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German Pages 426 [432] Year 1956
GATTERMANN • WIELAND DIE PRAXIS DES ORGANISCHEN CHEMIKERS
L. GATTERMANN
DIE PRAXIS DES ORGANISCHEN CHEMIKERS fortgeführt von
H. W I E L A N D 37. A u f l a g e bearbeitet von
T H E O D O R WIELAND Professor der organischen Chemie an der Universität Frankfurt am Main
M i t 58 A b b i l d u n g e n
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.
B E R L I N 1956
© Copyright 1956 b y Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, K a r l J. Trübner, V e i t & Comp., Berlin — A l l e Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung v o n Mikrofilmen
und der Übersetzung,
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Archiv-Nr.
Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin — Druck: Otto von Holten, Berlin
521956
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Aus dem Vorwort zur ersten Auflage Das vorliegende Buch ist in erster Linie einem privaten Bedürfnis des Verfassers entsprungen. Wenn man gleichzeitig eine größere Anzahl von Studierenden in das organische Arbeiten einzuführen hat, dann ist es oft beim besten Willen nicht möglich, jeden einzelnen auf die kleinen Kunstgriffe, deren es beim organischen Arbeiten so viele gibt, aufmerksam zu machen. Damit nun der Studierende sich auch in Abwesenheit des Lehrers bei der Ausführung allgemeiner Operationen Rat erholen kann, ist den speziellen Vorschriften für Präparate ein allgemeiner Teil vorausgeschickt, welcher die Kristallisation, Destillation, das Trocknen, die analytischen Operationen u. a. behandelt. Bei der Abfassung dieses Teiles wurde weniger Wert darauf gelegt, die zahlreichen Modifikationen der einzelnen Operationen möglichst vollständig aufzuzählen, als vielmehr darauf, die wichtigsten Operationen derart zu beschreiben, daß der Anfänger auch in Abwesenheit des Assistenten dieselben danach selbständig ausführen kann. Im zweiten speziellen Teile wurden jedem einzelnen Präparate allgemeine Betrachtungen angefügt, welche sich auf das Wesen und die allgemeine Bedeutung der ausgeführten Reaktionen beziehen und den Zweck verfolgen, daß der Studierende sich schon beim praktischen Arbeiten auch möglichst vielseitige theoretische Kenntnisse aneignet, welche, unter diesen Umständen erworben, bekanntlich fester haften, als wenn sie ausschließlich an Hand eines rein theoretischen Buches gewonnen sind. Und so hofft denn der Verfasser, daß sein Buch neben den trefflichen Anleitungen von E. F i s c h e r und L e v y sich hier und da einige Freunde erwerben möge. Heidelberg, im August 1894
Gattermann
Vorwort
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Vorwort zur neunzehnten Auflage Vor etwas mehr als dreißig Jahren hat Ludwig G a t t e r m a n n die erste Auflage seiner Anleitung für das organ.-chemische Praktikum dem Druck übergeben. Das System, die präparativen Vorschriften mit theoretischen Erläuterungen zu versehen, hat sich zweifellos bewährt. Dafür spricht schon die große Verbreitung des Buches; es hat 18 Auflagen erlebt. — Die Erlernung der methodischen Technik ist gewiß das Hauptziel des organischen Praktikums; als bloße Kochkunst und Laborantenfertigkeit ausgeübt, leistet sie jedoch zu wenig. Die Methodik beherrschen heißt vor allem auch, den Sinn ihrer Anwendung verstehen, ihre vielfältigen Ausdrucksformen am richtigen Platz handhaben. Es ist auch hier der Geist, der sich den Körper baut. Wir verlangen, daß der Praktikant mit den Umwandlungen, die er präparativ betreibt, theoretisch vertraut sei. Der den einzelnen Präparaten angefügte Kommentar soll den Überblick über das gerade bearbeitete Gebiet erleichtern und zum Gebrauch der Lehrbücher und der Originalliteratur, zum Nachschürfen anregen. Nachdem jetzt die Grundlagen der organischen Chemie beim präparativen Arbeiten an den deutschen Hochschullaboratorien vorausgesetzt werden können, lag die Gefahr, ihn zur „Eselsbrücke" zu gestalten, fern. Mit Vorbedacht sind die Anforderungen nach der praktischen und nach der theoretischen Seite in dieser Neubearbeitung gesteigert worden. Was in den vergangenen dreißig Jahren an „Schulsack" genügte, das ist jetzt zu knapp für den, der sich an der Bearbeitung der für Wissenschaft und Technik gleichermaßen zugespitzten und schwieriger gewordenen Aufgaben beteiligen will. Der Gedanke, das präparative Praktikum gleichzeitig zu einem Erfassen und Erleben der organischen Chemie werden zu lassen, hat die Anordnung des Stoffs vom Gesichtspunkt des systematischen Zusammenhangs aus gefordert. Man wird sehen, daß dem dadurch bedingten Aufbau die präparative Anstiegslinie vom Leichteren zum Schwierigeren kaum ernstlich zuwider verläuft. Und der Gewinn an abgerundeter Ausbildung, der zu erwarten steht, ist erheblich. Der allgemeine Teil und ebenso der analytische sind vollkommen umgearbeitet worden unter starker Kürzung zugunsten der Präparate. Durch ihre Vermehrung soll einige Abwechslung geboten und dem schematischen Zug im organischen Praktikum entgegengewirkt werden. Meinen Assistenten, vor allem den Herren Dr. F r a n z B e r g e l und F. G o t t w a l t F i s c h e r bin ich für ihre unermüdliche Mithilfe bei der Ausführimg zahlloser Versuche zu großem Dank verpflichtet. Herr Fischer hat außerdem die in dieser Bearbeitung neuen Figuren gezeichnet und das Register angefertigt. Freiburg i. Br., Ostern 1925
Heinrich Wieland
Vorwort
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Vorwort zur vierunddreißigsten Auflage Für die vorliegende Ausgabe ist das Buch in allen Einzelheiten kritisch und gründlich durchgesehen worden. Einige Präparate wurden weggelassen und durch andere ersetzt; in manchen Fällen wurden die präparativen Vorschriften verbessert. Neue Methoden, wie die der Papierchromatographie und der Polymerisation sind mit geeigneten Beispielen aufgenommen. Viel einschneidender sind die Änderungen, die den theoretischen Erläuterungen zuteil geworden sind. Obwohl ich nach wie vor an der Auffassung festhalte, der „Gattermann" habe nicht die Aufgabe, dem Studenten auch die theoretischen Kenntnisse der organischen Chemie lückenlos zu vermitteln, habe ich mich doch entschlossen, entgegen meinem früheren, im Vorwort zur siebenundzwanzigsten Auflage (1940) vertretenen Standpunkt, die moderne Elektronentheorie der chemischen Valenz wenigstens im Prinzip als Grundlage für die Erörterungen über den Mechanismus der behandelten Reaktionen heranzuziehen. In einem besonderen Kapitel (S. 377) versucht R. H u i s g e n die Hauptlinien dieser Betrachtungsweise, wie mir scheint mit guten Erfolgsaussichten, dem Benutzer des Buchs näherzubringen. Selbstverständlich ist bei der Wiedergabe der Formeln die anschauliche alte Ausdrucksweise der chemischen Bindung durch Bindestriche beibehalten worden. Für ihre hingebende Unterstützung bei der Neubearbeitung des Buches habe ich den Kollegen Prof. R. H u i s g e n , F. L y n e n und Th. W i e l a n d wärmstens zu danken. Starnberg, September 1952
Heinrich Wieland
Vorwort zur siebenunddreißigsten Auflage Einem Vorschlag von H e i n r i c h W i e l a n d folgend hat mich der Verlag gebeten, von nun an die weitere Bearbeitung des „Gattermann-Wieland" zu besorgen. Die jetzt vorliegende neue Auflage, die wieder in kurzer Folge nötig geworden ist, trägt in ihrem Aufbau und Inhalt weiterhin das Charakteristische des Handbuchs an sich, wie es sich in 30 Jahren und 18 Auflagen nach seiner völligen Umgestaltung durch H. Wieland entwickelt hat. Vor vier Jahren wurde dem Praktikum eine Einführung in die Elektronentheorie der organischen Verbindungen und in dieMesomerielehre aus der Feder R. H u i s g e n s angefügt und in den theoretischen Erläuterungen der Versuche auf dieses Kapitel mehrfach verwiesen. In der Zwischenzeit dürfte an den deutschen Hochschulen
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Vorwort
die moderne Betrachtungsweise auch in den Anfängerunterricht soweit eingedrungen sein, daß die prägnanten Begriffe der Heterolyse, Homolyse, nucleophilen und elektrophilen Substitutionsreaktion und der Mesomerie das Verwirrende verloren haben und das Verständnis der organischen Reaktionen zu erleichtern beginnen. Man konnte es daher nun wagen, diese Sprache an zahlreichen Stellen des Textes einzuführen, ohne jedoch auf den theoretischen Anhang zu verzichten, dessen wiederholte Lektüre dem Praktikanten eindringlich empfohlen sei. Herrn Kollegen R. H u i s g e n habe ich für seine Unterstützung bei der Neubearbeitung herzlich zu danken. Frankfurt a. M., Frühjahr 1956
Theodor Wieland
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Inhaltsübersicht A. Einige allgemeine Arbeitsregeln Reaktionsgeschwindigkeit und Temperatur Reindarstellung organischer Substanzen Kristallisation Chromatographische Adsorption Destillation Sublimation . . Destillation mit Wasserdampf Abdestillieren von Lösungsmitteln Ausschütteln. Extrahieren Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Rühren und Schütteln Erhitzen unter Druck Schmelzpunktsbestimmung
Seit«
1 3 4 14 15 25 26 28 30 34 35 37 39
B. Elementar-analytische Methoden Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Schwefels und der Halogene Die quantitative organische Elementaranalyse I. Stickstoffbestimmung nach D u m a s II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Lieb ig . . III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen . . 1. Halogenbestimmung nach Carius S. 65. 2. Bestimmung von Chlor und Brom nach Verbrennung der Substanz im Perlenrohr S. 68. 3. Jodbestimmung nach L e i p e r t - M ü n s t e r S. 71. 4. Schwefelbestimmung nach C a r i u s S. 72. 5. Schwefelbestimmung durch Verbrennung S. 73. 6. Gleichzeitige Bestimmung von Halogen und Schwefel S. 74. 7. Bestimmung der übrigen Elemente S. 74. IV. Bestimmung organischer Gruppen 1. Maßanalytische Bestimmung der Methoxylgruppe S. 74. 2. Bestimmung der Acetyl- und Benzoylgruppe S. 76. 3. Bestimmung von aktivem Wasserstoff nach T s c h u g a e f f - Z e r e w i t i n o f f S. 78. 4. Molekulargewichtsbestimmung S. 80.
41 44 45 52 64
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C. Organisch-präparativer Teil Zur Verhütung von Unfällen Die erste Ausrüstung . . .
81 83
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Inhaltsübersicht I. Die S u b s t i t u t i o n v o n H y d r o x y l u n d W a s s e r s t o f f durch Halogen. Alkohole. Olefine
1. Äthylbromid aus Äthylalkohol Methylbromid S. 88. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol Methyljodid S. 88. 3. Benzylchlorid aus Toluol 4. Brombenzol p-Dibrombenzol S. 96. 6. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe a) Äthylen aus Äthylalkohol, Äthylenbromid S. 98; b) Gyclohexen aus Cyclohexanol. Cyclohexadien S. 100. 6. Glykol aus Äthylenbromid 7. Iso-amyläther 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor 1. 2. 3. 4.
5. 6. 7.
8.
Seite
86 88 92 95 98
107 109 109
II. C a r b o n s ä u r e n u n d i h r e e i n f a c h e n A b k ö m m l i n g e Säurechloride 111 a) Acetylchlorid S. 111; b) Benzoylchlorid S. 112; Benzoylperoxyd S. 115. Essigsäure-anhydrid 116 Acetamid 118 Harnstoff und Semicarbazid 120 a) Kaliumcyanat durch Oxydationsschmelze S. 120; b) Harnstoff S. 121; c) Semicarbazid S. 122; d) Harnstoff und Harnsäure aus Harn S. 123. Nitrile 125 a) Acetonitril S. 125; b) Benzylcyanid S. 125. Verseifung eines Nitrils zur Säure. Phenylessigsäure 127 Säureester 128 a) Essigsäureäthylester aus Eisessig und Alkohol S. 128; Benzoesäureäthylester S. 129; b) Isoamylnitrit S. 132; Äthylnitrit S. 133; c) Äthylnitrat S. 134; d) Verseifung von Fett oder pflanzlichem Öl S. 135; Darstellung der freien Fettsäuren S. 135; Glycerin S. 136; Zur Fettanalyse S. 136. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen 137 a) Hofmannsche Reaktion, Methylamin aus Acetamid S. 137; b) Curtiussche Reaktion, Phenylcyanat S. 138.
III. N i t r o v e r b i n d u n g e n u n d i h r e R e d u k t i o n s p r o d u k t e 1. Nitromethan 140 Methylamin, N-Methylhydroxylamin, Methylnitrolsäure, Knallsilber, Phenylnitroäthylen. 2. Nitrierimg eines aromatischen Kohlenwasserstoffs 145 a) Nitrobenzol S. 145; b) m-Dinitrobenzol S. 146.
Inhaltsübersicht 3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin a) Anilin aus Nitrobenzol S. 147; Diphenylthioharnstoff, Phenylsenföl S. 161; b) m-Nitranilin aus m-Dinitrobenzol S. 153. 4. Phenylhydroxylamin p-Aminophenol, Nitrosophenylhydroxylamin. 5. Nitrosobenzol Nitrosobenzol aus Anilin und Caroscher Säure, Azobenzol aus Anilin und Nitrosobenzol, Azoxybenzol aus Phenylhydroxylamin und Nitrosobenzol. 6. Hydrazobenzol und Azobenzol a) Hydrazobenzol S. 162; b) Azobenzol aus Hydrazobenzol S. 163; c) Benzidin aus Hydrazobenzol S. 165. Mechanismus der Nitrobenzol-Reduktion
XI Seite
147
154 158
162 167
IV. S u l f o n s ä u r e n 1. Benzolmonosulfonsäure aus Benzol und Schwefelsäure . . . . * . . Diphenylsulfon, Benzolsulfochlorid, Benzolsulfamid, Benzsulfhydroxamsäure 2. p-Toluolsulfonsäure
168
3. jß-Naphthalinsulfonsäure
171
170
4. Sulfanilsäure aus Anilin und Schwefelsäure
172
5. Pikrinsäure und 2,4-Dinitro- 220° ein M e t a l l b a d aus Woodscher oder R o s e scher Legierung oder die Schmelze von gleichen Teilen K a l i - und N a t r o n s a l p e t e r , beide in einem eisernen Tiegel.
Reindarstellung organischer Substanzen
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Niedrig siedende Substanzen werden in einem Liebigschen K ü h l e r kondensiert, der mit Kork an das Ansatzrohr angeschlossen ist. Will man jeglichen Verlust durch Verflüchtigung vermeiden, so verbinde man das Kühlrohr durch einen sog. V o r s t o ß mit der als Vorlage dienenden Saugflasche, die durch Eis oder auch Kältegemisch gekühlt wird. Bei Flüssigkeiten, die um 100° sieden, genügt ein k u r z e r Kühler, und bei der Destillation geringer Mengen ist die Verwendung eines kleinen, dicht über das Ansatzrohr stülpbaren K ü h l m a n t e l s zur Einschränkung vonMaterialverlusten besonders ratsam. Ein solcher ist in Fig. 19 und 22 abgebildet. Bei Siedetemperaturen oberhalb 120° kühlt man im allgemeinen nicht mehr mit fließendem Wasser, weil das Kühlrohr bei der Berührung mit dem heißen Dampf leicht springen kann; hier dient das im Mantel stehende Wasser, das sich allmählich erwärmt, als Kühlflüssigkeit. Wenn der Siedepunkt 150° überschreitet, genügt bloße L u f t k ü h l u n g (weites Kühlrohr ohne Mantel). Substanzen, die nach der Kondensation rasch erstarren, dürfen niemals aus einem Fraktionierkolben mit engem Ansatzrohr destilliert werden; man kann zwar das Destillat im frei Hegenden Rohr durch Anwärmen mit der Flamme wieder verflüssigen, aber die an den durch Korke oder andere Verbindungen gedeckten Stellen auftretenden Versperrungen sind oft kaum mehr zu öffnen und verursachen viel Zeitverlust und Ärger. Deshalb greift man sofort zu dem mit weitem Ansatz versehenen S c h w e r t - oder S ä b e l k o l b e n (Fig. 12), aus dem nach beendigter Destillation das Produkt mühelos, am besten durch H e r a u s s c h m e l z e n , entnommen werden kann. Die A u s f ü h r u n g e i n e r D e s t i l l a t i o n gestaltet sich normalerweise folgendermaßen: Nach allmählichem Erhitzen des Kolbeninhalts steigt unter den äußeren Erscheinungen des Siedens der Quecksilberfaden des Thermometers mit einem Male rasch in die Höhe, um bei einer bestimmten Temperatur, dem S i e d e p u n k t , haltzumachen. H a t sich diese Temperatur innerhalb eines Grades fest eingestellt, so vertauscht man die Vorlage — ein kleines weites Röhrchen oder dergleichen — mit dem „ V o r l a u f " gegen ein der zu erwartenden Substanzmenge angepaßtes Auffanggefäß (Erlenmeyer oder enghalsige Stöpselflasche mit aufgesetztem Trichterchen) und erhitzt weiter in dem Maße, daß alle 1—2 Sekunden ein Tropfen übergeht. Das Thermometer muß dauernd im Auge behalten werden. D i e S u b s t a n z soll i m a l l g e m e i n e n in d e r T e m p e r a t u r s p a n n e v o n n i c h t m e h r a l s 1—2 G r a d e n ü b e r g e h e n ; bei analytisch reinen Präparaten ist die Grenze enger zu 2
G a t t c r m a n n , Praxis des Organ. Chemikers.
37. Aufl.
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
ziehen. Destilliert man mit freier Flamme, so steigt gegen das Ende hin der Siedepunkt wegen Uberhitzung regelmäßig um ein paar Grade, obwohl noch reine Substanz übergeht. Erhöht sich der Siedepunkt schon früher über den angegebenen Bereich, so wird die Vorlage wiederum gewechselt und unter Fortsetzung der Destillation ein drittes Kondensat, der „ N a c h l a u f " , aufgefangen. Es ist zu beachten, daß im Vorlauf wie im Nachlauf noch Anteile des Hauptprodukts enthalten sind. Der Dampfdruck einer destillierbaren Substanz ist schon unterhalb des Siedepunktes so beträchtlich, daß mit den leichter flüchtigen Bestandteilen (gewöhnlich Reste von Lösungsmitteln) des ursprünglichen Destillationseinsatzes auch Dampf der Substanz übergeht. Andererseits steigt der Siedepunkt einer Substanz, wenn sie sich im Gemisch mit höher siedenden Stoffen befindet. So läßt sich Äther, der überaus häufig zur Aufnahme organischer Präparate verwendet wird, selbst auf dem siedenden Wasserbad nicht vollständig von einer viel weniger flüchtigen Substanz abtrennen, obwohl sein Siedepunkt schon bei 35° liegt. Ein anderes bekanntes Beispiel bildet die Benzolwäsche der Kokereien, auf das aber hier nicht näher eingegangen werden kann.
Daraus erklärt sich, daß auch der Nachlauf nicht frei ist von dem Hauptprodukt, und wenn Vorlauf und Nachlauf ansehnliche Mengen darstellen, so lohnt sich eine nach den angegebenen Regeln zu wiederholende getrennte Destillation dieser beiden Anteile. Die fraktionierte Destillation: Nicht so einfach wie im vorstehenden geschildert, liegen die Verhältnisse, wenn es sich darum handelt, m e h r e r e flüchtige Produkte einer Reaktion durch Destillation voneinander zu trennen. Die Aufgabe wird erschwert in dem Maße, als die Siedepunkte der einzelnen Bestandteile sich einander nähern, und es gelingt mit den üblichen Laboratoriumsmitteln schon nicht leicht, Substanzen mit einiger Schärfe voneinander zu scheiden, deren Siedepunkte sich um 10° unterscheiden. Der Weg, der hier in der größten Annäherung das Ziel erreichen läßt, ist der der mehrfachen Wiederholung des Destillationsprozesses. Sie kann bei niedrig siedenden Stoffen in e i n e r Operation vorgenommen werden durch Anwendung von sog. F r a k t i o n i e r a u f s ä t z e n , das sind Kondensationssysteme, die vor der endgültigen Kondensation in die Dampfphase eingeschaltet sind. Durch Luftkühlung wird in den einzelnen Abteilungen dieser Destillationsaufsätze, die verschiedenartig konstruiert sein können (z. B. Fig. 13), Dampf verflüssigt und der nachdrängende Dampf muß diese Kondensate, die in seiner Bahn hegen, durchströmen. Dabei werden seine weniger flüchtigen Bestandteile kondensiert, während die leichter flüchtigen am nächsten Glied des Aufsatzes das gleiche Spiel wiederholen. So kommt eine der Anzahl der Kugeln des Aufsatzes entsprechende Menge von Einzeldestillationen zustande, die bei v o r s i c h t i g e r u n d l a n g s a m e r Ausführung der Operation eine weit-
Reindarstellung organischer Substanzen
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gehende Trennung ermöglicht. Es eignen sich f ü r diesen Zweck auch zylindrische Aufsätze, die regellos mit R a s c h i g - R i n g e n aus Glas, B e r l - S ä t t e l n oder noch besser mit Formstücken aus Drahtnetz oder Draht wendein angefüllt sind. Erwähnt sei auch die in Fig. 14 abgebildete „ W i d m e r - S p i r a l e " 1 , die in kleinerer Ausführung in das Lumen des Destillationskolbens eingesetzt werden kann und kleinere Substanzmengen der fraktionierten Destillation zugänglich macht.
1/ Fig. 13
Fig. 14
Die technische Anwendung des Prinzips der fraktionierten Destillation finden wir in der Spiritusfabrikation und in der auf dem gleichen Weg erfolgenden Isolierung der aromatischen Kohlenwasserstoffe aus dem Leichtöl des Steinkohlenteers. Eine kritische Zusammenstellung der im Laboratorium verwendeten FraktionierKolonnen findet man bei F. S t a g e , Ang. Ch. B. 19, 175, 215 (1947).
Flüssigkeitsgemische von höherem Siedepunkt ( > 120°) trennt man in ihre Bestandteile, indem man sie zuerst durch Destillation in mehrere Fraktionen von ungefähr gleichem Siedepunktsintervall zerlegt; die einzelnen Destillate werden (in kleineren Siedekolben) durch Destillation erneut aufgeteilt, die in ihren Siedepunkten einander naheliegenden Fraktionen werden dann noch mehrere Male unter immer schärferer Einengung der Siedepunktsgrenzen fraktioniert überdestilliert.Will man, was sehr empfehlenswert, auch hier die obenerwähnte Widmer-Spirale benutzen, so muß der Aufsatz, in dem sie sitzt, mit Asbest gut isoliert werden. 1
W i d m e r , Helv. VII, 59 (1924). 2»
Einige allgemeine Arbeitaregeln
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Nicht alle Gemische sind durch Destillation trennbar; bisweilen bilden Stoffe, die bei verschiedenen Temperaturen sieden, konstant übergehende Destillate (azeotrope Gemische). Die Vakuumdestillation: Der organische Chemiker muß sich immer bewußt sein, daß fast alle Stoffe, mit denen er umgeht, vom Standpunkt der Thermodynamik aus m e t a s t a b i l sind. Die Einwirkung erhöhter Temperatur ist aber in allen Fällen der Einstellung der wahren Gleichgewichte —• hier dem Zerfall — günstig und deshalb wird man es sich zweckmäßig zur Regel machen, seine Substanzen nicht unnötigerweise zu gefährden. Aus diesem Grunde gebührt der Destillation unter vermindertem Druck, wobei die Siedetemperatur um 100 und mehr Grade herabgesetzt werden kann, eine große Bedeutung beim organischen Arbeiten. Ihre Methodik muß der präparative Organiker bald beherrschen lernen, und er soll sich frühzeitig daran gewöhnen, die Vakuumdestillation nicht als „Haupt- und Staatsaktion" aufzufassen, sondern als eine der elementarsten Operationen der Laboratoriumspraxis. Das gegebene Destillationsgefaß ist der C i a i s e n k o l b e n (Fig. 15). Seine sehr zweckmäßige Rohrteilung verhindert das hier besonders gefährliche Überspritzen der siedenden Flüssigkeit. Damit der bei der Vakuumdestillation sehr leicht eintretende Siedeverzug vermieden werde, saugt man vermittelst einer feinen C a p i l l a r e dauernd feine Luftbläschen — bei luftempfindlichen Substanzen Wasserstoff oder C0 2 — durch die siedende Flüssigkeit. Denselben Zweck kann auch ein sog. S i e d e s s t a b erfüllen, der aus einem mehrere cm langen Glasstab besteht, an dessen Ende ein Glasring von 3—5 mm Höhe — von einem Glasrohr etwa gleichen Durchmessers wie der Stab abgeschnitten — angeschmolzen ist.
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Die Capillare zieht man an einem genügend langen, 4—8 mm weiten Glasrohr, am besten Capillarrohr, in der Gebläseflamme aus und gibt ihr dann durch abermaliges Ausziehen über der Sparflamme die genügende Feinheit. Vor dem Gebrauch prüft man ihre Durchlässigkeit, indem man die Spitze in einem kleinen Reagenzglas unter Äther bringt und dann mit dem Mund hineinbläst. Die Blasen sollen e i n z e l n und langsam herausperlen. Capillaren für die H o o h v a k u u m d e s t i l l a t i o n sollen erst bei kräftigem Einblasen einzelne Luftblasen, aber sohwierig, durchlassen. Bisweilen besteht das Bedürfnis, vor allem bei schäumenden Flüssigkeiten, den Luftdurchtritt durch die Capillare zu regulieren. Dies erreicht man bei nicht allzu fein ausgezogener Capillare durch eine Q u e t s c h s c h r a u b e , die man an einem Stückchen ungebrauchten, dickwandigen Gummischlauches auf das Capillarroh aufsetzt. Man beachte aber, daß bei einer Unterbrechung der Destillation die in
Reindarstellung organischer Substanzen
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der Kugel vorhandene Flüssigkeit durch den äußeren Luftdruck in das noch evakuierte Capillarrohr hineingedrückt wird — unter Umständen bis in den Gummischlauch — und vermeide dies dadurch, daß man vor der Unterbrechung den Schraubhahn vorsichtig öffnet. Bei hartnäckigem S c h ä u m e n führt man unter Verzicht auf das Thermometer auch in das vordere Rohr des Ciaisenkolbens (6 in Fig. 15, S. 20) eine Capillare ein. Der durch sie eingesaugte feine Luftstrom bringt die Blasen, ehe sie übersteigen können, zum Platzen 1 .
Das Capillarrohr wird von der Spitze aus in einen eng anschließenden unversehrten G u m m i s t o p f e n eingeführt (mit etwas Glycerin), der dicht in das Rohr a des Claisenkolbens hineinpaßt. Bei richtigem Sitz des Capillarrohrs soll sich das Capillarende in unmittelbarer Nähe des tiefsten Punktes der Kugel befinden. I m Rohr b steckt, ebenfalls durch einen Gummistopfen eingefügt, das Thermometer. Will man vermeiden, daß die Substanz mit Kautschuk in Berührung kommt, so benutzt man Claisenkolben mit verjüngten Rohrenden, in die Capillarrohr und Thermometer mit Hilfe kleiner übergezogener Schlauchstücke eingesetzt werden. Die Verwendung von Korkstopfen bei Vakuumdestillationen erfordert große Übung. Schliffgeräte Fig. 16 sind hier besonders angebracht. Die Kühlung erfolgt nach den gemachten Angaben; der kleine übergezogene Wasserkühler ist hier besonders empfehlenswert. Vorlagen: Wenn nur eine oder zwei Fraktionen zu erwarten sind, benutzt man als Vorlagen S a u g r ö h r c h e n , wie auf Fig. 8, S. 10 abgebildet, von entsprechender Größe — für den Vorlauf die kleinsten — oder, bei größeren Substanzmengen, kleine S a u g f l a s c h e n . Dem Verbindungsstopfen aus Gummi sind sie vorher anzupassen. Beim Wechseln der Vorlage muß die Destillation naturgemäß unterbrochen werden. Will man dies vermeiden und hat man mehrere Fraktionen zu erwarten, so bedient man sich mit Vorteil einer Anordnung, die gestattet, verschiedene Auffanggefäße der Reihe nach unter die Mündung des Abflußrohrs zu bringen, z. B. in der in Fig. 16 wiedergegebenen Form, in der Laboratoriumssprache je nach der Gestalt als „ S p i n n e " , „ F r o s c h " , „ S c h w e i n c h e n " oder „ K u h e u t e r " bezeichnet. Schließlich sei noch der namentlich für die Destillation größerer Substanzmengen trefflich bewährte H a h n v o r s t o ß nach A n s c h ü t z T h i e l e (Fig. 17) erwähnt, bei dem man nach Schließung der Hähne a und b mit Hilfe der Klemmschraube c das Vakuum in der Vorlage aufheben und so diese wechseln kann. Nachdem man dann bei c wieder 1
E. D o r r e r , Dissert. München 1926.
Einige allgemeine Arbeitaregeln
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geschlossen und durch öffnen von b wieder überall Vakuum hergestellt hat, kann man bei geöffnetem Hahn a weiter destillieren. Der dritte Hahn kann entbehrt werden. Noch einfacher ist der mit Dreiweghahn versehene W e c h s e l v o r s t o ß (Fig. 18) gebaut, an dem die Vorlage durch eine Hahnbohrung mit der Außenatmosphäre in Verbindung gebracht werden kann, während das Vakuum im Apparat erhalten bleibt.
D
Fig. 17
Fig. 18
Nach dem Wechsel des Auffanggefäßes muß der Hahn allerdings sehr vorsichtig gegen dieses geöffnet werden, damit das inzwischen über dem Hahn angesammelte Kondensat durch die von unten eingesaugte Luft nicht verspritzt wird. Die beiden zuletzt aufgeführten Apparate haben den großen Vorteil, daß die einzelnen Fraktionen alsbald völlig voneinander getrennt werden, daß sie auch nicht mit den Dämpfen in gegenseitiger Berührung sind; für zähe, viscose Flüssigkeiten, die nicht durch die Hahnbohrung gehen, sind sie dagegen nicht verwendbar. Man wird sie daher bei der Destillation von verhältnismäßig niedrig siedenden Substanzen, deren Dampfdruck nicht zu vernachlässigen ist, bevorzugen. Werden rasch erstarrende Substanzen im Vakuum destilliert, so trägt der Ciaisenkolben ein erweitertes Ansatzrohr, gerade so wie dies für die gewöhnliche Destillation beschrieben ist (Schwertkolben). Handelt es sich nur um das Eindampfen einer wäßrigen Lösung unter vermindertem Druck, so ist es bequem, als Vorlage einen Destillierkolben zu benutzen, in dessen Hals das Ansatzrohr so weit hineingesteckt wird, daß seine Mündung bis zur Mitte der Kugel reicht. Diese ruht auf einem Trichter mit Abflußschlauch für das Kühlwasser, das die Oberfläche der Kugel bespült.
Das Heizen: Nur bei großer Übung kann eine Vakuumdestillation mit freier Flamme ausgeführt werden. Weit zuverlässiger ist die in-
Reindarstellung organischer Substanzen
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direkte Heizung durch ein W ä r m e b a d . Auch hier ist die Temperatur des Heizbades mit größter Sorgfalt der Siedetemperatur der Substanz anzupassen ( e t w a 20° h ö h e r ; bei hoch angesetztem Kondensationsrohr muß die Differenz vergrößert werden); wenn der Siedepunkt einer Fraktion erreicht ist, soll die Temperatur des Bades konstant gehalten werden. Der Kolben wird so tief in das Heizgefäß eingesenkt, daß der Spiegel des Destillationsguts u n t e r h a l b von dem der Heizflüssigkeit liegt. Die Kugel soll nicht weiter als bis zur Hälfte mit Substanz gefüllt sein. Bei der Destillation hoch siedender Stoffe taucht man möglichst tief ein und umkleidet den Destillationskolben oberhalb des Heizbads bis zum Winkel des Ansatzrohrs mit A s b e s t p a p i e r oder A l u m i n i u m f o l i e , die durch einen dünnen Draht oder durch eine Schnur befestigt werden. Bei empfindlichen Substanzen, die an sich der Vakuumdestillation zugänglich sind, tritt bisweilen Zersetzung ein, wenn sie in der Hitze jäh einer starken Druckänderung unterworfen werden. In solchen Fällen soll das Vakuum erst nach Abkühlung des Kolbeninhalts aufgehoben werden. So zu verfahren, ist ganz allgemein zweckmäßig, weil dadurch auch die recht häufige Oxydationswirkung heißer Luft vermieden wird.
Unerläßlich für alle Destillationen unter vermindertem Druck ist die Zwischenschaltung eines abgekürzten M a n o m e t e r s (Fig. 19) zwischen Pumpe und Apparat, da der die Höhe des Siedepunktes bestimmende Druck dauernd kontrolliert werden muß. Inkonstante Siedepunkte sind recht oft die Folge wechselnden Drucks. Um die Verunreinigung des Manometers durch Dämpfe, die sich darin kondensieren, hintanzuhalten, destilliert man bei geschlossenem Hahn, den man nur von Zeit zu Zeit zur Druckprüfung öffnet. V o r d e m B e g i n n jeder V a k u u m d e s t i l l a t i o n m u ß die g a n z e A p p a r a t u r am M a n o m e t e r a u f D i c h t i g k e i t , d. h. a u f a u s r e i c h e n d e s V a k u u m g e p r ü f t werden. Mit dem Anheizen des Bades beginne man erst, nachdem das Vakuum hergestellt ist. Bringt man die b e r e i t s e r w ä r m t e Flüssigkeit unter verminderten Druck, so kommt sie häufig infolge Überhitzung zum Ü b e r s c h ä u m e n . Dabei braucht der Siedepunkt der Substanz nicht erreicht zu werden: es genügt, daß im Destillationsgut noch etwas Lösungsmittel, z. B. Äther, enthalten ist, dessen Entfernung auf dem Wasserbad aus Gründen des stark herabgesetzten Dampfdruckes nie vollständig möglich ist. In manchen Fällen, wenn leicht flüchtige, niedrig siedende Stoffe im Vakuum destilliert werden, ist es nötig, durch Erhöhung des Drucks die Flüchtigkeit zu vermindern. Man arbeitet dann nicht beim vollen Vakuum der Wasserstrahlpumpe, das je nach Druck und Temperatur des Leitungswassers 10—20 mm Quecksilber beträgt, sondern bei Drucken von 20—100 mm. Da die Leistung der Pumpe nicht reguliert
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
w e r d e n k a n n , so h i l f t m a n sich m i t einem in die Vorlageflasche eingesetzten H a h n (a, F i g . 19), m i t d e m m a n u n t e r Beihilfe des Manom e t e r s j e d e n g e w ü n s c h t e n D r u c k einstellen k a n n . Bei S u b s t a n z e n , die u n t e r A t m o s p h ä r e n d r u c k ü b e r 150° sieden, b e d i e n t m a n sich der m a x i malen Leistung der Wasserstrahlpumpe. In welchem Maße die Erniedrigung des Druckes bei einer Vakuumdestillation den Siedepunkt erniedrigt, sieht man an den auf Fig. 20 wiedergegebenen Beispielen von N i t r o b e n z o l , Siedepunkt 208°/760 m m (Kurve 1) und B e n z a l d e h y d (II), Siedepunkt 179°/760 mm. Die Bedeutung eines „guten Vakuums" beim präparativen Arbeiten prägt sich in dem steilen Anstieg der Kurven im Bereich der niederen Drucke aus. Es macht ungefähr 15° Unterschied im Siedepunkt aus, ob man unter 20 mm oder unter 10 mm Quecksilber destilliert. Mit steigendem Druck verringert sich dessen Einfluß, wie die im oberen Teil der Figur — in anderem Maßstab — gezeichnete Kurve I I I des Nitrobenzols mit dem Druckgebiet von 760 mm abwärts [deutlich' macht. Wasser siedet unter 720 mm Hg, z. B. in München bei 98,5°.
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Fig. 19 D i e q u a n t i t a t i v e n Beziehungen zwischen D r u c k u n d S i e d e t e m p e r a t u r sind v o n Stoff zu Stoff verschieden, jedoch bei organischen V e r b i n d u n g e n i n n e r h a l b m ä ß i g e r Grenzen, so d a ß die hier wiedergegebenen K u r v e n f ü r d e n p r a k t i s c h e n G e b r a u c h wohl als U n t e r l a g e n b e n u t z t w e r d e n können. Siedet z. B. ein Stoff A nach Angabe der Literatur bei 96°/12 mm, so wird er unter 18 mm Hg bei 104—105° sieden. Stoffe, deren Siedepunkt auch bei dem Unterdruck, den die Wasserstrahlpumpe schafft, noch zu hoch liegt, lassen sich häufig im H o c h v a k u u m unzersetzt destillieren, d. h. bei Drucken, die bei 1 mm oder darunter liegen. Druckverminderung bis zu dieser Grenze setzt die Siedetemperatur um durchschnittlich 150° gegenüber der bei Atmosphärendruck, um etwa 40° gegenüber dem Vakuum der Wasserstrahlpumpe herab. Die punktierte Fortsetzung der Nitrobenzol-Kurve 1 (der keine gemessenen Zahlen zugrunde liegen) bringt dies zum Ausdruck. H o c h v a k u u m p u m p e n nach dem Dampfstrahl- und Diffusionsprinzip, meist mit Quecksilberdampf betrieben, fehlen heute in keinem Hochschullaboratorium.
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Mit ihrer Hilfe ist die Destillation im Hochvakuum eine unschwer auszuführende Prozedur, und wer die gewöhnliche Vakuumdestillation gewandt und sicher auszuführen gelernt hat, wird auch im Hochvakuum destillieren können, wenn diese Aufgabe etwa bei einem Literaturpräparat an ihn herantritt. Wegen der Empfindlichkeit der Apparatur — wenigstens gegenüber dem allgemeinen Gebrauch — ist dieses Verfahren in die Übungspräparate nicht einbezogen und wird darum auch nicht aus-
Fig. 20 führlicher beschrieben. Man mache es sich zur Gewohnheit, bei der Destillation die Pumpe durch eine zwischengeschaltete „Falle", die mit Kohlensäureschnee-Aceton oder mit flüssiger Luft gekühlt wird, vor Verunreinigung zu schützen. Bei sorgsamem Arbeiten erreicht man „Klebe-Vakuum" (etwa 10~4 mm). Auch die in der Handhabung besonders bequemen rotierenden Ölpumpen seien hier erwähnt; in der Saugleistung (m8/h) sind sie den Dampfstrahlpumpen überlegen, besitzen aber ein geringeres Endvakuum. Man v e r s ä u m e nie, bei V a k u u m d e s t i l l a t i o n e n die A u g e n zu s c h ü t z e n ! Ein Chemiker, der n i c h t alle Schutzmaßn a h m e n ergreift, ist nicht mutig, sondern fahrlässig! Die Sublimation Flüchtige Stoffe, deren Dampf bei der Abkühlung unter Umgehung der flüssigen Phase sich direkt zu Kristallen verdichtet, werden unter U m s t ä n d e n mit Vorteil durch Sublimation gereinigt, vor allem dann, w e n n das Umkristallisieren infolge besonderer Löslichkeitsverhältnisse
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
erschwert ist. Ein bekanntes Beispiel bildet die Reinigung des J o d s . In der organischen Chemie sind es namentlich C h i n o n e , bei denen man das Verfahren anwendet. Eine Sublimation kleinerer Substanzmengen läßt sich zweckmäßig zwischen zwei gleich großen Uhrgläsern ausführen. Auf das untere bringt man die zu sublimierende Substanz, bedeckt es dann mit einem runden Filter, welches etwas über den Rand des Glases hervorragt und in seinem mittleren Teile einige Male durchlöchert ist, legt das zweite Uhrglas mit der Wölbung noch oben darauf und verbindet beide mit einer Uhrglasklammer. Erhitzt man nun das untere Glas möglichst langsam durch eine kleine Flamme auf einem Sandbade, so verdichtet sich die vergaste Substanz an dem kalten, oberen Glase zu Kristallen; das Filter verhindert, daß die Kriställchen wieder auf das untere heiße Glas zurückfallen. Zur Abkühlung des oberen Glases kann man dieses mit einer mehrfachen Lage feuchten Filtrierpapieres oder mit einem Stückchen feuchten Tuches bedecken. Will man größere Substanzmengen sublimieren, so ersetzt man in dem soeben beschriebenen Apparat das obere Uhrglas durch einen Trichter, welcher etwas kleiner als das Glas ist. Auch in Tiegeln, Kolben, Bechergläsern, Retorten, Röhren u. a. kann man Sublimationen vornehmen. Sublimiert die zu reinigende Substanz erst bei hoher Temperatur, wie etwa I n d i g o oder A l i z a r i n , so bedient man sich auch hier des Vakuums (Rundkölbchen oder Retorte). — Bei Sublimationen beachte man stets, daß der Apparat erst nach dem vollkommenen Erkalten auseinandergenommen wird. Destillation mit Wasserdampf Von diesem wichtigen Reinigungsverfahren macht man nicht nur im Laboratorium, sondern auch in der chemischen Großindustrie außerordentlich häufig Gebrauch. Es beruht darauf, daß viele Stoffe, deren Siedepunkte beträchtlich höher liegen können als der des Wassers, von eingeblasenem Wasserdampf in dem Ausmaß ihres Dampfdrucks bei dessen Temperatur verflüchtigt und dann zusammen mit dem sie begleitenden Wasserdampf in einem angeschlossenen Kühlsystem wieder kondensiert werden. Der geeignetste und theoretisch einfachste Fall (vgl. unten) liegt vor, wenn der Stoff in Wasser schwer löslich oder praktisch unlöslich ist. Zur Prüfung auf W a s s e r d a m p f f l ü c h t i g k e i t bringt man eine kleine Probe der Substanz mit etwa 2 com Wasser in ein Reagenzglas, erhitzt zum Sieden (Siedesteine!) und hält den Boden eines mit etwas Eis beschickten zweiten Reagenzglases in die entweichenden Dämpfe, bis sich ein Wassertropfen daran kondensiert hat. Eine Trübung des Tropfens zeigt an, daß die Substanz mit Wasserdämpfen flüchtig ist.
Zur Ausführung im großen bringt man die Substanz, die abgeblasen werden soll, mit wenig Wasser in einen g e r ä u m i g e n langhalsigen
Reindarstellung organisoher Substanzen
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Rundkolben, der nicht weiter als bis zu einem Drittel angefüllt sein darf, erwärmt mit einem untergestellten Brenner bis nahe zur Siedetemperatur (um allzu große Volumvermehrung durch Kondenswasser zu vermeiden) und leitet erst jetzt, nachdem der angeschlossene l a n g e Kühler in Gang gesetzt und die Vorlage aufgestellt ist, einen ziemlich kräftigen Dampfstrom ein. Das weite Einleitungsrohr soll bis nahe an den Boden des Kolbens reichen und vorne etwas umgebogen sein (Fig. 21). Besitzt das Laboratorium keine Dampfleitung, so wird der Dampf in einem gut zur Hälfte gefüllten, mit Steigrohr versehenen Blechtopf entwickelt. Man destilliert in der Regel so lange, bis das Destillat k l a r abläuft. Wenn sich die Substanz kristallisiert im Kühlrohr abscheidet, so läßt man f ü r kurze Zeit das Kühlwasser teilweise auslaufen; der Dampf bringt dann die Kristalle zum Schmelzen und Abfließen. Jedoch ist bei dieser Maßnahme darauf zu achten, daß nicht unkondensierter Dampf durch Mitführen von Substanz Verluste verursacht. Der Wiedereintritt von Kühlwasser in das heiße Rohr h a t mit Vorsicht zu erfolgen. Nach Beendigung der Destillation wird vor Abstellung des Dampfes die Verbindung zwischen Dampfrohr und Kolben gelöst, weil andernfalls der Rückstand des Kolbens durch das Einleitungsrohr zurücksteigen könnte. Kleinere Substanzmengen kann man auch aus einem genügend großen Fraktionierkolben mit hochangesetztem Rohr abblasen, besonders leichtflüchtige Stoffe auch ohne Dampfzufuhr durch einfaches Erhitzen mit Wasser. Sehr schwerflüchtige Substanzen treibt man mit ü b e r h i t z t e m Wasserdampf über. Die Überhitzung erfolgt zweckmäßig in einem konisch spiralig gewundenen Kupferrohr, das zwischen Dampfleitung und Kolben eingeschaltet und durch einen darunter gestellten Brenner erhitzt wird. Der Kolben mit der Substanz befindet sich in einem auf höhere Temperatur (etwa 150°) erhitzten Ölbad. Unter Umständen kommt man auch ohne Überhitzer zum Ziel, indem man mögüchst trockenen Dampf nicht zu rasch in den die trockene Substanz enthaltenden, im Heizbad erwärmten Destillationskolben einleitet. Zersetzliche Substanzen, die flüchtig sind, werden bisweilen unter vermindertem Druck, also bei erniedrigter Temperatur mit Wasserdampf destilliert.
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Einige Allgemeine Arbeitiregeln
Zur Theorie der Wasserdampfdestillation: Die reine Form des Vorgangs liegt vor, wenn der zu destillierende Stoff in W a s s e r u n l ö s l i c h , oder genauer, wenig löslich ist (Beispiele: Toluol, Brombenzol, Nitrobenzol), wenn sich also die Dampfdrucke von Wasser und Substanz gegenseitig nicht oder wenig beeinflussen. Ganz andere Verhältnisse ergeben sich bei Stoffen, die mit Wasser m i s c h b a r sind (Alkohol, Essigsäure); hier tritt das theoretisch kompliziertere Bild der fraktionierten Destillation auf. Wir betrachten nur den ersten Fall und wählen als Beispiel das bei 155° siedende B r o m b e n z o l . Erwärmen wir diese Flüssigkeit mit Wasser, so wird ihr Dampfdruck im Sinne der ihr eigenen Kurve ansteigen, und zwar u n a b h ä n g i g von dem des Wassers. Die Erscheinung des Siedens wird eintreten, wenn die Summe der Dampfdrucke der beiden Stoffe dem herrschenden Atmoephärendruck gleich geworden ist. Dies ist, wie sich aus den Dampfdruckkurven entnehmen läßt, für Normalverhältnisse (760 mm) der Fall bei 95,25°. Bei dieser Temperatur beträgt die Tension des Brombenzols 121 mm, die des Wassers 639 mm, ihre Summe also 760 mm. Die Dampfphase wird daher nach der A v o g a d r o s c h e n Regel die beiden Komponenten im molekularen Verhältnis von 121 : 639 enthalten, d. h. es werden 5,28mal mehr Wassermolekeln im Dampfgemisch sein als solche von Brombenzol. Das absolute Verhältnis, in dem Brombenzol mit Wasserdampf übergeht, ergibt sich einfach unter Heranziehung der Molekulargewichte. Auf 1 Mol Brombenzol vom Mol.Gew. 157 kommen 5,28 Mole Wasser vom Mol.-Gew. 18, oder mit 157 Gewichtsteilen des ersten gehen 5,28 • 18 = 95 Gewichtsteile Wasser über, was ungefähr einem Verhältnis Brombenzol: Wasser von 5 : 3 entspricht. Man kann demnach bei Kenntnis der Tensionskurve eines mit Wasser nicht mischbaren Stoffes den Grad seiner Wasserdampfflüchtigkeit leicht angenähert berechnen, nur angenähert deshalb, weil die Voraussetzung der gegenseitigen Unlöslichkeit praktisch niemals erfüllt ist. Über die Wasserdampfdestillation unter vermindertem Druck vgl. man S. 242. Abdestillieren von Lösungsmitteln Da man beim organisch-präparativen Arbeiten sehr häufig Substanzen aus verdünnter Lösung zu isoHeren hat, so gehört diese Operation zu den alltäglichen Verrichtungen. Ä t h e r wird am a b s t e i g e n d e n K ü h l e r (am besten Schlangenkühler), vom D a m p f b a d oder W a s s e r b a d aus abdestilliert und nach eventueller Reinigung erneut verwendet. Enthält er flüchtige Säuren, so wird er mit S o d a l ö s u n g , bei einem Gehalt an flüchtigen Basen dagegen mit verdünnter S c h w e f e l s ä u r e durchgeschüttelt.
Reindarstellung organischer Substanzen
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Um Verluste und Entzündung infolge der F l ü c h t i g k e i t des Äthers zu vermeiden, benutzt man als Auffanggefäß eine Saugflasche, die durch einen Kork mit dem Kühlrohr verbunden ist und deren Saugrohr zur Sicherheit einen über den Arbeitstisch herunterhängenden Schlauch trägt. B e i m A r b e i t e n m i t Ä t h e r und a l l e n l e i c h t e n t z ü n d lichen Lösungsmitteln läßt man keine offenen Flammen a u f dem A r b e i t s t i s c h b r e n n e n . Sind g r o ß e M e n g e n L ö s u n g s m i t t e l zu verdampfen und will man den Inhalt der Lösung nach dessen Entfernung ebenfalls destillieren, so läßt man, um ein allzu großes Gefäß zu vermeiden, die Lösung nach und nach aus einem T r o p f t r i c h t e r in den geeigneten Fraktionierkolben fließen, in dem Maße, als das Lösungsmittel verdampft (Siedesteine). Wenn man nicht über ein Dampfbad verfügt, sondern vom Wasserbad aus destillieren muß, ist dessen Flamme bei jedem Nachfüllen (Trichter!) auszudrehen. Man kommt in diesem Fall meist rascher zum Ziel, wenn man die ganze Lösung aus einem größeren Rundkolben oder Erlenmeyer abdampft und dann den Rückstand mit wenig Lösungsmittel (aber vollständig) in das kleinere Gefäß überspült. K l e i n e M e n g e n leicht verdampf barer Flüssigkeiten kann man aus dem Reagenzglas oder einem kleinen Kölbchen direkt auf dem Wasserbad verjagen. Das Reagenzglas fülle man jeweils nur 2—3 cm hoch und gieße immer wieder nach; während des Siedens im Wasserbad muß dauernd g e s c h ü t t e l t oder mit einem dünnen Glasstab g e r ü h r t werden. Nach dieser einfachen Methode führt man alle Vor p r o b e n m i t L ö s u n g e n aus und sehe sich den Rückstand auf seine Eigenschaften an. Die Lösungen zersetzlicher Substanzen läßt man für diesen Zweck auf einem Uhrglas oder in einer kleinen Kristallisierschale offen an der Luft verdunsten. Wenn es darauf ankommt, Lösungsmittel, wie A l k o h o l oder B e n z o l , v o l l s t ä n d i g zu entfernen, so gelingt dies auf dem Dampf- oder Wasserbad nicht, weil der Siedepunkt mit zunehmender Konzentration höher und höher steigt; auch mit Ä t h e r macht es Schwierigkeiten. Man greift hier zum Ölbad oder häufiger zum Vakuum, das man ansetzt, wenn kein Kondensat mehr abtropft. Es genügt, eine Capillare aufzusetzen und den Kolben in einer Porzellankasserolle oder einem Emailtopf auf mittlerer Temperatur zu erhalten, unter direktem Anschluß an die Pumpe, um die meisten Lösungsmittel, auch W a s s e r , rasch und völlig zu entfernen. D ü n n w a n d i g e G l a s g e r ä t e , wie E r l e n m e y e r , S t e h k o l b e n und R e a g e n z g l ä s e r , d ü r f e n n i e m a l s e v a k u i e r t w e r d e n , stets aber Rundkolben, unter Umständen Saugflaschen, die aber vorsichtig zu erwärmen sind. Wenn man, wie es bei empfindlichen Stoffen häufig verlangt wird, größere Mengen Lösungsmittel im Vakuum abzudampfen hat, kondensiert man, zur Beschleunigung, mit einem nicht zu kleinen Kühler und kühlt bei Bedarf noch die Vorlage mit Eis.
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Einige allgemeine Arbeiteregeln
Der Kühler ist entbehrlich, wenn man als Vorlage einen einfachen Fraktionierkolben nimmt, der auf einen großen, mit Abflußschlauch versehenen Trichter aufgelegt und von oben mit Leitungswasser berieselt wird. Das Ende des Kondensationsrohrs vom Destillierkolben muß bis über die Mitte der Kugel der Vorlage reichen. Diese Anordnung ist für das Eindampfen wäßriger Lösungen besonders geeignet. Die in Fig. 22 abgebildete Anordnung gestattet, o h n e U n t e r b r e c h u n g große Mengen Flüssigkeit, insbesondere Wasser, im Vakuum
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abzudampfen. Durch den Hahn wird von Zeit zu Zeit das Übergegangene aus dem Vorratsgefaß durch Einsaugen ersetzt. Das Lumen des Abzugsrohres soll möglichst weit sein. Anhaltendes S c h ä u m e n wäßriger Lösungen bei der Destillation verursacht häufig Ärger und Zeitverlust. Man kann ihm begegnen dadurch, daß man der Lösung etwa 3% ihres Volumens an I s o - a m y l a l k o h o l , noch besser einige Tropfen O c t y l a l k o h o l zufügt. Man kommt aber auch zum Ziel, wenn man in den l e e r e n , destillationsbereiten Kolben die Lösung in dem Maße einsaugt, als das Wasser verdampft. Das Zuführungsrohr ist in diesem Fall zweckmäßig gegen die Mündung hin zu engerem Lumen ausgezogen, das Tempo des Einspritzens läßt sich mit einer Klemmschraube (Fig. 22) genau einstellen. Ausschütteln, Extrahieren Um ein Reaktionsprodukt, das nicht fest, kristallin und filtrierbar ist, aus wäßriger Suspension oder auch aus einer Lösung herauszuholen oder auch von unlöslichen Begleitstoffen zu trennen, nimmt man es in einem geeigneten Lösungsmittel auf; als solches dient meist Ä t h e r . So sammelt man z. B. das bei einer Wasserdampfdestillation Über-
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gegangene, sofern nicht durch besonders günstige Grenzflächenverhältnisse eine direkte Abtrennung möglich ist. Zur Trennung zweier Schichten benutzt man den S c h e i d e t r i c h t e r , bei kleinen Volummengen den gleichartig konstruierten T r o p f t r i c h t e r (Fig. 23) (bis zum Inhalt von 25 ccm herab), dessen Ansatzrohr höchstens 5 cm lang und (wegen des Abfließens) schräg abgeschliffen sein soll. Zum Eingießen von Flüssigkeiten in den Trennungstrichter bedient man sich stets eines gewöhnlichen Trichters. Nach der Trennung wird die untere Schicht durch den Hahn, die obere aus dem oberen Tubus ausgegossen (Trichter). Man warte immer, bis die schwere Flüssigkeit sich am Boden angesammelt hat und vermeide beim Ausäthern, mit dem Äther auch Teile der wäßrigen Lösung abzugießen. Kleine Vorproben scheidet man nach dem Einsaugen im Tropfrohr (Fig. 9). Beim Ausschütteln einer wäßrigen Lösung, noch mehr einer Suspension, mit einem organischen Lösungsmittel treten bisweilen sehr unerfreuliche E m u l s i o n e n auf, die eine saubere Abtrennung unmöglich machen. Das sicherste Mittel, sie zu vermeiden, besteht darin, die Durchmischung mit Vorsicht vorzunehmen. Gegenmittel sind ferner: Erzeugung eines Vakuums im Scheidetrichter, Zugabe einiger Tropfen Alkohol, Sättigung der wäßrigen Phase mit Kochsalz, Stehenlassen über Nacht. Ist eine Substanz nicht nur im organischen Lösungsmittel, sondern auch in Wasser löslich, so ist der Erfolg des Ausschütteins vom Verhältnis der Löslichkeiten abhängig; je größer dieses Verhältnis z . B . von Wasser zuÄther, der „ T e i l u n g s q u o t i e n t ( Q ) " i s t , um so mehr Äther muß benutzt oder um so öfter muß ausgeschüttelt werden. Denn dieser Quotient gibt an, wie sich ein in zwei nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten löslicher Stoff zwischen diese verteilt. Ob wir gegebenenfalls eine gewisse Menge Äther auf einmal zum Ausschütteln einer wäßrigen Lösung benutzen oder ob wir besser die Operation mit kleinen Anteilen mehrfach wiederholen, die prinzipielle Entscheidung darüber gibt folgende einfache Betrachtung. Nehmen wir an, der Teilungsquotient sei gleich 1 und wir hätten auf 1 Volum Wasser 2 Volumina Äther zur Verfügung, die wir in einem Fall auf einmal einsetzen, im andern Fall zu gleichen Hälften für zwei Ausschüttelungen verwenden. Die Menge der gelösten Substanz sei a. Im ersten Fall gehen dann 2
— a in den Äther, im zweiten nimmt das erste halbe Volum der Gesamtem (JL äthermenge —, das zweite von den zurückbleibenden — noch einmal a 3 die Hälfte, also —, das sind — a. Um diese Menge in einer Operation aus dem Wasser herauszuholen, wäre das dreifache Volum Äther nötig, oder: 2 Liter einzeln eingesetzt leisten das gleiche wie 3 Liter auf einmal. Die praktische Folgerung ist klar.
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
Man kann den Vorgang des Ausschütteins auch zur Trennung von Substanigemischen heranziehen, deren Komponenten verschiedene Teilungsquotienten aufweisen. In einem ähnlichen wie dem obigen Beispiel liege die Substanz 1 der Menge a (Q = 1) mit derselben Menge a' einer zweiten Substanz vom Q = 0,2 vermischt vor. Die Begleitsubstanz ist also in Wasser besser als in Äther löslich und verbleibt 4 1 nach dem ersten Ausschütteln m i t — a ' i m Wasser, nachdem — o' im gleich großen 5 5 a Äthervolumen gelöst sind. Von Substanz 1 sind dagegen, wie erwähnt, — im Wasser, o ^ -5- im Äther anzutreffen. Schüttelt man nun die wäßrige Lösung ein zweites Mal .. o mit demselben Äthervolumen aus, so enthält sie von Substanz 1 nur noch — , von 4 4 4 3 .. Substanz 2 aber -=- von a', das sind rund — a'. Eine Re-extraktion des 1. Äther5 5 5 extrakts mit demselben Wasservolumen ergibt im Äther das reciproke Gewichtsverhältnis beider Substanzen. Es ist leicht einzusehen, daß eine systematische Fortsetzung dieser Arbeitsweise zur praktisch vollständigen Stofftrennung führen muß. Diese sog. „ G e g e n s t r o m e x t r a k t i o n " (Craig) 1 spielt heute im Forschungslaboratorium und in der Industrie, wo sie kontinuierlich ausgeführt wird, eine bedeutende Rolle. Der Teilungsquotient organischer Substanzen zwischen Wasser und Lipoiden (das sind fettartige Bestandteile der Zellwand) ist f ü r biologische Prozesse von großer Bedeutung (Narkosetheorie von H. H. M e y e r und O v e r t o n ) .
Außer Äther benutzt man zum Ausschütteln eines gelösten Stoffes aus Wasser bisweilen auch E s s i g e s t e r , C h l o r o f o r m , B e n z o l , A m y l a l k o h o l . Da Wasser rund 10% seines Volumens an Äther auflöst, vermeide man schon aus Sparsamkeitsgründen unnötige Verdünnung. Trocknen der Lösungen: Nachdem man eine Substanz aus wäßriger Lösung oder Suspension mit einem organischen Lösungsmittel aufgenommen hat, ist die Lösung mit Wasser gesättigt und muß daher getrocknet werden; unterließe man dies, so würde das gelöste Wasser nach dem Abdampfen des Lösungsmittels zum größten Teil mit der zu isolierenden Substanz zurückbleiben. Bei der Wahl des T r o c k e n m i t t e l s ist zu beachten, daß es weder mit dem Solvens noch mit dem gelösten Stoff reagieren darf und in jenem vollkommen unlöslich sein muß. Man wird die ätherische Lösung einer organischen Säure nicht mit festem Ätzkali trocknen, wohl aber die einer Base. Das wirksamste und meist benutzte Trockenmittel ist C a l c i u m c h l o r i d , das man entweder in gekörntem oder (vorher) geschmolzenem Zustand anwendet; Ätherlösungen werden fast ausschließlich mit ihm getrocknet, es sei denn, daß sie Stoffe enthalten, die mit CaCl2 Additionsverbindungen geben, wie Alkohole, Amine u. a. Alkoholhaltige Ätherlösungen dürfen daher nicht mit Calciumchlorid getrocknet werden; man muß vorher den Alkohol durch mehrfaches Ausschütteln mit Wasser entfernen. In der Regel wird viel zu viel Trockenmittel verwendet. Es genügt für gewöhnlich soviel Calciumchlorid, daß nach einigem Stehen neben gesättigter CaCl2-Lösung noch etwa die gleiche Menge festen Salzes vorhanden ist. 1
Siehe W e i ß b e r g e r , Technique of Organic Chemistry, Bd. III, 259 (1950).
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Reindarstellung organischer Substanzen
Weit weniger wirksam als CaCl2 ist w a s s e r f r e i e s N a t r i u m s u l f a t , selbst wenn es vor dem G e b r a u c h frisch geglüht ist. Es wird benutzt, wenn aus den angeführten Gründen ein Ersatz für Calciumchlorid gefordert wird. Für die Lösungen basischer Stoffe sind geglühte Pottasche, festes Ä t z k a l i , B a r i u m o x y d viel gebrauchte Trockenmittel. Um die gebräuchlichsten Lösungsmittel völlig wasserfrei zu gewinnen, werden die folgenden Tröckenmittel angewandt. Für Äther, Benzol und Homologe, Petroläther: N a t r i u m .
F i g . 24
Fig. 25
Fig. 26
Für Aceton, Chloroform, Essigester, Schwefelkohlenstoff: Calciumchlorid. Die Alkohole werden durch mehrstündiges Kochen mit frisch gebranntem Ä t z k a l k am Rückflußkühler und anschließendes Abdestillieren entwässert. Chlorhaltige L ö s u n g s m i t t e l wie CC13H, CC14, dürfen wegen E x p l o s i o n s g e f a h r k e i n e s f a l l s mit N a t r i u m getrocknet werden. Extraktionsapparate: Sehr häufig ist eine organische Substanz in Wasser viel löslicher als in Äther und anderen Solventien. Dann führt auch oft wiederholtes Ausschütteln nicht zum Ziel. Man arbeitet in solchen Fällen mit dem sog. P e r f o r a t o r , das ist ein kontinuierlicher Extraktionsapparat für Lösungen, der in keinem organischen Laboratorium fehlen darf. Das Prinzip ergibt sich aus der mit einfachen Labora3
G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.
37. Aufl.
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
toriumsmitteln zusammenstellbaren Anordnung nach S c h a c h e r l (Fig. 24). Noch zweckmäßiger ist die in allen Dimensionen ebenfalls leicht zu beschaffende Apparatur gemäß Fig. 25. Damit kommen wir auch zu den E x t r a k t i o n s a p p a r a t e n f ü r f e s t e S u b s t a n z e n . Der bekannteste ist der „ S o x h l e t " , der namentlich für analytische Zwecke viel benutzt wird. Für präparative Zwecke ziehen wir den vereinfachten Extraktor (Fig. 26) vor, der billiger ist und rascher arbeitet. Damit sich durch das auftropfende Lösungsmittel im Extraktionsgut keine Gasse bildet, legt man eine dünne Siebplatte aus Porzellan (Filterplatte) darüber. Der Extraktionsapparat dient vornehmlich zum Herauslösen schwer löslicher Bestandteile aus Gemischen, zum Isoheren von Naturstoffen aus (trockenem) pflanzlichem oder tierischem Material. Mitunter ist es sehr zweckmäßig, schwer lösliche Substanzen mit dem geeigneten Lösungsmittel (besonders Äther) aus der Extraktionshülse „umzukristallisieren". Aus der bald heiß übersättigten Lösung im Siedekolben kommt meist schon während der Extraktion das Gelöste in Kristallen heraus. Bei hoch siedenden Lösungsmitteln hängt man die Extraktionshülse an einem dünnen Draht direkt in den Rundkolben ein; sie soll nicht in die Flüssigkeit eintauchen.
Das Arbeiten mit komprimierten Gasen Jedes Hochschullaboratorium ist wohl zur Zeit mit Stahlflaschen versehen, in denen die wichtigsten Gebrauchsgase in k o m p r i m i e r t e r F o r m enthalten sind. Diese sind 1. Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff. 2. Kohlendioxyd, Chlor, Ammoniak, Schwefeldioxyd. Die Elemente unter 1., deren kritische Temperatur sehr tief liegt, sind in G a s f o r m , die Stoffe unter 2. i n v e r f l ü s s i g t e m Z u s t a n d in den Bomben enthalten. Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff befinden sich zumeist, auf 150 Atm. komprimiert, in Stahlbomben von 10 Liter Inhalt; in ihnen sind demnach nach der Füllung 1,5 cbm Gas von Atmosphärendruck enthalten. Die Ansatzgewinde der Wasserstofflaschen haben verkehrten Schraubengang, damit nicht irrtümlich Sauerstoff in sie eingepreßt wird. Alle G a s f l a s c h e n i m L a b o r a t o r i u m s o l l e n m i t F e i n v e n t i l e n a u s g e s t a t t e t s e i n , für deren Instandhaltung ein Assistent zu sorgen hat. Die Benutzung des Kopfventils allein erschwert die Regulierung des Gasstroms und führt unfehlbar zu übergroßem Verbrauch. Für alle Gase (auch Chlor) sind K e g e l v e n t i l e (Fig. 27) aus Aluminiumbronze verwendbar.
Das Arbeiten mit komprimierten Gasen. Rühren und Sohütteln
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p B e i a l l e n A r b e i t e n m i t G a s e n — sei es aus Stahlflaschen, sei es aus dem Kippapparat — m u ß e i n e K o n t r o l l e f ü r d i e S t r ö m u n g s g e s c h w i n d i g k e i t a n g e w a n d t w e r d e n . Dafür genügt ein kleiner •— mit konz. Schwefelsäure beschickter T r o p f e n außer bei N H , z ä h l e r , der an der Flasche selbst befestigt sein kann. Meist wird man, um gleichzeitig zu trocknen, eine W a s c h f l a s c h e vorschalten, am besten n i c h t eine zweiteilige mit Glasschliff, die oft durch den geringsten Überdruck geöffnet wird 1 . Müssen Gase besonders scharf getrocknet werden, so genügt eine Waschflasche mit konz. Schwefelsäure nicht. Man schaltet dann noch 1—2 U-Röhren vor, in die man, auf Glaswolle verteilt, P h o s p h o r p e n t o x y d eingefüllt hat. Ammoniak leitet man durch K a l i l a u g e 1: 1 und zum Trocknen dann noch durch einen T u r m , der mit KOH und CaO beschickt ist. Man beachte, daß man mit den üblichen Laboratoriumsgeräten mit Flaschengas nicht abgeschlossen unter Überdruck arbeiten kann. Will man z. B. eine Reaktionslösung unter Ha- oder C02-Druck stehen lassen, so darf das Gefäß nicht ohne weiteres an die Gasflasche angeschlossen werden. Zur Entlastung der Apparatur von dem Überdruck setzt man in die Leitung ein T - R o h r ein, dessen sich abzweigender Teil mit einem in einen Zylinder mit Quecksilber oder Wasser eintauchenden Glasrohr verbunden ist. Bequemer ist es, in solchen Fällen sich des K i p p s zu bedienen oder, bei Stickstoff, eines damit aus der Bombe gefüllten Gasometers.
Erfahrungsgemäß wird viel Gas verschwendet, weil sich der Anfänger meist keine Gedanken darüber macht, welche Mengen ungefähr er für Fig. 27 seine Reaktion benötigt; das soll er aber tun. Alle Gebrauchsgase außer Stickstoff können im Bedarfsfall ersatzweise nach einfachen bekannten Methoden dargestellt werden.
Rühren und Schütteln Solange man in homogener Lösung arbeitet, ist mechanische Bewegung nicht nötig, es sei denn, daß man in einem Reaktionsgemisch einen nach und nach zuzusetzenden oder zuzutropfenden Stoff alsbald in feine Verteilung — Lösung oder auch Suspension — bringen will. Dies gilt besonders auch dann, wenn lokal auftretende Reaktionswärme, z. B. bei Zugabe von konz. Schwefelsäure, ein empfindliches Präparat gefährdet. 1 Die Verbindung zwischen Stahlbombe und Waschflasche soll nach der Benutzung stets gelöst werden, damit ein Zurücksteigen der Schwefelsäure verhindert wird.
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
Hierbei ist es unerläßlich, die Lösung durch Umschütteln mit der Hand oder besser durch mechanisches Rühren dauernd zu bewegen. Als R ü h r e r dient zweckmäßig ein Glasstab, an den nur am unteren Ende oder aber auch mehrfach übereinander propellerartige Flügel aus Glas angeschmolzen sind. Zur Führung nimmt man ein Stück etwas weiteren, an den Enden abgeschmolzenen Glasrohrs oder eine passende Hülse des Korkbohrers, die, in einem Kork gefaßt, in eine Klammer in vertikaler Richtung fest eingespannt wird und auf deren oberem Rand eine kleine Riemenscheibe oder auch Korkbzw. Gummistopfen mit Rille, in denen der Rührstab befestigt ist, sich mit möglichst wenig Reibung bewegt (mit Glycerin geschmierter, schmaler Gummiring). Als Antrieb wird die alte Rabesche Wasserturbine mehr und mehr vom kleinen Elektromotor verdrängt, dessen Tourenzahl sich bequem mit Regulierwiderstand oder Schiebetransformator regeln läßt. Bei Verwendung eines Elektromotors ist es zweckmäßig, den Rührer mit einem Stück Vakuumschlauch unmittelbar auf dem Ankerwellcn-Stumpf des vertikal fixierten Motors zu befestigen. Kleine Preßluftmotoren, die auch mit dem Unterdruck der Wasserstrahlpumpe betrieben werden können, erfreuen sich in neuerer Zeit als Rührwerksantrieb großer Beliebtheit. H a t man im a b g e s c h l o s s e n e n G e f ä ß zu rühren oder bei gleichzeitigem E r h i t z e n am R ü c k f l u ß k ü h l e r , so wird der Rührer Fig. 28 durch einen Q u e c k s i l b e r v e r s c h l u ß , wie ihn die Fig. 28 zeigt, oder durch eine eingeschliffene Welle abgedichtet. Einem größeren Überdruck von innen ist die Quecksilberdichtung nicht gewachsen. Wenn man übereinandergeschichtete, nicht mischbare Flüssigkeiten durcheinanderrühren will, muß der Rührer zwischen den beiden Schichten eingesetzt werden. Spezifisch schwere Bodenkörper, z. B. Zinkstaub oder Natriumamalgam, werden im allgemeinen von den kleinen Glasrührern nicht ordentlich erfaßt. In solchen Fällen ist das mechanische Rühren häufig illusorisch, und man erreicht eine stärkere Wirkung durch Umrühren mit einem Glasstab, einer Holzleiste oder öfteres Umschütteln mit der Hand. Hier setzt auch die Benutzung der S c h ü t t e l m a s c h i n e ein, die eine möglichst feine mechanische Aufteilung im heterogenen System zum Zweck hat. Als Gefäß benutzt man fast ausschließlich enghalsige Glasstöpselflasehen mit gutem, dichtem Schliff. Der Stopfen wird durch
Erhitzen unter Druck
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ein Stück darüber gezogenen und am Hals mit dünnem Draht festgemachten Gummischlauch gehalten. Umsetzungen, bei denen sich ein Gas oder viel Wärme entwickelt, dürfen nicht ohne weiteres auf der Schüttelmaschine vorgenommen werden.
Erhitzen unter Druck Wenn man Lösungen oder freie Substanzen zur S t e i g e r u n g d e r R e a k t i o n s g e s c h w i n d i g k e i t bei einer Temperatur zur Umsetzung bringen will, die oberhalb ihres Siedepunktes liegt, so muß man sie von der äußeren Atmosphäre abschließen, und zwar entweder durch E i n s c h m e l z e n in ein Glasrohr, in dem sie dann erhitzt werden, oder im geschlossenen Metallgefaß ( A u t o k l a v ) . Dies ist, wie leicht ersichtlich, schon erforderlich, wenn wir eine alkoholische Lösung bei 100° oder eine wäßrige etwa bei 120° reagieren lassen wollen. Der Zweck ist also ausschließlich die Erhöhung der R e a k t i o n s t e m p e r a t u r , die damit Hand in Hand gehende Steigerung des Drucks ist für die Geschwindigkeit der Umsetzung ohne Belang, da sie ja im allgemeinen von keiner wesentlichen Konzentrationsänderung begleitet ist. Da man am häufigsten L ö s u n g e n im Einschlußrohr erhitzt, in denen der Dampfdruck des Lösungsmittels den Innendruck bestimmt, so hat man bei Temperaturen, die erheblich höher als 100° hegen, mit ganz 29 ansehnlichen Drucken zu rechnen. Zu ihnen addieren sich die der eventuell bei der Reaktion entstehenden Gase. Über die Druckverhältnisse, die bei einer Einschlußreaktion zu erwarten sind, mache man sich an Hand der T e n s i o n s k u r v e des angewandten Lösungsmittels überschlagsweise eine Vorstellung. Wir haben im erhitzten Rohr bei präparativen Reaktionen stets den Druck des gesättigten Dampfes, d. h. Lösung neben dem Dampf des Lösungsmittels. Der Druck ist daher von der absoluten Menge der eingefüllten Lösung nicht abhängig. Man füllt jedoch in der Regel nicht höher als bis zur Hälfte des Rohrvolumens ein. Wenn bei der Reaktion Gas gebildet wird, spielt der Betrag an freiem Gasraum für die Druckverhältnisse natürlich eine Rolle. Die gebräuchlichen D r u c k r o h r e aus J e n a e r G l a s können, wenn eine chemische Einwirkung auf das Glas außer Betracht bleibt, mit einiger Sicherheit einem Druck von 20 b i s 25 A t m o s p h ä r e n ausgesetzt werden.
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Einige allgemeine Arbeitaregeln
Einschmelzröhren sind stets durch einen Trichter zu füllen, die innere Wand in der Nähe der Zuschmelzstelle muß rein bleiben. Über das Umgehen mit Einschlußröhren vgl. auf S. 65/66. Will man mit der Temperatur nur auf 100° gehen, so erhitzt man das Rohr, mit einem Tuch umwickelt und an einem Bindfaden oder einem Draht aufgehängt, in der sog. W a s s e r b a d k a n o n e . Wenn kein oder nur geringer Druck entwickelt wird, so benutzt man statt des Einschmelzrohrs eine gewöhnliche S o d a w a s s e r f l a s c h e mit Patentverschluß, die man mit dem Wasserbad anheizt (zur Vorsicht Flasche in ein Tuch einschlagen!). Das Arbeiten in Einschmelzröhren ist präparativ umständlich wegen ihres relativ geringen Fassungsraumes. Man benutzt daher für größere Ansätze A u t o k l a v e n , das sind metallene Einschlußgefaße, die gleichzeitig auch höhere Drucke aushalten. Der Deckel wird durch einen Bleioder Kupferring gedichtet, mit 6—8 Verschlußschrauben befestigt, deren Muttern man — j e ein Paar gegenüberliegende gleichzeitig—allmählich anzieht. Das Erhitzen erfolgt mit Gas (Rundbrenner) oder elektrisch (Widerstandheizung); Manometer und Thermometer gestatten eine laufende Kontrolle von Druck und Temperatur. Natürlich legt man der Wahl des Autoklavenmodells die gewünschten Reaktionsbedingungen zugrunde. Besondere Anforderungen stellt das Rühren unter Druck, wenn es gilt, eine Reaktion in heterogenem Medium (Festkörper-Flüssigkeit, Flüssigkeit-Gas) durchzuführen. Die stehend oder liegend ausgeführten R ü h r a u t o k l a v e n besitzen eine druckfeste Rührerdichtung, die sog. Stopfbüchse, die allerdings stets eine empfindliche Stelle ist. Mehr und mehr geht man heute im Laboratorium zu Schüttel- oder rotierenden Autoklaven über; bei letzterem Typ wird der liegende Autoklav um eine horizontale Achse gedreht. Die modernste Ausführungsform ist der Magnet-Rührautoklav (A. Hofer, Mülheim); der außerhalb des Autoklaven befindliche Elektromagnet zieht periodisch den Weicheisenkern mit den Rührplatten hoch. Ein wichtiges Anwendungsgebiet der verschiedenen Typen von Rührautoklaven ist die katalytische Hydrierung (S. 328) unter Druck; ein Hydrierautoklav sollte in keinem Hochschullaboratorium fehlen. Bei allen A r b e i t e n u n t e r D r u c k schütze m a n die Augen und verschaffe sich vorher aus den physikalischen Unterlagen ein ungefähres Bild über die dem Apparat zugemutete Leistimg.
Schmelzpunktsbestimmung
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Schmelzpunktsbestimmung Die R e i n h e i t einer kristallisierten organischen Substanz wird durch den S c h m e l z p u n k t kontrolliert. Diese leicht zu ermittelnde Konstante dient auch zur I d e n t i f i z i e r u n g von Stoffen und bei neuen Verbindungen zur C h a r a k t e r i s i e r u n g . Der Apparat ist ein langhalsiger Kugelkolben, in den ein geprüftes Thermometer mit Hilfe eines Korks eingesetzt ist; um die Skala ganz zu übersehen, ist ein Streifen Kork mit einem scharfen Messer herausgeschnitten (Fig. 30). Die Heizflüssigkeit ist reine konz. Schwefelsäure, mit der die Kugel zu % ihres Inhalts angefüllt wird. Die Substanz wird feinst gepulvert in kleine dünnwandige Glasröhrchen eingebracht, die man sich aus Reagenzgläsern (zweckmäßig beschädigte, aber trockene und reine!) wie folgt herstellt. Man bringt das Rohr in der Gebläseflamme unter Drehen zum Schmelzen und zieht dann rasch aus; schon nach kurzer Übung trifft man den richtigen Durchmesser, der 1—1,5 mm sein soll. Aus dem ausgezogenen Material schneidet man mit der Schere die geeigneten Teile aus, wo es angeht, zweckmäßig in doppelter Röhrchenlänge (etwa 12 cm), so daß man durch Abschmelzen jedes Stückes in der Mitte (Sparflamme) alsbald zwei fertige Schmelzpunktröhrchen erhält. Von der scharf getrockneten Substanz zerdrückt man eine kleine Probe mit Pistill oder Spatel auf einem Uhrglas oder einem kleinen Stückchen Ton und bringt von dem Pulver eine ungefähr 2 mm hohe Schicht auf den Grund des Röhrchens. Dabei taucht man das offene Fig. 30 Ende des Röhrchens in das Pulver und bewirkt durch vorsichtiges Aufklopfen, daß die von der Mündung gefaßte Substanz hinuntergleitet. Bei großer Adhäsion läßt man das Röhrchen einige Male durch ein langes Glasrohr auf eine Glasplatte oder ein Uhrglas auffallen. Auch durch leichtes Anstreichen des Röhrchens mit einer Feile können festhaftende Substanzen zum Hinabgleiten gebracht werden. Das Röhrchen wird dann am zweckmäßigsten mit einem Tropfen konz. Schwefelsäure, den man mit der Thermometerspitze am oberen Ende aufträgt, am Thermometer angeklebt, so daß sich die Substanz auf der Höhe der M i t t e der Quecksilberkugel befindet. Diese selbst muß bei der Bestimmung g a n z ins Bad eintauchen. Man erhitzt nun die Kugel mit mäßig großer, schräg gehaltener Flamme, die man langsam gleichförmig um den Kolben bewegt. Der Apparat muß von auffallendem Licht beleuchtet sein. Bei hoch schmelzenden Körpern kann man anfangs rasch erhitzen, in der Nähe des Schmelzpunktes soll die Temperatur l a n g s a m steigen. Gewöhnlich werden in diesem Stadium
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Einige allgemeine Arbeitsregeln
im oberen Teil des Röhrchens haften gebliebene Teilchen der Substanz durch die aufsteigende heißere Schwefelsäure zum Erweichen gebracht. Jetzt erhitzt man vorsichtig weiter; die Schmelztemperatur ist erreicht, wenn die zuerst zusammengefallene Probe sich k l a r verflüssigt hat. Bei Stoffen, deren Schmelzpunkt man nicht kennt, dient eine Vorprüfung zur Orientierung. Viele organische Verbindungen schmelzen nicht unzersetzt. Dies äußert sich oft in einer V e r ä n d e r u n g der F a r b e und meist in einer G a s e n t w i c k l u n g , die man im Röhrchen sehr scharf beobachten kann (Lupe!). Solche Substanzen besitzen keinen scharfen Schmelzpunkt, sondern einen Z e r s e t z u n g s p u n k t , der fast immer von der Geschwindigkeit des Erhitzens abhängig ist, derart, daß er bei rascher Temperatursteigerung höher gefunden wird als bei langsamer. Auch erkennt man bei ihnen den verändernden- Einfluß der Hitze schon unterhalb des Zersetzungspunktes an einem Zusammenschrumpfen und Klebrigwerden der Substanzprobe, eine Formänderung, die man als „ S i n t e r n " bezeichnet. Bei der Bestimmung des Schmelzpunktes zersetzlicher Stoffe heizt man das Bad ziemlich rasch bis auf 10—20° unterhalb der Zersetzungstemperatur, um von da an das Thermometer nur etwa um 5° in der Minute höher zu treiben. Die Erscheinung vorzeitigen Sinterns ist bei unzersetzt schmelzenden Substanzen ein Kennzeichen unvollkommener Reinheit und verlangt nach der präparativen Seite erneute Umkristallisation oder Destillation. Es gibt allerdings auch Stoffe, die selbst in reinster Form nicht ohne vorheriges Sintern, also nicht ganz scharf, schmelzen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die sog. „ f l ü s s i g e n K r i s t a l l e " hingewiesen (Lehmann, Vorländer). Als Regel gelte, daß eine Substanz erst als rein angesehen werden kann, wenn sich ihr Schmelzpunkt bei Wiederholung der Reinigungsprozedur nicht mehr ändert. Die Ursache dafür, daß der Schmelzpunkt unreiner Stoffe tiefer hegt als der des einheitlichen Materials, Hegt darin, daß die Begleitstoffe gewissermaßen als gelöste Stoffe oder Lösungsmittel wirken; der Erstarrungspunkt einer Lösimg liegt aber bekanntlich immer tiefer als der des Lösungsmittels (Kryoskopie). Diese Beziehung begründet einen wichtigen I n d e n t i t ä t s n a c h w e i s . Wenn wir auf neuem Weg eine Verbindung erhalten, die wir nach ihrem Schmelzpunkt mit einer schon bekannten für identisch halten, so können wir darüber einwandfrei entscheiden dadurch, daß wir den Schmelzpunkt eines innigen Gemisches der beiden Verbindungen feststellen. Ist A von B verschieden, so werden die beiden Stoffe als gegenseitige Verunreinigungen sich geltend machen, der Schmelzpunkt des Gemisches wird sinken, sind sie dagegen identisch, so bleibt der Schmelzpunkt unverändert. Bei der „ M i s c h s c h m e l z p r o b e " prüft
Qualitativer Naohweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs usw.
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man zweckmäßig die drei Proben (A, B und A -f- B) am gleichen Thermometer, an dem bei einiger Übung zu beiden Seiten und vorne je ein Röhrchen oder, wenn die Thermometerröhre genügend dick ist, alle drei vorne nebeneinander (in gleicher Höhe!) angebracht werden können. In e i n e m Fall versagt die Mischprobe, nämlich bei i s o m o r p h e n Stoffen. Für die Bestimmung des S i e d e p u n k t e s mit kleinen Substanz mengen im Schmelzpunktapparat gibt es auch mehrere brauchbare Verfahren, z . B . das von S i w o l o b o f f 1 . Das S c h w e f e l s ä u r e b a d kann nicht ohne Gefahr für Schmelzpunktsbestimmungen oberhalb250° verwendet werden; sobald sich Siedeerscheinungen zeigen, stelle man das weitere Erhitzen ein, rechne auch schon vorher mit der Möglichkeit, daß der Kolben springen könne. Höhere Temperaturen (bis 350°) erreicht man mit einem Schwefelsäurebad, in dem man in der Hitze K a l i u m s u l f a t aufgelöst hat. Dieses Heizbad erstarrt in der Kälte, da prim. Kaliumsulfat auskristallisiert; es muß daher vor Einbringen des Thermometers eben geschmolzen werden. Noch höhere Schmelzpunkte bestimmt man im Metallblock. Steigende Bedeutung kommt auch der mikroskopischen Schmelzpunktsbestimmung mit Hilfe des Kofler-Blocks zu; diese Methode ermöglicht die Beobachtung von Änderungen der Kristallstruktur und erlaubt eine exakte thermische Analyse8.
B. Elementar-analytische Methoden Qualitativer Nachweis des Kohlenstoffs, Wasserstoffs, Stickstoffs, Schwefels und der Halogene Prüfung aui Kohlenstoff und Wasserstoff: Verbrennt eine Substanz beim Erhitzen auf dem Platinblech mit Flamme (Ausnahmen: z. B. S) oder zersetzt sie sich unter Abscheidung von schwarzer Kohle, so ist sie als organisch anzusprechen. Gleichzeitig auf K o h l e n s t o f f und W a s s e r s t o f f kann man prüfen, indem man eine Probe der trockenen Substanz in einem kleinen Reagenzrohr mit ihrem mehrfachen Volumen ausgeglühten, feinen Kwpferoxydes mischt, über die Mischung noch etwas Kupferoxyd schichtet, das Rohr durch einen Kork mit einem rechtwinklig gebogenen Entbindungsrohre verbindet und nun stark erhitzt. Trüben die entweichenden Gase klares Barytwasser (C02), so 1
B. 19, 175 (1885). ' L. K o f i e r und A. K o f i e r , Mikroraethoden zur Kennzeichnung organischer Stoffe und Stoffgemische. Berlin 1945.
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Elementar-analytische Methoden
enthält die Substanz K o h l e n s t o f f , während der W a s s e r s t o f f g e h a l t sich dadurch zu erkennen gibt, daß sich in dem oberen, kalten Teile des Reagenzrohres Wassertröpfchen ansetzen. Prüfung auf Stickstoff: Man erhitzt eine kleine Probe in einem Reagiergläschen von etwa 5 mm Weite und 6 cm Länge solange in einer Bunsenflamme mit einem halblinsengroßen Stückchen blanken Kaliums oder Natriums, welches man zwischen Filtrierpapier abgepreßt hat, bis meistens unter schwacher Verpuffung und Dunkelfärbung Zersetzung eintritt. Das schließlich bis zur R o t g l u t erhitzte Röhrchen taucht man noch heiß in ein kleines Becherglas ein, welches 5 ccm Wasser enthält, wobei das Röhrchen unter eventueller Entzündung des unverbrauchten Kaliums zerspringt (Abzug!). Man filtriert dann die wäßrige Lösung, welche bei Anwesenheit von Stickstoff Alkalicyanid enthält, von Kohle und Glassplittern ab, versetzt das Filtrat mit je zwei Tropfen Eisenvitriol- und Eisenchloridlösung, prüft, ob die Flüssigkeit alkalisch reagiert, und erhitzt, wenn dies der Fall ist, 1—2 Minuten, wobei sich bei Anwesenheit von KCN Ferrocyanlcalium bildet. Säuert man nun die alkalische Lösung nach dem Erkalten mit Salzsäure an, so lösen sich das abgeschiedene Eisenoxyd und Eisenoxydulhydrat auf, und das Ferrocyankalium reagiert mit dem Eisenchlorid in bekannter Weise unter Bildung von Berlinerblau. Bei Anwesenheit von S t i c k s t o f f erhält man demnach einen b l a u e n N i e d e r s c h l a g . Ist nur wenig Stickstoff in der Substanz vorhanden, so erhält man bisweilen im Anfang keinen Niederschlag, sondern nur eine blaugrüne Lösung. L ä ß t man diese längere Zeit, unter Umständen über Nacht, stehen, so scheidet sich ein Niederschlag ab. Bei der Prüfung l e i c h t f l ü c h t i g e r S u b s t a n z e n auf Stickstoff wende man ein längeres Rohr an und lasse die sich in dem kalten Teile kondensierende Substanz mehrfach auf das heiße Kalium zurückfließen. Bei Substanzen, welche ihren Stickstoff schon bei mäßiger Temperatur abgeben, wie z. B. D i a z o v e r b i n d u n g e n , kann dieser nicht in der beschriebenen Weise erkannt werden. Man muß in derartigen Fällen prüfen, ob bei der Verbrennung der Substanz mit Kupferoxyd in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre sich Gas bildet, welches von Kali nicht absorbiert wird (vgl. quantitative Bestimmung des Stickstoffs). Prüfung auf Schwefel: Die qualitative Prüfung auf Schwefel wird in der gleichen Weise wie die auf Stickstoff ausgeführt. Man glüht die Substanz in einem Röhrchen mit Natrium und versetzt die eine H ä l f t e der mit Wasser aufgenommenen und erkalteten Schmelze mit einigen Tropfen einer Nitroprussidnatriumlösung, welche man sich durch Schütteln einiger Körnchen des festen Salzes mit Wasser in der Kälte kurz zuvor darstellt. Eine v i o l e t t e F ä r b u n g zeigt die Anwesenheit von S c h w e f e l an. Da die Nitroprussidreaktion äußerst empfindlich ist und keinen Schluß auf die Menge des Schwefels zu ziehen gestattet,
Qualitativer Naohweia des Kohlenstoffs, Wasserstoffs usw.
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so versetzt man die zweite Hälfte der Flüssigkeit nach dem Filtrieren mit Bleiacetatlösung und säuert darauf mit Essigsäure an. J e nachdem, ob hierbei nur eine dunkle Trübung oder ein mehr oder minder starker Niederschlag von Bleisulfid sich bildet, ist die Menge des Schwefels nur eine geringere oder eine größere. L e i c h t f l ü c h t i g e S u b s t a n z e n kann man meistens in dieser Weise nicht prüfen. Diese erhitzt man, wie unten bei der quantitativen Bestimmung des Schwefels angegeben, mit rauchender Salpetersäure in einem Bombenrohr auf etwa 200—300° und prüft die Lösung nach dem Verdünnen mit Wasser mit Bariumchlorid auf Schwefelsäure. Prüfung auf Halogene: C h l o r , B r o m und J o d kann man in organischen Verbindungen nur in s e l t e n e n Fällen direkt durch Fällen mit Silbernitrat nachweisen, da das Halogen meist nicht ionogen gebunden ist. Um homöopolar gebundenes Halogen zu erkennen, glüht man die zu prüfende Substanz in einem nicht zu engen Reagenzrohr über einer Bunsenflamme mit einem Überschuß von chemisch reinem Ätzkalk, taucht das noch heiße Rohr in wenig Wasser ein, wobei es zerspringt, säuert mit chemisch reiner Salpetersäure an, filtriert ab und versetzt mit Silbernitrat. In Verbindungen, welche k e i n e n S t i c k s t o f f enthalten, kann man, wie dies bei der Prüfung auf Stickstoff beschrieben ist, die Halogene durch Glühen mit Natrium nachweisen. In diesem Falle säuert man die von Glasscherben und Zersetzungsprodukten abfiltrierte Lösung mit reiner Salpetersäure an und fügt Silbernitrat hinzu. Sehr schnell und bequem lassen sich die Halogene durch die B e i i s t ein sehe Probe erkennen. Ein Stückchen Kupferoxyd von der Größe einer Linse oder ein Stäbchen des Oxyds von y 2 c m Länge wird mit einem dünnen Platindraht, der an ein Glasrohr angeschmolzen ist, umwickelt und in der Bunsenflamme solange ausgeglüht, bis die Flamme farblos erscheint. Bringt man nach dem Erkalten des Kupferoxydes eine winzige Menge einer halogenhaltigen Substanz darauf und erhitzt in dem äußeren Teile einer Bunsenflamme, so verbrennt zunächst der Kohlenstoff, und man beobachtet eine leuchtende Flamme. Diese verschwindet bald und macht einer g r ü n e n oder b l a u g r ü n e n Platz, welche durch verdampfendes Halogenkupfer hervorgerufen wird. Aus der Dauer der Färbung läßt sich darauf schließen, ob die Substanz nur Spuren oder mehr Halogen enthält. Auch ein in einem Kork befestigtes Stück Kupferdraht kann zur Ausführung der B e i i s t einschen Probe Verwendung finden. I n n i c h t f l ü c h t i g e n S u b s t a n z e n lassen sich H a l o g e n und S c h w e f e l mit großer Sicherheit durch die S a l p e t e r s c h m e l z e ermitteln. Man verreibt 5—10 mg des Stoffs (nicht mehr!) mit 100 bis 200 mg Kaliumnitrat in einer kleinen Achatreibschale und erhitzt das
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Elementar-analytische Methoden
Gemisch in einem kleinen Reagenzglas vorsichtig über kleiner Flamme. Die Oxydation erfolgt unter schwacher Feuererscheinung und ist beendet, wenn die Schmelze farblos geworden ist. Nach dem Erkalten löst man in Wasser und bestimmt die gesuchten Elemente in bekannter Weise. (Reagentien zuvor auf Halogen- und Sulfationen prüfen!) Andere Elemente, die in organischen Verbindungen vorkommen, wie Phosphor, Arsen, weitere Metalloide und organisch gebundene Metalle, weist man nach, indem man die organische Substanz durch Oxydation (mit Salpetersäure im Einschlußrohr oder durch Schmelzen mit Salpeter oder Natriumperoxyd) zerstört und dann nach den üblichen analytischen Methoden die Prüfung vornimmt. Dem Bedürfnis nach einer qualitativen Aufklärung einer organischen Verbindung ist durch Ermittlung ihrer Elementarbestandteile nur zu einem geringen Teil Genüge getan. Die weitere und schwierigere Aufgabe ist, sie zu k l a s s i f i z i e r e n , auf Grund ihrer chemischen und physikalischen Eigenschaften und Reaktionen festzustellen, welcher Gruppe von Verbindungen sie angehört. Die Merkmale der wichtigsten organischen Gruppen (Alkohol-, Aldehyd-, Keton-, Ester-, Amid-, Nitril-, Nitro-, um nur einige zu nennen) zu erkennen, gesättigte, ungesättigte und aromatische Stoffe durch ihre Reaktionen voneinander zu unterscheiden, solche und noch viele andere Fragen experimentell zu beantworten, soll die Beschäftigung mit der präparativen organischen Chemie als unentbehrlichen Nebenzweck lehren. Der Praktikant soll nicht nur Übung erlangen in der synthetischen Darstellung von Stoffen aus den wichtigsten Verbindungsreihen, er soll auch mit seinen Präparaten vertraut werden, er soll sich in ihre c h a r a k t e r i s t i s c h e n R e a k t i o n s m e r k m a l e vertiefen, ihre stoffliche Eigenart durch gründliche experimentelle Betrachtung und Beobachtung in sich aufnehmen. D a r u m sollen die in der folgenden p r ä p a r a t i v e n Anleitung gebrachten V e r s u c h s b e i s p i e l e , die diesem U n t e r r i c h t s zweck dienen, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ihre A u s f ü h r u n g i s t der rein p r ä p a r a t i v e n T ä t i g keit an B e d e u t u n g gleich zu achten. Die ernste Beachtung dieser Mahnung wird ihre Früchte tragen bei der Lösung der Aufgaben, die von der im Anschluß an den präparativen Teil auszuführenden Gruppen-Analyse (S. 364) gestellt werden.
Die quantitative organische Elementaranalyse Die quantitative Bestimmung der Elemente einer organischen Substanz geschieht mit Hilfe der E l e m e n t a r a n a l y s e . Hierbei werden Kohlenstoff und Wasserstoff nebeneinander bestimmt, während zur Bestimmung aller übrigen Elemente je eine besondere Analyse auszuführen ist.
I. Stickstoffbestimmung nach Dumas
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Die hier beschriebenen m e s o - a n a l y t i s c h e n Methoden mit Einwaagen von 20—30 mg sind auf der Grundlage des PregIschen Mikroverfahrens 1 von Dr. F. H ö l s c h e r ausgearbeitet worden. Die Waage: Bei einer Einwaage von 20—30 mg Substanz ist aus leicht ersichtlichen Gründen eine gewöhnliche Analysenwaage, deren Genauigkeit nur bis zu 0,1 mg geht, nicht verwendbar. Man benützt daher eine moderne Analysenwaage nach der Schwingungsmethode oder die Kuhlmannsche Schnellwaage oder eine ähnliche „ H a l b m i k r o w a a g e " mit einer Genauigkeitsgrenze von 0,01 mg. I. Stickstoffbestimmung nach Dumas Die abgewogene Substanz wird in einer mit Kohlensäure gefüllten Röhre durch glühendes Kupferoxyd verbrannt, wobei der K o h l e n -
Fig. 31
s t o f f zu K o h l e n d i o x y d , der W a s s e r s t o f f zu W a s s e r oxydiert wird, während S t i c k s t o f f als solcher entweicht und, über K a l i l a u g e aufgefangen, volumetrisch bestimmt wird. Auftretende S t i c k o x y d e werden durch eine glühende Kupferspirale zu S t i c k s t o f f reduziert. Zur Stickstoffbestimmung sind erforderlich: ein Schnabel-Verbrennungsrohr aus Supremaxglas (Länge ohne Schnabel 55 cm, äußere Weite 12 mm. Länge des Schnabels 3 cm, äußere Weite 3—3,5 mm, innere Weite 2 mm), 1 F. Pregl und H. R o t h , Die quantitative organ. Mikroanalyse, SpringerWien 1947.
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Elementar-analytische Methoden
ein einfach durchbohrter, möglichst zylindrischer Gummistopfen, der in die weite Öffnung des Rohres paßt und der Rohrwand eng anliegen muß, drahtförmiges Kupferoxyd („zur Analyse"), langfaseriger Asbest, etwas Silberwolle, 2 Asbestplatten und eine 5 cm lange Eisendrahtnetzrolle. Kippscher Apparat, elektr. Verbrennungsofen, Azotometer, Nickelschale, Drahtnetzsieb, Wägegefäß und Mischrohr werden vom Laboratorium gestellt. Vorbereitungen L u f t f r e i e r K o h l e n d i o x y d - K i p p : Kleine MarmorStückchen werden in einer Porzellanschale mit verdünnter Salzsäure (1 Vol. HCl, D. 1,18 + 1 Vol. Wasser) übergössen. Nachdem man die erste lebhafte Einwirkung abgewartet hat, gießt man den oben angesammelten Schmutz weg und spült die angeätzten Marmorstückchen mit Wasser ab. Nun füllt man die mittlere Kugel des Kippschen Apparates bis über die Hälfte mit dem Marmor; der Abschluß der unteren Kugel wird durch Glasscherben oder durch zwei halbkreisförmig gebogene Glasstäbchen bewirkt. An das innere Rohrende des Glashahnes, den man mittels eines schwach mit Vaseline gefetteten Gummistopfens im Tubus der mittleren Kugel befestigt, bringt man durch ein kurzes Schlauchstück ein hakenförmig nach oben gebogenes Glasrohr an, so daß das Gas beim Ausströmen vom höchsten Punkt der mittleren Kugel zuerst entfernt wird. Darauf füllt man den Apparat mit verdünnter Salzsäure (wie oben), bis außer der unteren Kugel noch die Hälfte der oberen Kugel gefüllt ist, und wirft zwei kleine Marmorstückchen in das Trichterrohr, so daß sie hier steckenbleiben und durch lebhafte Kohlendioxyd-Entwicklung die in der Salzsäure gelöste Luft entfernen; durch wiederholtes Öffnen und Schließen des Hahnes beschleunigt man die Entlüftung. Ein neu hergerichteter Kipp gibt in der Regel erst nach 2—3 tägigem Stehen — wenn die an der Glasoberfläche und dem Kautschuk adsorbierte Luft an die Kohlendioxyd-Atmosphäre abgegeben ist — ein ausreichend reines Kohlendioxyd. Dieses ist f ü r die Bestimmung als einwandfrei zu betrachten, wenn die im Azotometer aufsteigenden „ M i k r o b l a s e n " zu mehreren vereinigt, oft einander überholend, mit gleichförmiger Geschwindigkeit aufsteigen. Ihr Durchmesser soll, mit der Lupe betrachtet, 1 / i des Teilstrichabstandes (etwa 1 / 6 mm) nicht übersteigen. Die Verbindung des Kohlendioxyd-Kipps mit dem Verbrennungsrohr geschieht durch ein Z - f ö r m i g g e b o g e n e s G l a s r o h r , dessen eines Ende zu einer dickwandigen, schwach konisch zulaufenden Capillare ausgezogen ist, die in die Bohrung des im Verbrennungsrohr steckenden Kautschukstopfens hineingeschoben wird. An das andere Ende ist ein auf der einen Seite etwas erweitertes, kurzes Glasrohr angesetzt, das mit Asbestwolle gefüllt wird, um Säurenebel zurückzuhalten. Das horizontal verlaufende Hahnrohr des Kippschen Apparates verbindet man durch ein mit wenig Glyzerin befeuchtetes Schlauchstück mit dem Z-förmigen Rohr, so daß die Rohrenden möglichst dicht aneinanderstoßen (siehe Figur 31).
Füllung des Verbrennungsrohres: Das Schnabelrohr wird zunächst mit Bichromat-Schwefelsäure gereinigt, mit destilliertem Wasser nachgespült und an der Wasserstrahlpumpe unter schwachem Erwärmen getrocknet. Zur Füllung des Rohres hält man sich einen Vorrat an grobem drahtförmigem Kupferoxyd („zur Analyse") und von feinerem Kupferoxyd, das man sich aus ersterem durch Zerdrücken (nicht Reiben!) in einer Reibschale herstellt, so daß man nach dem Absieben des Staubes
I. Stickstoffbestimmung nach Dumas
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1—2 mm lange Drahtstückchen erhält. Vor Gebrauch wird das Kupferoxyd in einer Nickelschale ausgeglüht. Das gebrauchte Kupferoxyd ist nach dem Sieben und Glühen an der Luft sofort wieder gebrauchsfähig. Man hüte sich, das Kupferoxyd durch Lauge zu verunreinigen, da hierdurch stets zu niedrige Stickstoffwerte erhalten werden; hier hilft nur Auskochen mit Essigsäure und erneutes Glühen.
In das trockene Rohr bringt man zunächst zur Ausfüllung des konischen Rohrteils etwas Silberwolle; darauf schiebt man mit einem passenden Glasstab, dessen Kanten eben rund geschmolzen sind, etwas gereinigte und ausgeglühte Asbestwolle bis zum Schnabel vor und drückt sie dort mäßig zusammen, so daß ein 2—3 mm starker Asbestpfropf entsteht. Auf den Asbest füllt man eine 12 cm lange Schicht von grobem Kupferoxyd; durch seitliches Klopfen mit der flachen Hand bei senkrecht gehaltenem Rohr läßt man das Kupferoxyd mäßig fest aufsitzen; in gleicher Weise füllt man nun 6 cm feines und darauf 10 cm grobes Kupferoxyd ein. Diese „ b l e i b e n d e R o h r f ü l l u n g " wird durch einen zweiten, wenige Millimeter starken und schwach gestopften Asbestpfropf festgelegt.
In das so gefüllte Rohr leitet man nun vom weiten Rohrende aus einen mit saurer Permanganatlösung
gewaschenen Wasserstoffström
ein,
reduziert nach gründlicher Verdrängung der Luft die 6 cm lange Schicht von feinem Kupferoxyd unter mäßigem Erhitzen mit einem Bunsenbrenner und läßt im langsamen Wasserstoffstrom erkalten. Das frisch hergerichtete Rohr mit der „bleibenden Füllung" wird dann im elektrischen Verbrennungsofen in seiner ganzen Ausdehnung im Kohlendioxyd-Strom kräftig durchgeglüht und unter dem Druck des Kohlendioxyd-Kipps erkalten gelassen. Auch bei Nichtgebrauch bleibt das Rohr stets in Verbindung mit dem Kipp unter Kohlendioxyddruck stehen. Das Halbmikro-Azotometer: Das zum Auffangen des Stickstoffs dienende Halbmikro-Azotometer hat im Meßrohr, entsprechend der Substanzeinwaage von 20—30 mg, ein Fassungsvermögen von 8—10 ccm; durch die Unterteilung in 0,02 ccm wird eine völlig ausreichende Genauigkeit gesichert. Das Gaseinleitungsrohr des Azotometers trägt einen angeschmolzenen Glashahn, dessen Griff zu einem längeren Hebelarm ausgezogen ist. Um die Feinregulierung noch zu steigern, wird das Hahnküken an seiner Bohrung mit zwei feinen, spitz zulaufenden seitlichen Einkerbungen versehen (Fig. 32), die man mit einer scharfen Dreikantfeile so anbringt, daß der Hebel nach oben bewegt werden muß, um dem Gas Durchlaß zu gewähren. Das Gaseinleitungsrohr des Azotometers wird mit dem Verbrennungsrohr durch ein im stumpfen Winkel gebogenes Capillarrohr verbunden, das an der Berührungsstelle im äußeren Durchmesser mit dem Hahnrohr übereinstimmt und mit diesem durch einen dickwandigen Gummischlauch verbunden wird, so daß die Rohrenden möglichst dicht aufeinandersitzen. Der horizontale Schenkel des Capillarrohres ist zu einer schwach konisch zulaufenden Spitze ausgezogen, die im äußeren Durchmesser genau mit dem Schnabel des Verbrennungsrohres übereinstimmt. Zur Verbindung dient ein 2,5—3 cm langes, mit wenig Glycerin befeuchtetes Stück englumigen Vakuumschlauches; man achte darauf, daß die Rohrenden möglichst dicht aneinanderstoßen. Beim Auseinandernehmen der Apparatur bleibt das Capillarrohr stets am Azotometer. Vor der Füllung reinigt man das
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Elementar-analytisohe Methoden
Azotometer mit Bichromat-Schwefdsäure. Der Verbindungsschlauoh zwischen Niveaubirne und Azotometer wird mit Drahtligaturen gesichert. Von der Birne aus füllt man reines Quecksilber ein, bis dessen Niveau 1—2 mm über dem höchsten Punkt der Einmündungsstelle des Einleitungsrohres steht. Die Hähne fettet man schwach mit Vaseline, von der die Einkerbungen frei zu halten sind. Zur Füllung des Äzotometers dient 50-proz. Kalilauge (aus reinem „Ätzkali in Stengen"), die man durch Schütteln mit feingepulvertem Ätzbaryt (2 g auf 200 g Lauge) und Filtrieren durch ein t r o c k e n e s Filter völlig schaumfrei gemacht hat. Die Niveaubirne verschließt man durch einen Gummistopfen mit kurzem, zur Capillare ausgezogenem Glasrohr. Vorbereitung der Substanz: Feste Substanzen werden entweder l u f t t r o c k e n verbrannt oder vor der Analyse im evakuierten, mit Schwefelsäure gefüllten E x s i c c a t o r bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Es ist nicht zweckmäßig, die Substanz vorher bis zur Staubfeinheit zu pulverisieren; dadurch wird die Oberfläche nur unnötig vergrößert, was die Fig. 32 Wägung hygroskopischer Substanzen sehr erschwert. Wird das Lösungsmittel festgehalten, so trocknet man bei erhöhter Temperatur im Vakuum in der sog. T r o c k e n p i s t o l e oder bequemer im K u p f e r b l o c k - E x s i c c a t o r ( P r e g l ) , der sich durch Feineinstellung der den Kupferblock
heizenden Mikroflamme leicht auf jede gewünschte Temperatur einstellen läßt (Fig. 33). Hygroskopische Substanzen werden im W ä g e s c h w e i n c h e n zur Wägung gebracht. A u s f ü h r u n g der
Verbrennung
W ä g u n g : F e s t e S u b s t a n z e n werden in einem mit Schliffstopfen versehenen birnenförmigen Röhrchen, das gleichzeitig als M i s c h r o h r dient, abgewogen. Seine Weite ist derart, daß es bequem auf einige Zentimeter Länge in den zylindrischen E i n f ü l l t r i c h t e r , der auf das V e r b r e n n u n g s r o h r aufgesetzt wird, eingeführt werden kann. I n das Wägerohr, das m a n mit einem u m einen dünnen Draht gewickelten Wattebäuschchen gereinigt hat u n d das stets nur mit der Pinzette angefaßt werden darf, bringt man eine kleine Menge feines Kupferoxyd und bestimmt auf der Waage das Leergewicht auf 0,01 mg. D a s Röhrchen wird dabei auf ein passend zurecht gemachtes Drahtgestell gelegt. D a n n füllt m a n mit einem dünnen Nickelspatel 20—30 m g Substanz ein und wägt erneut.
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F l ü s s i g k e i t e n bringt man in einer G l a s c a p i l l a r e zur Wägung. Aus einem Reagenzglas zieht man sich eine 2 mm weite Capillare und schneidet mit einem scharfen Glasmesser 7—8 cm lange Stückchen ab. Zunächst schmilzt man (vgl. Fig. 34) die Glasmasse in der Mitte des Röhrchens über einer ganz kleinen, eben entleuchteten Bunsenflamme unter langsamem Drehen und ganz gelindem Zusammendrücken zusammen und zieht dann außerhalb der Flamme zu einem etwa 2,5 cm langen massiven Stäbchen aus. Durch Abzwicken in der — " " Mitte mit dem Fingernagel erhält man 2 Capillaren mit massivem Handgriff. Auf den Boden der Capil* lare bringt man nun ein Kriställchen Kaliumchlorat, schmilzt vorsichtig über dem Flämmchen „..a • und läßt erstarren. Nachdem man zwei winzige Körnchen von gereinigtem Bimsstein eingebracht ^ ^ | hat, läßt man das Röhrchen etwa 1 cm oberhalb des Bodens unter ganz gleichmäßigem und langsamem Drehen erweichen, zieht außerhalb der Flamme zu _J einer etwa 2 cm langen, feinen Capillare aus und bricht am Ende ab. Die Capillare wird mit einem feuchten F l a n e l l t u c h , danach mit einem sauberen 34 trockenen L e i n e n t u c h abgerieben und nach dem Auskühlen auf 0,01 mg genau gewogen. Die gewogene Capillare wird nun in ihrem zweiten Teil vorsichtig, ohne das Kaliumchlorat zu schmelzen, über dem Flämmchen erwärmt und in die Flüssigkeit getaucht. Nach dem Einsaugen der geeigneten Menge Flüssigkeit ergreift man die Capillare am Stiel und bringt bei nach oben gerichteter Capillare durch leichtes Aufklopfen mit der Hand oder durch geeignete Schleuderbewegung den Rest der Flüssigkeit aus der Capillare auf den Boden des Gefäßes. Um die Flüssigkeit aus der feinen Capillare völlig auszutreiben, zieht man sie einige Male rasch durch den äußeren Saum der Flamme, wischt außen ab und überzeugt sich, daß in der Capillare keine V e r k o h l u n g eingetreten ist, dann schmilzt man die Spitze der Capillare zu, reibt mit einem feuchten Flanelltuch, dann mit einem reinen Leinentuch nach und bestimmt nach einigen Minuten des Abkühlens die Gewichtszunahme auf 0,01 mg genau. Die Füllung des Verbrennungsrohres erfolgt genau wie sonst bei der Stickstoffbestimmung, nur füllt man statt mit 0,5 cm mit 2—3 cm feinem Kupferoxyd auf, steckt die gewogene Capillare, nachdem man die Spitze und den Griff durch Abbrechen verkürzt hat, in ein 4 cm langes, frisch ausgeglühtes, oxydiertes Kupferdrahtnetzröllchen und läßt beides, die Capillare mit der Spitze voraus, in das schräg gehaltene Rohr gleiten. Danach füllt man wie gewöhnlich mit Kupferoxyd auf. Füllung des Yerbrennungsrohres und Zusammenstellen der Apparatur: Man setzt auf das Verbrennungsrohr den Einfülltrichter, den m a n sich a u s einem weiten Reagenzglas herstellt, füllt zunächst 7 cm grobes, d a n n 0,5 cm feines Kupferoxyd ein u n d läßt d u r c h seitliches K l o p f e n m i t der H a n d d a s K u p f e r o x y d im senkrecht gehaltenen R o h r m ä ß i g aufsitzen. N u n überschichtet m a n die S u b s t a n z im W ä g e r o h r m i t einer 2 cm hohen Schicht von feinem K u p f e r o x y d , verschließt es m i t d e m S t o p f e n , s c h ü t t e l t gut d u r c h u n d entleert den I n h a l t in das Verbrennungsrohr. I n gleicher Weise spült m a n das R o h r 3 — 4 m a l mit je 1 — 1 , 5 cm feinem K u p f e r o x y d n a c h , l ä ß t d u r c h K l o p f e n auch die feinen S t a u b teilchen in d a s Verbrennungsrohr gleiten u n d füllt schließlich noch 4 — 5 cm grobes K u p f e r o x y d ein. D a r a u f legt m a n das R o h r in den elektrischen Ofen, so d a ß auf der Schnabelseite 2 cm der K u p f e r o x y d i
G a t t e r m a u n , Praxis des organ. Chemikers.
37. Aufl.
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füUung aus dem Ofen herausragen; zum Wärmeschutz schiebt man über das Schnabelende einen kleinen A s b e s t s c h i r m , der der Ofen wand anhegt. Über das andere Rohrende schiebt man eine 5 cm lange Rolle aus E i s e n d r a h t n e t z und einen kleinen A s b e s t s c h i r m zum Wärmeschutz für den Gummistopfen. Nun schaltet man den elektrischen Ofen ein, verschließt das weite Rohrende mit einem einfach durchbohrten Gummistopfen, schiebt die Capillare des Verbindungsrohres zum Kipp in die mit wenig Glycerin befeuchtete Bohrung, so daß sie eben aus dem Stopfen herausragt, und öffnet den K i p p s c h e n A p p a r a t . Nachdem man einige Minuten Kohlendioxyd durch das Rohr geleitet hat, schließt man am Schnabelende bei geöffnetem Einleitungshahn das A z o t o m e t e r an, dessen Kalilauge man durch Tiefstellen der Niveaubirne so weit als möglich in diese übergeführt hat. Nach weiteren 2 Minuten sind auch Verbindungsrohr und Hahnspindel ausgespült; nun füllt man bei geschlossenem Verbindungshahn das Azotometer, bringt die Niveaubirne wieder in ihre tiefe Lage, öffnet den Verbindungshahn vorsichtig, so daß alle Sekunden etwa 1—2 Blasen durchstreichen, und prüft auf Mikroblasen. Sind die Blasen noch nicht klein genug, so muß das Ausspülen wiederholt werden. Sobald man Mikroblasen erhält, schließt man den Kipp und öffnet den Verbindungshahn voll. Gleichzeitig schiebt man das Drahtnetzröllchen über die letzten Anteile des eingefüllten Kupferoxyds und stellt den beweglichen Bunsenbrenner so darunter, daß der von dem Röllchen geschützte Rohrteil in den Bereich der entleuchteten vollen Flamme hineinragt. Die eigentliche Verbrennung: Sobald der elektrische Ofen zum Glühen gekommen ist — 15 bis 20 Minuten nach dem Einschalten — und die von der Erhitzung des Rohrs durch den Bunsenbrenner bewirkte G a s e n t w i c k l u n g aufgehört hat, läßt man bei geschlossenem Verbindungshahn und eben über die obere Hahnspindel gehaltenem Niveaugefäß unter raschem Hin- und Herdrehen des Hahnkükens das angesammelte Gasvolumen samt mitgerissenen Unreinigkeiten in den oberen Becher, den man mit wenig Lauge füllt. Nun rückt man bei wieder gesenkter Niveaubirne und voll geöffnetem Verbindungshahn einige Millimeter mit der Drahtnetzrolle vor, wobei der Bunsenbrenner an das rückwärtige Ende zu stehen kommt. In der gleichen Weise rückt man mit Rolle und Brenner bzw. elektrischer Vergasungsspule vor, solange man noch unter dem erlaubten Maß der Blasengeschwindigkeit ist; man achte peinlich darauf, daß n i e m e h r a l s 2 B l a s e n in 3 S e k u n d e n in das Azotometer eintreten. Bei lebhafter Gasentwicklung, zumal wenn man an die Substanz herangekommen ist, wartet man daher etwas länger zu und rückt erst vor, wenn die Blasengeschwindigkeit wesentlich nachgelassen hat. Sobald man mit dem Bunsenbrenner am elektrischen Ofen angekommen ist, was 15 bis 25 Minuten erfordert, schließt man den Verbindungshahn, öffnet den Hahn des Kippschen
I. Stickstoffbestimmung naoh Dumas
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Apparates voll und stellt nun den Verbindungshahn durch vorsichtige Bewegung des Feinstellhebels so ein, daß 2 Blasen in 3 Sekunden in das Azotometer eintreten; eine auch nur kurze Überschreitung dieser Geschwindigkeit ist sorgfältig zu vermeiden. Nun glüht man während der nächsten 5—10 Minuten die bewegliche Kupferoxydschicht nochmals mit Drahtnetzrolle und Brenner kräftig durch, stellt dann den Brenner und nach weiteren 5 Minuten auch den elektrischen Ofen ab. Man hüte sich, das Verbrennungsrohr längere Zeit mit dem Brenner allein zu erhitzen, da es dann beim Erweichen des Glases unfehlbar aufgeblasen wird. Nach dem Abstellen der Heizung steigert man die Blasengeschwindigkeit auf 2 Blasen in der Sekunde. Sobald man im Azotometer wieder Mikrobläschen erhält, schließt man den Verbindungshahn, zieht die Kautschukverbindung vom Verbrennungsrohr, setzt auf dieses die Schlauchkappe und läßt unter Kohlendioxyd-Druck erkalten. Das Azotometer stellt man zum Auskühlen in einen etwas kühleren Raum (Barometer-Zimmer), wobei man zweckmäßig durch Heben der Birne auf gleiches Niveau im Meßrohr und Niveaugefäß einstellt. Nach 10 Minuten liest man ab, indem man den Meniskus in der hinter dem Meßrohr stehenden Niveaubirne mit dem im Meßrohr genau in eine Ebene bringt. Man liest den Teilstrich ab, der sich mit dem unteren Rand des Meniskus in derselben horizontalen Ebene befindet. Ferner liest man die T e m p e r a t u r (Thermometer im Azotometerbecher) und den B a r o m e t e r s t a n d ab. Berechnung der Analyse: Der Prozentgehalt an Stickstoff beträgt:
Hierbei bedeuten: v das abgelesene Volumen Stickstoff in ccm, s die angewandte Substanzmenge in Milligramm, t die Temperatur, a
= ö^Q = 0,003663,
b den Barometerstand, ß die Korrektur des Barometerstandes auf 0°, e die Tension der Kalilauge bei f 0 . 1 Fehlergrenze der Bestimmung: 0,3% nach oben, 0,1% nach unten. 1 Die Werte des eingeklammerten Ausdruckes der Formel für die verschiedenen Größen von (b — ß — e) und t findet man in der Tabelle auf S. 400 und 401. Von dem abgelesenen Barometerstand b kann man mit hinreichender Genauigkeit
4 - für ß, ~ für e abziehen. Z.B.: abgelesen & =• 738 mm, t
o
Ö
20°; auf der Tabelle
nachzuschlagen p = (738 — 2,5 — 4) = 731,5. Zur logarithmisohen Berechnung benutzt man: Logarithmische Rechentafeln von Küster-Thiel-Fischbeck. 4»
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Elementar-analytisohe Methoden
II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig
Das Wesen der Methode besteht darin, daß eine abgewogene Menge Substanz im Verbrennungsrohr im Luft- oder Sauerstoff-Strom am Platinkontakt bzw. durch Kupferoxyd-Bleichromat oxydiert und die Oxydationsprodukte, K o h l e n d i o x y d durch Ä t z n a t r o n , W a s s e r durch C a l c i u m c h l o r i d , absorbiert und gewogen werden. Durch Anwendung einer „Universalfüllung" lassen sich alle Substanzen, gleichgültig, ob sie neben Kohlenstoff und Wasserstoff noch Stickstoff,
Halogen oder Schwefel enthalten, im gleichen Rohr analysieren. Auftretende S t i c k o x y d e werden an einer Schicht glühenden Kupfers zu S t i c k s t o f f reduziert, H a l o g e n wird durch S i l b e r w o l l e , S c h w e f e l durch S i l b e r w o l l e und B l e i c h r o m a t gebunden. Zur C, H-Bestimmung sind erforderlich: ein Schnabelverbrennungsrohr (wie für die N-Bestimmung), ein passender, einfach durchbohrter Gummistopfen, der der Rohrwand eng anliegen soll, ein Chlorcaleium-Absorptionsrohr, ein Natronasbest-Absorptionsrohr, zwei 1,5 bzw. 2 cm lange, mit Vaseline im Vakuum zu imprägnierende (vgl. S. 54) Verbindungsschlauchstücke aus e n g l u m i g e m Vakuumschlauch, ein 8—10 cm langes Stück 1 mm dicken Silberdrahts, 1,0 g Silberwolle, gereinigte Asbestwolle („Gooch-Tiegel-Asbest, zur Analyse"), grobes und feines Kupferoxyd, mit Bleichromat überzogenes Kupferoxyd (vgl. S. 56), Natronasbest („Merck", zur Mikroanalyse), gewöhnliche und bei 100° getrocknete Watte. Die Platingegenstände und die eigentliche Apparatur werden vom Laboratoritim gestellt.
II. Bestimmung von Kohlenstoff and Wasserstoff nach Liebig
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Vorbereitungen Füllung des Gasometers mit Sauerstoff: Durch öffnen der Hähne a und b (Fig. 36) füllt man den unteren Behälter vollständig mit Wasser. Nach Schließung der beiden Hähne schraubt man die V e r s c h l u ß k a p p e c ab, führt einen Schlauch, der mit einer S a u e r s t o f f b o m b e in Verbindung steht, in den Tubus bei c ein und füllt das Gasometer mit Sauerstoff. Nach Aufschrauben der Verschlußkappe, Füllen des oberen Behälters mit Wasser, öffnen der Hähne a und b tritt bei 6 ein Sauerstoffstrom aus. Die Füllung des Gasometers mit Luft bedarf keiner näheren Beschreibung. Der Druckregler: Dieser Einrichtung kommt die wichtige Aufgabe zu, die gleichbleibende Geschwindigkeit des Gasstroms während der Verbrennung zu gewährleisten. Seine Wirkungsweise ergibt sich aus der Zeichnung (vgl. Fig. 35); er besteht im wesentüchen aus einem G l o c k e n g a s o m e t e r , der in ein mit Wasser, dem etwas N a t r o n l a u g e zugesetzt ist, bis zur Hälfte gefülltes Gefäß taucht und durch Verschieben in einer Korkringfassung die Einstellung jedes beliebigen Überdrucks bis zu etwa 15 cm Wassersäule gestattet. Die G l o c k e n - a gasometer der Druckregler werden mit den Vorratsgasometern durch lange Schläuche verbunden, die — wie alle S c h l a u c h - j Verbindungen vom Gasometer bis zum Verbrennungsrohr — sicherheitshalber „künstlich gealtert" sind, um die Abgabe verbrennlicher Bestandteile des frischen Kautschukschlauchs an das durchströmende Gas zu vermeiden. Neue Schläuche werden k ü n s t l i c h g e a l t e r t , indem man sie im Trockenschrank auf 100—110° (nicht höher 1) erhitzt Fig. 36 36 und gleichzeitig eine Stunde lang mit der Wasserstrahlpumpe Fig. Luft durch sie hindurchsaugt. Die Verbindungsschläuche laufen durch einen P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n , mit dessen Hilfe man den Zustrom aus den Vorratsgasometern so einstellt, daß in möglichst g r o ß e n Zeitabständen, etwa alle 10—15 Sekunden, eine Blase aus dem Glockengasometer entweicht. Die Ableitungsröhren der Glockengasometer werden durch künstlich gealterten Schlauch mit den Schenkeln eines D r e i w e g e h a h n e s verbunden, der eine bequeme Umschaltung vom einen auf den anderen Gasstrom erlaubt. Um die Konzentration der Kalilauge des auf den Dreiwegehahn folgenden B l a s e n z ä h l e r s aufrecht zu erhalten, schaltet man zwischen Glockengasometer und Dreiwegehahn ein kleines C h l o r c a l c i u m r ö h r c h e n , das mit g r o b e m Chlorcalcium gefüllt wird, ein. Der Blasenzähler und die Trockenapparatur: Der Blasenzähler ist an den T r o c k e n a p p a r a t , ein mit Natronasbest und Chlorcalcium gefülltes U-Rohr mit zwei Schliffstopfen, angeschmolzen. Man füllt die gereinigte und getrocknete Apparatur, indem man von der dem Blasenzähler benachbarten Schlifföffnung aus einen größeren Wattebausch bis kurz vor den tiefsten Punkt der Biegung schiebt, das Ansatzrohr zum Blasenzähler vorläufig durch einen Wattewickel, den man mit einem Stahldraht einführt, verschließt, zunächst auf den Wattebausch unter Klopfen % c m gewöhnliches, nicht besonders getrocknetes Chlorcalcium füllt, diese Schicht durch einen kleinen Wattebausch festlegt und darauf Natronasbest („Merck", zur Analyse) bis kurz unterhalb des Ansatzrohres auffüllt. Nachdem man auch diese Schicht durch einen Wattebausch festgelegt hat, ersetzt man den Wattewickel im Ansatzrohr durch einen ganz lockeren Wattepfropf, füllt bis zum Schliff mit grobem, gewöhnlichem Chlorcalcium, schließt durch einen Wattebausch ab und setzt nach dem Auswischen des Schliffs den mit Vaseline gefetteten Glasstopfen ein, so daß der Schliff eben durchsichtig erscheint. Mit Hilfe eines ausgezogenen Glasrohres füllt man nun vom freien Ansatzrohr des Blasenzählers aus etwa 50-proz. schaumfreie Kalilauge ein, so daß
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Elementar-analytische Methoden
die Spitze des Zuführungsröhrchens eben in die Lauge eintaucht; das Rohr wird innen mit einem Wattewickel und auch außen sorgfältig gesäubert. Nun führt man von der anderen Schlifföffnung aus in das Ansatzrohr einen g e t r o c k n e t e n , lockeren Wattewickel ein, verschließt dieses Ansatzröhrchen mit einer S c h l a u c h k a p p e und füllt unter Klopfen bis zum Schliff mit hirsekorngroßem Chlorcalcium auf, das man vorher im Trockenschrank bei 180—200° getrocknet hat. Nach dem Festlegen der Chlorcalciumschicht durch einen g e t r o c k n e t e n Wattebausch dichtet man den Schliff mit Vaseline. Den Blasenzähler verbindet man nun durch einen 25 cm langen, künstlich gealterten Kautschukschlauch mit dem Dreiwegehahn. Die ganze Trockenapparatur ist, an einem Drahtbügel leicht beweglich, an einem Hakenstativ befestigt. Man muß p e i n l i c h d a r a u f a c h t e n , d a ß — solange kein Gasstrom durch die Trockenapparatur geht — das zum Verbrennungsrohr führende A n s a t z r o h r des T r o c k e n a p p a r a t e s s t e t s d u r c h eine S c h l a u c h k a p p e verschlossen b l e i b t , um das Chlorcalcium vor der Berührung mit der feuchten Außenluft zu schützen. Ist das Chlorcalcium an der Austrittsstelle der Gase verdorben oder erschöpft — die Natronasbestfüllung hält viel länger vor —, so füllt man nach der Entfernung des Stopfens etwa in halber Höhe des Rohres mit frischem Chlorcalcium auf. Die Verbindung des Trockenapparates mit dem Verbrennungsrohr geschieht durch einen G l a s d o r n , den man sich aus einem im äußeren Durchmesser mit dem Ansatzrohr des Trockenapparates übereinstimmenden, schwach konisch ausgezogenen Capillarrohr herstellt; er wird mit einem Stück Vakuumschlauch, das im Vakuum mit geschmolzener Vaseline getränkt ist, mit dem Ansatzrohr verbunden und verbleibt stets am Trockenapparat; bei Nichtgebrauch des Trockenapparates ist der Glasdorn stets durch eine Schlauchkappe aus englumigem Vakuumschlauch verschlossen zu halten. Die Verbindungsschläuche f ü r den Trockenapparat und die Absorptionsröhrchen tränkt man mit Vaseline im Vakuum, indem man 1,5 und 2 cm lange Stückchen e n g l u m i g e n Vakuumschlauchs auf einen Bindfaden aufreiht und in einem zu 2/3 mit geschmolzener Vaseline gefüllten Rundkolben in der Schmelze vollkommen untertaucht; dann verschließt man den Kolben mit einem Gummistopfen, wobei man die Enden des Fadens zwischen Stopfen und Kolbenhals klemmt und evakuiert bei W a s s e r b a d t e m p e r a t u r an der Wasserstrahlpumpe. Anfangs entweichen die okkludierten Gase unter starkem Schäumen; man hebt das Vakuum zeitweilig kurz auf und evakuiert, bis nur noch einzelne Blasen entweichen. Man erhitze nicht länger als % Stunde, da der Kautschuk sonst quillt; nach dem Abtropfen und Ab- und Auswischen sind die Schläuche gebrauchsfertig. Zur Verbindung mit dem Verbrennungsrohr schiebt man den Dorn in die Bohrung des im Verbrennungsrohr sitzenden Gummistopfens, so daß die Spitze eben herausragt. Um das Ankleben des Kautschukstopfens zu vermeiden, befeuchtet man die Bohrung und die äußere Oberfläche mit einer Spur Glycerin und entfernt den Überschuß durch sorgfältiges Ab- und Auswischen mit Watte.
Die Füllung des Verbrennungsrohres: In den Schnabel des gereinigten und trockenen Rohres bringt man vom weiten Rohrende aus einen 1 mm dicken Silberdraht, der eben aus dem Schnabel herausschaut und am anderen Ende zu einer flachen Spirale aufgerollt ist, so daß er im Rohr festliegt; durch seine gute Wärmeleitung verhindert er, daß sich im Schnabel Wasser kondensiert. Nun schiebt man einen Bausch Silberwolle mit einem passenden Glasstab, dessen Kanten eben rund geschmolzen sind, bis zum Schnabel vor und drückt ihn mäßig fest zusammen, so daß eine 0,7 cm lange Schicht entsteht. Darauf bringt man einen kleinen Bausch aus frisch aus-
II. Bestimmung von Kohlenstoff und Wasserstoff nach Liebig
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geglühtem Gooch-Tiegel-Asbest ins Rohr und drückt ihn mit dem Glasstab gegen die Silberwolle zu einer 2 mm langen Schicht schwach zusammen. Auf den Asbestpfropf füllt man 1,5 cm feines Kupferoxyd, das man durch einen gleichen Asbestpfropf abschließt. Hierauf folgt eine 5 cm lange Schicht aus feinem Kupferoxyd, das nach beendeter Rohrfüllung im Wasserstoffstrom reduziert wird (s. unten). Bei senkrecht gehaltenem Rohr läßt man das feine Kupferoxyd durch seitliches Klopfen mit der flachen Hand gut aufsitzen und legt es durch einen kleinen Asbestpfropf fest. Um zu verhindern, daß bei den unvermeidlichen Schwankungen in der Verbrennungsgeschwindigkeit eine plötzliche Änderung in der Strömungsgeschwindigkeit und damit die Gefahr auftritt, daß unverbrannte Dämpfe die Rohrfüllung passieren, bringt man an dieser Stelle der Rohrfüllung einen B r e m s p f r o p f aus Asbest an, der bewirkt, daß durch diese Zone in gleichen Zeiten stets nur gleiche Gasmengen durchstreichen. Zu diesem Zweck bringt man ausgeglühten langfaserigen Asbest in 3 Anteilen ins Rohr, wobei man jedesmal mit dem Glasstab ganz schwach zusammendrückt, so daß ein etwa 7 mm langer Asbestpfropf entsteht; man vermeide übermäßiges Zusammendrücken. Der Bremspfropf soll dem Gasstrom einen solchen Widerstand leisten, daß bei einem Überdruck von etwa 7—10 cm Wassersäule im Druckregler in der Minute 10 ccm Gas den Querschnitt passieren; die Menge des durchströmenden Gases bestimmt man mit Hilfe des Blasenzählers, den man zu diesem Zweck in der nachfolgenden Weise bei der Einrichtung des Bremspfropfens eicht. Da der Widerstand des Asbestpfropfens in der Wärme beträchtlich größer ist als in der Kälte, muß die Prüfung seiner Durchlässigkeit bei g e h e i z t e r Rohrfüllung erfolgen. Man sehließt das Verbrennungsrohr mit dem Bremspfropfen an den Trookenapparat, schaltet die Heizung ein, stellt den Druckregler auf einen Überdruck von etwa 5—7 cm ein und bestimmt —• sobald Temperaturgleichgewicht eingetreten ist — bei voller Öffnung des Dreiwegehahns in Luftstellung mit der Uhr die Anzahl der Blasen in 10 Sekunden; dann verbindet man den Schnabel des Verbrennungsrohres mit der Mariotteschen Flasche (s. unten) und senkt den Hebel so lange, bis man die gleiche Blasenzahl in 10 Sekunden erhält. Nun mißt man mit einem kleinen Meßzylinder während genau einer Minute das Volumen des aus dem Hebel der Mariotteschen Flasche abtropfenden Wassers. Aus Versuchsdauer und Blasenzahl errechnet man die „ K o n s t a n t e " des Blasenzählers. Die Durchlässigkeit des Bremspfropfens richtet man nun durch vorsichtiges Zusammendrücken unter jeweiliger Kontrolle der Blasenfrequenz im Blassnzähler so ein, daß in der Minute 10 ccm Gas den Querschnitt des Rohres passieren; man geht dabei mit der Kubikzentimeterzahl eher etwas hinauf, (bis zu 12 ccm), da durch die auf den Bremspfropf folgende Rohrfüllung noch ein kleiner Widerstand hinzukommt. Die endgültige Eichung des Blasenzählers erfolgt erst nach beendeter Rohrfüllung.
Auf den Bremspfropf folgt eine 2 cm lange Schicht von Silberwolle, die man zweckmäßig in einem alten Verbrennungsrohr vorformt, so daß sie sich nur unter ziemlicher Reibung ins Rohr einführen läßt, um ein Zusammendrücken des Bremspfropfs zu vermeiden. Nachdem man die
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Elementar-analytische Methoden
Silberschicht durch einen kleinen lockeren Asbestpfropf abgeschlossen hat, füllt man unter beständigem Drehen und leichtem seitlichem Klopfen des Rohres (nicht durch Aufstauchen!) eine etwa 14 cm lange Schicht von mit Bleichromat überzogenem Kupferoxyd ein und legt sie durch einen lockeren Asbestpfropf fest. Mit Bleichromat überzogenes Kupferoxyd stellt man sich aus grobem Kupferoxyd her, indem man dieses in einfacher Schicht auf einem kleinen Eisenblech ausbreitet, von oben her mit dem Gebläse auf möglichst hohe Glut bringt und feingepulvertes Bleichromat in dünner Schicht daraufstreut; das sofort schmelzende Bleichromat überzieht das Kupferoxyd mit einer festhaftenden Schicht, wobei die Stücke etwas zusammenkleben. Man dreht dann den Schmelzkuchen um und behandelt die Rückseite in gleicher Weise. Nach dem Erkalten zerdrückt man die Masse leicht im Mörser und siebt pulverformige und allzugrobe Stücke aus.
Nach dem Einfüllen und Pestlegen der Kupferoxyd-Bleichromatschicht durch einen lockeren Asbestpfropf reinigt man das Rohr sehr sorgfältig mit einem großen Wattewickel, bis die Watte nicht mehr durch den Bleichromatstaub angefärbt wird. Auf die Kupferoxyd-Bleichromatschicht folgt dann eine 1,5—2 cm lange Schicht von Silberwolle, darauf ein kleiner lockerer Asbestpfropf und zum Abschluß eine 2,5 cm lange Schicht lockeren Platinasbests oder ein 3 cm langes Platin-Drahtnetzröllchen. Die zuletzt eingefüllte Silberschicht wird nach fünf hintereinander folgenden Verbrennungen h a l o g e n - oder s c h w e f e l h a l t i g e r V e r b i n d u n g e n erneuert. Das so gefüllte Rohr wird nun — wie oben beschrieben — nochmals auf seine Durchlässigkeit geprüft und der Blasenzähler endgültig geeicht. Nachdem man das Rohr in seiner ganzen Länge im t r o c k n e n Luftbzw. Sauerstoffstrom ausgeglüht hat, ist es für die Verbrennung s t i c k s t o f f f r e i e r Verbindungen gebrauchsfertig. Die Verbrennung stickstofffreier Substanzen führt man vorteilhaft im S a u e r s t o f f s t r o m — anstatt im Luftstrom — aus. Für die Verbrennung s t i c k s t o f f h a l t i g e r Substanzen wird die 5 cm lange Kupferoxydschicht in der bei der Stickstoffbestimmung beschriebenen Weise im Wasserstoffstrom reduziert. Nach der Reduktion glüht man die Rohrfüllung eine halbe Stunde lang in einem schwachen, t r o c k e n e n Stickstoffstrom aus, läßt unter Stickstoff erkalten und verdrängt dann den Stickstoff durch Luft. Die Kupferschicht wird frisch reduziert, wenn es notwendig erscheint, frühestens nach vier Bestimmungen. Bei sorgfältiger Behandlung hat das Verbrennungsrohr eine Lebensdauer von 100 und mehr Analysen. Die Absorptionsapparate und ihre Füllung: Zur Absorption des bei der Verbrennung gebildeten W a s s e r s und K o h l e n d i o x y d s benutzt man A b s o r p t i o n s r ö h r c h e n aus dünnwandigem Glas mit zwei Hahnschliffen (nach B l u m e r - B e r g e r , Fig. 37). Die Ansatzröhrchen sollen in ihrem äußeren Durchmesser unter sich und mit dem des Rohrschnabels streng übereinstimmen. Der eine Schliffstopfen des Chlorcalcium-Rohres
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ist zu einem „ W a s s e r s a c k " umgebildet, indem der Stopfen einen Boden mit feinem Loch erhält, auf das einCapillarrohr aufgeschmolzen ist. Man füllt das gereinigte und getrocknete C h l o r c a l c i u m - R o h r , indem man zunächst den Schliffstopfen mit Capillare leicht mit Vaseline einfettet, wobei man die oberen 2 mm ausspart bzw. mit einem Tuch von Vaseline befreit, damit beim Einfügen des Stopfens kein Hahnfett austreten kann. Der Glasschliff soll eben durchsichtig sein; der Stopfen soll sich nur unter beträchtlicher Reibung drehen lassen. Überschüssige Vaseline entfernt man aus der Hahnöffnung und dem Ansatzrohr sorgfaltig mit einem Wattewickel. Auf den Schliffstopfen bringt man nun einenkleinen Wattebausch, füllt zunächst 1 cm grobkörniges Chlorcalcium auf, legt die Schicht durch einen kleinen Wattebausch fest und füllt nun unter leichtem seitlichem Klopfen hirsekorngroßes, vorher bei 180—200° getrocknetes Chlorcalcium bis kurz unter den Schliff ein. Nach dem Festlegen dieser Schicht durch einen g e t r o c k n e t e n Wattebausch führt man in den sorgfältig ausgewischten Schliff den wie oben mit Vaseline gefetteten Schliffstopfen ein, dessen Hohlraum mit einem lockeren, g e t r o c k n e t e n Wattebausch ausgefüllt wird. Da das Chlorcalcium b a s i s c h e Bestandteile enthält, muß die Füllung vor Benützung des Absorptionsrohrs durch Kohlendioxyd abgesättigt werden. Zu diesem Zweck schließt man das zum Wassersack führende Ansatzrohr unter Zwischenschaltung eines Trockenrohres an den Kippschen Apparat an, leitet 10 Minuten lang einen kräftigen Kohlendioxydstrom durch und läßt y 2 Stunde verschlossen unter dem Druck des Kipps stehen. Nachdem man mit der Mariotteschen Flasche 200 ccm trockene Luft durch das Rohr gesaugt hat, ist das Rohr gebrauchsfertig.
Eine Füllung reicht für mindestens 15 Analysen; man erneuert die Füllung zweckmäßig mit der Neufüllung des Natronasbest-Rohres. Das gereinigte und getrocknete N a t r o n a s b e s t - R o h r wird gefüllt, indem man nach sachgemäßer Einführung des gefetteten Schliffstopfens, dessen Hohlraum von einem lockeren Wattebausch ausgefüllt wird, auf diesen einen kleinen Wattebausch bringt, dann unter leichtem seitlichem Klopfen zu 2 / 3 mit Natronasbest („Merck") auffüllt, die Schicht durch einen kleinen Wattebausch abschließt, nun % cm gewöhnliches, nicht besonders getrocknetes Chlorcalcium einfüllt, erneut durch einen lockeren Wattebausch abschließt und darauf bis kurz unterhalb des Schliffes bei 180—200° getrocknetes hirsekorngroßes Chlorcalcium einfüllt; die Schicht wird nun durch einen Bausch g e t r o c k n e t e r Watte
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abgeschlossen und der mit Vaseline gefettete Schliffstopfen eingesetzt. Das Rohr ist sogleich gebrauchsfertig. Die Füllung reicht f ü r mindestens 15 Bestimmungen. I n dem Maße, wie der Natronasbest Kohlensäure aufnimmt, wird die schmutziggraue Farbe des Absorptionsmittels bedeutend heller und man erkennt an dem F a r b u m s c h l a g ohne weiteres, ob die Füllung für die nächste Analyse noch ausreichend ist. Sobald der Natronasbest bis auf 1 cm Schichtlänge verbraucht ist, erneuert man die Rohrfüllung. Da die D a m p f t e n s i o n über dem Natronasbest geringer ist als über dem scharf getrockneten Chlorcalcium, muß man zwischen diese beiden Schichten etwas g e w ö h n l i c h e s , nicht besonders getrocknetes Chlorcalcium einschalten. Die Absorptionsröhrchen werden unter sich durch ein 2 cm langes, mit dem Verbrennungsrohr durch ein 1,5 cm langes Stück e n g l u m i g e n Vakuumschlauchs, der vorher im Vakuum mit Vaseline getränkt ist (vgl. S. 54), verbunden, wobei man darauf achtet, daß die Enden der Ansatzröhrehen, die vorsichtig ohne stärkere Verrundung glattgeschmolzen sind, möglichst d i c h t aneinanderstoßen. Um sich von eventuellen Abweichungen im Rohrdurchmesser unabhängig zu machen, kennzeichnet man die Verbindungsschläuche zweckmäßig durch einen Pfeil in der Stromrichtung und schließt sie stets in dieser Richtung an. Damit der Kautschuk besser gleitet, befeuchtet man die Schläuche innen mit einer Spur Glycerin, indem man einen mit einer minimalen Menge Glycerin befeuchteten Wattewickel durch die Bohrung schiebt; es ist unbedingt notwendig, danach jeglichen Überschuß an Glycerin durch einen trockenen Wattewickel sorgfältig zu entfernen. Die Mariottesche Flasche: Da die dichtgefüllten Absorptionsgefäße dem Gasstrom einen W i d e r s t a n d von einigen Zentimeter Wassersäule bieten, muß bei Anschaltung der Absorptionsapparate allein an der Verbindungsstelle zwischen Rohrschnabel und Chlorcalciumrohr notwendig Überdruck herrschen; dadurch wird aber die quantitative Erfassung der Verbrennungsprodukte stark gefährdet, da bei ihrer hohen Konzentration an dieser Stelle die Möglichkeit von Verlusten nach außen in gesteigertem Maße gegeben ist. Die wirksamste Gegenmaßnahme besteht darin, im Innern der Verbindungsstelle möglichst A t m o s p h ä r e n d r u c k herzustellen. Dies erreicht man durch Anschaltung der M a r i o t t e s c h e n F l a s c h e , die es gestattet, einen bestimmten, leicht zu verändernden U n t e r d r u c k in den Absorptionsapparaten zu erzeugen. Die Einrichtung der Mariotteschen Flasche ergibt sich aus der Zeichnung. Das H e b e l r o h r wird durch einen Korkstopfen (nicht Gummistopfen) in den Tubus der K l ä r f l a s c h e eingepaßt, wodurch sich der Hebel in jede beliebige Stellung bringen läßt. Das zweimal rechtwinklig nach unten gebogene E i n l e i t u n g s r o h r trägt einen Glashahn, der es ermöglicht, die Mariottesche Flasche ohne Veränderung des in eine bestimmte Lage eingestellten Hebels abzuschalten; ein gewöhnlicher Kautschukschlauch verbindet das Rohr mit dem rechtwinklig abgebogenen Ansatzröhrehen eines kleinen C h l o r c a l c i u m r o h r » . Bei der Analyse wird das Chlorcalciumrohr direkt an das Natronasbest-Rohr angeschlossen, bei Nichtgebrauch aber durch eine S o h l a u c h k a p p e verschlossen.
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Ausführung der Verbrennung Wägnng: Die Hauptschwierigkeit bei der Wägung der A b s o r p t i o n s a p p a r a t e liegt in der Umgehung der Fehler, die durch die besondere, mit den äußeren Umständen stark schwankende Beschaffenheit der die Glasoberfläche bedeckenden W a s s e r h a u t gegeben sind. Zu diesem Zweck müssen die Absorptionsgefäße vor und nach der Analyse in ganz der gleichen Weise behandelt und nach genau gleichen Zeiten zur Wägung gebracht werden, da nur unter diesen „übereinstimmenden Zuständen" die Gewichtsdifferenz genau definiert ist. Das sachgemäß gefüllte Natronasbest-Rohr wird zunächst mit einem Paar schwach angefeuchteter F l a n e l l a p p e n und darauf mit zwei R e h l e d e r l a p p e n sorgfältig und allseitig abgewischt, indem man die Läppchen von der Mitte her unter sanftem Druck und drehender Bewegung über die Glasoberfläche gleiten läßt; übermäßiges Reiben, zumal unter starkem Druck, muß vermieden werden. Die Ansatzröhrchen werden nun mit einem sauberen, um einen Eisendraht gedrehten W a t t e w i c k e l , der eben in die Röhrchen Fig. 38 paßt, ausgewischt; man hüte sich, zu nahe an den Hahnschliff zu kommen, da sonst leicht etwas Vaseline entfernt wird. Zum Schluß werden die Absorptionsröhrchen mit einem Paar trockener R e h l e d e r l ä p p c h e n , die leicht und ungehemmt über die Oberfläche gleiten sollen, nochmals abgewischt. Das Röhrchen wird dann, ohne daß man es mit den Fingern berührt, auf einem D r a h t g e s t e l l (Federhalterständer) unmittelbar neben der Waage abgelegt; man notiere sich genau die Zeit des Ablegens. In der gleichen Weise wird das Chlorcalcium-Rohr zur Wägung vorbereitet. Während der Zeit des Auskühlens wägt man zweckmäßig die Substanz ein (s. unten). Nim bestimmt man den N u l l p u n k t der Waage. Dann erfaßt man das Natronasbest-Rohr, das nach dem Abwischen nicht mehr mit den Fingern berührt werden darf, mit dem trockenen Rehlederläppchen, führt durch kurzes Öffnen des Hahnes D r u c k a u s g l e i c h herbei und legt es mit Hilfe der A l u m i n i u m - D r a h t g a b e l (Fig. 38) auf einen kleinen D r a h t b ü g e l , auf dem es in zwei Punkten unterstützt ruht, auf die linke Waagschale. Darauf setzt man die Tara auf (für die Tara sind stets die gleichen Gewichtsstücke zu verwenden) und bestimmt 10 Minuten nach dem Abwischen der Röhrchen das u n g e f ä h r e Gew i c h t , wobei man es durch Auflegen von Zentigramm-Gewichtsstücken so einrichtet, daß der Reiter möglichst an den A n f a n g d e s R e i t e r l i n e a l s zu stehen kommt. In der 15. Minute bestimmt man das g e n a u e
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G e w i c h t . Unmittelbar im Anschluß daran bestimmt man das Gewicht des Chlorcalcium-Rohres. Nach Beendigung der Verbrennung werden die Absorptionsgefäße nach genau gleicher Vorbehandlung nach der gleichen Zeit gewogen. Hat man in der 15. Minute das genaue Gewicht bestimmt, so legt man rasch die dem Zuwachs entsprechende Zahl von Zentigramm-Gewichtsstücken auf, setzt den Reiter in die entsprechende Kerbe am Anfang des Reiterlineals und kontrolliert nochmals den Ausschlag, der nun wegen der Abweichung der Gewichtsstücke von den Angaben des Reiters etwas verschieden sein wird. Damit erreicht man, daß man die Wägung nach der nächsten Verbrennung mit dem Reiter allein — ohne Zuhilfenahme eines Zusatzgewichtes, das man erst zu eichen hätte — durchführen kann. Die S u b s t a n z wird im offenen P l a t i n s c h i f f c h e n eingewogen; h y g r o s k o p i s c h e Substanzen wägt man im W ä g e s c h w e i n c h e n ab. Das P l a t i n s c h i f f c h e n wird zur Reinigung im Reagenzglas mit verdünnter Salpetersäure ausgekocht, am Platindraht in der entleuchteten Bunsenflamme kurz ausgeglüht und zum Auskühlen etwa Y3 Minute lang auf einen vernickelten K u p f e r b l o c k gestellt. Das leere Schiffchen wird mit der Pinzette auf die Waagschale gebracht und sorgfaltig auf 0,01 mg genau gewogen. Nach dem Einfüllen der Substanz, wozu man das Schiffchen auf ein sauberes Stück Papier abstellt, wischt man es außen sauber mit einem feinen Haarpinsel ab und bestimmt mit einer Genauigkeit von 0,01 mg die Gewichtszunahme. Für C,H-Bestimmungen wägt man 20—30 mg ein. Nach der Einwaage bringt man das Schiffchen auf den Kupferblock zurück und bedeckt diesen mit einer kleinen Glasschale. Die Verbrennung Zweckmäßig hat man noch während der Auskühlungszeit der Absorptionsapparate den e l e k t r i s c h e n Ofen eingeschaltet, wobei man durch das Rohr L u f t im Analysentempo durchströmen läßt 1 . War das Rohr vorher nicht besonders getrocknet oder hat es längere Zeit unbenutzt gestanden, so erhitzt man vor Beginn einer Analysenserie den leeren Rohrteil, nachdem der Ofen seine Temperatur erreicht hat, kurze Zeit im L u f t s t r ö m mit dem Bunsenbrenner unter Benutzung des D r a h t n e t z r ö l l c h e n s , indem man 1 cm vom Kautschukstopfen, den man durch einen A s b e s t s c h i r m sorgfältig abschirmt, beginnt. Ist man 1 Dabei beobachtet man in der ersten Zeit des Anheizens, ohne daß der Druckregler seinen Stand ändert, eine merkliche Verminderung der B l a s e n f r e q u e n z im Blasenzähler, da der Bremspfropf einen sofortigen Ausgleich des durch dieTemperatursteigerung bedingten Druckanstiegs verhindert. Jeder Druckanstieg im Rohr bedingt also ein Nachlassen der Blasenfrequenz, was bei der Analyse die genaue Verfolgung des Verbrennungsvorganges sehr erleichtert.
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mit dem Bunsenbrenner beim elektrischen Ofen angelangt, so entfernt man den Brenner und schiebt das Drahtnetzröllchen an das Rohrende zurück, damit der dem elektrischen Ofen benachbarte Rohrteil zur Aufnahme des Schiffchens mit der Substanz wieder auskühlt. Nachdem man die A b s o r p t i o n s a p p a r a t e gewogen hat, schiebt man über das zum Wassersack führende Ansatzrohr des C h l o r c a l c i u m Rohres zur Hälfte den 1,5 cm langen Verbindungsschlauch, fügt das andere Rohrende durch die 2 cm lange Schlauchverbindung an das direkt zur Natronasbestfüllung führende Ansatzrohr des N a t r o n a s b e s t - R o h r e s , so daß die Rohrenden möglichst dicht aneinander passen, und befestigt die Absorptionsapparate im Halterstativ. Nun überprüft man mit der Uhr rasch die B l a s e n f r e q u e n z des Luftstromes in 10 Sekunden und ändert, wenn nötig, die Stellung des D r u c k r e g l e r s , so daß man eine Stromgeschwindigkeit von 9—10 ccm Luft (bzw. Sauerstoff) in der Minute erzielt, was sich aus der Blasenzahl des geeichten Blasenzählers ergibt. Das „Versagen" des Blasenzählers hat oft seinen Grund darin, daß die Lauge bei längerem Gebrauch eingeengt ist; man füllt dann frische (evtl. etwas verdünntere) Lauge nach, hat aber dann den Blasenzähler neu zu eichen. Eine andere Fehlerquelle ist durch das Verkleben des Chlorcalciums im Trockenapparat bzw. in dem am Glockengasometer befindlichen Trockenrohr gegeben. Das Zurücksteigen der Lauge aus dem Blasenzähler in den zum Dreiwegehahn führenden Gummischlauch ist peinlichst zu vermeiden.
Nun schließt man das Chlorcalcium-Rohr dicht an den Schnabel des V e r b r e n n u n g s r o h r e s an und verbindet das Natronasbest-Rohr mit dem Chlorcalcium-Rohr der M a r i o t t e s c h e n F l a s c h e . Darauf entfernt man den Kautschukstopfen aus dem Verbrennungsrohr, schiebt das Stativ mit dem Trockenapparat nach rückwärts, um freien Raum zu haben, hebt den Kupferblock mit dem S c h i f f c h e n an die Rohrmündung, bringt das Schiffchen mit der Pinzette in die Mündung, schiebt es mit einem geeigneten sauberen Glasstab, ohne daß es zum Umkippen kommt, auf 4—5 cm bis zum elektrischen Ofen vor, fügt den, eventuell mit einem Hauch Glycerin befeuchteten Kautschukstopfen locker in das Rohr und schiebt unter leichtem Druck den Dorn des Trockenapparates in die Bohrung des Stopfens, so daß die Spitze im Innern des Rohres eben herausschaut. Das Einführen der Substanz muß möglichst r a s c h geschehen, damit keine Feuchtigkeit aus der Luft ins Rohr gelangt. Jetzt öffnet man die Hähne der Absorptionsapparate und den Hahn an der Mariotteschen Flasche und überzeugt sich, ob man die alte, früher ermittelte B l a s e n f r e q u e n z im Zähler erhält; eine Abweichung von 1—2 Einheiten von der Zahl der Blasen in 10 Sekunden wirkt nicht störend. Wenn nötig, stellt man die frühere Blasenfrequenz durch Senken oder Heben des Hebels der Mariotteschen Flasche erneut ein. Das während der Analyse aus der Mariotteschen Flasche abtropfende
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Wasser wird in einem 5 0 0 - c c m - M e ß z y l i n d e r aufgefangen. Dann legt man den K u p f e r d r a h t - B ü g e l , der die Abwärme des elektrischen Ofens überträgt, auf den Rohrschnabel und das Ansatzrohr des Chlorcalciumrohres, so daß das Metall das Glas berührt; dadurch wird die Kondensation von Wasser in den Ansatzröhren sicher vermieden. Nun beginnt man mit der e i g e n t l i c h e n V e r b r e n n u n g . Man achte darauf, daß der G l o c k e n g a s o m e t e r während der Analyse stets mit Luft (bzw. Sauerstoff) gefüllt bleibt, so daß etwa alle 10 bis 15 Sekunden eine Blase entweicht. Sobald das Rohr im Innern des Ofens auf Rotglut gekommen ist, schiebt man das 5 cm lange D r a h t n e t z r ö l l c h e n vor, so daß es mit seinem vorderen Rand fast an das Schiffchen heranreicht, und stellt die volle, entleuchtete Flamme des Bunsenbrenners an das rückwärtige Ende der Drahtnetzrolle. Die wegen der Erwärmung eintretende Verringerung der Blasenfrequenz geht nach kurzer Zeit zurück. Im allgemeinen wird die im rückwärtigen Teil des Schiffchens befindliche Substanz nach wenigen Minuten zu schmelzen oder zu destillieren bzw. zu sublimieren beginnen. M a n m a c h e s i c h zur Regel, erst dann mit dem D r a h t n e t z r ö l l c h e n und B u n s e n b r e n n e r v o r z u r ü c k e n , wenn die an der S u b s t a n z e i n t r e t e n d e n V e r ä n d e r u n g e n v o l l k o m m e n a b g e k l u n g e n sind. Dann schiebt man etwa alle 2 Minuten das Drahtnetzröllchen um 2—3 mm vor und rückt mit dem Brenner nach, so daß dieser stets an das rückwärtige Ende der Rolle zu stehen kommt. Dabei vermindert sich die B l a s e n f r e q u e n z im Blasenzähler vorübergehend; man richte das Vorrücken so ein, daß die Blasenzahl sich möglichst wenig verringert, damit man stets einen Überschuß an Sauerstoff zur Verfügung h a t ; man rückt erst dann in gleicher Weise vor, wenn die ursprüngliche Blasenfrequenz wieder erreicht ist. A u ß e r d e m V e r h a l t e n d e r S u b s t a n z h a t m a n a l s o s t e t s a u c h d e n B l a s e n z ä h l e r zu b e o b a c h t e n . Man hüte sich, zu rasch vorzugehen, da sonst die Dämpfe ins Rohr zurückschlagen, keinesfalls soll der Blasenzähler zum Stillstand oder gar zum Zurücksteigen kommen. I n den meisten Fällen bildet sich am Boden des Rohres unmittelbar vor dem Platinschiffchen durch Kondensation ein großer F l ü s s i g k e i t s t r o p f e n ; das erleichtert die sachgemäße Leitung des Verbrennungsvorganges sehr wesentlich, da sich die Auswirkung der Temperaturregulierung an der Veränderung des Tropfens sehr scharf beobachten läßt. Die ganze Kunst des Verbrennens besteht dann im l a n g s a m e n , g e d u l d i g e n V e r g a s e n d e s T r o p f e n s , wobei man beachte, daß die Wärmeleitung sehr gesteigert wird, sobald man mit dem Brenner an das Platinschiffchen rückt; man hat daher entsprechend langsamer vorzugehen. Sobald die letzten Anteile der Flüssigkeit verdampft sind, erhitzt man das Rohr an der Stelle, an der das Platinschiffchen liegt, mit der Bunsenflamme ohne Drahtnetz, bis das Rohr und das Schiffchen eben zum Glühen kommen; in gleicher Weise bringt man den Rohrteil bis zum elektrischen Ofen
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unter raschem Vorgehen auf dunkle Rotglut; die bei der Zersetzung der Substanz abgeschiedene K o h l e läßt sich so zumeist rasch verbrennen; wenn notwendig, richtet man die Flamme auch von o b e n her gegen das Rohr. Bildet sich bei der Zersetzung der Substanz eine an der Rohrwand festhaftende s c h w e r v e r b r e n n l i c h e K o h l e , so hilft oft ein kleiner Kunstgriff, der darin besteht, daß man die Kohle vorübergehend auskühlen läßt, wobei sie Sauerstoff absorbiert und bei erneutem Glühen rasch verbrennt, zumal wenn man nach dem Vergasen der flüssigen Anteile auf einen S a u e r s t o f f s t r o m gleicher Blasenfrequenz umgeschaltet hat. Das wird aber nur bei sehr schwer verbrennlicher Kohle notwendig sein. Hat man im Sauerstoffstrom verbrannt, so schaltet man, sobald die Kohle restlos verbrannt ist, auf den L u f t s t r ö m zurück, um die reduzierte Kupferschicht zu schonen. Oftmals beobachtet man noch während der Verbrennung ein ziemliches Ans t e i g e n der B l a s e n f r e q u e n z im Blasenzähler; das hat seinen Grund darin, daß durch die lebhafte Absorption des entwickelten Kohlendioxyds im Natronasbestrohr ein gewisser Unterdruck entsteht; zu gleicher Zeit läßt die Tropfgeschwindigkeit der Mariotteschen Flasche nach oder kommt gar vorübergehend zum Stillstand. Diese Störung ist bedeutungslos. Es besteht zwar die Gefahr, daß bei eventuellen kleinen Undichtigkeiten am Schnabel Luft eingesaugt wird; die dadurch bedingten Abweichungen haben aber bei der kurzen Dauer der Erscheinung keinen nennenswerten Einfluß auf die Bestimmung. Selbstverständlich ist eine „Nachregulierung" der Mariotteschen Flasche während der Dauer dieser Erscheinung zu u n t e r l a s s e n ; nach kurzer Zeit stellt sich die alte Tropfgeschwindigkeit von selbst wieder ein.
Sobald man mit dem Bunsenbrenner am elektrischen Ofen angelangt ist, wozu im allgemeinen 15—20 Minuten, nur bei sehr schwer verbrennbaren Substanzen bis zu 30 Minuten erforderlich sind, rückt man mit dem Röllchen und dem Brenner wieder an das Rohrende und schiebt den elektrischen Ofen soweit zurück, daß die r e d u z i e r t e K u p f e r s c h i c h t zum größten Teil aus dem Ofen herausragt; damit erreicht man, daß diese reduzierte Schicht für die nächsten Analysen geschont wird. Von diesem Augenblick an leitet man, um die Überführung der Verbrennungsprodukte in die Absorptionsapparate vollständig zu machen, noch 180 ccm L u f t durch das Rohr. Während des Luftdurchleitens glüht man den leeren Teil des Rohres, 1 cm vom Kautschukstopfen aus beginnend, nochmals kurz mit Brenner und Röllchen durch. Sind 150 ccm Wasser abgeflossen, so schaltet man den elektrischen Ofen aus; nach Beendigung des Luftdurchleitens schließt man den Hahn der Mariotteschen Flasche, dann die Absorptionsgefäße, entfernt sie vom Verbrennungsrohr und läßt dieses, mit einer Schlauchkappe verschlossen, unter dem Druck des Luftgasometers erkalten, so daß es für die nächste Analyse sofort gebrauchsfertig ist. Die Absorptionsgefäße gelangen nach entsprechender Vorbehandlung (s. unten) zur Wägung. Flüssige Substanzen: Die Einwaage geschieht in einem etwa 4 cm langen, an der offenen Seite mit Glasfüßen versehenen und mit Schliff-
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stopfen verschließbaren Röhrchen ( „ W ä g e s c h w e i n c h e n " ) aus Supremaxglas 1 . Am geschlossenen Ende ist ein Häkchen aus Glas angeschmolzen, an dem das Röhrchen mit Hilfe eines gebogenen Drahtes im Verbrennungsrohr bewegt werden kann. I n das gereinigte Röhrchen bringt man einen kleinen Kristall von Kaliumchlorat, den man über kleiner Flamme gerade schmelzen und dann wieder erstarren läßt. Nach dem Erkalten wägt man das so vorbereitete Röhrchen in einem passenden Drahtgestell auf 0,01 mg genau und füllt aus einer feinen Capillare 20—30 mg der zu analysierenden Flüssigkeit ein. Leicht flüchtige Substanzen werden im Röhrchen mit aufgesetztem Schliffstopfen gewogen. Zur Verbrennung schiebt man das beschickte Röhrchen, mit der offenen Seite zur Rohrfüllung gerichtet, in das Verbrennungsrohr, auf 7—9 cm an den elektrischen Ofen heran. H a t man mit aufgesetztem Stopfen abgewogen, so wird der Stopfen unmittelbar vor dem Einschieben des Röhrchens gelüftet und mit diesem in das Rohr eingeführt. Am Stopfen ist ebenfalls ein Glashäkchen angeschmolzen. Bei der Verbrennung von Flüssigkeiten wird man, wegen ihrer größeren Flüchtigkeit, im allgemeinen etwas v o r s i c h t i g e r a n h e i z e n , als dies oben f ü r feste Substanzen beschrieben ist. Wägung der Absorptionsapparate: Die Wägung der Absorptionsapparate erfolgt wie S. 59 beschrieben, nach gleicher Vorbereitung in genau der gleichen Weise. Während der Zeit des Auskühlens zieht man das Schiffchen mit einem hakenförmig umgebogenen Platindraht aus dem Verbrennungsrohr, glüht kurz in der entleuchteten Bunsenflamme aus und wägt nach dem Erkalten (auf dem Kupferblock) die Substanz für die nächste Analyse ein. Man versäume nicht, sofort nach der endgültigen Feststellung des Gewichtes der Absorptionsgefäße die dem Zuwachs entsprechende Zahl von cg-Gewichtsstücken zu der Tara zu legen und nach dem Versetzen des Reiters in die entsprechende Kerbe am Anfang des Reiterlineals den Ausschlag für die neue Tara zu bestimmen.
Berechnung: Der Prozentgehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff läßt sich nach folgenden Formeln berechnen: gefundenes COa Substanz gefundenes H 2 0 %H = Substanz '
%C =
300 11 201,6 18,016
Die Berechnung erfolgt mit Hilfe von K ü s t e r s Logarithmentafel. Die Fehlergrenze beträgt f ü r Kohlenstoff + 0,3%, f ü r Wasserstoff + 0,2 und — 0 , 1 % . Gute Analysen ergeben etwa 0,1% C zu wenig und 0,1% H zu viel. III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen Sind in einer Verbindung außer Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff noch andere Elemente enthalten, so wird zu deren Be1
A. F r i e d r i c h , Ang. Ch. 46, 477 (1932).
III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen
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Stimmung die Substanz entweder durch Erhitzen mit roter, rauchender Salpetersäure im Einschlußrohr oxydiert ( C a r i u s ) oder im Sauerstoffstrom am Platinkontakt verbrannt ( D e n n s t e d t ) . Halogen wird als H a l o g e n s i l b e r , Jod mit Vorteil auch als J o d s ä u r e , Schwefel als B a r i u m s u l f a t , Phosphor als M a g n e s i u m p y r o p h o s p h a t bestimmt. 1. H a l o g e n b e s t i m m u n g n a c h C a r i u s Zur Bestimmung sind erforderlich: Einschmelzrohre aus schwerschmelzbarem Jenaer Glas (Länge 35 cm, innere Weite 2,5 cm; Wandstärke 1,2 mm) 1 ; rote rauchende Salpetersäure (D. 1,5); festes Silbernitrat; Filterröhrchen mit Jenaer Glasfritten-Filterplatte (13 f G 2); halogenfreier Alkohol und salpetersäurehaltiges Wasser (1 : 100).
Beschickung des Einschmelzrohres: Das Bombenrohr wird zunächst mit Bichromat-Schwefelsäure gereinigt, mit Wasser ausgespült und an der Wasserstrahlpumpe unter gelindem Erwärmen getrocknet. Die Substanz wird in ein kleines W ä g e r ö h r c h e n mit etwa 8—10 cm langem Stiel eingewogen, das man sich aus einem geeigneten Glasrohr selbst herstellt; zur Wägung legt man es auf ein kleines Drahtgestell (Fig. 39). Nachdem man das u n g e f ä h r e Gewicht des Wägeröhrchens festgestellt hat, wägt man für die Halogenbestimmung 20—30 mg auf 0,01 mg genau ab, führt das Wägeröhrchen mit der Substanz möglichst weit in das horizontal gehaltene Bombenrohr, läßt die Substanz bei senkrecht gehaltenem Rohr hineingleiten, bringt das Wägeröhrchen vorsichtig wieder auf die Waage zurück und bestimmt durch Zurückwägen die g e n a u e Einwaage. Zur Substanz gibt man je nach der Einwaage 60—90 mg feingepulvertes Silbernitrat (am besten das 1 y, -fache der dem zu erwartenden Halogengehalt entsprechenden Menge Silbernitrat) und bei Substanzen, die in der Kälte nur langsam mit der Salpetersäure reagieren, direkt 1—1,5 ccm rote rauchende Salpetersäure. Bei Substanzen, die schon in der Kälte lebhaft mit Salpetersäure reagieren, gibt man die Säure in ein etwa 6 cm langes und 0,8 cm weites Röhrchen mit rundem Boden, das man bei ganz schwach geneigtem Rohr vorsichtig bis auf den Boden des Einschmelzrohres gleiten läßt, wobei man sorgfältig vermeidet, daß die Substanz vorzeitig mit der Säure in Berührung kommt. Zuschmelzen des Rohres: Zur Bearbeitung des schwerschmelzbaren Glases schließt man außer der Druckluft noch eine S a u e r s t o f f b o m b e an das Gebläse an. Man faßt das Einschmelzrohr in der Mitte mit der linken Hand, hält es möglichst schräg geneigt, wobei man darauf achtet, daß die Salpetersäure nicht au8 dem 1
Die Röhren können wiederholt (3—4 mal) benutzt werden. 5
G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.
37. Aufl.
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Elementar-analytische Methoden
Röhrchen zur Substanz gelangt und erhitzt das Rohrende unter ständigem langsamen Drehen zunächst mit der leuchtenden, dann mit der entleuchteten Flamme, zuletzt unter Zuhilfenahme von etwas Sauerstoff, bis das Glas weich geworden ist. Dann schmilzt man einen Glasstab an die innere Seite des Rohres an, zieht ihn auf die andere Seite und bringt ihn, nachdem er auch hier angeschmolzen ist, in eine solche Lage, daß er in der Rohrachse liegt. Nun erhitzt man das Rohr kurz unterhalb, wo es noch zylindrisch ist, zunächst mit der schwach entleuchteten Flamme, dann unter mäßiger Sauerstoffzufuhr, bis das Glas weich geworden ist. Unter ständigem Drehen und ganz schwachem Zusammendrücken läßt man das Glas an dieser Stelle zusammenfallen; sobald es stark verdickt ist, zieht man das Rohr außerhalb der Flamme langsam zu einer d i c k w a n d i g e n Capillare aus, die man mit einer Sauerstoff-Stichflamme zuschmilzt. Die Capillare läßt man in einer leuchtenden Flamme erkalten und bringt dann das Rohr in einen e i s e r n e n S c h u t z m a n t e l , so daß die Capillare einige Zentimeter herausragt; gegebenenfalls füllt man den eisernen Mantel mit Sand entsprechend auf.
S o l a n g e d a s R o h r z u g e s c h m o l z e n i s t , d a r f es n i c h t a u s dem Mantel herausgenommen und aus dem B o m b e n r a u m entfernt werden. Erhitzen des Rohres: Den eisernen Mantel mit Rohr legt m a n nun in einen B o m b e n - oder S c h i e ß o f e n derart, daß die Capillare etwas erhöht gegen die mit Splitterfänger versehene Wand zeigt, und schließt den Ofen. Es können zu gleicher Zeit mehrere Röhren erhitzt werden. Man zündet alle Brenner an und erhitzt durch Regulierung des Haupthahnes a l l m ä h l i c h auf die gewünschte Temperatur. Diese beträgt für a l i p h a t i s c h e HalogenVerbindungen (und viele schwefelhaltige Substanzen) etwa 250°, f ü r a r o m a t i s c h e (und die Sulfosäuren) etwa 300°. Die meisten Substanzen sind nach 3—4 stündigem Erhitzen vollständig oxydiert, bei aromatischen Verbindungen setzt man das Erhitzen noch einige Stunden darüber hinaus fort. öffnen und Entleeren des Rohres: Nach v ö l l i g e m Erkalten nimmt man den eisernen Mantel heraus, vertreibt mit einer kleinen leuchtenden Flamme die etwa in der Capillare vorhandene Flüssigkeit und hält die Capillare in eine spitze Gebläseflamme (Schutzbrille!). Nachdem die unter Druck befindlichen Gase die weich gewordene Capillare durchbohrt haben, nimmt man das Rohr aus dem Mantel und überzeugt sich, daß die Substanz völlig aufgeschlossen ist; gegebenenfalls schmilzt m a n das Rohr wieder zu und erhitzt von neuem. Ist die Substanz vollkommen aufgeschlossen, so entfernt man den oberen Teil des Rohres, indem man die Capillare zunächst wieder zuschmilzt und dann kurz unterhalb, wo das Rohr noch zylindrisch ist, eine Sauerstoff-Stichflamme gegen das Rohr richtet, so daß es an dieser Stelle aufgeblasen wird. Nun bringt man mittels der Sauerstoffstichflamme das Glas seitlich von der entstandenen Öffnung zum Erweichen und zieht es mit einem Glasstab zur Seite weg, so daß ein breiter Spalt entsteht, den man zu 2 / s um das Rohr herumführt. Nachdem man die nun verbleibende Verbindungsstelle zum Erweichen gebracht hat, zieht man die Glaskappe zur Seite fort, wobei man gleichzeitig einen kleinen A u s g u ß erzeugt.
HL Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen
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Das Rohr wird zunächst äußerlich gereinigt und der Rohrinhalt vorsichtig mit etwa 10 ccm Wasser verdünnt. Das an der Oberfläche schwimmende kleine Gläschen, das zur Aufnahme der Salpetersäure gedient hat, wird mit der Beinpinzette gefaßt und in ein Becherglas mit rundem Boden (Höhe 15 cm, Weite 3—3,5 cm) entleert und mit destilliertem Wasser ausgespült. Dann wird der Inhalt des Bombenrohres, nachdem man das Halogensilber mit einem Glasstab möglichst zerdrückt hat, unter wiederholtem Nachspülen quantitativ in das Becherglas übergeführt. Hartnäckig an der Wand haftendes Halogensilber wird mit dem Glasstab entfernt, die letzten Anteile durch abwechselndes Nachspülen mit wenig (halogenfreiem) Alkohol und wenig Wasser. Filtrieren und Trocknen des Halogensilbers: Der im Becherglas gesammelte Niederschlag wird zunächst im siedenden Wasserbad erhitzt. Bei Jod(und Brom-)Silber erwärmt man 2 Stunden, da Silberjodid mit Silbernitrat eine feste Verbindung eingeht, die durch Wasser nur allmählich zersetzt wird. Bei Jodbestimmungen hat man außerdem das beim Aufschluß gebildete Silberjodat durch Zugabe von reiner Schwefligsäure-Lösung vorher zu reduzieren. Zur Filtration von Halogensilber-Niederschlägen Fig. 40 dient ein Filterröhrchen mit G l a s f r i t t e n - F i l t e r (vgl. Fig. 40), auf das man eine Aufschwemmung von feinstem G o o c h t i e g e l - A s b e s t bringt, so daß nach dem Festsaugen eine 2 bis 3 mm dicke Asbestschicht entsteht. Vor Benutzung des Röhrchens filtriert man ein wenig eines kalt gefällten Sil b e r c h l o r id-Niederschlags durch das Asbestfilter; sobald das Filtrat klar abläuft, ist das Röhrchen gebrauchsfertig. Vor der Filtration spült man das Röhrchen mit Wasser, füllt es mit 96-proz. Alkohol, den man langsam durchsaugt, schließt den Schaft an die Saugpumpe an und trocknet das Röhrchen 10 Minuten lang in dem auf 130—140° geheizten K u p f e r - T r o c k e n b l o c k , indem man einen schwachen Luftstrom durchsaugt. Zum Schutz gegen den in der L u f t enthaltenen Staub fügt man ein kurzes, mit Stiel versehenes Glasröhrchen, das man mit festgestopfter Watte füllt, mit einem porenfreien, sauberen Korkstopfen in den Becher des Filterröhrchens. Das getrocknete Filterröhrchen wird in der bei der Behandlung der Absorptionsgefäße (S. 59) beschriebenen Weise abgewischt und 15 Minuten nach dem Ablegen unter Berücksichtigung der Nullpunktslage genau gewogen. Der Halogensilber-Niederschlag wird mit Hilfe eines vorher sorgfältig gereinigten Hebers auf das Filter übergeführt (Fig. 40); dieser wird m i t 6»
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Elementar-analytische Methoden
einem kleinen Gummistopfen auf das Filterröhrchen aufgesetzt. Man senkt ihn bis auf den Boden des Gefäßes und saugt den Niederschlag mit mäßiger Geschwindigkeit (etwa 2 Tropfen in der Sekunde) über; dann spült man mit wenig Alkohol und, nachdem dieser abgesaugt ist, mit wenig salpetersäurehaltigem Wasser (1: 100) nach. Wenn nötig, wiederholt man das abwechselnde Nachspülen mit wenig Alkohol und wenig Wasser; zum Schluß spült man das in das Filtrierröhrchen mündende Ende des Heberrohres mit Alkohol ab, füllt das Filterröhrchen bis zum Rand mit Alkohol, schließt es, sobald dieser durchgesaugt ist, an die Saugpumpe an und trocknet 10 Minuten lang im K u p f e r T r o c k e n b l o c k bei 130—140°; nach 15 Minuten wird gewogen. Die C a r i u s - M e t h o d e ist zuverlässig, aber zeitraubend. J o d wird zweckmäßig nach L e i p e r t (S. 71), Chlor und B r o m nach dem nachstehenden Verfahren bestimmt.
2. B e s t i m m u n g v o n C h l o r u n d B r o m n a c h V e r b r e n n u n g d e r S u b s t a n z im P e r l e n r o h r Die Substanz wird in einem P e r l e n r o h r im S a u e r s t o f f s t r o m am P l a t i n k o n t a k t verbrannt und die Verbrennungsgase werden in einer im vorderen Rohrteil befindlichen Perlenfüllung, die mit 5-proz. H y d r o p e r o x y d l ö s u n g benetzt ist, absorbiert. Durch die Verteilung der Absorptionsflüssigkeit auf eine große Oberfläche wird eine rasche und sichere Absorption gewährleistet; elementares Halogen wird durch das Hydroperoxyd zu Halogen-Ion reduziert. Nach dem Ausspülen des Rohres bestimmt man das Halogen-Ion in der Lösung nach der Methode von K. F a j a n s 1 durch direkte Titration mit n e u t r a l e r S i l b e r n i t r a t l ö s u n g unter Verwendung von organischen Farbstoffindikatoren („Adsorptionsindikatoren"). Zur Bestimmung sind erforderlich: Ein Perlenverbrennungsrohr aus Supremaxglas (Länge 60—70 cm, innere Weite 0,9 cm, Wandstärke 1 mm; der vordere Teil ist schnabelförmig ausgezogen und endet in ein angesetztes dickwandiges Röhrchen von 1—2 cm Länge und 1 mm lichter Weite; der an das Schnabelstück anschließende Rohrteil ist in einer Länge von 28—30 cm mit 2—3 mm langen Stückchen von 2 mm starkem Glasstab aus Jenaer Geräteglas gefüllt; die Perlenschicht wird durch eine an die Rohrwandung angeschmolzene Hartglasspirale festgelegt); drei 5 cm lange Platindrahtnetz-Kontakte; Perhydrol, säurefrei („Merck"); w/50-Silbernitratlösung, neutral; 0,01-proz. Lösung von Dichlor-fluorescein in 60-proz. Alkohol (Indikator zur Bestimmung von Cl'); 0,1 - proz. wässerige Lösung von Eosin-natrium (Indikator zur Bestimmung von Br'). 1 K. F a j a n s und H. W o l f f , Z. f. anorg. Chem. 137, 221 (1924); vgl. I. M. K o l t h o f f , Z. anal. Chem. 70,369 (1927); 71, 235 (1927); J. Am. Soc. 51, 3273 (1929}; F . H ö l s c h e r , Z. anal. Chem. 96, 308 (1934).
III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen
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Beschickung des Perlenrohres: Zur Beschickung des gründlich gereinigten P e r l e n r o h r e s saugt man, nachdem man ein kleines, mit Watte gefülltes Mundstück auf das Rohr gesetzt hat, eine 5-proz. Lösung von Hydroperoxyd, die man sich vor Beginn einer Analysenserie jedesmal frisch aus Perhydrol herstellt, in den mit Perlen gefüllten Teil auf, bis die Flüssigkeit die Glasspirale benetzt; dann läßt man die Absorptionsflüssigkeit wieder abtropfen. Eine die Perlenschicht benetzende Flüssigkeitsmenge von 2—3 ccm ist vollkommen ausreichend. Über den mit Perlen gefüllten Teil stülpt man ein sauberes Reagenzglas und legt das Rohr auf das Verbrennungsgestell. Dann werden die mit verdünnter Salpetersäure (1:1) ausgekochten und stark geglühten P l a t i n k o n t a k t e in das Rohr geschoben, so daß der vorderste etwa 6 cm vor der Hartglasspirale endet und zwischen den Kontakten ein etwa 2 cm langer Zwischenraum bleibt. Man legt das Perlenrohr nun so auf das Verbrennungsgestell, daß der mit Perlen gefüllte Teil und noch etwa 5 cm des leeren Teiles darüber hinausragen. Das herausragende Rohrende wird durch ein G a b e l s t a t i v gestützt; zum Wärmeschutz schiebt man einen A s b e s t s c h i r m über das Rohr, der der Ofenwand anliegt. Dann schiebt man eine 20 cm lange E i s e n d r a h t n e t z r o l l e über den Rohrteil mit dem Platinkontakt, setzt an dieser durch einen L a n g b r e n n e r geheizten Stelle ein D r a h t n e t z d a c h als Wärmeschutz auf das Verbrennungsgestell und schiebt schließlich noch eine 5 cm lange D r a h t n e t z r o l l e für den beweglichen Brenner über das Rohr (vgl. Fig. 41, S. 71). Zur Halogenbestimmung wägt man in der üblichen Weise 20—30 mg Substanz im Platinschiffchen ab und führt dieses so in das Rohr ein, daß es 6—7 cm vor das vordere Ende der langen Drahtnetzrolle zu stehen kommt. Das Rohr wird nun mit Kautschukstopfen und zur Spitze ausgezogener Capillare verschlossen und über einen kleinen, mit 50-proz. Kalilauge gefüllten B l a s e n z ä h l e r mit dem S a u e r s t o f f g a s o m e t e r verbunden. Zur Halogenbestimmung in F l ü s s i g k e i t e n wägt man die Substanz, wie bei der C,H-Bestimmung besehrieben, und führt das Wägeschweinchen so in das Rohr ein, daß es etwa 8—10 cm vor das vordere Ende der langen Drahtnetzrolle zu liegen kommt. Bei sehr schwer verbrennlichen Flüssigkeiten tritt an Stelle von Kaliumchlorat Ammoniumnitrat.
Ausführung der Verbrennung: Nach dem Einführen der Substanz reguliert man mit Hilfe des P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n e s einen Sauerstoffstrom von 7—9 ccm je Minute ein (Eichung des Blasenzählers mit der Mariotteschen Flasche, vgl. S. 55) und erhitzt dann die P l a t i n k o n t a k t e mit dem L a n g b r e n n e r auf helle Rotglut. Sobald dies erreicht ist, schiebt man die kurze D r a h t n e t z r o l l e bis auf wenige Millimeter an das Platinschiffchen heran und stellt den beweglichen, entleuchteten Bunsenbrenner unter das rückwärtige Ende der Drahtnetzrolle. Man wartet nun ab, bis die Veränderungen, die die zu ver-
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Elementar-analytische Methoden
brennende Substanz erleidet, abgeklungen sind und rückt e r s t d a n n mit der Drahtnetzrolle und dem Bunsenbrenner vor, und zwar alle 2 Minuten um etwa 2—3 mm. Bei Substanzen, die nach dem Schmelzen destillieren, muß man s e h r s o r g f ä l t i g vorgehen; man wartet zunächst ab, bis das Destillat, das sich in Form eines Tropfens im leeren Rohrteil zwischen Schiffchen und Kontakten ansammelt, sich nicht mehr vermehrt. Sobald man mit dem Saum der Bunsenflamme das Platinschiffchen berührt, wartet man einige Minuten ab und beobachtet sorgfaltig, ob das Destillat sich bei unveränderter Stellung des Bunsenbrenners merklich rasch verflüchtigt. Die Verbrennung der Substanz soll m i n d e s t e n s 30 Minuten erfordern, da sonst vollkommene Verbrennung und quantitative Absorption nicht gewährleistet sind. Bei der Verbrennung von F l ü s s i g k e i t e n schiebt man die kleine Drahtnetzrolle vor Beginn der Verbrennung je nach der Flüchtigkeit der Substanz aui höchstens 1—3 cm an das Röhrchen heran und wartet, sobald die Substanz herauszudestillieren beginnt, bei unveränderter Stellung des Bunsenbrenners ab, bis die Destillation beendet ist; erst dann geht man in der oben beschriebenen Weise langsam vor.
Ausspülen des Rohres und Titration: Nach dem Erkalten entfernt man das Platinschiffchen, spannt das Rohr in senkrechter Lage in ein Stativ ein und bringt an Stelle des Reagenzglases einen sauberen E r l e n m e y e r k o l b e n (100—150 ccm) unter das Rohr. Dann spritzt man unter Abspülen der inneren Rohrwandung etwa 10 ccm Wasser ins Rohr und drückt die Flüssigkeit mit Hilfe eines kleinen H a n d b l a s e b a l g s durch die Perlenfüllung in den Erlenmeyerkolben. In gleicher Weise spült man das Rohr noch dreimal mit je 10 ccm Wasser nach, spült den Schnabel des Rohres ab und führt auch den Inhalt des Reagenzglases unter Nachspülen in den Kolben über. Vor der T i t r a t i o n stumpft man die gebildete Mineralsäure mit einigen Tropfen einer halogenfreien gesättigten Natriumacetat-Lösung ab, so daß die Lösung nur noch s c h w a c h e s s i g s a u e r reagiert. Zur B e s t i m m u n g d e s C h l o r - I o n s gibt man zur Lösung 5—10 Tropfen einer 0,01-proz. alkoholischen Lösung von Dichlor-fluorescein und titriert aus einer in 0,02 ccm geteilten M i k r o b ü r e t t e mit neutraler m/50—n/40-Silbernitratlösung. Im Anfang der Titration zeigt die Lösung nur eine geringe O p a l e s z e n z ; mit zunehmender Annäherung an den Äquivalenzpunkt trübt sie sich stark. Man titriert dann vorsichtig unter starkem Umschütteln weiter, bis das Silberhalogenid-Sol plötzlich zu rosarot gefärbten F l o c k e n koaguliert. Zur B e s t i m m u n g d e s B r o m - I o n s fügt man der Xösung 5—10 Tropfen einer 0,1-proz. wässerigen Lösung von Eosinnatrium zu. Der Umschlag ist hier sehr scharf zu erkennen; bis unmittelbar vor dem Äquivalenzpunkt bleibt die stark opaleszierende Lösimg durchsichtig, die Farbe des Indikators ändert sich dabei gegen Ende der Bestimmung mehr nach B l a u . Auf Zusatz des nächsten Tropfens wird dann die
HI. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen
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Lösung plötzlich undurchsichtig und das Silberhälogenid f l o c k t bei starkem Schütteln mit intensiv rosaroter Farbe a u s . Man titriere ziemlich schnell in zerstreutem Tageslicht und vermeide direktes Sonnenlicht, da die Lichtempfindüchkeit des Silberhalogenids durch die sensibilisierende Wirkung der Farbstoffe stark erhöht ist.
Fehlergrenze der Bestimmung: ^
1 °/0 des Halogengehaltes.
Natürlich kann man das durch Verbrennung der organischen Substanz erhaltene Halogen-Ion auch in der üblichen Weise durch Fällung mit Silber gravimetrisch bestimmen.
3. M a ß a n a l y t i s c h e B e s t i m m u n g v o n J o d nach Leipert-Münster1 Die Substanz wird im S a u e r s t o f f s t r o m am P l a t i n k o n t a k t verbrannt und das gebildete J o d durch B r o m in Essigsäure zu J o d s ä u r e oxydiert. Nach der Zerstörung des überschüssigen Broms durch Ameisensäure f ü g t man K a l i u m j o d i d zur Lösung und titriert das ausgeschiedene J o d mit T h i o s u l f a t . Fig. 41 Da das 6-fache des in der Substanz enthaltenen Jods zur Titration gelangt, liefert die Methode sehr genaue Resultate. Zur Bestimmung sind erforderlich: Ein Verbrennungsrohr (Fig. 41) aus Supremaxglas (lichte Weite 0,9 cm, Länge 55—60 cm; Länge des Einleitungsrohres 18 cm, innere Weite 2 mm; kurz vor dem Ansatz des Einleitungsrohres ist eine Verengerimg angebracht); eine 10-proz. Lösung von reinem Natriumacetat in 96-proz. Essigsäure; Brom (jodfrei); reine 80—100-proz. Ameisensäure; Kaliumjodid und n/10-Thiosulfatlösung.
Ausführung der Bestimmung: I n das gründlich gereinigte und getrocknete Rohr schiebt man die vorher durch Auskochen mit verd. Salpetersäure ( 1 : 1 ) und kräftiges Ausglühen gereinigten P l a t i n d r a h t n e t z - K o n t a k t e bis nahe an die Verengung heran, bringt an dieser Stelle des Rohres eine 20 cm lange E i s e n d r a h t n e t z r o l l e an und setzt zum weiteren Wärmeschutz ein E i s e n d r a h t n e t z d a c h auf das Verbrennungsgestell. Das Einleitungsrohr taucht in eine im unteren Teil zu einem schmalen Kelch auslaufende Vorlage (vgl. Fig. 41), die mit 12—15 ccm der Acetat-Essigsäurelösung gefüllt wird, der m a n 10—12 Tropfen Brom zugefügt hat. 1 Th. Leipert, Mikrochemie, Pregl-Festschrift, S. 266 (1929). — W. Münster, Mikrochemie 14, 23 (1933).
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Elementar-analytische Methoden
Zur Jodbestimmung wägt man 20—30 mg Substanz im PlatinSchiffchen ein und führt die Verbrennung der Substanz in der bei der H a l o g e n b e s t i m m u n g i m P e r l e n r o h r beschriebenen Weise durch. Die Stromgeschwindigkeit des Sauerstoffs reguliert man zu 4—5 ccm je Minute ein. Nach dem Erkalten des Rohres entfernt man Schiffchen und Kontakte und läßt zur Oxydation des an der Verengung des Rohres abgeschiedenen Jods bei schräg gehaltenem Rohr etwa 4 ccm Brom-Essigsäure-Lösung einfließen; durch die Verengung wird die Lösung an dieser Stelle zurückgehalten. Nach 10 Minuten spült man das Rohr und danach die Vorlage quantitativ in einen sauberen Erlenmeyerkolben über, in dem man vorher 2 g Natriumacetat in wenig Wasser v o l l s t ä n d i g gelöst hat. Zur Zerstörung des überschüssigen Broms läßt man einige Tropfen (bis zu 0,5 ccm) Ameisensäure an der Wandung zufließen, schüttelt kräftig um, damit auch das in der Gasphase befindliche Brom zur Absorption gelangt, und wartet einige Sekunden ab. Sobald Entfärbung der Lösung eingetreten ist, setzt man etwas verd. Schwefelsäure und 1,5 g Kaliumjodid zu, läßt nach dem Umschwenken 5 Minuten stehen und titriert danach das ausgeschiedene Jod aus einer in 0,02 ccm geteilten Mikrobürette mit w/10- Thiosulfatlösung, zunächst auf Gelbfärbung, dann nach Zusatz von Stärke auf Entfärbung. Fehlergrenze der Bestimmung: ^ 0,3%. 4. S c h w e f e l b e s t i m m u n g n a c h C a r i u s Die Schwefelbestimmung nach C a r i u s wird in derselben Weise ausgeführt wie die Halogenbestimmung; an die Stelle des Silbernitrats tritt hier entwässertes B a r i u m c h l o r i d . Zur Bestimmung sind erforderlich: Einsohmelzrohre aus schwerschmelzbarem Glas; rote rauchende Salpetersäure (D. 1,5); festes Bariumchlorid; Porzellan-Sintertiegel mit Schutzschale (Berliner Manufaktur, Filter-Tiegel A 1, Höhe: 2,7 cm, Volumen: 6 ccm).
Beschickung des Einschmelzrohres: Zur Schwefelbestimmung wägt man in der bei der Halogenbestimmung beschriebenen Weise 20—30 mg Substanz in das Bombenrohr ein, fügt je nach der Einwaage 130—200 mg vorher entwässertes Bariumchlorid hinzu und läßt das mit 1—1,5 ccm roter rauchender Salpetersäure gefüllte Röhrchen vorsichtig in das schwach geneigte Bombenrohr gleiten, wobei man vermeide, daß die Substanz vorzeitig mit der Säure in Berührung kommt. Das Zuschmelzen, Erhitzen und Wiedereröffnen des Rohres erfolgt wie bei der Halogenbestimmung beschrieben. Entleeren des Rohres und Bestimmung des Bariumsulfats: Nachdem man das Rohr äußerlich gereinigt hat, bringt man den Rohrinhalt unter
III. Bestimmung von Halogen, Schwefel und sonstigen Elementen
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mehrfachem N a c h s p ü l e n mit destilliertem Wasser in ein kleines gewöhnliches Becherglas; hartnäckig an der Glaswand haftendes Bariumsulfat entfernt man mit dem G l a s s t a b , nicht mit einem Gummiwischer. Die letzten Anteile des Bariumsulfats werden durch abwechselndes Nachspülen mit wenig Alkohol und wenig Wasser in das Becherglas übergeführt. Vor der Filtration des Bariumsulfats reinigt man den P o r z e l l a n S i n t e r t i e g e l sorgfältig mit Bichromat-Schwefelsäure, spült mit destilliertem Wasser ab und saugt an der Wasserstrahlpumpe Wasser durch. Dann stellt man den mit einem sauberen Tuch abgewischten Tiegel in ein G l ü h s c h ä l c h e n aus Porzellan auf ein T o n d r e i e c k , trocknet den Tiegel zunächst durch Fächeln mit einer kleinen Bunsenflamme, heizt dann langsam an, und steigert die Temperatur allmählich bis zu dunkler Rotglut. Nachdem man 20 Minuten erhitzt hat, läßt man zunächst 5 Minuten an der Luft erkalten und bringt dann den Tiegel mit Glühschälchen in einen E x s i c c a t o r . Nach einstündigem Erkalten im Exsiccator bringt man den Tiegel (ohne Glühschälchen) zur Wägung. Nachdem man den Inhalt des Becherglases zum Sieden erhitzt hat, setzt man den gewogenen Tiegel in den F i l t r i e r v o r s t o ß einer Saugflasche ein und führt das Bariumsulfat direkt aus dem Becherglas in den Tiegel über, die letzten Anteile zweckmäßig wieder durch abwechselndes Nachspülen mit Alkohol und Wasser. Zum Schluß füllt man den Tiegel nochmals mit Wasser, saugt wieder ab und bereitet ihn dann in genau der gleichen Weise, wie oben beschrieben, zur Wägung vor. Fehlergrenze der Bestimmung: ± 0 , 3 % . 5. S c h w e f e l b e s t i m m u n g d u r c h V e r b r e n n u n g Die Schwefelbestimmung im Perlenrohr wird analog der argentometrischen Halogenbestimmung (s. S. 68) ausgeführt. Die Perlenfüllung wird mit 5—10-proz. Hydroperoxyd beschickt, das etwa auftretende niedere Oxydationsprodukte des Schwefels in Schwefelsäure überführt. Nach Beschickung des Rohres leitet man die Verbrennung der Substanz genau so, wie bei der Halogenbestimmung ausführlich beschrieben ist. Da die vollkommene Absorption von Schwefeltrioxyd eine lange Berührungsdauer mit der Absorptionsflüssigkeit erfordert, hat man in einem l a n g s a m e r e n Sauerstoffstrom (3—4 ccm je Minute) zu verbrennen und dementsprechend l a n g s a m e r mit dem beweglichen Bunsenbrenner vorzugehen. Die Verbrennung der Substanz soll etwa 1 S t u n d e erfordern. Nach Beendigung der Verbrennung spült man das Rohr, wie bei der Halogenbestimmung beschrieben, in ein kleines sauberes Becherglas über, und fügt unter Nachspülen auch den Inhalt des Reagenzglases hinzu. Dann gibt man das klar filtrierte Gemisch von 2—3,5 ccm
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Elementar-analytische Methoden
Bariumchloridlösung (1 : 10) und 10 Tropfen verd. Salzsäure zu, bedeckt mit einem reinen Uhrglas und erhitzt zum Sieden, bis die Abscheidung des Bariumsulfats beendet ist. Nachdem man den Inhalt des Becherglases durch Einstellen in kaltes Wasser abgekühlt hat, führt man die Bestimmung wie bei der vorhergehenden Bestimmungsmethode zu Ende. 6. G l e i c h z e i t i g e B e s t i m m u n g v o n H a l o g e n u n d S c h w e f e l H a t man in einer Substanz g l e i c h z e i t i g Halogen und Schwefel zu bestimmen, so bestimmt man das H a l o g e n zunächst nach der C a r i u s - M e t h o d e . Das Filtrat vom Halogensilber-Niederschlag wird in einer sorgfältig gereinigten Saugflasche aufgefangen, in ein Jenaer Becherglas übergeführt, auf 120—150 cc. verdünnt und in der Siedehitze die S c h w e f e l s ä u r e mit 1-proz. absolut halogenfreier B a r i u m n i t r a t l ö s u n g gefällt. Zum Auswaschen des Niederschlags verwendet man destilliertes, nicht salzsäurehaltiges Wasser. 7. B e s t i m m u n g d e r ü b r i g e n E l e m e n t e Die meisten übrigen Elemente werden, nachdem die organische Substanz nach C a r i u s oxydiert ist, in der salpetersauren Lösung nach den Methoden der a n o r g a n i s c h e n A n a l y s e bestimmt. Alkali- und Erdalkalimetalle werden als S u l f a t e bestimmt. Hierzu wägt man die Substanz in einen Quarz- oder Platintiegel ein, gibt einige Tropfen konz. (bei explosiven oder zersetzlichen Substanzen 30—50-proz.) Schwefelsäure hinzu, raucht vorsichtig ab, und glüht schließlich bei dunkler Rotglut. IV. Bestimmung organischer Gruppen 1. M a ß a n a l y t i s c h e B e s t i m m u n g d e r M e t h o x y l g r u p p e
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Das Methyl der CH 3 0-Gruppe wird durch s i e d e n d e J o d w a s s e r s t o f f s ä u r e in M e t h y l j o d i d übergeführt (Zeisel) und dieses durch B r o m in das entsprechende A l k y l b r o m i d und B r o m j o d zerlegt: CH3J + Br2 = CH3Br + BrJ;
letzteres wird durch überschüssiges Brom zu J o d s ä u r e oxydiert: BrJ + 2Br 2 + 3H 2 0 = H J 0 3 + 5HBr .
Überschüssiges Brom wird durch A m e i s e n s ä u r e zu B r o m w a s s e r s t o f f reduziert und schließlich nach Zugabe von K a l i u m j o d i d das ausgeschiedene J o d mit T h i o s u l f a t titriert. Da hierbei 6 Ä q u i v a l e n t e J o d für 1 Alkoxyl in Freiheit gesetzt werden, läßt sich die Bestimmung auch bei kleinsten Substanzmengen mit großer Genauigkeit durchführen. 1
F. Vieböck und A. S c h w a p p a c h B. 63, 2818, 3207 (1930).
IV. Bestimmung organischer Gruppen
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Zur Bestimmung sind erforderlich: 5 ccm Jodwasserstoffsäure (D. 1,7; „zur Methoxylbestimmung"); 10-proz. Lösung von reinem Natriumacetat in 96-proz. Essigsäure; jodfreies Brom (am besten in einer Tropfflasche aufzubewahren); 80—100-proz. reine Ameisensäure; analysenreines Natriumacetat; Kaliumjodid und 0,1 re-Natriumthiosulfatlösung.
Die Apparatur (Fig. 42) wird vom Laboratorium gestellt. Zusammenstellen und Beschicken der Apparatur: Zunächst beschickt man den W ä s c h e r (W) mit 3 ccm einer Aufschlämmung von etwa 150 mg rotem Phosphor in Wasser; der Phosphor muß gründlich mit Ammoniak gereinigt sein. Man achte darauf, daß keine Waschflüssigkeit in das Verbindungsrohr gelangt. I n die A b s o r p t i o n s v o r l a g e (F x ) füllt man lOccm der 10-proz. Natriumacetat-Essigsäurelösung ein, fügt 10—12 Tropfen Brom zu und bringt nach gutem Durchmischen durch Neigen des Gefäßes etwa ein Drittel der Absorptionsflüssigkeit in das zweite Vorlagegefäß (V2). Die Vorlage wird mit Spiralfedern am Apparat befestigt. Dann stellt man einen Kippschen K o h l e n d i o x y d A p p a r a t bereit, verbindet ihn mit einer mit verd. Bleiacetatlösung gefüllten W a s c h f l a s c h e und führt den zum Methoxylbestimmungs-Apparat gehenden Gummischlauch durch einen P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n . Zur Methoxylbestimmung wägt man in der bei der Halogenbestimmung nach C a r i u s (s. S. 65) beschriebenen Weise mit Hilfe des Wägeröhrchens 20—30 mg Substanz in das Z e r s e t z u n g s k ö l b c h e n (K) ein, fügt zur Lösung der Substanz einige Kriställchen Phenol und 0,5 ccm Essigsäureanhydrid (oder Eisessig) hinzu und gibt dann noch etwa 0,2 g trocknen roten Phosphor in den Zersetzungskolben. Ausführung der Bestimmung: Nach dem Einbringen der Substanz verbindet man das Gaseinleitungsrohr des Zersetzungskolbens mit dem Kippschen Apparat und gibt unmittelbar vor dem Anschließen an die Apparatur 5 ccm Jodwasserstoffsäure (D. 1,7) in den Kolben. Zum Schutz gegen Wärmestrahlung schirmt man die Absorptionsvorlage durch eine A s b e s t p l a t t e ab und hält auch aus demselben Grunde das G l y c e r i n b a d , das zum Erhitzen der Jodwasserstoffsäure dient, möglichst klein (Becherglas). Nachdem man den Gasstrom mit dem Quetschhahn so einreguliert hat, daß stets nur e i n e Blase die Vorlage durchstreicht, heizt man das
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Elementar-analytische Methoden
Glycerinbad rasch an und hält es während der Bestimmung auf 140 bis 150°. Die vorübergehende Vergrößerung der Gasstromgeschwindigkeit wird nicht berücksichtigt; sobald die Jodwasserstoffsäure zum Sieden gekommen ist, stellt sich die ursprüngliche Gasgeschwindigkeit wieder ein. Nach einstündigem Erhitzen ist alles Methyljodid sicher in die Vorlage übergetrieben; man entfernt dann zunächst die Absorptionsvorlage und danach die Zuleitung des Kippschen Apparates zum Zersetzungskolben. Mit der Jodwasserstoffsäure im Zersetzungskolben lassen sich ohne weiteres noch drei Bestimmungen ausführen. Bei der Zerlegung von Ä t h o x y l v e r b i n d u n g e n erhitzt man zunächst unter E i n s c h a l t u n g des kleinen Kühlers eine halbe Stunde lang a m R ü c k f l u ß , stellt dann den Kühler ab, wobei man auch das Wasser abfließen läßt, und hält nun noch eine Stunde lang den Kolbeninhalt im Sieden.
Nach dem Abnehmen der Vorlage gibt man einige ccm Wasser in das Einleitungsrohr und entfernt den Inhalt unter mehrfachem Nachspülen in einen 250 ccm fassenden E r l e n m e y e r k o l b e n , in dem man vorher 1,5 g reines Natriumacetat in wenig Wasser vollkommen aufgelöst hat. Nach mehrfachem Ausspülen der Vorlage erhält man etwa 100—150 ccm Flüssigkeit. Nun läßt man an der Gefäßwand 5—10 Tropfen reiner Ameisensäure einlaufen und schwenkt um. Bei richtiger Ausführung ist die Bromfarbe bereits nach wenigen Sekunden verschwunden; durch kräftiges Schütteln bringt man auch das im Gasraum befindliche Brom zur Absorption. Verschwindet die Bromfarbe nach einigen Minuten nicht, so hat es an Natriumacetat gemangelt. Zur entfärbten Lösung setzt man etwas verdünnte Schwefelsäure und etwa 1 g Kaliumjodid zu, läßt 5 Minuten zugedeckt stehen und titriert dann das ausgeschiedene Jod aus einer in 0,02 ccm geteilten Mikrobürette mit 0,1 n-Thiosulfatlösung zunächst auf Gelbfärbung, dann nach Zusatz von Stärkelösung auf Entfärbung. 1 ccm 0,1 w-Thiosulfatlösung entspricht 0,51706 mg OCH 3 bzw. 0,75067 mg OC 2 H 5 . Die Methode ist auch für s c h w e f e l h a l t i g e Substanzen ohne weiteres anwendbar; für l e i c h t f l ü c h t i g e Substanzen muß sie abgeändert werden.
Fehlergrenze der Bestimmung: ^ 0,5% des Gesamtalkoxyls. 2. B e s t i m m u n g d e r A c e t y l - u n d B e n z o y l g r u p p e 1 Die Substanz wird durch Kochen mit 50-proz. S c h w e f e l s ä u r e unter Rückfluß verseift und die gebildete E s s i g s ä u r e bzw. B e n z o e s ä u r e nach dem Abdestillieren (im Wasserdampfstrom) mit N a t r o n l a u g e gegen Phenolphthalein titriert. Die A p p a r a t u r (Fig. 43) wird vom Laboratorium gestellt. Zur Bestimmung sind erforderlich: 50-proz. Schwefelsäure; 0,033 «-Natronlauge. 1
R. K u h n und H. R o t h , B. 66, 1274 (1933).
IV. Bestimmung organischer Gruppen
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Ausführung der Bestimmung: Der B l a s e n z ä h l e r wird mit etwas schaumfreier 50-proz. Kalilauge, das U - R o h r und das darauffolgende T r o c k e n r o h r mit Chlorcalcium gefüllt. Zur Acetyl- bzw. Benzoylbestimmung wägt man mit Hilfe des üblichen Einwägeröhrchens mit langem Stiel (s. S. 65) 20—30 mg Substanz in den Z e r s e t z u n g s k o l b e n ein. Nachdem man den K ü h l e r i n R ü c k f l u ß s t e l l u n g aufgesetzt hat, wobei der Schliff C durch einen Tropfen Wasser gedichtet wird, stellt man mit Hilfe des P r ä z i s i o n s q u e t s c h h a h n e s den die Apparatur passierenden Luftstrom auf 30 Blasen je Minute ein und dichtet den Zuführungsschliff A mit etwas zerflossenem Phosphorpentoxyd. Durch den Trichter *'>\\ des ebenso gedichteten Schliffrohres B gibt man nun 2—3 ccm der 50-proz. Schwefelsäure in den Reaktionskolben, setzt den Glasstab S ein und beschickt den Trichter mit 1 ccm Wasser. Darauf erhitzt man den Inhalt des Reaktionskolbens ^ u n t e r R ü c k f l u ß zu mäßigem ^" Sieden. Die Verseifung von O - A c e t y l v e r b i n d u n g e n ist in den Fig. 43 meisten Fällen nach 60 Minuten beendet. Bei N - A c e t y l - und N - B e n z o y l v e r b i n d u n g e n sind bis zu 3 Stunden zur vollständigen Verseifung erforderlich. Man kann die Verseifung auch über Nacht mit etwas konz. H 2 S 0 4 vor sich gehen lassen. Nach Beendigung der Verseifung wird der Kühler sorgfältig mit 10—12 ccm Wasser ausgespült; dann destilliert man durch den a b s t e i g e n d e n K ü h l e r bis auf 5 ccm in ein Erlenmeyerkölbchen aus Q u a r z ab, wenn nötig, nach Einbringen einiger Siedecapillaren. Nach Zugabe von je 7 ccm Wasser wird dreimal nachdestilliert. Das Destillat (etwa 20 ccm) wird mit etwas Bariumchlorid auf Abwesenheit von Schwefelsäure geprüft, 7—8 Sekunden zum Sieden erhitzt und sofort aus einer in 0,02 ccm geteilten Mikrobürette mit nßO-NaOH1 und Phenolphthalein auf eben beginnende, mehrere Sekunden bestehenbleibende R o s a f ä r b u n g titriert. Zur zweiten Titration werden 2—3mal je 7 ccm abdestilliert, für die dritte und folgende Titration nur noch etwa 7 ccm. 1 Der Faktor der Lauge ist mit Oxalsäure bei annähernd gleicher Verdünnung zu bestimmen.
Elementar-analytische Methoden
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Beispiel für den Destillationsverlauf: 1. Titration (etwa 20 ccm Destillat) 5,885 ccm 2. Titration 2 x 7 ccm Destillat . . 0,680 ccm 3. Titration 2 x 7 ccm Destillat . . 0,040 ccm 4. Titration 1 x 7 ccm Destillat . . 0,040 ccm Bei der letzten Titration sollen nicht mehr als 0,05 ccm n/30-NaOH verbraucht werden.
1 ccm n130-Natronlauge entspricht 1,434 mg —C0CH 3 bzw. 3,5033 mg -COC6H5. Fehlergrenze der Bestimmung: -f- 0,5%. In der vorstehend beschriebenen Apparatur lassen sich auch C - s t ä n d i g e Met h y l g r u p p e n durch O x y d a t i o n mit Chromsäure nach der Methode von R. K u h n und L'Orsa 1 bestimmen.
3. B e s t i m m u n g v o n a k t i v e m W a s s e r s t o f f nach Tschugaeff-Zerewitinoff2 Aus 20 ccm über Natrium destillierten Anisols3 (Amyläthers4, Xylols), 1 g Methyljodid und 2 g Magnesium bereitet man sich in einem schräggestellten F r a k t i o n i e r k o l b e n , dessen Ansatzrohr mit einem kleinen K ü h l e r (der hier als Rückflußkühler wirkt) versehen ist, unter Zusatz von einigen Kömchen Jod eine Grignardlösung. Tritt die Reaktion nicht von selbst ein, so leitet man sie durch kurzes Erwärmen auf 50° ein und beendet sie schließlich durch einstündiges Erhitzen auf dem Wasserbad. Dann dreht man den Fraktionierkolben in die Normallage und erhitzt nochmals eine halbe Stunde am Wasserbad unter Durchleiten von reinem, trockenem Stickstoff, wobei die letzten Reste Jodmethyl abdestillieren. Die so erhaltene Grignardlösung wird vom unverbrauchten Magnesium abgegossen oder besser durch eine getrocknete G l a s f r i t t e n n u t s c h e abgesaugt; sie läßt sich in gut verschlossener Flasche aufbewahren. Für jede Bestimmung verwendet man etwa 5 ccm davon. Die A p p a r a t u r zur Bestimmung des aktiven H ist in Fig. 44 wiedergegeben. Das L u n g e s c h e N i t r o m e t e r a, dessen N i v e a u g e f ä ß auf der Zeichnung fehlt, wird mit gesättigter Kochsalzlösung gefüllt. Der Übertritt von Wasserdampf in das Reaktionsgefäß wird durch ein zwischengeschaltetes kurzes C a l c i u m c h l o r i d - R o h r verhindert. Zur Bestimmung wägt man mit Hilfe eines Wägeröhrchens in den längeren Schenkel c des gut getrockneten R e a k t i o n s g e f ä ß e s je nach Molekulargewicht und Hydroxylgehalt der Substanz etwa 0,1—0,2 g genau ein 6 , übergießt mit Anisol bzw. Amyläther und bringt durch 1
Ang. Ch. 44, 847 (1931); B. 66, 1274 (1933). B. 40, 2023 (1907). 3 Darstellung siehe S. 212. 4 Darstellung siehe S. 109. 5 Von den im Praktikum dargestellten Verbindungen sind Triphenylcarbinol, /?-Naphthol, Hydrochinon, Benzoesäure verwendbar. 2
IV. Bestimmung organischer Gruppen
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vorsichtiges Schütteln zur Lösung. Dann füllt man in den anderen Schenkel d mit Hilfe einer Meßpipette 5 ccm Grignardlösung ein, verdrängt die Luft durch trockenen Stickstoff (unerläßlich!) und verbindet das Reaktionsgefäß mit Hilfe eines sauberen, dicht schließenden Gummistopfens und -schlauches mit dem C a l c i u m c h l o r i d - R o h r des N i t r o m e t e r s , dessen Hahn man herausgenommen hat. Man taucht nun das Reaktionsgefaß in ein Becherglas mit Wasser von Zimmertemperatur, wartet 5 Minuten, bis die Temperatur sich ausgeglichen hat, setzt den
Fig. 44
Hahn ein und füllt das Nitrometer durch Heben des Niveaugefaßes mit der Kochsalzlösung. Dann dreht man den Hahn um 90°, stellt das Niveaugefäß tief und verbindet durch weiteres Drehen um 90° das Reaktionsgefäß mit der B ü r e t t e . Jetzt nimmt man das Reaktionsgefaß aus dem Wasserbad, läßt die Lösung der Substanz zur Grignardlösung fließen, spült ein paarmal hin und her und schüttelt solange, bis der Meniskus in der Bürette nicht weiter sinkt, die Entwicklung von Methan also beendet ist. Das Reaktionsgefäß wird in das Wasserbad zurückgebracht; man wartet 10 Minuten, bis es wieder die Temperatur wie vor Beginn des Versuches angenommen hat (Kontrolle mit Thermometer) und liest in der üblichen Weise die Menge des gebildeten Methans ab. Gleichzeitig bestimmt man den B a r o m e t e r s t a n d und mit Hilfe eines an der Bürette hängenden Thermometers die T e m p e r a t u r des Gases. Das Volumen wird auf 0° und 760 mm reduziert. Berechnung: Nach der Gleichung RHn + nCHs • Mg J - R . (Mg J)„ + nCH4
entbindet ein Gramm-Mol der Substanz n x 22,4 Liter Methan, wobei n die Anzahl der aktiven H - Atome angibt, a g Substanz = Mole n • 22400 • a entbinden — ccm CH 4 . Dem für ein aktives H-Atom (n = 1)
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Elementar-analytische Methoden
berechneten Volumen (V b e r ) muß das abgelesene und reduzierte Volumen (V g e f ) gleich sein, oder wenn mehrere aktive H-Atome vorhanden sind, so muß V g e { ein einfaches Vielfaches von Vber. sein. Man drückt das Ergebnis zweckmäßig durch die Anzahl aktiver H-Atome gemäß dem Verhältnis V ge f./V ber . aus. Die Fehler breite beträgt 5—10%. 4. M o l e k u l a r g e w i c h t s b e s t i m m u n g Wir führen die einzelnen Methoden hier nicht an, da sie in der Regel im physikalischen und physikal.-chem. Praktikum erlernt werden. Das k r y o s k o p i s c h e V e r f a h r e n ist dem ebullioskopischen bei weitem vorzuziehen. Die gebräuchlichsten Lösungsmittel sind B e n z o l und E i s e s s i g , der beste Apparat ist der geschlossene von B e c k m a n n mit elektromagnetischer Rührung. Ein sehr elegantes und einfaches Verfahren, nach dem man im Schmelzpunktröhrchen das Molekulargewicht organischer Substanzen bestimmen kann, ist von K . R a s t 1 angegeben worden. C a m p h e r hat eine sehr hohe G e f r i e r p u n k t s k o n s t a n t e , sein Schmelzpunkt wird durch in ihm gelöste Stoffe stark heruntergedrückt, rund 8-mal stärker als der von Benzol. E Benzol = 5.1» Campher = 40. Das heißt, eine g-molare Lösung in Campher schmilzt um 40 Grade tiefer als das Lösungsmittel, nämlich der Campher selbst. Man erhält demgemäß schon für Campherschmelzen von verhältnismäßig geringer Konzentration so große Depressionen, daß die Empfindlichkeit eines gewöhnlichen Thermometers, das auf 1 / 1 Grad abgelesen wird, für die Bestimmung vollständig ausreicht 2 . Die Schmelzpunktröhrchen stellt man sich, wie auf S. 39 angegeben, aus einem sauberen Reagenzglas her; die lichte Weite soll 4—5 mm betragen, die Länge ungefähr 5 cm; gegen den Boden hin, der möglichst dünnwandig und gleichmäßig verschmolzen wird, sollen sie sich nur wenig verjüngen, was man durch seitliches Wegziehen des erweichten Glases erreicht. Zum Einbringen der Substanz und des Camphers dient ein oben trichterförmig erweitertes Röhrchen. Man tariert das Schmelzröhrchen in einem Korkfuß auf der gewöhnlichen Analysenwaage, füllt etwa 10 mg Substanz unter Benutzung eines in das Trichterrohr passenden Glasstäbchens ein, wägt auf 0,1 mg genau, bringt hierauf 100—-125 mg Gampher in derselben Weise in das Röhrchen und wägt wieder. Nach Herausnahme des Trichters wird das Röhrchen an der Sparflamme zugeschmolzen, wobei man einen nicht zu dünnen Faden auszieht. Dann wird der Inhalt in einem auf 180° erwärmten Bad von konz. 1 B. 55, 1051, 3727 (1922). A b d e r h a l d e n , Arbeitsmethoden. Abt. I I I , Teil A, S. 754. 2 Im Gegensatz zu der Arbeitsweise nach R a s t werden bei der nachstehend beschriebenen, von W. M ü n s t e r ausgearbeiteten Methode nicht die Schmelzpunkte, sondern die E r s t a r r u n g s p u n k t e bestimmt.
Zur Verhütung von Unfällen
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Schwefelsäure zur h o m o g e n e n S c h m e l z e gebracht. Nach dem Abkühlen befestigt man das Röhrchen mit seinem Glasfaden durch einen Gummiring am Thermometer, erhitzt in einem Schmelzpunktskolben (Fig. 30) bis zur klaren Schmelze, läßt abkühlen und findet so den u n g e f ä h r e n Erstarrungspunkt. Um ihn genau festzulegen, erwärmt man erneut, diesmal sehr vorsichtig mit der M i k r o f l a m m e , deren Spitze sich etwa 4 cm unter dem Kolben befindet, so lange, bis der Inhalt des Röhrchens bis auf einige ganz kleine, am Boden haftende Kristalle klar geschmolzen ist. Die jetzt beobachtete Temperatur liegt gewöhnlich 2° über dem früheren Erstarrungspunkt. Durch Kleinersteilen der Mi kr oflamme wird jetzt die Abkühlung so reguliert, daß die Temperatur in der Minute etwa um 1° sinkt. Dabei sieht man mit der L u p e sehr deutlich, wie die übriggebliebenen Kristalle zu wachsen beginnen. In diesem Augenblick liest man die Temperatur ab. Zur Kontrolle kann man die Operation wiederholen und wird bei sorgfältigem Arbeiten fast den gleichen Erstarrungspunkt wiederfinden. Es ist vorteilhaft, die Flamme mit einem W ä r m e s c h u t z , einem Zylinder von 8 cm Durchmesser aus Glas oder auch aus Papier, der bis zum Schmelzpunktskolben reichen soll, zu umgeben. Auf dieselbe WV»ise, wie oben beschrieben, hat man zuvor den E r s t a r r u n g s p u n k t d e s C a m p h e r s , der zur Bestimmung dient, festgestellt. Man verwende ein ganz reines Präparat. Die Differenz gegenüber der Erstarrungstemperatur des Camphers (177°) ist Zl und das Molekulargewicht M = - ° ' °
(a
=
Substanz-
menge, b = Gewicht des Camphers). Die Fehlergrenze gegenüber dem wahren Molekulargewichtswert beträgt ± 5%. Verbindungen, die in Campher schwer löslich sind, die sich bei der Schmelztemperatur zersetzen oder die mit Campher reagieren, sind natürlich nach dieser Methode nicht bestimmbar. In solchen Fällen benutzt man als „Lösungsmittel" den bei 49° schmelzenden Kohlenwasserstoff C a m p h e n 1 .
C. Organisch-präparativer Teil Zur Verhütung von Unfällen W e r u n v o r s i c h t i g u n d g e d a n k e n l o s zu W e r k e g e h t , k a n n beim p r ä p a r a t i v e n Arbeiten leicht Schaden nehmen. Aber auch der B e d ä c h t i g e ist n i c h t gegen jede Gefahr gesichert. Die s c h w e r e n U n f ä l l e , die sich in c h e m i s c h e n L a b o r a t o r i e n leider immer und immer wieder ereignen, verlangen, daß 1
P i r s c h , B. 65, 862, 865 (1932). •
Ga t t er m a n n , Praxis des organ. Chemikers. 37. Aufl.
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Organisch-präparativer Teil
sich ein jeder aus der L a b o r a t o r i u m s g e m e i n s c h a f t seiner P f l i c h t g e g e n s e i n e K o m m i l i t o n e n v o l l u n d e r n s t bew u ß t ist. D e r w i c h t i g s t e S c h u t z g i l t d e n A u g e n . Eine solide S c h u t z b r i l l e mit starken Gläsern m u ß getragen werden bei allen Arbeiten u n t e r V a k u u m u n d D r u c k , also bei Ausführung einer Vakuumdestillation, beim erstmaligen Evakuieren eines neuen Exsiccators, beim Umgehen mit Einschmelzröhren, Druckflaschen, Autoklaven. Ferner bei Ausführung von A l k a l i - s c h m e l z e n und von allen Operationen, bei denen ä t z e n d e oder f e u e r g e f ä h r l i c h e S t o f f e verspritzt werden können. So vor allem beim Arbeiten mit m e t a l l i s c h e m N a t r i u m und K a l i u m . Das Arbeiten mit Natriummetall hat schon manchen schweren Unfall im Laboratorium verursacht. Man verfahre deshalb immer, wenn man Natrium zu handhaben hat, mit aller Sorgfalt, werfe keine Abfälle in die Ausgüsse oder Abfalleimer, lasse sie auch nicht offen hegen, sondern bringe sie sofort wieder in die Vorratsflasche oder v e r n i c h t e sie m i t d e r 15—20fachen M e n g e A l k o h o l . Man vermeide, eine Reaktion mit metallischem Natrium oder Kalium auf dem siedenden Wasser- oder Dampfbad auszuführen, sondern bediene sich stets eines S a n d - oder Ö l b a d e s , auch beim Abdestillieren getrockneten Äthers von Natriumdraht. Beim Arbeiten mit Natrium und Kalium sei man mit doppelter Peinlichkeit um die V o l l k o m m e n h e i t der A p p a r a t u r besorgt und halte sich die Polgen vor Augen, die ein undichter Kühlermantel oder der Bruch des Kolbens unter Umständen haben können. Stets Schutzbrille aufsetzen! Man arbeite n i e o h n e S c h u t z b r i l l e mit e x p l o s i v e n S u b s t a n z e n und prüfe u n b e k a n n t e S t o f f e stets zuerst mit kleinen Mengen auf dem Metallspatel auf ihr V e r h a l t e n in d e r F l a m m e . Das Präparat selbst muß dabei vorher zur Seite gestellt werden. Um das Auge auch gegen die Wirkung u n v o r h e r z u s e h e n d e r E x p l o s i o n e n , die sich nie mit aller Bestimmtheit ausschließen lassen, zu schützen, sollte jeder im Laboratorium Beschäftigte stets eine e i n f a c h e B r i l l e tragen, unbeschadet des Gebrauchs der S c h u t z b r i l l e in den angegebenen Fällen. Beim Arbeiten mit Ä t h e r und andern f l ü c h t i g e n , l e i c h t e n t z ü n d l i c h e n F l ü s s i g k e i t e n ist stets darauf zu achten, daß k e i n e F l a m m e i n d e r N ä h e b r e n n t . Kommt es zu einem B r a n d , so ist zu allererst a l l e s E n t z ü n d b a r e s o f o r t zu e n t f e r n e n . Man lösche dann mit feuchten T ü c h e r n , durch A u f g i e ß e n v o n T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f , n i c h t aber mit Wasser. Das beste Löschmittel ist eine kleine handliche C 0 2 - B o m b e , die in jedem Arbeitssaal vorhanden sein sollte. Bei größerer Ausdehnung des Brandes ersticke man das Feuer durch Aufschütten von S a n d ; eine g r o ß e K o h l e n s ä u r e f l a s c h e ist auch hier meist vorzuziehen.
Die erste Ausrüstung
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Bei V e r l e t z u n g e n m i t S ä u r e n o d e r k a u s t i s c h e n A l k a l i e n wasche man zuerst gründlich mit W a s s e r , dann mit B i c a r b o n a t l ö s u n g bzw. v e r d ü n n t e r E s s i g s ä u r e . Bei leichten V e r b r e n n u n g e n bespüle man die verbrannte Stelle mit A l k o h o l und bedecke sie dann mit L e i n ö l oder sog. B r a n d s a l b e . V e r b a n d w a t t e , B i n d e n , P f l a s t e r müssen stets bereit sein. Bei s c h w e r e n U n f ä l l e n ist sofort der nächstwohnende A r z t in Anspruch zu nehmen. Wenn man eine ä t z e n d e oder in andrer Weise reizende o r g a n i s c h e S u b s t a n z auf die Haut gebracht hat, so ist das Waschen mit Wasser meist wirkungslos. Man entferne sie mit einem geeigneten Lösungsmittel, wie A l k o h o l oder B e n z o l , von dem man sofort eine r e i c h l i c h e M e n g e zum Abspülen verwendet. Man muß berücksichtigen, daß das organische Lösungsmittel an sich das Eindringen des schädlichen Stoffes in die Haut fördert, und muß deshalb die Bildung konzentrierter Lösungen auf ihr vermeiden. Besondere Vorsicht ist beim Arbeiten mit nachstehenden viel benutzten Stoffen geboten: B l a u s ä u r e , P h o s g e n , D i m e t h y l s u l f a t , D i a z o m e t h a n , einfachen S ä u r e c h l o r i d e n , C h l o r , B r o m , S t i c k o x y d und S t i c k s t o f f d i o x y d , K o h l e n o x y d , N a t r i u m und K a l i u m . Braucht man sie in größerem Maßstab, so sollten die Operationen damit in einem b e s o n d e r e n R a u m ausgeführt werden; im übrigen stets unter einem g u t e n A b z u g . Unverdünnte HalogenVerbindungen der Fettreihe, wie Ä t h y l b r o m i d , C h l o r o f o r m , B r o m o f o r m und ähnliche dürfen n i c h t mit m e t a l l i s c h e m N a t r i u m oder K a l i u m in Berührung gebracht, z. B. getrocknet werden, da bei Stoß s e h r h e f t i g e E x p l o s i o n e n erfolgen können ( S t a u d i n g e r ) .
Die erste Ausrüstung I. G e r ä t e B e c h e r g l ä s e r , je 1 zu 100, 500, 1000 ccm. Bürette1. C a l c i u m c h l o r i d r ö h r e n , gerade, 3 Stück. D e s t i l l i e r k o l b e n gewöhnliche und nach C i a i s e n , je 1 zu 25, 50, 100 ccm. E r l e n m e y e r k o l b e n , je 2 zu 25, 50, 100, 250, 500 ccm. Etiketten. F e i l e n , je eine runde und dreikantige. F i l t r i e r s t u t z e n , je 1 zu 500 und 1000 ccm. 1 Der Praktikant muß in der Lage sein, die gebräuchlichsten maßanalytischen Bestimmungen jederzeit sofort ausführen zu können. Die B e r e i t s c h a f t zur T i t r a t i o n steht im organischen Laboratorium gewöhnlich nicht auf der dringend zu wünschenden Höhe. 6*
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Organisoh-prfiparativer Teil
F i l t r i e r p l a t t e n aus Porzellan zu 1, 3, 5 cm. F i l t r i e r p a p i e r , einige Bogen. G l a s r ö h r e n , gerade und gebogene. G l a s r ö h r e n , ausgezogen als Pipetten (Tropfrohr, S. 12). G l a s k n ö p f e zum Absaugen, 2 Stück. G l a s s t ä b e , 20 von versch. Dicke und Länge, an beiden Enden rund geschmolzen, aber nicht an den Enden verdickt. G u m m i s c h l ä u c h e und G u m m i s t o p f e n . Handtuch. H a n d w a a g e (Tragkraft 50—100 g. Schneiden mit Vaseline gegen Rost schützen!) G e w i c h t s s a t z dazu 0,02—50 g. K a r t o n s zum Wägen (Kartenblätter). Korkbohrer. K o r k e verschiedener Größen. K r i s t a l l i s i e r s c h a l e n aus Glas je 1 zu 3, 5, 7 cm. K u p f e r d r a h t für Halogenprobe. K ü h l e r nach L i e b i g etwa 60 cm lang; desgl ein kurzer von 10—12 cm Länge. D i m r o t h - oder Schlangen-Kühler. M e ß z y l i n d e r 10, 20, 50, 100 ccm. Metallspatel. N u t s c h e n , zylindrisch und konisch. O b j e k t t r ä g e r 3 Stück. P i p e t t e n zu 5, 10, 20 ccm. Pinzette. P r ä p a r a t e n r ö h r e n verschiedener Größen. P o r z e l l a n s c h a l e n 15, 20, 25 cm Durchmesser. P o r z e l l a n s p a t e l 3 Stück. Reibschale. R u n d k o l b e n , je 2 zu 50, 100, 250, 500 ccm. R e a g e n z g l ä s e r , mindestens 50 Stück normaler Größe, 20 kleine. D a v o n die H ä l f t e s t e t s sauber und trocken. Reagenzglasklammer. R e a g e n z p a p i e r und zwar Lackmus, blau und rot, Kongo, Phenolphtalein, Universal-Indicator. Kaliumjodid-Stärke-Papier. S a u g f l a s c h e n 100, 500, 1000 ccm. S i e d e s t e i n c h e n , Tonstückchen von etwa 3 mm Durchmesser. S a u g r ö h r e n , je 3 lange und kurze. S c h e i d e t r i c h t e r 250, 500, 1000 ccm. Schere. S c h l i f f g a r n i t u r , bestehend aus Rundkolben (kurzhalsig), Liebigkühler, Kniestück, Vorstoß, Rückflußkühler, Anschützaufsatz, Rührverschluß 1 . S c h m e l z p u n k t r ö h r c h e n , dünne (selbst zu machen). 1 Schliffapparaturen für Vakuum- und Hoohvakuumdestillation sollen nach Möglichkeit vom Assistenten ausgeliehen werden.
Die erste Auarüstung
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T r i c h t e r , 2 Stück kleinste, dann je 1 mittlerer Größe bis zu 12 cm. T r o p f r o h r e , mindestens 6 Stück; dazu ein weiteres auf 1 /, 0 ccm geeichtes von 2 ccm Inhalt. T r o p f t r i c h t e r z u 2 5 c c m mit k u r z e m Rohr, zu 100 ccm mit langem Rohr. T h e r m o m e t e r , geprüft, für Schmelzpunktsbestimmung, 2 weitere, davon 1 kurzes, für den Gebrauch. U h r g l ä s e r , hauptsächlich kleine. V a k u u m e x s i c c a t o r e n , 2 große (16 und 18 cm Durchmesser). W a s c h f l a s c h e n 2 Stück. — Zange. II. L ö s u n g s m i t t e l A c e t o n , y 2 Liter. Ä t h e r , a b s o l u t über Natrium 1 , % Liter. Ä t h e r , g e w ö h n l i c h , 1 Liter. A l k o h o l , 96%, 1 Liter. A l k o h o l , a b s o l u t , % Liter. B e n z o l , y 2 Liter (über Natriumdraht). C h l o r o f o r m , y 2 Liter. E i s e s s i g , y 2 Liter. E s s i g e s t e r , y 2 Liter. M e t h y l a l k o h o l , y 2 Liter. P e t r o l ä t h e r , tiefsiedend, 1 / 2 Liter (über Natriumdraht). P e t r o l ä t h e r , hochsiedend, y2 Liter (über Natriumdraht). III. R e a g e n z i e n , T r o c k e n m i t t e l Ä t z k a l i , techn. und rein. C a l c i u m c h l o r i d , gran. Entfärbungskohle. G l y c e r i n (Flasche mit Korkstopfen und Glasstab). Natriummetall. 1 Um a b s o l u t e n Ä t h e r darzustellen, trocknet man 1—2 Liter käuflichen Äther über etwa 10% seines Gewichts an Calciumchlorid 1—2 Wochen lang vor, filtriert dann rasch durch ein Faltenfilter in eine trockene Flasche, in die man Natriumdraht hineinpreßt. Solange sich Wasserstoff entwickelt, setzt man einen Kork mit CaCl 2 -Rohr auf, das — um die Verdunstung einzuschränken — ein kurzes capillar ausgezogenes Glasrohr trägt. Der absolute Äther ist f ü r die meisten Zwecke direkt zu verwenden. Am besten wird Äther im Dunkeln aufbewahrt. Beim Abdampfen größerer Mengen ungereinigten Äthers, der längere Zeit mit Luft in Berührung war, hat man mit der Möglichkeit zu rechnen, daß zum Schluß heftige Explosionen erfolgen, die auf einen Gehalt dieses Äthers an P e r o x y d e n zurückzu führen sind. Solcher Äther r i e c h t s t e c h e n d u n d macht aus angesäuerter KJ-Lösung Jod frei. Z u r Z e r s t ö r u n g d e r P e r o x y d e schüttelt man mit einer Mischung von ßi~ aulfit und konzentrierter Ferrosulfatlösung einige Stunden auf der Maschine, trennt im Scheidetrichter und entsäuert mit wenig starker Lauge (E. Sakellarios). Dann wird 1—2 mal mit wenig Wasser gewaschen und über Calciumchlorid getrocknet. Eine rasche und sehr wirksame Entfernung von Peroxyden und Feuchtigkeit aus Äthern und Kohlenwasserstoffen gelingt auch durch Filtration durch eine Schicht von aktivem Aluminiumoxyd. (G. W o h l l e b e n , Angew. Chem. 67, 741 (1955); Mitt. M. W o e l m , Eschwege).
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Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen
N a t r o n l a u g e e t w a 14 n ( = 4 0 % ) . Natriumsulfat wasserfrei. Tb
Normallösungen:
Tb
Tb
HCl, -j^- NaOH, -jg- Jodlösung,
Tb
Thiosulfat.
S i l b e r n i t r a t l ö s u n g 5-proz. IV. J o u r n a l e Tagebuch1. Literaturlieft.
I. Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen; Alkohole, Olefine 1. Athylbromid aus Äthylalkohol Zu 200 g (110 ccm) konzentrierter Schwefelsäure, die sich in einem Rundkolben von etwa 1 Liter Inhalt befindet, läßt man unter f o r t w ä h r e n d e m U m s c h ü t t e l n , ohne zu kühlen, schnell 110 ccm (90 g) Alkohol (95-proz.) (1,9 Mol) hinzufließen, kühlt dann die warme Mischung auf Z i m m e r t e m p e r a t u r ab, fügt unter dauernder Kühlung 75 g Eiswasser vorsichtig hinzu und versetzt schließlich mit 100 g fein pulverisiertem Kaliumbromid (0,8 Mol). Man unterwirft dann das Reaktionsgemisch unter Anwendung eines Asbestdrahtnetzes einer nicht zu langsamen Destillation. Da das Athylbromid einen niedrigen Siedepunkt besitzt, so wende man hierbei einen möglichst langen Kühler mit Vorstoß (Fig. 45) oder auch einen Schlangenkühler an und lasse einen recht lebhaften Wasserstrom durch ihn laufen. Die Vorlage beschickt man vor Beginn der Destillation mit Wasser und Eisstückchen, so hoch, daß das Ende des Vorstoßes in das Wasser eintaucht. Die Reaktion ist beendet, sobald keine in Wasser untersinkenden Ö l t r o p f e n mehr übergehen. Sollte bei der Destillation ein Zurücksteigen des Destillates in den Kühler eintreten, so hilft man diesem Übelstande dadurch ab, daß man die Vorlage so tief stellt, daß das Ende des Vorstoßes nur ein wenig in die Flüssigkeit eintaucht, was auch durch seitliches Drehen des Vorstoßes erreicht werden kann. Zum Schluß bringt man den Inhalt der Vorlage in einen geeigneten Scheidetrichter, läßt das Athylbromid, die u n t e r e S c h i c h t , in einen Erlenmeyer (250 ccm) ab, und löst dann den bei der Reaktion mitentstandenen Äthyläther mit konz. Schwefelsäure aus dem Athylbromid heraus. Da hierbei Wärme frei wird, die ein Verdampfen der Substanz zur Folge hätte, so kühlt man in einem K ä l t e g e m i s c h und gibt die Schwefelsäure aus einem Tropfrohr unter Um1 Der Praktikant soll sich von Anfang an daran gewöhnen, ein T a g e b u c h zu führen, in das alle Ansätze von Versuchen und alle Beobachtungen eingetragen werden. Man v e r l a s s e sich beim w i s s e n s c h a f t l i c h e n A r b e i t e n nie auf sein Q e d ä c h t n i s .
Äthylbromid aus Äthylalkohol
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schütteln t r o p f e n w e i s e zu, solange, bis sie sich als untere Schicht abscheidet. Jetzt trennt man wieder in einem kleineren Scheidetrichter und destilliert schließlich das durch die Schwefelsäure getrocknete Äthylbromid in eine mit K ä l t e m i s c h u n g gekühlte Vorlage ab. Der Fraktionierkolben taucht in eine mit Wasser gefüllte Porzellankasserolle oder -schale, die mit einem kleinen Brenner geheizt wird. Zwischen 35—40° geht das Äthylbromid über und zwar der Hauptanteil bei 38—39°. Wegen des niedrigen Siedepunktes muß man bei der Darstellung
offenen GefEß befindet. Ferner soll das fertige Präparat, vor allem bei Sommertemperatur, bis zur weiteren Verarbeitung (vgl. Äthylbenzol) n i c h t in einem dünnwandigen Kolben, sondern in einer d i c k w a n d i g e n P r ä p a r a t e n f l a s c h e aufbewahrt werden. Ausbeute: 70—80 g. Nach Beendigung des Versuches berechne man hier, wie bei allen noch folgenden Präparaten, wieviel P r o z e n t d e r t h e o r e t i s c h e n A u s b e u t e man erhalten hat, wobei folgendes zu beachten ist. Nach der chemischen Gleichung sollte man auf ein Mol Kaliumbromid (119) ein Mol Alkohol (46) anwenden. In Wirklichkeit wendet man jedoch meistens bei organischen Reaktionen, die nicht quantitativ verlaufen, auf Grund des M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z e s die eine der Komponenten im Überschuß an, wobei häufig ökonomische Erwägungen maßgebend sind. So kostet z. B. 1 kg Kaliumbromid etwa 4 DM, 1 kg Alkohol ungefähr 1,50 DM 1 . Der Preis einer Molekel KBr (119 X 4) verhält sich demnach zu dem einer Alkoholmolekel (46 X 1,50) annähernd wie 7 : 1 . Vom ökonomischen Standpunkte aus ist es also geraten, den b i l l i g e r e n Alkohol im Ü b e r s c h u ß anzuwenden, damit möglichst viel der teureren Bromverbindung in Äthylbromid verwandelt wird. Dieser Erwägung sind auch die oben angewandten Mengenverhältnisse angepaßt. Auf 100 g KBr berechnen sich theoretisch 39 g Alkohol, 1
Tür den technischen Gebrauch ist der Alkohol viel billiger.
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Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen
während in Wirklichkeit 86 g (90 g von 95%) verwendet sind, d. h. mehr als das Doppelte der Theorie. Bei der Berechnung der theoretisch möglichen Ausbeute muß demnach hier die Menge des angewandten Kaliumbromids zugrunde gelegt werden. Wollte man einen Alkohol, der wertvoller als K B r ist, in sein Bromid verwandeln, so wäre natürlich dieses im Überschuß zu verwenden. Das P r ä p a r a t wird verwendet für Ä t h y l m a l o n e s t e r (S. 221). M e t h y l b r o m i d : Die präparative Darstellung dieses einfachsten Alkylbromids erfolgt nach einem grundsätzlich gleichartigen Verfahren ( B y g d e n , J . pr. 83, 421 [1911]). Da sein Siedepunkt schon bei 4,5° hegt, läßt sich Methylbromid schwer auf Vorrat darstellen, doch ist es zur direkten Verwendung für G r i g n a r d s c h e Reaktionen an Stelle der teuren Jodverbindung sehr zu empfehlen. Verwendung analog Äthylbromid. 2. Äthyljodid aus Äthylalkohol 1 In einem Kölbchen von etwa 200 ccm Inhalt übergießt m a n 5 g roten Phosphor mit 50 ccm (1,1 Mol) als. Alkohol und fügt dann unter öfterem U m s c h ü t t e l n im Laufe einer Viertelstunde 50 g fein pulverisiertes Jod (0,4 Mol) allmählich hinzu, wobei man von Zeit zu Zeit den Kolben durch Eintauchen in k a l t e s Wasser abkühlt. Man setzt dann einen wirksamen Wasserkühler auf den Kolben, läßt das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden lang stehen, erhitzt noch 2 Stunden auf dem Wasserbad am Rückflußkühler und destilliert darauf das Äthyljodid am absteigenden Kühler ab, wobei man zweckmäßig den Kolben in das lebhaft siedende Wasser eintaucht. Sollten die letzten Anteile nur schwierig übergehen, so entfernt man das Wasserbad, trocknet den Kolben ab und erhitzt ihn noch kurze Zeit mit leuchtender Flamme, die man fortwährend bewegt. Das durch J o d braun gefärbte Destillat wird zur Entfernung des Alkohols mehrfach im Scheidetrichter mit Wasser, dem man schließlich zur Entfernung des Jods wenige Tropfen Bisulfitlösung und zum Schluß ebensoviel Natronlauge hinzufügt, gewaschen; das so farblos erhaltene ö l wird im Scheidetrichter abgelassen, mit wenig gekörntem Calciumchlorid getrocknet und dann direkt über einer kleinen Flamme rektifiziert. Sollte das Calciumchlorid auf dem Äthyljodid schwimmen, so gießt man dieses durch einen Trichter, in dessen Spitze sich etwas Asbest oder Glaswolle befindet, in den Fraktionierkolben hinein. Der Siedepunkt des Äthyljodids liegt bei 72°. Ausbeute rund 50 g. Wieviel Prozent der theoretischen Ausbeute ? Verwendung für Ä t h y l m a l o n e s t e r und f ü r G r i g n a r d s c h e R e a k t i o n e n . M e t h y l j o d i d 2 . 50 g Kaliumjodid (0,3 Mol) werden in 50 ccm Wasser gelöst. Zu der schwach erwärmten Lösung läßt man 40 g Dimethylsulfat3 1
F. B e i l s t e i n , A. 126, 250 (1863). « Weinland und Schmid, B. 38, 2327 (1905). 3 Vorsicht wegen der großen Giftigkeit des Stoffes! Siehe S. 213.
Äthyljodid aus Äthylalkohol
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(0,4 Mol) zutropfen. Das abdestillierende Methyljodid wird über einen Kühler in einer gut gekühlten Vorlage aufgefangen. Man trocknet mit Calciumchlorid und rektifziert. Siedepunkt 43°. Ausbeute 35—40 g. Zu 1. und 2. Die beiden Reaktionen gehören zur Klasse der nucleophilen Substitutionsreaktionen (Seite 388). Der Ersatz eines alkoholischen Hydroxyls durch ein Halogen-anion läßt sich in zweierlei Weise ausfuhren, indem man, wie bei der Darstellung des Äthylbromids 1. auf Alkohole Halogenwasserstoffsäuren einwirken läßt. Hierbei wird die Spaltung der C—O-Bindung durch die Ausbildung eines „Onium"-Komplexes begünstigt, in welchem der positive Sauerstoff die Bindungselektronen an sich zieht und das intermediäre Carboniumion das Halogenion in seine Elektronenlücke einlagert: R - C H 2 - O H + H B r —> R—CH 2 —OH 2 + Br ( " > — , R - C I I 2 B r -f H 2 0 2. kann man, wie bei der Gewinnung des Äthyljodids, Alkohole mit Halogenverbindungen des Phosphors (P + J 2 ) umsetzen, z. B . :
3cyir6 - o h + p j 3 = 3C 2 h 6 • j + po 3 h 3 . (PCI,, PBr 3 )
Die erste Reaktion gelingt am leichtesten mit J o d w a s s e r s t o f f , indem in vielen Fällen bloßes Sättigen mit der gasförmigen Säure zu ihrer Herbeiführung genügt. B r o m w a s s e r s t o f f reagiert schwieriger, und es ist hier vielfach ein Erhitzen des mit dieser Säure gesättigten Alkohols im zugeschmolzenen Rohr erforderlich. Die oben ausgeführte Darstellung des Ä t h y l b r o m i d s , bei der H B r durch die konz. Schwefelsäure aus dem Kaliumbromid in Freiheit gesetzt wird, stellt einen sehr leicht verlaufenden Fall dieser Reaktion dar. C h l o r w a s s e r s t o f f reagiert am schwierigsten, und es ist hier erforderlich, wie z. B. bei der Gewinnung des M e t h y l - und Ä t h y l c h l o r i d s , ein komplexbildendes wasserentziehendes Mittel, am besten ZnCl 2 , anzuwenden, oder, wie bei den höher molekularen Alkoholen im geschlossenen Gefäß unter Druck zu erhitzen. Tertiäre Alkohole sind besonders leicht mit Mineralsäuren zu verestern. Beim Mischen von tert. Butanol mit konz. wäßriger Salzsäure tritt schon in der Kälte Trübung ein, verursacht durch Abscheidung des tert. Butylchlorids. Noch leichter als primäre aliphatische lassen sich a r o m a t i s c h e Alkohole, z. B. B e n z y l a l k o h o l , durch konz. Halogenwasserstoffsäuren in dieser Weise verestern, da sich das intermediäre Benzylkation infolge einer Stabilisierung durch Mesomer.e (S. 386) besonders leicht bildet. E s gelingt jedoch n i c h t , die Reaktion auf Phenole zu übertragen. Auch mit z w e i - und m e h r w e r t i g e n A l k o h o l e n läßt sich' die Reaktion ausf ü h r e n ; dabei hängt es von den Versuchsbedingungen, wie Quantität des Halogenwasserstoffes, Temperatur usw. ab, wie viele Hydroxylgruppen durch Halogen ersetzt werden; z. B.: CH,. OH CH, • OH CH, • OH CH, • Br I I CH • OH + 2 HCl = CH . C1 + 2 H O . ] + HBr = | + H,0 CH, • OH CH, • OH I I CH, . OH CH, • C1 Äthylenglykol Äthylenbromhydrin Glycerin Dichlorhydrin J o d w a s s e r s t o f f wirkt auf mehrwertige Alkohole nicht nur veresternd, sondern auch r e d u z i e r e n d . So geht G l y c e r i n über 1 , 2 , 3 - T r i j o d p r o p a n in I s o p r o p y l j o d i d über. CH,OH • CHOH • CH 2 OH + 3 H J = C H 2 J • C H J • C H 2 J + 3 H . O , C H 2 J • C H J • C H a J + 2 H J = CH 3 • C H J • CH S + 2 J 2 .
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Die Substitution von Hydroxyl und Waaserstoff durch Halogen
Ähnlich gehen der vierwertige Alkohol E r y t h r i t in 2 - J o d b u t a n , der sechswertige Alkohol M a n n i t i n 2 - J o d h e x a n über. Formulieren! Natürlich sind auch O x y s ä u r e n der Reaktion zugänglich. Die zweite Reaktion verläuft bei weitem energischer als die erste, besonders wenn man fertigen H a l o g e n p h o s p h o r anwendet. Dies ist jedoch, wenigstens beim Ersatz durch Brom und Jod, nicht immer erforderlich; vielmehr verfährt man in vielen Fällen so, daß man jenen erst in der Reaktion erzeugt, indem man zu der Mischung von A l k o h o l und r o t e m P h o s p h o r entweder aus einem Scheidetrichter B r o m tropfen läßt oder wie oben fein pulverisiertes J o d hinzufügt. Auch diese Reaktion läßt sich wie die erste auf m e h r w e r t i g e , sowie s u b s t i t u i e r t e Alkohole anwenden, und zwar können so s ä m t l i c h e OH-Gruppen durch Halogen, auch C h l o r , ersetzt werden. An Stelle von P h o s p h o r t r i c h l o r i d wird in vielen Fällen das feste, viel höher verdampfende und energischer wirkende P e n t a c h l o r i d benutzt. Hier braucht man auf 1 Mol Alkohol ein volles Mol PC15, da die Reaktion zu dem viel trägeren P h o s p h o r o x y c h l o r i d führt, z . B . : CH 3 • CH a OH + PC15 = CH 3 • CH2C1 + P0C1 3 + H C l . Auch das T h i o n y l c h l o r i d wird f ü r die gleiche Reaktion herangezogen; es hat den Vorteil, daß seine Umsetzungsprodukte g a s f ö r m i g sind und darum die Verarbeitung des Reaktionsgemisches nicht stören. C 4 H 9 • CH 2 OH + SOCla = C4H„ • CH2C1 + S0 2 + HCl . Amylalkohol
Amylchlorid
Die energischere Wirkung des Halogenphosphors gibt sich ferner darin zu erkennen, daß auch die Hydroxylgruppen der P h e n o l e nach dieser Reaktion durch Halogen ersetzt werden können. Die Ausbeuten sind hierbei vielfach wenig befriedigend, da das Phosphoroxychlorid auf das noch nicht umgesetzte Phenol unter Bildung von P h o s p h o r s ä u r e e s t e r n einwirkt, z . B . : P0C1 3 + 3C e H 6 • OH = PO • (OC6H5)3 + 3 H O . Die Darstellungsmethode f ü r Methyljodid, die oben beschrieben ist, stellt den nucleophilen Ersatz von CH 3 0S0 3 ( ' durch J< ~> im Dimethylsulfat dar. H3C0-S02-0CH3 + J(_) ^ H 3 CO- S 0 2 - 0 ( + JCH 3 . Die Bildungstendenz des energiearmen Mcthylsulfat-ions macht den Diester zu einem kräftigen Methylierungsmittel, hier f ü r das j ' Die M o n o a l k y l h a l o g e n i d e C„H 2 n + 1 Cl(Br, J) sind farblos und in den meisten Fällen Flüssigkeiten; Ausnahmen bilden das M e t h y l c h l o r i d und - b r o m i d sowie das Ä t h y l c h l o r i d , welche bei Raumtemperatur gasförmig sind, ferner die hochmolekularen Glieder, wie z. B. das C e t v l j o d i d C 16 H 33 J, welche halbfeste, salbenähnliche Massen darstellen. Sie werden häufig inkorrekterweise als Halogenalkyle bezeichnet, z. B. Jodmethyl, Bromäthyl. Außer Methyljodid ist der Name J o d m e t h a n am Platze. Sie gehören der Klassenbeziehung nach zu den E s t e r n . Das Halogen ist nicht ionogen gebunden, reagiert aber bei den Substitutionsreaktionen als Anion und zwar leichter in der Reihenfolge C1 < Br < J . Als Ester werden die Alkylhalogenide durch Alkalien zu A l k o h o l e n und halogenwasserstoffsauren Salzen verseift. Nascierender Wasserstoff verwandelt in K o h l e n w a s s e r s t o f f e , Ammoniak in A m i n e , Alkoholat in Ä t h e r , Sulfhydrat in M e r c a p t a n e , Cyankalium in N i t r i l e , Natriumacetat in E s s i g e s t e r . (Diese Reaktionen formulieren!) In Wasser sind die Alkylhalogenide praktisch unlöslich, mit organischen Lösungsmitteln dagegen mischbar. Die große Verwandtschaft des Jods zum Silber hat zur Folge, daß die Alkyljodide durch wäßrig-alkoholische AgN0 3 -Lösung fast augenblicklich zersetzt werden unter Bildung von S i l b e r j o d i d und A l k o h o l (S. 390). Darauf beruht die wichtige Z e i s e l s c h e M e t h o d e zur quantitativen Bestimmung ätherartig gebundener Alkylgruppen (vgl. S. 74).
Äthyljodid aus Äthylalkohol
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Mit A l k a l i j o d i d kann man Chlor und Brom durch J o d ersetzen. Diese Reaktion ist von Bedeutung in Fällen, wo die direkte Umsetzung von Alkoholen mit Jodwasserstoffsäure nicht glatt verläuft, oder überhaupt nicht zum Ziel führt, z. B. bei der Darstellung von Ä t h y l e n j o d h y d r i n : CH 2 OH • CHjCl + Na J - CH 2 OH • CH 2 J + NaCl. Da die Umsetzung in der Wärme vor sich geht, kann man wegen der Gefahr der Hydrolyse nicht in wäßrigem Medium arbeiten, was sich in den meisten Fällen auch wegen der Unlöslichkeit des Chlorids in Wasser verbietet. Nach F i n k e l s t e i n benützt man mit CaCl2 gut getrocknetes A c e t o n und w a s s e r f r e i e s N a t r i u m jod id, das in Aceton ziemlich gut löslich ist. Um die Jodverbindungen, die sich beim Aufbewahren, namentlich im Licht bald braun färben (Jod), wieder farblos zu erhalten, schüttelt man sie mit etwas Q u e c k s i l b e r oder fein verteiltem S i l b e r durch. Dadurch, daß sich aus den Alkylhalogeniden Halogenwasserstoff abspalten läßt, ist diese Körperklasse auch direkt mit den O l e f i n e n verbunden. HSC • CH 2 Br - H - r - > H 2 C = CH 2 + HBr . Am zweckmäßigsten erfolgt die Abspaltung des Halogenwasserstoffs durch a l k o h o l i s c h e s K a l i 1 , in manchen Fällen werden auch t e r t i ä r e B a s e n , wie P y r i d i n , C h i n o l i n oder D i m e t h y l a n i l i n angewandt. Von s y n t h e t i s c h e n R e a k t i o n e n der Alkylhalogenide ist ihre Umsetzung mit K a l i u m c y a n i d , die nach H. K o l b e von der Methanreihe aus den Aufbau der E s s i g s ä u r e vermittelt, schon erwähnt (vgl. die Präparate S. 125 und S. 220). Von einfacheren Reaktionen dieser Art sei hier die W u r t z s c h e S y n t h e s e angeführt. Dabei wird in erster Phase das Halogen durch Na ersetzt und die metallorganische Verbindung reagiert dann weiter unter nochmaliger Abspaltung von Na-Halogenid HjCBr + 2 Na >• H 3 CNa + NaBr H 3 CNa + BrCH 3 >- H3C—CH3 + N a B r . So entsteht im einfachsten Falle aus Methylbromid Ä t h a n . Die präparative Anwendung dieser Reaktion findet sich beim T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n , S. 306. Schließlich haben die Alkylhalogenide eine außerordentliche Bedeutung gewonnen als Ausgangssubstanzen für die G r i g n a r d s c h e R e a k t i o n , von der auf S. 290 die Rede ist. Die F i t t i g s c h e S y n t h e s e unterscheidet sich von der W u r t z s c h e n dadurch, daß ein Aryl- und ein Alkylhalogenid gemeinsam der Enthalogenierung durch Natrium unterworfen werden, z. B.: C 6 H 5 • Br + C 2 H 5 • Br + 2Na • C8H6 • C2H5 + 2 N a B r . Äthylbenzol
Sie ist allgemeiner Anwendung fähig, indem auch die homologen B r o m b e n z o l e sowie D i b r o m b e n z o l und alle möglichen A l k y l b r o m i d e in sie einbezogen werden können. Auch zwischen 2 Mol. A r y l b r o m i d findet die Umsetzung, wenn auch schwieriger, statt: 2C 8 H 6 Br + 2Na C„H S . C a H 5 + 2NaBr . Da bei Verwendung zweier verschiedenartiger Halogenide die Natriumverbindungen RNa und R'Na sowohl mit RHlg als mit R'Hlg reagieren können, ist die Bildung von 3 Reaktionsprodukten, nämlich R—R, R'—R' und R — R ' möglich. 1 Dieses viel gebrauchte Reagenz stellt man sich am besten auf Vorrat her, indem man in 100 com Methylalkohol — äthylalkoholisches Kali verharzt bald — 25 g Stangenkali durch Erwärmen oder durch Stehenlaasen über Nacht in der Kälte löst, von Carbonat abfiltriert und den KOH-Gehalt durch Titration bestimmt.
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Die Substitution von Hydroxyl und Waaserstoff durch Halogen
Brombenzol reagiert nun rascher mit Natrium als Äthylbromid, Phenylnatrium aber rascher mit Äthylbromid als mit Brombenzol: daher in unserem Beispiel die glatte Bildung von Ä t h y l b e n z o l . Zur biphenyl-artigen Verknüpfung von 2 Molekeln Arylhalogenid ist nach U l i m a n n Kupfer besonders geeignet; man pflegt die Bromide oder Aryljodide mit Kupferbronze in Nitrobenzol zu kochen.
3. Benzylchlorid aus Toluol 1 Beim Arbeiten mit C h l o r , B r o m und H a l o g e n w a s s e r s t o f f s ä u r e n sollten Verbindungen mit Kork oder Kautschuk vermieden und nur Schliffapparaturen verwendet werden. Man bedient sich für das vorliegende Präparat des in Fig. 46, S. 95 abgebildeten Kolbens 2 (mit Einleitungsrohr), in dem 100 g reinen Toluols auf dem Luftbad zum Sieden erhitzt werden. Vor der Beschickung hat man in den (horizontal gehaltenen) Kolben ein k u r z e s Thermometer eingeführt, dessen unterer Teil in einem 3—4 cm langen, in der Mitte durch Einschmelzen verjüngten Glasrohr als Fuß ruht. Die auf der Kolbenwand aufstehende Seite dieses Fußes ist — damit der Kolben nicht geritzt wird — rund geschmolzen. Durch das im Schliff sitzende Glasrohr leitet man nun aus der Bombe mit vorgeschalteter H 2 S0 4 -Waschflasche einen kräftigen Chlorstrom ein, so lange, bis die Temperatur in der l e b h a f t siedenden Flüssigkeit auf 156° gestiegen ist. Das obere Kühlrohrende wird zur Beseitigung des abziehenden Chlors mit einer Vorlage mit Ätzlauge verbunden, in die das Überleitungsrohr n i c h t eintauchen soll. Die Erfahrung hat gelehrt, daß die Dauer des Einleitens von der B e l i c h t u n g abhängt 3 ; die Reaktion ist bei hellem Sonnenlicht in einigen Stunden beendet, während sie an trüben Tagen einen halben Arbeitstag in Anspruch nimmt. Man richte sich daher, soweit dies möglich ist, nach der Beleuchtung, wenn keine helle elektrische Lampe („Tageslichtlampe") zur Verfügung steht. Der Kolbeninhalt wird hierauf direkt der D e s t i l l a t i o n im V a k u u m unterworfen. Nach einem Vorlauf von unverändertem Toluol fängt man die Hauptmenge innerhalb von 7 Graden (bei 12 mm etwa zwischen 63—70°) auf. Der Siedepunkt des reinen Benzylchlorids liegt bei 64°/12 mm. Ausbeute 65—70% der Theorie. Das durch Vakuumdestillation gereinigte Präparat ist reiner und haltbarer als das unter Atmosphärendruck destillierte, da hierbei stets HCl-Abspaltung eintritt. Weitere Verwendung für B e n z y l c y a n i d (S. 125), B e n z y l m a l o n e s t e r (S. 222), G r i g n a r d s c h e R e a k t i o n . 1
Cannizzaro, A. ch. (3) 45, 468 (1855); B e i l s t e i n und Geitner, A. 139, 332 (1866); Schramm, B. 18, 608 (1885). a Er sollte vom Saalassistenten entleihbar sein. 3 G . B o o k und J . E g g e r t , Ztschr. f. El. 29, 521 (1923); B. 69, 1192 (1926); P. Bergel, B. 59, 153 (1926).
Benzylchlorid aus Toluol
93
Die theoretisch einfachste Methode, um Halogen am Kohlenstoff an Stelle von Wasserstoff einzuführen, besteht in der Einwirkung von freiem Halogen auf gesättigte Kohlenwasserstoffe. Sie wird, wie die Chlorknallgasreaktion, durch Licht katalytisch beschleunigt und führt, auf Methan und Chlor übertragen, diesen Kohlenwasserstoff in Mono-, D i - , T r i - und T e t r a c h l o r m e t h a n über. Auch die höheren Paraffine werden auf diese Weise chloriert, aber das Verfahren ist präparativ unbequem und hat zudem den Übelstand, daß gleichzeitig verschiedene, schwer voneinander abtrennbare Reaktionsprodukte entstehen. In der Fettreihe bilden die Alkohole, die leichter in reinem Zustand zugänglich sind als die Kohlenwasserstoffe, nach Beispiel 1 und 2 das ausschließliche Ausgangsmaterial für die Darstellung der Halogenverbindungen. Viel übersichtlicher gestaltet sich der Substitutionsprozeß durch Chlor beim Toluol und den homologen Methylbenzolen (Xvlolen usw.). Wir haben hier zwei scharf getrennte Vorgänge. 1. Durch typische Halogenüberträger, wie E i s e n f e i l e , J o d , wird ausschließlich im Kern substituiert, und zwar entstehen aus Toluol nebeneinander o-und p-Derivat. 2. Ohne einen derartigen Überträger wird selbst in der Siedehitze der Benzolkern nicht angegriffen. Die Geschwindigkeit der Substitution der Methylgruppe (Seitenkette), die in der Kälte klein ist, steigert sich aber in der Hitze zu einer für den präparativen Zweck ausreichenden Höhe. Diese Reaktion ist l i c h t e m p f i n d l i c h , wie alle Reaktionen, bei denen Wasserstoff direkt durch Chlor ersetzt wird. Daß auch ein Zusatz von Phosphorpentachlorid beschleunigend wirke, ist irrtümlich. Dagegen kommt organischen Peroxyden, etwa Benzoylperoxyd, eine starke katalytische Funktion zu (Kharasch). Die Reaktion zwischen Toluol und Chlor bildet ein sehr schönes Beispiel für die spezifische Wirkung von Katalysatoren. Hinsichtlich des Mechanismus der Seitenkettensubstitution ist zu sagen, daß es sich wie bei der Chlorknallgas-Reaktion um eine Radikalkette handelt. In präparativer Hinsicht ist es von großer Bedeutung, daß der Eintritt des zweit e n Chloratoms in die Seitenkette mit viel g e r i n g e r e r Geschwindigkeit vor sich geht als die erste Phase der Reaktion. So wird fast alles Chlor vom vorhandenen Toluol aufgebraucht, ehe die weitere Chlorierung des Benzylchlorids sich merkbar äußert. Die Nachbarschaft des Benzolkerns verleiht dem Chlor an der Seitenkette geringere Haftfestigkeit, d. h. größere Beweglichkeit als im Falle der reinen Paraffine, da das nach seiner Ablösung hinterbleibende ungesättigte Gebilde (Carbonium-ion, Radikal) durch die Mesomerie mit den tt-Elektronen des Benzolrings stabilisiert wird, z. B . :
Im T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n (C6H6)3CC1 ist die Bindung des Chlors eine so lockere, daß Alkalien seine sofortige hydrolytische Abspaltung herbeiführen. Wir lernen aus diesem Beispiel, daß die Bindungsstriche unserer Formeln die Vierwertigkeit des Kohlenstoffs zwar f o r m a l zum Ausdruck bringen, daß sie aber über die energetischen Verhältnisse der einzelnen Bindungen nichts aussagen. B e n z y l c h l o r i d ist allen Umsetzungen der Alkylhalogenide zugänglich. Durch Verseifung mit wäßrigen Alkalien in der Hitze entsteht der zugehörige Alkohol, der B e n z y l a l k o h o l C,H 6 • CH2OH, eine bei 206° siedende farblose Flüssigkeit (Präp. V, 4. S. 193). Wenn man unter geeigneten Bedingungen Benzylchlorid mit Ammoniak umsetzt, erhält man B e n z y l a m i n C6HS • CH2 • NH 2 , eine ziemlich starke, flüssige Base, die alle chemischen Merkmale der aliphatischen Aminbasen besitzt und sich ganz und gar von den am Benzolkern substituierten A m i n o t o l u o l e n (Toluidinen), die mit ihm isomer sind, unterscheidet. Wir können allgemein sagen, daß alle Veränderungen an der Methylgruppe des Toluols und analog gebauter Verbindungen mit denen rein alipathisoher Alkylgruppen wesensgleich verlaufen.
94
Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen
Die Fortsetzung der Chlorierung des Toluols läßt ein zweites und schließlich ein drittes Chloratom in die Seitenkette eintreten. B e n z a l c h l o r i d C6H6 • CHC12, eine farblose, ebenso wie Benzylchlorid zu Tränen reizende Flüssigkeit, ist das technische Ausgangsmaterial für die Gewinnung des B e n z a l d e h y d s . Vgl. Präp. V, 3; S. 184. B e n z o t r i c h l o r i d (Phenylchloroform) C6H5 • CC13. Der Einfluß des Benzolkerns auf die Bindungsverhältnisse des benachbarten Kohlenstoffs äußert sich hier besonders anschaulich. Während sich C h l o r o f o r m gegen Alkalien ziemlich resistent verhält, wird B e n z o t r i c h l o r i d dadurch außerordentlich leicht, und zwar unter Herausnahme aller 3 Chloratome zu B e n z o e s ä u r e verseift. Es wäre aber verkehrt, zu glauben, daß hierbei alles Chlor gleichzeitig herausgenommen werde, gemäß der Gleichung: C1 NaOH ^/OH ,OH C„H5 • (5—C1 NaOH . C8H5 • C—OH + 3NaCl CaH6 • C + H 2 0. ^ C l NaOH ^OH ^0 Alle chemischen Reaktionen verlaufen s t u f e n w e i s e , und zwar zumeist zwischen 2 Molekeln (Reaktionen zweiter Ordnung oder dimolekulare Reaktionen). So werden wir auch unsere Reaktion in Teilvorgänge aufzulösen und folgendermaßen zu formulieren haben: / C 1 + OH1(-> C,H,—C^-Cl - >
•
+ 0H( >
>
I
( / 0 H + Cl(-> C«H5—C^-Cl '
C,Ht—C
C,Ht— C•
>C• CHo • CH2 CHo — CHo * CH 2 • 0,1 T^ I I I I NO 2 OH NO 2 O - N O 2 5. U n t e r c h l o r i g e S ä u r e , gemäß der Gleichung: H0C CH2 : CH2 U Cl—CH2—CH2OH Diese Reaktion entspricht der Addition von Halogen, nur daß in zweiter Phase an das halogenierte Carboniumion nicht Hal( - ), sondern OH( _ ) des Lösungsmittels angelagert wird. Man erhält Ä t h y l e n - c h l o r h y d r i n durch gleichzeitiges Einleiten von Äthylen und C0 2 in Chlorkalklösung. 6. S t i o k s t o f f d i o x y d zu D i n i t r o ä t h a n e n : R—CH = CH—R' • R • CH • CH—R'
¿ 0 2 N0 2 Mit S t i c k s t o f f t r i o x y d entstehen unter Aufnahme von N 2 0 3 die dimolekularen Pseudonitrosite. 7. Ozon ( H a r r i e s , S t a u d i n g e r )
,0,
CH2 : CH2 + 0 3
CH,
0 Da die O z o n i d e beim Erhitzen mit Wasser nach der Gleichung: R • HC
CH R
R . CHO + R • CHO + HO • OH
1 Eine f ü r das Laboratorium geeignete Vorschrift findet man bei W. K e s t i n g Ang. Ch. 38, 362 (1925).
Ungea&ttigte Kohlenwasserstoffe
103
gespalten werden, so vermitteln sie eine Synthese für A l d e h y d e (oder Ketone). Die Hydrolyse setzt an der Ätherbindung ein und läßt als Zwischenprodukte D i o x y a l k y l p e r o x y d e RH(OH)C • 0 — 0 • C(0H)HR entstehen (siehe auch S. 180), die weiter in Aldehyd (oder Keton) und Hydroperoxyd zerfallen (Rieche). Benzol addiert 3 Mol O3; sein Triozonid (Ozobenzol) C,H 6 0 9 zerfällt mit Wasser in 3 Mol Glyoxal. Glatter und ohne Nebenreaktionen verläuft die h y d r i e r e n d e Spaltung der Ozonide, die über einen unbeständigen Oxyalkyläther R - C — O— C-R
/\
H
OH HO
/\
H
zu A l d e h y d bzw. K e t o n führt. Vgl. dazu die Darstellung von A d i p i n d i a l d e h y d aus Cyclohexen auf S. 335. 8. W a s s e r s t o f f . Die Olefine lassen sich durch keines der üblichen Reduktionsmittel mit nascierendem Wasserstoff hydrieren. Dies gelingt nur auf k a t a l y t i s c h e m W e g e mit Wasserstoffgas bei Gegenwart fein verteilter Metalle, wie Nickel ( S a b a t i e r ) , Palladium ( P a a l , S k i t a ) , Platin ( F o k i n , W i l l s t ä t t e r ) . Vgl. dazu die Präparate S. 328 u. f. 9. B e n z o p e r s ä u r e (Reaktion von P r i l e s c h a j e w ) . Dabei entstehen A l k y l e n oxyde. O - OH I R—CH: CH—R' + C6H6—C : O R • CH • CH • R ' + C 6 H 5 . COOH
V
10. H y d r o x y l . Durch P e r m a n g a n a t werden die Olefine bei tiefer Temperatur in ihre G l y k o l e übergeführt. R • C H : CH • R ' —->• R • CHOH • CHOH • R' Die Einwirkung dieses Oxydationsmittels führt aber leicht zu einer Sprengung der Doppelbindung, indem die an ihr beteiligten Kohlenstoffatome weiter oxydiert werden. Sind sie noch gleichzeitig mit Wasserstoff in Bindung, so entstehen C a r b o n s ä u r e n , andernfalls K e t o n e . /CH3 R • C H : C< X CHa
/CH3 v R . COOH + OC< X CH,
Die Reaktion mit Permanganat bildet ein wertvolles und viel benutztes Erkennungsmittel f ü r die u n g e s ä t t i g t e N a t u r einer organischen Verbindung. Man löst die Substanz in kaltem Alkohol, gibt einige Tropfen Sodalösimg und dann einen Tropfen verdünnter Permanganatlösung zu. Das rasche Verschwinden der roten Farbe zeigt die Gegenwart einer D o p p e l b i n d u n g an. Auch in reinem, gegen Permanganat beständigem Eisessig läßt sich die „ B a e y e r s c h e P r o b e " ausführen. Die Entfärbung von B r o m bietet eine weitere Erkennungsmöglichkeit von Doppelbindungen. Als Lösungsmittel dient gewöhnlich C h l o r o f o r m . Eine schonende Methode, um Olefine in Glykole überzuführen, besteht in der Einwirkung Osmiumtetroxyd 0 s 0 4 ( C r i e g e e ) ; als Primärprodukt läßt sich ein Ester der Säure H 2 0 s 0 4 fassen. Die Olefine verhalten sich nun, in Abhängigkeit von der Natur der Molekel, vielfach verschieden hinsiohtlich der Geschwindigkeit, mit der sie die aufgeführten Additionsreaktionen eingehen. Wenn wir in einer Formel eine Doppelbindung
104
Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen
sehen, so ist damit nicht ohne weiteres gesagt, daß wir alle möglichen Umsetzungen auch mit ihr ausführen können. So gelingt es zum Beispiel nicht, an T e t r a p h e n y l ä t h y l e n (C 6 H 5 ) 2 C : C(C6H5)2 überhaupt Brom anzulagern. Dagegen wird Natrium addiert, was wiederum beim Äthylen nicht möglich ist. Die A f f i n i t ä t der Doppelbindung ist demnach von Fall zu Fall verschieden. Stehen zwei Doppelbindungen einander benachbart (konjugiert), so können sie bei Anlagerungsreaktionen als g e s c h l o s s e n e s S y s t e m reagieren. So lagert B u t a d i e n Brom teilweise im Sinne folgender Gleichung a n : 1
2
3
4
Br,
Seine Dicarbonsäure, die M u c o n s ä u r e , wird zur /3,y-ungesättigten D i h y d r o m u e o n s ä u r e hydriert: HOOC • CH = CH • CH = CH • C O O H ^ HOOC • CH 2 • CH = CH • CH 2 • COOH I n beiden Fällen verschwinden die beiden ursprünglichen Doppelbindungen und zwischen sie t r i t t eine neue; die Addition h a t in 1 , 4 - S t e l l u n g stattgefunden. Eine besonders interessante und präparativ wichtige Anwendung h a t das Prinzip der 1,4-Addition in der schönen, von D i e l s und A l d e r 1 entdeckten „ D i e n S y n t h e s e " gefunden. Nach ihr lagern sich B u t a d i e n und zahlreiche B u t a d i e n D e r i v a t e (Isopren, Cyclopentadien) an eine aktivierte Kohlenstoffdoppelbindung unter Bildung von Abkömmlingen des T e t r a h y d r o b e n z o l s . So entsteht z . B . aus Butadien und Maleinsäureanhydrid T e t r a h y d r o p h t h a l s ä u r e - a n h y d r i d : CO /\ CH \ ¡| O CH \ / CO
¿CH, CH I + CH V . CTHT *
n
O
H
•
||
|
0
H o
Durch Anlagerung von Butadien an C h i n o n gelangt man in die hydrierte Naphthalinreihe: CH, HC I HC \
+
CO HC Ii HC
CH 2
CH-
CH I! CH CO
HC1 I HC
CO c
CH | Ii C H c \ / H \ / CH 2 CO
Die Anwendung von C y c l o p e n t a d i e n als „Dien" f ü h r t zur Synthese e n d o c y o l i s c h e r R i n g s y s t e m e , wie sie die Pflanzenzelle im Campher und anderen Terpenen erzeugt, z. B.: CH CH CHO /
CH I
CH
\ CH2 + /
/ CH II
CH2
CH |
CH—CHO
II CH 2 |
CH |
CH 2
CH Die Ausführung einer Dien-Synthese (Cyclohexadien und Chinon) ist auf S. 263 beschrieben. 1 A. 460, 98 (1926); K . A l d e r , Neuere Methoden der präparativen organischen Chemie, S. 251. Verlag Chemie 1943.
Ungesättigte Kohlenwasserstoffe
105
Die moderne Betrachtung konjugierter und aromatischer Systeme (S. 380) sieht wie die T h i e l e s c h e eine Verschmelzung der Doppelbindungen zu einem geschlossenen System voraus. Die Frage, wieweit solche Systeme noch ihren „Doppelbindungscharakter" bewahren, h a t in der Chemiehistorie eine bedeutsame Bolle gespielt. Wie das Äthylen so läßt sich auch das Benzol, wenn auch unter schärferen Bedingungen, mit katalytisch erregtem Wasserstoff absättigen, wobei Cyclohexan entsteht. Die Anlagerung von 3 Mol Halogen an Benzol (S. 98) bietet nur eine formale Analogie zur Halogenierung der Olefine (S. 97, 392). Der Chemismus dieser Lichtreaktion ist ein anderer. Auch die den Olefinen und Aromaten gemeinsamen Reaktionen mit Diazoessigester (S. 243) und mit Ozon seien in diesem Zusammenhang erwähnt. A r o m a t i s c h e Systeme sind solche mit cyclischer Konjugation. Neben dem Benzol illustrieren das Naphthalin, Anthracen und die Gesamtheit der polycyclischen aromatischen Systeme diesen Bindungszustand. Auch ein freies Elektronenpaar vermag eine solche Konjugationskette zu schließen; das Pyrrol, F u r a n und andere entsprechende Heterocyclen ordnet man ebenfalls den aromatischen Verbindungen zu. Bei der Alkalibehandlung des o l e f i n i s c h e n Cyclopentadiens entsteht das a r o m a t i s c h e Cyclopentadien-anion: CH II CH
HCII HC
CH II CH
HC II HC
HCII HC
O"
H
e C" H
CH II CH
Voraussetzung f ü r aromatischen Charakter ist, daß das ganze Bindungssystem ohne allzu große Spannung in einer Ebene liegt. Diese Voraussetzung ist nicht mehr erfüllt beim gelben Cyclooctatetraen; hier würde es einen zu großen Energieaufwand bedeuten, wollte man das Achtringsystem in eine gemeinsame Ebene zwingen. Die Leichtigkeit der Additionsreaktionen kennzeichnet das Cyclooctatetraen als vierfaches Olefin. H H H ^
\ H H H
Das Fehlen des aromatischen Charakters ergibt sich also im Rahmen der Mesomerielehre als Folge des nicht ebenen Baues des Achtringes. Von höher konjugierten ungesättigten Systemen wird später bei den P o l y e n e n und den C a r o t i n o i d e n (S. 203) die Rede sein. Polymerisation der Olefine Auf die Reaktionsfähigkeit der C = C - Doppelbindung ist auch die Neigung der Olefine zur Polymerisation zurückzuführen. Sie ist bei Systemen mit konjugierten Doppelbindungen besonders groß und wird im technischen Maßstab f ü r die Gewinnung wichtiger hochpolymorer Stoffe wie Kautschuk und anderer Kunststoffe verwendet. -•••• Jede Polymerisation stellt einen exothermen Absättigungsvorgang dar. Ihre erste Stufe bildet die gegenseitige Verknüpfung zweier Molekeln, deren P r o d u k t
106
Die Substitution von Hydroxyl und Wasserstoff durch Halogen
aber nur in seltenen Fällen zu fassen ist. So kann z. B. I s o b u t y l e n , das beim Crackprozeß von Erdöl erhalten wird, durch Schwefelsäure zu Diisobutylen dimerisiert werden. Dessen katalytische Hydrierung liefert das sog. I s o - o c t a n , einen Kohlenwasserstoff, der als klopffester Treibstoff Verwendung findet. H,C x H3C >C=CH, / >C=CH,2 ++
HgC
HjC
H3C •
H3C
^ ; C=CH—C—CH, CH.
CH, 2H
3
\CH—CH 2 —¿—CH 3
H
3° CH3 Ein interessantes Beispiel von Dimerisation bildet der spontane Übergang von C y c l o p e n t a d i e n in Di-cyclopentadien, bei dem sich unter 1,4-Addition 2 Molekeln in räumlich eigenartiger Weise miteinander verbinden 1 . Das Butadien vermag bei der Polymerisation sowohl nach dem 1,2- wie auch nach dem 1,4-Schema in Reaktion zu treten. Nach K. Z i e g l e r vermutet man, daß bei der Verwendung von Na als Katalysator eine Na-organische Verbindung die Polymerisation auslöst. Dieser Prozeß schreitet bis zur Ausbildung langer Ketten weiter, die als Folge der an ihrer Bildung beteiligten 1,2-Addition teilweise verzweigt sind. Das Mischpolymerisat mit Styrol bildet den synthetischen Kautschuk Buna S. Polymerisiertes reines Styrol ist ein viel verwendeter glasartiger Kunststoff. Der natürliche K a u t s c h u k , der aus Isopren-Einheiten aufgebaut ist, besitzt — abgesehen von den /?-ständigen Methylgruppen des Isoprens —, die Gestalt einer unverzweigten Kette. Das wichtigste Kunstglas, das sog. „Plexiglas" ist ein Polymeres des Methacrylsäureesters. Auch aus Isobutylen und sogar aus Äthylen werden neuerdings unter der Wirkung geeigneter Katalysatoren wertvolle hochpolymere Kunststoffe gewonnen (Oppanol, Polythene, Lupolen). Als Leder- oder Kautschuk-Ersatz dienen die aus Vinylchlorid und Vinylacetat erzeugten Polymeren. Acrylnitril (aus Acetylen und Blausäure) liefert ein sehr widerstandsfähiges Polymerisat, das sich zu Fäden hoher Reißfestigkeit (Orionfaser) verspinnen läßt. Vom Mechanismus der Polymerisationsvorgänge — es handelt sich durchweg um Kettenreaktionen — wird später (S. 305) noch die Rede sein. Als Katalysatoren für derartige Polymerisationen haben sich geringe Mengen von organischen Peroxyden besonders bewährt. Auch das Butadien wird heute in Emulsion mit Peroxden in Gegenwart von Reduktionsmitteln wie Fe2® polymerisiert. (Redox-Polymerisation). Es sei in diesem Zusammenhang auch kurz über die P o l y m e r i s a t i o n d e s A c e t y l e n s berichtet. Als einfachster polymerer Kohlenwasserstoff tritt hier das Vinylacetylen CH 2 =CH—C=CH auf ( N e w l a n d ) , während die höheren Polymeren cyclische Gebilde darstellen. So entsteht auf verschiedenen Reaktionswegen aus Acetylen B e n z o l ( B e r t h e l o t , R e p p e ) , bei Anwendung von Nicyanid als Katalysator kommt die sehr bemerkenswerte Polymerisation zu dem von W i l l s t ä t t e r aus Pseudopelletierin zuerst gewonnenen Cyoloi=\ o k t a t e t r a e n in präparativem Ausmaß zustande 2 . Auch die fünfund sechsfache Polymerisation zu verschiedenen Kohlenwasserstoffen C 10 H I0 und C12H12 ist geglückt. Unter ihnen findet sich auch der blaue Kohlenwasserstoff „ A z u l o n " C10H8, von dem Derivate auch in pflanzlichen ölen vorkommen 3 . 1 2 3
A l d e r und S t e i n , A. 485, 223. W. R e p p e und Mitarb. A. 560, 1 (1948). P l a t t n e r und P f a u , Helv. 19. 865 (1937).
107
Glykol aus Äthylenbromid
6. Glykol (Äthylenglykol) aus Äthylenbromid
1
G l y k o l d i a c e t a t . In einem mit Rückflußkühler verbundenen kurzhalsigen Rundkolben von 1 i l Liter Inhalt wird eine Mischung von 63 g (1/3Mol) Äthylenbromid, 20 g Eisessig und 60g ( 2 / 3 Mol) frisch geschmolzenem, fein pulverisiertem Kaliumacetat (vgl. S. 116) auf einem Sandbade oder Drahtnetz über einer großen Flamme zwei Stunden lang zum l e b h a f t e n Sieden erhitzt. Man verbindet dann den Kolben durch ein kurzes Knierohr mit einem absteigenden Kühler und destilliert das Reaktionsprodukt direkt mit einer großen leuchtenden Flamme, welche man fortdauernd bewegt und gegen Ende der Destillation immer mehr entleuchtet, über. Das Destillat wird dann mit weiteren 60 g Äthylenbromid und 80 g Kaliumacetat versetzt, die Mischung wie oben auf einem Sandbade zwei bis drei Stunden zum lebhaften Sieden erhitzt und erneut abdestilliert. Das Destillat unterwirft man unter Anwendung einer W i d m e r - S p i r a l e (S. 19) einer fraktionierten Destillation, wobei man die folgenden Fraktionen gesondert aufsammelt: 1. von Anfang der Destillation bis 140°, 2. von 140—175°, 3. von 175° bis zum Ende. Die Fraktionen 2 und 3 werden dann nochmals gesondert destilliert, wobei reines Glykoldiacetat zwischen 180—190° (der Hauptanteil bei 186°) übergeht. Ausbeute rund 70 g. Will man die Ausbeute noch verbessern, so erhitzt man die unter 180° übergehenden Anteile mit dem gleichen Gewicht Kaliumacetat nochmals 3 Stunden und verfährt sonst wie oben beschrieben. Die Ausbeute steigert sich dann noch um weitere 15 g.
G l y k o l . Um aus dem Ester das freie Glykol zu gewinnen, wird er durch Kochen mit einer absoluten methylalkoholischen Lösung von Salzsäuregas „umgeestert". Man stellt sich durch Einleiten von HCl in absoluten Methylalkohol unter K ü h l u n g und F e u c h t i g k e i t s a u s s c h l u ß eine etwa 3-proz. Lösung her, indem man die Gewichtszunahme auf einer für 0,1 g empfindlichen Waage feststellt und ein etwaiges Zuviel an HCl durch Verdünnen mit Methylalkohol ausgleicht. 49 g Glykoldiacetat ( 1 /, Mol) werden in einem kleinen Rundkolben (200 ccm) mit 60 ccm der methylalkoholischen Salzsäure x/t Stunde lang am Rückflußkühler gekocht, dann destilliert man, zuerst langsam, am absteigenden Kühler Methylacetat und einen Teil des Methylalkohols ab, den Rest aber bei etwa 50° direkt im Vakuum. Um geringe Mengen unveränderten Esters von dem zurückbleibenden Glykol zu trennen, schüttelt man den Rückstand im Kolben, dem man einen Gummistopfen aufgesetzt hat, mit je 50 ccm absoluten Äthers aus, in dem Glykol unlöslich ist. Der anhaftende Äther wird hierauf am siedenden Wasserbad entfernt und das heiß umgegossene Glykol aus einem kleinen Fraktionierkolben mit Luftkühler der Destillation unterworfen. Der Hauptteil geht bei 195° über. Ausbeute 17—18 g (80—90% der Theorie). 1
H e n r y , Bl. [3] 17, 207 (1897); C. 1907 I, 1314.
108
Die Substitution von Hydroxy! und Wasserstoff durch Halogen
Man kann Äthylenbromid auch durch d i r e k t e V e r s e i f u n g mit verdünnter Alkalicarbonatlösung in Glykol überführen; der Umstand jedoch, daß die Reaktion (im heterogenen System) sehr langsam verläuft und daß außerdem große Wassermengen einzudampfen sind, verleiht dem hier eingeschlagenen Umweg, der zudem zwei neue Reaktionen kennen lehrt, den Vorzug. Wir stellen dabei — eine vielfach angewandte Methode der Überführung eines Alkylhalogenids in seinen Alkohol — zuerst durch Umsetzung mit Kaliumacetat (häufig auch Silberacetat) den E s s i g e s t e r her, den man im allgemeinen in normaler Weise, mit wäßrigen Alkalien oder Mineralsäuren verseifen würde. Hier, beim w a s s e r l ö s l i c h e n Glykol als Endprodukt soll aber das Arbeiten im organischen Lösungsmittel nicht preisgegeben werden, und deshalb entzieht man dem Ester unter den Bedingungen einer Vere s t e r u n g die Säuregruppe, die sich im Rahmen eines Gleichgewichts zwischen die beiden Alkohole, Glykol und Methylalkohol verteilt, und zwar bei dem großen Überschuß an Methylalkohol vornehmlich zugunsten von diesem. Man bezeichnet diese Art der Verseifung als U m e s t e r u n g . Näheres über Esterbildung und -verseifung findet man auf S. 129 u. f. Von den Reaktionen der einfachsten zweiwertigen Alkohole, der 1,2-Glykole, seien am Beispiel des Grundkörpers die folgenden angeführt: Beim Erhitzen mit Schwefelsäure entsteht unter Wasserabspaltung A c e t aldehyd. Konz. Salzsäure erzeugt Ä t h y l e n c h l o r h y d r i n ; die zweite OH-Gruppe wird weit schwieriger durch Chlor ersetzt. CH a OH—CH 2 OH
CH2OH—CH2C1 + H 2 0 .
Im großen stellt man diese Verbindung durch Anlagerung von unterchloriger Säure an Äthylen her, indem man in eine Chlorkalklösung gleichzeitig COa und Äthylen einleitet. Starke Kalilauge setzt den Chloräthylalkohol unter HCl-Abspaltung zu Ä t h y l e n o x y d um: CHo—CH,2 —HC1 H Cl ¿: Ein moderneres Darstellungsverfahren des Äthylenoxyds, das in der Großindustrie zunehmend an Bedeutung gewinnt, bedient sich der Luftoxydation von Äthylen in Anwesenheit spezifischer Katalysatoren. Hier ist auch der glatte Übergang des Chlorhydrins mit T r i m e t h y l a m i n in das physiologisch wichtige C h o l i n zu erwähnen, dessen Chlorid sehr leicht erhalten wird, wenn man die beiden Komponenten in äquimolaren Mengen (die Base in konz. absoluter alkoholischer Lösung) einige Zeit in der Wärme aufeinander einwirken läßt. (+ ^ DerEssigsäureester des Cholins von der Formel H3C—CO—OCH2—CH2 • N(CH3)3 besorgt im Organismus die Übertragung des Nervenreizes auf die glatte Muskulatur. Durch B l e i t e t r a c e t a t , Pb(OCOCH 3 ) 4 , werden Glykole unter Lösung der C—C-Bindung dehydriert. Aus Äthylenglykol entstehen 2 Mole F o r m a l d e h y d . P i n a k o n wird, im entgegengesetzten Sinne seiner Entstehung, in 2 Mole A c e t o n zerlegt 1 : (H3C)2C C(CH3)2 2{H3C)aC0 OH
OH
Über die Anwendung dieser Methode zur S y n t h e s e v o n A l d e h y d e n siehe Chr. G r u n d m a n n , A. 524, 31 (1936). 1
R. Criegee, B. 64, 260 (1931), A. 481. 263 1930), 507, 159 (1933).
Iso-amyläther. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor
109
Versuch: Zur Lösung von 1 g Blei-tetracetat1 in 40 ccm Eisessig fügt man 3 Tropfen Olykol; nach einer halben Stunde wird überschüssiges Oxydationsmittel mit wenig schwefliger Säure zerstört, alles Blei mit verdünnter Schwefelsäure ausgefällt und im Filtrat vom Bleisulfat der entstandene Formaldehyd mit fuchsinschwefliger Säure nachgewiesen (s. S. 187). Die rote Lösung wird mit Zugabe von konz. Salzsäure blau (vgl. dazu S. 188). In beweglichen Methylengruppen gelingt durch Pb-tetracetat die S u b s t i t u t i o n eines Wasserstoffs durch die Gruppe —O—CO-CH3, an Doppelbindungen, besonders bei cyclischen Olefinen, erfolgt A d d i t i o n zu Glykol-diaeetaten. Die Glykolspaltung läßt sich auch mit Überjodsäure durchführen ( M a l a p r a d e ) .
7. Iso-amyläther 2 500 g käuflicher Amylalkohol werden innerhalb der Siedegrenzen 128—132° fraktioniert, dann, mit 50 g konz. Schwefelsäure gemischt, in einem Fraktionierkolben mit hohem Ansatzrohr zum g e l i n d e n Sieden erhitzt. Es destilliert langsam ein Gemisch von Wasser und Amylalkohol ab, die Temperatur der siedenden Mischung, die durch ein in die Flüssigkeit eintauchendes Thermometer angezeigt wird, steigt im Verlauf von etwa 8—9 Stunden auf 140°. Einige Zeit, bevor diese Temperatur erreicht ist, bringt man den in einem Scheidetrichter vom Wasser abgetrennten übergegangenen Amylalkohol, den man kurze Zeit mit Kaliumcarbonat getrocknet hat, in den Kolben zurück. Man kühlt dann den Kolbeninhalt auf etwa 100° ab, destilliert mit Wasserdampf, trennt im Destillat die ölschicht ab und fraktioniert sie mit Hilfe eines Aufsatzes. Der rohe Amyläther geht in einer Ausbeute von 200—230 g bei 168—172° über. Zur völligen Reinigung wird er 2 Stunden lang mit fein gepulvertem Natriumamid (1,5 g auf 100 g Äther) am Rückflußkühler im Ölbad gekocht, dann vom Natriumamid abdestilliert. Das Destillat schüttelt man mit verd. Salzsäure durch, trocknet über Galciumchlorid und destilliert schließlich sorgfältig über Natrium. 8. Chloressigsäure aus Essigsäure und Chlor 3 In eine Mischung von 150 g Eisessig und 12 g rotem Phosphor, welche sich in einem mit Einleitungsrohr und Rückflußkühler verbundenen Kolben befindet (Fig. 46, S. 95) und auf einem lebhaft siedenden Wasserbade erhitzt wird, leitet man an einem möglichst hellen Orte, am besten im d i r e k t e n S o n n e n l i c h t oder unter künstlicher Bestrahlung, trockenes Chlor ein. Der Verlauf der Chlorierung hängt wesentlich von der Belichtung ab. Die Reaktion ist beendet, 1 In 750 ccm reinen Eisessig + 20 ccm Essigsäure-anhydrid trägt man unter mechanischer Rührung bei 65° 200 g Mennige ein und wartet jedesmal bis die rote Farbe verschwunden ist. Beim Erkalten kristallisiert das Tetracetat aus; es kann aus Eisessig umkristallisiert werden und ist bei Ausschluß von Feuchtigkeit haltbar. (O. D i m r o t h und R. S c h w e i z e r , B. 66,1375 [1923].) Zur Gehaltsbestimmung von Blei-tetracetat-Lösungen vgl. man R. C r i e g e e , B. 64, 260 (1931). 2 G. S c h r o e t e r und W. S o n d a g , B. 41, 1924 (1908). 3 R. H o f f m a n n , A. 102, 1 (1857); R u s s a n o w , B. 26, Ref. 334 (1892).
110
Die Substitution von Hydroryl und Wasserstoff durch Halogen
sobald eine kleine Probe beim Abkühlen durch Eiswasser und Reiben mit einem Glasstabe erstarrt. I m Sommer genügt hierfür eintägiges Einleiten von Chlor, während an trüben Wintertagen dieses noch einen zweiten Tag fortgesetzt werden muß. Zur Abscheidung der M onochloressigsäur e wird das Reaktionsprodukt aus einem Fraktionierkolben, welcher mit einem Verlängerungsrohr verbunden ist, der fraktionierten Destillation unterworfen und die von 150—200° übergehende Fraktion in einem Becherglase gesondert aufgefangen. Diese kühlt man dann unter Reiben mit einem Glasstabe in Eiswasser und filtriert den erstarrten Anteil, welcher aus reiner Monochloressigsäure besteht, schnell an der Saugpumpe ab, wobei man die lockeren Kristalle mit einem Spatel oder Mörserpistill fest zusammenpreßt. Das Absaugen darf nicht zu lange fortgesetzt werden, da sonst die Chloressigsäure durch die warme Luft allmählich verflüssigt wird. Das Filtrat unterwirft man nochmals der Destillation, wobei man den zwischen 170 und 200° übergehenden Teil gesondert auffängt. Verfahrt man mit diesem wieder wie soeben (Abkühlen und Filtrieren), so erhält man noch eine zweite Menge von Monochloressigsäure, welche mit der Hauptmenge vereinigt und durch nochmalige Destillation vollkommen rein erhalten wird. Siedepunkt 186°, Schmelzpunkt 63°. Ausbeute wechselnd; 80—125g. Verwendung für N i t r o m e t h a n (S. 140), M a l o n e s t e r (S. 220), Glyk o k o l l (S. 238), P h e n y l g l y c i n (S. 321). Da die Monochloressigsäure, vor allem in warmem Zustande, die Haut stark angreift, so hüte man sich, mit ihr in Berührung zu kommen. Wesentlich rascher verläuft die Chlorierung, auch ohne Licht, wenn man dem obigen Ansatz von 150 g Eisessig 1,5 g Jod, 7 g PC/ 5 und 3 g roten Phosphor zusetzt 1 . Nach beendigter Reaktion dekantiert man noch heiß vom Phosphor ab, verdünnt mit 40 ccm Eisessig, saugt nach dem Erkalten die auskristallisierte Monochloressigsäure scharf ab und wäscht mit wenig Eisessig nach. Man kommt so zu einem schwach rötlichen Präparat, das im Exsiccator über Ätzkali von dem noch anhaftenden Jod befreit wird. Die Substitution einer gesättigten Kette durch Chlor oder Brom wird erleichtert durch die Gegenwart einer 0=C-Gruppe. So werden A l d e h y d e und K e t o n e mit großer Leichtigkeit halogeniert, und zwar tritt das Halogen ausschließlich in die «-Stellung. Viel geringer ist der „auflockernde" Einfluß, den die C a r b o x y l g r u p p e auf benachbarten Wasserstoff ausübt. Daher erfolgt in den C a r b o n s ä u r e n die Substitution durch Halogen weit schwieriger, kann aber durch Belichtung und durch Katalysatoren (Überträger) beschleunigt werden. Die Eintrittsstelle des Halogens ist auch hier stets das dem Carboxyl benachbarte, a-ständige Kohlenstoffatom. Als Überträger bei der Chlorierung eignet sich J o d , das sich mit Chlor zu dem reaktionsfähigen C h l o r j o d verbindet; z. B.: CHS • COOH + C1J
• CH2C1 • COOH + HJ
Da der so entstehende Jodwasserstoff durch Chlor sofort wieder in Jod verwandelt wird, das dann von neuem Chlorjod bildet, so hat man hier einen anschaulichen Fall einer chemisch durchsichtigen Ü b e r t r a g u n g s k a t a l y s e . 1
H . B r ü c k n e r , Ang. Ch. 40, 973 (1927); 41, 226 (1928).
Säurechloride
111
Wesentlich anders und viel komplizierter wirkt P h o s p h o r . Der zuerst entstehende H a l o g e n p h o s p h o r setzt sich mit der Säure zum S ä u r e c h l o r i d um, das mit einem zweiten Molekül Säure das A n h y d r i d bildet: a) CH3 • C0C1 + HOOC • CHS • CHS • CO • 0 • CO • CH3 + HCl. Das Anhydrid wird nun viel leichter substitutiv chloriert als die Säure, und das Zwischenprodukt, das so entsteht, wird schließlich durch den bei der Reaktion auftretenden Chlorwasserstoff wie folgt gespalten: CH2C1 • CO. CH2C1 • COOH . b) > 0 + HCl • H3C • C O ' CH3 • C0C1 Das zurückgebildete A c e t y l c h l o r i d kann dann nach a) erneut in Reaktion treten. Während in unserem Fall die Menge des Phosphors eine beschränkte ist, benutzt man, namentlich zur Einführung von Brom, häufig äquivalente Mengen, stellt also das S ä u r e b r o m i d her, das dann erst in a-Stellung substituiert wird. Als Reaktionsprodukt tritt hierbei das B r o m i d der a - b r o m i e r t e n S ä u r e auf, das man durch Behandlung mit Wasser in diese umwandeln muß; häufig stellt man auch durch Einwirkung von Alkohol den E s t e r dar (Hell-Volhard-Zelinskysches Verfahren). Die a - H a l o g e n c a r b o n s ä u r e n , deren einfachste die Chloressigsäure ist, finden für Synthesen mannigfache Verwendung. Erwähnt sei hier ihr Übergang in O x y s ä u r e n (durch hydrolytische Substitution des Halogens) und in A m i n o s ä u r e n (Präp. VII, 2): C1CH2 • COOH + HÖH > H0CH 2 COOH + HCl ClCHa • COOH + 2NH 3 • H 2 N • CH2 • COOH + NH 4 C1. Die Einführung von Jod erfolgt nach der auf S. 91 erwähnten Methode. /J-Halog e n c a r b o n s ä u r e n werden durch Addition von Halogenwasserstoff an a,/?-ungesättigte Säuren erhalten: CH2=CH-C00H Acrylsäure
HBr
> CH 2 Br• CH2 COOH. /9-Brorapropionaäure
II. Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge 1. Säurechloride a) A c e t y l c h l o r i d 1 Zu 90 g (1,5 Mol) wasserfreiem Eisessig, welcher sich in einem mit absteigendem Kühler verbundenen Fraktionierkolben befindet, läßt man unter Kühlung mit kaltem Wasser aus einem Tropftrichter 72 g (0,5 Mol) Phosphortrichlorid fließen. Man taucht dann die Kugel des Kolbens in eine nicht zu kleine, mit Wasser von 40—50° gefüllte Porzellanschale ein und setzt die Erwärmung so lange fort, bis die im Anfang lebhafte Salzsäureentwicklung nachgelassen und die vor dem Erwärmen homogene Flüssigkeit sich in zwei Schichten getrennt hat. Das Acetylchlorid wird hierauf auf lebhaft siedendem Wasserbad von der phosphorigen Säure (untere Schicht) abdestilliert. Eine kleine Saugflasche, die durch einen Kork an das untere Ende des Kühlrohrs angeschlossen und durch ein 1
B e c h a m p , C. r. 40, 946 (1855); 42, 226 (1856).
112
Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge
mit Gummischlauch angefügtes CaCl 2 -Rohr gegen die Luftfeuchtigkeit geschützt ist, dient als Vorlage. Durch w i e d e r h o l t e Destillation (mit Thermometer) wird das ^Präparat gereinigt. [Man fängt die Fraktion zwischen 48—53° gesondert auf (Siedepunkt des reinen Acetylchlorids 51°). Ausbeute 70—80 g. Verwendung für E s s i g s ä u r e a n h y d r i d (S. 116) und A c e t o p h e n o n (S. 297). Man prüfe das Präparat auf P h o s p h o r g e h a l t (PC13), indem man einige Tropfen in wenig warmem Wasser zersetzt, die Lösung in einer kleinen Porzellanschale abdampft, dann z w e i m a l mit starker Salpetersäure oder Bromwasser abraucht und schließlich die üblichen Reaktionen auf Phosphorsäure anstellt. Wird Phosphor nachgewiesen, so ist das Präparat n o c h m a l s mit ein paar Tropfen Eisessig zu destillieren.
b) B e n z o y l c h l o r i d 40 g ( / 3 Mol) trockene Benzoesäure werden in einem Rundkolben von 250 ccm Inhalt, der einen eingeschliffenen Kühler trägt (zur Not auch Korkverbindung), mit 100 ccm(l 1 / 3 Mol) Thionylchlorid übergössen und hierauf im Wasser bad unter Rückfluß auf 80° erwärmt (Abzug). Nach einer halben Stunde ist die kräftige G a s e n t w i c k l u n g (HCl und S0 2 ) beendigt; man gießt das abgekühlte Gemisch in einen Fraktionierkolben über und destilliert am absteigenden Wasserkühler das überschüssige Thionylchlorid auf lebhaft siedendem Wasserbad soweit als möglich ab; es ist für die gleiche Operation nochmals verwendbar. Das Benzoylchlorid wird hierauf am Drahtnetz oder mit schwach leuchtender Flamme der Destillation unterworfen. Langes Kühlrohr mit Vorlage, wie beim Acetylchlorid beschrieben, aber ohne Wassermantel. Nach einem beträchtlichen Vorlauf, der im wesentlichen aus (ebenfalls wieder verwendbarem) Thionylchlorid besteht, geht die Hauptmenge bei 194—199° über. Reines Benzoylchlorid siedet bei 194°. Ausbeute 40—42 g. Auch hier empfiehlt sich die D e s t i l l a t i o n im V a k u u m , die ein reineres Produkt liefert. Viel verwendetes Laboratoriumspräparat. 1
Um das Hydroxvl einer COOH-Gruppe durch C h l o r zu ersetzen, kann man z.T. die gleichen Reaktionen benutzen, welche oben für den Ersatz von alkoholischen Hydroxylgruppen durch Halogen beschrieben wurden. Praktisch stellt man S ä u r e c h l o r i d e fast immer durch Einwirkung von PC13, PC16 oderSOCl z , in selteneren Fällen vonPOCl 3 , auf d i e S ä u r e n selbst, in manchen Fällen auch wohl auf deren A l k a l i s a l z e , dar. Mitunter wird auch Phosgen C0C12 für diesen Zweck verwendet. Die Auswahl des Chlorids hängt ab 1. von der Leichtigkeit, mit welcher die betreffende Säure reagiert, und 2. von dem Siedepunkt des Säurechlorides. Wirkt z. B. wie bei der Essigsäure und ihren Homologen bereits PC13 unter Bildung des Chlorides leicht ein, so zieht man dieses Chlorid dem noch energischer wirkenden PC1S vor. Bei der Reaktion, deren Mechanismus nachstehend erörtert wird, entsteht p h o s p h o r i g e S ä u r e nach der Gleichung: 3CH S • C
+ PC13 = 3CH 3 • C
+ H3PO3 .
Indem die phosphorige Säure mit Acetylchlorid oder auch mit Phosphortrichlorid reagiert, kommt die bei dem Versuch beobachtete Entwicklung von Salzsäure zustande.
113
Sfcurechloride
B e n z o e s ä u r e reagiert mit PCI, weniger glatt, energisch aber mit PC15. Da die Abtrennung des überschüssigen Chlorphosphors (auch des Oxychlorids) viel weniger einfach ist als bei der Anwendung von Thionylchlorid, zieht man dieses leicht zu beschaffende und wohlfeile Chlorid vor (H. Meyer). Die R e a k t i o n s w e i s e hat man sich so vorzustellen, daß zuerst unter HC1Abspaltung das g e m i s c h t e A n h y d r i d entsteht, das dann in Säurechlorid und S 0 a zerfällt: R • C : 0 + S0C1, • R C: 0 • R-C:0 OH
—HCl
^.
g0C1
C1
+ S0a.
Ahnlich ist der Gang der Reaktion, wenn man die Chloride des Phosphors oder Phosgen verwendet. In Fällen, wo die Reaktion sehr stürmisch verläuft, benützt man Chloroform oder Benzol als Verdünnungsmittel; dies gilt auch für die Umsetzung der Alkohole. Des P h o s p h o r o x y c h l o r i d s bedient man sich meistens nur dann, wenn man die S a l z e von C a r b o n s ä u r e n anwendet, mit welchen es in folgender Weise reagiert: 2CH, • CO • ONa + P0C1 3 = 2CH, • CO • C1 + NaP0 3 + NaCl. Diese Reaktion kann man mit Vorteil verwerten, um das Chlor des PC16 vollkommener auszunützen, als ep bei seiner Einwirkung auf die freien Säuren geschieht. Die S ä u r e c h l o r i d e sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren farblose kristallinische Substanzen. Sie sieden meistens unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung; nur die hochmolekularen werden zweckmäßig im Vakuum destilliert. Der Siedepunkt der Säurechloride liegt niedriger als der der Säuren, wie denn überhaupt der Ersatz von Hydroxyl durch Chlor eine Siedepunktserniedrigung zur Folge hat: CH, • CO • C1 Siedepunkt 51° C„H6 • CO • C1 Siedepunkt 196° CH, • CO • OH Siedepunkt 118° C,H 6 • CO • OH Siedepunkt 250°. Formylchlorid ist nicht beständig, da es in CO und HCl zerfällt; wohl aber existiert das Formylfluorid. Die Säurechloride besitzen einen heftig stechenden Geruch und rauchen an der Luft. Sie werden durch Wasser unter Bildung von S ä u r e und C h l o r w a s s e r s t o f f zersetzt. Diese Umsetzung erfolgt vielfach außerordentlich leicht, da das Chloratom an einem Säurerest viel lockerer als an einem Alkylrest haftet. Während es zur Umwandlung eines Halogenalkyls in einen Alkohol meistens erforderlich ist, jenes lange Zeit mit Wasser, oftmals unter Zusatz von Natron, Kali, einem Carbonat oder Acetat, zu kochen, erfolgt die analoge Umsetzung eines Säurechlorids bei weitem leichter. Bei den niederen Gliedern, wie z. B. dem A c e t y l c h l o r i d , tritt die Reaktion bereits in der K ä l t e in äußerst stürmischer Weise fast augenblicklich ein, während es bei den höheren Gliedern, wie z. B. beim B e n z o y l c h l o r i d , des Erhitzens bedarf, um die Umsetzung herbeizuführen. S u l f o s ä u r e c h l o r i d e sind selbst gegen siedendes Wasser eine Zeitlang beständig (siehe Benzolsulfochlorid S. 169). Alkalien wirken naturgemäß weit lebhafter als Wasser auf Säurechloride ein. Mit Alkoholen und Phenolen reagieren die Säurechloride unter Bildung von S ä u r e e s t e r n .
Versuch: Man gieße etwa 1 / 2 com Acetylchlorid allmählich zu 2 ccm Wasser, das sich in einem Reagenzrohr befindet. Ist das Wasser sehr kalt, so kann man kurze Zeit die im Wasser untersinkenden und mit diesem sich mischenden Tropfen des Chlorids beobachten. Schüttelt man das Rohr, so tritt eine lebhafte Reaktion unter Erwärmung ein. Versuch: Man führe den gleichen Prozeß mit Benzoylchlorid aus. Auch bei längerem Schütteln keine wahrnehmbare Veränderung; man muß einige Zeit kochen, um die völlige Zersetzung zu erreichen. Nach I
G a t t s r m a n n , P r a x i a doa o r g a i i . C h e m i k e r s .
37. Aufl.
114
Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge
dem Erkalten kristallisiert Benzoesäure aus. In gleicher Weise bringe man Benzoylchlorid mit 2 n-Lauge zusammen. Versuch: Zu 1 ccm Alkohol, welcher sich in einem durch Wasser abgekühlten Reagenzrohr befindet, fügt man tropfenweise das gleiche Volumen Acetylchlorid, versetzt dann, ebenfalls unter Kühlung, mit dem gleichen Volumen Wasser und macht vorsichtig mit Natron schwach alkalisch. Hat sich nicht schon hierbei über der wäßrigen Flüssigkeit eine leicht bewegliche Schicht des angenehm riechenden Essigesters abgeschieden, so fügt man noch so lange fein pulverisiertes Kochsalz hinzu, bis sich dies nicht mehr löst, wobei die Abscheidung des Essigesters eintreten wird. Man bringe in gleicher Weise Benzoylchlorid mit etwas überschüssigem Alkohol zusammen und prüfe am Geruch die Geschwindigkeit der Einwirkung. Säurechloride benutzt man auch, um zu entscheiden, ob eine vorliegende noch unbekannte Verbindung eine a l k o h o l i s c h e oder p h e n o l a r t i g e H y d r o x y l g r u p p e enthält oder nicht. Reagiert ein Stoff mit einem Säurechlorid, so ist dies der Fall, da alle Verbindungen, die den Sauerstoff in anderer Bindungsform, z. B. ätherartig gebunden enthalten, indifferent sind. Durch Zusatz von Alkali oder Alkalicarbonat kann die Reaktion wesentlich erleichtert werden. Schließlich wendet man die Einwirkung eines Säurechlorids auf A l k o h o l e und P h e n o l e noch an, um sie aus Lösungen abzuscheiden, oder um sie zu charakterisieren. Man bedient sich zu diesem Zwecke jedoch meistens des Benzoylchlorids und seiner Nitroderivate. Methylalkohol g i b t z . B. mit p - N i t r o b e n z o y l c h l o r i d den schön kristallisierten Methylester, der geringe Mengen aus wäßriger Lösung herauszuholen erlaubt. Auf die Salze von Carbonsäuren wirken Säurechloride unter Bildung von S ä u r e a n h y d r i d e n ein (siehe nächstes Präparat). Es muß noch erwähnt werden, daß die Acylierung von Alkoholen, Phenolen und Aminen mit Säurechloriden (und auch Anhydriden) statt nach dem alten Verfahren von S c h o t t e n - B a u m a n n — Einwirkung von Säurechlorid in alkalisch-wäßriger Suspension — auch vielfach in P y r i d i n l ö s u n g vorgenommen wird. Der Chlorwasserstoff wird vom Pyridin gebunden. Auch auf A m m o n i a k sowie auf p r i m ä r e und s e k u n d ä r e o r g a n i s c h e A m i n e und auf M e r c a p t a n e wirken Säurechloride mit großer Leichtigkeit ein: CH 3 • CO • C1 + 2 N H 3 = CH.). CO • NH 2 + NH 4 C1 Acetamid
CH 3 • CO • Cl + 2C„H 5 • NH 2 = C 8 H 6 • N H • CO • CH 3 + C 6 H 6 • N H 2 • HCl. Anilin
Acetanilid
Versuch: a) Zu 1 ccm Anilin fügt man tropfenweise Acetylchlorid, wobei unter lebhaftem Zischen eine heftige Reaktion eintritt, welche jedoch aufhört, sobald etwa das gleiche Volumen des Chlorides hinzugefügt ist. Unter Kühlung mit Wasser versetzt man dann mit dem fünffachen Volumen Wasser, wobei sich ein reichlicher Niederschlag von Acetanilid abscheidet, dessen Menge noch vermehrt werden kann, wenn man die Gefäßwände mit einem Glasstabe reibt. Der Niederschlag wird ab filtriert und aus wenig heißem Wasser umkristallisiert. Schmelzpunkt 115°. b) Man versetze wäßriges Ammoniak mit einigen Tropfen BenzoylchJorid. Momentan scheidet sich B e n z a m i d in farblosen Kristallen aus.
Säurechloride
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Auch diese Reaktion wird benützt, um die o r g a n i s c h e n B a s e n durch Überführung in ihre meist kristallisierten Säurederivate zu charakterisieren und um kleine Mengen, vor allem von f l ü s s i g e n B a s e n , durch eine Schmelzpunktsbestimmung zu erkennen. Um die Base voll umzusetzen •— ein Mol wird ja durch die freiwerdende Salzsäure gebunden —, setzt -man beim Arbeiten in wäßriger Lösung oder Suspension A l k a l i oder C a r b o n a t , i n wasserfreiem Lösungsmittel t r o c k e n e s K a l i u m c a r b o n a t oder P y r i d i n zu. Da tertiäre Basen mit Säurechloriden nicht reagieren, da sie kein ersetzbares Wasserstoffatom mehr enthalten, so kann man mit Hilfe der Einwirkung eines Säurechlorids auch entscheiden, ob eine Base einerseits p r i m ä r oder s e k u n d ä r oder andererseits t e r t i ä r ist. Ferner sei hier auf die wichtige Verwendung der Säurechloride bei der F r i e d e l C r a f t s s c h e n R e a k t i o n verwiesen (S. 295). Nach Art der S c h o t t e n - B a u m a n n s c h e n Reaktion läßt sich auch H y d r o p e r o x y d acylieren. Man kommt so zu S ä u r e - p e r o x y d e n . Darstellung von Benzoylperoxyd1. Z u 5 0 c o m e t w a 10-proz. w ä ß r i g e n Hydroperoxyds läßt m a n unter guter Eiskühlung und stetem S c h ü t t e l n (am b e s t e n in einer Glasstöpselflasche) a b w e c h s e l n d 4 n-Natronlauge u n d Benzoylchlorid t r o p f e n , derart, d a ß die L ö s u n g i m m e r s c h w a c h alkalisch bleibt. N a c h d e m e t w a 3 0 c c m L a u g e u n d 15 g B e n z o y l c h l o r i d v e r b r a u c h t sind, ist d a s H y d r o p e r o x y d u m g e s e t z t , d a s Peroxyd der Benzoesäure h a t sich i n kristallinischen F l o c k e n a b g e s c h i e d e n u n d der Geruch d e s Chlorids ist n a h e z u g a n z v e r s c h w u n d e n . M a n s a u g t ab, w ä s c h t m i t W a s s e r a u s u n d t r o c k n e t . A u s b e u t e 1 0 — 1 2 g. A u s w e n i g Alkohol, i n d e m n u r k u r z z u m S i e d e n e r w ä r m t wird, kristallisiert die Substanz in schönen farblosen Prismen. Schmelzpunkt 106—108° unter Zersetzung. E i n e k l e i n e P r o b e erhitze m a n i m t r o c k n e n R e a g e n z g l a s rasch über der F l a m m e . B e s o n d e r s rein wird d a s P e r o x y d erhalten, w e n n m a n seine k o n z . L ö s u n g in Chloroform in d a s d o p p e l t e V o l u m e n Methylalkohol einfließen läßt. B e n z o y l p e r o x y d m u ß wie a l l e organischen P e r o x y d e m i t einiger Vorsicht g e h a n d h a b t w e r d e n . Das Peroxyd der Benzoesäure vermittelt die einfachste Synthese von A l k y l e n o x y d e n nach P r i l e s c h a j e w . I n abs. ätherischer oder noch besser benzolischer Lösung wird es nämlich durch Natriumäthylat gespalten in das N a t r i u m s a l z d e r B e n z o p e r s ä u r e und in B e n z o e s ä u r e e s t e r 2 . C6H6 • c — O — 0 — C • C6H5 II II
0
0
> C 6 H 6 • C—0—ONa + H 5 C 2 0—C—C 6 H 5 II II
o
o
Die wenig beständige P e r s ä u r e , die wie alle Persäuren viel schwächer ist als die zugehörige Carbonsäure, wird nach dem Ansäuern des Natriumsalzes in Chloroform aufgenommen. Ihre Chloroformlösung dient als Reagenz f ü r die oben erwähnte Reaktion, die auf S. 103 bereits formuliert ist. Äthylen selbst t r i t t nicht in Reaktion. Eine wichtige Eigenschaft der Diacylperoxyde ist ihre Fähigkeit zur Spaltung in neutrale, radikalische Bruchstücke; eine Eigenschaft, die diese Verbindungsklasse zu Initiatoren von Radikal-Kettenreaktionen macht, deren technisch wichtigste die auf S. 105 erwähnte Olef in-Polymerisation ist. 1 2
v. P e c h m a n n und V a n i n o , B. 27, 1510 (1894). B a e y e r und V i l l i n g e r , B. 38, 1575 (1900). 8*
116
Carbons&uren und ihre einfachen Abkömmlinge
2. Essigsäure-anhydrid 1 Zur Darstellung des Essigsäure-anhydrids benützt man die gleiche Apparatur wie beim Acetylchlorid. Zu 80 g (1 Mol.) fein pulverisiertem, wasserfreiem Natriumacetat (dessen Darstellung siehe unten) läßt man aus einem Tropftrichter tropfenweise 54 g (% Mol) Acetylchlorid fließen. Sobald etwa die Hälfte des Chlorids hinzugefügt ist, unterbricht man die Reaktion auf kurze Zeit, um mit Hilfe eines am untern Ende der Länge nach breit gedrückten und etwas umgebogenen Glasstabs die breiige Masse durcheinander zu rühren, und läßt erst dann den Rest nachfließen, so langsam, daß kein unverändertes Acetylchlorid übergeht. Hierauf destilliert man mit l e u c h t e n d e r Flamme unter fortwährendem Bewegen des Brenners das Anhydrid von dem Salzrückstande ab. Das Destillat wird schließlich unter Zusatz von 3 g fein pulverisiertem wasserfreiem Natriumacetat, welches die letzten Anteile unveränderten Acetylchlorids vollends zu Essigsäure-anhydrid umsetzt, einer fraktionierten Destillation unterworfen. Siedepunkt des Essigsäureanhydrids 138°. Ausbeute 55—60 g. Verwendung für A c e t y l i e r u n g e n , P e r k i n s c h e R e a k t i o n (V, 8; S. 202), A c e t o p h e n o n (IX, 3 b ; S. 297). Das Präparat ist auf C h l o r zu prüfen, indem man eine Probe mit Wasser kocht und nach Zugabe von verdünnter HNOt einige Tropfen Silbernitratlösung zufügt. I n analoger Weise kann das schön kristallisierte B e n z o e s ä u r e a n h y d r i d (Schmelzpunkt 42°) präparativ gewonnen werden. Es wird auch erhalten, wenn man Benzoesäure mit einem Überschuß von Essigsäureanhydrid kocht („Umanhydrisieren"). D a r s t e l l u n g d e s w a s s e r f r e i e n N a t r i u m a c e t a t s : Das kristallwasserhaltige Salz (3 H 2 0 ) erhitzt man in einer flachen Schale aus Eisen oder Nickel direkt über dem Brenner. Nachdem das Kristallwasser verdampft ist, erstarrt die Schmelze. Es wird hierauf durch vorsichtiges Erhitzen das wasserfreie Salz auch zum Schmelzen gebracht. Nach dem Wiedererstarren wird das Salz noch warm gepulvert und sofort unter Verschluß gesetzt. Auch das käufliche wasserfreie Acetat muß noch einmal geschmolzen werden. Die Einwirkung des Acetylchlorids auf das Natriumacetat vollzieht sich naoh folgender Gleichung: CHä • C = 0 CH, • CO • C1 + CHj • CO • ONa = \ 0 + NaCl. CH3.C=0 Auch gemischte Anhydride, welche zwei verschiedene Säurereste enthalten, kann man nach dieser Reaktion bereiten, wenn man Chlorid und Salz zweier verschiedener Säuren anwendet. Da, wie oben beim Acetylchlorid ausgeführt, aus dem Alkalisalz einer Säure und POC1, ein Säurechlorid erhalten werden kann, so ist es für die Darstellung eines 1
C. Gerhardt, A. oh. [3] 87, 313 (1853).
Essigsäure-anhydrid
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Anhydrids nicht erforderlich, das Chlorid zuerst zu isolieren; man kann es vielmehr sofort auf einen Überschuß des Salzes weiter einwirken lassen, so daß aus P0C1S und dem Salz direkt ein Anhydrid erhalten werden kann (technisches Verfahren). Man formuliere diese Reaktion. Die Säure-anhydride sind in den niederen Reihen farblose Flüssigkeiten, in den höheren kristallisierte feste Stoffe. Sie besitzen einen scharfen Geruch, sind in Wasser unlöslich, lösen sich jedooh in indifferenten organischen Lösungsmitteln auf. Ihr spez. Gewicht ist größer als das des Wassers. Der Siedepunkt liegt höher als der der entsprechenden Säure: Essigsäure 118°, Essigs&ureanhydrid 138°. Der Schmelzpunkt liegt im allgemeinen tiefer. Die niedrigeren Glieder können unter gewöhnlichem Druck ohne Zersetzung destilliert werden; bei den höheren muß die Destillation im Vakuum vorgenommen werden. Das chemische Verhalten der Anhydride gegen Wasser, Alkohole, Phenole Mercaptane sowie Amine gleicht vollkommen dem der Chloride; nur reagieren die Anhydride langsamer als die Chloride. Versuch: Man versetze 3 ccm Wasser mit Va c c m Essigsäureanhydrid. Dieses sinkt zu Boden und löst sich selbst nach längerem Schütteln nicht. Erwärmt man jedoch die Mischung des Anhydrids mit Wasser einige Zeit, so tritt unter Aufnahme von Wasser Lösung ein. Nimmt man statt Wasser verdünnte Lauge, so tritt die Lösung rascher ein. Essigsäureanhydrid wird überaus häufig benützt, um die Acetylgruppe in R alkoholisches oder phenolisches Hydroxyl oder in ein Ammoniakderivat HN < einzuführen. Durch einen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure wird die Reaktionsgeschwindigkeit außerordentlich gesteigert. Versuche: Man bringe Essigsäureanhydrid mit Alkohol, wäßrigem Ammoniak, Anilin, Phenol zusammen. Der Mischung mit Phenol setze man einen Tropfen konz. HiSOi zu. Durch thermische Zersetzung an einem glühenden Platindraht ist Essigsäureanhydrid unter Wasserabspaltung in das monomolekulare Anhydrid der Essigsäure, in K e t e n , übergeführt worden (Wilsmore): HaC • CO \0 v 2H,C=C=0. H,C • CO Präparative Darstellung von Keten im Laboratorium durch thermische Zersetzung von Aceton (Schmidlin): CH, • CO • CH3 • CH,: CO + CH4 Bequem und mit guter Ausbeute läßt sich Keten mit der von E. Ott 1 angegebenen „Ketenlampe" gewinnen. Keten dient beim Ausschluß von Wasser auch als Acetylierungsmittel. Auch Essig äure vermag ata Generator für Keten zu dienen. Das technische Verfahren zur Darstellung von Essigsäure-anhydrid bedient sich dieser Spaltung. Das gebildete Keten lagert dabei eine zweite Molekel Essigsäure an (A. Wacker A.G.): HjC=CO > H„C—C—0—C—CH, O 0 1 J. pr. Ch. 130, 177 (1931). — Vgl. auch Berl und K u l l m a n n , B. 65, 1114 (1932).
Garbonsäure'i und ihre einfachen Abkömmlinge
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U n t e r der katalytischen W i r k u n g von Schwefelsäure geht K e t e n in das dimere D i k e t e n über, das die S t r u k t u r eines /i-Lactons h a t . Das einfachste ß-Lacton ß - P r o p i o l a c t o n e n t s t e h t . a u s K e t e n m i t Formaldelyd. H 2 C—CO H 2 C—CO I I I I H2C=C—0 H2C—o Diketen
(S-Propiolakton
Die Analogie der Säureanhydride m i t den Säurechloriden wird verständlich, wenn m a n sich die nahe V e r w a n d t s c h a f t der beiden Körperklassen n ä h e r ansieht. Hier wie d o r t ist das H y d r o x y l der Carboxylgruppe d u r c h den anionischen Bestandteil einer Säure, beim Chlorid d u r c h Cl, beim A n h y d r i d d u r c h Acetoxyl 0 • CO • CH 3 ersetzt. Man k a n n die Anhydride der organischen Säuren auch als D i a c y l o x y d e bezeichnen (Acyl = Säurerest, z. B. CH 3 • CO = Acetyl) u n d den Äthern, den D i a l k y l o x y d e n formal a n die Seite stellen. Die Äther gehören zu d e n reaktionsträgsten Verbindungen der ganzen organischen Chemie. Woher k o m m t d a n n die große Reaktionsfähigkeit der gleichartig gebauten Anhydride ? Die schwache Stelle in ihrem Molekül haben wir nicht a n der Sauerstoffbrücke, sondern an der Doppelbindung > C = 0 zu suchen. Hier finden A d d i t i o n e n s t a t t , z . B . von Wasser u n d Ammoniak u. a . : ^/OH. /NH,-, r ! H 3 C—C—OH -C—OH >0 H3C—C=0
I
nit NH3
>0
LH3C—C=0
j
• |
^>0
i
lHJC-C=0
J
Die Zwischenprodukte, die in K l a m m e r n stehen, sind äußerst labil, d a sie O H u n d die negative Acetoxylgruppe a m gleichen C-Atom tragen (vgl. S. 94); sie zerfallen daher in 2 Mol Säure oder im Fall des Ammoniaks in Essigsäure u n d Acetamid. I n gleicher Weise ist die R e a k t i o n m i t Alkoholen zu formulieren. Man sieht, d a ß bei der E i n f ü h r u n g einer Acetylgruppe m i t einem Säureanhydrid (in einen Alkohol, ein Amin usw.) stets einer der beiden Säurereste des Moleküls zur Säure umgewandelt, f ü r die Acylierung also nicht ausgenützt wird. Die große Reaktionsfähigkeit der Säurechloride h a t die gleiche Ursache, wie sie f ü r die Anhydride erörtert wurde. 3.
Acetamid1
8 0 g (1 M o l ) Ammoniumacetat — darstellbar aus Ammoniumcarbonat u n d E i s e s s i g 2 — u n d 6 0 c c m Eisessig (1 Mol) w e r d e n a u f d e m D r a h t n e t z in einem kleinen R u n d k o l b e n mit aufgesetzter W i d m e r - K o l o n n e 5 — 6 Stunden lang im gelinden Sieden erhalten. Man achte darauf, d a ß an d e m im oberen T u b u s der K o l o n n e e i n g e f ü h r t e n T h e r m o m e t e r die T e m p e r a t u r v o n 103° n i c h t o d e r n u r w e n i g ü b e r s c h r i t t e n w i r d ; d e r Eisessig u n d d a s bei d e r R e a k t i o n g e b i l d e t e W a s s e r destillieren l a n g s a m o b e n a b u n d können durch einen kleinen, über das Abzugsrohr gestülpten Kühler kondensiert u n d — zur Kontrolle — in einem vorgelegten Meßzylinder a u f g e f a n g e n werden. W e n n e t w a 80 ccm ü b e r g e g a n g e n sind, w i r d stärker e r h i t z t , bis d a s T h e r m o m e t e r 140° zeigt. M a n l ä ß t e t w a s e r k a l t e n , 1 I m Prinzip nach F r a n c o i s , C. 1906, I, 1099, H i t s c h und G i l b e r t , Am. Soc. 35, 1780 (1913); W . A. N o y e s u n d G o e b e l , ebenda 44, 2294 (1922). 2 I n 60 ccm Eisessig t r ä g t m a n bei 40—50° so lange fein gepulvertes Ammoniumcarbonat ein, bis eine Probe, m i t Wasser v e r d ü n n t , alkalisch reagiert. Man beachte, daß hierbei pro Mol A m m o n - a c e t a t y 2 Mol H 2 0 entsteht.
Acetamid
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gießt die noch warme Schmelze in einen gewöhnlichen Fraktionierkolben über und fangt nach einem kleinen Vorlauf die Hauptmenge bei 195—220° auf. Wenn das Produkt beim Abkühlen und Reiben nicht vollständig erstarrt, saugt man den flüssigen Anteil auf einer Nutsche scharf ab und trocknet den Rückstand auf Ton im nicht evakuierten Exsiccator. Aus dem Filtrat läßt sich ein weiterer Anteil Acetamid herausdestillieren. Die reine Verbindung siedet bei 223°. Eine kleine Probe kann aus Benzol umkristallisiert werden. Schmelzpunkt 80°. Ausbeute 55—60 g. Verwendung des Präparates für A c e t o n i t r i l (II, 5; S. 125) und M e t h y l a m i n (II, 8; S. 137). Aus einer Säure kann man ganz allgemein das Amid darstellen, indem man ihr A m m o n i u m s a l z der trocknen Destillation unterwirft oder zweckmäßiger noch, indem man es längere Zeit auf höhere Temperatur erhitzt. Man h a t Acetamid meist durch Erhitzen von A m m o n i u m a c e t a t im EinschJußrohr auf 200° dargestellt. Dabei kann jedoch die Umsetzung nicht vollständig zum Ziel führen, weil das bei der Reaktion entstehende W a s s e r wieder z. T. spaltend auf das Säureamid einwirkt: CH 3 • C—ONH 4 r z z ^ CH 3 • C—NH a + H 2 0 .
Indem wir bei dem hier angegebenen Verfahren das gebildete Wasser aus dem Reaktiensgemisch herausdestillieren, drängen wir die Gegenreaktion zurück und erhöhen die Ausbeute. Gleichzeitig wirkt der Überschuß an Eisessig der Dissoziation des Salzes nach: CH3-C-ONH4 CH 3 - COOH + N H 3
!! o
entgegen. Vgl. dazu die Ausführungen über das M a s s e n w i r k u n g s g e s e t z auf S. 129 u. f. Eine gute Methode zur Darstellung von Acetamid besteht auch darin, daß man in eine ätherische Lösung von E s s i g s ä u r e a n h y d r i d Ammoniakgas einleitet, den Äther abdampft und das zurückbleibende Gemisch von Ammoniumacetat und Acetamid im Extraktor (Fig. 26) mit Benzol auszieht; das Salz bleibt ungelöst zurück. Durch Umsetzung von S ä u r e c h l o r i d e n oder E s t e r n mit Ammoniak lassen sich ebenfalls Säureamide bereiten. Ferner entstehen sie aus den N i t r i l e n bei der Einwirkung starker Mineralsäuren unter Wasseraufnahme. Ein Beispiel f ü r diese Reaktion ist auf S. 127 gegeben.
Versuch: In einer Porzellanschale versetzt man 10 g fein pulverisiertes kohlensaures Ammonium mit 5 g Benzoylchlorid, rührt beide mit einem Pistill gut durcheinander und erwärmt solange auf dem Wasserbade, bis der Geruch des Säurechlorides verschwunden ist. Man verdünnt dann mit Wasser, saugt ab, wäscht auf dem Filter mit Wasser nach und kristallisiert aus Wasser um. Schmelzpunkt des Benzamids 128°. Die Säureamide sind mit Ausnahme des niedrigsten Glieds, des F o r m a m i d s HCO • N H 2 , welches flüssig ist, farblose, kristallisierte Substanzen, welche in den niederen Reihen in Wasser leicht löslich sind; auch die höheren Glieder werden meist aus heißem Wasser umkristallisert. Die Siedepunkte liegen bei weitem höher als die der Säuren: Essigsäure, Siedepunkt 118° Propionsäure, Siedepunkt 141°. Acetamid, Siedenunkt 223° Propionamid, Siedepunkt 213°.
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Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmling*
Der basische Charakter der Aminogruppe ist durch den mit ihr verbundenen Acylrest beinahe ganz zum Verschwinden gebracht. Zwar kennt man Salze der Amide mit starken Säuren, die aber durch Wasser sofort vollständig in die Bestandteile zerlegt werden. Nur der H a r n s t o f f , das Diamid der Kohlensäure, bildet beständigere Salze, deren Existenz durch die zweite NHj-Gruppe gewährleistet wird. Charakteristisch für die Säureamide sind ihre Verbindungen mit zweiwertigem Q u e c k s i l b e r , in denen das Metall am Stickstoff haftet. Sie entstehen bei der Umsetzung der Amide mit Quecksilberoxyd, z. B. 2CH„ • CO • NH, + HgO • (CH„ • CO • NH),Hg + H , 0 .
Versuch: Man löst etwas Acetamid in Wasser auf, versetzt mit wenig gelbem Quecksilberoxyd und erwärmt. Das letztere geht hierbei in Lösung, indem sich die oben formulierte Verbindung bildet. Die Reaktion der Wasserentziehung, die zu N i t r i l e n führt, und die der Einwirkung von Hypohalogeniten auf Säureamide, werden in den nachfolgenden Präparaten behandelt. Durch hydrolysierende Agenzien wird die Aminogruppe — anders als bei den Aminen — mehr oder weniger leicht wieder abgespalten unter Rückbildung der S ä u r e n . Über die Ursache dieses verschiedenen Verhaltens vgl. das auf S. 118 Gesagte.
Versuch: In einem Reagenzrohr erwärmt man etwas Acetamid mit 2 n-Natronlauge. Es tritt ein intensiver Ammoniakgeruch auf, während die Lösung essigsaures Natrium enthält. Die Essigsäure weist man nach, indem man mit Schwefelsäure gerade kongosauer macht, das Reagenzglas mit daraufgehaltenem Daumen durchschüttelt und dann zum Sieden erhitzt (Siedestein!). Ein über die Mündung gehaltenes Lackmuspapier wird rot. (Allgemeiner Nachweis von flüchtigen Säuren.) Die Reaktion der Amide mit PCIS, die über die A m i d c h l o r i d e zu den I m i d c h l o r i d e n führt, sei hier nur kurz erwähnt.
4. Harnstoff und Semicarbazid a) K a l i u m c y a n a t 1 d u r c h O x y d a t i o n s s c h m e l z e 8 200 g gelbes Blutlaugensalz werden in einer Porzellanschale oder auf einem Eisenblech durch vorsichtiges Erhitzen vollkommen entwässert; eine Probe darf, im Reagenzglas erhitzt, keinen Beschlag mehr geben, die Kristalle müssen vollkommen zerfallen sein. In gleicher Weise werden 150 g Kaliumpyrochromat durch Schmelzen von anhaftendem Wasser befreit. Die beiden ganz trockenen, vorher getrennt gepulverten Salze werden jetzt in einer Reibschale innig gemischt und dann in Portionen von 4—5 g in eine eiserne Schale oder auf ein großes Eisenblech gebracht, die durch einen kräftigen Brenner (Teclu- oder Dreibrenner) stark, jedoch n i c h t bis zum Glühen erhitzt sind. Die 1
Da es nur eine Cyansäure gibt, halten wir es nicht für richtig, ihr diese Bezeichnung vorzuenthalten und sie, wie dies häufig geschieht, als ¿«o-Cyansäure zu bezeichnen. 1 C. A. Bell, Chem. News 82, 99 (1875); G a t t e r m a n n , B. 28, 1223 (1890); H. E r d m a n n , B. 26, 2442 (1893).
Harnstoff und Semicarbazid
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Temperatur soll so hoch sein, daß jedesmal ein lebhaftes Aufglimmen eintritt; die schwarze lockere Masse, die dabei entsteht, darf keinesfalls zum Schmelzen kommen. Jeder Anteil wird nach sehr rasch beendeter Oxydation mit einem breiten Metallspatel zur Seite geschoben oder vom Blech entfernt. Die ganze Menge kann in 1—1 y 2 Stunden auf diese Weise verarbeitet werden. Die vereinigten Anteile werden hierauf in einem Rundkolben mit 800 ccm heißem 80-proz. Alkohol Übergossen und in einem lebhaft siedenden Wasserbad damit 3 Minuten lang im Kochen erhalten. Dann gießt man die klare Lösung von dem schwarzen Bodenkörper in einen Erlenmeyer ab, der sofort in Eis eingestellt und dessen Inhalt durch Umschütteln möglichst schnell abgekühlt wird. Nach kurzem Stehen wird die Mutterlauge von den abgeschiedenen Cyanatkristallen in den Auskochkolben zurückgegossen und das Auslaugen so oft (5—6 mal) wiederholt, bis alles Salz extrahiert ist (eine Reagenzglasprobe darf beim Abkühlen nichts mehr abscheiden). Das Salz wird nun auf einer Filterplatte scharf abgesaugt, zweimal mit Weingeist und dann noch dreimal mit Äther gewaschen und schließlich im Exsiccator scharf getrocknet. Ausbeute im Durchschnitt 80 g. Zur präparativen Darstellung von Kaliumcyanat eignet sich auch die Cyanid-Oxydation mit P e r m a n g a n a t in wäßriger Lösung 1 . b) H a r n s t o f f 40 g Kaliumcyanat (0,5 Mol) und 40 g Ammoniumsulfat (0,3 Mol) werden, in 500 ccm Wasser gelöst, in einer Prozellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne verdampft. Den Rückstand kocht man in einem Rundkolben erschöpfend mit absol. Alkohol aus und engt die alkoholische Lösimg ein, bis beim Abkühlen und Impfen Kristallisation eintritt. Schmelzpunkt des Harnstoffs 132°. Aus den Mutterlaugen isoliert man nach dem Abdampfen des Alkohols den Rest als Nitrat. Zur Darstellung des N i t r a t s löst man einige Gramm Harnstoff in einigen ccm Wasser und fügt tropfenweise konz. Salpetersäure zu, wobei das Salz sich in schönen Kristallen abscheidet. H a r n s t o f f n i t r a t ist in Wasser nicht allzu schwer löslich, worauf man beim Auswaschen zu achten hat. Die Wöhlersche H a r n s t o f f s y n t h e s e , durch die zum erstenmal (1828) ein Produkt der Zelltätigkeit künstlich erhalten wurde, bildet das Vorbild für die vielen Anlagerungsreaktionen, die sich an dem reaktionsfähigen Molekül der Cyansäure und ihrer Ester und ebenso in der Reihe der analogen Thioverbindungen vollziehen. Es handelt sich hier um eine Addition von NH, an die C=N-DoppeIbindung: 0=C=NH
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> 0 = C X
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0=CC=NOH + C0 2 v C=NOH + HN0 2 H/ Die salpetrige Säure wirkt hierbei auf den Alkohol in ähnlicher Weise wie die Halogene bei der Bildung von Chloroform, Jodoform.
d) V e r s e i f u n g v o n F e t t o d e r p f l a n z l i c h e m ö l 300 g beliebiges Fett oder Öl (etwa 1 / 3 Mol) werden mit 300 ccm etwa 5 »-Natronlauge verseift: 50 ccm Lauge und 50 ccm H 2 0 werden erwärmt, das Fett daraufgegossen und nach 1 Stunde noch 75 ccm Lauge hinzugegeben. Nach einer weiteren Stunde werden je 100 ccm Lauge und Wasser hinzugefügt. Es muß häufig umgerührt werden und darf nur zum schwachen Sieden erwärmt werden. Nach weiteren 4 Stunden wird der Rest der Lauge hinzugegeben; wenn nötig, erneuert man vorher das verdampfte Wasser. Nach einer weiteren Stunde fügt man 1 / i Liter Wasser hinzu und kocht weiter, bis eine dicke homogene Masse entsteht (etwa 2 bis 3 Stunden). Dann werden unter tüchtigem Umrühren 2—21/, Liter heißes Wasser zugegeben, wobei ein dicker, durchsichtiger Leim entsteht. Man salzt schließlich in der Siedehitze mit etwa 100 g Kochsalz aus und läßt über Nacht stehen. Es ist zweckmäßig, wegen des starken Schäumens, die Operation in einem g r o ß e n Emailtopf auszuführen. Nach dem Erkalten hebt man am andern Morgen den erstarrten Seifenkuchen ab und spült die unten haftende Lauge weg. Man kann ihn mit einem dünnen Draht in kleine Stücke zerschneiden und diese durch wochenlanges Liegenlassen trocknen. Die Natriumsalze der höheren Fettsäuren sind in kaltem Wasser schwer, in heißem leichter löslich. Man bringt ein kleines Stückchen Seife in der nötigen Menge kochenden Wassers in einem kleinen Becherglas in Lösung und läßt erkalten: Steife Gallerte. Zur Reinigung kann man 20—30 g in siedendem Wasser lösen, heiß aussalzen und wieder erstarren lassen; dadurch wird die im Rohprodukt eingeschlossene kleine Menge Alkali entfernt. Die Reaktion bleibt gegen Lackmus- und Curcumapapier alkalisch. Die Hydrolyse der g a n z r e i n e n Seifen ist aber nicht so stark, daß die OH-Ionenkonzentration ausreicht, um Phenolphthalein zu färben. D a r s t e l l u n g d e r f r e i e n F e t t s ä u r e n : Etwa 150g der rohen, feuchten Seife werden in einem Liter Wasser bis nahe zum Siedepunkt erhitzt; dann setzt man unter gutem Umrühren 2 n-Schweielmure zu.
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Carbonsäuren und ihre einfachen Abkömmlinge
bis die Lösung auf Kongopapier deutlich sauer reagiert und das Fettsäuregemisch sich als ölige Masse oben abgeschieden hat. Nach einigem Stehen in der Kälte erstarrt diese, wenn man von festem Fett ausgegangen ist. Man hebt den Kuchen ab, schmilzt ihn nochmals auf dem Wasserbad in einem kleinen Becherglas über wenig Wasser und destilliert dann die wieder erstarrten Säuren im Vakuum. Siedepunkt bei 12 mm 220—225°. Hat man öl verseift, so wird die Seife weniger fest und die Säuren kristallisieren nur teilweise (warum ?). In diesem Fall nimmt man sie in Äther auf und verfahrt dann weiter in der üblichen Weise. G l y c e r i n : Das Glycerin befindet sich in der braunen Verseifungslauge, die man zuerst mit Salzsäure genau neutralisiert (gegen Kongopapier!), zur Entfernung ausgeschiedener Fettsäuren mit Tierkohle schüttelt, durch ein Faltenfilter filtriert 1 und dann in dem auf S. 30 abgebildeten Apparat im Vakuum eindampft. Wenn sich nach einiger Zeit Kochsalz ausscheidet, versagt bisweilen die Capillare, und man setzt dann das Eindampfen auf dem Wasserbad fort. Die stark konzentrierte Lösung wird vom Kochsalz abgesaugt, dieses mit wenig Alkohol gewaschen und das Filtrat (wieder im Vakuumkolben) fast ganz vom Wasser befreit. Der Rückstand wird mit 150 ccm Alkohol digeriert und auf kleiner Nutsche abgesaugt, dann spült man mit 50 ccm Alkohol nach. Die abgesaugte alkoholische Lösung wird auf dem Wasserbad soweit als möglich eingeengt, den Rückstand bringt man unter Nachspülen mit wenig Alkohol in einen Ciaisenkolben und destilliert aus diesem erst Alkohol und Wasser und schließlich das Glycerin im Vakuum ab. Man fangt die Hauptfraktion zwischen 180° und 195°/13 mm auf. Ausbeute etwa 35 g. Um das Glycerin völlig wasserfrei und rein zu erhalten, muß die Destillation wiederholt werden. Z u r F e t t a n a l y s e . Den quantitativen Ausdruck für die Anzahl der in einem Fett oder Öl vorhandenen Kohlenstoff-Doppelbindungen gibt die „ J o d z a h l " ; darunter versteht man die Menge Jod in Gramm, die von 100 g eines Fettes chemisch gebunden wird. In einfachen organischen Verbindungen bestimmt man die Anzahl der Doppelbindungen oft mit B e n z o p e r s ä u r e (vgl. S. 103), die aber bei den Fetten nicht angewandt wird. B e s t i m m u n g d e r J o d z a h l . Man löst 2,5 g reines Jod und 3 g Quecksilberchlorid in je 50 ccm reinem Weingeist und vermischt die klaren Lösungen. Nach zwölfstündigem Stehen wird in einer Probe von 10 ccm der Jodtiter mit nßO-Thiosulfatlösung bestimmt, nach Zugabe von 10 ccm 10 proz. KJ-Lösung. 0,5 bis 0,7 g des zu prüfenden Fettes werden in einem trockenen Erlenmeyerkolben von 500 ccm Inhalt in 15 ccm Chloroform, gelöst, dazu läßt man 25 ccm der titrierten Jodlösung fließen. Geht nach kurzer Zeit die Farbe der Lösung auf Hellbraun zurück, so sind weitere 10 ccm Jodlösung erforderlich. Nach 4 Stunden soll die Farbe noch dunkelbraun sein. Es werden jetzt 20 ccm 10 proz. KJ-Lösung hinzugefügt und das noch vorhandene Jod wie oben titriert. Ausrechnung erfolgt gemäß Definition der „Jodzahl". Man untersuche S c h w e i n e f e t t , O l i v e n ö l oder L e i n ö l . 1
Die Klärung mit Tierkohle ist häufig entbehrlich.
Abbau der Carbonsäuren zu den näohst niederen Aminen
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Zur Bestimmung der V e r s e i f u n g s z a h l 1 eines Fettes kocht man 0,5—1 g Substanz mit 10 com nß-alkoholischer KOH % Stunde lang am Rückflußkühler und titriert hierauf mit n/2-HCl unter Anwendung von Phenolphthalein das nicht gebundene Alkali zurück. Die Methode hat allgemeine Bedeutung, da sie in Estern das Ä q u i v a l e n t g e w i c h t der darin gebundenen Säure zu ermitteln erlaubt. Ester - Äquivalentgewioht = °—g—-, wobei a = Einwaage in g, b = ccm verbrauchtes n/1 -Alkali. Das L e i n ö l ist das wichtigste unter den sog. „trocknenden" Ölen. Darunter versteht man öle, die stark ungesättigte Säuren, namentlich L i n o l e n s ä u r e
C 1 7 H M · C 0 2 H u n d L i n o l s ä u r e C 1 7 H 3 1 · C 0 2 H e n t h a l t e n u n d die daher i m s t a n d e
sind, den Sauerstoff der Luft direkt unter Bildung von P e r o x y d e n und deren festen, hochmolekularen Umwandlungsprodukten anzulagern. Die Ölsäure-Komponente ist dazu nicht befähigt. O l i v e n ö l und S e s a m ö l ζ. B. „trocknen" nicht. Verwendung des Leinöls als Bindemittel in der Ölmalerei und zur Herstellung von Firnissen. Als eine der Jodzahl analoge Konstante wird heute die „Rhodanzahl" bestimmt (Kaufmann). Ein Giemisch höherer gesättigter Fettsäuren wurde eine Zeitlang durch katalytische Oxydation von Paraffin, wie es bei dem F i s c h e r - T r o p s c h - V e r f a h r e n anfällt technisch hergestellt.
8. Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen a) Hofmannsche R e a k t i o n . M e t h y l a m i n a u s A c e t a m i d 2 In einem Kolben von % Liter Inhalt versetzt man 30 g (0,5 Mol) Acetamid mit 80 g = 26 ccm Brom (1 Mol) und fügt hierzu unter guter Kühlung mit Wasser so lange von einer Lösung von 50 g Kali in 350 ccm Wasser, bis die anfangs braunrote Farbe in hellgelb umgeschlagen ist, wozu der größte Teil der Kalilauge erforderlich ist. Die Lösimg läßt man dann im Laufe weniger Minuten aus einem Tropftrichter in ununterbrochenem Strahl in eine Lösung von 80 g Kali in 150 ccm Wasser, die in einem Literkolben auf 70—75° erwärmt und gehalten wird, fließen. Man hält auf dieser Temperatur, bis das Reaktionsgemisch farblos geworden ist (1/4 bis y 2 Stunde) und destilliert dann das Methylamin mit Wasserdampf über ; das Kühlerende ist mit einem abwärts gerichteten Vorstoß verbunden, der etwa 1 cm tief in die Beschickung der Vorlage (100 ccm etwa 5 η-Salzsäure3) eintaucht. Sobald das Kondensat im Kühler nicht mehr alkalisch reagiert, dampft man den Inhalt der Vorlage in einer Porzellanschale auf dem Wasserbad zur Trockne, läßt zur Entfernung der letzten Wasserreste eine Nacht über im Vakuumexsiccator stehen und kocht das ganz trockne Salz mit absolutem Alkohol aus ; dabei bleibt Salmiak ungelöst. Das klare Filtrat engt man auf ein kleines Volumen ein und läßt dann in der Kälte das Methylammoniumchlorid auskristalli1 2 3
Man versteht darunter die mg KOH, die 1 g Fett verbraucht. B. 15, 762 (1882); B. 17, 1406 und 1920 (1884). 50 ccm konz. Salzsäure und 50 ccm Wasser.
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CarbonB&uren und ihre einfaohen Abkömmlinge
sieren. Das Salz wird nach dem Absaugen mit wenig Alkohol gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 15—20 g. Man führt mit dem Präparat die I s o n i t r i l r e a k t i o n (S. 150) aus und prüft sein Verhalten beim Erwärmen mit wenig Nitrit in eben saurer wäßriger Lösung. b) D i e C u r t i u s s c h e R e a k t i o n . P h e n y l c y a n a t B e n z h y d r a z i d 1 : 24 g Benzoesäureäthylester = 3 / 2 j Mol. (S. 129) werden mit 9 g Hydrazinhydrat (0,18 Mol) 6 Stunden lang auf dem Wasserbad an einem kleinen Rückflußkühler erhitzt. Der feste Kristallkuchen, der sich beim Erkalten bildet, wird nach einiger Zeit möglichst scharf abgesaugt und mit wenig eiskaltem Methylalkohol gewaschen. Wenn die Ausbeute zu gering ist, wird das Filtrat eingeengt und nochmals erhitzt. Das Rohprodukt (16—18 g) ist zur Weiterverarbeitung genügend rein. Eine Probe kann aus heißem Wasser oder wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzpunkt 112°. B e n z a z i d 2 : 14 g (x/10 Mol) des t r o c k n e n Hydrazids werden in einem Filtrierstutzen (y2 Liter) mit 200 ccm etwa n-Salzsäure zur klaren Lösung gebracht. Dazu läßt man unter Eiskühlung aus einem Tropftrichter unter Umrühren die Lösung von 8 g Natriumnitrit (0,12 Mol) in 50 ccm Wasser fließen. Die Umsetzung erfolgt sofort, indem das Azid sich kristallinisch abscheidet. Wenn eine abfiltrierte Probe der Lösung durch einen Tropfen Nitritlösung nicht mehr getrübt wird, saugt man den Niederschlag scharf ab, wäscht ihn gut mit Wasser aus und trocknet ihn erst auf Ton, dann im Vakuumexsiccator über konz. Schwefelsäure und Ätzkali. Ausbeute 14 g. P h e n y l c y a n a t •': Das Azid muß für die Verarbeitung auf Cyansäureester a b s o l u t t r o c k e n sein. Prüfung auf Gewichtskonstanz auf einer guten Handwaage. D a B e n z a z i d bei r a s c h e m E r h i t z e n , a u c h bei B e r ü h r u n g m i t k o n z . H 2 S0 4 e x p l o d i e r t , i s t d a s P r ä p a r a t v o r s i c h t i g zu h a n d h a b e n . B i s z u r b e e n d e t e n D e s t i l l a t i o n d e s P h e n y l cyanats Schutzbrille tragen! Die Destillation des Endprodukts wird in demselben Kolben ausgeführt, der zur Spaltung dient, zweckmäßig in einem Ciaisenkolben von 75—100 ccm, dessen Capillare und Thermometer man schon vor Ausführung der Spaltung herrichtet. Alles muß gut getrocknet sein. In dem schräg gestellten Kolben, über dessen Kondensationsrohr ein kleiner Kühler gezogen ist — oben ist er durch ein CaCl 2 -Rohr gegen Eintritt von Luftfeuchtigkeit gesichert — erhitzt man 12 g Benzazid mit 40 ccm Benzol (über Natrium getrocknet) m einer mit Wasser gefüllten Kasserolle, auf deren Boden der Kolben nicht aufstehen darf, 1 Th. Curtius, J. pr. Ch. 60, 295 (1894). * Th. Curtius, B. 23, 3029 (1890). 8 G. Schroeter, B. 42, 2339 (1909).
Abbau der Carbonsäuren zu den nächst niederen Aminen
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l a n g s a m auf 6 0 — 7 0 ° , wobei eine lebhafte Stickstoffentwicklung beginnt. Wenn sie nachgelassen hat, steigert man die Temperatur bis gegen 80°, läßt dann erkalten, stellt das Gerät zur Vakuumdestillation um und destilliert zuerst das Benzol bei g e w ö h n l i c h e m D r u c k aus dem siedenden Wasserbad und daran anschließend aus dem vorher abgekühlten Bad bei 2 0 — r 2 5 mm Druck das Phenylcyanat ab. Siedepunkt 6 0 ° / 2 0 mm. Ausbeute 7 — 8 g. Das Destillat muß wasserklar sein und ist sofort unter guten Verschluß zu bringen (am besten einschmelzen). Vorher gießt man einige Tropfen in wenig Wasser. Der kristallinische Körper, der gebildet wird, ist D i p h e n y l h a r n s t o f f . Wie entsteht er ? P h e n y l u r e t h a n . Eine andere Probe gießt man in. Alkohol und verdampft das Lösungsmittel. Das nicht umgesetzte Azid (etwa 2 g) kocht man in 5 ccm absolutem Alkohol eine halbe Stunde lang am Rückflußkühler 1 . Nach dem Eindampfen kristallisiert ebenfalls Phenylurethan aus. Schmelzpunkt 52°. Die S p a l t u n g d e r U r e t h a n e i n A m i n , C0 2 und Alkohol wird meistens im Einschlußrohr mit Salzsäure ausgeführt. Bequemer, wenn auch weniger ertragreich, ist die Zerlegung durch Destillation mit Calciumhydroxyd. Man mischt das erhaltene Phenylurethan mit der dreifachen Gewichtsmenge gelöschten Kalks und destilliert vorsichtig aus einer kleinen Retorte. Das übergehende Anilin kann bei einiger Geschicklichkeit aus einem kleinen Kölbchen rektifiziert werden, in jedem Fall aber ist es als Acetanilid und durch die C h l o r k a l k r e a k t i o n nachzuweisen. Bei der Lösung von Strukturfragen entsteht häufig die Notwendigkeit, Carboxylgruppen, wie sie z. B. durch Oxydationswirkung gebildet werden, zu entfernen und so das Molekül „abzubauen". Der einfachste Prozeß dieser Art, die A b s p a l tung v o n K o h l e n d i o x y d , die man durch Destillation eines Salzes über N a t r o n kalk erreicht: R • COONa + NaOH >• RH + Na 2 C0 3 , verläuft zumeist wenig glatt und führt außerdem zu einem Kohlenwasserstoff, an dem weitere Reaktionen schwer einsetzen können. Darum sind die beiden verwandten Reaktionen des Abbaus der Säuren, die von H o f m a n n , die von dem Säureamid ausgeht, und die vonCurtius, vom Hydrazid aus, von großer präparativer Bedeutung. Beide lassen das primäre Amin der nächst niederen Stufe erreichen, und beide führen zu diesem Ziel über das gleiche Zwischenprodukt, den Cyansäureester. Die Einwirkung von Hypobromit auf die — CONH2-Gruppe vermittelt den Ersatz von Wasserstoff an der NH2-Gruppe gegen Brom. Das erste Produkt der Hofmannschen Reaktion, das N - B r o m a m i d , ist in verschiedenen Fällen zu fassen. Durch Alkali verliert es HBr, und das dadurch vorübergehend gebildete Fragment (Elektronensextett I) lagert sich zum Cyansäureester um, der unter den Bedingungen der Reaktion in primäres Amin und C0 2 zerlegt wird. 1
Th. Curtius, B. 27, 779 (1894).
Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukt«
140 R •C=0 iJíHj
R • C = 0 —HBr HNBr
R. C=0 NI
R N = C O — • R • NH 2 + C O j .
A c e t a m i d liefert so M e t h y l a m i n , B e n z a m i d A n i l i n , Harnstoff, wenn auch in geringer Menge, H y d r a z i n . Die N-Halogenamide dienen auch zur Substitution von beweglichem Wasserstoff durch Halogen. Als besonders bequemes Reagens f ü r diese Reaktion h a t sich das N - B r o m s u c c i n i m i d erwiesen (K. Z i e g l e r ) . Es mag hier auch das Desinfiziens C h l o r a m i n T , das Na-Salz des N-Chlor-p-toluolsulfamids erwähnt werden. Ahnlich wie die N-Halogenamide werden H y d r o x a m s ä u r e n unter H 2 0 Abspaltung in Cyansäureester umgelagert und damit zu Aminen abgebaut ( L o s s e n ) . Die Reaktion von C u r t i u s , die besonders in den höheren Reihen wegen der günstigeren Löslichkeitsverhältnisse der Zwischenprodukte vorzuziehen ist, stellt als erste Phase das H y d r a z i d aus dem S ä u r e e s t e r (oder -ehlorid) her, das dann durch salpetrige Säure in meist sehr glatter Reaktion in das A z i d übergeführt wird. I n vielen Fällen wird das Azid bequemer durch Umsetzung von Säurechlorid mit Natriumazid dargestellt, das man vorher mit Hydrazinhydrat reaktionsfähig gemacht hat 1 . Die Azide erleiden leicht thermische Zersetzung, bei der sie die beiden „Azo"stickstoffatome als elementaren Stickstoff abspalten. Damit entsteht aber die gleiche Zwischenstufe, die den Verlauf der H o f m a n n sehen Reaktion erklärt h a t : RNCO. C u r t i u s h a t die Zersetzung der Azide gewöhnlich in Alkohol vorgenommen und h a t daher in durchsichtiger Weise die U r e t h a n e erhalten, die durch kräftige Hydrolyse in p r i m ä r e s A m i n , C 0 2 und Alkohol zerfallen. Eine wichtige Anwendimg h a t die H o f m a n n s c h e Reaktion bei der ersten technischen I n d i g o s y n t h e s e im Abbau des P h t h a l i m i d s zur A n t h r a n i l s ä u r e erfahren. Siehe S. 324.
III. Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte 1. Nitromethan 2 94 g Chloressigsäure (1 Mol), in 200 ccm Wasser gelöst, werden mit wasserfreier Soda (53 g) in einem weiten Becherglas genau neutralisiert; dazu fügt man die Lösung von 75g Natriumnitrit in 120 ccm Wasser. Etwa 100 ccm dieser Mischung bringt man in einen 750 ccm-Rundkolben, der einen Tropftrichter trägt und außerdem mit einem absteigenden Kühler verbunden ist. Beim kräftigen Erwärmen im Babotrichter oder auf dem Drahtnetz (langsam anheizen) beginnt schon vor dem Sieden der Lösung unter C0 2 -Entwicklung die stürmische Reaktion, die man in der siedenden Lösung durch allmähliches Zufließenlassen der Vorratslösung in Gang hält, aber nicht zu heftig werden läßt. Das Nitromethan 1 2
N e l l e s , B. 65, 1345 (1932). H . K o l b e , J . pr.Ch. 5, 429 (1872); S t e i n k o p f , B. 42, 3438 (1909).
Nitromethan
141
geht mit Wasserdampf über und sondert sich in der Vorlage als schwerere Schicht ab. Sobald im Destillat keine öltropfen mehr übergehen, wechselt man die Vorlage und treibt noch 100 ccm Wasser über, die noch Nitromethan gelöst enthalten. Von dem ersten Destillat trennt man das Nitromethan ab und vereinigt den wäßrigen Teil mit dem zuletzt übergegangenen. Diese Lösungen werden mit Kochsalz gesättigt (auf je 100 ccm 35 g) und nochmals destilliert. Etwa 1 / 4 der gesamten Wassermenge wird aufgefangen, später kommt wieder ein klares Destillat. Das abgetrennte Nitromethan wird mit dem zuerst erhaltenen vereinigt, mit Calciumchlorid scharf getrocknet und dann destilliert. Siedepunkt 101°. Ausbeute 20—24 g (33—39% d. Th.). N i t r o m e t h a n ist der am leichtesten zugängliche aliphatische Nitrokörper; in den höheren Reihen verläuft die Kolbesche Darstellungsmethode viel weniger glatt. Der Verlauf der Reaktion ist klar: die zuerst gebildete N i t r o e s s i g s ä u r e zerfällt in CH 3 N0 2 und C0 2 , aus ähnlichen Gründen, wie sie auch den Zerfall der Malonsäure erklären. Die übrigen N i t r o p a r a f f i n e werden meist nach dem von V. Meyer entdeckten Verfahren — Umsetzung der Alkyljolide mit Silbernitrit — gewonnen. Auch die Methode von K o n o w a l o w — Erhitzen mit stark verdünnter Salpetersäure im Einschlußrohr auf 120—130° — führt häufig bei gesättigten Kohlenwasserstoffen, namentlich der hydroaromatischen Reihe, zum Ziel. Uber die Nitrierung von Paraffinen mit konz. Salpetersäure ist neuerdings von verschiedenen Seiten berichtet worden1. P h e n y l - n i t r o m e t h a n wird im Abschnitt VI, 8; S. 222, behandelt. Man erinnere sich der Isomerie mit den Alkylnitriten. Welche Unterschiede bestehen in den Reaktionen ? Die primären und sekundären Nitroparaffine sind neutrale Substanzen, die bei Gegenwart von Alkalien ein Proton abzugeben imstande sind. Auf diesem Wege entstehen die Salze einer isomeren aci-Form (Hantzsch):
Näheres darüber steht im Kapitel über T a u t o m e r i e bzw. M e s o m e r i e .
Versuch: Man löse lccm Nitromethan in Wasser und prüfe die Reaktion der Lösung gegen Lackmuspapier. Dann füge man etwas Phenolphthalein und tropfenweise aus einer Bürette nj 10-Natronlauge hinzu. Bis zur bleibenden Rosafärbung werden etwa 2 ccm davon verbraucht, ein Zeichen, daß aus dem neutralen Nitromethan das Salz des aci-Nitromethans, H 2 C:NOOH, entstanden ist. Eine kleine Probe dieser Lösung gibt mit Eisenchlorid eine b l u t r o t e F ä r b u n g , die für aci-Nitroverbindungen charakteristisch ist. Die Salze der aci-Verbindung sind stark hydrolytisch gespalten. Dies erkennt man daran, daß der weitere Zusatz von n/10-Lauge die Lösung tief rot färbt. Hat man 10 ccm der Lauge hinzugefügt und setzt nun 5 ccm n/10-Salzsäure hinzu, so wird die Lösung entfärbt, da die freigewordene aci-Verbindung die Hydrolyse ihres Salzes zurückdrängt. Die Umlagerung von H 2 C :N0 2 H zu HjC • N 0 2 erfolgt aber so rasch, daß in wenigen Augenblicken die Rotfarbung wiederkehrt. 1
Vgl. O. v. S c h i c k h , Ang. Ch. 62, 547 (1950).
142
Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
Bei der Reduktion von Nitroparaffinen entstehen unter kräftigen Bedingungen die entsprechenden A m i n e , so wie dies im nächsten Kapitel f ü r Nitrobenzol gezeigt wird. Aber ebenso wie dort kann man bei der Einwirkung von Zinkstaub in n e u t r a l e m Medium den Prozeß auf der Stufe des H y d r o x y l a m i n s festhalten.
Versuch: Zu einigen Tropfen Nitromethan, in wenig Wasser gelöst, werden einige Zinngranalien und dann konz. Salzsäure gegeben. Heftige Reaktion. Wenn sie vorüber ist, erwärmt man noch kurz auf dem Wasserbad, übersättigt die abgegossene Lösung mit starker Lauge und erkennt am Geruch und an der Bräunung von Curcumapapier, daß ein flüchtiges Amin gebildet worden ist. Will man die Reaktion zur Darstellung von Methylamin benutzen, so muß das Nitromethan nach und nach zur Reduktionsflüssigkeit gegeben werden. Im übrigen vgl. Präp. II, 8; S. 137. N - M e t h y l h y d r o x y l a m i n . Eine wäßrige Lösung von Nitromethan versetzt man mit etwa der gleichen Menge Ammoniumchlorid und gibt dann unter Kühlung (Temperatur um 10°) und stetem Schütteln die dreifache Menge Zinkstaub in kleinen Anteilen zu. Die vom Zinkstaub abfiltrierte Lösung reduziert ammoniakalische Silberlösung und Fehlingsche Lösung. Die präparative Darstellung dieses leicht zugänglichen Alkylhydroxylamins als salzsaures Salz ist von B e c k m a n n , A. 365, 204 (1909), beschrieben. Die zahlreichen Umsetzungen der primären und sekundären Nitroparaffine lassen sich fast ausnahmslos von einem mesomeren Anion aus verstehen 02N-C(R)2
•
(
->0 2 N=C(R) 2 ,
das mit elektrophilen Agentien am C reagiert und z. B. bei der Bromierung (vgl. S. 97) den Bromnitrokörper Br CH 2 —N0 2 liefert. Salpetrige Säure bildet mit primären Nitroparaffinen Nitrolsäuren, mit sekundären die sog. Pseudonitrole, die als Nitrosoverbindungen grün oder blaugefärbt sind. a)
0 2 N— CH2 + HONO
on(
- — - , 0 2 N—CH 2 —NO
0 2 N - CH=NOH
b) 0 2 N—C(CH 3 ) 2 + HONO - ° H ( ~ ) , 02N—C(CH3)2
io Die der Nitrosierung analoge Diazokupplung ist auf Seite 144 unter 4. besprochen. Es besteht im ganzen große Ähnlichkeit mit der Reaktionsweise der Ketone, jedoch der graduelle Unterschied der viel größeren Reaktionsgeschwindigkeit bei den Nitroverbindungen.
Versuch: M e t h y l n i t r o l s ä u r e 1 . 3,2 g Nitromethan werden unter Eiskühlung in 30 ccm 2 n-Natronlauge gelöst und mit einer konz. Lösung 1
B. 42, 808 (1909).
Nitromethan
143
von 3,5 g Natriumnitrit versetzt. Ohne weitere Kühlung läßt man aus einem Tropftrichter 4 n-Schwefelsäure hinzulaufen, bis die erst tiefrot gewordene Lösung eben orangegelb geworden ist und KaliumjodidStärkepapier noch nicht bläut. Dann schüttelt man zweimal mit Äther aus, kühlt die wäßrige Lösung wieder ab, tropft so lange wieder Schwefelsäure zu, bis deutlich salpetrige Säure auftritt, und macht nun wieder mit 5 «-Natronlauge bis zu kräftiger Orangefärbung alkalisch. Dann wird wieder so weit angesäuert, daß noch keine salpetrige Säure nachzuweisen ist, und noch zweimal ausgeäthert. Die vereinigten Ätherauszüge werden mit Calciumchlorid 2 Stunden lang getrocknet, unter Außenkühlung mit Eis. Dann saugt man in einem kleinen Rundkolben den Äther mit Capillare im Vakuum aus einem Wasserbad von 15—20° an der Pumpe ab und erhält als Rückstand etwa 1 g gut kristallisierte, schwach gelb gefärbte Methylnitrolsäure. Das Präparat hält sich nur einige Stunden unzer setzt. Man prüfe mit ihm das Verhalten gegen Alkalien. K n a l l s i l b e r 1 . 0,5 g frisch dargestellte Methylnitrolsäure, in 4 ccm Wasser gelöst, wird mit 1 ccm 5n-Salpetersäure (konz. Säure vom spez. Gew. 1,4 mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) und 4 ccm 10-proz. Silbernitratlösung über freier Flamme in einem weiten Reagenzglas zum Sieden erhitzt. Nach kurzer Zeit setzt die Reaktion unter kräftiger Gasentwicklung (NO) ein und gleichzeitig scheidet sich Knallsilber kristallinisch aus. Man kocht noch einige Minuten unter stetem Umschütteln weiter, läßt erkalten und saugt das Produkt ab, das mit Wasser gewaschen wird. Eine kleine Probe von etwa 10 mg trocknet man, o h n e z u r e i b e n , auf einem Stückchen Ton und prüft damit in der Flamme und durch Schlag mit dem Hammer die Brisanz. S c h u t z brille! Die Hauptmenge bringt man noch feucht — auch in diesem Zustand ist ein festes Drücken mit einem Metallspatel oder anderen harten Gegenständen zu vermeiden — in ein Reagenzglas und übergießt sie mit 2 ccm konz. Salzsäure. Dabei kann man den der Blausäure zum Verwechseln ähnlichen Geruch der freien Knallsäure wahrnehmen. Nach einer halben Stunde erwärmt man den Inhalt des Reagenzglases noch kurz im siedenden Wasserbad, setzt 4 ccm Wasser zu, filtriert vom Silberchlorid ab und dampft das Filtrat in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad zur Trockne. Das zurückbleibende Hydroxylammoniumchlorid wird an der Reduktionswirkung gegen ammoniakaiische Silberlösung und gegen Fehlingsche Lösung erkannt. Knallsilber muß in jedem stellung vernichtet werden, Salzsäure. 1
B. 40, 419 (1907).
F a l l s o f o r t n a c h der D a r am e i n f a c h s t e n mit konz.
144
Nitroverbindungen und ihre Reduktionaprodukte
Die N i t r o l s ä u r e n sind farblos, lösen sich aber in Alkalien mit tiefroter Farbe, indem neben der farbgebenden Nitroso- die aci-Nitrogruppe gebildet wird 1 . Beim Erhitzen in salpetersaurer Lösung zerfällt Methylnitrolsäure in salpetrige Säure und K n a l l s ä u r e ; diese kann bei Gegenwart von Silbernitrat als Knallsilber festgehalten werden. CNOH
*
Oa
N02H + C=NOH .
Auf dem Weg über die Methylnitrolsäure kommt die Bildung der F u l m i n a t e (Knallsilber, Knallquecksilber) aus Äthylalkohol und Salpetersäure zustande. Davon war auf S. 134/135 die Rede. Das Quecksilber(II)-Salz des Nitromethans zerfällt direkt in K n a l l q u e c k s i l b e r und Wasser (Nef). (H 2 C=N0 2 ) 2 Hg
• (C=NO) 2 Hg + 2 H 2 0 .
3. Gleich den Ketonen kondensieren sich primäre Nitroverbindungen mit Aldehyden unter Wasserabspaltung. Auf diesem Weg ist P h e n y l n i t r o ä t h y l e n bequem darstellbar. C6H6CHO + CH3—NO2 — • C 6 H 5 CH=CH • NO2 .
P h e n y l n i t r o ä t h y l e n 2 . 3,2 g Nitromethan und 5,3 g Benzaldehyd werden in 20 ccm Alkohol gelöst und bei guter Kühlung im Kältegemisch unter kräftigem Umschütteln nach und nach mit k a l t e r alkoholischer Kalilauge versetzt, die man sich aus der Lösung von 3,5 g Ätzkali in 5 ccm Wasser und 10 ccm Methylalkohol bereitet hat. Man schüttelt so lange, bis eine Probe des entstandenen Kristallbreis — bisweilen bleibt die Kristallisation auch aus — in Wasser klar löslich ist; es hat sich das Kaliumsalz des Phenylnitroäthylalkohols C 6 H 5 • CH(OH) • CH :NOOK gebildet, dessen freie Säure sich unter Wasserabspaltung in Phenylnitroäthylen umwandelt. Dies geschieht, wenn man das Reaktionsprodukt in Eiswasser auflöst und unter Umrühren in 60 ccm eiskalter n-Schwefelsäure einfließen läßt. Das bald erstarrende öl wird nach dem Absaugen und kurzem Trocknen auf Ton aus wenig Alkohol umkristallisiert. Man erhält etwa 5 g Phenylnitroäthylen in prächtigen gelben Kristallnadeln. Schmelzpunkt 58°. 4. Alle primären Nitroverbindungen kuppeln mit Diazobenzol; statt der erwarteten Azokörper entstehen durch Umlagerung die P h e n y l h y d r a z o n e von an der Aldehydgruppe nitrierten Aldehyden: 1
Die Farbvertiefung geht wohl auf die Bildung eines mesomeren Anions zurück, von dem zwei Grenzformeln wiedergegeben seien: CH = N — 0 ( ~ ' I I NO 0(_) 2
CH
V ' /
/
V
N—0(_)
N — O
T h i e l e und H a e c k e l , A. 825, 7 (1902); B o u v e a u l t und W a h l , Compt. rend. 185, 41 (1902).
Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs (+) (-) C 6 H 5 N=N + R • CH • N0 a — -
>•
R • C—NO, I! N—NH • C„HS
145
/RCH—N0 a . I \ N=N-C6Hs/
5. Eine sehr interessante Umsetzung des Nitromethana durch starkes Alkali sei hier noch angeführt. 2 Moleküle kondensieren sich unter Wasserabspaltung zursog.Methazonsäure, die die Konstitution des N i t r o a c e t a l d o x i m s (I) besitzt (Meister) 1 . 2H„C=NO HC C=NO HC—H„CN02 r, „ | || H | ; I || ONa NONa ONa NOH Aus ihr hat Steinkopf mit Thionylchlorid das lange gesuchte N i t r o a c e t o n i t r i l 2 H2C • (N0 2 ) • CN und durch dessen Verseifung Nitroessigsäure 3 dargestellt. Die neuerdings zu Aminosäure-Synthesen verwendete Nitroessigsäure kann auf einfache Weise durch Erhitzen von Nitromethan mit 50-proz. Alkali (über Methazonsäure) hergestellt werden3.
2. Nitrierung eines aromatischen Kohlenwasserstoffs Nitrobenzol und Dinitrobenzol a) N i t r o b e n z o l Zu 125 ccm = 230 g konz. Schwefelsäure, die sich in einem Kolben von etwa % Liter Inhalt befinden, gießt man allmählich unter Umschütteln 100 ccm = 140 g konz. Salpetersäure (spez. Gew. 1,4). Nachdem man die warme Mischung durch Eintauchen in kaltes Wasser auf Zimmertemperatur abgekühlt hat, fügt man unter häufigem Umschütteln zu ihr allmählich 90 ccm = 78 g (1 Mol) Benzol. Wenn hierbei die Temperatur über 50—60° steigt, so taucht man vor dem weiteren Eintragen des Benzols das Gefäß auf kurze Zeit in Eiswasser ein. Beim jedesmaligen Zugeben von Benzol ist eine vorübergehende intensive Braunfarbung zu beobachten. Nachdem man den Kolben mit aufgesetztem Steigrohr noch % Stunde lang in einem Wasserbad von 60° weiter erwärmt hat, trennt man die untere Schicht, welche aus Schwefelsäure und Salpetersäure besteht, im Scheidetrichter von der oberen, die das Nitrobenzol enthält 4 . Letztere schüttelt man im Scheidetrichter mit Wasser, dann mit verdünnter Natronlauge, zuletzt nochmals mit Wasser durch, wobei man beachte, daß das Nitrobenzol jetzt die untere Schicht bildet. Nach dem Waschen und Absitzen läßt man das Nitrobenzol in einen trocknen Kolben ab und erwärmt es auf dem Wasserbade (Steig 1
2 3
Über den Mechanismus dieser Reaktion siehe A. 444, 15 (1925).
B. 41, 1048 (1908). B. 42, 3925 (1909).
4 Nach dem gleichen Prinzip wird im Großbetrieb der Rest der Nitriersäure zurückgewonnen. Der Ansatz hier enthält 1% Mol HNOa.
10
G a 11 e r m a n n , Praxis des Organ. Chemikers.
37. Aufl.
146
Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
röhr) solange mit Calciumchlorid, bis die anfangs milchige Flüssigkeit klar geworden ist. Man reinigt es schließlich durch Destillation aus einem Fraktionierkolben mit vorgelegtem Verlängerungsrohr, wobei man nicht ganz bis zur Trockne destilliere. Siedepunkt 206—207°. Ausbeute 100—105 g. b) m - D i n i t r o b e n z o l Eine Mischung von 14 ccm = 25 g konzentrierter Schwefelsäure und 10 ccm = 15 g rauchender Salpetersäure wird allmählich mit 10 g Nitrobenzol versetzt (Abzug) und unter häufigem Umschütteln in einem offenen Kolben eine halbe Stunde auf dem Wasserbade erhitzt. Das etwas erkaltete Reaktionsgemisch wird dann unter Umrühren in kaltem Wasser ausgewaschen, auf einem Tonteller abgepreßt und aus Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt 90°. Ausbeute 10—12 g. Die Eigenschaft, bei Einwirkung von Salpetersäure Nitroderivate zu liefern, ist ein Charakteristikum der a r o m a t i s c h e n Substanzen. J e nach den Bedingungen, unter denen die Nitrierung ausgeführt wird, kann man e i n e Nitrogruppe oder deren mehrere einführen. Sind in einem aromatischen Stoffe gesättigte aliphatische Seitenketten vorhanden, so erfolgt die Nitrierung unter den obigen Bedingungen stets am B e n z o l k e r n und nicht in der Seitenkette. Da die Benzolkohlenstoffatome nur mit e i n e m Wasserstoffatom verbunden sind, so sind die erhaltenen Nitroderivate tertiäre; sie sind demnach nicht imstande, wie die primären und sekundären Nitroverbindungen Salze, Nitrolsäuren oder Pseudonitrole zu bilden. Nitrogruppen lassen sich auch in S e i t e n k e t t e n einführen 1 . Erhitzt man z. B. Toluol oder Äthylbenzol mit schwacher Salpetersäure (spez. Gew. 1,076) in einer Bombe auf etwas über 100°, so erhält man P h e n y l n i t r o m e t h a n C a H 6 CH 2 • NO a oder Phenylnitroäthan C 6 H 6 - CH(N0 2 ) • CH 3 . Nicht nur die aromatischen Stammsubstanzen, die Kohlenwasserstoffe, lassen sich nitrieren; auch alle Derivate derselben, wie Phenole, Amine, Aldehyde, Säuren usw. sind der gleichen Reaktion zugänglich. Die Nitrierung erfolgt jedoch nicht überall mit der gleichen Leichtigkeit. Man muß daher f ü r jeden Fall die günstigsten Versuchsbedingungen ermitteln. Wird ein Stoff, wie Phenol, sehr leicht nitriert, so kann man entweder die Nitrierung schon mit verdünnter Salpetersäure ausführen, oder man verwendet ein organisches Lösungsmittel, wie Eisessig. Beim Arbeiten in schwefelsaurer Lösung wendet man bisweilen s t a t t der Salpetersäure Kalium- oder Natriumnitrat an. Durch den Eintritt einer Nitrogruppe wird der chemische Charakter einer Substanz nicht grundsätzlich geändert. So sind die Kern-Nitroderivate der Kohlenwasserstoffe neutrale Verbindungen, wie die Kohlenwasserstoffe selbst. Tritt eine Nitrogruppe aber z. B. in einen Stoff von saurer N a t u r ein, so wird diese dadurch verstärkt; die N i t r o p h e n o l e z. B. sind stärker sauer als das Phenol. Das E n t sprechende tritt bei der Nitrierung basischer Substanzen ein; die N i t r a n i l i n e sind weniger basisch als Anilin. Beim zweifachen Nitrieren von Benzol bildet sich fast ausschließlich m - D i n i t r o b e n z o l , was mit den folgenden allgemeinen Substitutionsgesetzen zusammenhängt. Für die aromatischen Verbindungen sind in erster Linie drei Reaktionen typisch, die alle im Austausch eines kerngebundenen Wasserstoffs als Proton durch einen elektrophilen Substituenten bestehen: 1. die des Halogenierens, (vgl. S. 98), 2. die des Nitrierens (Reaktion des NO a (+) Ions) und 3. die des Sulfurierens (s. S. 173). Geht man vom Benzol selbst aus, 1
K o n o w a l o w , B. 27, Ref. 194 und 468 (1894).
Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin
147
so ist naturgemäß nur ein einziges Mono-Halogen-, Nitro- oder Sulfoderivat möglich. Geht man jedoch von einem monosubstituierten Benzol aus, so kann der Eintritt von Halogen, Nitro- oder Sulfogruppe in der o-, m- oder p-Stellung erfolgen. Die Tatsachen haben nun ergeben, daß hierbei zwei Typen von Reaktionen sich vollziehen, indem in gewissen Fällen überwiegend das o- und p-Biderivat neben nur wenig des m-Derivates gebildet wird, während im anderen Fall vorwiegend das m-Derivat neben nur wenig des o- und p-Derivates entsteht. Substituenten, welche Halogen, Nitro- und Sulfogruppe —• oder auch andere Substituenten — vorwiegend in die o- u n d p - S t e l l u n g lenken, nennt man Substituenten e r s t e r O r d n u n g . Dazu gehören die Halogene, Alkylgruppen, die Hydroxylgruppe nebst O-Alkyl und O-Acyl, die Aminogruppe u. a. Substituenten, welche die Substitution vorwiegend in die m - S t e l l u n g lenken, heißen Substituenten z w e i t e r O r d n u n g . Solche sind: Nitrogruppe, Sulfogruppe, Aldehydgruppe, Carboxylgruppe nebst COO-Alkyl, CO • NH 2 und CO-Alkyl (inKetonen), C = N u . a . Aus dieser Aufzählung ergibt sich als charakteristisch, daß die Substituenten I. Ordnung durchweg f o r m a l g e s ä t t i g t sind, keine Lückenbindungen enthalten, während f ü r die I I . Ordnung das Gegenteil gilt. E s ist ferner bemerkenswert, daß die o- und p-Substitutionen sich durchweg leichter, d. h. mit viel größerer Geschwindigkeit vollziehen, als der Eintritt in m-Stellung. Auf S. 393/394 findet man einen Abriß der modernen theoretischen Deutung der Orientierungsregeln bei der aromatischen Substitution. Bei der w-Subatitution steigert sich die Schwierigkeit von Stufe zu Stufe. Die Einführung der zweiten Nitrogruppe in das Nitrobenzol h a t schon weit stärkerer Mittel bedurft, als die Nitrierung des Benzols. Das symmetrische T r i n i t r o b e n z o l entsteht erst beim tagelangen Kochen der Dinitroverbindung mit rauchender Salpetersäure und auch so nur in schlechter Ausbeute. Man vergleiche damit die Substitutionserleichterung durch OH und NH 2 und schon durch die Methylgruppe in Toluol. T r i n i t r o t o l u o l als Sprengstoff. Die Nitroverbindungen sind zum Teil Flüssigkeiten, zum Teil durch große Kristallisationsfähigkeit ausgezeichnete feste Stoffe, welche, falls sie ohne Zersetzung destillieren, einen viel höheren Siedepunkt als die Muttersubstanz besitzen. Unterwirft man Ä t h y l e n der Einwirkung von Nitriersäure, so entsteht, wie schon erörtert, Ni t r o ä t h y l n i t r a t CH 2 N0 2 • CH 2 • 0 N 0 2 . Das durch Anlagerung von N02 zuerst gebildete Nitroäthylkation H2C — C H 2 — N 0 2 wird durch Reaktion mit 0 2 N 0 < ) abgefangen. Die große Bedeutung der Nitroverbindungen beruht auf ihrem Verhalten bei der Reduktion, wovon bei den nächsten Präparaten die Rede sein wird.
3. Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin a) A n i l i n a u s N i t r o b e n z o l 1 1. In einem Rundkolben (2 Liter Inhalt) versetzt man 120 g (1 g Atom) fein granuliertes Zinn2 mit 61,5 g ( 1 / 2 Mol) Nitrobenzol und fügt hierzu allmählich 270 com = 320 g konzentrierter Salzsäure in der folgenden Weise: Man setzt zunächst nur etwa den zehnten Teil der Salzsäure hinzu, verbindet dann den Kolben sofort mit einem nicht zu engen Steigrohr und schüttelt um. Nach kurzer Zeit erwärmt sich die Mischung und gerät schließlich in lebhaftes Aufsieden. Man kühlt in kaltem Wasser, 1
A. 44, 263 (1842). Ist man nicht im Besitze von granuliertem Zinn, so stellt man sich dies dadurch her, daß man vor der Gebläseflamme in einem mit Ausguß versehenen, gestielten eisernen Löffel derbes Zinn schmilzt und dann t r o p f e n w e i s e aus einer Höhe von y 2 —1 m in einen mit Wasser gefüllten Eimer gießt. 2
10*
148
Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
ohne die Umsetzung völlig zu unterdrücken, und fügt dann nach und nach unter stetem Schütteln weitere Salzsäure zu, wobei man die Reaktion stets in gutem Gang hält. Zum Schluß erhitzt man noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad, versetzt die warme Lösung mit 100 ccm Wasser und fügt allmählich eine Lösung von 150 g technischem Natron in 200 ccm Wasser bis zur stark alkalischen Reaktion hinzu 1 . Man leitet dann bei vorgelegtem, langem Kühler alsbald Wasserdampf in die heiße Flüssigkeit ein. Sobald das Destillat nicht mehr milchig, sondern wasserhell ist, läßt man noch etwa 300 ccm Flüssigkeit über destillieren, setzt je 25 g fein pulverisiertes Kochsalz auf je 100 ccm Flüssigkeit bis zur Auflösung zu und schüttelt das Anilin mit Äther aus 2 . Nachdem man die ätherische Lösung mit einigen Stückchen festen Kalis getrocknet hat, verdampft man den Äther und unterwirft das Anilin der Destillation. Siedepunkt 184°. Ausbeute 90—100% der Theorie. 2. Dem t e c h n i s c h e n V e r f a h r e n ist die nachstehende Vorschrift angepaßt 3 : Ein Dreihalskolben von 2 Liter Inhalt trägt in der Mitte einen Rührer mit Dichtung, seitlich einen Rückflußkühler und einen Tropftrichter von 200 ccm Fassungsvermögen. Er kann in einem Ölbad erhitzt werden. Die Füllung von 200 g Gußeisenmehl4, 300 ccm Wasser und 30 ccm konz. Salzsäure wird unter kräftigem Rühren etwa 10 Minuten gekocht. Dann läßt man innerhalb % Stunden 123 g Nitrobenzol zutropfen, wobei die Heizung gemäßigt werden kann. Anschließend wird noch solange gekocht, bis der Rücklauf farblos ist (etwa 1 Stunde), dann nach Zusatz von 15 g Natriumcarbonat das Anilin mit Wasserdampf übergetrieben. Ausbeute 90% d. Th. Die Eigenschaft, bei einer energischen Reduktion in p r i m ä r e A m i n e überzugehen, kommt sowohl den Nitroverbindungen der aliphatischen wie der aromatischen Reihe zu. Zur Reduktion jeder Nitrogruppe sind 6 Atome Wasserstoff erforderlich. In der Technik bedient man sich zur Reduktion des Nitrobenzols nioht des teuren Zinns, sondern man arbeitet noch heute nach dem alten Verfahren von B e c h a m p mit E i s e n f e i l e oder E i s e n p u l v e r . Die der Gleichung: C„H6 • N 0 2 + 3 Fe + 6 HCl = C e H 6 . NH 2 + 3FeCl 2 + 2 H 2 0
(A)
entsprechende Menge Salzsäure wird im großen bei weitem nicht verbraucht, man kommt mit bedeutend weniger, mit etwa 3 °/ 0 aus. Dies hängt damit zusammen, daß das Eisen teilweise bis zur oxydischen Ferristufe ausgenutzt wird. Es gilt neben A etwa die Gleichung B, d. h. FeCl2 wird ständig wieder gebildet. 1
Über die elektrolytische Abscheidung des Zinns siehe S. 273 Anm. Im großen trennt man, ohne auszusalzen, das Anilin ab und benutzt das „Anilinwasser" jeweils wieder zur Dampferzeugung. 3 Vgl. H. E. F i e r z - D a v i d , Operationen der Farbenchemie, IV. Aufl., 1938, S. 35. 4 Die üblichen Eisenpräparate des Laboratoriums sind weniger geeignet und geben gewöhnlich ein stark gefärbtes Präparat. Eisenpulver F der Bad. Anilinu. Sodafabrik, Ludwigshafen, bewährt sich besonders gut. 2
Reduktion einer Nitroverbindung zu einem Amin
149
C6H5 • N 0 2 + 2FeCla -f 2 Fe + 4H 2 0-> C6H6 • NH 2 + 2FeCl 2 + 2Fe(OH) 3 . (B) Durch Hydrolyse des Ferrichlorids wird Ferrihydroxyd ausgeschieden und immer wieder Salzsäure für neues Eisen verfügbar. Die Eisenoxyde, die am Schluß des Prozesses gebildet sind, werden jeweils wieder durch Wasserstoff bei Rotglut in Eisenpulver zurückverwandelt. Neuerdings hat auch das k a t a l y t i s c h e H y d r i e r u n g s v e r f a h r e n , und zwar mit Kupfer als Kontaktmetall für die Bereitung von Anilin aus Nitrobenzol in der Industrie Eingang gefunden. Für Reduktionsversuche von Nitrokörpern im kleinen nimmt man am zweckmäßigsten Zinn oder Zinnchlorid und konz. Salzsäure. Feste Substanzen werden ohne Lösungsmittel oft schwer angegriffen und verlangen einen Zusatz von Alkohol oder Eisessig. Das Ende der Reduktion erkennt man daran, daß das Reaktionsgemisch auf Zugabe von Wasser klar bleibt, da die Hydrochloride der entstandenen Basen in Wasser meist löslich sind. Dabei ist zu beachten, daß häufig schwerer lösliche Doppelsalze mit Zinnchlorür auftreten, die aber von kochendem Wasser in der Regel gelöst werden. Wenn ein Doppelsalz in reichlicher Menge auskristallisiert, wird es durch Absaugen isoliert. Durch Zersetzen mit Lauge oder mit Schwefelwasserstoff liefert es die Base leicht in reinem Zustand. Die p r i m ä r e n M o n a m i n e sind zum Teil farblose Flüssigkeiten, wie z. B. das Anilin, o-Toluidin, Xylidin, oder farblose, feste Stoffe, wie das p-Toluidin, Pseudocumidin, die Naphthylamine u. a. Sie sind ohne Zersetzung destillierbar und mit Wasserdämpfen flüchtig. In Wasser sind sie ziemlich schwer löslich, A n i l i n zu 3°/ 0 . Die Di- und P o l y a m i n e sind meistens fest, mit Wasserdämpfen nicht flüchtig und in Wasser viel leichter löslich als die Monamine. Die Amine besitzen basischen Charakter; die Basizität ist jedoch infolge des ungesättigten Charakters des Arylrestes bedeutend schwächer als die der aliphatischen Amine. Daher reagieren die wäßrigen Lösungen der (stöchiometrisch) neutralen Anilinsalze infolge von Hydrolyse auf Lackmuspapier sauer. Aus dem gleichen Grund kann man aus einer wäßrigen Lösung von Anilinsalz mit Äther eine kleine Menge der freien Base herausschütteln. (Nachweis mit ätherischer Salzsäure oder nach Verdampfen des Äthers durch die Chlorkalkreaktion.) Versuche: 1. Man verdünnt 10 ccm Anilinwasser (durch Schütteln v o n 3 Tropfen Anilin mit 10 ccm Wasser im Reagenzglas erhalten) mit 100 ccm Wasser und fügt ein wenig einer filtrierten wäßrigen Chlorkalklösung hinzu. E s tritt hierbei eine v i o l e t t e F ä r b u n g auf ( R u n g e s c h e R e a k t i o n ) . Diese sehr empfindliche Probe gibt nur die wäßrige Lösung des freien Anilins, nicht die der Salze; man muß daher aus diesen die B a s e erst isolieren. Man kann diese Reaktion auch benutzen, u m kleine Quantitäten v o n Benzol oder Nitrobenzol zu erkennen, indem man die eben bekannt gewordenen Reaktionen im kleinen durchführt (Reagenzglas). Die C h l o r k a l k r e a k t i o n ist dem Anilin eigentümlich; der Farbstoff ist ein kompliziertes Chinonderivat, dessen Konstitution noch nicht ganz sicher steht. Die übrigen hier angegebenen Versuche stellen Klassenreaktionen der primären aromatischen Amine dar. 2. Durch Säurechloride und -anhydride werden primäre und sekundäre Amine acyliert, im besonderen auch durch Benzolsulfochlorid (S. 169). A c e t a n i l i d ist schon früher (S. 114, 117) dargestellt worden. Die Acetyl- und Benzoyl-derivate aller einfacheren primären Amine der Benzol- und Naphthalinreihe sind bekannt, so daß diese Methode in allen Fällen zum Ziel des Nachweises führt.
150
Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
M a n stelle die I d e n t i t ä t eines primären A m i n s a u f d e m a n g e g e b e n e n Weg fest. 3. B e n z y l i d e n - a n i l i n . 1 com Anilin wird m i t e b e n s o v i e l Benzaldehyd i m R e a g e n z g l a s auf d e m W a s s e r b a d erhitzt. E s s c h e i d e t sich u n t e r T r ü b u n g W a s s e r a u s u n d n a c h d e m E r k a l t e n erstarrt d a s G e m i s c h zur sog. S c h i f f s c h e n B a s e ( A z o m e t h i n ) . S c h m e l z p u n k t 72°. Beim Erwärmen mit Säure wird das schwach basische Kondensationsprodukt in die Komponenten zerlegt. Allgemeine Reaktion primärer Amine. 4. I s o n i t r i l r e a k t i o n . Ebenso wie die primären aliphatischen Amine von der Art des Methylamins geben auch das Anilin und seine Verwandten die charakteristische Geruchsreaktion mit Chloroiorm und Alkali. M a n v e r m i s c h t in e i n e m R e a g e n z r o h r 2 T r o p f e n Anilin mit 2 ccm Alkohol, f ü g t y z c c m starke Kalilauge und etwa 5 Tropfen Chloroform zu u n d e r w ä r m t gelinde (Abzug). /Cl C e H 5 • NH 2 + C12C< + 3KOH
(+) s=c
» 2NO a .
Die Gruppe NO stellt den wirksamsten Farbträger (Chromophor) dar, den wir kennen. Mit einem für die Lichtabsorption belanglosen liest, wie Isobutyl, erzeugt sie den blauen Nitrosokohlenwasserstoff. Trotz ihrer intensiven Färbung sind die Nitrosoverbindungen keine Farbstoffe, da ihnen die für die Vereinigung mit der Faser notwendige „auxochrome" Gruppe (z. B. NH 2 , OH) fehlt. Die N i t r o s o g r u p p e ähnelt in vielfacher Hinsicht der Aldehydgruppe, d. h. die Umsetzungen, die durch die Reaktionsfähigkeit der Doppelbindung >CO in den Aldehyden vermittelt werden, sind zum großen Teil auf die Doppelbindung —NO übertragbar. Ein Beispiel wird in der Kondensation von Nitrosobenzol mit Phenylhydroxylamin weiter unten gegeben. Aldehyde treten mit primären Aminen zu den sog. A z o m e t h i n e n ( S c h i f f Bche Basen) unter Wasseraustritt zusammen (S. 150), z. B . : C 6 H 5 - C = 0 + H 2 N.C„H 5 H
,
C 6 H 5 —C=N • C6H5 + H 2 0 . H Benzylidenanllin
Nitrosobenzol und
Anilin
geben in gleicher Weise Azobenzol.
C6H5 • N = 0 + H 2 N • C8H6
>• C6H5 • N = N • C6H5 + H 2 0 .
Versuch 1 :
Zu 1 c c m Anilin in 3 c c m Eisessig wird 1 g Nitrosobenzol in 10 c c m Alkohol hinzugefügt. Beim gelinden E r w ä r m e n schlägt die F a r b e nach Dunkelorange um. Man läßt noch 10 Minuten a u f dem siedenden Wasserbad, setzt einige ccm Wasser zu, worauf beim E r k a l t e n das Azobenzol in orangeroten B l ä t t c h e n auskristallisiert. Auf dem Filter mit 50-proz. Alkohol gewaschen und a u f Ton getrocknet, zeigt es den Schmelzpunkt 68°. Azobenzol kann sehr gut aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Auf diesem Wege lassen sich bequem und in guter Ausbeute unsymmetrische A z o k ö r p e r darstellen. Man stelle nach der gegebenen Vorschrift z. B . aus Nitrosobenzol und p-Toluidin p - M e t h y l a z o b e n z o l dar. Der Kondensation von Aldehyden mit reaktionsfähiger Methyl- oder Methylengruppe, bei der ungesättigte Ketone entstehen, z. B . : C„H5 • C = 0 + H3C • CO • CH3 H
• C„H5 • C=CH • CO CH3 H Benzalaceton
entspricht die analoge Reaktion der aromatischen Nitrosoverbindungen. Sie verlangt besonders stark aufgelockerte Wasserstoffatome und ist daher mit einfachen Ketonen, wie Aceton, nicht durchführbar. Die Produkte sind, wie ohne weiteres verständlich, A z o m e t h i n e . Mit Hilfe dieser Kondensation ist die Synthese von 1 , 2 , 3 - T r i k e t o n e n möglich gewesen (F. S a c h s ) , z. B . : 1
A. B a e y e r , B. 7, 1638 (1874).
Nitroaobenzol
O
CH3 • CO • CH2 • CO • CHj + ON • Acetylaceton
CH3 • CO C=N • CH3 • CO H,0
o
• N(CH3)a
• N(CH3)a + H 2 0
o
CH3 . CO • CO • CO • CH3 + H 2 NTriketopentan
161
• N(CH3)2
Die letzte Phase der Reaktion beruht darauf, daß Azomethine durch Säuren leicht in Carbonylverbindung und primäre Base zerlegt werden. Der praktische Zweck der Kondensation läuft also darauf hinaus, Methylen in > C = 0 überzuführen. Der gleiche Effekt wird in ganz ähnlicher Reaktion durch die Einwirkung von salpetriger Säure auf Ketone erreicht (vgl. die Synthese von D i a c e t y l aus Äthyl-methylketon). Schließlich läßt sich Nitrosobenzol auch der G r i g n a r d s c h e n R e a k t i o n unterwerfen. Mit Phenylmagnesiumbromid entsteht in der üblichen Weise Dip h e n y l h y d r o x y l a m i n , eine höchst reaktionsfähige Substanz: C , H 6 . N = 0 + Br Mg • C,H 6
C,H
S
C„H +H,O . N < ^ 5OMgBr
C e H 6 • N • C a H 6 + MgBr(OH) ÖH Diphenylhydroxylamin wird wie Phenylhydroxylamin, und zwar am besten mit Silberoxyd, dehydriert. Hier kann nur das eine H-Atom der OH-Gruppe abgespalten werden; die so darstellbare rote, kristallisierte Substanz enthält eine ungerade Elektronenzahl und zeigt wie Stickstoffdioxyd die Reaktionsweise eines freien Radikals. Es leitet sich vom Stickstoffdioxyd dadurch ab, daß in diesem ein 0 durch zwei C 8 H 6 ersetzt ist: S 6 p « > N - ^ 0 Diphenylstickstoffoxyd. Versuch: A z o x y b e n z o l a u s P h e n y l h y d r o x y l a m i n u n d N i t r o s o b e n z o l . Zur L ö s u n g v o n 1 g Nitrosobenzol in 10 ccm Alkohol g i b t m a n 1 g Phenylhydroxylamin, d a n n f ü g t m a n einige T r o p f e n s t a r k e r Kalilauge ( 1 : 1 ) u n t e r U m s c h ü t t e l n h i n z u u n d e r w ä r m t einige M i n u t e n a u f d e m W a s s e r b a d . Die gelbrote L ö s u n g w i r d n u n a b g e k ü h l t , wobei b e i m R e i b e n m i t d e m Glasstab d a s R e a k t i o n s p r o d u k t als gelbe Kristallis a t i o n h e r a u s k o m m t . D a Azoxybenzol schon bei 36° schmilzt, scheidet es sich a u s ü b e r s ä t t i g t e r L ö s u n g gern ölig a b . D u r c h U m k r i s t a l l i s i e r e n a u s wenig Alkohol oder a u s Petroläther ( I m p f k r i s t a l l e z u r ü c k b e h a l t e n ! ) wird die V e r b i n d u n g hellgelb, f a s t farblos e r h a l t e n . 11 G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers. 37. Aufl.
162
Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
Die alte Formulierung I des Azoxybenzols wurde von A n g e l i durch eine unsymmetrische Formel gemäß II ersetzt, nachdem er Azoxykörper mit zwei verschiedenen Arylresten in zwei isomeren Formen erhalten konnte: I. H6C9 • N — N • C 6 H 5 ,
Y
R — N = N • R'
O
O und
R — N = N • R'.
O
Der Mechanismus der angeführten Kondensation ist klar, er entspricht durchaus der Nitronbildung aus Phenylhydroxylamin und Aldehyden (S. 158): C6H6.NH+ON.C„H6 OH
•
C6H5 • N — N • C6H5 OH OH
»
C„H 6 —N=N • C9Hj 0
Die Beziehungen von Azoxybenzol zu Azo- und Hydrazobenzol kommen bei den Erläuterungen zum nächsten Präparat zur Sprache. Hier sei noch die interessante Umlagerung erwähnt, die Azoxybenzol durch konzentrierte Schwefelsäure erfährt; dabei entsteht p - O x y a z o b e n z o l , die Muttersubstanz der sauren Azofarbstoffe (Wallach).
OH.
6. Hydrazobenzol und Azobenzol a) H y d r a z o b e n z o l Ein Rundkolben von 1 Liter Inhalt wird mit einem gut sitzenden, dünnrohrigen Anschützaufsatz versehen. Das seitliche Rohr wird durch ein kurzes Stück weiten Gummischlauchs mit dem Kühlrohr eines schräg eingespannten Liebigkiihlers verbunden, derart, daß der Rundkolben ohne Mühe kräftig geschüttelt werden kann. Das vertikale Rohr des Aufsatzes wird durch einen Kork verschlossen und dient zum Einbringen des für die Reduktion erforderlichen Zinkstaubes. Es werden nun 50 g Ätznatron in 150 ccm Wasser gelöst und die noch warme Lauge zusammen mit 50 ccm Alkohol und 41 g ('/ 3 Mol) Nitrobenzol in den Kolben gegeben. Unter kräftigem Schütteln setzt man zuerst 6—8 g Zinkstaub zu, läßt die erste heftige Reaktion, stets weiter schüttelnd, zu Ende gehen und erhält dann durch dauernde Zugabe von Zinkstaub das Reaktionsgemisch im Sieden. Man achte darauf, daß die Umsetzung nicht allzu stürmisch wird, vermeide es aber, ihren Verlauf durch Kühlen zu unterbrechen. Der Kolbeninhalt färbt sich zuerst rot (Azobenzol), wird aber schließlich lichtgelb, wenn die nötige Menge des Reduktionsmittels zur Einwirkung gekommen ist. Man braucht etwa 120—150 g (75-proz.) Zinkstaub. Sollte die Reaktion vorzeitig zum Stillstand kommen, so erhitzt man auf einem lebhaft siedenden Wasserbad.
Hydrazobenzol und Azobenzol
163
Es ist unerläßlich, den Kolbeninhalt fortwährend durch starkes Schütteln in Bewegung zu halten, damit der schwere Zinkstaub mit der organischen Substanz in stete Berührung kommt. Zu der zu Ende reduzierten und auf dem Wasserbad erhitzten Mischung gibt man schließlich 500 ccm Alkohol, der in der Siedehitze das ausgeschiedene Hydrazobenzol löst. Der ganze Kolbeninhalt wird siedend heiß auf einer Nutsche abgesaugt (vorher Flammen in der Nähe auslöschen!), der Kolben sofort mit 50 ccm heißem Alkohol nachgespült, der zum Auswaschen des auf dem Filter bleibenden übrigen Zinkstaubes dient. Das Filtrat läßt man in der verschlossenen Saugflasche erkalten, steigert die Kristallisation durch Kühlung in einer Kältemischung, saugt nach einer Stunde scharf ab und wäscht das beinahe farblose Reaktionsprodukt einige Male mit 50-proz. Alkohol, dem man eine kleine Menge wäßriger schwefliger Säure zugefügt hat, bis das Filtrat nicht mehr alkalisch reagiert. Durch Umkristallisieren aus nicht zu viel heißem Alkohol erhält man das Hydrazobenzol bei raschem Arbeiten völlig f a r b l o s und rein. Schmelzpunkt 124° unter Gelbfärbung. Bei der großen Neigung zur Autoxydation, die auch ein u n u n t e r b r o c h e n e s Arbeiten bei der Darstellung verlangt, ist Hydrazobenzol — im Vakuum gut getrocknet — nur in gut schließenden, mit C0 2 oder N 2 gefüllten Gläsern, besser noch in zugeschmolzenen Röhren, längere Zeit ohne Verfärbung haltbar. Die Ausbeute an Rohprodukt, das zu den weiteren Präparaten direkt benutzt werden kann, beträgt 20—25 g. b) A z o b e n z o l a u s H y d r a z o b e n z o l 1. D u r c h D e h y d r i e r u n g . Man läßt 10 g (7g Mol) Brom ( = 3,2 ccm) in eine Lösung von 6,0 g NaOH in 75 ccm H 2 0 (75 ccm einer 2 w-NaOHLösung) unter Eiskühlung tropfen und schüttelt mit dieser Bromlauge 9,2 g Hydrazobenzol (l/2) Mol) in 60 ccm Äther in einem kleinen Scheidetrichter 10 Minuten lang durch, trennt die ätherische Lösung von der wäßrigen, verdampft den Äther und erhält die orangeroten Blättchen von Azobenzol, das, aus wenig Alkohol umkristallisiert, bei 68° schmilzt. Ausbeute quantitativ. Auch beim mehrstündigen Durchsaugen von Luft durch eine mit Alkali versetzte alkoholische Lösung von Hydrazobenzol entsteht in guter Ausbeute Azobenzol. 2. D u r c h D i s p r o p o r t i o n i e r u n g . 1—2 g Hydrazobenzol werden im Reagenzglas über kleiner Flamme zum Schmelzen erhitzt. Die orangerote Schmelze erhitzt man vorsichtig weiter bis zum beginnenden Sieden des gebildeten Anilins. Beim Erkalten erstarrt das Gemisch zu rotem Azobenzol, das in Anilin eingebettet ist. Man kann die Base mit Wasser herausschütteln und durch die Chlorkalkreaktion nachweisen, das Azobenzol wie oben aus Alkohol um kristallisieren. Will man bei n*
164
Nitroverbindungen und ihre Reduktionsprodukte
Umsetzung von mehr Hydrazobenzol auch das Anilin in natura isolieren, so trennt man es durch verdünnte Essigsäure vom Azobenzol und setzt es aus der Lösung seines Acetats durch konzentrierte Lauge wieder in Freiheit. Ausäthern usw. A z o b e n z o l , mit dem Chromophor —N=N— die Grundsubstanz der Azofarbstoffe, ist ein sehr beständiger, unzersetzt destillierbarer Körper. Anders als bei den meisten anderen Azoverbindungen ist die N=N-Gruppe zwischen den beiden aromatischen Kernen sehr fest verankert. So erklärt sich die bedeutende Echtheit der Azofarbstoffe. Nach der Theorie ist mit der Existenz zweier s t e r e o i s o m e r e r Azobenzole zu rechnen: N=N H s5C a6/ C ^66H55 ct»-Azobenzol
, H65^6 C,
/
N=N'
(rons-AzobenzoI
Diese Isomerie ist auch experimentell bestätigt worden: Durch Belichten einer Azobenzollösung wird die stabile, orangerote (trans)-¥orm teilweise, im Rahmen eines photodynamischen Gleichgewichts, in die gelbe cis-Form umgelagert und diese kann durch Adsorption (vgl. S. 14) abgetrennt werden ( H a r t l e y ) . Die beiden stereo-isomeren Formen unterscheiden sich auch im Ultraviolett-Spektrum sehr deutlich voneinander1. Versuch: 1 g reines Azobenzol, in 50 ccm Petroläther (Sdp. 50—60°) gelöst, wird 1 Stunde lang in einer auf Eiswasser schwimmenden Schale im direkten Licht einer Analysen - Quarzlampe im Abstand von etwa 30 cm gehalten. Sofort nach der Belichtung wird die Lösung durch eine Säule (2 cm: 20 cm) mit Aluminiumoxyd (nach B r o c k m a n n ) filtriert. Nach Entwicklung mit 150 ccm Benzol tritt cis-Azobenzol in einer etwa 2 cm breiten Zone 7 cm unter dem oberen Rand der Säule in Erscheinung; die trans-Verbindung wird eluiert. Man trennt die gelbe Zone von dem übrigen Aluminiumoxyd, und zieht sie mit 150 ccm Petroläther, der 1% Methanol enthält, aus. Um das Methanol zu entfernen wird die filtrierte Lösung 3 mal mit je 25 ccm Wasser ausgeschüttelt und über Na 2 S0 4 getrocknet. Nach dem Abdampfen des Lösungsmittels bei 20° i. V. hinterbleiben 100 mg gelbes eis-Azobenzol vom Schmp. 69—71°. Um spektroskopisch reines eis-Azobenzol zu gewinnen, ist es nötig, die Aufarbeitung der belichteten Lösung im Halbdunkel vorzunehmen und möglichst schnell zu arbeiten. Mit konz. Mineralsäure gibt Azobenzol r o t g e f ä r b t e Salze, was man durch Übergießen der Substanz mit Salzsäure feststellt. Aufnahme von Wasserstoff führt wieder zur H y d r a z o v e r b i n d u n g . Durch Einwirkung von Hydroperoxyd oder Salpetersäure läßt sich O anlagern; es entsteht die A z o x y v e r b i n d u n g . Von der Synthese unsymmetrischer aromatischer Azokörper aus Nitrosoverbindung und primärem Amin war oben die Rede. Bei Schmelztemperatur zersetzt sich H y d r a z o b e n z o l nach der Gleichung: H B C,-N;H
H N - C 6 Hx65
H6C, *
N H6C6.N
+
HSN • CaHs
zu Azobenzol und Anilin. Eine ganz analoge Reaktion wird später (S. 259) beim P h e n y l h y d r a z i n besprochen; ein einfaches Vorbild ist die S e l b s t z e r s e t z u n g des H y d r o p e r o x y d s in Sauerstoff und Wasser: 1
Chem. Soc. 1938, 633, 876; 1989, 232, 531, 1309.
165
Hydrazobenzol und Aaobenzol OH
OH *
i)H
i)H
O HÖH 11 + O HÖH
Wie dieser Prozeß, so wird auch die Selbstzersetzung des Hydrazobenzols durch P l a t i n m e t a l l e katalytisch beschleunigt.
c) Benzidin aus Hydrazobenzol 9 g Hydrazobenzol werden in möglichst wenig Äther gelöst und zu 100 ccm mit Eis gekühlter etwa 7n-Salzsäure (konz. Säure mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt) unter Umschütteln getropft. Das salzsaure Benzidin scheidet sich kristallinisch aus und wird nach Zusatz von 50 ccm konz. Salzsäure und % stündigem Stehen der Reaktionsmischung abgesaugt und mit Salzsäure wie oben und wenig Äther gewaschen. Ausbeute 9—10 g. Das Hydrochlorid kann aus heißem Wasser unter Zusatz von konz. Salzsäure zur schwach abgekühlten Lösung umkristallisiert werden. Zur Gewinnung der freien B e n z i d i n b a s e versetzt man eine in der Wärme unter Zugabe von etwas verdünnter Salzsäure hergestellte, nicht zu konz. Lösung des Salzes, die man rasch auf 15—20° abkühlt, mit einem kleinen Überschuß von konz. Natronlauge; die kristallinisch abgeschiedene Base wird nach dem Absaugen gründlich mit Wasser ausgewaschen. Vor Zugabe der Lauge muß die Lösung des Salzes klar sein; von allenfalls auskristallisiertem Hydrochlorid muß sie abfiltriert werden. Das freie Benzidin kann aus heißem Wasser oder auch aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzpunkt 122°. DieUmlagerung des Hydrazobenzols zu dem isomeren B e n z i d i n — i m Jahre 1846 von dem russischen Chemiker Zinin entdeckt —, die durch Mineralsäuren katalytisch in Gang gesetzt wird, erfolgt aus dem Bestreben des Moleküls, einen energieä r m e r e n , d. h. gesättigteren Zustand zu finden. Wir reihen den Vorgang zweckmäßig andern analogen an, bei denen es sich grundsätzlich darum handelt, daß ein Substituent am Stickstoff seine Haftstelle mit einem H-Atom am Kern, und zwar meist in p-Stellung vertauscht. Hierher gehört die Umlagerung von Phenylsuifaminsäure in Sulfanilsäure (S. 175), von Phenylhydroxylamin in p-Aminophenol (S. 156), ferner von Acetanilid in p - A m i n o - a c e t o p h e n o n und von N-Chloracetanilid in p - C h l o r a c e t a n i l i d :
H 2 Ü—CH 2 —S0 3 H
•
•
CHr» i O
—> CH a —CH a • S 0 3 H CH« i SOa
o—so3h (Carbylsulfat)
\soa—O^ Durch Einwirkung von S0 2 und Cl2 auf P a r a f f i n e erhält man bei Belichtung aliphatische Sulfosäurechloride ( S u l f o c h l o r i e r u n g nach R e e d ) R • CH a + SO a + Cla
> R • CH a • S02C1 + HCl.
174
Sulfonsäuren
Die Waschmittelindustrie stellt nach diesem Verfahren in großem Maßstab langkettige Alkyl-Sulfonsäuren her, deren Alkalisalzen die Kapillaraktivität der Seifen zukommt. I m Wesen ganz analog reagiert Äthylen mit Salpeter-Schwefelsäure ( N 0 2 ' + ) ) , wobei N i t r o ä t h y l n i t r a t entsteht (vgl. S. 147). Wie werden die niederen Alkylsulfonsäuren dargestellt? Die Leichtigkeit des E i n t r i t t s der Sulfogruppe in aromatische Verbindungen ist genauso wie bei der Nitrierung von der N a t u r der vorhandenen Substituenten abhängig. Benzol wird ziemlich schwierig sulfoniert, Toluol u n d N a p h t h a l i n etwas leichter, besonders leicht Phenole u n d Amine. Schwieriger verläuft die Sulfurierung beim Nitrobenzol oder die weitere Sulfurierung der Benzolsulfonsäure. Hier m u ß die Reaktion durch Steigerung des S0 3 - Gehaltes der Schwefelsäure u n t e r s t ü t z t werden. D a N 0 2 u n d S 0 3 H Substituenten 2. Ordnung sind, so geht ein neu eintretender Substituent in m-Stellung. Hochprozentiges Oleum f ü h r t das Benzol schließlich in die symmetrische B e n z o l t r i s u l f o n s ä u r e über. Chlorsulfonsäure kondensiert sich mit aromatischen Kohlenwasserstoffen zu A r y l - s u l f o c h l o r i d e n . Vom Naphthalin leiten sich zwei Sulfonsäuren ab, u n d zwar die a - u n d die /3-Naphthalinsulfonsäure: SO,H
CH3-C< | xOH H
o -—>
1
CH 3 • C = 0 + H a O
Der Übergang von Äthylalkohol über Acetaldehyd zu Essigsäure bildet den chemischen Ausdruck der E s s i g s ä u r e g ä r u n g ; hier benützen die Essigsäurebakterien den Sauerstoff der Atmosphäre zur Bindung des Wasserstoffs. Daß hierbei nicht der Sauerstoff, wie man früher annahm, aktiviert wird, sondern der abzuspaltende Wasserstoff, lehrt ein Versuch, nach dem die Essigsäurebakterien auch bei A u s s c h l u ß v o n S a u e r s t o f f , der durch C h i n o n ersetzt wird, aus Alkohol Essigsäure erzeugen. Das C h i n o n wird dabei zu Hydrochinon hydriert. CH 3 • CH 2 OH + 2 0 = /
^>=0+^0
• CH3-C00H + 2 H 0 /
\OH
Der Acetaldehyd spielt eine wichtige Rolle als Zwischenprodukt bei der alkoholischen Gärung. Die Aldehyde sind in hervorragendem Maß der Autoxydation, d. h. der Vereinigung mit mol. Sauerstoff zugänglich. Der Mechanismus dieser Reaktion, die in den Carbonsäuren die stabile Endstufe findet, ist ein gänzlich anderer als der der Oxydation mit Chromsäure, Permanganat, Silberoxyd, die am Aldehydhydrat angreift. Zwischenprodukt ist die Persäure, die beim Acetaldehyd leicht nachweisbar ist durch die sofortige Jodausscheidung aus Jodkaliumlösung. Benzaldehyd reagiert besonders rasch mit Sauerstoff; die Benzopersäure —• ihr jodometrischer Nachweis gelingt bei der Autoxydation verdünnter Lösungen — läßt sich mit Acetanhydrid abfangen ( N e f ) : O O .0 II II C„H6—C^ + (CH 3 —C0) 2 0 - C 6 H 5 —C—0—0—C—CH 3 -f CH 3 —COOH \0—O—H Die Persäuren sind starke Oxydationsmittel und reagieren mit einer weiteren Molekel Aldehyd unter Bildung von 2 Molekeln Säure: R—C• 2 R — C k f ° X 0H
Die Büdung der Persäure erfolgt aber nicht einstufig unter Eintritt des Sauerstoffs in die CH-Bindung des Aldehyds, sondern vermutlich im Rahmen einer Radikalkette durch ständige Wiederholung der beiden folgenden Reaktionsschritte ( B ä c k ström, Wittig): yO C 8 H 6 — C = 0 -f 0 2 — — C 6 H 5 - C < f ; X>—O« ,0 C,H8-CC
,0 +C6H6-C + CO + HCl
AJC1
' > H,c/
^ - C = Q + HCl.
An Stelle von Kohlenoxyd kann auoh Blausäure (Gattermann) oder Knallsäure (in Gestalt von Knallqueoksilber, Scholl) angewandt werden, wobei als Primärprodukt Imin bzw. Oxim entsteht. Nach einer Methode von Vilsmeier 1 wird die Aldehydgruppe über das Amidchlorid von N - Methyl - formanilid CaH0N( CH3) • CHC12 in reaktionsfähige cyclische Verbindungen eingeführt (Synthese von p-Dimethylaminobenzaldehyd und /3-Indolaldehyd). Von den Carbonsäuren her führt keine ganz allgemeine Reaktion auf die Stufe der Aldehyde zurück; in manchen Fällen erlauben die Säurechloride den Ersatz des Chlors durch katalytisch mit Palladium erregten Wasserstoff (Rosenmund): C6H6 • C = 0 2 H > C6H5• C = 0 + HCl . C1 H Die gleiche Reduktion läßt sich zuweilen vorteilhaft von der Stufe des Säureimid-chlorids (aus Säureamid und PC16) aus mit Zinnchlorür oder mit Chromosalz erzielen. Auch Nitrile sind unter gewissen Bedingungen zu Aldehyden zu reduzieren. Eine andere Möglichkeit, die schon bei vielen Synthesen wertvolle Dienste geleistet hat, besteht darin, daß man Ester durch energische Reduktion mit viel metallischem Natrium und wenig Alkohol in der Hitze zu den entsprechenden Alkoholen reduziert (Bouveault - Blanc) und diese in der üblichen Weise zu den Aldehyden oxydiert. Alle diese Methoden übertrifft weitaus an Eleganz und Einfachheit der Durchführung die Reduktion von Carbonsäuren (auch Säurechloriden, Amiden, Estern) zur Alkoholstufe mit Lithium-Aluminium-hydrid LiAlH4 (Schlesinger)®. Sekundäre Säureamide, z. B. Piperidide werden hierbei nur bis zur Aldehydstufe reduziert3. Versuch 4: F a r b r e a k t i o n m i t f u c h s i n s c h w e f l i g e r S ä u r e . Man löst ein Körnchen Fuchsin heiß in viel Wasser zu einer etwa 0,2-proz. Lösung und gibt in der Kälte nach und nach starke wäßrige schweflige Säure hinzu, bis nach einigem Stehen Entfärbung eingetreten ist. Die Lösung hält sich, gut verschlossen aufbewahrt, längere Zeit. Man prüfe 1 a 3
B. 60, 119 (1927); F. F. Nord, J. org. Chem. 18, 635 (1948). Am. Soc. 69. 1197, 2548 (1947); Organic Reactions VI, 469. F. Weygand u. Mitarb. Ang. 66, 525 (1953).
188
Aldehyde
mit Formaldehyd und Acetaldehyd die Empfindlichkeit der Farbreaktion an einer jeweils stärker zu verdünnenden Aldehydlösung. Bei der Prüfung von in Wasser schwer löslichen Aldehyden, wie Benzaldehyd, setzt man etwas Alkohol zu. Der Alkohol ist vorher zu prüfen, da er nach längerem Stehen, namentlich am Licht, nachweisbare Mengen von Acetaldehyd enthält. Die Farbreaktion des Formaldehyds wird durch konzentrierte Salzsäure rein blau, während sie bei anderen Aldehyden unter diesen Umständen fast ganz zurückgeht (Unterscheidung von F o r m a l d e h y d und A c e t a l d e h y d ) . Die Farbreaktion mit fuchsinschwefliger Säure erlaubt eine scharfe U n t e r s c h e i d u n g zwischen Aldehyden und Ketonen. Glucose reagiert in verdünnter wäßriger Lösung negativ. Über den Mechanismus der Farbreaktion siehe B. 54, 2527 (1921). Versuch 5: Die R e a k t i o n v o n A n g e l i - R i m i n i . Einige Tropfen Aldehyd (eines beliebigen der dargestellten) werden in wenig aldehydfreiem 1 Alkohol gelöst mit etwa der gleichen Menge Benzsulfhydroxamsäure (Darstellung S. 169) versetzt; bei den aliphatischen wendet man die doppelte Menge an. Hierauf fügt man unter Kühlung und Umschütteln etwa y 2 ccm 2 n-Natronlauge zu und läßt 15 Minuten stehen, macht dann mit verdünnter Salzsäure eben congosauer und versetzt schließlich mit einem Tropfen Eisenchloridlösung. Intensive Rotfärbung. Es ist auf S. 170 erwähnt, daß Benzsulfhydroxamsäure durch Alkali in Benzolsulfinsäure und den sehr unbeständigen Stoff N i t r o x y l 0 = N H zerlegt wird. Erfolgt die Bildung von Nitroxyl bei Gegenwart eines Aldehyds, so addiert es sich an die Carbonylgruppe und es entsteht eine H y d r o x a m s ä u r e , die sich und damit auch den Aldehyd, durch ihre intensive Eisenchloridreaktion verrät. OH C6H6 • C = 0 + H N = 0 H
• (C 6 H 6 — C / 0 H ) \ HNNO/
• C6H5 - C = N O H
yOU Wenn man das Nitroxyl als Hydrat, als D i o x y a m m o n i a k
N—OH
\H formuliert, so wird die Übereinstimmung der Reaktion mit der Bildung der Aldoxime aus Aldehyd und Hydroxylamin noch klarer. Nitroxyl entsteht auch durch alkalische Spaltung aus N i t r o h y d r o x y l a m i n - n a t r i u m (Angeli): Na02N=N—OH
•
0=N—ONa + 0 = N H .
An die anderen Reaktionen der außerordentlich reaktionsfähigen Aldehyde: Reduktion zu A l k o h o l e n , Bildung von H y d r a z o n e n , O x i m e n , S e m i c a r b a z o n e n , B i s u l f i t v e r b i n d u n g e n , A c e t a l e n , Anlagerung von Blausäure zu C y a n h y d r i n e n , sei hier nur erinnert. 1 Dies ist natürlich nur im Ernstfall von Wichtigkeit, wenn eine unbekannte Substanz auf ihre Aldehydnatur zu prüfen ist.
Erläuterungen und Versuche
189
Versuch 6: R e a k t i o n m i t A m m o n i a k . 10 ccm des dargestellten Formaldehyds werden mit einem kleinen Überschuß von Ammoniak vermischt und in einer kleinen Glasschale auf dem Wasserbad eingedampft. Die zurückbleibenden farblosen Kristalle sind Hexamethylentetramin (CH2)6N4 (Urotropin). Diese Umsetzung verläuft quantitativ. Man führe sie quantitativ durch und vergleiche das Ergebnis mit dem titrimetrisch erhaltenen. Acetaldehyd vereinigt sieh mit Ammoniak, wie präparativ festgestellt wurde, zu Aldehydammoniak
/OH
CH 3 • C < HNNH2 Benzaldehyd gibt das sog. H y d r o b e n z a m i d H CeH6C=Nv > C H • CBHS 3=Kr H Die Reaktionsprodukte der drei Aldehyde sind demnach grundverschieden, aber der Verlauf ihrer Bildung beginnt jeweils mit einer Addition: H
—c=O+NH 3 — •
H
—cC—C/CH3 /(+) \CIl3
„ (+) '
H3Cv
/ C H3 >C—C(GH3 o^ \CH3 Pinakolin
Auch hier wird formal OH gegen einen Kohlenstoffrest, CH 3 , vertauscht. Die Umlagerung kommt dadurch zustande, daß eines der tert. Hydroxyle unter der Einwirkung eines Protons als H 2 0 herausgespalten wird. Das hierbei entstehende Kohlenstoff-Kation (Carboniumion) mit Elektronensextett lagert sich unter Einwanderung des benachbarten Substituenten in die Lücke zu einem neuen Kation um, das sich durch Abspaltung eines Protons zu Pinakolin stabilisiert. Die R e t r o p i n a k o l i n u m l a g e r u n g des Pinakolinalkohols zu Tetramethylaethylen ist nach einem analogen Ionenmechanismus zu formulieren: H3C\ H H3C^C-C-CH3 H 3 HjCyC-C—CH3 (+) H3C
•
H3Cx
H/CH3 )C-C( x H3C/(+) CH3
_H(+) H3cx XH3 — > >C = C< x H3CX ch3 Hierher gehört auch die Umformung des B o r n e o l s und seiner Derivate in den Camphentyp:
OH
Borneol
Camphen
^vixTCH, a
c
Der einzige Unterschied zwischen den beiden Reaktionen besteht, wie man sieht, darin, daß die Doppelbindung sich gegen die Methylgruppe von a, b nach b, c verschoben hat. Zwischen a und b kann nämlich aus räumlichen Gründen keine Doppelbindung existieren, da gemäß der B r e d t s c h e n R e g e l in einem bicyclischen Ringsystem von der Art des Camphans keines der beiden Ringen gemeinsamen C-Atome an einer ungesättigten Bindung teilnehmen kann. Die zweite angegebene Camphenformel stellt, wie der nähere Einblick lehrt, nur eine andere, übersichtlichere Schreibweise f ü r den Kohlenwasserstoff dar. Über diese wichtigen Arbeiten, die hier nur kurz berührt werden können, unterrichte man sich aus den Arbeiten von H . M e e r w e i n . Eine klare und umfassende Darstellung der molekularen Umlagerungen findet sich in W. H ü e k e l , Theoretische Grundlagen der organischen Chemie, 7.Aufl. Berlin 1954, B a n d l sowie in F. K l a g e s , Lehrbuch der organ. Chemie, Band I I , Berlin 1954, S. 345.
198
Aldehyde
Nur eine präparativ sehr schöne Umlagerungsreaktion, die auch vom Benzil ausgeht, soll hier noch erwähnt werden, nämlich seine Überführung in D i p h e n y l k e t e n nach G. S c h r ö t e r (B. 42, 2346 [1909]). Das H y d r a z o n des Benzils wird durch Quecksilberoxyd (das man sich am besten selbst bereitet) zur Diazoverbindung, dem sog. „ A z i b e n z i l " , dehydriert ( C u r t i u s , S t a u d i n g e r ) : C 6 II 5 • CO • C • C 6 H 6 >• C c H 6 —CO—C—C 6 H 6 II II N • NH 2 Na Erhitzt man dieses unter Ausschluß von Luft und Feuchtigkeit in Benzol, so spaltet es seinen Stickstoff ab, und der Rest lagert sich in D i p h e n y l k e t e n um:
c6h5 • c o — c — c6h6 — • -
o=c=-c C 6 H 6 —CH—CH—C0 2 H I I
H02C—CH—CH—C6H6
Die Gruppe der T r u x i l l s ä u r e n und der mit ihnen strukturisomeren T r u x i n s ä u r e n stellt ein Musterbeispiel stereochemischer Forschung dar ( S t o e r m e r ) . Wieviele Isomere sind im ganzen möglich ? Während in den gesättigten Carbonsäuren das Carboxyl sehr fest gebunden ist, bewirkt die nachbarständige Doppelbindung eine gewisse Auflockerung, die ihre präparative Abspaltung möglich macht.
Versuch: H y d r i e r u n g d e r Z i m t s ä u r e . I n einer Glasstöpselflasche von 250 ccm Inhalt löst man 10 g Zimtsäure unter Schütteln in verd. Natronlauge, so daß das Volumen etwa 100 ccm beträgt. Man gibt die Lauge nach und nach zu und prüft mit Phenolphthaleinpapier — ein Tropfen Lösung auf Filtrierpapier und Tüpfelprobe — auf eben alkalische Reaktion. Dann trägt man in kleinen Stücken nach und nach frisches 2-proz. Natriumamalgam (Darstellung siehe unten) unter stetem Schütteln und öfterem Lüften des Stopfens ein, im ganzen etwa 250 g. Zum Schluß erwärmt man noch im Wasserbad (in warmes Wasser einstellen und dann anheizen), bis sich alles Quecksilber verflüssigt hat, läßt nach dem Erkalten das Metall im Scheidetrichter ab und säuert mit Salzsäure an, wobei sich die Hydrozimtsäure zunächst ölig abscheidet. Durch Abkühlen und Reiben erstarrt sie; man saugt dann ab und kristallisiert aus heißem, etwas Salzsäure enthaltendem Wasser um. Wegen des niedrigen Schmelzpunktes der Säure (47°) muß man langsam abkühlen lassen. Vgl. S. 7. Ausbeute 8 g. Eine Probe, in wenig verd. Sodalösung gelöst, darf einen Tropfen Permanganatlösung nicht entfärben. Die Hydrierung der Zimtsäure wird auch auf k a t a l y t i s c h e m Weg durchgeführt (S. 328).
Perkinsche Synthese. Zimtsäure aus Benzaldehyd und Essigsäureanhydrid
205
N a t r i u m a m a l g a m . Quecksilber und Natrium reagieren sehr heftig, unter Feuererscheinung, miteinander; daher A b z u g und S c h u t z b r i l l e ! Man wärmt 300 g Quecksilber in einer mittelgroßen Reibschale auf 30—40° vor, spießt das in kleine Würfel geschnittene Natrium (im ganzen 6,5 g) auf einen spitzen, etwa 30 cm langen Glasstab und drückt die einzelnen Stückchen in rascher Folge unter das Quecksilber, wobei man zum Schutz gegen das Verspritzen einen Tonteller auflegt. Das erstarrte Amalgam wird noch warm in kleine Stücke zerschlagen und in einem gut verschlossenen Gefäß aufbewahrt. Größere Mengen Natriumamalgam werden am besten in einem hessischen Tiegel dargestellt; man läßt größere Natriumstücke, an einem langen und schweren Glasstab aufgespießt, durch dessen Gewicht in das erwärmte Quecksilber hineingleiten. Will man höher als 3-proz. Amalgam erhalten, muß der Tiegel mit einer Flamme geheizt werden.
%
/ = \
/
Carboxylat
\=/ Phenolat
Vgl. auch die saure Natur des Tropolons. 14
Gattermann,
Praxis dej organ. Chemikers. 37. Aufl.
210
Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie
Zwar ist der saure Charakter des einfachen Phenols nicht stark ausgeprägt und wächst erst mit der Substitution des Kerns durch negative Substituenten, wie N 0 2 und Halogen. Die Alkalisalze des Phenols sind in wäßriger Lösung weitgehend hydrolytisch gespalten und sie werden schon durch Kohlensäure vollständig zerlegt. A u f d i e s e W e i s e k a n n m a n P h e n o l e v o n C a r b o n s ä u r e n a b trennen.
Versuch: Man leitet in eine nicht zu verdünnte Lösung von ß-Naphthol in Natronlauge Kohlendioxyd ein, bis sich das freie Naphthol abscheidet. Auch bei anderen Reaktionen erweist sich die OH-Gruppe der Phenole reaktionsfähiger als die der aliphatischen Alkohole. Sie reagieren, im Gegensatz zu diesen, leicht mit D i a z o m e t h a n . Auch mit anderen Alkylierungsmitteln, wie A l k y l h a l o g e n i d , D i a l k y l s u l f a t , setzen sie sich, anders als jene, schon in wäßrig alkalischer Lösung um. Die meist gut kristallisierenden B e n z o y l d e r i v a t e sind trefflich zu ihrer Charakterisierung geeignet ( S c h o t t e n - B a u m a n n s e h e Reaktion).
Versuch: In einem Reagenzrohr löst man eine kleine Menge kristallisiertes Phenol (Y2 g) in 5 com Wasser auf, fügt y2 ccm Benzoylchlorid hinzu, macht mit starker Natronlauge deutlich alkalisch und erwärmt unter Schütteln kurze Zeit gelinde über einer Flamme. Kühlt man dann das Reaktionsgemisch unter Schütteln und Reiben mit einem Glasstabe unter der Wasserleitung ab, so erstarrt das abgeschiedene ö l zu farblosen Kristallen, welche man an der Saugpumpe abfiltriert, reichlich mit Wasser nachwäscht, auf einem Tonscherben abpreßt und in einem kleinen Reagenzrohr aus wenig Alkohol umkristallisiert. Schmelzpunkt des Benzoesäurephenylesters 68—69°. Der Versuch kann in der gleichen Weise mit ß-Naphthol ausgeführt werden. Schmelzpunkt der Benzoylverbindung 107°. Über die Bedeutung dieser viel benützten Reaktion, in die auch die A m i n e einbegriffen sind, ist schon auf S. 114/115 das Nötige gesagt. Die N a p h t h o l e sind in mancher Hinsicht noch reaktionsfähiger als das einfache Phenol. Dies äußert sich vor allem darin, daß ihre Ä t h e r nach der gleichen Methode wie die Ester der Carbonsäuren, nämlich direkt durch Alkohol und HCl erhalten werden können. Auch setzen sie sich mit Chlorzink-Ammoniak und nach einer von H . B u c h e r e r allgemein studierten Reaktion mit Ammoniumsulfit und Ammoniak glatt zu N a p h t h y l a m i n e n um. Aus alledem ersieht man, daß die Phenole den Carbonsäuren weit näher stehen als den Alkoholen der Fettreihe. Von großer Bedeutung ist der Einfluß, den die OH-Gruppe auf die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns ausübt. Alle elektrophilen Substitutionsvorgänge er folgen w e i t l e i c h t e r , und zwar wird dabei die o- und die p-Stellung von eintretenden Substituenten aufgesucht. Eine Anzahl hierauf zu begründender Umsetzungen wird in folgenden und späteren Präparaten noch behandelt. Hier sei erwähnt, daß aus einer wäßrigen Phenollösung durch Bromwasser augenblicklich o , o , p - X r i b r o m p h e n o l ausgefällt wird (Methode zur quantitativen Phenol-Bestimmung).
Versuch: Man setzt zu einer etwa 2-proz. Phenollösung solange Bromwasser, als das Brom verbraucht wird, saugt dann den flockigen farblosen Niederschlag ab und kristallisiert ihn nach dem Trocknen aus Ligroin oder verd. Alkohol um. Schmelzpunkt des o,o,p-Tribromphenols 95°.
Überführung einer Sulfonsäure in ein Phenol. /?-Naphthol
211
Man erklärt sich diese außerordentliche Erleichterung der elektrophilen Substituierbarkeit damit, daß das durch die o- und p-Addition eines elektrophilen Agens, hier Br( + ), primär entstehende Kation durch die Beteiligung einer zusätzlichen Oxoniumgrenzstruktur an der Mesomerie besonders energiearm ist und so die Aktivierungsenergie der Substitution verringert wird (siehe auch S. 394). Für das entsprechende m-Produkt existiert keine entsprechende Mesomerie. OH
(+)
OH
OH
In derselben Weise geht die Aufnahme des zweiten und des dritten Broms weiter, bis die drei begünstigten Stellen (o-, o- und p-) mit Brom besetzt sind. Bringt man nun ein viertes Br 2 zur Einwirkung, so wird das Br(+) in grundsätzlich gleichartiger Weise, wie hier angenommen, addiert.
Br
Br
Br
Br
Br
Hier kann aber die Abspaltung des Protons nicht mehr zu einem echten Benzolderivat zurückführen. In der Tat ist auch das Endprodukt, das sog. „ T r i b r o m p h e n o l b r o m " . das Ketobromid eines Chinons, also eines Dihydrobenzol-Derivates. Beim /S-Naphthol wird die Stufe des Ketohalogenids übrigens schon bei der Zweithalogenierung erreicht ( Z i n c k e , F r i e s ) . Hal
Hal
Hai
Die leichte Substituierbarkeit des Phenols findet im Rahmen der klassischen Theorie zwar eine Analogie im Verhalten der Enole, aber keine wirkliche Begründung. Die technische Verwendung des Phenols ist bedeutend; seine wichtigsten Umsetzungen sind die in S a l i c y l s ä u r e (Präp. VI, 4; S. 216) und seine Kondensation mit Formaldehyd zu einem wertvollen Kunstharz, dem B a k e l i t . Versuch: 3 ccm mit wenig Wasser verflüssigten Phenols („Phenolum liquefactum") werden mit 5 ccm Formaldehydlösung (S. 178) in einem 50 ccm-Erlenmeyerkolben zum Sieden erhitzt. Dann entfernt man den Brenner und gibt soviel konz. Salzsäure zu der heißen Lösung, bis sich unter heftiger Reaktion ein fast farbloses Öl ausscheidet, das beim Abkühlen zu einer spröden Masse erstarrt (Kunstharz). 14*
212
Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie
Unterwirft man basisch oder sauer substituierte Phenole dieser Reaktion, so entstehen polymere Harze von polarem Charakter, die vermöge ihres Ionenbindungsvermögens heute eine ausgedehnte Verwendung als Ionen-Austauscher (Permutite) finden. Am gebräuchlichsten sind bei uns die sog. Wofatite und Lewatite. Unter milden alkalischen Bedingungen läßt sich Phenol analog der Aldolkondensation mit Formaldehyd zu p - O x y b e n z y l a l k o h o l vereinigen: OH
OH
CH2OH der in der Wärme Wasser abspaltet und sich polymerisiert. Eine Übersicht über die Grundreaktionen der Phenolharz-Bildung gibt K . H u l t z s c h , Ang. Ch. 60, 179 (1948). Auch der direkten Einführung von Quecksilber in den J5enzolkern der Phenole, der „Mercurierung", muß hier Erwähnimg getan werden, die schon beim Erhitzen von Phenolen mit Quecksilber-2-acetat eintritt ( B a l b i a n o , P e s c i , D i m r o t h ) :
/ V - O H Q J + ^(0-CO-CH3)2
/ V - O H L J L H g 0 C
0
.
CHs
+ CH3-COOH
Unter ein wenig schärferen Bedingungen werden auch die aromatischen Kohlenwasserstoffe selbst mercuriert. Die gegenüber dem Benzol erleichterte Mercurierung des Thiophens ermöglicht bequem dessen Abtrennung aus dem Rohbenzol (Dimroth).
2. Methylierung von Phenolen 1 a) Anisol. 19 g Phenol J1/- Mol) werden in einer enghalsigen Glasstöpselflasche in 100 com 2 n-Natronlauge gelöst. Dazu fügt man (im 1/i Mol) zuerst etwa den dritten Teil Abzug!) von 26 g Dimethylsulfat auf einmal zu und schüttelt kräftig um, wobei unter Erwärmung die Methylierung einsetzt. Nach etwa 5 Minuten wird das zweite Drittel mit nachfolgendem Schütteln zugesetzt und in kurzem Abstand der Rest. Während des Durchschütteins ist der Stopfen von Zeit zu Zeit zu lüften. Wenn die wäßrige Lösung, auf der das gebildete Anisol als Öl schwimmt, nicht mehr alkalisch reagiert, gießt man den Inhalt in einen kleinen, mit Rückflußkühler verbundenen Rundkolben und spült mit 20 ccm Lauge nach. Zur Vollendung der Reaktion und zur Zerstörung von etwa noch vorhandenem Dimethylsulfat wird eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad erhitzt. Nach dem Erkalten läßt man die wäßrige Schicht ab, trocknet das Anisol — das man nur bei erschwerter Abtrennung in Äther aufgenommen hat — mit CaCl2 und destilliert schließlich. Siedepunkt 155°. Ausbeute 90% der Theorie. Auf analoge Weise wird durch Einwirkung von Diäthylsulfat auf Phenol das P h e n e t o l dargestellt. 1
U l l m a n n , A.327, 114 (1903); 340, 208 (1905).
Methylierung von Phenolen
213
b) N e r o l i n (/?-Naphthyl-methyläther). Der Vorgang ist der gleiche wie beim Anisol, unter Änderung der mengenmäßigen Verhältnisse. Die Substanz ist kristallisiert. Schmelzpunkt 72°. B e i der g r o ß e n G i f t i g k e i t der n e u t r a l e n S c h w e f e l s ä u r e e s t e r , v o r a l l e m des D i m e t h y l s u l f a t s , m ü s s e n alle Operat i o n e n m i t i h n e n sehr v o r s i c h t i g und u n t e r d e m A b z u g d u r c h g e f ü h r t werden! Methylierungen mit D i m e t h y l s u l f a t werden stets in alkalischer Lösung vorgenommen. Sie gelingen besonders leicht mit Carbonsäuren (Methode zur Darstellung von Estern) und mit Phenolen, während die aliphatischen Alkohole, z. B. die Zucker, nur schwierig und am besten in alkoholischer Lösimg durch dieses Mittel veräthert werden. Es ist zu berücksichtigen, daß nur eine der beiden Methylgruppen gemäß der Gleichung: H3C—O
NaCK )S02 -*C 6 H 6 0-CH 3 + )S02 H3C—CK H3CO/ auf das Phenol übertragen wird. Erst bei längerer Einwirkung in der Siedehitze gibt auch das zuerst gebildete methylschwefelsaure Salz sein Methyl f ü r die gleiche Reaktion her, wovon man aber präparativ meist keinen Gebrauch macht. Auch A r y l - (z.B. T o l u o l - ) s u l f o n s ä u r e e s t e r und Dimethylsulfit dienen zur Alkylierung von Phenolen. Wie wird Dimethylsulfat dargestellt? Ein elegantes Methylierungsmittel für Phenole ist das D i a z o m e t h a n , das in einem späteren Abschnitt für diesen Zweck benützt wird (S. 236). Die P h e n o l ä t h e r sind sehr beständige Substanzen, in denen die Reaktionsfähigkeit des Benzolkerns gegenüber der der Phenole sichtlich herabgemindert ist. Die Alkylgruppe sitzt sehr fest. Durch Alkalien wird sie nicht abgespalten, durch Mineralsäuren auch erst bei hoher Temperatur. Das gebräuchlichste Mittel zur Spaltung ist das Aluminiumchlorid, das nach folgender Gleichung reagiert: C 6 H 6 ONa +
C 6 H 5 -0-CH 3 + A1C13
• C„HsOA1C12 + C1-CH3 | 3H,0 CeHjOH + Al(OH)3 + 2 HCl
Die A l l y l ä t h e r lagern sich in der Hitze spontan in A l l y l p h e n o l e um (Ciaisen): ^ OH
Die Allyläther der Enole > C = C — sind dieser Reaktion auch zugänglich. OR In den Allylphenolen sowie deren Äthern wird unter der Einwirkung von Alkali die Doppelbildung gegen den Benzolkern hin verschoben: Eugenol • Isoeugenol; Safrol >• Isosafrol. Besonders interessant ist die Spaltbarkeit der Phenoläther (und auch aliphatischer Äther) durch metallisches Natrium (Ziegler, Schorigin), z . B . : C6H6OCH3 + 2 Na • C e H 5 ONa + NaCH 3 . Von substituierten Phenoläthern sind anzuführen die Aminoderivate des Anisols (Anisidin) und Phenetols ( P h e n e t i d i n ) . Sie werden durch Alkylierung der Nitrophenole und nachherige Reduktion der Nitrogruppe bereitet.
214
Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie
Die alkalische Reduktion des o - N i t r o - a n i s o l s führt (wie beim Nitrobenzol) zur Hydrazoverbindung, die durch Benzidinumlagerung in die Biphenylbase „ D i a n i s i d i n " , ein wichtiges Zwischenprodukt für blaue substantive Azofarbstoffe, übergeführt wird (S. 166). Vom p-Phenetidin leiten sich das bekannte Antipyretikum „ P h e n a c e t i n " (I) und der Süßstoff „ D u l c i n " (II) ab:
Methylierte Phenole bilden vielfach den Bestandteil von Naturstoffen, vor allem von A l k a l o i d e n . Bei deren Konstitutionsermittlung hat die quantitative Bestimmung der in einer Molekel vorhandenen Methoxylgruppen eine große Bedeutung. Ihr dient die treffliche Z e i s e l s c h e M e t h o d e , bei der die Methylgruppe durch konzentrierte Jodwasserstoffsäure als M e t h y l j o d i d abgespalten wird. Es sei empfohlen, an dem hier dargestellten Präparat diese Methode kennenzulernen (Anleitung S. 74).
3. o- und p-Nitrophenol 80 g Natron- oder 95 g Kalisalpeter werden im Rundkolben unter Erwärmen in 200 g Wasser gelöst, die Lösung wird vor dem völligen Erkalten unter Umrühren mit 100 g konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Zu der auf 20° abgekühlten Mischung läßt man dann aus einem Tropftrichter unter häufigem Umschütteln eine durch Erwärmen verflüssigte Mischung von 50 g kristallisiertem Phenol und 5 ccm Wasser tropfenweise hinzufließen, wobei man die Temperatur stets zwischen 20—25° hält. Nachdem man das Reaktionsgemisch unter öfterem Schütteln 2 Stunden stehengelassen hat, versetzt man mit dem doppelten Volumen Wasser, läßt absitzen, gießt die wäßrige Schicht so gut wie möglich von dem ö l ab, wiederholt das Auswaschen mit Wasser noch zweimal und destilliert dann mit Wasserdampf das o-Nitrophenol ab. Wie man dem Erstarren der Substanz im Kühlrohr begegnet, siehe S. 27. Das abgesaugte und zwischen Filtrierpapier getrocknete Präparat ist direkt rein, wo nicht, wiederholt man die Dampfdestillation. Schmelzpunkt 45°. Ausbeute 30 g. Die isomere, nicht flüchtige p-Verbindung wird, gleich anschließend, aus dem Rückstand über ihr Natriumsalz isoliert: Man fügt erst solange 2 n-Natronlauge zu, bis die Reaktion auf Kongopapier eben verschwunden ist, dann noch weitere 100 ccm, kocht nach Zugabe von etwas Tierkohle nochmals durch Einleiten von Wasserdampf auf, filtriert durch ein Faltenfilter und dampft bis auf ein Volumen von etwa 100 ccm ein. Beim Erkalten soll das Natriumsalz auskristallisieren. Sollte dies bei einer Probe nicht der Fall sein, so setzt man der noch heißen Lösung 30 ccm Natronlauge 1 : 1 zu und läßt dann langsam erkalten. Aus dem abgesaugten und mit 2«,-Natronlauge gewaschenen Salz scheidet man mit verdünnter Salzsäure in der Wärme das beim Erkalten kristallisierende (erst ölige) p-Nitrovhenol ab, das bei un-
o- und p-Nitrophenol
215
genügender Reinheit, d. h. wenn sich eine Probe nicht aus sehr verdünnter heißer Salzsäure Umkristallisieren läßt, nochmals über das Natriumsalz gereinigt wird. Schmelzpunkt 114°. Ausbeute 5—10 g. Von der Leichtigkeit, mit der Phenole nitriert werden, war schon die Rede. Der Prozeß verläuft indes auch bei Anwendung von verdünnter Salpetersäure nicht glatt, da infolge von Oxydation und von Kondensation harzige Nebenprodukte entstehen. Bessere Ergebnisse liefert die Nitrierung mit Stickstoffdioxyd in nicht wäßrigen Lösungsmitteln wie Benzol, Petroläther (B. 54, 1776 [1921]). o- und p-Nitrophenol gehen bei weiterer Nitrierung mit stärkerer Säure in das gleiche 2 , 4 - D i n i t r o p h e n o l und schließlich in P i k r i n s ä u r e über. Hochnitrierte Benzolderivate, wie Pikrinsäure, T r i n i t r o t o l u o l lassen sich durch eine brisante Vorexplosion (Initialzündung) mit Rnallquecksilber oder Bleiazid zur Explosion bringen. Sie sind endotherm, d. h. der in der Molekel enthaltene Sauerstoff der Nitrogruppen kann intramolekular Kohlenstoff und Wasserstoff unter positiver Wärmetönung verbrennen. Diese innere Verbrennung ist bei der Pikrinsäure gemäß der Gleichung: 2 C 6 H 3 0,N 3 • 12 CO + 2 H 2 0 + 3 N 2 + H j eine ziemlich weitgehende. Die unmittelbare Überführung des Benzols in Polynitrophenole, die sog. Oxynitrierung, gelingt unter Mercurisalz-Katalyse in interessanter Reaktion ( W o l f f e n stein, Westheimer1). m - N i t r o p h e n o l läßt sich nicht direkt durch Nitrierung von Phenol bereiten, da die OH-Gruppe ein Substituent 1. Ordnung ist und daher vorwiegend o- und p-Derivat liefert. Man ist auf den Umweg der Diazotierung von m-Nitranilin und die Umkochung des Diazoniumsalzes zum Phenol angewiesen (S. 245). m- und p-Nitrophenol sind in reinem Zustand f a r b l o s , die o-Verbindung dagegen ist gelb. Die Salze aller drei Nitrophenole aber sind i n t e n s i v f a r b i g , und zwar in der o- und m-Reihe rotorange und gelborange, in der p-Reihe tiefgelb. (Anwendung von p-Nitrophenol als Indikator.) Man hat die starke Färbung der Nitrophenolsalze durch eine Umlagerung in eine das Licht kräftiger absorbierende chinoide Form (oci-Typus nach H a n t z s c h ) zu erklären versucht. OH
p-Nitrophenol
0 ||
p-Nitrophenolnatrium
Dagegen sprechen jedoch verschiedene Erwägungen. Vor allem verhält sich m-Nitrophenol wie die beiden Isomeren, die Alkalisalze müßten also auch chinoid sein. m-Chinone sind aber in der ganzen aromatischen Chemie unbekannt. Ferner gibt es noch mehrfach Beispiele von Substanzen, die bei der Salzbildung eine Farbvertiefung erfahren, wo aber die Umlagerung in ein tautomereB Chinon ausgeschlossen ist. So sind die zweifachen Salze des gelbbraunen A n t h r a h y d r o c h i n o n s tief blutrot (S. 289). 1
Am. Soc. 69, 773 (1947).
216
Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie OH
OH gelbbraun
ONa
ONa blutrot
Schließlich sind auch die Alkalisalze des einfachen Phenols tiefer farbig als das Phenol selbst. Diese Tatsache ist zwar subjektiv nicht erkennbar, jedoch durch Untersuchung der Absorption in ultraviolettem Licht. Dabei hat sich ergeben, daß die Absorption des Phenolations weit näher als die des freien Phenols an den subjektiv sichtbaren Teil des Spektrums heranrückt. Die Differenz ist so bedeutend, daß sie auch f ü r eine subjektiv wahrnehmbare Färb Vertiefung von farblos zu gelb eine befriedigende Erklärung enthält. Wir führen also die Färbung der Nitrophenolsalze auf die „ b a t h o c h r o m e " ( = farbvertiefende) W i r k u n g d e r S a l z b i l d u n g zurück. Da o-und p-ständige Nitrogruppen die Substituierbarkeit von Halogen im aromatischen Kern erleichtern (S. 97), so sind die Nitrophenole auch aus N i t r o c h l o r b e n z o l e n zugänglich. So läßt sich p-Nitro-chlorbenzol im Autoklaven durch Laugen spalten, das als Zwischenprodukt f ü r Schwefelfarbstoffe wichtige 2,4-Din i t r o - p h e n o l geht schon bei milderen Bedingungen aus dem entsprechenden Chlorbenzol hervor. Durch Umsetzung mit Ammoniak entsteht p - N i t r a n i l i n . Auffällig ist die Leichtigkeit, mit der sich der Dinitrophenyl-Rest mit Hilfe von 2,4-Dinitrofluor-benzol in NH 2 - Gruppen von Aminosäuren und Peptiden einführen läßt ( S ä n g e r ) . Im T r i n i t r o - c h l o r b e n z o l ( P i k r y l c h l o r i d ) ist das Chlor von der gleichen Reaktionsfähigkeit wie in einem Säurechlorid. 4. D i e K o l b e s c h e
Salicylsäuresynthese1
13,5 g reinen Ätznatrons ( 1 / 3 Mol) w e r d e n in einer Porzellan- oder zweckmäßiger in einer Nickelschale in 2 0 ccm Wasser gelöst u n d unter U m rühren allmählich m i t 31 g Mol) kristallisiertem Phenol versetzt. Man d a m p f t d a n n a u f d e m D r a h t n e t z unter fortdauerndem U m r ü h r e n d a s Wasser ab, g e g e n E n d e m i t direkter leuchtender F l a m m e , die m a n dauernd unter der Schale hin u n d her b e w e g t . Sobald die einzelnen Teile n i c h t mehr z u s a m m e n b a c k e n , pulverisiert m a n die Masse schnell in einer trockenen Reibschale u n d erhitzt das feine P u l v e r n o c h m a l s solange unter g u t e m U m r ü h r e n in der Nickelschale, bis es s t a u b t r o c k e n 2 g e w o r d e n ist. E s wird d a n n in eine tubulierte R e t o r t e v o n e t w a 2 0 0 c c m I n h a l t eingefüllt u n d diese so tief wie möglich in ein Ölbad eingetaucht. Man erhitzt dieses n u n auf 110° u n d leitet bei dieser Temperatur 1 S t u n d e lang trockne Kohlensäure über das Phenolnatrium (das E n d e des Einleitungsrohres 1 c m über der Oberfläche des Phenolnatriums). I m L a u f e v o n 4 S t u n d e n steigert m a n unter fortwährendem D u r c h l e i t e n eines 1
J . pr. (2) 10, 89 (1874); 27, 39 (1883); 31, 397 (1885). V ö l l i g e T r o c k e n h e i t des Phenolats ist Voraussetzung f ü r das Gelingen des Versuchs. Die Zeiteinteilung erlaubt bequem, das in der Schale getrocknete Salz vor Ausführung der Synthese über Nacht im Vakuumexsiecator über Schwefelsäure und festem Ätzkali stehenzulassen. 2
217
Die Kolbesche Salicylsäuresynthese
nicht zu lebhaften Kohlensäurestromes die Temperatur allmählich auf 190°, so daß in jeder Stunde eine Temperaturerhöhung um etwa 20° eintritt, und erhitzt schließlich noch 1—2 Stunden auf 200°. Während dieser Operation rührt man den Retorteninhalt mehrere Male mit einem Glasstab um. Nach dem Erkalten gießt man den Retorteninhalt aus dem Tubus in ein großes Becherglas, spült mehrfach mit Wasser nach und fallt die Salicylsäure durch viel konzentrierte Salzsäure aus. Nachdem sie unter Eiskühlung kristallinisch geworden ist, saugt man ab, wäscht mit wenig Wasser und trocknet auf Ton. Wenn eine Probe der feuchten Säure sich aus heißem Wasser (unter Zugabe von Entfarbungskohle) direkt rein Umkristallisieren läßt, kann man das ganze Präparat auf diese Weise reinigen. Es ist aber auch dann anzuraten, das Rohprodukt mit überhitztem Wasserdampf zu destillieren, schon um die Methode kennenzulernen. Man erhitzt es zu diesem Zweck in t r o c k n e m Z u s t a n d e in einem k u r z h a l s i g e n Kölbchen, welches in einem ölbade auf 170° erwärmt wird, und leitet einen nicht zu lebhaften Wasserdampfstrom von 170—180° darüber (vgl. S. 27). Die Verbindung des Kolbens mit dem Dampfüberhitzer darf erst dann hergestellt werden, wenn Ölbad und Wasserdampf die angegebene Temperatur besitzen. Verbindungsrohr und Kühlrolir müssen b e s o n d e r s w e i t sein. Erhitzt man die aus dem Kühlrohr entfernte Säure mit dem in der Vorlage befindlichen wäßrigen Destillate bis zur Lösung, so kristallisiert beim Erkalten eine vollkommen farblose Säure in langen Nadeln aus. Schmelzpunkt 156°. Ausbeute 10—12 g. Die erste Phase der Kolbeschen R e a k t i o n verläuft vielleicht analog der aus der Fettreihe bekannten Synthese von A l k y l c a r b o n a t e n aus Alkoholat und Kohlendioxyd mit anschließender Umlagerung:
O
H6C2 • ONa + C0 2
I
R
"ONfli + C02
• H5C2OC
(-)
/O
Nor
x
ok
Der Mechanismus der Acetessigester-Synthese ergibt sich als Reaktion des Enolations mit einer Molekel Essigester gemäß
RO—C—CH2 + Ii
O
O II
C—CH, I
OH
• RO—C—GH,—G—CH3
OR
I
O
I
OR
O
* RO—C—CH2—C—CH3 + RO II O
• R02C—CH=C—CH3 + ROH I, . 0(_)
Auch nicht enolisierbare Verbindungen können Esterkondensationen eingehen, z. B. Fluoren und Nitro-toluol
CO • CO»JR
+ ROC—COR Ö Ö Diese Fähigkeit bringt man mit der Auflockerung der Wasserstoffatome (Protonenbeweglichkeit) in Zusammenhang. Die Kondensation zwischen Säureestern und Ketonen verläuft ganz gleichartig wie die der Ester allein.
225
Keto-Enol-Tautomerie
Aus 2 Mol Ester entstehen allgemein / J - K e t o s ä u r e e s t e r , aus Ester und Keton ß-T)i k e t o n e . Die Anwendung von Ameisensäureester führt, sei es mit einem anderen Ester, sei es mit Keton, zu O x y m e t h y l e n v e r b i n d u n g e n : H C6Hs • CO—CH3 + C • OR
H ->- C6H6 • CO -CH2 • C • OR + H
Ö
ÖNa
~ H 0 B - > C,H 5 • CO • CH=C—ONa
Oxymethylenacetophenon - natrium
Die Neigung zur Enolisation ist bei der ^-ständigen Eormylgruppe besonders stark ausgeprägt. Auch die Ester der Kohlensäure können zur Kondensation mit Estern wie mit Ketonen Verwendung finden; dadurch wird die Carboxylgruppe eingeführt. Bei der großen Bedeutung, die der O x a l e s s i g s ä u r e im Kohlehydratstoffwechsel zukommt, wollen wir hier auch ihren Ester als Kondensationsprodukt von Essigester und Oxalester anführen: R0 2 C • CO • CH2 • C0 2 R. Die i n t r a m o l e k u l a r e K o n d e n s a t i o n von Dicarbonsäureestern ergibt in der Reihe der Adipin- und Pimelinsäure c y c l i s c h e / 9 - K e t o c a r b o n s ä u r e e s t e r (Dieckmann): CH2
CH—CO COjR Adlplnsiiureester
+ ROH
^COjR Cyclopentanoncarbon&äureeater
Bernsteinsäureester kondensiert sich zweiseitig zu S u c c i n y l o b e r n s t e i n s ä u r e e s t e r (l,4-Cyclohexandion-2,5-dicarbonester). Man unterrichte sich über die auf dieser Synthese aufgebauten Arbeiten B a e y e r s ü b e r die h y d r i e r t e n B e n z o l e . Es sind nicht nur die Ester organischer Säuren, die sich mit den Enolaten von Ketonen und Säureestern nach Art der „Acetesaigestersynthese" vereinigen, auch die Ester der s a l p e t r i g e n S ä u r e und der S a l p e t e r s ä u r e schließen sich an. Der Vorgang, der zu I s o n i t r o s o - und («¡¿-Nitroverbindungen führt, liefert grundsätzlich gleichartige Produkte: R • CO • CH3 - f 0=N—OC 2 H 6 • R • CO • CH=N ÖNa
• R • CO • CHa • N • OC2H5 + HOC2H5
ÖNa
Die Kondensation der Alkylnitrite und -nitrate ist allerdings nicht so allgemein durchführbar wie die eigentliche Acetessigesterreaktion. Die oben aufgeführte Synthese des o c i - N i t r o b e n z y l c y a n i d n a t r i u m s bildet ein präparatives Beispiel für diese Reaktion. Die CH2-Gruppe des Benzylcyanids ist durch die Nachbarschaft von C,H 5 und CN „reaktiv" geworden. Die K o n s t i t u t i o n der / 3 - K e t o c a r b o n s ä u r e e s t e r und der j i - D i k e t o n e 1 . Wir wählen als Beispiel den A c e t e s s i g e s t e r . Er reagiert mit Phenylhydrazin 1 Eine ausführliche Darstellung dieses wichtigen Gebiets der organischen Chemie findet man in der Monographie: H. H e n e c k a , Chemie der /J-Dicarbonyl-Verbindungen. Springer-Verlag 1950.
16
Gattermann,
Praxis des Organ. Chemikers.
37. A u a .
226
Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie
Bisulfit und anderen Ketonreagenzien wie ein Keton; auf der andern Seite zeigt er saure Reaktion, löst sich in Alkalien und gibt mit Ferrichlorid die auch f ü r die Phenole charakteristische Farbreaktion der Enole. Aus diesem zwiespältigen Verhalten zog man früher den Schluß, daß er entweder reines Keton oder reines Enol und daß die andersartige Reaktionsweise auf eine Umlagerung durch das Reagens zurückzuführen sei. Erst die quantitative Erforschung der Strukturverhältnisse hat den wahren Sachverhalt klargelegt (K. H. M e y e r , L. K n o r r 1911). Acetessigester nimmt in der Kälte eine b e g r e n z t e Menge Brom auf, eine Reaktion, die, wie oben beim Aceton erörtert, nur der Enolform zukommt. Man kann daher unter geeigneten Bedingungen mit einer eingestellten Bromlösung die im Acetessigester enthaltene Enolmenge quantitativ erfassen. Eine dermaßen austitrierte Lösung verbraucht nach kurzer Zeit erneut Brom, d. h. es hat sich dann in ihr frisches Enol nachgebildet. Daraus geht hervor, daß sich in einer Lösung von Acetessigester K e t o - und E n o l f o r m im g e g e n s e i t i g e n G l e i c h g e w i c h t befinden. Die Einstellung dieses Gleichgewichts erfolgt unter den Arbeitsbedingungen der Bromtitration so langsam, daß die Genauigkeit der Methode nicht merkbar gestört wird. Versuch: M a n löse e t w a % ccm Acetessigester u n t e r S c h ü t t e l n in d e r n ö t i g e n Menge Wasser, f ü g e einige T r o p f e n Eisenchloridlösung hinzu u n d lasse n u n in d e r K ä l t e a u s einem T r o p f r o h r solange v e r d ü n n t e s Bromwasser ( 1 : 10) ziemlich r a s c h z u t r o p f e n , bis die r o t e F ä r b u n g des F e r r i - e n o l a t s v e r s c h w u n d e n ist. D a s E n o l ist j e t z t v o m B r o m vollständig a u f g e b r a u c h t ; d a es sich a b e r zur H e r s t e l l u n g des Gleichgewichts wieder v o n n e u e m bildet, so t r i t t n a c h k u r z e r Zeit die F ä r b u n g e r n e u t auf u n d k a n n alsbald d u r c h einige T r o p f e n B r o m wieder z u m Verschwinden g e b r a c h t w e r d e n . D a s Spiel l ä ß t sich solange wiederholen, bis aller Acetessigester in Bromacetessigester u m g e w a n d e l t ist. Dieser V e r s u c h e r l a u b t die s u b j e k t i v e W a h r n e h m u n g der K e t o - E n o l u m l a g e r u n g . Das Verhältnis, in dem Keto- und Enolform sich im Gleichgewicht befinden, ist in hohem Maße von der N a t u r des L ö s u n g s m i t t e l s abhängig. Die nachstehende Tabelle gibt für den Acetessigester darüber Auskunft: Lösungsmittel Wasser Äthylalkohol Eisessig Benzol Petroläther
°/0 E n o l 0,4 12,0 5,7 16,2 46,4
Zwischen der Beteiligung tautomerer Stoffe am Gleichgewicht und ihrer Löslichkeit im betreffenden Lösungsmittel bestehen wichtige Beziehungen, die sich allgemein durch die einfache Formel: c a ^a Q H ~ Lb ausdrücken lassen (van't H o f f , D i m r o t h ) . c sind die Konzentrationen, L die Löslichkeiten der beiden Isomeren a und b, O ist eine vom Lösungsmittel unabhängige Konstante. Auf den Fall des Acetessigesters übertragen, wird also im Hinblick auf die Tabelle der Ketoester in Wasser, der Enolester in Petroläther leichter löslich sein, was mit den Tatsachen übereinstimmt. Der flüssige Acetessigester besteht zu 92,5 % aus Keton und zu 7,5 % aus Enol. Das frisch destillierte Präparat ist erheblich enolreicher, da der Enolester wegen seines tieferen Siedepunktes vorher absiedet und in der Flüssigkeit wieder nachgebildet wird.
Keto-Enol-Tautomerie
227
Versuch: Man löst 2,5 g Acetessigester in 20 ccm n-Lauge, kühlt in Eis auf 0° ab und fügt unter Umschütteln 20 ccm gekühlte n-Salzsäure auf einmal hinzu. Es bildet sich eine milchig getrübte Lösung, die jedoch schon nach wenigen Sekunden klar wird. Das in Wasser schwerer lösliche Enol ist anfangs zur Ausscheidung gekommen, hat sich aber, wie es die Gleichgewichtslage im Wasser verlangt, sehr rasch und fast vollständig in das leichter lösliche K e t o n umgelagert. Die „ B r o m m e t h o d e " von K. H. Meyer 1 erlaubt in fast allen Fällen den Enolgehalt in Lösungen tautomerer Substanzen zu bestimmen. Auf verschiedenen Wegen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, ist es gelungen, K e t o - und E n o l a c e t e s s i g e s t e r , beide in reinem Zustand, darzustellen ( K n o r r , K. H. Meyer). Ihre physikalischen Konstanten sind durchaus verschieden, so beispielsweise der Brechungsexponent, der f ü r den Ketoester = 1,4225, für den Enolester 1,4480 beträgt. Durch Bestimmung der Brechungsexponenten von Gleichgewichtsgemischen läßt sich durch Interpolation der Gehalt an beiden Formen berechnen ( K n o r r 1911). Auch auf spektroskopischem Wege sind damit übereinstimmende Ergebnisse erhalten worden ( H a n t z s c h 1910). Ob die beiden Formen einer tautomeren Substanz, jede für sich, in freiem Zustand isolierbar sind, hängt in erster Linie von der Umlagerungsgeschwindigkeit der labileren ab. Beim unsymmetrischen D i b e n z o y l a c e t o n hat man zuerst Ketosowie Enolverbindung in haltbarer, kristallisierter Form zu isolieren vermocht (Ciaisen 1896): (C,H 6 CO) 2 : CH • CO • CH3 und (C,H6CO)2 : C=C—CH 3 . OH Der Begriff der Tautomerie hat sich für derartige, lediglich durch den Erfolg der Experimentierkunst herausgehobene Fälle, zu dem der „ D e s m o t r o p i e " umgestaltet. Zahlreiche Beispiele von desmotropen Substanzen, die demnach nur in prägnanterer Gestalt ihre Tautomerieverhältnisse zum Ausdruck bringen, sind mittlerweile bekannt geworden; zu ihnen gehört auch der Acetessigester. Ganz ähnliche Verhältnisse liegen beim A c e t y l a e e t o n vor, nur ist hier die Enolform viel mehr begünstigt. Das flüssige Präparat besteht zu 80 °/ 0 aus Enol. Im B e n z o y l - a c e t y l a c e t o n tritt das Enolisationsbestreben so stark hervor, daß dieser Stoff überhaupt nur als Enol existiert. Die Ketoform ist unbekannt. C6H5 • CO • C = C - C H , I I H3C • CO OH Ebensowenig wie hier kann beim P h e n o l von einer eigentlichen Tautomerie die Rede sein. Das Phenol schließt sich in seinem chemischen Verhalten in jeder Hinsicht den aliphatischen Enolen an. Wir erinnern nur an die Übereinstimmung im Säurecharakter, in der Farbreaktion mit Eisenchlorid, ferner an die gleichlaufenden Reaktionen mit Halogen, mit salpetriger Säure, mit aromatischen Diazoverbindungen (Kuppelung). Die „Enolnatur" des Phenols bildet einen schönen Beleg für unsere Auffassung von der Konstitution des Benzols, indem sie das Bestreben des Ringes zum Ausdruck bringt, den energieärmsten „aromatischen" Zustand aufrechtzuerhalten. Polyphenole, etwa das Phloroglucin, vermögen auch in der tautomeren Ketonformel zu reagieren (Oxim- und Hydrazonbildung). 1
A. 380, 212 (1911). 15»
228
Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie
Mit der Tautomerie der Ketone und Aldehyde ist die der a l i p h a t i s c h e n N i t r o v e r b i n d u n g e n aufs engste verwandt. Auch hier steht einer neutralen Form eine solche mit Säurenatur, die sog. aei-Form, gegenüber ( H a n t z s c h ) :
—C=0
0N=0
I
—¿—H I
Keton
—C—OH
I! —€ I Enol
echter Nitrokörpei
ON—OH
II —C I
oci-Nitrokörper
In bezug auf die Eigenschaften, die Umlagerungserscheinungen und die Reaktionsverhältnisse kann einfach auf das über die Keto-Enol-Tautomerie Gesagte verwiesen werden. Die Brommethode hat auch hier die Gleichgewichte quantitativ zu erfassen erlaubt. Das zuerst bekannt gewordene, wichtigste Beispiel der Desmotropie liegt beim P h e n y l n i t r o m e t h a n vor, das als stabiler neutraler Nitrokörper (öl) und als labile kristallisierte oci-Nitroverbindung existiert (Hantzsch). C6H6 • CH2 • NOj und C„H6 • CH=NOOH .
Versuch: Man schüttelt etwa 2—3 g Phenylnitromethan mit 15 ccm 2n-Natronlauge in einem weiten Reagenzglas. Der neutrale Nitrokörper wird in der Kälte infolge seiner geringen Löslichkeit in Wasser nur ganz langsam umgelagert, d. h. gelöst. (In alkoholischer Lösung verläuft die Salzbildung sehr rasch.) Durch Erhitzen bringt man das öl in kurzer Zeit zur Lösung. Ist dies geschehen, so kühlt man ab, fügt zu der alkalischen Lösung in einem kleinen Becherglas einige Stückchen Eis und versetzt auf einmal mit 20 ccm 2n-8chwefelsäure. Das freie aci-Phenylnitromethan scheidet sich in farblosen kristallinischen Flocken aus, die man sofort absaugt, mit Wasser wäscht und auf Ton abpreßt. Bei raschem Arbeiten kann man einen Teil des Präparates aus Leichtbenzin (unter Zugabe von einigen Körnchen Calciumchlorid) Umkristallisieren. Eine kleine Probe löst man in wenig Alkohol und fügt einen Tropfen FeClsLösung hinzu. Eine zweite, größere versetzt man unter Kühlung mit einigen Tropfen kalter alkoholischer Bromlösung; das Brom wird entfärbt. Die gleichen Reaktionen verlaufen bei dem als Präparat dargestellten Phenylnitromethan negativ. Den Rest der aci-Nitroverbindung läßt man, in Alkohol gelöst, über Nacht stehen. Die Lösung nimmt jetzt weder Brom auf, noch zeigt sie die Farbreaktion mit Eisenchlorid. Wenn man einige Körnchen auf einem Uhrglas gelassen hat, findet man sie am anderen Tag in ein öl umgewandelt. Wie man sieht, ist die aci-Form des Phenylnitromethans nur wegen ihrer kleinen UmlagerungsgeBchwindigkeit vorübergehend faßbar; im Gleichgewicht hat sie keinen Bestand.
Acetessigester- und Malonester-Synthesen
229
Die A n w e n d u n g v o n A c e t e s s i g e s t e r und M a l o n e s t e r für S y n t h e s e n Der freie Malonester besitzt die Konstitution, die der üblichen Formel entspricht; ,OR f ü r die Existenz einer Enolform ROOC—CH=C CH„—C—CH—COOR + R—Hai * CH,—C—CH—COOR + HaK") II II I O O R Den gleichen Verlauf nimmt die Reaktion mit Säurechloriden. Dagegen f ü h r t die Umsetzung des Acetessigesters mit Säurechloriden in P y r i d i n zu den O - A c y l d e r i v a t e n , während die 0 - A l k y l d e r i v a t e nur auf dem Umweg über die Acetale (S. 127) unter Abspaltung von Alkohol gewonnen werden können (Ciaisen). H 3 C • C • CH 2 • COOR
• H 3 C • C = C H • COOR + HOCH 3 .
HaCÖ^^CHa
OCH 3
O-Alkyl- und -Acylverbindungen werden unter den Bedingungen, unter denen die C-Isomeren, wie oben beschrieben, dargestellt werden, nicht zu diesen umgelagert (vgl. dazu S. 213). Dagegen erfolgt dieser Übergang, wenigstens bei den O-Acylderivaten, unter der katalytischen Wirkung von festem Kaliumcarbonat in indifferenten Lösungsmitteln (Ciaisen), z . B . : H 3 C • C = C H • COOR 0 • CO • CH 3
•
H3C-CO-CH-COOR ¿ 0 • CH 3 •
Die am Kohlenstoff einfach alkylierten oder acylierten Acetessigester und Malonester lassen nun, da sie nochmals der Salzbildung fähig sind, eine zweite Alkylierung oder Acylierung am gleichen Kohlenstoffatom zu. I n der Verwendung der einzuführenden Gruppen besteht f ü r beide Stufen die größte Mannigfaltigkeit; mit allem Material, das reaktionsfähiges Halogen enthält, also nicht nur mit halogenierten Kohlenwasserstoffen und Säurechloriden, kann die Synthese erfolgen. Die Heranziehung von Dihalogenparaffinen h a t die Reaktion auch zur Synthese von einfachen Kohlenstoffringen nutzbar gemacht (W. H . P e r k i n ) , z. B.:
Phenole und Enole. Keto-Enol-Tautomerie
230
ROOC—CH—C—OR + BrCHj • CH2 • CH2Br Na I O
>• ROOC—CH • COOR + NaBr ¿h,—c COOR
+ Na
ROOC—(¿-COOR
A
> ROOC—C
CH2 + NaBr
'Hg—CH2—CH2Br Cyclo butandicarbonsäureester
Aus der Möglichkeit, die so aufgebauten Produkte mit leichten Mitteln zu einfacheren Verbindungen abzubauen, ergibt sich ein weiterer wichtiger Vorteil der Acetessigester- und Malonestersynthese. Dem Verhalten der Malonsäure, im Schmelzen C0 2 abzugeben und in Essigsäure überzugehen, entnehmen wir, daß ein Kohlenstoffatom nicht die Kraft hat, zwei Carboxylgruppen fest zu binden. Diese Eigenschaft besitzen nun auch alle s u b s t i t u i e r t e n Malonsäuren, die wir durch Verseifung der erhaltenen Ester ohne weiteres gewinnen können. Dadurch wird das Ergebnis der Synthese in willkommener Weise vereinfacht. Beispiel: Die Synthese mit I s o p r o p y l b r o m i d liefert I s o v a l e r i a n s ä u r e . Eine weitere Vereinfachung des Reaktionsprodukts besteht in der Abspaltung der z w e i t e n Carboxylgruppe (Darstellung von C v c l o b u t a n aus dem oben formulierten Dicarbonsäureester). Im Acetessigester steht die Methylengruppe mit —CO • CH3 und —COOR in Bindung. Die f r e i e Acetessigsäure ist noch bedeutend weniger beständig als Malonsäure und zerfällt schon beim Erwärmen in Lösung in grundsätzlich gleicher Weise wie diese, nämlich in A c e t o n und C0 2 . Da alle durch Synthese gewonnenen Derivate des Acetessigesters dasselbe Verhalten zeigen, daß nämlich die durch Verseifung mit wäßrigen Mineralsäuren entstehenden Acetessigsäuren in der Hitze spontan unter C02-Verlust zerfallen, so sind durch diese Art der Spaltung, die man als K e t o n s p a l t u n g bezeichnet, alle möglichen Abkömmlinge des Acetons der Synthese zugänglich, z. B.: (-)
CH3—CO—CH—COOR + CI-CH 2 —COOR
> H3C • CO • CH • COOR
CH2-COOR • CH„ • CO • CH2 • CH2 • COOH + C0 2 + 2 ROH Lävulinsäure
Durch starkes Alkali wird die Molekel der durch Verseifung aus dem Ester entstehenden Acetessigsäure nicht an der Carboxylgruppe durchbrochen, sondern der Rest —CO-CHj wird hydrolytisch abgesprengt, und es entstehen 2 Molekeln E s s i g s ä u r e . Diese „ S ä u r e s p a l t u n g " bringt eine neue Variation in das Gesamtbild der Synthesen, deren praktische Bedeutung am gleichen Beispiel, am Kondensationsprodukt von Acetessigester mit Chloressigester zur Anschauung gebracht werde: H 3 C • CO • CH • COOR H3C • COOH + H2C • COOH I • I + 2 ROH
ch2coor
h2ccooh
Bemsteinaäuie
Eine andere Art des Aufbaues vom Acetessigester aus stellt die Verknüpfung zweier Molekeln zum D i a c e t b e r n s t e i n s ä u r e e s t e r dar, die bei der Einwirkung von Jod auf Natracetessigester eintritt:
Acetessigester- und Malonester-Synthesen
231
COOR COOR COOR I , . I I (-) HC| HC CH 2 1 + J , — • | I +2J«-1 0=0 CO CO I I I C H3 CH3 CH 3 Auch hier finden wir, ähnlich wie bei der Alkylierung, daß sich Kohlenstoff an Kohlenstoff bindet. Über die interessanten Isomerieverhältnisse beim Diacetbernsteinsäureester (L. K n o r r ) unterrichte man sich aus der Literatur. D e h y d r a c e t s ä u r e entsteht aus Acetessigester durch intermolekulare Kondensation (formulieren!). Beim Kochen mit Säuren wird der Lactonring aufgespalten unter Bildung einer Triketocarbonsäure, die C0 2 und H 2 0 verliert und so in D i m e t h y l p y r o n übergeht. H3C—CO C 0 - C H 3 H3C—C CO >• I I ^zrfTV^ HSC—C C—CH. || | HaC CH—C0 2 H ' || || HC CH—COCH, HC CH CO 0 ö Der P y r o n r i n g , der auf biologischem Wege auch von den Zuckern aus geschlossen wird ( K o j i s ä u r e ) , ist von großer Bedeutung, weil der Äthersauerstoff in ihm besonders deutlich als Träger basischer Eigenschaften erkannt worden ist (Collie und Tickle). Gleich dem 3-bindigen Stickstoff vermag er Säuren unter Bildung von Salzen anzulagern, die entsprechend den Ammoniumsalzen als Oxon i u m s a l z e bezeichnet werden. Diese Eigenschaft des Sauerstoffs findet sich in zahlreichen organischen Verbindungen. So hat man in der Lösung von Äthern in konzentrierter Schwefelsäure auch Oxoniumsulfate anzunehmen, die durch Wasser hydrolytisch zersetzt werden. Für die P y r o x o n i u m s a l z e hat B a e y e r die nachstehende Formel dadurch wahrscheinlich gemacht, daß er das tertiäre Salz, das durch Anlagerung von Methyljodid an Dimethylpyron entsteht, mit Ammoniak in das in p-Stellung methoxylierte Pyridinderivat überfuhren konnte. ci J(-> (+) (+) CH3\ / 0 ^ C H 3 ch3X/Ov/CH3 CH3X/N^/CH3
JCH,
(l
|
2 NH,
-H.o oh
Pyroxoniumchlorid
I
Jodmethylat
+NH4J
2,8-DimethyI4-methoxypyridin
Tertiäre Oxoniumsalze, die sich vom Benzopyranol (Chromanol) ableiten, liegen in den A n t h o c y a n e n , den roten und blauen Farbstoffen zahlreicher Blüten und Früchte vor (R. W i l l s t ä t t e r , P. K a r r e r , R. R o b i n s o n ) . 0
^ ^CH
vv H2U
C1OH H O ^ ^ j ^
\
/ CH
OH
OH
^ C
OH
COH
Cyanidinchlorid
Pelargonidinchlorid
D e l p h i n i d i n c h l o r i d enthält in der bezeichneten Stellung eine weitere OHGruppe. Man unterrichte sich über die pflanzenphysiologisch wichtigen Beziehungen zwischen C y a n i d i n , Q u e r c e t i n , C a t e c h i n und L u t e o l i n .
VII. Die Diazoverbindungen Allgemeines Wohl die wichtigste Reaktion der Stickstoff-Wasserstoffverbindungen, d. h. des Ammoniaks und aller seiner Derivate, die noch Wasserstoff am Stickstoff gebunden enthalten, ist die Umstzung mit s a l p e t r i g e r Säure. Die Anlagerung der Basenmolekel mit ihrem freien Elektronenpaar an den elektophilen Stickstoff der salpetrigen Säure ist stets die Primärreaktion. Am einfachsten liegt der Fall bei den s e k u n d ä r e n Aminen R
R.
>N + NO | R H OH
R
(+) , N—NO(~ H | OH
— E.0
R.
V - -N0
R'
Das Primäraddukt spaltet Wasser ab und liefert das Nitrosamin, in welchem sich der Wasserstoff des sekundären Amins gegen die Nitrosogruppe ausgetauscht findet. Viele derartige Nitrosierungen, besonders solche in stark saurer Lösung, werden auch vom freien Nitrosyl-Kation als elektrophilem Agens ausgelöst. Auch das N 2 0 3 und das Nitrosylchlorid sind stärkere Nitrosierungsmittel als die freie salpetrige Säure. Die Nitrosierung der Amine zeigt eine formale Analogie mit der Acetylierung, z. B. der Bildung des Säureamids aus dem Amin und der Carbonsäure. Hier nimmt die elektrophile Carbonylgruppe die Basenmolekel im ersten Schritt der Reaktion auf. R (CH,)aNH+C=0
I OH
R
R (
(CH 3 ) 2 N— C—0 -» H
1OH
(CH3)2N-C=0 Dimethylamld
Die große Veresterungsgeschwindigkeit der salpetrigen Säure, hinter der die aller andern Säuren zurückbleibt, ist wohl auch auf die Additionsfreudigkeit der salpetrigen Säure zurückzuführen (S. 133).
233
Allgemeines
Übertragen wir diese Vorstellungen auf die Reaktion des A m m o n i a k s , so ist einleuchtend, daß das primäre Reaktionsprodukt in Stickstoff und Wasser zerfallen muß: (+) . , H 3 N - N —0 ( - > -> N = N + 2 H 2 0 OH Grundsätzlich das gleiche gilt für prim. aliphatische Amine R - N H s + NO ( + )
• R-NHs-NO
R-N=N
~ H , °- >
N2 + R ( + ) j
~ H '°- >
ROH + H ( + ) .
Als hypothetisches Zwischenprodukt nimmt man das Alkyl-diazonium-Kation an; die notorische Zerfallsfreudigkeit dieses Derivats des Stickstoffmoleküls vereitelte bislang seine Isolierung. Der Zerfall setzt neben Stickstoff ein Carboniumion frei, das sofort durch Aufnahme des nucleophilen Wassermoleküls die Elektronenlücke am Kohlenstoff schließt. Auf diese Weise ist die Bildung primärer Alkohole aus primären Aminen bei der Behandlung mit salpetriger Säure zwanglos zu deuten. Die bei dieser Reaktionsfolge häufig beobachteten Umlagerungen (n-Propylamm gibt ein Gemisch von n- und iso-Propanol; Cyclobutyl-methylamin liefert u. a. Cyclopentanol) vermögen als Indiz für die Carboniumzwischenstufe zu dienen. Eine zweite Stabilisierungsmöglichkeit des Carboniumions liegt in der als Nebenreaktion eintretenden Protonabgabe zum Olefin. Manche Alkyl-diazonium-ionen sind zur leichten Protonenabgabe zu einem mesomeriestabilisierten aliphatischen Diazokörper befähigt. Insbesondere a-ständige Carbonylgruppen sind zu dieser Stabilisierung geeignet. So liefert Glycinester den Diazoessigester, dessen Grenzstrukturen nur zwitterionisch geschrieben werden können. RO—C—C H . - N H . + H O - N O
(+) "
RO- "
O
_h
O
( - ) (+) RO—C—CH—N=NI I! ~ O
(+) • RO—C=CH—N=NI I, . 0(->
«
(+) ( - ) > RO—C—CH=N=NI II ~ O
Bei der Reaktion der primären a r o m a t i s c h e n Amine mit salpetriger Säure bei tiefer Temperatur bildet sich ebenfalls ein Diazoniumion, das hier, im Gegensatz zur aliphatischen Reihe, stabil ist (Peter Griess 1858). Auch hier ist eine Mesomerie für die Stabilität verantwortlich. -N=N
H 3 C—NH 2 .
Der Formaldehyd wird dabei (als Hydrat) zu Ameisensäure und C0 2 dehydriert. Steigert man die Aldehydmenge, so gelangt man auf analoge Weise zum T r i methylammoniumchlorid.
Diazomethan
235
ebenfalls gekühlte Lösung von 20 g Natriumnitrit (0,3 Mol) in 40 ccm Wasser wird nun zu der Lösung des Methylharnstoffs hinzugefügt; zu der Mischung läßt man unter Eiskühlung und mechanischer Rührung 100 ccm kalter 25-proz. Schwefelsäure zutropfen. Die in kristallinen Flocken sich ausscheidende Nitrosoverbindung wird nach beendeter Operation abgesaugt, mit Eiswasser gewaschen und nach dem Trocknen im Yakuumexsiccator aus etwa der doppelten Menge Methylalkohol umkristallisiert. Zur Erhöhung der Ausbeute kühlt man die Lösung in Eis-Kochsalz auf —15°, saugt nach einigem Stehen ab und wäscht mit Äther. Hellgelbe Kristalle vom Schmelzpunkt 124° (Zers.). Ausbeute 20 g. Die Substanz ist im Eisschrank aufzubewahren. Auf billigere Weise läßt sich Nitrosomethylharnstoff auf folgendem Wege darstellen 1 : Zu 165 ccm konz. Ammoniaks läßt man bei Kühlung mit Eis-Kochsalz unter kräftigem Turbinieren 100 g Dimeihylsulfat zutropfen; die Temperatur soll dabei nicht über 20° hinaufgehen. Dann erwärmt man zwei Stunden auf dem Wasserbad, kocht weitere 15 Minuten lang, fügt 85 g Harnstoff hinzu und kocht nochmals 3 Stunden. Dann wird die Lösung von 40 g Natriumnitrit in 70 ccm Wasser zugesetzt und abgekühlt. Die kalte Lösung bringt man in kleinen Anteilen zu einem Gemisch von 50 g konz. Schwefelsäure und 200 g Eis und verfährt im übrigen wie oben angegeben. Ausbeute 25 g.
Zur Ü b e r f ü h r u n g in D i a z o m e t h a n trägt man 10 g Nitrosomethylharnstoff in kleinen Anteilen in 100 ccm reinen Äther ein, der mit 30 ccm stark gekühlter 40-proz. Kalilauge unterschichtet ist. Die Spaltung wird in einem weithalsigen Erlenmeyer unter dem Abzug vorgenommen. Man muß dauernd schütteln und die Temperatur auf -f- 5° halten. Nach 5—10 Minuten ist die Reaktion beendet; man gießt die tiefgelbe Ätherlösung ab, spült mit etwas Äther nach und trocknet die ätherische Diazomethanlösung etwa 3 Stunden lang mit einigen kleinen Stückchen Ätzkali. Die Lösung wird in einer kleinen enghalsigen Glasflasche, die, wie bei Äther über Natrium angegeben (S. 85, Anm.), verschlossen ist, an einem kühlen Platz aufbewahrt, falls das Präparat nicht sofort Verwendung findet. Die Diazomethanlösung hält sich mehrere Tage, erleidet aber doch eine stetige, wenn auch langsame Zersetzung unter Stickstoffentwicklung. Darum darf das Aufbewahrungsgefäß nicht fest verschlossen werden. Da Nitrosomethylharnstoff, in der Kälte aufbewahrt, längere Zeit haltbar ist, stellt man sich jeweils nur die für den augenblicklichen Bedarf notwendige Menge Diazomethan her. D i a z o m e t h a n ist ein gelbes, sehr giftiges Gas vom Siedep. —24°, das für präparative Zwecke nur in Lösung gewonnen wird. In freiem Zustand ist es explosiv. Schon beim Destillieren von Diazomethan kommt es bisweilen zur Explosion; daher Vorsicht! Als indifferente Lösungsmittel können außer Ä t h e r auch die A l k o h o l e , B e n z o l und P e t r o l ä t h e r verwendet werden, für kurze Zeit auch A c e t o n .
G e h a l t s b e s t i m m u n g d e r D i a z o m e t h a n l ö s u n g (nach M a r s h a l l und A c r e e , B. 43 , 2324 [1910]). Einen aliquoten Teil der Diazomethanlösung (etwa V20) läßt man, mit absolutem Äther verdünnt, in 1
F . A r n d t , L . L o e w e und S. A v a n , B. 78, 606 (1940).
236
Aliphatische Diazoverbindungen
eine mit Eis gekühlte n/5-ätherische Benzoesäurelösung unter Schütteln einfließen. Diese wird dargestellt durch Auflösen von 1,22 g reinster Benzoesäure im 50-ecm-Meßkolben in absolutem Äther; sie muß gegen das Diazomethan im Überschuß sein, was man daran erkennt, daß bis zum Schluß der Zugabe N 2 -Entwieklung eintritt und die Lösung farblos bleibt. Die übrige Benzoesäure wird mit n/10-NaOH zurückgemessen. Das Präparat wird bei der hier beschriebenen bequemen Bereitungsweise für wissenschaftliche Arbeiten viel benützt, da es bei wertvollen Säuren und Phenolen eine elegante und glatt verlaufende Methylierung erlaubt. A l k o h o l i s c h e OHG r u p p e n werden praktisch nicht methyliert, auch nicht A m i n e . Über Methoden zur Methylierung von A l k o h o l e n mit Diazomethan siehe H. M e e r w e i n und G . H i n z , A.484, 1 (1930).
Versuche: Man löst 2—3 g eines Phenols (Phenol, Kresol, /?-Naphthol, Salicylaldehyd, Hydrochinon) in wenig Äther oder Methylalkohol und fügt unter Eiskühlung in kleinen Anteilen von der dargestellten Diazomethanlösung zu, bis die Gasentwicklung nicht mehr einsetzt und die Lösung schwach gelb gefärbt ist. Um bei g e f ä r b t e n Lösungen einen Überschuß an Diazomethan zu erkennen, gießt man einige Tropfen in ein kleines Reagenzglas ab und bringt einen in Eisessig getauchten Glasstab hinein: sofortige Gasentwicklung. Die Reaktionsprodukte werden nach dem Abdampfen des Lösungsmittels entweder durch Destillation oder, wenn sie fest sind, durch Kristallisation gereinigt. Man bearbeite hier eines der im Laboratorium zugänglichen P h e n o l e selbständig und mache Angaben über die Natur des gewonnenen Methyläthers. In gleicher Weise verfährt man mit C a r b o n s ä u r e n (p-Toluylsäure, Phenylessigsäure, Zimtsäure, Oxalsäure, Terephthalsäure, Salicylsäure usw.). Es gibt Phenole, die mit Diazomethan langsam reagieren. In solchen Fällen bringt man sie mit einem Überschuß über den errechneten Bedarf an Diazomethan zusammen und läßt mehrere Tage mit aufgesetztem Capillarrohr stehen. D i a z o m e t h a n , die einfachste aliphatische Diazoverbindung, ist von P e c h m a n n 1 auf folgendem Weg zuerst dargestellt worden:
0=C
• 0=(
/OC2Hs x
irn.vn
0 = C—OC2H5
NH-CH3
CH 3 —N—NO
Methylurethan
K O N = N — C H 3 + KjC0 3 + CJHJOH
Nitrosomethylurethan (-)
(+)
> H 2 C — N = N + KOH
Methyldiazotat 1
Unser Weg verläuft der P e c h m a n n s c h e n Synthese durchaus parallel. An Stelle des Urethans verwenden wir den Harnstoff. 1
B. 28, 855 (1895). H a n t z s e h und L e h m a n n , B. 36, 897 (1902). Aus dem (wohl stereoisomeren) Methylisodiazotat entsteht nach T h i e l e (A. 876, 253 [1910]) Diazomethan. a
Diazomethan
237
Die höchst charakteristische Stickstoffentwicklung bei der Einwirkung von Säuren auf Diazomethan und allgemein auf aliphat. Diazokörper geht auf die schon S. 233 erwähnte Labilität des Alkyl-diazoniumkations zurück: (-)
(+)
(+)
CH 2 —N=N + H X
> CH 3 —N=N > CH 3 —X + N2 . X- R — C H = C I N
CO I O
>• R-CH 2 • CH-COOH I N H • COC„Hs
• R • CH a • CH • COOH + C 6 H 6 • COOH
Ah2 Wenn man a-Ketocarbonsäuren bei Gegenwart von Ammoniak katalytisch hydriert, so wird über die zuerst entstehende Iminosäure die -0, J o d o s o b e n z o l , bekannt.
J o d o s o b e n z o l . 2 g Phenyljodidchlorid werden in einer Reibschale mit 10 ccm 3 n-NaOH gut zerrieben. Nach dem Stehen über Nacht saugt man das gebildete .Jodosobenzol ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet auf Ton. Die Substanz ist nicht kristallinisch. Aus dem alkalischen Filtrat (ohne die Waschwässer) fällt beim Einleiten von Schwefeldioxyd — zur Reduktion der gebildeten Jodsäure — ein farbloses Salz, das nach einigem Stehen abgesaugt und aus heißem Wasser umkristallisiert wird: Diphenyljodoniumjodid. J o d o b e n z o l . Die Hauptmenge des dargestellten Jodosobenzols wird, mit wenig Wasser zu einem Brei angeteigt, im Rundkolben mit strömendem Wasserdampf behandelt, bis alle Substanz gelöst und das gebildete Jodbenzol übergegangen ist (Kühler, Vorlage). Die (wenn noch trüb)
Diazotierung von Anilin. Phenol, Jodbenzol und Benzol usw.
247
heiß filtrierte Lösung wird auf dem Wasserbad eingedampft, bis eine abgegossene Probe im Reagenzglas reichlich kristallisiert. N a c h dem Abkühlen wird abgesaugt usw. Die J o d o n i u m b a s e n entstehen allgemein aus Jodoso- und Jodoverbindung in Gegenwart von Alkalien, am besten Silberoxyd; die beiden jodhaltigen Molekeln vereinigen sich unter Abspaltung von J o d a t .
0^' J o d o b e n z o l bildet sich aus Jodosobenzol durch intermolekulare Disproportionierung neben J o d b e n z o l : C.H, • JO + OJ • C„H, ähnlich wie sich salpetrige Säure zu Salpetersäure und Stickoxyd disproportioniert. Diese Reaktion findet in geringem Umfang schon in der Kälte statt und so erklärt sich das Auftreten der Jodoniumbase als Nebenprodukt bei der Darstellung von Jodosobenzol. Die Jodoso- und namentlich die Jodoverbindungen verpuffen beim Erhitzen, da sie den Sauerstoff in gespannter Bindung enthalten. Aus angesäuerter Kaliumjodidlösung setzen sie die äquivalente Menge Jod in Freiheit, wobei sie in Jodbenzol zurückverwandelt werden. Am interessantesten ist die basische Funktion des Jods in den Jodoniumbasen, die den Ammonium-, Sulfonium- und Oxoniumbasen durchaus entsprechen. Dip h e n y l j o d o n i u m j o d i d ist dimer zu Jodbenzol und zerfällt beim Erhitzen in exothermer Reaktion (Gegensatz zu andern Dissoziationen wie N 2 0 4 , NHjCl, PC18) in 2 Mole C,H 6 J. Versuch mit einer kleinen Probe im Reagenzglas! Die gleichzeitig und unabhängig von V. Meyer und C. W i l l g e r o d t entdeckten aromatischen Verbindungen des mehrwertigen Jods hat man lange Zeit, wie heute noch die Diazoniumverbindungen, für eine Monopolklasse der aromatischen Chemie angesehen, bis T h i e l e (1909) die ganze Verbindungsreihe auch bei den Olefinen, im einfachsten Beispiel am C h l o r j o d ä t h y l e n CHC1=CHJ kennen lehrte. Selbst Methyljodid vermag bei tiefer Temperatur Chlor anzulagern, aber dieses Produkt zerfällt leicht wieder und zwar in Methylchlorid und Chlorjod (Ersatz von Jod durch Chlor). Die Derivate des mehrwertigen Jods werden erst beständig, wenn das Jod an einem doppelt gebundenen C-Atom haftet. d) B e n z o l aus Anilin. Man bereitet eine alkalische Stannitlösung, indem m a n die trübe Lösung v o n 40 g Zinn- ( I I ) -cMorid in 200 ccm Wasser mit der Lösung v o n 50 g Natriumhydroxyd in 60 ccm Wasser zusammenbringt und dann alsbald abkühlt. Unter guter Eiskühlung bringt man hierauf die Stannitlösung nach und nach in das letzte Drittel Diazoniumsalzlösung; m a n wartet mit der erneuten Zugabe, bis die jedesmal eintretende Stickstoffentwicklung aufgehört hat. N a c h Beendigung der Reaktion destilliert man das gebildete Benzol am absteigenden Kühler ab; es geht über, ehe größere Mengen v o n Wasser kommen, und wird in einem Reagenzglas aufgefangen. N a c h dem Trocknen m i t wenig CaCl2 wird das Benzol aus einem kleinen Destillierkölbchen m i t übergezogenem Kühler rektifiziert, aus dem es fast restlos bei 81° übergeht. Ausbeute 6 g.
248
Aromatische Diazoverbindungen
Der Ersatz einer NH 2 -Gruppe durch Wasserstoff über die Diazoverbindung hat im hier durchgeführten Beispiel natürlich keine praktische Bedeutung, wohl aber in andern Fällen. So wird m - N i t r o t o l u o l (und aus ihm m-Toluidin) aus p-Toluidin derart gewonnen, daß man die (acetylierte) Base nitriert und die NH,- Gruppe (nach Abspaltung des Acetyls) wie oben durch H ersetzt. CH,
Der Verlauf der Reaktion ist sehr merkwürdig. Man wird anzunehmen haben, daß das Diazotat zu dem unbeständigen P h e n y l d i i m i n reduziert wird, das in Benzol und Stickstoff zerfällt. C,H 6 • N = N O N a
2TT
> C,H 6 • N = N H + NaOH
>• C . H , + N 2 .
An Stelle alkalischer Stannitlösung kann man f ü r den Ersatz der Diazogruppe durch Wasserstoff auch A l k o h o l verwenden, der dabei unter Abgabe zweier H-Atome zu Aldehyd dehydriert wird. In diesem Fall wird daa Diazoniumsalz eine Zeitlang in Alkohol gekocht. Als Produkt einer Nebenreaktion wird gleichzeitig unter Ersatz der Diazoniumgruppe durch Alkoxyl der P h e n o l ä t h e r gebildet. Die Parallele zur Umkochung der Diazoniumsalze zu Phenolen ist deutlich. (+) -NssN (-) +
C1
{ H O • C2Hs
X
.OC2HB + N2 +
HCl.
e) F e s t e s P h e n y l - d i a z o n i u m c h l o r i d . 3,5 g salzsauren Anilins werden in 20 ccm absoluten Alkohols gelöst, dazu fügt man % c c m alkoholischer Salzsäure und hiernach unter Eiskühlung 3 g Äthylnitrit oder 4 g Isoamylnitrit. Man läßt 5 bis 10 Minuten lang stehen und bringt dann das Diazoniumsalz durch allmähliche Zugabe von Äther zur völligen Abscheidung. Absaugen und mit wenig Alkohol-Äther 1 : 1 , dann mit Äther waschen. Man halte das Salz ä t h e r f e u c h t und trockne nur eine kleine Probe auf Filtrierpapier, die man durch Schlag oder in der Flamme zur Explosion bringt. Auch das ätherfeuchte Präparat sollte nicht mit dem Spatel oder einem andern harten Gegenstand berührt werden. Man löst das Diazoniumsalz vom Filter weg in Eiswasser und benützt die Lösung zur Darstellung von P h e n y l d i a z o n i u m p e r b r o m i d und P h e n y l a z i d (siehe unten). P h e n y l d i a z o n i u m n i t r a t erhält man in kristallisierter Form, wenn man in eine gut gekühlte Suspension von Anilinnitrat in Wasser unter Kühlung nitrose Gase (aus Arsenik und Salpetersäure 1,35) bis zur Lösung einleitet, und dann langsam Alkohol und Äther zugibt. Man nehme den Versuch mit höchstens 2 g Anilin vor und trockne nur eine gute Messerspitze des Salzes, das nach dem Absaugen mit AlkoholÄther ( 1 : 1 ) gewaschen wird, auf Ton.
Diazotierung von Anilin. Phenol, Jodbenzol und Benzol usw.
249
Das Nitrat detoniert beim Erhitzen auf dem Spatel und durch Schlag mit dem Hammer; weniger heftig ist die Zersetzung des Chlorids, aber auch dieses Salz darf nicht trocken aufbewahrt werden, wie überhaupt das Arbeiten mit t r o c k n e n Diazoniumsalzen mit Vorsicht zu betreiben ist. Die Diazoniumsalze der einfachen primären Amine lassen sich wegen ihrer großen Zersetzlichkeit aus der wäßrigen Lösung nicht isolieren. Dagegen kristallisieren sie aus alkoholischer Lösung bei Ätherzugabe aus. Da die Salze der salpetrigen Säure in Alkohol nicht löslich sind, diazotiert man in diesem Fall mit ihren Estern, die ja durch Säure außerordentlich rasch verseift werden und sich daher beinahe wie Salze verhalten (siehe S. 133). Die Diazoniumsalze sind farblos, ihre wäßrigen Lösungen reagieren neutralEntzieht man den Salzen die Säuren durch Alkalien, so bilden sich zuerst die nur in Lösung ganz kurze Zeit nachweisbaren, sehr unbeständigen D i a z o n i u m h y d r o x y d e , die in die Salze des sauren Diazohydroxyds, in die sog. D i a z o t a t e übergehen. (+)
C,H6-N^N Cl(")
NaOH HC1
(+)
NaOH
C„H 5 —N=N OH Anilin, siehe S. 137).
5. Arsanilsäure aus p-Nitranilin 4 p - N i t r o p h e n y l a r s i n s ä u r e . 13,8 g {lj1() Mol) p-Nitranilin werden, wie bei der Darstellung des anti-Diazotats (S. 251) beschrieben, diazotiert. Man verdünnt mit Wasser und Eis auf 1 Liter, s t u m p f t unter R ü h r e n mit 4 n-Natronlauge die freie Säure so weit ab, daß Kongopapier eben nicht 1 2 8 4
W. A. W a t e r s , Chem. Soc. 1942, 266. H . H . H o d g s o n , Chem. Rev. 40, 251 (1947). B. 60, 1186 (1927); Zusammenfassung: Organic Reactions V, 193 (1949). H . B a r t , A.429, 96 (1922).
Arsanilsäure aus p-Nitranilin
255
mehr gebläut wird, und läßt dann die Diazoniumsalzlösung in 800 ccm 5-proz. sekundäre Natriumarsenitlösung1, die man vorher bereitet und in einen großen Filtrierstutzen gebracht hat, in dünnem Strahl einfließen. Die Reaktion geht beim Umrühren mit einem Glasstab unter heftiger Stickstoffentwicklung fast augenblicklich zu Ende. Man engt jetzt in einer Porzellanschale auf etwa 400 ccm ein und fällt aus der dunklen Lösung durch Salzsäure schwach saure, harzige Nebenprodukte aus. Wenn die Fällung beendet ist, filtriert man die heller gewordene Lösung durch ein Faltenfilter und dampft die jetzt kongosaure Lösung so weit ein, bis die Ausscheidung von Kristallen beginnt. Beim Erkalten kristallisieren 8—10 g p-Nitrophenylarsinsäure in schwach gelb gefärbten Nadeln aus. Sollte die Lösung nach dem Filtrieren noch stark gefärbt sein, so kocht man sie vor dem Eindampfen mit Tierkohle auf. Das Präparat muß in kalter Sodalösung leicht löslich sein, andernfalls ist ihm Arsenik beigemischt, von dem man es auf diese Weise abtrennt. R e d u k t i o n 2 . 10 g Eisenpulver (ferrum reductum), 100 ccm Wasser und 1 g Eisenchlorid werden in einem Becherglas auf dem Wasserbad auf 60—70° erwärmt und mit einem Rührwerk 15 Minuten gerührt, bis das Ferrisalz reduziert ist. Dann werden bei der gleichen Temperatur und unter fortgesetztem Rühren 6,5 g Nitrophenylarsinsäure portionsweise zugesetzt. Nach Beendigung der Reduktion, die etwa %—1 Stunde in Anspruch nimmt, fügt man 15 ccm 5n-NaOH und 100 ccm kochendes Wasser zu, kocht kurz auf und gießt nach dem Absitzen des Eisenschlammes noch warm durch eine Nutsche. Zum Schluß bringt man auch den Schlamm aufs Filter und wäscht ihn mit kochendem Wasser nach. Dann wird der Schlamm noch dreimal mit je 70 ccm Wasser, dem etwas NaOH beigefügt ist, ausgekocht. Die Filtrate werden auf 60 ccm eingeengt, mit Salzsäure versetzt, bis Kongopapier eben violett gefärbt wird (evtl. muß ein Überschuß an Säure mit Natriumacetat abgestumpft werden) und von Verunreinigungen abfiltriert. Beim Erkalten, evtl. erst nach einigem Stehen, scheidet sich die Arsanilsäure aus. Sie wird aus 40—50 ccm heißem Wasser, wenn nötig unter Zusatz von Tierkohle, umkristallisiert. Ausbeute 4 g. Versuch: Man weise die primäre NH 2 -Gruppe nach, indem man eine kleine Menge der Säure in wenig Natronlauge löst, ungefähr ein Äquivalent Natriumnitrit zufügt und unter Innenkühlung mit Eis mit Salzsäure ansäuert. I n alkalischer ß-Naphthollösung erzeugt die Diazoniumsalzlösung die r o t e F ä r b u n g des entsprechenden Azofarbstoffs. Formel! Die Einführung der A r s i n s ä u r e g r u p p e in den aromatischen Kern hat großes Interesse im Hinblick auf die therapeutische Verwendung der Arsenverbindungen bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten ( A t o x y l = arsanilsaures Natrium, Salvarsan). 1 1 Dargestellt durch Auflösen von 23,5 g / xo Mol) gepulvertem Arsenik 240 ccm 2 n-NaOH (vorher titrieren!) und verdünnen auf 800 ccm. a Vgl. L. K a l b A. 423. 56 (1921).
in
Aromatische Diazo Verbindungen
256
Die erste Synthese der Arsanilsäure erfolgte (mit schlechter Ausbeute) durch Verschmelzen von Anilin mit Arsensäure: 9 >+HOÄs:(OH)2
/ > H2N—(
\
0
)—Äs:(0H)2+H20.
Man vergleiche den Prozeß mit dem der Sulfurierung und Nitrierung und beachte vor allem den Unterschied zwischen Arsen und Stickstoff (hier die neutrale N0 2 Gruppe, dort das entsprechende Hydrat, die zweibasische Arsinsäuregruppe). Der Reduktion der Nitro- zu Azokörpern entspricht die der Arsinsäuren zu Arsenobenzolen: O 2C e H 6 -Äs:(OH) 2
SH
• C6H5-As=As-C,H5 + 6 H 2 0 .
Hat man die durch „Umkochen" der diazotierten Arsanilsäure zu gewinnende p-Oxyverbindung nitriert, die eingetretene Nitrogruppe zur Aminogruppe reduziert, so kann man durch weitere Reduktion die entsprechende A r s e n o v e r b i n d u n g , das S a l v a r s a n erhalten. Man formuliere diese Umwandlungen. Die Bindung der Arsinsäuregruppe an den Benzolkern, die nach der oben ausgeführten B a r t sehen R e a k t i o n allgemein bei Diazoverbindungen erfolgt, überschreitet wahrscheinlich ein dem D i a z o s u l f o n a t (S. 257, Anm.) analog gebautes Zwischenprodukt, das sich nicht so rasch wie jenes in die stabile anti-Form umlagert, sondern unter Stickstoffentwicklung zerfällt. o C 6 H 5 - N = N + NaÄs—ONa 01
o • C 8 H 5 -N=N-Äs—ONa + NaCl
\()H
^OH
O • C,H 6 -Äs—ONa + N 2 \0H 6.
Phenylhydrazin1
47 g Anilin ( y 2 Mol) werden in 1 0 0 c c m konzentrierter Salzsäure, die m i t d e m gleichen Volumen W a s s e r v e r d ü n n t sind, gelöst und wie m e h r f a c h beschrieben, m i t der Lösung v o n 3 8 g ( 0 , 5 5 Mol) Natriumnitrit in 1 0 0 c c m W a s s e r u n t e r g u t e r K ü h l u n g diazotiert. V o r h e r h a t m a n eine mögliehst g e s ä t t i g t e wäßrige L ö s u n g v o n 1V4 Mol = 1 5 8 g neutralen wasserfreien oder 3 1 5 g kristallwasserhaltigen (7 H 2 0 ) Natriumsulfits bereitet, deren Gehalt der Menge der a n g e w a n d t e n Salzsäure e n t s p r i c h t ; es ist dies ein Ü b e r s c h u ß v o n 2 5 °/ 0 über den stöchiometrischen B e d a r f . A m wohlfeilsten ist es, die technische Bisulfitlösung, d e r e n G e h a l t t i t r i m e t r i s c h f e s t g e s t e l l t s e i n m u ß , m i t der notwendigen Menge L a u g e zu neutralisieren. V o n guter, 40-proz. Bisulfitlauge b r a u c h t m a n 3 2 5 g, die m i t 1 1 0 g 50-proz. N a O H a b g e s t u m p f t werden. D a s Gelingen des P r ä p a r a t e s h ä n g t v o n der richtigen Einstellung der Sulfitlösung ab. Die frisch bereitete Diazoniumchloridlösung gießt m a n rasch in die kalte E . F i s c h e r , A. 190, 78 (1877).
Phenylhydrazin
257
Sulfitlösung, die sich in einem 2-Liter-Rundkolben befindet, ein. Die orangerote Lösung, die entsteht, darf sich, wie an einer Probe im Reagenzglas zu prüfen ist, beim Kochen nicht trüben. Ist dies doch der Fall, so muß mehr Sulfit zugefügt werden. Man setzt nun unter Umschütteln nach und nach 100 ccm konzentrierter Salzsäure zu, wobei der Farbton der Lösung in Gelb umschlägt. Dann erhitzt man auf dem Wasserbad, fügt einige ccm Eisessig hinzu und hellt durch Zusatz von wenig Zinkstaub die Farbe der Lösung auf. Die heiß filtrierte Flüssigkeit wird alsbald mit 300 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und langsam erkalten gelassen. Der Kristallbrei von Phenylhydrazoniumchlorid wird auf der Nutsche abgesaugt, möglichst scharf abgepreßt, mit Salzsäure 1: 3 gewaschen und alsbald in einem Scheidetrichter mit 150 ccm 4 n-Natronlauge unter Äther zersetzt. Man äthert zweimal nach, trocknet die Ätherlösung der Base mit geglühtem Kaliumcarbonat und destilliert schließlich das Phenylhydrazin im Vakuum unter Benützung der A n s c h ü t z - T h i e l e s c h e n Vorlage (Fig. 17, S. 22). Siedep. 120°/12mm. Ausbeute rund 30 g. Das Präparat muß beim Einstellen in kaltes Wasser nach kurzer Zeit vollkommen erstarren und soll sich in verdünnter Essigsäure ohne Trübung lösen. Schmelzp. 23°. Die Destillation unter Atmosphärendruck ist stets von Zersetzung begleitet (N2, NH 3 , H 2 N- C 6 H 5 und C 6 H 6 ) und liefert kein reines Phenylhydrazin. Eine zweite Methode zur Darstellung von Phenylhydrazin stammt von V. M e y e r , nach dem D i a z o n i u m c h l o r i d e in stark salzsaurer Z i n n ( I I ) - c h l o r i d l ö s u n g zu A r y l h y d r a z i n e n reduziert werden. Man beachte den Unterschied der Reaktionsweise von Zinn(II)-salz in saurer und alkalischer Lösung. Das klassische Verfahren von E m i l F i s c h e r , das hier durchgeführt wurde, geht über das schon von S t r e c k e r und R ö m e r dargestellte P h e n y l - a n t i - d i a z o s u l f o n a t 1 , das häufig zu Anfang der Reaktion in schönen orangegelben Kristallen herauskommt. C6H6-N^N C,H 6 -N C1 + Na 2 S0 3 > || +NaCl. N-S03Na Die bei Zugabe der Salzsäure in der zweiten Phase des Präparats freiwerdende schweflige Säure hydriert die Azo-Doppelbindung, wahrscheinlich über ein Additionsprodukt A, dessen eine S0 3 H-Gruppe leicht hydrolytisch abgespalten wird unter Bildung von p h e n y l h y d r a z i n s u l f o n s a u r e m N a t r i u m . A
C,H 6 • N — N H S 0 3 N a S03H
C„H6 • NH—NH • S0 3 Na + H 2 S0 4 .
(+) (_) Das wohl zuerst entstehende D i a z o n i u m s u l f i t C 9 H 5 — N = N (S0 3 Na) lagert sich spontan in die D i a z o t a t f o r m um; dasselbe erfolgt bei den A r s e n i t e n (S. 256) und C y a n i d e n . 1
(+) C N ( - ) C,HS-N=N • 17
Gattermann,
C,H5-N=N-CN
Praxis de» organ. Chemikers.
37. Aufl.
258
Aromatische Diazoverbindungen
Die Vervollständigung der Hydrierung besorgt der aus dem Zinkstaub entwickelte Wasserstoff. Schließlich wird die fester haftende Sulfogruppe durch die starke Salzsäure in der Hitze ebenfalls als Schwefelsäure abgespalten. Nach diesem Verfahren wird Phenylhydrazin im großen dargestellt. Es dient als unentbehrliches wissenschaftliches Präparat zur Erkennung von Aldehyden und Ketonen ( P h e n y l h y d r a z o n e ) und für mancherlei Synthesen, vor allem aber für die technische Darstellung des A n t i p y r i n s und P y r a m i d o n s . Man unterrrichte sich über den Verlauf dieser Synthesen. Die Salze des Phenylhydrazins sind einsäurig. Von Derivaten des Phenylhydrazins wird die 2,4-DinitroVerbindung allgemein zur Isolierung und zum Nachweis von Aldehyden und Ketonen verwendet. Zu ihrer Darstellung wird 2,4-Dinitrochlorbenzol mit Hydrazinhydrat umgesetzt 1 . Vgl. dazu S. 97.
Versuch: Zu einer Mischung von 5 Tropfen Phenylhydrazin und 5 ccm Wasser fügt man 3 Tropfen Eisessig. Darauf versetzt man mit 2 Tropfen Benzaldehyd (am Glasstabe) und schüttelt um. Es bildet sich zunächst eine milchige Trübung, sehr bald jedoch ein flockiger Niederschlag von Benzaldehydphenylhydrazon. Die kleinsten Mengen von Benzaldehyd lassen sich auf diese Weise erkennen. Von hervorragender Bedeutung ist das Phenylhydrazin in der Chemie der Zucker zur Abscheidung, Erkennung und Umwandlung der verschiedenen Zuckerarten gewesen. Ohne dieses Reagenz hätten die fundamentalen Aufklärungen auf diesem Gebiete kaum erzielt werden können. Läßt man auf eine Molekel eines Zuckers eine Molekel Phenylhydrazin einwirken, so entsteht ein n o r m a l e s H y d r a z o n , z. B.: HOCH 2 (CHOH) 4 CHO + C 6 H 5 - NH • NH 2 Traubenzucker
• HOCH 2 (CHOH) 4 -CH=N—NH— C , H 6 + H 2 O . Wendet man jedoch Phenylhydrazin im Ü b e r s c h u ß an, so wirkt dieses o x y d i e r e n d , d. h. Wasserstoff entziehend, auf den Zucker ein, indem z. B. im obigen Beispiel die der Aldehydgruppe benachbarte CH- OH- Gruppe zu einer Carbonylgruppe dehydriert wird, welche wiederum mit dem Hydrazin reagiert. Von den so entstehenden Stoffen, den O s a z o n e n , war auf S. 195 schon die Rede. Im obigen Beispiele erhält man: HOCH a (CH OH)a • C—CH=N • NH • C,H 6 . II N—NH • CSH6 Erhitzt man Osazone mit Salzsäure, so spalten sie, wie alle Hydrazone, Phenylhydrazin ab. Man erhält daneben natürlich nicht wieder den ursprünglich angewandten Zucker zurück, sondern ein Oxydationsprodukt desselben, ein sog. Oson, und zwar in dem gewählten Beispiel: HOCH„(CHOH) 8 • CO • CHO . Reduziert man dieses, so wird nioht etwa die Ketongruppe reduziert und somit der ursprünglich angewandte Zucker zurückgebildet; es wird vielmehr die Aldehydgruppe reduziert und man erhält: HOCH 2 (CHOH) 3 • CO • CH2 • OH . Die Aldose ist in eine Ketose, d-Glucose in d-Fructose übergeführt worden. 1
Org. Synth., Coli. Vol. II, 228.
Phenylhydrazin
259
Yersueh: Die Lösung von 2 g Phenylhydrazin in 1,5 ccm Eisessig und 15 ccm Wasser erwärmt man mit 1 g d-Gflucose, in 5 ccm Wasser gelöst, im Wasserbad auf 80°. Nach etwa 20 Minuten beginnt das Osazon sich in feinen gelben Nädelchen auszuscheiden. Man saugt nach einer Stunde Reaktionsdauer ab, wäscht mit Wasser und läßt die Kristalle an der Luft trocknen. Schmelzpunkt 205°. Phenylhydrazin kann Wasserstoff abgeben, unter Umständen aber auch Wasserstoff aufnehmen; es kann also reduzierend und oxydierend wirken. Im ersten Fall entstehen über das schon erwähnte Phenyldiimin B e n z o l und S t i c k s t o f f (Einwirkung von Kupfervitriol, FeCl3, Fehlingscher Lösung, ammoniakalischer Silbermtratlösung); in saurer Lösung kann durch vorsichtige Oxydation Dia z o n i u m s a l z zurückgebildet werden.
Yersueh: B e n z o l a u s P h e n y l h y d r a z i n . I n einen gewöhnlichen Destillierkolben, der mit absteigendem Kühler versehen ist, und in dem die Lösung von 25 g Kupfervitriol in 75 ccm Wasser zum Sieden erhitzt wird, läßt man 5 g Phenylhydrazin, in 5 ccm Eisessig und 10 ccm Wasser gelöst, langsam einfließen. Heftige Stickstoffentwicklung. Das entstandene Benzol geht alsbald mit den Wasserdämpfen über und wird, wie auf S. 247 beschrieben, aufgefangen und rein gewonnen. Ausbeute 2—3 g. Beim Überhitzen zerfällt Phenylhydrazin analog dem Hydrazobenzol, indem eine Molekel eine zweite hydriert. 2C,H,-NH-NH 2 • CaH5 • NH 2 + NH 3 + (C e H s -N=KH) • C„H3 + N 2 . Fein verteilte Platinmetalle wirken, wie dort, katalytisch beschleunigend.
Man prüfe das Verhalten von Phenylhydrazin und gegen ammoniakalische Silberlösung.
gegen Fehlingsche Lösung
Läßt man in die wäßrige Lösung von Phenylhydrazinsalz Natriumnitritlösung eintropfen, so entsteht das gelbe, giftige a - N i t r o s o - P h e n y l h y d r a z i n , das unter HaO-Abspaltung in P h e n y l a z i d übergeführt werden kann. C8H5N-NH2
(-)
(+)
>• C,H6 • N — N = N
¿0 Näheres über Azide siehe auf S. 250.
Versuch: I n d o l s y n t h e s e nach E. F i s c h e r . 2 g Phenylhydrazin werden im Reagenzglas mit 2 ccm Aceton vermischt. Trübung unter Wasserabscheidung. Man hängt % Stunden ins siedende Wasserbad, setzt dann 6 g durch Schmelzen frisch entwässertes und gepulvertes Zinkchlorid zu und erhitzt die Mischung unter Umrühren einige Minuten lang in einem auf 180° erwärmten Ölbad. Die dunkle Schmelze wird dann mit der vierfachen Menge verdünnter Salzsäure in einen kleinen Rundkolben gespült, aus dem das gebildete tx-Methylindol mit Wasserdampf abgetrieben wird. Das bald erstarrende ö l wird nach dem Trocknen aus wenig Petroläther umkristallisiert. Schmelzp. 59°. F i c h t e n s p a n r e a k t i o n . Über die aus einer kleinen Probe durch Kochen mit Wasser erzeugten Dämpfe hält man ein mit konzentrierter Salzsäure getränktes Stückchen Tannenholz. I n t e n s i v e R o t f ä r b u n g . 17*
Aromatische Diazoverbindungen
260
Diese schöne und überraschende Synthese von I n d o l d e r i v a t e n , die allgemeine Anwendung hat, ist in ihrem Verlauf von R. R o b i n s o n aufgeklärt worden. Wir haben anzunehmen, daß die Keto-Phenylhydrazone aus einer tautomeren Hydrazoform heraus eine Art von Benzidinumlagerung über die o-Stellungen erfahren, die manchmal wie diese, so z. B. beim Phenylhydrazon der Brenztraubensäure oder des Cyclohexanons, schon in verdünnt saurer wäßriger Lösung erfolgen kann. H H H H 2 H2 /v /N-N. . /N-N /N KX / X ^-C—CH3 •/ Y \c—CH, > { \c—CH, CH, Aus dem zuletzt formulierten, hypothetischen Diamin wird nach bekannten Mustern (Pyrrolidin aus 1,4-Diamino-butan) NH3 abgespalten und der Indolring gebildet. Eine überzeugende Bestätigung der Robinsonschen Theorie hat K. C l u s i u s durch Verwendung von Phenylhydrazin mit einem isotopen Stickstoff 15 N für die Indolsynthese erbracht1.
7. Darstellung von Azofarbstoffen a) H e l i a n t h i n . 20 g Sulfanilsäure werden in 50 com 2 n-Natronlauge gelöst; dazu fügt man die Lösung von 8 g Natriumnitrit in 100 ccm Wasser. Unter Eiskühlung wird hierauf diese Lösung in 50 ccm 2 n-Salzsäure eingegossen. Vorher hat man 12 g Dimethylanilin in 100 ccm n - Salzsäure gelöst und bringt nun die oben bereitete Lösung von diazobenzol-sulfonsaurem Natrium mit der des Dimethylanilinsalzes zusammen. Wenn man hierauf bis zur deutlich alkalischen Reaktion Natronlauge zufügt, so scheidet sich sehr bald das Natriumsalz des Farbstoffs in schönen orangebraunen Kristallblättern ab. Man saugt nach mehrstündigem Stehen scharf ab und kann das schon ziemlich reine Präparat aus wenig Wasser Umkristallisieren. Die Ausbeute ist beinahe quantitativ. Man kann auch 20 g Sulfanilsäure, in 100 ccm Wasser suspendiert, mit 12 g Dimethylanilin zur Lösung bringen und dann unter Eiskühlung die Nitritlösung langsam hinzufügen. Das Natriumsalz des Farbstoffs scheidet sich dann direkt aus. Zur Abwechslung kann man diazotierte Anthranilsäure mit Dimethylanilin zu „ M e t h y l r o t " kuppeln. Der erhaltene Azofarbstoff ist der in der Alkalimetrie viel benutzte Indicator Methylorange. Die verdünnte gelbe Lösung des Helianthins wird mit Säuren rot gefärbt. Die Kupplung, eine elektrophile Substitutionsreaktion, verläuft nach der Gleichung : -X /CH, 03S-/ V_N a < + > + ^ \N/ CH3 CH, (->0
3s/
\—N=N—/
N>—n/ H
1
Helv. XXXV, 400 (1952).
CHa
Darstellung von Azofarbstoffen
261
Das gelbe Natriumsalz leitet sich von der „Azo"-Form ab, während durch Säuren das rotgefärbte chinoide Salz
gebildet wird. Die freie, auch rot gefärbte Säure ist als B e t a i n zu formulieren (s. S. 260). Beim Dimethylaminoazobenzol selbst („Buttergelb") und einigon anderen Azofarbstoffen ist eine krebserregende Wirkung beobachtet worden. Über den Azofarbstoff P r o n t o s i l siehe S. 177. Bei der außerordentlichen technischen Bedeutung der zahllosen Azofarbstoffe, die nach diesem Prinzip der Kupplung aufgebaut sind, ist eine allgemein angewandte Reaktion, die zu ihrer Analyse dient, erwähnenswert. Durch Z i n n ( I I ) - c h l o r i d oder auch durch N a t r i u m d i t h i o n i t werden alle Azofarbstoffe unter Aufnahme von vier Wasserstoffatomen reduktiv in zwei (bei Polyazofarbstoffen in entsprechend mehr) Molekeln p r i m ä r e n Amins gespalten. Amino- und Oxy-hydrazoverbindungen sind, anders als in der einfachen Reihe, gegen Reduktionsmittel so unbeständig, daß sie sofort an der Hydrazinbindung zerlegt werden. Aus Helianthin entstehen bei dieser Reaktion, wie ein Blick auf die Formel lehrt, S u l f a n i l s ä u r e und p - D i m e t h y l p h e n y l e n d i a m i n . Wir sehen also, daß der bei der Diazotierung eingetretene Stickstoff sich bei der „Azokomponente" (hier dem Dimethylanilin) als NH2-Gruppe wiederfindet, während das diazotierte Amin (die Sulfanilsäure) als solches zurückerhalten wird. Versuch: 3 g Helianthin werden in möglichst wenig heißem W a s s e r gelöst; m a n fügt so lange von einer Lösung von 8 g Zinn(II)-chlorid in 2 0 com konzentrierter Salzsäure in der Hitze hinzu, bis E n t f ä r b u n g eingetreten ist. B e i m Abkühlen und R e i b e n mit einem G l a s s t a b kristallisiert Sulfanilsäure aus, die m a n nach einiger Zeit absaugt. D a s F i l t r a t wird m i t starker Lauge übersättigt und ausgeäthert. Die m i t einem S t ü c k c h e n Ätzkali getrocknete Ätherlösung hinterläßt nach dem Abdampfen des Äthers das neben Sulfanilsäure entstandene Diamin, das durch die a u f S . 2 7 5 angegebene F a r b r e a k t i o n ( W u r s t e r s c h e s R o t ) nachgewiesen wird. Die B a s e wird beim Abkühlen kristallinisch. Zum N a c h weis eignet sich auch das Äcetylderivat, das durch kurzes E r w ä r m e n der R o h b a s e m i t y 2 ccm Essigsäureanhydrid, im W a s s e r b a d (Reagenzglas) erhalten wird. Mit W a s s e r verdünnen und die Essigsäure m i t Soda abstumpfen. Dies ist nötig, weil die Acetylverbindung wegen der Nx
/ V , 1 1 .J
. Gruppe noch basischen Charakter h a t . F a r b l o s e Kristalle,
die aus W a s s e r umkristallisiert werden können. Schmelzp. 130°. Die Methode hat auch präparative Bedeutung, da sie letzten Endes die Einführung einer Aminogruppe zum Inhalt hat. Darstellung von A m i n o - n a p h t h o l e n aus Farbstoffen mit « - oder j3-Naphthol als Azokomponente. Bei der intensiven Färbung der Azofarbstoffe erlaubt ihr Auftreten einen scharfen Nachweis p r i m ä r e r a r o m a t i s c h e r Amine. Da die Naphthalinderivate tiefer gefärbt'sind als die des Benzols, benützt man gewöhnlich nicht Phenol, sondern
262
Aromatische Diacoverbindungen
/ 3 - N a p h t h o l oder die sog. R-Säure (Säure f ü r Rot), da« ist ß - N a p h t h o l - 3 , 6 disulfons&ure:
b) K o n g o r o t . 4,6 g Benzidin werden in 12 ccm konzentrierter Salzsäure, die mit Wasser auf 100 ccm verdünnt sind, heiß gelöst, weitere 150 ccm Wasser hinzugefügt und die klare, auf 2—3° abgekühlte Lösung mit 3,6 g Natriumnitrit in 20 ccm Wasser innerhalb einer Minute diazotiert. Die ,,Tetrazo"-Lösung läßt man nach 5 Minuten unter Umrühren in die Lösung von 16-g naphthionsauren Natriums und 20 g kristallisierten Natriumacetats in 250 ccm Wasser einlaufen. Wenn eine Probe der Flüssigkeit, mit Salzsäure erwärmt, keinen Stickstoff mehr entwickelt, wird der blauschwarze Niederschlag der Farbsäure mit Soda unter Erwärmen zum roten Natriumsalz aufgelöst, die Lösung filtriert und mit (nicht zu viel) Kochsalz ausgesalzen. Nach dem Absaugen wird mit Kochsalzlösung gewaschen. Salzsäure fällt aus der Lösung des Natriumsalzes die blaue Säure. Das K o n g o r o t ist eine stärkere Säure als Methylorange; der Umsehlag nach Blau verlangt eine höhere H-Ionenkonzentration als dort. K o n g o p a p i e r dient zur Unterscheidung von organischen Säuren und Mineralsäuren. Kongorot ist der Grundkörper der die Baumwolle direkt färbenden „ B e n z i d i n f ä r b S t o f f e " . Diese färberisch sehr wertvolle Eigenschaft ist wohl auf die innige Adsorption der kolloidal gelösten Farbstoffteilchen auf der Faser zurückzuführen.
c) / J - N a p h t h o l o r a n g e . Die wie unter a) aus 10 g Sulfanilsäure bereitete Mischlösung mit Nitrit (4 g) wird unter Eiskühlung in 50 ccm 4 n-Salzsäure eingerührt. Die breiige Suspension von p-Diazobenzolsulfonsäure bringt man ziemlich rasch unter Umrühren in eine alkalische ß-Naphthollösung (8 g in 100 ccm 2 n-NaOH) von Raumtemperatur. Die nach kurzer Zeit einsetzende Kristallisation orangeroter Blättchen des Farbstoffs (Na-Salz) wird durch Zugabe gesättigter Kochsalzlösung vervollständigt. Absaugen und mit kaltem Wasser waschen. Ausbeute 15—16 g. Die K u p p l u n g des Anilins Die Kupplung der primären aromatischen Amine verläuft, wie wir schon im Fall des Anilins erfahren haben, nicht normal; es entsteht unter Bindung an der NH 2 -Gruppe D i a z o - a m i n o b e n z o l , ein Triazenderivat, wie es analog aus aliphatischen Aminbasen, z. B. Dimethylamin, hervorgeht: C e H 6 • N2(+> + NH 2 • C 8 H 5 [HN(CH 3 ) 2 ] — ,
C 8 H 6 • N : N • N H • C,H,[• N(CH 3 ) 2 ]
Verbindungen dieser Art werden durch Säuren alsbald wieder in Diazonium- und Aminsalz zurückgespalten. Durch ganz schwache Säurewirkung — Anilinsalz bei Gegenwart überschüssiger Base •— kommt bei den Diaryltriazenen diese Rückspaltung auch zustande; das Diazoniumsalz kann eich dann unter den gegebenen
Darstellung r o n Azofarbstoffen
263
Bedingungen mit dem im Überschuß vorhandenen Amin zum A z o f a r b s t o f f vereinigen ( R o s e n h a u e r ) . Die Gleichung:
unterrichtet daher nur über das R e s u l t a t , nicht aber über den V e r l a u f der Reaktion. d)
Diazo-aminobenzol und
p-Amino-azobenzol
9 , 3 g Anilin w e r d e n u n t e r d e n üblichen B e d i n g u n g e n m i t der h a l b e n Menge Nitrit (3,8 g) zur H ä l f t e d i a z o t i e r t ; d a z u f ü g t m a n u n t e r U m rühren die L ö s u n g v o n 25 g Natriumacetat i n 100 c c m W a s s e r . D e r n a c h K l ä r u n g der F l ü s s i g k e i t a b g e s a u g t e u n d m i t W a s s e r g e w a s c h e n e gelbbraune Niederschlag v o n Diazoaminobenzol wird erst auf Ton, dann im V a k u u m scharf g e t r o c k n e t , hierauf n a c h Z u g a b e v o n w e n i g Tierkohle aus Alkohol umkristallisiert. S c h m e l z p . 98°. E i n e P r o b e w i r d m i t verd ü n n t e r Salzsäure i m R e a g e n z g l a s e r w ä r m t . Ferner e r w ä r m t m a n in e i n e m R e a g e n z g l a s 2 g t r o c k e n e n Diazoaminobenzols i n 5 g Anilin, d e m m a n v o r h e r l g t r o c k e n e n , fein zerriebenen Anilinchlorhydrats zugesetzt hat, unter öfterem Umrühren y2 Stunde lang i m W a s s e r b a d a u f 30°, d a n n e b e n s o lange a u f 45°. W e n n eine P r o b e j e t z t , m i t Salzsäure e r w ä r m t , k e i n e n Stickstoff m e h r e n t w i c k e l t , l ö s t m a n d a s A n i l i n m i t 2 4 c c m 10-proz. Salzsäure (6 c c m k o n z e n t r i e r t e u n d 18 c c m Wasser) heraus. D a s z u r ü c k b l e i b e n d e salzsaure Aminoazobenzol w i r d aus der 100-fachen M e n g e m i t w e n i g Salzsäure v e r s e t z t e n h e i ß e n W a s s e r s umkristallisiert. D u r c h Z e r s e t z u n g d e s Salzes m i t Soda erhält m a n die orangegelbe Base. Z u r T h e o r i e d e r F a r b s t o f f e . Die Absorption im sichtbaren Teil dea Spektrums, d. h. die subjektive Farbe, wird bei Kohlenstoffverbindungen bedingt duroh das Vorhandensein einer sog. c h r o m o p h o r e n Gruppe im Molekül. Stark chromophor wirkt die Nitrosogruppe, weit schwächer die Nitrogruppe, recht bedeutend die Azogruppe, aber diese nur in aromatischen Systemen. Azomethan ist farblos. Das intensiv orangerot gefärbte Azobenzol ist aber ebensowenig ein Farbstoff, wie Nitrosobenzol. Dazu gehört eine weitere Gruppe, die durch ihre chemische N a t u r die Verwandtschaft zur Faser herbeiführt und die gleichzeitig die Farbe vertieft. Die wichtigsten dieser Gruppen, die man A u x o c h r o m e nennt, sind OH und NH 2 . Ihren auxochromen Einfluß haben wir beim o-Nitrophenol und bei den Nitranilinen an einfachen Beispielen kennengelernt. W o l l e und S e i d e sind Eiweißkörper und daher von amphoterer Natur. Sie können sich demgemäß mit Säuren wie mit Basen verbinden. Aus diesem Grund können Wolle und Seide durch Farbstoffe vermöge deren auxochromer Gruppe direkt gefärbt werden. Anders die B a u m w o l l e . Sie ist fast chemisch reine Cellulose und daher in färberischer Hinsicht chemisch indifferent. Die Vereinigung mit dem Farbstoff erfolgt hier mit einer B e i z e , die vor der Färbung in kolloidaler Adsorption auf die Faser gebracht wird und die den Farbstoff nun chemisch, und zwar komplex, binden kann. Die Beizen f ü r eine wichtige Gruppe saurer Farbstoffe (S. 290) sind im wesentlichen Metallhydroxyde, und zwar solche von Chrom, Aluminium, Eisen, Antimon, Zinn usw., die f ü r basische ist zumeist das Tannin.
264
Aromatische Diazoverbindungen
Bei allen Färbungen kommt aber neben der c h e m i s c h e n Bindung der p h y s i k a l i s c h e n durch Oberflächenadsorption eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Sie allein ist es, die eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Farbstoffen, die sog. s u b s t a n t i v e n Baumwollfarbstoffe befähigt, direkt auf die u n g e h e i z t e pflanzliche Faser aufzuziehen. Die wichtigsten Tinter ihnen sind die B i s - a z o f a r b s t o f f e , die sich vom doppelt diazotierten Benzidin ableiten, K o n g o r o t und seine Abkömmlinge. Sie befinden sich im Solzustand in wäßriger Lösung und werden als irreversible Gele kolloidal von der Faser adsorbiert. Bei der Färbung mit neutralen, daher unlöslichen Azofarbstoffen geht man so vor, daß m a n die zum Farbstoff führende Kupplung auf der Faser vornimmt („Eisfarben"). Als Kupplungskomponente besonders beliebt, weil substantiv, ist das 2 , 3 - O x y n a p h t h o e s ä u r e - a n i l i d (Naphthol AS). Auf der Lichtempfindlichkeit der Diazoverbindungen beruht eine Art der D i a z o t y p i e .
Über die K u p p l u n g s r e a k t i o n der D i a z o v e r b i n d u n g e n Diese Reaktion, mit deren Hilfe die überaus große Zahl der technischen Azofarbstoffe hergestellt wird, besteht, auf das einfachste Schema zurückgeführt, darin, daß aromatische Diazoverbindungen mit Phenolen oder aromatischen Aminen zu Azoverbindungen sich kondensieren. Aus dem labilen Diazosystem wird der sehr beständige Azokomplex. Die Azofarbstoffe sind also samt und sonders Abkömmlinge des Azobenzols oder auch des Azonaphthalins u. a. Es besteht die Regel, daß die Kombination mit P h e n o l e n nur in a l k a l i s c h e r oder n e u t r a l e r Lösung erfolgt, während die aromatischen A m i n e in schwach s a u r e r , meist essigsaurer Lösung gekuppelt werden. Der einfachste Azofarbstoff, der aber technisch bedeutungslos ist, entsteht aus Benzoldiazoniumion und Phenol; die Diazogruppe greift in der p-Stellung — beim ß-Naphthol in der benachbarten -a, also in o-Stellung — ein. >—
N = N — y — O H
.
p-Oxyazobenzol
Die Kupplung des Anilins haben wir schon kennengelernt, als wir die Diazoniumlösung auf freies Amin prüften; seine Gegenwart verriet sich nach Zugabe von Natriumacetat am Auftreten des unlöslichen D i a z o a m i n o b e n z o l s . Dimethylanilin kombiniert sich, wie aus der Darstellung des Helianthins hervorgegangen ist, in genau der gleichen Weise wie Phenol; es entsteht p - D i m e t h y l amino-azobenzol. Die von Phenolen abgeleiteten Azofarbstoffe bezeichnet man als s a u r e , die von Aminen abgeleiteten als b a s i s c h e . Da aber die Industrie so gut wie ausschließlich S u l f o n s ä u r e n als Ausgangsmaterialien verwendet, und zwar sowohl in der D i a z o k o m p o n e n t e — diazotiertes Amin —, wie in der A z o k o m p o n e n t e — gekuppeltes Phenol oder Amin —, so ist diese Unterscheidung gegenstandslos. Die überwiegende Mehrzahl der Azofarbstoffe gehört praktisch zu den sauren Farbstoffen. Die Sulfogruppe h a t den Zweck, die Farbstoffe im Farbband löslich zu machen. Die technisch wichtigsten Azofarbstoffe leiten sich vom N a p h t h a l i n ab, und es gibt wohl kaum ein Gebiet der organischen Chemie, das so gründlich in allen Einzelheiten erforscht wäre, wie das der hierher gehörenden Zwischenprodukte. Die Anzahl der möglichen Kombinationen geht ins Unbegrenzte, es muß hier auf Spezialwerke verwiesen werden.
265
Darstellung von Azofarbstoffen
Die Kupplungsreaktion ist nicht auf Amine und Phenole beschränkt. Aromatische Diazoverbindungen reagieren nämlich in gleicher Weise auch mit den Anionen aktiver MethylenVerbindungen, wie etwa des Acetessigesters oder des Nitromethans. Dabei entstehen aber alsEndprodukte nicht Azoverbindungen, sondern durch Umlagerung aus ihnen die i s o m e r e n H y d r a z o n e . coch2
COCH3
(+)
-N=N
+
7 V}-- N / V>N(CH ( C H 3 ;3)2. H \ / \ / Das neue p-Phenylendiaminderivat, das so entsteht, wird weiter dehydriert zu einem chinoiden Indaminfarbstoff („Bindschedlers Grün"): (CH3)2N==N-=NH
die durch Anlagerung von Wasser in das Carbinol, mit Säure wieder in den Farbstoff übergeht. Die farblose Carbinolbase liefert mit Säure unter Rückbildung der chinoiden Struktur den F a r b s t o f f . Jedoch kann man bei vorsichtigem Auflösen unter Kühlung beobachten, daß der Farbton erst nach und nach in voller Stärke auftritt. Es bildet sich daher zuerst das äußerst unbeständige farblose C a r b i n o l s a l z , das unter spontaner Wasserabspaltung den Farbstoff entstehen läßt: R 'Nc—/
( V - SNH(CH ri 3)2 C1
>=N(CH,) 2 C1 + H 2 o .
B. Die P h t h a l e i n e . Bringt man bei Gegenwart eines geeigneten Kondensationsmittels (ZnCl2, H 2 S0 4 ) zwei Molekeln P h e n o l auf ein Mol Phthalsäureanhydrid zur Einwirkung, so entstehen die von B a e y e r 1871 entdeckten P h t h a leine. Am Beispiel des P h e n o l p h t h a l e i n s werde dieser Vorgang erläutert: OH
„CO
\
-OH.
0 +1
Das Zwischenprodukt kondensiert sich an der C=0-Gruppe mit einem zweiten Mol Phenol, und zwar ebenfalls in p-Stellung, in ganz analoger Weise wie oben Michlers Keton mit Dimethylanilin kondensiert wurde. \oh v - CO— cooh
OH
+
>0H
;
I
I
0 H
\
,
OH
Die (nicht isolierbare) p - D i o x y - t r i p h e n y l c a r b i n o l - o - c a r b o n s ä u r e spaltet bei den günstigen Beziehungen zwischen COOH- und OH-Gruppe Wasser ab und geht in ihr Lacton, das P h e n o l p h t h a l e i n über: (C6H4OH)2
Das farblose Lacton wird durch Alkalien aufgespalten, wobei die aus der Maßanalyse bekannten, intensiv roten Alkalisalze entstehen. In ihnen ist ein Benzolkern chinoid geworden, indem sich im Sinne folgender Gleichung Wasser abgespalten hat:
Theoretisches über Triphenylmethanfarbstoffe
287
OH OH
Die roten Salze sind die D i - a l k a l i s a l z e der formulierten chinoiden Phenolcarbonsäure, die als Säure nicht beständig ist, sondern sich sofort zum f a r b l o s e n L a c t o n isomerisiert. Phenolphthalein ist ein Triphenylmethanderivat und leitet sich in einfacher Weise von der Grundsubstanz der hierher gehörenden Farbstoffreihe, dem F u c h son, ab. Fuchson ist Diphenylchinomethan und wird aus p - O x y t r i p h e n y l c a r b i n o l durch Wasserabspaltung gewonnen ( B i s t r z y c k i ) : OH
"c , "h 5 > C- < L ( - > - o h
-
=0
n -er
Fuchson ist nur gelborange gefärbt. Trägt noch einer der beiden freien Benzolkerne eine p-ständige OH-Gruppe, so kommt der schon S. 284 erwähnte Farbstoff B e n z a u r i n zustande, dessen o-Carbonsäure das Phenolphthalein in seiner chinoiden Form darstellt. Der Farbton dieser beiden Stoffe ist in der Tat sehr ähnlich. Durch s t a r k e s Alkali wird Phenolphthalein entfärbt; es bilden sich unter Anlagerung von NaOH die d r e i f a c h e n Salze der b e n z o i d e n Carbinolform. Man prüfe diese Verhältnisse am Phenolphthalein. F l u o r e s c e i n . Die Reaktion erfährt hier eine Erweiterung dadurch, daß die beiden, zu der Kondensationsstelle o-ständigen OH-Gruppen der Resorcinmolekeln unter Wasserabspaltung gegeneinander eine S a u e r s t o f f b r ü c k e und damit einen neuen Ring (den X a n t h e n r i n g ) bilden:
s
—OH
=0
—OH
—OH
COOH
Da F l u o r e s c e i n gefärbt ist, erscheint die Lactonformel zweifelhaft und die rechtsstehende chinoide Formel schon für die freie Verbindung wahrscheinlich. Im E o s i n sind die vier Bromatome paarweise in die o-Stellungen, die in der Formel mit Sternchen bezeichnet sind, eingetreten. Auch das Eosin muß chinoid aufgefaßt werden, vor allem deshalb, weil sein Reduktionsprodukt, das L e u k o eosin, farblos ist.
Versuch: Man koche etwas Eosin, in Natronlauge gelöst, mit Zinkstaub bis zur Entfärbung, gieße ab und säure einen Teil der Lösung an. Einen anderen Teil lasse man in offener Schale stehen.
Wie das Chinon selbst, so werden auch alle seine Abkömmlinge durch Reduktionsmittel unter Anlagerung von Wasserstoff in die benzoiden farblosen Hydroprodukte (bei den Farbstoffen „ L e u k o v e r b i n d u n g e n " ) umgewandelt. Das nachstehende Schema drückt diesen Vorgang, auch für das Eosin, aus: 2H >
0
= W " °
> CH-
OH
288
Chinone und chinoide Verbindungen
Viele Leukoverbindungen werden schon durch den Luftsauerstoff wieder in die Farbstoffe übergeführt, wie das Beispiel des Leuko-eosins und des Leuko-indigos (S. 325) dartut. Die prächtigsten Farbstoffe, die hauptsächlich in der Seidenfärberei verwendet werden, sind Verwandte des Eosins, die vom Di- und T e t r a c h l o r p h t h a l s ä u r e a n h y d r i d aus gewonnen werden (Phloxin, R o s e bengale). Auch die (basischen) R h o d a m i n e gehören hierher. Zu ihnen führt die Kondensation von P h t h a l s ä u r e anhydrid mit m-Aminophenolen (an Stelle von Resorcin); vor allem hat der Farbstoff mit diäthylsubstituierten NH a - Gruppen große technische Bedeutung. Endlich sei noch das Gallein erwähnt, mit P y r o g a l l o l als Phenolkomponente. Auf die Umwandlung der Phthaleine in Anthracenderivate, die sog. P h t h a l ideine, soll nicht näher eingegangen werden. Dagegen sei noch von einem in letzter Zeit zu großer Bedeutung gelangten Farbstoff, dessen Synthese auch von der Phthalsäure ausgeht, dem P h t h a l o c y a n i n ( L i n s t e a d ) kurz die Rede. E r entsteht in Gestalt einer ungemein beständigen, tiefblauen K u p f e r Verbindung durch Polymerisation von P h t h a l o d i n i t r i l . Einfacher ist die folgende Methode 1 . Synthese von Phthalocyanin: Ein inniges Gemisch von 6 g Phthalsäure (oder 4,5 g Phihalsäureanhyd/rid), 1 g Kupfer(II)-chlorid, 25 g Harnstoff und etwa 50 mg Ammoniummolybdat wird im Ölbad unter häufigem Umrühren 6—7 Stunden lang bei 180° (innen) erhitzt. Nach dem Erkalten kocht man die blaue Masse mit verdünnter Sahsäure aus, saugt ab und digeriert nun mit kalter verdünnter Natronlauge. Nach erneutem Absaugen wird das schön blaue Pulver nochmals mit verdünnter Salzsäure ausgekocht, gut in Wasser gewaschen und im Exsiccator getrocknet. Ausbeute 3—3,5 g. Der hier erhaltene Cu-Komptex läßt sich aus konz. Schwefelsäure mit Wasser unverändert ausfällen. Phthalocyanin dient als Lackfarbstoff. Er leitet sich vom T e t r a - a z a porphin ab und zeigt eine interessante Analogie zum Grundgerüst von Blut- und Blattfarbstoff (siehe S. 355 bis 358).
Kupfer-phthalocyanin
6. Alizarin In einem Autoklaven oder verschraubbaren die Mischung von 2 g (0,02 Mol) Kaliumchlorat, natrons, 10 g (0,03 Mol) feingepulverten Natriums („Silbersalz") mit 4 0 ccm Wasser 20 (Ölbad). Die erkaltete Schmelze wird wiederholt 1
Engl. Patent 464673.
Eisenrohr erhitzt man 30 g technischen Ätzß-anthrachinonsulfonsauren Stunden lang auf 170° mit heißem Wasser aus-
Alizarin
289
gezogen, die vereinigten filtrierten Lösungen säuert man in der Hitze mit überschüssiger Salzsäure an. Der Niederschlag wird nach dem Erkalten abgesaugt, mit verdünnter Salzsäure, dann mit Wasser gewaschen und getrocknet. Zur Reinigung kocht man das Rohprodukt (am besten im Extraktionsapparat, Fig. 26) mit Eisessig aus. Schöne rote Nadeln vom Schmelzp. 289°. Auch die Sublimation im Vakuum aus einem tief angesetzten Schwertkolben, der ganz in ein Salpeterbad (gleiche Teile K- und NaNitrat) eintaucht, ist zu empfehlen. Beim Arbeiten im offenen Rundkolben, Temperatur 180—190°, erhält man viel schlechtere Ausbeuten an Alizarin. Das A l i z a r i n oder 1 , 2 - D i o x y a n t h r a c h i n o n gehört zu den wichtigsten Farbstoffen. Ähnlich wie der Indigo in der Pflanze ist der Farbstoff als Glykosid der Leukoverbindung in der K r a p p w u r z e l enthalten. Der Kultur der Krapp-Pflanze, die hauptsächlich in Südfrankreich große Flächen bedeckte, wurde durch die Synthese des Farbstoffs aus dem Anthracen des Steinkohlenteers ein Ende bereitet (Graebe und L i e b e r m a n n 1869). Die Methode der Zinkstaubdestillation (Baeyer) hatte vorher den beiden Chemikern aus Alizarin A n t h r a c e n in die Hände gegeben. Anthracen läßt sich mit Chromsäure direkt zu seinem raMo-Chinon, dem Ant h r a c h i n o n oxydieren. Der mittlere Ring des Anthracens bietet f ü r fast alle Reaktionen den Angriffspunkt.
Versuch: 1 g möglichst reinen Anthracens wird in der eben nötigen Menge guten Eisessigs in der Siedehitze gelöst; dazu fügt man ohne weiteres Erhitzen 3 com konz. Schwefelsäure und unbeschadet einer Trübung oder Ausscheidung tropfenweise die Lösung von 4 g Natriumpyrochromat in ganz wenig Wasser. Sehr heftige Reaktion unter fast augenblicklichem Verbrauch der Chromsäure; nach Zugabe von allem Bichromat kocht man noch 5 Minuten. Beim Verdünnen fällt das Anthrachinon flockig aus; es wird nach dem Absaugen, Waschen mit Wasser und Trocknen aus Eisessig umkristallisiert. Hellgelbe feine Nadeln vom Schmelzp. 285°. Die vollkommen reine Verbindung ist f a r b l o s . Vergleich mit Benzo- und Naphthochinon. Durch Erwärmen mit Natronlauge und Zinkstaub wird Anthrachinon reduziert. Es geht mit tiefroter Farbe als Dinatriumsalz des Anthrahydrochirums in Lösung. Man führe den Versuch aus und filtriere die rote Lösung. Aus dem Filtrat scheidet sich bei der Berührung mit Luft alsbald wieder Anthrachinon ab. Über die interessanten Desmotropieerscheinungen der Oxy-anthracene findet man das Nähere bei K . H . M e y e r , A.379, 37 (1911). meso-Oxy- und D i o x y a n t h r a c e n existieren in zwei Formen, einer gefärbten, sauren, in Lösung fluoreszierenden echten E n o l - , und in einer farblosen, neutralen K e t o f o r m . O O OH OH II
Anthranol (labil)
Anthron (labil)
Anthrahydrochinon
Oxanthron
(stabil)
(labil)
19 G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers. 37. Aufl.
290
Die Synthesen naoh Grignard und Friedel-Crafts
Über Anthraohinon-Synthesen aus P h t h a l s ä u r e a n h y d r i d vgl. I X , 6, S. 299. Die färberische Bedeutung des Alizarins ist sehr groß. Sie geht zurück auf die Bildung sehr beständiger, schönfarbiger i n n e r k o m p l e x e r D i p h e n o l a t e , die der Farbstoff mit den Hydroxyden mehrwertiger Metalle (Cu, Sn, Cr, Fe, AI) bildet. Am bekanntesten ist der feurigrote Aluminiumlack, das „ T ü r k i s c h r o t " . Man bezeichnet das Alizarin und ihm verwandte Farbstoffe auch als „ B e i z e n f a r b s t o f f e " , weil sie auf der mit den Metallhydroxyden imprägnierten, d. h. „gebeizten" Faser aufgefärbt werden. C h i n i z a r i n , 1 , 4 - D i o x y - a n t h r a c h i n o n (S. 299), ist kein brauchbarer Farbstoff; es hat sich als Regel ergeben, daß zur Bildung von Farblacken im allgemeinen nur diejenigen Polyoxychinone der Anthracen- und Naphthalinreihe befähigt sind, die ihre nachbarständfigen OH-Gruppen neben dem Carbonyl gebunden enthalten. Von technischer Bedeutung ist, daß man Dioxy-anthrachinone mit rauchender Schwefelsäure direkt weiter oxydieren kann zu höheren Phenolen. Alizarin und Chinizarin geben so dasselbe 1 , 2 , 5 , 8 - T e t r a o x y - a n t h r a c h i n o n ( A l i z a r i n b o r d e a u x ) , das sich zu dem wichtigen A n t h r a c e n b l a u (1,2,4,5,6,8-Hexaoxyanthrachinon) weiter oxydieren läßt. Dieser Farbstoff wird technisch in interessanter Reaktion aus 1,5- oder 1 , 8 - D i n i t r o a n t h r a c h i n o n durch reduzierend - oxydierende Schmelze mit rauchender Schwefelsäure und Schwefel (S 2 0 3 ) unter Zusatz von Borsäure (R. B o h n , R. E. S c h m i d t ) gewonnen. Das übersichtlichere Vorbild dieser verwickelten Umsetzung findet sich in der unter ähnlichen Bedingungen vor sich gehenden Bildung d e s N a p h t h a z a r i n s a u s 1,5- oder 1 , 8 - D i n i t r o n a p h t h a l i n . Es handelt sich im wesentlichen um die Umlagerung zum C h i n o n o x i m , dessen Spaltung und teilweise Reduktion. NOH 0 0 II OH
•00
II OH O Naphthaiarin Aus ß-Aminoanthrachinonen gelangt man durch Aetzkalischmelze in die wichtige Klasse der I n d a n t h r e n f a r b s t o f f e (s. S. 326).
IX. Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts. Organische Radikale D i e Grignardsche Reaktion 1. Darstellung von Alkoholen a) B e n z h y d r o l a u s B e n z a l d e h y d u n d P h e n y l m a g n e s i u m b r o m i d I n einem kleinen trockenen Rundkolben m i t Anschütz-Aufsatz, dessen seitliches Rohr mit einem Rückflußkühler mit aufgesetztem CaCl 2 -Rohr verbunden, während oben ein Tropftrichter mit langem Rohr aufgesetzt ist, läßt m a n auf 3,2 g Magnesiumspäne n a c h u n d n a c h d a s Gemisch von 20 g reinen, konstant siedenden Brombenzols mit 50 c c m absoluten Äthers fließen. Man wartet nach Zugabe v o n etwa einem Viertel der Lösung das Eintreten der Reaktion ab, die sich in der Selbsterwärmung unter Sieden des Äthers äußert. Durch Darunterhalten einer Schale m i t warmem Wasser oder besser durch Eintragen eines kleinen Körnchens
Darstellung von Alkoholen
291
Jod wird die Reaktion, die sich bisweilen hartnäckig verzögert, sicher und rasch in Gang gebracht. Bei der Bereitung der Phenylmagnesiumbromidlösung ist es wichtig, die Umsetzung durch zeitweise Kühlung in mäßigen Grenzen zu halten und den Zufluß des Brombenzols so zu regulieren, daß sie immer von selbst eben weitergeht. Aus dem Tropftrichter wird das darin haftende Brombenzol mit wenig absolutem Äther in den Kolben gespült. Wenn das Metall zum größten Teil gelöst ist und sich ein Abflauen des Prozesses bemerkbar macht, erhitzt man die Lösung in einer Schale mit warmem Wasser noch einige Zeit zum Sieden, bis nur mehr einige Flitter von Magnesium in ihr herumschwimmen. Jetzt kühlt man in Eiswasser und läßt, zuerst unter Kühlung, 10,6 g frisch destillierten Benzaldehyds, mit 10 ccm Äther gemischt, in rascher Tropfenfolge in die Grignardlösung einfallen. Zum Schluß kocht man noch 15 Minuten lang am Rückflußkühler, bringt in die wieder erkaltete Lösung unter gleichzeitiger Außenkühlung auf einmal 20—30 g Eis, dann zur Lösung des Magnesiumhydroxyds die nötige Menge Salzsäure (etwa 10 ccm konzentrierte + 10 ccm Wasser), trennt die Ätherschicht im Scheidetrichter ab und äthert mit wenig frischem Äther nach. Sollte an einem mit der Ätherlösung benetzten Glasstab noch Benzaldehydgeruch wahrnehmbar sein, so schüttelt man die Lösung nach dem Einengen auf das halbe Volumen mit einigen ccm 40-proz. Bisulfitlösung 5 Minuten lang kräftig durch, hernach zur Befreiung von gelöstem S0 2 nochmals mit wenig Sodalösung, trocknet kurz mit CalciumcMorid und erhält nachdem Verdampfendes Äthers das Benzhydrol als bald erstarrendes öl. Ausbeute nach dem Abpressen auf Ton 12—14 g. Der Alkohol kann aus Ligroin oder aus wenig Weingeist umkristallisiert werden und bildet schöne farblose Säulen. Schmelzp. 68°. Wenn die Bildung der Grignardverbindung zu stürmisch verlaufen ist, enthält das Reaktionsprodukt gewöhnlich erhebliche Mengen von B i p h e n y l , entstanden durch die Reaktion: C,H6MgBr + BrCjHj • C6H6 • C,H5 + MgBr2 Die Veresterung der Diaryl- und Triarylcarbinole erfolgt mit großer Leichtigkeit. So bilden sich die Chloride schon beim Einleiten von Chlorwasserstoff in die kalte Lösung der Carbinole in Benzol oder Petroläther. Ebenso leicht erfolgt die Hydrolyse, wie auch die Umsetzung mit Alkoholen zu Äthern. Schon beim Erhitzen von Benzhydrol in indifferenten Lösungsmitteln bildet sich bei Gegenwart minimaler Säuremengen der Di-benzhydryläther. Das ist der Grund, warum bei der präparativen Darstellung von Benzhydrol die vollständige Entfernung von schwefliger Säure notwendig ist.
b) T r i p h e n y l c a r b i n o l a u s B e n z o e s ä u r e ä t h y l e s t e r und Phenylmagnesiumbromid Zu der wie oben, aber aus der doppelten Menge Magnesium und Brombenzol bereiteten Grignardlösung läßt man 15 g Benzoesäureester, gemischt mit 15 ccm absoluten Äthers, unter den gleichen Bedingungen wie 19*
292
Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts
dort zutropfen, hält zum Schluß noch eine halbe Stunde lang im Sieden und arbeitet wie beschrieben auf. Der feste Rückstand von Triphenylcarbinol wird aus Benzol umkristallisiert. Farblose Prismen vom Schmelzpunkt 162°. Ausbeute gut 20 g. Näheres über diesen wichtigen Alkohol siehe S. 308. 2. Synthese eines Ketons aus einem Nitril. Acetophenon 1 Man stellt sich nach der unter 1 a) gegebenen Vorschrift aus 40 g Brombenzol und 6,4 g Magnesium (je 1 / i Mol) eine ätherische Lösung von Phenylmagnesiumbromid her, läßt dazu 8 g ( l /s Mol) Acetonitril, mit dem gleichen Volumen Äther verdünnt, tropfen und erhält das Reaktionsgemisch noch eine Stunde lang auf dem Wasserbad im Sieden. Dann gießt man in einen Liter-Rundkolben auf Eis, fügt 100 ccm etwa 8 nSchwefelsäure zu, treibt den Äther und das entstandene Acetophenon mit Wasserdampf über, äthert das Destillat aus, trocknet mit CaCl% und bringt das Keton nach dem Wegdampfen des Äthers zur Rektifikation. Siedep. 202°. Ausbeute 10—12 g = 45—50% d. Th. Auch hier wird das Präparat durch Destillation im Vakuum reiner erhalten. Siedep. 88°/12. In jedem Fall muß Acetophenon wasserhell sein und beim Abkühlen in Eis kristallisieren. Schmelzp. 22°. Zur Abwechslung mag aus Benzylmagnesiumchlorid und Acetonitril Phenylaceton bereitet werden. Das Keton wird über die Bisulfitverbindung gereinigt und im Vakuum destilliert. Die Ausbeute übersteigt nicht 25%, bezogen auf Acetonitril. E r l ä u t e r u n g e n zu 1 u n d 2
D a s Grignardsche Reagens. Alkylhalogenide lösen bei Gegenwart von absolutem Ä t h e r metallisches Magnesium auf zu m e t a l l o r g a n i s c h e n Verbind u n g e n der Form R—Mg—Hai. Aromatische Halogenide sind der gleichen Reaktion zugänglich. Am raschesten reagieren in beiden Reihen die Jodide, dann kommen die Bromide, schließlich die Chloride. Durch Zugabe von etwas Jod oder auch Äthyljodid wird die manchmal etwas widerspenstige Reaktion eingeleitet. Bisweilen ist es erforderlich, das Magnesium durch Erhitzen mit Jod zu aktivieren (v. Baeyer). Der für das Eintreten der Reaktion notwendige Äther ist mit zwei Molen komplex angelagert (Meisenheimer); er kann durch tertiäre Amine vertreten werden. In Lösung sind Organomagnesiumhaloide z. T. im Sinne eines Gleichgewichts: 2 RMgHal ; MgR2 + Mg(Hal)j aufgeteilt (W. Schlenk jun.). Die Verbindungen, die das Grignardsche R e a g e n s darstellen, reagieren als Carbanionen nach 'MgCl'+'. Sie werden ganz allgemein durch Substanzen, die r e a k t i o n s f ä h i g e n W a s s e r s t o f f enthalten, unter Anlagerung des Protons an R'~ ^ zersetzt: R—Mg—Hai + H—R t >• RH + Rx—Mg—Hai Es entsteht also in allen Fällen der dem angewandten Halogenid zugehörige K o h l e n w a s s e r s t o f f RH. 1
B l a i s e , Compt. rend. 133, 1217 (1901).
Synthese eines Ketons aus einem Nitrii. Acetophenon
293
Das einfachste Beispiel dieser Art ist die Zerlegung durch Wasser: H3C—Mg—J + HÖH
> CH4 + HO—Mg—J
Daher: vollständiger F e u c h t i g k e i t s a u s s c h l u ß bei allen Grignardschen Reaktionen. In analoger Weise wie Wasser reagieren Alkohole, Phenole, Carbonsäuren, primäre und sekundäre Amine, Oxime, A c e t y l e n usw. Da ein reaktionsfähiges Wasserstoffatom stets ein Mol Kohlenwasserstoff freimacht, so hat man bei Anwendung von Methylmagnesiumjodid eine brauchbare Methode, um durch volumetrische Messung des von einer gewogenen Menge der zu untersuchenden Substanz entwickelten Methans das Vorhandensein von aktivem Wasserstoff quantitativ zu bestimmen (Zerewitinoff). Das Verfahren besitzt für Konstitutionsfragen erheblichen Wert. Über seine praktische Ausführimg siehe S. 78. Eine weit größere Bedeutung kommt den Grignardschen Magnesiumverbindungen vermöge ihrer großen A d d i t i o n s f ä h i g k e i t für synthetische Zwecke zu. Weis früher mit den schwer zu handhabenden Z i n k a l k y l e n erreicht wurde, wird heute in größerem Rahmen mit dem leicht darzustellenden Grignardschen Reagens ausgeführt. Es findet ganz allgemein Anlagerung von R ^ an u n g e s ä t t i g t e S y s t e m e , wie >C=0, >C=N—, —C=N, —N=0, statt; >C=C< und—C=G—reagieren nicht oder nur in Konjugation zu einer der erstgenannten Gruppen (vgl. S. 205). Die Addition geht in der Weise vor sich, daß das Grignardsche Reagens in Gestalt der beiden Komponenten R ( ' und MgHal (+ ' aufgenommen wird und zwar greift das Carbanion immer die Elektronen-ärmere Seite, im Fall von C = 0 also das CAtom an. An den hierbei entstehenden negativen Sauerstoff begibt sich das positive Metallion. Wenn wir als Beispiel die Einwirkung von Methylmagnesiumbromid auf Acetaldehyd wählen, so ergibt sich nachstehende Gleichung: CH3 • C = 0 + CH3—Mg—Br H
yCH, » CHS • CH O—MgBr
Durch das Wasser wird das Alkoholat zersetzt nach CT»'CC H 3 - C < S h
+HO-Mg-Br
Als Resultat ist also Acetaldehyd in Isopropylalkohol umgewandelt worden. Wir können ganz allgemein sagen, daß die Grignardsche Reaktion in einer Addition des dem angewandten Halogenid zugrunde liegenden Kohlenwasserstoffs — als H und R — an die ungesättigte Bindung ihren Ausdruck findet, mit dem Effekt einer „aufbauenden Hydrierung". Man versteht so ohne Formaldehyd andere Aldehyde Ketone Kohlendioxyd Nitrile
weiteres den Sinn folgender Grignard-Synthesen: -»• primäre Alkohole, -»• sekundäre Alkohole, tertiäre Alkohole, Carbonsäuren, -» Ketone (über die Stufe des Ketimins
Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafta
294
Die Reaktion der Ester, Chloride und Anhydride verläuft etwas komplizierter. Auch hier findet in der ersten Phase die übliche Addition an die C=0-Gruppe statt: OR OR R—C=0 + CH3—Mg—Br
>R—COR durch ( _ ) CH, um OR R_i• R—C—O—Mg—Br + RO—Mg—Br
Ah3 Die Zersetzung durch Wasser liefert schließlich auch hier den t e r t i ä r e n Alkohol. Im Falle des Ameisensäureesters, den man im Überschuß anwendet, gelingt es, die Reaktion im ersten Stadium aufzuhalten und durch Zersetzung des xRj Produkts HC^-0—Mg—Br mit Wasser Aldehyde zu gewinnen. \OR Auch an stickstoffhaltigen Komplexen greift das Grignard sehe Reagens in gleicher Weise ein, wie das Beispiel der Azide auf S. 250 gezeigt hat. Nitrosobenzol läßt sich mit Phenylmagnesiumbromid in D i p h e n y l h y d r o x y l a m i n (C.HJüNOH überführen (S. 161). Aus diesem kurzen Überblick dürfte der große Anwendungsbereich der Synthese nach Grignard zur Genüge hervorgehen. Dazu kommt noch eine Nebenreaktion, die bei der Darstellung des Grignardschen Reagenses häufig unerwünscht auftritt, bisweilen aber auch angestrebt wird. Die Grignardverbindungen setzen sich, mit verschiedener Leichtigkeit, mit organischen Halogeniden im Sinne der Wurtzschen Reaktion um, gemäß der Gleichung: R—Mg—Hai + RjHal >• R—R t + MgHal2 So kommt es, daß man, wie schon erwähnt, bei der Darstellung von Phenylmagnesiumbromid stets als Nebenprodukt Biphenyl erhält. Die magnesium-organischen Verbindungen sind empfindlich gegen Sauerstoff, was man überall da zu beachten hat, wo sie nicht sofort nach ihrer Bereitung umgesetzt werden (vgl. auch Zerewitinoff-Bestimmung auf S. 78). Für die Mannigfaltigkeit der synthetischen Wege, welche die Grignardsche Reaktion in sich schließt, sei folgendes Beispiel angeführt. D i p h e n y l m e t h y l c a r b i n o l , und damit a s y m m e t r i s c h e s D i p h e n y l ä t h y l e n , kann dargestellt werden: 1. aus Benzophenon und Methylmagnesiumbromid: (C,H5)2 • CO + CH3 • Mg • Br —
(C,H 6 ) 2 CC(C8H6)2
Synthese eines Ketons aus einem Nitrii. Acetophenon
295
Die der Grignardsohen verwandte S y n t h e s e von R e f o r m a t z k y bedient sich des Zinks zur Kondensation von a - h a l o g e n i e r t e n F e t t s ä u r e e s t e r n m i t K e t o n e n , z. B . : (H a C) 3 C=CH • CHS • CHa • CO + Zn + C1H2C • CO,R Methyl-heptenon
CHa
OH
• (H 3 C) 2 C=CH-CH 2 • CH—C • CHa • CO s R Geraninmsäure-ester
CH3
Eine wichtige Bereicherung der synthetischen Hilfsmittel bilden die von K. Z i e g l e r in die präparative Chemie eingeführten organischen Lithium-Verbindungen. An Reaktionsfähigkeit übertreffen sie die organischen Magnesium-Halogenide. Auch ist der Bereich ihrer Anwendbarkeit weiter als dort, was durch ein präparatives Beispiel, das der Synthese von a - P h e n y l c h i n o l i n (S. 320) belegt wird. Auch die Fähigkeit zur „Metallierung", zum Ersatz von an Kohlenstoff gebundenem Wasserstoff gegen Metall, ist bei den Li-alkylen weit größer als bei den G r i g n a r d Verbindungen (G. W i t t i g , H. G i l m a n ) . Auch die Cadmium-organischen Verbindungen haben präp. Bedeutung erlangt, da sie Säurechloride in Alkylketone überzuführen gestatten. In neuester Zeit haben A l u m i n i um-organische Verbindungen wegen ihrer Additionsfähigkeit an Olefine großes, auch technisches Interesse wachgerufen. (K. Z i e g l e r u. Mitarb., Ang. Ch. 64, 323 (1952), Angew. Ch. 67, 541 (1955). In der Wirkungsweise steht das energische Hydrierungsmittel L i t h i u m - A l u m i n i u m - h y d r i d (LiAlH4) den metallorganischen Verbindungen sehr nahe, indem es an Stelle von R + H H + H an geeignete Doppelbindungen anlagert (s. auch S. 187). Die Friedel-Craftssche
Synthese
A l u m i n i u m c h l o r i d . Voraussetzung für das Gelingen einer F r i e d e 1C r a f t s s c h e n Reaktion ist die einwandfreie Beschaffenheit des als K a t a lysator benützten Aluminiumchlorids. Die käuflichen P r ä p a r a t e sind häufig infolge undichten Verschlusses der Gläser durch hinzugetretene Feuchtigkeit teilweise zersetzt und in diesem F a l l nicht verwendbar. Man sollte, um sicher zu sein, im schräg gehaltenen Reagenzglas über der F l a m m e prüfen, ob sich eine kleine Probe des Chlorids v o l l s t ä n d i g oder wenigstens zum weitaus größten Teil sublimieren läßt. Nicht allzu stark verdorbene P r ä p a r a t e lassen sich durch Resublimation 1 brauchbar machen. Ist m a n genötigt, sich das Aluminiumchlorid selbst darzustellen, so bedient m a n sich nachstehender Methode. E i n möglichst weites ( 3 % — 4 cm) R o h r aus schwer schmelzbarem Glas, z. B . ein Verbrennungsrohr nach D e n n s t e d t , wird durch einen K o r k mit einer weithalsigen Pulverflasche verbunden, derart, daß sein E n d e kaum über den K o r k hinausgeht. I n den K o r k ist in eine zweite Bohrung ein dünneres, aber nicht zu enges, gebogenes Glasrohr einge1 Eine mit einer Porzellanschale bedeckte Konservendose ist dazu gut geeignet; nach Beendigung des Prozesses, bei dem nicht zu stark geheizt werden soll, schüttet man das lockere nicht sublimierbare Material aus und hebt dann die Krusten des sublimierten Aluminiumchlorids mit einem Messer von den Wandungen der Dose und der Porzellanschale ab (Abzug).
296
Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafta
setzt, das bis über die Mitte in die Flasche hineinreicht; sein längeres Ende ist im rechten Winkel nach oben abgebogen. Das Verbrennungsrohr wird zu etwa einem Drittel seines Durchmessers mit Aluminiumgrieß beschickt auf eine Länge, die von dem Bedarf an A1C13 (27 g AI geben theoretisch 133 g A1C13) und von der Länge des benützten Verbrennungsofens abhängt; jedenfalls soll das Ende der erhitzten Schicht von der Auffangflasche einen Abstand von nicht mehr als 8 cm haben. Den Kork schützt man vor der Hitze durch eine dicht vor ihm aufgesetzte, mit Ausschnitt versehene Asbestplatte. Auf der andern Seite ist das Rohr durch möglichst kurze Schlauchstücke über 2 Waschflaschen mit konzentrierter Schwefelsäure mit einem leistungsfähigen Salzsäureentwicklungsapparat in Verbindung. Die ganze Apparatur muß trocken sein. Durch das in einem (im Abzug aufgestellten) Verbrennungsofen eingelegte Rohr wird nun zuerst Salzsäuregas geleitet, und wenn die Luft verdrängt ist, heizt man langsam die ganze Strecke des Rohrs, auf der Aluminium Hegt, an. Wenn bei zunehmender Temperatur die Bildung von AlCl3 am Auftreten von Nebeln, die in die Vorlage gehen, sich bemerkbar macht, muß die Geschwindigkeit des Salzsäurestroms gesteigert werden; gleichzeitig wird auch stärker geheizt und in diesem Stadium durch einen äußerst lebhaften Gasstrom dafür gesorgt, daß das gebildete Aluminiumchlorid keine Zeit hat, sich unter dem Kork zu kondensieren und — worauf man sorgfältig zu achten hat — die Apparatur zu verstopfen. Daß Nebel von A1C1S aus dem Abzugsrohr der Pulverflasche entweichen, bildet keinen Anlaß zu einer ernsthaften Verschlechterung des Ertrags. Man läßt die Reaktion so lange weitergehen, bis sich das Metall bis auf geringe Reste verflüchtigt hat. Das gewonnene Chlorid wird in einer s e h r g u t schließenden Schliffflasche aufbewahrt. 3. Ketonsynthese a) B e n z o p h e n o n a u s B e n z o y l c h l o r i d u n d B e n z o l Zu einer Mischung von 50 ccm Benzol, 35 g Benzoylchlorid (% Mol) und 100 ccm reinen Schwefelkohlenstoffs (oder weiteren 70 ccm Benzols), die sich in einem trocknen Kolben befinden, fügt man im Laufe von etwa 10 Minuten unter öfterem Umschütteln 35 g ( J / 4 Mol) frisch dargestellten und fein gepulverten Aluminiumchlorids, welches in einem durch einen Kork verschlossenen trockenen Reagenzglas abgewogen ist. Man verbindet dann den Kolben mit einem langen Rückflußkühler und erwärmt ihn in Wasser von 50° so lange, bis sieh nur noch geringe Mengen von Chlorwasserstoff entwickeln, was etwa 2—3 Stunden Zeit erfordert. Die Farbe der Lösung ist tief braun. Der Schwefelkohlenstoff (oder das Benzol) wird dann am absteigenden Kühler abdestilliert und der noch warme Rückstand vorsichtig in einen geräumigen Kolben gegossen, welcher
Ketonsynthese
297
300 ccm mit Eisstückchen versetzten Wassers enthält. Nachdem man mit wenig Wasser nachgespült und dann das Reaktionsgemisch mit 10 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt hat, leitet man etwa 20 Minuten lang Wasserdampf hindurch. Der im Kolben verbleibende Rückstand wird darauf nach dem Erkalten mit Äther aufgenommen und die ätherische Lösung mehrmals mit verdünnter Natronlauge ausgeschüttelt. Nach dem Trocknen mit Caiciumchlorid wird der Äther verdampft und der Rückstand aus einem Fraktionierkolben mit tiefem Ansatzrohr der Destillation unterworfen. Siedepunkt 297°. Schmelzpunkt 48°. Ausbeute etwa 35 g. Ein reineres Produkt wird durch V a k u u m d e s t i l l a t i o n aus einem Schwertkolben gewonnen. b) A c e t o p h e n o n a u s B e n z o l u n d E s s i g s ä u r e a n h y d r i d 1 Ein dreifach tubulierter Rundkolben oder weithalsiger Rundkolben von y3 Liter Inhalt ist am mittleren, weiten Tubus mit einem durch Quecksilber gedichteten R ü h r e r (Fig. 28, S. 36) versehen; auf einer Seite steht er mit einem R ü c k f l u ß k ü h l e r in Verbindung, auf der anderen ist ein T r o p f t r i c h t e r eingesetzt. Der Kolben wird mit 100 ccm über Natrium getrockneten Benzols beschickt, in das man 80 g f r i s c h s u b l i m i e r t e n Aluminiumchlorids einträgt. Sodann läßt man unter k r ä f t i g e m Rühren 25 g reinen Essigsäureanhydrids im Lauf einer halben Stunde einfließen. Das Gemisch erwärmt sich und es wird stürmisch Chlorwasserstoff entwickelt. Man erhitzt unter andauerndem Rühren noch eine halbe Stunde lang auf dem Wasserbad zum Sieden, gießt die erkaltete Lösung im Scheidetrichter auf Eis, worauf man das ausgeschiedene Aluminiumhydroxyd mit konzentrierter Salzsäure in Lösung bringt. Nach Zugabe von etwas Äther trennt man die Benzolschicht ab, äthert nach, schüttelt die vereinigten Auszüge mit Natronlange, trocknet mit Caiciumchlorid und destilliert nach dem Wegdampfen der Lösungsmittel das Acetophenon, am besten im Vakuum. Siehe S. 292. Ausbeute 24—25 g, auf das Essigsäureanhydrid bezogen 80—85% der Theorie. Bei Anwendung von A c e t y l c h l o r i d an Stelle von Essigsäureanhydrid wird kaum die Hälfte der Ausbeute erreicht. Der Vergleich der beiden Reaktionen ist lehrreich. 4. Triphenylchlormethan aus Benzol und Tetrachlorkohlenstoff 1 In der gleichen Apparatur, wie sie für die Darstellung des Benzophenons angegeben ist, werden 60 g frischen wirksamen Aluminiumchlorids nach und nach in die Mischung von 80 g reinen, trocknen Tetrachlorkohlenstoffs und 200 g Benzol eingetragen. Man kühlt anfangs mit Wasser und läßt die Reaktion nicht allzu stürmisch werden. Den in 1 2
R . A d a m s , Am. Soc.46, 1889 (1924). M. Gomberg, B.88. 3144 (1900).
298
Die Synthesen nach Grinard und Friedei-Crafts
Strömen entweichenden Chlorwasserstoff absorbiert man, wie in ähnlichen Fällen, z. B. bei der Darstellung des Brombenzols (S. 95), angegeben. Wenn alles A1C1S zugegeben und die Hauptreaktion vorüber ist, erhitzt man noch y 2 Stunde lang auf dem siedenden Wasserbad unter Rückfluß und gießt das abgekühlte braungelbe Reaktionsgemisch unter stetem Umschütteln auf ein Gemenge von 100 bis 200 g Eis und 200 ccm konzentrierter Salzsäure, das sich in einem genügend großen Scheidetrichter befindet. Sollte das Eis vor der Zersetzung der ganzen Menge geschmolzen sein, fügt man neues Eis und ebensoviel konzentrierte Salzsäure nach. Die Salzsäure dient dazu, die hydrolytische Spaltung des Triphenylmethylchlorids zu verhindern. Wenn die beiden Schichten sich geschieden haben — allenfalls setzt man noch frisches Benzol zu —, trennt man ab, schüttelt, wenn nötig, nochmals mit Benzol aus, trocknet die vereinigten Benzollösungen mit Calciumchlorid und dampft dann das Benzol auf dem Wasserbad s o w e i t a l s m ö g l i c h ab. Der Rückstand wird mit dem gleichen Volumen Äther digeriert und für einige Stunden in Eis gestellt. Dann saugt man ab und wäscht den scharf abgepreßten Kristallbrei (breite Filterplatte!) einige Male mit wenig eiskaltem Äther. Die eingedampften Mutterlaugen — zuletzt im Vakuum — liefern eine zweite, weniger reine Kristallisation, die mit wenig kaltem Äther digeriert und dann abgesaugt wird, Ausbeute 110—120 g. Zur Reinigung löst man das noch gelbe Rohprodukt in s e h r w e n i g warmem Benzol, kocht unter Zusatz einiger ccm Thionylchlorid oder Acetylchlorid auf, fügt das vierfache Volumen Leichtbenzin hinzu und läßt unter Rühren mit einem Glasstab in Eiskühlung auskristallisieren. Waschen mit kaltem Petroläther. Schmelzp. 113—114°. Die D e s t i l l a t i o n im H o c h v a k u u m (Siedep. 170°/0,4mm) liefert ein sehr reines Präparat (Lecher) und ist als Reinigungsmethode vorzuziehen. Die Reinheit von Triphenyl-chlormethan läßt sich durch Titration mit n/ 10 -Lauge in alkoholischer Lösung leicht bestimmen. 5. 2,4-Dioxy-acetophenon aus Resorcin und Acetonitril 1 Die Lösung von 5,5 g Resorcin und 3 g Acetonitril in 25 ccm absoluten Äthers wird mit 2 g wasserfreien, fein gepulverten Zinkchlorids versetzt ; dann sättigt man unter Eiskühlung mit Salzsäuregas, läßt einige Stunden verschlossen stehen, fügt zu dem breiig gewordenen Inhalt unter Außenkühlung 25 ccm Eiswasser und trennt nach Zugabe von etwas Äther die Ätherschicht ab. Das in der wäßrigen Lösung als salzsaures Salz enthaltene Ketimin wird durch y 2 stündiges Kochen der Lösung gespalten. Beim Erkalten kristallisiert das Resacetophenon in einer Ausbeute von 4—5 g aus. Die Substanz kann aus Wasser oder Alkohol umkristallisiert werden. Schmelzp. 145°. 1
K. H o e s c h , B. 48, 1122 (1915); 50, 462 (1917).
Chinizarin
299
6. Chinizarin aus Phthalsäureanhydrid und Hydrochinon
1
Eine Mischung von 5 g Hydrochinon und 20 g Phthalsäureanhydrid wird in einem offenen Kolben mit einem Gemisch von 50 ccm reiner konzentrierter Schwefelsäure und 10 ccm Wasser 3 Stunden im ölbade auf 170—180° und schließlich noch 1 Stunde auf 190—200° erhitzt. Die noch heiße Lösung gießt man dann unter Umrühren in 400 ccm Wasser, welches sich in einer Porzellanschale befindet, erhitzt bis zum Sieden und saugt heiß auf der Nutsche ab. Diese Operation wird wiederholt. Der Rückstand wird im Trockenschrank bei 120® getrocknet. Er wird dann mit 30 ccm Xylol in einem Rundkolben mit aufgesetztem Rückflußkühler zum Sieden erhitzt und durch einen Heißwassertrichter filtriert. Das Chinizarin kristallisiert in roten Blättchen aus. Diesen Vorgang wiederholt man viermal, wobei man die Mutterlauge immer wieder zum Extrahieren verwendet. Falls erforderlich, setzt man noch etwas Xylol zu. Dieses Rohprodukt wird getrocknet. Ausbeute 3—4 g. Schmelzp. 193—194°. Zur Reinigung löst man das rohe Chinizarin in heißem Eisessig und setzt dann die gleiche Menge heißen Wassers zu. Das Chinizarin fallt dabei teils in Blättchen, teils amorph aus. Es wird heiß abfiltriert, getrocknet und aus Xylol umkristallisiert. Der Farbstoff wird bei 120° getrocknet. Schmelzp. 196°. Ausbeute 3—3,5 g. Chinizarin löst sich in Alkalien, ebenso wie Alizarin, mit tief violetter Farbe. Es läßt sich unzersetzt sublimieren. T h e o r e t i s c h e s zu 3, 4, 5, 6 Sowohl Säurechloride als auch A l k y l c h l o r i d e setzen sich bei Gegenwart von A l u m i n i u m c h l o r i d , oder auch Zink- und Eisen(III)-chlorid — besonders wirksam ist B o r f l u o r i d BF 3 — mit aromatischen Verbindungen in der Weise um, daß unter Abspaltung von HCl Acyl oder Alkyl an den Kern tritt: + C l - C O C H 3 — >i
+ C1-CH3
^ - C O • CH„ a | +
-I
j
HC1
-f HCl
Während die erste Reaktion, die den Aufbau von Ketonen in sich schließt, wegen ihres meist glatten Verlaufs viel angewandt wird, gestaltet sich die Einführung von Alkylgruppen viel weniger übersichtlich, da einmal die Substitution weitergeht und außerdem gleichzeitig eine teilweise Wiederabspaltung von Alkylgruppen erfolgen kann. Die Fittigsche Reaktion ist hier meistens vorzuziehen. Jedoch wird Äthylbenzol, dessen Dehydrierung das vielgebrauchte Styrol liefert, technisch durch Kondensation von Benzol mit Äthylen nach F r i e d e l - C r a f t s gewonnen. 1
Grimm, B. 6, ö06 (1873); B a e y e r , B.8, 162 (1875).
300
Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts
Da unter den Bedingungen der Friedel-Craftsschen Reaktion auch Substanzen mit olefinischer Doppelbindung und zwar unter Anlagerung des Säurechlorida reagieren, dürfte auch am aromatischen Kohlenwasserstoff eine Addition der einleitende Schritt sein. Man ist heute der Ansicht, daß das Säurechlorid mit dem Katalysator durch Einlagerung seines Halogens zu einem anionischen Komplex (vgl. S. 97) so polarisiert wird, daß der C-haltige Teil als Carboniumion eine elektrophile Substitution am Benzolkern ermöglicht. Somit rückt auch diese Acylierungsreaktion in die Reihe der wohlbekannten elektrophilen Substitutionsreaktionen des Benzols ein. „O R—C^-Cl Alcl(r> + A1C13 > R-Cl
R(+) AlClp
Bei den O l e f i n e n folgt auf die primäre Addition sofortige Reaktion des Carboniumions mit zum /3-Chlorketon, das in der Wärme unter HCl-Abspaltung in das ungesättigte Keton übergeht. (Vgl. B. 65, 2246 [1922]). ,H . ^ /COCH, TAX)CH 3 + Cl(~> _ H (+) | + CHjGOCl . ]
M+> H y C — C — COCHs
4- ni(—) + u
C1 \ I H > ^>C—C—COCH3
W&rm«
\ > ^>C=C—COCH, .
Die P u n k t i o n des A l u m i n i u m c h l o r i d s ist eine katalytische und seine Menge daher an sich nicht an stöchiometrische Verhältnisse gebunden. Da aber im Fall der Ketonsynthese das Reaktionsprodukt mit einem Mol AlCla eine feste komplexe Additionsverbindung bildet, so muß hierbei mindestens ein Mol davon verwendet werden. Die Auswahl der L ö s u n g s m i t t e l ist bei der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion wegen der großen Reaktionsfähigkeit der Reaktionsteilnehmer eine beschränkte, im wesentlichen kommen S c h w e f e l k o h l e n s t o f f , gut gereinigter P e t r o l ä t h e r , C h l o r b e n z o l und N i t r o b e n z o l in Betracht. Auch C y c l o p a r a f f i n e sind der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion zugänglich. Phenole u n d j P h e n o l ä t h e r zeichnen sich wie bei allen elektrophilen Substitutionsreaktionen durch besondere Reaktionsbereitschaft aus. Von einzelnen Anwendungsformen seien angeführt: Die Reaktion von P h t h a l y l c h l o r i d mit B e n z o l , bei der die Muttersubstanz der Phthaleine, das P h t h a l o p h e n o n entsteht: ^ \n
+ 2 C,H,
•I
/ \ / |
c
< c y )0
s
+ 2 HCl.
Die innere Ketonsynthese des a-Hydrindons aus dem Chlorid der H y d r o zimtsäure. Die direkte Synthese von K e t o n e n aus K o h l e n w a s s e r s t o f f e n und P h o s 2 C.H, + C0C12 • C.H, • CO • C.H, + 2 HCl. gen, z. B . : Die Einführung des einfachen oder substituierten C a r b o n a m i d r e s t e s bei Anwendung von H a r n s t o f f c h l o r i d e n (Cyansäure und -estern + HCl). •^N
+ C1CONH,—*
f^\C0NH,
+H
C1.
301
Chinizarin
Damit werden auch die a r o m a t i s c h e n C a r b o n s ä u r e n der Synthese nach F r i e d e l - C r a f t s zugänglich. Eine Erweiterung hat die Reaktion durch die schöne A l d e h y d s y n t h e s e v o n G a t t e r m a n n - K o c h erfahren. Läßt man auf Toluol — Benzol ist weniger geeignet — bei Gegenwart von A1C1S (und Cuprochlorid) ein Gemisch von K o h l e n o x y d und C h l o r w a s s e r s t o f f g a s einwirken, so findet die von dem an sich nicht beständigen F o r m y l c h l o r i d zu erwartende Umsetzung statt. H C=0 + ü > 0 CK
>
f CH/
f
+ HCl.
p-Toly]a]dehyd
Es sieht so aus, als ob in Gestalt einer Komplexverbindung mit CuaCl2 das Chlorid der Ameisensäure vorübergehend gebildet würde. Der Ersatz des Kohlenoxyds durch B l a u s ä u r e erlaubt auch P h e n o l - und P h e n o l ä t h e r - a l d e h y d e im weitesten Umfang darzustellen, und zwar begibt sich auch hier die Aldehydgruppe gewöhnlich in die p-Stellung zu dem sohon vorhandenen Substituenten. Das Cuprochlorid ist in diesem Falle entbehrlich. Da Blausäure und HCl zu F o r m i m i d c h l o r i d Q > C = N H zusammentreten, so ist ersichtlich, daß hier zuerst das Aldi min entsteht, das dann bei der Aufarbeitung des Reaktionsgemisches durch Wasser unter NHS-Abspaltung in den Aldehyd umgewandelt wird. E n o l e d e r F e t t r e i h e (Acetessigester, Acetylaceton) reagieren in grundsätzlich gleicher Weise. Die Anwendung von K n a l l q u e c k s i l b e r , aus dem mit Chlorwasserstoff das isolierbare, schön kristallisierte F o r m h y d r o x a m s ä u r e c h l o r i d entsteht (C=NO) a Hg + 4 HCl — -
HgCl2 + 2 H \ c = N O H .
CK
führt in der aromatischen Reihe zur Bildung von A l d o x i m e n (Soholl). Von großem Interesse ist die Umsetzimg von K o h l e n o x y d - A l u m i n i u m c h l o r i d mit g e s ä t t i g t e n K o h l e n w a s s e r s t o f f e n . Dabei wird die CO-Gruppe in die Kette eingeschoben1, z. B.:
C6HJ2 + CO
• H3C • CHj • CO • CH(CHs)j.
Einen sehr glatten Verlauf nimmt die von H o u b e n - H o e s c h nach den Leitlinien der G a t t e r m a n n s c h e n Reaktion variierte Ketonsynthese unter Anwendung der N i t r i l e , die namentlich bei m e h r w e r t i g e n P h e n o l e n sehr günstige Resultate bringt. Es sind hier die I m i d c h l o r i d e R—C=NH, die sich analog wie bei C1 der Anwendung von Blausäure zu K e t i m i n e n und dann weiter zu K e t o n e n umbilden. C h l o r o f o r m tritt mit seinen drei C h l o r a t o m e n in die F r i e d e l - C r a f t s s o h e Reaktion ein; das Reaktionsprodukt mit Benzol ist der wichtige Kohlenwasserstoff T r i p h e n y l m e t h a n , die Grundsubstanz der bekannten Farbstoffklasse. P a r a l e u k a n i l i n [(p) NH 2 -C,H 4 ] 3 -CH ist durch reduktive Spaltung seiner Trisdiazoverbindung in ihn übergeführt worden (E. und O. Fischer). Die Übertragung der Reaktion mit Benzol und A1C13 auf T e t r a o h l o r m e t h a n führt nicht, wie man erwarten sollte, zum Tetraphenylmethan. Das vierte Cl-Atom bleibt hier im Reaktionsprodukt stehen. T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n (C4Hj)3CCl hat 1
H o p f f , B. 64, 2739 (1931).
302
Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafts
eine außerordentliche Bedeutung gewonnen, weil seine Einführung in die W u r t z sche Reaktion die Entdeckung dea ersten freien organischen Radikals ermöglicht hat ( G o m b e r g 1900). Vgl. dazu S. 306. In vielen Fällen kann man bei der F r i e d e l - C r a f t s s c h e n Reaktion das Säurechlorid durch das S ä u r e a n h y d r i d ersetzen. Die Darstellung des A c e t o p h e n o n s (S. 297) bietet ein präparatives Beispiel für diese Methode. / C O • CH 3
CO • CH 3
Sie ist besonders wichtig geworden von der Grundlage des P h t h a l s ä u r e - a n h y d r i d s aus, das sich in ganz analoger Umsetzung durch A1C13 mit Benzol zur o - B e n z o y l b e n z o e s ä u r e kondensieren läßt.
C0
+0rfVfY
Ti
0x
fY n
Da konzentrierte Schwefelsäure dieses Reaktionsprodukt, wie in der Formel schon ausgedrückt, unter Waaserabspaltung in A n t h r a c h i n o n umwandelt, so hat man hier einen sehr wichtigen Übergang in diese viel bearbeitete Gruppe (Baeyer). So wird das als Zwischenprodukt f ü r wertvolle Küpenfarbstoffe dienende ß-Met h y l a n t h r a c h i n o n technisch aus Phthalsäureanhydrid und Toluol dargestellt. Hierbei leistet konzentrierte Schwefelsäure in der ersten Phase daa gleiche wie A1C1S und man gelangt bei deren Anwendung in e i n e r Operation zum Anthrachinonderivat. Daa angeführte Beispiel der Chinizarinsynthese bringt diese schöne Reaktion präparativ zur Anschauung:
C i +°< -1 j i i ^ i 1 i i OH ^ OHmuuu OH B r e n z c a t e c h i n Liefert bei der Kondensation mit Phthalsäureanhydrid, wenn auch in viel schlechterer Ausbeute, daa isomere A l i z a r i n . Die Vereinigung von Phthalsäureanhydrid mit P y r o g a l l o l führt zu dem technisch dargestellten 1,2,3-Trioxyanthrachinon, dem A n t h r a g a l l o l . Die gesamte Literatur über die F r i e d e l - C r a f t s s c h e Synthese findet sich bei G . K r ä n z l e i n , A l u m i n i u m c h l o r i d in der o r g a n i s c h e n C h e m i e , 3. Aufl., 1039. 7. B e c k m a n n s c h e U m l a g e r u n g a) B e n z o p h e n o n - o x i m Eine Lösung v o n 4 g Benzophenon in 25 ccm Alkohol wird mit den erkalteten Lösungen v o n 3 g salzsauren Hydroxylamins in 6 ecm Wasser und 5 g Kali in 5 ccm Wasser versetzt und 2 Stunden auf d e m Wasserbade am Rückflußkühler erhitzt. Man gießt dann i n 50 ccm Wasser, filtriert eventuell v o n etwas unverändertem K e t o n ab, welches sich beim Schütteln leicht zusammenballt, säuert das Filtrat m i t verdünnter Schwefelsäure schwach an und kristallisiert das freie Oxim aus Alkohol um. Schmelzpunkt 140°. B e o k m a n n s c h e U m l a g e r u n g z u B e n z a n i l i d . Eine abgewogene Menge des Oxims wird in etwas wasser- und alkoholfreiem Äther in der Kälte gelöst und allmählich mit der 1 ^ f a c h e n Menge fein pulverisierten
Beckmannsohe Umlagerung
303
PhosphorpentacMorids versetzt. Man destilliert dann den Äther ab, versetzt den Rückstand unter Kühlung mit Wasser und kristallisiert den sich hierbei abscheidenden Niederschlag aus Alkohol um. Schmelzpunkt 163°. Die interessante intramolekulare Verschiebung1, die hier durchgeführt wurde, verläuft unter Stellungswechsel von C 6 H 5 und OH in der Weise, daß durch den stark sauren Katalysator ähnlich wie bei der Pinakolinumlagerung (S. 197) die OH-Gruppe des Oxims (vielleicht nach vorheriger Veresterung) entfernt wird. Gleichzeitig mit ihrer Ablösung wandert in die entstehende Lücke von der G e g e n s e i t e her der C-gebundene Substituent mit seinem bindenden Elektronenpaar ein. Wasseranlagerung an die hierdurch aufgerissene Lücke führt dann zum Säureamid. R—C-R' 4 N—X _h(+)
»•
(+
',.
>C-R' y R—N
, H ¡ O C — R ' y R—N
+ 0 H i
HO—C—R' 0=C—R' || = I (X = anionischer Rest) RN R—NH
Auch zu den Abbaureaktionen von Hof m a n n und C u r t i u s ergeben sich verwandtschaftliche Beziehungen, ebenso zur K. F. S c h m i d t s c h e n R e a k t i o n , der Einführung von NH-Gruppen in die Nachbarstellung von Carbonyl durch HN, in Gegenwart von konz. H 2 S0 4 . Caprolactam bildet das Zwischenprodukt bei der Synthese des Cardiazols aus Cyclohexanon + HN 3 . Wir haben in diesem Zusammenhang auch der r ä u m l i o h e n I s o m e r i e d e r Oxime Erwähnung zu tun, die, von W e r n e r und H a n t z s o h früher theoretisch begründet, derselben, bei den Diazotaten schon besprochenen Erscheinung sich angliedert. D. h. Oxime, in denen das die Isonitrosogruppe tragende C-Atom mit zwei ungleichen Substituenten besetzt ist, können in einer syn- und einer anU - Form existieren. R—C—R' R—C—R' II und || HON NOH Die Isomerie erweist sich am Modell gleichartig der von Malein- und Fumarsäure. Bei den A l d o x i m e n geht die jyn-Form leicht unter Wasserabspaltung in das N i t r i l über, die anti-Form nicht. R-CH II NOH
•
R-C I« + H . 0 . N
Von den K e t o x i m e n ungleichartig substituierter Ketone hat man lange geglaubt, das Ergebnis der Beck m a n n sehen Umlagerung als Beweis für die Konfiguration heranziehen zu können, derart, daß man annahm, die OH-Gruppe tausohe mit dem b e n a c h b a r t e n Substituenten den Platz, denn die Umlagerung der beiden sterisch isomeren Ketoxime führt zu isomeren Amiden. Aber man hat festgestellt, daß gerade die entgegengesetzten Verhältnisse eintreten (Meisenheimer, B. 54, 3206 [1921]), wie der oben gegebene Mechanismus verstehen läßt. 1
E. B e c k m a n n , B. 19, 988 (1886); 20, 1507 und 2580 (1887); A. 252, 1 (1889).
304
Die Synthesen nach Grignard und Friedel-Crafta
In schöner Übereinstimmung mit der Theorie leiten sich vom B e n z i l zwei stereoisomere Mono- und drei Dioxime ab: H,C, • C
II
C • CJHJ
II
H 6 C, • C—C • C,H 5
II
II
C6H6—C
II
II
C—C ( H a
NOH HON HON NOH HON HON >ynaniiampAi-Form Auf Zusammenfassungen der Literatur über Theorie und Praxis der BeokmannUmlagerung sei verwiesen: A. H. B l a t t , Chem. Rev. 12, 215 (1933); J o n e s , Chem. Rev. 85, 335 (1944).
b) C y c l o h e x a n o n o x i m In einem 2-Liter-Rundkolben löst man 85 g (1,2 Mol) Hydroxylaminhydrochlorid in 200 com Wasser. Unter guter mechanischer Rührung gibt man 98 g (1 Mol) Gyclohexanon zu und läßt dann eine Lösung von 66 g trockenem Natriumcarbonat in 180 ccm Wasser aus einem Tropftrichter zufließen, wobei sich das Cyclohexanon-oxim kristallin ausscheidet. Durch Außenkühlung trägt man Sorge, daß die Temperatur nicht über 40° steigt. Da die Beckmann-Umlagerung ein sehr reines Oxim erfordert, erhitzt man den Kolben im siedenden Wasserbad, bis das Oxim geschmolzen ist. Nach dem Erkalten durchsticht man mit einem Glasstab die erstarrte ölschicht, gießt die wäßrige Phase ab und schmilzt das Oxim noch einmal mit 60 ccm Wasser unter gelegentlichem Umschütteln. Nach Abtrennen des Wassers destilliert man das Oxim aus einem 300 ccmClaisenkolben mit Schwertansatz. Bei 103—105°/12 mm gehen 85—95 g farbloser Substanz über, die einen Schmelzp. von 88° zeigt. B e c k m a n n - U m l a g e r u n g z u m C a p r o l a c t a m . In einen 250 ccmErlenmeyerkolben gibt man 55 ccm reine konz. Schwefelsäure und trägt portionsweise unter Kühlung und gelindem Schütteln 57 g Cyclohexanon-oxim ein, wobei die Temperatur nicht über 20° steigen soll. Inzwischen hat man in einem 250 ccm Weithals - Rundkolben, mit Thermometer und mechanischem Rührer versehen, 30 ccm reine konz. Schwefelsäure im Ölbad auf 120° vorgeheizt. Jetzt dreht man den Brenner unter dem Heizbad ab und läßt aus einem Tropftrichter die klare Lösung des Oxims unter gutem Rühren zufließen. Das Tempo des Zutropfens muß so bemessen werden, daß die bei der Umlagerung frei werdende Reaktionswärme gerade die Aufrechterhaltung einer Innentemperatur von 118—122° ermöglicht. Die Einhaltung dieser Temperatur ist entscheidend für den Erfolg der Operation 1 . Nach der etwa eine Stunde erfordernden Zugabe des Oxims heizt man noch 10 Minuten auf 125°, läßt erkalten und gießt auf 200 g zerstoßenes Eis. Unter energischer Kühlung mit Kältemischung neutralisiert man die wäßrige 1 Fällt die Temp. unter 115°, ist sofort das Zufließen des Oxims zu unterbrechen, bis durch Ölbadheizung wieder 120° erreicht ist; bei Ansammlung größerer Mengen des Oxims wird nach dem Aufheizen die Reaktion zu heftig.
305
Beckmannsche Umlagerung
Lösung mit konz. wäßrigem Ammoniak, bis Phenolphthaleinpapier eben gerötet wird. Die Temperatur darf dabei 20° nicht übersteigen. Im Scheidetrichter entzieht man der wäßrigen Lösung das
Caprolactam
durch dreimaliges Ausziehen mit je 100 ccm Chloroform. Die Auszüge werden gewaschen und mit Calciumchlorid getrocknet. Nach dem Abdestillieren des Chloroforms auf dem Wasserbad gießt man heiß in einen Ciaisen-Schwertkolben um und destilliert im Vakuum. Bei 140°/12 mm gehen 46—50 g farblosen, kristallin erstarrenden Caprolactams über, entspr. einer Ausbeute von 80—88% d. Th. Schmelzp. 66—68°. P o l y - k o n d e n s a t i o n v o n C a p r o l a c t a m . Etwa 5greines e-Caprolactam
werden in einem normalen Reagenzglas (160 : 16 mm)
unter Zusatz von einem Tropfen konz. Salzsäure im Wasserbad geschmolzen. Nach dem Erstarren zieht man das Reagenzglas in der Gebläseflamme kapillar aus, und zwar so, daß der Leerraum über der Substanz möglichst gering ist. Nach Aufsetzen eines Gummistopfens mit Glasrohr evakuiert man an der Wasserstrahlpumpe auf 12 mm und schmilzt die Kapillare unter Vakuum ab. Die Poly-kondensation erfolgt beim sechsstündigen Erhitzen im Ölbad auf 250°, wobei man das Reaktionsgefiäß zweckmäßig mit einer Klammer unter der Badoberfläche fixiert. Nach dem Abkühlen und Zerschlagen des Gefäßes erhält man eine spröde elfenbeinfarbene Masse, die sich in der Wärme mit Hilfe eines Glasstabs zu feinen Fäden ausziehen läßt („Perlonfaser"). Zu den hochmolekularen Verbindungen, denen wachsende industrielle Bedeutung (Kunstharze, Buna, Lacke, Kunstfaser) zukommt, führen mehrere Wege: 1. Die P o l y m e r i s a t i o n ungesättigter Verbindungen (Vinylchlorid, Vinylacetat, Acrylnitril, Methacrylester, Styrol, Butadien). Die technisch wichtigste Art der „Kettenzündung" ist die mit freien Radikalen. Das Benzoxylradikal etwa, wie es beim Zerfall des Dibenzoylperoxyds entsteht, lagert sich an die Doppelbindung an, die resultierende radikalische Valenz tritt in einer Kettenreaktion fortwährend mit weiteren Molekeln des Monomeren zusammen bis zum Kettenabbruch:
R- + H2C=CH R
• R—CHj—CH R
• R—(CH2—CH)X . R
Auch polare Mechanismen der Polymerisation, etwa mit Borfluorid katalysiert, gewinnen heute an Bedeutung (Isobutylen, Tetrahydrofuran, Äthylenoxyd). Die Polymerisation kann in homogener Phase, „im Block", oder auch in wäßriger Phase als Emulsions-polymerisation vorgenommen werden. Auch das Äthylen selbst läßt sich polymerisieren. 2. P o l y - k o n d e n s a t i o n e n unter Austritt von Wasser, Ammoniak usf. Hierher gehören die Harze aus Formaldehyd mit Phenolen, Harnstoff oder aromatischen Aminen und die aus Polycarbonsäuren und Polyalkoholen entstehenden ein-, zweiund dreidimensional vernetzten Polyester. Der Polypeptid-Kette der natürlichen Eiweißfaser (Wolle, Seide) besonders nahe stehen die aus H e x a m e t h y l e n - d i a m i n und A d i p i n s ä u r e zugängliche Nylonfaser sowie das P o l y - c a p r o l a c t a m ( P e r l o n L). Letzteres, nur formal ein Polymeres, kommt durch Poly-kondensation der aus dem Caprolactam durch Hydrolyse zuerst gebildeten e-Aminocapronsäure zustande. 3. P o l y - a d d i t i o n . Die Anlagerung von G l y k o l e n an aliphatische oder aromatische D i c y a n a t e f ü h r t zu k e t t e n f ö r m i g e n P o l y - u r e t h a n e n ; Anlagerung von D i a m i n e n f ü h r t entsprechend zu P o l y - h a r n s t o f f e n (formulieren!). 20
Oattermann,
Praxis des organ. Chemikers.
37.Aufl.
306
Organische Radikale
Organische
Radikale
8. Hexaphenyläthan D a r s t e l l u n g e i n e r T r i p h e n y l m e t h y l l ö s u n g . 2 g ganz reinen, farblos löslichen Triphenylchlormethans werden in einer Glasstöpselflasche v o n 25 ccm Inhalt in 20 ccm Benzol gelöst. D a n n trägt m a n 5 g Zinkstaub ein und schüttelt 5 Minuten lang kräftig durch. Mit der gold- bis orangegelben Radikallösung stellt man zuerst den bekannten S c h m i d l i n s c h e n Dissoziationsversuch an. Man gießt v o n der klaren Lösung etwa 2 ccm in ein großes Reagenzglas, verdünnt mit 2 ccm Benzol und schüttelt um. Die Lösung entfärbt sich, alsbald aber kehrt die Farbe wieder. Durch erneutes Schütteln mit Luft kann das Radikal wieder in das farblose Peroxyd übergeführt werden. Die schöne Erscheinung läßt sich noch einige Male wiederholen. Tritt beim ersten Schütteln nicht sofort Entfärbung ein, dann hat man zuviel v o n der Triphenylmethyllösung verwendet. Man wiederholt dann den Versuch m i t der halben Menge. D e n Rest der Hauptlösung filtriert m a n durch ein Faltenfilter und schüttelt mit L u f t den ungesättigten Kohlenwasserstoff als Peroxyd aus, das in farblosen Kristallen herauskommt und nach einigem Stehen abgesaugt und mit Äther gewaschen wird. Schmelzpunkt unter Rotfarbung und Zersetzung bei 183°. Der Schmidlinsche Versuch, der hier ausgeführt wurde, bringt sehr klar das Gleichgewichtsverhältnis zwischen H e x a p h e n y l ä t h a n und T r i p h e n y l m e t h y l zur Anschauung. Das Verschwinden der Farbe beim Schütteln mit Luft zeigt an, daß das im Gleichgewicht vorhandene gelbe Radikal als (farbloses) Peroxyd entfernt ist. Die Wiederherstellung des Gleichgewichts unter erneuter Dissoziation von (farblosem) Hexaphenyläthan erfolgt so langsam, daß man ohne Schwierigkeit das Entstehen des gelben Radikals in der farblos gewordenen Lösung wahrnehmen kann. Wie schon die ungerade Anzahl von Wasserstoffatomen zeigt, enthält das nur in Lösung bekannte Triphenylmethyl C 19 H 15 ein d r e i w e r t i g e s Kohlenstoffatom oder, im Licht der Elektronentheorie, ein freies Elektron. Seine Farbe ist, im Gegensatz zu der des farblosen Hexaphenyläthans, das in kristallisierter Form isoliert werden kann, intensiv gelb, sein Absorptionsspektrum ist durch oharakteristisohe Banden ausgezeichnet (man sehe sich das Spektrum im Spektroskop an). Triphenylmethyl ist eine ungemein reaktionsfähige Substanz. Seine Lösungen werden bei Zutritt von Luft entfärbt, indem sich das farblose T r i p h e n y l m e t h y l p e r o x y d bildet 1 : 2 (C 8 H 5 ) 3 0 + 0 = 0 — (C6H,)3C • 0 - 0 • C(C,H5)3 . In ähnlicher Weise reagieren die Halogene: 2 (C6H5)3C- + Br—Br • 2 (C,H6)3C • B r . Mit Chlorwasserstoff setzt sich Triphenylmethyl im Licht zu T r i p h e n y l m e t h a n und T r i p h e n y l c h l o r m e t h a n um. Die Reaktion ist umkehrbar (Schlenk). NO, N0 2 und viele organische Radikale lagern sich an Triphenylmethyl an. Analog findet Zusammenlagerung mit Chinon statt (Schmidlin). 2 (C,H6)3C. + 0 = < ^ \ = 0
• (C,H5)JC • O ^
^ O • C(C,Hs)3
1 Über den interessanten Mechanismus dieser Autoxydation vgl. K. Z i e g l e r , A. 504, 162 (1933).
Hexaphenyläthan
307
Ferner bindet sich an der freien Valenz metallisches N a t r i u m zu dem sehr interessanten, orangefarbenen T r i p h e n y l m e t h y l n a t r i u m (C a H 5 ) 3 C-Na ( S c h l e n k ) , das man einfacher aus Triphenylchlormethan und Natrium-amalgam bereitet. Wenn man auf kryoskopisehem Wege die M o l e k e l g r ö ß e des Hexaphenyläthans in Benzollösung bestimmt, so findet man mit geringer Abweichung den diesem Kohlenwasserstoff zukommenden Wert. Es sind in der Tat "nur 2—3 °/ 0 der gelösten Molekeln in die beiden Hälften Triphenylmethyl gespalten. Die Beziehungen 0 2 N—N0 2 7 " 2 N02 farblos
braunrot
sind den hier betrachteten in vieler Hinsicht außerordentlich ähnlich. In beiden Fällen wächst der Dissoziationsgrad mit steigender Temperatur. Die Lösung in siedendem Benzol enthält nach der ebullioskopischen Molekulargewichtsbestimmung 30°/ 0 an Triphenylmethyl. Auch auf c o l o r i m e t r i s c h e m Weg ist die Dissoziation des Hexaphenyläthans nachweisbar. Während im allgemeinen farbige Lösungen beim Verdünnen keine Intensitätsänderung erfahren, da bei der Betrachtimg im Colorimeter die Anzahl der farbigen Molekeln die gleiche bleibt (Gesetz von Beer), muß die Intensität zunehmen, wenn infolge der mit der Verdünnung wachsenden Dissoziation die Anzahl der farbigen Molekeln sich vermehrt (Piccard). Die quantitative Verfolgung gestattete K . Z i e g l e r die exakte Ermittlung der Dissoziationskonstanten.
Versuch: Man überzeuge sich von der Gültigkeit des B e e r sehen Gesetzes, indem man zwei, mit schwarzem Papier umwickelte Reagenzgläser mit gleichviel ccm (1—2) einer verdünnten Farbstofflösung beschickt, die Gleichheit der Farbintensität durch Betrachtung gegen einen weißen Untergrund feststellt und dann die eine Lösung mit 5—10 ccm Wasser verdünnt. Der Zerfall des Hexaphenyläthans ist hauptsächlich zurückzuführen auf den erheblichen Gewinn an Mesomerieenergie, der den Spaltstücken zukommt (vgl. S. 386). Die Dissoziationswärme beträgt nur 15 Kcal/Mol. Ersetzt man die Phenylreste sukzessive durch die des B i p h e n y l s , so wird die Zahl der mesomeren Grenzstrukturen noch größer oder, wie man sich früher ausdrückte, die Bindungsenergie der vierten Valenz noch weiter abgeschwächt und sinkt schließlich im p - T r i b i p h e n y l - m e t h y l auf Null herab (Schlenk). Dieser Kohlenwasserstoff
C existiert überhaupt nur noch als 3
freies Radikal und ist als solches sogar im f e s t e n Z u s t a n d in Gestalt prächtiger rotvioletter Kristalle dargestellt worden. Ein physikalisches Kriterium für Radikalcharakter ist derParamagnetismus dieser Verbindungen mit ungepaartem Elektron. Von den weiteren Ergebnissen der Erforschung der Kohlenstoffradikale seien nur noch die sog. M e t a l l k e t y l e erwähnt, die ebenfalls intensiv gefärbten Anlagerungsprodukte der Alkalimetalle an Ketone (Schlenk), so z. B . : (C,H 6 ) 2 : C = 0 + Na
> (C„H 6 ) 2 =C—0 ( " >Na.
Von ihnen war auf S. 196 schon die Rede. D a s I o n T r i p h e n y l m e t h y l . Eine Lösung von Triphenylchlormethan in einem dissoznerenden Lösungsmittel wie S 0 2 leitet den elektrischen Strom (Waiden). 20«
308
Organische Radikale
Daß in ihr Ionen (C e Hj) 3 C und C1 enthalten sind, geht daraus hervor, daß bei der Elektrolyse Triphenylmethyl an der Kathode zur Abscheidung k o m m t . Ebenso besitzt die intensiv gelbe Lösung von Hexaphenyläthan in flüssigem Schwefeldioxyd Leitvermögen, enthält also auch ionisiertes Triphenylmethyl (vielleicht als komplexes Ion mit S0 2 ). Eine solche Lösung zeigt nicht das typische Bandenspektrum und reagiert nicht mit Sauerstoff. Die scharfen Unterschiede zwischen Radikal und Ion bestehen also in gleicher Weise, wie sie etwa bei den Metallen zwischen Atom und Ion bekannt sind. Das Kation Triphenylmethyl ist auch in den orangegelb gefärbten salz- und komplexsalzartigen Einwirkungsprodukten enthalten, die aus Triphenylcarbinol mit konzentrierter Schwefelsäure und aus Triphenylchlormethan mit Metallchloriden (ZnCl2, AICI3, SnCl 4 , SbCl6) entstehen.
Versuch: Man bringe einige Körnchen Triphenylcarbinol oder Triphenylchlormethan in y2 ccm konzentrierter Schwefelsäure unter Benutzung eines Glasstabes in Lösung. Durch Zugabe von wenig Wasser wird die tief orangegelbe Lösung vollkommen entfärbt; gleichzeitig kommt das Carbinol unverändert wieder zur Abscheidung. I n gleicher Weise werden auch die erwähnten Komplexsalze des Triphenylchlormethans durch Wasser wieder glatt zerlegt. E s handelt sich in beiden Fällen um eine Hydrolyse, die unter Rückbildung des Carbinols die Entladung des Triphenylmethylions zur Folge hat. Den Vorgang der Bildung gefärbter, durch Wasser mehr oder weniger leicht wieder zerlegbarer salzartiger Reaktionsprodukte aus neutralen Stoffen (Triphenylcarbinol) bezeichnet man als „ H a l o c h r o m i e " . Die halochromen Salze des Triphenylcarbinols sind C a r b o n i u m s a l z e . Wir haben in ihnen ein freies Carbonium-ion vor uns, das seine Stabilität derselben Ursache verdankt, die auch f ü r die des Triphenylmethyl-radikals verantwortlich ist, nämlich Gewinn an Mesomerie-energie nach:
O Tc „ h O - O r c -h O 6
6
6
- O f c -„ h £ > 6
Weniger beständigen Carbonium-ionen sind wir bei zahlreichen Reaktionen als Zwischenzuständen begegnet. Das rote Triphenylmethyl-Na enthält ein analog stabilisiertes C a r b - a n i o n [ ( C 8 H 6 ) 3 C ] ( — ' N a ( + ) .
Versuch: Man löse eine Spatelspitze reinen Triphenylchlormethans in einigen ccm wasserfreiem Benzol und gebe etwas für Adsorptionszwecke geeignetes Aluminiumoxyd oder Silikagel hinzu. Das Adsorbens erscheint in der farblosen Lösung gelb gefärbt. Durchschütteln mit einem Tropfen Methanol bringt die Farbe sofort zum Verschwinden. Das Aufziehen auf polare Adsorbentien löst eine Polarisierung aus, die sich hier im Übergang des farblosen covalenten Triphenyl-chlormethans in das gelbe Carbonium-ion kundtut (E. W e i t z ) .
9. Tetraphenyl-hydrazin 34 g (0,2 Mol) Diphenylamin werden in einer mit Gummi- oder Glasstopfen dicht verschließbaren Flasche von etwa 400 ccm Inhalt in 200 ccm reinen Acetons gelöst. (Das käufliche reine Aceton ist meist gegen Permanganat beständig. Andernfalls trägt man so lange gepulvertes KMn0 4 ein, bis dessen Farbe auch beim Kochen am Rückflußkühler etwa % Stunde lang bestehen bleibt; das dann abdestillierte Aceton ist für
Tetraphenyl-hydrazin
309
Oxydationen in diesem Lösungsmittel 1 brauchbar.) In die gekühlte Lösung trägt man unter fortgesetzter Kühlung in Eiswasser und lebhaftem Schütteln nach und nach s e h r f e i n gepulvertes Permanganat ein; vor jeder neuen Zugabe wartet man, bis Entfärbung eingetreten ist. Nachdem im Verlauf von iy2 Stunden etwa 16 g Permanganat verbraucht sind, trägt man weiteres Oxydationsmittel ohne Außenkühlung ein, und zwar so lange, bis die Farbe % Stunde lang bestehenbleibt; keinesfalls jedoch mehr als 14 g. Ein Teil des Diphenylamins wird bis zum Phenylisonitril aboxydiert (Geruch, Entwicklung von C0 2 ). Hierauf entfärbt man mit einigen Tropfen Alkohol oder Formaldehyd, saugt vom Braunstein ab, den man scharf abpreßt und zweimal mit wenig warmem Aceton auswäscht. Die klare Acetonlösung wird bei geringem Unterdruck aus einem Wasserbad von 35° mit vorgelegtem Kühler abgedampft; wenn man die Vorlage kühlt, kann man das Lösungsmittel zum großen Teil wieder gewinnen. Den Rest entfernt man im guten Vakuum bei einer Badtemperatur von 20°. Das auskristallisierte Tetraphenylhydrazin wird unter Eiskühlung durch Übergießen mit 20—30 ccm Äther von Schmieren befreit und nach einigem Stehen auf einer Filterplatte scharf abgesaugt. Durch Auftropfen von Äther wäscht man das Präparat rein. Man gewinnt so 20 bis 24 g fast farbloses Rohprodukt (60—70% der Theorie), das für die nachfolgende Operation direkt verwendet werden kann. Absolut reines Tetraphenylhydrazin vom Schmelzp. 144° gewinnt man durch Umkristallisation aus wenig (etwa der zwei- bis dreifachen Menge) Benzol. Die Lösung darf nur kurz aufgekocht werden. Man kann der heißen Lösung etwa y3 ihres Volumens siedenden Alkohols unter Umschütteln zusetzen und erhält so eine reichlichere Kristallisation als aus Benzol allein. Das reine Präparat wird nach dem Absaugen mit Benzol-Alkohol 1 : 1 , dann mit Alkohol allein gewaschen und sofort im Vakuumexsiccator getrocknet. Die Mutterlaugen kann man im Vakuum eindampfen und den Rückstand wie oben durch Digerieren mit kaltem Äther isolieren. Die reine und gut getrocknete Substanz hält sich, vor Licht und Säuren geschützt, jahrelang unverändert. Versuch: Man löst etwa 0,5 g Tetraphenylhydrazin in 5 ccm Xylol und erwärmt langsam über einer kleinen Flamme. Die anfangs farblose Lösung wird, noch ehe der Siedepunkt des Xylols erreicht ist, intensiv olivgrün. Dies ist die Farbe des f r e i e n R a d i k a l s , das sich bei dieser Temperatur sehr rasch weiter verändert, in Gegenwart von NO aber, wie einer der nächsten Versuche zeigen wird, als D i p h e n y l n i t r o s a m i n festgehalten wird. Versuch: Man übergieße einige cg Tetraphenylhydrazin mit konzentrierter Schwefelsäure. Es tritt anfangs schöne R o t f ä r b u n g auf, die nach kurzem Stehen in intensives B l a u v i o l e t t übergegangen ist. 1
Vgl. dazu F. Sachs, B. 84, 497 (1901).
Organische Radikale
310
Der Farbstoff, der hier entsteht, ist identisch mit demjenigen, der bei dem bekannten Nachweis von Salpetersäure (und anderen Oxydationsmitteln) mit Dip h e n y l a m i n gebildet wird, nämlich D i p h e n y l - d i p h e n o c h i n o n d i i m o n i u m s u l f a t (Kehrmann).
Aus Tetraphenylhydrazin geht der Farbstoff durch hydrolytische Spaltung an der N-N-Bindung über das zuerst entstehende D i p h e n y l h y d r o x y l a m i n (S. 161, 294) hervor.
Die F e s t l e g u n g des D i p h e n y l s t i c k s t o f f s durch Stickoxyd1 Man macht sich einen Apparat zur Entwicklung von reinem NO zurecht. Eine Saugflasche von % Liter wird, wie bei der Salzsäureerzeugung, mit einem Tropftrichter versehen, durch den man 4 n-Schwefelsäure in konzentrierte Nitritlösung (70 g N a N 0 2 in 150 ccm Wasser) eintropfen läßt. Für die angegebene Menge braucht man 250 ccm 4 n-H 2 S0 4 . An den seitlichen Ansatz der Saugflasche ist eine Waschflasche mit starker Lauge, dann eine solche mit konzentrierter Schwefelsäure angeschlossen. Hierauf folgt, durch ein kurzes Schlauchstück verbunden, ein T-Rohr, das auf einer Seite mit einem C0 2 -Kipp in Verbindung steht, am anderen Ende mit dem Reaktionsgefäß verbunden wird. An das Schlauchstück vor dem T-Rohr ist ein Schraubhahn angelegt, der am Ende des Versuchs den NO-Entwicklungsapparat abzunehmen erlaubt. In einem kleinen Rundkolben löst man 5 g Tetraphenylhydrazin in 40 ccm Toluol und setzt einen doppelt durchbohrten Kork auf, dessen bis zum Boden reichendes Einleitungsrohr mit dem beschriebenen Apparat in Verbindung steht; in der anderen Bohrung steckt ein kurzes Glasrohr. Zuerst dreht man den Schraubhahn vor dem T-Stück zu und löst die Verbindung zwischen der zweiten Waschflasche und dem Verbindungsschlauch. Dann beginnt man mit dem Zutropfenlassen der Schwefelsäure und verdrängt gleichzeitig durch C02 die in der Apparatur und im angeschlossenen Reaktionskolben stehende Luft. Der Kolben ist in eine Klammer eingespannt und soll nachher sofort auf ein kräftig siedendes, bereit gestelltes Wasserbad gesetzt werden. Wenn im ersten Teil des Apparates alle Luft durch NO verdrängt, d. h. das Gas im Abzugsrohr der zweiten Waschflasche ganz farblos geworden ist, setzt man das Schlauchstück mit der Klemmschraube rasch an, öffnet diese und läßt nun das Stickoxyd, von einem schwachen C0 2 -Strom begleitet, in den Kolben treten. Sobald aus dessen Luftrohr braunes Gas (N0 2 ) austritt, setzt man den Kolben mit der Lösung auf das siedende Wasserbad und leitet eine halbe Stunde lang einen ziemlich raschen NO-Strom in die 1
A. 381, 211 (1911).
Tetraphenyl-hydrazin
311
Toluollösung. I h r e F a r b e ist d a n n gelb geworden. J e t z t d r e h t m a n die F l a m m e u n t e r d e m W a s s e r b a d ab, schließt die K l e m m s c h r a u b e , löst die V e r b i n d u n g gegen d e n N O - E n t w i c k l e r u n d v e r d r ä n g t d u r c h einen s t ä r k e r e n C 0 2 - S t r o m alles in der A p p a r a t u r befindliche S t i c k o x y d ( P r ü f u n g m i t K a l i u m j o d i d - S t ä r k e p a p i e r ) . D a s Toluol w i r d hierauf i m V a k u u m v o l l s t ä n d i g a b g e d a m p f t , d a s kristallisiert z u r ü c k b l e i b e n d e Diphenylnitrosamin reinigt m a n d u r c h Unikristallisation a u s wenig Alkohol o d e r a u s Petroläther. Schmelzp. 66°. Versuch: U m zu zeigen, d a ß die a r o m a t i s c h e n N i t r o s a m i n e i m e n t gegengesetzten Sinn dieser Bildungsweise wieder r ü c k w ä r t s zerfallen k ö n n e n , k o c h t m a n eine kleine Menge des e b e n e r h a l t e n e n , r e i n e n Nitrosamins in Xylol u n d h ä l t ü b e r die M ü n d u n g des Reagenzglases ein S t ü c k angefeuchtetes KJ-Stärkepapier. Den Kohlenstoffradikalen schließen sich eng analoge Verbindungen des Stickstoffs an, ebenfalls freie ungesättigte Gebilde von atomartigem Charakter und von abnormer Valenzzahl. Auch ihr Auftreten ist an das Vorhandensein aromatischer Ringe gebunden. Dem Hexaphenyläthan entspricht das T e t r a p h e n y l hydrazin. Die gegenseitige Bindung der beiden N-Atome ist hier fester als bei dem Vorbild jn der Kohlenstoffreihe. Eine Dissoziation in die Radikale ( D i p h e n y l s t i c k s t o f f ) (H,C,) 2 N-N(C,H,) 2
• 2 (H 6 C,) 2 N..
tritt in Lösung erst bei etwa 80° sichtbar in Erscheinung. Jedoch entstehen durch Einführung positiver Substituenten in die Benzolkerne Hydrazinderivate, die da« Hexaphenyläthan im Dissoziationsgrad erheblich übertreffen. Schon das farblose p - T e t r a a n i s y l h y d r a z i n ist bei Raumtemperatur merklich in die Radikale des grünen p - D i a n i s y l s t i o k s t o f f s (H3CO • C,H4)2Ndissoziiert, und von dem in analoger Weise durch vier N(CH 3 ) 2 -Gruppen substituierten Tetraphenylhydrazin sind in kaltem Benzol 10, in Nitrobenzol 21 °/ t zu dem Radikal des gelben B i s - p - d i m e t h y l a m i n o - d i p h e n y l s t i c k s t o f f s (H a C) 2 N-C,H 4 )jN- dissozüert (Vermehrung der mesomeren Grenzstrukturen). Im Gegensatz zu ihrem anorganisohen Grundtyp, dem Stickoxyd, sind diese Radikale gegen S a u e r s t o f f unempfindlich. Dagegen wird gerade S t i o k o x y d mit großer Leichtigkeit von ihnen aufgenommen, eine Reaktion, die allgemein zu ihrem Nachweis dient. (C,H 6 ),N. + -NO
• (C,H5)2N • NO .
Wie man sieht, bilden sich dabei die N i t r o s a m i n e der zugrunde liegenden Diarylamine. Auch mit T r i p h e n y l m e t h y l und anderen Radikalen vereinigen sie sich unter Ausgleich der freien Valenzen. (C„H5)sN. + (C,H5)3C
• (C6H5)SN—C(C,H,), .
An Beständigkeit stehen die Stickstoffradikale den bekannten des Kohlenstoffs nach. Sie erleiden eine f ü r die gesamte Radikalchemie gültige Umwandlung, die in einer gegenseitigen Disproportionierung besteht, d. h. es kommt zu einem Ausgleich des abnormen Sättigungszustandes dadurch, daß ein Molekül einem anderen W a s s e r s t o f f entzieht. Neben s e k u n d ä r e m A m i n büdet sich als wasserstoffärmeres Produkt ein P h e n a z i n d e r i v a t .
312
Heterocyclische Verbindungen (H3CO • C,H 4 ) 2 NH + [(HACO • C,H 4 ) 2 N—1H]
2 (HJCO • C,H4)2N
C,H4OCH3 OCH, 2 [(HsCO • C,H4)2N—1 H]
•
i,H 4 OCH 3 Der Wasserstoff ist demnach von den mit * bezeichneten Stellen weggenommen worden. Das einfachste Beispiel dieser Disproportionierung von Radikalen finden wir bei dem entladenen OH-Ion, dem Radikal Hydroxyl: 2.OH >• HÖH + 0 ; 2 0 >• 0 2 . Erwähnt seien noch die Radikale mit zweibindigem Stickstoff, die sich von Hydrazinen ableiten, die sog. H y d r a z y l e , tief gefärbte Verbindungen, die durch Dehydrierung tertiärer Hydrazine erhalten worden sind und die zu den farblosen T e t r a z a n e n im Dissoziationsgleichgewicht stehen (St. G o l d s c h m i d t ) , z . B . : ( « W - N N • N(C,H6)2 | | 2(C6H6)2N-N-C,HS. C,H 5 C,H 5 Das tief violett-blaue stabile D i p h e n y l p i k r y l h y d r a z y l dient als Detektor für kurzlebige Radikale, mit denen es sich zu farblosen Verbindungen kombiniert (Bartlett). Auch das Radikal N0 2 hat sein Ebenbild in der aromatischen Reihe gefunden. Durch Dehydrierung von Diphenylhydroxylamin mit Silberoxyd entsteht das prachtvoll kristallisierte, granatrote D i p h e n y l s t i c k s t o f f o x y d (S. 161). HO—N(C,H6)2 • O^N(C,H s ) s . Nicht mir in der Farbe, sondern auch in vielen Reaktionen zeigt diese Verbindung eine auffallende Übereinstimmung mit N0 2 . Aber es fehlt ihr jede Neigung, den Radikalzustand aufzugeben, sich gleich ihm zu dimerisieren. In dieser Hinsicht gleicht es dem Stickoxyd, während dessen organische Verwandte sich mehr dem Stickstoffdioxyd anschließen. Eine ausführliche Beschreibung des Gebietes findet man in W. A. W a t e r s , The Chemistry of Free Radicals, Oxford 1948.
X. Heterocyclische Verbindungen 1. Pyridinderivate a) S y n t h e s e v o n C o l l i d i n n a c h H a n t z s c h 1 D i h y d r o c o l l i d i n - d i c a r b o n s ä u r e e s t e r . Eine Mischung von 33 g Acetessigester (Y 4 Mol) und 10 g Aldehydammoniak ( 1 / 6 Mol) erwärmt man in einem kleinen Becherglase auf einem Drahtnetz unter Umrühren mit einem Thermometer 3 Minuten lang auf 100—110°. Man versetzt dann das warme Reaktionsgemisch mit seinem doppelten Volumen 2 n - Salzsäure und rührt, ohne weiter zu erhitzen, so lange kräftig um, bis die anfangs flüssige Masse erstarrt ist. Diese wird dann in einer Reibschale fein zerrieben, abgesaugt, mit Wasser ausgewaschen und auf Ton getrocknet. 1
A. 215, 1 (1882).
Pyridinderivate
313
Für die weitere Verarbeitung kann das Rohprodukt direkt verwendet werden. Eine Probe kristallisiert man aus wenig Alkohol um. Farblose, bläulich fluoreszierende Tafeln vom Schmelzpunkt 131°. Collidin-dicarbonsäureester. In die durch Wasser gekühlte Mischung des rohen Esters mit der gleichen Gewichtsmenge Alkohol leitet man so lange nitrose Gase1 ein, bis der Dihydroester in Lösung gegangen ist und eine Probe sich in verdünnter Salzsäure klar auflöst. Jetzt gießt man die Lösung unter Nachspülen mit Wasser auf 100 g Eis, die sich in einem mittelgroßen ('/2—% Liter) Scheidetrichter befinden, stumpft die Säure durch langsames Eintragen von fein gepulverter Soda ab und. nimmt dann den als ö l abgeschiedenen Ester in Äther auf. Mit aufgesetztem Stopfen darf erst geschüttelt werden, wenn die Kohlensäureentwicklung aufgehört hat. Das Ausäthern wird wiederholt, die vereinigten Ätherlösungen schüttelt man nochmals mit Wasser aus, um die Hauptmenge des Alkohols zu entfernen, trocknet sie kurz mit Kaliumcarbonat, dampft dann den Äther ab und destilliert den Rückstand im Vakuum. Siedep. 175—178°/21. Ausbeute 15g Collidindicarbonsäureester aus 20 g Dihydroester. C o l l i d i n - d i c a r b o n s a u r e s K a l i u m . Man löst 30 g gereinigten Ätzkalis in 100 ccm absoluten Alkohols in einem 1/4-Liter-Rundkolben durch längeres Kochen auf dem Drahtnetz unter Rückfluß auf, setzt die gewonnenen 15 g Collidindicarbonester langsam zu und kocht die Lösung 3—4 Stunden lang auf lebhaft siedendem Wasserbad. Das in Alkohol schwer lösliche Salz scheidet sich nach und nach in Kristallkrusten aus und wird nach Beendigung der Verseifung von der erkalteten Lösung abgesaugt und erst zweimal mit Alkohol, dann mit Äther gewaschen. Ausbeute 12—14 g. Collidin. Die Abspaltung der Carboxylgruppe erfolgt durch Erhitzen des Kaliumsalzes mit gelöschtem Kalk. Man mischt das gewonnene Salz mit seiner doppelten Gewichtsmenge Ca(OH)2 in einer Reibschale gut durcheinander und füllt das Gemenge in ein Verbrennungsrohr von etwa 60 cm Länge ein, das man, 10 cm vom Ende entfernt, mit einem Asbestpfropfen für das Einfüllen gedichtet hat. Das eingefüllte Pulver schließt man auch auf der andern Seite durch einen lockeren Asbestpfropfen ab, verstopft das eine Ende mit einem dichten Kork, während das andere durch einen Vorstoß mit einer Vorlage in Verbindung steht. Das Rohr wird in einem kurzen, schräg gestellten Verbrennungsofen (das geschlossene Ende erhöht) durch kleine Flammen vorgewärmt, n a c h 1 Zu 50 g zerkleinerten (Vorsieht!) Arseniks läßt man aus einem Tropftrichter langsam die Mischimg von 75 ccm konzentrierter Salpetersäure (spez. Gew. 1,4) und 30 ccm Wasser fließen; der Rundkolben, in dem die nitrosen Gase entwickelt werden, trägt in seinem doppelt durchbohrten Korkstopfen neben dem Tropftrichter ein Ableitungsrohr, das über eine leere und trockene Waschflasche zu dem Reaktionsgefäß führt. Das Gemisch von Arsenik und Salpetersäure wird auf dem Drahtnetz gelinde erwärmt.
Heterocyclische Verbindungen
314
d e m m a n v o r h e r über der e i n g e f ü l l t e n M i s c h u n g d u r c h K l o p f e n e i n e n n i c h t z u e n g e n G a n g e r z e u g t h a t . D a n n vergrößert man die Flammen, am oberen Teil des Rohres beginnend, mehr und mehr, bis man schließlich bei geschlossenen Kacheln zu heller Rotglut gelangt. D a s hierbei übergehende Collidin wird mit Äther aufgenommen, mit wenig Ätzkali getrocknet und dann destilliert. Siedep. 172°. Ausbeute 3 - 4 g. Wenn eine Stickstoffbombe zur Verfügung steht, so n i m m t m a n die Brenzreaktion in einem langsamen Gasstrom vor. Die außerordentlich glatt verlaufende Synthese des Pyridinrings aus Acetessigester, Aldehyden und Ammoniak kommt dadurch zustande, daß Aldehyde in erster Phase unter Bildung von A l k y l i d e n - b i s - a c e t e s s i g e s t e r n reagieren und daß die so entstandenen 1,5-Diketonderivate durch eine eingefügte Ammoniakmolekel unter Abspaltung von 2 Mol. Wasser Ringschluß erfahren.
ROOC CHj ] H,C CO
R
R
¿H
¿H
Ö
H 2 C-COOR I OC • CH„
•
ROOC • c " " " C • COOR II II HSC • COH HOC • CH, NH»
R I CH ROOC • C ^ ^ ! • COOR II II H3C • C C • CH, ^NH Nimmt man die Kondensation ohne Ammoniak vor, so kommt aus dem Zwischenprodukt, das oben in der Di-enolform aufgezeichnet ist, die K n o e v e n a g e l s o h e S e o h s r i n g s y n t h e s e zustande, die durch Basen wie Diäthylamin, Piperidm katalytisch herbeigeführt wird. R
R
¿h
¿:!H
ROOC • CH H,C • CO n /
CH-COOR CO
ROOC • CH —
CH • COOR
HX.l
¿0 V
Das Kondensationsprodukt bei der Synthese nach H a n t z s c h ist ein Derivat des D i h y d r o p y r i d i n s , das erst durch Dehydrierung in ein echtes Pyridin umgewandelt wird. Durch die Wegnahme der beiden Wasserstoffatome aus 1,4-Stellung wird erst das dem Benzol analoge heterocyclische Ringsystem gebildet. Viel leichter geht auf diesem Weg A 2 , 5 - D i h y d r o t e r e p h t h a l s ä u r e e s t e r in T e r e p h t h a l s ä u r e e s t e r über.
315
Pyridinderivate R H
CO,R
CO,R
Daß das echte Pyridinderivat basischer ist, als die Dihydroverbindung, hängt damit zusammen, daß bei dieser die NH-Gruppe mit zwei doppelt gebundenen C-Atomen in Bindung steht. Aber auch das Pyridin und seine Abkömmlinge sind nur schwache Basen. Die chemische Natur des in vieler Hinsicht mit dem Benzol zu vergleichenden „aromatischen" Pyridins (und Chinolins) ändert sich von Grund aus bei der Hydrierung zum Piperidin, das vollkommen den Charakter eines sekundären aliphatischen Amins besitzt. Die perhydrierten heterocyclischen Basen vermitteln wichtige Abbaureaktionen, die namentlich bei der Konstitutionserforschung von Alkaloiden bedeutungsvoll geworden sind. Wir wollen die Methode der Ringaufsprengung mit Hilfe der „erschöpfenden Methylierung" nach A. W. Hofmann am Piperidin erörtern. Im quart. Kation löst das von einem /S-ständigen Kohlenstoff ein Proton ab (1), wobei eine ElektronenVerschiebung in Richtung der Pfeile zum ungesättigten Abbauprodukt führt. CH, OH(-> CH2
k -CH
CH,
CH
JHJ
CILj
CH2 CHj
CHft
CH,
CH,
+ HaO
/
N(CH3)2
Dieses wird wieder erschöpfend methyliert und seine quartära Ammoniumbase erneut in gleicher Weise gespalten. CH, CHo !H II CHS
CH, | CH2
(CH^n/
—>
CH + N(CH,), + HaO II CH, CH«
OH(->
CH. • CH=CH • CH=CH. Auf diesem Weg ist das Piperidin in den Kohlenwasserstoff „Piperylen", a-Methylbutadien, übergeführt worden. Die Verschiebung der Doppelbindung geht auf Ursachen zurück, wie sie auch die Umlagerung von E u g e n o l z u l s o - e u g e n o l und von ß- zu a-Dihydromuconsäure bedingen. Man formuliere diese Abbaureaktion beim ß-Methyl-pyrrolidin. Beim Abbau nach Emde werden cyclische quartäre Ammoniumsalze reduktiv aufgespalten unter Anwendung von Na-amalgam in schwach saurer Lösung, mitunter auch durch katalytisch erregten Wasserstoff. Der Emde-Abbau setzt voraus, daß der Stickstoff sich in ^-Stellung zu einer C—C-Doppelbindung befindet. Eine weitere Methode stammt von J . von Braun und besteht in der Anlagerung von Bromcyan an t e r t i ä r e cyclische Basen 1 . Das unbeständige Additionsprodukt spaltet unter Abwanderung des Broms eine C—N-Bindung auf; es entsteht B.40, 3914 (1907); 42, 2219 (1909); 44. 1252 (1911).
316
Heterocyclische Verbindungen
ein bromiertes Cyanamidderivat, das durch Hydrolyse zum s e k u n d ä r e n Amin und von diesem aus weiter abgebaut werden kann, z. B. : H2C CHJ H2C CII2 HAC CH2 H2C CH9 ¿ H ,2 HoC 8 \ N /
* H2
CH.
,
\ (+)
W
CH3
¿H2
HOI
CH,BR — >
N I
VS
/ \ CH3 CN
CN Br
AL \
NCH3 H
Nebenbei entsteht auch die entmethylierte sekundäre cyclische Base. Ein weiteres Verfahren desselben Autors zum Abbau s e k u n d ä r e r Amine erläutern wir am Piperidin: N - B e n z o y l p i p e r i d i n wird mit PC16 umgesetzt und dabei zerlegt in Benzon i t r i l und 1 , 5 - D i c h l o r p e n t a n . CH« CH, CH,
1 1 CH, CH«
—
1
1 CH«
—^
CH©
I CLCHN
I +NC-C.H. CH©C1
• S / N • C(C1)2 • C6H6 Einem einfachen Derivat des Pyridins, dem Amid seiner ß-Carbonsäure (Nicot i n s ä u r e ) , kommt eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel zu. Ein von ihm abgeleitetes quartäres Salz, an dessen basischem Stickstoff eine mit Adenosin-diphosphorsäure veresterte Pentose (R) haftet, dient bei der enzymatischen Dehydrierung (0. W a r b ü r g , P. K a r r e r ) und bei der alkoholischen Gärung (H. von Euler) in reversibler Funktion als WasserstoffÜberträger (Codehydrase I und II). CHJOH H2 C0NH 2
I
(+)
+2H ,
CONH,
R + H< + )
Pyridoxin
R Zu den biologisch wichtigen Pyridin-Derivaten gehört auch das Vitamin B, (Pyridoxin). b) a - A m i n o p y r i d i n 1 16 g (0,2 Mol) über gepulvertem Ätzkali oder Bariumoxyd getrockneten und destillierten Pyridins werden in 30 ccm Xylol (über Natrium getrocknet) mit 10 g (V 4 Mol) in der Reibschale unter Xylol zerriebenen Natriumamids versetzt und 7 Stunden lang im Ölbad am Rückflußkühler auf 140 bis 150°erhitzt. Der Zutritt von Feuchtigkeit ist streng auszuschließen. Nach dem Erkalten setzt man vorsichtig nach und nach 20 ccm gekühlter Sodalösung zu, schüttelt durch und trennt dann im Scheidetrichter. Die wäßrige Schicht wird noch einige Male mit Benzol ausgeschüttelt. Von 1
T s c h i t s c h i b a b i n , C. 1915 I. 1065, Wibaut, Res. 42, 240 (1923).
Chinolin
317
den vereinigten Auszügen wird nach kurzem Trocknen mit festem Ätzkali das Lösungsmittel abdestilliert. Das höher siedende Aminopyridin reinigt man durch Destillation im Vakuum (Schwertkolben); der Vorlauf besteht zum größten Teil aus Xylol. Die Base siedet bei 9 3 0 / u , 96°/I 3 . Ausbeute 6—7 g. Aus Vor- und Nachlauf läßt sich noch eine kleine Menge herausfraktionieren. «-Aminopyridin kristallisiert leicht und kann aus Ligroin umkristallisiert werden. Schmelzp. 57°. Die sehr bemerkenswerte Reaktion, mit Natriumamid die NHa-Gruppe in einen aromatischen Ring einzuführen, stammt von F. Sachs (B. 39, 3006 [1906]), der sie an mehreren Beispielen in der Naphthalin- und Anthrachinonreihe studiert hat. Im Falle des Pyridins verläuft die Synthese nach Tschitschibabin besonders glatt. Sie überschreitet wohl ein Zwischenprodukt der Anlagerung von NHjNa an die —N=CH— Doppelbindung von der Form — NNa—CH(NH2) —, welche NaH abspaltet. Das nach der summarischen Gleichung C5H5N + NaNH 2 C6H4N • NHNa + H2. in Form seines Na-Salzes entstehende a-Aminopyridin verhält sich in seinen Reaktionen wie eine tautomere Verbindung. Viele, namentlich cyclische Derivate leiten sich von einer Diiminform ab, die sich auf Grund folgender Umlagerung bilden kann:
H
2. Chinolin a) S k r a u p s c h e C h i n o l i n - S y n t h e s e 1 I n einem Kolben von 1 y 2 Liter Inhalt wird eine Mischung von 20 g Nitrobenzol, 31 g Anilin und 100 g w a s s e r f r e i e n 2 Olycerins unter Umschütteln mit 45 ccm konzentrierter Schwefelsäure versetzt. Man verbindet den Kolben dann mit einem langen, weiten Rückflußkühler und erhitzt ihn auf einem Drahtnetz. Sobald der Eintritt der Reaktion durch Entwicklung von Dampfblasen, die plötzlich aus der Flüssigkeit aufsteigen, sich zu erkennen gibt, entfernt man sofort die Flamme und läßt die bisweilen äußerst heftige Hauptreaktion 3 ohne äußere Erhitzung sich vollziehen. H a t das Reaktionsgemisch sich beruhigt, so erhitzt man noch 3 Stunden auf dem Sandbade oder Drahtnetz zum Sieden, verdünnt mit wenig Wasser und treibt aus der sauren Flüssigkeit das unveränderte Nitrobenzol mit Wasserdampf vollständig ab. Man macht dann die im Destillierkolben zurückgebliebene, noch warme Flüssigkeit mit konzentrierter Natronlauge alkalisch und destilliert das in Freiheit 1 M.l, 316 (1880); 2, 139 (1881). M. Wyler, B.60, 398 (1927). Darzens, B.47 227 (1930). 2 Man erhitzt das käufliche Glycerin in einer Porzellanschale so lange (Abzug), bis ein eingehängtes Thermometer auf 180° gestiegen ist. 3 Deren Mäßigung wird erreicht, wenn man zu Anfang nur die Hälfte der Schwefelsäure zufügt, mit kleiner Flamme vorsichtig zum gelinden Sieden erhitzt und nach 1 Stunde den Rest der Säure ganz langsam zutropfen läßt. Sodann wird das Giemisch wie oben noch 3 Stunden lang im Sieden gehalten.
Heterocyolisohe Verbindungen
gesetzte Chinolin mit unverändertem Anilin ebenfalls mit Wasserdampf über. Das Destillat wird ausgeäthert, der Äther abdestilliert, die rohen Basen werden in der Mischung von 50 ccm konz. Salzsäure und 200 ccm Wasser gelöst. Zu der warmen, klaren Lösung fügt man 30 g Zinkchlorid in 50 ccm 2 n-HCl. Das nach dem Erkalten auskristallisierte Doppelsalz wird nach einigem Stehen unter Eiskühlung abgesaugt und mit kalter 2 n- Salzsäure gewaschen. Hierauf zersetzt man mit starker Natronlauge und treibt das Chinolin abermals mit Wasserdampf über. Nach dem Ausäthern wird die Ätherlösung mit festem Ätzkali getrocknet und das Chinolin nach dem Verdampfen des Äthers schließlich destilliert. Siedep. 237°. Ausbeute 24—25 g. Das Präparat ist wasserhell. b) C h i n a l d i n - S y n t h e s e n a c h D o e b n e r - M i l l e r 1 In einem Kolben von 1 Liter Inhalt wird eine Mischung von 31 g ( 1 / 3 Mol) Anilin und 60 ccm roher, konzentrierter Salzsäure unter Umschütteln mit 45 ccm Paraldehyd ( 1 / 3 Mol) versetzt (oder mit 60 ccm Acetaldehyd, der unter Außenkühlung mit Eis vorsichtig durch einen langen Rückflußkühler zugetropft wird). Man läßt die Mischung bei Zimmertemperatur stehen, wobei nach und nach die Kondensation stattfindet, durch gelinde Selbsterwärmung sich äußernd. Man erwärmt noch 3 Stunden unter Rückfluß zum Sieden, macht mit starker Natronlauge alkalisch und destilliert die Rohbase mit Wasserdampf über. Die öligen Basen werden abgetrennt, der wäßrige Anteil wird 3 mal ausgeäthert. In den Auszügen wird das abgetrennte ö l gelöst, die Ätherlösung wird mit festem Ätzkali getrocknet. Nach dem Verdampfen des Äthers kocht man die Rohbase zur Bindung des nicht verbrauchten Anilins mit 10 ccm Essigsäureanhydrid eine Viertelstunde lang am Rückflußkühler, macht nach dem Erkalten mit gesättigter Sodalösung deutlich alkalisch und destilliert erneut mit Wasserdampf. Das Chinaldin wird nach der üblichen Aufarbeitung durch Destillation im Vakuum rein erhalten. Siedepunkt 115—120°/12. Als Nachlauf erhält man eine kleine Menge höher siedender Basen. Ausbeute 18—20 g. Man kann auch aus dem Rohbasengemisch das Chinaldin in der beim Chinolin angegebenen Weise über das ZnCl2-Doppelsalz abtrennen. Das Präparat wird reiner, die Ausbeute ist etwas geringer. Das erste auf dem unter a) durchgefuhrtenWeg gewonnene Chinolinderivat war der Farbstoff „Alizarinblau" (Prudhomme 1877), der beim Erhitzen von 0 - N i troalizarin mit Glyzerin und Schwefelsäure erhalten und von Graebe aufgeklärt wurde: CO OH CO OH
1
B. 14, 2816 (1881); 16, 1664 (1883); 17, 1712 (1884).
319
Chinolin
Während des Prozesses wird die NOa- zur NH 2 -Gruppe reduziert. Die S k r a u p s c h e Synthese erfolgt unter Wasserabspaltung. Dabei wird sioh A c r o l e i n bilden, das mit dem A n i l i n zu einem Azomethin (Sc hi ffsehe Baae) zusammentreten kann (I), viel wahrscheinlicher aber die Base an der C=C-Doppelbindung aufnehmen wird (II):
Es entsteht, mag die erste oder die zweite Erklärung zutreffen, ein D i h y d r o c h i n o l i n , dessen überständiger Wasserstoff von dem vorhandenen Nitrobenzol gebunden wird. Eine zweite, ähnlioh verlaufende Synthese, die von D o e b n e r - M i l l e r , führt zu s u b s t i t u i e r t e n Chinolinen. Einfachstes Beispiel: C h i n a l d i n aus Anilin und Paraldehyd durch Erhitzen mit konzentrierter Salzsäure. Der Verlauf der Reaktion, schließt sich eng dem der Skraupschen Synthese nach I I an, wenn man das Anilin, wie dort mit Acrolein, so hier mit C r o t o n a l d e h y d , der unter den Bedingungen sich leicht bildet, zusammentreten läßt 1 :
nh 2
'
T -
CHCH.
-CH„
CH
OHC Auch hier sind zwei überständige H-Atome, die von Nebenreaktionen —-es entstehen hydrierte Produkte •— verschluokt werden. Das bekannte Gichtmittel A t o p h a n , a-Phenylchinolin-y-carbonsäure, ist das Produkt einer analogen Kondensation von Anilin mit B e n z a l d e h y d und B r e n z t r a u b e n s ä u r e : NH, H CH„ OC COOH 1
Die Reaktion ist ein Gegenstück der Ciaisen-Michael-Addition, bei der Substanzen mit beweglichem Wasserstoff an die Doppelbindung von a, ^-ungesättigten Carbonylverbindungen angelagert werden z. B.: (R0 2 C) 2 CH 2 + H 2 C =CH—C—CH 3 ^ (R0 2 C) 2 CH—CH 2 —CH 2 -C—CHS. O
O
320
Heterocyclische Verbindungen
Atophan kann auoh durch alkalische Kondensation yon I s a t i n mit A c e t o p h e n o n gewonnen werden. Formulieren! Als biologisches Abbauprodukt des Tryptophans verdient die K y n u r e n s ä u r e Erwähnung. Zum analytischen Nachweis von mehrwertigen Metallen, mit denen es unlösliche Komplexsalze bildet, findet das 8 - O x y - c h i n o l i n (Oxin) vielfache Verwendung. Das Antimalariamittel P l a s m o c h i n leitet sich ebenfalls vom Chinolin ab. OH
.^N/^X
^ N / V
ilco/N/N
0H Kynurensäure
Oxin
I
,p TT
HN—CH(CH a ) 3 N• Aldehyde (Rosenmund). Als L ö s u n g s m i t t e l für die kalte katalytische Hydrierung, die im wissenschaftlichen Laboratorium weitaus die größte Bedeutung hat, dienen E i s e s s i g , E s s i g e s t e r , die A l k o h o l e , Ä t h e r , Wasser. Der Erfolg einer Hydrierung hängt in nooh nicht ganz durchsichtiger Weise von der Natur des Lösungsmittels ab. Die stärkste Wirkung erzielt man im allgemeinen mit P l a t i n o x y d in Eisessig. Bei der geringen Löslichkeit des Wasserstoffs in allen Lösungsmitteln muß der suspendierte oder kolloidal gelöste Katalysator durch S c h ü t t e l n dauernd mit der Gasphase in Berührung gebracht werden, damit er immer von neuem Wasserstoff aufnehmen und an die zu hydrierende Substanz weitergeben kann. An Stelle der hier angegebenen Birne ( W i l l s t ä t t e r und Waser) kann ebensogut eine „Schüttelente" benutzt werden. Manchmal kommt eine Hydrierung nach anfänglich gutem Gang vor dem vollen Wasserstoffverbrauch zum Stillstand; man kann dann den Katalysator in vielen Fällen durch Schütteln mit Luft r e a k t i v i e r e n (Wills t ä t t e r ) . Hierbei hat man zu beachten, daß ein Wasserstoff-Luftgemisch duroh die feinverteilten Katalysatormetalle gezündet wird, und muß darum vor jener Maßnahme den im Hydrierungsgefäß vorhandenen Wasserstoff durch Stickstoff oder einfacher durch Evakuieren entfernen. 1
C o v e r t und A d k i n s , Am. Soc. 64, 4116 (1932). ' R. S c h r ö t e r , „Neuere Methoden der präp. org. Chemie", Berlin 1943, S. 76.
332
Hydrierung und Reduktion
Der katalytischen Hydrierung sollen nur v o l l k o m m e n r e i n e Substanzen unterworfen werden. Diese Regel gründet sich darauf, daß vor allem Schwefel- und oft auch halogenhaltige Stoffe den Katalysator deaktivieren und daß oft ganz unberechenbare Einflüsse der Durchführung einer Hydrierung im Wege stehen. Das sicherste Mittel zur Vermeidung solcher Störungen beruht in der Verwendung reiner Materialien, auch der Lösungsmittel. Dieselben Katalysatoren, durch deren Mitwirkung elementarer Wasserstoff an eine Doppelbindung angelagert wird, vermögen bei geänderten Temperaturverhältnissen auch den entgegengesetzten Vorgang, den der D e h y d r i e r u n g oder Wasserstoffabspaltung zu beschleunigen. So zerfällt C y c l o h e x a n , bei etwa 300° über Nickel oder Palladiumschwarz geleitet, in B e n z o l und W a s s e r s t o f f ( S a b a t i e r , Z e l i n s k y ) . Das Gleichgewicht: C , H , + 3 H2 ^ z z t
C.H W
liegt bei tiefer Temperatur auf der rechten Seite der Gleichung, bei höherer hat die Energie verbrauchende der Dehydrierung den Vorrang. Beide Reaktionen verlaufen ohne Katalysator unmeßbar langsam, werden aber durch seine Gegenwart in der gleichen Weise beschleunigt. Eine wertvolle Ergänzung finden diese Hydrierkatalysatoren, die alle der 8. Nebengruppe des Periodensystems angehören, durch den Kupfer-Chromoxyd-Kontakt (Adkins), der besonders auf sauerstoffhaltige Gruppen anspricht, aromatische Kerne dagegen nicht angreift. Näheres bei Ch. G r u n d m a n n , Neuere Methoden, Berlin 1943, S. 117. Über die D e h y d r i e r u n g mit Selen vgl. S. 364. 2. Ersatz von Sauerstoff in Carbonylverbindungen d u r c h Wasserstoff (Reduktion nach
Clemmensen)
K e t o n e und Aldehyde lassen sich mit amalgamiertem Zink und Salzsäure meist sehr glatt desoxydieren; aus den Gruppen > C = 0 und — C = 0 wird > C H 2 u n d —CH 3 . H D a r s t e l l u n g d e s Z i n k a m a l g a m s . D ü n n e Zinkgranalien oder noch besser kleine Streifen geschnittenen Zinkblechs v o n 0,15—0,25 mm Dicke werden mit der gleichen Gewichtsmenge 6-proz. wäßriger Quecksilber(II)-chloridlösung unter häufigem Umschütteln eine Stunde lang in Berührung gelassen. D a n n gießt man ab und spült noch einmal mit frischem Wasser nach. a) Ä t h y l b e n z o l a u s A c e t o p h e n o n 1 . Zu 30 g verquecksilberten Zinks gibt man 12 g Acetophenon und 60 ccm Salzsäure (aus 1 Teil konzentrierter und 2 Teilen Wasser) und erhitzt in einem Kolben mit eingeschliffenem Rückflußkühler auf dem Drahtnetz zu lebhaftem Sieden. Nach je einer Stunde f ü g t man noch je 10 ccm konzentrierter Salzsäure zu, hält die Reaktion i m ganzen 5 Stunden lang i m Gang u n d treibt dann den gebildeten Kohlenwasserstoff mit Wasserdampf i n wenigen Minuten über. D a s v o n Wasser in einem kleinen Tropftrichter befreite » E. C l e m m e n s e n , B.46, 1838 (1913).
Reduktion naoh Meerwein-Ponndorf. Triohloräthylalkohol
333
Destillat wird mit Ccdciumchlorid getrocknet und dann destilliert. Siedepunkt 135—136°. Ausbeute 6—8 g. Die Ausbeute erhöht sich, wenn man das Acetophenon langsam zutropfen läßt. b) D i b e n z y l aus Benzil 1 . 7 g Be.mil werden mit 30 g amalgamierten Zinks und 100 ccm Salzsäure (1:1) 5 Stunden lang unter Rückfluß gekocht. Wie unter a) läßt man von Zeit zu Zeit konzentrierte Salzsäure (im ganzen 20 ccm) nachfließen. Zum Schluß gießt man vom Zink ab, trennt das beim Erkalten fest werdende Reduktionsprodukt von der Flüssigkeit, wäscht einige Male mit Wasser und destilliert es aus einem kleinen Schwertkolben. Siedepunkt 280°. Schmelzpunkt 50—52°. Der Kohlenwasserstoff kann aus wenig Alkohol umkristallisiert werden. Ausbeute 5 g, beinahe theoretisch. Mit dem gleichen Ergebnis kann B e n z o i n zu D i b e n z y l reduziert werden.
Ebenso häufig wie die Clemmensen - Reaktion wird die Methode von W o l f f K i s h n e r zum Ersatz von Sauerstoff durch Wasserstoff in Ketonen und Aldehyden angewandt. Dabei wird das H y d r a z o n oder S e m i c a r b a z o n der Carbonylverbindung — am besten in Gegenwart von Hydrazinhydrat — mit N a t r i u m ä t h y l a t durch mehrstündiges Erhitzen auf 160° im Einschlußrohr oder Autoklaven reduktiv gespalten. Die Reaktion ist wohl so zu erklären, daß unter der katalytischen Wirkung des Äthylats eine Umlagerung des Hydrazons zum D i i m i n zustande kommt, das dann analog wie Phenyldiimin (S. 248) zerfällt.
Bemerkenswert ist noch, daß sich Ketogruppen in Konjugation zum aromatischen Kern auch durch katalytisch erregten Wasserstoff leicht zur Methylengruppe reduzieren lassen.
3. Reduktion nach Meerwein-Ponndorf. Trichloräthylalkohol A l u m i n i u m ä t h y l a t 2 . In einem 300 ccm-Kolben mit Rückflußkühler übergießt man 5 g Aluminiums'päne oder -grieß mit 60 ccm abs. Alkohol und gibt etwa 30 mg Sublimat und eine Spur Jod hinzu. Nach einigen Sekunden setzt heftige Wasser Stoffentwicklung ein 3 . Wenn die Reaktion sich verlangsamt, läßt man sie durch 2—3 stündiges Sieden auf dem Wasserbad zu Ende gehen. Das Metall hat sich dann bis auf wenige geringfügige Flocken gelöst. Dann wird der überschüssige Alkohol aus einem Ölbad von 210—220° abdestilliert; den dunklen flüssigen Rückstand gießt man rasch in einen Claisenkolben um und destilliert ihn mit der leuchtenden Flamme unter Verwendung eines kurzen und weiten 1 B. 47, 688 (1914). * D.R.P. 286596. 3 Tritt die Reaktion nicht sofort ein, so erwärmt man vorsichtig unter Schütteln auf dem Wasserbad; sollte das Aluminium auch dann nicht reagieren, so muß es mit verd. Natronlauge kurz angeätzt werden, die man durch wiederholtes Dekantieren mit abs. Alkohol wieder entfernt.
334
Hydrierung und Reduktion
Luftkühlers rasch i. V. Sdp. 200—210°/ lo . Das noch flüssige Destillat wird in eine gut schließende Glasstöpselflasche umgefüllt, in der es beim Erkalten erstarrt. Ausbeute etwa 90 % d. Th. Zum Gebrauch pulvert man die nötige Menge Äthylat rasch in einem Mörser und wiegt sie ab. Trichloräthylalkohol1. In einem 500 ccm-Dreihalskolben bringt man 60 g (0,4 Mol) wasserfreies Chloral2,150 ccm abs. Alkohol und 18 g (1,1 Mol) Aluminiumäthylat. Auf den mittleren Hals kommt ein Liebigkühler, der so langsam mit Kühlwasser gespeist wird, daß sich während des nun folgenden Kochens des Kolbeninhalts eine Temperatur von 30—40° im Kühler einstellt. Auf diese Weise soll der bei der Reaktion entstehende Acetaldehyd, der Veranlassung zur rückläufigen Reaktion geben würde, aus dem Gleichgewicht entfernt werden. Durch einen zweiten Ansatz wird aus einer Bombe trockener Stickstoff langsam durch die Lösung geleitet. Die dritte Öffnimg, die durch einen Stopfen verschlossen wird, dient zur Entnahme von Proben. Der Kolben wird jetzt im Ölbad auf 135° erhitzt. Nach etwa 24 Stunden (verteilt auf 2—3 Tage) ist alles Chloral verbraucht, was mit folgender Reaktion zu erkennen ist. Man entnimmt einige Tropfen des Reaktionsgemisches mit einer Pipette und versetzt sie in einem Reagenzglas mit Wasser. Nach dem Absitzen des Aluminiumhydroxyds wird von diesem abgegossen und etwas gelbes Ammoniumsulfid zugegeben. Solange Chloral anwesend ist, entsteht beim Aufkochen eine dunkelbraune Färbung.
Nachdem mit dieser Probe das Ende der Reaktion festgestellt ist, wird bei 120° der Alkohol abdestilliert und der Rückstand von Aluminiumtrichloräthylat nach dem Erkalten mit 60 ccm 4 n-Schwefelsäure zerlegt. Darauf destilliert man mit Wasserdampf und trennt im Destillat das Öl im Scheidetrichter ab. Die Wasserphase sättigt man mit Natriumsvlfat und schüttelt sie dreimal mit wenig Äther aus. ö l und ätherische Lösung werden vereinigt, mit Natriumsulfat getrocknet und nach dem Abdampfen des Äthers wird der Trichloräthylalkohol i. V. destilliert. Sdp. 94—97°/125. Schmelzp. 16—17°. Ausbeute etwa 80°/ 0 . Auf die Verwandtschaft der Meerwein-Ponndorfschen R e a k t i o n mit der von Cannizzaro ist in Zusammenhang mit dieser bereits auf 8. 194 hingewiesen worden. Auch ihre Umkehrung, die durch dieses Gleichgewicht gekennzeichnet ist, und die Dehydrierung eines gegen die üblichen Oxydationsmittel empfindlichen (z. B. ungesättigten) Alkohols hat erhebliche präparative Bedeutung (Methode von 1 Meerwein und S c h m i d t , A. 444, 221 (1925). Diss. von Bock, Königsberg 1926. 1 Das wasserfreie Chloral kann man sioh aus Chloralhydrat durch Schütteln mit konz. Schwefelsäure, Trennung der beiden Schichten und Destillation darstellen; Sdp. 98°.
Adipin-dialdehyd aus Cyclohexen durch Ozonisation
335
Oppenauer 1 ). Die AI-Verbindung des zu dehydrierenden Alkohols wird dabei durch Zugabe von Al-ferf.-butylat oder Al-phenolat bereitet.
4. Oxydation von Malonester zu Mesoxalsäure-ester mit Selendioxyd 2 32 g Malonester und 22,5 g Selendioxyd werden mit 30 g Xylol unter Rückfluß 16 Stunden auf 130° erhitzt. Dann wird das Selen abfiltriert und gut mit Äther ausgewaschen 3 . Aus der mit Natriumsulfat getrockneten Äther-Xylol-Lösung dampft man den Äther weg und fraktioniert den Rückstand i. V. Nach Übergehen des Xylols wird die Fraktion von 66—100° aufgefangen und einer zweiten Destillation unterworfen. Die dabei erhaltene Fraktion von 90—100° (12 mm) scheidet bei längerem Stehen an der Luft große, glasklare Kristalle von MesoxalsäureesterHydrat aus. Ausbeute 5 g. Nach Umkristallisieren aus Aceton Schmelzpunkt 67°. Der der Clemmensen-Reduktion entgegengesetzte Prozeß, die Überführung von >CH a in >CO gelingt bei Ketonen mit S e l e n - d i o x y d . So läßt sich, als einfachstes Beispiel, Aceton direkt zu M e t h y l g l y o x a l oxydieren. Bei seiner mannigfachen Wirkungsweise wird dieses Oxydationsmittel häufig angewandt.
5. Adipin-dialdehyd aus Cyclohexen durch Ozonisation 4 Die Ozonisation wird in einer 400 ccm großen, dünnwandigen Gaswaschflasche mit glockenförmig erweitertem Eintauchrohr oder Schraubengang ausgeführt. Zur Verbindung der Flasche mit dem Ozonisationsapparat ist an ihrer Einleitungsröhre ein Kniestück angeblasen, das über dem Gasaustrittsrohr des Ozonisators in eine Quecksilberdichtung eingetaucht werden kann. Man löst 12 g Cyclohexen (S. 100) in 140 ccm reinem, trockenem Essigester6 und bringt die Waschflasche mit der Lösung in ein Dewar-Gefäß oder in eine große Thermosflasche mit Aceton, das man durch langsames Eintragen von festem Kohlendioxyd auf —50 bis —70° abkühlt. Dann verbindet man mit dem Ozonisationsapparat. Bei Verwendung eines Ozonisators mit mindestens 5 Entladungsröhren kann man den ozonisierten Sauerstoff sehr lebhaft durchströmen lassen und die Ozonisation in 3—4 Stunden beenden. Wenn z. B. 20 Liter in der Stunde durchfließen und der Sauerstoff 5 Vol.-% Ozon enthält, ist die Absättigung des Cyclohexens in 4 Stunden erreicht. 1
Ree. 56, 137 (1937). R. Müller, B. 66, 1668 (1933). G. S t e i n in „Neuere Methoden der präparativen org. Chemie", Verlag Chemie 1949 S. 1. 3 Das Selen wird gesammelt und wieder auf Selendioxyd verarbeitet. 4 F. G. Fischer und K. Loewenberg, B.66, 666 (1933). ' Essigester wird viermal mit dem gleichen Volumen Wasser ausgeschüttelt, über Chlorcalcium getrocknet und abdestilliert. 2
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Oxydation mit Selendioxyd, Ozonisation
Es empfiehlt sich sehr, vor Beginn des Versuches, etwa 10 Minuten nach dem Einschalten des Ozonisators, die in einer bestimmten Zeit austretende Ozonmenge jodometrisch zu ermitteln und die Stärke des Sauerstoffstromes mit einer Gasuhr oder einem Strömungsmesser zu kontrollieren.
Da eine Ü b e r o z o n i s a t i o n auf alle Fälle vermieden werden muß, wird vor Ablauf der berechneten Zeit eine zweite Waschflasche mit Kaliumjodid-Lösung hinter die erste geschaltet. Zur Verbindung verwendet man, wenn kein Schliff 1 vorhanden ist, einen langen, gebohrten Korkstopfen, der in geschmolzenes Paraffin getaucht wurde. An der eintretenden Weingelbfarbung der Kaliumjodidlösung erkennt man das Ende der Ozonisation. Die k l a r und d ü n n f l ü s s i g gebliebene Lösung des Ozonids wird noch kalt mit Hilfe von 0,5 g f r i s c h d a r g e s t e l l t e n Palladium-Trägerkatalysators (s. S. 330) hydriert. Man mäßigt die schnelle Aufnahme von Wasserstoff nach ihrem Einsetzen anfänglich durch Kühlen der Schüttelbirne mit Eiswasser und läßt sie schließlich unter Selbsterwärmung sich beenden. Nach etwa einer Stunde und Aufnahme von % der berechneten Menge Wasserstoff kommt die Hydrierung zum Stillstand. Die Lösung wird nun durch ein Faltenfilter abfiltriert. Weniger Waeserstoff wird gebraucht, wenn bei der Ozonisation nicht hinreichend gekühlt oder überozonisiert wurde. Die Gegenwart von polymerern Ozonid, das nicht hydriert wird, verrät sich daduroh, daß eine Probe des Rückstandes auf Zusatz von Äther eine F ä l l u n g gibt. Da sich das polymere Ozonid bei der nachfolgenden Destillation explosionsartig zersetzen kann, muß es entfernt werden. Man fügt Äther zu der Lösung und schüttelt durch, bis mit weiterem Äther keine Fällung mehr entsteht. Wenn sich nach kurzem Stehen das polymere Ozonid abgesetzt hat, gießt man die Lösung davon ab und verdampft den Äther. Das Lösungsmittel wird mit einem Fraktionieraufsatz bei 30—40° i. V. abdestilliert.
Der Adipinaldehyd wird durch Destillation i. V. aus einem kleineren Kolben mit Fraktionierkolonne gewonnen. Man erhält 7—9 g. Der reine Adipinaldehyd siedet bei 92—94°/12 mm, wird in Eiskochsalzmischung fest und schmilzt dann bei —8° bis —7°. Um ihn vor Autoxydation zu schützen, wird er unter Stickstoff oder C02 eingeschmolzen verwahrt. Beim Umgehen mit Ozoniden ist eine Schutzbrille zu tragen, da besonders die Ozonide von Körpern mit niederem Molekulargewicht oft explosiv sind. Sehr gefährlich ist z. B. B e n z o l t r i o z o n i d . Als L ö s u n g s m i t t e l zur Ozonisation organischer Substanzen eignen sich: H e x a n , C h l o r o f o r m , T e t r a c h l o r k o h l e n s t o f f , Ä t h y l c h l o r i d , E i s e s s i g und E s s i g e s t e r . I n den K o h l e n w a s s e r s t o f f e n und C h l o r v e r b i n d u n g e n sind viele Ozonide schwerlöslich und scheiden sich daher während der Ozonisation aus. 1 Zur Dichtung der Schliffe beim Arbeiten mit Ozon verwendet man nicht Fett, sondern an der Luft zerflossenes Phosphorpentoxyd oder Graphit.
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Furfurol
XII. Naturstoffe 1. Furfurol 1 300 g Kleie werden in einem 3-Liter-Kolben mit der Mischung von 150 ccm konzentrierter Schwefelsäure und 800 ccm Wasser verrührt. Man destilliert etwa 900 ccm Flüssigkeit ab, neutralisiert das Destillat mit Soda und sättigt es mit 250 g Kochsalz. Aus dieser Lösung werden wieder 300 ccm abdestilliert, die man nach dem Sättigen mit Kochsalz mit Äther extrahiert. Nach dem Trocknen wird der Äther verdampft und das Furfurol destilliert. Siedep. 162°. Ausbeute 5—7 g. Die P e n t o s e n verlieren beim Kochen mit Mineralsäuren 3 Molekeln Wasser und gehen in F u r f u r o l über: CHOH—CHOH HC I I - I I HOCH, C H O H C H O HC
CH II C-CHO
- *
HC II HC
\ OH OH x
CH II C-CHO
\
u0
/
Die beiden wichtigsten natürlichen Pentosen, l - A r a b i n o s e und d - X y l o s e , finden sich in der N a t u r als polymere Anhydride, sog. P e n t o s a n e , und zwar das „ A r a b a n " als Hauptbestandteil vieler Pflanzengummis (Kirschgummi, Gummi arabicum, Kleiegummi), das X y l a n im Holz. Durch Hydrolyse entstehen aus diesen Pentapolyosen zuerst die einfachen Pentosen, die dann durch genügend starke Säuren in Furfurol umgewandelt werden. So bildet sich auch bei der Verzuckerung von Holz (Cellulose) durch verdünnte Säuren dieser Aldehyd als Nebenprodukt. Das Furfurol zeigt als „tertiärer" Aldehyd große Ähnlichkeit mit Benzaldehyd und ist wie dieser der Acyloinreaktion (Furoin) und der P e r k i n s c h e n Synthese zugänglich. Auch mit Ammoniak reagiert es gleichartig (S. 189).
Versuche: Man läßt Furfurol mit der 5-fachen Menge wäßrigen Ammoniaks kurze Zeit stehen; die nach 3 Stunden vollständig ausgeschiedene Substanz schmilzt nach dem Um kristallisieren aus Alkohol bei 117°. Sie h a t die dem Hydrobenzamid analoge Struktur. Mit essigsaurem Phenylhydrazin gibt schon eine verdünnte wäßrige Lösung von Furfurol fast sofort einen Niederschlag des Phenylhydrazons. Man reinigt die abgesaugte und getrocknete Substanz, indem man sie in wenig Äther löst und durch vorsichtigen Zusatz von Petroläther zur Kristallisation bringt. Schmelzp. 97—98°. Methode der quantitativen Bestimmung von Furfurol. Furfurol gibt zwei charakteristische F a r b r e a k t i o n e n , die zu seinem qualitativen Nachweis dienen. Mit P h l o r o g l u c i n und S a l z s ä u r e (1 Teil konz., 1 Teil Wasser) entsteht beim Kochen ein dunkelgrüner Niederschlag, mit A n i l i n a c e t a t lösung t r i t t schon in der Kälte Rotfärbimg auf.
Man führe diese beiden Nachweisreaktionen aus. 1
S t e n h o u s e , A. 36, 302 (1841); F o w n e s , A.Ö4, 52 (1845). 22 G a t t e r m a n n , Praxis des organ. Chemikers.
37.Aufl.
338
Naturstoffe
Die Reaktion mit Anilin-Salzen ist gleichzeitig von Z i n o k e und D i e c k m a n n 1905 aufgeklärt worden. Es wird dabei der Furanring „aminolytisch" aufgespalten und gleichzeitig aus dem Aldehyd das Anil gebildet. CH—CH
II
CH H
II
/
„„,
C—CHO
—
H5 „
H
H
H(+)
H t I I
| OH H OH
Die F a r b s t o f f e sind mesomere Salze des a - O x y - g l u t a c o n d i a l d e h y d d i a n i l s obiger Formel. G l u t a c o n s ä u r e ist HOOC-CH 2 -CH:CH-COOH. In der Hitze spalten die farbigen Salze eine Mol. Anilin ab und gehen in quartäre / i - O x y - p y r i d i n i u m s a l z e über:
HC
COH 0H
?
—
/ Y / 0 | I
H
+ C6H5NHa
CH H—N
Versuch 1 : 2 ccm Anilin werden mit 1 ccm konzentrierter Salzsäure versetzt und mit Alkohol auf 10 ccm aufgefüllt. Man gibt dazu die Lösung von 1 ccm Furfurol in 8 ccm Alkohol und erwärmt kurze Zeit. Beim Erkalten scheidet sich in feinen Nadeln der violette Farbstoff ab, der abgesaugt und mit wenig Alkohol und Äther nachgewaschen wird. 2. d-Glucose aus Rohrzucker 2 Die Mischung von 750 ccm Sprit, 30 ccm rauchender Salzsäure (D. 1,19) und 30 ccm Wasser wird auf 45—50° erwärmt. Bei dieser Temperatur trägt man unter stetem Umschütteln portionsweise 250 g reinen, fein gepulverten Rohrzucker („Staubzucker") ein, der vollständig in Lösung gehen muß. Beim Erkalten scheidet sich die gebildete d-Glucose — die d-Fructose bleibt gelöst — als zähes Harz ab, in das man nun einige dg wasserfreier Glucose einimpft. Häufiges Reiben mit dem Glasstab befördert die Kristallisation, die immerhin mehrtägiges Stehen erfordert. Dann ist die Abscheidung zu einem fast farblosen, fein kristallinen Pulver geworden, das man an der Pumpe absaugt und alsbald wieder in 20—25 ccm heißem Wasser löst; in der Wärme fügt man absol. Alkohol bis zur Trübung hinzu (120—150 ccm) und läßt unter Umrühren und 1
S t e n h o u s e , A. 156, 199 (1870). ' S o x h l e t , J. pr. 21, 245 (1880).
Spaltung von Rohrzucker durch Saecharase (Invertin)
339
Animpfen erkalten. Vor dem Absaugen bleibt die Kristallisation über Nacht stehen und wird dann abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und im Vakuumexsiccator scharf getrocknet. Ausbeute 50—60 g. Schmelzp. 146°. 3. Spaltung von Rohrzucker durch Saccharase (Invertin) a) B e r e i t u n g d e r E n z y m l ö s u n g 1 . 50 g Preßhefe werden in einem kleinen Filtrierstutzen mit Hilfe eines dicken Glasstabs mit 5 ccm Toluol bei 30° so lange verrührt, bis die Masse ganz dünnflüssig geworden ist, etwa % Stunden. Der dünne Brei, der auf diese Weise infolge Autolyse der Hefezellen entstanden ist, wird, mit 50 ccm Wasser von 30° verdünnt, eine Stunde lang bei dieser Temperatur gehalten. Dann füllt man in einem 250 ccm-Erlenmeyerkolben mit Wasser auf 150 ccm auf, schüttelt mit etwas Kieselgur kräftig durch, saugt auf mittlerer Nutsche unter schwachem Unterdruck rasch ab, und wäscht nochmals mit 50 ccm Wasser von 30°. Das Filtrat, das zwar etwas Invertin, in der Hauptsache aber andere Inhaltsstoffe der Hefezelle enthält, die durch diese Maßnahme beseitigt werden sollen, wird verworfen. Den Filterrückstand schlämmt man mit 50 ccm Wasser gut auf, fügt einige Tropfen Toluol hinzu und läßt diesen Ansatz zur F r e i l e g u n g d e s E n z y m s 15 Stunden lang bei ungefähr 30° stehen. Hierauf wird der dünne Brei zur Beseitigung von unwirksamem E i w e i ß unter tüchtigem Umrühren mit so viel n/^-Essigsäure versetzt, bis (mit einer Probe) Methylrot eben umschlägt (p H = 4), dann wird wie oben filtriert, wenn nötig nach Durchschütteln mit wenig Kieselgur. Das Filtrat wird mit verdünntem Ammoniak gegen Lackmus neutral gemacht und ist so, durch etwas Toluol geschützt, mehrere Tage unverändert haltbar. b) D i e I n v e r s i o n . In einem 250-ccm-Meßkolben löst man 40 g Rohrzucker in 200 ccm Wasser, fügt 25 ccm 10-proz. NaH2POt-Lösung zu und erwärmt in einem geräumigen Wasserbad (oder Thermostaten) auf 30°. Jetzt setzt man 10 ccm der nach a) bereiteten Enzymlösung hinzu und bestimmt die Zeit, zu der die Pipette ausgelaufen ist, füllt sofort den Inhalt des Meßkolbens mit Wasser von 30° bis zur Marke auf, schüttelt um und entnimmt, die Zeit wie kurz zuvor bestimmend, die erste Probe von 25 ccm zur Drehwertsmessung. Die Probe läßt man jeweils in 5 ccm 2 n-Sodalösung einlaufen, um die Enzymwirkung anzuhalten und gleichzeitig die „Mutarotation" (S. 346) zu beschleunigen. Nach Schütteln mit wenig Tierkohle wird durch ein trockenes Filter gegossen und die klare Lösung im 2 dm-Rohr polarimetriert. Jeweils 3 Ablesungen, davon Mittelwert. Aus der bei 30° weiter reagierenden S t a m m l ö s u n g entnimmt man während der 1. Stunde nach Versuchsbeginn alle 20, während der 2. Stunde alle 30 Minuten eine Probe zur Polarimetrierung. Innerhalb 1
W i l l a t ä t t e r , Schneider und Bamann, H. 147, 264 (1925). 22»
Naturstoffe
340
dieser Reaktionsdauer wird die Schwelle der Inversion, die durch den Nullwert der Drehung gegeben ist, meist überschritten. Dies bedeutet einen Spaltungsgrad v o n rund 75 % des eingesetzten Rohrzuckers. Wenn man auf mm-Papier die Drehwerte auf der Ordinate gegen die Zeit (Absoisse) aufträgt, so erhält man durch Verbindung der beobachteten Werte eine in ihrem zeitlichen Verlauf flacher werdende, l o g a r i t h m i s c h e K u r v e , die die Ordnung der untersuchten Reaktion als m o n o m o l e k u l a r andeutet. Aus ihrem Schnittpunkt mit der Geraden, die der Drehung 0° entspricht, kann man die „Nulldrehungszeit" ablesen, die ein gewisses Maß f ü r die Wirksamkeit der bereiteten Enzymlösung gibt. Der Verlauf der Kurve läßt bereits erkennen, daß das logarithmische Zeitgesetz nicht streng gewahrt ist. Trägt man nämlich 1 / 3 des Anfangsdrehwerts, der durch den Schnittpunkt der Kurve mit der Ordinate gegeben ist, unterhalb der Nulldrehung auf der Ordinate auf, so läßt sich die Zeit, in der der Endwert der Inversion erreicht wird, graphisch ermitteln. Man prüfe nun, ob K o n s t a n z d e r H a l b w e r t s z e i t besteht, indem man die Zeit, in der die Drehung um die Hälfte zurückgegangen ist, auf der Kurve abliest und dann ermittelt, ob in den folgenden gleich großen Zeitabschnitten die Drehung jeweils wieder um den halben Betrag zurückgeht. Da die Drehungsabnahme direkt proportional geht mit der Inversion des Rohrzuckers, so dient sie direkt als Maß der Reaktionsgeschwindigkeit. Man setze die gemessenen Drehwertsänderungen und die dazu gehörige Zeit in die nachstehende Gleichung für Reaktionen erster Ordnung ein und berechne jeweils die Konstante k. _ log
—