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German Pages 683 [684] Year 2002
KLAUS-PETER KIRSTEIN
Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem
BERLINER HISTORISCHE STUDIEN Herausgegeben vom Friedrich-Meinecke-lnstitut der Freien Universität Berlin und dem Institut für Geschichtswissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin
Band 35 Ordensstudien XVI
Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem Von der Eroberung der Heiligen Stadt durch die Kreuzfahrer 1099 bis zum Ende der Kreuzfahrerstaaten 1291
Von
Klaus-Peter Kirstein
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Kirstein, Klaus-Peter: Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem: von der Eroberung der Heiligen Stadt durch die Kreuzfahrer I 099 bis zum Ende der Kreuzfahrerstaaten 1291 I Klaus-Peter Kirstein.Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Berliner historische Studien ; Bd. 35 : Ordensstudien ; Bd. 16) Zug!.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1997 ISBN 3-428-09964-8
Alle Rechte vorbehalten
© 2002 Duncker & Humb1ot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hi1debrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6941 ISBN 3-428-09964-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 9 .
Vorwort Die vorliegende Arbeit, die 1997 am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin als Dissertation angenommen wurde, ist für die Drucklegung teilweise überarbeitet und um neuerschienene Literatur (im wesentlichen bis in das Jahr 2000) erweitert worden. Auf akademischer Seite habe ich meinem Doktorvater, Prof. Dr. Kaspar Elm, und den Hochschullehrern Prof. Dr. Dietrich Kurze, Prof. Dr. Rudolf Hiestand, Prof. Dr. Marie-Luise Favreau-Lilie und Prof. Dr. Peter-Johannes Schu1er zu danken, die dieses Buch kritisch und wohlwollend über Jahre hinweg begleitet und mich mit wertvollen Hinweisen und Anregungen unterstützt haben. Dank der Förderung von Herrn Prof. Dr. Hiestand war es dem Verfasser auch möglich, auf die Ergebnisse und Materialien zurückzugreifen, die im Rahmen eines vom Lande Nordrhein-Westfalen geförderten Projektes zur Prosopographie des lateinischen Klerus der Kreuzfahrerstaaten entstanden sind. Neben Herrn Prof. Dr. Elm ist es auch der Fürsprache von Herrn Prof. Dr. Joachim Ehlers zu danken, dass diese Arbeit in die. Reihe "Berliner Historische Studien I Ordensstudien" aufgenommen worden ist. Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Fachhochschu1e Potsdam, vor allem der Fachbereich ArchivBibliothek-Dokumentation, die es mir ermöglichte, an der Geschichte der lateinischen Patriarchen von Jerusalem weiterzuarbeiten. Im Besonderen möchte ich aber meiner Frau, Sabine Husemeyer, danken, die diese Arbeit über Jahre hinweg mit Engagement und Langmut begleitet hat und all den anderen, die geholfen haben, das Manuskript dieses Buches zu lesen und zu korrigieren, und von denen einige sicherlich zurecht behaupten, dass sie nunmehr viel mehr über die lateinischen Patriarchen von Jerusalem und die Kreuzfahrerstaaten wissen, als sie je erfahren wollten. Dies gilt in besonderer Weise für Thomas Kirsch, Maria Helene Laass, Christian Breer, Gabriele Kluge und Peter-Friedemann Behrend. Schließlich gebührt auch der Berliner Dr. Jacques Koerfer-Stiftung mein Dank, die durch finanzielle Unterstützung die Drucklegung der Arbeit gefördert hat. Gewidmet sei diese Arbeit meinen beiden Söhnen Niklas und Jan und dem Andenken meiner Eltern! Klaus-Peter Kirstein
Karte I: Jerusalem •
• Den Haag, Koninklijke Bibliotheek, 76 F 5 (Ende I2 . Jh., Saint Bertin?; Psalterfragment, 255 x I65 mm), f I'; in: Lobrichon, Eroberung, S. 6. Vgl. Omamenta ecclesiae, III, Nr. H 4, S. 76f.; W Cahn, Romanesque manuscripts. The twelfth century, 2 Bde., London I996, li, Nr. I38, S. I65-I67; Franeo Cardini, Jerusalem, in : Pilgerziele der Christenheit. Jerusalem - Rom - Santiaga de Compostela, hg. v. Paolo Caucci von Saucken, Darmstadt I999, S. 368.
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung ................................. ... ............................ .. .... ..... .. ............ ......... ......... 25 I.
Forschungsgeschichte .................................................................................... 26
Il.
Quellen ........................................................................................................... 44 I.
Dokumentarische Quellen ...................................................................... 45 a) Urkunden ............................................................................................ 45 b) Rechtsquellen .................... .............................................. ................... 47 c) Chroniken .................................. ....... .. ....... ..... ..... ......... ... ... .. .............. 48
2.
Sachquellen ............................................................................................ 50 a) Sphragistische, numismatische und archäologische Quellen .............. 50
III.
B.
Fragestellung und Methode ............. ................................. ........................ ...... 51
Patriarchatsbegriff und Patriarchat von Jerusalem ....... .......................... ....... 58 I.
Patriarchatsbegriff im NT und in der Zeit der Alten Kirche ......... ....... .......... 60
II.
Der Patriarchentitel im lateinischen Mittelalter ................. ............................ 63 I.
Entfaltung des römischen Primates ............................. ........................ .... 64
2.
Patriarchae vel primates .......................................................................... 65
111.
Der Pentarchiegedanke ................................................... ......... ...................... 75
IV.
Kirchliche Unionsbemühungen von 1099 bis 1204 ....................................... 76
V.
Die Eroberung von Konstantinopel- der vierte Kreuzzug .................. .. ......... 77
VI. Zum kirchenpolitischen Ringen zwischen Rom und Byzanz .................... ..... 78 1.
Nach 1204 ..... ....................... ..................................................... ............. 78
2.
Papsttum und Kirchenunion in der Zeit von 1274 bis 1439: Von Lyon über Pisa nach Ferrara-Fiorenz .............................................. 84
VII. Exkurs: Spiritualität und Diözesangrenzen .................................................... 86 I.
Spiritualität ...... .. ................. ... ..... ............ .................. .............................. 86
2.
Die Diözesangliederung im heiligen Land ............................................. 88
Inhaltsverzeichnis
8
C. Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem ..................................................... 91 I.
Arnulf von Chocques ..................................................................................... 91
1.
Quellenkritische Bemerkungen .............................................................. 91
2.
Herkunft, Ausbildung und Lehrtätigkeit am Hofe Wilhelms des Eroberers in der Normandie .............................. 94
3.
Auf dem Weg zum Heiligen Grabe ........................................................ 97
4.
Patriarchenwahl .................................................................................... 104
5.
Archidiakon des Hl. Grabes .................................................................. 110
6.
Politische Einflußnahme des Königs von Jerusalem auf das Patriarchat von Jerusalem ..................................................................... 112
7.
Erneute PatriarchenwahL .................................................................... 114
8.
Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ............................................... 116
9.
Kanonikerreform des Chorherrenstiftes vom Hl. Grabe ....................... 118
10. Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem ......................................... 122 11. Arnulfs Rolle innerhalb der Bündnispolitik Balduins I. mit Byzanz und Sizilien ..................................................... 123 12. Krönung Balduins von Bourcq und Tod Arnulfs von Chocques .......... 128 II.
Daimbert von Pisa ........................................................................................ 129 1.
Herkunft und Ausbildung ..................................................................... 129
2.
Kirchlicher Werdegang: Diakon, Bischofund Erzbischofvon Pisa und Legat Urbans II. in Sardinien und Korsika.... 131
3.
Legat Urbans II. in Spanien(?) und Palästina ...................................... 145
4.
Patriarchenwahl .................................................................................... 150
5.
Daimbert und der Advocatus Sancti Sepulcri ....................................... 152
6.
Der Patriarch von Jerusalem und die orthodoxe Kirche ........... ............ 157
7.
Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem ......................................... 161
8.
Politische Einflußnahme des Königs von Jerusalem auf das Patriarchat von Jerusalem......................................................... 163
9.
Italienische Kommunen im Königreich Jerusalem: Genua ................... 176
10. Prozeß an der römischen Kurie und Tod Daimberts ............................. 177
Inhaltsverzeichnis III.
9
Ebremar von Chocques ................................................................................ 179 1.
Herkunft und Patriarchenwahl .............................................................. 179
2.
Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem ......................................... 181
3.
Politische Einflußnahme des Königs von Jerusalem auf das Patriarchat von Jerusalem ......................................................... 184
4.
Prozeß an der römischen Kurie ............................................................ 185
5.
Erhebung zum Erzbischofvon Caesarea und Tod Ebremars ................ 187
IV. Gibelin von Arles ......................................................................................... 187
V.
1.
Herkunft und kirchlicher Werdegang: Erzbischofvon Arles und Legat Urbans II. und Paschalis' 11 ............... 187
2.
Patriarchenwahl ..... ............................................................................... 193
3.
Bistumsorganisation ............................... .............................................. 196
4.
Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ............................................... 199
5.
Stellung im Kampfzwischen Paschalis II. und Heinrich V .................. 200
6.
Tod Gibelins ......................................................................................... 201
Warmund von Picquigny ............................................................................. 201 I.
Herkunft und Patriarchenwahl ......................................................... ,.... 20 I
2.
Das Konzil von Nablus ......................................................................... 205
3.
Die Eroberung von Tyrus: Pactum Warmundi ..................................... 207
4.
Bistumsorganisation ............................................................................. 213
5.
Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem ......................................... 214
6.
Der Patriarch von Jerusalem und die Gründung des ersten geistlichen Ritterordens ...................................... 219
7.
Tod Warmunds ...... ............................................................................... 222
VI. Stephan ........................................................................................................ 223 I.
Herkunft und kirchlicher Werdegang: Vidame von Chartres, Regularkanoniker in Chartres, Abt der Abtei Saint-Jean-en-Vallee und Jerusalempilger ..................... 223
2.
Patriarchenwahl .................................................................................... 225
3.
Religiöse Orden .................................................................................... 226 a) Troyes und die Gründung des ersten geistlichen Ritterordens .......... 226
Inhaltsverzeichnis
10
b) Zisterzienser ..................................................................................... 231 4.
Bistumsorganisation ............................................................................. 231
5.
Politische Einflußnahme des Königs von Jerusalem auf das Patriarchat von Jerusalem ............ ............................................. 232
6.
Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ............................................ 234
7.
Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem ......................................... 236
8.
Tod Stephans ........................................................................................ 237
VII. Wilhelm von Mesen ..................................................................................... 238 I.
Herkunft und kirchlicher Werdegang: Kanoniker und Prior des Hl. Grabes ..................................................... 238
2.
Patriarchenwahl und Stellung im Schisma von 1130............................ 241
3.
Der Einfluß des Patriarchen während der Adelsrevolte zwischen 1131 und 1137 ........................................... 244
4.
Ritter- und Hospitalorden ..................................................................... 248 a) Johannitee ......................................................................................... 248 b) Templer .............................................................................. .............. 250 c) Lazariten ........................................................................................... 251
5.
Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ............................................... 252
6.
Bistumsorganisation ............................................................................. 256
7.
Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem ......................................... 258
8.
Die armenische Kirche ......................................................................... 267
9.
Kreuzverehrung und Reliquientranslation ............................................ 268
10. Der Tod Fulcos von Anjou und die Krönung Balduins III. .................. 273 II. Tod Wilhelms ....... ................................................................................ 273 VIII. Fulcher ......................................................................................................... 273 I.
Herkunft: Abt von Cellefrouin ............................................................. 273
2.
Kirchlicher Werdegang: Kanoniker vom Hl. Grabe und Erzbischofvon Tyrus ........................................................................... 275
3.
Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ............................................... 275
Inhaltsverzeichnis
II
4.
Patriarchenwahl .................................... ................. ................. .............. 276
5.
Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ................................ ....... ........ 277
6.
Fulchers Einfluß auf den Verlauf des zweiten Kreuzzuges .................. 278
7.
Selbstverständnis des lateinischen Patriarchen von Jerusalem .. .... ....... 280
8.
Krönung Balduins 111... .. .......................... .... .. ........... ......... ... .... .. .. ........ 281
9.
Bistumsgründung ..... ......... .... ....................... .. ...... ... .............. ... ... .......... 283
10. Ritterorden: Johanniter ..... ........................ .............. ......... ..... ........ .... .... 284 II . Reliquientranslation .. ............... ..... ... ........... .. .. ...... ............ .. ..... ........... .. 288 12. Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem .................................... ..... 288 13. Intervention bei der geplanten Eheschließung Agnes' von Courtenay mit dem Sohn des Grafen Fulco von Anjou und der Königin Melisende .............. ...... ....... 290 14. Verwandte ..... ........................ ................... .......................... ... ...... ......... 290 15. Tod Fulchers .... ...................... ........................... .............. .... ..... ... ..... ..... 291 IX.
Amalrich von Nesle ....... .. ...... ....... ... ..... ............ .... .......... ... .............. ... ......... 291 I.
Herkunft und Patriarchenwahl.. .... .......... ..... ..... .. .................................. 291
2.
Die Stellung im Schisma von 1159 zwischen Alexander III. und Viktor IV . ..... .... .. ... .. ............................... 296
3.
Die Thronfolge von König Balduin III. zu Arnalrich ...... .. ..... ...... ....... . 300
4.
Bistumsorganisation .......... .. ..................................... ..... ... .. ...... ............ 302
5.
Auf der Suche nach Unterstützung für Palästina .................................. 308
6.
Italienische Kommunen im Königreich Jerusalem: Genua ................... 310
7.
Ritter- und Hospitalorden ................... ... .......... ..... .. ....... ................. ...... 313 a) Johanniter ... ...................... ........ ........................................ .. .............. 313 b) Lazariten ............ ........ ... ........... ... ... ................. ......... ........ ...... .. ........ 317
8.
Assassinen .. ... ....... .......... ... .. ........ ....... ..... .. ... ..... ...... ................... .......... 318
9.
Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem ..... .. .. ................... ..... ........ 319
I 0. Die Thronfolge König Amalrichs ........................ ...................... ........... 321 II. Der Patriarch von Jerusalem und die orthodoxe Kirche .... .. ................ . 322
Inhaltsverzeichnis
12
12. Die Weihe Wilhelms (II.) zum Erzbischof von Tyrus und die Teilnahme der lateinischen Kirche Palästinas am III. Laterankonzil ............................................................................ 327 13. Tod Amalrichs ...................................................................................... 328 X.
Heraklius ......................................................... ............................... .............. 328 I.
Herkunft ............................................................................................... 328
2.
Archidiakon von Jerusalem und Erzbischof von Caesarea ................... 332
3.
Patriarchenwahl .................................................................................... 334
4.
Wirksamkeit in Palästina ...................................................................... 337
5.
Diejakobitische Kirche ........................................................................ 339
6.
Die Rolle des Patriarchen in den Auseinandersetzungen zwischen Guido von Lusignan und Balduin IV .................................... 341
7.
Auf der Suche nach Unterstützung für Palästina .................................. 344
8.
Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ............................................... 349
9.
Italienische Kommunen im Königreich Jerusalem: Genua ..... .............. 350
10. Die Intervention des Patriarchen zugunsten der Thronfolge Guidos von Lusignan 1185 ..................................... ........... 351 II. Die Schlacht von Hattin und das Verhalten des Patriarchen während der Belagerung und Eroberung Jerusalems durch Saladin ..... 354 12. Von Jerusalem nach Akkon und der Tod des Patriarchen .............. ...... 357 XI. Die Nachfolger des Patriarchen Heraklius bis 1194..................................... 358 I.
Cyrillus oder Sulpitius .......................................................................... 359
2.
Albert..................................................... ............................................... 359
3.
Radulf II. .............................................................................................. 359
4.
Symo .................................................................................................... 360
5.
Michael von Corbeil ............................................................................. 360
XII. (Haymarus) Monachus ................................................................................. 362 I.
"De expugnata Accone Haymari monachi liber Tetrastichus" ............. 362
2.
Herkunft: Von Florenz nach Jerusalem ................................................ 365
3.
Kanzler des Patriarchen von Jerusalem ................................................ 367
4.
Kirchlicher Werdegang: Erzbischofvon Caesarea ............................... 368
Inhaltsverzeichnis
13
5.
Patriarchenwahl .................................................................................... 371
6.
Königswahl Aimerichs von Lusignan................................................... 378
7.
Reliquientranslation .............................................................................. 380
8.
Reorganisation der lateinischen Kirche ................................................ 382
9.
Ritterorden: Gründung des Deutschen Ordens ..................................... 383
10. Kreuzzugsaufrufe Innozenz' III ............................................................ 3,86 II. Auseinandersetzungen zwischen den lateinischen Patriarchaten Antiocheia und Jerusalem ............................................... 388 12. Orden der Kanoniker vom Hl. Grabe .................................................... 389 13. Italienische Kommunen im Königreich Jerusalem: Venedig ................ 390 14. Ritterorden: Johanniter und Templer .................................................... 393 15. Tod des Patriarchen .............................................................................. 394 XIII. Soffred ......................................................................................................... 395 I.
Herkunft und Ausbildung ..................................................................... 395
2.
Kirchlicher Werdegang......................................................................... 396 a) Kardinaldiakon von S. Maria in Vialata .......................................... 396 b) Kardinalpriester von S. Prassede ..................................................... 398
3.
Soffred als Legat Innozenz' III ............................................................. 398 a) Intervention in den antiochenischen Erbfolgestreit.. ........................ 399 b) Tätigkeit im Hl. Land und Syrien .................................... ................ 404
4.
Patriarchenwahl ...... .............................................................. ...... .......... 406
5.
Wirken im Hl. Land, Rückkehr an die Kurie und Tod Soffreds ........... 410
XIV. Albert von Vercelli ..................................................................................... 411 I.
Herkunft und Ausbildung: Studium und Eintritt in die Gemeinschaft der Regularkanoniker von S. Croce in Mortara ............. 411
2.
Kirchlicher Werdegang......................................................................... 412 a) Wahl zum Bischofvon Bobbio ........................................................ 412 b) Bischof von Vercelli und päpstlicher Legat ..................................... 413
3.
Albert als Legat und Hofrichter Kaiser Heinrichs VI. .......................... 417
4.
Humiliaten ............................................................................................ 423
14
Inhaltsverzeichnis 5.
Patriarchenwahl. ... ................................. ................................ ... ........ 425
6.
Kreuzzugsplanungen und Subsidienzahlungen für das Hl. Land ......... 428
7.
Alberts Intervention als päpstlicher Legat im antiochenischen Erbfolgestreit ..................................................... 429
8.
Ritterorden: Der Deutsche Orden .................... ................................. . 432
9.
Der Patriarch und die Thronfolge Aimerichs von Lusignan ................ 434
10. Zypern .................... ............................ .. .... .. ............ .... ........ ... .......... 437 11. Sorge um christliche Gefangene .....
... ...................................... 438
12. Der Patriarch als Verfasser der ersten Regel der Karmeliten.............. 439 13. Teilnahme am IV. Laterankonzil.. ............................. ....................... . 443 14. TodAlberts .......................................... ............................................ 444 15. Patriarcheneid ....... ... ........................... ................. .......................... 446 D. Wesenszüge des lateinischen Patriarchats von Jerusalem ....... .. .. .................. 448 I.
Ausbildung und kirchlicher Werdegang................................................. ... 448
II.
Herkunft und Erhebung ............................................................ ...... ... ... 449
ill. Wahlverfahren........................... ................. ............................... ......... ... .. 454 IV. Verhältnis zum König I Königtum............... ............................................. 458 V.
Verhältnis zum Papst I Papsttum ............................ ............................ .. .... 462
VI. Bistumsorganisation.
.. .................................... ... ...... ......... .. ....... 469
VII. Antiocheia versus Ierusalem .. .. ... .. .. ... .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. ....... 4 79 VIII. Byzantinisches Kaiserreich, orthodoxe Reichskirche und die Melkiten ...... 483 IX. Bewahrung des hl. Kreuzes ........................... .......................................... 488 X.
Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem............................................ 494
XI. Religiöse Orden.......................................... ....................................... .... 495 I. Kanonikerorden: Orden der Kanoniker vom Hl. Grabe ......................... 4 95 2. Mönchsorden ..... ... ... .. ..... ........................................ ... ........................ 496 3. Geistliche Ritterorden .................................................... ..................... 497 a) Templer und Johanniter.. ................................................................. 498 b) Der Deutsche Orden ......................................... ............................. 500 XII. Assassinen .. .. .............. ..................... .............. ............................. ......... .. 501
Inhaltsverzeichnis
15
XIII. Christliche Denominationen ....................................................................... 502 XIV. Reisen nach Europa ..................................................................................... 503 XV. Eigene Werke ............................................................................................... 504 E. Das lateinische Patriarchat von Jerusalem- Ein Epilog ................................. 507 Anhang: Karten ........................................................................................................ 517 F.
Quellen- und Literaturverzeichnis ....................................................... ............. 522
I.
II.
Bibliographien und Forschungsberichte ......... .............................................. 522 I.
Bibliographien ...................................................................................... 522
2.
Forschungsberichte............................................................................... 523
Quellen und Literatur ................................................................................... 524 I.
Quellen ................................. ....................................... ...................... 524
2.
Literatur ............................................................................................... 553
Register ..................................................................................................................... 663
Kartenverzeichnis Karte 1:
Jerusalem ............................................. ............................................. 6
Karte 2:
Das lateinische Patriarchat von Jerusalem ................................... 517
Karte 3:
Das lateinische Patriarchat von Antiocheia .................................. 518
Karte 4:
Jerusalem im 12. Jahrhundert ....................................................... 519
Karte 5:
Das Patriarchenviertel in Jerusalem .... ......................................... 520
Karte 6:
Die kirchliche Geographie Frankreichs um 1300 ......................... 521
Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen, die in dieser Arbeit verwendet werden, richten sich nach dem Abkürzungsverzeichnis, das sich im ersten Band des Lexikon des Mittelalters befindet und nach demjenigen der Theologischen Realenzyklopädie: - Lexikon des Mittelalters I (1980), Sp. XVII-LXIII. - Theologische Realenzyklopädie [TRE], hg. v. Gerhard Krause, Bd. 27: Abkürzungsverzeichnis, zsgest. v. Siegfried M. Schwertner, 2., überarb. u. erw. Auf!., Sonderausg., Berlin u.a. 1994. Davon abweichende Abkürzungen werden in der folgenden Liste aufgeführt: AASS
Acta sanctorum quotquot toto orbe coluntur ... , hg. v. Jan Bolland [bis Bd. 5, danach von den Bollandisten], Bde. 1-67, Antwerpen [Bd. SOff. Brüssel, Bd. 52 Tongerloe] 1643-1940 [noch nicht vollständig, bis 10. November reichend; letzter Bd. = Propylaeum für Dezember]. - 2. Auf!. Bde. l-43 [bis 5. September], Venedig 1734-1770.- 3. Aufl., Bde. 1-60 [bis 12. Oktober], Paris- Rom 1863-1870.
Albert von Aachen
Albert von Aachen, Historia Hierosolymitana, in: RHC Occ. IV, Paris 1879, S. 265-713 .
Albert Miliolus
Alberti Milioli notarii Regini Liber de temporibus et aetatibus et Cronica imperatorum, hg. v. Oswald Holder-Egger, MGH SS 31, Hannover 1903, s. 336-668.
Anaklet II
Anacleti antipapae epistolae et privilegia, in: MPL 179, Sp. 687-731.
Andrea Dandolo
Andreae Danduli ducis Venetiarum Chronica per extensum descripta a. 46-1280 d. C., hg. v. Ester Pastorello, Muratori' 12, 1, Citta di Castello/Bologna 1938, S. 1-327.
Anse/rn von Canterbury
Sancti Anselmi Cantuariensis archiepiscopi opera omnia, hg. v. Franciskus S. Schmitt, 6 Bde., Edinburgh 1946-1961.
2 Kirstein
I8
Abkürzungsverzeichnis
AOL
Archives de !'Orient Iatin, Paris 1881ff.
Barhebraeus
Gregorii Barhebraei Chronicon ecclesiasticum, 2 Tl. in 3 fascicles, hg. v. Jean 8. Abbeloos I Thomas J. Lamy, Paris- Leuven 1872-1877.
Benedict of Peterborough
Gesta regis Henrici secundi (RS 49), hg. v. WilIiam Stubbs, 2 Bde., London 1867.
Benjamin von Tudela
Syrien und Palästina nach dem Reisebericht des Benjamin von Tudela (Abhandlungen des Deutschen Palästinavereins 12), übers. u. erkl. . v. Hans Peter Rüger, Wiesbaden 1990.
Bernhard von Clairvaux
S. Bernardi Opera, hg. v. Jean Leclercq I H.M. Rochais, 7 Bde., Rom 1957-1977.
Bernhard von Clairvaux
Opere di San Bernardo, hg. v. Ferrucio Gastaldelli, Mai land, Bd. I: Trattati, 1984; Bd. 2: Sentenze e altri testi, I 990; Bd. 6/1-2: Lettere, 1986-1987.
Cartulaire
Le Cartulaire du chapitre du Saint-Sepulcre de Jerusalem (DRH Cr. 15), hg. v. Genevieve Bresc-Bautier, Paris 1984.
Codex Theodosianus
Theodosiani libri XVI cum constitutionibus Sirmondianis et Leges novellae ad Theodosianum Pertinentes, hg. v. Theodor Mommsen I Paul Meyer, Bd. 2: Leges novellae ad Theodosianum pertinentes, 4Berlin 197 I.
Daniel, Putesestvija ...
Vie et pelerinage de Daniel, hegoumene russe, I 106-1107, übers. v. Sofia de Khitrowo, in: Itineraires russes en Orient (SOL, SG 5), hg. v. Dems., Genf 1889.
Deusdedit
Die Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit, Bd. I, hg. v. Viktor W. v. Glanvell, Paderbom I 905 (ND Aalen 1967).
Du Cange
Charles du Fresne Du Cange, Les familles d'Outremer (Collection des documents inedits sur l'histoire de France 18), hg. v. Emmanuel Guillaume Rey, Paris 1869.
Ekkehard von Aura
Ekkehardi Uraugiensis abbatis Hierosolymita, nach der Waitz'schen Recension mit Erläuterungen und einem Anhange hg. v. Heinrich Hagenmeyer, Tübingen 1877.
Elm, Ordo
Kaspar Elm, Der Ordo SS. Sepulcri Dominici Hierosolymitani. Untersuchungen zu Geschichte und Selbstverständnis des Kapitels vom Hlg. Grab, Habilitationsschrift (maschinenschriftlich), Freiburg I 967.
Abkürzungsverzeichnis
19
Elm, Fratres et Sorores
Kaspar Elm, Fratres et Sorores Sanctissimi Sepulcri. Beiträge zu 'fraternitas', ' familia' und weiblichem Religiosenturn im Umkreis des Kapitels vom Hlg. Grab, FMASt 9 (1975) 287-333 [auch in: Ders., Umbiculus Mundi, 139-217].
Elm, Kanoniker
Kaspar Elm, Kanoniker und Ritter vom Heiligen Grab. Ein Beitrag zur Entstehung und Frühgeschichte der palästinensischen Ritterorden, in: Die geistlichen Ritterorden Europas ( 1980), S. 141-169 [auch in: Ders., Umbiculus Mundi, 63105].
Ernout
La chronique d'Emoul et de Bernard le Tn!sorier, publiee pour Ia premier fois. D'apres les manuscrits de Bruxelles, de Paris et de Beme, avec un essai de classification des continuateurs de Guillaume de Tyr (Societe de I'Histoire de France 157), hg. v. Louis de Mas Latrie, Paris 1871
Estoire
L'Estoire de Eracles Empereur et le conqueste de Ia terre d'Outremer, in: RHC Occ. II, S. 1-481. Auch hg. v. Paulin Paris, Guillaume de Tyr et ses continuateurs: texte franyaise du xm• siecle, 2 Bde., Paris 1879-1880. Fortsetzung als: Continuation de Guillaume de Tyr, de 1229 a 1261, dite du manuscrit de Rothe1in, in: RHC Occ. II, S. 483-639.
Estoire-Salhedin
A critical edition of the Estoires d 'Outremer et de Ia naissance Salhedin (Westfield publications in medieval studies 4), hg. v. Margaret A. Jubb, London 1990. Früher: Guillelmi Tyrii continuatione gallica cui Titulus: Estoire d'Outremer et de Ia naissance de Salhedin, in: Riant, Haymarus Monachus ( 1866), Nr. XI, S. 68-70.
Fedalto, Chiesa latina
Giorgio Fedalto, La Chiesa latina in Oriente (Studi religiosi 3), 3 Bde., Verona 1973-1978, rev. ed. vol. 1, Verona 1981.
Fulcher von Chartres
Fulcher von Chartres, Historia Hierosolymitana (1095-1127), hg. v. Heinrich Hagenmeyer, Heidelberg 1913.
Gallia christiana nov.
Gallia christiana novissima. Histoire des archeveches eveches et abbayes de France, accompagnee des documents authentiques recueillis dans !es registres du Vatican et !es archives locales, hg. v. Joseph H. Albanes, fortgef. v. Ulysse Chevalier, 7 Bde., Montbeliard - Valence 1899-1921.
Gregor VII.
Gregorii VII Registrum, Das Register Gregors VII., hg. v. Erich Caspar, MG Epp. sei. 2, Hannover 1920/23 (ND 1955).
20
Abkürzungsverzeichnis
Guibert von Nogent
Guibertus , Dei gesta per Francos, et cinq autres textes - edition critique (CChrCM 127A), hg. v. Robert Burchard Constantijn Huygens, Turnhaut 1996.
Guido de Bazoches
Aus den Briefen des Guido von Bazoches, hg. v. Wilhelm Wattenbach, NA 16 (1891) 67-113. ·
Hagenmeyer, Chronologie
Heinrich Hagenmeyer, Chronologie de Ia premiere croisade 1094- 1100, ROL 6 (1898) 214293. 490-594; 7 (1899) 275-339. 430-503; 8 (1900-190 I) 318-382; fortgesetzt als Chronologie de l'histoire du royaume de Jerusalem, ROL 9 (1902) 318-365, 10 (1903-1904) 372-405; II (1905-1908) 145-180. 453-485; 12 (1909-1911) 68-103. 283-306.
Hagenmeyer, Epistulae
Epistulae et chartae ad historiam primi belli sacri spectantes. Die Kreuzzugsbriefe aus den Jahren 1088-1100, mit Erläuterungen hg. v. Heinrich Hagenmeyer, Innsbruck 1901 (ND HildesheimN.Y. 1973).
Hamilton, Latin Church
Bernard Hamiltbn, The Latin Church in the Crusasder States. The Secular Church, London 1980.
(Haymarus) Monachus
De Haymaro Monacho archiepiscopo Caesariensis et postea Hierosolymitano patriarcha, hg. v. Le Comte Paul E.D. Riant, Paris 1865
Hiestand, Legaten
Rudolf Hiestand, Die päpstlichen Legaten auf den Kreuzzügen und in den Kreuzfahrerstaaten vom Konzil von Clermont (I 095) bis zum vierten Kreuzzug, Habilitationsschrift (maschinenschriftlich), Kiel 1972.
Hotzelt, Kirchengeschichte
Wilhelm Hotzelt, Kirchengeschichte im Zeitalter der Kreuzzüge I 099-1291 (Kirchengeschichte Palästinas von der Urkirche bis zur Gegegwart 3), Köln 1940.
/sidor von Sevilla
Isidori Hispalensis episcopi, Etymologiarum sive originum, hg. v. W.M. Lindsay, Bd.l, Oxford 1911.
Jakob von /be/in
Livre de Jacques d'Ibelin, in: Les Assises de Jerusalem, RHC Lois I, Paris 1841, S. 451-468.
Jakob von Vitry, Historia Orientalis
(ed. Buridant)
Claude Buridant, La traduction de I' Historia orientalis de Jacques de Vitry (Bibliotheque fran~aise et romane, serie 8: Edition critiques de textes 19), Paris 1986.
Abkürzungsverzeichnis J; JE/JK/JL
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Regesta pontificum Rarnanorum ab condita ecclesia ad annum post Christum natum MCXCVIII, hg. v. Philipp Jaffe, Berlin 1851; Editionern secundam correctam at auetarn curaverunt Samuel Loewenfeld - Ferdinand Kaltenbrunner - Paul Ewald, 2 Bde., Leipzig 18851888.
Johann von !be/in, Le Livre des Assises
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Le Livre des Assises, hg. v. Peter W. Edbury, in: Edbury: lohn of lbelin and the Kingdom of Jerusalem (1997), S. 110-126.
Johannes von Salisbury
The Historia pontificalis of John of Salisbury (Oxford medieval texts), ed. and transl. Majorie Chibnall, Repr. with corr., London ( 1956). 1986.
Kahler, Breviaire
Charles Kahler, Un rituel et un breviaire du Saint-Sepulcre de Jerusalem (XW-XIIle siecle), ROL 8 (1900/01) 385-500.
Kahler, Chartes
Charles Kahler, Chartes de l'abbaye de NotreDame de Ia Vallee de Josaphat en Terre Sainte (1108-1291), ROL 7 (1899) 108-222.
Leo IX.
S. Leonis IX. epistola ad Michaelern Constantinopolitanem Patriarcham Adversus Eius et Leonis Achridani Episcopi Inauditas Praesumptiones Et Nimias Yanitate, in: Acta et scripta quae de controversiis ecclesiae graecae et latinae saeculo undecimo composita extant, hg. v. Cornelius Will, Leipzig- Marburg 1861 , Nr. II, S. 65-85.
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The Life of Leontios, Patriarch of Jerusalem. Text, Translation and Commentary by Dimitris Tsougarakis (The Medieval Mediterranean 2), Leiden u.a. 1993.
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Hans Eberhard Mayer, Bistümer, Klöster und Stifte im Königreich Jerusalem (Schriften der MGH 26), Stuttgart 1977.
Mayer, Geschichte9
Hans Eberhard Mayer, Geschichte der Kreuzzüge (Urban TB 86), 9., verb. u. erw. Aufl., Stuttgart-Berlin-Köln. 2000.
Mayer, Kanzlei
Hans Eberhard Mayer, Die Kanzlei der lateinischen Könige von Jerusalem (MGH Sehr. 40112), in zwei Teilbänden, Hannover 1996.
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Chronique de Michel le Syrien patriarche jacobite d'Antioche (1166-1199), hg. v. Jean-B. Chabot, 4 Bde., Paris 1899-1924.
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Abkürzungsverzeichnis
Muratori, Muratori 2
Muratori, Ludovico Antonio: Rerum Italicarum scriptores. Raccolta degli storici italiani da! cinquecento al millecinquecento, 28 Bde., Mailand 1723-1751.2. Aufl.: Rerum ltalicarum scriptores ... Nuova edizione riveduta, ampliata e coretta con Ia direzione di Giosue Carducci e Vittorio Fiorini, 34 Bde., Citta di Castello 1900-1960.
Nikolaus I.
Nicolai I. papae Epistolae, hg. v. Ernst Perels, in: MGH Epp. Karo!. 4, München 1978, S. 257-690.
Ordericus Vitalis (ed. Chibnall)
Ordericus Vitalis, Historiae ecclesiasticae libri tredecim, neu hg. v. Marjorie Chibnall, 6 Bde., Oxford 1969-1980.
Otto von Freising
Otto , Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 16), übers. v. Adolf Schmidt, hg. v. Walther Lammers, 5Darmstadt 1990.
Petrus Damiani
Briefe des Petrus Damiani, hg. v. Kurt Reindel, MGH Epp. DK 2, München 1988.
Petrus Tudebodus
Petrus Tudebodus, Historia de Hierosolymitano itinere (DRH Cr. 12), hg. v. John H. und Laurita L. Hili, Paris 1977.
Petrus Venerabilis
The Letters of Peter the Venerable, hg. v. Giles Constable, Bd. 1, Cambridge, Mass. 1967.
Pjlugk-Harttung, Acta
Julius von Pjlugk-Harttung, Acta pontificum Rarnanorum 748-1198, Bde. 1-3, Tübingen [Bd. 2-3 StuttgartJ 1881-1886 (ND Graz 1958).
Potthast
Regesta pontificium Rarnanorum inde ab a. post Christum natum 1198 ad a. 1304, hg. v. August Potthast, 2 Bde., Berlin 1874-1875 (ND Graz 1957).
Presutti
Regesta Honorii papae III [1216-1227], hg. v. Pietro Presutti, 2 Bde., Rom 1888-1895.
Raimund von Aguilers
Le >Liber< de Raymond d' Aguilers, (DRH Cr. 9), hg. v. John H. und Laurita L. Hili, Paris 1969.
Reg. Inn. 111./1-II. V-VII
Die Register Innozenz' III., hg. v. Othmanr Hageneder u. Anton Haidacher, Bde. 1-2. 5-7.
RGKJ
Reinhold Röhricht, Die Geschichte des Königreichs Jerusalem (1100-1291), Innsbruck 1898 (ND Amsterdam 1966).
RHC Occ.
Recueil des historiens des croisades, hg. v. d. Academie des Inscriptions et Belles-Lettres, Paris 1841-1906, Historiens occidentaux, 5 Bde., 1844-1895.
Abkürzungsverzeichnis
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Richard, Ecclesiastical Organisation
Jean Richard, The Political and Ecclesiastical Organisation of the Crusader States, in: History ofthe Crusades V (1985), S. 193-250.
Rigord
alter ego< According to Thirteenth-Century Canon Law, StM 27 (1986) 527-574. 91 Constitutiones Concilii quarti Lateransensis una cum Commentariis glossatorum (Monumenta luris Canonici , Series A, Vol. 2), hg. v. Antonius Garcia y Garcia, Citta del Vaticano 1981, c. 4, S. 5 I : "Licet Grecos diebus nostris ad oboedientiam sedis apostolice reuertentes fouere ac honorare uelimus mores ac rit us eorum quantum cum Deo possumus sustinendo, in his tarnen illis deferre nec uolumus nec debemus que periculum generant animarum et ecclesiastice derogant honestati." 92 Constitutiones Concilii quarti Lateransensis, c. 5, S. 52. Vgl. Gahbauer, Pentarchietheorie, 378. 93 Gahbauer ist der Meinung, daß Innozenz III. mit den ,,Antiqua patriarchalium sedium priuilegia renouantes" nicht die altkirchlichen Privilegien der Patriarchate meint, sondern, daß es sich um vom hl. Stuhl den lateinischen Patriarchaten gewährte Vor89
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VI. Zum kirchenpolitischen Ringen zwischen Rom und Byzanz
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römischen Kirche komme gegenüber allen anderen eine ordinaria poleslas zu, und sie sei die mater uniuersorum chrislifidelium et magistra. Danach folgen die vier antiken Patriarchatssitze, an erster Stelle Konstantinopel, dalll1 Alexandreia, Antiocheia und zuletzt Jerusalem. Nachdem die Patriarchen vom Papst das Pallium, das der Ausdruck plenitudinis ojjicii pontificalis insigne sei, erhalten hätten, verfUgten sie über das Recht, in ihren Amtsbezirken den dortigen Bischöfen und Erzbischöfen das Pallium zu verleihen. Dies Recht hatten bisher die Päpste ausschließlich fiir sich in Anspruch genommen. Darüber hinaus komme ihnen die Ehre zu, daß ihnen wie den päpstlichen Legaten überall das "uero crucis uexillum"94 vorangetragen werden dürfe, außer in Rom und in Anwesenheit des Papstes selbst. In den Jurisdiktionsbezirken der einzelnen Patriarchen hätten die Würdenträger außerdem uneingeschränkte Vollmachten, es sei delll1, es werde an den Hl. Stuhl direkt appelliert95 • Diese weitgehenden Zugeständnisse konnte Innozenz III. den Patriarchen relativ leicht zubilligen, insofern aus seiner Sicht die bisher getrennten Kirchen des Ostens und des Westens wieder vereint waren. Rom gegenüber als Mutter und Lehrerin aller, die an Christus glaubten, waren die Patriarchen zu einem Obödienzeid verpflichtet, der sie unverbrüchlich an den Papst band. Außerdem waren in Konstantinopel, Antiocheia und Jerusalem jeweils Lateiner auf dem Patriarchenstuhl, und ftir Alexandreia ernannte Innozenz III. nach 1204 sogar einen lateinischen Patriarchen, obgleich die Stadt niemals von den Lateinern erobert worden war96 . Diese Stellung der Patriarchen innerhalb der lateinischen Hierarchie wurde auch künftig im päpstlichen Zeremoniell deutlich97 • Nachdem die Palaiologen I 26 I ihre Herrschaft in Byzanz zurückgewonnen hatten und 1291 mit Akkon die letzte Bastion der Kreuzfahrer gefallen war, waren die vier lateinischen Patriarchen weitgehend zu Titularpatriarchen deklassiert. Außerdem wurden die Patriarchen nun direkt durch den Papst eingesetzt und nicht mehr durch den Metropolitanklerus gewählt.
rechte handele; vgl. Ders., Pentarchietheorie, 378f. Er benennt diese aber in keiner Weise inhaltlich. Es muß also weiter davon ausgegangen werden, daß der Papst die Privilegien der altkirchlichen Konzilien bezeichnet, vgl. auch Vries, Rom und die Patriarchate des Ostens, 248. 94 Constitutiones Concilii quarti Lateransensis, c. 5, S. 52. 95 Über die weiteren Rechte der Patriarchen vgl. c. 6 und 7 des IV. Laterankonzils, Constitutiones Concilii quarti Lateransensis, S. 53f. 96 Vgl. Bernhard Schimmelpfennig, Hugolin von Orvieto als Patriarch. Die lateinischen Patriarchen als Repräsentanten der Universalkirche, in: Hugolin von Orvieto ein spätmittelalterlicher Augustinertheologe in seiner Zeit (Vechtaer Universitätsschriften 9) hg. v. Willigis Eckermann I Bernd Ulrich Hucker, Cloppenburg 1992, 109-123, v.a. 114. 97 V gl. Bernhard Schimmelpfennig, Die Zeremonienbücher der römischen Kurie im Mittelalter (Bibliothek des Deutschen Historischen Insttitus in Rom 40), Tübingen 1973, S. 549 (Register), Stichwort ,patriarcha'.
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B. Patriarchatsbegriffund Patriarchat von Jerusalem
2. Papsttum und Kirchenunion in der Zeit von 1274 bis 1439: Von Lyon über Pisa nach Ferrara-Fiorenz Auf dem II. Konzil von Lyon (1274)98 ging es im wesentlichen um die Punkte ,subsidium Terrae Sanctae', ,unio Graecorum' und ,reformatio morum'. Im Zentrum des Interesses Gregors X. stand der Versuch des Papstes, einen neuen Kreuzzug zu organisieren. Den Interessen des geplanten Kreuzzuges entsprechend, wurde eine Übereinkunft mit dem byzantinischen Kaiser Michael VIII. Palaiologos getroffen (reductio Graecorum): Der Kaiser suchte päpstlichen Schutz vor den Eroberungsabsichten Karls I. von Anjou, der Papst strebte die Einbindung von Byzanz in sein Kreuzzugsunternehmen an. Die orthodoxe Kirche, deren Oberhaupt Joseph I. die Übereinkunft entschieden ablehnte, war in Lyon nicht präsent. Die byzantinischen Gesandten waren, obwohl in der Mehrheit bischöflichen Ranges, allein kaiserliche Vertreter. Aus diesem Grunde und wegen der nur unter starkem Druck zustandegekommenen dogmatischen und jurisdiktioneilen Zugeständnisse des Kaisers, kann dieser Vorgang nicht als eine allgemein anerkannte Kirchenunion bezeichnet werden99. Das Konzil von Pisa 100 (1409) hatte vor allem die Aufgabe, das Abendländische Schisma zu beenden, doch ist der hier beschrittene Weg, mittels des Konziliarismus eine Lösung zu erreichen, auch bedeutsam flir das Verhältnis der byzantinischen und lateinischen Kirche insgesamt, wie sich später zeigen sollte. Auf dem am 9. April 1438 eröffneten Konzil von Ferrara-Florenz waren die Verhandlungsthemen zwischen Lateinern und Griechen: das Hervorgehen des 98 Burkhard Roberg, Die Union zwischen der griechischen und lateinischen Kirche auf dem II. Konzil von Lyon, Bonn 1964; Ders., Einige Quellenstücke zur Geschichte des II. Konzils von Lyon, AHC 21 (1989) 103ff.; Ders., Das zweite Konzil von Lyon 1274 (Konziliengeschichte A: Darstellungen), Paderbom 1990; vgl. auch Umberto Proch, Die Unionskonzilien von Lyon (1274) und Florenz (1438-1445), in: Geschichte der Konzilien (1993), S. 292-329. 99 Vgl. auch das ablehnende Zeugnis des griechischen Patriarchen von Konstantinopel Joseph I. aus dem Jahre 1273: Victor Laurent I Jean Darrouez, Dossier Grec de !'Union de Lyon (1273-1277) (Archives de !'Orient Chn!tien 16), Paris 1976, S. 223, 16; Jean Dauvillier, La papaute, l'union des eglises et les missions en Orient durant le moyen äge: a propos d 'un ouvrage n!cent, RHE 74 ( 1979) 640-651. 100 Dieter Girgensohn, Über die Protokolle des Pisaner Konzils, AHC 18 (1986) 103127; Walther Brandmüller, Papst und Konzil im Großen Schisma: (1378-1431). Studien und Quellen, Paderbom - München - Wien - Zürich 1990, 42-70; H. Milet, La representativite, source de Ia legitimite du concile de Pise, in: Theologie et droit dans Ia science politique de l'etat moderne: actes de Ia table ronde, Rome, 12-14 nov. 1987, organisee par L'Ecole Franryaise de Rome (Collection de l'Ecole franryaise de Rome 147), Rom 1991, 241-261 ; Dieter Girgensohn, More sanctorum patrum alias utiliter in ecclesia observato: die Einberufung des Pisaner Konzils von 1409, in: Synodus (1997), S. 325-382.
VI. Zum kirchenpolitischen Ringen zwischen Rom und Byzanz
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Hl. Geistes (von dem man die Frage des ,Filioque' abgetrennt hatte), der Streit um den Lehrinhalt des Filioque als maximum scandalum, die Azymenfrage 101 , das Purgatorium und der päpstliche Primat 102 . Die auf dem Konzil unter großen Mühen gefundene Unionsformel über den Primat wurde später in Ost und West verschieden interpretiert, wie Leid/ zeigt 103 , unter anderem deswegen, weil die byzantinischen Vertreter den Primat nicht als Jurisdiktionsprimat anerkannten. In der Filioque-Frage einigten sich die Vertreter der Lateiner und Griechen erst unter päpstlichem Druck, ehe Patriarch Joseph Il. und die meisten griechische Bischöfe flir die Anerkennung des Filioque eintraten. Weitere Unionsverhandlungen brachten die Wiedervereinigung mit der armenischen Kirche von Caffa (22. November 1439), der jakobitischen Kirche von Ägypten, Libyen und Jerusalem und mit der syrischen
101 Jan L. van Dieten, Die Erklärung Bessarions zur Forma Eucharistiae, AHC 16 (1984) 369-384. Zum Konzil von Ferrara-Florenz vgl. Christian Unity. The Council of Ferrara-Florence (1438/39-1989) (BETHL 97), hg. v. Guiseppe Alberigo, Louvain-laNeuve 1991; Joseph Gilt, The Council ofFlorence, Cambridge 1959; Ders., The Freedom of the Greeks in the Council of F1orence, University of Birmingham: Historical Journal 12 (1969/70) 226-236; Victor Laurent, Les Memoires' du Grand Ecclesiarque de l'Eglise de Constantinople, Silvestre Syropoulos sur le Concile de Florence (14381439), Rom 1971; J. Decarreaux, Les Grecs au Concile de !'Union, Ferrara-Florence, 1438-1439, Paris 1970; Deno J. Geanakoplos, The Council ofFlorence (1438-1439) and the Problem of the Union between the Greek and Latin Churches, ChH 24 ( 1955) 324346; Firenze eil concilio del 1439 (Biblioteca storica Toscana a cura della deputazione di storia patria per Ia Toscana 29/1-2), Convegno di Studi Firenze, 29 Novembre - 2 dicenbre 1989, a cura di Paolo Viti, 2 Bde., Florenz 1994; Ferrara eil concilio 14381439, Atti del Convegno di Studi nel 550° anniversario del concilio dell'unione delle due Chiese d'Oriente e d'Occidente, Ferrara, 23.-24. Nov. 1989, a cura di P. Castelli, Ferrara 1992; Johannes Helmrath, Die lateinischen Teilnehmer des Konzils von Perrara I Florenz, AHC 22 (1990) 146-198; Ders., Florenz und sein Konzil. Forschungen zum Jubiläum des Konzils von Ferrara-Fiorenz 1438/39-1989, AHC 29 (1997) 202-216. 102 Für den Text des Uniondekretes vgl. Mirbt-Aiand, Nr. 773; DS 1300-1308; gr. Text: COD, 1 1973, S. 499-504; ferner Klaus Wessel, Dogma und Lehre in der Orthodoxen Kirche von Byzanz, in: Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte, hg. v. Carl Andresen, I, Göttingen (1982) 1988 (ND 1989), 284-405, v.a. 402f.; vgl. Gahbauer, Pentarchietheorie, 275-285; Umberto Proch, Tenere primatum. II senso del primato del vescovo di Roma nelle discussioni fra Greci e Latini al Concilio di Ferrara-Firenze, Diss. PUG; Teilausg. Trient 1986, 11-121. 103 August Leid/, Die Einheit der Kirchen auf den spätmittelalterlichen Konzilien: Von Konstanz bis Florenz (Konfessionskundliche u. kontroverstheologische Studien 17), Paderborn 1966; Ders., Die Primatsverhandlungen auf dem Konzil von Florenz als Antwort auf den westlichen Konziliarismus und die östliche Pentarchietheorie, AHC 7 ( 1975) 272-289; vgl. auch Christian Unity. The Council of Ferrara-Florence ( 1438/391989) (BETHL 97), hg. v. Guiseppe Alberigo, Louvain-la-Neuve 1991; Damaskinos Papandreou, Die Konzilien von Basel und Ferrara-Florenz. Orthodoxe Kirche - Unionsbestrebungen (Vorträge d. Aeneas-Silvius-Stiftung an d. Universität Basel 27), Basel Frankfurt/M. 1992.
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B. Patriarchatsbegriffund Patriarchat von Jerusalem
Kirche des Zweistromlandes (30. November 1444) und den kleinen Gemeinden der chaldäischen Nestorianer und der Maroniten auf Zypern (7. August 1445). Das in Ferrara-Florenz unterzeichnete Einigungsdekret ,,Laetentur coelz" wurde aber in Konstantinopel als Verrat an der Orthodoxie betrachtet, und die meisten griechischen Unterzeichner widerriefen. Als der letzte byzantinische Kaiser Konstantin XI. das Dekret dennoch am 10. Dezember 1452 verkündete, stieß er auf geschlossene Ablehnung seitens des Volkes und des Klerus 104 • Die Union wurde schließlich durch den Beschluß einer 1484 in Byzanz abgehaltenen Lokalsynode aufgekündigt. Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Antiocheia und Konstantinopel spielten aber im Kontext der Kirchenunionsbemühungen seit 1274 keine eigenständige Rolle. Vielmehr wurden die Verhandlungen zwischen den Päpsten, den byzantinischen Kaisem und den Vertretern des lateinischen und orthodoxen Klerus geftihrt 105 .
VII. Exkurs: Spiritualität und Diözesangrenzen 1. Spiritualität
Ein wegen der Quellenlage außerordentlich schwieriges Problem stellt das Bemühen dar, die Patriarchen von Jerusalem als Persönlichkeiten der Kirchengeschichte zu beschreiben. Neben der unzureichenden Quellenlage ist das auch darauf zurückzuführen, daß es im Urteil hochmittelaltericher Kirchen- und Klosterreformer als ein Zeichen sittlicher Integrität und theologischer Bildung galt, ohne Mithilfe von Verwandten ein kirchliches Amt erreicht zu haben. Eine Folge davon ist, daß in Abts- und Bischofsviten des 11. und 12. Jahrhunderts Herkunfts- und Verwandtschaftsangaben kaum noch zu finden sind 106•
104 Vielfach verkannt werden aber immer noch die Schwierigkeiten, die Volk und Klerus einer Union bereiteten, worauf mit Nachdruck Hans-Georg Beck hinwies, vgl. Ders., Byzanz und der Westen im Zeitalter des Konziliarismus, in: Ders., Ideen und Realitäten in Byzanz (CS 13), London 1972, Nr. IX. Daß das Scheitern der Union aber 1439 noch keineswegs abzusehen war, zeigen die Beiträge von Ursula Jaitner-Hahner und Pietro Luigi M Leone in dem von Paolo Viti 1994 publizierten Kongreßakten über das Konzil von Ferrara-Fiorenz (Firenze eil concilio del1439, S. 901-920. 921-929). 105 Zumindest läßt sich die Teilnahme des Jerusalemer Exil-Patriarchen Blasius Molino am Konzil von Ferrara-Fiorenz durch seine Unterzeichnung der drei großen Unionsdekrete Laetentur coeli mit den Griechen vom 6. Juli 1439, Exultate deo mit den Armeniern vom 22. November 1439 und Cantatedomino mit den Kopten vom 2. Februar 1442 nachweisen, vgl. Helmrath, Die lateinischen Teilnehmer des Konzils von Ferrara/Fiorenz, 149-157. 106 Vgl. Klaus Schreiner, Consanguinitas- Verwandtschaft als Strukturprinzip religiöser Gemeinschafts- und Verfassungsbildung in Kirche und Mönchtum des Mittelalters, in: Beiträge zur Geschichte und Struktur der mittelalterlichen Germania Sacra
VII. Exkurs: Spiritualität und Diözesangrenzen
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Das Urkundenbuch der Patriarchen ist nicht überliefert, und es ist auch nicht zu vermuten, daß hierin etwas spezifisches über ihr theologisches Profil oder über ihre Spiritualität zu finden wäre. Ebenso sind keine anderen schriftlichen Zeugnisse der Patriarchen - etwa Predigten - überliefert, abgesehen von der Beschreibung der Belagerung von Akkon, die mit größter Wahrscheinlichkeit aus der Feder des Patriarchen (Haymarus) Monachus stammt. Desweiteren wären gegebenenfalls Pilgerberichte und Kreuzzugslieder heranzuziehen, doch finden sich in diesen kaum fi1r die vorliegende Fragestellung relevante Zeugnisse 107 . Einzig die Liturgie der Kirche von Jerusalem, die aus Handschriften der Karmeliter und der Kanoniker vom Hl. Grabe überliefert ist, kann hierfiir einen Anhalt bieten. Dabei handelt es sich um die gallo-fränkische Liturgie, die Elemente der älteren griechischen Liturgie Jerusalems übernahm und sich entsprechend der örtlichen Verhältnisse weiterentwickelte 108 • In den (Veröffentlichungen des Max-Planck-IInstituts fiir Geschichte 93, Studien zur Germania Sacra 17}, hg. v. Irene Crusius, Göttingen 1989, 176-305, v.a. 195-212. 107 Vgl. Itinera Hierosolymitana Crucesignatorum (saec. XII-XIII) (Studium Biblicum Franciscanum, Collectio Maior 24), hg. v. Sabino de Sandoli, 4 Bde., Jerusalem 1978-1984; Jerusalem Pilgrimage 1099-1185, hg. v. John Wilkinson mit Joyce Hili u. W.F. Ryan, London 1988; Heribert Busse I G. Kretschmar, Jerusalemer Heiligtumstraditionen in altkirchlicher und frühchristlicher Zeit (Abhandlungen des Deutschen Palästinavereins 18), Wiesbaden 1987; Nico/a Bux I Franeo Cardini, L' anno prossimo a Gerusalemme. La storia, le guerre e le religioni nella citta piu amata e piu contesa (Storia della Chiesa 14), San Paolo 1997. 108 Pascha/is Kallenberg, Fontes Liturgiae Carmelitanae: Investigatio in Decreta, Codices et Proprium Sanctorum (Textus et studia carmelitana 5), Rom 1962; James lohn Boyce: Medieval Carmelite Office Manuscripts, a Liturgical Inventory, Carmelus 33 (1986) 17-34; Char/es Kahler, Un rituel et un breviaire du Saint-Sepulcre de Jerusalem (XII•-xm• siecle), ROL 8 (1900101) 385-500; vgl. auch Itinera Hierosolymitana Crucesignatorum (saec. XII-XIII), IV, Appendice II: II rituale del S. Sepolcro conservato a Barletta (sec. XII-XIII); weitere Manuskripte in: Hugo Buchtha/, Miniature Painting in the Latin Kingdom of Jerusalem, with Liturgical and Paleographical Chapters by Francis Wormald, Oxford 1957; Jaros/av Folda, Crusader Manuscript Illumination at Saint-Jean-d'Acre, 1275-1291, Princeton 1976; Ders., The Art of the Crusaders in the Holy Land, 1098-1187, Cambridge- N.Y.- Melboume 1995; Bianca Kühne/, Crusader Art of the Twelfth Century. A Geographical, an Historical, or an Art- Historical Noti· on?, Berlin 1994; Albert Schönfelder, Die Prozessionen der Lateiner in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge, HJb 32 (1911) 578-597; Lucy-Anne Hunt, Art and Colonialism: The Mosaics of the Church of the Nativity in Bethlehem ( 1169) and the Problem of Crusader Art, DOP 45 (1991) 69-85; Henryk Piwonski, Antiphonaire des Gardiens du SaintSepulcre de Miechow. Etude musicologique, Rom 1980; M Slootmans, Surrexit Dominus de hoc sepulcro. Liturgie in de Kerk van het Heilig Graf in Jeruzalem in de twaalfde eeuw (Getypt hoofdvakscriptie); Nicola Bux, Codici liturgici latini di terra santa. Liturgical latin codices of the holy land (Studium Biblicum Franciscanum. Museum 8), Brindisi 1990; Placide Lefovre, Premontre, ses origins, sa primiere Iiturgie, !es relations de son code legislatif avec Citeaux et !es chanoines du Saint-Sepulcre de Jerusalem, Ana!Praem 25 (1949) 96-163; Sr. Maria Hereswitha, Het verband tussen de wetgeving van de Heilig-Graforde en die van de Orde van Premontre in de XW eeuw, Anal-
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B. Patriarchatsbegriff und Patriarchat von Jerusalem
Zeugnissen dieser Quellengruppe werden die Patriarchen zusammen mit dem Kapitel der Kanoniker vom Hl. Grabe beim Vollzug der Liturgie während der DurchfUhrung der Stationsgottesdienste in Jerusalem erwähnt. Die Präsenz der vestigia Christi und die dort vollzogene Liturgie ließ sie noch stärker als Abbild Christi erscheinen, als dies ohnehin beim Priester oder Bischof der Fall war 109. 2. Die Diözesangliederung im heiligen Land
Die Geschichte der lateinischen Kirche Palästinas und Syriens ist durchzogen von einer Reihe von Erzbistums- und Bistumsgründungen. Es stellt sich nun die Frage, an welche kirchlichen Strukturen die Kreuzfahrer dabei anknüpften beziehungsweise an welchen Stellen sie Neugründungen vornahmen. Ein andauernder Streit ist zudem die Frage der Zugehörigkeit einzelner Suffragansitze der Erzdiözese Tyrus zu den Patriarchaten von Antiocheia oder Jerusalem 110•
Praem 47 (1971) 111-123; Antonius Hendrik Thomas, Les statuts des Chanoines du Saint-Sepulcre et leur rapport avec les constitutions des Dominicains, AFP 48 (1978) 522; Christopher T Maier, Crisis, Liturgy and the Crusade in the Twelfth and Thirteenth Centuries, JEcH 48 ( 1997) 628-657; Liturgia et consuetudines Ecclesiae Sancti Sepulcri Hierosylorum (ex Cod. Barolitano sec. XII), Miscellanea Cassinense (Liturgica), f\:tontecassino 1987, S. 1-7; Y Blomme, La Iiturgie de Jerusalem et son influence sur les Eglises nestorienne et syrienne, Liber Annuus 29 (1979) 221-237; JF. Baldovin, The Urban Character of Christian Worship in Jerusalem, Rome and Constantinople from the Fourth to the Tenth Centuries. The Origins, Development, and Meaning of stational Liturgy, Diss. phil Yale University 1982, 18-154; Liturgies Eastern and Western: being the texts original or translated of the principal liturgies of the church, ed. With introductions and appendices by Frank Edward Brightman, On the basis of the former work by CE. Hammond, Bd. I : Eastern Liturgies, Oxford 1896 (ND ebd. 1967); zum Forschungsstand über und Begriffvon Spiritualität vgl. G.M. Jantzen, Recent writing in spirituality, Theology 91 (1988) 401-414; Aime Solignac I Michel Dupuy, Art. ,Spiritualite', in: Dictionnaire de Spiritualite XIV (1990), Sp. 1142-1173; Art. 'Spiritualita', in: DIP IX ( 1997), Sp. 1-73 und Kaspar Elm, Die Spiritualität der geistlichen Ritterorden des Mittelalters. Forschungsstand und Forschungsprobleme, in: ,Militia Christi' e Crociata nei secoli XI-XIII (1992), S. 477-518; Ders., Liturgie als historische Erinnerung. Das Fortleben der Liturgie der lateinischen Kirche von Jerusalem nach dem Fall Akkons, in: Memoria. Kulturelle Erinnerung und Formen ihrer Bewahrung im Islam und seinem Umfeld, Akten des Internationalen Colloquiums, Berlin 1994 [bisher nicht erschienen]; Ders., La liturgia della chiesa latina di Gerusalemme all'epoca delle crociate, in: Les croisades. L'Orient et Occident d'Urbain II a saint Louis (1096-1270), Ensemble Conventuel des Jacobins 16 mai- 1° aoilt 1997, hg. v. Monique Rey-Delque, Mailand 1997, 243-245. Vgl. auch Bernhard Hamilton, The Impact of Crusader Jerusalem on Western Christendom, CathHR 80 (1994) 695-713, v.a. 706-711 und die Angaben in Anmm. 4849. 53. 109 Vgl. Kaspar Elm: Das Kapitel der regulierten Chorherren vom Heiligen Grab in Jerusalem, in: Militia Sancti Sepulcri (1998), S. 203-222. 110 Zur Frage der Grenze zwischen den lateinischen Patriarchaten von Antiocheia und Jerusalem vgl. zuletzt Rudolf Hiestand: Les canons de Clermont et d' Antioche sur
VII. Exkurs: Spiritualität und Diözesangrenzen
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Für die Diskussion um die Errichtung der lateinischen Bistümer und der Zugehörigkeit einzelner Bischofskirchen zu Metropolitanbezirken sollte man am besten an die Metropolitangliederung der Antike anknüpfen, die seit Justinian in Übereinstimmung mit der staatlichen Provinzialaufteilung erfolgt war. Die wichtigsten Quellen fUr dieses Problem sind die Präsenz- und Subskriptionslisten der altkirchlichen Synoden und Konzilien. Für das 5. und 6. Jahrhundert sind dies insbesondere diejenigen der Konzilien von Chalkedon (451) und Konstantinopel (553) 111 • Für die Patriarchate Antiocheia und Jerusalem unter Einschluß von Zypern kann man auch auf mittelalterliche Zeugnisse wie das Provinciale Romanum zurückgreifen, das sowohl in den 1192 vollendeten Liber censuum, als auch in die zweite Edition des Liber Censuum 1228 aufgenommen wurde 112. l'organisation ecclesiastique des Etats croises: authentiques ou faux ?, in: Autour de Ia premiere croisade (1996), S. 29-37. 111 Vgl. Acta conciliorum oecumenicorum, hg. v. Eduard Schwartz, 4 Tle. in 13 Bde., Berlin -Leipzig 1922-1940. Index Generalis Tomorum I-IV, hg.v. Rudolf Schieffer, Berlin 1974-1982; Ernest Honigmann, The Original Lists ofthe Members ofthe Council ofNicea, the Robber-Synod and the Council ofChalcedon, Byzantion 16 (1944) 20-80; E. Chyros, Die Bischofslisten des V. ökumenischen Konzils (553), in: Antiquitates Rh. I, Bd. 14, Bonn 1966. Zu den übrigen erhaltenen Akten vgl. Hans-Georg Beck, Kirche und theologische Literatur im byzantinischen Reich (Byzantinisches Handbuch im Rahmen des HAW, Abt. 12, Tl. 2, Bd. I) München 1959, 38-55. Ebenso müssen die Notitiae episcopatuum ecclesiae Constantinopolitanae (Geographie ecclesiastique de !'Empire Byzantin I), Texte critique, intr. et notes, par Jean Darrouzes, Paris 1981 , herangezogen werden. Für Antiocheia gibt es einen aus der 2. Hälfte des 6. Jh. stammenden Urtypus, vgl. Ernest Honigmann, Byzantion 25 (1925) 60-88. Obgleich diese Datierung von Robert Devresse bestritten wurde ist sein Werk "Le Patriarcat d' Antioche depuis Ia paix de I' eglise jusqu' a Ia conquete arabe", Paris 1945, noch immer grundlegend. Für Jerusalem sind bis um 600 sämtliche Bistümer aus Synodal- und Konzilsakten bekannt, vgl. Albrecht Alt, Die Bistümer der alten Kirche Palästinas, Palästina-Jahrbuch 29 (1933) 67-88; Robert Devresse, Les anciens eveches de Palestine, in: Memorial Lagrange, Paris 1940. Vgl. auch Timothy D. Barnes, The New Empire of Diocletian and Constantine, Harvard - Cambridge, Mass. - London 1982. 112 Le Liber Censuum de l'Eglise Romaine (BEFAR, 2° s~rie, 6/1-3), 3 Bde., hg. V. Paul Fahre I Louis Duchesne, Paris 1889-1952; Paul Fahre, Etudes sur Je Liber Censuum (BEFAR, fase. 62), Paris 1892; Volkert Pfaff, Die Einnahmen der römischen Kurie am Ende des 12. Jahrhunderts, VSWG 40 (1953) 97-118; Ders., Aufgaben und Probleme der päpstlichen Finanzverwaltung, MIÖG 64 (1956) 1-24; Ders., Der Liber Censuum von 1192 (Die im Jahre 1192/93 der Kurie Zinspflichtigen), VSWG 44 ( 1957) 7896, 105-120, 220-242, 325-351 ; Reinhard Elze, Der Liber Censuum des Cencius (Cod. Vat. lat. 8486) von 1192 bis 1228. Zur Überlieferung des Kaiserkrönungsarde Cencius li., Bullettino dell' Archivio paleografico italiano. N.S., Bd. 2/3 (1956/57), S. 251-270; Tillmann Schmidt, Die älteste Überlieferung von Censius Ordo Romanus, QFIAB 60 (1980) 513-522; Th. Monteechi Palazzi, Cencius camerarius et Ia formation du "Liber censuum" de 1192, MEFRM 96 ( 1984) 49-93; Valkerf Pfaff, Untersuchungen zu den Zinsbüchern der römischen Kurie am Ende des zwölften Jahrhunderts, AfD 34 (1988) 324-342. Zur kirchlichen Gliederung des Patriarchates von Jerusalem während der Kreuzfahrerzeit vgl. auch Benjamin Z. Kedar, The 'Tractatus de locis et statu sancte
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B. Patriarchatsbegriff und Patriarchat von Jerusalem
Die antike Provinzeneinteilung Palästinas und Syriens war eng angelehnt an die römische. Auf dem Konzil von Chalkedon (451) ist die fiir die folgenden Jahrhunderte gültige Einteilung Palästinas in drei Provinzen klar erkennbar: Die Palaestina I mit der Metropole Caesarea, die Palaestina II mit der Metropole Skythopolis ( = Bethsan der Kreuzfahrer) unter Anschluß der sich an der Küste vom Haifa nach Norden über Akkon zur Metropole Tyrus hin erstreckenden Provinz Phoenicia und die Palaestina III mit der Metropole Petra. Der lateinische Chronist Wilhelm von Tyrus aber beschreibt eine von der antiken Einteilung abweichende kirchliche Gliederung des Hl. Landes 113 : Die Palaestina I mit der Metropole Jerusalem, die Palaestina II mit der Metropole Caesarea Maritima und die Palaestina III mit der Metropole Skythopolis oder Bethsan, dessen Würde nun Nazareth zukomme 114 • Jerusalem wurde demnach in den Rang einer Metropole erhoben, wodurch dem Erzbischof der Stadt Suffragane zuwuchsen, ohne die metropolitane Würde Caesareas anzutasten. Das Patriarchat Antiocheia gliederte sich nach den Angaben des Chronisten wie folgt: Die Syria I (Maritima) mit der Metropole Tyrus und ihren 14 Suffraganen: Porfrria ( = Cayphas); Ptolomaida ( = Akkon); Paneas ( = Caesarea Philippi); Sarepta, Sidon, Beritum, Biblium; Botrium ( = Bosra?); Tripolis; Artusce; Archis; Arados, Antarados und Maraclea 115 • Die zweite Provinz Syriens war nach Wilhelm von Tyrus Phönizien, genannt Libanica, mit der Metropole Damaskus, auch genannt Syria. Phönizien gliederte sich in zwei Teile: Damascena und Emissa. Das Ostjordanland bildete fiir den Chronisten einen Teil Arabiens. Wilhelm zählt zwei beziehungsweise drei kirchliche Arabien auf: Zum einen "utraque Arabia, Prima cuius metropolis est Bostrum, Secunda, cuius est metropolis Petra Desertl' und ergänzt als einen weiteren Teil Großsyriens eine "Syria Sobal cuius est metropolis Soba/" 116• Zum anderen die Arabia I mit der Metropole Bosra; die Arabia II mit der Metropole Petra Deserti und die Arabia III, die fiir Wilhelm mit der "Syria Sobal" identisch ist 117 .
terre ierosolimitane', in: The Crusades and Their Sources (1998), S. 111-133; Jakob von Vitry, Historia Orientalis (ed. Buridant), LV-LVIII, S. 99-103; [Johann von lbelin] Le Livre des Assises (ed. Edbury), I-II, S. 110-111. 177-187. 113 V gl. H. Propst, Die geographischen Vehältnisse Syriens und Palästinas nach Wilhelm von Tyrus, Geschichte der Kreuzzüge, Leipzig 1927; Mayer, Kreuzfahrerherrschaft Montreal, 242-245 [Exkurs 1: Die kirchliche Gliederung des Heiligen Landes bei Wilhelm von Tyrus]. 114 WT VIII 4, S. 388. 115 WT XIII 2, S. 587f. 116 WT XIII 2, S. 588. 117 WT XVI 8, S. 724; XVIII 27, S. 850; XXI 8, S. 972; XIII 2, S. 588; XV 21, S. 703f.; XX 26, S. 950; XXII 15 (14), S. 1027; XI 26, S. 535; XVI 6, S. 722.
C. Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem I. Arnulfvon Chocques (1099 August 1 - 1099 Dezember 25/26; 1112 vor April26;
t
1118 April28)
1. Quellenkritische Bemerkungen
Bevor im einzelnen auf den Werdegang Amulfs von Chocques eingegangen werden soll, ist auf ein quellenkritisches Problem hinzuweisen, das in der stark voneinander abweichenden Beurteilung des Patriarchen in den literarischen Quellen über die Zeit der Kreuzzüge und das Königreich von Jerusalem besteht: Der anonyme Verfasser der "Gesta Francorum", ein normannischer Kleriker1, brach I 096 zusammen mit Bobernund I. von Tarent zum ersten Kreuzzug auf. Nach dem Sieg Hohemunds I. von Tarent über Kerboga schloß er sich der Gruppe um Robert II. von der Normandie und Raimund IV. von St-Gilles an. In dem Teil der "Gesta Francorum", worin der Weg des Heeres nach Jerusalem beschrieben wird, findet sich kein Hinweis über die Tätigkeit Arnulfs. Es wird lediglich über seine Wahl zum Patriarchen der Hl. Stadt2, die Ermahnung der Soldaten vor der Schlacht bei Askalon 3 und während der anschließenden Verteilung der Beute4 berichtet. Baiderich von Bourgueil OSB 5 , der nicht selber am Kreuzzug teilnahm, folgt in seiner "Historia Hierosölymitana" den Aussagen der "Gesta Francorum"6 . Er ergänzt seine Vorlage allerdings, indem er die 1 Alles was wir über ihn wissen ist allein in den "Gesta Francorum" selbst zu finden, vgl. The Deeds of the Franks and the other Pilgrims to Jerusalem, hg. v. Rosalind Hili, London 1962, XI-XIV; vgl. auch Kenneth Baxter Wolf, Crusade and Narrative. Hohemund and the Gesta Francorum, Journal of Medieval History 17 (1991) 207-216 und Colin Morris, The 'Gesta Francorum' as narrative history, Reading Medieval Studies 19 (1993) 55-71. Vgl. allgemein Mayer, Kanzlei, I, 47-48; Murray, Crusader Kingdom, Prosopographical Catalogue, Nr. 12, 182-183. 2 Gesta Francorum, S. 93 . 3 Ebd., S. 94f. 4 Ebd., S. 97. 5 Baiderich von Bourgueil (*I 046, t 1130), I 089-1107 Prior und späterer Abt von St.Pierre-de-Bourgeil (Dep. Indre-et-Loire), seit 1107 Bischofvon Dol-de-Bretagne. 6 Das Werk Baiderichs ist eine elegante Prosabearbeitung der "Gesta Francorum", deren Latein als zu grobschlächtig beurteilt worden ist, vgl. Hili, Deeds, IX. Kritisch hat sich dazu Hans Gehler geäußert, vgl. Ders., Studien zu den Gesta Francorum, MJb 6
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C. Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem
Wahl Arnulfs 1099 mit dessen ausgezeichneter Bildung7 begründet. Durch seine Verbindung zu der Äbtissin Caecilie, einer Tochter Wilhelms des Eroberers, die Amulf selbst in der Benediktinerabtei La Trinite in Caen unterrichtet hatte, wußte Baiderichs von der Lehrtätigkeit Amulfs in der Normandie während der Zeit vor dem I. Kreuzzug 8 . Ähnliche Angaben finden sich auch bei Robertus Monachus in einer weiteren Überarbeitung der "Gesta Francorum" mit Zusätzen9. Zahlreiche Informationen über den Lebenslauf Amulfs sind außerdem in den "Gesta Deiper Francos" des Guibert von Nogent OSB enthalten 10• Er bewertet den ebenfalls aus der Normandie stammenden Amulf von Chocques positiv 11 , ebenso wie Radulf von Caen, ein Schüler Amulfs, der ihm seine "Gesta Tancredi"12 widmete. Radulf wurde von Amulf wahrscheinlich im KlosterS. Eti-
(1970) 58-97. Vgl. zuletzt auch Peter R. Gril/o, Versuneedition du texte fram;:ais de l'Historia Jerosolimitana de Baudri de Dol, in: Autour de Ia premiere croisade (1996), S. 9-16. 7 Baiderich von Bourgueil, XII, S. 105. 8 Louis Brehier, Art. 'Baudri de Bourgueil', in: DHGE VI (1932), Sp. 1437. 9 Robertus Monachus, X, S. 870. 10 Guibert von Nogent OSB, * 15 April 1055 (?)bei Catenoy (Dep. Oise), t um 1125. Er trat mit etwas über 15 Jahren ins Kloster St-Germer-de-Fly (Diöz. Beauvais) ein, wo er seine geistige und geistliche Ausbildung erhielt, unter anderem durch den Prior von Le Bec, Anselm von Canterbury. 1104 wurde er Abt von Nogent-sous-Coucy (Diöz. Laon). Für die "Gesta Dei per Francos" (entstanden zwischen 1104/1108, fortgefiihrt 1111) benutzte er eine anonyme Chronik, die er anhand von Augenzeugenberichten überprüfte. Vgl. Edmond-Rene Labande, Disciple et temoin de Saint Anselme au Bec, in: Les mutations socio-culturelles au toumant des XI•-xue siecles, 229-239. MD. Coupe, The Personality of Guibert de Nogent Reconsidered, Journal of Medieval History 9 (1983) 317-329; J Chaurand, La conception de l'histoire de Guibert de Nogent, CCMed 8 (1965) 381-395; Robert B.C. Huygens, La tradition manuscrite de Guibert de Nogent (lnstrumenta patristica 21), Steenbrugge 1991 , 20-46; vgl. zuletzt auch die künftig heranzuziehende Neuedition: Guibert von Nogent, Dei Gesta per Francos, et cinq autres textes- edition critique (CChrCM 127A), hg. v. Robert B.C. Huygens, Tumhout 1996 und Robert Levine, The Deeds of God through the Franks, A Translation of Guibert de Nogent's Gesta Deiper Francos, Woodbridge 1997; Guibert de Nogent, Geste de Dieu par les Francs. Histoire de Ia premiere croisade, Introduction, traduction et notespar Monique-Gecile Garand, Tumhout 1998. 11 Vgl. Guibert von Nogent, 7, 662-665. 675-680. 682-683. 692-695. 742. 788, S. 291-296. 12 Vgl. Runciman, History, I, 331. Laetitia Boehm, Die "Gesta Tancredi" des Radulf von Caen, HJb 75 ( 1956) 47-72; v.a. 49-51. Raoul Manselli, Raoul di Caen storico di Tancredi, in: Ders., Italia e Italiani alla prima Crociata, Rom 1983, 137-161 ; Kaspar Elm, 0 beatus idus ac prae cateris gloriosas! Die Eroberung Jerusalems 1099 und der Erste Kreuzzug in der Geschichtsschreibung Raouls von Caen, in: Es hat sich viel ereignet, Gutes wie Böses. Lateinische Geschichtsschreibung der Spät- und Nachantike (Beitr. z. Altertumskunde 141), hg. v. Gabriele Thome I Jens Holzhausen, München Leipzig 2001, 152-178; Raymonde Foreville, L'Ecole de Caen au XII" siecle et !es ori-
I. Arnulfvon Chocques
93
enne zu Caen unterrichtet, war ll 07 im Gefolge Bohemunds I. von Tarent bei der Belagerung von Durazzo zu finden und begleitete anschließend Tankred von Tarent nach Edessa. Dieser habe ihn ermuntert, die Ereignisse auf dem Kreuzzug niederzuschreiben, ein Vorhaben, das er aber erst nach dem Tode Tankreds von Tarent verwirklichen sollte. Dementsprechend sind die "Gesta Tancredi" zwischen dem 12. Dezember 1112, dem Todesdatum Tankreds von Tarent, und 1118, dem Todesjahr des Patriarchen Arnulf entstanden. Sie umschließen die Zeit von 1098 bis 1105 und handeln vor allem über die Einnahme Antiocheias und Jerusalems. Idealisiert stellt der Schüler seinen ehemaligen Lehrer dar, was man sehr gut in der Rede Arnulfs gegen Tankred von Tarent beobachten kann, als dieser nach der Eroberung der Hl. Stadt die Tempelschätze an sich nahm 13 • Radulf von Caen betont die Kenntnisse des Patriarchen in der Astrologie und seine Bedeutung als militärischer und geistlicher Ratgeber. Darüber hinaus berichtet er als einziger der Kreuzzugshistoriographen von dem Vermächtnis Adhemars von Monteil an Arnulf, wonach Arnulf die Stelle Adhemars im Heer einnehmen solle 14 • Im Streit um die hl. Lanze erweist sich Radulf als ein Gegner der Provenyalen und bezweifelt die Echtheit der Lanze 15 . Ganz anders beurteilt demgegenüber der Südfranzose Raimund von Aguilers Arnulf von Chocques: Der Kaplan des Grafen Raimund IV. von St-Gilles, in dessen Gefolge er am ersten Kreuzzug teilnahm, nahm Arnulf vor allem die öffentlich geäußerten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der hl. Lanze übel 16 . In seinem Bericht über die Wahl Arnulfs (1099) betont Raimund, daß diese unrechtmäßig gewesen sei, da Arnulf nicht über die entsprechenden kanonischen Voraussetzungen verfugt habe 17 . Der aus dem Hl. Land stammende Wilhelm von Tyrus sieht Arnulf ebenso als eine Person zweifelhaften Rufes an 18 • Hierin folgt er gänzlich in seiner Wertung der ihm als Vorlage dienenden Chronik des Raimund von Aguilers 19• Ganz bewußt weist er in seiner Darstellung der Wahl Arnulfs zum Patriarchen
gines normandes de I'Universite d ' Oxford, in: Etudes medü!vales offerts au Augustin Fliehe, Paris 1954, 81-100; v.a. 86. 13 Radulfvon Caen, CXXXV, S. 700f. 14 Ders., XCIV, S. 673. 15 Ders., CII, S. 678. 16 RaimundvonAguilers, S. 116. 17 Ders., 154: "Sed ille nec canonum decreta reveritus tanta ambitione tentus, nec
generis, nec conscientie infamiam... "
18 WT X 7, S. 461: bezeichnet Arnulf sogar als ,,primogenitus Sathanae", vgl. ebd., VII 18, S. 366f.; IX I, S. 421f.; XI 15, S. 519; XI 21, S. 526; XI 26, S. 534f.; XII 6, S.
553.
19
Edbury l Rowe, William ofTyre, 49.
C. Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem
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1099 den anderslautenden Bericht der "Gesta Francorum" zurück, der ihm somit bekannt war20 • Albert von Aachen berichtet im fiinften Buch seiner "Historia Hierosolymitana" über den Streit um die hl. Lanze und das Gottesgericht über dessen Finder. Er neigt eher zur Skepsis gegenüber der Echtheit der Lanze21 . Das Bild, das Fulcher von Chartres von Amulf von Chocques zeichnet, ist wiederum ein positives: Zwar verschweigt er entgegen den Vorlagen der "Gesta Francorum" und der Chronik Raimunds von Aguilers die Wahl Amulfs zum Patriarchen von Jerusalem und behauptet, daß kein Leiter der Kirche von Jerusalem erhoben worden sei22, doch meint Verena Epp, daß er sie verschwiegen habe, um nicht auf die mangelnden kanonischen Voraussetzungen Amulfs eingehen zu müssen23 ; nicht zuletzt auch deswegen, weil Amulf ihn möglicherweise mit der Kanonikerreform des Domkapitels von Jerusalem beauftragt hatte, die der Patriarch 1114 eingefiihrt hatte 24 .
2. Herkunft, Ausbildung und Lehrtätigkeit am Hofe Wilhelms des Eroberers in der Normandie In den Quellen wird der aus der nordflandrischen Diözese Therouanne stammende Amulfvon Chocques als ,,Arnulfus" oder "Ernulfus" bezeichnet25 . Der Herkunftsort war lange umstritten26 : Die ältere Forschung nahm an, er entstamme einer Familie, die sich im Besitz eines Schlosses Rohes in der Gegend von Hainaut befand27 . Nach dem Zeugnis Alberts von Aachen entstammte Arnulf dem Ort Rohes, einem flandrischen Kastell 28 . Le Prevost identifizierte ihn in seiner Ausgabe des Ordericus Vitalis folgendermaßen: ,,Arnulphus de Rohes, castello Flandriae" 29 und behautete, mit Rohes sei der Ort Roeulx bei Valanciennes gemeint. Doch bereits Le Prevost vertraute der Angabe des Chronisten nicht. Van Hasselt identifizierte Rohes als das Dorf Rode bei Affligem (Belgi-
Gesta Francorum, S. 93; vgl. Edbury I Rowe, a.a.O., 49. Albert von Aachen. V 32, S. 452. 22 Fulcher von Chartres, I 30, 2, S.308. 23 Epp, Fulcher von Chartres, 185. 24 Ebd., 186; vgl. Elm, Kanoniker, 148. 25 Vgl. Arnulfus (Fulcher von Chartres, Raimund von Aguilers, Radulfvon Caen, Ordericus Vitalis, Ekkehard von Aura (ed. Hagenmeyer)); Arnulfus seu Arnolfus (Albert, Baiderich von Bourgueil, Guibert von Nogent); Ernulfus!Arnulfus (Gesta francorum). 26 Vgl. Ekkehard von Aura ( ed. Hagenmeyer), S. 264 Anm. 8. 27 Vgl. Louis de Mas Latrie, Les patriarches, 17. Du Cange, Familles, 717. 28 Albert von Aachen, VI 39, S. 489. 29 Ordericus Vitafis (ed. Le Prevost I Delis1e), III, 612. 20
21
I. Amulf von Chocques
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en)30, nach Hody handelte es sich angeblich um den Weiler Rho im Canton Nevele31, nach den Angaben der ,.L 'Art de verifier /es dates" um Roches oder Rocas im Hennegau 32• Röhricht nahm 1878 an, Rohes liege in der unmittelbaren Nachbarschaft von Goodveerdegen, nicht weit von Oudenaarde33 • Charles Moeller wies dann 1904 überzeugend nach, daß diese bisherigen Thesen unzutreffend waren, Amulf vielmehr in Chocques, einer 1030 durch Robert, Herzog von Normandie, zerstörten und I 070 durch Robert von Bethune wieder aufgebauten Burg34, geboren wurde35 . Abgesehen von der somit weitestgehend geklärten regionalen Herkunft Amulfs sind weitere Informationen über seine Familie nicht überliefert. Allerdings stammte der um 105511060 geborene Amulf väterlicherseits mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Priester, ein Tatbestand, der sich fiir seine Karriere im Königreich Jerusalem als Hindernis erweisen sollte36 . Wilhelm von Tyrus überliefert seinen Beinamen "vulgo cognominatus est Mala Corona"31• Amulf von Chocques wird in den Quellen übereinstimmend als ein "virum /itteris ad prime eruditum /iberalibus" 38 bezeichnet. Bereits als Junge verließ er seine Heimat und ist kurz nach 1063 in der Normandie, im Kloster St. Etienne wiederzufinden. Bis um 1070175 erhielt er wohl dort durch Lanfranc und 30 A. Van Hasselt (Hg.), Document inedit pour servir a l'histoire des croisades, Annales de l'academie archeologique de Belgique 6 (1849) 93-102, v.a. 101. 31 Ale:xis-Guillaume-Charles-Prosper de Hody, Godefroid de Bouillon et !es rois Iatins de Jerusalem. Etude historique, precedee de considerations sur Ia premiere croisade, ainsi que sur Pierre l'Ermite, Arnould de Rohes et !es Chevaliers du Saint-Sepulcre, 2e ed revue et corr., Paris 1859, 82ff. 32 L' Art de verifier !es dates, I, 278. 33 Reinhold Röhricht, Beiträge zur Geschichte der Kreuzzüge, 2 Bde., Berlin 1878, II, 51. 34 Vgl. Charles Moeller, Les Flamands du Temois au Royaume de Jerusalem, in: Melanges Paul Fredericq, Brüssel 1904, 189-204, v.a. 195. 35 Albert von Aachen, VI 8, S. 470: " ...Arnolfus de Zokes castello Flandriae ...." Versus de viris illustribus dioecesis Tarvanensis qui in sacrafuere e:xpeditione, in: Edmond Martene, I Ursin Durand, Veterum scriptorum et monumentorum ... amplissima collectio, Paris 1729, V, S. 539: ,,Arnulfus oriundus uterque Cickes." Ordericus Vitalis (ed. Chibnall), IX 16, S. 176: " .. .Arnulfus de Zocris." 36 Raimund von Aguilers, XXI, S. 302: " ... de genere sacerdotali..." Vgl. Guibert von Nogent, 7, 638, S. 290; 7, 675-679; vgl. WT IX I, S.421. Diese Angaben werden bestätigt durch einen Brief Paschalis II. vom 19. Juli 1116, worin er dem Geburtsmakel Arnulfs einen Dispens erteilt, VOP III, Nr.19, S. 124-126. V gl. RRH Nr 83; Roziere, Nr. 11, S. 11-13; JL 6528. 37 WTXI 15,S.519. 38 Baiderich von Bourgueil, XVI, S. 105; vgl. Guibert von Nogent, 7, 638, S. 290; 7, 660-663, S. 291; Radulfvon Caen, S. 604; Raimund von Aguilers, S. 116; Ekkehard von Aura (ed. Hagenmeyer), XXIX 2, S. 264: "quidam venerabilis et bene Iiteralus clericus".
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Guillaume de Bonne-äme39 eine exzellente Ausbildung. Auf Grundlage der Notiz bei Guibert von Nogent: ,,Js, (Amulfus) in dialecticae eruditione non hebes"40, kann man mutmaßen, daß Amulf eine Ausbildung in den Artes liberales erhalten hatte. Möglicherweise geschah das bereits in der Benediktinerabtei Le Bec-Hellouin, wo Lanfranc 1055-1063 lehrte, höchstwahrscheinlich aber in dem von Wilhelm dem Eroberer in Caen gegründeten Benediktinerkloster St. Etienne, wo er bis 1070 blieb41 . Lotte Kery wies jüngst in ihrer Studie über "Die Errichtung des Bistums Arras" darauf hin, daß Lambert von Guines, der spätere Bischof von Arras, ebenso wie Amulf im Kreise der nordfranzösischen Kanonikerstifte um 1068 unter dem Einfluß des lvo von Chartres in SaintQuentin von Beauvais ausgebildet wurde42 • Anschließend ist für Amulf selber eine Phase der Lehrtätigkeit überliefert, in der er die Tochter Wilhelms des Eroberers, Cäcilie4\ im Kloster La Sainte Trinite in Caen, einer Gründung des englischen Königs und seiner Frau Mathilde44, zwischen 1070/75 und 1080/8545 unterrichtete. Dem Verfasser der "Gesta Tancredi", Radulf von Caen, vermittelte Amulf wie der Chronist schreibt, Kenntnisse über die klassischen Autoren46 . Da Radulfum das Jahr 1080 geboren wurde, muß diese Phase der Lehrtätigkeit zwischen 1085 und 1095, als Arnulf zum Kreuzzug aufbrach, gelegen haben.
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' Forevi/le, L'Ecole de Caen, 83. 40 Guibert von Nogent, 7, 639, S. 290. 41 Vgl. Margaret Gibson, Lanfranc of Bec, Oxford 1978, 103f. Vgl. auch Majorie Chibnall, Monastic Foundations in England and Normandy, 1066-1189, in: England and Normandy in the Middle Ages ( 1994), S. 37-49; Veronique Gazeau, The Effect of the Conquest 1066 on Monasticism in Normandy. The Abbeys of Risle Valley, in: England and Normandy in the Middle Ages (1994), S. 131-142. 42 Latte Kery, Die Errichtung des Bistums Arras 1093/ 1094 (Beih. d. Francia 33), Sigmaringen 1994, 356f.; vgl. auch J. Fournee, Le renouvaux canonial en Normandie au XII" siecle, in: Crises et reformes dans I'Eglise. Oe Ia n!forme gregorienne a Ia prereforme, Actes du 115• congres national des Societes Savantes, Avignon 1990, Paris 1991, 27-39. RudolfHiestand hat allerdings dem Verfasser gegenüber darauf hingewiesen, daß er es bezweifelte, daß Arnulf seit 1068 in Saint-Quentin von Ivo ausgebildet worden sei, da dieser erst I 078 dort war. 43 Guibert von Nogent, 7, 640f., S. 290: "regis Anglorumfiliam monacham ea quam premisimus diu disciplina docuerat." Cäcilie: *1055, t 30. Juli 1126 Äbtissin von Fecamp. Zu den Angaben den Unterricht Cäcilie betreffend; vgl. Foreville, L'Ecole de Caen, 89. 44 Gallia christiana, XI, S. 431 f.; vgl. auch lohn Walmsley, The Early Abbesses, Nuns and Fernale Tenants of the Abbeye of Holy Trinity, Caen, JEcH 48 (1997) 425444. 45 ' Vgl. Foreville, L'Ecole de Caen, 84. 46 Vgl. Henri Glaesener, Raoul de Caen. Historien et Ecrivain, RHE 46 (1951), 6. Foreville, L'Ecole de Caen, 89 gibt den Zeitraum mit 1085 bis 1095 an.
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3. Auf dem Weg zum Heiligen Grabe Für Amulfs Zukunft sollte diese enge Verbindung zum Hof der Herzöge der Normandie sehr bedeutsam werden: So berichtet Guibert von Nogent, daß Cäcilie von ihrem Bruder Robert li. von der Normandie47 das Versprechen erhalten habe, ihrem Lehrer Arnulf den ersten vakant werdenden Bischofssitz in der Normandie zu übertragen48 . Darüber hinausgehende Informationen finden sich weder bei Guibert noch in anderen Quellen. Allerdings ist Arnulfs Tätigkeit als Kaplan und Kanzler Herzog Roberts II. von der Normandie49 in einem genauer einzugrenzenden Zeitraum zu fassen50 : Am Hofe Wilhelms des Eroberers lernte er den Halbbruder des englischen Königs, Odo von Conteville51 , kennen, in dessen Gefolge er die Normandie verließ52. Im Troß der Normannen unter der Führung Roberts II., Stephans von Blois und Roberts von Flandem Ende September I Anfang Oktober I 096 53 Robert II. Kurzhose (Herzog der Normandie 1087-1106, tl136) Guibert von Nogent, 7, 653-656, S. 291; vgl. Charles W. David, Robert Curthose. Duke ofNormandy (Harvard Historical Studies 25), Cambridge 1920,219. 49 Eine Urkunde Roberts II. für die Kathedrale von Rauen vom 15. August (10901096) bezeugt dies: Regesta regum Anglo-Normannorum 1066-1154, 4 Bde., Oxford 1913. 1956. 1968. 1969, 1: Regesta Willelmi Conquestoris et Willelmi Ruft, hg. v. Henry W.C. Davis I Robert J. Whitwell, Nr. 384, S. 98; Charles H. Haskins, Norman Institutions, Cambridge, Mass. 1918, Nr. 31, S.70: "Presentibus ... Radulpho cancellario meo Ernulfo de Cioches capellano meo." Als seinen Kaplan bezeichnet ihn Raimund von Aguilers, 116. 1093 und 1094 erwähnt ihn ein Autor aus derAbteiLe Bec: S. Delibertate Beccensis monasterii, 603; Vita Wjllelmi Beccensis tertii abbatis, 7 I 8; vgl. Porree, Histoire de l'abbaye du Bec, Bd. 1, Evreux 1901, 243 und 245; Sally N. Vaughn, The Abbey of Bec and the Anglo-Norman State 1034-1136, Suffalk 1981, 122. Vgl. auch Derek Bares, Normandy and Englandafter 1066, EHR 104 (1989) 851-880. 50 Baiderich von Bourgueil, XVI, S. 105, Anm. c: "Capellanum Roberti, Normanniae ducis." Vgl. Raimund von Aguilers, 116; WT VIII II , S.400. 51 Odo lebte seit seiner Entlassung aus der Kerkerhaft I 087 am Hofe Roberts; vgl. Ordericus Vitafis (ed. Le Prevost I Delisle), VIII, S. 114. Marjorie Chibnall behauptet aber, daß er erst ab 1088 bei Robert II. gelebt habe, vgl. Dies., in: The Ecclesiastical History ofOrderic Vitalis, IV, Oxford 1973, XXIX, Anm. 2. 52 Über das Leben Odos vgl. Ordericus Vitafis (ed. Chibnall), VIII,'S. 114-118. v.a. 116, Anm.l.; David R. Bates, The Character and Career of Odo Bishop of Bayeux (1049150-1097), Speculum 50 (1975) 1-20; S.E. Gleason, An Ecclesiastical Barony of the Middle Ages. The Bishopric ofBayeux, 1066-1204 (Harvard Historical Monographs 10), Cambridge, Mass. 1936, 8-17. 53 Fulcher von Chartres, I 7, I, S.l59 schrieb zuerst September, änderte das Datum aber in der zweiten Redaktion seines Berichtes in Oktober um. [ Wilhe/m von Malmesbury] Willelmi Malmesberiensis monachi, De gestis regum Anglorum libri quinque (RS 90, 1-2), hg. William Stubbs, 2 Bde., London 1889, II, S. 402, der diese Fakten bestätigt, folgt in seinem Bericht der ersten Redaktion Fulchers und datiert auf September; ebenso Ordericus Vitafis (ed. Chibnall) , IX 4, S. 32-34. Vgl. Hagenmeyer, Chronologie, Nr. 69, S. 36f. 47
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7 Kirstein
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brach Arnulf nach Jerusalem auf54. Das Heer nahm die Route über Aosta, durch das Potal über die Aperminen nach Lucca55, wo die Normannen Ende Oktober mit Urban II. zusammentrafen56 . Mit diesem Aufeinandertreffen ist eine Forschungskontroverse verknüpft, die seit den 60er Jahren gefiihrt wird: Streitpunkt ist ein umstrittener Legationsauftrag des Papstes an Arnulf von Chocques, der ihn angeblich auf eine Stufe mit Adhemar von Monteil als Führer des Heeres der Kreuzfahrer stellt und ihn nach dessen Tod (1. August 1098), während der Belagerung von Antiocheia, als seinen Nachfolger im Kreuzfahrerheer einordnet57 . Wie Rudolf Hiestand deutlich gemacht hat, gibt es lediglich zwei Quellen, die fiir eine ernsthafte Diskussion einer Legatenwürde Arnulfs in Anspruch genommen werden können: Der Bericht über ein Zusammentreffen Urbans Il. und Amulfs in der Chronik von St.-Pierre-le Vif von Sens, worauf zuerst Jean Richard 1955 aufmerksam wurde, und der Hinweis Radulfs von Caen über die umstrittene Bestellung Arnulfs zum Nachfolger Adhemars 58 . Die 1108 durch den Mönch Arnaud begonnene und im wesentlichen bis zum Jahr 1180 reichende Chronik des Klosters St.-Pierre-le-Vif59 berichtet, daß im Jahr 1120 dem Mönch Clarius auf dem Rückweg von einem Konzil in Beauvais durch den ehemaligen Kaplan Stephans von Blois, Alexander, Reliquien überbracht worden seien60 . Ebenso
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Vgl. David, Robert Curthose, 96, 221-229; Runciman, History, I, 165f. . Zu Lucca vgl. Raoul Mansel/i, Lucca e Lucchesi nei lora rapporti con Ia prima crociata, Bolletino storico Lucchese 12 ( 1941) 158-168, v .a. 158. Ordericus Vitafis verlegt dieses Treffen irrtümlicherweise nach Rom, vgl. Ders. (ed. Chibnall), X 4, S. 210. 56 Fulcher von Chartres, I 7, 2, S. 164: " ... invenimus prope illam Urbanum apostolicum, cum qua locuti sunt Robertus Normannus et Stephanus Blesensis comites ... et ab eo benedictione suspecta, Romam gaudenter ivimus." Hagenmeyer meint, daß die Begegnung Ende Oktober oder Anfang November 1096 stattgefunden habe, vgl. ebd., Anm. I, S. 164, vgl. Hagenmeyer, Chronologie, Nr. 90, S.45; JL I, 690. Die Kreuzfahrer trafen Urban II. in der Stadt und begleiteten ihn bis nach Rom, vgl. Alfons Becker, Papst Urban II . (1088-1099) (MGH Sehr. 19/ 1-11), 2 Bde., Stuttgart 1964-1988, II, 382. 57 Richard, Establishment, 236. Vgl. Ders., Quelques textes sur !es premiers temps de l'eglise latine de Jerusalem, in: Recueil de travaux offert a M. Clavis Brunel (Memoires et Documents 12), Paris 1955, 420-423; Raymonde Foreville, Un chef de Ia premiere croisade. Arnoul Malecouronne, Bulletin philologique et historique du comite des travaux historiqueset scientifiques (1953/ 1954) 377-390; Hans Eberhard Mayer, Zur Beurteilung Adhemars von Le Puy, DA 16 (1960) 547-552, v.a. 550. 58 Chronique de Saint-Pierre-le-Vif de Sens, dite de Clarius. Chronicon Sancti Petri Vivi Senonensis (Sources d'histoire medievale), hg., übers. u. komm. V. Robert-Henri Bautier I Monique Gilles, Paris 1979, 184-186; Radulf von Caen, XCIV, S. 673 ; vgl. Hiestand, Legaten, 75f. 82-84. /an S. Robinson, The Papacy 1073-1198. Continuity and Innovation (Cambridge medieval textbooks), Cambridge, Mass. 1990, 351. 59 Vgl. Chronique de Saint-Pierre-le-Vif, LIII. 55
I. Arnulf von Chocques
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wie Amulfvon Chocques, der jetzt Patriarch sei, habe er aufihrem Weg ins Hl. Land die "licentiam ligandi atque so/vendi accepit'61 . Fragt man nun nach der Bedeutung der Auszeichnung, so weist sie Amulf zwar als Legaten aus, sagt aber wenig über seine Funktion62 • Um eine Konkretisierung vorzunehmen, erscheint es daher notwendig, die Kriterien näher zu beschreiben, die päpstliche Legaten auszeichneten: Ein wesentliches Kennzeichen ihrer Legatenwürde war, daß sie als persönliche Stellvertreter der Päpste auf den Kreuzzügen63 fungierten. Ihrer Herkunft nach entstammten sie zumeist dem Kreis der Kardinäle oder waren angesehene Kirchenfiirsten wie zum Beispiel Adhemar von Monteil. Ruess bezeichnet sie gar als die "geistigen Führer "64 der Kreuzfahrer. Bereits diese Hinweise lassen die Übertragung einer solchen Position im Heer der Normannen an Amulf durch Urban Il. als wenig glaubhaft erscheinen. Zum einen ist in diesem Zusammenhang die illegitime Herkunft zu nennen, zum anderen verfugte Amulf über keine höheren Weihegrade. Hiestand meint, Arnulf sei zu dieser Zeit bestenfalls Subdiakon gewesen65. Außerdem reicht allein die Verwendung der Formel 'potestas ligandi atque solvendi', die bei der Bestellung Adhemar von Monteil vorkommt, nicht aus, um als Beweis fur einen Legationsauftrag an Amulf herhalten zu können. Entscheidendes Kriterium ist aber nicht diese Machtbefugnis, sondern der Zu-
60 Ebd., 184. Es soll sich dabei um ein Stück Holz aus dem hl. Kreuz, einen Teil eines Zahnes des hl. Nikolaus, ein Fragment des Hl. Grabes und eine Relique des hl. Georg gehandelt haben. 61 Ebd., 184-186. Der Bericht kann in dieser Form nicht zutreffen, war doch Alexander zusammen mit Stephan von Blois im Frühjahr/Sommer 1098 nach Europa zurückgereist und erst 110111102 ein zweites Mal in Palästina angekommen. Arnulf war aber weder während der ersten noch der zweiten Reise Patriarch von Jerusalem. Und 1120 lebte er bereits nicht mehr, vgl. Rudolf Hiestand, Chronologisches zur Geschichte des Königreichs Jerusalem um 1130 ( = Chronologisches 1), DA 26 ( 1970) 220-229, v.a. 228. 62 In einem Brief an die Flandrer hatte Urban II. im Winter I 095/96 die Stellung Adhemars von Monteil mit fast den gleichen Worten gekennzeichnet; JL 5596. 5608; Kar/ Ruess, Die Stellung der päpstlichen Legaten bis Bonifaz VIII. (Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaften im katholischen Deutschland. Sektion filr Rechts- und Sozialwissenschaft 13), Paderborn 1912, 80f. 63 Vgl. Hiestand, Legaten, 422; ferner Ruess, Stellung, 115ff. Adhemar von Monteil, JL 5810. 64 Ruess, Stellung, 81. Zu dem Legatenstatus vgl. zuletzt Robert C. Figueira, "Legatus apostolice sedis" the Pope s "alter ego" According to Thirteenth-Century Canon Law, StM 27 (1986) 527-574 und Rudolf Hies~and, Les Iegats pontificaux en France du milieu du ~~· a Ja fin du XII" siecle, in: L'Eglise de France et Ja papaute (X•-xm• siecle) ( = Etudes et Documents pour servir a une Gallia Pontificia 1), Actes du XXVI• colloque historique franco-allemand (Paris, 17-19 octobre 1990), hg. v. Rolf Grosse, Bonn 1993, 54-80. 65 Vgl. Hiestand, Legaten, 83.
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C. Die lateinischen Patriarchen von Jerusa1em
satz, daß ein Legat diese Gewalt in Stellvertretung (vice nostra) des Papstes ausübte66 . Dieser Hinweis findet sich filr Amulfnicht. Abgesehen von diesen, den formalen Kriterien widersprechenden Faktoren, gilt es zu berücksichtigen, daß zu dieser Zeit noch der Onkel Roberts II., Odo von Bayeux, lebte, der auf Grund seiner Herkunft und Stellung in der Normandie weitaus angesehener war als der in seinem Gefolge mitreisende Amulf. Das zweite bedeutende Zeugnis, die Legatentätigkeit betreffend, sind die letzten Worte Adhemars von Monteil, die bei Radulf von Caen überliefert sind, wonach er Amulf als seinen Nachfolger einsetzte. Jedoch ist auch diese Quelle höchst zweifelhaft, da kein anderer Chronist des ersten Kreuzzuges hierüber berichtet67, und Radulf überdies an der betreffenden Stelle68 eine Bezeichnung Arnulfs als Legat nicht überliefert. Zu fragen ist, was geschah, wenn ein Legat während seiner Mission starb: Zunächst verfUgten die Legaten als Inhaber der iurisdictio ordinaria über das Recht, einzelne Befugnisse oder aber die Gesamtheit ihrer Vollmachten auf andere Personen zu übertragen. Diese hatten allerdings aber nur Gültigkeit, solange sie noch lebten69 . Mit dem Tode des Amtsinhabers endete demnach nicht nur seine eigene Legation70, sondern es erloschen auch die an eventuell ernannte Stellvertreter transferierten Rechte. Das galt solange, bis ein neuer Legat durch den Papst bestellt wurde, der die Stellvertreter neu bestätigen mußte. Abgesehen von dem bereits erwähnten fehlenden Hinweis auf Amulf als Legat spricht gegen eine Legatentätigkeit des späteren Patriarchen also auch das kirchenrechtliche Verfahren der Bestellung und Bestätigung der Legaten. Versucht man abschließend zu der Frage eines angeblichen Legationsauftrages Arnulfs durch Urban II. Stellung zu nehmen, so kann festgestellt werden, daß sie sich historisch und rechtlich betrachtet nicht hinreichend belegen läßt. Ein Beleg hierflir ist auch, daß Arnulf selbst sich während des Streites um die Echtheit der hl. Lanze nicht auf die Autorität als päpstlicher Legat berief. Auch Hiestand meint, Urban II. habe Amulf mit Sicherheit keinen Legationsauftrag
66 Vgl. Hiestand, Legaten, 432f. 67 Guibert von Nogent bemerkt hierzu, daß es nach dem Tod des bisherigen Legaten
nun keinen Nachfolger gebe; Ders., 7, 668-671, S. 291f. 68 Radulfvon Caen, XCIV, S. 673 : "Sie me doetrinae vobis quum papa ministrum I Tradidit Urbanus, sie vobis hune ego trado I Tradidit Arnulfum, nulli hoe in agone seeundum I Filius hie, inquit, meus est dileetus. in ipso I Est mihi eomplaeitum, vos aures vertite ad ipsum. I Tu vero, fili, monitus memor esto paterni; I Divini /arge doeumenti semina sparge; I Aeeeptam gratis sementern reddito gratis." 69 Vgl. Ruess, Stellung, 130. 70 Ebd., 139.
I. Arnulfvon Chocques
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erteilt, vielmehr sei zu vermuten, daß Urban li. Arnulf mit der cura animarum fiir Robert li. beauftragt habe 71 . Nachdem die Normannen den Papst Ende Oktober 1096 in Lucca getroffen hatten, verbrachten sie den Winter 1096/97 in Süditalien72• Odo von Conteville und sein Gefolge, zu dem Arnulf gehörte, besuchten in dieser Zeit Roger I. von Sizilien in Palermo, wo Odo tödlich erkrankte und beigesetzt wurde73 . Der sterbende Bischof verhalf Arnulf zu einigem Wohlstand, indem er ihn zu seinem Testamentsvollstrecker einsetzte und ihm sein Vermögen vererbte 74 • In der Forschung wird bezweifelt, daß es sich um das gesamte Vermögen gehandelt habe, vielmehr habe das Erbe lediglich aus der beweglichen Habe des Bischofs bestanden, die er auf dem Weg ins Hl. Lande mit sich führte, nicht aber um seine Besitzungen, die er in der Normandie zurückgelassen hatte 75 . Bis zum Tode Adhemars von Monteil am 1. August 1098 ist nur weniges über Arnulfs Leben bekannt: Über das bereits genannte hinaus berichtet sein Schüler Radulf von Caen, Arnulf habe die Kreuzfahrer vor Nikaia während der Belagerung unterstützt76 . Vor Antiocheia hielt er die Christen zu ausdauerndem Bemühen bei der Eroberung der Stadt an 77 und las vor der Schlacht gegen Kerboga (28. Juni 1098) in den Sternen78 . Ferner soll er der bei Albert von Aachen nicht näher identifizierte Bote Bohemunds I. von Tarent an Gottfried von Bouillon gewesen sein, der das fiir den Sieg in der Schlacht von Dorylaion entscheidende Entsatzheer herbeigerufen hatte 79. Unmittelbar bevor sie die Ein-
71 Hiestand, Legaten, 84; vgl. Mayer, Geschichte9 , 46, worin sich Mayer in dieser Frage entgegen seinen 1960 geäußerten Bemerkungen Niestand anschließt! V gl. auch Richard, Histoire des croisades, 40. 72. 72 Vgl. Hagenmeyer, Chronologie, Nr. 101 , 49. 73 Ordericus Vitalis, VIII I, S. 118: " ... episcopo in urbe Panormitana obiit. Corpus uero eius in basilica Sanctae Mariae sepultum est." 74 Guibert von Nogent, 7, 656-660, S. 291: "Cuius Arnulfus idem comitatui sese indidit et cum huic ipsi episcopo citra, nisi fallor, Romaniae fines finis obtigisset, ex illo maximo censu, quem post se reliquerat, hunc legatarium, pene ante omnes, suppellectilis suae preciosae effecit." 75 Vgl. Bates, Character, 20. 76 Radulfvon Caen, CXXXV, S. 700: ,,At vos, o proceres, si quid bene merui, vobiscum laboravi, nunquam deserui: ab ipso bellorum primordio Nicea vigilantiam meam sensit, ubi, me increpante pigritiam, strenuitas f ervebat..." 77 Ders., LXXIX, S. 663. 78 Ders., LXXXIII, S. 665: "Summus in hac doctor muttos instruxerat arte... " Der hier genannte unbekannte Gelehrte läßt sich nicht näher bestimmen. 79 Ders., CXXXV, S. 700: " ... ego consuli, ego implevi ... eventum nuntiavi, victoriam adduxi, vici."; vgl. Albert von Aachen, II 40, S. 330; Hagenmeyer, Chronologie, Nr. 169, S. 86 datiert die Schlacht auf den I. Juli 1097; Mayer, Geschichte9 , 49 dagegen auf den 30. Juni dieses Jahres.
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C. Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem
nahme Antiocheias durch die Kreuzfahrer am 3. Juni 1098 schildern, erwähnen die "Gesta Francorum" und Ordericus Vitalis einen "Malacorona" 80 , der als Bote Bohemunds I. von Tarent mit einem Unterfiihrer der Stadt Kontakt aufgenommen hatte, welcher die Belagerer am Morgen des 3. Juni heimlich in die Stadt ließ und so die Einnahme der Stadt ermöglichte 81 , ohne daß es möglich wäre, ihn mit Sicherbiet zu identifizieren82 . Einen wesentlichen Anteil in der Beurteilung Amulfs durch die zeitgenössischen Historiographen spielt seine Rolle in den Auseinandersetzungen unter den Kreuzfahrern um die Echtheit der lancea Domini im Verlauf der Kämpfe um Arqa83 : Während der Belagerung Antiocheias durch Kerboga hatte die Lanze nach den Berichten der zeitgenössischen Quellen maßgeblich zur Stärkung der Kampfmoral der eingeschlossenen Kreuzfahrer beigetragen84 • Die Frage nun, ob Bobernund I. von Tarent Antiocheia als Herrschaft bekommen sollte oder nicht, spaltete das Lager der Kreuzfahrer tief5 . Als sich Bobernund I. von Tarent und Raimund IV. von St-Gilles nach der Eroberung der Stadt Ma'arrat an-Nu'man (ll. Dezember 1098) darüber stritten, wer von ihnen die Stadt behalten solle86, äußerte schließlich der Normanne öffentlich Zweifel an der Echtheit der im Besitz des Provencalen befindlichen Lanze87 , um so den Anspruch Raimunds von Toulouse zu desavouieren. In dieser Situation stellte sich Arnulf zusammen mit den Normannen und dem Grafen von Flandem auf die Seite Bohemunds I. von Tarent.
Gestafrancorum, S.46; Ordericus Vitalis, IX 9, S. 90. Vgl. Mayer, Geschichte9, 53. 82 Vgl. Hiestand, Legaten, 76. 83 Zur sog. hl. Lanze vgl. Runciman, History, I, 241-246. 271-274; Ders., The Holy Lance Found at Antioch, AnalBall 68 (1950) 197-209; John France, The Crisis ofthe First Crusade: From the Defeat of Kerbogah to the Departure from Arqa, Byzantion 40 ( 1970) 277-308; Co/in Morris, Policy and Visions. The Case of the Holy Lance at Antioch, in: War and Gouvernement in the Middle Ages: essays in honor of J.O. Prestwich, hg. v. John Gillingharn I J.C. Holt, Cambridge 1984, 33fT.; Wolfgang Giese, Die "lancea Domini" von Antiochia (I 098/99), in: Fälschungen im Mittelalter. Internationaler Kongreß der Monumenta Germaniae Historica München, 16.-19. September 1986 (MGH Schriften 33, V), Teil 5, Hannover 1988, 485-504 und zuletzt Rudolf Hiestand, Der Kreuzzug- ein Traum?, in: Traum und träumen. Inhalt- Darstellung- Funktionen einer Lebenserfahrung in Mittelalter und Renaissance (Studia humaniora 24), hg. v. Dems., Düsseldorf 1994, 153-185, v.a. 178f. 84 Vgl. Giese, Die "lancea Domini", 492f. 85 Vgl. Mayer, Geschichte9, 54f. 86 Vgl. Ralph B. Yewdale, Bohemond I., Prince of Antioch, Princeton 1924 (ND Amsterdam 1970), 76; John H. und Laurita L. Hili, Raymond IV. Count ofToulouse, N.Y. 1962, 106. 87 Vgl. Radulf von Caen, CII, S. 678. 80 81
I. Amulfvon Chocques
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Die gleichen Vorwürfe tauchten abermals während der Belagerung der Stadt Arqa88 auf, als Petrus Bartholomaeus wieder von einer seiner Visionen berichtete, um die streitenden Kreuzfahrer zu einen: " .. .Arnulfum capellanum comitis Normannie, qui quasi capud omnium incredulorum erat ... diceret quia episcopus Podiensis inde dubitavit?" 89 Amulf von Chocques setzte sich diesmal an die Spitze derer, die die Echtheit der Lanze bezweifelten, und berief sich dabei auf Adhemar von Monteil, der ihr von Beginn an skeptisch gegenüber gestanden hatte90 . Nachdem sich aber verschiedene Geistliche aufgrund eigener Visionen empört für ihre Authentizität ausgesprochen hatten, erklärte Amulf, er widerrufe seine Zweifel, und versprach dem Bischof von Albara, Petrus von Narbonne, öffentlich Buße zu tun91 . Am dafür festgesetzten Tag aber erklärte der Kaplan Roberts li. von der Normandie, daß er zwar an die Echtheit der Lanze glaube, daß er aber erst dann öffentlich Buße tue, wenn er mit Robert li. gesprochen habe 92 . Diese Verzögerung bewirkte nun, daß Petrus Bartholomaeus für sich selbst ein Ordal verlangte (8. April 1099), um die Glaubhaftigkeit seiner Visionen zu beweisen. Da er das Gottesurteil allerdings nur um 12 Tage überlebte, ließ infolgedessen das Ansehen der Lanze merklich nach. In der Forschung ist heute unbestritten, daß es sich bei der Lanze um eine Fälschung des Petrus Bartholomaeus handelte 93 • Während Giese keine politische Beeinflussung des Visionärs durch irgend eine Partei annimmt und nur die unbeweisbare These aufstellt, Raimund von Aguilers habe mehr über die Lanze gewußt, als er es in seinem > Liber< schreibt, läßt Mayer die Frage offen, indem er sowohl die Proven~alen als auch die Normannen als mögliche Urheber des Lanzenschwindels ansieht. Er geht sogar noch weiter, indem er sogar eine "nicht näher zu identifizierende kirchliche Gruppe" annimmt, für die es aber keinen konkreten Hinweis in den Quellen gibt94 • Amulf hatte sich in der Auseinandersetzung zwischen Proven~alen und Normannen profiliert, indem er sich an die Spitze der Kritiker der lancea Domini gestellt und nach den Quellenberichten niemals - durch eine BuBleistung etwa - bindend erklärt hatte, daß er die von den Proven~alen als echt angesehene Reliquie anerkannte, da an keiVgl. Mayer, Geschichte9, 56; Runciman, History, I, 270-274. Raimund von Aguilers, S. 116. 90 Vgl. Giese, Die "lancea Domini", 588. 91 Raimund von Aguilers, S. 120: "His atque pluribus aliis auditis, credidit Arnulfus, et confessus est. Promisitque episcopo albariensis quod coram omni populo pro incredulitate sua veniam faceret." Hagenmeyer datiert die Ereignisse auf den 6.-7. April 1099; vgl. Ders., Chronologie, Nr. 363, 224f. 92 Raimund von Aguilers, S. 120: ,,Arnulfus ... dicere quod bene crederet, sed cum domino suo volebat loqui antequam veniam faceret". 93 Vgl. Giese, Die "lancea Domini", 503; Mayer, Geschichte9, 54. 94 Vgl. Giese, a.a.O., 503, Anm. 65; Mayer, a.a.O., 54. 88
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C. Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem
ner Stelle etwas über ein Gespräch mit Robert II. oder einem angesehenen Geistlichen berichtet wird. Radulf von Caen überliefert im Zusammenhang mit seinem Bericht über den Weg des Kreuzfahrerheeres überdies, daß Amulf zusammen mit dem kalabresischen Prälaten Amulf von Marturano im Heer der Kreuzfahrer alle möglichen Wertgegenstände einsammeln ließ, um daraus eine filr das Hl. Grab bestimmte Christusstatue anfertigen zu lassen95 . Als weitere Nachricht ist abschließend zu nennen, daß Amulf am 8. Juli I099 zusammen mit Petrus Eremita auf dem Mons Gaudii an das versammelte Heer eine mitreißende Predigt hielt, nachdem die Christen kurz zuvor unter dem Spott der Sarazenen eine Bittprozession um Jerusalem herum durchgeftlhrt hatten96• 4. Patriarchenwahl Bedeutsam ftlr die Einschätzung der Persönlichkeit Amulfs ist das Zusammenkommen der Führer des Kreuzzuges nach der Eroberung Jerusalems am 22. Juli 1099: Als es darum ging, geistliche und weltliche Ämter in der Hl. Stadt einzurichten beziehungsweise einen weltlichen Herrscher zu wählen, trat eine Gruppe Geistlicher unter der Führung des kalabrischen Prälaten Amulf von Marturano hervor, die erklärten, daß in der Stadt, in der Christus gelitten habe und gestorben sei, nur ein geistliches Oberhaupt gebieten dürfe97. Während der Proven{ s
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Karte 4: Jerusalem im 12. Jahrhundert3
3 Nach: TA VO, Karte B IV 7 [Entwurf: Klaus Bieberstein]; auch in: Friedrich Heyer, Art. ,Jerusalem V', in: TRE XVI (1986), S. 624-635.
520
Anhang: Karten
Karte 5: Das Patriarchenviertel in Jerusalem4
4
Aus: Prawer, Ecclesiastical Lordship, S. 302.
Anhang: Karten
521
• En:bi$tum o Bistum
Karte 6: Die kirchliche Geographie Frankreichs um 13005
5 Aus: Joachim Ehlers, Geschichte Frankreichs im Mittelalter, Berlin - Köln - Mainz 1987, S. 396.
F. Quellen- und Literaturverzeichnis I. Bibliographien und Forschungsberichte 1. Bibliographien Atiya, Aziz: The Crusade: Historiography and Bibliography, Bloomington, Ind. 1962. Ault-Dumesni/, Edouard d': Dictionnaire historique, geographique et biographique, des croisades, embrassant toute Ia Iutte du christianisme et de l'islamisme: depuis son origine jusqu' a Ia prise d 'Alger par Ies armes fran~aises (Nouvelle encyclopedie theologique ou nouvelle serie de dictionnaires sur toutes !es parlies de Ia science religieuse, 18), Bd. I, Paris 1852 (ND Osnabrück 1984). Cahen, Claude: Introduction a l'histoire du monde musulman medieval Vnalter ego< According to Thirteenth-Century Canon Law, StM 27 ( 1986) 527-574. -- The Medieval Papal Legate and His Province: Geographcal Limits of Jurisdiction, Apollinaris. Commentarius iuris canonici 61 (1988) 817-860. Finley, Moses /an: Colonics " an Attempt at a Typology, TRHS, 5th Series, 26 ( 1976) I67-I88.
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