Dennoch wird man auch diese Regelung für zulässig halten müssen. Die Schwierigkeit, bestimmte Zimmer in einem Hotel- oder Pensionsbetrieb zu belegen und insbesondere die Knappheit der Einzelzimmer sind allgemein bekannt. Auch der Kunde, der eine Einzelreise unternimmt, wird häufig solchen Schwierigkeiten begegnen. Wenn er seine Ansprüche als Einzelreisender im allgemeinen dennoch eher durchsetzen kann, so liegt das an seiner größeren Beweglichkeit, die er als Gesellschafts- oder Pauschalreisender gegen eine höhere Bequemlichkeit eingetauscht hat und über die auch der Veranstalter einer organisierten Reise nicht im gleichen Maße verfügt. Der Kunde wird daher durch den Änderungsvorbehalt nicht unangemessen belastet, während dieser andererseits im Interesse des Veranstalters gerechtfertigt ist. Zu beachten sind jedoch auch hier die Einschränkungen der §§ 315, 242 BGB sowie außerdem die Möglichkeit, daß eine besondere schriftliche Zusage des Veranstalters die Zulässigkeit von Änderungen insoweit ausschließt. 2. Die Regelung in den Firmenbedingungen
airtours: "Etwa notwendig werdende Änderungen vor oder während der Reise ... bleiben vorbehalten." Cook: "Alle Preise, Fahrpläne, Reisepläne, die in dem vorliegenden Programm erwähnt sind, können ohne vorherige Bekanntgabe geändert werden. In diesem Fall kann der Reisende nach seinem Belieben diese Änderungen annehmen oder von seinen Verpflichtungen zurücktreten und sich den von ihm bezahlten Gesamtbetrag zurückerstatten lassen, ohne daß die eine oder andere Seite eine Entschädigung erhält." Touropa/Scharnow-Fernreisen: "Da die in diesem Prospekt ausgeschriebenen Reisen langfristig geplant werden, bitten wir um Verständnis, wenn wir uns das Recht vorbehalten, die Fluggesellschaften, das Fluggerät, die Flugzeiten, die Routen, Hotels und Rundfahrten geringfügig auch kurzfristig zu ändern, falls dies aus operationellen Gründen erforderlich ist." BFR: "Bei Unterkunft in Vertragshäusern können bei Bedarf auch Nebenhäuser oder gleichwertige andere Häuser hinzugezogen werden." "Kann aus technischen oder organisatorischen Gründen eine Düsenmaschine nicht eingesetzt werden, bleibt der Einsatz anderer Maschinentypen oder anderer Verkehrsmittel ohne Anerkennung von Regreßansprüchen vorbehalten." Auch in den Firmenbedingungen finden sich allgemeine und detaillierte Änderungsvorbehalte. Ein allgemeiner Vorbehalt im Anschluß an den "Stand der Drucklegung" oder sonstige Schlußbestimmungen in der Form "Änderungen vorbehalten"5 beziehen sich allerdings wie der 5 ARTU; Bayrisches Reisebüro; Busch; Germania; HetzeI; N-U-R; Touristica; Touropa/Scharnow /Hummel; Transeuropa.
§ 3 Der Änderungsvorbehalt
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entsprechende IrrtumsvorbehaW nur auf den Prospektinhalt selbst und sind für den Einzelvertrag ohne Bedeutung. a) Der allgemeine Änderungsvorbehalt ohne Zusatz ist bei gleichzeitiger Verweisung auf die ARB7 unter den dort vorgesehenen Einschränkungen zu lesen, also mit der Notwendigkeit einer rechtzeitigen Mitteilung von Änderungen vor der Reise und der nur beschränkten Änderungsmöglichkeit nach Reiseantritt. Fehlt eine Verweisung auf die ARB 8 , so ist der allgemeine Änderungsvorbehalt zumindest aus dem Begriff der Änderung, aus § 315 BGB und aus § 242 BGB heraus zu beschränken. Außerdem ist die Benachrichtigungspflicht des § 666 BGB zu beachten, nach der Änderungen dem Kunden möglichst bald mitgeteilt werden müssen. Das gleiche gilt bei einem allgemeinen Änderungsvorbehalt für die Zeit vor und während der Reise 9 und bei dem Vorbehalt kurzfristiger Änderungen 10. Die Beschränkung auf notwendige Änderungen l1 hat dagegen mit Rücksicht auf § 315 BGB keine besondere Bedeutung. Wenn in den Bedingungen von Dr. Tigges auf die Möglichkeit einer Änderung der Kalkulationsgrundlage Bezug genommen wird, so ist das wahrscheinlich eine irrtümliche übernahme der gleichen Begründung für die Preisänderung. Im übrigen handelt es sich nach der Formulierung ("Devisenkurse, Hotelpreise ... können sich verschieben .... Darum müssen wir uns Programm ... änderungen vorbehalten") eher um eine Begründung des Änderungsvorbehaltes als um eine Voraussetzung der Änderung, so daß auch hier ein einfacher allgemeiner Änderungsvorbehalt anzunehmen ist. Dagegen stellt die Regelung der Akademischen Studienreisen, bei denen eine Änderung nur aus zwingenden Gründen - und das sind nach den genannten Beispielen nur solche, die unerwartet während der Reise auftreten - eine echte Beschränkung des Änderungsvorbehaltes dar. Einer besonderen Betrachtung bedürfen die Bedingungen von Cook, in denen dem Kunden für den Fall einer Änderung ein gebührenfreies Rücktrittsrecht eingeräumt wird. Ob man hier hinsichtlich der zulässigen Änderungen die gleichen Einschränkungen machen muß wie bei den anderen Reisebedingungen, ist fraglich. Mit Rücksicht darauf, daß die I 7 8 9 10 11
Vgl. oben S. 53. Berolina; Hetzel. Aero Lloyd; BFR; Cook; fub. airtours; DER. Paneuropa. airtours; DER.
6 Arndt
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages
Regelung grundsätzlich von einer Bindung des Kunden ausgeht - der Rücktritt muß ja besonders erklärt werden - möchte ich jedoch auch hier annehmen, daß unter "Änderungen" nur solche Abwandlungen des Reiseplanes verstanden werden können, die die Reise in ihrem Wesen unberührt lassen. Dagegen ist § 315 BGB wegen der fehlenden festen Bindung des Kunden nicht anwendbar. Vorher geplante und willkürliche Änderungen verstoßen auch hier gegen Treu und Glauben. Änderungen während der Reise schließlich werden gar nicht betroffen; denn der Rücktritt gegen Erstattung des Reisepreises setzt voraus, daß der Kunde die Reise noch nicht angetreten hat. b) Reisebedingungen, die eine detaillierte Aufzählung aller möglichen Änderungen enthalten l2 , kommen damit dem allgemeinen Änderungsvorbehalt sehr nahe, so daß die gleichen Einschränkungen zu beachten sind. Eine Bestimmung, nach der auch eine Änderung der Reisetermine ohne Rücktrittsrecht des Kunden zulässig sein SOllI3, verstößt regelmäßig gegen berechtigte und wesentliche Interessen des Kunden, der häufig an bestimmte Urlaubszeiten gebunden ist, und ist daher unwirksam, soweit es sich nicht um reine Verkürzungen der Reise handelt. In den Bedingungen von Touropa!Scharnow für Fernreisen wird über die aus § 315 BGB entwickelte Einschränkung hinaus bestimmt, daß es sich nur um geringfügige Änderungen handeln darf. Eine Besonderheit stellen die Bedingungen der N-U-R insoweit dar, als sie auch einen Änderungsvorbehalt für die Leistungsträger enthalten. Eine solche Regelung im Vertrag zwischen Kunden und Veranstalter hat nur Sinn, wenn der Veranstalter selbst Leistungsträger ist. Inwieweit der Änderungsvorbehalt hier zulässig ist, ergibt sich aus den Besonderheiten der einzelnen Verträge und Leistungen. Im allgemeinen sind Änderungen bei den Reisedienstleistungen weniger berechtigt als bei der Gesamtorganisation. c) Neben dem besonderen Vorbehalt der ARB in bezug auf die Unterbringung, der in einigen Firmenbedingungen wiederhoW', in anderen nur für das Fehlen bestellter Einzelzimmer geregeW 5 oder auf den Austausch gleichwertiger Unterkünfte überhaupt ausgedehnt wird l8 , enthalten manche Firmenbedingungen auch einen besonderen Vorbehalt hinsichtlich des Flugzeugtyps17, der Fluggesellschaftl8 , der Flug12 ARTU; N-U-R; Touropa-Scharnow-Fernreisen. 13 ARTU; N-U-R. 14 Aero Lloyd; airtours; Cook; Hetzel; N-U-R (ausführl. Bed.); Dr. Tigges; Transeuropa. 15 Akademische Studienreisen; BFR; Paneuropa. 16 BFR; fub; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow!Hummel. 17 BFR; fub; Hetzel; Paneuropa; TTS. 18 Hetzel; Dr. Tigges.
§ 3 Der Änderungsvorbehalt
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zeiten19, der Flugstrecken20 , des Einsatzes von Sonderzügen21 oder besonderer Abteile 22 , des Beförderungsmittels überhaupt23 und der Platzreservierungen 24 • In allen diesen Fällen gelten die Einschränkungen aus § 315 und § 242 BGB. 3. Die Auswirkungen der Änderungen auf den Reisepreis
a) Erhöhung der Kosten Ziff. VIII Nr.2 ARB: ,,(Das Reisebüro haftet auch nicht für Unglücksfälle, Erkrankungen, Verluste, Beschlagnahme, Verspätungen, Sachschäden oder sonstige, nicht auf sein Verschulden zurückzuführende Unregelmäßigkeiten [einschließlich Katastrophen, Streik usw.]). Verändern sich dadurch der Aufenthalt und die Beförderung, gehen zusätzliche Kosten zu Lasten des Reiseteilnehmers. " airtours: "Aufwendungen für Änderungen unvorhergesehener Ereignisse (Ausfall von Flugdiensten, Absagen von Hotels für bereits bestätigte Zimmer) gehen auch zu Lasten des Reisenden, falls sich aus den Haftungsbedingungen dieser Unternehmungen nichts anderes ergibt." BFR: ,,(Eine Beeinflussung der Reisen durch höhere Gewalt, Streiks sowie eine aus technischen Gründen verlängerte oder verkürzte Reisedauer schließen jede Haftung unsererseits aus ... ) Das Beförderungsrisiko trägt der Reisende. Etwa entstehende Mehrkosten gehen zu Lasten des Reisenden." (1) Die Reisebedingungen befassen sich, wie die zitierten Bestimmungen zeigen, mit der Kostenfrage regelmäßig im Rahmen einer Haftungsregelung für den Fall zwangsläufiger Änderungen der Reise. Nur teilweise handelt es sich dabei auch um Fälle eines Änderungsvorbehaltes, bei dem die geänderte Leistung zu der geschuldeten wird, wie z. B. bei einer Verlängerung der Reiseroute oder bei der Unterbringung in einem Ersatzquartier.
Die Regelung wird von der zutreffenden überlegung getragen, daß der Veranstalter, der für die Störung der Reise in den Fällen höherer Gewalt25 , technischer Hindernisse26 oder eines sonstigen unverschuldeten Ausfalls der Leistungsträger 27 nach § 635 BGB nicht schadensersatzDr. Tigges. Transeuropa. 21 Touropa/Scharnow/Hummel. 22 Touropa/Scharnow/Hummel. 23 Aero Lloyd; BFR; fub; TTS. 24 airtours. 25 Vgl. auch die Regelung bei Akademische Studienreisen; ARTU; BFR; Berolina; fub; Hetzei; N-U-R; Paneuropa (1/2 der Mehrkosten); Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa; TTS. 2G Aero Lloyd; Bayrisches Reisebüro; BFR; Touropa/Scharnow/Hummel. 27 airtours; Akademische Studienreisen. 19
20
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages
pfiichtig ist, auch nicht mit den Kosten der daraus folgenden Änderung belastet werden kann. Dem kann im Fall eines echten Änderungsvorbehaltes nicht entgegengehalten werden, daß der Veranstalter durch die Änderungsmöglichkeit zumindest den Gewährleistungsansprüchen des Kunden entgeht; denn auch bei einer Wandelung oder Minderung müßte der Kunde die zwangsläufigen Mehrkosten selbst tragen. (2) Ein allgemeiner Grundsatz über die Verteilung der Mehrkosten läßt sich diesen Regelungen nicht entnehmen. Auch aus dem Sinn und Zweck des Änderungsvorbehaltes ergibt sich nicht ohne weiteres, daß der Kunde die Mehrkosten tragen müsse. Im Gegenteil spricht der Gedanke, daß die Änderungsmöglichkeit eine Vergünstigung für den Veranstalter ist, zusammen mit dem Grundsatz des festen Reisepreises eher dafür, daß Mehrkosten dem Veranstalter verbleiben, soweit nichts anderes vereinbart wird. Die Tatsache, daß viele Firmenbedingungen zwar nicht die Kostenerhöhung, aber die Kostenermäßigung regeln, bestätigt dieses Ergebnis. b) Verringerung der Kosten
Ziff. 111 Nr. 3 ARB: "Ist trotz erfolgter Bestätigung die Unterbringung in einem Einzelzimmer oder eine besondere Unterbringung wie z. B. Südzimmer, Zimmer mit Seeblick, durch den Beherbergungsbetrieb nicht erfolgt, erstattet der Reiseveranstalter lediglich den für das Einzelzimmer oder die besondere Unterbringung gezahlten Zuschlag." Cook: "Wenn aus irgend einem Grunde der Veranstalter beschließt, vorgesehene Leistungen, zu denen er sich verpflichtet hat, ganz oder teilweise fortfallen zu lassen, so kann der Reisende auf jeden Fall nur auf Rückerstattung der entsprechend von ihm bezahlten Beträge bestehen...." Touropa/Scharnow Fernreisen: "... geringfügig auch kurzfristig zu ändern, falls dies aus operationellen Gründen erforderlich wird. Soweit sich hieraus keine Leistungsminderung ergibt, besteht kein Anspruch auf Rückerstattung." Paneuropa: "Sollte ein Gast nicht in der gebuchten Kategorie untergebracht werden, erhält er außer der Preisdifferenz zwischen den beiden Hotels noch eine Sondervergütung von 30 DM, falls die Unterbringung nicht in einem besseren Hotel erfolgt. Sollte ein Gast bestätigte Sonderleistungen (...) am Ort nicht erhalten, erhält er den Zuschlag rückvergütet und 15 DM Sondervergütung." (1) In den Reisebedingungen wird die Kostenminderung einmal bei dem Wegfall von Sonderleistungen berücksichtigt, deren Zuschlag dem Kunden zurückerstattet wird 28 • Teilweise werden auch alle anderen Leistungsminderungen entsprechend geregeW 9 • Soweit dies nur im Zu28 Aero Lloyd; airtours; Akademische Studienreisen; BFR; Cook; DER; Hetzei; N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges; Touropa/Hummel; Transeuropa. 29 ARTU; BFR; Berolina, Cook, Paneuropa; Touropa/Schamow-Femreisen.
§ 3 Der Änderungsvorbehalt
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sammenhang mit der Haftung geschieht30 , wird man die Regelung bei einem gleichzeitigen Änderungsvorbehalt auch auf die Fälle der Änderung anwenden können. (2) Aber auch darüber hinaus ergibt eine Vertragsauslegung nach Treu und Glauben, daß Ersparnisse des Veranstalters aufgrund der Änderung zugunsten des Kunden berücksichtigt werden müssen, für den der Änderungsvorbehalt ohnehin eine Benachteiligung darstellt.
(3) Besonders zu erwähnen ist die teilweise zitierte "Garantie" bei Paneuropa, die bei gleichzeitigem Änderungsvorbehalt als eine Art Reugeld anzusehen ist. Rechtliche Probleme ergeben sich hierbei nicht. 4. Die Änderungspfticht
fub: "Bei Ausfall eines Fluges oder einer Schiffsreise können die Reiseteilnehmer Schiffs- oder Eisenbahnbeförderung II. Klasse beanspruchen." Mit Ausnahme der zitierten Bestimmung bei fub ergibt sich aus den Reisebedingungen auch dann keine Pflicht des Veranstalters, von dem Änderungsvorbehalt Gebrauch zu machen, wenn die Durchführung der Reise davon abhängt. Eine solche Pflicht kann jedoch aus der Bindung an den Vertrag, § 242 BGB und dem Gedanken des § 665 BGB herzuleiten sein, der besagt, daß ein Auftrag nicht sklavisch nach dem ursprünglichen Konzept, sondern so auszuführen ist, wie es den damit verfolgten Interessen des Auftraggebers am besten entspricht31 • Dabei ist allerdings zu beachten, daß der Veranstalter anders als der normale Beauftragte unter Umständen die Interessen einer ganzen Gruppe von Teilnehmern zu berücksichtigen hat, daß er die Änderung in sein gesamtes Reiseprogramm einfügen muß und daß er regelmäßig die Mehrkosten trägt. Nur wenn die Änderung unter Berücksichtigung aller dieser Umstände als die einzige angemessene Lösung erscheint, ist der Veranstalter auch dazu verpflichtet.
11. Änderungen des Reisepreises Ziff. IV Nr.2 ARB: "Preis3.nderungen sind für solche Fälle vorbehalten, in denen vor oder während der Reise ohne Verschulden des Reisebüros eine Erhöhung der Selbstkosten eintritt." Ziff. IV Nr.3 ARB: "Nachzahlungen im Falle des Nichterreichens einer bestimmten Teilnehmerzahl dürfen nur gefordert werden, wenn sie in den Reiseausschreibungen bzw. in den sonstigen Unterlagen unter genauer Angabe der Höhe des gegebenenfalls zu zahlenden Zuschlags angekündigt worden sind." fub. Soergel-Mühl, Anm. 5 zu § 665 BGB; Staudinger-Riedel, Anm. 28 zu § 631 BGB; RG SeuffA 46 Nr. 183. 30
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D. Die Erfüllung des Reisevertrages
airtours: "Reisepreis und Programm entsprechen den bei uns vorliegenden Tarifen zur Zeit der Ausschreibung (...) ... Preiserhöhungen oder Preiserm:ißigungen aufgrund von Tarifänderungen oder Wechselkursänderungen bleiben vorbehalten." Hetzei: "Wir müssen uns ... Änderungen in der Preisgestaltung, die sich durch allgemeine Preiserhöhungen, insbesondere der Fluggesellschaften, Hotels sowie der Devisenkurse ergeben, vorbehalten. Wir müssen uns diese Änderungen auch dann vorbehalten, wenn wir die Reise bereits zu einem niedrigeren Preis schriftlich bestätigt haben. Preisänderungen treten auf jeden Fall in dem Augenblick in Kraft, in dem Fluggesellschaften, Hotels usw. ihre Preise erhöhen." 1. Preiserhöhungen
a) Nach Ziff. IV Nr. 2 ARB ist eine Erhöhung des vereinbarten Reisepreises möglich, wenn sich die Selbstkosten des Veranstalters ohne sein Verschulden erhöhen, also insbesondere bei Preiserhöhungen der Leistungsträger und einer Änderung der Devisenkurse. Diese Regelung ist im Hinblick darauf als zulässig anzusehen, daß solche Änderungen oft nicht vorhersehbar sind und daß der Reisepreis auch ein Element des Aufwendungsersatzes enthält, auf das hier zurückgegriffen wird. In den Reisebedingungen wird diese Regelung entweder ausdrücklich32 oder im Ergebnis dadurch wiederholt, daß die Preis änderung von einer Änderung der Kalkulationsgrundlage 33 oder einer Änderung der zugrundeliegenden Preise und WechselkurseM abhängig gemacht wird, wobei eine Änderung der Wechselkurse auch eine Änderung der in DM berechneten Preise bewirkt. Ein unbegründeter Änderungsvorbehalt ist bei gleichzeitiger Verweisung auf die ARB 35 in deren Sinn zu verstehen. In den übrigen Fällen38 muß er mit dem gleichen Ergebnis einschränkend ausgelegt werden; denn ohne Erhöhung der Kosten besteht keine Veranlassung zu einer nachträglichen Erhöhung des Preises, und bei einer verschuldeten Erhöhung der Kosten hat der Veranstalter nach § 242 BGB kein berechtigtes Interesse an einer Preisänderung, insbesondere greift auch der Gedanke des Aufwendungsersatzes nicht ein. Die Bedingungen von Touropa/Scharnow Fernreisen sehen nur für den Fall von Flugpreiserhöhungen eine Preisänderung vor und müssen als abschließende Regelung betrachtet werden. Ein besonderer Fall ist schließlich der Wegfall des Senatszuschusses bei Berlinflügen, der in den Bedingungen von Busch und Germania erwähnt wird. Paneuropa Aero Lloyd; BFR; Germania; Dr. Tigges. 34 airtours; Akademische Studienreisen; Bayrisches Reisebüro; Hetzel; N-U-R. 35 Berolina; Busch. 38 ARTU; Cook; DER; fub. 32
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§ 3 Der Änderungsvorbehalt
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Der Änderungsvorbehalt ist regelmäßig als Gestaltungsrecht des Veranstalters zu verstehen. Lediglich nach den zitierten Bedingungen von Hetzel tritt die Preiserhöhung automatisch ein; doch macht das praktisch keinen Unterschied, da der Veranstalter ohnehin an den Kunden herantreten und ihm die Preiserhöhungen mitteilen muß. Bei Cook besteht auch in diesem Fall ein gebührenfreies Rücktrittsrecht des Kunden, was darauf schließen läßt, daß die Preiserhöhung nur vor Reiseantritt zulässig sein so1l37. b) Die besondere Regelung der Ziff. IV Nr.2 ARB ist nur in den Bedingungen von Touropa/Scharnow-Fernreisen aufgegriffen wordenallerdings ohne Bestimmung der Höhe einer möglichen Preis steigerung. Diese Abweichung ist zulässig, da die Veranstalter bei einer eigenen Regelung nicht an die ARB gebunden sind. Der Hinweis auf eine Mindestteilnehmerzahl für sich allein ist regelmäßig nicht als Grundlage einer Preis erhöhung, sondern als Voraussetzung dafür zu verstehen, daß die Reise überhaupt stattfindet. Ein allgemeiner Preisänderungsvorbehalt ohne Verweisung auf die ARB kann nach § 242 BGB nicht auf das Nichterreichen einer bestimmten Teilnehmerzahl ausgedehnt werden, da es sich dabei um eine Voraussetzung handelt, die bei Vertragsabschluß nirgends in Erscheinung tritt und den Kunden mit einem für ihn ganz unberechenbaren Risiko belasten würde. 2. Preisermäßigungen
Die Möglichkeit einer Preisermäßigung wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlage wird nur in den Bedingungen der airtours erwähnt. Eine gleiche Regelung könnte man im Wege der Auslegung auch den Bedingungen entnehmen, die allgemein von einer Änderung der Preise und einer Änderung der Kosten sprechen 3B, bzw. in ergänzender Vertragsauslegung nach § 242 BGB den übrigen Bedingungen hinzufügen39 • Jedoch ist zu beachten, daß es sich bei einer wirklichen Gleichbehandlung außer nach den Bedingungen von Hetzel nur um ein Gestaltungsrecht der Veranstalters handeln kann, das er ebenso wie die Preiserhöhung nicht unbedingt auszuüben braucht. Dies entspricht auch allein dem Grundsatz des festen Preises, der nicht bei jeder geringfügigen Änderung der Selbstkosten umgestoßen werden soll. In besonders krassen Fällen kann jedoch eine analoge Anwendung des § 315 BGB zu einem Änderungsanspruch des Kunden führen. 37 Vgl. oben S. 82. 38 Aero Lloyd; ARTU; Berolina; BFR; Busch; Cook; DER; fub; Germania; Dr. Tigges. 39 In der Entscheidung eines LG in "Das Reisebüro" - Fachbeilage zu "Der Fremdenverkehr", Okt. 1970, S. 11/12 (ohne nähere Angaben), wurde die Frage offengelassen.
Fünfter Abschnitt
Aufhebung und Änderung des Reiseveram.taltungsvertrages
§ 1 Kündigung und ßürktritt des Kunden I. Der Rücktritt vor Reisebeginn Ziff. V Nr. 1 ARB: "Tritt der Kunde bei Inlandreisen spätestens 16, bei Auslandsreisen 23 Tage vor Reisebeginn zurück, so wird von der geleisteten Anzahlung pro Person eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 20,- DM bei Inlandsreisen, von 30,- DM bei Auslandsreisen einbehalten. Haben sich mehrere Familienangehörige gleichzeitig für die gleiche Reise angemeldet, wird eine Bearbeitungsgebühr höchstens für zwei Personen berechnet. Daneben kann die Erstattung bereits entstandener Auslagen (z. B. Aufwendungen für Visa- und Devisenbeschaffung, Telegramm- und Telefonspesen) verlangt werden. Ein Reugeld wird nicht berechnet." Ziff. V Nr.3 ARB: "Bei späterem, auch unverschuldetem Rücktritt kann an Stelle der Bearbeitungsgebühr gemäß Abs.l Satz 1 ein höheres Reugeld - 10 % des Gesamtpreises - erhoben werden. Daneben kann die Erstattung bereits entstandener Auslagen gemäß Absatz 1 Satz 3 sowie etwaiger Leerbettgebühren und sonstiger Forderungen der beteiligten Leistungsträger verlangt werden. Bei Flugreisen muß, sofern die Maschine nicht voll ausgebucht ist, der auf die Flugpassage entfallende Anteil des Gesamtpreises entrichtet werden. Entsprechendes gilt bei Omnibusreisen."
1. Das Rücktrittsrecht
Abgesehen von den im folgenden Kapitel zu erörtenden Fällen der Leistungsstörung hat der Kunde nach Ziff. V Nr.l und 3 ARB und nach allen anderen Reisebedingungen das Recht, auch ohne Begründung von seinem Vertrag zurückzutreten. Dieses Recht entspricht im wesentlichen dem Kündigungsrecht des Bestellers nach § 649 BGB, unterscheidet sich von ihm jedoch in einigen Punkten. Eine Abweichung liegt schon in der unterschiedlichen Bezeichnung, die nicht nur auf einer zufälligen Wortwahl beruht, sondern den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Denn da die Kündigung nur in die Zukunft wirktt, läßt § 649 BGB den vertraglichen Vergütungsan1
Enneccerus-Lehmann, § 38 I a.
§ 1 Kündigung und Rücktritt des Kunden
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spruch grundsätzlich bestehen, während die Reisebedingungen entsprechend der vollständigen Vertragsbeseitigung beim Rücktritt2 den Vergütungsanspruch grundsätzlich durch einen Anspruch auf Kostenerstattung, auf eine Bearbeitungsgebühr oder auf ein pauschales Reugeld ersetzen, die sich nur in Ausnahmefällen der Höhe nach mit dem Reisepreis decken. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß die Kündigung nach § 649 BGB auch nach Beginn der Herstellung des Werkes bis zur vollständigen Erfüllung möglich ist3 , während das Rücktrittsrecht nach den Reisebedingungen im allgemeinen 4 nur bis zum Antritt der Reise Gültigkeit hat, wie sich aus dem Fehlen einer Regelung über die Rückgewähr empfangener Reiseleistungen ergibt und durch Reisebedingungen, die den vorzeitigen Abbruch der Reise ausdrücklich den Rücktrittsfolgen unterstellen 5, eher bestätigt als widerlegt wird. In den Bedingungen der fub und von Dr. Tigges wird der Rücktritt ausdrücklich auf die Zeit vor Reiseantritt beschränkt. Eine Besonderheit des reisevertraglichen Rücktritts besteht darin, daß er im Gegensatz zur Kündigung und zu einem üblichen Rücktritt die vertraglichen Verpflichtungen nicht vollständig beendet, sondern den Reiseveranstalter nachwirkend verpflichtet, auch die Verträge mit den Leistungsträgern soweit möglich rückgängig zu machen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Prinzip der organisierten Reise, nach dem der Kunde zwar den Leistungsträgern gegenüber persönlich verpflichtet ist, die gesamte Abwicklung seiner Verpflichtung jedoch in der Hand des Veranstalters liegt. Als Folge davon werden auch die Ausfallforderungen der Leistungsträger in der Rücktrittsregelung berücksichtigt. 2. Die Rücktrittsgebühren
Aero Lloyd: "Bei Rücktritt (Stornierung) bis 22 Tage vor Reiseantritt Bearbeitungsgebühr 30,- DM pro Person, bis 14 Tage vor Reisebeginn 25 % des Reisepreises, bis 7 Tage vorher 45 %, danach 55 % des Reisepreises." airtours: "Bei Rücktritt bis 21 Tage vor Reisebeginn berechnen wir eine Bearbeitungsgebühr von 30,- DM pro Person, bei späterem, auch unverschuldetem Rücktritt oder vorzeitigem Abbruch einer Reise außerdem die Beträge, die eventuell von den Verkehrsunternehmen, Hotels, Zimmervermietern usw. gefordert werden." Touropa/Scharnow/HummeI: "Durch eine mit der Europäischen Güter- und Reiseversicherungs AG abgeschlossenen Versicherung sind Sie bei RückEnneccerus-Lehmann, § 38 Ir. Soergel-Ballerstedt, Anm.l zu § 649 BGB; Staudinger-Riedel, Anm.3 zu §649 BGB. , Ausnahme: Paneuropa. 5 Vgl. unten H. 2
3
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages tritt aus wichtigem Grund gegen die im Absatz ,Rücktritt' genannten Kosten geschützt."
a) Nach Ziff. V Nr. 1 ARB hat der Kunde bei einem Rücktritt bis zu 16 bzw. bei Auslandsreisen bis zu 23 Tagen 6 vor Reisebeginn eine Bearbeitungsgebühr von 20 bzw. 30 DM zu zahlen und die bereits entstandenen Auslagen zu ersetzen, soweit es sich um Telefonspesen, Gebühren für die Devisenbesorgung u. ä. handelt, die ohnehin meist als besondere Aufwendungen berechnet werden 7 • Bei späterem Rücktritt sind neben den Auslagen die weiteren Kosten, die sich aus den Forderungen der Leistungsträger ergeben, zu ersetzen und ein "Reugeld "s zu zahlen, das bis zu 10 % des Reisepreises betragen kann. Ähnliche Regelungen enthalten die Firmenbedingungen, jedoch mit Unterschieden in den Fristen, der Höhe der Gebühren und der Art der Berechnung. In allen Bedingungen wird zwischen dem Rücktritt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt und einem späteren Rücktritt unterschieden, bei dem unter Umständen noch einmal eine Staffelung nach bestimmten Fristen vorgenommen wird. Die längste Frist liegt bei acht Wochen 9 • Innerhalb der ersten Fristen werden bezifferte Gebühren erhoben, die sich regelmäßig etwa in Höhe der ARB-Gebühren halten. Auslagen im Sinne der ARB werden nur teilweise wie dort besonders berechnet10 • Sonstige Kosten werden innerhalb der ersten Fristen nur von wenigen Veranstaltern berechnetl1 und kommen auch meist gar nicht in Betracht. Bei einem späteren Rücktritt ist entweder eine entsprechend höher bezifferte oder in Prozenten des Reisepreises12 ausgedrückte Gebühr zu zahlen, in der die Kosten für Forderungen der Leistungsträger bereits 8 Diese Fristen sind den Rücktrittsfri~ten bei der Zimmerreservierung angepaßt. Dazu: Ziff.2 DtschHotelO, bei Klatt-Fischer: Gesellschaftsreise, S.29/ 30; AG Gemünd/Eifel, Klatt I Nr. 78; Art. VI des Abkommens FIAV/AIH vom 13.9./17.10.1963, bei Corsten: Rechtsbeziehungen, S.214; Cour d'Appel de Pau, Klatt I Nr. 79. 7 Vgl. oben S.70. S Unter Reugeld wird hier der Ersatz für den verlorengehenden Gewinn verstanden, während nach dem allgemeinen juristischen Sprachgebrauch wohl auch die zu erstattenden Kosten dazu zu zählen wären. Nicht zu teilen ist die Ansicht, daß ein Reugeld nur Wirksamkeitsvoraussetzung des Rücktritts, nicht eine wirklich geschuldete Leistung sei: so Enneccerus-Lehmann, § 40 Fußn. 2; wie hier Staudinger-Weber, Anm. 2 zu § 359 BGB. 9 Akademische Studienreisen; Paneuropa. 10 Aero Lloyd; airtours; Akademische Studienreisen; BFR; Busch; Cook; DER; fub; Hetzei; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Fernreisen (IT-Reisen); TTS. 11 ARTU; Akademische Studienreisen; Busch; fub. 12 Bei ARTU teilweise auch der Anzahlung.
§ 1 Kündigung und Rücktritt des Kunden
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enthalten sind 13, oder die tatsächlichen Mehrkosten werden zu der ursprünglichen Gebühr hinzugezogen l4 , oder der Kunde hat wie nach den ARB eine höhere Gebühr und die Mehrkosten zu zahlen l5 • Hinzu kommen im allgemeinen die Auslagen 16 • Die pauschal festgelegten Gebühren betragen durchschnittlich etwa 55 % des Reisepreises. In Ausnahmefällen wird auch der gesamte Reisepreis verlangt l7 • In den Bedingungen der airtours wird ausdrücklich festgestellt, daß die Rücktrittsgebühren auch schon bei einem Rücktritt vor Zugang oder Erklärung der Bestätigung erhoben werden. Abgesehen von dem oben erörterten Fall des § 153 BGB I8 entspricht dies der allgemeinen Rechtslage, da der Kunde bereits durch seine Anmeldung an den Vertrag gebunden ist. Sachlich rechtfertigt sich die Erhebung von Rücktrittsgebühren in diesem Fall daraus, daß ein großer Teil der Vermittlungs arbeit des Veranstalters in der Vorbereitung der Bestätigung liegt. Nach Ziff. V Nr.1 S.2 ARB soll die Bearbeitungsgebühr bei rechtzeitgern Rücktritt mehrerer Familenangehöriger nur für zwei Personen berechnet werden. Diese Bestimmung ist in die Firmenbedingungen nicht aufgenommen worden, gilt aber ergänzend, soweit diese auf die ARB verweisen. Ebenfalls eine Sonderregelung enthalten eInIge Firmenbedingungen aus Werbungsgründen für die sehr frühzeitige Buchung. Hier ist der Rücktritt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gebührenfreP9. Bei Schiffsreisen machen sich die besonderen Rücktrittsbedingungen der Reedereien bemerkbar. Soweit in den Reisebedingungen so darauf verwiesen wird, daß der Kunde sich über diese Bedingungen informieren kann2'\ bestehen gegen die Verweisung keine Bedenken; eine Regelung, die dagegen lediglich auf "besondere Bedingungen bei Schiffsreisen" verweist2 t, kann diesen damit keine Gültigkeit verschaffen. 13 Aero Lloyd; ARTU; BFR (Flug-Seereisen); fub (wenn nicht weiterverkauft); N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges (Flug); Touropa/Scharnow/Hummel (Flug); Transeuropa. 14 airtours; Akademische Studienreisen; Bayrisches Reisebüro; Berolina; Cook; DER; HetzeI; Touristica. 15 ARTU; Busch; fub; Germania; Dr. Tigges (Bahn); Touropa/Scharnow/ Hummel (Bahn); TTS. 1& Ausnahmen: ARTU; Germania; N-U-R; Paneuropa; Touristica; Touropa/Scharnow/Hummel. 17 Akademische Studienreisen; BFR; fub (IT-Reisen). 18 Oben S. 38. 19 N-U-R; Touropa. 20 fub; Paneuropa. 21 airtours; DER.
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
Zu erwähnen ist schließlich die Möglichkeit einer Reiseausfallkostenversicherung, auf die viele Reisebedingungen hinweisen 22 , die aber teilweise auch obligatorischer23 oder grundsätzlicher 24 Inhalt des Reisevertrages ist. Diese Versicherung trägt im wesentlichen die Kosten des Rücktritts aus wichtigem Grund. b) Bei den Bearbeitungsgebühren, die innerhalb der ersten Fristen erhoben werden, handelt es sich um einen Ersatz für die bereits geleistete Arbeit des Veranstalters und für die Mehrarbeit, die mit dem Rücktritt verbunden ist. Gegen ihre Erhebung ist grundsätzlich ebensowenig einzuwenden wie gegen die Beanspruchung von Telefon-, Telegrammspesen und Devisengebühren. Schwierigkeiten können die Gebühren für einen späteren Rücktritt insbesondere bei einer pauschalen Berechnung - bereiten. Die Kunden, die aus wichtigem Anlaß vom Vertrag zurücktreten müssen, fühlen sich nicht selten übervorteilt, wenn sie die Hälfte des Reisepreises und mehr bezahlen müssen, ohne irgendetwas dafür zu erhalten. Als Maßstab für eine angemessene Höhe der Rücktrittsgebühren bietet sich die Regelung des § 649 BGB an, den das Rücktrittsrecht ersetzt und der im übrigen auf dem allgemeinen Prinzip der Vorteilsausgleichung beruht25 , das nach § 242 BGB auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu beachten ist. Nach § 649 BGB muß sich der Unternehmer dasjenige auf seinen Vergütungsanspruch anrechnen lassen, was er aufgrund der Kündigung erspart oder anderweitig verdient hat oder hätte verdienen können. Ist die Reise nicht weiterverkauft worden, so spart der Veranstalter lediglich die Kosten der Leistungsträger, soweit er nicht an diese Rücktrittsgebühren zahlen muß. Gelingt es dem Veranstalter, die Reise weiterzuverkaufen, so kann ein Fall vorliegen, in dem er durch "anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft etwas erwirbt", da die fertig geplante Reise der Arbeitskraft in § 649 BGB gleichzusetzen ist. Der Weiterverkauf muß jedoch gerade auf dem Freiwerden des Reiseplatzes beruhen. War die Reise nicht ausgebucht oder hätte der neue Interessent ohnehin eine Reise des Veranstalters gebucht, so bleibt es bei der vorher genannten Regelung; liegt dagegen ein anrechnungsfähiger Weiterverkauf vor, so wäre nach § 649 BGB nur eine Vergütung für die bereits an den ersten Kunden geleistete Angebots- und Vermittlungsarbeit zu zahlen. 22 Aero Lloyd; airtours; Cook; DER; fub; N-U-R; Touropa/Scharnow/ Hummel. 23 BFR; Paneuropa; Dr. Tigges. 24 ARTU; Busch. 25 Staudinger-Riedel, Anm. 4 zu § 649 BGB.
§ 1 Kündigung und Rücktritt des Kunden
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Soweit die Reisebedingungen die tatsächlichen Ausfallforderungen der Leistungsträger zu ihrer - unter Umständen gegenüber der ersten Rücktrittsfrist erhöhten - Bearbeitungsgebühr hinzurechnen, entspricht das annähernd der beschriebenen Regelung. Bei der Höhe der Bearbeitungsgebühr ist zu berücksichtigen, daß der Rücktritt für den Veranstalter mit einer gewissen Mehrarbeit verbunden ist. Das rechtfertigt sie auch in den Fällen eines an sich anrechnungsfähigen Weiterverkaufs, wobei bei einer ziffernmäßig festgesetzten Gebühr in den Bedingungen hinzukommt, daß diese ohnehin nur ein Durchschnittswert ist. Schwieriger sind dagegen die Fälle zu beurteilen, in denen eine Kosten- und Gebührenpauschale aufgestellt wird. Da eine solche Pauschale der Vereinfachung des Rücktritts dient und mit Rücksicht auf die Beweislast für das Vorhandensein und die Höhe ersparter Kosten bei § 649 BGB26 auch im Interesse des Kunden liegt, muß man sie grundsätzlich anerkennen27 • Im Interesse einer gerechten Risikoverteilung ist jedoch erforderlich, daß ihre Höhe etwa dem entspricht, was der Kunde bei einer detaillierten Berechnung unter Berücksichtigung aller Fälle durchschnittlich oder normalerweise zu zahlen hat28 • Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, kann nur von Fall zu Fall anhand der besonderen Vereinbarungen mit den Leistungsträgern und den Besonderheiten der angebotenen Reisen festgestellt werden. Allgemein läßt sich jedoch sagen, daß eine Pauschale von 50-60 %, wie sie die meisten Bedingungen vorsehen, wohl einem solchen Durchschnitt entspricht, wenn man davon ausgeht, daß die Leistungsträger teilweise ihre gesamte Vergütung abzüglich geringer Einsparungen verlangen 29 , teilweise aber auch nicht in Anspruch genommene Leistungen vollständig erstatten30 , daß ein anrechnungsfähiger Weiterverkauf relativ selten ist und andererseits die Mehrarbeit durch den Rücktritt zu berücksichtigen ist31 • Eine Rücktrittsgebühr von 70 oder 80 % kann durch einen besonders hohen Bearbeitungsaufwand, geringe Erstattungsmöglichkeiten und die geringe Aussicht auf einen anrechnungsfähigen Weiterverkauf gerechtfertigt sein. Staudinger-Kaduk, Anm. 56 zu § 324 BGB; RG JW 1909, 455. LG Frankfurt/M., Klatt IV Nr. 344. 28 Vgl. BGH NJW 1970, 29 (32). 29 Die Einsparungen werden von der DEHOGA auf 20 Ofo bei reinen übernachtungen und 40 Ofo bei Pensionsverträgen festgesetzt: Corsten: Rechtsbeziehungen, Anlage 1, S.207; im internationalen Verkehr ist es üblich, bei Ferienaufenthalten den übernachtungspreis für 3 Tage als pauschale Abgeltung zu verlangen: Art. V c u. VI des Abkommens FIAV/AIH v. 13.9./ 17.10.1963, bei Corsten a.a.O., S.213/214. 30 So im allgemeinen bei Fahrkarten nach § 24 EVO; u.V. bei Flugscheinen nach Art. II IATA-Bef.-Bedingungen. 31 Zu einer Pauschale von 50 Ofo bei Flugreisen: LG Frankfurt/M., Klatt IV Nr.344. 26
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
Dagegen bestehen gegen eine Gebühr von 100 % auch dann Bedenken, wenn sie nur in den Fällen erhoben wird, in denen die Reise nicht weiterverkauft worden ist; denn allein durch die Nichtinanspruchnahme der Reiseleistungen werden eine Reihe von Kosten erspart, die in einer Vorteilsausgleichung zum Ausdruck kommen müssen. Da auch die Leistungsträger an dieses Prinzip z. B. nach §§ 644, 324 Abs. 2 oder 552 BGB gebunden sind, ist der Veranstalter im Interesse des Kunden verpflichtet, bei der Abrechnung auf einen Ausgleich zu bestehen. Er darf auch - von einigen unvermeidlichen Fällen im Ausland abgesehen - keine Vereinbarungen treffen, die den Kunden durch einen Wegfall der Vorteilsausgleichung unbillig benachteiligen. Ein Hinweis auf die Reiseausfallkostenversicherung vermag Bedenken gegen die Höhe der Rücktrittsgebühr nur dann zu beseitigen, wenn die Versicherung wie bei dem BFR die gesamten Rücktrittskosten trägt und die Voraussetzungen des Versicherungsanspruchs erfüllt sind, also ein Rücktritt aus wichtigem Grund vorliegt. Der Anspruch auf Vorteilsausgleichung besteht aber auch in den übrigen Rücktrittsfällen. 3. Die Rücktrittserklärung
Hummel: "Ihre Annulierung wird wirksam mit dem Tag, an dem sie schriftlich bei der Hummel Reise vorliegt. .. a) Nach einigen Reisebedingungen muß der Rücktritt schriftlich erklärt werden32 - eine Regelung, die dem schriftlichen Buchungsverfahren entspricht und anzuerkennen ist. b) Für den Zeitpunkt des Rücktritts soll teilweise entgegen den allgemeinen Zugangsregeln nur der Zugang beim Veranstalter selbst maßgebend sein33• Diese Regelung ist anzuerkennen, da die Höhe der Rücktrittskosten wesentlich davon abhängt, von welchem Zeitpunkt an der Veranstalter seine Maßnahmen auf den Rücktritt einstellen kann. c) Nach § 359 BGB ist ein Rücktritt, der gegen Reugeld vorbehalten ist, bei einer Zurückweisung durch den Vertragspartner unwirksam, wenn das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung oder unmittelbar nach der Zurückweisung gezahlt wird. Diese Bestimmung könnte insoweit Anwendung finden, als die Reisebedingungen nicht selbst ausdrückliche Regeln über die Wirksamkeitsvoraussetzungen des Rücktritts enthalten, die den Anschein der Vollständigkeit erwecken. Jedoch ist die Zurückweisung einer Rücktrittserklärung wegen fehlender Bezahlung der Rücktrittsgebühren bei dem Reisevertrag nicht üblich und ARTU; Hetzei; Touropa/Scharnow/Hummel. Aero Lloyd; fub; Hetzei; N-U-R; Dr. Tigges; Touropa/Scharnowl Hummel. 32 33
§ 1 Kündigung und Rücktritt des Kunden
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kann als nach der Verkehrssitte ausgeschlossen angesehen werden. Das entspricht auch dem Verhältnis des reisevertraglichen Rücktritts zu der Kündigung nach § 649 BGB, bei der es eine solche Zurückweisungsmöglichkeit nicht gibt. d) Nach den Bedingungen der Transeuropa hängt die Wirksamkeit des Rücktritts von der Rückgabe der Reisedokumente ab. Diese Regelung ist wegen der Bedeutung der Dokumente für einen Weiterverkauf anzuerkennen. Wenn jedoch bei einer Versäumung der Rückgabe stets der gesamte Reisepreis verlangt wird, so verstößt diese Regelung, da der Veranstalter in jedem Fall etwas einsparen müßte, gegen das Prinzip der Vorteilsausgleichung nach § 324 Abs. 2 BGB 34 und § 242 BGB und ist daher unwirksam. 4. Entsprechende Anwendung der Rücktrittsregeln
Touropa/Scharnow/Hummel: "Diese (Rücktritts-)Regelung gilt auch, wenn Sie nicht zur angegebenen Zeit auf dem Bahnhof erscheinen oder wegen unvollständiger Reisepapiere von der Fahrt ausgeschlossen werden." a) Der Kunde muß seinen Rücktritt ausdrücklich oder stillschweigend erklären. Sein bloßes Ausbleiben beim Reiseantritt läßt den Rückschluß auf einen Rücktrittswillen nicht ohne weiteres zu; denn er kann auch aus anderen Gründen den Abreisezeitpunkt versäumt haben. Bei der zitierten Bedingung35 handelt es sich daher nur um eine Verweisung, was dadurch bestätigt wird, daß die gleiche Regelung auch für die Zurückweisung wegen fehlender Reiseunterlagen gelten soll. Der Kunde verliert dadurch die Möglichkeit, sich zu einem späteren Zeitpunkt der Reise anzuschließen - ein Ergebnis, das man nur anerkennen kann, wenn über die Möglichkeit eines späteren Anschlusses oder den Willen des Kunden Unklarheit besteht. Erklärt der Kunde, daß er nur auf die Anreise und einen Teil der sich daran anschließenden Leistungen verzichten will, so besteht kein begründeter Anlaß, ihm durch die Fiktion eines Rücktritts den Anspruch auf die übrigen Leistungen zu nehmen. In den anderen Fällen aber dient die Fiktion den Interessen beider Beteiligten, da der Veranstalter die Möglichkeit erhält, die frei werdenden Plätze anderweitig zu vergeben, der Kunde aber unter Umständen Kosten erspart. b) Der Tod des Kunden führt wegen der Höchstpersönlickkeit seines Anspruchs 38 zur Unmöglichkeit der Leistung. Die Reisebedingungen sehen jedoch auch hierin einen Fall des Rücktritts, wie sich aus der Reisekostenausfallversicherung ergibt, für die der Tod des Kunden 34
35 38
Vgl. unten S. 109, 116. Ebenso Dr. Tigges. Vgl. oben S.66.
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
einer der Versicherungsfälle ist. Durch eine Verweisung auf die Versicherung wird diese Ansicht Inhalt der Vertragsbedingungen. Da jedoch andererseits nicht anzunehmen ist, daß der Veranstalter bereit ist, die Reise ohne Umbuchung für den Erben des Kunden durchzuführen, wenn dieser nicht vom Vertrag zurücktritt, handelt es sich auch hier nur um eine entsprechende Anwendung der Rücktrittsfolgen. Die Regelung ist ein angemessener Ersatz für die Bestimmungen der §§ 645, 643, 642 BGB, die ohne eine vertragliche Regelung gelten würden. 5. Die Folgen des Rücktritts für die Vollmacht des Veranstalters
Mit dem Rücktritt des Kunden erlischt nach § 168 BGB zugleich die in der Anmeldung enthaltene Vollmacht - jedoch ohne Rückwirkung. Die aufgrund der Vollmacht mit den Leistungsträgern abgeschlossenen Verträge bleiben also zunächst wirksam. Da der Kunde, der von dem Reiseveranstaltungsvertrag zurücktritt, aber nicht andererseits an den damit verbundenen Verträgen mit den Leistungsträgern festhalten kann, ist in seiner Rücktrittserklärung bei sinnvoller Auslegung zugleich eine Rücktrittserklärung gegenüber den Leistungsträgern bzw. eine Bevollmächtigung des Veranstalters zu sehen, im Namen des Kunden gegenüber den Leistungsträgern den Rücktritt von diesen Verträgen zu erklären. 11. Der vorzeitige Abbruch der Reise Während einige Reisebedingungen den vorzeitigen Abbruch der Reise einem Rücktritt gleichsetzen37 bzw. das Rücktrittsrecht auf die Zeit während der Reise ausdehnen38, ist der Rücktritt im allgemeinen auf die Zeit bis zum Reiseantritt beschränkt. Dies hat zur Folge, daß auch der Anspruch des Kunden auf Rückabwicklung der Verträge mit den Leistungsträgern für die Zeit während der Reise entfällt. Es wäre daran zu denken, in einem solchen Fall das Kündigungsrecht des § 649 BGB wieder aufleben zu lassen; doch hat die Kündigung keine anderen Folgen als die einfache Nichtinanspruchnahme der Reiseleistungen nach §§ 644, 324 Abs. 2 BGB. In den Reisebedingungen wird dementsprechend nur diese geregelt. Eine Kündigung hat für die Veranstalter und Kunden lediglich insofern praktische Bedeutung, als sie das Freiwerden des Reiseplatzes für die Zukunft klarstellt und so eine anderweitige Verwertung ermöglicht. Im übrigen kann auf die Ausführungen zum Annahmeverzug verwiesen werden 39 • 37 38 39
airtours; Cook; DER. Paneuro pa. Unten 6. Abschnitt, § 3.
§ 2 Umbuchung und Verlängerung
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§ 2 Umbumung und Verlängerung I. Die Umbuchung Ziff. V Nr.2 ARB: "Erfolgt gleichzeitig mit dem Rücktritt eine Anmeldung des Kunden für eine andere bereits ausgeschriebene Reise desselben Veranstalters (Umbuchung) und wird diese bestätigt, kann die Bearbeitungsgebühr gemäß Abs. 1 gesenkt werden. Dies gilt nur für die erste Umbuchung. Absatz 1 Satz 2 (Ermäßigung bei mehreren Familienangehörigen) findet entsprechende Anwendung." BFR: "Wird auf Wunsch des Kunden bis 16 Tage bzw.... 23 Tage vorher eine Änderung der Aufenthaltstermine, Orte, Gruppen oder Namen vorgenommen, ist eine Umbuchungsgebühr von 10,- DM je Person zu zahlen. '" Ab 16., 23. bzw. bei Flug-Seereisen 60. Tage vor Reiseantritt gilt jede Änderung als Rücktritt, sofern die durch die Änderung freigewordene Reise nicht wieder verkauft werden kann." Paneuropa: "Bei Stellung eines Ersatzteilnehmers entfallen die Rücktrittsgebühren, es entsteht jedoch eine Umschreibungsgebühr von 20,- DM." Der Begriff "Umbuchung" hat eine verschieden weite Bedeutung. Während darunter nach Ziff. V Nr.2 ARB und den Bedingungen von Dr. Tigges1 nur die Ummeldung des Kunden auf eine andere Reise zu verstehen ist, beziehen die Bedingungen von Germania den Begriff auch auf Änderungen der Preis gruppe und einen Wechsel des Teilnehmers. Bei ARTU wird die Ummeldung auf eine andere Reise und der Wechsel des Abfahrtsortes als "Ummeldung" bezeichnet. Fehlt es an einer Begriffsbestimmung, so wird man für die Reisebedingungen, die auf die ARB verweisen 2 , die dort gegebene Definition anzuwenden haben; für die übrigen Reisebedingungen3 bietet sich dagegen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine Verwendung des Begriffs im weitesten Sinne an. Andere Firmenbedingungen gebrauchen stattdessen den Begriff "Änderung", wobei keine Schwierigkeiten entstehen, wenn gleichzeitig die abzuändernden Einzelheiten genannt werden4 • Unter einer "Änderung der Reise" allgemein 5 ist, wie der Zusatz bei Transeuropa - "in irgendeiner Form" - bestätigt, nach dem üblichen Sprachgebrauch jede Änderung der vereinbarten Leistungen zu verstehen; dagegen kann ein Wechsel des Kunden nicht dazu gerechnet werden. Der Wechsel des Kunden wird teilweise als "Umschreibung" bezeichnet6 • 1 Eine Änderung des Reisetermins ist ebenso wie der Wechsel des Zielortes eine Umbuchung im Sinne der ARB. 2 HetzeI; Touropa/Scharnow/Hummel; TTS. 3 Bayrisches Reisebüro; DER; Paneuropa (aber mit besonderer Regelung für Wechsel des Teilnehmers). 4 Aero Lloyd; Berolina; BFR; fub; Touristica. 5 airtours; Cook; N-U-R; Transeuropa. 6 ARTU; Paneuropa.
7 Amdt
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
Unterbrechung und Verlängerung werden im allgemeinen besonders geregelt und gehören daher weder zu einer Umbuchung noch zu einer Änderung im Sinne der Reisebedingungen, obwohl auch sie eine Änderung z. B. des Rückreisetermins erfordern. 1. Die Ummeldung auf eine andere Reise
a) Die Ummeldung des Kunden von einer Reise auf eine andere wird von den ARB als Rücktritt verbunden mit einer neuen Anmeldung verstanden7 • Das ist insoweit richtig, als durch die beantragte Umbuchung die alte Vereinbarung aufgehoben und eine neue begründet werden soll. Im übrigen läßt sich jedoch die Erklärung des Kunden nicht in allen Fällen in einen einseitigen Rücktritt und eine Neuanmeldung zerlegen. Ebensogut ist es möglich, daß es sich um ein einheitliches Angebot an den Veranstalter zum Abschluß eines Abänderungsvertrages handelt, das nur wirksam wird, wenn der Veranstalter seine Zustimmung gibt. Wenn das eine und wann das andere der Fall ist, ist eine Auslegungsfrage, die in den Reisebedingungen nicht verbindlich entschieden werden kann - zum al der Veranstalter kein berechtigtes Interesse daran hat, einen einseitigen Rücktritt des Kunden auch dann zu fingieren, wenn dieser bei einer Ablehnung der Umbuchung an dem ursprünglich Vereinbarten festhalten will. b) Bei einem Fall, wie ihn die ARB vor Augen haben, muß die Neuanmeldung, bei einem Antrag auf Vertragsänderung die gesamte Umbuchung vom Veranstalter bestätigt werden. Das wird in Ziff. V Nr.2 ARB und einigen anderen Reisebedingungen B ausdrücklich erwähnt, ergibt sich aber auch aus allgemeinem Vertragsrecht. Eine Pflicht zur Bestätigung besteht nicht. Lehnt der Veranstalter eine Umbuchung ab, so bleibt es nach der ersten Alternative bei einem Rücktritt des Kunden, nach der zweiten Alternative bei der ursprünglichen Buchung. Reisebedingungen, die wie die Bedingungen von Germania in jedem Fall einen Rücktritt annehmen wollen, werden nach dem oben Gesagten dem Willen des Kunden nur teilweise gerecht und sind auch nur insoweit wirksam. Da es auf die Bestätigung des Veranstalters ankommt, haben sonstige Voraussetzungen der Umbuchung9 nur programmatischen Charakter. e) Die Abänderung eines formbedürftigen Vertrages ist nach h. M. ebenfalls formbedürftig, wenn dabei neue Verpflichtungen übernommen 7 Ebenso Germania. Die übrigen Reisebedingungen verweisen dagegen nur auf die Rücktrittsfolgen. B airtours; Cook; Germania. 9 Z. B. schriftlicher Antrag: ARTU.
§ 2 Umbuchung und Verlängerung
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werden10• Die Umbuchung muß daher grundsätzlich schriftlich bestätigt werden; doch können die Parteien auch hier eine Abweichung von der Schriftform vereinbaren. d) Nach Ziff. V Nr. 2 wird für die erste Umbuchung eine nach Belieben des Veranstalters gesenkte Rücktrittsgebühr erhoben. Diese Regelung hängt nicht davon ab, daß es sich wirklich um einen Rücktritt des Kunden handelt, sondern davon, daß der erste Vertrag im Ergebnis aufgehoben wird. Sie ist daher auch anwendbar, wenn lediglich ein Änderungsvertrag vorliegt. Bei Firmenbedingungen, die ohne eine eigene Regelung auf die ARB verweisen 1t, gilt Art. V Nr.2 entsprechend; doch ist dabei von den Rücktrittsgebühren des jeweiligen Veranstalters auszugehen. Die meisten Firmenbedingungen setzen selbst eine Umbuchungsgebühr fest, die regelmäßig in einem ziffernmäßig benannten Bruchteil der entsprechenden Rücktrittsgebühr besteht l2 • Daneben werden Telefon- und Telegrammspesen 13 oder auch Ersatz aller Aufwendungen 14 verlangt. Nach den Bedingungen von Dr. Tigges genügt außerhalb der ersten Rücktrittsfrist die Erstattung der Telefon- und Telegrammkosten, während Touropa/Scharnow/Hummel mit Ausnahme der Touropa/ Scharnow-Fernreisen bei einer Umbuchung vor Ablauf der ersten Rücktrittsfrist der fehlenden Regelung zufolge gar keine Gebühren verlangen. Häufig gilt die Begünstigung der Umbuchung nur innerhalb bestimmter Fristen, während für spätere Umbuchungen die Rücktrittsgebühren verlangt werden15 • Bei Paneuropa ist die Umbuchungsgebühr entsprechend der Rücktrittsgebühr gestaffelt; doch ist die Umbuchung nur bis zu 30 Tagen vor Reiseantritt möglich, so daß auch hier für spätere Änderungen die Rücktrittsregelung gilt. Die Bedingungen von ARTU und Touropa/Scharnow-Fernreisen unterstellen die Umbuchung in jedem Fall den Rücktrittsbedingungen. Alle diese Regelungen sind zulässig. Da der Veranstalter nicht verpflichtet ist, eine Umbuchung vorzunehmen, könnte er den Kunden überhaupt auf das Rücktrittsrecht verweisen. Tut er das nicht, so steht Enneccerus-Lehmann, § 42 II 3; Larenz, SchuldR I S.46. Akademische Studienreisen. 12 Aero Lloyd; airtours; Bayrisches Reisebüro; Berolina; BFR; Busch; Cook; DER; fub; Germania; Hetzei; N-U-R; Paneuropa; Touristica; Transeuropa ; TTS. 13 DER. U airtours; Cook. 15 Aero Lloyd; Berolina; BFR; Busch; fub; Hetzei; N-U-R; Dr. Tigges; Touristica; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa; TTS. 10
11
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
es ihm frei, die Ansprüche, die er bei einem Rücktritt des Kunden hätte, zu wahren oder dem Kunden mehr oder weniger entgegenzukommen. Dies gilt auch für pauschale Rücktrittsgebühren, da sich die Kosten bei der Ummeldung auf eine andere Reise im allgemeinen nicht von denen des Rücktritts unterscheiden. e) Von der Ummeldung sind die Fälle zu unterscheiden, in denen der Kunde zunächst von einem Vertrag zurückgetreten ist und sich später wieder neu anmeldet. Hier liegen ein echter Rücktritt mit allen dafür vorgesehenen Folgen und ein neues Vertragsangebot vor. Als Erleichterung für den Kunden und als Anreiz zur Neubuchung sehen einige Bedingungen in diesem Fall die Möglichkeit einer Anrechnung der ersten Bearbeitungsgebühr auf den neuen Reisepreis vor l6 • 2. Die Änderung von Einzelheiten der Reise
a) Wie bereits erwähnt, wird die Änderung von Einzelheiten, wie z. B. eine Änderung der Preisgruppe oder des Hotels am Zielort, von vielen Reisebedingungen so behandelt wie die Ummeldung auf eine andere Reise. Grundsätzlich bestehen gegen diese Gleichbehandlung auch hinsichtlich der Gebühren keine Bedenken. Bedenklich ist jedoch eine Regelung, nach der auch in diesem Fall bei der kurzfristigen Umbuchung pauschalierte Rücktrittsgebühren erhoben werden können 17 • Denn wenn auch die Möglichkeit der Umbuchung für den Kunden eine Vergünstigung ist, ist doch zu bedenken, daß der Veranstalter hier nur einen Teil der bei einem Rücktritt entstehenden Mehrkosten hat und nur einen Teil seiner Arbeit vergeblich leistet. Diesem Sachverhalt wird eine Gebührenpauschale von 25 oder 55 % ebensowenig gerecht wie der Tatsache, daß ein vereinfachtes Umbuchungsverfahren immer auch im Interesse des Veranstalters liegt. Die Gebühren sind daher unter Berücksichtigung des Änderungsumfanges auf eine angemessene Höhe herabzusetzen, wenn sich der Kunde nicht ausdrücklich mit ihnen einverstanden erklärt. b) Auch bei Reisebedingungen, die wie Ziff. V Nr.2 ARB eine Änderung von Einzelheiten nicht regeln, ist diese nicht ausgeschlossen; vielmehr gelten allgemeine Regeln. Veranstalter und Kunde müssen einen grundsätzlich schriftlichen Abänderungsvertrag schließen, bei dem sie sich regelmäßig auch über die möglichen Mehrkosten einigen werden. Ist keine Vereinbarung über die Mehrkosten getroffen worden, so ist die Abänderung gebührenfrei - und zwar gilt das auch dann, wenn der Kunde für den Fall einer Ablehnung der Änderung vom Vertrag zurücktreten wollte; denn es ist nicht anzunehmen, daß die Reisebedin1&
17
airtours; DER. Aero Lloyd; fub; N-U-R.
§ 2 Umbuchung und Verlängerung
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gungen an die Umbuchung der gesamten Reise weniger weite Folgen knüpfen als an die Änderung von Einzelheiten. 3. Der Wechsel des Kunden
Die Leistung des Veranstalters aus dem Reisevertrag ist, wie erörtert1B, an die Person des Kunden gebunden und daher nicht abtretbar. Eine übertragung der Rechte des Kunden bedarf der Zustimmung des Veranstalters und ist eine Vertragsänderung. Soll der Vertrag dabei in einen Vertrag zugunsten des neuen Kunden geändert werden, so genügt diese Zustimmung vorbehaltlich einer Zurückweisung der Vertragsleistung durch den neuen Kunden nach § 333 BGB. Soll aber - was meist der Fall sein wird - der neue Kunde auch die Vertragspfiichten des ehemaligen übernehmen, so muß zwischen allen drei Beteiligten eine Vereinbarung getroffen werden - insbesondere muß der ehemalige Kunde dem neuen seine Vertragsrechte mit Zustimmung des Veranstalters abtreten (§§ 398, 413 BGB) und der neue Kunde seine Bereitschaft zur übernahme der Vertragspfiichten gegenüber dem Veranstalter (§ 415 BGB) oder gegenüber dem Kunden mit Zustimmung des Veranstalters (§ 414 BGB) erklären19 • Die Gleichstellung der "Änderung des Namens"20 mit den anderen Umbuchungen ist im zweiten Fall irreführend. Sie bedeutet jedoch nichts anderes, als daß diese Form der Vertragsänderung mit den gleichen Gebühren belegt werden soll, und begegnet insofern keinen Bedenken, da es sich in den betreffenden Fällen ebenso wie bei den besonders erwähnten Umschreibungsgebühren bei Wechsel des Kunden21 um verhältnismäßig geringe Bearbeitungsgebühren handelt. Die Gebühren hat grundsätzlich der erste Kunde zu tragen, da er es ist, der die Änderung notwendig macht. Fehlt es an einer Regelung in den Reisebedingungen, so kommt es auf die Vereinbarungen der Beteiligten an. Fehlt es auch daran, so können keine Gebühren erhoben werden; denn der Wechsel des Kunden ist ebenso wie die übrigen Vertragsänderungen nicht ohne weiteres einem Rücktritt des ursprünglichen Kunden gleichzusetzen.
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Oben S. 66. Zur Vertragsübernahme: Enneccerus-Lehmann, § 87 I 2. Berolina; BFR; Germania. ARTU; Paneuropa.
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
11. Verlängerung und Unterbrechung 1. Die Verlängerung
Touropa/Scharnow/Hummel: "Eine Verlängerung Ihres UrlaubsaufenthaItes ist nur nach rechtzeitiger Absprache mit der Reiseleitung möglich, soweit geänderte Unterbringungs- und Rückfahrplätze zur Verfügung stehen. Die Kosten für die Verlängerung sind zum Prospektpreis in bar an den Reiseleiter zu zahlen. Die Umtauschgebühr für Platzkarten beträgt 1,- DM zuzüglich entstehender Unkosten (z. B. Telefongebühren usw.)." a) Die Verlängerung der Reise ist insoweit eine Änderung des ursprünglichen Vertrages, als sie den Reisetermin verschiebt. Im wesentlichen begründet sie jedoch neue Verpflichtungen des Veranstalters und des Kunden, ohne die ursprünglichen aufzuheben. Sie ist daher keine Umbuchung im Sinne der Reisebedingungen und wird in den meisten Firmenbedingungen besonders geregelt. b) Auch die Verlängerung kommt aufgrund eines Abänderungsvertrages zwischen Veranstalter und Kunden zustande, bedarf also eines Antrages des Kunden und einer Bestätigung. Der Antrag wird in einigen Reisebedingungen an bestimmte Fristen vor dem Abreisetermin 22 oder auch an ein bestimmtes Verfahren, z. B. eine bezahlte Rückantwort23, gebunden. Hierbei handelt es sich aber nur um Ordnungsvorschriften, von deren Einhaltung der Veranstalter unter Umständen die Bearbeitung abhängig machen wird, die jedoch für die Wirksamkeit des Antrages selbst ohne Bedeutung sind. Empfangsbevollmächtigt sind regelmäßig die örtlichen Reiseleiter24 • Die Notwendigkeit einer Bestätigung des Veranstalters wird in einer Reihe von Reisebedingungen ausdrücklich hervorgehoben25 • Sie muß wie die Umbuchungsbestätigung schriftlich erteilt werden. Teilweise bestimmen die Reisebedingungen, unter welchen Voraussetzungen 28 und ob überhaupt27 eine Verlängerung möglich ist. Derartige Bestimmungen haben nur informatorischen Charakter und keine rechtliche Bedeutung; ein Anspruch auf Verlängerung besteht nicht. Eine Beschränkung derVerlängerungszeit kann sich aus denIATA-Vereinbarungen ergeben 28 • Verlängert der Veranstalter die Reise unter MißGermania; Touristica; TTS. Touristica; TTS. 24 Busch; Germania; Touristica; Touropa/Scharnow/Hummel; TTS. 25 Aero Lloyd; Bayrisches Reisebüro; Busch; Dr. Tigges; Touristica; TTS. 28 Aero Lloyd; Germania; Paneuropa; Dr. Tigges; Touristica; Touropa/ Scharnow/Hummel. 27 Hetzel; Touropa/Scharnow-Fernreisen. 28 Germania; Hetzel; Dr. Tigges; Touristica (IT); Touropa!Scharnow-Fernreisen; TTS (IT). 22
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§ 3 Der Rücktritt des Veranstalters
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achtung dieser Vereinbarungen, so ändert das jedoch nichts an der Wirksamkeit der Verlängerung. Die IATA-Bestimmungen wirken nur intern und haben nicht die Kraft von Gesetzen29 • c) Mit dem Verlängerungsvertrag entstehen für Veranstalter und Kunden neue Verpflichtungen. Der Kunde zahlt den Verlängerungspreis und trägt unter Umständen die Kosten der Änderung 3o• Insoweit sind häufig die Reiseleiter inkassobevollmächtigt31 • d) Verlängert der Kunde seinen Aufenthalt eigenmächtig, so kommt er mit der Annahme der Rückbeförderung in Verzug. Die termingerechte, vertragsgemäße Leistung wird dadurch unmöglich. Dem entspricht die Regelung in einigen Reisebedingungen, nach der dem Kunden in diesem Fall kein Recht auf Rückbeförderung zusteht32 oder zumindest keine Garantie dafür übernommen wird33• 2. Die Unterbrechung der Reise
Eine Unterbrechung der Reise, die ebenfalls zu einer Verschiebung der ursprünglich vereinbarten Termine führt, wenn sie nicht von vornherein festgelegt war, ist nur beschränkt und nur mit Zustimmung des Veranstalters möglich. Es handelt sich auch hierbei um eine Vertragsänderung. Einige Veranstalter erheben Unterbrechungsgebühren3\ die jedoch auch bei einer von vornherein vereinbarten Unterbrechung zu zahlen sind35 • Im übrigen kommt es auf die Parteivereinbarungen an.
§ 3 Der Rücktritt des Veranstalters I. Das allgemeine Rücktrittsrecht Ziff. VI Nr.l ARB: "Wenn die Reise wegen Nichterscheinens der Mindestteilnehmerzahl oder aus anderen zwingenden Gründen, die der Veranstalter zu vertreten hat, abgesagt wird, ist der Kunde unverzüglich zu verständigen und ihm die geleistete Anzahlung ohne Abzug zurückzuerstatten. Ein weitergehender Anspruch des Kunden besteht nicht." airours: "Falls eine Reise von uns abgesagt werden muß, wird der eingezahlte Betrag voll zurückerstattet. Ein weitergehender Anspruch ist ausgeschlossen. " fub: "fub ist befugt, jede Reise ohne Angabe von Gründen abzusagen." Schleicher-Reymann-Abraham: Luftfahrt I, S.416. Aero Lloyd; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel. 31 Aero Lloyd; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel. 32 Touristica; TTS. 33 Paneuropa. 34 Berolina. 35 Vgl. DER; Germania; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel für eigene Anreise. !9 30
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
1. Dem Veranstalter würde weder nach dem Werkvertragsrecht noch nach dem Recht der Geschäftsbesorgung ein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht zustehen; denn § 675 BGB verweist nicht auf die entsprechende Bestimmung im Auftragsrecht. Dem gegenüber sehen jedoch die ARB und fast alle anderen Reisebedingungen eine Absage der Reise vor, die den Veranstalter zum größten Teil entweder von seiner vertraglichen Erfüllungspflicht oder von seiner Haftung nach §§ 325, 634 ff. BGB befreit. Auch wenn die Formulierung der Ziff. VI Nr.l ARB, wonach der Kunde unverzüglich von der Absage zu "verständigen" ist, nicht eindeutig auf einen Rücktritt hinweist, und einige Firmenbedingungen die entsprechende Regelung im Zusammenhang mit den Haftungsbestimmungen aufführent, sprechen Sinn und Auswirkung der Regelung ebenso wie der Begriff "Absage" im Unterschied zum "Ausfall" der Reise in Ziff. VI Nr.2 ARB doch für einen Rücktritt. Entsprechend regeln andere Bedingungen die Frage auch unter dieser überschrift2 •
2. Absagegrund sind nach Ziff. VI Nr. 1 ARB das Nichterreichen der Mindestteilnehmerzahl- wobei diese Zahl dem Kunden anders als bei einem Preisänderungsvorbehalt nicht bekannt zu sein braucht - und "andere zwingende Gründe, die der Veranstalter zu vertreten hat". Wie das Beispiel der zu geringen Teilnehmerzahl zeigt, sind unter zwingenden Gründen nicht nur solche zu verstehen, die zur subjektiven oder objektiven Unmöglichkeit der Leistung führen; vielmehr reicht es aus, daß ein nach den wirtschaftlichen und organisatorischen Vorstellungen des Veranstalters überzeugender Absagegrund vorliegt, so daß unnötige und mutwillige Absagen ausgeschlossen sind. Diese Einschränkung würde sich aber auch aus § 242 BGB ergeben. "Gründe, die der Veranstalter zu vertreten hat", sind einmal nach dem Beispiel der zu geringen Teilnehmerzahl alle Umstände, die den Veranstalter von sich aus veranlassen, die Reise abzusagen, ohne daß sie im rechtlichen Sinne undurchführbar ist; ferner Umstände, die durch ein Verschulden des Veranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen zur Unmöglichkeit der Vertragserfüllung führen oder in einem anfänglichen Unvermögen bzw. einer Fehlplanung des Veranstalters begründet sind 3 ; schließlich nach werkvertraglichen Grundsätzen und einem Vergleich mit Ziff. VI Nr. 2 ARB, die hiervon nur die Fälle höherer Gewalt ausnehmen, alle anderen Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Veranstalters, insbesondere auch vertragswidrige Absagen der Leistungsträger. Aero Lloyd; Berolina; BFR; Paneuropa; Transeuropa; TTS. airtours; Akademische Studienreisen; HetzeI; Dr. Tigges Scharnow -Fernreisen. 3 Oben S. 55. 1
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Touropal
§ 3 Der Rücktritt des Veranstalters
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Die Firmenbedingungen wiederholen teilweise die Regelung der ARB, indem sie insbesondere die Unterscheidung zwischen Gründen höherer Gewalt und anderen Gründen aufnehmen\ oder sie regeln die Absage der Reise allgemein, ohne die Gründe dafür zu differenzieren 5• Nach den Bedingungen von Dr. Tigges gilt das Rücktrittsrecht nur bei Nichterreichen der Mindestteilnehmerzahl. 3. Als Rücktrittserklärung ist die Absage eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Veranstalter zugehen muß. Die Formulierung in den ARB, wonach der Veranstalter von der Absage unverzüglich zu verständigen ist, legt den irrtümlichen Schluß nahe, daß der Rücktritt auch ohne Erklärung bereits wirksam sein soll. Die Bedeutung dieser Bestimmung liegt jedoch nicht in einem Ausschluß der Empfangsbedürftigkeit, sondern in dem Wort "unverzüglich", da die unverzügliche Mitteilung von Vertragshindernissen zu den Vertragspflichten des Veranstalters gehört, die ihn bei einer Verletzung schadensersatzpflichtig machen6 • Das gilt nach §§ 675, 666 BGB auch für Veranstalter, die eine Mitteilungspflicht nicht ausdrücklich vorsehen. Eine Begründung der Absage ist regelmäßig nicht notwendig, so daß die zitierte Bedingung der fub keine Besonderheit darstellt. Die Bedingung bedeutet nach § 242 BGB nicht, daß auch tatsächlich willkürliche und unnötige Absagen zulässig sind. 4. Die Folgen der Absage sind in allen Reisebedingungen gleich geregelt: Der Kunde erhält den Reisepreis zurück, ohne weitergehende Ansprüche geltend machen zu können. über die Abwicklung der Verträge mit den übrigen Leistungsträgern wird - wie im allgemeinen - nichts gesagt. Doch gilt auch hier das Prinzip, daß der Kunde, von einem möglichen Vertrags ab schluß am Zielort abgesehen, in keine unmittelbare Beziehung zu den Leistungsträgern tritt, soweit die Reisebedingungen dies nicht ausdrücklich vorsehen. Aus der Bestimmung, daß der Kunde den gesamten Reisepreis zurückerhält, ergibt sich, daß der Veranstalter die Abwicklung auf eigene Kosten übernimmt. Ist der Veranstalter von den Leistungsträgern bevollmächtigt, so kann in seiner Absage zugleich auch eine Rücktrittserklärung für diese liegen. 5. Bei der Frage der Zulässigkeit des Rücktrittsrechtes ist zwischen den verschiedenen Absagegründen zu unterscheiden: a) In den Fällen, in denen der Veranstalter die Reise von sich aus absagt, z. B. weil die Mindestteilnehmerzahl nicht erreicht oder eine so 4 Aero Lloyd; Akademische Studienreisen; ARTU; fub; Hetze1; N-U-R; Paneuropa. 5 airtours; BFR; Berolina; Cook; DER; Transeuropa; TTS. 8 Oben S. 64.
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
hohe Preissteigerung eingetreten ist, daß sie auch dem Kunden nach § 242 BGB nicht aufgrund des Änderungsvorbehaltes zugemutet werden kann, ist das Absagerecht aus den gleichen Gründen gerechtfertigt wie der Änderungsvorbehalt. Bei der langfristigen Planung von Reisen lassen sich Änderungen der Verhältnisse nicht immer einkalkulieren; wenn der Veranstalter daher in solchen Fällen das eigentliche Erfüllungsrisiko übernimmt und den Kunden auch nicht mit den Kosten der Vertragsabwicklung belastet, bestehen gegen eine Beschränkung seiner Erfüllungspflicht keine Bedenken. Ausgenommen sind jedoch ebenso wie beim Änderungsvorbehalt die Fälle, in denen der Veranstalter die Änderung der Verhältnisse selbst verschuldet hat. b) In den Fällen, in denen die Absage durch Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Veranstalters begründet ist, für die weder ihn noch seine Erfüllungsgehilfen ein Verschulden trifft, entspricht die Regelung in den Reisebedingungen im Ergebnis der gesetzlichen Regelung nach §§ 646, 644, 323 BGB. Das gleiche gilt für Reisebedingungen, die in jedem Fall der unverschuldeten Unmöglichkeit, also auch bei höherer Gewalt, eine Rückzahlung des Reisepreises vorsehen. c) In den übrigen Fällen läuft das Absagerecht des Veranstalters auf einen Ausschluß der Haftung nach § 325 BGB hinaus, der nach der h. M. zum Ausschluß der Verschuldenshaftung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls insoweit unzulässig ist, als er sich auf eigene grobe Fahrlässigkeit des Veranstalters sowie Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit des leitenden Angestellten bezieht, m. E. aber überhaupt nur anerkannt werden kann, wenn er durch besondere Umstände gerechtfertigt ist7 • Die Zurückhaltung bei der Beurteilung solcher Freizeichnungen beruht teilweise auf der an sich richtigen überlegung, daß dem Schuldner ein fahrlässiges Verhalten häufig nur nach dem objektiven Maßstab des § 276 BGB, nicht jedoch als ein besonderes Versagen vorgeworfen werden kann und daß ein Fehlverhalten der Angestellten bis zu einem gewissen Grade überhaupt unvermeidbar ist 8 • Dabei wird jedoch einmal die Tatsache außer acht gelassen, daß die Fahrlässigkeitshaftung und die Haftung für das Verschulden von Erfüllungsgehilfen immerhin geeignet sind, eine Häufung von Unregelmäßigkeiten zu vermeiden, aus deren Gesamtheit dem Unternehmer dann doch ein Vorwurf gemacht werden könnte 9 ; zum anderen wird verkannt, daß den §§ 276, 278 BGB nicht nur der Verschuldensgedanke, sondern eine weitergehende, auch objektive Risikoverteilung zugrundeliegt, die den Interessen der Parteien am besten gerecht wird. Wer eine Verpflichtung übernimmt, hat für ihre Erfüllung einzustehen, wenn er nicht auf unbeeinflußbare Weise daran 7
8 9
Oben S. 56/57. Für Erfüllungshilfen: G. Raiser: Gerichtliche Kontrolle, S. 162. Für die Fahrlässigkeit des Unternehmers: G. Raiser a.a.O. S.161/162.
§ 3 Der Rücktritt des Veranstalters
107
gehindert wird10, und sein Partner ist darauf angewiesen, weil er selbst auf die Vermeidung von Fehlern des Unternehmers oder seiner Angestellten so gut wie gar keinen Einfluß hat. Wenn es also aus der für Geschäftsbedingungen typisch einseitigen Sicht des Unternehmers unter Umständen als Härte erscheinen mag, daß er für eine kaum vermeidbare Unregelmäßigkeit einstehen soll, so ist es eine grundsätzlich unzumutbare Belastung für den Kunden, wenn ihm das Risiko der Vertragserfüllung in diesem Umfang auferlegt wird. Richtiger Ansicht muß daher die Beschränkung der Haftung aus §§ 276, 278 BGB durch besondere Umstände, insbesondere durch ein schwer vermeidbares oder nicht zu übersehendes Risiko gerechtfertigt sein, das in keinem Verhältnis zu dem Grad des Verschuldens und der Vergütung des Unternehmers steht. Das allgemeine Argument der besonderen Billigkeit einer Leistungl l reicht dafür nicht aus; denn einmal würde die zusätzliche Haftung den Preis bei normalen Risiken nur um weniges verteuern, während der Kunde durch einen Schaden unter Umständen unverhältnismäßig härter betroffen wird, zum anderen läßt sich in der Regel gar nicht mit Sicherheit sagen, inwieweit und ob der Haftungsausschluß sich bei der Preiskalkulation auswirkt l2 , und schließlich wird man grundsätzlich von dem Unternehmer verlangen können, daß er seinen Preis nach zumutbaren Bedingungen einrichtet und nicht umgekehrt die Bedingungen an dem Preis orientiert13 • Die Risiken, die im vorliegenden Fall in Betracht kommen, liegen z. B. in Irrtümern bei der Planung, in finanziellen Schwierigkeiten, in Vermittlungsfehlern oder verschuldeten Differenzen mit den Leistungsträgern und halten sich ganz im Rahmen des üblichen. Auch die Folgen sind nicht besonders schwer und unübersehbar. Der Veranstalter hat nach § 325 BGB den unter Umständen über den Reisepreis hinausgehenden Schaden des Kunden zu ersetzen, der z. B. darin bestehen kann, daß der Kunde eine teurere Reise buchen muß oder Ausgaben für vergebliche Reisevorbereitungen hat14 • Da der Anspruch des Kunden im letzten Fall auf adäquate Ausgaben beschränkt ist l5 , handelt es sich insgesamt nur um überschaubare und tragbare Summen. Die in dem Absagerecht enthaltene Haftungsbeschränkung ist daher nicht anzuerkennen. 10 a. A. L. Rsiser: AGB, S.309, der aus dem Verteilungsprinzip eines Vertrages nur das Einstehenmüssen für die Betriebsorganisation herleitet. II v. Brunn: Formularmäßige Vertragsbedingungen, S. 34 ff. I! Kliege: Rechtsprobleme, S. 54 ff., insbes. S.67. 13 Raiser: AGB, S. 310; BGHZ 22, 90 (98). 14 OLG Frankfurt/M., Klatt IV Nr. 332. 15 Statt aller: Soergel-Schmidt, Anm.17 ff. zu §§ 249-253 BGB.
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
Allgemeine Bestimmungen über die Haftung des Veranstalters, insbesondere Ausschlußfristen 16 und die Beschränkung der Haftungssumme auf den Reisepreis l7 , beziehen sich nur auf die Haftung für Störungen während der Reise und sind auch nicht entsprechend anzuwenden, da die Ausschlußfristen von der Beendigung der Reise ausgehen und eine Beschränkung der Haftungssumme auf den Reisepreis im Ergebnis der abgelehnten Regelung des Absagerechts gleichkommt. 11. Der Rücktritt in besond'eren Fällen 1. Rücktritt wegen Versäumung der Zahlungsfrist
N-U-R (ausführliche Bedingungen): "Ist der Reisepreis nicht rechtzeitig gezahlt worden, ist die N-U-R zugleich in Vollmacht der für die Durchführung der einzelnen Reisedienstleistungen in Anspruch genommenen Unternehmen und Personen ohne Mahnung und ohne Nachfristsetzung berechtigt, vom Vertrage zurückzutreten. In einem solchen Fall kann die N-U-R für jeden Reiseteilnehmer die Rücktrittsgebühren erheben, die bei einem Rücktritt durch den Reiseteilnehmer erhoben werden (... ). Die N-U-R ist verpflichtet, den Reiseteilnehmer von der Ausübung ihres Rücktrittsrechts unverzüglich zu unterrichten." Jeder "späteste" Zahlungstermin in den Reisebedingungen 18 ist im Zusammenhang mit der Vorleistungspflicht des Kunden einerseits und der Unaufschiebbarkeit der Reise andererseits als Frist im Sinne des § 361 BGB anzusehen, deren Nichteinhaltung den Veranstalter ohne Mahnung und ohne N achfristsetzung zum Rücktritt berechtigt. Die gesetzlich vorgesehene Folge des Rücktritts ist, daß beide Parteien von ihren Verpflichtungen frei werden; doch kann der Kunde bei einer verschuldeten Nichtzahlung aus Verschulden bei Vertragsschluß zum Ersatz der vergeblich geleisteten Arbeit und der bereits entstandenen Kosten verpflichtet sein. Tritt der Veranstalter nicht vom Vertrag zurück, so hat er ebenso wie nach allen anderen Reisebedingungen das Recht, dem Kunden die Durchführung der Reise zu verweigern, wenn dieser bis zum Reiseantritt noch nicht gezahlt hat (§ 320 BGB). Da die Vertragserfüllung dadurch unmöglich wird, behält der Veranstalter nach §§ 644,324,298 BGB seinen Vergütungsanspruch, muß sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er aufgrund der Undurchführbarkeit der Reise erspart. Die zitierte Regelung der N-U-R stellt eine Kombination dieser beiden Möglichkeiten dar, die jedoch vernünftig ist und allgemeinen Billigkeits18 Aero Lloyd; ARTU; fub; N-U-R; Paneuropa; Dr. Tigges; Touropal Scharnow/Hummel; Transeuropa. 17 Aero Lloyd; fub; Dr. Tigges; Transeuropa. 18 Aero Lloyd; Akademische Studienreisen; Berolina; N-U-R; Dr. Tigges; Transeuropa.
§ 3 Der Rücktritt des Veranstalters
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vorstellungen entspricht, wenn man bedenkt, daß der Veranstalter ein berechtigtes Interesse daran hat, einige Zeit vor der Reise Klarheit über die Beteiligung des Kunden zu erlangen, daß es sich aber andererseits auch bei einem Rücktritt zu diesem Zeitpunkt um eine vom Kunden verursachte Vertragsaufhebung handelt. Der Kunde, der den Zahlungstermin versäumt, muß mit solchen Folgen rechnen, so daß es auch nicht entscheidend zu beanstanden ist, wenn sich die zitierte Regelung nur in den ausführlichen Reisebedingungen der N-U-R findet. Einschränkend ist lediglich mit der h. M. davon auszugehen, daß ganz geringfügige Fristüberschreitungen nach Treu und Glauben kein Rücktrittsrecht begründen l9 • Die Bestimmung, daß der Kunde von der Ausübung des Rücktrittsrechts unverzüglich unterrichtet werden müsse, entspricht der h. M. zu § 361 BGB, nach der der Gläubiger anderenfalls sein Rücktrittsrecht verwirkt 20 ; sie bedeutet also nicht, daß der Rücktritt schon ohne Erklärung wirksam wird und dem Kunden lediglich mitgeteilt werden soll. 2. Ausschluß des Kunden wegen Nichterscheinens beim Reiseantrit und Fehlens der Reiseunterlagen
BFR: "Ein Fluggast muß von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn er nicht rechtzeitig zum Abflug erscheint oder nicht im Besitz der für die Reise nötigen Dokumente ist. Eine Rückzahlung des Teilnehmerpreises kann in solchen Fällen nicht erfolgen." Die Fragen des Nichterscheinens bei Reiseantritt oder der Unmöglichkeit der Teilnahme wegen fehlender Unterlagen sind normalerweise Probleme des Annahmeverzugs. Wie erwähnt, fingieren einige Reisebedingungen in solchen Fällen einen Rücktritt des Kunden2 t, während die zitierte Bestimmung des BFR umgekehrt auf ein Rücktrittsrecht des Veranstalters schließen läßt22 • Auch diese Regelung ist insoweit anzuerkennen, als sie der Klarstellung dient und dem Veranstalter ermöglicht, die frei bleibenden Plätze anderweitig zu verwenden; doch muß dieser Vorteil nach § 242 BGB auch dem Kunden zugutekommen, so daß die weitere Bestimmung in den zitierten Bedingungen, daß dem Kunden der Reisepreis auch nicht teilweise zurückgezahlt werden soll, nicht anzuerkennen ist. Statt dessen gilt § 324 Abs.1 S.2 BGB entsprechend23 • 19
Erman-Westermann, Anm.3 zu § 361 BGB; Soergel-Schmidt, Anm.4 zu
§ 361 BGB; RGZ 117,354 (356/357).
20 Erman-Westermann a.a.O.; Soergel-Schmidt a.a.O.; RG Recht 1930 Nr.1245. 21 Oben S. 95. 22 Für fehlende Dokumente auch fub. 23 Vgl. oben S. 95.
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E. Aufhebung und Änderung des Reiseveranstaltungsvertrages
Eine weitere Einschränkung ist dahin zu machen, daß dem Kunden, der ja die Reise im wesentlichen bezahlen muß, die sichere Nachreisemöglichkeit nicht durch einen Rücktritt abgeschnitten werden darf 24 • 3. Rücktritt aus sonstigen Gründen in der Person des Kunden
Akademische Studienreisen: "Ein Anspruch auf Beförderung besteht nicht. Erscheint ein Teilnehmer aus gesundheitlichen oder anderen Gründen für eine Gruppenreise nicht geeignet, ist eine Zurückweisung vorbehalten. Entscheidung darüber trifft der Vorstand bzw. in seiner Vertretung der Reiseleiter. Sie ist unwiderruflich. Die einbezahlten Beträge werden in solchen Fällen nach Abzug der etwa entstandenen Unkosten voll zurückerstattet." Der Rücktritt wegen persönlicher Eigenschaften und Verhältnisse des Kunden, die seine Beteiligung an einer Gesellschaftsreise ausschließen 25 , ist bereits mit der Anfechtung erwähnt und für zulässig erklärt worden26 • Auch hierbei darf aber der Kunde nicht schlechter gestellt werden, als er bei einer eigenen Rücktrittserklärung stünde, d. h., es müssen ihm zumindest die Einsparungen des Veranstalters angerechnet werden. Die Regelung bei der fub, nach der dem Veranstalter auch in diesem Fall der gesamte Reisepreis zusteht, ist eine ungerechtfertigte Vergünstigung für diesen, die gegen das Prinzip der Vorteilsausgleichung verstößt und daher nach § 242 BGB unzulässig ist.
§ 4 Der Wemsel des Veranstalters Echte Vertragsänderungen, die von seiten des Veranstalters ausgehen, kommen aufgrund des vertraglichen Änderungsvorbehaltes nur selten vor. Bereits erwähnt wurden die Änderungen während der Reise, die nach Ziff. III Nr.2 ARB der Zustimmung des Kunden bedürfen!. Nicht erfaßt wird davon jedoch ein Wechsel des Veranstalters. Will der Veranstalter seine Vertragspflichten auf einen anderen übertragen, weil er selbst nicht zur Durchführung der Reise in der Lage ist oder nicht die erforderliche Teilnehmerzahl erreicht hat2 , so stehen ihm verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Er kann einmal, insbesondere in dem zuletzt genannten Fall, von den Verträgen mit seinen Kunden zurücktreten und die Kunden zum Abu Vgl. oben S. 95. Auch fub. 28 Oben S. 64. ! Oben S. 78. t Vgl. die Entscheidung eines LG (ohne nähere Angaben) bei Klatt: Reisedienstleistung, S. 82 ff. 25
§ 4 Der Wechsel des Veranstalters
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schluß neuer Verträge an den anderen Veranstalter vermitteln. Dieses Verfahren ist für ihn besonders einfach und für den neuen Veranstalter am günstigsten, so daß man im Zweifel annehmen kann, daß er so vorgehen wollte3 • Daneben ist es möglich, daß der neue Veranstalter im Wege der Schuldübernahme oder der Erfüllungsübernahme in die Verpflichtungen des alten eintritt. Sowohl die privative als auch die kumulative Schuldübernahme, die beide durch einen Vertrag zwischen neuem Veranstalter und Kunden oder durch einen Vertrag zwischen den bei den Veranstaltern mit Zustimmung bzw. zugunsten des Kunden zustandekommen können (§§ 414, 305 BGB), setzen jedoch im Zweifel eine besondere Veranlassung aus dem Verhältnis zwischen dem Kunden und dem neuen Veranstalter voraus. Regelmäßig wird es sich daher nur um eine Erfüllungsübernahme handeln, die an dem ursprünglichen Reisevertrag nichts ändert. In seltenen Fällen kann es auch zu einer Vertragsübernahme kommen, wie sie oben für den Wechsel des Kunden beschrieben worden ist4 •
3
Klatt a.a.O.
« Oben S. 101.
Sechster Abschnitt
Leistungsstörungen Während sich bei Leistungsstörungen auf der Seite des Schuldners mit Ausnahme der bereits erörterten Zahlungsverspätung keine Besonderheiten ergeben, stehen die Leistungsstörungen auf seiten des Veranstalters bei Erörterung des Reisevertrages im allgemeinen im Mittelpunkt des Interesses. Im Anschluß an die Reisebedingungen bietet sich eine Einteilung der Behandlung in den Reiseausfall, den Annahmeverzug des Kunden und die Störung bei Durchführung der Reise an. Dazwischen wird die Bedeutung eines Verzugs des Veranstalters kurz zu erörtern sein.
§ 1 Der Ausfall der Reise Ziff. VI Nr.2 ARB: "Muß die Reise aus Gründen ausfallen, die der Reiseveranstalter nicht zu vertreten hat (z. B. Katastrophen, Streik), so kann vom Kunden eine Bearbeitungsgebühr in der in V. Abs. 1 Satz 1 festgelegten Höhe (= erste Rücktrittsgebühr) einbehalten werden." fub: "Wird eine Reise infolge von Krieg, kriegsähnlichen Handlungen oder höherer Gewalt abgesagt, so ist fub befugt, je Person die im Abschnitt G 1 aufgeführten Gebühren (= alle Rücktrittsgebühren) zu erheben." Paneuropa: "Paneuropa haftet nicht bei höherer Gewalt. In diesem Fall kann die Paneuropa Anzahlung und Teilnahmegebühren unter Billigkeitsgesichtspunkten ganz oder teilweise einbehalten." 1. Die Fälle der verschuldeten Unmöglichkeit der Reise sind bereits im Zusammenhang mit dem Rücktrittsrecht des Veranstalters erörtert worden. Da der entschädigungslose Rücktritt, wie ihn die Reisebedingungen größtenteils vorsehen" als Haftungsausschluß nicht anerkannt werden kann2, bleibt es bei der Regelung des § 325 BGB. 2. Auch für die Fälle der unverschuldeten Unmöglichkeit sehen die Reisebedingungen in der Regel ein Rücktrittsrecht des Veranstalters vor, das im Ergebnis der Regelung des § 323 BGB gleichkommt3 • Daneben ist jedoch der Ausfall der Reise aus Gründen höherer Gewalt in 1 2
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Ausnahme: Dr. Tigges. Vgl. oben S.107. Vgl. oben S.106.
§ 1 Der Ausfall der Reise
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den ARB und einer Reihe anderer Reisebedingungen 4 besonders geregelt, und die Bedingungen von Dr. Tigges treffen eine entsprechende Regelung für alle Fälle der unverschuldeten Unmöglichkeit. Danach kann der Veranstalter abweichend von § 323 BGB in solchen Fällen entweder eine der ersten Rücktrittsgebühr entsprechende5 oder ihr gegenüber herabgesetzte' Bearbeitungsgebühr oder nach dem Zeitpunkt des Unmöglichwerdens entsprechend den Rücktrittsregeln gestaffelte Gebühren7 oder eine der Billigkeit entsprechende Entschädigung verlangen 8 • Da die Verteilung der Vergütungsgefahr zu den typischen Merkmalen des Werkvertrages gehört, könnte in diesen Regelungen ein Abweichen von dem "gesetzlichen Leitbild des Vertrages"g liegen, das sie nach der Rechtsprechung des BGH als Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam macht. Doch ist hier zu unterscheiden. Wenn der Veranstalter sich seinen bisherigen Arbeitsaufwand und die Kosten des Rücktritts gegenüber den Leistungsträgern in den Fällen höherer Gewalt erstatten läßt, so ändert er damit zwar die gesetzliche Risikoverteilung, aber er verstößt nicht gegen einen darin enthaltenen Gerechtigkeitsgedanken. Der Unternehmer übernimmt mit seinem erfolgsbezogenen Versprechen zwar die vom Verschulden unabhängige Verantwortung für das Gelingen des Werkes, doch ist hierbei typischerweise an solche Gefahren gedacht, denen er durch das Verfahren seiner Herstellung und die Einrichtung seines Betriebes wenigstens im großen und ganzen vorbeugen kann. Auf die Fälle höherer Gewalt trifft das nicht zu, so daß es umgekehrt sogar als Härte erscheinen kann, wenn der Unternehmer allein mit deren Folgen belastet wird. Bei einem Reisevertrag kommt hinzu, daß Naturkatastrophen, Einreiseverbote, kriegerische Zwischenfälle zu den typischen Gefahren der Reise gehören, mit denen auch ein Einzelreisender rechnen muß. Der Sinn der Verantwortlichkeit des Veranstalters liegt nicht in dem Einstehen für solche Hindernisse, sondern in dem Einstehen für die übrige Reiseorganisation, von der sich der Kunde besondere Bequemlichkeiten verspricht, und zwar insbesondere für das Verhalten der Leistungsträger. Bedenkt man weiter, daß ein großer Teil der Vermittlungsarbeit schon vor der Be4 Aero Lloyd; Akademische Studienreisen; fub; Hetzel; N-U-R; Paneuropa. Wenn dabei teilweise auch in diesem Fall von einer "Absage" der Reise gesprochen wird, so kann dem keine praktische Bedeutung beigemessen werden. 5 Aero Lloyd; Dr. Tigges. 6 Akademische Studienreisen. 7 fub; Hetzel; N-U-R. 8 Paneuropa. 9 BGH NJW 1967, 1225 (1226); NJW 1970, 29 (32).
8 Arndt
114
F. Leistungsstörungen
stätigung geleistet wird und daß ferner mit der Abwicklung der ausfallenden Reise neue Arbeit für den Veranstalter entsteht, so ist die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr nicht zu beanstanden. Auch gegen die Erhebung der sonstigen Rücktrittskosten ist nichts einzuwenden, da diese trotz des Reiseausfalls entstehen und sich aus Forderungen der Leistungsträger gegen den Kunden ergeben. Allerdings ist bei einer Rücktrittspauschale 10 zu prüfen, ob diese sich auch in einer für den Reiseausfall angemessenen Höhe hält; denn die Kosten des Reiseausfalls können unter Umständen niedriger sein als die eines freiwilligen Rücktritts. Zu beachten ist auch, daß der Veranstalter verpflichtet ist, die Rückabwicklung möglichst rechtzeitig vorzunehmen, um die Kosten niedrig zu halten. Aus dem Vorangegangenen ergibt sich aber auch, daß die überwälzung der Vergütungsgefahr in den übrigen Fällen der unverschuldeten Unmöglichkeit nicht anerkannt werden kann. Eine solche Regelung würde die erfolgsbezogene Verpflichtung des Veranstalters in ihr Gegenteil verkehren und den berechtigten Erwartungen des Kunden widersprechen, der bei Abschluß eines Reisevertrages damit rechnet, den Sorgen für die Reiseorganisation, z.B. für ein vertragsgetreues Verhalten der Leistungsträger, enthoben zu sein. Die entsprechende Bedingung bei Dr. Tigges ist daher unwirksam.
§ 2 Der Verzug des Veranstalters Da es sich bei dem Reiseveranstaltungsvertrag um ein absolutes Fixgeschäft handelt, führt jeder Verzug des Veranstalters entweder zum Ausfall der Reise oder zu einer teilweisen Unmöglichkeit der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung, d. h. zu einem Mangel der Leistung nach § 633 BGB. Für einen Schadensersatzanspruch kommen daher nicht die §§ 284, 286' oder 326 BGB2, sondern nur § 325 oder, wenn die Reise stattfindet, 635 BGB in Betracht.
§ 3 Der Annahmeverzug des Kunden Ziff. VII Nr.l ARB: "Bei einer teilweisen Inanspruchnahme von Leistungen kann bei dem Reisebüro, bei dem die Anmeldung vorgenommen wurde, ein Antrag auf Erstattung des Gegenwertes der nicht in Anspruch genommenen Leistungen gestellt werden. Es sind Unterlagen beizufügen, aus denen die teilweise Nichtinanspruchnahme hervorgeht (z. B. nicht benutzte Gutscheine, Fahrausweise). Eine Erstattung kann nur erfolgen, fub; N-U-R. So LG Berlin, Klatt IV Nr. 341. 2 So AG u. LG Frankfurt/M., Klatt I Nr.66; OLG Frankfurt/M., Klatt IV Nr.332. 10
1
§ 3 Der Annahrneverzug des Kunden
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wenn dies die bestehenden Bedingungen zulassen und der jeweilige Leistungsträger seinerseits an den Veranstalter eine Rückvergütung vorgenommen hat." ARTU: "Erstattung für nicht in Anspruch genommene Leistungen oder Dienste bei Inklusivreisen (zum Beispiel verspäteter Anreise oder vorzeitiger Rückreise) werden nicht von uns vorgenommen: Rückzahlungswünsche dieser Art sind an den Leistungsträger an Ort und Stelle zu richten." Bayrisches Reisebüro: "Für nicht in Anspruch genommene Leistungen kein Ersatz." fub: "Erscheint ein Reiseteilnehmer nicht zum Reiseantritt ... so ist der vereinbarte Reisepreis zu entrichten."
L Sowohl in den Fällen, in denen der Kunde einzelne Leistungen nicht in Anspruch nimmt, als auch in den Fällen, in denen seine Teilnahme an der Reise überhaupt unmöglich wird, weil er den Abreisetermin versäumt oder aus anderen Gründen an der Reise nicht teilnehmen kann, handelt es sich um eine Leistungsunmöglichkeit, die der Schuldner nach § 324 Abs. 2 BGB zu vertreten hat, weil er sich bei Eintritt der Unmöglichkeit wegen Nichterfüllung seiner Mitwirkungspflichten nach § 295 BGB in Annahmeverzug befindet. Der Veranstalter würde danach seinen Vergütungsanspruch behalten, müßte sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er aufgrund der Nichtinanspruchnahme erspart oder - selten - ersatzweise verdient. 2. Die ARB und einige andere Reisebedingungen l regeln im wesentlichen dementsprechend den Fall der teilweisen Nichtinanspruchnahme. Soweit es an einer anderweitigen Bestimmung fehW, kann diese Regelung aber auch auf das vollständige Fernbleiben ausgedehnt werden, da es sich hinsichtlich der einzelnen Reiseleistungen nur um einen quantitativen Unterschied handelt. Nach Ziff. VII Nr.2 ARB kann der Veranstalter bei Anträgen auf Fahrgelderstattung eine zusätzliche Bearbeitungsgebühr von 1,- DM verlangen - eine Bestimmung, die man bei einer allgemeinen Verweisung auf die ARB und einer im übrigen gleichen Regelung auch auf andere Reisebedingungen anwenden kann. Gegen die Bearbeitungsgebühr ist mit Rücksicht auf die Mehrarbeit, die mit den Erstattungsanträgen für den Veranstalter verbunden ist, nichts einzuwenden. Zulässig ist es auch, wenn eine Frist für die Antragstellung gesetzt3 , ein schriftlicher Antrag verlangt 4 oder besondere Voraussetzungen für 1 airtours; Cook; DER; Hetzel; Paneuropa; Dr. Tigges; Touristica; Touropal Scharnow/Hummel; TTS. 2 Unten 4. 3 airtours (3 Wochen); DER (3 Wochen). , DER.
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F. Leistungsstörungen
den Beweis der Nichtinanspruchnahme aufgestellt werden 5• Die Fristsetzung stellt zwar eine erhebliche Einschränkung des Rückforderungsanspruchs dar, der sonst nur an die 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB gebunden wäre; sie ist jedoch durch das verständliche Interesse des Veranstalters an einer möglichst schnellen Abwicklung der Verträge gerechtfertigt und bedeutet für den Kunden, der sich normalerweise ohnehin bald nach der Reise an das Reisebüro wenden wird, keine unzumutbare Belastung. Allerdings wird man dem Kunden anders als bei gesetzlichen Ausschlußfristen einen gewissen Spielraum einräumen müssen, so daß ein Veranstalter, der einen geringfügig verspäteten Antrag zurückweist, unter Umständen gegen Treu und Glauben verstößt. Die Anordnung der Schriftform entspricht dem auch im übrigen schriftlichen Verfahren und dient ebenso wie die Notwendigkeit einer Bestätigung der Leistungsträger dem Schutz vor Irrtümern und der Arbeitserleichterung. 3. In einem anderen Teil der Firmenbedingungen wird ein Ersatz für nicht in Anspruch genommene Leistungen generell ausgeschlossen8 , obwohl die Leistungsträger zumindest teilweise etwas ersparen, das sie sich nach § 324 Abs. 2 BGB auf ihre Forderungen anrechnen lassen müssen, und teilweise auch darüber hinaus zur Kostenerstattung bereit sind7 • Da sich diese Erstattungen zugunsten des Veranstalters auswirken oder zumindest auswirken könnten, wenn dieser darauf bestehen würde, verstößt eine solche Regelung gegen das Prinzip der Vorteilsausgleichung und damit gegen § 242 BGB 8 , wenn nicht der Veranstalter die Kunden ausnahmsweise an die Leistungsträger selbst verweist. Eine Verweisung an die Leistungsträger ist nicht zu beanstanden; denn der Veranstalter hat ein berechtigtes Interesse daran, sich nachträgliche Mehrarbeiten, die der Kunde verursacht, zu ersparen. Er muß jedoch seine Vereinbarungen mit den Leistungsträgern entsprechend einrichten. 4. Einige Reisebedingungen behandeln das Nichterscheinen bei Reiseantritt in jedem Fall so, als sei damit die Unmöglichkeit der Teilnahme an der gesamten Reise verbunden 9 • Man wird jedoch annehmen müssen, daß dies nur für den Regelfall gilt, dem Kunden jedoch nicht die Möglichkeit eines Nachreisens verwehrt werden soll. Der Ausschluß aller Rückerstattungen verstößt auch hier gegen § 242 BGB.
Dr. Tigges (aber nicht obligatorisch); Touristica; TTS. Aero Lloyd; Bayrisches Reisebüro; BFR; Berolina; fub; Germania; N-U-R. 7 Vgl. oben S. 93. 8 Vgl. oben S. 94, 96, 109. B ARTU (für die Zurückweisung beim Grenzübertritt); fub; Hetzel. 5
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§ 4 Störungen bei Durchführung der Reise
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§ 4 Störungen bei Durddührung der Reise Ziff. VIII Nr.l S.l u. 2 ARB: "Das Reisebüro vermittelt lediglich die Reisedienstleistungen (siehe 1.) und haftet daher nicht. Die Haftung der für die Durchführung der Reise herangezogenen Unternehmen und Personen bleibt unberührt, ... " Ziff. VIII Nr. 2 ARB: "Das Reisebüro haftet auch nicht für Unglücksfälle, Erkrankungen, Verluste, Beschlagnahme, Verspätungen, Sachschäden oder sonstige, nicht auf sein Verschulden zurückzuführende Unregelmäßigkeiten (einschließlich Katastrophen, Streik usw.). Verändern sich dadurch der Aufenthalt und die Beförderung, gehen zusätzliche Kosten zu Lasten des Reiseteilnehmers. " fub: "Allgemeine Haftungsregeln 1. fub wird für Sie mit ihren Erfahrungen tätig. Sie haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Der Beweis für ein zur Haftung führendes Verschulden von fub ist durch den Reiseteilnehmer zu führen. 2. Sofern fub durch Erfüllungshilfen tätig wird, haftet fub weder für deren Auswahl noch für deren Handlungen oder Unterlassungen. 3. fub haftet nicht für Sc.~äden, Nachteile oder sonstige Aufwendungen, die durch Verspätung, Verlust, Unglücksfall, Beschädigung, sonstige Unregelmäßigkeiten ... entstehen ... 4.... Für Schäden, Nachteile, Verlust oder Aufwendungen, die durch Verspätung, Flugausfall, versäumte Anschlüsse oder sonstige Unregelmäßigkeiten entstehen, wird jegliche Haftung ausgeschlossen. 5. Im Falle der Beeinflussung einer Reise durch höhere Gewalt, Streik sowie bei einer aus technischen Gründen erforderlichen Verlängerung oder Verkürzung der Reisedauer wird jegliche Haftung der fub ausgeschlossen. 6. Vermögensschäden und mittelbare Schäden können gegen fub vom Reiseteilnehmer nicht geltend gemacht werden. 9. Im Falle einer Haftung der fub ist der Ersatzanspruch gegen fub der Höhe nach auf den von dem anspruchsberechtigten Reiseteilnehmer eingezahlten Reisepreis beschränkt." Touropa/Scharnow/Hummel: "Wir haften Ihnen gegenüber für die Prospektbeschreibung nach bestem Wissen, eine sorgfältige Auswahl der Leistungsträger (Beförderungsunternehmen ete.) und für eine sorgfältige Vermittlung der von Ihnen gebuchten Reisedienstleistungen. Da die einzelnen Reisedienstleistungen von den Leistungsträgern in eigener Verantwortung erbracht werden und wir darauf keinen Einfluß haben, haften diese bei etwaigen Mängeln Ihnen gegenüber direkt. Wir haften nur für ein uns bei der übertragung zur Last fallendes Verschulden."
I. Der Verantwortungsbereich des Veranstalters Nach § 633 Abs.l BGB ist der Unternehmer verpflichtet, das Werk so herzustellen, daß es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die seinen Wert oder seine Tauglichkeit zu
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F. Leistungsstörungen
dem gewöhnlichen oder im Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Aus dem Inhalt des Reisevertrages ergibt sich, daß hier nur Mängel in der Reiseorganisation, nicht jedoch alle Mängel der Einzelleistungen als Beeinträchtigung der Vertragserfüllung in Betracht kommen. Wenn daher Klatt-Fischer in diesem Zusammenhang zwischen Fehlern in der Vermittlung, für die der Veranstalter einzustehen habe, und anderen Fehlern unterscheiden, für die er nicht haftet, so klingt das zunächst überzeugend. Die Unterscheidung wird jedoch dadurch unrichtig, daß unter Fehlern in der Vermittlung nur auf Verschulden beruhende Fehler bei der vermittelnden Tätigkeit verstanden werden!, während es richtiger Ansicht nach bei der erfolgsbezogenen werkvertraglichen Haftung zunächst nur darauf ankommen kann, ob unabhängig von dem Verschulden des Veranstalters ein Mangel der Reiseorganisation oder ein Mangel einzelner Reiseleistungen vorliegt. Dabei gehören zu den Mängeln der Reiseorganisation sowohl die Fälle, in denen eine Reiseleistung überhaupt nicht vermittelt worden ist3 , als auch die Fälle, in denen die Reiseleistungen nicht aufeinander abgestimmt sind4 oder die Leistungsträger nicht den allgemeinen oder im Vertrag vereinbarten Voraussetzungen entsprechen5 oder die vermittelten Reiseleistungen von dem Vereinbarten abweichen6 , sowie entgegen der Ansicht von Klatt-Fischer7 die Fälle, in denen eine Reiseleistung Gesellschaftsreise, S.146, 148, 186/187. Vgl. auch AG Braunschweig, Klatt IV Nr.346. 3 Klatt-Fischer a.a.O., S.191/192, AG u. LG Frankfurt1M., Klatt I Nr.66, AG Frankfurt1M., Klatt II Nr. 155, AG Berlin-Charlottenburg, Klatt II Nr. 157 u. LG Frankfurt1M., Klatt III Nr. 253, behandeln diesen Fall mit dem gleichen Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Nichterfüllung bzw. des Verzuges nach §326 BGB. 4 Vgl. Leiss, JR 1958, 161 (163), für die Beförderungsleistungen. 5 Sünner: Rechtsbeziehungen, S. 125/126; LG Berlin, Klatt IV Nr.343 (anderes Hotel). Häufig wird aber auch mit anderen Anspruchsgrundlagen gearbeitet: Bodenschatz, VersWirtsch 1957, 357 (359): positive Vertragsverletzung; AG Frankfurt/M., Klatt I Nr.152 (Hotel niedriger Kategorie): § 812 BGB; LG Düsseldorf, Klatt II Nr.160 (Beförderung durch unzuverlässige Fluggesellschaft): § 823 BGB; AG Berlin-Charlottenburg, Klatt IV Nr.342 (Privatquartier statt Hoteldependance): § 325 BGB. 6 LG Berlin, Klatt IV Nr. 341 (Zimmer vereinbarungswidrig ohne Terrasse); LG Berlin, Klatt IV Nr.347 (keine Haftung für gewisse Unbequemlichkeiten, die sich aus örtlichen Umständen - hier Unterbringung in französischer Familie - ergeben); KG OLGZ 69, 17/18; a. A.: LG Frankfurt/M., Klatt II Nr. 169 (mangelnde Sprachkenntnisse der Reiseleiterin), das eine Haftung zu Unrecht mangels Verschuldens ablehnt; LG Wuppertal, Klatt IV Nr.348 (statt I. Klasse Einklassenschiff; es fehlte außerdem am Schaden). Das AG Frankfurt/M., Klatt II Nr. 153 (Handwerker im Hotel, Hotel unfertig, Steinstatt Sandstrand u. a.), nimmt eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß an. 7 a.a.O., S. 146, ebenso AG Braunschweig, Klatt IV Nr.346, für Pauschalreise. 1
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§ 4 Störungen bei Durchführung der Reise
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zwar durch gültigen Vertrag ordnungsgemäß vermittelt worden ist, aber von dem Leistungsträger nicht erbracht wird8 , da der Veranstalter - wie oben dargestelW - in erster Linie nicht die Vermittlung gültiger Verträge, sondern die Vermittlung der Reiseleistungen schuldet. Ein Fehler in der Reiseorganisation kann schließlich in Ausnahmefällen auch darin liegen, daß der Veranstalter einen Leistungsträger nicht ordnungsmäßig bezahlt, so daß dieser den Kunden in Anspruch nimmt10 • Bei Abweichungen von dem ursprünglich Vereinbarten ist der Änderungsvorbehalt zu beachten, der den Veranstalter bis zu einem gewissen Grad zu Abweichungen berechtigt l1 • Unbeachtlich für den Reisevertrag sind dagegen das versalzene Essen im Gasthofi!, der verklemmte Wasserhahn im Hotel oder die Notwendigkeit einer Zwischenlandung während des Fluges - es sei denn, daß es sich dabei um für den vermittelten Leistungsträger typische Erscheinungen handelt. 11. Die Gewährleistungsrechte des Kunden 1. Das Nachbesserungsrecht
Nach § 633 Abs.2 BGB kann der Besteller eines Werkes bei einem Mangel unabhängig von dem Verschulden des Veranstalters zunächst eine Beseitigung des Mangels verlangen. Dazu kann er dem Unternehmer nach § 634 Abs. 1 BGB schon vor der Ablieferung des Werkes eine Frist mit der Erklärung setzen, daß er nach Ablauf der Frist - frühestens zum Zeitpunkt der Ablieferung - die Nachbesserung ablehnen und andere Gewährleistungsansprüche geltend machen werde. Ist eine Nachbesserung unmöglich, so greifen die übrigen Gewährleistungsrechte nach § 634 Abs.2 BGB sofort ein. Ist der Unternehmer mit der Nachbesserung im Verzuge, so kann sie der Besteller nach § 633 Abs.3 BGB selbst vornehmen und Aufwendungsersatz verlangen. Bei einem Reisevertrag zeigen sich die möglichen Mängel unter Umständen schon bei Aushändigung der Reiseunterlagen, meist aber erst an Ort und Stelle. Im zweiten Fall kommt eine Frist zur Nachbesserung nur in Betracht, wenn es sich um länger andauernde Leistungen wie die Unterbringung und die Reiseleitung handeW 3 • Soweit der Fehler bereits eingetreten ist, scheidet eine Nachbesserung aus, da die einzelnen Corsten a.a.O., S. 63. Oben S.22. 10 Oben S. 63/64. 11 Vgl. oben 4. Abschnitt, § 3. 12 Sünner: Rechtsbeziehungen, S.37. 13 LG Berlin, Klatt IV Nr.341.
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Reiseleistungen innerhalb der fortlaufendn Organisation nicht nachholbar sind14• Aus dem gleichen Grund ist auch ein Verzug des Veranstalters bei der Nachbesserung nicht möglich. Da es sich aber bei einem andauernden Mangel, z. B. der Unterbringung in einem falschen oder schlechten Hotel, um die Folgen eines Versäumnisses handelt, wird man § 633 Abs.3 BGB hier entsprechend anwenden müssen. Danach kann der Kunde selbst die Nachbesserung vornehmen, also z. B. das Hotel wechseln, wenn der Veranstalter einmal die rechtzeitige Nachbesserung auf die Mahnung des Kunden hin schuldhaft versäumt hat. Der Veranstalter hat ihm in diesem Fall zusätzliche Kosten zu ersetzen. 2. Wandelung und Minderung
Ist die Nachbesserung unmöglich oder die Frist dazu abgelaufen, so hat der Kunde nach § 634 Abs. 1 u. 2 BGB das Recht, den Vertrag zu wandeln oder den Reisepreis dem verringerten Wert der Reise entsprechend zu mindern. Für die Wandelung gelten Rücktrittsregeln; der Veranstalter hat auch hier für die Abwicklung der Verträge mit den Leistungsträgern zu sorgen. Bei unerheblichen Mängeln, z. B. bei einer nur vorübergehenden schlechten Unterbringung, ist die Wandelung nach § 634 Abs.3 BGB ausgeschlossenl 5 • 3. Die Reisebedingungen
In den Reisebedingungen ist die Frage der Gewährleistungsrechte bei näherem Hinsehen nicht geregelt; denn alle Bedingungen befassen sich nur mit der Haftung im eigentlichen Sinne, d. h. mit der Frage des Schadensersatzes. Das ergibt sich aus dem Allgemeinverständnis des Begriffs "haften", vor allem aber aus den zahlreichen Beispielen, die in den ARB und anderen Reisebedingungen für den Haftungsausschluß gegeben werden und bei denen Unglücksfälle, Beschädigungen und Verluste, also typische Schadensfälle, im Vordergrund stehen. Ein weiteres Indiz ist die Haftungsbeschränkung auf den Reisepreis in manchen Reisebedingungen, die ebenfalls nur bei Schadensersatzansprüchen sinn14 Das LG Berlin, Klatt IV Nr.347, nimmt eine Nachbesserungsmöglichkeit, zugleich jedoch ein besonderes Interesse des Klägers an einer sofortigen Wandlung nach § 634 Abs.2 BGB an. Sünner: Rechtsbeziehungen, S.49, hält eine Nachbesserung überhaupt für unmöglich. 15 Dazu LG Wuppertal, Klatt IV Nr. 348, das allerdings mit § 675 BGB und der Zumutbarkeit einer Fortsetzung der Reise arbeitet. Bei Vermittlung eines Einklassenschiffes anstelle der bestellten 1. Klasse wäre aber auch eine Wandlung nicht zulässig.
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voll ist. Soweit die Haftungsbeschränkungen außerdem wie in Ziff. VIII Nr.l ARB mit der Vermittlerklausel in eine logische Verbindung gebracht werden, geht ihre Bedeutung ohnehin nicht über die Bedeutung dieser Klausel hinaus l6 • Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, daß die Veranstalter wahrscheinlich auch eine Wandelung oder Minderung ausschließen wollten, denn der Kunde kann nur mit solchen Haftungsbeschränkungen belastet werden, die in den Reisebedingungen deutlich zum Ausdruck kommen l7 • Im übrigen würde der Ausschluß sämtlicher Gewährleistungsrechte der Interessenlage nicht gerecht werden und auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegen Treu und Glauben verstoßen l8 •
111. Schadensersatzansprüche 1.
Gesetzliche Regelung
Bei einem Mangel, den der Unternehmer nach §§ 276, 278 BGB zu vertreten hat, kann der Besteller nach § 635 BGB auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung, d. h. den Ersatz des eigentlichen Mangelschadens l9 , verlangen. Für weitere Schäden haftet der Unternehmer unter den gleichen Voraussetzungen aus positiver Vertragsverletzung2o • Der Mangelschaden bei einer Reise um faßt nach der neueren zutreffenden Rechtsprechung nicht nur die Kosten einer etwa ausgefallenen oder verminderten Reiseleistung, sondern auch den mit der Reise erkauften Verlust an Erholung und Entspannung 21 ; denn gerade darin liegt ein besonderer Wert der Reiseorganisation. Die Beweislast für ein Verschulden des Veranstalters 22 oder seiner Erfüllungsgehilfen trägt grundsätzlich der Besteller; doch kehrt sich Vgl. unten UI, 2. Vgl. oben S. 18. 18 BGHZ 22, 90 (100); LM Nr.4 zu § 635 BGB. 19 Enneccerus-Lehmann, § 151 II 4 g; Staudinger-Riedel, Anm. 8 zu § 635 BGB; BGHZ 35, 130 (132). 20 Staudinger-Riedel a.a.O.; BGHZ 35, 130 (133). 21 BGH NJW 1956, 1234 (1235); KG OLGZ 69, 17 (18); LG Berlin, Klatt IV Nr.341 u. 343; AG BerIin-Charlottenburg, Klatt IV Nr.342; LG Wuppertal, Klatt IV Nr. 348. Sehr zweifelhaft ist es dagegen, ob man auch den vergeudeten Arbeitsurlaub als Vermögensschaden - hier als Mangelfolgeschaden - ansehen kann (so OLG Frankfurt/M., NJW 1970, 474). Dagegen spricht, daß der Arbeitsurlaub zwar von der geleisteten Arbeit bis zu einem gewissen Grad abhängt, aber nicht mit dieser erkauft wird. Dagegen auch Heldrich, NJW 1967, 1737 ff., der auf § 253 BGB und darauf abstellt, daß die Frage der Vergeudung des Urlaubs von schwer bestimmbaren subjektiven Momenten abhängt. zz Zum Umfang der Informationspflicht: LG Berlin, Klatt IV Nr.341. 16
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diese Beweislast nach einem von der Rechtsprechung aus Billigkeitserwägungen entwickelten Prinzip um, wenn ein Mangel - wie häufig seinen Ursprung in der betrieblichen Sphäre des Unternehmers hat23 • 2. Die Regelung der Reisebedingungen
a) Durch die zitierten Bestimmungen der ARB wird die Schadensersatzpflicht des Veranstalters nicht ausgeschlossen; denn Ziff. VIII Nr. 1 ARB kann aufgrund der logischen Verbindung zwischen der Vermittlerklausel und dem scheinbar vollständigen Haftungsausschluß nur als Erläuterung dieser Klausel verstanden werden und bezieht sich daher nicht auf die Verpflichtung der Veranstalter selbst 24 ; Ziff. VIII Nr. 2 ARB regelt nur die Haftung für unverschuldete Unregelmäßigkeiten und stimmt mit der gesetzlichen Regelung überein. b) Das gleiche gilt für die meisten anderen Reisebedingungen, die entweder die ARB wiederholen25 oder den detaillierten Haftungsausschluß selbst mit der Vermittlerklausel verbinden26 oder ausdrücklich die Haftung für ein Verschulden in ihrem Verantwortungsbereich übernehmen27 • Zu einem allgemeinen Haftungsausschluß könnte man nur bei Bedingungen kommen, bei denen die logische Verbindung zwischen Vermittlerklausel und detailliertem Haftungsausschluß fehlt, ohne daß dieser ausdrücklich auf unverschuldete Unregelmäßigkeiten beschränkt ist28, oder die mit der Nichteinhaltung vereinbarte Bedingungen durch die Leistungsträger 29 oder dem versäumten Anschluß ohne Beschränkung auf ein fehlendes Verschulden 30 Beispiele enthalten, die in den Verantwortungsbereich des Veranstalters fallen; doch reichen diese geringfügigen und mehr zufälligen Unterschiede nicht aus, um einen von allen anderen Reisebedingungen abweichenden Ausschluß der gesamten Verschuldenshaftung begründen zu können. Ein solcher Ausschluß müßte deutlicher erklärt worden sein. 23 Palandt-Thomas, Anm.4 zu § 635 BGB; Soergel-Ballerstedt, Anm.14 zu § 615 BGB; Staudinger-Riedel, Anm.12 zu § 61~ BGB; BGH7; 48, 310 (317); i. E. ähnlich über einen prima-facie-Beweis: BGHZ 23, 288 (290).
24 LG BerUn. Klatt IV Nr.341 u. 343; AG Berlin-Charlottenburg, Klatt IV Nr.342; a. A. Sünner: Rechtsbeziehungen, S.59, der bei der Auslegung den Standpunkt des Reisebüroverbandes zugrunde legt, daß der Veranstalter nur die Vertragsvermittlun~ schulde. Dieser Standpunkt ist jedoch in der in jedem Fall zu weit gefaßten Bestimmung nicht zum Ausdruck gekommen und bindet daher den Auslegenden nicht. %5 airtours; Germania; Touristica. 26 Bayrisches Reisebüro; BFR; Cook; DER; N-U-R. %7 Paneuropa; Touropa/ScharnowlHummel; Transeuropa. %8 Berolina. 29 Akademische Studienreisen. 30 Aero Lloyd; HetzeI; Dr. Tigges.
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c) Es kommen daher nur einige Haftungsbeschränkungen, nämlich der Ausschluß einer Haftung für Erfüllungsgehilfen31 , insbesondere Korrespondenzbüros32, und die Beschränkung der Haftung auf den Reisepreis 33 , in Betracht. (1) Es ist bereits ausgeführt worden 34, daß der Ausschluß der Haftung für Erfüllungsgehilfen ebenso wie jeder andere Haftungsausschluß in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann anerkannt werden kann, wenn er durch ein besonders hohes oder schwer kalkulierbares Risiko gerechtfertigt ist. Ein solches Risiko würde bei der organisierten Reise nur gegeben sein, wenn der Veranstalter auch für die Leistungsträger einstehen müßte, auf die er praktisch keinen Einfluß hat; es fehlt aber bei dem Einschalten von Angestellten für bloße Vermittlungs- und Organisationstätigkeiten. Hinzu kommt, daß diese Tätigkeiten insbesondere bei größeren Unternehmen fast ausschließlich von Angestellten wahrgenommen werden und daß selbst die Betriebsorganisation häufig in den Händen von Angestellten liegt, so daß ein Ausschluß der Haftung für Erfüllungsgehilfen praktisch einem generellen Haftungsausschluß nahe kommt. Die genannten Bestimmungen in den Reisebedingungen sind daher unzulässig35 • Bei dem Ausschluß der Haftung für das Verschulden von Korrespondenzbüros könnte man eine Rechtfertigung in der Entfernung zwischen Veranstalter und Korrespondenzbüro sehen. Dagegen ist jedoch zu sagen, daß es zu den typischen Aufgaben des Veranstalters gehört, die Gegebenheiten am Zielort für den Kunden zu überprüfen, und daß er sich der Verantwortlichkeit für diese Aufgabe nicht dadurch entziehen kann, daß er sie durch Korrespondenzbüros wahrnehmen läßt. Die Haftung für ein Auswahlverschulden, deren Übernahme man in die Zusicherung einer sorgfältigen Auswahl dieser Büros hineinlesen könnte, vermag eine Haftung für deren Tätigkeit nicht zu ersetzen - insbesondere, da ein Auswahlverschulden nur selten nachweisbar sein wird. (2) Dagegen ist die Beschränkung der Haftung auf den Reisepreis grundsätzlich anzuerkennen, da sie einerseits dem Interesse des Veranstalters an einem kalkulierbaren Risiko Rechnung trägt 36 , andererseits in den normalen Schadensfällen ausreicht, um den Kunden zufrieden31 Aero Lloyd; Akademische Studienreisen; fub. Das LG Berlin, Klatt IV Nr. 341, nimmt auch hier eine Beschränkung auf Fehler außerhalb der Vermittlung an. n airtours; DER. 33 Aero Lloyd; fub; N-U-R; Dr. Tigges, Transeuropa. 34 Oben S. 106/107. 35 LG Berlin, Klatt IV Nr. 341, für den Fall, daß sich der Haftungsausschluß überhaupt auf einen Vermittlungsfehler beziehen sollte. 31 Dazu: Kliege: Rechtsprobleme, S. 131; G. Raiser: Gerichtliche Kontrolle, S.162.
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zustellen; denn die Fehler in der Reiseorganisation werden nur in Ausnahmefällen zu größeren Sach- oder Gesundheitsschäden führen. Einschränkend ist jedoch zu sagen, daß dies nur für die Fälle des fahrlässig herbeigeführten Schadens gilt. Bei einem groben Verschulden, d. h. bei vermeidbaren Risiken, fehlt dagegen ein berechtigtes Interesse des Veranstalters an einer Haftungsbeschränkung37• d) Besonders zu behandeln ist die auszugsweise zitierte Regelung der fub, die sich dadurch auszeichnet, daß sie die Haftung des Veranstalters von den verschiedensten Seiten zu beschränken sucht und damit im Ergebnis fast vollständig ausschließt. Man könnte daran denken, eine solche Regelung wegen ihrer extremen Einseitigkeit überhaupt für unzulässig zu erklären38 ; doch wird sich auch hier eine Auslegung und eine Inhaltskontrolle der Bestimmungen im einzelnen als ausreichend erweisen. (1) Die Haftungsausschlüsse der zitierten Ziffern 3 und 4 sind im Hinblick auf die besonderen Regelungen für IT-Reisen und Sonderflugreisen ohne Bedeutung; denn bei IT-Reisen wird die gleiche Regelung, jedoch beschränkt auf die Vermittlerklausel, wiederholt, bei den Sonderflugreisen gilt hinsichtlich des Fluges ebenfalls die Vermittlerklausei, im übrigen eine Haftungsbeschränkung für falsche Informationen durch die Leistungsträger. Diese zweite Regelung ist ebenso unzulässig wie die Beschränkung der Haftung für Korrespondenzbüros, da sie sich gerade auf die wesentliche Aufgabe des Veranstalters bezieht. (2) Der Ausschluß der Haftung für Erfüllungsgehilfen (Ziff. 2) ist bereits bei den anderen Reisebedingungen für unzulässig erklärt worden. Die gleichen Gründe sprechen auch gegen eine Beschränkung der Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit des Veranstalters (Ziff. 1); denn auch die Fahrlässigkeitshaftung bedeutet kein außergewöhnliches Risiko für den Veranstalter. (3) Die Beweislastregelung in Ziff. 1 S. 2 entspricht der gesetzlichen Regelung; soweit jedoch die Mängel ihren Ursprung im betrieblichen Bereich des Veranstalters haben, kann diese Regelung gegenüber dem von der Rechtsprechung aus Billigkeitsgründen hergeleiteten Prinzip der Beweislastumkehr keine Gültigkeit haben. (4) Die Beschränkung der Haftung auf den Reisepreis (Ziff.9) ist bei einer Fahrlässigkeitshaftung zulässig. Würde man die Beschränkung der Haftung auf grobe Fahrlässigkeit anerkennen, so wäre sie unzulässig. (5) Dagegen liegt in dem Ausschluß des Ersatzes für Vermögens- und mittelbare Schäden (Ziff.6) in jedem Fall eine zu weitgehende Beein37
38
Vgl. auch § 48 LVG. Vg!. Z. B. LG Berlin, NJW 1966, 1818 (1819).
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trächtigung der Rechte des Kunden; denn dem Interesse des Veranstalters an einem überschaubaren Risiko ist durch die Beschränkung der Haftung auf den Reisepreis ausreichend Rechnung getragen. Im übrigen ist nicht ganz klar, was hier unter einem Vermögensschaden zu verstehen ist. Daß der Begriff nicht als Gegensatz zum immateriellen Schaden gemeint ist, ergibt sich daraus, daß für diesen sowieso nicht gehaftet wird. Zu denken wäre an eine Unterscheidung zwischen Vermögensschäden einerseits, Sach- und Körperschäden andererseits, wie sie in § 823 BGB enthalten ist. In diesem Fall würde jedoch gerade der besonders naheliegende Mangelschaden nicht ersetzt werden können eine Regelung, die auch für sich gesehen nicht anzuerkennen wäre. Im Ergebnis hat also der Veranstalter auch hier bis zur Höhe des Reisepreises für alle fahrlässig oder vorsätzlich durch einen Fehler in der Reiseorganisation verursachten Schäden zu haften. IV. Der Haftungsausschluß für besondere Leistungen 1. Gepäcktransfer
Ziff. VIII Nr.3 ARB: "Das Reisebüro haftet auch nicht für Schäden, die bei der Verladung des Gepäcks, von Skis usw. entstehen." Obwohl die oben zitierte Bedingung in den ARB unter einer besonderen Nummer aufgeführt wird, möchte ich auch hier ebenso wie bei entsprechenden Regelungen in anderen Reisebedingungen 39 eine einschränkende Verbindung mit der Vermittlerklausel annehmen - und zwar insbesondere deswegen, weil die meisten der davon betroffenen Schäden nicht auf Organisationsfehler zurückgeführt werden können, sondern allein in den Verantwortungsbereich des Beförderungsunternehmers fallen. Sollte sich aber der Ausschluß doch auf die Haftung für Organisationsfehler erstrecken, so wäre er aus den gleichen Gründen unzulässig wie die bisher erörterten Haftungsausschlüsse; denn auch mit der Vermittlung eines geordneten Gepäcktransportes ist kein besonders hohes oder unübersehbares Risiko verbunden. Die Möglichkeit einer Gepäckversicherung durch den Kunden kann den Haftungsausschluß nicht rechtfertigen, da der Veranstalter weder fest mit dem Abschluß einer solchen Versicherung durch den Kunden rechnen kann 40 , noch der Reisepreis ersichtlich durch den Haftungsausschluß in Höhe der Versicherungsprämie gesenkt worden ist'1. Den Ausschluß der Haftung für eigenes 39 40 U
N-U-R (ausf. Bedingungen). Vgl. BGHZ 33, 216 (220); BGH VersR 62, 22 (23). Dazu: Kliege: Rechtsprobleme, S.67/68; BGHZ 33, 216 (220).
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grob fahrlässiges Verhalten vermag der Hinweis auf eine Versicherungsmöglichkeit ohnehin nicht zu rechtfertigen 4!. 2. Devisenbesorgung
Ziff. IX Nr.2 ARB: "Auf Wunsch des Kunden kann das Reisebüro die Beschaffung von Visa und Devisen übernehmen. Hierfür wird eine Gebühr berechnet. Die Beschaffung geschieht ohne Gewähr." Die Devisenbesorgung ist nur eine Nebenleistung des Veranstalters und im übrigen selten. Wenn die ARB vorsehen, daß die Besorgung "ohne Gewähr" erfolge, so bedeutet das bei einer angemessenen engen Auslegung nur, daß der Veranstalter die überprüfung der Abrechnung und des Kurses dem Kunden selbst überläßt43 • Der Ausschluß einer weitergehenden Verschuldenshaftung, z. B. für die Versäumung der Besorgung überhaupt, ist damit nicht verbunden. In dem beschriebenen Umfang ist die Einschränkung der Verpflichtung zulässig, da es sich trotz der Besorgungsgebühr eher um eine Gefälligkeit des Veranstalters handelt, die für ihn keine besondere Belastung bedeuten soll, und andererseits dem Kunden eine überprüfung durchaus zumutbar ist. 3. Ausflüge, Besichtigungen etc.
Ziff. VIII Nr.1 S.3 ARB: "Die Beteiligung an Ausflügen und Führungen geschieht auf eigene Gefahr." airtours: "Die Beteiligung an allen Flügen, Ausflügen und Besichtigungen usw. erfolgt auf eigene Gefahr." a) In einer Reihe von Bedingungen wird wie in der zitierten Bestimmung der ARB festgelegt, daß die Beteiligung an Ausflügen und anderen Sonderveranstaltungen auf eigene Gefahr erfolge 44 • Auch in dieser Bestimmung ist kein allgemeiner Haftungsausschluß, sondern nur eine Beschränkung der Verantwortlichkeit des Veranstalters zu sehen. Dabei ist nach der Art der Veranstaltung zu unterscheiden: Wird die Sonderveranstaltung nicht selbst von dem Veranstalter durchgeführt, sondern lediglich empfohlen, so bedeutet die Klausel, daß der Veranstalter die betreffenden Unternehmer nicht wie die übrigen Leistungsträger besonders überprüft hat, sondern die Entscheidung allein dem Kunden überläßt. Die Haftung für ein darüber hinausgehendes Verschulden, z. B. für eine Empfehlung trotz bekannter Unsicherheitsfaktoren, wird dadurch nicht ausgeschlossen. BGHZ 33, 216 (221). Vgl. Erman-Hauß, Anm. 5 zu § 676 BGB u. Palandt-Thomas, Anm.3 zu § 676 BGB, für den entsprechenden Haftungsausschluß bei der Erteilung von Auskünften. 44 ARTU; BFR; DER; fub; N-U-R; Dr. Tigges; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa; TTS. 42 43
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Ist der Veranstalter auch Veranstalter der Ausflüge, Besichtigung usw., so kann er mit dem Hinweis auf eine Teilnahme auf eigene Gefahr nicht die Verpflichtung zu der bei solchen Veranstaltungen nötigen Sorgfalt ausschließen; diese Klausel bedeutet vielmehr nur, daß der Kunde das üblicherweise mit den Veranstaltungen verbundene Risikoz. B. bei Bergtouren oder dem Baden während eines Ausfluges - selbst zu tragen hat. Das bedeutet auch, daß der Reiseleiter nicht als Aufsichtsperson angesehen werden kann, der über die äußere Organisation hinaus für das Verhalten der Teilnehmer verantwortlich ist. In diesem Umfang entspricht die Klausel in beiden Fällen dem allgemein zu Erwartenden und ist nicht zu beanstanden. b) Unverständlich ist es dagegen, wenn in den Bedingungen von airtours die Haftung für Flüge dieser Haftung gleichgesetzt wird; denn die Vermittlung der Flüge gehört zu den Hauptleistungen des Veranstalters und unterscheidet sich wesentlich von den im übrigen betroffenen Sonderveranstaltungen. Da jedoch die Regelung auch insoweit nichts anderes bedeutet, als daß das übliche Flugrisiko wie auch sonst vom Kunden zu tragen ist, kommt es auf die Ungewöhnlichkeit dieser Zusammenstellung nicht entscheidend an.
v. Die Geltendmachung von Gewährleistungsund Schadensersatzansprüchen
Ziff. VIII Nr.5 ARB: "Eventuelle Ansprüche gegen das Reisebüro erlöschen, wenn sie nicht unverzüglich nach Beendigung der Reise diesem gegenüber geltend gemacht werden." Transeuropa: "Berechtigte Beanstandungen sind unverzüglich unserer Reiseleitung zu melden und dort bestätigen zu lassen. Falls sich daraus ein Anspruch gegen TER ergeben sollte, so gilt dieser als verfallen, wenn er nicht innerhalb von 4 Wochen nach Beendigung der Reise schriftlich bei TER geltend gemacht ist." Die Ansprüche auf Wandelung, Minderung und Ersatz des Mangelschadens verjähren außer bei einem arglistig verschwiegenen Mangel nach § 638 BGB in sechs Monaten; für die übrigen Ansprüche gilt die reguläre Verjährungsfrist von 30 Jahren. Darüber hinaus stellen die Reisebedingungen einige besondere Voraussetzungen hinsichtlich der Fristen, Form und Vorbereitung auf. 1. Nach Ziff. VIII Nr.5 ARB sind Haftungsansprüche unverzüglich nach Beendigung der Reise beim Veranstalter geltend zu machen. "Unverzüglich" bedeutet nach der gesetzlichen Definition in § 121 BGB, die auch hier Anwendung finden kann, "ohne schuldhaftes Zögern". Danach steht dem Kunden eine angemessene überlegungsfrist und z. B. auch
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Zeit zu, um nach der Reise seinen normalen Tagesablauf wieder aufzunehmen. Diese Regelung entspricht ebenso wie die gleichen Regelungen bei der Erstattung nicht in Anspruch genommener Leistungen sowohl dem berechtigten Interesse des Veranstalters an einer zügigen Abwicklung der Verträge als auch dem, was von dem Kunden üblicherweise zu erwarten ist45 / 46 • Mit Rücksicht darauf, daß es sich hier um Ansprüche handelt, die sich nicht aus dem Verhalten des Kunden, sondern aus der Verantwortung des Veranstalters ergeben, ist jedoch im Einzelfall ein großzügiges Vorgehen bei der Frage der Unverzüglichkeit notwendig. Andere Reisebedingungen enthalten feste Ausschlußfristen von einer 47 , zwei 48 , vier49 oder sechs Wochen 50 • Legt man diese Bestimmungen weiter als bei der Nichtinanspruchnahme von Leistungen nach § 242 BGB und im Sinne der ARB dahin aus, daß sie bei einer unverschuldeten Fristversäumung keine Anwendung finden, so ist gegen die letzten drei Fristen nichts einzuwenden. Die Frist von einer Woche ist dagegen regelmäßig zu knapp bemessen. 2. Die Notwendigkeit einer schriftlichen Geltendmachung 51 entspricht dem übrigen schriftlichen Verfahren. Die Wahrung der oben genannten Fristen ist grundsätzlich davon abhängig, daß die vorgeschriebene Form eingehalten wird. Doch verstößt die Berufung auf eine Ausschlußfrist gegen Treu und Glauben, wenn der Veranstalter eine formlose Erklärung zunächst widerspruchslos entgegengenommen hat. 3. Als weitere Voraussetzung sehen einige Bedingungen vor, daß Beanstandungen insbesondere hinsichtlich der Unterbringung zunächst unverzüglich bei der örtlichen Reiseleitung geltend zu machen sind 52 oder jedenfalls von der Reiseleitung bestätigt sein müssen 53• Die Notwendigkeit der Bestätigung ist eine anzuerkennende Regelung für den Beweis; bei der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung bleibt zweifelhaft, ob eine Versäumung zum Ausschluß der Haftung führen soll oder ob es sich lediglich um eine Ordnungsvorschrift handelt, die unter Umständen auch bei der Frage des Mitverschuldens an unbehobenen Mängeln berücksichtigt werden kann. Die Entscheidung dieser Frage kann jedoch offen bleiben, da eine weitere Ausschlußfrist schon am Vgl. oben S. 116. Aero Lloyd. 48 fub; Paneuropa; Dr. Tigges; Touropa!Scharnow!Hummel. 49 ARTU; N-U-R; Transeuropa. 60 Touropa. 61 Aero Lloyd; ARTU; fub; N-U-R; Paneuropa; Touropa!Scharnow!Hummel; Transeuropa. 52 Touropa!Scharnow!Hummel; Transeuropa. 63 Paneuropa; Transeuropa. 45/46
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Reiseort die Rechte des Kunden jedenfalls unnötig und übermäßig beeinträchtigen würde und daher nicht anzuerkennen ist, während die Bestimmung als Ordnungsvorschrift auch allgemeinen Regeln entspricht. Mit der zweiten Auslegung ist die Regelung auch bei der N-U-R anzuerkennen, obwohl sie sich dort nur in den ausführlichen Bedingungen findet. VI. Die gleichzeitige Haftung von Veranstalter und Leistungsträgern Paneuropa: "Paneuropa haftet neben den zur Vertragserfüllung eingeschalteten Unternehmen unmittelbar für die ordnungsgemäße Durchführung und Abwicklung der gebuchten Reise entsprechend dem Angebot." Aus dem Nebeneinander der Verpflichtung des Veranstalters und der Verpflichtungen der Leistungsträger ergibt sich, daß die Nicht- oder Schlechtleistung eines Leistungsträgers zugleich auch eine Verletzung des Reisevertrages darstellen kann - nämlich, wenn ein Leistungsträger den mit ihm vermittelten Vertrag überhaupt nicht oder nur so erfüllt, daß die Leistung von dem im Reisevertrag Vereinbarten abweicht, oder aber wenn die unzureichende Vertragserfüllung des Leistungsträgers dem Veranstalter deswegen zum Vorwurf gemacht werden kann, weil er diesen schlecht ausgewählt hat. Die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Haftung des Veranstalters und der Haftung des Leistungsträgers ist je nach der Art der Ansprüche verschieden zu beantworten. 1. a) Der Anspruch auf Nachbesserung gegenüber dem Veranstalter richtet sich in die Zukunft 54 und ist ein Erfüllungsanspruch, der die Erfüllungsansprüche gegenüber den Leistungsträgern nicht berührt55 • Auch durch eine Wandelung oder einen Rücktritt gegenüber dem Leistungsträger wegen eines nicht mehr zu behebenden Fehlers ändert sich an dem Verhältnis zum Veranstalter nichts, wenn diesem die Nachbesserung durch Vermittlung eines neuen Leistungsträgers gelingt.
b) Auch ein Anspruch gegen den Veranstalter auf Wandelung oder Minderung wird durch Ansprüche gegen die Leistungsträger auf Gewährleistung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nicht berührt, da es sich um verschiedene auszugleichende Mängel handeJt56. Allerdings ist eine Wandelung des Reisevertrages nur möglich, wenn der Kunde zugleich von den Verträgen mit den Leistungsträgern zurückVgl. oben S. 119/120. Corsten: Rechtsbeziehungen, S.109. 56 Ganten, NJW 1970, 687 (691), zur ähnlichen Situation beim Architektenvertrag. 54
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tritt57 , wobei der Rücktritt von dem schlecht erfüllten Vertrag gegebenenfalls als Wandelung oder Ausübung eines gesetzlichen Rücktritts oder Kündigungsrechtes anzusehen ist. Unter Umständen kann der Kunde auch nur von dem schlecht erfüllten Vertrag zurücktreten, bzw. diesen Vertrag kündigen oder wandeln, von dem Veranstalter aber wegen des dadurch entstandenen Mangels der Reiseorganisation Minderung verlangen. Eine Besonderheit ergibt sich hinsichtlich des Rückforderungsanspruchs aus Wandelung oder Minderung gegenüber dem Veranstalter einerseits, aus Wandelung, Minderung, Rücktritt oder § 323 BGB gegenüber den Leistungsträgern andererseits, wenn diese bereits bezahlt worden sind. Da der Reisepreis sowohl zur Vergütung des Veranstalters als auch zur Vergütung der Leistungsträger bestimmt ist, handelt es sich teilweise um die gleichen Summen, so daß auf jeden Fall die Leistung eines Leistungsträgers auf den Anspruch gegen den Veranstalter anzurechnen wäre und umgekehrt. Es fragt sich jedoch, ob der Kunde überhaupt von bei den Beteiligten die Rückzahlung verlangen kann. Nach der gesamten Zahlungsstruktur beim Reisevertrag wird man diese Frage verneinen müssen; denn wenn die Leistungsträger ihre Bezahlung niemals von dem Kunden direkt, sondern immer nur im Wege der Abrechnung mit den Veranstaltern erhalten, so muß das gleiche insbesondere im Interesse der Leistungsträger auch für die Rückabwicklung gelten, da den Leistungsträgern so die Vorteile einer Verrechnung mit dem Veranstalter gewahrt bleiben. Der Kunde kann daher seinen Rückforderungsanspruch nur gegenüber dem Veranstalter geltend machen. Im allgemeinen ist das auch für ihn der einfachere Weg. c) Hat der Kunde gegenüber dem Veranstalter einen Anspruch auf Wandelung oder Minderung, gegenüber dem Leistungsträger aber einen Schadensersatzanspruch, so steht es ihm frei, an welchen der beiden er sich wendet; denn die Haftung des Veranstalters ist nach dem Sinn des Reisevertrages, der für den Kunden u. a. auch darin besteht, in seinem Heimatort oder -land einen verantwortlichen Schuldner zu haben, auch gegenüber einer Schadensersatzhaftung der Leistungsträger nicht subsidiär; und auch der Leistungsträger, der ja für den Schaden voll verantwortlich ist, kann sich nicht auf eine Schadensminderungspflicht des Kunden nach § 254 Abs. 2 BGB berufen, nach der dieser zuerst den Veranstalter in Anspruch nehmen müßte 58 • Der Anspruch auf Wandelung oder Minderung ist ausgeschlossen, wenn der Mangel der Reiseorganisation durch die Leistung eines Scha57
58
Vgl. oben S.96. Corsten: Rechtsbeziehungen, 8.110/111.
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densersatzes seitens des Leistungsträgers behoben worden ist; umgekehrt muß eine Rückzahlung aufgrund der Wandelung oder Minderung auf den Schadensersatzanspruch angerechnet werden. d) Das gleiche gilt, wenn sowohl der Veranstalter als auch der Leistungsträger auf Schadensersatz haften 59 • 2. Das Innenverhältnis zwischen Veranstalter und Leistungsträger in den Fällen c) und d) richtet sich nach § 426 BGB i. V. m. den Vereinbarungen der Beteiligten oder § 254 BGB60, wenn Veranstalter und Leistungsträger insoweit Gesamtschuldner nach § 421 BGB sind.
Nach § 421 BGB muß es sich dazu bei beiden Verpflichtungen um das gleiche Leistungsinteresse handeln61 , beide Schuldner müssen aufgrund selbständiger Verpflichtungen verpflichtet sein62 , und der Gläubiger darf nur einmal berechtigt sein, die Leistung zu verlangen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da der Anspruch des Kunden auf Gewährleistung bzw. Schadensersatz gegenüber Veranstalter und Leistungsträger auf den Ersatz eines nur einmal auszugleichenden Schadens gerichtet ist, Veranstalter und Leistungsträger aber aufgrund selbständiger Verpflichtungen haften. Nach h. M. muß ferner zwischen den beiden Verpflichtungen eine Zweckgemeinschaft63, d. h. ein innerer Zusammenhang64 der Art bestehen, daß die Leistung des einen Schuldners dem anderen zugute kommen so1l65. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da die vertraglichen Verpflichtungen des Veranstalters und des Leistungsträgers, aus denen sich die weitere Haftung ergibt, gleichrangig sind und beide der Durchführung der Reise dienen 66 . Veranstalter und Leistungsträger sind daher insoweit Gesamtschuldner. Die Anwendung des § 254 BGB wird allerdings, da die Mängel in fast allen in Frage kommenden Fällen allein von dem Leistungsträger verursacht, wenn nicht verschuldet worden sind, regelmäßig auf eine ausschließliche Belastung des Leistungsträgers hinauslaufen.
59 Corsten a.a.O., S. 1111112; für die Haftung des Architekten: Tempel, JuS 1965, 262 (265). 60 Dazu: Palandt-Heinrichs, Anm. 3 b zu § 426 BGB; RGZ 15, 251 (256); 159, 86 (91); BGHZ 17, 214 (222); 43, 178 (187). 6. Larenz: SchuldR I, S.433. 12 Soergel-Schmidt, Anm.6 zu § 421 BGB. 63 Enneccerus-Lehmann, § 90 II 2; Esser: SchuldR I, S.435; Palandt-Heinrichs, Anm.l zu § 421 BGB; RGZ 159, 86 (89); a. A. Erman-Westermann, Anm.2 zu § 421 BGB; Soergel-Schmidt, Anm.9 zu § 421 BGB. 64 Palandt-Heinrichs a.a.O.; BGHZ 6, 3 (25). 65 Larenz: SchuldR I, S.435. " Corsten: Rechtsbeziehungen, S. 115; Sünner: Rechtsbeziehungen, S.58.
Siebenter Abschnitt
Die J!erichtliche Geltend machung von Ansprüchen aus dem Reisevertrag
§ 1 Die Verjährung Transeuropa : "Sämtliche Ansprüche, die Ihnen im Zusammenhang mit der Buchung und Durchführung einer Reise gegen TER zustehen, verjähren 6 Monate nach Beendigung der Reise." 1. Die Ansprüche des Kunden gegenüber dem Veranstalter verjähren, von den Gewährleistungsansprüchen der §§ 633 bis 635 BGB abgesehen, in 30 Jahren. Für die Gewährleistungsansprüche gilt nach § 638 BGB eine Verjährungsfrist von sechs Monaten.
Wenn in der zitierten Bestimmung bei Transeuropa - der einzigen, die sich mit der Verjährung im allgemeinen befaßt - die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB auch auf alle anderen Ansprüche des Kunden ausgedehnt wird, so ist dagegen nichts einzuwenden. Denn einmal hat der Gesetzgeber gezeigt, daß er diese Frist gerade für die wichtigsten Ansprüche aus dem Werkvertrag für angemessen hält, zum anderen entspricht die verkürzte Verjährung dem berechtigten Interesse des Veranstalters an einer zügigen Abwicklung seiner Vertragsbeziehungen, ohne den Kunden in unzumutbarer Weise zu belasten. 2. Der Anspruch des Veranstalters auf Vergütung verjährt nach § 196 Abs.1 Nr.1 BGB in zwei Jahren; doch hat dies aufgrund der Vorleistungspfiicht des Kunden kaum praktische Bedeutung.
§ 2 Rechtsweg und Zuständigkeit Ziff. XII Nr. 1 ARB: "Für Rechtsstreitigkeiten aus Verträgen mit Reiseveranstalter ist das Amts- oder Landgericht am Sitz des Veranstalters als aus3chließlicher örtlicher Gerichtsstand zuständig." BFR: "Erfüllungsort und Gerichtsstand für beide Teile ist Berlin." 1. Bei Streitigkeiten aus dem Reisevertrag handelt es sich um bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten, für die nach § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Sachlich zuständig ist bei
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einem Streitwert bis zu 1500 DM nach § 23 Nr.1 GVG das Amtsgericht, bei einem darüberliegenden Streitwert das Landgericht nach § 71 Abs.1 GVG. Örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem für die beklagte Person oder die Streitigkeit ein Gerichtsstand begründet ist, wobei neben dem allgemeinen Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten (§§ 12, 13 ZPO) und dem besonderen am Niederlassungsort des Veranstalters (§ 21 ZPO) insbesondere der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO in Betracht kommt. Da der Erfüllungsort für die Leistung des Veranstalters sein Geschäftssitz ist l , entspricht die Regelung der ARB und gleicher anderer Reisebedingungen 2 bei Klagen gegen den Veranstalter der gesetzlichen Regelung. Erfüllungsort für die Leistung des Kunden ist dagegen außer bei Bezahlung im Reisebüro der Wohnsitz des Kunden3 , während die ARB und andere Reisebedingungen entweder unmittelbar' oder auf dem Umweg über eine Veränderung des Erfüllungsortes5 auch hier den Sitz des Veranstalters zum Gerichtsstand bestimmen. Obwohl im allgemeinen gerade Bestimmungen über den Gerichtsstand zu den besonders kritisierten Geschäftsbedingungen gehörens, kann man die Regelung im vorliegenden Fall ohne Bedenken anerkennen; denn die Zusammenfassung der Prozesse an einem Amts- bzw. Landgericht dient nicht nur der Bequemlichkeit und Kostenersparnis des Veranstalters, sondern unter Umständen auch dem Interesse des Kunden an sachgerechten Entscheidungen, die bei einer Verstreuung der Klagen über das ganze Bundesgebiet weniger gewährleistet wären. Die Belastung, die mit der Verlegung des Gerichtsstandes für den Kunden verbunden ist, hält sich demf5egenüber in Grenzen, insbesondere da der Sitz des Veranstalters häufig mit dem Wohnsitz des Kunden identisch oder zumindest in dessen Nähe ist. Im übrigen sind Klagen gegen den Kunden aufgrund seiner Vorleistungspflicht selten, so daß die Klausel auch keine große praktische Bedeutung hat. 2. Die Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil ist nach § 51la ZPO bei einer Beschwer von mehr als 200 DM zulässig und daher auch Vgl. oben S. 66. Aero Lloyd; airtours; Akademische Studienreisen; ARTU; BFR; Cook; DER; fub; N-U-R; Paneuropa; Touropa/Scharnow/Hummel; Transeuropa. 3 Vgl. oben S. 72. 'airtours; ARTU; Cook; DER; N-U-R; Paneuropa; Touropa/Scharnow/ Hummel; Transeuropa. 5 Aero Lloyd; Akademische Studienreisen; BFR; Scharnow; Dr. Tigges. 6 Vgl. z. B. ASJ-Entwurf, Ziff. V Nr.4, in Zeitschrift für Rechtspolitik 1970, S. 190, der Gerichtsstandsklauseln überhaupt für unzulässig erklären will. I
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134: G. Gerichtliche GeItendmachung von Ansprüchen aus dem Reisevertrag bei Klagen aus dem Reisevertrag häufig. Dagegen kommt eine Revision praktisch nur in Betracht, wenn sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsfalles zugelassen worden ist (§ 546 ZPO). Da die meisten Prozesse in Reisesachen wegen ihres nicht sehr hohen Streitwertes beim Amtsgericht beginnen, enden sie damit in der Regel beim Landgericht. Entscheidungen der Obergerichte und des Bundesgerichtshofes sind eine Seltenheit.
Anhang I. Allgemeine Reisebedingungen erschienen bei Druckerei und Verlag Gutenberg in Melsungen I. Vermittlung der Reisedienstleistungen Das Reisebüro ist - auch wenn es als Reiseveranstalter auftritt - nur Vermittler der bei der Durchführung der Reise in Anspruch genommenen Unternehmen und Personen (Beförderungsunternehmen, Beherbergungs- und Gaststättenbetriebe, Reiseleitungen, Gepäckträger usw.).
11. Anmeldung und Bezahlung 1. Die Anmeldung erfolgt auf dem dazu bestimmten Formular, das der
Kunde - gegebenenfalls gleichzeitig im Auftrag aller aufgeführten Teilnehmer - zu unterschreiben hat. Mit der Unterschrift wird die Anmeldung für alle angemeldeten Teilnehmer verbindlich. Sie erkennen damit gleichzeitig diese "Allgemeinen Reisebedingungen" an. Soweit die Anmeldung zunächst lediglich fernmündlich oder schriftlich ohne Formular vorgenommen wird, ist sie ebenfalls verbindlich; die Unterzeichnung des Anmeldeformulars ist baldmöglichst nachzuholen.
2. Für den Reiseveranstalter wird die Anmeldung verbindlich, sobald und soweit er dem Kunden - gegebenenfalls über die Buchungsstelle - die Teilnahme an der angemeldeten Reise bestätigt hat. 3. Die zur Entgegennahme der Anmeldung berechtigten Buchungsstellen sind auch inkassobevollmächtigt. 4. Bei der Anmeldung wird eine Anzahlung in Höhe von DM 30,- für Reisen, deren Gesamtpreis unter DM 300,- liegt, und von 10 Ofo des Gesamtpreises, aufgerundet auf DM 5,-, für Reisen mit einem höheren Gesamtpreis erhoben. 5. Die Restzahlung ist nur gegen Aushändigung der Reiseunterlagen zu entrichten, sofern nicht in der Reiseausschreibung bzw. in sonstigen Unterlagen und Vereinbarungen ein früherer Termin vorgeschrieben ist.
111. Änderungen des Reiseplanes bzw. der Reisedienstleistungen 1. Änderungen des Reiseplanes bzw. der Reisedienstleistungen vor Antritt
der Reise müssen den betreffenden Kunden rechtzeitig bekanntgegeben werden.
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2. Änderungen des Reiseplanes bzw. der Reisedienstleistungen w ä h ren d der Reise bedürfen, soweit sie nicht durch unvorhergesehene Ereignisse bedingt sind, der Einwilligung des Reiseteilnehmers. 3. Ist trotz erfolgter Bestätigung der Unterbringung in einem Einzelzimmer
oder eine besondere Unterbringung, wie z. B. Südzimmer, Zimmer mit Seeblick, durch den Beherbergungsbetrieb nicht erfolgt, erstattet der Reiseveranstalter lediglich den für das Einzelzimmer oder die besondere Unterbringung etwa gezahlten Zuschlag. Ein weitergehender Anspruch gegen den Reiseveranstalter besteht nicht. IV. Preise und Preisänderungen
1. Es gelten die in den Reiseausschreibungen und sonstigen Unterlagen
aufgeführten Preise. Zuschläge für besondere Hauptreisezeiten, für Einzelzimmer oder bessere Unterbringung usw. und Abschläge für Kinder usw. gelten nur nach Maßgabe der Reiseausschreibungen bzw. der sonstigen Unterlagen; sie müssen dem Kunden bestätigt sein. Aufwendungen für die Besorgung der erforderlichen Visa und ausländischen Zahlungsmittel gehen zu Lasten des Kunden; das gleiche gilt für Telegramm- und Telefonspesen, sofern der Kunde vorher eingewilligt hat.
2. Preisänderungen sind für solche Fälle vorbehalten, in denen vor oder
während der Reise ohne Verschulden des Reisebüros eine Erhöhung der Selbstkosten eintritt.
3. Nachzahlungen im Falle des Nichterreichens einer bestimmten Teilnehmerzahl dürfen nur gefordert werden, wenn sie in den Reiseausschreibungen bzw. in den sonstigen Unterlagen unter genauer Angabe der Höhe des gegebenenfalls zu zahlenden Zuschlags angekündigt worden sind.
V. Rücktritt 1. Tritt der Kunde bei Inlandsreisen spätestens 16, bei Auslandsreisen
23 Tage vor Reisebeginn zurück, so wird von der geleisteten Anzahlung pro Person eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von DM 20,- bei Inlandsreisen, von DM 30,- bei Auslandsreisen einbehalten. Haben sich mehrere Familienangehörige gleichzeitig für die gleiche Reise angemeldet, wird eine Bearbeitungsgebühr höchstens für zwei Personen berechnet. Daneben kann die Erstattung bereits entstandener Auslagen (z. B. Aufwendungen für Visa und Devisenbeschaffung, Telegramm- und Telefonspesen) verlangt werden. Ein Reugeld wird nicht berechnet.
2. Erfolgt gleichzeitig mit dem Rücktritt eine Anmeldung. des Kunden für eine andere bereits ausgeschriebene Reise desselben Reiseveranstalters (Umbuchung), und wird diese bestätigt, kann die Bearbeitungsgebühr gemäß Abs. 1 gesenkt werden. Dies gilt nur für die erste Umbuchung. Absatz 1 Satz 2 findet entsprechende Anwendung. 3. Bei späterem, auch unverschuldetem Rücktritt kann an Stelle der Bearbeitungsgebühr gemäß Abs. 1 Satz 1 ein höheres Reugeld - 10 % des Gesamtpreises - erhoben werden. Daneben kann die Erstattung bereits entstandener Auslagen gemäß Absatz 1 Satz 3 sowie etwaiger Leerbett-
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gebühren und sonstiger Forderungen der beteiligten Leistungsträger verlangt werden. Bei Flugreisen muß, sofern die Maschine nicht voll ausgebucht ist, der auf die Flugpassage entfallende Anteil des Gesamtpreises entrichtet werden. Entsprechendes gilt bei Omnibus reisen. VI. Ausfall der Reise 1. Wenn die Reise wegen Nichterscheinens der Mindestteilnehmerzahl oder
aus anderen zwingenden Gründen, die der Reiseveranstalter zu vertreten hat, abgesagt wird, ist der Kunde unverzüglich zu verständigen und ihm die geleistete Anzahlung ohne Abzug zurückzuerstatten. Ein weitergehender Anspruch des Kunden besteht nicht.
2. Muß die Reise aus Gründen ausfallen, die der Reiseveranstalter nicht zu vertreten hat (z. B. Katastrophen, Streik), so kann vom Kunden eine Bearbeitungsgebühr in der in V. Abs. 1 Satz 1 festgelegten Höhe einbehalten werden. VII. Teilweise Inanspruchnahme von Leistungen 1. Bei einer teilweisen Inanspruchnahme von Leistungen kann bei dem
Reisebüro, bei dem die Anmeldung vorgenommen wurde, ein Antrag auf Erstattung des Gegenwertes der nicht in Anspruch genommenen Leistungen gestellt werden. Es sind Unterlagen beizufügen, aus denen die teilweise Nichtinanspruchnahme hervorgeht (z. B. nicht benutzte Gutscheine, Fahrausweise). Eine Erstattung kann nur erfolgen, wenn dies die bestehenden Bestimmungen zulassen und der jeweilige Leistungsträger seinerseits an den Reiseveranstalter eine Rückvergütung vorgenommen hat.
2. Für Fahrausweise kann grundsätzlich der Gegenwert nur dann vergütet werden, wenn sie noch nicht benutzt worden sind. Teilweise Nichtbenutzung von Fahrausweisen muß von dem Beförderungsunternehmen bestätigt sein; eine Gewähr für die Erstattung ist in diesem Falle nicht gegeben. Werden Anträge auf Fahrgelderstattung vom Kunden über das Reisebüro gestellt, kann dieses eine Bearbeitungsgebühr von DM 1,pro Person erheben. In jedem Falle erfolgt eine Erstattung nur dann, wenn das Beförderungsunternehmen dem Antrag stattgegeben hat. VIII. 1. Das Reisebüro vermittelt lediglich die Reisedienstleistungen (siehe 1.)
und haftet daher nicht. Die Haftung der für die Durchführung der Reise herangezogenen Unternehmen und Personen bleibt unberührt, es gelten deren eigene Beförderungs- und Geschäftsbedingungen. Die Beteiligung an Ausflügen und Führungen geschieht auf eigene Gefahr.
2. Das Reisebüro haftet auch nicht für Unglücksfälle, Erkrankungen, Verluste, Beschlagnahme, Verspätungen, Sachschäden oder sonstige,nicht auf sein Verschulden zurückzuführende Unregelmäßigkeiten (einschließlich Katastrophen, Streik usw.). Verändern sich dadurch der Aufenthalt und die Beförderung, gehen zusätzliche Kosten zu Lasten des Reiseteilnehmers.
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3. Das Reisebüro haftet auch nicht für Schäden, die bei der Verladung des Gepäcks, von Skis usw. oder beim Gepäcktransfer entstehen. 4. Für verloren gegangene Reiseunterlagen wird kein Ersatz geleistet. 5. Eventuelle Ansprüche gegen das Reisebüro erlöschen, wenn sie nicht unverzüglich nach Beendigung der Reise diesem gegenüber geltend gemacht werden. 6. Auskünfte aller Art erfolgen nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr. IX. Paß-, Visa-. Devisen-. Zoll- und Impfbestimmungen 1. Der Kunde ist für seine Person für die Einhaltung der den jeweiligen zwischenstaatlichen Reiseverkehr regelnden Paß-, Visa-, Devisen-, Zollund Impfbestimmungen verantwortlich. Alle Kosten, die durch die Nichteinhaltung dieser Bestimmungen entstehen, einschließlich eines evtl. außerplanmäßigen Rücktransportes, gehen zu Lasten des Kunden.
2. Auf Wunsch des Kunden kann das Reisebüro die Beschaffung von Visa und Devisen übernehmen. Hierfür wird eine Gebühr berechnet. Die Beschaffung geschieht ohne Gewähr. X. Kranken-. Reiseunfall- und Gepäckversicherung 1. Es wird der Abschluß einer Reiseunfall- und Gepäckversicherung empfohlen, die das Reisebüro auf Wunsch vornimmt. Die Kosten trägt der Kunde.
2. Auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Auslands-Krankenversicherung wird besonders hingewiesen. XI. Mündliche Abreden Mündliche Abreden sind beiderseitig unverbindlich, es sei denn, sie werden schriftlich bestätigt. XII. Gerichtsstand 1. Für Rechtsstreitigkeiten aus Verträgen mit Reiseveranstaltern ist das Amts- oder Landgericht am Sitz des Veranstalters als ausschließlicher örtlicher Gerichtsstand zuständig.
2. Für sonstige Rechtsstreitigkeiten ist das Amts- oder Landgericht am Sitz des vermittelnden Reisebüros zuständig.
11. Verzeichnis der nach dieser Arbeit ungültigen Klauseln 1. Die Vermittlerklausel, soweit sie sich auch auf die organisierende Tätigkeit der Reiseleiter bezieht.
2. Eine Klausel, wonach der Kunde jeder von der Anmeldung abweichenden Bestätigung innerhalb einer bestimmten Frist widersprechen muß*.
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3. Der Irrtumsvorbehalt, soweit er sich auf einen Irrtum bei der Kalkulation des im Prospekt genannten Reisepreises und auf den Einzelvertrag bezieht*. 4. Der Haftungsausschluß für ein Verschulden bei Vertragsabschluß mit Ausnahme einer Haftungsbeschränkung für Auskünfte. 5. Die Erhebung von Buchungsgebühren ohne Vertragsabschluß. 6. Die Begründung einer Vorleistungspflicht des Kunden vor Aushändigung der Reiseunterlagen. 7. Die Fiktion einer Garantieerklärung des Unterzeichnenden für die von ihm angemeldeten Personen. 8. Die Fiktion einer Garantieerklärung des die Anmeldung unterschreibenden gesetzlichen Vertreters. 9. Ein Änderungsvorbehalt, der sich auf unnötige, unzumutbare oder verschuldete Änderungen bezieht*, insbesondere eine Änderung der Reisetermine für zulässig erklärt. 10. Die Erhebung von Rücktrittsgebühren, bei der durchschnittliche Einsparungen gar nicht oder nicht angemessen berücksichtigt werden. 11. Der vollständige Ausschluß des bei Reiseantritt nicht Erscheinenden, wenn dessen Absicht, an der weiteren Reise teilzunehmen, feststeht*. 12. Die Behandlung jeder abgelehnten Umbuchung als Rücktritt*. 13. Die Erhebung der vollen Rücktrittsgebühren bei Änderung von Einzelheiten der Reise. 14. Der Rücktrittsvorbehalt bei verschuldeter Änderung der Verhältnisse und verschuldeter Unmöglichkeit. 15. Die Erhebung von Bearbeitungsgebühren bei einem intern begründeten Rücktritt des Veranstalters. 16. Der Ausschluß aller Rückerstattungen bei Nichterscheinen des Kunden oder seinem Ausschluß aus sonstigen Gründen. 17. Der allgemeine Ausschluß von Gewährleistungsansprüchen*. 18. Der Ausschluß der Verschuldenshaftung einschließlich der Haftung für Erfüllungsgehilfen, insbesondere Korrespondenzbüros mit Ausnahme einer Beschränkung der Haftung auf den Reisepreis bei Fahrlässigkeit. 19. Die Umkehr der Beweislast für ein Veschulden des Veranstalters, wenn der Schaden in seinem Risikobereich entstanden ist. 20. Der Ausschluß des Schadensersatzes für Vermögens- und mittelbare Schäden. 21. Die Ausschlußfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Veranstalter von weniger als einer Woche nach Reiseabschluß.
• Eine Beschränkung läßt sich hier aber regelmäßig schon im Wege der Auslegung erreichen.
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Sonderausgabe