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German Pages 267 [268] Year 2008
BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FR ROMANISCHE PHILOLOGIE BEGRNDET VON GUSTAV GRBER HERAUSGEGEBEN VON GNTER HOLTUS
Band 344
GUSTAV ADOLF BECKMANN
Die Karlamagnffls-Saga I und ihre altfranzçsische Vorlage
n MAX NIEMEYER VERLAG TBINGEN 2008
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-52344-9
ISSN 0084-5396
Max Niemeyer Verlag, Tbingen 2008 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulssig und strafbar. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbestndigem Papier. Satz: Bro Heimburger, Mçssingen Gesamtherstellung: Hubert & Co GmbH und Co KG, Gçttingen
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung
VII
.................................................
1
Der geographische Rahmen der Basin-Erzählung: Das Dreieck Bitburg-Tongern-Aachen mit impliziertem Zentrum Lüttich. . . . . . . . . . . .
7
II. Pierrepont im Blickpunkt: Der Anreger der altfranzösischen Vorlage. . . . .
25
III. Die altfranzösische Vorlage und das Imperium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
IV. Örtlichkeiten, Personen, Ereignisse: Ein fortlaufender Kommentar . . . . . . Zitierweise: Nummerierung der Kapitel nach Loth (1980) und nach Unger (1860). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lesungsunterschiede zwischen Loth und Unger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Latinismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kategoriale Verkennungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Skriptologisch-dialektologischer Status der fKMS I . . . . . . . . . . . . . . . . . . Signi¿kante Namensdiskrepanzen gegenüber anderen Branchen der KMS Narrative Diskrepanzen gegenüber anderen Branchen der KMS . . . . . . . . Fortlaufender Kommentar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49 52 53 53 55 55 60 64 68
V. Was kam nach Kapitel 59/A56? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Branche VIII, Ende):. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Branche IX): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Branche X): . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
195 197 206 212
VI.Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
221
Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungen und Zeichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
245
Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I.
V
Vorwort
Zuvörderst geht heute mein Dank an Günter Holtus dafür, dass er, der großen pluralistischen Tradition unseres Faches getreu, in die durch fast 350 Monographien junggebliebene Reihe der Beihefte zur ZrP bereitwillig auch die vorliegende Studie aufgenommen hat, deren Ehrgeiz nicht eine neue Methode, sondern die möglichst effektive Kombination mehrerer altbewährter Methoden der mediävistischen Romanistik und Geschichtswissenschaft ist. Die Zusammenarbeit mit dem Max Niemeyer Verlag, vertreten speziell durch Frau Dr. Ulrike Dedner vom Lektorat und Herrn Norbert Alvermann von der Produktionsabteilung, erwies sich als äußerst angenehm, wofür ich beiden auch hier noch einmal herzlich danken möchte. Meine Frau Erika Timm war nicht nur meine ständige Diskussionspartnerin, dann erste Leserin, sondern wenn es in den umfangreichen Indizes des Buches fehlerlose Partien gibt, so dürfen die Leserinnen und Leser so gut wie sicher sein, dass diese von ihr stammen. Trier, den 24. 04. 2008
Gustav Adolf Beckmann
VII
Einführung
Über die erste Branche der altnordischen Karlamagnús saga ist viel geschrieben, auch viel gestritten worden, zu einem guten Teil von Romanisten. Vieles davon könnte man stellen unter eine Meta-Überschrift «Die nicht erhaltene altfranzösische Vorlage der Karlamagnús saga I und ...» – wobei für die drei Punkte jeweils ein Begriff der altfranzösischen Literaturgeschichte einträte, etwa «die sonstigen Fassungen des Saisnes-Epos» oder «die Genesis der Erzählungen von Karls Orientfahrt» oder sogar «die Vor- und Frühgeschichte der Gattung der chansons de geste». Auch die vorliegende Studie stammt von einem Romanisten, der sich, seiner Vorbildung und seinen sonstigen Interessen gemäß, letztlich – wenn auch erst letztlich – mehr für diese altfranzösische Vorlage interessiert als für den erhaltenen altnordischen Text. Doch ist innerhalb dieses Rahmens das leitende Erkenntnisinteresse ein anderes, als es die drei eben gegebenen Beispiele suggerieren könnten. Und das nicht ganz freiwillig. Ich glaube, im Laufe der Jahre fast alles gelesen zu haben, was über den altnordischen Text und seine mutmaßliche altfranzösische Vorlage geschrieben worden ist (wenn ich auch im Folgenden nicht Anlass ¿nden werde, alles zu zitieren) – mit dem Ergebnis, dass ich es infolge der zusammendrängenden und zugleich harmonisierenden (wenn auch keineswegs oberÀächlichen oder gar widerspruchsvollen) Darstellungsart dieses Textes für problematisch halte, über die meisten benutzten altfranzösischen Einzelepen Präzises aussagen zu wollen. Eine partielle Ausnahme macht nur gerade die substantiellste Untereinheit in der ersten Branche, die Erzählung vom ‘König, der mit einem Meisterdieb stehlen ging und dabei eine gegen ihn selbst gerichtete Verschwörung entdeckte’.1 So wurde mein eigenes Interesse hauptsächlich in eine andere Richtung gelenkt: Ich bemühe mich, an Hand des Textes selbst und nicht zuletzt seines Reichtums an 1
Aber auch da kann ich nur implizit die Dauerfrage berühren, ob die Erzählung zuerst in afrz. Sprache (mit Basin als Meisterdieb) erzählt, erst dann in eine westgerm. Sprache (und zwar auf einen möglicherweise präexistenten, aber noch ziemlich narrationsarmen Meisterdieb namens Elegast) übertragen wurde oder ob das Umgekehrte zutrifft. Nur implizit eingehen werde ich auch z.B. auf die Frage, ob die epische Erzählung, die hinter den Kapiteln 1/B1 bis 25/AB24 steht, besser Chanson de Basin oder Couronnement de Charlemagne genannt werden sollte (Hieatt 1987 passim), oder auf die Hypothese, dass hinter diesen Kapiteln gleich drei verschiedene Erzählungen stünden (Schlyter 1980 passim). – Die soeben erstmalig benutzte Zitierweise (Kapitelzahl in Ungers Text; dann ‘A’ und Kapitelzahl in Loths Alpha-Text, ‘B’ und Kapitelzahl in Loths Beta-Text, wobei eines von beiden infolge Textverlustes oder mangelnder Textentsprechung fehlen kann, hingegen beide bei übereinstimmender Kapitelzahl als ‘AB’ zusammengefasst werden) ist auch im Folgenden passim verwandt; sie wird in Teil IV im Abschnitt ‘Zitierweise’ p. 52 ausführlich begründet.
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Eigennamen möglichst viel über das Denken des Autors der altfranzösischen Vorlage – anders ausgedrückt, in erster Linie über die Welthaltigkeit, in zweiter Linie über die Strukturhaftigkeit seines Werkes – zu eruieren: vor allem also, indem ich seine Bezüge zur Welt um ihn, seine Mimesis im weitesten Wortsinn, zu präzisieren versuche, daneben, indem ich den immanenten Bezügen innerhalb des Textes nachgehe. Und zwar bemühe ich mich in den ersten drei Teilen, Problemkomplexe, die mir interessant erschienen, in zusammenhängender Darstellung vorzuführen. Von der größten Erzähleinheit innerhalb der Branche I, der gerade erwähnten Basin-Handlung, pÀegt man zu glauben, dass deren Geographie Àou oder gar bizarr sei, und eben deshalb spricht man davon nur nebenbei, leicht herablassend oder apologetisch. Ich hoffe demgegenüber im ersten Teil der vorliegenden Studie zu zeigen, dass diese Geographie von liebevoller, fast pedantischer Genauigkeit ist und dass sie zweifellos nach dem Willen des Erzählers auch von seinen zeitgenössischen Rezipienten als wichtige Dimension seiner Erzählwelt empfunden werden sollte. Bei ihrer Entdeckung kam mir ein Zufall meines eigenen Lebenslaufs zu Hilfe: Als ich 1970 von Berlin nach Trier berufen wurde, hatte ich ausgiebig Gelegenheit, die zur Hauptsache von Eifel und Ardennen erfüllte Landschaft zwischen Trier und Tongern kennen zu lernen, noch bevor mir ihre Rolle in der Branche I klar wurde und sie schließlich für den ersten Teil der vorliegenden Studie namengebend wurde.2 Als Romanist wurde ich damit zugleich auf einen belgo-romanischen Blickpunkt am äußersten Nordostrand der Galloromania, also auf eine essentiell Lütticher Perspektive, verwiesen. Die dem Umfang nach gerade noch zweitgrößte narrative Untereinheit in der Branche I ist die Haimon-und-Rembalt-Handlung hauptsächlich um den unscheinbaren nordfranzösischen Ort Pierrepont. Pierrepont lag schon im Königreich Frankreich, nicht in der Wallonie; sein Gewicht in der Handlung entsprach deshalb nicht meiner Vorerwartung und wohl ebenso wenig der Vorerwartung der meisten frühen Rezipienten. Groß war daher mein Erstaunen, als ich zwei weitere Literaturwerke des 13. Jh., diesmal in mittelniederländischer Sprache, entdeckte, die ebenfalls aus dem heutigen Belgien stammten und ebenfalls dem mediokren nicht-belgischen Pierrepont einen merkwürdig prominenten Platz einräumten. Diese Spur führte mich auf zwei Männer aus dem Geschlecht derer von Pierrepont, die von 1200 bis 1238 Fürstbischöfe von Lüttich waren. Weshalb ich einen von ihnen für den Anreger der altfranzösischen Vorlage halte, ist im zweiten Teil der vorliegenden Studie im Einzelnen ausgeführt. Eine englische Vorfassung dieses Teils erschien 2005 im Philologus (Beckmann 2005); doch muss ich gleich hier betonen, dass ich inzwischen zu einer tendenziell späteren Datierung dieses Textes gekommen bin: Er ist zwar vor 1238 in Auftrag gegeben, doch sind möglicherweise an zwei Stellen Erzählelemente erst 1239 oder kurz danach in ihn eingegangen. Für seine Fertigstellung möchte ich mich deshalb auf keinen genauen terminus ante quem festlegen. Im Wesentlichen haben sich also Povl Skårups Ein2
Eine Vorfassung erschien vor Jahrzehnten (Beckmann 1973), aber in einem thematisch sehr weitgespannten Sammelband der Trierer Universität; sie gelangte versehentlich nicht in die Fachbibliographien.
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schätzungen, dieser Text könne ‘kaum vor dem zweiten Drittel des 13. Jh.’ entstanden sein (Skårup 1990, 36) bzw. er stamme ‘aus der ersten Hälfte des 13. Jh.’ (Skårup 1997, 270), bestätigt.3 Ebenfalls auffällig in der Branche I – jetzt sogar im klar negativen Sinne, als blindes Motiv – ist im bewegten Leben von Karls Schwester Gisela ihre aus keiner anderen epischen Quelle bekannte vierte körperliche Gemeinschaft oder dritte Ehe mit einem Herzog Eberhard; der Erzähler nennt dazu, weiterhin ohne erkennbare narrative Motivation, auch zwei Söhne aus dieser Ehe (54/A51).4 Diese Spur führt uns, immer noch im zweiten Teil der vorliegenden Studie, zu dem im damaligen FranzösischFlandern gelegenen Kloster Cysoing bei Lille als einem weiteren Ort, aus dem unserem Erzähler mindestens einige Information zugeÀossen ist. Grundsätzlich wichtig ist dieses Faktum, weil es darauf hindeutet, dass der altfranzösische Text (den wir von jetzt an kurz als fKMS I bezeichnen wollen) nicht etwa nur in seinem Basin-Teil, sondern auch sonst durchgehend belgo-romanisch war – wie wir denn auch im dritten und vierten Teil die Lehnsliste in 6/B4 als belgoromanisch-schwerlastig, ferner die detaillierte Vorliebe für (das im Bistum Lüttich gelegene) Aachen (vor allem 10/B8 bis 12/B10, 20/A20, 22/AB22) samt ihrer schwerer erkennbaren Kehrseite, dem Zurückdrängen von Saint-Denis (33/A31/B30, 45/A42, 50/A47), das auffällige Interesse für das (damals frankophone) Àandrische Grafenhaus samt dem Versuch, dessen Gebiet und EinÀuss nach Süden (Arras, Boulogne, Guines, Saint-Pol und sogar Péronne) so ausgedehnt wie möglich darzustellen (17/A17/B15), weiterhin die suggerierte absteigende Hierarchie der Erzbistümer Köln (Metropole von Lüttich), Trier, Rouen und Reims samt dem Verschweigen des Erzbistums Mainz (22/A22), die Etymologie des Stadtnamens Namur (25/AB24), manche Details von Karls Romfahrt und Kaiserkrönung (34/AB31 bis 36/AB33), die Schwanenritter-Erzählung (48/A45), sogar Karls unerwarteten Kotau vor dem Griechenkaiser (50/A47)
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Zu 1216 und 1220 als termini post quos cf. Teil III p. 47 (Amtsantritt des Engelbert von Berg) und Teil IV p. 125s. (Becket-Jubiläum); über 1227 als erwägenswerten terminus post quem cf. p.172 s.v. Lehnsabhängigkeit (implizite Distanzierung von Friedrich II.). Über die beiden vielleicht noch späteren Elemente cf. p.126s. (Erlassjahr und Erlassumfang) sowie p. 173 (hosa Christi). Bedenkt man, dass ein anderer nordost-frankophoner Chronik-Autor, Philippe Mousket, an den über 31000 Versen seiner bis 1243 gehenden Chronik der französischen Könige eine Reihe von Jahren gearbeitet haben muss, so ist die fKMS I höchstens etwa 15 Jahre älter, möglicherweise etwa gleich alt. Damit erscheint sie nicht mehr als anachronistisch, zumal Mouskets angeblich größtenteils auf lat. Quellen beruhendes, von Troja bis in sein eigenes Alter reichendes Werk schon wieder mit einem viel breiteren Anspruch auftritt; außerdem kann Mousket für die Zeit Karls des Großen eine präexistente afrz. Übersetzung des Pseudo-Turpin (cf. Walpole 1947 passim) integrieren, während in die fKMS I der Pseudo-Turpin erst marginal-indirekt hineinwirkt (cf. zusammenfassend Teil IV p. 182ss.). Von den mittellateinisch schreibenden Chronikern aus dem Nordosten des französischen Sprachgebiets wiederum integrieren Helinand von Froidmont (Chronik vor 1216, † nach 1229) und Aubri von Troisfontaines (Chronik begonnen um 1232, † kurz nach 1252) schon den ganzen Pseudo-Turpin (zur Sache Moisan 1987 passim, die Lebensdaten aber nach dem LdM). – Auf die Vermutung von de Mandach (1975, 35–38), Matthew Paris könne der Autor der fKMS I sein, werde ich nicht eingehen; sie ermangelt so sehr der konkreten Argumente, dass sie sich gerade deshalb nicht widerlegen lässt. Zur Zitierweise cf. oben p. 1 n. 1 in ¿ne.
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und noch andere Details als belgo-romanisch inspiriert erkennen werden.5 (Aus diesem Grunde bemühe ich mich auch nicht um einen sonstigen expliziten Nachweis, dass der altnordische Text auf einem altfranzösischen Text beruht und nicht etwa erst im Norden gleich in altnordischer Sprache zusammengestellt ist – im Wesentlichen i s t das vorliegende Buch dieser Nachweis.) Und zwar behandelt der dritte Teil wie die beiden ersten noch einmal eine zusammenhängende Problematik. Ein Fürstbischof von Lüttich war ja zugleich Fürst im mittelalterlichen Heiligen Römischen Reich – im Imperium, wie wir kurz sagen wollen. So drängte es sich auf, die Branche I systematisch durchzuforsten auf Bezüge zu diesem Imperium, das heißt zugleich: auf die spezi¿sche Bewusstseinslage frankophoner Reichsangehöriger. Dabei trat auch der Erzbischof von Köln, der ja der unmittelbare Vorgesetzte des Lütticher Bischofs war, ins Blickfeld. In unserem Text heißt er Friedrich (Fréri); ich bin überzeugt, dass der Lütticher Promotor des Textes in der literarischen Gestalt dieses Fréri seinem eigenen (gegenwärtigen oder jüngst verstorbenen) Kölner Oberen in dezenter Weise huldigt. Doch auch nach diesen drei zusammenhängenden Explorationen in die Umwelt des Autors blieb in einem vierten Teil sehr viel zu tun. Zum einen lohnte es, eine Fülle weiterer Details zu verarbeiten, bei denen das am zwanglosesten in der Reihenfolge der Erzählung geschehen konnte. Was die Umwelt des Autors betrifft, bin ich bewusst – bei der Toponymie, der Anthroponymie und der Sachkultur – viel weiter gegangen, als man es heute zu tun pÀegt. Außerdem habe ich hier die historischen Elemente des Textes im üblichen Wortsinn aufgelistet, d.h. seine Übereinstimmungen mit der Historie der hochkarolingischen Zeit. Beim allgemeinen Rückgang des historischen Bewusstseins kann man nicht darauf rechnen, dass die Leserschaft sich selbständig über solche Fragen orientiert – steht es mit den Teilnehmern eines Seminars anders? Einem Erzähler aber, den man nicht inmitten seiner Welt «schaut», unterstellt man leicht zu abstrakt-formale Motivationen. Ich bekenne mich dabei zugleich als Philologe im breiteren Wortsinn, d.h. als Angehörigen einer Schule, in der die historische Linguistik und das Studium der mittelalterlichen Literatur noch personell zusammengehen; in diesem Sinne soll mir kein lauthistorisches, graphematisches oder paläographisches Detail zu unbedeutend sein, wenn es z.B. dem Verständnis eines Namens im Text dient. Im Jahre 1982 hat Annette Patron-Godefroit am Schlusse eines ausgezeichneten Doppelbeitrages zur Anthroponymie der Karlamagnús saga I die Hoffnung geäußert, dass die Forschung sich dieses umfangreichen Themas bald systematischer annehmen möge. Die vorliegende Studie versteht sich auch als Versuch einer Antwort auf diesen Wunsch. Zum zweiten blieb noch das eigentliche Erzählnetz, also die erzähllinearen OberÀächen- wie auch die auf der OberÀäche diskontinuierlichen Bezüge zu beschreiben; denn während der Beschäftigung mit dem Text war mir allmählich klar geworden, 5
Dazu kommen noch die freilich etwas dünnen skriptologisch-dialektologischen Kennzeichen des altfranzösischen Textes. Insgesamt hoffe ich damit auch den von Skårup (1980, 348s., 351, contra Aebischer) mehr en passant geäußerten Verdacht zu zerstreuen, der belgo-romanische Charakter dieses Textes könne sich auf den Dialektcharakter des dem Erzähler vorliegenden Basin-Epos beschränken.
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dass der Autor gerade als Organisator einer mehrsträngigen Erzählung durchaus unsere intellektuelle Hochachtung verdient. Ich habe für beides, also für Teil IV, die in der Romanistik nicht sehr häu¿ge Form des fortlaufenden Kommentars gewählt, in Erinnerung an manche Vorbilder aus der Altphilologie; das hemmt hin und wieder den Schwung der Darstellung, zwingt auch gelegentlich zu Wiederholungen, erschwert aber zugleich das Überspielen von Lücken. Der Kommentar kann für sich oder zuerst konsultiert werden unter der Voraussetzung, dass man den Verweisen auf die ersten drei Teile nachgeht. Andererseits kann ein Kommentar seine Aufgabe selbstverständlich nur dann voll erfüllen, wenn den Leserinnen und Lesern der kommentierte Text – zumindest in Übersetzung – vorliegt. Ein letzter Problemkomplex ergab sich daraus, dass der altfranzösische Text, der der Karlamagnús saga I zugrunde liegt, ursprünglich wohl nicht mit dieser Branche I endete. Dieser Komplex ist im fünften Teil besprochen. Noch einige Bemerkungen zu Formfragen. Bei der Vorstellung der Namen in Teil IV (im Fettdruck) habe ich Einzelnamen stillschweigend in den Nominativ gesetzt, wo dies auch vom Kontext her ganz unproblematisch war, z.B. Hugi statt des vorgefundenen Akkusativs Huga; doch habe ich bei Maskulina grundsätzlich kein -r zugesetzt, da auch der Übersetzer dies sehr häu¿g nicht tut. Wo es hingegen um der Deutlichkeit wünschenswert war – so immer, wenn es um Wortgruppen ging –, ist die im Text erscheinende Form bewahrt und der Kasus explizit gemacht. Ein anderes Problem ist die Frage, welche Namensformen man in der fortlaufenden Diskussion, hier also der deutschsprachigen, benutzen soll. Ich empfände es als verkrampft, jeweils den lautlichen und graphischen Details (manchmal sichtlich Zufälligkeiten) des nordischen Textes zu folgen, und bekenne mich zu einem gewissen Eklektizismus, indem ich in der Diskussion – nicht beim Zitieren – ohne explizite Erklärung meist die im Deutschen gängigen Formen benutze. Und schließlich, weil der Begriff chansons de geste in deutschsprachige Kontexte vor allem wegen des unhörbaren Plurals schlecht integrierbar ist, spreche ich stattdessen in der Regel von ‘altfranzösischen Epen’; die Gefahr eines Missverständnisses scheint mir gering, da man ja z.B. die Werke Chrétiens auch im Deutschen meist nicht als Epen, sondern als Versromane bezeichnet. Wie könnte ich in einem Satz zusammenfassen, was mir bei dieser Studie primär vorschwebte? Ich schwanke zwischen zwei Möglichkeiten. Povl Skårup hat (1993, 10) von der altfranzösischen Vorlage der Karlamagnús saga I gesagt: «Il y aurait lieu d’en reprendre l’étude, en en révisant la date et en considérant la possibilité que la dernière partie de la Karlamagnús saga proviendrait de la même Vie de Charlemagne que la première branche.» Es wäre schön, wenn meine Studie diesen Wunsch des heute besten Kenners der Karlamagnús saga in wesentlichen Teilen erfüllen sollte. Alternativ, und etwas romantischer, würde ich sagen: Ich wollte ein Stück mittelalterliche Literatur wie ein altes Messingstück blankputzen, es befreien von den (gerade auch aus fachwissenschaftlichem Mund) vorschnellen Vorwürfen entweder der Naivität oder aber der OberÀächlichkeit und Widersprüchlichkeit.
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I. Der geographische Rahmen der Basin-Erzählung: Das Dreieck Bitburg-Tongern-Aachen mit impliziertem Zentrum Lüttich
Abstract: Die Geographie der Basin-Erzählung ist entgegen der bisherigen Annahme weder unbestimmt noch widersprüchlich, sondern von liebevoller Genauigkeit. Die Handlung spielt größtenteils in der Westeifel, die damals noch zu den Ardennen gerechnet wurde, im dt. Sprachgebiet, aber nahe der Sprachgrenze, an Orten, die auch im benachbarten frankophonen Gebiet gut bekannt waren. Der altfranzösische Autor der fKMS I lässt eine essentiell lüttichische Perspektive erkennen. Die Basin-Erzählung nimmt als narrative Einheit fast die erste Hälfte der KMS I ein. Innerhalb dieses Komplexes emp¿ehlt es sich allerdings, von vornherein das von Haimon von Galiza und Rembalt von Friesland handelnde Kapitel 18/A18/B16 auszuschließen; denn es gehört nicht zur Basin-Handlung, sondern bildet mit kleinen Teilen der Kapitel 25/A24 und 26/AB25 und den Kapiteln 28/A26/B28 bis 32/AB30 die nächste narrative Einheit, die wir in Teil II p. 25ss. analysieren werden. Doch nun zur Basin-Erzählung! Kurz nach dem Tode des Frankenkönigs Pippin offenbart ein Engel seinem Sohn Karl, dass mächtige Verschwörer ihm nach dem Leben trachten. Da deren Namen jedoch zunächst unbekannt bleiben, verbirgt sich Karl auf den Rat seiner engsten Vertrauten in der Ardena, den Ardennen (1/B1). Gleich hier darf sich der Leser nicht durch den heutigen engeren Sinn des Gebirgsnamen täuschen lassen. In der Antike umfassten die Ardennen (Arduinna silva) auch die heutige Eifel. Im Mittelalter lassen manche Autoren sie bis vor Tongern oder bis vor die Tore von Lüttich, Köln und Metz reichen; recht häu¿g aber wird ihnen zumindest der Westen der heutigen Eifel zugerechnet: Kornelimünster und Prüm liegen den älteren Urkunden ihrer Mönche zufolge ‘in den Ardennen’.1 Als Rückzugs- oder Fluchtgebiet sind diese Ardennen dem Historiker wie dem Epenforscher bekannt: Hierhin zog sich kurz nach dem Tod Pippins des Mittleren der junge Karl Martell zunächst vor Plektrud in den Untergrund zurück und besiegte dann in Amel/Amblève (noch im dt. Sprachgebiet) Ragenfried und Chilperich; ebenso ist die Arden(n)e, Ardan(n)e das durch seine Abgelegenheit geschützte Gebiet par excellence wie hier in der Basin-Geschichte so auch im Girart de Roussillon, im Auberi le Bourguignon, marginal im Fierabras und im Élie de Saint-Gilles, strukturtragend für einen zentralen Teil der Fabel im Renaut de Montauban.
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Jungandreas (1962) und Gysseling (1960) nennen s.v. Ardennen/Ardennes auch die antiken Texte; ersterer gibt ferner Belege für Orte der Westeifel «in den Ardennen». Zu Prüm ferner: Beyer (1860–74, 17, 19, 24 u.ö.). Zu Kornelimünster: Lacomblet (1821, 41). – Cf. ferner Vannérus (1919) passim.
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Der Karl unserer Erzählung ¿ndet innerhalb der Ardennen zunächst Unterschlupf bei einem loyalen Ritter namens Dre(f)ia (afrz. Dreu u.ä.) ‘Drogo’,2 dessen Wohnsitz nicht genannt wird. Karl entbietet sicherheitshalber auch seine beiden Schwestern und deren Hofdamen, Töchter des Bayernherzogs bzw. eines Alemannengrafen, zu sich. Nun kommt die Erzählung zu ihrem Hauptthema, das identisch ist mit dem internationalen Erzählthema ‘Vom Herrscher, der zum Stehlen auszog und dabei eine gegen ihn selbst gerichtete Verschwörung entdeckte’ (Uther 2004: Aarne-Thompson-Uther 951A2). Der Engel erscheint abermals und be¿ehlt Karl, mit dem bekannten Dieb Basin zum Stehlen auszureiten. Man ¿ndet Basin. Die beiden reiten (2/B2) ‘quer durch die Ardennen’ bis vor Tungr (frz. Tongres) ‘Tongern’ und brechen dort nachts beim Grafen Renfræi (afrz. Rainfrei, Rainfroi) ‘Ragenfried’ ein. Als Lauscher in dessen Schlafzimmer erfährt Karl die Namen von zwölf (sämtlich weltlichen) mit Ragenfried als ihrem Führer verschworenen Großvasallen, die Karl am Abend seines Krönungstages erdolchen wollen. Wir werden später feststellen, dass unser Erzähler im Gebiet um Lüttich vermutet werden darf. Da mag es im ersten Augenblick verwundern, dass der Hauptverräter näher als alle seine Genossen, nämlich vom urbanen frankophonen Lüttich nicht einmal 20 km entfernt im eher ruralen niederländischsprachigen (heute manchmal ungenau: «Àämischsprachigen») Tongern sitzt; aber nachbarliche Antipathie, Intimfeindschaft, ist oft die hartnäckigste aller Aversionen.3 Im Einzelnen verschieben wir die philologische Analyse der Verschwörerliste auf Teil IV p. 74–78; hier genügt es, dass die Lehen der Verschwörer geographisch außer dem nördlich gelegenen Tongern drei Blöcke bilden: einen südöstlichen um Trier, Hombourg (Lothringen) und Salm oder Saarbrücken, einen westlichen um die Waes und Aardenburg und einen südwestlichen im regnum Franciae um Orléans, Pierrepont (Aisne), Hirson und Breteuil. Sie umschließen also konzentrisch das heutige Wallonien und den Großteil der Grafschaft Flandern, so dass diese beiden Gebiete e contrario als karolingertreues Zentrum dastehen – wo wir natürlich auch den Erzähler zu suchen haben. Nach geglücktem Diebeszug schlafen sich der königliche und der professionelle Dieb tagsüber in einem Versteck bei Tongern aus (3/B3), um dann die ganze Nacht hindurch zu reiten und am nächsten Mittag Pettisborg (Varianten Pettuborg, Peituborg u.ä.), die Pfalz der Königinmutter Berta, zu erreichen. Die Identi¿zierung dieses Ortes ist für das Verständnis der gesamten Basin-Handlung entscheidend. Zunächst dürfen wir den beiden epischen Reitern zutrauen, dass sie in ihrem fünfzehn- bis zwanzigstündigen Ritt eine Strecke in der Größenordnung von 150 km zurückgelegt haben. Die Königin, erschreckt über die Kumpanei ihres Sohnes mit einem Dieb, fragt Karl, ob er wirklich Christ sei, und auf seine Antwort, er sei getauft, aber nicht ge¿rmt (altnord. byskupadr), lässt sie sofort den Erzbischof von Treuis borg (so hier Loths Form, anderswo im Text Iref statt *Tref [< frz. Trèves], Triverisborg, Trifers u. ä.), von ‘Trier’ also, kommen. Ganz anders als etwa 2 3
Zur Namensform und ihren Varianten cf. im Einzelnen Teil IV p. 69s. Auch der niederld. Erzähler konnte den Verräter nicht in der eigenen Heimat ertragen und versetzte ihn ostwärts über den Rhein.
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die Taufe ist die Firmung, wie gerade ihre nordische Bezeichnung noch zeigt, Vorrecht des zuständigen Diözesanbischofs geblieben.4 Dass der Erzbischof sie ausführt, ohne die Abwesenheit eines seiner Suffragane von Metz, Toul oder Verdun zu erklären, beweist uns, dass Peituborg nicht nur in der Erzdiözese, sondern auch in der Diözese Trier liegt, und zwar – da wir uns nur etwa 150 km von Tongern entfernt und von einer Überquerung der Mosel oder gar des Rheins nichts bemerkt haben – in ihrem damaligen Nordteil, d. h. im Gebiet um Luxemburg-Bitburg-Prüm. Hier ein Wort zur Form des Namens Peituborg. Wie z.B. auch die Mágus saga5 hat die Karlamagnús saga die Neigung, fremden Ortsnamen die Silbe -borg anzufügen, damit die Rezipienten sie nicht für Fluss- oder Ländernamen halten; deshalb gibt Aebischer in seiner Übersetzung (1972, 97) den Namen mit la ville de Peita wieder. Andererseits gehen manche dt. und frz. Städtenamen ohnehin auf -b(o)urg aus, und wenn in der Mágus saga etwa Straßburg als Stransborg auftritt, zeigt dies – was ohnehin fast selbstverständlich ist –, dass in solchen Fällen das Element -borg im An. nicht verdoppelt wird; so erklärt denn auch Aebischer in seinem Namenindex ohne Angaben von Gründen den Namen nunmehr als Poitiers, ou peut-être Bitburg (Rhénanie); ebenso Patron-Godefroit 1980 im Index zur KMS, während Lacroix wieder für Poitiers optiert. Im Gegensatz zu diesen Forschern brauchen wir nicht zu zögern. Phonetisch ist die Gleichsetzung mit Bitburg einwandfrei, da der Bitgau um Bitburg vom 8. Jh. an mehrfach mit anlautendem P- belegt ist (776 in pago Petdensi, 793 pago Pedensi, 895 Piatahgewe...).6 Noch weniger Anlass gibt diese Gleichsetzung zu inhaltlichen Bedenken. Schon der antike vicus Beda war eine der zwei oder drei wichtigen Stationen jener Straße, die Trier als Zentrum der Provinz Belgica mit Köln als Zentrum der Provinz Niedergermanien verband, also auch die großen Garnisonen der Rheingrenze von Bonn bis Nijmegen mit Nachschub versorgte. Als in der Spätantike Trier Hauptstadt des Westreichs wurde, kann die Bedeutung Bitburgs durch seine Nähe zur sogenannten Langmauer (nach verbreiteter, wenn auch nicht unbestrittener Vermutung einem kaiserlichen Wildpark) und vor allem durch seine Befestigung nur gestiegen sein.7 So ist der Ort schon 716 wieder, dann 893 u.ö. ausdrücklich als castrum und im 10. Jh. als Mittelpunkt eines comitatus belegt,8 der als «ein wahrhaft imposantes Gebilde» im Südwesten, d.h. im heutigen Luxemburg, bis unmittelbar vor Remich reichte, im Süden Saarburg an der unteren Saar und Lockweiler östlich Wadern im Hunsrück, im Südosten Detzem an der Mosel, im Norden den Carosgau als Untergau mit Prüm noch
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Cf. z.B. LdM s.v. Firmung. Noch heute delegiert der Bischof die Zeremonie nach Möglichkeit nur an seinen Vertreter, den Weihbischof; die Zuständigkeit des Bischofs ist auch dem einfachen Katholiken durchaus präsent. Cf. Wulff (1874 passim): einerseits Trevirisborg ‘Trier’, Verminzuborg ‘Worms’ usw., andererseits Stransborg ‘Straßburg’. Jungandreas (1962 s.v. Bidgau). Cf. Hainz/Pauly (1965, speziell 72ss., 153ss.) und Wackenroder (1927, 3, 45–48, 59., 67s.); zur Römerstraße Trier-Köln Hagen (1931, 100–156, 162s.). Jungandreas (1962 s.v. Bitburg).
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einschloss;9 sein bekanntester Graf Wigerich, lotharingischer Pfalzgraf, Gatte einer Enkelin König Ludwigs II. des Stammlers und Vertrauter König Karls III. des (zu Unrecht so genannten) Einfältigen, wurde zum Ahnen vieler nieder- und oberlothringischer Herzöge (darunter des Gottfried von Bouillon) und des ersten Luxemburger Grafenhauses.10 In der Erinnerung eines Erzählers um 1200 war also Bitburg gewiss nicht arm an Geschichte; ja, das einzige weltliche Zentrum zwischen den seit altersher geistlichen Zentren Trier und Prüm musste als Pfalzort der Königinmutter besonders geeignet erscheinen. Gerade die Verknüpfung Bitburgs mit Karls Mutter Berta (oder, wie der volle Name lautete, Bertrada) sichert nun unsere Identi¿zierung; denn sie passt verblüffend gut zur Historie. Zwar lässt sich ein Geschlecht des 8. Jh. kaum je durch einen Stammsitz, sondern nur durch eine oder mehrere Zonen der Amtsausübung und vor allem des Grundbesitzes lokalisieren. Doch hier ist das Bild klar: Laon als Grafensitz von Bertas Vater Charibert im Jahre 74911 dürfte für die Familie nur die Rolle einer zeitweiligen Amtsheimat gespielt haben; ihr wirtschaftliches Machtzentrum lag vielmehr auf der Westseite der heutigen Eifel: Dort gründete Bertas gleichnamige Großmutter mit ihrem Sohn Charibert schon 721 das Kloster Prüm, und dort schenkte ihm teils schon sie, teils 762 die Königin Berta aus dem Familienerbe Latifundien zwischen Bourcy (nordöstlich Bastogne in den belgischen Ardennen), Ehrang oder Schweich (an der Mosel östlich Trier) und Rheinbach (etwa 15 km südwestlich Bonn).12 In diesem weiten Bereich ist im 8. Jh. als befestigter Ort praktisch nur Bitburg bezeugt;13 es zu der Heimat Bertas zu machen, dürfte also der geschichtlichen Wirklichkeit nahekommen 9
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Cf. Droege (1973, 53) und Spruner/Menke (1880, Karten Nr. 30, Nebenkarte «Teil von Media Francia», und 32). Cf. z.B. Werner (1965–67, 460s. und Position VI 36 der Tafel am Ende des Bandes), Droege (1973, 50–52), Schwennicke (1978, VI, Tafeln 127, 128). Annales Bertiniani ad a. 749. Die Urkunde der älteren Bert[rad]a bei Beyer (1860–74, 10s.). Zur Lage von Prüm im Bitgau cf. Pippins und Bertas Urkunde von 762 bei Beyer (1860–74, 19ss.) und bei Mühlbacher (1906, Nr. 16, p. 21ss.); ferner Spruner/Menke (1880, wie oben n. 9). In der Identi¿zierung der Ortsnamen folge ich Jungandreas (1962, vor allem s.vv. Bourcy, Ehrang). Von der älteren Literatur seien hier genannt: Hahn (1863, 151ss.), Bonnell (1866, 82s.), Oelsner (1871, vor allem 352). Weitere Literatur bei Hlawitschka (1965–67, 51ss.); die dort auch untersuchte Frage, ob die ältere Berta eine Schwester Plektruds war, spielt in unserem Zusammenhange keine Rolle. Kyllburg ist gegen 800 als castrum bezeugt, aber nicht Zentrum eines Gaues (Wackenroder 1927, 158). Wenn Burgen wie Mürlenbach, Vianden oder Daun geringe Mengen römischen Mauerwerks aufweisen, so beweist das noch nicht ihre Kontinuität im frühen Mittelalter. (An der Burg von Mürlenbach, in der Luftlinie 15 km von Prüm, 20 km von Bitburg entfernt, hängt heute der seit dem 17. Jh. nachweisbare Glaube, diese ‘Bertradenburg’ sei Wohnsitz der älteren Bertrada/Berta gewesen, so als Faktum etwa der Eifelführer 1968, 181s. Zwar war der Hof Mürlenbach seit dem 11. Jh. im Besitz des Klosters Prüm, dessen Mönche es noch am besten wissen sollten; doch scheint die Burg, die bis 1576 in Prümer Besitz blieb, im Wesentlichen erst im 13. Jh. erbaut worden zu sein, cf. Petry 1988 s.v. Mürlenbach.) In Icorigium-Jünkerath, das in der Spätantike am ehesten mit Bitburg vergleichbar ist, klafft zwischen antiker und mittelalterlicher Dokumentation nicht nur eine Lücke von etwa acht Jahrhunderten, sondern die mittelalterliche Befestigung liegt überdies an anderer Stelle als die antike; selbst wenn man die Kontinuität voraussetzte, würde das Fehlen früher urkundlicher Belege einen deutlichen Rangunterschied gegenüber Bitburg widerspiegeln.
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und ist unter allen möglichen Vereinfachungen sicherlich die plausibelste. Damit ist zugleich die Frage beantwortet, wer sich denn im frühen 13. Jh. noch am besten an diese Sachlage erinnern konnte, ohne ausschließlich auf Schlüsse aus der mageren annalistischen Überlieferung angewiesen zu sein: Es sind die Mönche des benachbarten Prüm – sie brauchten nur in ihre Gründungsurkunden zu schauen, die ihre glorioseste Epoche einleiteten, und sie haben zweifellos diesen unerschütterlichen schriftlichen Grundstock mit einer Aura von Zusatzerinnerungen und Zusatzfabeleien umkleidet. Wie absurd ist es demgegenüber, Peituborg hier als ‘Poitiers’ zu nehmen und nicht nur in Àagrantem Gegensatz zu allem Kirchenrecht den Erzbischof von Trier mal eben quer durch Frankreich zur Firmung Karls zu bemühen, sondern auch den beiden Reitern für ihren Ritt von Tongern nach Poitiers – schon in der Luftlinie fast 600 km, hier aber zu allem ÜberÀuss noch unsinnigerweise durch die Ardennen – ganze zwanzig Stunden zu gönnen! Verfolgen wir unsere Erzählung weiter (5/B5). Der Herzog von Bayern und der Alemannengraf haben sich, beunruhigt über das Verschwinden des Thronfolgers, seiner Schwestern und vor allem ihrer eigenen Töchter, auf die Suche gemacht und sind in annähernd richtiger Einschätzung der Sachlage nach Prumensborg gelangt; es muss recht nahe bei Bitburg liegen, da Karl die beiden dann ohne viel Aufhebens durch den Erzbischof von Trier herbeiholen lässt. Bei Prumensborg nun ist die Lautgestalt des Namens so klar, es fehlt so eindeutig an Alternativen, dass die Forschung schon seit Längerem, wiewohl en passant und ohne Angabe von Gründen, den Ort mit ‘Prüm’ (25 km Luftlinie von Bitburg) identi¿ziert hat.14 Es hieße Eulen nach Athen tragen, an dieser Stelle die Geschichte des berühmten Klosters Prüm nachzuzeichnen von seiner Gründung durch die ältere Bert(rad)a (721) über die Schenkungen der jüngeren Berta und ihres Gatten Pippin (nur Prüm unter allen Klöstern des Reiches wurde aus Erbbesitz sowohl des einen wie des anderen Ehepartners beschenkt), dann Karls des Großen selbst, durch die das Kloster schnell zu einem der reichsten des Frankenreiches wurde, über die Zeit des 9. Jh., in der es als zentrales Kloster des mittleren, also des kaiserlichen Teilreichs weitere Reliquienschätze und die sterblichen Überreste Kaiser Lothars emp¿ng (der dort sechs Tage vor seinem Tod Mönch geworden war), über die Leistungen seines spätkarolingischen Skriptoriums15 und das Zeitalter Reginos (um 900), der seine wirtschaftliche Machtstellung wie den hohen Stand seiner Historiographie bezeugt, hin zu der Phase einer gewissen nostalgischen Stagnation vom späteren 10. Jh. an bis in die Zeit unseres Erzählers (Resmini 1999 passim). Der Betonung wert ist aber, dass sich unsere Identi¿zierungen von Bitburg und Prüm gegenseitig stützen, während ein Nebeneinander von Poitiers und Prüm die Erzählung abermals in absurder Weise geographisch auseinander risse. Noch auf der geheimen Zusammenkunft in Bitburg beschließt Karl, zu seiner Krönung den Heerbann seines Reiches in solcher Stärke nach Aachen einzuberufen, dass 14
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Aebischer (1954, 29s., 1972 im Index); Patron-Godefroit und Lacroix fragend (aber ohne Alternative) in ihren Indizes mit der offensichtlich aus Aebischer ohne Nachprüfung entlehnten längst veralteten Schreibung Prümm. Dazu Haubrichs (1979 passim).
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man dort der Verräter mit Sicherheit Herr werden kann. Drei Boten werden ausgeschickt (6/B4, 7/B5), von denen der erste Italien und weite Teile Südfrankreichs, der zweite das übrige Frankreich, Teile Belgiens und das linksrheinische Deutschland, der dritte die Gebiete von Sachsen bis Flandern bereisen wird. Die etwa fünfundachtzig direkt zu benachrichtigenden Großvasallen von Apulien bis Friesland – mit auffälliger Verdichtung im heutigen Belgien samt deutschen und französischen Nachbargebieten – führt unser Erzähler namentlich auf (6/B4); wir werden ihre Liste in Teil IV p. 84–109 analysieren. Hier sei en passant nur einer genannt, um ein Missverständnis zu vermeiden: Im südfranzösischen Kontext ist auch der Unterkönig Dre(f)ia von Petturs (Varianten Peites, Peito, Peiturs, Pells, Petins, Petra, Pettes) borg zu benachrichtigen, eindeutig der aus Aspremont, Chevalerie Ogier und Aimeri de Narbonne bekannte Dreu de Poitiers, der im Aspremont ebenfalls den Königstitel trägt. Dass dieser König Drogo von Poitiers mit dem Ritter Drogo aus den Ardennen nicht identisch ist (wie Aebischer 1972 im Namenindex voraussetzt), sollte für jeden, der nicht schon überzeugt ist, spätestens aus 19/A19/B17 hervorgehen, wo der Ritter als Quartiermacher in Aachen unter vielen anderen auch den König von Poitiers empfängt. Und dass Drogos Sitz Poitiers (trotz der leicht verständlichen sekundären Berührung der an. Namensformen) nicht mit Bitburg identisch ist, sollte aus dem Vorhergehenden evident geworden sein. Die Erzählung wendet sich nun allmählich nach Eirs/Eiss,16 also ‘Aachen’ (altfrz. Ais), zu ihm Teil IV p. 74 s.v. Eirs borg und inhaltlich p. 110–115 sowie p. 119s. Die Stadt ist im Mittelalter einerseits als essentielle Schöpfung Karls des Großen bekannt (ihre magere Vorgeschichte kann im Augenblick außer Betracht bleiben); andererseits ist sie die Stadt der Krönung seines Sohnes Ludwig des Frommen und seines Enkels Lothar (jeweils zum Mitkaiser), dann aller deutschen Könige von etwa 930 bis ins 16. Jahrhundert. Unser Erzähler möchte beide Perspektiven vereinigen und verlegt schon Karls Königskrönung dorthin; so muss Karl nun seine künftige Residenzstadt in aller Eile bauen. Zu diesem Behufe bittet er Erzbischof Friedrich (Freri) und dessen Bruder Herwig (Hervi) zu sich, die sein Bote an ihrem Amtssitz Puleisborg (Variante Palæisborg) vor¿ndet (7/B5). Hier hat der nordische Übersetzer offensichtlich das Wort palais als Ortsnamen verkannt. Dem Zusammenhang nach handelt es sich eindeutig um Köln; denn Herzog Herwig ist schon in der vorausgehenden Vasallenliste af Kolni genannt worden.17 Unser Erzähler weiß oder ahnt, dass zu Karls Zeit im Allgemeinen weltliche und geistliche Gewalt noch geschieden waren; so verteilt er sie hier auf ein Brüderpaar. Interessant ist in diesem Zusammenhang die doppelte Verwendung der Ortsnamens Mystr bzw. Mysturs borg (8/B6 contra 7/B5, wobei das -u- in der zweiten Form nur eine etwas jüngere an. Graphie ist). Der Erzbischof führt nämlich, wie sich zeigen wird (8/B6), auf dem Wege zu Karl zwei Suffragane mit sich, die Bischöfe von Mystr und Intreitt. Die Frage, ob mit Intreitt das Bistum Utrecht oder vielmehr das Bistum Maastricht-Lüttich (in dem Aachen lag) bezeichnet ist, können wir im Au16 17
Diskussion der Graphien p. 74 s.v. Eirs borg. Ohnehin wird der unbefangene Leser den in 8/B6 ohne Namensnennung aufgeführten erkibyskup af Kolni nicht von dem in 7/B5 genannten Erzbischof Friedrich (Freri) trennen wollen.
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genblick auf sich beruhen lassen;18 Mystr ist hier selbstverständlich ‘Münster’, unter den sächsischen Suffraganbistümern von Köln das ihm (und auch dem romanischen Sprachbereich) räumlich nächstliegende. Der Ritt von Köln nach Bitburg dauert zwei Tage. Zunächst lassen sich Erzbischof und Herzog noch ein gutes Stück Wegs von einer großen Menschenmenge begleiten, so dass die am ersten Tag bewältigte Entfernung nicht sehr groß sein kann. Abends nehmen sie Quartier in Mysturs borg (7/B5); aber ein Blick auf die Karte lehrt, dass es sich diesmal nicht um Münster, sondern um das knapp 50 km von Köln in Richtung Bitburg entfernte ‘Münstereifel’ handelt. Im frühen 9. Jh. wurde es von Prüm aus als Novum Monasterium gegründet (worauf noch 1222 Abt Cäsarius von Prüm in seinem Prümer Urbar stolz hinweist). Im Jahre 844 aus Rom reich mit Reliquien bedacht, nahm der Ort in den folgenden Jahrhunderten oft in seinen Namen statt oder neben novum den Zusatz in EiÀ(i)a auf, der hier noch spezi¿sch den Eifelgau um die obere Erft, Ahr und Kyll bezeichnet; doch fehlt es nicht an Belegen, in denen das Kloster entsprechend unserem Text schlechthin Monasterium heißt.19 Seine Bedeutung lässt sich z.B. daran ablesen, dass es schon 870 im Vertrag von Meerssen ausdrücklich genannt wurde oder dass im frühen 12. Jh. der junge Heinrich V. in persönlicher Anwesenheit die Angelegenheiten der dortigen Vögte untersuchte;20 ein noch heute beredtes Zeugnis aus der Frühzeit der Kirche sind Krypta und Westwerk. Für die Epoche unseres Erzählers darf man es in einem Atem mit Prüm, Kornelimünster und dem allerdings wesentlich südöstlicher liegenden und erst 1093 gegründeten Maria Laach als eines der reichsten Klöster der heutigen Eifel nennen. Hier also liest am zweiten Tag der Reise der Erzbischof die Messe schon ‘in aller Frühe’ (7/B5); denn vor den Reisenden liegt diesmal der anstrengende Tagesritt von über 80 km nach Bitburg. Dort (8/B6 bis 10/B8) kommt man zu der Überzeugung, dass Karl jetzt, wo Namen und Terminplan der Verschwörer genau bekannt und wo durch Aufbietung aller Großen des Reiches nach Aachen schon Gegenmaßnahmen eingeleitet sind, sein Versteck aufgeben und an den Ort der künftigen Residenz übersiedeln kann, um ihren Bau zu überwachen. Mit den meisten seiner Getreuen wird er dazu die direkte Straße von Bitburg nach Aachen benutzen (10/B8); nur der Herzog von Bayern und der Alemannengraf holen – offenbar damit man auch während der Bauzeit vor Überraschungen sicher ist – aus ihrer Heimat je dreihundert Ritter herbei. Auf dem Weg von Süddeutschland nach Aachen haben sie ein ‘Wasser namens ErMasteis’ (10/B8, Mustela b) zu überschreiten. In seiner Übersetzung entscheidet sich Aebischer für einen lac, qui s’appelle Ermasteis, im Index aber für den Fluss ‘Mosel’ – letzteres zu Recht (lat. Mosella, afrz. Moselle/Mouselle, noch heute niederld. und in dt. Mundarten wie z.B. moselfränkisch mit /u/). Denn welcher 18 19
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Entscheidung für Maastricht-Lüttich mit ausführlicher Begründung unten in Teil IV p. 109. Die Namensformen bei Gysseling (1960, s.v. Münstereifel); zur Lage im Eifelgau Spruner/ Menke (1880, wie p. 10 n. 9). Münstereifel liegt etwa 5 km östlich der Römerstraße KölnBillig-Zingsheim-Bitburg-Trier, doch ist auch eine Nebenstraße Billig-Münstereifel-Zingsheim schon als römisch gesichert; cf. Hagen (1931, 149, 171–173). – So wie bei Münstereifel bloßes Monasterium als Ortsname auftritt, so natürlich auch bei Münster in Westfalen, und zwar laut Gysseling (1960 s.v. Münster) bereits von 1085 an. Capitularia regum Francorum, II 193 Niumonasterium; Meyer von Knonau (1904, 60).
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See läge zwischen Bayern und Aachen? Und warum sollte das Heer ihn nicht umgehen, sondern überqueren (fyru y¿r vatnit)? Da im nordischen Text dem Flussnamen gerade das Wort er vorausgeht, darf man die erste Silbe von ErMasteis als dittographisch ansehen, und die Variante Mustela verdient ohnehin wegen der bei Flussnamen so häu¿gen Endung -a den Vorzug; der Fehler des nordischen Archetyps beschränkt sich also auf den Einschub eines -t-. Die Überquerung des Rheins (irgendwo südlich der Mainmündung, z.B. bei Worms, wo sie ohne Brücke21 noch einfacher zu bewerkstelligen war als weiter rheinabwärts) wird als selbstverständlich nicht genannt. Die damit notwendige Überquerung der (Unter-)Mosel hingegen liegt schon im geographischen Interessenbereich unseres Erzählers, wird also genannt. Das Heer zieht nun um mitt landit, also der Sache nach ‘mitten durch die Eifel’, in Richtung Aachen, und zwar nach Ardens (Ardenam b¹, Ardenu b²) borg, wo man auf den sich unmittelbar von Bitburg nach Aachen bewegenden Zug mit Karl selbst trifft. Man übernachtet dort (10/ B8), und der Erzbischof persönlich (sialfr) zelebriert dort die Frühmesse und segnet den ganzen Hofstaat. Noch ‘am Morgen’ (11/B9) erreicht man Aachen. Nun hat es ein ‘Ardenne(nburg)’ oder ähnlich in der Gegend als Ortsnamen nie gegeben. Man könnte annehmen wollen, dass der Urtext ein blasses ‘noch in den Ardennen’ hatte, was hier vom Übersetzer fälschlich als Ortsname genommen worden sei. Aber die erzbischöfliche Messe deutet auf eine namhafte Kirche und damit auf einen Orts- oder Klosternamen; folglich ist die Assoziation ‘Ardennen’ wohl fälschlich in den Namen gelangt. Dann bleibt nur, 10 km vor dem Stadtzentrum von Aachen, das heutige Kornelimünster,22 dessen heutiger Name erst nach 1250 (DHGE s.v. Cornelimünster) langsam eingetreten ist für das ursprüngliche ‘Inden’, mittellat. Inda, bei romanischen Autoren Enda (cf. Gysseling 1960 s.v. Inden), was zumindest in zentralfrz. Aussprache /mndԥ/ ergeben haben muss. Der Übersetzer müsste dann also aus einem Ende/*Ande, vielleicht unter Verwechslung einer Nasaltilde und eines r-Kürzels, jedenfalls unter Einwirkung des Gebirgsnamens Ardena, der bereits zweimal in der Erzählung vorkam, ein Ardenaborg o.ä. gemacht haben. Während der Erzähler bisher die von ihm erwähnten Orte zwar ihrer Lage nach gut kannte, aber nicht beschrieb oder gar pries, bewundert er eindeutig Karls Entscheidung für und seine Bau- und sonstige Gründungstätigkeit in Aachen, die er ausführlichst beschreibt23 (10/B8 bis 12/B10, 20/A20, 22/A22). An dieser Stelle kommt es uns
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Zum Fehlen jeder Rheinbrücke unterhalb von Basel noch zur Zeit unseres Erzählers vergleiche man im Einzelnen unten Teil IV p. 166 s.v. Rin. Stavelot-Malmédy statt Inden kommt hier schon aus geographischen Gründen nicht in Frage: Ein von der Untermosel kommender Zug nach Aachen kann nicht so weit westlich auf einen Zug von Bitburg nach Aachen treffen. Stavelot kommt also in der fKMS I nicht vor, ein Grund dafür, dass wir – zunächst tentativ – nicht von einem dortigen, sondern von einem Lütticher Autor sprechen. Bédier verknüpfte den Ursprung unserer Erzählung zwar mit Stavelot, war aber vorsichtig genug hinzuzufügen (1929, 3.38): «Si ce n’est pas à Stavelot que s’est formée, au XIIe siècle, notre légende, c’est donc quelque part ailleurs; quelque part ailleurs, c’est-à-dire dans un autre Stavelot.» Ausführliche Diskussion aller mit Aachen zusammenhängenden Fragen unten im Teil IV p. 110–115, 119s., 124–128.
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noch nicht auf die Einzelheiten an, wohl aber auf das zentrale Gewicht, das dadurch das Stichwort ‘Aachen’ für die gesamte fKMS I gewinnt. Der Text beschreibt nun im Einzelnen den Aufbruch und die Ankunft der Großen mit ihrem Anhang aus allen Teilen des Reiches (15/B13 bis 17/A17/B15, 19/A19/B17, 20/A20/B17), die Krönungsfeierlichkeiten (22/AB22), die dramatische Verhaftung (23/AB23) und Aburteilung (24/AB24) der Verräter, schließlich die Neuverteilung ihres bisherigen Besitzes (25/AB24 bis 26/AB25), wobei natürlich Basin königlich belohnt wird. Damit ist die zusammenhängende Basin-Erzählung abgeschlossen; die weitere fKMS I wendet sich anderen Themen zu. Wie wir en passant gesehen haben, hat sich die Forschung bisher um die Ortsnamen unseres Textes nur ungenügend gekümmert. Sollte uns der Leser mit leidlichem Vertrauen im Raum zwischen Trier und Tongern auf unseren Wegen über Bitburg, Prüm, Köln, Münstereifel und Kornelimünster nach Aachen gefolgt sein, so könnte sich eigentlich bei ihm ein anderer Skrupel einstellen: Übersetzt die KMS I wirklich auch in diesem Teil einen französischen Text, nicht etwa einen deutschen oder einen mittellateinischen Text deutscher Provenienz? Wird es in der Dauerdiskussion um die geistige Heimat der Erzählung nun außer der französischen und der niederländischen Partei auch noch eine deutsche geben? Denn die Handlung spielt ja nur zum kleineren Teil in Belgien, und auch da nicht im französischen, sondern nur im niederländischen Sprachgebiet, zum größeren Teil jedoch im deutschen Sprachgebiet, wenn auch durchweg nahe der französischen Sprachgrenze. Dieser Skrupel ist glücklicherweise überÀüssig. Denn der Text lässt auf Schritt und Tritt in erdrückender Überzahl französische Namensformen durchscheinen, die ein deutscher (oder auch ein niederländischsprachiger) Autor, selbst wenn sie mittellateinisch geschrieben hätten, nicht einmal bei einer Übersetzung aus dem Französischen bewahrt geschweige denn in einem Originaltext angewandt hätte. Selbst wenn man von der langen Liste der Vasallen und ihrer Lehen in 6/B4 absieht (die ganz eindeutig altfranzösisch ist), gehören hierher Personennamen wie Adaliz, Annzeal, Dre¿a, Freri, Gilem, Hatun, Hervi, Heldri, Jadunet, Oden, Reinfrei, Rozer, Valam, Videlun für Adelheid, Anselm, Drogo, Friedrich, Gisela, Hatto, Herwig, (C)Hilderich, Gaddo, Alda, Ragenfried, Rotgar, Wieland und Odilo, vor allem aber geographische Namen wie Bealfer, Eirs/Eiss, Iref (statt *Tref), Moysa/Musa, Numaia oder Vensa/Veisa für Bayern, Aachen, Trier, die Maas, Nijmegen und die Waes schon in diesem Teil der KMS I.24 Das heißt: Auch die Basin-Erzählung in KMS I ist die Übersetzung desselben altfran-
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Zu allen diesen Namen im Einzelnen Teil IV bei ihrem ersten Vorkommen. Ebenso eindeutig sprechen für ein französisches, im heutigen Belgien entstandenes Original andere sprachliche wie inhaltliche Argumente, die in den Teilen II, III und IV passim zur Sprache kommen werden. Zwar sind Namen wie an. Bretland ‘Bretagne’, Danmork, Frisland, Karl, Koln(i) ‘Köln’, Megenz(a) ‘Mainz’, Pipin und (aus dem Kirchenlat.) Treveris ohne frz. Vermittlung in den Norden gelangt, waren aber dem Übersetzer offensichtlich vorbekannt. Eine Ausnahme zugunsten einer dt. Form kann Hoen borg statt *Hom borg sein (doch scheint sie sich auf einen Ort im damaligen dt. Sprachgebiet zu beziehen), eine Ausnahme zugunsten des Niederld. ist Ingelrafn für einen Verräter im niederld. Sprachgebiet (doch ist hier ein Verfremdungseffekt beabsichtigt), cf. Teil IV p. 75 und 77.
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zösischen Textes wie das Folgende – in Übereinstimmung mit der Tatsache, dass alle bekannten Erwähnungen eines Meisterdiebs namens Basin (bis auf vereinzelte katalanische, italienische und englische Echos) aus dem frz. Sprachgebiet stammen.25 Wir dürfen noch weitergehen. Schon die Einleitungssätze mit der genauen Situierung Karls in seiner Familie erinnern nicht gerade an den Stil einer chanson de geste, noch weniger würden die Namenlisten oder die Kapitel über die Entstehung Aachens in eine solche passen, und da ein Wechsel zwischen Prosa und Versmaß zu dieser Zeit ohne alle Parallelen dastünde, dürfen wir schließen: Die KMS I übersetzt schon hier (wie ganz eindeutig in den späteren, StofÀiches noch stärker zusammendrängenden Teilen) einen altfranzösischen Prosatext, also nicht direkt jene cantilena (d.h. zweifellos: chanson de geste) essentiell gleichen Inhalts, auf die Aubri von Troisfontaines anspielt.26 Das Verhältnis dieses Textes zu der verlorenen chanson de geste darf man sich dann so vorstellen, dass er eine – vermutlich etwas zusammengedrängte, wenn auch noch mit Genuss erzählte –, jedoch mit mehreren ausgedehnten Fremdpassagen, geographischen Präzisierungen und dergleichen durchsetzte Prosa-Nacherzählung der Handlung jenes Epos war. Wohl aber werden wir schon hier durch den vorgeführten geographischen Befund zu der Annahme gedrängt, dass der frankophone Erzähler im äußersten Nordosten des frz. Sprachgebietes, etwa in oder um Lüttich, saß. Dann zählte also für ihn zu den ‘Ardennen’, in denen die Handlung spielen sollte, auch die heutige West-Eifel. Gerade weil diese damals wie heute deutschsprachig war, sollten wir uns hier ihre damaligen engen Beziehungen zum frankophonen Westen vergegenwärtigen, um uns klar zu machen, wie alltäglich-bekannt und keineswegs befremdlich ihre Toponyme für die Rezipienten unserer Erzählung in der benachbarten Romania gewesen sein müssen. Betrachten wir unter diesem Aspekt (von Süden nach Norden) die vier essentiell geistlichen Orte Trier, Prüm, Kornelimünster und Aachen! Zunächst die Erzbischofsstadt Trier: Von ihren drei Suffraganbistümern waren zwei, Toul und Verdun, rein romanisch. Das dritte, Metz, war sprachlich geteilt, doch so, dass die Bischofsstadt und ihr Umland, das Pays messin, immer romanisch waren. Selbst das Bistum Trier hatte mit dem Dekanat Longuyon einen beträchtlichen romanischen Teil. Im Zusammenhang mit der Reichsteilung von 870 setzte sich als Erzbischof der westfränkische Kandidat Bertulf (869–883) durch, unter Radbod (883–915) und Rotgar (915–930) wurden aus dem Westen grundlegende Elemente der Diözesanorganisation übernommen (Archidiakonate, Landdiakonate, Bischofscapitula), und Rotgar war als Kanzler zunächst für Lotharingien, dann auch für Westfranken Vertrauter des Westfranken Karl des Einfältigen. Erzbischof Theoderich erwarb 969 den Primat für ‘Gallien’ und das päpstliche Vikariat. Schon 934 hatte aus dem frankophonlothringischen Gorze die Klosterreform das Trierer Vorstadtkloster Sankt Maximin erreicht, 1024 wurde es durch den Abt von Stavelot (im Bistum Lüttich) de¿nitiv dem lothringischen Reformkreis zugeführt. Sankt Maximin hatte auch frankophonen Fernbesitz in etwa zwanzig Ortschaften, überwiegend in Lothringen, Einzelnes im Bistum
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Zu ihnen allen cf. Teil IV s.v. Basin p. 71–73 mit n. 52, cf. auch n. 50s. Cf. p. 72 n. 51s.
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Lüttich (Liste bei Wisplinghoff 1970, 102–125). Im Jahre 1049 gewährte Papst Leo IX., vorher Bischof von Toul, bei seinem Aufenthalt in Trier seinem früheren Oberen und jetzigen Untergebenen Erzbischof Eberhard umfangreiche Primatsprivilegien. Von 1124–1183 folgten sich dann ohne Unterbrechung überhaupt fünf Erzbischöfe französischer Muttersprache: Gottfried und Meginher von Falmagne, Albero von Montreuil bei Toul (der den Gelehrten Balderich aus Florennes bei Lüttich an die Spitze der Trierer Domschule stellte, enge Beziehungen zu Bernhard von Clervaux unterhielt und die Zisterzienser aus Frankreich in die Diözese holte), Hillin von Falmagne und Arnold von Walcourt (der seinem Neffen Arnulf von Walcourt den Bau der Burg Montclair in einem verkehrswichtigen Saarknie gestattete, wo das Geschlecht noch im späten 13. Jh. in frz. Sprache urkundete, cf. Jungandreas 1962 s.v. Montclair). Prüm, im Bistum Trier, aber nahe der Grenze zum Bistum Lüttich gelegen, wurde vor 752 durch Mönche aus Saint Faron von Meaux neu besetzt und gehörte dadurch zum Gebetsbund von Attigny. Hauptpatron der Abtei war der Salvator, doch aus dem romanischen (franzischen und burgundischen) Westen stammten die Nebenpatrone Martin, Dionysius, Mauritius, Vedastus und Germanus, und anderthalb Jahrhunderte lang sollte die «intensive Verbindung zur monastischen Welt des nördlichen und westlichen Franziens» völlig das geistige Leben des Klosters bestimmen. «Auch kann auf Grund von direkten und indirekten Quellenaussagen Franzien als Heimatregion aller Prümer Äbte von Assuer bis Regino gelten», d.h. bis gegen 900. «Diese Herkunft kann bis zum beginnenden 10. Jh. auch für eine große Zahl der Prümer Konventualen vermutet werden. Es verwundert daher nicht, dass die frühesten als Bestandteile der Prümer Bibliothek nachzuweisenden Handschriften ebenfalls aus dem Westen, vor allem aus dem Metzer und Tourer Bereich stammten [...] Auch der ausgedehnte Briefwechsel der Prümer Äbte Markward (829–853), Eigil (853–860) und Ansbald (860–886) mit Lupus, dem bekannten Abt des Klosters Ferrières, in das einst Markward und Eigil selbst als Mönche eingetreten waren, ist im Kontext der Bindungen Prüms an die monastische Welt des Westens zu sehen. [...] Daher beherbergte der Prümer Konvent unter seinen Mitgliedern auch mehrere spätere Bischöfe, etwa Eigil [Erzbischof] in Sens (gest. 870), Ado [Erzbischof] in Vienne (gest. 875), Humfried in Thérouanne (gest. 870), Richar in Lüttich (gest. 945) oder seit 947 Farabert in Tongern [d.h. Lüttich, G.A.B.] [...]. Auch wenn die politischen Konstellationen 899 bei der Vertreibung des Prümer Abtes, des bekannten Chronisten Regino, und der Einsetzung des mit dem lotharingischen Adel verbundenen Richar (899–920) [also des späteren Bischofs von Lüttich, G.A.B.] nicht ganz geklärt sind, scheint doch auf der Hand zu liegen, dass Prüm bis 925 die Westorientierung des Adels im ehemaligen Mittelreich gestützt hat.» Das bedeutet jedoch keineswegs, dass an deren Stelle nach 925 entsprechend der nunmehrigen politischen Zugehörigkeit eine Ostorientierung getreten wäre. 999 ¿nden wir als Leiter der Prümer Klosterschule den im westfränkischen Fleury ausgebildeten Lothringer Berno, und dem lothringisch-Gorzer Reformkreis schloss sich Prüm spätestens an, «als der seit 978 das Kloster Gorze leitende Immo auch Abt von Prüm (1004–1009) wurde» (Resmini 1999 passim, speziell 612–614, 617, 620). An geistigen Beziehungen ostwärts ist im Wesentlichen nur von 1039 bis 1104
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eine Gebetsverbrüderung zu nennen, die außer den (wie Prüm selbst) lotharingischen Klöstern Sankt Maximin und Echternach noch Fulda umfasste (LdM s.v. Prüm). Sonst bot die Eingliederung in das Ostreich 925 dem Kloster wenig neue Perspektiven, im Gegenteil: Jetzt «lag die Abtei zu sehr an der Peripherie, als dass sie beim Aufbau der königlichen Gewalt eine zentrale Funktion hätte übernehmen können [...] und die gesamte sächsische und salische Zeit hindurch blieben die Berührungen Prüms mit dem Reichsoberhaupt sehr vereinzelt» (Resmini art.cit. 618). «Bei den Auseinandersetzungen während des Investiturstreites nach 1076 zeigte die Haltung der Abtei kaum spezi¿sche Konturen», vermied «eine spezi¿sche Akzentuierung» (Resmini art.cit. 620) – auf Deutsch gesagt, man musste um der Selbsterhaltung willen kaiserfreundlich scheinen, tat dabei aber nur das unbedingt Notwendige. Einen Abt mit frankophilem Hintergrund hatte Prüm noch einmal, fast unter den Augen unseres Erzählers, in Gerhart von Vianden (1185–1212). Doch wie sehr man sich damals nostalgisch an die großen Zeiten des Klosters und seine alte karlsreichweite Orientierung erinnerte, zeigt sich im Nachfolger Gerharts. Abt Cäsarius resignierte nach drei Jahren, verfertigte aber im Alter seine heute berühmte, ausführlich kommentierende Abschrift des umfangreichen Prümer Güterverzeichnisses, welches 893 der letzte aus dem Westen stammende Abt Regino angelegt hatte. Hier konnte Cäsarius auch die Verluste aus jenem großen frankophonen Fernbesitz aufzeigen, dessen Geschichte schon unter Pippin begonnen hatte. Um 900 hatte Prüm z.B. mehr als zwanzig Kirchen im frankophonen Teil der Diözese Lüttich, neun Kirchen in der rein frankophonen Diözese Laon betreut (Liste bei Haubrichs 1978, 45s., cf. auch 36s.) Doch immerhin war einiges davon bewahrt geblieben. Heute können wir ungefähr folgende Bilanz aufstellen. Relativ früh verloren gingen: Besitzungen südlich Metz schon kurz nach der AuÀösung des karolingischen Gesamtreichs, Güter an der unteren Loire, in den Gauen Le Mans und Rennes sowie im Anjou, die zum Teil aus Schenkungen des Abtes Assuer und anderer dort beheimateter Prümer Mönche stammten, vor 920. Eine «nahezu geschlossene Besitzkette zwischen Bastogne und Houffalize» in den Ardennen ¿el im 12. und 13. Jh. an die Grafen von Vianden und Luxemburg als deren ursprüngliche Vögte. Im Laonnais gelangte Hanappes um 1200 (gegen eine bis ins späte 16. Jh. gezahlte Rente) an Prémontré, aber Hucquigny konnte bis Ende des 18. Jh. behauptet werden. Am relativ besten hielt sich der Besitz im Bistum Lüttich. Zum einen nordwestlich Lüttich Awans und Loncin bis 1769; zum anderen blieb durch die Jahrhunderte am substantiellsten ein Geschenk schon Pippins, die cella (Klerikergemeinschaft, im 12. Jh. sogar zeitweilig Kanonikerstift) Revin an der Maas im Süden des Bistums mit den Dépendancen Fumay und Fépin und einem 500 Hektar umfassenden Forstbezirk (heute schon in Frankreich, aber grenznah); noch um 1770 verhandelte Kurtrier als Administrator von Prüm über ihre Veräußerung an Frankreich (Resmini 1999, 615, 617, 630–633, 639; Knichel 1987, 38–167). Direkte Beziehungen des Lütticher Bischofs zu Prüm hat es also immer gegeben, schon weil dieser als Ordinarius die AufsichtspÀicht über die Seelsorge in jenen Kirchspielen hatte. Inden, das spätere Kornelimünster, im Bistum Köln, aber nahe der Grenze zum Bistum Lüttich, war von Ludwig dem Frommen für seinen väterlichen Freund Benedikt von Aniane gegründet worden, einen Angehörigen des westgotischen Hochadels,
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der als Grafensohn von Maguelonne romanischer Muttersprachler war. Die dem Kloster von Ludwig zugedachte Aufsichtsfunktion über alle Klöster des Frankenreiches konnte Inden zwar infolge der katastrophalen politischen Entwicklung im Reich schon nach wenigen Jahren nicht mehr erfüllen. Ihm blieb aber ein ansehnlicher westlicher Fernbesitz in OstÀandern, im südlichen Brabant und im frankophonen Teil des Maaslandes, dazu noch einige Patronats- und Kollationsrechte (Kühn 1982, 71–93, 103–113). Die südostÀandrische Herrschaft Ronse/Renaix mit einigen Anhängen, damals in der Diözese Cambrai, wurde erst 1280 an Flandern verkauft (DHGE s.v. Inda). In der Diözese Lüttich konnte noch gegen 1100 aus Indens maasländischem Besitz das von Inden abhängige Kanonikerstift Sclayn (50 km maasaufwärts von Lüttich) gegründet werden (cf. LdM s.v. Inden, Kühn 1982, 110–113) – so dass auch Inden ständig im Lütticher Gesichtkreis blieb. Aachen liegt auch heute nur etwa 8 km von der frz. Sprachgrenze entfernt, doch vertritt Gysseling (1960, 1139s.) mit toponymischer Begründung sogar die Auffassung, dass im engen Raum um Aachen und seinen westlichen Vorort Vaals bis etwa ins 10. Jh. eine romanische Sprachinsel bestand. Wie dem auch sei, bis 1802 gehörte Aachen zum Bistum Lüttich; die Bischöfe durften also Aachen sozusagen als ein Juwel in ihrer Krone betrachten. Als beispielsweise Otto III. im Einverständnis mit dem deutschen Papst Gregor V. dem Aachener Marienstift einen Rang verschaffen wollte, der nur Sankt Peter in Rom nachstand, war die Rede von sieben ‘Kardinalpriestern’, dazu dem zuständigen Bischof von Lüttich und dem ihm übergeordneten Erzbischof von Köln, die allein das Recht haben sollten, am Marienaltar die Messe zu zelebrieren; cf. DHGE s.v. Aix-la-Chapelle, col. 1266.27 Und als Barbarossa mit Einverständnis des von ihm anerkannten Gegenpapstes Paschalis III. 1165 Karl den Großen im Aachener Marienmünster heilig sprechen ließ, vollzogen den Akt zuständigkeitshalber Bischof Alexander von Lüttich und der Kölner Erzbischof, Rainald von Dassel.28 Auch das Marienstift hatte – man möchte fast sagen: selbstverständlich – zur Zeit unseres Erzählers vielfältige Besitztümer, Einkünfte und Rechte im frankophonen Westen, so in etwa fünfzehn romanophonen Orten im Bistum Lüttich, cf. Flach (1976, 99, 168s., 209, 232 n. 713, 233 n. 717, 334 n. 1211; cf. auch Meuthens Index 1972, 567). Schließlich Bitburg und Münstereifel: Falls wir beiden Orten nicht schon aus sich heraus genügende Statur auf einer Lütticher Landkarte zutrauen wollen, liegt eine Hilfsannahme nahe. Wer musste denn am besten über beide Orte Bescheid wissen? Doch der Konvent von Prüm, begründet von Berta (mit ihrem Stammsitz Bitburg) und seinerseits stolzer Begründer von Münstereifel. Wenn hier also Information von Prüm
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Vorübergehende Zweifel an der Echtheit der einschlägigen Urkunde Ottos dürfen heute als ausgeräumt gelten, cf. Flach (1976, 14 n. 21). Um 1100 scheint der Bischof über das Stift die volle normale Jurisdiktion gehabt zu haben (so vorausgesetzt in Urkunde Nr. 19 bei Meuthen 1972), auf das Jahr 1158 datiert ist eine in ihrer Echtheit umstrittene Papsturkunde, die diese Jurisdiktion emp¿ndlich einschränkt (Nr. 29 bei Meuthen op. cit., siehe dort die detaillierte Diskussion zugunsten der Echtheit). Auch sonst gab es im Verhältnis beider Städte überraschende Episoden: Beispielsweise schickte 1230/31 der deutsche König den Propst Otto von Aachen (und Maastricht) nach Lüttich zur Exekution eines Rechtsurteils zugunsten des Lütticher Domkapitels gegen die Stadt und den Bischof, cf. Kurth (1909, 139–41).
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nach Lüttich geÀossen ist – sei es, dass der Lütticher Erzähler sich kundig machte, sei es, dass die Prümer ohnehin ihren Ruhm verbreiteten –, so ist auch das Vorkommen dieser beiden Orte in der Erzählung handfest erklärt. Insgesamt ist somit klar, dass dem Lütticher Erzähler alle diese Toponyme glatt durch die Feder gingen und dass er auch bei seiner Leserschaft auf Verständnis rechnen konnte. Vor dem beschriebenen geographischen Hintergrund zeichnet sich nun auch der Konstruktionsplan der Erzählung ab. Wo sollte sie für Karl sieghaft enden? In Aachen; denn wenn Karl dort unangefochten residieren und die Verschwörer verurteilen konnte, war das Erzählziel dieses Teils der fKMS I erreicht. Wo sollte sich die Peripetie, die überraschende Eröffnung des Sinnes der Erzählung, vollziehen? Bei dem ungeliebten Nachbarn in Tongern; dort wurde klar, weshalb der Engel Karl zur Kumpanei mit dem Dieb aufgefordert hatte. Doch wo sollte die Erzählung bei Karls Regierungsantritt beginnen? Dass Karl seine Mutter Berta hoch geehrt hatte (Vita Karoli 18), war allgemein bekannt; so lag es nahe, deren Stammsitz (oder was man dafür hielt), eben Bitburg, zum dritten geographischen Fixpunkt zu machen. Zwischen den drei Orten, im geographischen wie im narrativen Sinne, kurzum: in den (damaligen) ‘Ardennen’, erstreckt sich dann die Erzählung. Ist sie damit erklärt? Geographisch und strukturell ja; doch bleiben die Fragen zur Vorgeschichte des narrativen Kerns. Versuchen wir uns hier kurz zu fassen. Da ist erstens die alte Frage, woher der Erzähler Renfræi und Helldri/Helldre, also Ragenfried und Childerich bzw. richtiger Chilperich kennt: Sie waren ja die historischen Gegner des jungen Karl Martell und wurden von ihm zunächst in den Ardennen besiegt, wohin er (ganz wie in der fKMS I) in den Untergrund hatte gehen müssen. Hier hat man die Wahl zwischen dem traditionalistischen Glauben an das Weiterleben einer (allmählich umerzählten) Erinnerung vom Ereignis bis zum Erzähler und Bédiers individualistischer Erklärung aus der Passio Agilol¿ (1929, 3.28–38). Ich selbst misstraue Bédiers Erklärung, weil die Passio Chilperich eindeutig als König (und damit als Ranghöchsten seiner Partei) benennt und weil sie die Auseinandersetzung ausgiebig und mit Ortsangabe als eine militärische (samt einer Kriegslist Karls) schildert, nicht als Aufdeckung einer Verschwörung. (Man könnte hier die Passio auch nicht durch irgendeine andere schriftliche Quelle ersetzen, da alle anderen Quellen den beteiligten ‘Karl’ sogar eindeutig als Karl Martell identi¿zieren.) Der zuhörende «Jongleur» hätte sich also aus den Belehrungen des «Mönchs» nur die Namen zweier Karlsgegner (den einen davon sogar unrichtig) ohne den geringsten Erzählzusammenhang gemerkt – angesichts des kurzen Informationsweges ein merkwürdig starker Informationsverlust. Zweitens kann man eben fragen, weshalb aus der historischen Schlacht die Aufdeckung einer Verschwörung wurde. Hier kann man wohl auf ein Element rekurrieren, das Duinhoven in die Diskussion eingebracht hat, nämlich auf die große Verschwörung des Hardradus in den östlichen Reichsteilen gegen Karl den Großen um 785/788. Zum einen ergibt ‘Hardrad’ afrz. Hardré und erscheint in dieser Form (marginal auch als Herdré) in einem Dutzend altfranzösischer Epen als typischer Verrätername (doch ohne erkennbaren Bezug auf die Ereignisse von 785/788). Zum anderen heißt der his-
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torische Verräter schon um 1100 bei Sigebert von Gembloux (ad a. 788) durch Vertauschung des zweiten Namensteils Hardericus, entsprechend einem afrz. *Hardri. Die Namen der beiden Karlsgegner *Hardri/Hardré/Herdré und Hel(l)dri/Helldre (einmal, im Auberi, ed. Tobler, sogar Herdri) stehen sich damit wohl nahe genug, um zum möglichen Ansatzpunkt einer Verschmelzung zu werden, und Aubri de Troisfontaines hat dann ja tatsächlich (ad a. 788) die Aufdeckung der Hardericus-Verschwörung, die er bei Sigebert vorfand, mit Karls Diebeskumpanei identi¿ziert, die er aus der von ihm so genannten «cantilena» kannte. Während Duinhoven selbst individualistisch (und pro-nederlandistisch) mit der Lektüre von Sigeberts Chronik argumentiert, könnte man seinen Rückgriff auf Hardrad auch traditionalistisch (und pro-romanistisch) dienstbar machen: Die Ereignisse unter Karl Martell wurden überformt durch die Ereignisse unter Karl dem Großen.29 Doch gleichgültig, ob man die Verschwörung des Hardrad heranziehen will oder nicht, am meisten der Erklärung bedürftig ist in unserer Erzählung vielmehr das Spezi¿kum, das sie erst apart macht: nicht dass Karl eine Verschwörung zunichte macht, sondern dass er das nach Gottes Ratschluss durch Kumpanei mit einem Dieb tut. Denn wenn es um das historische Substrat einer epischen Erzählung geht, sollte man sich nicht mit Bédier auf Namen beschränken, sondern mit René Louis (1956 passim) auch und vor allem nach dem historischen Kontext fragen. Ich nenne diese Frage die Relevanzfrage; sie lautet in unserem Falle: Weiß eigentlich jemand, der von Karls Kumpanei mit einem Dieb erzählt, etwas historisch Relevantes? Verbindet man die Erzählung von vornherein mit Karl dem Großen, so ist sie ein bloßes Gedankenspiel,30 und die Relevanzfrage muss verneint werden. Hat sich die Erzählung aber ursprünglich auf Karl Martell bezogen, so kann man die Relevanzfrage nur emphatisch bejahen; denn das Thema von der Diebeskumpanei-mit-Gottes-Hilfe erweist sich hier als eine symbolische Verdichtung, der eine Schönheit sui generis nicht abgeht. Nach dem 29
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Ich weiß mich hier nur diesem einen, allerdings zentralen Gedanken aus Duinhovens System verpÀichtet. Insgesamt will Duinhoven vielmehr den mittelniederld. Karel ende Elegast als primär erweisen und zieht dabei für dessen Ingelheimer Ambiente auch die Verschwörung des Thassilo von 788 heran, die jedenfalls zum Basin nichts beiträgt (kürzeste Darstellung von Duinhoven selbst: der Artikel Karel ende Elegast im LdM); auch erscheint mir die Zusammenziehung eines Hardericus und eines Thassilo zu einem Eggeric onomastisch willkürlich. Wie in den niederld.-dt. Versionen, wo sie auch nicht (wie meines Erachtens historisch zutreffend in der fKMS I) an die Gefahren beim Herrschaftsantritt geknüpft ist, sondern einem reifen Herrscher widerfährt. Damit eröffnet sich freilich eine andere Dimension: Karl kann lernen, dass er unter seinen Großen einst dem Getreuen zu Unrecht misstraut und bis jetzt dem Verräter zu Unrecht vertraut hat. Statt eines Kapitels Geschichte haben wir jetzt sozusagen ein Exemplum aus einem Fürstenspiegel vor uns (etwa in diesem Sinne schon van Dijk 1987 passim, de Ruiter 2005 passim). Ich gestehe, dass ich gerade in dieser zahmen Musterfürsten-Ideologie – Karl muss bloßer Beobachter bleiben, darf keine Straftat begehen – ein Indiz für den sekundären Charakter der niederld.-dt. Tradition sehe. Zudem hat die Beobachter-Rolle Karls eine eklatante Unwahrscheinlichkeit im Gefolge: Ex-Herzog Elegast erkennt während des ganzen Unternehmens nicht seinen König (obwohl er als Tiersprachenkenner hört, dass der König anwesend sei!). Die moralische Lektion für Karl glaubt der Erzähler noch zu schärfen, indem er den Verräter zu Karls Schwager macht, aber das hat den unschönen Nebeneffekt, dass Karls Schwester nun durch ihr Schweigen nicht irgendeinen König, sondern den eigenen Bruder in den Tod gehen zu lassen bereit ist.
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Tode seines Vaters war Karl Martell ja von seiner Stiefmutter Plektrud in Köln gefangen gehalten worden, konnte aber ‘mit Gottes Hilfe’ (so die Geschichtsschreiber vom Fredegar-Fortsetzer an)31 entkommen und ging in den Untergrund, und zwar, wie sich in der Folge zeigt, in die Ardennen, in die Nähe des alten pippinidisch-arnul¿nischen Stammbesitzes. Nun gilt für jeden, der im Untergrund Führer einer Gruppe werden will, dass er in seinen moralischen Ansprüchen bei der Auswahl seiner Gefährten nicht wählerisch sein kann. Das erfuhr schon der älteste Untergrundkämpfer, den die Weltgeschichte kennt. Als David vor der Verfolgung durch Saul in die Wüste ging, da – so sagt es die Bibel mit gebotenem Euphemismus – ‘schlossen sich ihm viele Männer an, die unter Druck standen, sowie alle möglichen Leute, die Schulden hatten oder verbittert waren, und er wurde ihr Anführer.’ Als dann der reiche Viehbesitzer Nabal mit seinen Leuten bei der Schur seiner dreitausend Schafe war und von Davids Boten um eine Kontribution angegangen wurde, antwortete er, wieder mit einem unüberhörbaren Innuendo: ‘Wer ist denn David, wer ist der Sohn des Isai? Heute gibt es viele Knechte, die ihren Herren davongelaufen sind.’ Worauf David vierhundert seiner Männer bewaffnet mit sich nahm und gelobte – hier ersieht man, wozu er und seine Untergrundkämpfer fähig gewesen wären –: ‘Gott möge mir dies und das antun, wenn ich von allem, was ihm [=Nabal] gehört, bis zum Morgen auch nur einen Mann übriglasse.’32 In analogem (und sogar weniger extremem) Sinne dürfen wir sicher sein, dass von den Untergrundkämpfern Karl Martells, des ‘Hammers’,33 als er in den Ardennen Ragenfried und Chilperich über¿el, manche es in ihrer Reputation mit dem Berufsdieb Basin durchaus aufnehmen konnten. Poetisch verdichtet: ein Herrscher als Diebeskumpan unter Gottes Führung.34 Eine Frage möchte ich dabei allerdings offen lassen. Unsere Erzählung gehört zum internationalen Erzähltyp Aarne-Thompson-Uther 951A2, aber sie ist das älteste Exemplar des Typs. Geht der Typ – der ja auch irgendwo einmal einen Anfang gehabt haben muss – aus ihr hervor? Oder ist in ihr ein präexistentes Erzählschema auf eine dazu einladende historische Situation angewandt? Eine angemessene Untersuchung dieser Frage würde sehr aufwändig ausfallen und nicht notwendigerweise zu einem 31
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Continuationes Fredegarii 8: Dei auxilio; Liber Historiae Francorum 51: auxiliante Domino; Sigebert von Gembloux ad a. 715: divino nutu... So die Einheits-Übersetzung von 1 Sam 22.2, 25.10–11, 25.22. Der Vulgatatext lautet: «Et convenerunt ad eum omnes, qui erant in angustia constituti, et oppressi aere alieno, et amaro animo: et factus est eorum princeps.» Dann: «Quis est David ? et quis est ¿lius Isai ? hodie increverunt servi qui fugiunt dominos suos.» Und: «Haec faciat Deus inimicis David, et haec addat, si reliquero de omnibus quae ad ipsum [=Nabal] pertinent usque mane, mingentem ad parietem.» Durch das kluge Dazwischentreten von Nabals Frau Abigail wird David im letzten Augenblick von dem geplanten Kollektivmord abgehalten. Karls Beiname Tudes, Tudites oder Martellus ‘der Hammer’ ist seit dem 9. Jh. belegt, cf. LdM s.v. [1] Karl. Auch später, als er schon unumstrittener Herr des Frankenreiches war, aber Jahr für Jahr ein schlagkräftiges Heer gegen äußere Feinde benötigte, vergab er an seine Anhänger in reichem Maße Kirchengut, was ihm (und im Grunde auch den Empfängern) von der Kirche als Diebstahl an Gottes Eigentum angekreidet wurde, aber eine bis dahin beispiellose Kette von Siegen ermöglichte und damit im nicht-klerikalen Denken den auf dem «Dieb» liegenden Segen Gottes erwies. Sehr wahrscheinlich hat auch dies Karl Martells Eignung für unseren Erzähltyp noch verstärkt.
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eindeutigen Ergebnis führen. Begnügen wir uns mit der Feststellung, dass selbst im zweiten Falle die Anwendung des Erzählschemas eine sehr glückliche Hand verraten würde. Nach diesem AusÀug in die mutmaßliche Vorgeschichte der Basin-Erzählung ist es Zeit, zu dem Lütticher Erzähler zurückzukehren, den wir bisher nur für diesen Teil der fKMS I und nur aus geographischen Gründen postuliert haben. Hat er weitere Spuren seiner Existenz hinterlassen? Die Antwort ist positiv, verlangt aber einen Umweg.
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II. Pierrepont im Blickpunkt: Der Anreger der altfranzösischen Vorlage
Abstract: Die Haimon-und-Rembalt-Handlung mit Zielpunkt Pierrepont ist in die fKMS I hineingekommen auf die Initiative eines der beiden Lütticher Fürstbischöfe aus dem Hause Pierrepont (1200–1238); dieser darf als Anreger der ganzen fKMS I gelten. (In ähnlicher Weise ist Pierrepont-Motivik in die Überlieferung des Floovant und des frühen Renaut de Montauban hineingekommen; doch lässt sie sich in diesen beiden Fällen erst in den mittelniederld. Derivaten fassen.) In die fKMS I ist ferner in kleinerem Umfang Erzählmaterie aus dem Kloster Cysoing bei Lille (damals zur Grafschaft Flandern gehörig) gelangt. Hier wird ein Vergleich nötig zwischen dem mittelniederld. Flovent, der fKMS I und dem mittelniederld. Renout. Nach van den Berg1 wurde der mittelniederld. Flovent, von dem nur zwei brabantisch getönte Fragmente erhalten sind,2 wahrscheinlich von einem Flamen im engeren Wortsinn geschrieben und kann nach Verstechnik und Syntax tentativ auf um 1200 datiert werden. In diesem Text spielt Pierrepont eine gewichtige Rolle, die im Original, dem altfranzösischen Floovant, völlig fehlt.3 Im ersten Fragment wird König Chlodwig in Laon von einem gewaltigen Heidenheer belagert (vv.190ss.). Um in ihrem Rücken geschützt zu sein, bauen die Heiden eine Burg etwa vier (vermutlich französische) Meilen (also etwa 18 km) vor Laon. Ihr Name soll Pierlepont sein (vv. 208ss.). Zu Beginn des zweiten Fragments sind christliche Entsatztruppen unter Chlodwigs Sohn Floovent bereits von Osten herangerückt, haben die Burg genommen und sich darin verschanzt. Doch schließlich lassen sie dort nur zwei Knappen zurück (vv. 444s.) und rücken selbst weiter zum Entsatz von Laon vor. ‘Die von Pierlepont [scil. Kommenden]’ bezieht sich jetzt auf diese Truppen (vv. 432s.; cf. vv. 338, 354, 470). Durch ihr Eingreifen erleiden die Heiden die entscheidende Niederlage. Gegen Ende seines Werkes muss der Autor erzählt haben, dass König Chlodwig (oder schon dessen Sohn als sein Nachfolger) einen seiner Krieger mit der neuen Burg belehnte. Insgesamt also berichtet uns der Flovent, wie Pierlepont zur Merowingerzeit entstanden sei. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass ohne jeden Zweifel Pierrepont (Aisne), 15 km nordöstlich Laon, gemeint ist; die Form Pierlepont mit -l- ist lediglich eine literarische Spielform des mittelniederld. Textes. Inmitten des
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Van den Berg (1987, 13s., 32). Ed. Kalff 1886 [1967], 180–203. Diese Tatsache wird kurz erwähnt, aber nicht analysiert bei Loke (1906, 113 n. 3). Im afrz. Original (Floovant, ed. Andolf 1941) interessieren uns im Höchstfall vv. 2271–2534.
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alten Sumpfgebietes von Saint-Boëtien gelegen, beherrschte Pierrepont den Durchgang durch die Sümpfe, war deshalb schon im 10. Jh. befestigt und machte damals die einzige bedeutende Episode seiner Geschichte durch:4 Als 938 Herbert von Vermandois, Herzog Gislebert von Lothringen und der Kapetinger Hugo der Große mit vereinten Kräften von Osten aus gegen König Ludwig IV. d’Outremer in Laon zogen, nahmen sie im Handstreich Pierrepont; im folgenden Jahr jedoch konnte Ludwig von Laon aus Pierrepont belagern und zog erst ab, nachdem die Verteidiger Geiseln gestellt hatten. Noch heute tragen einige bis zu 8 km entfernte Dörfer in ihren Namen den Zusatz -lès-Pierrepont. Doch bedeutet das wenig, weil andere Straßen von Laon nach Nordosten das Sumpfgebiet nördlich und südlich umgehen. Deshalb dürfen wir aus der bestenfalls mediokren Bedeutung des wirklichen Pierrepont schließen, dass sein Name in den niederld. Flovent eingebracht sein muss durch jemanden (oder auf jemandes Initiative hin), den ein intensives persönliches Interesse mit dem Ort verband, also zweifellos durch einen altfranzösischen Muttersprachler. Dieses Interesse jedoch wird für uns erst sichtbar, wenn die Erzählung das heutige Belgien erreicht hat. Dieselbe merkwürdige Konstellation – pierrepontischer Lokalpatriotismus in einem literarischen Text nicht aus der Umgegend, sondern aus Belgien – ¿ndet sich auch in zwei anderen Texten aus derselben Zeit. Einer davon ist die fKMS I; sehen wir uns zunächst sie darauf an. In die erste Hälfte der KMS I integriert ist eine Erzählung von etwa sieben Kapiteln,5 die nur lose mit der Verschwörungsgeschichte verbunden ist und hauptsächlich berichtet, wie ein Haimon von Galiza schließlich durch seine Heirat ein Haimon von Pierrepont6 wird. Hier genauer ihr Inhalt: Als sie von Karls Regierungsantritt hören, beschließen in ihrer jeweiligen Heimat sowohl Haimon von Galiza als auch Rembalt von Friesland,7 nach Aachen zu gehen und in Karls Dienste zu treten. Nun war 768 beim Regierungsantritt des historischen Karl Friesland das nordöstliche, Galizien das südwestliche Grenzland des Christentums; die Grundidee der Geschichte ist also vermutlich, dass schon damals einzelne 4 5
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Gysseling (1960 s.v.); Matton (1871 s.v.: castrum Petrae Pontis a. 938). Sie umfasst 18/A18/B16, 25/A24 (Ende), 26/AB25 (Anfang, in B25 auch Ende) und 28/A26/ B28 bis 32/AB30. In Beta heißt dieser Ort ausschließlich Pirapunt/Pirapont. In der Handschrift A heißt er zunächst Pirafunt in 28/A26/B28 und 30/AB28 dank einer anfänglichen Verwechslung mit dem besser bekannten Pierrefonds (Oise), dann aber auch hier dreimal Pirapunt in 32/AB30. Aus einem Vergleich dieser Lesarten (und aus der geographischen Nähe zu Hirson und zu Laon in beiden Fassungen in 32/AB30) wird unzweifelhaft, dass der Archetyp überall Pierrepont (Aisne) meinte. In A erscheint Rembalt konsequent als Reinbal(l)dr friski, in B zunächst 18/A18/B16 und öfter als Reimballdur friski, aber von 25/AB24 an als Reinalldr friski. Doch evidenterweise geht es auch in B um jenen Rembalt, der schon im Rolandslied (v. 3073), wenn auch selbst beinamenlos, so doch die Friesen anführt, den Rembalt de Frise so vieler anderer altfranzösischen Epen, den Rabeu lo Fris des Girart de Roussillon, der wenigstens im Namen (wenn auch in etwas unregelmäßig französierter Form) und in seiner Stammeszugehörigkeit Frieslands einzigen «Nationalhelden» fortsetzt, Herzog Radbod (friesisch Redbad), den Zeitgenossen Karl Martells.
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wohlinspirierte Krieger selbst von den Grenzen der Christenheit ihre Hoffnung auf den jungen Frankenkönig setzten.8 Unterwegs treffen die beiden aufeinander. Zwar würden in der Wirklichkeit zwei Personen, die auf dem kürzesten Weg von Galizien9 bzw. von Friesland nach Aachen zögen, erst in Aachen zusammentreffen, wo sie sich unter Karls Augen kein privates Duell mehr leisten könnten. Doch der Erzähler sah das voraus und gab vor, Haimon habe aus Mangel an einer Brücke über die Maas einen weiten Umweg nach Norden machen müssen. Das konnte in der Tat sein Zusammentreffen mit Rembalt zur Folge haben, da der kürzeste Weg aus der Grafschaft Holland (die noch als Teil von Friesland galt) nach Aachen die Maas zweimal kreuzt. Da beide ihren ausgeprägten Stolz haben, geraten sie sogleich in einen Präzedenzstreit in Form eines Zweikampfes. Glücklicherweise erkennen sie sich schnell als ebenbürtige Kämpfer, schwören einander Blutsbrüderschaft und ziehen gemeinsam weiter nach Aachen. Als zusammen mit den anderen Verrätern auch Volkward von Pierrepont hingerichtet wird, wagt in Pierrepont sein Verwandter Werner (Varner) eine offene Rebellion. Haimon, der von Karl zu seinem Connétable ernannt und in dieser Funktion nach Pierrepont geschickt worden ist, um den Verräterbesitz für Karl einzuziehen, berichtet Karl davon, und Rembalt, der inzwischen sogar Karls Schwager geworden ist, erweist sich seiner neuen Stellung würdig, indem er Werner im Zweikampf tötet. Karl gibt Werners Witwe dem Haimon zur Frau und belehnt ihn mit Hirson, Pierrepont ‘und seinem eigenen Land, Galiza’.10 Wir hören nichts von Kindern des Paares, doch 8
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Galizien als geographischer Begriff war schon um 800 den Bewohnern Frankreichs unter anderem dadurch bekannt, dass Alfons II., der König des kleinen noch christlichen Teiles der Pyrenäenhalbinsel, sich Karl gegenüber als sein Vasall bezeichnete (so Einharts Vita Karoli 16); es wurde ihnen dann ständig vertrauter mit den Pilgerfahrten nach Compostela. Man kann die geographische Grundidee unserer Geschichte dann vergleichen mit Karls Traum zu Beginn des Pseudo-Turpin: Er sieht am Himmel die Milchstraße sich erstrecken a mari Frisiae [...] ad Gallaeciam. – Allerdings kann eine zweite Identi¿kation unserer Galiza nicht kurzerhand ausgeschlossen werden. In ihrem Artikel über Ogier (1991, 297) spricht Suzanne Martinet von «Laon avec tout son quartier de la Galise, la Valise actuelle», leider ohne den geringsten Nachweis. Angesichts des Interesses dieser Bemerkung für die gegenwärtige Fragestellung wandte ich mich an Mme Frédérique Pilleboue, Direktorin der Archive des Aisne-Départements in Laon. Sie informierte mich freundlicherweise brieÀich am 3.10.2002 (wofür ich ihr auch hier noch einmal danken möchte), dass sich für die Valise von Laon keine historischen Formen mit G- oder Gu- ¿nden lassen und dass dieses Toponym wohl vielmehr eine Ableitung von lat. vallis ‘Tal’ darstellt. Denn heute lebt es nur fort im Namen mehrerer Alleen, bezeichnete aber noch im napoleonischen Kataster eine Zone zwischen der Stadt Laon und ihrer heutigen Vorstadt Vaux, deren Name ein mittelalterliches Vallis subtus Laudunum fortsetzt. Obwohl ich Martinets Identi¿kation für die weniger wahrscheinliche von beiden halte, werde ich sie sicherheitshalber jeweils als Alternative in den folgenden Anmerkungen (9, 10, 12) berücksichtigen. Oder auch von Laon, cf. vorige Anm. Galiza wird hier nur in Alpha erwähnt, wo Karl wahrscheinlich als Oberherr sogar von Galizien angesehen wird, da er in 22/AB22 ‘der legitime Kaiser der ganzen Welt’ genannt wird; doch kann man die Möglichkeit nicht ganz ausschließen, dass in Alpha Galiza als eine Gegend in Frankreich gilt (cf. soeben n. 8, Martinets These). Beta ersetzt ‘und sein eigenes Land, Galiza’ durch ‘und viel andere Besitzungen’, offenbar weil er Galiza (wie auch ich) mit dem nordwestspanischen Galizien identi¿ziert und es nicht zum Reich Karls (jedenfalls nicht bei dessen Regierungsantritt) rechnet.
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da epische Heiraten gewöhnlich nicht kinderlos bleiben, endet die Erzählung mit der vagen Vorstellung der Rezipienten, dass Haimon zum Gründer einer neuen lokalen Dynastie von Pierrepont geworden ist. Sicherlich verdient die Entstehung dieser Erzählung einige Bemerkungen. Schon im Baligant-Teil des erhaltenen Rolandsliedes (v. 3073) erscheinen ja Rembalt e Hamon de Galice zusammen als Führer von Karls des Großen achtem Korps, den Flamen und Friesen. Ohne irgendwelche spezi¿scheren Argumente schloss Aebischer (1957 passim [=1967, 35–55]) daraus, der Roland-Autor habe schon die ganze Geschichte gekannt, wie wir sie in der KMS I lesen. Zu einem gewissen Teil lässt sich diese Schlussfolgerung dadurch stützen, dass die meisten Befehlshaber von Karls zehn Korps eine geographische Af¿nität zu ihrem Korps haben. Es ist dies ja ein einleuchtender Grundsatz: Ein Korps wird besser kämpfen, wenn sein Befehlshaber es gut kennt und wenn das Korps seinem Befehlshaber vertraut, speziell also wenn Stammesverbundenheit besteht.11 Deshalb war wahrscheinlich schon im Denken des Roland-Dichters unser Hamon de Galice besonders quali¿ziert, Leute aus dem Norden des Karlsreiches zu führen. Doch selbst dafür würde wohl schon seine Schwurbruderschaft mit Rembalt von Friesland, nicht erst seine Heirat und sein Sesshaftwerden ausgerechnet in Pierrepont ausreichen.12 Wie haben also kein handfestes Indiz dafür, dass die Motive ‘Heirat’ und ‘Pierrepont’ schon vor der fKMS I mit Haimon von Galiza verbunden waren. Andererseits ist auch in der fKMS I Pierrepont wieder eindeutig das kleine Pierrepont (Aisne); denn es liegt in der Nähe von Hirson,13 und die Tatsache, dass die Frau Werners, dann Haimons eine Tochter des Grafen von Laon ist, deutet auf seine Nähe zu Laon. Doch wie nun auch die Erzählung entstanden sein mag, der Raum, den sie in der fKMS I einnimmt, steht in gar keinem Verhältnis zur geringen Bedeutung von Pierre11
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Die ersten zwei Korps werden von Jungkriegern gebildet; da der Autor sie offenbar bewusst unter homines novi stellt, die Roland und Olivier zu ersetzen haben – Rabel und Guineman, Gibuïn und Lorant –, lässt sich hier keine Probe aufs Exempel machen. Die Bayern führt der Däne und Italienspezialist Ogier, zumindest also ein ‘Mann des Ostens’; doch vergessen wir nicht, dass um 1165–1175 Metellus von Tegernsee (ed. Jacobsen 1965) sogar überzeugt war, dass jener Otkar aus der westbayrischen, frankenfreundlichen Sippengruppe der Huosi, der im 8. Jh. mit seinem Bruder das Kloster Tegernsee gründete, identisch mit dem epischen Ogier sei. Die Alemans kämpfen unter Hermann, Herzog von Trace, wiederum einem ‘Mann des Ostens’ – sogar einem Landsmann im engeren Sinn, wenn man zu Suabe oder Alsace emendiert. Die Normannen, die Kampffähigsten unter allen (v. 3049), stehen unter ihrem eigenen wohlbekannten Richard dem Alten. Bei den Bretonen tritt ihr Herr Oedun spontan den Befehl an drei andere, sehr wahrscheinlich Nichtbretonen ab, eine künstlerische variatio, die ihren realen Hintergrund darin haben kann, dass Bretonen im 11. und 12. Jh. häu¿g unter fremdem (speziell normannischem) Kommando kämpften und dass der frankophone (vielleicht normannische) Autor ihre Kampfkraft unter eigenen Herzögen geringer einschätzte. Die Poiteviner und Auvergnaten stehen unter Jozeran de Provence und unter einem Gaucelm (Godselme), dessen Name ebenfalls in Südfrankreich sein Häu¿gkeitsmaximum hatte, die Flamen und Friesen unter Hamon de Galice und unter dem Friesen Rembalt, die Lotharingier und Burgunder unter Tierri, dem Herzog der Argonnen, die fränkische Kernschar unter Karl selbst. Alternativ wäre die Galice für den Roland-Autor eine Gegend im nördlichen Frankreich; cf. p. 27 n. 8. Cf. p. 26 n. 6.
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pont in einer gesamtfranzösischen oder gar in einer belgischen Perspektive. Und die Zumessung von Erzähllänge in der fKMS I liegt eindeutig in der Verantwortung des Redaktors der fKMS I, nicht in derjenigen irgendeines Vorgängers. Der Befund passt also völlig zu dem im mittelniederld. Flovent: Dort hatten wir unerwartet das (legendär) Wichtigste erfahren über die Anfänge von Pierrepont in merowingischer Zeit, hier erfahren wir unerwartet das (legendär) Wichtigste über Pierrepont in karolingischer Zeit – und beidemal in Texten aus dem heutigen Belgien, nicht aus der Nähe von Pierrepont. Warum gewährt der Autor der fKMS I der Handlung um das kleine Pierrepont so viel Raum? Diesmal ist eine Antwort möglich und, obwohl bisher nicht versucht, sogar einfach. Wir haben schon festgestellt, dass zumindest die erste Hälfte der fKMS I allem Anschein nach in oder bei Lüttich zusammengestellt worden ist. Wer war denn zur fraglichen Zeit Fürstbischof von Lüttich? Von 1200 bis 1229 war es Hugues von Pierrepont, von 1229 bis 1238 sein Neffe Jean von Eppes, der Sohn seiner Schwester Marguerite, wobei Pierrepont auch hier der Ort im französischen Département Aisne ist und Eppes 12 km südsüdwestlich davon liegt. Man sieht sogleich: Ein Zufall ist hier so gut wie ausgeschlossen, die Erzählung zelebriert die (legendären) Anfänge der Familie. Da das Connétable-Amt ein renommiertes Hofamt ist, aber nicht mit großem Eigenbesitz des Inhabers assoziiert wird, war es für den Herrn des mediokren Pierrepont sozusagen die größte noch plausible Ehre, dass sein Ahn einst Connétable Karls des Großen war. In diesem Zusammenhang ist aufschlussreich, dass Bischof Hugues’ Mutter Clémence von Pierrepont Tochter des Grafen Witier (auch Itier) von Rethel und vor allem mütterlicherseits Enkelin des Grafen Gottfried von Namur war. Hugues’ Verwandtschaft mit den Grafen von Namur erklärt zum einen in 25/AB24 die Fabelei über die Gründung von Namur durch den epischen Herzog Naimes, den engsten Vertrauten Karls des Großen; denn damit wurde Bischof Hugues nun auch – obschon hier nur in weiblicher Linie – zum Nachkommen von Herzog Naimes! Zum andern hat diese Namurer Verwandtschaft auch sehr real Hugues über die Grenze des heimischen regnum Franciae hinweg ins Imperium geführt. Denn schon sein Onkel Albert von Rethel hatte es auf diese Weise in Lüttich wenigstens zum Erzdiakon von Sankt Lambert gebracht; er hat zweifellos seinen Neffen Hugues aus Pierrepont nachgezogen und zu seinem Nachfolger aufgebaut – mit Erfolg. Doch machte Hugues nach kurzer Ausübung dieses Amtes eine noch weit glänzendere Karriere, eben als Bischof mit langem, sehr erfolgreichem Ponti¿kat, während dessen er seinerseits mit Erfolg seinen Neffen Jean von Eppes als Nachfolger heranzuziehen vermochte.14 Auch Jean zog noch einmal seinen Neffen, Jean von Eppes den Jüngeren, nach, doch der brachte es trotz langen Lebens (er starb erst 1281) nur zum Propst von Saint-Denis in Lüttich und von Notre-Dame in Huy. Was andererseits den weltlichen Zweig der Pierrepont betrifft, so war Bischof Hugues’ älterer Bruder Robert der letzte, der sich essentiell als ein Pierrepont fühlte. Er heiratete Eustachia, Grä¿n von Roucy, die die elterliche 14
Cf. de Moreau (1945, 92, 130–139), den Art. Hugues de Pierrepont (7½ Spalten) in der Biographie nationale [...] de Belgique, Schwennicke (1989, III 4, Tafel 678; 1990, XIII, Tafel 102), Gade (1951, Tafel am Bandende). Cf. auch Poncelet (1946, Einleitung).
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Grafschaft erbte und sie später ihrem und Roberts anscheinend einzigem Sohn Jean hinterließ. Von nun an war Pierrepont jahrhundertelang ein bloßer Nebenbesitz der Grafen von Roucy, deren eigene – diesmal reale – Geschichte zumindest seit dem 11. Jh. die weit glänzendere war. Einige Fakten können näheres Licht auf Bischof Hugues’ Persönlichkeit werfen. Von Gewicht ist das Urteil seines Zeitgenossen Giselbert von Mons, der ihn einen clericus satis litteratus et discretus nannte, und sein erster, weltlich-prunkfreudiger Lebensabschnitt als Bischof kulminierte in seinem eklatanten militärischen Sieg über Brabant 1213 bei Steppes15 – ein solcher Mann dürfte sich lebhaft auch für die Schlachten von einst und für die legendäre Geschichte seiner eigenen Familie interessiert haben. Im Jahre 1226 wurde er sogar zum Erzbischof von Reims gewählt, lehnte das Amt aber ab, wohl aus Altersgründen. Bei seinem Tod hinterließ er ein staunenswert großes Barvermögen für wohltätige Zwecke,16 was auf die Zeitgenossen einen sehr positiven Eindruck machte, auf uns hingegen einen gemischten: Irgendwie musste er das Geld ja auch zusammengerafft haben. Dieser Augenblick war zugleich in der Lütticher Geschichte der Höhepunkt der Pierreponter Episode, die neun Jahre später mit dem Tode des zweiten Bischofs schon ihr Ende erreichte. Sie umfasst also nur knapp vierzig Jahre und ist damit ein gewichtiges Wahrscheinlichkeitsargument der Datierung für unsere Zwecke, da man sich doch als Anreger eines relativ ehrgeizigen Unternehmens wie der fKMS I einen Bischof weit eher vorstellen kann als den überlebenden einfachen Propst. Was das Datum der fKMS I betrifft, dürfen wir also den wahrscheinlichen Beginn ihrer Redaktion vor 1238 ansetzen. Doch nun zu dem dritten «pierrepontisierten» Text! In der KMS I wird zweimal der Name von Haimons Frau, der Witwe des Werner von Pierrepont, genannt: Sie heißt dort im Akkusativ Aein. Hier spiegelt -ein die afrz. Endung des Obliquus der weiblichen monothematischen Namen, -ain (-ein) nach Nichtpalatalen, -ien nach Palatalen. Welcher Name kann sich dann hinter einem Rektus *A-e oder ähnlich verbergen? Aebischer17 optierte für Aie, dt. ‘Aja’, Obliquus Aiien oder in gängigerer Graphie Aien. Wie die Namenlexika zur altfranzösischen Epik zeigen, ist dies in der Tat die einzig mögliche Identi¿zierung. Man kann deshalb sagen, dass die Haimon-Geschichte in der KMS I in einem Dreieck ‘Haimon, Vasall Karls des Großen – Aja, seine Frau – Pierrepont’ kulminiert. Auch hier scheint nun ein höchst bemerkenswerter Parallelismus bis heute unentdeckt geblieben zu sein: Dasselbe Dreieck ¿ndet sich in dem nur fragmentarisch erhaltenen mittelniederld. Versepos Renout van Montalbaen (das wir zusammen mit seinen niederländischen und deutschen Derivaten, die seine Rekonstruktion erlauben, kurz als ‘nR’, als Tradition des niederld. Renout, bezeichnen wollen); das Dreieck repräsentiert dort nichts Geringeres als die Eltern und die Heimat des Titelhelden und seiner drei Brüder, eben der ‘vier Haimonskinder’. 15
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Poncelet (1946, p. VII). Über Jean d’Eppes habe ich infolge der Kürze seines Ponti¿kats keine vergleichbare Information. Cf. etwa Melleville (1857, 316). Aebischer (1972, 59).
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Hier müssen wir abermals ins Detail gehen. Nach van den Berg18 wurde der Renout wie der Flovent wohl von einem Flamen verfasst und lässt sich ähnlich wie der Flovent nach Verstechnik und Syntax auf vor 1225 oder sogar um 1200 datieren. Er beruht letztlich auf dem altfranzösischen Renaut de Montauban des späteren 12. Jh. (dessen Überlieferung wir kurz als ‘fR’ bezeichnen wollen), unterscheidet sich von ihm aber in vielen Zügen.19 Einer davon betrifft die Heimat des Protagonisten und seiner Brüder: In fR leben ihre Eltern Aimon and Aie in Dordon(e), einer imaginären Burg in Ardennen-Nähe; in nR leben die Eltern hauptsächlich in Pierlepont20 (wieder die Spielform, die wir schon aus dem Flovent kennen), obwohl auch Dordoene noch eine beträchtliche Rolle spielt. Pierlepont ist nicht auf Formeln beschränkt, sondern fest in die Narration integriert: Karls Boten begeben sich zweimal dorthin, Haimon kehrt von Karls Hof dorthin zurück, er vermacht die Burg Pierlepont dem Reinolt, Haimons vier Söhne kehren dorthin nach Ludwigs Tod zurück. Im Gegensatz dazu hat sich nie in irgendeinem Manuskript von fR eine Erwähnung von Pierrepont ¿nden lassen. Der Befund ist also derselbe wie im Flovent und der KMS I: Obwohl Pierrepont nicht in Belgien liegt, taucht seine literarische Erwähnung erst in Belgien auf.
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Die ältesten erhaltenen Fragmente von Handschriften des Renout stammen wohl aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts. Den Text selbst datierte van den Berg zunächst auf ‘vor 1225’, später (anscheinend mit denselben Argumenten) auf ‘um 1200’; cf. van den Berg (1983, 222; 1985, 13 und 23; 1987, 13s. und 34). In der Tat dürften beim Arbeiten mit seiner Methode Abweichungen von zwei oder drei Dekaden unvermeidlich sein. Das Standardwerk dazu ist Spijker (1990). Eine konzise Darstellung der wichtigsten Fragen auf Frz. bzw. Englisch bei Spijker (1993, 1994); zu Spiegelungen des Werkes in der niederld. Folklore Spijker (2000). Zwar enthalten die direkt erhaltenen rund 15 Prozent des Renout keine Passage, in der man dieses Toponym erwarten könnte. (Editio citanda für alle vor 1939 bekannt gewordenen Fragmente ist Diermanse 1939 [auf dem auch die kleine Ausgabe von van Maelsaeke 1966 aufbaut], zu komplettieren durch Duinhoven 1973. Bequeme Listen aller Funde und ihres Erzählinhalts bei Hogenhout-Mulder 1984, 35 oder Spijker 1990, 271ss.) Aber Pierlepont (mit minimalen Varianten) erscheint in allen drei Traditionen, die sich aus dem mittelniederld. Versepos ableiten: a) in der ripuarischen Histôrie van Sent Reinolt, ed. Reifferscheid (1874, 275ss., 279, 280 [2x], 283); b) in dem dt. Versepos Reinolt von Montelban, ed. Pfaff (1885, vv. 218, 312, 476, 753, 2149, 3263, 3460); dieser Text ist kaum mehr als eine getreue, oft sklavisch enge Umsetzung des mittelniederld. Versepos; c) in der niederld. Prosa-Bearbeitung De Historie van den vier Heemskinderen, ed. Overdiep (1931, 15, 17, 18 [2x], 23, 29, 33, 53 [2x], 69 [2x], 70 [2x])); ebenso in der dt. ProsaBearbeitung (die hauptsächlich auf der niederld. beruht) Das deutsche Volksbuch von den Heymonskindern, ed. Pfaff (1887, 9, 11, 15s., 21, 44, 60s.). Der Kölner Druck von 1493 schließlich, der nur in einem Exemplar erhalten zu sein scheint und noch nicht reediert ist, entspricht fast wörtlich der niederld. Prosa und enthält das Toponym ebenfalls, z.B. in der Überschrift von Kap. 9, wie mir freundlicherweise Dr. Irene Spijker (am 6.1.2004) mitteilte. (Allgemeine Information zu diesem Druck bei Weifenbach 1999, speziell 180s.) Angesichts dieser Zeugnisse hat noch kein Spezialist je bezweifelt – und wird wohl auch keiner je bezweifeln – , dass Pierlepont schon in dem mittelniederld. Versepos eine Reihe von Malen genannt wurde; cf. etwa Loke (1906, 25, 112s.), Diermanse (1939, 88), Hogenhout-Mulder (1984, 157 n. 1), Spijker (1990, 45s.). Stemmatisch ausgedrückt: Pierlepont gehört schon in den Archetyp ‘v’ aller Texte des Stemmas von nR bei Hogenhout-Mulder (1984, 89).
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Selbstverständlich kann man die Übereinstimmung der Dreiecke Haimon-AjaPierrepont in fKMS I und nR nicht als Zufall ansehen. Betrachten wir zuerst die Konsequenzen für die fKMS I. Wenn man sich erinnert, dass dort die Präsenz nicht nur von Haimon und Pierrepont, sondern jetzt auch von Aja erklärt werden muss, wird man auf das folgende Szenario geführt. Als gegen Ausgang des 12. Jh. die Erzählung von den 4uatre ¿ls Aimon in Nordfrankreich schnell immer beliebter wurde, kamen die Pierreponts zu der Meinung, sie stammten von deren Protagonisten ab. Die genaueren Umstände sind unbekannt, aber auch unwichtig; denn damals waren ähnliche Prätentionen im Adel nicht selten und lebten, einmal erfunden, zumindest in der betroffenen Familie leicht weiter. Als dann ein Pierrepont Bischof von Lüttich wurde, hatte er dadurch weit bessere Möglichkeiten, die Familientradition publik zu machen. Eine besonders günstige Gelegenheit bot sich mit der Kompilation der fKMS I. Der Kompilator nahm die Erzählung des Bischofs mit gebührendem Respekt entgegen, reproduzierte sie aber nur bis zu Haimons und Ajas Hochzeit, unterdrückte also den folgenden KonÀikt der Söhne mit Karl dem Großen; schließlich hatte er eine Biographie zu Ehren und nicht zu Unehren Karls zusammenzustellen. Überdies erinnerte sich schon ein Pierrepont oder spätestens jetzt der Erzähler, dass ein Haimon (Hamon) bereits im Rolandslied erschien, und hatte die Idee (‘was für ein Haimon wohl wenn nicht unserer?’), die Haimon-und-Aja-von-Pierrepont-Legende an eben diesen Haimon zu hängen.21 Und was bedeutet die Identität der beiden Dreiecke für nR? Selbstverständlich sind die Erforscher von nR gebührend auf Pierlepont aufmerksam geworden.22 Schon um 1870 identi¿zierte Matthes es mit Pierrepont (Aisne).23 Im Jahre 1906 kannte Marie Loke auch ein Homonym, Pierrepont (Meurthe-et-Moselle) östlich der Maas, 10 km südöstlich Longuyon, doch optierte sie für Pierrepont (Aisne).24
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Unvermeidlich hängen Hypothesen wie die soeben aufgestellte in gewissem Grade auch von den gerade dominierenden Vorstellungen über die Entstehung von fR im Besonderen und die Entstehung der altfranzösischen Epik im Allgemeinen ab. Ich selbst bin mir in der Frage der Entstehung von fR noch nicht sicher und habe deshalb die obige Hypothese bewusst im Einklang gehalten mit der heute fast allgemein herrschenden Ansicht, dass fR irgendwann im 12. Jh. als reine Fiktion eines großen Dichters entstand. Doch würde ein traditionalistischer Hardliner, der mit Longnon an eine mündliche Kontinuität seit dem 8. Jh. glaubt, zweifellos den Haimo von Galice/Dordone/Pierrepont als unteilbar einen und von vornherein Vater der von Karl Verfolgten ansehen. Auch wenn in nR der Haimo von Dordoene und Pierlepont nirgends ‘aus Galizien’ genannt wird – hat er nicht in seiner Jugend sieben Jahre unter einem heidnischen König in Spanien gekämpft? (Siehe Duinhoven 1973, Verse in Entsprechung zu Pfaff 1885, vv. 2208s., 2216ss., Overdiep 1931, 54s., Pfaff 1885, vv. cit., Pfaff 1887, 45. Zum breiteren Hintergrund dieser Episode Spijker 1990, 77–80.) Siehe soeben n. 20 in ¿ne. Zitiert von Loke (1906, 113). Ibid., allerdings mit einem ziemlich schwachen Argument: Im niederld. Prosaroman von den Heemskinderen taucht der Name des Flusses Oise auf (ed. Overdiep 1931, 184) – aber leider so weit von jeder Erwähnung von Pierrepont entfernt (cf. soeben n. 20, c), dass er fast nichts beweist.
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Umgekehrt 1984 in ihrer Groninger Dissertation Maaike Hogenhout-Mulder.25 Sie brauchte sich für ihre Hauptargumentation nicht zwischen beiden Pierreponts zu entscheiden, drückte aber in einer Anmerkung die Ansicht aus, dass es wahrscheinlich um das Pierrepont im Département Meurthe-et-Moselle gehe. Sie weist darauf hin, dass im mittelniederld. Renout (hier vertreten durch die ripuarische Histôrie, den dt. Reinolt und die niederld. Prosa-Heemskinderen) Haimon dem Reinolt alle seine Besitzungen vermacht, nämlich «Pierlepont, Montagut und Falkenstene/Falkenstein».26 Ihr zufolge ist Montagut die mittelalterliche Grafschaft Montaigu rund um Marcourt in den belgischen Ardennen, Falkenstein wohl die Burg dieses Namens 5 km nördlich der luxemburgischen Stadt Vianden, heute knapp schon in Deutschland gelegen, und sowohl Montaigu wie Falkenstein liegen näher bei Pierrepont (Meurthe-et-Moselle) als bei Pierrepont (Aisne). Gegen diese an sich einleuchtende Wahrscheinlichkeitslogik stehen aber zwei spezi¿schere Umstände. Erstens hatte im frühen 12. Jh. Bischof Hugues’ Urgroßvater Roger, Herr von Pierrepont (Aisne), durch Heirat Montaigu (Aisne) erworben, 13 km südlich Pierrepont, mit einer Burg schon des 10. Jh., «un château-fort perché comme le nid d’un aigle sur la cime d’une colline escarpée» . Er vermachte Pierrepont seinem älteren Sohn, dem Großvater des Bischofs, und Montaigu einem jüngeren Sohn, so dass Montaigu zunächst in einer Seitenlinie vererbt wurde, aber anscheinend vor 1200 an die Hauptlinie in der Person Roberts, des älteren Bruders des Bischofs, zurück¿el.27 Doch wie es sich mit Letzterem auch verhalten mag, mit Sicherheit war die Burg Montaigu (Aisne) seit der Generation des Urgroßvaters im Besitz der Familie des Bischofs – ein toponymisches Zusammentreffen mit der nR, das man doch nicht dem Zufall zuschreiben kann, umso weniger, als diese beiden Orte des Laonnois ja auch im afrz. Garin le Loherenc 4582s. nebeneinander genannt werden; dort heißt es, als Garin mit seiner Schar von Rethel durch das Laonnois nach Saint-Quentin zieht: Montagu lessent qui en .I. tertre sist; Pierrepont passent […]. Unter diesen Umständen dürfen wir annehmen, dass Falkenstene/Falkenstein, ein typischer Burgname, der in nR nur dieses eine Mal erscheint, einfach als Reimwort zum vorhergehenden allene/allein gewählt ist.
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Hogenhout-Mulder (1984, 157 n. l). Ich verdanke Dr. Irene Spijker den Hinweis auf diese Anmerkung. Ed. Reifferscheid (1874, 277) -stein; ed. Pfaff (1885, vv. 753s.) allein : -stein; ed. Overdiep (1931, 29) allene : -stene. – Mehrfach wird Reinolt auch ‘Graf von Merewoud’ genannt, wobei aber Merewoud nur in diesem Titel, und zwar nur im Reim, erscheint. Hogenhout-Mulder (1984, 157–164) interpretiert es als Mirwart in den belgischen Ardennen, zeigt aber, dass es wahrscheinlich nur durch eine Fehllesung und deren Generalisierung in den Text gelangt ist. Selbst wenn es sich anders verhielte, beträfe es nur die Generation von Haimos Sohn, so dass wir es in unserem Zusammenhang auf sich beruhen lassen könnten. Letzteres als gesichertes, detailliert beschriebenes Faktum bei Melleville (1857, 303–306, 310, 317); allerdings ist der Rückfall von Montaigu nicht zu erkennen bei Schwennicke (1989, III 4, Tafel 678). Den Hinweis auf Mellevilles noch immer wertvolle Studie verdanke ich wiederum Mme Frédérique Pilleboue, Direktorin der Archives départementales de l’Aisne (Brief vom 1. 3. 2004). Geringfügige Korrekturen zu Melleville ergeben sich aus Barthélemy (1984, 70–75, speziell n. 87).
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Zweitens, sehen wir uns doch die Handlung an! In der gesamten nR-Tradition hat Karl eine ständige Residenz, Paris; es ist überÀüssig, Stellen anzugeben. Er verlässt sie nur für klar angegebene Zwecke: zu einer Pilgerfahrt nach Santiago, zu Kriegszügen gegen Haimons Söhne – und ein weiteres Mal, ziemlich früh in der Handlung. Als er nämlich mit Haimon Frieden schließen und öffentliche Buße für seine Verwicklung in den Mord an Haimons Neffen Hugo tun will, lädt er Haimon von Pierrepont zu einem Treffen in Senlis ein; dort tut er in der Tat Buße, barfuß und in Wolle gekleidet. Nach dem Treffen kehrt er sofort nach Paris zurück, Haimon nach Pierrepont. Karls Absicht war also eindeutig ein Entgegenkommen, ein Treffen, wenn auch nicht genau auf halbem Wege nach Pierrepont, so doch an einem Ort auf dem Wege, wie es für einen Friedensschluss angemessen ist.28 Und wenn Karl später zur Krönung seines Sohnes auch Haimon einlädt, kehren die Boten in Begleitung Haimons und seiner Söhne von Pierrepont über Senlis nach Paris zurück.29 Nun zeigt ein Blick auf die Karte, dass Senlis eine vernünftige Zwischenstation zwischen Paris und Pierrepont (Aisne), aber nicht zwischen Paris und Pierrepont (Meurthe-et-Moselle) ist. Wir dürfen also zuversichtlich sein, dass in nR wie im mittelniederld. Flovent und in der fKMS I Pierrepont (Aisne) gemeint ist. Doch da auch Pierrepont (Aisne) kein faszinierender Ort und vom niederld. Sprachgebiet (einschließlich seines südniederld., ungenau «Àämischsprachigen» Teiles) noch weiter entfernt ist als vom franko-belgischen Raum, können wir sein Auftauchen in nR abermals nicht der absichtslosen Phantasierlust eines Dichters zuschreiben. Die einzige Alternative ist auch hier der Ehrgeiz der Familie des Bischofs: Da man Reinolts Lebensgeschichte wegen ihres Schlussteils als Vita eines Märtyrers lesen kann und im Mittelalter überwiegend so las und da von den vier Haimonskindern nur Reinolt Nachkommen hatte, stammte die Familie jetzt – was einem Bischof besonders gut anstehen musste – sogar von einem Märtyrer ab. Sie muss also auch hier irgendwie als treibende Kraft im Hintergrund stehen. Doch dieses Irgendwie zu präzisieren ist schwer. Denn dass Bischof Hugues oder sein Neffe die Entstehung des mittelniederld. Textes unmittelbar patronisiert haben sollten, ist aus mehreren Gründen nicht sehr wahrscheinlich. Erstens war ein frankophoner Prälat der Zeit zwischen 1200 und 1238 wahrscheinlich aus allgemeinen kulturellen Gründen nicht an niederld. Literatur interessiert. Freilich wird dieses Argument in unserem Fall dadurch geschwächt, dass ein großer Teil des Bistums – damals von Maastricht und Tongern bis zur Küste – im niederld. Sprachgebiet lag; der Bischof könnte also immerhin den Ehrgeiz gehabt haben, auch diesem Teil seiner Herde zu imponieren. Zweitens deuten die dialektalen Züge im mittelniederld. Renout auf Flandern,30 nicht auf Brabant oder Limburg. Auch das wäre nicht entscheidend, da damals Dichter
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Ed. Reifferscheid (1874, 275); ed. Pfaff (1885, vv. 261, 266, 312s.); ed. Overdiep (1931, 16–18). Diesmal unterdrückt die ripuarische Histôrie, die ja den gesamten weltlichen Teil der Geschichte drastisch kürzt, die Stelle; wir ¿nden sie aber in ed. Pfaff (1885, vv. 908s.) und ed. Overdiep (1931, 32). Cf. oben p. 31.
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und Patron nicht selten verschiedenen Dialektgebieten angehörten.31 Die Beziehungen zwischen Lüttich und Flandern waren überwiegend freundlich, schon in gemeinsamer Frontstellung gegen Brabant; Flandern hatte spätestens seit Philipp von Elsass eine kulturelle, wirtschaftliche und politische Rolle von europäischer Weite gespielt, und obwohl die Grafenfamilie das Französische vorzog, war seit ungefähr 1200 Flandern produktiv gerade in der karelepiek.32 Der Bischof hätte also einen Flamen beauftragen können. Doch drittens macht der Renout oft den Eindruck, auf der mündlichen Vermittlung eines altfranzösischen Textes zu beruhen.33 Demgegenüber hätte ein frankophoner Patron – noch dazu ein Bischof – einem mittelniederld. Bearbeiter gewiss als Vorlage ein Manuskript an die Hand gegeben. Zusammen machen diese drei Argumente eine Einwirkung eines der beiden Bischöfe unmittelbar auf den mittelniederld. Renout ziemlich unwahrscheinlich. Dann bieten sich zwei andere Hypothesen an. Die erste ist, dass der Renout-Dichter nicht nur (wie die fKMS I) die Namen Haimon und Aja, sondern auch (was die auf Pierrepont ¿xierte fKMS I nicht gut konnte) die Heimatvariante Dordo(e)ne aus fR bezog, doch die (in fR inexistente) Heimatvariante Pierrepont aus der fKMS I hinzunahm; das würde in nR die funktionslose Dopplung der Heimat der Protagonisten erklären. Freilich erscheint diese Verschmelzung psychologisch nicht gerade zwingend, weil sich die beiden Narrationen außer im Paar Haimon-Aja kaum berühren, insbesondere weil die vier Söhne des Paares in der fKMS I nicht einmal erwähnt werden. Zudem müssten wir die fKMS I zeitlich vor nR setzen und würden damit in eine Frühdatierung (dicht nach 1200) getrieben, während in Teil III und IV der vorliegenden Studie mehrere Umstände für ein deutlich späteres Datum sprechen werden. So ist die zweite Hypothese zu bevorzugen: Ein Pierrepont hat, wie es seiner Muttersprache entsprach, schon auf einen – wenn auch geographisch und stemmatisch kleinen – Teil der frühen fR-Überlieferung EinÀuss genommen. Die Gesamtheit von fR wird heute durch dreizehn Handschriften repräsentiert. Halten wir uns an deren Datierungen durch Thomas, so stammen nur vier davon aus dem 13. oder von der Schwelle zum 14. Jahrhundert.34 Wir sind also weit entfernt von einer genauen Kenntnis der Texttradition um 1200 im pikardisch-wallonischen Raum. Dass eine kleinräumige und kurzlebige «pierrepontisierte» Version nicht in der altfranzösischen Originalsprache auf uns gekommen ist,
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Man denke etwa an Chrétien de Troyes (der auch für den Grafen Philipp von Flandern schrieb), Gautier d’Arras (der für die Grä¿n von der Champagne schrieb, obwohl Arras bis 1184 den Grafen von Flandern gehörte) oder an den späteren Veldeke (der nicht mehr speziell für seine Maasländer, sondern möglichst überdialektal für hochdt. Rezipienten dichtete). Wahrscheinlich war die Erscheinung sogar viel weiter verbreitet, und uns fehlt nur die hier jeweils nötige doppelte Information. Van den Berg (1987, 13). Spijker (1990, 203–227, 261s. und andere Stellen, die in ihrem Index unter «orale overlevering», «orale verhalen» verzeichnet sind). Thomas (1962, I 19–136, speziell 136: Mss. DZPN). Andere Forscher setzen auch die Handschrift L noch ins 13. Jahrhundert.
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ist also nicht erstaunlich, zumal auch die fKMS I nicht in der afrz. Originalsprache auf uns gekommen ist.35 Ein Unterschied zwischen beiden Texten bedarf noch der Diskussion. In der KMS I ist Aja, die Witwe des Werner von Pierrepont, eine Grafentochter aus dem benachbarten Laon – ein Detail, das wohl einfach dem ständigen geographischen Wahrscheinlichkeitsdenken des Autors entspringt. In nR hingegen ist sie Karls des Großen Schwester, König Pippins Tochter. Man ist geneigt, dass für den Gipfel der pierrepontischen Er¿ndungen zu halten. Doch diesmal liegt die Sache nicht ganz so einfach. Denn schon in Frankreich wird diese Herkunft Ajas kurz von Aubri von Troisfontaines bezeugt36 und innerhalb von fR einmal ganz nebenbei von den Mss. DP vorausgesetzt: «Et mult en fu loez del boen reis Karlemaine, Mult par aime Renaut ¿lz sa seror germaine.»37
Nach Thomas’ Stemma für den Ardennen-Teil38 muss die Aussage in den Archetyp gehören, aber früh verloren gegangen sein. Andererseits sagen aber die Mss. DPNL einmal auch, dass Karl mit Haimons Söhnen durch Haimon selbst verwandt sei,39 und diese Bemerkung muss ebenfalls in den Archetyp gehören. Der Widerspruch zeigt, wie wenig Wert man dieser Verwandtschaft damals noch beimaß selbst in den Handschriften, die sie überhaupt erwähnen. Die Verdichtung einer epischen Handlung durch Er¿ndung einer Verwandtschaft der Beteiligten untereinander oder mit der Herrscherdynastie (bis hin zur Konstitution ganzer Zyklen) ist eben eine schon so gängige Technik, dass sie gelegentlich als Nebenidee au petit bonheur gehandhabt wird. Da nun keine Handschrift von fR je Pierrepont erwähnt, fehlt dort ein Beweis für die Beteiligung der Familie. In nR hingegen ¿nden wir dieselbe Idee geschickt schon in den Eingangsteil integriert: Nach ihrer ersten Auseinandersetzung gibt Karl seine Schwester Aja dem Haimon zur Frau als Unterpfand der Versöhnung. Mit anderen Worten, nicht das Motiv selbst, wohl aber seine sinnvolle Verwendung ist koextensiv mit der Erwähnung von Pierrepont, d.h. mit dem literarischen EinÀuss des Hauses Pierrepont: So Àoss jetzt in ihren Adern nicht nur das Blut von Karls Seneschall Haimon, das Blut von Karls Freund Naimes und das Blut des Märtyrers Reinolt, sondern schließlich auch Karolingerblut. Ein wahrhaft erfolgreiches literarisches Patronat!40 35
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Retrospektiv wird man eine ähnliche Lösung dann auch für den Floovant bzw. Flovent annehmen. Ed. Pertz/Scheffer-Boichorst (1874, 723). Ed. Thomas (1962, I, Ms. D v. 95; II, Ms. P v. 94); ed. Thomas (1989, v. 935). Thomas (1962, vol. I, p. 190). Ed. Thomas (1989, vv. 9423s. und Thomas’ Anmerkung zur Stelle). Und vielleicht hat es nicht einmal damit sein Bewenden. Bei einer erneuten Lektüre des Garin le Loherenc ¿el mir eine Szene auf (vv. 2295–2352), die wohl zu Recht schon vom ersten Herausgeber Paulin Paris und noch von der letzten Herausgeberin Anne Iker-Gittleman (p. 28s. ihrer Edition) aus narrativen Gründen als Interpolation angesehen wurde, obgleich sie in allen erhaltenen Handschriften steht. In der Königspfalz von Laon war unter den Augen des machtlosen Pippin ein Streit zwischen Garin und Fromont zu einem Gemetzel zwischen den anwesenden Parteigängern beider eskaliert; Garin wäre getötet worden, wenn nicht sein Neffe Hernëis von Orléans durch Gottes Fügung gerade in diesem Augenblick aus einem lehnsrechtlichen Grunde mit 140 Rittern zum König gekommen wäre, sofort die Situation
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Um hier eine zu starke Vereinfachung zu vermeiden, wollen wir uns auch die zweite Hälfte der KMS I ansehen. Die meisten Szenen kann man interpretieren als sorgsame, aber unaufdringliche Vorbereitung des Rolandsliedes, so dass es fast unmöglich ist, den Ursprung der Information festzustellen. Doch es gibt eine Ausnahme, auch sie bis heute unentdeckt. Der Autor erzählt uns viel über Karls Schwester Gisela, in der KMS I Gilem, Gelem (aus dem afrz. Obliquus Gilain, nicht selten Gilein geschrieben). Nachdem ihr Bruder sie zum Inzest verleitet hat, wird sie zuerst mit Milo von Angliers verheiratet, der auf diese Weise Rolands of¿zieller Vater wird (36/AB33), dann nach Milos Tod mit Ganelon (54/A51). Soweit sind die Ereignisse auch aus anderen legendären oder epischen Quellen bekannt. Doch die KMS I fährt fort: ‘Gelehrte Leute’ fanden nach einiger Zeit heraus, dass Ganelon und Gisela in verbotenem Grade miteinander verwandt waren; die Ehe wurde aufgelöst, und Gisela heiratete den Herzog Eberhard (EfrĊd Loth zweimal, EfrĊè, Efrarè Unger), dem sie einen Adalhard (Adalrad Loth, Aèalraè Unger) und einen Eberhard (Efrad Loth, Efrarè Unger)41 gebar, während Ganelon Eberhards Schwester Geluviz heiratete. Diese Elemente sind weder aus einer anderen Erzählquelle bekannt noch haben sie in der KMS I eine erkennbare narrative Funktion; gerade deshalb darf man sie a priori verdächtigen, auf lokalen bzw. gelehrten Erinnerungen zu beruhen. Und in der Tat, für jeden, der mit den Genealogien der karolingischen Adelsfamilien des 9. Jh. auch nur ein wenig vertraut ist, kann es keinen Zweifel geben. Gisela, die Schwester König Karls [in der Realität: des Kahlen] heiratete einen Herzog Eberhard, und unter beider Kindern gab es sowohl einen Eberhard, der jung starb, als auch einen Adalhard, welcher Vogt – für jene Zeit heißt das fast: Besitzer – der Abtei Cysoing im frankophonen Teil der damaligen Grafschaft Flandern wenige Kilometer südöstlich Lille wurde. Mehr noch: In Eberhards Familie muss auch der Frauenname Heilwig(is) gängig gewesen sein. Wir dürfen das daraus erschließen, dass eine Tochter des Ehepaares diesen Namen trug, der in der Karolingerfamilie der Mutter völlig unbekannt war. Da neue Namen in damaligen Hochadelsfamilien – von gelegentlichen
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richtig eingeschätzt, Garin herausgehauen und Fromonts Parteigänger in die Flucht geschlagen hätte. Mit dem auffälligen Satz Huimés dirons d’un gentill chevalier [...] beginnt nun die narrative Doublette: Unabhängig von Hernëis hat auch ein bisher nie erwähnter Vetter Garins, Henri de Montagu, soeben von dem Gemetzel im Königspalast erfahren (Montagu ist hier also zweifelsfrei, wie auch die Herausgeber erkannt haben, Montaigu-en-Laonnois) und eilt mit seinen vierzig Rittern herbei, wo er noch den Rest (le remanant) der FromontAnhänger vernichten kann; dann fordert er in einer wohlgesetzten Rede von 36 Versen den König zur Verfolgung der Entkommenen auf. In den verbleibenden 16000 Versen des Garin wird er zwar noch neunmal als Komparse genannt, doch würde ich mit Iker-Gittleman einen Herrn von Montaigu-en-Laonnois als Promotor der letzten Arbeiten an dem Epos vermuten. Der Gerbert de Metz ist vor 1210 fertiggeworden, der Garin le Loherenc dürfte ein bis zwei Jahrzehnte älter sein; doch könnten an ihm oberÀächliche Änderungen von letzter Hand noch nach 1200 erfolgt sein. Sollte hier nicht die Familie derer von Pierrepont-und-Montaigu auch jenem anderen Zweig ihrer Ahnenschaft, dem sie den Besitz ihrer zweiten Burg verdankte, ein literarisches Denkmal verschafft haben? Intersonorisches -f- bezeichnet im An. den Laut /v/. Das zweite -r- ist in der an. Überlieferung zumindest teilweise in Dissimilation gegen das erste -r- gefallen; da es bekannte Namen auf -fred wie Alfred u.ä. gab, wurde das singuläre -frad teilweise durch das bekanntere -fred attrahiert.
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Heiligennamen abgesehen – sehr selten, die ererbten Namen hingegen meist in jeder Generation vertreten sind, ist es recht wahrscheinlich, das der historische Herzog Eberhard auch eine Schwester dieses Namens hatte. Diese Heilwig(is) tritt uns als Eberhards Schwester Geluviz42 in der KMS I entgegen. Insgesamt erscheinen hier also fünf bis sechs Personen (Karl-Gisela-Eberhard und wohl -Heilwig in der ersten, Adalhard-Eberhard in der zweiten Generation) mit richtigem Namen und richtiger Familienbeziehung, so dass von Zufall nicht die Rede sein kann. Nun hatten Eberhard und Gisela die Abtei Cysoing als ihre Hausabtei gegründet, als spirituelles Zentrum und Begräbnisort für die ganze Familie. Doch da der Hauptzweig der Familie sehr bald vielmehr im fernen Nordost-Italien heimisch wurde,43 machte die Abtei zwei schwere Jahrhunderte durch. Im 12. Jh. blühte sie wieder auf, jetzt zum Teil durch Schenkungen der Grafen von Flandern. Das meiste, was heute über Eberhard, Gisela und ihre Kinder bekannt ist, stammt aus den frühen Urkunden von Cysoing.44 Zudem dürften im 13. Jh. auch noch die Gräber der Gründerfamilie sichtbar gewesen sein; jedenfalls wurde der Gründer Eberhard in Cysoing nahezu als Heiliger verehrt. Deshalb dürfen wir sicher sein, dass die Information in der KMS I aus Cysoing stammt. Wir brauchen dabei nicht zu entscheiden, ob die Mönche ihre Gisela wirklich für die Schwester Karls des Großen statt Karls des Kahlen hielten oder ob sie sie wissentlich in eine glorreichere Generation transferierten. Auch hier, gegen Schluss der KMS I, ¿nden wir also ein eindeutig belgo-romanisches Element; doch zeigt sich zugleich, dass Lüttich wohl der dominierende, aber nicht der einzige stofÀiche Ausgangspunkt der fKMS I war. Kamen nun die Materialien zwar hauptsächlich aus Lüttich nahe der Nordostgrenze des frankophonen Belgien, aber immerhin auch aus Cysoing dicht jenseits seiner heutigen (politischen) Südwestgrenze, mit anderen Worten, war das «Einzugsgebiet» der fKMS I wenigstens tendenziell pan-franko-belgisch statt nur lüttichisch, so ist dasselbe für ihre Verbreitung wahrscheinlich; denn der Autor rechnete doch wohl darauf, denjenigen zu gefallen, von deren legendären Ursprüngen er redete. Dann ist es aber auch nicht mehr unwahrscheinlich, dass der Text der fKMS I bis nach England gelangte, so dass die Emissäre König Haakons ihn, wie die Originale der anderen Branchen der KMS, eben dort auffanden. Darüber mehr bei der skriptologisch-dialektologischen Analyse der fKMS I in Teil IV p. 55–60.
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Mit Verkennung wohl einer geschwungenen H-Majuskel als G-Majuskel. Das Rektus-s ist bei diesem Namen im Afrz. immobilisiert worden: Heloïs, später durch Anhängen von -e klarer femininisiert zu Héloïse (ganz wie Adalheidis > Aaliz, dann Alice). Das -w- zu Beginn des zweiten Namengliedes wird im Afrz. silbisch, wie nicht nur Héloïse, sondern z.B. auch Bald(e)win > Baudouin, Raginward > Rainouart, Hard(e)win >Hardouin zeigen. Die Namen auf -wig(is) und die auf -wid(is) vermischen sich schon vor Beginn der afrz. Überlieferung, so dass wir auch bei unserem Namen mit einer Nebenform auf -z statt -s rechnen dürfen. Die Literatur über diese Familie, die nach dem Spitzenahn oft ‘Unruochinger’ genannt wird und deren Geschichte in Italien in der Person des Königs (seit 888), schließlich Kaisers Berengar (915–924) kulminierte, ist sehr umfangreich. Siehe im LdM die Artikel Cysoing, [3] Eberhard und Unruochinger (mit Lit.). Ein Stemma aller oben erwähnten Personen ¿ndet man z.B. bei Werner (1965–67, 447, 452 und Tafel am Bandende). Siehe de Coussemaker (1886, 1–11, Nr. 1–6).
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III. Die altfranzösische Vorlage und das Imperium
Abstract: Die gesamte fKMS I zeigt eine Vielzahl von Erzählelementen, die erst aus dem Bewusstsein eines romanopohonen Reichsfürsten, speziell eines Lütticher Bischofs als Suffragans des Kölner Erzbischofs, verständlich werden. In der KMS I gibt es mehrere Faktoren, in denen sich das Bewusstsein der Zugehörigkeit zum französischen Sprachraum und damit eine kulturelle Orientierung nach Westen manifestieren. Indem der Autor, wie p. 37s. gezeigt, auch aus dem Kloster Cysoing im frankophonen Teil des zum regnum Franciae gehörigen Flandern Informationen bezieht, überschreitet er die Grenzen des Imperiums um einige Dutzend Kilometer zugunsten einer – im 13. Jh. durchaus plausiblen – pan-frankobelgischen Perspektive. Außerdem gibt es in der KMS I einige Aussagen, die, historisch verständlich, Frak(k)land/Franz bzw. Valland als das Kernland schon von Pippins (1/B1), dann von Karls Reich (49/A46, 50/A47) erscheinen lassen. Ganz explizit ist speziell die Feststellung (20/A20), dass Ualland ‘Welschland’, also jedenfalls das heutige Frankreich plus Wallonien,1 den ersten Rang im ganzen Reiche des Kaisers einnehme.2 Ebenso ist der KMS I die Tatsache bekannt, dass Pippin und seine Frau Berta in ‘Pa-
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Dass Wallonien zu Franz gehört, folgt z.B. daraus, dass der Bau einer Burg am ZusammenÀuss von Sambre und Maas Franz zur Ehre gereicht (25/AB24). Mit dem heutigen Begriff ‘Wallon(ie)’ ist Val(land) zwar letztlich etymologisch identisch, insofern es den ältesten germ. Wortstamm für ‘Romanen (Romania)’ enthält, aber an eine sachliche Beschränkung auf ‘Wallonie’ ist in der KMS (trotz Patron-Godefroits Frage s.v. Frackland ihres Namenindex) nicht zu denken. Freilich steht dieser Satz in einem bemerkenswerten Zusammenhang: Um eben diesen Primat von ‘Welschland’ anzuzeigen, lässt Karl auf seinem Palast in Aachen einen Adler anbringen. Da in der KMS I anders als bei den historischen Ereignissen von 978 (zu ihnen Teil IV p. 119) von der Blickrichtung des Adlers keine Rede ist, soll schon seine bloße Anwesenheit seine Botschaft vermitteln: In der Tat wird man durch die Königskrönung in Aachen zum König von Franz (49/A46). Allem Anschein nach rechnet die KMS I also Aachen noch zu Valland/Franz, möglicherweise in bewusster Gegenposition zu Barbarossas Feststellung von 1166, dass Aachen caput regni Theutonici sei (cf. LdM s.v. Aachen). Historisch gesehen, be¿ndet sich dabei die KMS I in allerbester Gesellschaft: Nach Karls eigenen Reichsannalen kehrte der König 795, 796 und 797 aus Sachsen in Gallias zurück, wo er dann in Aquis das Weihnachtsfest feierte. Wie weiter oben schon erwähnt, vertritt Gysseling (1960, 1139s.) mit toponymischer Argumentation sogar die Auffassung, dass im Raum um Aachen und Vaals bis etwa ins 10. Jh. eine romanische Sprachinsel bestand. Auch das Rolandslied (vv. 36, 135, 2556 und speziell 3706) rechnet Aachen als Hauptsitz Karls noch zur France im engeren Sinne (Kernland des Karlsreiches, nicht Karlsreich schlechthin). Wahrscheinlich hatte die fKMS I sowohl für Franz wie für Valland einfach France.
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ris’3 – gemeint ist Saint Denis – begraben sind (33/A31/B30). Und wenn Karls Heere im Süden kämpfen, gegen Vienne (39/A36) oder gegen Spanien (51/A48), bestehen sie, ohne dass eine weitere Erklärung nottut, aus Valer/Valir ‘Romanischsprechern’, also de facto Franzosen. Aber dieses Wissen wird in vielfältiger Weise überlagert durch Bezüge innerhalb des Imperiums des 13. Jahrhunderts. Die KMS I übersetzt zwar zweifellos aus dem Französischen, bezieht aber ihre Informationen, wie wir gesehen haben, zumindest großenteils aus den romanischsprachigen Teilen des Imperiums, nicht aus dem regnum Franciae: Die gesamte Basin-Handlung wird aus einer essentiell lüttichischen Perspektive erzählt; die in der KMS I aufgezählten Lehen liegen am dichtesten zwischen Rhein und Maas (wobei das geographische Detailinteresse dann an einer Linie Zuiderzee-Rhein-Südgrenze des Bistums Trier abrupt abbricht); die Beschreibung von Aachen weist zwar nicht im Prinzip,4 wohl aber in ihrer topographischen Ausführlichkeit auf ortsnahe Information; die Haimon- und Rembalt-Handlung und die Fabelei über Namur sind durch die Initiative eines Fürstbischofs von Lüttich in die KMS I gelangt. Es lohnt sich, diesen Aspekt noch systematischer durch den Text zu verfolgen. Schon als der attentatsgefährdete Karl sich in den Ardennen verbergen muss, lässt er mit seinen Schwestern auch deren beide Hofdamen, Alda (an. Oden < afrz. Obliquus Audain < Aldain), die Tochter des Bayernherzogs Odilo (an. Videlun < afrz. Huidelon/Uidelon),5 und Beatrix, die Tochter eines Grafen von Alemannien, zu sich kommen; Odilos Sohn Naimes (an. Namlun Aa, NaÀun Bb)6 ist als Karls engster 3
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Die KMS I schreibt Aarieborg A, Aries borg B (wobei borg, wie bereits erwähnt, ein stereotyper Zusatz des altnordischen Textes zu den Städtenamen ist); in einer gemeinsamen Vorstufe von A und B war also die P-Initiale zu malen vergessen worden oder unleserlich. Aebischer (1972, 37, 142, übergegangen in Patron-Godefroits Namenindex) fragt gar nicht nach der historischen Realität (Vita Karoli 18), sondern will den Ort mit der Eresburg, der berühmten sächsischen Festung, identi¿zieren. Aber die war doch bei Pippins Tod noch lange nicht in fränkischer Hand – wie und warum hätte man seine und seiner Frau Leiche später ausgerechnet dorthin bringen sollen? Beispielsweise zeigen die realen Ereignisse von 978 mit der zweifachen Umwendung des Adlers auf dem Kaiserpalast (cf. dazu Teil IV p. 119) die hohe symbolische Bedeutung der Stadt noch in spätkarolingisch-französischer Perspektive; auch das im regnum Franciae entstandene Rolandslied kennt Aachen mit 19 Nennungen als in France gelegene Hauptresidenz Karls mit seiner capele, seinen Bädern und einem perrun; mehrere weitere Epen (so das Couronnement Louis, Aspremont, die Saisnes, Renaut de Montauban schon in der Fassung Douce) kennen Aachen als Karls Residenz oder nennen ihn sogar den König oder Kaiser von Aachen– aber weder bei der historischen noch bei der literarischen Huldigung an Aachen kann man von einem lokal-topographischen Interesse sprechen, wie es in der KMS I vorliegt. Der Huidelon/Uidelon von Bayern der altfranzösischen Epik ist zweifellos der historische Bayernherzog Odilo (736–48). Er kam mit Karl [Martell] gut aus, Àoh sogar in einer Notsituation zu ihm; cf. LdM s.v. [1] Odilo. Es sei daran erinnert, dass Gaston Paris (1886, 150s.) die Namensformen mit -l-, also afrz. Namle(s), Namlon, Naimlon (und abgeschliffenes oder durch Übersehen einer Tilde entstandenes Nales, Nalon), dazu das konsequente Namlun (A), Namulun (a) des älteren Zweiges der KMS I, für die ursprünglichen hielt; der Fall des -l- in Naimes ist dann ähnlich zu beurteilen wie der in Guenes < Wenilo. Zugrunde läge also, um weiter mit Paris zu sprechen, nicht (dominus) Haimo, sondern (dominus) Amalo (hier hätte Paris zudem auf
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Vertrauter ohnehin anwesend (1/B1) oder in der Nähe (4/B4). Als Karl sich in seinem Versteck von dem ortszuständigen Erzbischof von Trier7 ¿rmen lässt (3/B3) und dabei seine Absicht kundgibt, sein Reich jetzt nach dem Tode seines Vaters neu zu organisieren, entbietet sich der Erzbischof sogleich, den Bayernherzog und den Alemannengrafen herbeizuholen, ‘die größten Herren in Deutschland, kluge Männer und gute Ratgeber’. Doch siehe, beide Magnaten, beunruhigt durch das Untertauchen Karls und der Damen, sind auf der Suche ohnehin schon ganz in die Nähe von Karls Versteck gelangt (5/B4). Naimes bleibt auch weiterhin Karls aktivster Ratgeber; so macht er die entscheidenden Vorschläge bei der Anlage von Aachen (11/B9), entwaffnet als Erster einen der Verräter (23/AB23), wird mit Lehen belohnt und erbaut bei dieser Gelegenheit das (angeblich) nach ihm benannte Namur (25/AB24), vermittelt zwischen Karl und dem übereifrigen jungen Roland (39/A36/B37), hilft, das Duell zwischen Roland und Olivier zu unterbinden (41/A38/B38, 42/A39/B38), und sucht vergeblich durch einen weltklugen Rat die Entstehung von Ganelons Hass auf Roland zu verhindern (56/A53). Als Komparse erscheint auch ein jüngerer Bruder von Naimes (37/AB34): Er heißt in A Veler, in B Vildri, in b Veldre. Doch gehen diese Formen einfach zurück auf afrz. (H)uidle(s)/(H)uidre(s), den Rektus zu (H)uidelon; wie so oft heißt hier also der zweite Sohn nach dem Vater. Karl selbst heiratet schließlich Naimes’ Schwester Alda (hier an. Adeini < altnordost- und ostfrz. Adain ~ altzentralfrz. Aldain), die ihm
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den Herzog Emelon de Baviers/Baviere im Floovant hinweisen können!) – oder auch Amalungus, denn beide Namen sind in der Galloromania des 8. bis mindestens 10. Jh. (auch in deren Südteil) bekannt (Morlet 34s.). ‘Amaler’ (Amalae schon bei Jordanes, Getica V 42) sind ursprünglich die Mitglieder der ostgotischen Königssippe, ‘Amelungen’ (mhd. Amelunge, an. Aumlungar, *O Þ mlungar) zunächst dasselbe, bald aber auch – so im mhd. Nibelungenlied und in der an. ìièriks saga af Bern – die (dem Amaler Dietrich von Bern unterstehenden) Ostgoten schlechthin (Gillespie 1973 s.v. Amelunc (1)). In einer Regensburger Glosse des 12. Jh. schließlich wird Amalunge sogar erklärt als ‘die Bayern’ (Müllenhoff 1865, 415) – und hier wird es dann schwer, an eine zufällige Übereinstimmung mit dem Namen des epischen Bayernherzogs zu glauben. Die von einem posthum gedruckten Manuskript Adalbert Hämels (1955 passim) ausgehende These, Naimes sei ursprünglich Herzog von Bayonne statt von Bayern gewesen, ist beweisbar falsch (grundsätzlich richtige Einschätzung bei de Mandach 1993, 41s.; im Pseudo-Turpin hat sich ‘Bayonne’ in Kap. 11 noch in keiner [!] Handschrift ¿nden lassen, in Kap. 29 ist es inhaltlich absurd; mir fehlt hier der Raum für eine ausführliche Widerlegung). Und dass im Rolandslied ein Lehen bei Naimes ebenso wenig wie bei anderen Hauptpersonen – Roland, Ganelon, essentiell auch Olivier – genannt wird, erklärt sich daraus, dass der Dichter eine Interpretation seiner Erzählung als Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Teilen des Frankenreiches (man denke etwa an die späteren Mayençais als Verräter-vom-Dienst) durchaus vermeiden will. Dazu cf. oben p. 8s.
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nach zwei Jahren Ludwig (an. Löÿver)8 gebiert (49/A46).9 Kurzum, sowohl in einer Gefahr als auch bei dem Gedanken an dereinstige Erben wendet sich Karl spontan nach Süddeutschland. Ähnlich enge Beziehungen Karls zu einer Familie in «Welschland» sucht man vergebens. Auffällig großzügig ist Karl auch (in 26/AB25) gegenüber seinem Schwager Rembalt von ‘Friesland’ (wobei dieser Begriff bis mindestens 1100 ohnehin auch das heutige Nordholland einschloss). Rembalt erhält als Mitgift seiner Frau Belissent10 nicht nur ‘das [Küsten-] Land bis hin nach Dänemark’ – der Erzähler weiß offensichtlich, dass sich in Deutschland das ethnische Friesentum bis östlich der Wesermündung und noch einmal nördlich der Elbmündung bis zur dänischen Grenze ausdehnt –, sondern auch die Waes und die Vier Ämter samt Aardenburg. Die Waes gehörte im 9. Jh. mit (Kern-) Flandern zum Westreich, stand aber um 1000 einige Jahrzehnte unter Grafen von Westfriesland, ging dann mit Aalst zusammen und zählt dadurch im 13. Jh. zu dem kleineren, zum Reich gehörigen Teil der Grafschaft Flandern. Die nordwestlich angrenzenden Vier Ämter gehörten kirchlich schon (wie Westfriesland) zum Bistum 8
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Aebischer (1972, 51), Hieatt (1975–80 ad loc., fragend), Patron-Godefroit (KMS 1980, Namenindex) und Lacroix (2000 ad loc.) übersetzen diesen Namen zu Unrecht als Lohier ‘Lothar’, während ihn schon Storm (1874, 37), Halvorsen (1959, 44 n. 32) und speziell Foote (1959, 27s.) richtig als ‘Ludwig’ erklären. Woher sollte denn sonst das -v- kommen? Und wieso sollte im Dativ L͗dvi (56/A53) das -r fehlen, wenn es zum Stamm gehört? Es handelt sich um eine durchaus regelgemäße Wiedergabe jenes fränkischen Namens, der im 5. Jh. als westgerm. ChlǀdowƯg in die Geschichte eintritt, im späteren 8. Jh. von Karl dem Großen für seinen Sohn Ludwig (Hludovicus, Ludovicus) in bewusster Aufnahme der merowingischen Königstradition gewählt wird, im 9. Jh. in regulärer Lautentwicklung als afrz. Lodhuu(u)ig und ahd. Ludhuuig belegt ist (so in den Straßburger Eiden) und schließlich zu Louis bzw. Ludwig wurde. Denn das Element -wƯg erscheint (bereits im Germ. als unbetontes zweites Namenglied fakultativ gekürzt zu -wƱg, Kaufmann 1968, 401s.) schon in merowingischer Zeit, aber auch später in der Galloromania neben -vicus sehr häu¿g als -ve(ch)us; cf. Morlet s.vv. Adelveus, Amalveus, Hartveus, Heriveus, Chlodovechus, Merovechus/Maroveus, Nortveus, Odelveus, Ratveus, Ragenveus, Ricveus. Eine ähnliche Liste bei Foerstemann (1901, 1577) s.v. VIGA (und cf. dort im Art. Chlodovech, 855ss., die häu¿ge, bei Morlet fehlende Schreibung Chlodoveus). Im An. wird daraus (mit -r als Nominativendung und w-Umlaut) (H)löÿver; so etwa im Wielandlied der Edda 10.6, 14.6 (H)löÿver ‘Chlodwig’, cf. z.B. Genzmers Übersetzung (1979, Anm. zu 14.6), oder in den isländischen Annalen Löèvér hinn mildi ‘Ludwig der Fromme’ (zitiert nach Foote 1959, 28). Möglicherweise ist also der Name (zunächst an die Person Chlodwigs I. geknüpft) schon in merowingischer Zeit in das An. gewandert und hat auch dort (für Frankenkönige) eine kontinuierliche Geschichte. Andererseits ist wahrscheinlich zu konzedieren, dass der Name in Dänemark schon im Spätmittelalter als ‘Lothar’ missverstanden werden konnte, cf. unten Teil V p. 213 s.v. Lodarius. Außer der Erinnerung an Odilo sind hier wohl noch andere vage geschichtliche Reminiszenzen am Werk. Karls Frau Hildegard, die Mutter Ludwigs des Frommen, war Enkelin eines (mit den Bayernherzögen anscheinend eng verwandten) Alemannenherzogs und Tochter eines in Alemannien tätigen und dort reich begüterten Grafen; nach der Absetzung der bayrischen Herzogsdynastie machte Karl Hildegards Bruder sogar zum praefectus Baioariae. Da die germ. Hild-Namen in der Galloromania oft als Eld-Namen erscheinen (cf. Morlet 129–132, 166 etwa Eldiardis, Eldegundis, Eldegarius, Eldricus, Elduinus, Maheldis) und die germ. Ald-Namen dort auffällig häu¿g sind (Morlet 30–32: Aldiardis, Aldegundis, Aldegarius, Aldricus, Aldoinus, dazu afrz. Mahaut), darf man vermuten, dass manchmal Eld- > Ald- umgedeutet wurde; Alde könnte hier also auf Hilde(gard) zurückgehen. A schreibt zunächst in 26/AB25 versehentlich Gelein (in krassem Widerspruch zu seiner späteren Erzählung von dieser Karlsschwester, 36/AB33), hat aber in 33/A31/B30 das richtige Belisent.
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Utrecht, aber politisch ebenfalls zunächst zu Kern-Flandern, wo sie seit dem späten 12. Jh. eine gewisse rechtliche Autonomie genossen, um dann im 13. Jh. ebenfalls zu ReichsÀandern gerechnet zu werden. Auf beide Territorien erhebt im frühen 13. Jh. auch die Krone von Frankreich noch lehnsrechtlichen Anspruch.11 Wenn nun unser Erzähler von der Vorstellung ausgeht, dass diese Gebiete einst (unter Karl dem Großen und damit eigentlich, gerechterweise) nach Norden orientiert waren, leistet er damit automatisch zugleich der Auffassung Vorschub, dass sie zum Imperium gehören. Weiterhin hat in der zweiten Hälfte der KMS I nur eine einzige Episode überhaupt keinen Zusammenhang mit dem Rolandslied: die kurze Erzählung vom Schwanenritter, der in Nijmegen12 ankommt, von Karl als ihm von Gott gesandt betrachtet wird13 und bald die Hand seiner Schwester Adelheid samt dem Herzogtum Ardennen erhält (48/A45). Da die Schwanenrittersage in zweien ihrer drei frühesten Zeugnisse (nämlich bei Wilhelm von Tyrus und in der Chanson d’Antioche) die Funktion hat, die Herkunft der Mutter Gottfrieds von Bouillon – der Ida, Erbin von Bouillon in den Ardennen – zu erklären,14 darf man vermuten, dass sie eine ganz ähnliche Funktion 11 12
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LdM s.vv. Vier Ambachten und Wasland [sic]. Die Vorbereitung eines Hoffestes in Nijmegen wird am Ende von 47/A44 thematisiert; zu Anfang von 48/A45 blickt Karl dann schon auf den Rhein hinaus. Dass dazwischen ein Einzelsatz eine Art Umweg Karls über seine Hauptresidenz Aachen in etwas unklarer Weise erwähnt, ist sichtlich eine bloße Ungeschicklichkeit des nordischen Übersetzers. Unnötig weitläu¿ge Diskussion bei Aebischer (1972, 74s.). In Aebischers Übersetzung von 48/A45 fehlt ärgerlicherweise auf Rolands Frage, was für ein Mann der Neuankömmling sei, Karls Antwort, der sei ihm von Gott geschickt, cf. Gilbert/van Emden (1973, 153). LdM s.v. Lohengrin. (Den dritten dort genannten Text, den Brief 23 des Guido von Bazoches, lasse ich beiseite, da der Herausgeber Adolfsson [1969, 95 und 281] die darin enthaltene Anspielung wohl zu Recht auf Balduin II. von Hennegau statt auf Gottfrieds Bruder Balduin bezieht.) Die Sage speist sich inhaltlich, wie der genannte Artikel betont, aus alten mythischen (oder doch Märchen-) Motiven; funktional gehört sie aber zur Sagengruppe vom nicht mehr hinterfragbaren, weil aus der Fremde gekommenen Spitzenahn. Ihre Festigung auf Gottfried von Bouillon darf man sich wie folgt vorstellen. Zu Beginn des Ersten Kreuzzuges konnte niemand voraussehen, dass dieser zum ersten Souverän eines christlichen Reiches Jerusalem aufsteigen würde. Doch an der Eroberung Jerusalems nahmen Hugo von Franzien und Bohemund nicht teil, Robert von der Normandie und Robert von Flandern bereiteten sich gleich danach auf die Heimkehr vor, Raimund von Saint-Gilles verfehlte die Königswürde teils durch die Aversion anderer Kreuzzugsteilnehmer, teils durch eine unzeitige Bescheidenheitsgeste; erst so ¿el die Wahl auf Gottfried. Sein Tod schon im folgenden Jahr entrückte sein Bild endgültig parteilicher Missgunst und kam dadurch seiner posthumen Glori¿zierung durchaus entgegen. (Auch die Chanson d’Antioche und die Chanson de Jérusalem schildern ihn nicht als den militärisch Hervorragendsten, sondern als den charakterlich Würdigsten, der schließlich beim Verzicht der anderen von Gott erwählt wurde; cf. Arrignon 2005, 174–77.) Gottfried war väterlicherseits Spross der eher unauffälligen Grafenfamilie von Boulogne. Die Herzogswürde kam ihm über seine Mutter von seinem Onkel zu, der sie nur wenige Jahre und ohne Glück innegehabt hatte, und von seinem Großvater, der in Lothringen kürzer und weniger erfolgreich gewirkt hatte als in der Toskana; in der Generation davor war die Familie erst von Verdun nach Niederlothringen und von der Grafen- zur Herzogswürde gekommen. Das sich so bietende Bild war diffus genug, um vor einem ¿ktiven Spitzenahn, zunächst in der Generation des mütterlichen Großvaters, zu verblassen. In der Folgezeit wird die zeitliche Anknüpfung an einen Kaiser als Lehnsgeber des Schwanenritters schwanken (ebenso die Lokalisierung nach Nijmegen oder Mainz); doch mit der Zurückversetzung bis in die Zeit Karls des Großen steht unser Erzähler wohl allein. Zum Thema ‘Spitzenahn’ cf. noch Teil IV p. 118.
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implizit auch hier hat: Gottfried selbst kann zwar infolge der chronologischen Begrenzung der KMS I auf Karl den Großen nicht genannt werden; aber die zugehörige Sage, die nicht wenig zum Selbstverständnis und zum Ruhm des frankophonen Teils des damaligen Imperiums beitrug, ist in ihrer hier an Karl den Großen geknüpften Form dem Erzähler zu wichtig, als dass er sie übergehen möchte. Wenn ferner Karl zu seiner Kaiserkrönung nach Rom außer seinem Hofstaat und zwei französischen Bischöfen ‘aus Saxland hunderttausend Ritter’15 mitführt (35/ AB32), so mag das eine Erinnerung sein an den Romzug des aus Sachsen stammenden Kaisers Otto IV. vom Jahre 1209; trotzdem ist die Formulierung nur denkbar bei einem Autor aus dem Imperium. Denn derartige Krönungszüge waren ja nicht nur der periodische Albtraum der Italiener, sondern auch im regnum Franciae ein Ärgernis, das immer wieder schmerzhaft an den Übergang der Kaiserwürde aus der Francia nach Deutschland erinnerte. Leicht tendenziös-prokaiserlich ist dann auch der Bericht über die Kaiserkrönung selbst (35/AB32). Denn in der Wirklichkeit des späteren 12. und frühen 13. Jh. erfolgte die eidliche Selbstdarbringung des Kandidaten an Gott und den Heiligen Petrus nicht nach der Krönung als eine gleichsam freiwillige Dankesleistung, sondern vor der Krönung als deren Voraussetzung; der Gekrönte setzte sich auch auf keinen ‘Thron Petri’, sondern auf einen Sitz neben und etwas unterhalb des Papstes; und er legte seine Insignien so bald wieder ab, weil er in der Krönungsmesse dem zelebrierenden Papst bei der Gabenbereitung als Ministrant zur Hand ging.16 Als der Karl der KMS I vom Tod des Erzbischofs von Reims und des Bischofs von Orléans (35/AB32)17 erfährt, ernennt er kurzerhand seinen Kaplan Turpin und seinen Sekretär Richard zu deren Nachfolgern, was der Papst dann bestätigt (36/AB33). So wäre in der Tat Karl der Große verfahren (und nur der Erzbischof hätte anschließend sein Pallium in Rom geholt; LdM s.v. Bischof, A. III). Doch seit dem Wormser Konkordat (1122) ist die in der KMS I beschriebene Reihenfolge nur noch im regnum Theutonicum denkbar: Nur dort darf der König/Kaiser bei der Bischofswahl anwesend sein und eine zwiespältige Wahl zugunsten der sanior pars schlichten – was de facto heißt, dass er meist seinen Willen durchsetzen kann; erst auf die weltliche Belehnung folgt die kirchliche Weihe. In Burgund und in Reichsitalien hingegen ist die Reihenfolge die umgekehrte. Auch im Frankreich des 12. Jh. dürfen bei den Bischofswahlen Laien nicht anwesend sein; der König bestätigt zwar das Wahlergebnis, aber wenn er dem Elekt die Temporalien übergibt, verzichtet er auf den Belehnungsakt und begnügt sich mit dem allgemeinen Treueid (LdM s.v. Frankreich, B. III).
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So jedenfalls in A, der älteren Fassung; in B leicht gemildert durch geänderte Wortstellung. Nur an dieser Stelle der KMS I kann Saxland schon ‘Deutschland’ bedeuten, sonst bedeutet es nur ‘Stammessachsen’. Elze (1960, 37, 49, 52, 63, 73, 90; 76, 81, 97; 46, 68, 83, 98). Auffällig ist ferner anlässlich von Streitereien innerhalb Italiens (45/A42), dass Karl zusammen mit den Parteien auch den Papst nach der Maurienne zitieren kann. Zu den paläographischen Problemen der Stelle cf. Teil IV p. 140.
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Aufschlussreicher noch für Milieu und Entstehungszeit der KMS I ist die Gestalt des Fréri18 ‘Friedrich’, Erzbischofs von Köln. Er und sein Bruder Her¿ ‘Herwig’, Herzog von Köln, sind enge Verwandte des Königshauses (7/B5); Herwigs Söhne tragen dementsprechend die prestigeträchtigsten Karolingernamen Pippin und Karl (37/AB34). Sowohl der Erzbischof als auch der Herzog führen Karl Truppen zu, und zwar über die geforderte Anzahl hinaus (7/B5). Der Erzähler weiß also mehr oder minder genau, dass zu Karls Zeiten auch die Bischöfe als Immunisten schon Truppen zu stellen hatten, aber auch, dass sie noch keine Reichsfürsten waren – während um 1200 ja in Köln niemand den Herzogstitel führte als der Erzbischof selbst.19 Unter allen Erzbischöfen im Karlsreich erkennt der Erzähler dem Kölner die Präzedenz zu: Als Karl zunächst in Aachen zum König gekrönt wird (22/A22/B22), zelebriert der aus Rom herbeizitierte Papst die Messe, der Erzbischof von Köln liest das Evangelium (was auch heute in der Messe nur ein Priester oder Diakon darf), der Erzbischof von Trier liest die Epistel (was in der heutigen Messe meist ein Laie besorgt), und die Erzbischöfe von Rouen20 und Reims – von denen der letztere in französischer Perspektive die Krönung vollziehen müsste – dürfen die Kandelaber tragen! Weiter südlich domizilierte Erzbischöfe wie etwa die von Tours und Sens kommen gar nicht ins Bild. Höchst auffälligerweise wird in der ganzen KMS I auch der Erzbischof von Mainz, der Primas aller deutschen Erzbischöfe (LdM s.v. Mainz, col. 135s.), nirgends erwähnt, was man auf Grund der ständigen Rivalitäten zwischen Köln und Mainz nicht für Zufall halten kann.21 Wem wird durch diese Darstellung geschmeichelt? Im 12. Jh. hatte es zwei Kölner Erzbischöfe namens Friedrich gegeben. Friedrich I. (1099–1131) war eine sehr starke Persönlichkeit.22 Mütterlicherseits entstammte er der Grafenfamilie von Sponheim, die durch Einheirat nach Kärnten auch Markgrafen von Istrien und bald auch Herzöge von Kärnten stellte. Väterlicherseits war er wohl ein Schwarzenburger (von Burg Schwarzenburg westlich Cham, im Dreißigjährigen Krieg abgegangen). Nach Studien unter anderem in Frankreich wurde der erst 22–jährige Bamberger Domherr Ende 1099 mit Unterstützung Kaiser Heinrichs IV. zum Erzbischof von Köln gewählt. Als Freund Norberts von Xanten weihte er den späteren Gründer des Prämonstratenseror-
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Lautgesetzlich aus Friduricus. Im Afrz. ¿nden sich auch die Formen Fédri (Moisan 1986 s.v.) und Ferri (seit Ende des 12. Jh. bei den Herzögen von Bitsch bzw. Lothringen) mit Schwunddissimilation des ersten -r- gegen das zweite. Heutiges Frédéric beruht auf einer jüngeren Neuentlehnung aus dem Englischen oder Niederländischen. Die Verleihung des Kölner (in Fortsetzung des niederlothringischen) Dukats an den Erzbischof erfolgte nach manchen Vorstufen endgültig 1151 durch Konrad III. (Dazu kam 1180 bei der Verbannung Heinrichs des Löwen noch der Dukat Westfalen-und-Engern, der aber hier außerhalb des Bildes bleibt.) Cf. LdM s.v. Köln, col. 1266. Verschrieben zu Romeis, was aber als neben Reins ‘Reims’ genannte Erzbistumsstadt nur Rouen sein kann; in 6/B4 ist Rouen sogar zu Roniema B, Romenia b geworden. Umso weniger, als die weltliche Bedeutung von Mainz einmal klar hervortritt: Wenn Ragenfried König und Kaiser geworden wäre, so sollte sein Bruder Heldri Herzog von Mainz und Bayern werden (23/AB23), was doch heißt, dass nach Rom Mainz die wichtigste Stadt im Imperium ist. Wunder (1964, 28) zitiert zustimmend einen Kirchenhistoriker, der von dem «gewaltigen Erzbischof Friedrich» spricht.
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dens zum Priester. Als Freund auch des Abtes Arnold von Morimond (Diöz. Langres) förderte er Altenkamp, das in seiner Diözese gelegene erste Zisterzienserkloster in Deutschland, bald Mutterkloster vieler weiterer Zisterzen. Auch familiär pÀegte er weiterhin seine Verbindungen in den Westen: Zwei seiner Nichten verheiratete er in den französischen Hochadel, die eine um 1126 mit Theobald IV. von Blois-ChartresChampagne, die andere kurz darauf mit Wilhelm III. von Nevers.23 Sein Nachleben aber verdankt der adelsstolze Mann, der in seiner Familienpolitik gleichsam die alte Weite des Karlsreiches verkörperte, einer dritten Nichte, die er kurz vor 1127 mit dem Grafen Adolf (meist als IV. gezählt) von Berg verheiratet hatte. Denn bei Friedrichs Tod ¿el der Blick seiner Sippe und seiner Parteigänger über diese einzige im Erzbistum verbliebene Nichte auf deren nächstverwandten Geistlichen, den Bruder ihres Mannes: Er wurde daraufhin als Erzbischof Bruno II. Friedrichs Nachfolger (1131–1137). Dann kam kurz Friedrichs Mutterseite, die Grafenfamilie von Sponheim, zum Zuge mit Erzbischof Hugo (1137–1138 oder nur 1138). In der nächsten Generation gelangten gleich zwei Söhne jener dritten Nichte Friedrichs auf den Stuhl ihres Großonkels und Onkels: Friedrich II. von Berg (1156–1158) und Bruno III. von Berg (1191–1193). Ihr weltlicher Bruder Eberhard begründete derweil die Seitenlinie Altena(-Mark) derer von Berg; sein Sohn Adolf von Altena war dann, unmittelbar nach seinem Onkel, Kölner Erzbischof von 1193 bis 1205 und mit Unterbrechungen noch bis 1216; er starb 1220. Ihm folgte sein wesentlich jüngerer Vetter aus der Hauptlinie derer von Berg, der vielleicht bekannteste aller Kölner Erzbischöfe: Engelbert von Berg (1216–1225), der übrigens vor seiner Wahl Propst von Sankt Marien in Aachen gewesen war. Es liegt auf der Hand, dass alle diese Kölner Erzbischöfe in ihrem Selbstverständnis wie im Denken ihrer Zeitgenossen eine Quasi-Dynastie mit Friedrich I. als dem ältesten bekannten Ahn bildeten.24 Wenn nun unser Erzähler auch den Kölner Erzbischof zur Zeit Karls des Großen bereits Fréri ‘Friedrich’ nennt, so suggeriert er damit natürlich eine Kontinuität eben dieser Quasi-Dynastie seit Karls Zeiten: Unter dem großen Kaiser konnte es um das Erzbistum personell nicht wesentlich anders gestanden haben als gegenwärtig.25 Doch damit diese Devotionsgeste ansprach und nicht in ihr Gegenteil umschlug, durfte sich der anvisierte reale Verkörperer der Quasi-Dynastie nicht allzu Àagrant von Fréri unterscheiden. In die mutmaßliche Entstehungszeit der fKMS I, die Zeit
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Wunder (1964 passim, speziell 25–28, 30–33, 36, 48s.); LdM s.v. [44] Friedrich. Und zwar in diesen Jahrhunderten die einzige solche Quasi-Dynastie auf dem Kölner Stuhl; nur die Familie von Heinsberg stellte damals wenigstens zwei Erzbischöfe, Philipp (1167– 91) und Dietrich (1208–12). Mit allem Vorbehalt sei hier noch auf einen weiteren Umstand hingewiesen. In Friedrichs I. familiärer Umgebung ist der Name Hartwig auffällig häu¿g: So hießen sein Großonkel, Erzbischof von Magdeburg (1079–1102), sein Onkel, Bischof von Regensburg (1105–26), sein jüngerer Vetter, Bischof von Regensburg (1155–64), und sein jüngerer Halbvetter, Erzbischof von Bremen (1148–68), cf. Wunder (1964, 40). Hartwig ist nicht derselbe Name wie Herwig, doch in Frankreich wesentlich seltener als letzterer (cf. Morlet 124 bzw. 127); nicht ganz auszuschließen ist somit, dass Friedrichs Bruder Hervi seinen Namen einer leichten Umdeutung verdankt.
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von etwa 1200 bis 1240, ragen die Ponti¿kate der Erzbischöfe Adolf und Engelbert. Wie passen beide zu Fréri? Dasjenige Adolfs überhaupt nicht. In der KMS I können nur Verbrecher daran zweifeln, dass Karl durch Geburt das Recht auf Pippins Nachfolge hat; gerade Erzbischof Fréri erklärt lange vor Karls Aachener Königskrönung emphatisch, dass Karl der legitime König sei (8/B6); das Karlsreich ist also für unseren Erzähler ein Erbreich. Adolf war kaum Erzbischof geworden, da trat 1195 Kaiser Heinrich VI. mit dem Ansinnen hervor, seinen einjährigen Sohn Friedrich zum deutschen König krönen zu lassen, und im Frühjahr 1196 sogar mit dem Plan, das Kaisertum erblich zu machen. Adolf wurde zur Seele des Widerstandes, und nach dem Tode Heinrichs VI. 1197 erklärte er die Krönung Friedrichs sofort für nichtig. Seine eigenen Königskandidaten Bernhard von Sachsen und Berthold V. von Zähringen lehnten bald ab; so musste er mit Philipp von Schwaben, dem Bruder Heinrichs VI., verhandeln, focht jedoch 1198 dessen Wahl an und krönte noch im selben Jahr Otto IV. von Sachsen-Braunschweig, nur um Ende 1204 doch zu Philipp überzugehen. Durch Adolfs Politik 1196/97 wurde so dem «freien Fürstenwahlrecht [...] für alle Zeiten im Reich vor dem Geblütsrecht der Vorrang gesichert [...]».26 Von 1205 bis 1212 war Adolf kirchenrechtlich abgesetzt, konnte sich aber in Teilen des Erzstiftes lange halten; 1212 wurde er mit stillschweigender Duldung Innozenz’ III. wieder eingesetzt, bis dieser «1216 eine Neuwahl freigab, die auf Adolfs Vetter Engelbert von Berg ¿el.»27 Kurzum, ein größerer Gegensatz als der zwischen Adolf und Fréri ist schwer vorstellbar. Umgekehrt liegen die Dinge bei Engelbert. Als junger Propst von Aachen hatte er sich noch an Adolf angeschlossen; nach dem französisch-stau¿schen Sieg von Bouvines (1214) trat er zu Friedrich II. über, wurde 1216 Erzbischof und gewann bald Friedrichs Vertrauen so sehr, dass dieser ihn bei seiner Rückkehr nach Italien 1220 zum provisor des deutschen Reiches einsetzte – ein Amt, das Engelbert essentiell untadelig bis zu seiner familiär bedingten Ermordung im November 1225 ausübte.28 Diese Jahre waren überdies wie in der KMS I gekennzeichnet durch einen vollen, fast unheimlichen Frieden zwischen Kaiser und Papst: Friedrich II. war 1212 als «Sohn der Kirche» (so der Papst) bzw. als «Pfaffenkaiser» (so seine Gegner) nach Deutschland gekommen, nahm 1215 das Kreuz und machte noch 1220 in Deutschland den geistlichen Reichsfürsten, in Rom bei der Kaiserkrönung der Kurie Zugeständnisse. Erst 1226 misstraute der Papst erkennbar Friedrichs Oberitalienpolitik, und 1227 bannte er ihn – womit der mehr als vierzigjährige Endkampf zwischen der Kurie und den Staufern einsetzte.29 Zusammenfassend dürfen wir dann feststellen: Der Name Fréri ‘Friedrich’ für den Erzbischof von Köln der KMS I samt der Zeichnung seines Amtes und seiner Tätig-
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LdM s.v. [5] Adolf. LdM art.cit. LdM s.v. [1] Engelbert. Walther von der Vogelweide hat nicht nur dem Lebenden hohes Lob gespendet (L. 85.1ss.), indem er ihn fürsten meister, getriuwer küneges pÀegaere und keisers êren trôst nennt, sondern auch dem Ermordeten eine Totenklage voller Erschütterung und Zorn (L. 85.9ss.) gewidmet. LdM s.v. [2] Friedrich.
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keit ist eine Huldigung nicht nur an die Quasi-Dynastie engverwandter Erzbischöfe, die mit der Wahl Friedrichs I. 1099 begonnen hatte, sondern scheint sich speziell an deren letzten und größten Vertreter Engelbert zu richten. Damit kann die fKMS I nicht vor 1216 entstanden sein; als ihr geistiger Vater kommt am ehesten auch in diesem Kontext der Bischof von Lüttich, Hugues de Pierrepont (1200–1229), in Frage, dem ja nicht unbekannt sein konnte, in welcher personellen Tradition sein früherer Untergebener und neuer Vorgesetzter von Haus aus stand und in welches politische Lager er sich stellte. Freilich sollten wir auch Hugues’ Neffen und Nachfolger Jean d’Eppes (1229–1238) nicht ausschließen. Er hatte zwar schon mit Engelbert keinerlei Berührung mehr und fand bei seinem Amtsantritt eine veränderte Weltlage vor; doch kann er ja die fKMS I ganz im Sinne seines großen Vorgängers, vermutlich Vorbildes, patronisiert haben. Wir können damit unsere Hypothese zur Entstehung der fKMS I einengen: Sie dürfte zwischen 121630 und 1238 in Auftrag gegeben, wenn auch vielleicht noch nicht vollendet worden sein. (In Teil IV, p. 125–127 und 172s., werden wir uns das Problem der Datierung nochmals vornehmen müssen.)
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Selbstverständlich ist der terminus post quem damit vereinbar, dass in der Erzählung gelegentlich Zustände vorausgesetzt werden, die zur Zeit des Erzählers einige Jahrzehnte zurücklagen: So bietet Karls Bote in der Bretagne auch einen Erzbischof auf (16/B14), obwohl Papst Innozenz III. 1199 endgültig dem erzbischöÀichen Status des Bischofs von Dol und damit einem eigenen Erzbistum der Bretagne ein Ende bereitet hatte; ferner begibt sich Karls Bote zu Balduin von Flandern nach Arras (17/A17), obwohl Arras 1184 von Flandern in unmittelbaren kapetingischen Besitz übergegangen war, und Ähnliches mehr.
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IV. Örtlichkeiten, Personen, Ereignisse: Ein fortlaufender Kommentar
Abstract: Dem fortlaufenden Kommentar vorangeschickt ist eine methodische Fundierung. Der Kommentar selbst lässt sich naturgemäß nicht resümieren. Die geographische Präokkupation (und zugleich Genauigkeit) des Autors tritt am stärksten hervor in der großen Lehensaufzählung 6* und 6**/B4. Ausdrücklich hingewiesen sei aber auf die zahlreichen weniger evidenten Indizien einer sehr sorgfältigen Verkettung der Ereignisse: Die erste Hälfte der fKMS I führt hin zur Kaiserkrönung, die zweite Hälfte baut systematisch die Voraussetzungen des Rolandsliedes auf. Die KMS I enthält ungewöhnlich viele Eigennamen, überwiegend solche von Lehen und ihren Inhabern. Der Erzähler betrachtet offensichtlich diese Form der couleur locale als unabdingbaren Teil seiner Kunst – so etwa, wenn er die gefährliche Verzweigung einer Verschwörung (2/B2), die ganze Weite des Karlsreiches (6*+6**/B4 ab l. 62), einen engeren Begleiter- und Ratgeberkreis um Karl (26*/A25/B26), eine Schar angehender Ritter als Aura um den jungen Roland (37/AB34) oder die Konstitution der Zwölf Pairs (59/A56) schildern will. Obwohl er innerhalb seiner Aufzählungen die für den echten Dichter unabdingbaren Kunstgriffe ständiger kleinstruktureller Variation vermissen lässt, darf man doch sagen, dass er mit ihnen letztlich in einer großen Tradition der Epik steht, die ja seit Homers Zeiten Kataloge liebt; für das französische Sprachgebiet denke man nur an den Heidenvölker-Katalog des Rolandsliedes. Wirken können Kataloge aber nur – was heute oft verkannt wird –, wenn man ihren Wortsinn versteht und den Raum, den sie abstecken, gedanklich mit durchschreitet. Daraus erwächst heutigen Philologen die Aufgabe, den Namen maximale Sorgfalt angedeihen zu lassen, um die Erzählung durchsichtig zu halten – was Aebischer (1972), Hieatt (1975–1980) und Lacroix (2000) sowohl in ihren laufenden Kommentaren als auch (wie ebenfalls Annette Patron-Godefroit, in der Ausgabe KMS 1980, 379–394) in ihren Indizes der Eigennamen erst zum kleineren Teil getan haben.1 Allerdings be¿nden sich in den Textzeugen die Namen weithin in deplorablem Zustand; daran ist zu einem beträchtlichen Teil die innernordische Überlieferung schuld: Die Handschriften gehen
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Um hier nicht einseitig zu sein: Wenn Patron-Godefroit (1980) in ihrer französischen Übersetzung sogar prinzipiell die in den Handschriften vorgefundenen altnordischen Namensformen (abzüglich der Kasusformen) beibehält, also selbst Pipin, Frakland statt Pépin, France u.ä., so kann man das aus rein philologischen Gründen (mit van Emden 1988, 143) begrüßen; außerdem verdanken wir ihr eine exemplarische Studie zweier onomastischer Probleme innerhalb der KMS I (Patron-Godefroit 1982).
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in den Namensformen oft weit auseinander, ja innerhalb derselben Handschrift ¿nden sich nicht selten Varianten für erkennbar ein und denselben Namen. Dennoch kann man die große Mehrzahl der Korruptelen heilen durch die Kombination mehrerer Hilfsmittel. Erstens ist selbstverständlich stets das Namenrepertoire zur altfranzösischen Epik von Moisan (1986) zu vergleichen. Das wohl wichtigste Hilfsmittel ist aber die historische Geographie. Denn die fKMS I stand unter dem Zwang, den Rezipienten des frühen 13. Jh. überall geographisch plausibel zu erscheinen, da die Erzählung in Räumen spielte, die viele von ihnen aus eigener Anschauung kannten. Deshalb darf der heutige Philologe nach Möglichkeit nur Deutungen von Lehensnamen zulassen, die durch die Befunde der historischen Geographie gedeckt sind. Ein anderes Hilfsmittel ist das Kontextprinzip. Stellen wir uns einmal als entfernte Analogie vor, wir hätten – z.B. bei einem Gesellschaftsspiel – die Staaten Afrikas zu nennen: Schon um möglichst wenige davon zu vergessen oder doppelt zu nennen, würden wir auch bei einer solchen nur gedanklichen Reise im geographischen Raum nicht willkürlich umherspringen, sondern uns von Anfang an um eine leidlich kohärente Denkbahn bemühen. Ebenso verfährt unser Erzähler, wenn er alle wichtigen Lehnsleute Karls, nämlich deren mehr als achtzig, mitsamt ihren Lehen aufzählen will (6*+6**/B4 ab l. 62). Freilich leistet das Kontextprinzip nur wenig, wo es nicht um Geographie, sondern um eine Auswahl nach Würdigkeit ohne weitere Begründung geht, wie etwa bei den zwanzig Begleitern Karls (26*/A25/B26), den vierzig Begleitern des jungen Roland (37/AB34) oder auch den Zwölf Pairs (59/A56). Weitere Hilfsmittel sind Paläographie und historische Linguistik. Das Ziel ist hier, Veränderungen der altfranzösischen Namen, soweit irgend möglich, nicht als pure Willkür oder Unachtsamkeit, sondern als schrift- oder lauthistorisch bedingt zu erklären. Doch gibt es in der KMS I (speziell in 6/B4) zugegebenermaßen nicht wenige Fälle, wo der Befund aus historischer Geographie und Kontext so eindeutig erscheint, dass man in paläographischer Hinsicht wagemutiger als üblich wird. Ich mache mich angesichts einiger paläographischer Ketten, die ich da postuliere, auf das Stirnrunzeln romanistischer Kollegen gefasst, bin aber meiner Sache aus nicht-romanistischen Gründen sicher. Der folgende Kommentar enthält sowohl die geographischen als auch die Personennamen. An vielen Stellen scheinen mir aber auch andere Aspekte der KMS I kommentarbedürftig. Da ist insbesondere der bemerkenswert hohe und bisher wenig gewürdigte Grad der Strukturiertheit des Textes. Ebenso lohnend sind Erklärungen zur Sachkultur: Sie haben durchaus auch eine ästhetische Funktion; denn sie entheben an vielen Stellen unseren Autor jenes Verdachtes der Naivität, den z.B. Paul Aebischer nahezu permanent, wenn auch meist implizit, gegen ihn insinuiert. (Entsprechendes scheint mir übrigens auch in breiterem Rahmen zu gelten: Die Mediävistik wäre m.E. gut beraten, wenn sie es als eine ihrer Hauptaufgaben ansähe, durch eine intensivere Würdigung der Sachkultur dem globalen Vorurteil vieler Studierender und mehr noch des außeruniversitären Publikums, dass mittelalterliche Texte naiv seien, stärker entgegen zu wirken.) Deshalb, und um bei den Namen den Nutzen des Kontextprinzips nicht zu verwischen, ist der Kommentar, anders als die Indizes der oben genannten Vorgänger, auch
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bei den Namen nicht alphabetisch, sondern in der Reihenfolge ihres ersten Erscheinens angelegt. Wenn spätere Nennungen desselben Namens zusätzliche Probleme bringen oder zusätzliche Erkenntnisse zu bringen scheinen, werden diese tunlichst schon bei der Erstnennung mit abgehandelt; das erschien mir dringend notwendig, um nicht philologische Zusammenhänge zu zerreißen. Zumindest was die Namenüberlieferung in der Branche I angeht (und grosso modo auch sonst), ist die Redaktion Alpha, vertreten durch die Handschriftengruppe Aa (die beiden Handschriften selbst um 1400 bzw. Anfang 15. Jh.), im Durchschnitt (also nicht zwangsläu¿g im Einzelfall) eine Stufe ursprungsnäher (und damit bei den Namen: besser) als die (zwar aus einer im Stemma über Aa stehenden, nicht erhaltenen Alpha-Handschrift Į stammende) Redaktion Beta, deren verlorener Eigen-Archetyp ȕ jedoch – eine ziemlich durchgreifende Umarbeitung – in Island wohl zwischen 1320 und 1350 entstand und die vertreten ist durch die Handschriftengruppe Bb¹b² (Abschriften der Zeit um 1700 bzw. vor 1670 bzw. beendet 1687, wobei b¹ und b² eine gemeinsame mittelalterliche Vorlage haben, die bei Loth und im Folgenden b, bei Skårup 1980, 335, 340 hingegen ȕ² heißt2); doch haben alle Handschriften in Branche I beträchtliche Lücken.3 Schon deshalb wird oft nur die in der angedeuteten Rangordnung beste verfügbare Handschrift zitiert, die weniger guten Handschriften nur dann, wenn sie zur Restitution des Archetyps irgendwie beitragen können oder zu können scheinen. Ich muss in diesem Punkte um Verständnis dafür bitten, dass ich in einer Arbeit, die ohnehin schon ungewöhnlich viel von Namenvarianten redet, nicht auch noch die schlechteren Varianten lückenlos als die schlechteren erweise, wenn mir dies aus dem zu den besseren Varianten Gesagten evident erscheint. Wer einen (bis auf einige weniger interessante Variantenkategorien) vollständigen Variantenapparat sucht, bleibt verwiesen auf die Ausgabe Loth (1980); wer eine Liste aller Vorkommensfälle sucht, bleibt verwiesen auf den sehr sorgfältigen Index von Patron-Godefroit (ibd. 379–394), woneben die Indizes bei Aebischer (1972, 141–149, mit gewissen Lücken, nach den Kapiteln der Edition Unger 1860), bei Hieatt (1975–1980, in Details unzuverlässig) und bei Lacroix (2000, 887–906, nach den Seiten der eigenen Übersetzung, aber mit neufrz. Normalisierung mancher Namen) für unsere Zwecke nur sehr bedingt brauchbar sind. Soweit nichts anderes vermerkt ist, stammen die afrz. Ortsnamensformen (von denen nicht alle irgendwo
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Skårups Benennungsprinzip (für alle verlorenen Handschriften griechische Buchstaben) ist das wissenschaftlich konsequentere, wäre aber angesichts der Fülle gemeinsamer Lesarten von b¹ und b² editorisch weniger praktisch. A setzt erst kurz nach dem Anfang von 17/A17/B15 ein; a beginnt erst nach den ersten Sätzen von 38/AB35 und bricht schon kurz vor Ende von 42/A39/B38 ab (so dass sich die Güte dieser Handschrift, die 1989 von Halvorsen im Faksimile ediert wurde, onomastisch nicht auswirkt); B hat eine kleine Lücke in 2/B2 sowie eine große Lücke vom Ende des ersten Satzes von 12/ B10 bis zum letzten Drittel von 22/A22/B22, wobei beide Lücken schon der Vorlage angehörten, und endet nach 42/A39/B38, indem die Redaktion Beta schon hier zur nächsten Branche übergeht; b¹ setzt mit 2/B2 ein, hat eine (schon der Vorlage angehörige) Lücke von 20 (nahe Anfang)/A20 (nahe Anfang)/B17 (Mitte) bis zum Ende von 22/A22/B22 und endet wie B; b² (welches Unger noch unbekannt war) geht mit b¹, denn ein Anfangs- und sechs Schlusskapitel, die es scheinbar mehr enthält, sind in Wirklichkeit aus der dänischen Karl Magnus Krønike rückübersetzt und bleiben im Folgenden außer Betracht. Von den an sich höchst wertvollen kürzeren Handschriftenfragmenten der KMS enthält keines Text aus I.
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belegten, sondern die zum Textverständnis hilfreichen Formen aufgeführt werden) aus Gysseling (1960), Moisan (1986) oder Flutre (1962), die Angaben zur Orts- bzw. Lehensgeschichte aus dem LdM. Das häu¿ge ‘Morlet’ ohne Jahresangabe steht für ‘Morlet (1968)’. Einige philologische Fragen zur ganzen KMS I seien hier zusammenhängend vorgezogen: die Frage der unterschiedlichen Nummerierung der Kapitel und der Lesungsunterschiede zwischen den Editionen; Latinismen und kategoriale Verkennungen; der skriptologisch-dialektologische Status der fKMS I; schließlich die Namensform-Unterschiede und die narrativen Diskrepanzen der KMS I gegenüber den anderen Branchen.
Zitierweise: Nummerierung der Kapitel nach Loth (1980) und nach Unger (1860) Von den beiden Ausgaben der KMS I hat Unger (1860) für Alpha und Beta grundsätzlich dieselbe Kapiteleinteilung, schon, weil er Beta, wo immer Alpha vorliegt, nur im Apparat berücksichtigt. Loth (1980) bietet Alpha und Beta je vollständig, im Prinzip en regard, und nimmt die Kapiteleinteilung der Handschriften selbst ernst. Dadurch tragen innerhalb der Lothschen Ausgabe die inhaltlich einander entsprechenden Kapitel in Alpha einer- und in Beta andererseits vom Einsetzen von A (in Ungers Kap. 17) bis zum Ausscheiden von B (in Ungers Kap. 42) über lange Strecken unterschiedliche Nummern (wobei manchmal, wohl aus Gründen der Platzersparnis, auch das en-regard-Prinzip etwas aus dem Leim geht, so dass man umblättern muss, um die zugehörige Stelle zu ¿nden); beim Zitieren einer Textstelle nach der Ausgabe Loth muss man also sehr oft Doppelangaben machen. Ferner stimmt von Ungers Kap. 5 bis zum Ende der KMS I, von zufälligen Ausnahmen abgesehen, weder Loths A- noch ihre B-Zählung zu Ungers einheitlicher Zählung, wobei Loth auch nicht (z.B. in Klammern, auf dem Rande o.ä., wie in manchen altphilologischen Ausgaben praktiziert) die Kapiteleinteilung ihres Vorgängers mitabdruckt, sondern stattdessen hinter der Edition eine Konkordanztabelle (p. 328s.) liefert. Diese Eigenschaften der Lothschen Ausgabe haben ungeachtet ihrer großen sonstigen Vorzüge schon dazu geführt, dass Lacroix (2000, 22) seiner französischen Übersetzung einschließlich seiner Kommentare die Ausgabe Unger «en consultant celle d’A. Loth» zugrunde gelegt hat (cf. auch Lacroix 2005, 380, n. 5). Auch beim vorliegenden Kommentar ist eine einheitliche, durchlaufende Kapitelzählung à la Unger eine entscheidende Hilfe; wohl aber kommt es, mehr als bei Lacroix’ Übersetzung, ständig auf kleinste philologische Details im Sinne der Lothschen Ausgabe an. Ich gliedere deshalb den Kommentar nach Unger-Kapiteln, nenne aber zu Beginn jedes Kapitels auch die entsprechenden Kapitelnummern sowohl (soweit die Handschriften nicht ausfallen) von Loths A- wie von ihrem B-Text (und zwar nötigenfalls, d.h. bei Überschneidung von bloßen Kapitelteilen, zeilengenau). Bei Verweisen sind – wie schon bisher – alle drei Angaben voneinander durch Schrägstriche getrennt. Ein * bzw. ** weist hin auf die erste bzw. zweite der beiden großen Namenslisten innerhalb von 6/B4 ab l. 62, ein * auch auf
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die Namensliste innerhalb von 26/A25/B26; bei 37/AB34 habe ich auf den Asterisk verzichtet, da dort das ganze Kapitel hauptsächlich eine Namensliste ist.
Lesungsunterschiede zwischen Loth und Unger Ich lege selbstverständlich prinzipiell die Ausgabe von Loth zugrunde. Nun lässt Loth aber grundsätzlich auch offensichtliche und leicht zu behebende Fehler in den Namensformen der Handschriften unkorrigiert. Zum Beispiel liest sie in 6**/B4 Jfori ok Iuiboui hinn skegglausi, wo gleich Patron-Godefroit (wie es stillschweigend auch Unger getan hatte) das Namenungetüm Ivibovi auÀöst: Ifori et Ivi, Bovi sans barbe (also Ivórie und Ive sowie Beuve sans barbe der altfranzösischen Epik) und es auch in ihrem Namenindex stillschweigend in seine beiden Bestandteile zerlegt – so dass es nur um eine Frage der Worttrennung in der Handschrift geht. Oder: Ganelon wird in 6**/B4 als Uenelun eingeführt, also in einer korrekten, leicht dialektalen Namensform; in 26*/A25/B25 soll er aber in A nach Loth Vehelun heißen. Auch hier kann es sich nur um einen oberÀächlichen Lesefehler eines Kopisten, möglicherweise nur um die unglückliche Formung eines richtig intendierten Buchstabens handeln. Oder liegt überhaupt ein Druckfehler bei Loth vor? Kaum, da auch Patron-Godefroit (in der Übersetzung wie im Namenindex) Vehelun hat. Unger hingegen schreibt kommentarlos Venelun. Wo mir solche Fälle auf¿elen, habe ich Ungers Lesart zugesetzt, obwohl sie möglicherweise normalisiert, also vom heutigen editorischen Standpunkt aus weniger korrekt sein mag.
Latinismen Willkürliche Latinisierung bei gleichzeitiger Femininisierung (z.T. mit lat. AkkusativEndung) ¿ndet sich in den Toponymen Brittolia/Brettolia (cf. s.v. Brittollis, 2/B2), Angiam (2/B2, antik Andecavi), Meniam (2/B2, antik Cenomanni), Roniema (Unger Romenia [so nach Loth nur b], 6**/B4, antik Rotomagum), Blantea (6**/B4), Rosilia (6**/B4), ferner vermutlich in den (schwer identi¿zierbaren) Toponymen Kornelia (26*/A25) und Muntasaragia/Montasaragia (35/AB32). Lat. oder partiell lat. Wortform4 liegt vor bei Beatrix (1/B1), Magnus (2/B2, 3/ B3), Treveris (u.ä. mit und ohne -borg 3/B3 u.ö., aber auch Iref/Tref 2/B2), Karlamagnus (3/B3 u.ö.), Maurus (6*/B4), Theobaldus (Akk. Theobaldum nur b) neben Theoballdur (6**/B4), Konstantinus (6**/B4), Bartholomeus ([Akk. Bartholomeum nur b] 6**/B4, Dativ Bartholomæ 10/B8), Arnulfus (6**/B4), Philippus (6**/ B4), Provinnzia/Provincia/Provintia (6**/B4, 24/A24, 37/B34, aber Puencia 37/A34, überall ‘Provence’), Brittannia (19/B17, 36/B33, Akkusativ Brittanniam 37/A34, aber Brettan(n)ia [~ afrz. Bretaigne] 19/A19, 36/A33, Bretland 2/B2 u.ö.), Makarias (23/ 4
Ich übergehe die Fälle, in denen lediglich afrz. -e durch -a ersetzt ist, wie Berta (1/B1, 7/B5, 8/B6 zweimal, 33/B30, Dativ Bertu 5/B4) < afrz. Berte u.ä. Andererseits ist afrz. -e oft ersatzlos gefallen, cf. p. 59s. ‘Skriptologisch-dialektologischer Status der fKMS I’, Punkt e).
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A23, Macharias 23/B23 [mit -as statt -us], Akkusativ Matharium [Unger Macharium; Dativ Machario b¹] 10/B8, Macharium 11/B9, Dativ Makario 34/A31), Iforia (26*/ A25, Iforias 59/A56, aber Ifori 6**/B4), Manases (32/A30, 37/B34, Manase [Manasse b¹] 32/B30, aber Manaser [~ afrz. Manessier] 37/A34), Nobilis (-borg 45/A42, ohne -borg 51/A48, 53/A50), Ispania 51/A48 ([] Gilia 24/A24, aber pseudolat. Àektiert Giliam 26/A25, Gileas 26/B26, Giliam 49/A46). Sogar lat. Flexion liegt (außer in den schon genannten Fällen) vor in Ardenam (1/B1, 2/B2, Ardeam Loth 25/B24, aber b und laut Unger auch B Ardenam; antik Arduinnam), Alemanniam (2/B2), Kartaginem (Missverständnis, 2/B2), Milonem (vermeintlich Papstname, 6/B4), Toteam (6*/B4), Nordmandis (6**/B4), Lofagio (6**/ B4; korrekt Lovanio), Spoliam borg (34/B31, antik Spoletium), Vianam (35/AB32, 38/A35/B35 mehrfach, 41/AB38, 42/A39/B38, 43/A40; antik Viennam), Aufernam (39/A36/B37, wo a Auuernam, B Avernam borg hat; korrekt Arverniam, nach den antiken Arverni), Almaciam (44/A41, 56/A53, 58/A55), Nvmaiam (47/A44, antik Noviomagum), Basilium (53/A50), Korbuillo (54/A51), Teorfam (Akk. statt an. Teorfa, 58/A55, cf. den an. Nominativ Teor¿ 37/A34) und vermutlich Peitenam (39/A36, aber a Peitenia); ferner in den Namen der Heiligen Petri (15/B13, aber an. Petrs 35/ A32, Peturs 35/B32, Peturs [Unger Pétrs] 45/A42), sancte Marie (22/A22, 35/A32, aber heilagrar Marie 35/B32, heilagri Mariv 11/B9, helgu Mario 22/A22), Marie Magdalene (45/A42), Blasii (45/A42), Merkurij (50/A47), Gregorij (Missverständnis für Georgij, 50/A47), in den kirchlichen Titeln cardinales (15/B13, aber kardinalar [an. Nominativ Pl.] 22/A22) und legatus (26/A25/B26, aber legatar 22/A22, legata [an. AkkusativSg.] 24/A24, legatinn [an. Nominativ Sg. mit postpositivem Artikel] 24/B23) sowie in dem kirchlichen Appellativ offerenda (22/A22). Umgekehrt ist ein Latinismus durch Kopisten verdeutet (vielleicht mit sporadischer Annäherung an lat. serenus oder serius) bei (Balduin) Serens (17/A17, Serins 19/A19, 20/A20, 22/A22, Serius 23/A23) < Ferreus. Obwohl eine solche Liste quantitativ zunächst beeindruckend sein mag, sollte man daraus nicht auf eine lat. Vorlage schließen.5 Allgemein ist doch in der mittelalterlichen Literatur der germ. Länder (zumindest in der Prosa, aber auch in einigen stark kirchlich geprägten Verstexten) eine Neigung zu lat. oder latinisierenden Formen, auch Flexionsformen – am stärksten bei Geographica, aber auch bei Anthroponymen – unverkennbar;6 da die Autoren und selbst die Kopisten mit lateinsprachigen 5 6
Cf. in diesem Zusammenhange auch Skårup (1980, 346, 350s.). So für das An. der Sache nach schon Storm (1874, 41). Man vergesse vergleichsweise auch nicht, dass in der dt. Gebildetensprache bis etwa zum Ersten Weltkrieg mitten im dt. Satz die lat. KasusÀexion von aus dem Lat. stammenden Fachausdrücken üblich war; so redeten die Schulgrammatiken von «diesen Verbis, Pronominibus» usw. – und noch heute verwenden wir doch wenigstens die lat. Nominativ-Plurale: «diese Verba, Pronomina» usw. Dazu kommen Reste wie «der Tod Christi», «der Stuhl Petri», «Mariä Lichtmess», «Matthäi am Letzten», «dritter Sonntag nach Trinitatis» u.ä..
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Texten großgeworden sind, decken sie sich so bewusst oder minder bewusst mit dem Mantel der überindividuellen Autorität schon der lat. Form oder auch nur des lat. Klanges. Unter allen obigen Formen ist keine, die eine spezi¿schere Erklärung erfordert als eine elementare Lateinbildung des altnordischen Übersetzers.
Kategoriale Verkennungen Hier nur die Liste; die Erklärung jeweils an ihrer Stelle im Kommentar. Als substantivischer Orts- oder Landschaftsname verkannt ist ein Personenname bei Lingeraf (26/A25, -afn 26/B25), eine attributive geographische oder ethnische Personenbezeichnung wahrscheinlich bei Burgonis/Burgoins (6*/B4) und Gastun (6**/B4, wo b Gaskun hat, und 26*/B26), sicher bei Mansel (6**/B4), Poer (6**/ B4), Hatun (26*/25A), Akard (26*/B26), Berfer (nur in a, 41/A38) und Ivin (43/A40, 44/A41), ein afrz. Appellativum bei Dukames (2/B2) und Puleis borg (7/B5). Als Personenname verkannt ist ein geographischer Name bei Bonifatius (-borg, 6*/B4) und AÀens (37*/A34), ferner an. Formwörter bei Saer (6**/B4) und vermutlich bei Heimir (6**/B4), als Stadt eine Landschaft bei Venso borg (2/B2), Galiza borg (18/B16), Avernam borg (39/B37), vielleicht auch Ardens borg (10/B8), als Wald der Fluss Eisa (Frisant B 31/AB29). Ein afrz. Namensteil ist als Flexions-i bzw. Flexions-r verdeutet: bei Freri (7/B5 u.ö.) und Her¿ (6**/B4 u.ö.) im Akkusativ Frera, Herfa (7/B5); bei Varner/Varnir (16/B14 u.ö.) im Genitiv Varnes/Varnis (29/A27, 32/AB30, 35/AB32) und im Dativ Varni (29/A27, 32/A30); ferner in BĊringr (59/A56), Akkusativ BĊring ([Bæring B] 26*/A25/B26); in Fulr (45/A42, 52/A49, 58/A55), Nicht-Nominativ Ful (45/A42, 52/ A49): < afrz. Freri (germ. Fridu-rƯk), Hervi (germ. Heri-wƯg), altnordfrz. Warn(i)er (germ. Warin-hari), afrz. Bereng(i)er (germ. Beren-gari) und F(o)urré (etymologisch wohl germ. Ful-rƗd). Schließlich ein Einzelfall: In den Namen Arned af Bollandi ‘Arnaut de Bellande, Beaulande’ (26*/A25/B26) hat der Übersetzer das Neutrum land hineingedeutet, wie es z.B. in af Holandi ‘von Holland’ (6**/B4) wirklich vorlag.
Skriptologisch-dialektologischer Status der fKMS I Da die fKMS I bereits aus außerlinguistischen Gründen ins heutige frankophone Belgien (also ins Wallonische samt einem kleineren Teil des Pikardischen) lokalisiert ist, seien zunächst die dazu passenden skriptologisch-dialektologischen Merkmale mitsamt ihrer Verbreitung im 13. Jh. aufgelistet. Ich verzeichne meist nur die Stelle, an der die Form im Kommentar besprochen ist, auch wenn sie (bei Formvarianten) im Text erst später auftritt und auch wenn sie erst mit Kommentar verständlich wird. 1) Vor Kons. wird al > â (nicht > au > /ӑ/ wie franzisch): Adein (neben Oden, 1/B1), Dukames (2/B2), wohl auch Guazer (af Terus, 6**/B4), Vazier u.ä. (6**/B4). Cf. auch Tanir (2/B2). Die Erscheinung fand sich vom Wallonischen über das Lo55
thringische und Teile des Burgundischen bis ins Comtois, marginal auch bis ins Champagnische und ins Bourbonnais; dazu, doch fast nur vor Labial, im AngloNormannischen.7 2) Germ. /w-/ entwickelt keinen g-Vorschlag: Vadalin/Vazalin (6**/B4), Valtir (6**/ B4), Varner (16/B14), Varin/Varun (6**/B4), Vibal(l)d (26/A25), Vigardr (6**/ B4), Vilbald (7/B5), Vildimer (6*/B4), Vilhjalmr (6*/B4), Vinant (10/B8), vielleicht auch Vadiun (6**/B4); ferner Valam (1/B1, allerdings gegen Galant ‘den Schmied von England’, 43/A40), mehrfaches Vaz(i)er u.ä. (6**/B4, gegen einmaliges Guazer af Terus, 6**/B4), den Landesnamen Vaskunia/Veskunia u.ä. (19/ A19/B17, 26*/A25, gegen Gastun 6**/B4, 26*/B26) ; schließlich Venelun bzw. Vehelun (6**/B4, 26*/A25) gegen Guenelun (26*/B26, 54/A51, 56/A53 dreimal, 57/A54 sechsmal) und Guinelun (56/A53 dreimal, 57/A54 einmal).8 Bei letzterem kann unser Erzähler zunächst die ihm geläu¿ge Namensform benutzt haben, sich aber etwa zu dem Zeitpunkt, als er sich auf die Vorbereitung des Rolandsliedes zu konzentrieren begann, genauer um die Lautungen im Lied gekümmert haben.9 Das Fehlen des g-Vorschlages fand sich von einem Nordost-Zipfel des Normannischen über das Pikardische und Wallonische bis ins Lothringische, in gewissem Unfang auch im Champagnischen, in östlichen Randgebieten des Burgundischen und im Comtois; dazu im Anglonormannischen.10 3) Statt des franzischen /ié/ erscheint i < /íe/: Pirapont (2/B2).11 Hierher gehört auch iu < ieu: Ivin (< Juiu, 43/A40, 44/A41). Auch Puntis/Puntif (37/A34/B34, Position 22) kann man anschließen, obwohl hier -if (< -iv) die ältere Form gegenüber dem (letztlich hyperkorrekten) zentralfrz. -ieu ist. Diese Reduktionstendenz fand sich
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Die skriptologisch-dialektologische Abgrenzung aller folgenden Erscheinungen ist trotz der großen in den letzten vierzig Jahren gemachten Fortschritte noch immer nicht leicht, da manchmal die geographischen und die quantitativen Angaben an Präzision zu wünschen übrig lassen, manchmal die Zahl der zur Verfügung stehenden Belege insigni¿kant ist, manchmal sich auch die Angaben der einzelnen Forscher kaum harmonisieren lassen; man darf also die Abgrenzungen nicht auf die Goldwaage legen. – Schwan/Behrens (1911, 314.34, 18 Urkunden), Pope (1952, 155 § 391.3, 495 § XX), Dees (1980, Karte 119; 1987, Karten 45, 51 und 97), Taverdet (1995, 377a, 379b-380a, 385b); Burgess (1995, 340b, cf. 342 b, 7). Ein im Wesentlichen nicht hierher gehöriger Sonderfall ist Vitakind (46/A43 u.ö.), eine innergerm. Entwicklung liegt vor bei Valland (cf. s.v. Frakland,1/B1) und Valir/Valer (39/A36 u.ö.). Zum Namen der Waas, Venso borg (2/B2), scheint es keine G- oder Gu-Belege zu geben, umgekehrt zum Stadt- und Grafschaftsnamen Gines ‘Guines’ (17/A17), dessen Etymologie zudem unbekannt ist, keine W- oder V-Belege (Gysseling 1960 s.vv.). Cf. noch zu Spezialproblemen Gajadum (16/B14), Galiza (18/A18/B16) und Geddon (6**/B4). In Letzterem liegt vielleicht, in Veler/Vildri (37/AB34) und Videlun (1/B1 u.ö.) liegt mit Sicherheit ursprüngliches ue- < ǂ-, nicht we-/wi- vor. Auch die späteren Branchen der KMS (IV A11, VIII passim) kennen nur Formen mit G-Vorschlag. Schwan/Behrens (1911, 313.26, 16 Urkunden), Pope (1952, 429 § 1093, 487 § III, 494 § I), Dees (1980, Karte 251), Boutier (1995, 293b, 4), Wüest (1995, 305), Taverdet (1995, 384b, 385b). Fälle wie Val(l)tir (6**/B4 u.ö.) neben Vallter (37/AB34, Position 8) repräsentieren möglicherweise die inner-an. e-i-Variation; ich schließe deshalb die zahlreichen Personennamen auf afrz. -ier, -er, in der KMS I -ir ~ -er, aus der Dialektbestimmung aus.
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im 13. Jh. vom (hauptsächlich Nordost-) Normannischen über das Pikardische und Wallonische bis ins Lothringische, in beschränktem Maße bis in Teile des Burgundischen, sporadisch auch sonst mit Ausnahme des Südwestens; dazu im Anglo-Normannischen.12 In der Entwicklungsreihe /ǀ/ > /ou/ > /eu/ (vor Nicht-Nasal) gibt es in der KMS I noch keine Indizien für eu: Tengardus (58/A55), auch Giovise in der Vorstufe *Gioiuse (50/A47). Im 13. Jh. hat sich eu voll durchgesetzt im Franzischen (einschließlich des Orléanais), dominiert entschieden im Pikardischen, dringt in den Osten (außer vor r) und zumindest auf der Schriftebene auch ins Festland-Normannische ein, fehlt aber im Wallonischen noch so gut wie ganz, allerdings ebenso im ganzen (Süd-) Westen und vor allem im Anglonormannischen.13 Zwischen l und r fehlt das Gleitlaut-d: Fulr (45/A42, 52/A49, 58/A55), ein Fehlen, wie es damals charakteristisch war für das Wallonische, Pikardische, Ostchampagnische und Lothringische, belegbar aber auch im Burgundischen und sporadisch selbst im Franzischen.14 Während für die ‘Maas’, lat. Mǂsa, die Form Moysa (18/A18, 25/A24,15 Möisa 18/B16) wohl am ehesten ein normal-afrz. /muezԥ/ auf dem Weg über /m¡ezԥ/ zu /m¡zԥ/ abbilden soll, ist das /u/ in Musos (Genitiv, so A, Musus B, Musu b¹, Muzu b² 25/A24/B24) wallonisch, doch wohl ebenfalls im Lothringischen, Burgundischen, Südwestfrz. und Anglo-Normannischen vorstellbar.16 Von Einzelformen erinnern mehrere an die unmittelbare Nähe des germ. Sprachgebiets, und zwar des niederländischen: Ingelrafn (af Roden borg, 2/B2) samt Lingeraf/Lingerafn (26/AB25); und des deutschen: Hoen borg (2/B2) durch die Bewahrung des -en-, ferner Kartaginem (2/B2) und Vizstur (6*/B4), wenn die unten vorgestellten Konjekturen zutreffen. Gegen den ersten Augenschein liegen die Dinge komplexer bei Vitakind (46/A43).
Wie man sieht, lässt sich schon bei vier bis fünf dieser sieben Punkte die Alternative Anglonormannisch nicht ausschließen (was freilich in seiner Aussagekraft durch die ganz ungewöhnliche Variationsbreite des Anglonormannischen zu relativieren ist). Dazu kommen nun noch vier bis fünf andere, quantitativ insgesamt eindrucksvollere
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Schwan/Behrens (1911, 311.14, 312.16, 9 Urkunden), Pope (1952, 193 § 513, 202 § 546, 428 § 1090, 446 § 1168, 488 § V-VII), Dees (1980, Karte 169; cf. 1987, Karten 199, 233), Boutier (1995, 294b, 17), Wüest (1995, 308a), Taverdet (1995, 375ab), Burgess (1995, 341a). Schwan/Behrens (1911, 309s.. 40 Urkunden, für die Wallonie cf. speziell Urkunde XI), Pope (1952, 428 § 1085 I, 498 § II, 502 § V, cf. auch 495 § XIX), Dees (1980, Karten 18, 93, 94, 101, 101a, 187, 194, cf. auch 16, 87, 87a; und 1987, Karten 40, 59, 123, 140, 141, 205, 237), Wüest (1995, 306b-307a), Goebl (1995, 330b-331b), Simoni-Aurembou (1995, 363 unten), Taverdet (1995, 376b, 380b). Schwan/Behrens (1911, 314.33, 3 Urkunden), Pope (1952, 489 § XIII, 494 § VIII), Boutier (1995, 293b, 3), Wüest (1995, 305b), Taverdet (1995, 378a, 385b). Cf. auch Dees (1980, Karten 241, 252; 1987, Karten 410, 412 sowie 292, 373, 383, 427, 429, 488). Und Moia, offensichtlicher Schreibfehler für Moisa, ibid. 25/B24 (B und b). Boutier (1995, 294a, 9); Pope (1952, 443 § 1156, 488 § VII), Dees (1980, Karte 109; 1987, Karte 173), Taverdet (1995, 376a), Burgess (1995, 341b).
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Erscheinungen, die nicht (oder zumindest nicht in dieser Häu¿gkeit) in die Wallonie des frühen 13. Jh. passen: 17 a) Nahezu auf Schritt und Tritt erscheint un (vereinzelt um) statt on: Aspremunt (37/ A34), Clerimunt (neben -mont 6*/B4)/Klerimunt (6**/B4), Eimund (37/AB34, mit parasitärem -d), Fridmund (6**/B4), Gerund (51/A48), Gundeblif/Gundilibolf (38/AB35), Gunels bæ (?, 6**/B4), Hatun (4/B4), Ivun (neben aberrantem Ivin, 6**/B4), Irikun (2/B2), Jadunet (4/B4), Kastalandum (26*/AB26), Kumparins (50/A47), Leunz (neben Leons, Loun, Luon, cf. 2/B2), Lunbardar/Lungbardar (neben anders zu erklärendem Lang-/LĊng-, cf. 2/B2), Markun (6*/B4), Milun (neben Milon, cf. 6/B4), Mundiu (6*/B4), Munfort (6**/B4), mungeoy (50/A47), Muntasaragia (35/A32, aber Mont- B32), NaÀun/Namlun, Namulun (1/B1), Odun (26*/A25), Otun (26*/A25, Hotun B25), Perun (17/A17, Peron B15), Pirapunt (neben -pont und sachlich irrigem -funt, cf. 2/B2), Puntis (37/A34, Puntif B34), Tebun (6**/B4), Tungr (2/B2), Varun (?, 6**/B4), Venelun/Vehelun/Guenelun/ Guinelun (6**/B4) und Videlun (1/B1), allerdings gegen Geddon/Gedeon (letzteres biblisch, damit festliegend, 6**/B4), Mongardig (53/A50), Rannzeon (hier italianisierend?, 6*/B4), Samson (biblisch, 26*/A25/B26).18 Zumindest angesichts der Dichte der Erscheinung vor Nasal19 wird man sich auf die Faustregel berufen dürfen, dass u westlich, speziell normannisch, und anglonormannisch ist.20 b) Um diese Zeit haben das Franzische und das Pikardische sowie die weiter östlich gelegenen Gebiete einschließlich des Wallonischen früh-afrz. ei längst zu oi (und regional noch weiter) entwickelt. Das ei ist noch zu belegen in einem Südring, und zwar in Randgebieten des Westburgundischen, im Bourbonnais, längs des franzischen Süd- und Südwestrandes (so bei Jehan de Meung und bis ins Chartrain), im Normannischen, es herrscht noch massiv im ganzen Südwesten und im
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Außer den angeführten Erscheinungen könnte man sogar an eine sechste denken: Das /k/ in Dukames (2/B2), Kampaneis (26*/A25), Kastalandum (26*/A25/B26), Kastalein (58/A55), markis (6**/B4) und Rikard (6**/B4) würde lautlich zu großen Teilen des Normannischen (einschließlich des Anglo-Normannischen) sowie zum Pikardischen, aber nicht zum Wallonischen (von pikardischen EinÀüssen einmal abgesehen) oder Lothringischen passen, Schwan/Behrens (1911, 313.29, 9 Urkunden), Pope (1952, 487 § I), Dees (1980, Karten 134, 135; 1987, Karten 48, 159, 162), Boutier (1995, 293b, 5), Wüest (1995, 304ab), Goebl (1995, 316a-319b, 328a-329a, 332b-333a), Burgess (1995, 342a, 343a). Doch hat diese Schreibung wohl geringeres Gewicht, da es in der an. Schreibpraxis an einer leidlich gängigen Alternative zu fehlen scheint. Karlamagnus wird man ohnehin nicht hierher stellen, da es an vorbekanntes (nicht durch das Afrz. vermitteltes, cf. p. 15 n. 24) Karl anschließt. Bezieht man auch die Stellung vor /ñ/ ein, so kommen dazu noch Borgunia (neben Burgon-, Burgoin-, 6*/B4 und 37/A34), Buluina (17/A17) und Gastun/Gaskun/Vaskunia/Veskunia (6**/B4) gegen Trimonieborg (47/A44). Kaum aussagekräftig ist u statt ͕ vor Nichtnasal im Nicht-Diphthongierungsfall (also gedeckt oder vortonig) wie etwa in Dullo (6**/B4), Fulbert (6**/B4), Fulr (45/A42, 52/A49, 58/A55), Gudifrey (37/AB34), Kurt (44/A41), Muters borg (46/A43), Saraguz (53/A50) sowie Suz (6**/B4), zumindest gegen Lofagio (wohl nach mittellat. Lovanium, 6**/B4), Rosilia (6**/B4) und Tolosa (okzitanisch beeinÀusst?, 6**/B4); denn überwiegend hat hier ja auch das Franzische /u/, wobei zu bedenken ist, dass dafür die Graphie ou im An. nicht zur Verfügung stand. Pope (1952, 90s. § 184), Burgess (1995, 341).
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Anglonormannischen.21 Die KMS I schreibt durchweg ei (bzw. ey,vereinzelt æi, e): Renfræi (2/B2), Jofrey/Geofrey (6**/B4), Beis borg (6**/B4)22 bzw. Bles borg (37/AB34, Position 18), Eisa (31/A29, in B29 entstellt zu Frisant), Kampaneis (26*/A25), Gudifrey (37/AB34).23 c) Die Reduktion -ie- > -e- erscheint in Moren (6*/B4), Beduers (6**/B4), Poer (6**/B4),24 Ang(l)ers u.ä. (36/AB 33 u.ö.) und verkappter in Dre¿a (1/B1).25 Sie ¿ndet sich gelegentlich am ganzen afrz. Südrand (vom Burgundischen an), war aber charakteristisch für große Teile des Westens, speziell den Südwesten und das Anglonormannische.26 d) Die Diphthongierung des offenen o fehlt in Brittollis (2/B2) und Bovi (6**/B4), ferner in Andror (6**/B4), falls es ‘in Dreux’ (< Durǂcăsses) bedeutet – wie häu¿g im Anglonormannischen, gelegentlich allerdings auch anderswo ohne erkennbare dialektale Begrenzung.27 e) Finales -e, also /ԥ/, ist damals auf dem Kontinent zumindest nachkonsonantisch in der graphischen Norm noch überall stabil. Im Anglo-Normannischen hingegen gibt es Sonderfälle (verkürzte Imperative wie gard) schon im 12. Jh.; im Laufe des 13. Jh. wird der Ausfall des -e dann schnell häu¿ger.28 In der KMS I ist afrz. -e (nachkonsonantisch oder nachvokalisch) ersatzlos gefallen in Tungr (2/B2, 23/ AB23, Tunger 6**/B4, Tungrs 25/A24, Tungr borg 25/B24), Iref (richtiger Tref b, 2/B2 ,< afrz. Treves; dann Treveris borg u.ä. 3/B3 u.ö.), Bealfer (2/B2 u.ö.), Pul (6*/B4), Nordmandi (19/A19/B17 u.ö., fraglich Nordmandis 6**/B4), Galiz (18/A18, aber Dativ Galizu B18; dann immer Galiza/Galizu), Perun (17/A17, Peron B17, Dativ Seruni [lies: Peruni] 37/A34), Franz (22/A22 u.ö.), Sambr (25/
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Schwan/Behrens (1911, 311.13, 18 Urkunden), Pope (1952, 444 § 1158, 451 § 1188, 498 § IV, 502 § VI), Dees (1980, Karten 6, 104, 146, 153, 158, 171, 177, 180, 224, 225, 227, 228, 247, 255; 1987, Karten 64, 106, 248, 259), Wüest (1995, 307a), Goebl (1995, 330ab), Simoni-Aurembou (1995, 356a), Taverdet (1995, 379a, 380b). Statt Beis schreibt zwar b¹ Boris, doch kann hier das e > o aus stemmatischen Gründen erst nach Verlust des l, also an einer schon unverstandenen Form und somit wohl nur rein graphisch, entstanden sein. Ein bis zwei wenig aussagekräftige Ausnahmen: 1) Orlanoris (23/B23) < Orleanois neben Orlanæis (2/B2) < Orleaneis ‘das Orléanais’. 2) Vielleicht Poer (6**/B4) < afrz. Poier, Pohier ‘Pikarde, pikardisch’ (andere Deutungen des afrz. Wortes – ‘Polen’, ‘Bayern’ – sind zu Recht zurückgewiesen von Wolf 1998 passim). Ich möchte nämlich (trotz eines gewichtigen Bedenkens bei Wolf) die traditionelle Erklärung nicht verwerfen, wonach das Wort ursprünglich Ethnikum (auf lat. -arius) zu dem Namen des Ortes Poix (bei Amiens) war, der nach Garnier 1867/1878 und Gysseling 1960 s.v. im 12. Jh. mehrfach mit mlat. (Piceum u.ä.) bzw. mit afrz. ei (Peiz) belegt ist. Denn mich frappiert beim Vergleich von Po(h)ier und Picard, dass man nach Abzug der Suf¿xe den Stamm beider als pc- (einmal in erbwörtlicher Entwicklung, einmal in eher mittellateinischer als germ. beeinÀusster Form) ansetzen könnte. Zufall? Poier wurde dann in der KMS I noch der Reduktion ie > e unterworfen. Cf. hierzu die vorige Anm., Punkt 2). Zum Ausschluss der Personennamen auf afrz. -ier cf. oben p. 56 n. 11. Schwan/Behrens (1911, 129, 311s., 12 Urkunden), Pope (1952, 193 § 512, 443 § 1155, 501 § I), Dees (1980, Karten 142, 173; 1987, Karten 65, 421, 470), Burgess (1995, 341a, 342b), Simoni-Aurembou (1995, 350a, 362 unten), Gauthier (1995, 369a). Pope (1952, 443, § 1156, auch 203, § 554), Burgess (1995, 341b). Pope (1952, 438, § 1135), Burgess (1995, 341b, 342b-343a).
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AB24), Fulr (45/A42, 52/A49, 58/A55, mit vorheriger Verdeutung des afrz. -é als -e), mungeoy (50/A47), Gerund (51/A48), Saraguz (53/A50), ferner vielleicht Alemavi (1/B1, lies: Alemani), wenn es wie Al(e)mannia u.ä. (2/B2, 5/B4 u.ö.) zu afrz. Al(l)ema(i)gne gehört, und Flecken (6**/B4), wenn es zu afrz. Valencʀenes gehört.29 Da nun für die Branche VIII der KMS eine anglo-normannische Vorlage erwiesen und meines Wissens für keine andere Branche ein gegenteiliger Befund wahrscheinlich gemacht worden ist,30 wird man auch für diese fünf Schreibgewohnheiten der KMS I ein anglo-normannisches Durchgangsstadium annehmen; ein solches kann ja sehr leicht den ursprünglichen Dialekt eines Prosatextes völlig in den Hintergrund drängen. Wahrscheinlich brauchten sich also die altnordischen Sucher nicht bis ins heutige Belgien zu bemühen, sondern fanden in England ein dort geschriebenes Manuskript der fKMS I; schon seit den Tagen Wilhelms des Eroberers waren ja die politisch-dynastischen wie die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen England mit seiner frankophonen Oberschicht und Flandern mit seinem frankophonen Herzogshaus und seinem frankophonen Landesteil (und natürlich zwischen Flandern und den anderen Teilen des heutigen Belgien) sehr eng. Was speziell die auffällig starke Unterdrückung des afrz. Schluss-e angeht, sei zudem daran erinnert, dass in der an. Muttersprache des Übersetzers die dadurch entstehenden konsonantischen Wortausgänge sämtlich vorhanden waren – hingegen ein -e im Nominativ der femininen Substantiva recht selten vorkam.31
Signi¿kante Namensdiskrepanzen gegenüber anderen Branchen der KMS Eine auf Vollständigkeit angelegte AuÀistung aller Unterschiede der Namensformen in der KMS I einerseits und den Branchen II-X andererseits wäre beim jetzigen Editionsstand nicht nur sehr arbeitsintensiv, sondern würde auch manches Belanglos-Zu29
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Bei Appellativen wie konstabl/constaÀ und einigen anderen kann man zwar lautgeschichtlich an das Mittelenglische als Zwischenstufe zwischen dem Anglonormannischen und dem Altnordischen denken, cf. Hieatt (1978, 385); doch sind sie natürlich kein Indiz für eine (partienweise) mittelengl. Vorlage der KMS. Im Gegenteil: Wie schon eine kursorische Durchsicht zeigt, ¿ndet man die Charakteristika a) bis e) auch in anderen Branchen. An Hand von Hieatts und Lacroix’ (jeweils der Nachprüfung zu unterwerfenden) Indizes (ich gebe deshalb jeweils nur die Branche an) ¿ndet man z.B. für a) vor Nasal Amalun(z) V und VI, Bamundi (< Bramimonde) und Begun VIII, Estamund/Istamund (< Justamont) und Fremund V, Gradamunt, Guinelun und Hatun VIII, Jamund (< Eaumont) und Mateplum (< Matefelon) IV, Milun/Melun (z.T. neben Milon) IV, V und VIII, Otun und Remund (< Raimon[t]) IV, Roseleun und Runzival VIII, Valdibrun/ Valdabrun (im Rolandslied assonierend auf /ӑ/, nicht /y/) IV und VIII, Valsundi (< Valfonde) VIII; für b) z.B. Geofrey/Geyfrey/Godefrey/Gudifrey/Jofrey III, IV und V und ein interessantes Meysanze IV 50 (falsche Rückbildung aus afrz. Moysant < Vulg. Moysen, hier als Heidenname); für c) z.B. Terri III und V, Puer V, für d) z.B. Bovi III, V und VI; für e) (wenn auch teilweise neben den volleren Formen) Olif II, Gloriant, Pulsland III, Pul IV, VII und VIII, Baion, Burgun, Karant ‘Charente’, Kipr ‘Zypern’, Lingun ‘Langres’, Ma(r)iork, Nafar, Nager ‘Najera’, Pampilon, -un, Sibil und Sicili IV, Jouis V und VIII, Provenz VIII... Etwa im Typ elle ‘Alter’.
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fällige zu Tage fördern. Ich weise hier nur hin auf diejenigen Unterschiede, die ich auf Grund meiner Lektüre für möglicherweise signi¿kant halte. I gegen III (Loth) In I 1/B1 u.ö. erscheint der Name ‘Drogo’ als Dre¿a, Dreia u.ä., in III A10/B3 als Dorunt (A)/Dorun (B)/Doran (b). In I 1/B1 u.ö. erscheint ‘Odilo’ als Videlun, in III A12/B5 u.ö. als Edelon (A)/Edulon (B). In I 1/B1 u.ö. erscheint ‘Naimes’ als Namlun/Namulun/NaÀun, in III A7/B2 u.ö. als Nemes. In I 6*/B4 steht wahrscheinlich für ‘Lausanne’ Toteam, in III A4/B1 mit Sicherheit Losena (A)/Lutina (B)/Lucina (b¹)/Lulina (b²). Dem Namen Teor¿ in I 37/A34 (Position 32), 58/A55 entspricht (wenn auch nunmehr für Tierri d’Ardenne) in III A14/B5 der Name Teri. Dem Volksnamen Valir/Valer in I 39/A36 u.ö., 40/B38 entspricht in III A7/B2 und passim Frankismenn. In I 44/A41 heißt Ogiers Schwert Kurt, in III A42/B19 u.ö. Kurtein(n). Für die Bretlandz menn ‘Bretonen’ von I 45/A42 ¿nden wir in III A33/B14 das Ethnikon Brezkir u.ä. In I 53/A50 erscheint ‘Monjardín’ als Stadt oder Burg Mongardig(borg), in III A36/B16 als Land Mongandium (A)/Mondangium (a)/Mundangin (B)/Mondangin (b), in III B27 als Montagandim. In I 58/A55 heißt Ogiers Pferd (afrz. Broiefort, vereinzelt Brochefort) Brocklafer, in III A37/B18 u.ö. Bifolen (A)/Berfolinn (a)/Befoli (B). I gegen IV (Unger, Redaktion Alpha)32 In I 1/B1 heißt das zentrale Land des Karlsreiches einmal Frak(k)land, dann Franz oder Valland, in IV 2 Frakkariki (Aa), auch 2 und passim Frakkland, passim Franz. In I 39/A36 u.ö., 40/B38 heißen dessen Bewohner Valir/Valir, in IV z.B. 18 Franzeisar, 28 und passim Frankismenn. In I 1/B1 u.ö. ¿nden wir Alemavi/Alemania u.ä., in IV 2 das Adj. ìyįversk (A), þyversk (a) in Verbindung mit riki für ‘deutsches Reich’. Der Namlun/Namulun/NaÀun von I 1/B1 u.ö. heißt in IV 9 Naunan (A), Naunal (a; aus dem biblisch-lat. Naaman des Pseudo-Turpin33). Statt Dre¿a/Dreia u.ä. ‘Drogo’ aus I 1/B1 u.ö. ¿nden wir jetzt (für den König von Poitiers) in IV 27 und passim Droim.
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Da in IV die Beta-Redaktion eine sehr tiefgreifende Umarbeitung darstellt, scheinen mir nur die Lesungen von Aa von Interesse. Der Pseudo-Turpin kannte verständlicherweise keine Latinisierung des Namens Naime(s)/ Naimon und ver¿el so auf den alttestamentarischen Namen Naaman (so dessen Vulgataform).
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In I 2/B2 und passim heißt ‘Aachen’ Eirs (Loth, B)/Eiss(borg) (Loth B [einmal in 6/B4], A; Unger, AB), in IV 1 Akis (Aa). In I 6*/B4 heißt ‘Genf’ wahrscheinlich Gimen, in IV 11 Gibben (A), Gilin (a; Adj. Gebennensis im Pseudo-Turpin). In I 6**/B4 u.ö. heißt die ‘Gaskogne’ Gastun/Gaskun/Vaskunia/Vaschuna/Valkuma/Veskunia, in IV 2 u.ö. Gaskunia (Gasconia im Pseudo-Turpin). In I 6**/B4 erscheint ‘Rouen’ verunstaltet zu Roniema/Romenia, in I 22 zu Romeis, in IV 91 zu Kum (A), Kuin (a). Dem Auherri af Borgunia in I 37/A34 (Position 5) entspricht in IV 9 Alfrig af Burgundia (Aa, Albericus de Burgundia des Pseudo-Turpin). Dem Namen Teor¿ von I 37/A34 (Position 32) und speziell der so benannten Person in I 58/A55 entspricht in IV 9 þièrekr (Tedricus im Pseudo-Turpin). Dem Gundeblif (Gundilibolf B) von I 38/AB35 entspricht, wenn auch nicht mehr als Burgunder, sondern als Friesenkönig, in IV 11 Gandebeld, in IV 84 Gundilbol (A), Gundulbit (a; Gandelbodus/Gandeboldus/Gondalbodus mit weiteren Varianten im Pseudo-Turpin). Dem Namen Vitakind von I 46/A43 entspricht (wenn auch für eine andere Person) in IV 73 u.ö. ein Vitaclin (A), Vitaklin (a). Den Ardena menn von I 46/A43 entsprechen in IV 104 die Ardenei riddarar (A) bzw. substantivisch die Ardenæis (a). In I 50/A47 heißt Karls Schwert ‘Joyeuse’ Giovise, in IV 5 Gandiola (A), Gaudiola (a; Gaudiosa im Pseudo-Turpin), doch z.B. in IV 54 Jouise (Aa). Dem Mongardig(borg) von I 53/A50 entspricht in IV 14 der Berg (fjall) Garèin (Aa), Gardin (A; lat. Mons Gar[i]zim, -in). I gegen V (Unger) Dem Namen Sævini in I 6**/B4 (s.v. Dara) und der so benannten Person in I 47/A44 entspricht in V 50 Segun. Dem Namen Teor¿ von I 37/A34 (Position 32) u.ö. entspricht in V 28, 35, 37 (wenngleich hier für Tierri d’Ardenne) der Name Ter(r)i. Dem Vitakind von I 46/A43 u.ö. entspricht in V passim Guitalin (A)/Gvitelin (b)/ Gutelin (B). Dem Giovise von I 50/A47 entspricht in V 50 wiederum Jovis (a)/Gaudiola (b). I gegen VI (Unger) Dem Namlun/Namulun/NaÀun von I 1/B1 u.ö. entspricht in VI 1 und passim Nemes. Dem Kurt von I 44/A41 entspricht in VI 16 wieder Kurtein(e). I gegen VII (Loth) Dem Namlun/Namulun/NaÀun von I 1/B1 u.ö. entspricht auch in VII A1/B3 u.ö. Nemes.
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Dem Volksnamen Valir/Valer in I 39/A36, 40/B38 u.ö. entspricht in VII A1/B2 u.ö. Frankismenn. In I 43–44/A40–41 geht Ivin zurück auf altnordfrz. Juiu ‘Jude’, in VII A2/B1 heißt ‘Jude’ vielmehr Gydingr. I gegen VIII (Unger) ‘Frankreich’ heißt in VIII passim Frakkland, das Ethnikon Frankismenn. Dem Namen Dre¿a/Dreia u.ä. von I 1/B1 u.ö. entspricht in VIII 34 (wenn auch wahrscheinlich nicht für dieselbe Person) der Name Dragon. Dem Namlun/Namulun/NaÀun von I 1/B1 u.ö. entspricht auch in VIII passim Nemes. Dem Venelun bzw. Vehelun von I 6**/B4, 26*/A25, dem Guenelun von I 26*/B26, 54/A51, 56/A53, 57/A54 und dem daneben erscheinenden Guinelun I 56/A53 und 57/A54 entspricht in VIII passim Guinelun. Dem Rosilia von I 6**/B4 entspricht VIII 35 Roseleun (B). Während in I 40/A37/B38 u.ö. die Graphie Olifer gegenüber Oliver stark überwiegt, erscheint in VIII passim Oliver. Wenn Kaliber/Laramel in I 42/A39/B38 ‘Kalabrien’ ist, entspricht ihm in VIII 8 Calebre. Karls Schwert Giovise von I 50/A47 heißt VIII 38 Jouis. I gegen X (Unger) In dem von Unger als ‘Branche X’ bezeichneten Schlussteil der KMS Ist die Redaktion Alpha nur durch die sehr kurze Fassung der dänischen Karl Magnus’ Krønike vertreten. Onomastisch ist hier nur zu vermelden, dass Karls des Großen Schwert jetzt (ed. Lindegård Hjorth 342.13) sein swærd iosue genannt wird (wie dort vorher schon einmal, ed. Lindegård Hjorth 172.2), was zu den älteren Formen kein Widerspruch, sondern eine Sekundäretymologie ist. Zur Redaktion Beta: Dem Eirs/Eiss (borg) von I 2/B2 u.ö. entspricht in X 3 u.ö. Aquisgranum (< lat.), aber in X 3 mit dem Zusatz, die Stadt werde ‘von manchen’ auch Achis und Tachin genannt, in X 3 dann einmal einfach Achis, schließlich in b in der unvollständigen Marienlegende (X 5) mehrfach Tachin (zu dieser Form cf. Teil V p. 217 n. 44). Wenn das Flecken in I 6**/B4 ‘Valenciennes’ ist, entspricht ihm in X 4 Valent (offenbar durch Übersehen eines Abkürzungszeichens; Valentianas im Speculum historiale), in X 5 Valention. Dem Anuens (< *Amiens) in I 28/A26 und dem Ammiensborg in I 32/A30 entspricht in X 4 Ambianis (B)/Ambionis (b; afrz. bele), bellissima an; das macht ihn auch sonst in Frankreich seit dem 12. Jh. beliebt als Namen von ¿ktiven Frauengestalten in Karls Umkreis (Tochter [unter anderem im Otinel und damit in KMS VI], Frau, Großmutter Karls) und gelegentlich anderswo (z.B. Stiefmutter Ogiers in KMS III). Ardena(m): Der Begriff umfasst im Früh- und Hochmittelalter außer den Ardennen auch die (zumindest West-) Eifel (cf. p. 7 s.v. Ardena mit n. 1). In den Ardennen musste sich auch der historische Karl Martell nach dem Tode seines Vaters verbergen, als er von der Übernahme der Macht noch weit entfernt, vielmehr sogar in seiner Person bedroht war; aus den Ardennen heraus schlug er – an der Spitze von Guerilleros, von denen viele gewiss einen ebenso dubiösen Ruf hatten wie Basin – seine Hauptgegner Ragenfried und Chilperich, die historischen Urbilder der gleich (2/B2) zu nennenden Renfrei und Helldri (cf. p. 20). 're¿a (so auch 2/B2, 4/B4, 7/B5, 8/B6, 9/B7, 10/B8, 18/A18/B16, 19/A19/B17, 23/B23), Dre¿on (37/B34 zweimal), Dreia (23/A23 zweimal, 25/A24, 26/A25, 36/ A33); für eine zweite Person (cf. unten) Drefe (19/B17), Dre¿ (6*/B4), Dre¿a (23/ B23, 35/B32), Dregvi (37/B34), Dreia (19/A19, 20/A20, 22/A22, 23/A23, 35/A32, 37/A34): Im An. ist f intersonorisch Schreibzeichen für /v/, geht also auf afrz. v ~ u zurück, die ja im Mittelalter weithin nur graphetische Varianten sowohl für /v/ als auch für /u, y/ sind. Doch liegt hier, anders als der Initiator der Schreibung Dre¿a, 45
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Das Ethnikon selbst, Frakkar ‘Franken, Franzosen’, erscheint in der KMS I nicht, ebenso wenig seine jüngeren Konkurrenten Franzeisar und Frankismenn. Die KMS I hat stattdessen Valir/Valer (39/A36 u.ö.). Zum zugehörigen Ethnikon cf. vorige Anm. Kurioserweise scheint Morlet 1968 den Namen Karl vergessen zu haben. Bezüglich der Etymologie des Namens rivalisiert heute die Erklärung von Kaufmann (1965, 215–217, aus *Chariolus, Koseform zu den merowingischen Königsnamen mit Chario- > Hari- > Her-) mit der herkömmlichen, in der Substanz schon zeitgenössischen Erklärung ( ~ ‘Kerl’). Hier ist nicht der Ort für eine vergleichende Diskussion beider.
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Drefe glaubt, gerade nicht /v/, sondern /u/ zugrunde; denn es geht um den Namen afrz. Dr(i)eu(s), Driu(s), Obliquus Droon < germ. Drogo (Morlet 74). Die Schreibvariante Dreia ist also vielleicht erst als Versuch einer (partiellen) Korrektur auf Grund einer besseren Kenntnis des altfranzösischen Namens – er enthält kein /v/ – in den Text gelangt. Der Name bezeichnet in der KMS I zwei verschiedene Personen, hier zunächst einen titellosen, aber wohlhabenden Getreuen Karls in den Ardennen.48 Wahrscheinlich ist dieser identisch mit Difa (wohl aus der afrz. Namensform Driu, wie sie z.B. im Aspremont häu¿g ist; r-Kürzel übersehen), Karls nur in 43/A40 genanntem Schatzmeister, dessen Name andernfalls unerklärlich bliebe. Auch Drogos Bruder Robert (10/B8, 26/A26) wird ja von Karl zu seinem Oberstallmeister ernannt; beide verkörpern also den Typ des gehobenen Königsministerialen. Zu dem zweiten Drogo, König von Poitiers, cf. unten p. 87. Dass die beiden (entgegen Aebischers Register und entgegen einer ansatzweisen Verwechslung in 9/B7) zu trennen sind, ist richtig erkannt im Namenindex von Patron-Godefroit; es folgt (außer aus anderen Indizien) eindeutig aus 19/A19/B17, wo beide nebeneinander in einander ausschließenden Funktionen genannt werden. Oden,49 identisch mit Adeini (Akk., 49/A46): Afrz. Obliquus Aldain, Audain bzw. altnordost- und ostfrz. Obliquus Adain ‘Alda’ (zum Namen Morlet 31), Naimes’ Schwester, die spätere Frau Karls; cf. p. 40ss., speziell n. 9. Denselben Namen trägt AdĊin (42/A39, Dativ AdĊini 42/A39, Auda samt Dativ/Akkusativ Audu 42/B38, Dativ Adeini 56/A53), Oliviers Schwester, Rolands Verlobte (42/A39/B38). Videlun: Ihr Vater, der Herzog von Bayern (5/B4 u.ö.), der Huidelon der altfranzösischen Epik, der historische Bayernherzog Odilo (zum Namen Morlet 176), Zeitgenosse Karl Martells; cf. p. 40, speziell n. 5. Beatrix: Der Name der frühchristlichen Heiligen wurde seit dem 10.Jh. in Westeuropa, speziell in der Oberschicht, beliebt (Morlet 1972, 26). Beispielsweise hieß so eine Schwester des Hugo Capet, Nichte Ottos des Großen und tatkräftige Herzogin von Oberlothringen; durch sie und ihre gleichnamige Urenkelin kam der Name in die Ahnenschaft Gottfrieds von Bouillon und damit auch in die Fabeln über diese Ahnenschaft einschließlich der altfranzösischen Epik (Beatriz, -is), wo der Name aber auch für Komparsinnen gebraucht wird. Auf die Idee, so die Tochter eines Herrn in ‘Alemannien’ (oder in ‘Deutschland’, cf. sogleich) zu benennen, ist der Erzähler wahrscheinlich dadurch gekommen, dass seit der Heirat des Schwaben (im weiteren Sinne: Alemannen) Barbarossa mit Beatrix von Burgund der Name im Stauferhaus beliebt wurde. Barbarossas Tochter Beatrix starb zwar früh, aber eine Generation spä-
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Da der lautliche Befund eindeutig ist, kann man diesen Driu o.ä. nicht ohne Weiteres identi¿zieren mit Tierri d’Ardenne, wie dies Gaston Paris (1905, 320), Bédier (1929, 4.281), Patron-Godefroit in ihrem Namenindex und Lacroix (2000 ad loc.) getan haben. Es fällt allerdings auf, dass in der KMS I auch Teor¿ als sichere Entsprechung von Tierri ein schlecht erklärbares -f- hat, cf. unten p. 149s., Position 32. Laut Pope (1952, 199s. § 535) ist /o/ < au (< al) erst im 16. Jh. von den damaligen Grammatikern akzeptiert worden, in ungepÀegter Sprache aber älter; für den Vorton (der ja hier im Afrz.vorliegt) führt sie einen Originalbeleg schon aus dem späten 13. Jh. an. Eine ganze Reihe meist vortoniger Originalbelege aus dem 13. Jh., den ältesten von 1211, bringt Baker (1937, 1ss.).
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ter heiratete die gleichnamige Tochter des deutschen Königs Philipp von Schwaben ihres Vaters Gegner, den Welfen Kaiser Otto IV., womit die Versöhnung beider Häuser bewirkt schien; doch starb auch diese Beatrix bald kinderlos. Valam: Wohl altnordfrz. Walan(t), altzentralfrz. G(u)alan(t) ‘Wieland’ (zum Namen innerhalb der Romania Beckmann/Timm 2004, 10–31, 35s.). Nur namengleich, nicht identisch mit dem unten in 43/A40 genannten germ. Schmied Galant ‘Wieland’. Alemavi: mit paläographisch altbekannter Verkennung von n als u (~ v). Der Valam jarl af Alemavi ist wohl ein ‘Graf von Alemannien, Graf aus Südwestdeutschland’, ebenso sein Nachfolger, der Hatun aus Almannia (5/B4, als Otun af Alimania 20/A20, als namenloser jarlin af Alimania 25/A24, dem in B24 eine Schar aus Allimania entspricht); denn ‘Graf von oder aus Deutschland’ wäre für die KMS I eine ungewöhnlich vage Titulatur. In 2/B2 hingegen kann Alemannia ein ‘Deutschland minus Bayern’ sein, in 5/B4 ist es wohl sogar ein ‘Deutschland einschließlich Bayern’. Vermutlich stand im Original jeweils Al(l)ema(i)gne, das ja im Altfranzösischen eine ähnliche Ausweitung von ‘Alemannien’ zu ‘Deutschland’ durchgemacht hat; so stehen z.B. im Rolandslied (vv. 3793–3795) noch nebeneinander Bavier et Saisnes, [...] Alemans et Tiedeis, etwa ‘(Stammes-)Bayern und (Stammes-)Sachsen, (kontextbedingt nichtbayrische) Oberdeutsche (~ Alemannen) und Mittel- (sowie kontextbedingt nichtsächsische Nieder-) Deutsche’. Basin: Der Name ist im Frankenreich seit der Merowingerzeit bekannt (Morlet 49), bleibt aber selten.50 In der KMS I kommt er anscheinend zwei Personen zu, und zwar zunächst dem Meisterdieb (1/B1 bis 25/AB24 passim). Obwohl diese Erzählung 50
Das ist bei Morlet schlecht zu erkennen, weil sie sichtlich von seltenen Namen alle ihr bekannten Belege, von häu¿gen nur eine Auswahl zitiert, ohne dieses Verfahren irgendwo zu beschreiben. Weit aussagekräftiger für die relative Seltenheit des Namens vor dem späteren Mittelalter ist da, dass z.B. einerseits das Polyptichon Irminonis (Paris, kurz nach 800) nur einen Basinus, andererseits die erhaltenen drei Pariser Steuerrollen der Zeit um 1300 erst vier Belege für Basin als Hauptnamen, und diese wohl auf nur zwei Personen bezüglich, enthalten, cf. Michaëlsson (1936, 89). Insbesondere ist auffällig, dass der Name nach 800 in der fränkischen, dann französischen Oberschicht nicht mehr auftaucht, bevor er seit etwa 1200 als Beiname (und damit schließlich als Familienname) belegbar wird. Auch vor 800 tragen den Namen nur zwei erwähnenswerte Personen: 1) ein 762–782 amtierender, farblos bleibender Bischof von Speyer; er war nach Ewig (1954, 134) «wahrscheinlich» ein jüngerer Verwandter des Folgenden; 2) ein 705 gestorbener Bischof von Trier aus der Familie der Widonen; seine Familie arbeitete dann schon sehr früh mit Karl Martell zusammen und behielt dadurch das Trierer Bistum auch in den beiden folgenden Generationen trotz ihres notorisch unkanonisch-unbonifatianischen Lebensstiles, zeitweilig sogar in Kumulation mit Reims. Mehr als fraglich ist hingegen die Existenz eines für die spätmerowingische oder frühkarolingische Zeit von Chaume in der Nachfolge von Longnon nur erschlossenen Grafen und angeblichen Namengebers der Landschaft Bassigny am burgundischen Nordrand, pagus Bassiniacus, vereinzelt Basiniacus, cf. Chaume (1931, 977–981). Denn da der Thesaurus Linguae Latinae s.v. einen lat. Namen Bassinus mit -ss- verzeichnet und da die erdrückende Mehrzahl der -iacum-Toponyme vor dem Suf¿x einen lat., keinen germ. Namen enthält, ist eine Ableitung aus dem lat. Namen entschieden vorzuziehen. Longnon und Chaume, die auch die altfranzösische Epik sehr gut kannten, könnten zu ihrer Hypothese dadurch angeregt worden sein, dass ein diebischer Basin (also vermutlich der unsere) im Jehan de Lanson und im Auberi le Bourguignon (beide erste Hälfte des 13. Jhs.) als Basin le Bourguignon von Lengres, Gennes oder vom Genevois bezeichnet wird (und im Auberi Vater des Titelhelden ist); cf. Gaston Paris (1905, 318, 541).
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in altfranzösischer Sprache nicht erhalten ist, wird sie als altfranzösisch zweimal bezeugt, darunter einmal ausdrücklich als chanson (scil. de geste);51 überdies erweisen Anspielungen in zahlreichen altfranzösischen Texten Basin (zum Teil mit mehr oder minder klarem Bezug auf gerade diese Erzählung) als einen im frz. Sprachgebiet allgemein bekannten Meisterdieb.52 Dass die nordische Fassung seinen französischen Namen beibehält, ist bemerkenswert, weil nicht nur niederländische und deutsche Dichter des Mittelalters, die essentiell dieselbe Geschichte erzählen, stattdessen den Namen Elegast u.ä. benutzen,53 sondern auch die sonst aus der KMS kürzend übersetzte dänische spätmittelalterliche Karl Magnus’ Krønike sowie die einzige dänische
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Nämlich in Gestalt der von dem Franzosen Aubri von Troisfontaines (in der Diözese Châlonssur-Marne) erwähnten cantilena (1874, 717) sowie in der Kennzeichnung der Geschichte als (typisch) französisch in dem Speculum virtutum moralium (um 1309) des Steiermärkers Engelbert von Admont (allerdings mit «Übersetzung» des Namens Basin in Arbogast, cf. van Oostrom 1997, 34). Mehr oder minder eindeutig mit Bezug auf unsere Erzählung: Renaut de Montauban (schon Ms. Douce, ed. Thomas 1989, vv. 9363–9374 [Verrätername Gerin erinnert an niederld. Eggeric; nur Basin hört Verratsplan, wie ebenfalls in der niederld. Fassung], etwas länger ed. Michelant 266 vv. 27–42, ed. Castets vv. 10114–10129; Echos davon in ital. RinaldoCantari und in den engl. Foure Sonnes of Aymon, cf. Moisan 1986, II,3 s.v. Basin), Élie de Saint-Gilles (ed. Raynaud vv. 1979–1982), die Chronik des Philippe Mousket (ed. de Reiffenberg vv. 8442s.), der Restor du Paon (Bonnier 1900 passim, ed. Donkin I vv. 625–646, relativ ausführlich), die Versos Proverbials des Guillem de Cervera (katalanisch, Str. 1145 ed. Coromines; Vierzeiler, eindeutig) und wohl auch Jehan de Lanson (wo Basin erneut eine Hauptrolle spielt, ed. Myers passim). Zumindest die Person des Meisterdiebes Basin: Auberi le Bourguignon, Godefroi, Wistasse le Moine, Fauvel, Bertrand du Guesclin, dazu die Bezeugung zumindest einer (heute verlorenen) Handschrift eines frz. Romant Basin in Zwölfsilbern in der Bibliothek der Herzöge von Burgund (Duggan 1981, 113 mit n. 43) sowie wohl eine Anspielung bei Eustache Deschamps (zu ihnen allen Paris 1890, 296–298, 1895, 317s., und 1905, 315–322, 541), weiterhin Maugis d’Aigremont (ed. Vernay vv. 523 und 7486; wegen seiner Lehrzeit in Toledo im Namenindex als Heide bezeichnet) und Lionel de Bourges (ed. W. W. Kibler et al.; markante Rolle im Schlussteil). Dazu Erwähnung von Karls auf Geheiß eines Engels unternommenem Diebeszug ohne Nennung eines Begleiters: Aubri von Troisfontaines ad a. 788 (1874, 717). Allerdings ist auch im Mittelniederld. der Name Basin wenigstens im Zusammenhang mit magischen Kräutern bezeugt, cf. Lie (1992, 234–246). Die König-und-Dieb-Geschichte mittelniederld. (einschließlich der ripuarischen Bearbeitung um 1320 im Karlmeinet): Duinhoven (ed.), Karel ende Elegast, 1969 und 1982, Van Dijk/Finet-Van der Schaaf (ed. mit frz. Übs.), Die Historie van Coninck Karel ende Elegast, 1994; mitteldt.: Quint (ed.), Karl und Elegast, 1927. Ein niederdt. Fastnachtsspiel davon, wie ‘König Karl zu stehlen auszog mit Ollegast’, wurde 1450 in Lübeck aufgeführt, ist aber verloren, cf. z.B. Skårup (1997, 270). Nachweis, dass die mittelniederld.-ripuarische und die mitteldt. Überlieferung auf eine gemeinsame niederld. bzw. maasländisch-niederrheinische Vorstufe zurückgehen (und sehr hypothetische Datierung dieser Vorstufe auf etwa 1200) bei Heroma (1973, 81–265). Doch die beiden Grundfragen, erstens, ob letztlich dieser Vorstufe oder einer afrz. Fassung die Priorität zukommt, sowie zweitens, ob die ältere von beiden aus einer präexistenten internationalen Folktale gespeist wird oder deren Quelle darstellt, sind damit nicht präjudiziert. Für mittelniederld. Priorität kürzlich wieder Duinhoven (2005, 93–104, in Kontroverse mit Jozef Janssens; cf. dazu p. 20s. n. 29). Zu weiteren mhd. Anspielungen auf Elegast (und zu ähnlich benannten Gestalten) Lunzer (1927 passim, speziell 159s.), in den Schlussfolgerungen meines Erachtens hyperkritisch und deshalb jetzt zu relativieren durch van Oostrom (1997 passim), der aber seinerseits Lunzer nicht zu kennen scheint. Für Priorität der Folktale z.B. Vàrvaro (1995 passim). Zur dänischen und färöischen Überlieferung cf. folgende Anm.
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und die färöischen Balladen Alegast u.ä. haben.54 Unsere Basin-Fabel samt ihrem niederländisch-deutschen Gegenstück ist der älteste bekannte Vertreter des internationalen Folktale-Typs Aarne-Thompson-Uther 951A(2) bei Uther 2004, ungefähr zu de¿nieren als ‘Herrscher zieht zum Stehlen aus und erfährt dadurch von einem Mordkomplott gegen sich selbst’.55 Von dem Meisterdieb ist wahrscheinlich zu trennen Basin, der Bruder des Basilius, cf. 53/A50. 1aÀun (so immer B; weiter unten A immer Namlun, a Namulun): Der ‘Naimes’ des Rolandsliedes, hier Sohn des Herzogs Odilo von Bayern und Karls Vertrauter; zu ihm und seinem Namen cf. p. 40s., speziell n. 6. (Unger 2, Loth B2): Magnus: Karls Deckname erinnert daran, dass sich Karl auch in der altfranzösischen Epik in einer schwierigen Situation Mainet (< lat. Magnus + frz. -et) nennt. Der Name musste nordischen Lesern umso natürlicher erscheinen, als zwischen 1035 und 1200 nicht weniger als vier norwegische Könige Magnús geheißen hatten, cf. etwa LdM s.v. [2]-[4] Magnús. Den ältesten von ihnen, Magnús den Guten, geb. 1024, soll sein Vater Olav der Heilige, der Christianisator Norwegens, auf Anregung seines Skalden nach Karl dem Großen benannt haben (als Faktum z.B. bei Gerhardt 1963, 78, als möglicherweise retrospektive Anekdote bei Foote 1959, 48). Gilbert/van Emden (1973, 150) waren von der Tatsache, dass Magnús nur im Norden, nicht in Frankreich ein normaler Name war, so beeindruckt, dass sie daraus schlossen, die KMS I sei wohl ohne altfranzösische Gesamtvorlage aus Einzelvorlagen sogleich auf Altnordisch kompiliert.56 Zu Recht erinnert demgegenüber Skårup (1980, 351) daran, dass Magnus hier latinisierende Übersetzung von afrz. Mainet sein kann, wie Egidius zu Gilies (cf. oben, ‘Latinismen’). Man könnte hinzufügen: Selbst aus dem allgemein bekannten lat. Karolus Magnus oder aus dem magnes im ersten Vers des Rolandsliedes könnte ein altfranzösischer Autor ein *Magnes als kurzzeitigen Decknamen für Karl herausdestilliert haben.
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Genauer: Die sonst aus der KMS schöpfende, zuerst in einer Handschrift von 1480 (‘Børglum håndskriftet’) erhaltene dänische Karl Magnus’ Krønike, ed. Lindegård Hjorth 1960, ersetzt Basin durch Alegast, und Allegast/Aligast/Alikast haben auch die färöischen Balladen sowie die einzige dänische (die als einzige noch zwei weitere Motive hat, welche nicht zur KMS oder zur Krønike, sondern zur niederld.-dt. Tradition des Stoffes passen); dazu Skårup (1966, 32–35, 1997, 270–273). Cf. auch de Ruiter (1995 und 2005a passim). Uthers Umordnung innerhalb des Typs 951 ist gegenüber Aarne-Thompson ein realer Gewinn. Diese Auffassung liegt gelegentlich auch anderen Forschungsbeiträgen implizit zugrunde. Kok (1993 passim) ist überzeugt, dass in der KMS I Ragenfrieds Frau eine charakterlich stärkere, selbständigere Gestalt sei als im Karel ende Elegast Eggerichs Frau und dass ihr diese Stärke von einem nordischen Bearbeiter in Analogie zu anderen Frauengestalten der altnordischen Literatur gegeben worden sei. Aber selbst abgesehen von der oben angeschnittenen Grundfrage: Jene Frauengestalten bewegen wesentlich die Handlung, Ragenfrieds Frau hingegen lässt sich blutig schlagen und bewegt nichts (sondern hätte Karl ermorden lassen!) – wo bleibt da die Ähnlichkeit? Gleicht Ragenfrieds Frau nicht vielmehr der armen Hermenjart in den Narbonnais, die ihrem Mann Aimeri widersprach, statt aller Antwort von ihm einen Faustschlag ins Gesicht bekam und dann auch nichts bewegte? Man hat den Eindruck, dass Kok Kategorien aus einer aktuellen sozial- und mentalitätsgeschichtlichen Diskussion apriorisch den Texten überstülpt.
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Tungr, auch Tunger (6**/B4), Tungr borg (25/B25), Tungrs (25/A24, < frz. Tongres): ‘Tongern’. Zur Wahl von Tongern als Sitz des Hauptverräters cf. p. 8, s.v. Tungr. Renfræi: Der Rainfroi (< Rainfrei) der altfranzösischen Epik, der westfränkische Hausmeier Ragenfried der Geschichte, Feind Karl Martells. Zum Namen Morlet 184. Renfræi von Tongern [...] Valam von Breteuil: Die im folgenden genannten zwölf Verschwörer bilden ein Kollegium von ‘Anti-Pairs’, offensichtlich entworfen als Gegenbild zu den Zwölf Pairs (zu diesen cf. 59/A56) – so wie dies im Rolandslied die zwölf heidnischen Anti-Pairs sind. Zur räumlichen Verteilung rund um einen als treu zu denkenden wallonisch-Àämischen Heimatbereich des Autors cf. p. 8, s.v. Tungr und im Folgenden die Einzelnachweise. Eirs borg, auch Eirs (so in B passim [außer in 6/B4] laut Loth, mit Verlesung des ersten Lang-s als r, aber überall Eiss laut Unger, in 6/B4 auch laut Loth), Eiss (so immer in A): Afrz. Ais, Eis < lat. Aquis[grani] (nach den dortigen Heilquellen) ‘Aachen’, cf. p. 12, 19 und 39s. n. 2 und 4; ferner unten p. 110–115 und 119s. Da sich seit 936 die deutschen Könige in Aachen krönen ließen, unterstellt unser Erzähler dasselbe schon Karl als dem Begründer von Aachens Größe (hier sogar im Vorwissen Ragenfrieds) – vielleicht auch in vager Erinnerung daran, dass sich in Aachen Ludwig der Fromme 813 auf Karls Geheiß selbst, dann 817 seinen Sohn Lothar zum Mitkaiser gekrönt hatte. Auch der Papst wird eingeladen, weil im Denken unseres Erzählers Karls Aachener Krönung mit der Weihe der von ihm erbauten Marienkirche zusammenfällt (cf. unten p. 120–128) und weil die Anwesenheit des Papstes bei dieser Weihe spätestens seit dem kurz vor 1165 gefälschten Diplom Karls für die Marienkirche und von da aus in Barbarossas echtem Diplom vom 8.1.1166 (Meuthen 1972, 81–119), dann in der gesamten mittelalterlichen Überlieferung als gesichertes Faktum galt. Helldri (auch Helldre, 13/B11):57 Hier Ragenfrieds Bruder, unlokalisiert, deshalb benachbart zu denken. Der Heudri (< Heldri) der altfranzösischen Epik, der westfränkische König Chilperich II. der Geschichte (aber mit Ersetzung des Namens Chilperich durch den gängigeren ebenfalls merowingischen Königsnamen Childerich), wie sein Hausmeier Ragenfried Feind Karl Martells. So wie in der Geschichte der Hausmeier mächtiger war als sein Schattenkönig, ist in unserer Erzählung Ragenfried gegenüber seinem Bruder Helldri der führende Kopf und der präsumptive Thronusurpator; er wird deshalb, wo die beiden Namen zusammentreten (4/B4, 6**/B4, 19/A19/ B17, 23/AB23), immer zuerst genannt. (In der Passio Agilol¿ hingegen, die Bédier 1929, 3.28–38 für die Inspirationsquelle unserer Erzählung hielt, ist die Reihenfolge überwiegend umgekehrt; vor allem wird Helpricus klar als König genannt, und beide werden von Karl nicht einer Verschwörung überführt, sondern in offener Feldschlacht besiegt.)
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Die Variation zwischen -i und -e ist analog zu dem p. 42 n. 8 behandelten Fall zu beurteilen; doch kann auch der Name eines anderen historischen Verräters an Karl dem Großen, des Grafen Hardrad (< Hardré, Verrätername auch in der altfranzösischen Epik), von EinÀuß gewesen sein. Dazu cf. p. 20s.
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Hoen borg, Annzeals (auch Anzeals, 6**/B4; in 23/AB23 heißt er Andeals in B, Askalin in A), af: Eines der heutigen frz. Hombourg bzw. dt. Homburg (beides in aller Regel < Hoenburg < Hohenburg). Das bei Verviers war zu unbedeutend, auch dasjenige nordöstlich Metz (Hombourg-Budange, Homburg an der Kanner) war nie Grafschaft. Im Interessenhorizont unseres Autors verbleiben dann zwei weitere. Dasjenige südwestlich Forbach in Lothringen (Hombourg-Haut und -Bas), etwa 30 km südwestlich von Saarbrücken, war Sitz einer Grafschaft, die von etwa 1085 bis nach 1152 in Personalunion mit der Grafschaft Metz stand, cf. Parisse (1976, 871). Dasjenige östlich Saarbrücken schließlich ist erst seit dem späteren 12. Jh. als Grafschaft belegt (cf. Schwennicke 1998, XVIII, Tafel 154 und Herrmann 1977 passim) und lag einem frankophonen Autor wohl ferner als Hombourg bei Forbach, so dass wir für letzteres optieren.58 Boen borg (6**/B4) ist paläographisch bedingter Fehler (h ~ b). Selbst Oz (Orz B, Oëz b) borg (25/AB24) ist eindeutig damit identisch, da es sich um dasselbe Lehen des Ansel handelt, also nicht (mit Hieatt und Lacroix ad loc.) um ‘Würzburg’.59 Lautlich bedingt ist hier h > 0; das z ist vielleicht verlesen aus quergelegtem m (Cappelli 1929, XXXIIs.). Der Personenname ist in B der afrz. Rektus Anseals (> Anseaus) zum Obliquus Ansel, dem afrz. Diminutiv zu Anselme ‘Anselm’ (Morlet 39). Eine zweite Stufe der Diminutivierung desselben Namens, aber für eine andere Person, liegt vor bei Anselin (Annzelin B) in 26*/A25/B26; zu dessen Person cf. dort. Das Askalin im einzigen Vorkommensfall von A, das also ursprünglich sein könnte, kann man mit Patron-Godefroit (fragend, im Namenindex) zu dem epischen Namen Acelin, Asselin stellen, der (außer einigen Komparsen) zwei stark negative Personen (im Couronnement Louis und im Hugues Capet) bezeichnet, offensichtlich in Aufnahme des Namens Azzelin (-Adalbero) jenes Bischofs von Laon, der 991 den Karolinger Karl an Hugo Capet auslieferte, dadurch der Karolingerdynastie ein Ende setzte und als Verräter in die Geschichte einging. Iref, Jsinbard af: Paläographischer Fehler (T ~ I) für Tref (so b) < afrz. Treves (< lat. Treveris, mit dissimilatorischem Schwund des zweiten r) ‘Trier’. Dieselbe Stadt heißt auch Trevis borg (3/B3), Trifers (Trivers b, 6**/B4), Trivers (22/A22, 49/ A46), Triveris (Trifers B) borg (25/A24/B25), Treveris borg (47/A44), Triveris borg (50/A47), war also im Norden besser unter ihrem lat. als unter ihrem frz. Namen bekannt. Das weitere Schicksal der Stadt in unserem Text ist im Kern historisch – dass nämlich die Stadtherrschaft unter der Regierung Karls [allerdings des Einfältigen] an den Erzbischof Rotgar (Rozer) übergegangen sei (25/A24/B25).60 Der Personenname
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Weiter südlich (oder östlich des Rheins) gelegene Hohenburg/Homburg in die Suche einzubeziehen ist wohl unnötig, da der Erzähler an diesen Gegenden sonst sichtlich desinteressiert ist. Das markanteste von ihnen, nämlich Hohenburg, heute Odilienberg/Mont Saint-Odile im Elsass, eine prähistorische und merowingerzeitliche Burg, war zur Zeit der KMS I nur noch ein in die Burgruine hineingebautes Frauenkloster; das einst in der Burg ansässige Elsässer Herzogsgeschlecht der Etichonen war gegen 740 seiner Würde offenbar durch karolingische Intervention verlustig gegangen. Bestenfalls könnte in 25/AB24 (aber noch nicht in 2/B2 und 6**/B4) der Schreiber von B (aber schon nicht der des Subarchetyps von b¹b²) bei Orz borg wegen an. urt ‘Würze’ an ‘Würzburg’ gedacht haben – woraus für den Übersetzer gar nichts folgt. Cf. p. 82 s.v. Rozer erkibiskup samt n. 67.
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Isembart war im Altfranzösischen gängig, so für den Renegaten im Epos Gormont et Isembart; der zweite Namensteil gehört nicht zu germ. ‘Bart’, sondern zu germ. barda ‘(Helle)barde’ (Morlet 147, cf. 15). Reinir: Kumpan des Isinbard von Trier, unlokalisiert, also wohl benachbart zu denken. Renier ‘Reginar, Rainer’ (Morlet 184s.). Diesen Namen (auch Reinar, 37/ AB34) tragen in der KMS I gleich fünf Personen: hier der Verschwörer, ferner ein Graf von Brüssel-Löwen, ein Graf von La Roche-en-Ardenne (6**/B4), ein Sohn des Hugo von Waesland und einer des Herzogs von Paris (37/AB34). Vier der fünf sind also in einem Landstreifen von der Scheldemündung zur Trierer Gegend beheimatet; hierin spiegelt sich zweifellos das onomastische Nachleben der großen maasländischhennegauisch-brabantischen Familie der Reginare des 10. und 11. Jh., cf. LdM s.v. Reginare. Salim borg, Segbert af (Salin borg B; Salen borg 25/A24, Salenam borg 25/B25), einmal Salernis borg (6**/B4 in ¿ne): In der letztgenannten Form ist der Ortsname sichtlich überlagert durch den Gedanken des Kopisten an das damals (durch seine Medizinschule und seinen Handel) allbekannte Salerno. Im Übrigen: Da der nordische Erzähler an Städtenamen oft borg anhängt, nicht aber an Namen auf -b(o)urg ein weiteres borg, kann man zunächst schwanken zwischen (Alt-) Salm (heute Vieilsalm samt Salm-Château) in den Ardennen, Saarburg bei Trier und Saarbrücken. Für Salm kann sprechen, dass in 25/A24 Fagne und Famenne wahrscheinlich als räumlich anschließend gedacht sind; auch wurden die Grafen von Salm im 11. Jh. dadurch sehr (aber nicht unbedingt positiv) bekannt, dass Hermann von Salm von 1081 bis 1088 der von der päpstlichen Partei gestützte, dann fallengelassene Gegenkönig Heinrichs IV. war. Für Saarburg und Saarbrücken ist eine Dissimilation r>l (und für Saarbrücken eine Fluktuation zwischen ‘Brücke’ und ‘Burg’) in (gewöhnlich frz.) Quellen des 11. bis 13. Jh. belegt (cf. Jungandreas 1962 s.vv.), und Saarbrücken heißt auch in den altfranzösischen Lothringerepen Salebruge. Während Saarburg bei Trier nie Zentrum einer Grafschaft war, kann für Saarbrücken sprechen, dass der erste historisch bezeugte Graf von Saarbrücken (um 1080) wirklich Siegbert hieß (LdM s.v. Saarbrücken); ferner dass in 6**/B4 Basin auf seinem Rückweg von Frankreich nach Aachen als letztgenannte Stationen unseren Ort, dann Homb(o)urg, schließlich Trier besuchen soll.61 In der Galloromania Sigebertus, Segevertus u.ä. ‘Siegbert’ (Morlet 197). Bealfer: Afrz. Baviere, sehr selten Bauviere ‘Bayern’. Wie das l zeigt, hat sich hier graphisch wohl Bealfes ‘Beauvais’ eingemischt (siehe in diesem Kapitel weiter unten). /Ċngbarda land, auch Langbarda land (6*/B4, Name vorbekannt): Ursprünglich ‘Langobardenland’ (~ Italien), in 6*/B4 schon essentiell beschränkt auf ‘Lombardei’; aber Lunbarda (Lungbarda Unger, 45/A42), Lungbarda (46/A43) die Bewohner, mit -u- < afrz. -o-. Venso borg, Tankemar af, auch Veisus ([Veisu b] 6**/B4), Uenzu (Nenzu Unger, 37/A34), alle Dativ, dazu Nominativ Veisa (26/A25): Altnordfrz. Waise, die Landschaft 61
Weiter südlich zu suchen, ist wohl unnötig (cf. soeben n. 58); insbesondere ist (Ober- oder Neu-) Salm in den Vogesen eine erst im 12. Jh. fassbar werdende Neugründung von Alt-Salm aus.
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Waes (zu ihr cf. p. 42s. mit n. 11), vom nordischen Erzähler für eine Stadt gehalten. Das -n- vermutlich aus einer Tilde, die ihrerseits auf Verkennung eines (damals noch ziemlich neuen) i-Striches beruhte; -ns-> -nz- durch den im An. üblichen Gleitlaut /t/. Der germ. Name Thankmar ‘Dankmar’ hat sein Schwergewicht im niederdt. Raum62 und ¿ndet sich in der Galloromania nur sporadisch (Tancmarus bei Morlet 65), klang also für Französischsprecher fremd; doch immerhin ist afrz. t < germ. ș (> fries. t, niederld. wohl kurz vor 1100 d) regulär. Tanir, auch Tranur (4/B4), Tanier (6**/B4), Tamer ([Tanir B] 26/AB25): Der Bruder des Tankemar, unlokalisiert, also benachbart zu denken. Sein Name ist jedenfalls um der Assonanz willen gewählt, aber sonst unklar. Da im Altnordost- und Altostfrz. al- vor Kons. zu â- statt au- wird, könnte im ersten Namensteil das ziemlich seltene Dal-, Tal- vorliegen (Morlet 64). Also etwa ‘Dankmar und Dalmar’. Talmer ‘Dalmar’ ist auch der Name des Bruders des Fridmund von Lens, cf. unten p. 99. Roden borg, Ingelrafn af: Rodenburg ist der mittelalterliche Name des heutigen Aardenburg (Prov. Zeeland, Niederlande) an der Mündung der Westerschelde, im 13. Jh. eine wohlhabende Tuchhändler- und Töpferstadt. Der Personenname zu germ. Ingelhravn, das über Ingelram im Afrz. normalerweise den gängigen Namen Enguerran(d) ergibt (Morlet 146). Auffälligerweise scheint schon das altfranzösische Original den Namen in der germanisierenden Form Ingelraf(n) aufgeführt zu haben; denn in 26/AB25 erscheint ein vermeintlicher Territorialname Lingeraf (Lingerafn B), der nach dem Kontext nichts anderes sein kann als ein afrz. l’Ingeraf(n) ‘celui d’Inge(l)raf(n)’, ‘der (bisherige) Besitz des Ingelram’ (zu analysieren ähnlich wie z.B. noch erhaltenes Montfort-l’Amaury ‘Montfort, à savoir celui d’Amaury’). Das Nebeneinander des in der Galloromania seltenen Tankemar, des außerhalb der KMS I nicht nachweisbaren und schwer erklärbaren Talmer o.ä. sowie des statt Enguerrand niederld. belassenen Ingelrafn zeigt, dass der wallonische Autor hier bewusst mit fremdem Namenklang operiert. Danmork (mit an. u-Umlaut, vorbekannt, nicht aus afrz. Dane-, Denemarche): ‘Dänemark’. Frisland (vorbekannt, nicht aus afrz. Frise): ‘ Friesland’. Orlanæis, Rozer af: Afrz. Orlenois ( i (auch vor r) cf. p. 56s. Afrz. Folquart (Moisan 1986 s.v. [11] Foucart, var. Floquart im Moniage Guillaume II, [14] Fouquart le Normant in den Narbonnais),63 in der Galloromania selten Fulcoardus (Morlet 95) ‘Volkward’. Irikun, Rezer af: Afrz. Hirecon, Iricio, Irezun u.ä. ‘Hirson (Aisne)’; das ç (mit virtueller Cédille) als normales c genommen und entsprechend dem Graphemsystem des An. als k wiedergegeben; afrz. das Schwanken zwischen o ~ u sowie zwischen (stummem, unorganischem) h und Null. Zu Rezer als bloßer Verschreibung von Rozer cf. soeben s.v. Rozer af Orlanæis. Da ferner in 6**/B4 Rozer af Nido, zwischen seinen Mitverschworenen von Pierrepont und von Breteuil stehend, unbedingt dieselbe Person sein muss wie Rozer af Irikun, muss sogar nido eine böse Verschreibung (mit ir ~ n, ci ~ d) aus iricio sein, wie der Ortsname z.B. 1136 belegt ist. Schließlich in 16/B14 Rikon mit übersehenem i- oder durch Metanalyse von d’Ericon (so z.B. 1234 belegt) > de Ricon, cf. Malsy (1999, s.v. Hirson). Hirson war Zentrum einer Châtellenie (Malsy loc.cit.); ihr Herr hieß Roger z.B. von 1126 bis 1135 (Melleville 1865, 2.277). Brittollis, auch Brittollia (6**/B4), Brettol(l)ia (16/B14, 32/AB30), Valam (Valalin b), auch Vadalin (4/B4; 23/B23), Vazalin (16/B14), af: Breteuil (Oise), seit spätestens 1049 oft genannte Burg mit bemerkenswertem Adelsgeschlecht, das zeitweilig den Grafentitel usurpierte, cf. Lambert (1982, s.v. Breteuil) und LdM s.v. Breteuilsur-Noye. (Ferner steht in 6**/B4 und 22/A22 Bret(t)o(l)lia fälschlich für Brettania ‘Bretagne’, Herrschaftsbereich des Gedd(e)on, cf. p. 89.) Valam kann hier (durch Nachwirkung des Valam in 1/B1) Verschreibung sein für Valram, also altnordfrz. Wal(e)ram, Valeran, altzentralfrz. Galeran ‘Walram’ (Morlet 215); denn dies war gerade in der Familie der Herren von Breteuil ein Leitname, so im 11. Jh. der eines Abtes von Saint-Vanne sowie eines jüngeren Grafenbruders, der Vicomte von Meulan wurde, dann zwischen 1066 und 1162 der dreier Grafen von Breteuil, cf. LdM art.cit. und Schwennicke (1989, III 4, Tafel 659). Die Verlesung des -m als -in leitet über zu Valalin, das als Hypokoristikon von Wala (Mask., Morlet a.a.O.) deutbar ist, und weiter zu Vadalin, Vazalin, die beide in der Galloromania belegt sind als (ungeschärftes und geschärftes) Hypokoristikon der ziemlich häu¿gen Wad-Namen (Morlet 212). Zu Vazalin vergleiche man den aus der Literaturgeschichte bekannten afrz. Namen Wace, Gace. Auch zwei weitere Personen der KMS I heißen Vazalin: die Herren von Maastricht und von Valenciennes, cf. p. 98s. Petta (Peitu b), auch Petturs borg (6*/B4), Peitrs (19/A19, 49/A46), Peites (20/ A20), Peiturs (22/A22, 37/A34), Pettes (37/B34), Pells (19/B17): Afrz. Peitou, Poi-
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Allerdings ist afrz. Foucart überwiegend (und Fouchart durchweg) ‘Volk-hart’, nicht ‘Volkwart’.
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tou ‘Poitou’ bzw. Peitiers, Poitiers ‘Poitiers’; Cleasby/Vígfusson geben als an. Form Peita an. Zu trennen von ähnlichen Formen für ‘Bitburg’ (cf. p. 8–11 und 81). Nordmandi (auch 19/A19/B17, 20/A20 [mit -nnd-], 22/A22), einmal (af) Nordmandis (6**/B4): Die Form auf -is beruht wohl auf Einmischung des lat. Dativ Pl. ‘(von) den Normannen’. Sonst liegt afrz. Normendie, Normandie ‘Normandie’ zugrunde. Das erste -d- (Unger schreibt stattdessen in I 19, 20, 22–ð-) kann aus einer vorliterarischen Stufe des Afrz. stammen, zeigt aber zugleich, dass der Name von dem Übersetzer noch etymologisch (als zu norÞmenn gehörig) durchschaut wurde. Bretland (so auch 7/B5 u.ö., vorbekannt), auch Brettan(n)ia (19/A19 u.ö., < afrz. Bretagne) und Brittannia (19/B17, 37/A34 u.ö. < lat. Brittania/Britannia): ‘Bretonenland, Bretagne’. Angiam, auch Angels (Angles b, 6**/B4), Aldegio (20/A20), Andegio (21/A21, 22/A22), Angeo (37/A34) und sogar (durch Verwechslung mit dem Mundio ‘Montjoux, Großer Sankt Bernhard’, 6*/B4) Mundegio (58/A55): Afrz. Anjou ‘Anjou’ bzw. Ang(i)ers ‘Angers’(< vlat., mittellat. Andegavis < lat. Andecavis). Bei Angiam paläographisch -au ~ -an ~ -ã ~ -am (dabei letzteres als lat. Akkusativ fem. aufgefasst). Sowohl das l in Angels wie das in Aldegio beruhen auf falscher Regression aus vorkonsonantischem u; bei Aldegio geht zudem die Verwechslung n ~ u voraus. Zum Kontext von Angels cf. p. 89s. Meniam: Afrz. (le) Maine ‘(die Landschaft) Maine’, vom Übersetzer als lat. Femininum gedeutet und mit Akkusativ-Endung versehen. Bealfes, auch Bialfer (6**/B4): Afrz. Bealvais, außerfranzisch Bialvais ‘Beauvais’; afrz. ai ist schon /Ċ/; an. intersonorisches f meint /v/; im zweiten Beleg paläographisch Lang-s ~ r. Beauvais ist als Stadt im 11. und 12. Jh. sehr gewachsen; seit etwa 1015 liegen die Grafenrechte beim Bischof, doch hat auch der Kastellan eine starke Stellung. Dukames hia Paris: Aebischer, Hieatt, Patron-Godefroit und Lacroix behandeln (wie zweifellos schon der nordische Übersetzer) Dukames, Aebischer und Hieatt (gegen den Übersetzer) auch hia als unidenti¿zierbare Ortsnamen. Aber Dukames ist altnordostfrz. *ducâmes, zwingend anzusetzen nach altzentralfrz. duchaumes ‘Herzogtum’ (Rektus), und hia ist (mit Patron-Godefroit und Lacroix) an. hjá ‘nahe bei’; das ganze also ‘das Herzogtum bei (~ rund um) Paris’. Da der Inhaber dieses Herzogtums Hugi ‘Hugo’ heißt (6**/B4, 22/A22, 27/A25) wie im 10.Jh. Herzog Hugo der Große von Paris und sein Sohn, König Hugo Capet, und wie Ende des 11. Jh. Hugo li Maines, Bruder des Kapetingerkönigs Philipp I. und Teilnehmer des Ersten Kreuzzuges, weiß der Erzähler, dass die Kapetingerkönige vorher Herzöge von Paris waren, und setzt dies schon für die Zeit Karls des Großen voraus. Zum Namen Hugi cf. ferner p. 81s. Leons (so auch 32/B30, 38/A35), Leunz (32/A30), wo -s/-z aber überall Genitivzeichen sein kann, Loun (28/A26), Luon (30/A28): Afrz. Loon, Loün, gelegentlich Leon, Leün ‘Laon’. Die Stadt war Hauptsitz der letzten Karolinger und ist deshalb, in Rückprojektion von der spätkarolingischen auf die karlische Zeit, in der altfranzösischen Epik so gut wie unentbehrlich. Das ist möglicherweise der Grund, weshalb sie unten in der großen Lehensliste von 6**/B4 nicht genannt werden wird: Nach Mei-
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nung des Autors ist sie in unmittelbarem Königsbesitz. In 32/AB30 wird allerdings doch ein Graf von Laon genannt; der Erzähler kann ihn sich als bloßen Burggrafen vorgestellt haben. Kartaginem: Vom nordischen Übersetzer oder von den Kopisten für ‘Karthago’genommen und deshalb mit der lat. Akkusativendung versehen. In dieser großÀächigen Aufzählung ist nach der Reihe ‘Poitou, Normandie, Bretagne, Anjou, Maine, das Herzogtum Paris, Laon’ das abschließende ‘und ganz K.’ wohl überdachend-ergänzend zu nehmen (‘und überhaupt ganz K.’), wobei im Norden die Waes und Aardenburg schon ausgeschlossen sind. ‘K.’ meint dann einfach das regnum Franciae; doch scheint im Afrz. kein ähnlich klingendes, semantisch passendes Wort belegt zu sein. Wohl aber deckt sich der Begriff mit mhd. Karlingen, Kerlingen ‘das Reich (oder die Bewohner des Reiches) [nicht Lothars oder Ludwigs des Deutschen, sondern] Karls [des Kahlen und seiner Nachkommen oder Untertanen, -ingen], das Westreich (oder seine Bewohner)’, ‘Frankreich (oder die Franzosen)’. Das Wort ist eine Parallelbildung zu Loth(a)ringen ‘das Reich Lothars, das Mittelreich [strenggenommen Lothars II., also nur nördlich der Alpen]’ (woraus mittellat. Lotharingia, afrz. Lohereigne, Loheraigne, schließlich mit Suf¿xwechsel Lorraine). Es ist im 12. und 13.Jh. noch durchaus gängig und erscheint unter anderem als Karlingen im Servatius (ed. Bormans, ed. van Es v. 2.1116 bzw. ed. Frings/Schieb v. 4369) des Heinrich von Veldeke/Henric van Veldeken, d.h. von Veldeke(n) westlich Maastricht im selben Bistum Lüttich, in dem fKMS I entstand. Unter diesen Umständen darf man es für möglich halten, dass das Wort in französierter Form – etwa als *Karleigne, *Karlaigne – aus dem Dt. temporär auch in benachbarte frankophone Gebiete eingedrungen war. Über die paläographische Brücke l ~ t und die Verlesung ign ~ gin entstand dann die Fehldeutung. Cf. unten zu Vizstur p. 84s. Romaborg, auch Roma (7/B5), Rom (9/B7): Rom, im Mittelalter einzig möglicher Ort der Kaiserkrönung (im Gegensatz zu Aachen, traditionellem Ort der vorherigen Krönung zum deutschen König). Die Verschwörer beauftragen also mit dem Attentat nicht einen Einzelnen aus ihrer Mitte, sondern wollen es gemeinsam ausführen. Denn das macht ein Gelingen wahrscheinlicher – nicht nur physisch, sondern auch, indem es alle in gleicher Weise in den Plan einbindet und so z.B. mögliche Skrupel oder Ressentiments eines designierten Einzelnen ausschaltet. Unmittelbar nach dem Gelingen dieser ersten Phase wollen sie dann in einem konzertierten Vorstoß dreier Gruppen nach Südosten, Norden und Südwesten das ganze Reich unter ihre Botmäßigkeit bringen. Doch setzt die erste Phase voraus, dass sich alle zwölf gleichzeitig und in unverdächtiger Weise mit einer begleitenden Truppe Karl nähern können. Die erste solche Gelegenheit bietet die Aachener Krönung, wobei dann genauer die Zeit der folgenden Abspannung und Nachtruhe dem Unternehmen am günstigsten sein muss. Umgekehrt bietet aber gerade dieser Plan mehr als jeder andere Karl die Aussicht, alle Verräter gleichzeitig und in Àagranti zu fassen – vorausgesetzt, er ist nervenstark und schlägt nicht vorzeitig los, eine Versuchung, die der Erzähler in 13/B11 sozusagen hautnah inszenieren wird. Wenn Karl die Blutstropfen von Ragenfrieds Frau auffängt, so sichert er sich damit für den Prozess gegen Ragenfried zur Stärkung seiner eigenen Aussage ein
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Beweismittel, freilich eines, das mehr emotional als objektiv wirksam ist; denn das Blut könnte ja von jedermann stammen. Deshalb verschafft er sich mit dem Diebstahl von Ragenfrieds Pferd noch ein zweites, objektiveres Beweismittel, das nötigenfalls z.B. jeder von Ragenfrieds Knechten identi¿zieren könnte. Im Prozess wird Ragenfried folgerichtig erst beim Anblick des ihm gestohlenen Pferdes geständig sein (23/ AB23).64 Wie zuerst Gilbert/van Emden (1973, 153) bemerkten, sollte es in Aebischers Übersetzung (1972, 97 Zeile 9) von Basin statt «il put le faire d’autant mieux que» vielmehr heißen: «il le ¿t par sa ruse [‘med sinum klókskap’] de telle façon que»; Basin pro¿tiert also (nachdem Karl bereits das Gespräch zwischen Ragenfried und seiner Frau belauscht hat) bei der Schluss-Szene im Stall nicht einfach von dem Schlaf der Bewohner, sondern schläfert sie durch seine Zauberkünste ein. Auch Basin verfügt also wie Elegast über Zauberkünste.65 (Unger 3, Loth B3): Adaliz: Afrz. A(d)aliz ( > nfrz. Alice) ‘Adelheid(is)’ (Morlet 16). Einhart (Vita Karoli 18) spricht zwar von Gisela als der einzigen Schwester Karls des Großen, aber er irrt: Die Grabschrift der Adhelheid aus dem Dom zu Metz weist diese eindeutig als Tochter König Pippins und damit Schwester Karls des Großen aus (PLAeC I, 57s.); anders als in unserer Erzählung (48/A45) starb sie allerdings als Jungfrau. Immerhin kann unser Erzähler von der bloßen Existenz der Grabschrift gewusst oder sich vage an sie erinnert haben. Pettis borg, auch Pettu borg (5/B4), Peitu borg (7/B5), Péttu (PĊitu b) borg (8/B6): Die Kopisten dachten wahrscheinlich an Poitou bzw. Poitiers, wie es in Ragenfrieds Rede (2/B2) vorgekommen war. Der Erzählzusammenhang zeigt aber zweifelsfrei, dass es sich jetzt um Bitburg in der Eifel handelt; man vergleiche den detaillierten Nachweis p. 8–11. Berardi (Dat.): Afrz. Berard; zur Etymologie cf. Morlet 52. Denselben Namen wird in 26*/A25/B26 Beirarþ af Peduers führen. Hugi (im An. n-Stamm): Afrz. Hue, auch Hugue(s) < germ. Hugo (n-Stamm, Morlet 140). So heißen in der KMS I nicht weniger als neun Personen,66 doch sind dies außer dem schon erwähnten Herzog von Paris (cf. oben 2/B2 unter Dukames) sämtlich Hapax legomenoi: ein Diener der Königin Berta (3/B3, in Aebischers Index vergessen), der Herr der Waes (als Nachfolger des Verschwörers Tankemar), sein 64
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Der niederld. Erzähler hat wohl eine aktive Rolle Karls bei dem Diebeszug als unwahrscheinlich oder unwürdig empfunden. Er macht deshalb nur Karls Begleiter zum Zeugen des Konspirationsgeständnisses. Da es deshalb im Prozess gegen den Verschwörer nur eine bloße Zeugenaussage gibt, bedarf es noch des Gottesurteils durch Zweikampf. Dessen unschöne Folge ist, dass Karls Schwester kurzerhand aus dem Bett des Getöteten in das seines Töters übergeht. Ähnliches wie für Aebischers Übersetzung gilt hier auch für die von Hieatt, durch die Duinhoven (1981, 334–340) in der Meinung bestärkt wurde, Basin habe nichts mit Magie zu tun. Aebischers Unterscheidung zwischen drei Huga und den sonstigen Hugi halte ich für verfehlt, da sich Huga jedenfalls als Nebenform des Nominativ (wie herra u.ä., Heusler 1967, § 231.1) und in Listen (in denen sich ja doch die Erinnerung an die Einleitung lockert) wohl sogar als Akkusativ auffassen lässt.
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gleichnamiger Sohn, der Herr des Ponthieu und der Sohn des Walter von Termes (alle nur in 37/AB34), ferner ein Neffe des Bernhard von Mâcon, der Herr der Maurienne und derjenige der Lombardei (alle nur in 6*/B4). Auch in der altfranzösischen Epik ist Hue, Hugue(s) einer der häu¿gsten Namen, speziell für Komparsen (192 Lemmata bei Moisan 1986 s.v.). Dem entspricht auch in der Realität eine starke Verbreitung nicht nur im kapetingischen Frankreich, sondern auch im Westalpengebiet und in Italien, dort speziell seit Hugo von Arles und Vienne, König von Italien 926–947. Rozer erkibiskup: Rotgar erscheint explizit als Erzbischof von Trier hier, in 22/ A22 (wo er gegenüber dem Erzbischof von Köln protokollarisch nachrangig ist, cf. p. 45) und in 25/AB24, wo er von Karl die weltliche Herrschaft über Trier erhält; es liegt eine historische Erinnerung zugrunde.67 Zu den Namensformen für ‘Trier’ cf. p. 75 s.v. Iref [sic]. Zum Namen Rotgar cf. p. 77s. (Unger 4, Loth B4 bis l. 16): Jadunet, auch -eth und (7/B5) -ech: Ein afrz. et-Hypokoristikon zu dem germ. Namen Gaddo (Stamm Gaddon-), der in der Galloromania ziemlich gut belegt ist (Morlet 97); hier früh romanisiert, so dass noch /ga-/ > /dåa/ wurde; die th-Schreibung ist hier bloße Bildungsmarotte, die Verkennung th ~ ch paläographisch bedingt. Während in-Hypokoristika in der KMS I (auch für Lehnsträger) nicht selten sind, ist Jadunet das einzige et-Hypokoristikon, also wohl mit dem ungefähren Stilwert ‘vertrauter Domestike’. (Unger 5, Loth B4, l. 16–31): Hatun: Afrz. Hat(t)on, Hat(t)un (Morlet 119) ‘Hatto’. Der Name kommt in der KMS I zwei oder drei Personen zu. Hier zunächst einem Magnaten, der, nach dem Kontext zu urteilen, als neben dem Bayernherzog mächtigster Mann in Deutschland inzwischen den in 1/B1 genannten Valam abgelöst hat. Der Name Hatto ist nirgends im Frankenreich ganz unbekannt, doch sitzen die markanteren Träger des Namens am frz. Ostrand oder überhaupt im deutschen Sprachgebiet, so im 9. Jh. 822 ein Königsbote in Bayern, 842 ein Graf bei Koblenz, 869 ein mit Lothar II. verwandter Graf bei Besançon, dazu ein hochbedeutender Erzbischof von Mainz, ein Bischof von Freising und ein Bischof von Verdun. Deshalb wird der Name in der älteren altfranzösischen Epik als «östlich» empfunden: Im Pseudo-Turpin (Kap. 29) gehört Ato zu den Burgundern, die in Arles begraben werden; im Ro67
An. Rozer entspricht dem afrz. Rog(i)er, mittellat. Rotgarius (cf. p. 77s. s.v. Orlanæis). Einen Erzbischof dieses Namens hatte Trier nur von 915 bis 930: Er war seit 916 Kanzler von Lotharingien, seit 920 auch von Westfranken, erstritt 919 nach Reginhars Fall die Rückgabe von Sankt Servatius zu Maastricht an die Trierer Kirche und beschwor 921 in Bonn auf Seiten Karls III. von Westfranken-Lotharingien den Frieden mit Heinrich I. von Ostfranken. Er war eindeutig ein Vertrauter König Karls [des Einfältigen] und erscheint häu¿ger in dessen Urkunden als einst die Trierer Erzbischöfe von Weomad bis Amalharius in den Urkunden Karls des Großen; sein Nachleben verdankt er somit wohl den halbgelehrten Bemühungen lotharingischer Kleriker, z.B. chronologischen Missverständnissen bei der Lektüre von Urkunden. Da auch einer der zwölf Verräter aus Trier ist (cf. p. 75 s.v. Iref), wird Karl nach dessen Hinrichtung sein Lehen dem Erzbischof geben (25/AB24). Der Erzähler erklärt so offenbar die Tatsache, dass zu seiner Zeit die Trierer Grafenrechte de facto beim Erzbischof liegen (in der Realität galt dies für die meisten Rechte seit etwa 900/950; zu Detailfragen cf. im Einzelnen Droege 1973 passim).
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landslied bringen die Kopisten die Namen Hatun und Otun durcheinander, weil beide «östlich» klingen; denn auch Otun ‘Otto’ in der Form mit -t(t)- ist (im Gegensatz zu Odo, Morlet 45) im frz. Sprachgebiet relativ selten, in Deutschland hingegen speziell seit dem 10.Jh. sehr häu¿g. Dieselbe Namenvermischung ¿nden wir mehrfach in unserem Text: Der in 20/A20 abermals neben dem Bayernherzog genannte Otun af Alimania kann schwerlich ein anderer sein als der Hatun aus Almannia hier in 5/B4. Ein wohl anderer Otun (A) bzw Hatun (B) ist in 26/A25/B26 Bruder des Erzbischofs Turpin und wohl identisch mit dem anschließend als Genosse des Berengar genannten Hatun (AB);68 dieses Paar wird Karl in 59/A56 in die Schar der Zwölf Pairs wählen, wo wir beide auch im Rolandslied ¿nden. Ein dritter Otun (A) bzw. Hatun (B), König von Spoleto (34/AB31, 35/AB32), ist identisch mit dem König Othon d’Espolice der altfranzösischen Epik.69 Prvmens borg, auch Prvmeth (10/B8, -et(h) kann hier durch Verkennung des doppeldeutigen quergelegten Final-m zustande gekommen sein, cf. Cappelli 1929, XXXIIs.). ‘Prüm’ in der Eifel, etwa 50 km nördlich Bitburg (zu diesem cf. p. 8–11). Zum Kloster Prüm und seinen Beziehungen speziell zum Königspaar Berta und Pippin cf. p. 11 und 17s. (Unger 6, Loth B4 ab l. 31): Valand, auch (und besser) Valland (16/B14, 20/A20, 37/ AB34 u.ö.): ‘Frankreich’, cf. p. 68s. s.v. Frak(k)land sowie zur Sache p. 39s. Milon, auch Milun (20/A20, 37/AB34 mehrfach): ‘Milo’ (Morlet 169). In der KMS I drei Personen: hier zunächst ein Papst, der Geschichte nicht bekannt, wohl aber – als Zeitgenosse Karls des Großen – seit dem späteren 12. Jh. der altfranzösischen Epik.70 Zu Milon de Pouille cf. unten p. 86; zu Milon, dem «Vater» Rolands, cf. p. 143. Der P¿ngstsonntag war auch in der Realität ein bevorzugter Termin für die Schwertleite, die hier wie anderwärts mit der Krönung verbunden erscheinen wird (genauer dazu unten zu 22/A22). Romveria (Akk. Pl.): ‘Rom-Bewohner, Römer’; dazu das Adj. romversk. Hier und in 7/B5 ist die Aufforderung an den Papst und an die Truppen des Kirchenstaates eine Note höÀicher als die Aufbietung aller anderen, und in 17/A17/B15 werden die Truppen des Papstes71 ausdrücklich in die Gesamtzahl von Karls Kriegern nicht eingeschlossen; doch hat man den Eindruck, dass Karl durchaus auf ihr Kommen rechnen darf. Als innerhalb Italiens Streitigkeiten ausbrechen (45/A42), kann Karl nicht nur die weltlichen Parteien, sondern auch den Papst zu sich in die Maurienne zitieren, überträgt dann allerdings ihm das Amt des Schlichters.
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A schreibt versehentlich ‘Berengar von Hatto’ statt ‘und Hatto’; richtig B. Einer weiteren Verwechslung beider Namen kommt es nahe, wenn in 26*/A25/B26 der mit keinem der oben Genannten identische Otun von der Champagne (A) in B Hotun genannt wird. In der Kreuzzugsepik (Chanson d’Antioche, Godefroi de Bouillon) bezieht sich der Name hingegen auf Papst Urban II. (der aber auch mit bürgerlichem Namen keineswegs Milo, sondern Odo hieß). Aebischer (1972) übersetzt hier versehentlich du pays statt du pape.
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Erzbischof Rotgar, Basin sowie (in 7/B5) Gerhart von Nijmegen und Jadunet als Boten: Der Trierer Erzbischof bietet sich sofort für den Botengang nach Italien an; denn der Respekt vor dem Papst verlangt einen hochrangigen Geistlichen als Boten, zudem mag der Erzbischof dank früherer Romreisen (etwa zur Entgegennahme des Palliums) auch sonst ein guter Italienkenner sein. Karl erlegt ihm dann für den Rückweg noch einen Umweg durch Südfrankreich auf, gleichsam zur Entlastung Basins. Diesen hat unser Erzähler bereits als treu und klug eingeführt; vor allem aber kennt er ihn wohl als Gestalt der frankophonen Folklore und Epik und betrachtet ihn mit Selbstverständlichkeit als frankophon, damit als geeigneten Boten nicht nur für Frankreich selbst, sondern auch für die Bretagne, wo ja im frühen 13. Jh. schon weithin Französisch gesprochen, jedenfalls im ganzen Adel verstanden wurde, und für das Maas-Rhein-Mosel-Gebiet, bei dessen Oberschichten man ebenfalls auf Kenntnis des Französischen rechnen konnte. Bei der Wahl des nach Sachsen zu sendenden Boten in 7/B5 gibt es ein Zögern, von dem Duggan (1981, 108–112) überzeugt ist, dass es epischer Herkunft sei, da man dergleichen in der Gattung der chanson de geste schon seit dem Rolandslied als Topos ansehen dürfe. Vermutlich betrachtete der Erzähler einen Botengang nach Sachsen als in diesem Augenblick (d.h. noch vor dem Sachsenkrieg in 46/ A43) gefährlicher denn Botengänge zum Papst oder nach Frankreich. Immerhin: Nijmegen liegt im germanischsprachigen (Nieder-) Franken, aber nicht weit vom damaligen sächsischen Stammesgebiet, nämlich von der westfälischen Grenze; auch Gerhart – den der transrhenanische Hatto als klug und treu emp¿ehlt – ist also sachlich und sprachlich gut geeignet für seine Fahrt nach ‘Sachsen’. Überdies wird auch Gerhart Basin noch entlasten und nach Flandern gehen (angedeutet 7/ B5 in ¿ne, ausgeführt 17/A17/B15), dessen Graf seinerseits einige Untervasallen benachrichtigen wird. Ein besonderes Schreiben schließlich, formuliert von der Königinmutter und überbracht von ihrem persönlichen Boten Jadunet, geht an den Erzbischof von Köln und seinen Bruder, den Herzog von Köln, als enge Verwandte des Königshauses. Da noch keine von Karls Schwestern verheiratet ist, liegt die Verwandtschaft spätestens in der Generation Pippins begründet, so dass nach Pippins Tod seine Witwe Berta die natürliche Korrespondentin ist. (Aufzählung 6*, Unger 6, p. 8, l. 10–16, Loth B4, l. 61–65): Erzbischof Rotgars Italien- und Südfrankreich-Fahrt: Vizstur (Vizir b¹, Vizitur b²), Rannzeon (Ranzion b¹) af: Da b² hier essentiell gegen b¹ mit B geht, hatte der Archetyp der hier allein erhaltenen Beta-Fassung Vizstur oder Vizitur. Schon dort wurde der Name eingeführt durch af ‘von’, also als Name eines Lehens behandelt. Falls zu Recht, müsste dieses wohl in Ostoberitalien oder der Toskana liegen, da die anderen Teile der Halbinsel durch die folgenden Angaben
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leidlich abgedeckt sind;72 doch ist kein passender Name zu ¿nden. Wie mehrfach in unserem Text (cf. p. 55, ‘Kategoriale Verkennungen’) kann aber eine Personenbezeichnung als geographischer Name missverstanden worden sein. Da Rannzeon Karls ‘trefÀichster’ (aagæzstr) Freund ist, denkt man an eine Art Vizekönig (viz-!), etwa so, wie Friedrich II. 1213, als er erstmalig aus seinem süditalienischen Reich nach Deutschland gezogen war, den Bischof Friedrich von Trient als Reichsvikar über Italien nördlich des Kirchenstaates einsetzte. Im Altfranzösischen ist jedoch kein passendes mit viz- beginnendes Wort zu ¿nden, da vizdame ‘Vizedominus’ zu weit abliegt. Im Mhd. lautet das etymologisch entsprechende Wort viztu(o)m; z.B. wird in der Wiener Genesis (12. Jh.; v. 2494 ed. Smits) Joseph als des Pharaos ¿ztĤm über ganz Ägypten bezeichnet. So mag dieses Wort als reichsspezi¿scher Terminus vorübergehend auch in frankophonen, der Sprachgrenze nahen Gebieten des Reichs verstanden worden sein. (Cf. das zu Kartaginem p. 80 Gesagte.) Doch glaubte dann wohl schon ein frankophoner Kopist, die Bezeichnung eines Amtsträgers könne nicht auf -tum, müsse vielmehr auf afrz. -tur/-tor < lat. -tor ausgehen; der nordische Übersetzer schließlich nahm das ihm zwangsläu¿g unbekannte Wort als geographischen Namen. Der Personenname gehört zu germ. Raginzo (Stamm Raginzon-, Hypokoristikon zu den vielen Ragin-Namen; Morlet 186) mit der speziell im Altital. weitverbreiteten Reduktion ai > a. Langbarda landi, Hugi af: ‘Hugo von der Lombardei’. Zur Lombardei cf. p. 76, s.v. LĊngbarda land. Zum Namen Hugi cf. p. 81s. Peuin (Peum b): Unklar. Vielleicht zu afrz. Bevon, seit dem Rolandslied belegte Nebenform von Bovon (Morlet 59) . Bonifatius- (Benifatius- b²) borg, Marter (Märter b¹, Matther b²) af: Afrz. Bonivent, Bonivant ‘Benevent’ (in der Epik häu¿g); -ant als -ãt geschrieben, dann Tilde übersehen; /-v-/ ~ an. Graphie f; schließlich, nach der Verkennung als Name des Heiligen, Zusatz des vermeintlich fehlenden -ius. Der Personenname unklar; zu ‘Martin’? b² ist beeinÀusst durch Matthaeus, B und b¹ können durch lat. martyr beeinÀusst sein. Moren, Hugi af: ‘Hugo von Maurienne’. Moren ist das in der altfranzösischen Epik seit dem Rolandslied gut belegte Moriane, Moriene; die Maurienne kontrolliert den Zugang zum Mont Cenis und damit zu dem neben dem Großen Sankt Bernhard wichtigsten Alpenpass zwischen Frankreich und Italien. Der historische Karl benutzte bekanntlich konzentrisch beide Pässe in seinem Langobardenkrieg; auch der Karl der KMS I zieht bei einer ähnlichen Gelegenheit (45/A42) ins Val de Maurienne, hier als Moniar dal übersetzt (wobei die Metathesis *Morian > Moniar nur ein Unfall ist). Zur Zeit unseres Erzählers war die Maurienne schon ein Hauptbesitz der Grafen von
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Andererseits rechnet der Erzähler Ostoberitalien möglicherweise als Mark Verona und Aquileja überhaupt zum regnum Theutonicum, wie dies ja seit der Annexion durch Otto den Großen lehnsrechtlich üblich war; die Toskana wiederum kann seiner Aufmerksamkeit entgangen sein, weil sie schon keinen lehnsrechtlichen Mittelpunkt mehr hatte, sondern in größere städtisch dominierte Gebiete und kleinere periphere Lehen zer¿el. Erst recht braucht der Kirchenstaat in einer Mission vor allem an den Papst nicht eigens genannt zu werden.
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Savoyen, so dass man ihre Nennung fast als synonym für ‘Savoyen’ lesen darf. Zum Namen Hugi cf. p. 81s. Pul, Milon hertogi af: ‘Herzog Milo von Apulien’, der Milon duc de Puille (gelegentlich Pule), wie er seit dem späten 12. Jh. in der altfranzösischen Epik erscheint. Mundio Gimen ok Toteam (wohl latinisierender Akkusativ), Maurum (wohl lat. Akkusativ) af: Unsicher. ‘Maurus (oder Morant?) von Montjoux, Genf (?) und Lausanne (?)’. Mundio ist eindeutig afrz. Mon(t)j(o)u(s) (< Mons Iovis) ‘Montjoux’, der alte, bis ins 13. Jh. übliche Name des Großen Sankt-Bernhard, des noch vor dem Mont-Cenis (cf. soeben Moren) wichtigsten Alpenpasses zwischen Frankreich und Italien. Wie der Fortgang der Erzählung zeigt, ist der Blick des Erzählers jetzt de¿nitiv dabei, sich dem südlichen Frankreich zuzuwenden. Gimen und Toteam können nicht gut Personennamen sein; sie wären so gut wie unerklärbar, und zudem würden die geographischen Attribute fehlen. Aber auch als geographische Namen würde man sie zugegebenermaßen nicht zu identi¿zieren wagen, wäre da nicht das Kontextprinzip. So fällt der Blick, vom Großen Sankt-Bernhard aus frankreichwärts gehend, nahe den beiden Enden des Genfer Sees fast zwangsläu¿g auf die beiden alten Bischofsstädte Genf und Lausanne, die den Verkehr nach dem südlichen bzw. dem nördlichen Frankreich vermitteln; unser Autor weiß ja, dass zu Karls des Großen Zeiten die Bischöfe noch nicht Landesherren waren. Genf hieß in der Antike Genava, im Mittellat. aber Gebenna73 und im Afrz. gelegentlich Jevenes74 mit einer Metathesis, die zwar in der rom. Haupttradition nicht durchdrang (afrz. überwiegend Genves, Genes u.ä., nfrz. Genève), aber möglicherweise der KMS I zugrunde liegt. Was Lausanne (afrz. Losane, Losene, Losenne) angeht, kann bei toteam paläographisch das erste t aus l, das zweite t aus Lang-s entstanden sowie auf dem e eine Tilde übersehen worden sein. Dass man Lausanne im Afrz. gern mit dem Montjoux assoziierte, geht z.B. aus der KMS III 4 hervor, wo bei Karls Zug von Frankreich nach Italien die letzte Stadt vor dem Montjoux-Gebirge Losena (A), Lutina (B), Lucina (b¹), Lulina (b²) ist; hier ist der Name dank der Qualität von A besser bewahrt, zeigt aber immerhin in B wieder Lang-s ~ t. Maurum ist wahrscheinlich der Akkusativ des Heiligennamens Maurus; der Hl. Maurus, Gefährte des Hl. Benedikt und der Tradition zufolge als Klostergründer nach Gallien gegangen, hat ja nicht nur Zentren der Verehrung in Mittelitalien und im Loire-Gebiet, Morlet (1972, 77) führt für den Namen Belege schon aus dem 8. und 9. Jh. auch für das Westalpengebiet (Novalese, Grenoble) an. Da es allerdings in der altfranzösischen Epik keine Einzelperson namens Mor, Maur gibt, ist nicht auszuschließen, dass hier im Original vielmehr der in der altfranzösischen Epik gängige Name Morant stand (cf. speziell den Namen eines südostfrz. Morant de Riviers); wohl aus lat. Maurondus, Mauront(i)us, das ebenfalls im 8. und 9. Jh. in Südostfrankreich
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Der Romanist denkt etwa an das Adj. Gebennensis ‘von Genf’, das im Pseudo-Turpin (Kap. 11) Olivier zukommt. In der KMS IV 11 wird daraus in A Gibben, was immerhin unserem Gimen sehr nahe kommt. So zweimal in einer Fassung des Auberi le Bourguignon; bemerkenswert auch die afrz. Formen Janvre(s), Janvles, die den Eindruck einer Kreuzung des ursprünglichen und des metathetischen Namenstyps machen (und in ital. Ginevra, span. Ginebra nachleben), cf. Langlois (1904) s.v. [2] Genes.
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gut belegt ist (Gegner Karl Martells in der Provence; dann belegt in der Novalese, Marseille, Nîmes, Morlet 1972, 77). Petturs borg, Dre¿ kong af: ‘Drogo, König von Poitiers’. Zu Poitiers cf. p. 78s. s.v. Petta. Zur Namensform Dre¿(a) cf. p. 69s. Die altfranzösische Epik kennt einen Drogo als Grafen oder einfach als Herrn von Poitiers, in der Chanson d’Aspremont auch als König75 (wobei er allerdings im entsprechenden Aspremont-Teil der KMS IV als König der Gaskogne bezeichnet wird). Woher die Rangerhöhung? Aquitanien war innerhalb des Frankenreiches von 781 bis ins späte 9. Jh. Unter-Königtum. Aber eher als die Erinnerung daran wirkt hier die zentrale Stellung der Stadt im 11. und 12. Jh. zunächst im Herzogtum Aquitanien – schon Wilhelm V. der Große († 1030) nannte sich totius Aquitaniae monarchus und sah sich laut seinem Zeitgenossen Ademar von Chabannes ‘mehr als König denn als Herzog’,76 – und später bis 1204 im angevinischen Empire; in Richard Löwenherz’ Leben etwa spielte Aquitanien eine ungleich größere Rolle als England. Burgonis (Burgoins Unger, Burgonia b¹), Herburt sterka af: ‘Herbert den Starken von Burgund’. Im altfranzösischen Text stand möglicherweise li Bourgoins ‘der Burgunder’ statt de Bourgogne ‘von Burgund’; b¹ hätte dann umgedeutet. Herburt ist wie mhd. Herbort lediglich Variante von Herbert mit Rundung des unbetonten Vokals neben dem bilabialen b. Der Name ‘Herbert’, einst als ‘Charibert’ merowingischer Königsname, ist in der Galloromania omnipräsent, auch im Südosten gut vertreten (Morlet 125). Villdimer (Vallimar b¹, Villimer b²), dessen Bruder, benachbart zu denken: Der Gedanke an ‘Waldemar’ in b¹ ist sekundär, da b² mit B geht. Die wenigen Wild(e)-Namen der Galloromania (Morlet 224 nennt einen Wildemarius) galten zweifellos bald als Varianten der um ein Vielfaches häu¿geren Wil(li)-Namen (Morlet 225 nennt fünf Willimar o.ä. aus dem gallorom. Südosten und der benachbarten Germania) und gingen schließlich in ihnen auf; in der altfranzösischen Epik ¿ndet man etwa ein Dutzend Guillemer, meist Komparsen. Markun (Malkun b¹, Mascua b²), Biarnard jarll af: Markun, hier zwischen ‘Burgund’ und Clermont-Ferrand stehend, ist eindeutig (mit Lang-s ~ l bzw. r) afrz. Mascon, -un ‘Mâcon’. Im Mittelalter Sitz eines Grafen, der gegenüber seinem Lehnsherren, dem Herzog von Burgund, relativ eigenständig war (Duby 1953 passim). Der Name ‘Bern(h)ard’ ist in Frankreich schon in karolingischer Zeit omnipräsent (Morlet 53), doch speziell im Süden seit dem 9. Jh. in Nachwirkung vor allem des Bernhard von Septimanien, Sohnes des epischen Wilhelm, so stark vertreten, dass die Forschung z.B. große Schwierigkeiten bei der Unterscheidung dreier weiterer hochbedeutender Bernhard hatte; einer von ihnen, Bernard Plantevelue, nach gegenwärtig überwiegender Auffassung Sohn Bernhards von Septimanien, war unter anderem auch Herr
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Im Index der Ed. Brandin (1923–1924) ist der Königstitel nicht mit aufgeführt, ¿ndet sich aber im Text etwa zehnmal (v. 43 u.ö.). Im Index der Teil-Ed. de Mandach wiederum (1980) werden ohne Not Droon, roi de la cour de Charlemagne (eine merkwürdige Vorstellung!) und Droon le Peitevin getrennt. Cf. LdM s.v. [15] Wilhelm.
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der Grafschaft Mâcon.77 In der KMS I führen den Namen fünf Personen, und zwar zwei mit an. Brechung e >ja, nämlich hier der Graf von Mâcon und in 22/A22 der Erzbischof von Rouen, drei hingegen mit Bewahrung des frz. e, nämlich die Herren von Château-Gontier (6**/B4, siehe unten), Pursals (37/A34, aber B34 Biarard) und der Auvergne (39/AB36). Hugi, dessen Neffe: Zum Namen Hugi cf. p. 81s. Clerimunt, Vilhialm jarll af: Ein Grafensitz Clermont ist hier, in südfrz. Umgebung, so gut wie sicher Clermont-Ferrand (in 37/AB34 Deremunt mit der paläographisch altbekannten Verwechslung cl ~ d, Slaremunt B mit C ~ S bei geschwungenen Majuskeln, aber Klaremunt bewahrt in b); in 39/A36/B37 wird Karl dieses Clermont (jetzt Jdremunt A, aber Klarimont B) mitsamt der ganzen A(u)ferna/Averna neu vergeben. In der Tat ist Clermont seit Mitte des 10. Jh. Sitz der Grafen von der Auvergne, die allerdings kurz nach 1122 ins unmittelbar benachbarte Montferrand umziehen. (Zu einem zweiten Clermont und zum Problem weiterer Grafensitze namens Clermont cf. unten p. 103 s.v. Klerimunt.) In Nachwirkung vor allem des großen Wilhelm von Toulouse, der zur Zentralgestalt des epischen Wilhelmszyklus wurde, hat der Name altnordfrz. Willelme, altzentralfrz. Guillelme (Morlet 225; > nfrz. Guillaume) ‘Wilhelm’ den Namen ‘Bernhard’ an Häu¿gkeit schließlich noch übertroffen, zunächst im Süden, später – nicht zuletzt durch normannische Vermittlung – in ganz Frankreich (und weit darüber hinaus). So ¿nden wir auch in dem Clermonter Grafengeschlecht im späteren 12. und frühen 13. Jh. Wilhelm VII. bis Wilhelm X., cf. LdM s.v. Auvergne. In der KMS I tragen den Namen (immer mit der an. Brechung e > ja) drei Gestalten: hier der Graf von Clermont-Ferrand, ferner der Sohn des Königs von Poitiers (37/AB34) und ein Bischof von Münster (8/B6). Estvendil (Ostoendis b¹, Estoendil b² ) jarll: Unklar. Das Element vendil kann ich als zweites Namensglied in Frankreich nicht belegen, es ist in den Namen wohl erst im Norden geraten, wo es als Name und als zweites Namensglied vorkommt,78 und zwar wohl dadurch, dass der Übersetzer den zweiten Teil eines afrz. Namens nicht identi¿zieren konnte. Es kann sich kaum um den aus der Epik bekannten Estout von Langres handeln, der in 37/A34 noch als Jüngling Estant (~ *Estaut) eingeführt werden wird. Eher schon um den riche duc Austorje von Valence an der Rhône (Rol. 1625), dessen Name zurückgeht auf den Heiligennamen Eustorgius. Letzterer ist, von Mailand ausstrahlend, innerhalb der Galloromania nur im Süden bekannt und dort belegt als Estorgius, Austorgius (Morlet 1972, 49) sowie als Ostoricus (Name eines Grafen und Missus, der 814 in der Nähe von Valence Gericht hält, cf. Kienast 1990, 188 mit n. 582). Zusammengefasst und von Südosten nach Nordwesten geordnet (die Zweifelsfälle nach der wahrscheinlichsten Bedeutung), soll der Erzbischof aufsuchen: in Süditalien Apulien und Benevent; in Mittelitalien den Kirchenstaat; in Norditalien einen Reichs77
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Zur heute überwiegenden Auffassung cf. LdM s.v. [3] Bernhard Plantapilosa (von Jean Richard). Cf. Cleasby/Vígfusson s.v. Vandill, Vendil. Zu vendil als zweitem Kompositionsglied bleibt Grimm (1844, 1.310ss.) lesenswert; cf. auch Gillespie (1973) s.v. Ernthelle.
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vikar (wohl im Nordosten) sowie die Lombardei; in den Alpen das Gebiet um den Großen Sankt-Bernhard samt Genf und Lausanne sowie die Maurienne(-Savoyen); in Südfrankreich Mâcon, (den nicht-präzisierten Herzogssitz von) Burgund, ClermontFerrand, Poitiers und einen weiteren, geographisch nicht festgelegten Vasallen. (Aufzählung 6**, Unger 6, p. 8, l. 20 bis p. 9, l. 14, Loth B4 ab l. 68): Basins Bretagne-, Frankreich- und Mosel-Rhein-Maas-Fahrt: Bretland: ‘die Bretagne’, cf. p. 79. Brettollia, Geddon af (Geddeon af Bretolia 22/A22), aber af Brettania/Brittannia 19/A19/B17, af Brettannia 20/A20: Er herrscht in Bretland ‘der Bretagne’, von wo Basin dann nach Valland ‘Frankreich’ zurückkehren soll (16/B14). Bret(t)ol(l)ia (6/ B4, 22/A22) ist also Fehler durch Nachklang von ‘Breteuil’ (2/B, 6**/B4, 16/B14); wahrscheinlich war Bretland (2/B2, 6/B4, 7/B5, 16/B14, 45/A42) dem Übersetzer geläu¿ger als Brettan(n)ia < afrz. Bretagne und als lat. Brittannia. Geddeon (22/A22, 23/A23) ist beeinÀusst durch Gedeon ‘Gideon’ der Vulgata. Geddon (mit G- ohne Varianten in 6**/B4, 16/B14, 19/A19/B17, 20/A20, 22/A22, 23/A23) erinnert einerseits an den Bretonenherzog Oedun (Rol. 3056), dessen Name vielleicht entliehen ist bei Odo/Eudes de Penthièvre (1040–1062 als Herzogsvormund realer Herr der Bretagne), andererseits an Gaidon, ¿ktiven Herzog von Anjou in dem gleichnamigen Epos aus dem 13. Jh., als Gaidon schon /gedõn/ gesprochen wurde. Möglicherweise wurde auch im Rolandslied ein ursprüngliches *Wedun (> *Guedun) umgedeutet zu Oedun, Obliquus von Oedes ‘Odo’. *Wedun kann (neben dem üblichen Guion, Rektus Gui) auf germ. *WƱdo (n-Stamm, Morlet 222) zurückgehen; man kann dabei an Wido, den Markgrafen der Bretonischen Mark, denken, der im Namen Karls des Großen 798 erstmalig die ganze Bretagne eroberte. Iui (n-Stamm), sein Sohn: Afrz. Ive, Obliquus Ivon (Morlet 148). Denselben Namen trägt in der KMS I noch der Pair und Kumpan des Ivorië, cf. weiter unten in diesem Kapitel. Theoballdur (mit spät-an. Nominativ-ur statt -r, Unger Theobaldus), Geddons Vetter: lautlich nicht unmittelbar aus afrz. Tedbalt u.ä. (> nfrz. Thibaut) ‘Theobald, Diepold’, sondern zumindest im Wortstamm latinisiert (zu dem in Frankreich häu¿gen Namen cf. Morlet 67). Im Rolandslied übergibt der gerade genannte Bretonenherzog Oedun das Kommando über seine Truppen an drei fränkische Grafen, unter ihnen Tedbalt de Reins; gut möglich, dass unser Erzähler die Verbindung der beiden Namen von dort übernommen und als Verwandtschaft gedeutet hat. In der realen Geschichte der Bretagne hat nur ein Theobald eine nennenswerte Rolle gespielt: Durch geschickte Heiratspolitik konnte Mitte des 10. Jh. der Begründer der ‘Tedbaldiner’-Dynastie, Thibaut le Tricheur, von Chartres aus die Hälfte der Bretagne mit Rennes unter seine Kontrolle bringen, cf. LdM s.vv. [1] Tedbald und Bretagne. Hontes (Naanaz 26*A26), Hoel jarll af: Der Hoël de Nantes der altfranzösischen Epik (mit n ~ h). Auch in der Realität trugen zwischen etwa 950 und 1150 drei Grafen von Nantes den bretonischen Namen Hoel. Heimir (Hænin b¹, Hæran b²) hertogi af Angels IofreyR iarll af Suz: Hier, bei der Rückkehr aus der Bretagne ins Gebiet der unteren Loire, kann Angels nur An-
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gers (80 km östlich Nantes) bzw. Anjou sein (cf. p. 79 s.v. Angiam). Aber Herr des Anjou ist in 16/B14, 20/A20, 21/A21, 22/A22, 58/A55 GodfrĊi/Geofrey – ganz wie es Ge(i)frei(-d, -t), auch Jofrey, Jofroi u.ä., im Rolandslied und in mehr als zwanzig anderen Epen ist und wie auch in der Realität bei den Grafen des Anjou zwischen 958 und 1158 Geoffroi der wichtigste Leitname war: Er ist belegt in sechs von sieben Generationen (cf. LdM X, unpaginierte Tafel ‘Anjou’). Zudem sind die (seit dem 11. Jh. ungewöhnlich mächtigen) angevinischen Grafen der Realität in der Epik schon vom Rolandslied an Herzöge. Die Epik zieht also hier wie auch sonst (cf. unten zu Richard von der Normandie und zu Landri von Nevers) provinzielle Berühmtheiten späterer Zeiten mit chronologischer Unbekümmertheit als Neben¿guren in die Aura der Zentralgestalt hinein. Es ist somit wohl zusammenzuziehen hertogi af Angels IofreyR ‘der Herzog von Anjou, Geoffroi’. Das folgende Suz, zwischen Angers und Blois genannt und demnach wie diese an der Loire zu suchen, kann nur afrz. Turz, Torz ‘Tours’ sein (120 km östlich Angers; t ~ Lang-s oder T ~ S in geschwungenen Majuskeln, r-Kürzel übersehen). Nun besaßen die Grafen von Anjou seit 1044 auch die Grafschaft Tours; also ist wohl zu lesen: ‘der Herzog von Anjou, Geoffroi, [zugleich] Graf von Tours’. Heimir ist zwar ein an. Männername; doch wenn dies die ursprüngliche Lesung wäre, müsste seine schwere Verstümmelung zu Hænin und Hæran erstaunen. Vermutlich ist in der Erwartung, einen Personennamen zu ¿nden, ein Adverbium der Bedeutung ‘hierauf, hiernach, nunmehr’ verkannt worden (man vergleiche bei Cleasby/Vígfusson die mit hér- ‘hier-’ beginnenden Adverbien, auch hérna, heįra ‘hier’, heįan ‘von hier, von nun an’). Eine gewisse gedankliche Zäsur gerade an dieser Stelle (erst die Bretagne, hierauf Frankreich) wird sich sehr klar wiederholen bei der Ausführung des Auftrags: ‘dann nahm er Abschied [von der Bretagne] und begab sich von da […] zu Herrn Geoffroi in Frankreich’, cf. unten p. 116. s.v. Gajadum. (Emp¿ndet man diese Umdeutung von Heimir als zu gewagt, so bleibt alternativ eine Hilfskonstruktion möglich: Chef der Familie und damit Herr von Angers ist in diesem Augenblick noch ein sonst nicht bezeugter Heimir, sein Sohn IofreyR verwaltet derweil schon Tours als zweitwichtigsten Besitz der Familie; vor 16/B14 wird der Vater sterben und der Sohn an seine Stelle treten.) Wie man sieht, unterscheidet unser Erzähler bei Geoffroi d’Anjou – wie viele Texte aus dem frz. Sprachgebiet auch bei anderen Personen – nicht zwischen den Namen Jofrey u.ä. mit /då/ (< germ. Gauzfrid mit überwiegend westfränkischem Gauz- < Gaut- + -s-, cf. Kaufmann 1968, 142) und Godfrey u.ä. mit /g/ ‘Gottfried’. Jofrey, Geofrey heißen in der KMS I noch je ein Herr von Chiny (6**/ B4), Orléans (26*/A25/B26) und Korlin (37/AB34) sowie der König von Dänemark (55/A52), Gudifrey heißt der Sohn des Grafen von Brüssel (37/AB34). Beis (Boris b¹) borg, Valtir jarll af: Afrz. Bleis, Blois ‘Blois’ (55 km östlich Tours);79 l durch Unachtsamkeit ausgefallen, aber unten in Bles borg 37/AB34, Position 18, erhalten. (Da die Grafen von Blois zur Zeit unseres Autors seit Generationen auch Chartres sowie die Champagne innehaben, wird er – bewusst oder nicht – diese Gebiete in der Lehensliste nicht nennen.) Altnordfrz. Waltier, altzentralfrz. G(u)altier 79
Blaye (afrz. Blaives, vorgeschlagen von Patron-Godefroit) passt lautlich nicht so gut und liegt weit ab; allerdings wird Gautier de Termes in der Chevalerie Vivien fünfmal Gautier de Blaives genannt.
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‘Walter’ (häu¿g, Morlet 213; > nfrz. Gautier). In der KMS I heißen so vier Personen, nämlich noch ein Bischof von Maastricht(-Lüttich, 8/B6) sowie Walter von Termes (26*/A25/B26, zu ihm gleich unten p. 92 s.v. Terus, Guazer af) und sein gleichnamiger Sohn (37/A34). Andror (Andros b¹), Rozer jarll af: Unsicher. Man kann schwanken zwischen zwei Grafschaften: afrz. Vendosme, Vando(s)me ‘Vendôme’ (30 km nordwestlich Blois), welches kontextuell, und afrz. Droes, Dreu(e)s ‘Dreux’ (130 km nördlich Blois), welches paläographisch besser passt (wobei vielleicht von einem Nexus a Droes bzw. – im Afrz. noch möglich – en Droes auszugehen ist). Zum Namen Rozer p. 77s. s.v. Rozer af Orlanæis. Gunels (Gimels b¹, Gunelz b²) bæ, Bernardr af: Unsicher. Da der erste Namensteil des Toponyms auf keinen afrz. Männernamen zurückverweist, scheint er durch ein Missverständnis eingetreten zu sein für einen ähnlich klingenden Namen wie etwa an. Gunnar ~ afrz. Gontier ‘Gunther, Günter’. Und da bær ein dehnbarer Begriff ist (Cleasby/Vígfusson: ‘town, village, estate’), kann ein Château-Gontier gemeint sein. Entweder das in Mayenne (130 km westlich Vendôme bzw. 180 km südwestlich Dreux, 65 km westlich des folgenden Le Mans), dessen Burg, in natürlicher Festungslage etwa 40 m über einem alten Mayenne-Übergang gelegen, kurz nach 1000 von Foulque Nerra, Grafen von Anjou, als nördliches Bollwerk seiner Grafschaft erbaut und einem seiner Barone zu Lehen gegeben wurde, dessen Familie sie bis nach 1250 innehatte, cf. Angot (1901–1909, s.v. Château-Gontier). Oder aber Château-Gontier bei Argentan, Orne (135 km nordwestlich Vendôme bzw. 110 km westlich Dreux, 80 km nördlich Le Mans), das im 11. Jh. von Robert II. von Bellême gegründet und von Herzog Robert von der Normandie, dann von König Heinrich I. erobert wurde, cf. Salch (1979, s.v. Courbe, La). Zum Namen Bernard cf. p. 87s. s.v. Markun, Bjarnard jarll af. Mansel, Tebun af: Afrz. Mansel ‘zu Le Mans oder zum umgebenden Maine gehörig’; Attribut des Tebun als Substantivum verkannt. Tebun wohl Hypokoristikon auf afrz. -on, -un zu Te(d)balt, Thibaut < Theodbald oder Thibert < Theodebert (zu beiden Morlet 67). Ballduini, sein Verwandter: Afrz. Baldewin (diese Form Rol. 314 und 363 für Ganelons Sohn), Baldouïn (Morlet 50; > nfrz. Baudouin). Ballduini/Balldvini heißen in der KMS I sieben Personen: außer dem Verwandten des Herrn von Maine der Graf von Flandern (cf. unten Beluin 6**/B4, aber Ballduini/Balldvini ab 17/A17/B15) und einer seiner Söhne (37/AB34), der Graf von Vianden (6**/B4), ein Hilfskaplan Karls (26/A25), der Sohn des Grafen von Blois (37/AB34) und der Sohn des Ganelon (54/ A51). Orliens, Roser (Rozer b) af: ‘Rotgar von Orléans’, identisch mit dem Verräter ‘Rotgar vom Orléanais’ in 2/B2. Afrz. Orlïens u.ä. (80 km östlich Le Mans). Zum Namen Rozer cf. p. 77s. s.v. Rozer af Orlanæis. Beduers (Bethuers b¹), Vadiun (Unger Vaduin) af: Mittellat. Pedeverius 843, Pitveris castrum 1027 (Nègre 1990–1998, Nr.’&2221) ‘Pithiviers’, 40 km von Orléans in Fortsetzung der Bewegungsrichtung nach Nordosten; P ~ B bei geschwungenen Majuskeln. Die erste bekannte Herrin von Pithiviers ist Anfang des 11. Jh. eine Ailui-
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sa/Heloïs, die dort einen Donjon errichtete, ein Kollegiatstift gründete, einen Bischof von Orléans zum Sohn hatte und als bele Heloïs qui tint Peviers et la riche tour ¿st in die Lothringer-Epik einging, cf. Bédier (1929, 4.113–116). Der Personenname unklar. Wad-Namen (Morlet 211s.) bzw. Wald-Namen (Morlet 212–214, wobei in der fKMS I wieder mit altnordfrz. -al- > -â- zu rechnen wäre) und -win-Namen (op. cit. s.v. Aduinus und passim) sind in der Galloromania gut belegt; Alliteration zwischen beiden Namensteilen wird zwar im Allgemeinen vermieden, wäre hier aber im Afrz. durch Vokalisierung des inneren /w/ > /u/ früh verschwunden; in der Tat belegt Morlet (214) zwei Walduinus. Terus, Guazer af: Aebischer (1972, Index s.v. Terus) vermutet Identität mit Valter de Terins (26*/A25), Ternis (37/A34), d.h. mit dem Walter/Galter (beide Formen im Wilhelmslied)/Gautier de Termes der altfranzösischen Epik (schon im PseudoTurpin). Das ist durchaus wahrscheinlich, wenn sich unser Erzähler als Walters Sitz nicht wie die Mehrzahl der altfranzösischen Epiker eines der südfrz. Termes vorstellt, sondern wie der Autor der Mort Aymeri (Ende des 12. Jh., v. 198) die Thermen im (75 km nördlich von Pithiviers liegenden) Paris, deren Ruinen, gegenwärtig nur etwa ein Drittel des ursprünglichen imposanten Baus, auch heute manchmal noch Palais des Thermes genannt werden. Der Name afrz. Gualtier, Gautier ‘Walter’ (zu ihm cf. p. 90s. s.v. Beis borg, Valtir jarll af) wäre dann auch hier verwechselt worden mit dem Namen afrz. Gualchier, Gauchier (< germ. Walacharius, Morlet 214s.), cf. Flutre (1962 s.v: «Il y a d’ailleurs confusion constante entre Gauchier et Gautier»); dabei liegt hier altnordost- und ostfrz. â statt zentralfrz. au < al vor Konsonant zugrunde, und an. /ts/ substituiert afrz. /tã/. Dieser Name Gauchier kommt in der KMS I noch mehreren Personen zu: Vazier von Holland hier in 6**/B4 weiter unten, Vaker/Vasker von Kornelia in 26*/A25/B26 und, mit ihm zusammenhängend, Vazer von Korlin/Torlin in 37/AB34.80 Basin soll sich nun begeben zu Uenelun (so B, Venelum b¹, Venelim b²; Vehelun 26*/A25;81 Guenelun 26*/B26, 54/A51, 56/A53 dreimal, 57/A54 sechsmal; Guinelun 56/A53 dreimal, 57/A54 einmal): Afrz. Guenes, Obliquus Guenelun (so das Rolandslied, Ms. O) ‘Ganelon, Wanilo’ (Morlet 216); die altnordfrz. Dialektform *Wenelun ist anscheinend unbelegt, aber zwingend vorauszusetzen. Laut 26*A25/B26 ist Ganelon Herr af Kastalandum (Kastalundum B) ‘von Château-Landon’ (100 km südlich Paris; hier mit nordfrz. und anglonorm. /ka/ statt zentralfrz. /tã/ > /ã/); desgleichen ist Kastalandum (so zweimal) sein Wohnsitz laut 56/A53.82 In 54/A51, als er Karls Schwager wird, verleiht ihm die-
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In der Realität des 12. und 13. Jh. begegnet der Name als Leitname der Herren von Châtillon-sur-Marne. Von ihnen wurde vor allem Gauchier III. (†1219) bekannt, ein Großneffe Ludwigs VII., der neben Châtillon sieben Herrschaften im weiteren Nordosten von Paris kumulierte und als Vertrauter Philipp Augusts durch Heirat Graf von Saint-Pol und damit einer der großen Barone des französischen Nordens wurde, cf. LdM s.v. Châtillon. Aus der altfranzösischen Literaturgeschichte ist bekannt die Gralsfortsetzung des Wauchier von Denain (bei Valenciennes). Für 26*/A25 gibt Loth (samt Patron-Godefroit) Vehelun, Unger Venelun an. Paläographischer Fehler (n ~ h). Es ist verfehlt, wenn Patron-Godefroit in 56/A53 Kastalandum, offenbar in der Meinung, einen lat. Akkusativ vor sich zu haben, als Kastaland wiedergibt.
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ser die Grafenwürde j Korbuillo, also ‘in Corbeil’ (afrz. Corbueil, Corboil, auf halbem Wege zwischen Paris und Château-Landon, zwischen dem 10. und dem frühen 12. Jh. Grafschaft, dann unmittelbares Eigentum der Krone). Diese Angaben sind interessant, weil sie weder aus der belgischen Herkunft unseres Textes noch aus der sonstigen altfranzösischen Epik ableitbar und zudem noch frei sind von der Tendenz, den Verräter im Osten bzw. in der Familie der Mayençais zu beheimaten.83 Hugi hertoge: ‘Herzog Hugo’ von Paris; zu ihm p. 79 s.v. Dukames; zum Namen Hugi p. 81s. Nach seinem Besuch in Paris hat Basin die Sitze der Verschwörer in Pierrepont (100 km nordöstlich Paris), Hirson (35 km weiter nordöstlich) und Breteuil (130 km weiter westlich) aufzusuchen; dazu (auch zu Nido als Kakographie von Hirson) cf. 2/B2. Wohl durch einen Erinnerungsfehler des Erzählers heißt der Herr von Breteuil jetzt Segbert wie sein Mitverschwörer, der Herr von Salim borg. Dann soll die Reise 20 km weiter südwestwärts gehen zu Bialfer (Bealfer B), Rozalin af: Zu ‘Beauvais’ cf. 2/B2 s.v. Bealfes. Afrz. Rocelin, so einige Male in der Epik (und Name des damals vielangefochtenen Theologen Roscelinus von Compiègne), ist Hypokoristikon zu Rozo, das seinerseits geschärftes Hypokoristikon zu beliebigen (H)rod-Namen ist (Morlet 139). Rikardr gamli af Nordmandis ok jarll (jarllin b) af Akurs (Unger Akrs) borg Saer hertogi af Roniema (Unger Romenia, so nach Loth nur b): Akurs oder Akrs borg ist der durch ein Missverständnis in den Text gelangte Name von Akkon, afrz. Acre, engl. Acres, der Stadt, die von kurz nach dem Fall von Jerusalem (1188) bis zu ihrem eigenen Fall (1291) Zentrum des verbliebenen Kreuzfahrerkönigreiches war und damit zur Zeit der Entstehung unseres Textes oft genannt wurde. Der ursprünglich gemeinte Ort muss einen möglichst ähnlichen Namen und einen sinnvollen Platz zwischen ‘der Normandie’ und dem folgenden Doullens haben. Da bleibt nur Arques(-la-Bataille), seit 944 belegt, seit 1025 belegt als Hauptort der Grafschaft Talou (die auch schon Grafschaft Arques genannt wird) im nordöstlichen Randbereich des Herzogtums Nor-
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Château-Landon hieß ursprünglich Castrum Nantonis; doch gibt es Originalbelege für Castrum Landonis u.ä. seit etwa 1000 in zunehmendem Maße (z.B. Denis 1912–1913, p. 2; Stein 1895, 308, 338). Man könnte sich zwar fragen, ob das einmalige Kastalundum in 26*/B26 nicht vielmehr lat. Castellum Dunum (oder Duni), afrz. Chasteldun ‘Châteaudun’ meine, zumal im Raum Tours-Châteaudun im 11. Jh. eine Familie mit dem damals schon selten gewordenen Leitnamen ‘Ganelon’ ansässig war, Inhaber des Schatzmeisteramtes von Saint-Martin de Tours und in Spannung zu der angevinischen Grafenfamilie lebend. Aber das dreimalige Kastalandum in A und die Nähe zu Corbeil sprechen eindeutig für ChâteauLandon; überdies kehrt man nur von Château-Landon, nicht von Châteaudun über Orléans nach Spanien zurück (56/A53). Auch Château-Landon gibt zum Nachdenken Anlass. Es war, wie der Name zeigt, essentiell Burg und liegt nur 9 km entfernt von Ferrières, das seit dem 7. Jh. ebenso essentiell Klosterort war; die beiden Orte ergänzen sich also, als wären sie ein einziger. Im frühen 9. Jh. trat in das Kloster Ferrières schon in jugendlichem Alter aus dem regionalen Adel jener Lupus ein, der dort später als Abt und berühmter Handschriftensammler wirkte. Aus seiner Korrespondenz wissen wir, dass er verwandt war mit dem Erzbischof Wanilo/Ganelon von Sens (Brief vom Juni-Juli 858, Loup de Ferrières, ed. Levillain, 1927–1935, II 128). Liegt da die Vermutung sehr fern, dass auch der Erzbischof aus dieser Gegend stammte? Ein regional-klerikales Wissen um die Herkunft des umstrittenen Mannes kann sich sehr lange gehalten haben.
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mandie (45 km von Rouen). In der Mitte des 11. Jh. errichtete dort (in cacumine ipsius montis, Guillaume de Jumièges) Wilhelm Graf ‘von Arques’, Sohn Herzog Richards II. und damit Onkel des späteren ‘Eroberers’, eine mächtige Burg, von der aus er sich dann gegen seinen Neffen empörte, cf. Laporte/de Beaurepaire (1982–1984 s.v. Arques) und LdM s.v. [21] Wilhelm. Der Eroberer entmachtete seinen Onkel und stufte Arques zur vicomté herab. Saer erinnert an keinen afrz. Namen, und welcher hertogi passt in die Gegend? Doch nur der von der Normandie selbst. Roniema bzw. Romenia ist also eine Fehllesung von afrz. Rouem (< lat. Rotómagum) ‘Rouen’ (75 km westlich Beauvais) mit der in unserem Text mehrfach praktizierten willkürlichen Femininisierung auf -a (cf. p. 53),84 und Saer ist vielmehr an. sá er ‘er, der da (auch)’.85 Also ‘Richard der Alte von der Normandie, Graf von Arques, der [zugleich] Herzog von Rouen ist’. Eben dieser ‘Herzog Richard der Alte von der Normandie’, gelegentlich auch ‘Richard von Rouen’ genannt, erscheint, man könnte sagen: als gehobene Neben¿gur, vom Rolandslied an in etwa dreißig altfranzösischen Epen als Lehnsmann Karls des Großen oder Ludwigs des Frommen, obwohl er in der Realität als Richard I. von 942 bis 996 regierte – ein Fall jener schon oben bei Geoffroi d’Anjou angesprochenen Tendenz der altfranzösischen Epik, provinzielle Größen ohne Ansehen ihrer genaueren Lebenszeit in die Aura der Zentralgestalt hineinzuziehen. Rikard, altnordfrz. Ricart, altzentralfrz. Richart (Morlet 188s.) heißen in der KMS I außerdem der Sohn dieses Richard des Alten (37/AB34, wie auch in der Geschichte auf Richard I. sein Sohn Richard II., dann dessen Sohn Richard III. gefolgt waren), ferner der Graf von der Provence (6**/B4, siehe unten) und Karls persönlicher Schreiber, dann Bischof von Orléans (36/AB33). Dullo, Konstantinus af: Von Arques im Nordosten der Normandie weiter nordostwärts ziehend wird Basin nach etwa 90 km auf Doullens treffen. Im Namen dieses Ortes hat sich ein ursprüngliches -rl- (so Durlens 1100, Durleng 1147, Dorlans 1260) of¿ziell lange gehalten, doch gibt es früh auch Belege für -ll- (so Dollendum 1195), cf. Nègre (1990–1998, Nr.’&13383); zugleich zeigt sich am Schwanken der Finalgrapheme, dass der Schlusskonsonant schon stumm war. Man darf also eine Graphie *Dull¥ oder *Dullã ansetzen. Doullens war spätestens seit Anfang des 12. Jh. Burgort und Vicomté, nämlich südöstlicher Außenposten der Grafschaft Ponthieu, bis es 1225 unmittelbar an die Krone von Frankreich kam, cf. Fossier (1968, 500 mit n. 179, 512 und Karten nach 534 und 730). Der Name Constantinus ist in der Galloromania zu allen Zeiten gut bekannt (Morlet 1972, 36); die K-Graphie ist nordisch. Poer, Varin af: Afrz. Poier, oft mit stummem -h- Pohier geschrieben, ‘Pikarde, pikardisch’, hier als Toponym verkannt; genauer zu Lautform und Bedeutung oben p.59 n. 23. Altnordfrz. Warin, altzentralfrz. G(u)arin (Morlet 219), im Dt. nur als
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Dass ein altnordischer Schreiber noch nicht einmal den Namen der Hauptstadt der stammund kulturverwandten Normandie erkennt, mag befremden; es ereignet sich in der KMS aber noch zwei weitere Male: In I 22/A22 kann der Erzbischof von Romeis nur der von Rouen sein, da der von Reims unmittelbar daneben genannt wird, und in IV A91/B66 ist das Roën des Aspremont verlesen zu Kum/Kuin/Kun. Ich wage nicht zu entscheiden, ob ein zweites er haplologisch gefallen ist oder eine Ellipse vorliegt wie im lat. Typ A qui et(iam) B.
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erster Teil von ‘Wer(i)n-(h)er’ fortlebend. Ein Garin le Pohier hat eine kleine Rolle im Saisnes-Epos des Jehan Bodel (um 1200). Ebenso erscheint in der KMS V 18 einmal ein Guiart af Puer, der an den Gerart le Pohier des Raoul de Cambrai erinnern mag. Auch Puer in V 48 meint die Pikarden, nicht, wie Hieatt will, die (gerade vorher genannten) Poiteviner. Beluin jarll af Flæmingia landi: ‘Balduin, Graf des Landes der Fläminge’. Der Graf heißt in 17/A17/B15, 19/A19/B17, 20/A20, 22/A22, 23/AB23 vielmehr Ballduini/Balldvini (zum Namen Morlet 50). Wenn das anscheinend sonst unbelegte Beluin nicht einfach auf einem Überlieferungsfehler beruht, könnte diese Namensform durch Vermittlung anderer germ. Dialekte ins An. gelangt86 und dort dann vorbekannt gewesen sein. Wie Patron-Godefroit (1982, 709–712) richtig gesehen und exzellent vorgeführt hat, ist Balduins Beiname Serens u.ä. in 17/A17 usw. verderbt aus Ferreus, dem Beinamen des ersten historisch nachweisbaren Grafen von Flandern, Balduin ‘Eisenarm’. Laut 17/A17/B15 hat dieser Balduin eine Schwester König Pippins – das wäre in der Geschichte also eine Tochter Karl [Martells] – zur Frau. In der Realität entführte Balduin Eisenarm 862 Judith, eine Tochter Karls [des Kahlen], der die Heirat ein Jahr später anerkannte und seinen Schwiegersohn mit Flandern belehnte (Balduins nur schattenhaft bekannter Vater Audacer trägt in der Überlieferung noch keinen Grafentitel). Die grundlegende historische Tatsache, dass die Grafendynastie von Flandern in der Person ihres Spitzenahns ihr Lehen der Heirat mit einer Karolingerin, einer Karlstochter, verdankt, ist also richtig erinnert, wenn auch mit einer Generationsverschiebung von Karl dem Kahlen weg nach rückwärts in eine gloriosere Zeit. (Man vergleiche eine entsprechende Verschiebung der Generationen bei den Vorgängen um Karls des Kahlen Schwester Gisela, cf. p. 37s. mit n. 42–44!) Der Balduin der KMS I hat zwei Söhne, Ornolf, Aurnolf (A, mit an. u-Umlaut)/Arnulf (B) und Ballduini (17/A17/B15, 37/AB34). Hierin wiederum spiegelt sich das Faktum, dass von 863 bis 1072 sämtliche Grafen von Flandern Balduin (I. bis VI.) oder (nach Judiths Spitzenahn, Sankt Arnulf von Metz) Arnulf (I. bis III.) hießen, im 12. Jh. drei weitere Balduin (VII. bis IX.); auch Balduins I. Eisenarms Nachfolger war sein Sohn Balduin II. Laut 17/A17 trifft der Bote den Grafen in Arraz borg, afrz. Arraz (< lat. Atrebates) ‘Arras’, was bis 1184 möglich war; denn in diesem Jahr gab der Graf von Flandern seiner Nichte, als sie Königin von Frankreich wurde, zur Mitgift Arras mit. Auf derselben Linie liegt es, wenn in dem genannten Kapitel auch Boulogne, Guines, Saint-Pol und selbst Péronne noch als lehnsabhängig von Flandern vorgeführt werden, obwohl sie zur Zeit unseres Erzählers schon fest in königlich-kapetingischer Hand waren. Bezüglich der Haltung unseres Erzählers zur Dynastie der Balduine cf. auch unten p. 171s. s.v. Lehnsabhängigkeit.
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Beispielsweise kann im Altsächsischen des 11. und 12. Jh. auch das -i- eines zweiten Namengliedes Umlaut bewirken, sogar über eine Zwischensilbe hinweg: Elfwin ‘Alboin’, Bælderes (Genitiv, 12. Jh.) > *Baldheri + -s, Weltherus < *Waldheri + -us, ganz abgesehen von der allgemeinen nordseegerm. Tendenz a > e; zudem ist ld > ll schon häu¿g (Schlaug 1955, 30s., 42, 49). Letzteres auch im mittelalterlichen Dänisch, wo z.B. die Karl Magnus’ Krønike die Formen Ballewin und Bollewin neben Baldewin hat; cf. die Ed. Lindegård Hjorth (1960, Index).
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Nach der Grafschaft Flandern soll Basin den Verschwörer in Aardenburg (dicht nördlich davon, heute in den Niederlanden) sowie das Brüderpaar in der Waes (etwa 40 km östlich davon, heute noch in Belgien) besuchen, cf. p. 76s. Dann folgt Holandi, Vazier af: ‘Holland’ nach germ. Weise Neutrum, gegen feminines afrz. Hollande. Die Grafschaft Holland reichte im frühen 13. Jh. von der Westerschelde bis ins Amstelland mit Expansionstendenz nach Norden. Der Personenname ist bis auf nordfrz. /w/ > an. /v/ identisch mit Guaz(i)er, cf. p. 92 s.v. Terus, Guazer af. Reimballdr friski: Der Rembalt le Frison der altfranzösischen Epik (Rol. 3073 ohne Beinamen, doch eindeutig gemeint, dann eine Reihe späterer Epen); zu ihm cf. p. 26 n. 7 sowie p. 42s. Rembalt ist normalerweise < Raginbald (Morlet 183), doch halte ich Rembalt in der altfranzösischen Epik für eine Einformung des friesischen Redbad (< Radbod, Morlet 181). Vterkr (Utrekt b), L͕duer af: ‘Ludwig von Utrecht’. An. Utrekt < niederld.Utrecht < lat. Ultraiectum (das An. hat kein /x/ und substituiert /k/); in B t ~ r und Metathesis (wohl durch Doppeldeutigkeit des -re- bzw. -er-Kürzels, Bischoff 1979, 197). In 37/ A34 stattdessen Vtrefs mit afrz. (?) Substitution /f/ für /x/ und wohl afrz. Lokal-s.87 In Utrecht ist im 13. Jh. seit langer Zeit der Bischof Landesherr; doch weiß unser Autor ja, dass unter Karl d. Gr. noch keine weltliche Herrschaft der Bischöfe bestand, cf. p. 45. Zu ‘Ludwig’ (Morlet 133, nicht ‘Lothar’) cf. p. 42 n. 8. ‘Ludwig’ heißen in der KMS I außer dem historischen Sohn Karls des Großen (49/A46) hier der Herr von Utrecht sowie ein Sohn des Grafen von Loon (37/AB34); dieser Karolingername bleibt also in der KMS I auf das Rhein-Maas-Gebiet beschränkt. Testanbrand, Folkuini (Folkvard b) af: Der Teisterbant, seit dem 9. Jh. als Gau und Grafschaft belegt, erstreckte sich, im Durchschnitt etwa 30 km südlich Utrecht gelegen, westlich der Betuwe und beiderseits der Maas, cf. etwa Spruner/Menke (1880, Karte ‘Deutschlands Gaue: Friesland und das nördliche Lothringen’). Folkuini ist identisch mit Folcuuinus in der Galloromania (Morlet 95s.); der Name kommt in der KMS I auch dem Grafen von Rethel (cf. unten p. 100) sowie dem Sohn des Königs von Spoleto (37/AB34) zu. Folkvard in b ist wohl nur Nachklang des Namens des Verschwörers von Pierrepont. Etwa 80 km weiter nordöstlich soll Basin dann treffen auf Homedia (B; aber A: Numaia 17/A17, 20/A20, 30/A28, 36/A33, 49/A46, Nvmaiam 47/A44; und B weiter: Nvmax 7/B5, 30/B28, 37/B34, Numas 17/B15), Geirardr af: ‘Gerhart von Nijmegen’. Afrz. Nimaie, Nymaie; dann Ansatz einer durch das m gerundeten afrz. Nebenform Numaie oder paläographisch y ~ v (für u). In B Ligatur -ia verkannt als -x, dazu einmal n ~ h bzw. N ~ H; einmaliges -di- statt -i- ist wohl Versuch einer besseren Latinisierung, wohl schon durch einen Französischsprecher, da intervokalisch lat. -di- > afrz. -i- geworden war. In Nijmegen ließ Karl d. Gr. eine Pfalz operis egregii anlegen (Einhart, Vita Karoli 17), die er in den Jahren nach 777 oft aufsuchte und die bis 1247 Königsgut blieb, cf. LdM s.v. Nijmegen. Es ist der Geschichte also gut nachempfunden, wenn sich in 47–48/A44–45 Karl dort zu einem Weihnachtsfest einquartiert; Gerhart ist somit im Denken des Erzählers der dortige Burggraf. In 6**/B4 ist er noch nicht zum Botengang nach Sachsen ausgewählt und
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Im Afrz. belegt sind allerdings meines Wissens nur einerseits Utrecht, andererseits Utret.
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be¿ndet sich auch nicht in Karls Gegenwart, da er in 7/B5 geholt werden muss; seine Nennung unter den von Basin zu Ladenden ist also in diesem Augenblick noch nicht widersinnig. Geirard hat an. ei (~ wgerm. GƝr-, afrz. Ger-, Gir-; nach germ. gaiz- > an. geirr, wgerm. gƝr ‘Wurfspieß’). ‘Gerhart’ ist in Frankreich (besonders in der ganzen Osthälfte, Morlet 99) wie im deutschen Reich (hier speziell in einem Weststreifen) ein sehr häu¿ger Name; in der Grafschaft Geldern etwa, die die Pfalzstadt Nijmegen umgibt, regierte von etwa 1205 bis 1229 schon Gerhart V. In der KMS I tragen den Namen außer Gerhart von Nijmegen noch fünf Personen: der in Nijmegen an Land gehende Schwanenritter (48/A45), der Graf von Cleve (cf. s.v. Dre¿a, 6**/B4), ein junger Graf ohne Herkunftsangabe (37/AB34) sowie, in der KMS I als getrennte Personen, Girart de Roussillon (6**/B4) und Girart de Viane (34/AB31 u.ö.). Dre¿a (Defa 37/A34), Rozer jarll ok Geirardr jarll af: ‘Graf Rotgar und Graf Gerhart von Kleve’. Afrz. Clerves [sic], Cleve, 25 km ostsüdöstlich Nijmegen. Paläographisch cl ~ d, Umstellung des r (oder irrationaler Nachklang des Personennamens Dre¿a aus 1/B1, 2/B2, 4/B4). An der gemeinsamen Spitze des Stammbaums der Grafen von Kleve und der Herren von Wassenberg (bald Grafen von Geldern) steht um 1000 ein Brüderpaar Rudgar und Gerhart, cf. LdM s.v. Kleve. Zum Namen Rozer cf. p. 77s. s.v. Orlanæis, zu Geirard cf. soeben s.v. Homedia. Rasel (Tasel b¹), Rensalm (Rensalin Unger, Renzalin b) jarll af: Unsicher. Zwischen Kleve und (dem 110 km entfernten) Köln ist ein Rasel oder Tasel nicht zu ¿nden; doch können in Minuskelschrift beide auf casel zurückgehen. Dann bieten sich zwei ‘Kassel’ (< castellum) an: Cassellum an der Ruhrmündung, seit 947 recht gut belegt (Gysseling 1960 s.v. Kassel), heute fortlebend im Namen des Duisburger Stadtteils Kasslerfeld, und (Ober- und Nieder-) Kassel, heute linksrheinische, eine Rheinbiegung dominierende Stadtteile von Düsseldorf, zu denen mir allerdings trotz der Etymologie Zeugnisse für ein frühes Kastell fehlen. Renzalin (mit Verlesung in ~ m) ist Hypokoristikon zweiten Grades zu Re(i)nzo, das seinerseits Hypokoristikon zu den Ragin-Namen ist (Morlet 186).88 Kolni, Her¿ hertogi af: ‘Herzog Herwig von Köln’; zu ihm cf. p. 45s. und p. 46 n. 25. In 6**/B4 hat sich die Königin noch nicht entschlossen, ihm und seinem Bruder durch Jadunet eine gesonderte Einladung zukommen zu lassen; seine Nennung unter den von Basin zu Ladenden ist also nicht widersinnig. An. Kolni vorbekannt, nicht aus afrz. Colo(i)gne. Zu ‘Herwig’ Morlet 127. Juilla, Hollouin (Hervin b) jarll af: Afrz. Juliers (mit Städtenamen-s und unorganischem r) < afrz. *Ju(i)l(l)ié < lat. Iuliacum ‘Jülich’. Das altfranzösische Original der KMS I muss noch die Form auf -é gehabt haben; infolge Fehlens des Akzentzeichens betonte der Übersetzer die erste Silbe und gab -e in üblicher Weise als -a wieder. Die Grafen von Jülich, seit dem 11. Jh. gut belegt, schlossen sich zunächst eng an die Kölner Erzbischöfe an und konnten dadurch auf deren Kosten expandieren – bis gerade dadurch gegen 1230 das Verhältnis in erbitterte Feindschaft umschlug. Hervin in b scheint ein Nachklang des gerade genannten Her¿ zu sein. Hollouin ist sichtlich ein
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Gelegentliche Belege seit dem 9. Jh. für Rein- > Ren- (vor Nasal oft Rem-) bei Morlet (183– 186): Rembaldus, Renburgis etc. bis Renulfus.
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win-Name; doch ist der erste Namensteil unklar (onomastisch seltenes hold-, Morlet 134, mit nieder- und -mitteldt. -ld- > -ll-?). Kasena, Bartholomeus jarll ok Gillibert jarll af: Die Gedankenbewegung ging von Köln nach Jülich westwärts und geht jetzt vermutlich weiter auf das Maasland zu. Also entweder, 50 km nordwestlich Jülich, Kessel an der Maas südlich Venlo, Grafschaft, die vom Erzbischof von Köln zu Lehen ging (cf. LdM s.v. Köln, col. 1266), seit 950 reichlich als Cassalum u.ä. belegt, Formen mit -a- in der ersten Silbe wie Kasselum noch tief im 12. Jh., cf. Gysseling (1960 s.v.); oder aber Kessenich an der Maas, nordöstlich Maaseik, etwa 45 km westnordwestlich Jülich, z.B. 1155 als Kesninc und Cassenic mit castrum belegt, Zentrum einer «très vaste seigneurie», die von Jülich lehnsabhängig war, cf. Gysseling (1960), Oesterley (1883) und Hasquin (1980–1983, hier III), jeweils s.v. Der Name des Apostels Bartholomäus ist in der Galloromania schon des 8. und 9. Jh. nicht selten (Morlet 1972, 25); doch seit seine Gebeine 983 durch Kaiser Otto III. von Benevent nach Rom transferiert und damit dem Strom der Rompilger zugänglich gemacht wurden, nahm seine Verehrung nördlich der Alpen noch deutlich zu. Im Maasland wurde er Patron der Stadt Maastricht und des Bistums Lüttich (wovon in der Bischofsstadt noch heute die zweitürmige Bartholomäuskirche des 11. und 12. Jh. zeugt). Der Name ‘Giselbert’ wiederum (afrz. Gislebert, Gillebert, Gillibert, Morlet 110) erinnert an die große maasländisch-hennegauisch-brabantische Familie der Reginare, deren zweiter Leitname er war, speziell an Giselbert, Herzog von Lotharingien (925–939), Schwager und schließlich Gegner Ottos des Großen, cf. LdM s.v. [1] Giselbert. Trekt, Vazalin jarll af: Lat. Traiectum > niederld. (passim schon in Veldekes Servatius, heute veraltet) Tricht, afrz. Tré oder genauer zur Unterscheidung von Utrecht (zu ihm cf. oben Vterkr) Traiectum Mosae > niederld. Maastricht, afrz. Tré sor Muese ‘Maastricht’, von Kessel 50 km, von Kessenich etwa 30 km stromaufwärts. Es war im 10. Jh. Herzog Giselberts Residenz. Zur Zeit unseres Erzählers wechselten und verzahnten sich dort brabantische, kaiserliche und lüttichische Ansprüche, so dass ein einheitlicher Lehnsträger fehlte; cf. LdM s.v. Maastricht. Doch konnte die Stadt schon wegen ihres wirtschaftlichen und strategischen Gewichts (Maasbrücke vor 1139 neu errichtet) in der Liste nicht fehlen. Zum an. /k/ cf. oben p. 96 s.v. Vterkr. Zu Vazalin cf. dieselbe Namensform oben p. 78. Los, Hermar (Hermann b) iarll af: Afrz. Los, Loz (> nfrz. Looz), niederld. (Borg-) Loon, 35 km westlich Maastricht, seit dem 11. Jh. Grafschaft. Zu ‘Hermar’ und ‘Hermann’ Morlet 126. Nur 11 km südöstlich von Borgloon liegt Tongern, wo Basin jetzt die beiden Erzverschwörer Ragenfried und seinen Bruder Helldri laden soll; cf. 2/B2. Es folgt Reinir jarll af Brusalz af Lofagio: ‘Reginar, Graf von Brüssel [und] von Löwen’. Mittellat. (10. Jh.) Bruocsella, afrz. Broussele, Brouxeles (mit /u/) ‘Brüssel’; mittellat. Lovanium, afrz. Louvain, Lovaign ‘Löwen’, 25 km östlich Brüssel, 55 km westlich Tongern. Gegen 1015 erbte Lambert, Graf von Löwen aus der Familie der Reginare, die Grafschaft Brüssel im alten Bracbant-Gau; seine Nachkommen werden erstmals 1106 (und sind seit 1140 ständig) ‘Herzöge von Niederlothringen’; seit 1188 erscheint dafür der realistischere Titel ‘Herzog von Brabant’, cf. LdM s.vv. Brabant, Brüssel und Löwen. Mit Reinir ‘Reginar’ tut der Erzähler also eine glückliche Wahl; auch dass
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er ihm noch keinen Herzogstitel gibt, zeigt historische Erinnerung, mag aber auch mit der häu¿gen Frontstellung Lüttichs gegen Brabant zu tun haben, so dass ein Lütticher Kirchenmann den niederlothringischen Herzogstitel lieber in Köln verankert sieht. Zum Namen Reinir cf. oben p. 76. Lens, Fridmundr hertoginn af: Afrz. und nfrz. Lens (Dép. Pas-de-Calais), 125 km westsüdwestlich Brüssel, ist in den Lothringerepen der altfranzösischen Epik (seit dem 12. Jh.) Stammsitz jener neustrischen Sippe, die mit der austrasischen (Metzer) Sippe der Loherains in einer Dauerfehde über Lehen in Aquitanien um Bordeaux liegt; ihr Haupt ist Fromont. Der Übersetzer hat hier das Element Fro(d)- (< germ. Frǀd‘klug’) mit dem Element Frid- vertauscht (cf. Morlet 90, 93–94). In 37/AB34 nennt er Fromonts gleichnamigen Sohn richtig Fromund; vorher jedoch nennt er weiter unten in 6**/B4 den Herrn von Rauda¿all und in 17/A17 Balduins Kaplan Fremund; hier kann auch die afrz. Dissimilationstendenz vom Typ sojorner > sejorner, somondre > semondre im Spiel sein. Tabar, Talmer brodir hans Markis (Marskes b¹, Marscis b²) af: 35 km südöstlich Lens liegt Cambrai. Paläographisch c ~ t, Tilde auf erstem a übersehen, mehrdeutigen Kürzel für ra, ar (Cappelli 1929, XXIV, XXVI) falsch interpretiert, Schluss-i übersehen. Afrz. marchis mit /tã/, gelegentlich schon marquis mit /k/ ‘Markgraf (belehnt mit einer Grenzmark)’. Cambrai, in karolingischer Zeit Grafschaft, kam 926 endgültig zum Ostreich, wurde dadurch von seinem Hinterland abgeschnitten und blieb auf diese Weise sehr fühlbar Grenzstadt, zumal es im 11. Jh. Einmischungen von lokaler französischer Seite, unter anderem von Lens aus, gab und zumal der im regnum Franciae gelegene Teil der Diözese Cambrai 1092/93 als eigene Diözese Arras abgetrennt wurde. Die Grafenrechte waren an den Bischof übergegangen, doch gewann dessen Kastellan/Burggrafen bald beträchtliche eigene Macht (1107 wurde sogar Robert II. von Flandern mit der Burg belehnt, cf. LdM s.vv. Cambrai und Flandern). Zum Namen Talmer cf. oben p. 77 s.v. Tanir. Flecken (Fleskin b), Vazalin af: Unsicher. Afrz. Valencienes, Valenchienes, Valencines, Valentin ‘Valenciennes’ liegt 13 km von Cambrai entfernt. An. steht zwar nur intersonorisch für /v/, könnte hier aber in falscher Generalisierung einer Faustregel afrz. v ~ an. f eingetreten sein; die Gängigkeit des initialen Nexus À- und die Länge des Namens können ein Übersehen des a gefördert haben; eine Tilde auf e kann übersehen sein; ck und sk können afrz. ch spiegeln, ebenso e und i afrz. ie; ¿nales -es kann gefallen sein wie in Tref < afrz. Treves (cf. oben p. 75 s.v. Jref). Valenciennes, in merowingischer Zeit Ort eines königlichen palatium, in karolingischer Zeit königliche Großdomäne und dank der Schelde bedeutender Handelsplatz, wurde im späteren 10. Jh. durch Otto II. oder III. Zentrum einer Markgrafschaft, die gegen das regnum Franciae und speziell gegen Flandern gerichtet war, dann 1047 in der Grafschaft Hennegau aufging. «Die Erinnerung an diese Reichsmark bestärkte Valenciennes noch lange in seinem Partikularismus gegenüber der wirtschaftlich schwächeren, aber ranghöheren chef ville [der Grafschaft Hennegau] Mons.» Immerhin bauten im 12. Jh. auch die Grafen von Hennegau in Valenciennes eine neue wohlbefestigte Pfalz und machten die Stadt zu einem wichtigen Zentralort der Gerichtsbarkeit; LdM s.v. Valenciennes. Zu Vazalin cf. dieselbe Namensform p. 78 s.v. Brittolis.
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Kretest, Folkvin jarll af: Afrz. Retest ‘Rethel (Ardennes)’ wurde regelgerecht zu /rԥtĊ/, woran dann ein vermeintlich im Patois gefallenes -l angehängt wurde. Das parasitäre k- kann rein graphisch wie folgt entstanden sein: de retest > *d’eretest, dann *eretest > *cretest > kretest. Rethel ist seit dem 11. Jh. als Grafschaft belegt; dem Grafenhaus entstammte unter anderem König Balduin II. von Jerusalem (1118–1131), cf. LdM s.v. [2] Balduin und Rethel, ferner in weiblicher Linie Bischof Hugues von Pierrepont, cf. p. 29. Zum Namen Folkvin cf. p. 96 s.v. Testanbrand, Folkvini af. Thuns (Chims b¹, Chimz b²), JofreyR jarll af: 75 km ostnordöstlich von Rethel wird Basin (in der heutigen belgischen Provinz Luxemburg) Chiny89 erreichen. In der KMS I ist wahrscheinlich zuerst das y für ein z mit Unterlänge genommen worden; erleichtert wurde dies durch die Seltenheit beider Buchstaben in lat. Texten (und durch die graphische Vielfalt der z, cf. Bischoff 1979, 155 mit n. 81). Der folgende Zuwachs um eine Haste ist nicht eindeutig zu begründen (der Umweg über die Tilde ist immer möglich); einleuchtend ist dann die Ausspracheerleichterung -mz > -ms. Am Schluss steht der Übergang von dem in b bewahrten Chim- zum Thun- in B (ch ~ th; -im- ~ vier Hasten ~ -un-). Chiny wurde um die Jahrtausendwende oder im frühen 11. Jh. Grafschaft, im 12. Jh. stellte es zwei Bischöfe von Verdun, seit 1226 stand es in Personalunion mit Loon (cf. oben s.v. Los). Zum Namen Jofrey cf. p. 89s. s.v. Heimir... Dyrbo, Vigardr (Vigvard b²) jarll af: Durbuy, ebenfalls in Belgisch-Luxemburg, knapp 70 km nördlich Chiny. Was das ¿nale -o angeht, belegt Gysseling (1960 s.v.) aus einer Urkunde des frühen 12. Jh., die in einer Kopie des 13. Jh. vorliegt, immerhin das zugehörige Adj. Durboiensis. An. y bezeichnet schon den ü-Laut, entspricht hier also in der ersten Silbe lautgerecht dem frz. u. Durbuy ist im 11. Jh. als Grafschaft belegt, dadurch dass es zusammen mit der Grafschaft La Roche-en-Ardenne bei der Wiederverheiratung der Witwe des 1065 verstorbenen Herzogs Friedrich von Niederlothringen an Albert III. von Namur kam, der damit seinen jüngeren Sohn Heinrich ausstattete. Beim Aussterben dieser jüngeren Linie des Hauses Namur ¿el es um 1150 zurück an die Hauptlinie und kam bei der großen Erbteilung von 1196 an Luxemburg. Cf. LdM s.vv. Ardennengrafschaft, [61] Heinrich, Luxemburg und Namur. Zu Vigard (wohl aus germ. Wig-hard) Morlet 223 (zwei Belege aus Gorze und Savigny mit -g). Fialli, Reinir af: An. fjall ‘Berg, Felsengebirge’. Wohl La Roche-en-Ardenne,90 wiederum in Belgisch-Luxemburg, 22 km südöstlich Durbuy. Zur dortigen Grafschaft cf. soeben Dyrbo. Zum Namen Reinir cf. p. 76s. Eysu, ERpes (Apes b¹, Erphes b²) jarll af: Esch an der Sauer im Großherzogtum Luxemburg, etwa 55 km südöstlich La Roche. Afrz. Aisse, so 1214 und 1221 belegt (cf. Gysseling 1960 s.v. Esch an der Sauer). Esch hat eine der am frühesten (924) bezeugten und noch heute majestätischsten Burgen der burgenreichen Ardennen. Henricus und Godefridus de Asca wurden im Ersten Kreuzzug europaweit als tapfere Vasallen Gottfrieds von Bouillon bekannt, wie Albert von Aachen und Wilhelm von 89
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Als Alternative nicht ganz auszuschließen ist Chimay, 60 km nördlich Rethel und 85 km südwestlich Durbuy; doch wird Chimay erst im 15. Jh. Grafschaft. Nicht ganz auszuschließen: Mons, Hauptstadt des Hennegaus, dessen erster bekannter Graf im 10. Jh. eben Reginar war, von Patron-Godefroit im Namenindex favorisiert; doch liegt es ziemlich weit ab, würde auch durch Henaug, Bertram af in 17/A17/B15 dupliziert.
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Tyrus bezeugen. Seit 1123 trugen die Herren von Esch vorübergehend den Grafentitel (Vannérus 1906, speziell 398ss. und 437ss.; Schwennicke 1979, VII, Tafel 40). Übrigens hat ein großer Erzähler des 12. Jh., der Autor des Girart de Roussillon, aus der lat. Namensform Asca, die er zweifellos aus den Kreuzzugshistorikern kannte, sein Herzogtum Ascane herausdestilliert, ‘von dem die Grafschaften von Ardane abhängen’ (ed. Hackett, v. 8973s.; bisher abwegig erklärt). Der Personenname gehört zu den Erpo bei Morlet 41 (doch dazu eine wohl bessere Etymologie bei Gillespie 1973, s.v. Erpfe); -s ist das afrz. Rektuszeichen, hier sekundär angetreten wie z.B. bei Naimes, Guenes. Zu einem zweiten ‘Erpo’ cf. unten 37/B34, Position 28. Vino, Ballduini jarll af: Vianden, Großherzogtum Luxemburg, 20 km östlich Esch, mittellat. Vian(n)a, einmal de Vianno (1197);91 seit Ende des 11. Jh. als Grafschaft bezeugt, cf. Gysseling (1960) und LdM s.v. Vianden. Ein Schreiber muss in Viane oder Viana das innere -a- übersehen haben. Zum Namen Ballduini cf. p. 91. Blantea (Blanzea b¹, Blansoa b²), Arnvlfus af: Blankenheim in der Eifel, etwa 80 km nordnordöstlich Vianden. Die Identi¿zierung des (de) Blancio in der Gründungsurkunde des Klosters Prüm (721) als ‘Blankenheim’ (genauer: als das heutige Blankenheimerdorf) gilt als extrem unsicher; umso mehr verblüfft die Übereinstimmung mit unseren Graphien. Erste Nennung der Burgherren 1115. Die Familie hat früh weitreichende Verbindungen: Beispielsweise stellt sie im 12. Jh. Pröpste von Xanten, von Sankt Gereon und Sankt Severin in Köln, im 13. Jh. einen Dompropst von Trier und einen Abt von Prüm, 1312 einen Elekt von Lüttich. Gleich der zweite belegte Herr von Blankenheim ist Arnold I. (1136/56); der Name bleibt einer der Leitnamen der Familie: 1380 wird Arnold V. in den Grafenstand erhoben, cf. Schwennicke (1986, XI, Tafel 9). Im Afrz. sind die Rektusformen Arnalz, Ernalz (< Arn[w]aldus ‘Arnold’, Morlet 41) und Arno(u)ls, Erno(u)ls (< Arn[w]ulfus ‘Arnulf’, Morlet ibd.) schwer zu trennen, insbesondere seit um 1200 z (d.h. /ts/) > s wird.92 ‘Arnulf’ heißen in der KMS I noch drei weitere Personen (wobei die Schreibungen Aurnolf und Ornolf nur den an. u-Umlaut spiegeln): je ein Grafensohn von Flandern (17/A17/B15, 37/AB34), von Kleve und von Loon (beide 37/AB34). Interessanterweise zeigt dieser Name des karolingischen Spitzenahns Sankt Arnulf von Metz also immer noch eine Konzentration auf das Rhein-Maas-Gebiet. Dara, Sæuini jarll af: Düren, mittellat. Dura, auch Duria u.ä. (Oesterley 1883 s.v.), etwa 50 km nördlich Blankenheim, in karolingischer Zeit Königspfalz (mit bis 782 sechs längeren Aufenthalten Karls), von den Normannen zerstört, Ummauerung der Siedlung im frühen 13. Jh. im Gange, bis 1241 königseigen. Unser Autor denkt (wie bei Nijmegen, cf. p. 96s. s.v. Homedia) wohl an einen karolingischen Burggrafen. Die Verdeutung u ~ a setzt ein a mit aufgerichtetem Schaft, aber ohne Außenbogen
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Der Name geht wie der von Vienne an der Rhône (afrz. oft Viane) zurück auf keltisch Vi(g)enna. Heutiges Vianden enthält unorganisches -d-; die örtliche Mundart sagt noch /fİjԥn/ Cf. dazu den etymologisch identischen Namen des Trierer Vorortes Feyen. Zur Vermischung beider Namen in der Epik cf. etwa Ernalt/Ernolz schon im Gormont, auch Moisan (1986 s.v. [53] Hernaut de Mez, var. Ernout). So wird auch verständlich, dass Warlop (1975–1976) in seiner großen Studie des Àandrischen Adels vor 1300 auf eine Trennung beider Namen grundsätzlich verzichtet; cf. seinen Index s.v. Arnold(us).
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(also ähnlich der heutigen Schreib- und Druckkursive, kein a) voraus. Den Namen Sævini trägt in der KMS I auch der heidnisch-sächsische Befehlshaber von Vesklara (47/A44). Zwar zieht Morlet einerseits (1972, 101) mittellat. Sevinus zu lat. Sabinus (wobei aber a > e in der Initialsilbe unerklärt bleibt) und will andererseits (1968, 196) sogar die seltenen Namen Sev- bzw. Sib-wini als selbständige germ. Bildungen anerkennen. Doch zeitigt auch der gängige afrz. Name Seguin (< germ. Sigiwini) Varianten wie Sewin, Sevin, cf. Moisan (1986) s.v. Seguin. Im vorliegenden Fall kann für diese Deutung noch sprechen, dass dem sächsischen Unterbefehlshaber Saevini der KMS I 47/A44 ein sächsischer Fahnenträger Segun in der KMS V 50 zu entsprechen scheint. Der an. Übersetzer hat den Namen jedenfalls als germ.-wini-Namen genommen. Langber, Fulbert jarll af: Afrz. Lemborc, Lembort, Lamborc, Lambor ‘Limburg’, heute Limbourg bei Verviers (Belgien), 45 km südwestlich Düren. Altnordfrz. /ͅ/ > /ã/ wenigstens vor Labial, cf. Pope (1952, 174 § 450); das Schwanken der Finalgraphie erweist /k/ als schon verstummt; o ~ e paläographisch. In 34/AB31 wird Limburg abermals genannt (Lamburg A, Landber B, Lamber b), jetzt als Herkunftsname eines Wienand (zu ihm cf. unten p. 111). Limburg ist als Grafschaft nachgewiesen seit dem 11. Jh.; seit 1101 sind seine Grafen zeitweilig ‘Herzöge von Niederlothringen’ und nennen sich schließlich ‘Herzöge von Limburg’; von 1226 bis 1247 sind sie in Personalunion Grafen von Berg. Zum Namen Fulbert Morlet 94 und 96. Misera, Philippus af, sein Verwandter: Das Toponym unklar, gewiss entstellt durch Einmischung des Schriftbildes von lat. misera. Am ehesten (Charleville-) Mézières, etwa 130 km südsüdwestlich Limburg, afrz. Maisieres, *Mesiere(s), in einer strategisch wichtigen Maas-Schleife. Es hat eine wechselvolle Geschichte: Es war Zentrum des Castricum-Gaus der Karolingerzeit, wobei man sich das namengebende castrum wohl auf dem Mont-Olympe (auch Montagne du Châtelet genannt) gegenüber Charleville auf dem rechten Maasufer vorzustellen hat, dann 922 im Besitz der Kirche von Reims, 931 huldigte Herbert von Vermandois für Mézières dem deutschen König Heinrich I., 960 wurde es der Reimser Kirche restituiert, 971 vertraute Erzbischof Adalbero die Burg Mézières seinem Bruder Gottfried von Verdun an, cf. Bur (1977, 94, 95 n. 43, 127, 148–149); später gehörte Mézières zur Grafschaft Rethel, cf. Moreau (1972 s.v. Mézières, Pays de).93 Philippus ist, obwohl Name eines Apostels, zwischen 600 und 1000 in der Galloromania so gut wie unbelegt; nach Ferdinand Lot führte Anna von Russland, Königin von Frankreich, den Namen wieder ein, als
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Zu klein ist Mézières-en-Santerre, obwohl nur 50 km nördlich des Grafensitzes Clermonten-Beauvaisis (cf. sogleich n. 94, Fall 2) gelegen: nie befestigt, die Herrenfamilie im 12. Jh. nur einmal belegt (cf. Fossier 1968, 516 mit n. 208, Karte zwischen 678/679), obwohl dem dortigen Lokaladel der um 1327 geborene französische Schriftsteller Philippe de Mézières entstammt. Als weitere Möglichkeiten verdienen Erwähnung: 1) ‘(Der Fluss) Vesdre’, z.B. 1153 als Wisera belegt (Gysseling 1960 s.v.; dann also paläographisch w ~ m). Das Becken der oberen und mittleren Vesdre ist der alte Kernbesitz der Grafen von Limburg, wie er im 11. Jh. dem ersten Grafen als Mitgift seiner Frau zu¿el (cf. Schoppmann 1964, 31). Doch scheint ‘Vesdre’ nicht als Lehensname belegt zu sein. 2) Moers, 100 km nordöstlich Limburg, im 12. Jh. als Mursa, Murse belegt (Gysseling 1960 und Foerstemann, II, 1913–1916, s.v.), Herrschaft (seit 1228 auch Grafschaft genannt) in Lehnsabhängigkeit vom Kölner Erzbischof.
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sie 1052 den späteren Philipp I. so taufen ließ (Morlet 1972, 90). Nach 1100 schon wesentlich häu¿ger, besonders im Adel; man darf vermuten, dass nunmehr oft die Erinnerung nicht nur an den Apostel, sondern auch an Alexanders Vater bei der Namenwahl mitspielte. Klerimunt, Rodbert af: Am ehesten Clermont-en-Argonne (Département Meuse),94 75 km südsüdöstlich Mézières, im Mittelalter Grafschaft laut Moreau (1972 s.v.); die Burg, seit dem 11. Jh. bezeugt, ist seit 1132 im Besitz der Grafen von Bar, die damit erblich eine Kastellanenfamilie belehnen (Salch 1979 s.v.). Der Name Rodbert (zu ihm Morlet 136) ist dem Übersetzer (vermutlich von den beiden Normannenherzögen des 11. Jh.) vorbekannt, da er im Afrz. um diese Zeit schon seit langem ausnahmslos Robert lautet. In Frankreich ist er dank den Kapetingern und den Normannenherzögen nördlich der Loire um ein Vielfaches häu¿ger als im Süden. Ein nicht näher lokalisierbarer Robert de Clermont ist Komparse im Gaufrey (ed. Guessard/Chabaille v. 648; spätes 13. Jh.); da die einzige Handschrift des Gedichtes und wohl auch das Gedicht selbst pikardisch sind und man bei einem Autor dieser Zeit eine gewisse Sensibilität für die Geographie der Namen innerhalb Frankreichs annehmen darf, denkt auch dieser Autor wahrscheinlich nicht an Clermont-Ferrand. In der KMS I tragen den Namen Rodbert noch der Bruder des Drogo aus den Ardennen (10/B8), der Herr von Péronne (17/A17/B15), ein Erzbischof von Reims (Turpins Vorgänger, 35/AB32) und ein Herr von Angers samt seinem Sohn (37/A34), also niemand südlich der Loire. Bei der, wie es scheint, doppelten gedanklichen Südbewegung von Limburg über Mézières nach Clermont-en-Argonne erinnert sich Karl zugleich – allerdings recht spät – daran, dass Basin noch einen Teil der südfrz. Vasallen aufsuchen muss. Schon weil dem Erzähler Südfrankreich weniger vertraut ist, müssen wir hier mit größeren Sprüngen rechnen. Mvnfort, Lambert af: Nicht eindeutig identi¿zierbar, weil als Toponym zu häu¿g. Das ok ‘und’, durch das diese Gestalt mit der vorigen verbunden ist, bürgt nicht für die Nähe beider Orte zueinander, da unser Autor auch z.B. die Herren von Maurienne und Apulien durch ok verbindet. Das wahrscheinlich vorhergehende Clermont-en-Argonne und das folgende Toulouse liegen in der Luftlinie etwa 650 km auseinander, und schon vor 1200 sind auch in der Südhälfte Frankreichs mehrere Burgen namens Montfort
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Als weitere Grafensitze dieses Namens verdienen Erwähnung: 1) In Belgien Clermont auf dem rechten Maasufer zwischen Huy und Lüttich, 100 km nordnordöstlich Mézières, seit dem 11. Jh. belegt als Burg und Grafschaft, die im ganzen 12. Jh. in Personalunion mit der benachbarten Grafschaft Montaigu und der Herrschaft Rochefort stand (cf. Roland 1893, 99, 111–123, 344). 2) In Frankreich Clermont-en-Beauvaisis, 160 km westsüdwestlich Mézières, ebenfalls seit dem 11. Jh. Burg und Grafschaft (cf. LdM s.v. [2] Clermont), erlebte den Höhepunkt seiner Bedeutung unter Graf Raoul I. (gefallen 1191 bei Akkon), sowie 3) Clefmont (Haute-Marne), knapp 200 km südsüdöstlich Mézières, im 11. Jh. als Clarus Mons Sitz der Grafen des Bassigny (s. Chaume 1931, 979 n. 2). Hingegen wird Clermont-Ferrand schon von Erzbischof Rotgar besucht, cf. p. 88. Außer diesen sind in Frankreich vor 1200 noch zumindest sieben Burgen namens Clermont bezeugt (nämlich in den Départements Dordogne [Arrondissements Bergerac und Périgueux], Haute-Savoie, Hérault, Isère, Lot-et-Garonne und Vaucluse), cf. Salch (1979 s.vv.), doch keine davon ist Grafensitz.
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belegt, von denen jedoch keine Zentrum einer Grafschaft ist.95 Darunter ist speziell die schon 866 belegte bei Vitrac (Dordogne, 140 km nördlich Toulouse), eine imposant-wehrhafte Anlage in einer Dordogne-Schleife, die 1214 von sich reden machte, als sie im Albigenserkreuzzug erobert wurde von Simon (IV.) von Montfort, cf. Nègre (1990–1998, Nr. 5280). Simons namengebende Heimat war zwar die seit dem 11. Jh. belegte Burg Montfort-l’Amaury 45 km westlich Paris; seine Familie spielte sowohl im Umkreis der Kapetinger als auch im angevinischen England eine wichtige Rolle, besaß im späten 12. Jh. sogar eine Zeitlang die Grafschaft Évreux. Doch stieg Simon seit 1209 zur beherrschenden Gestalt des berüchtigten Albigenser-Kreuzzugs auf und war, als Todfeind des sogleich zu nennenden Geschlechts der Raimunde von Toulouse, von 1215 bis zu seinem Tod 1218 Graf von Toulouse. Unser Erzähler kann also entweder beim Gedanken an den unmittelbar folgenden ‘Raimund von Toulouse’ auf die Idee gekommen sein, vorher noch das nordfranzösische Geschlecht von dessen Gegner nachzutragen, das er an seiner geographischen Stelle vergessen hätte, weil es nicht Grafschaft war; oder aber er kann den in Südfrankreich agierenden (und ein Montfort erobernden) Simon ‘von Montfort’ überhaupt für einen Südfranzosen gehalten haben, ohne sich über die Lage von dessen Heimatburg zu informieren.96 Der Name Lambert (zu ihm Morlet 156) kommt in unserem Text noch Lambert vom Berry zu (37/AB34, Position 12). Tolosa, Reinindr (Unger Reimundr; RĊinmund [Unger Reimund] b) af: Afrz. To(u)lo(u)se, altokzitanisch Tolosa ‘Toulouse’. Die Namensform Reinind ist verlesenes ReimNJd für Reimund < Reinmund (vorbekannt, falls es wirklich in b so vorliegt), afrz. Raimon, gelegentlich Raimont, Reimont (< Raginmund, Morlet 185). Seit Raimund I. (852–863) ist dies der Leitname des Tolosaner Grafenhauses. Rühmlich bekannt wurde im gesamten Abendland durch den Ersten Kreuzzug Raimund IV. von Toulouse, genannt ‘von Saint-Gilles’; zur Zeit unseres Autors führten Raimund VI. (bis 1222), dann der VII. einen wechselvollen Kampf um ihr Erbe. Prouinnzia, Rikardr jarll af: Mittellat. Provincia, afrz. Provence. Hier offenbar die Provence im engeren Sinne (Grafschaft, dann Markgrafschaft) mit Arles als Zentrum. Das Grafen-, dann Markgrafengeschlecht wurde europaweit bekannt in der Person Wilhelms des Befreiers († 993), der kurz nach der temporären Gefangennahme des Abtes Maiolus von Cluny durch streifende muslimische Rotten (972) den muslimischen Stützpunkt Fraxinetum an der Küste der Provence vernichtete und damit den muslimischen Razzien in der Provence und im Alpengebiet ein Ende setzte. Wilhelms Gedächtnis wurde im ganzen EinÀussbereich von Cluny besonders durch die Maio-
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Nämlich außer der sogleich oben hervorzuhebenden zumindest solche in den Départements Alpes H. P., Côte-d’Or und Isère, cf. Salch s.vv. Ist Klerimunt das belgische Clermont (cf. vorige Anm.), so lassen sich auch die beiden heute niederländischen Montforts nicht ganz ausschließen: Montfort in Geldern, im 13., und Montfoort bei Utrecht, im 12. Jh. als castrum belegt (Oesterley und Gysseling s.vv.). In einem späten Epos des Kreuzzugszyklus ohne nennenswerte historische Elemente, dem Mitte des 14. Jh. entstandenen Bâtard de Bouillon, wird einmal (v. 316) ein Lambert de Monfort als Kreuzfahrer genannt, ohne dass sich über seine Herkunft etwas schließen lässt; der Herausgeber Cook (1972) bezeichnet den Namen sogar kurzerhand als «cheville». Auch Aebischer (1972, Index s.v.) hält die Gestalt für (zufällig) homonym mit der unsrigen.
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lus-Viten stark perpetuiert. (Sein Geschlecht herrschte, zuletzt allerdings in weiblich begründeter Samtherrschaft, bis ins späte 11. Jh. Dann trat Erbteilung ein, im Wesentlichen zwischen den Häusern Toulouse und Barcelona, wobei Barcelona zwar das Kerngebiet erhielt, aber zur Zeit unseres Erzählers schon in zweiter Generation durch eine Nebenlinie, eben wieder bloße Grafen von Provence, vertreten war.) Zum Namen Rikard cf. p. 94 s.v. Rikardr gamli. Rosilia, Geirardr gamli af: Der ‘Girart de Roussillon’ der altfranzösischen Epik, schon Rol. 797 u.ö. ‘der Alte’ genannt. Wie durchweg in Frankreich wird auch in der KMS I seine ursprüngliche Identität mit dem ‘Girart de Viane/Vienne’ der altfranzösischen Epik nicht erkannt (zu letzterem unten 34/AB31, 38/AB35 bis 43/A40). Hinter beiden (und einer dritten epischen Erscheinungsform als Girart d’Eufrate) steht Gerhart Dux von Vienne, dreißig Jahre lang Verkörperung der burgundischen Aversion gegen das Zentralfrankentum und insbesondere gegen Karl den Kahlen, cf. LdM s.vv. [7] Gerhard und Girart de Roussillon. Die fKMS I dürfte Rosiliõ geschrieben haben, der Übersetzer übersah die Tilde und feminisierte den Ortsnamen (wie mehrere andere, cf. p. 53, ‘Latinismen’); in der KMS VIII 35 ist der Name als Roseleun besser bewahrt. Zum Namen ‘Gerhart’ cf. p. 97 s.v. Homedia. Rauda ¿alli, Fremund gamli af: ‘Fromont der Alte vom Roten Berge’. Unsicher. Wohl entweder Rougemont bei Montbard (Côte-d’Or) mit gegen 1100 belegter Burg, Sitz des Vicomte der Grafschaft Tonnerre, cf. Roserot (1924 s.v.) und LdM s.v. Tonnerre, oder Rougemont (Doubs) etwa 40 km nordöstlich Besançon, aus dessen Burgherrengeschlecht z.B. Thibaut III. um 1222 Vicomte von Besançon war.97 Fremund steht wie Fridmund (af Lens, siehe oben) für afrz. Fromont. In der altfranzösischen Epik ist der Name im Wesentlichen beschränkt auf die Sippe des Fromont von Lens, der mehrere homonyme Verwandte hat; am pro¿liertesten ist sein Vetter,98 der Gegner des Jourdain de Blaivies in dem nach diesem benannten Epos. Doch scheint es keine Beziehungen der Sippe zu Nordburgund zu geben. Gastun (Gaskun b; in 26*/AB26 Vaskunia A, Gastun B), Engiler af: Der Engel(i)er li G(u)ascuinz oder de G(u)ascu(i)gne der altfranzösischen Epik mit Sitz in Bordeaux, schon seit dem Rolandslied einer der Zwölf Pairs. Gastun setzt paläographisch sc (oder sk) ~ st voraus, zudem vielleicht Interferenz des Namens Gaston, der im Ersten Kreuzzug und in den anschließenden Spanienkämpfen durch Gaston von Bearn bekannt geworden war. In 19/A19/B17 heißt die Gaskogne Veskunia A, Valkuma b¹, Vaschuna b² (< altnordfrz. *Vascu(i)gne99 oder mittellat. Vasconia; Lang-s ~ l und ni ~ m paläographisch). Zum Namen Engel(i)er cf. Morlet 37 und 145.
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Schwennicke (1993, XV Tafel 153). Nicht ganz auszuschließen auch Rougemont bei Belley (Ain) und Rougemont-le-Château nordöstlich Belfort, deren Burgen ebenfalls schon zur Zeit unseres Autors existierten (cf. Salch 1979 s.vv.). Dieser ist der Neffe des Hardré, Fromont von Lens dessen Sohn. Zur Sippe gehören noch mehrere, eine Generation jüngere Fromondins, die man nicht gamli nennen könnte. Mir fehlt gewiss nur zufällig ein altnordfrz. Beleg für den südfrz. Landesnamen; das Ethnikon Vascon ¿ndet sich sporadisch in der Chanson de Jérusalem (pikardisch, spätes 12. Jh.) des Kreuzzugszyklus.
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Jfori ok Iui 100 (Iva ok Ivore b; Jforia ok Jvin bzw. Jvora ok Jva 26*/A25/B26; Ivun [...] Iforias 59/A56): Ive und Ivórie, seit dem Rolandslied zu den Zwölf Pairs gehöriges Duo, essentiell unlokalisiert.101 Der Name mittellat. Ivorius ist in der Realität extrem selten (Morlet 148 hat ihn nur einmal gefunden); er ist im Rolandslied wahrscheinlich um der Alliteration zu dem häu¿geren Namen Ivo (Morlet loc.cit.) willen gewählt. Unser Autor wurde möglicherweise durch den halbgelehrt (und damit vage mediterran) klingenden Wortausgang von Ivórie, durch – im Afrz. – die Homonymie dieses Namens mit dem an der wichtigsten Straße von Frankreich nach Rom liegenden und in mehreren Epen genannten Ivórie ‘Ivrea (Piemont)’ und schließlich durch die Assoziation zu ivoire (< *ivórie) ‘Elfenbein’ dazu gebracht, die beiden für ‘mittelmeernah’ zu halten. Boui hinn skegglausi: ‘Bovo der Bartlose’. In der altfranzösischen Epik gibt es einen Bueves sans barbe und einen Bueves li barbés, wobei letzterer im ZwölfsilberGirart de Roussillon den Olivier zum Enkel hat. Annette Patron-Godefroit hat (prinzipiell schon im Namenindex der Ausgabe KMS 1980, detailliert dann 1982, 703–708) gezeigt, dass die KMS I beide kannte: In den Kapiteln 6**/B4, 26*/A25/B26, 47/A44, 49/A46 wird ausdrücklich der Bartlose erwähnt; er wird von Karl als Erster in seine Zwanzigergruppe hineingewählt (26*/A25/B26) und hat wichtige Funktionen im Sachsenkrieg (47/A44) bzw. im befriedeten Sachsen (49/A46), trägt aber nie den Herzogstitel und hat keine Verbindung zu Vienne. In den Kapiteln 34/AB31 und 35/AB32 hingegen tritt der andere auf, in beiden Kapiteln als Herzog und Gerharts Vater, im erstgenannten genauer als Herr von Vienne, das Karl nach seinem Tod im folgenden Kapitel seinem Sohn Gerhart überträgt (so dass Gerharts zuerst in 40/A37/B38 auftretender Neffe Olivier wie im Zwölfsilber-Girart Bovos Enkel ist). Dieser zweite Bovo heißt außerdem in 34/A31 richtig und von erster Hand hin skeggmikli ‘der mit großem Bart’, allerdings erst auf dem Rand, statt des durch Unterpunktierung ungültig gemachten, inhaltlich falschen hin skegglausi.102 Die falsche Lesart steht dort auch in Bb, und da diese nicht aus der erhaltenen Handschrift A geÀossen sind, stand sie auch schon in der gemeinsamen Vorlage. Offenbar schrieb ein früher Kopist, der schon zweimal (6**/B4, 26*A25/B26) Bovi hinn skegglausi geschrieben hatte, irrigerweise (aus Unaufmerksamkeit oder weil er glaubte verbessern zu sollen) auch das dritte Mal (in 34/AB31) so, statt skeggmikli, und A vermochte das durch Analyse des Inhalts spätestens nachträglich (als er in 47/A44 und 49/A46 auf einen lebenden Bovi den Bartlosen stieß) zu rekorrigieren. Doch sollte die falsche Lesart nicht schon dem Redaktor des Textes angelastet werden;103 denn dass dieser die beiden Personen noch
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Loth hat (gegen Unger) Iui mit dem folgenden Boui als ein Wort Iuiboui gelesen, aber schon Patron-Godefroit trennt wieder richtig: Ivi, Bovi. Im Gaufrey (vv. 97s.; spätes 13. Jh., pikardisch) sind sie Brüder, und zwar Söhne eines roi Othon, der der sechste der zwölf Söhne des Doon de Mayence ist – was wenig besagt, da der Autor des Gaufrey alles, was in der altfranzösischen Epik Rang und Namen hatte, aber nicht schon genealogisch fest eingeordnet war, in die Sippe des Doon hineinzuziehen bestrebt ist. Genaue Beschreibung des Sachverhaltes bei Unger (1860, 29 n. 12). Loth bezeichnete in der Ausgabe (1980) diese Selbstkorrektur des Schreibers zu skeggmikli noch als «fautivement» erfolgt, Patron-Godefroit übersetzte aber schon damals nur le barbu. Wie es Togeby (1969, 87) und Skårup (1980, 347) tun.
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unterschied, wird, auch wenn man die Bartfrage beiseite lässt, nahegelegt durch den Herzogstitel bzw. das Herzogtum nur des einen (34/AB31, 35/AB32) und eben das Weiterleben des anderen (47/A44, 49/A46). Zum Namen germ. Bovo Morlet 59. Annzeis, Landres hertogi af: Landre entspricht afrz. Landri.104 In der altfranzösischen Epik gibt es rund zwei Dutzend Landri, aber nur wenige davon tragen als Beinamen einen Lehensnamen; auch diese sind nur Komparsen – mit einer Ausnahme: Im Girart de Roussillon ist Landri von Nevers Parteigänger und Ratgeber des Burgunders Girart, Halter von Girarts nordwestlichem Außenposten, während schon das Berry zu König Karl steht. Der Dichter des Girart hat den Namen und die Funktion dieser Gestalt der Geschichte entlehnt. Der historische Landri, Herr von Monceaux (Nièvre), wurde kurz vor 990 Graf von Nevers. Er war wohl formal nie, wie die ältere Forschung glaubte, auch Graf von Auxerre. Doch erweiterte er sein Gebiet unter anderem auf Kosten des pagus von Auxerre und hielt Auxerre selbst von 1002 bis 1005 im Auftrage des Otte-Guillaume von Burgund in Frontstellung gegen den französischen König besetzt; dann setzte er einen Vergleich mit dem König durch des Inhalts, dass sein Sohn eine Tochter des Königs heiratete und Graf von Auxerre wurde, cf. LdM s.v. Landricus. Die Grafschaften Nevers und Auxerre (und die 1060 dazukommende Grafschaft Tonnerre) blieben bis 1267 zusammen im Besitz von Landris Nachkommen, ab 1181 allerdings in weiblicher Linie, cf. LdM s.v. Auxerre. Ein dem Dynastiebegründer aus der Retrospektive gegebener Name ‘Landri von Auxerre’ ist also durchaus verständlich, ebenso der Herzogstitel. Somit dürfte Annzeis entstellt sein aus Aucerre bzw. aus der Landschaftsbezeichnung Aucerreis ‘das Auxerrois’ (u ~ n; nn statt n funktionslos wie in Annzeals < Anseals, cf. p. 75 s.v. Hoenborg; afrz. c [vor e, i] ~ /ts/ ~ an. z; ¿nales e unterdrückt wie passim; entweder rr als i + langes s verlesen oder in Aucerreis r-Kürzel übersehen).105 Means, Varun jarll af: Unsicher. In der Südhälfte Frankreichs ist kein geeigneter Ort zu ¿nden; also handelt es sich wohl um einen Nachtrag aus der Nordhälfte: Mantes (afrz. ursprünglich *Meantes < mittellat. Medanta, cf. Nègre 1990–1998, Nr. 2174) oder Meaux (afrz. Meauz, Meaus; paläographisch u ~ n). Beides sind Grafschaftszentren, Meaux zudem Bischofssitz. Das ‘französische’ Vexin mit Zentrum Mantes war in den ersten Dreivierteln des 11. Jh. noch im Besitz eines bekannten Grafengeschlechtes, wurde 1077 von der Krone eingezogen, aber im restlichen 11. Jh. zum Objekt mehrerer Kriege der Krone mit Wilhelm dem Eroberer (der in Mantes starb) und seinem Sohn Wilhelm Rufus. Auch die erbitterten Auseinandersetzungen des 12. Jh. zwischen beiden Herrscherhäusern drehten sich großenteils noch um das Vexin, wenn auch nicht mehr um Mantes. Meaux wurde 889 von König Odo an die Vermandois gegeben, in deren champagnischem Komplex es dann an die Tetbaldiner ¿el; von sich reden machte es 1111, als Ludwig VI. es zu erobern versuchte. Da auf dem Weg von Auxerre nach Saarbrücken-Hombourg-Trier Meaux gegenüber Mantes immerhin den 104
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Über dieses Nebeneinander von e und i cf. p. 42 n. 8. Im Übrigen zu dem Namen Morlet 156. Zugegebenermaßen wäre die Herleitung von Annzeis aus dem Namen des Auxois, einer kleinen, sich östlich an das Auxerrois anschließenden Landschaft, formal einfacher; doch würde dazu der Herzogstitel schlecht passen.
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kleineren Umweg darstellt, dürfte es eher gemeint sein. Varun ist wohl ein (irrtümlich um eine Haste vermehrtes) Varin, cf. p. 94s. s.v. Poer, Varin af. Zusammengefasst in der vorgegebenen Reihenfolge (die Zweifelsfälle nach der wahrscheinlichsten Bedeutung) soll Basins Route also berühren: die Bretagne (~ Rennes), Nantes, Angers, Tours, Blois, Dreux, Château-Gontier, Le Mans, Orléans, Pithiviers, die Thermen (von Paris), Château-Landon, Paris, Pierrepont, Hirson, Breteuil, Beauvais, Rouen (samt Arques), Doullens, die Pikardie (~ Amiens), (die Grafschaft) Flandern, Aardenburg, die Waes, (die Grafschaft) Holland, Friesland, Utrecht, den Teisterbant, Nijmegen, Kleve, (Duisburg- oder Düsseldorf-) Kassel, Köln, Jülich, Kessel, Maastricht, Borgloon, Tongern, Brüssel (samt Löwen), Lens, Cambrai, Valenciennes, Rethel, Chiny, Durbuy, La Roche-en-Ardenne, Esch-sur-Sûre, Vianden, Blankenheim, Düren, Limbourg, Mézières, Clermont-en-Argonne, ‘Montfort’ (Dordogne?), Toulouse, die Provence (~ Arles), Roussillon, ‘Rougemont’ (Doubs?), die Gaskogne, drei weitere, unpräzisierte südfanzösische Herrensitze, Auxerre (-Nevers), Meaux, Saarbrücken, Hombourg, Trier. Vergleicht man die Route des Erzbischofs (6*/B4) mit der Basins (6**/B4), so treten zwei Fakten hervor: Nicht nur die geographische Dichte, sondern auch der Grad der geographischen Ordnung ist in Italien und Südfrankreich am geringsten, im belgischen Raum (mit einer gewissen nordfranzösischen, maas- und rheinländischen Umgebung) am größten. Was die Personen beider Listen zusammengenommen angeht, ist ungefähr jede fünfte aus der altfranzösischen Epik bekannt, ungefähr jede sechste trägt einen Namen, der in der betreffenden Familie historisch nachweisbar ist – wobei sich beide Kategorien noch beträchtlich überschneiden. Insgesamt hat der Autor der fKMS I sich also zwar geographisch alle Mühe gegeben (was in einer Zeit, die für solche Zwecke noch über keine brauchbaren Landkarten verfügte, hoch einzuschätzen ist), aber bei der Mehrzahl der Personennamen seiner Phantasie freien Lauf gelassen. (Unger 7, Loth B5): Saxland: In der KMS I höchstens in 35/AB32 schon ‘Deutschland’, sonst nur ‘Sachsen’ als Stammesgebiet, also (vor der Teilung von 1180) das heutige Westfalen, Niedersachsen [außer Ostfriesland], Bremen, Hamburg sowie Teile von Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt umfassend. Ebenso Saxar, dessen Bewohner (47/A44). Puleis (Palæis b) borg: Da die Königinmutter an den Erzbischof und den Herzog von Köln schreibt, erwartet man, dass sie ihren persönlichen Boten mit dem Brief ‘nach Köln’, nicht ‘nach Puleis(borg)’ schickt. Offenbar hat der Übersetzer al palais, paleis ‘zum [dortigen] Pallas, zur [dortigen] Pfalz’ als Ortsnamen missverstanden; b hat zumindest die Lautgestalt des Wortes bewahrt, sein Kollege verlas a ~ u. Vilballd, Kaplan des Herzogs von Köln: Zum Namen Morlet 224; in Frankreich seltener als in Deutschland, wo der Name an den Heiligen Willibald, angelsächsischen Missionar und ersten Bischof von Eichstätt († 787), erinnert. Vergleichbare Namengebung für geistliche Komparsen ¿ndet man bei Viballd (p. 134 n. 169) und Ligger (p. 144).
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Frera (nur b, in B Raum freigelassen) ok Herfa brodr hans: Der Übersetzer hat in den afrz. Namen Fréri ‘Friedrich’ und Hervi ‘Herwig’ (Morlet 93 und 127) -ri nicht als vollsemantisches zweites Namensglied (~ an. -rík) erkannt, sondern -i für die Nominativ-Endung der n-Deklination gehalten, so dass der Dativ auf -a ausgeht. Zu Erzbischof Friedrich ausführlich p. 45–48. Mysturs borg, hier zwischen Köln und Bitburg gelegen: ‘Münstereifel’; ausführliche Begründung p. 12s. Das -ur ist jüngere an. Schreibweise für -r, siehe den folgenden Namen, auch zur sonstigen Lautform. (Unger 8, Loth B6): Mystr, biskup af: ‘der Bischof von Münster’. Mystr hier also, anders als in 7/B5, die westfälische Bischofsstadt, in der Geschichte 805 erstmalig bei der Erhebung zum ersten Bistum im neu christianisierten Sachsen erwähnt und in das Erzbistum Köln eingegliedert. Das vlat. Appellativum *monisterium (statt monasterium) wurde so früh ins Germ. übernommen, dass vor i nach dem westgerm. o-u-Verteilungsprinzip noch o > u wurde (wie in ‘Küche’, ‘Mühle’, ‘Münze’ u.ä.); der folgende Umlaut des u ist gemeinwest- und nordgerm., der Schwund des n vor s (ingväonisch und) nordgermanisch (cf. an. mysteri als Appellativum); in dieser Form ist der Name also nicht durch das Afrz. gegangen. In 46/A43 hingegen, innerhalb einer kohärenten aus dem Altfranzösischen resümierten Erzählung über den Sachsenkrieg, heißt dieselbe Bischofstadt Mutersborg < afrz. moutier (älter mostier) ‘Münster, Kloster’; in der Tat ist die Stadt in romanischem Mund schon 1103 (in Waulsort) als Mostiers belegt, Gysseling (1960) s.v. Münster. Weiter unten im vorliegenden Kapitel erfahren wir, dass der Bischof Vilhialm ‘Wilhelm’ heißt; zu diesem Namen cf. p. 88 s.v. Clerimunt. Intreitt, herra Valtir biskup af: Derselbe Bischof, jeweils neben dem Bischof Wilhelm von Münster genannt und mit diesem sichtlich im Gefolge ihres Metropoliten, des Erzbischofs von Köln, heißt weiter unten im selben Kapitel Valtir biskup af Nasten. Die Suffragane Kölns sind nicht zahlreich; so sollten die beiden Lesarten nicht mysteriös bleiben. Nast[en] und [In]treitt deuten zusammen auf Maastricht. Das spätantike Bistum Tongern ist vom 6. bis 8. Jh. ein Bistum Maastricht. Um 700 fällt Bischof Lambert von Maastricht bei Lüttich einer Blutrache zum Opfer; nach seinem Tode wird er als Schutzheiliger des Bistums verehrt und der Bischofssitz nach einiger Zeit – wohl erst in der zweiten Hälfte des 8. Jh. (LdM s.v. Lüttich) – an den Ort seines Martyriums verlegt. Unser Autor weiß von der Maastrichter Vergangenheit des Bistums, aber er weiß so wenig wie wir heute, wann genau innerhalb des 8. Jh. sie zu Ende ging. Sehr auffällig ist der Titel herra, den der Autor sonst nicht einmal den Erzbischöfen zukommen lässt; man kann also gegen die Rolle, die wir in Teil II (p. 29–36) dem Bischof von Lüttich bei der Entstehung der fKMS I zugesprochen haben, nicht geltend machen, gerade ein Bischof von Lüttich komme im Text nicht vor – im Gegenteil, er wird dezent, aber eindeutig mit einer Reverenz bedacht! Zum Namen Walter cf. p. 90s. s.v. Beis borg, Valtir af. (Unger 9, Loth B7): Hier erklärt (vermutlich erst) der Übersetzer-Redaktor versehentlich, das von Karl dem Ragenfried entwendete Pferd be¿nde sich in der Obhut des
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‘Königs’ Drogo (den wir in 6*/B4 kennen gelernt haben); gemeint ist aber, wie aus der gesamten Handlung und ausdrücklich aus dem Folgenden hervorgeht, der Ardenner Drogo (den wir in 1/B1 kennen gelernt haben): Er versteckt das Pferd vorübergehend bei seinem Bruder in Prüm (10/B8), bis er es nach Aachen zur Gerichtsverhandlung gegen Ragenfried überführt (23/AB23). Zu beiden Drogo und zur Notwendigkeit ihrer Unterscheidung cf. p. 69s. s.v. Dre¿a. (Unger 10, Loth B8): Aachen als Residenzstadt: Herzog Herwig von Köln begründet seinen Ratschlag, Aachen zur Residenzstadt auszubauen, auf eine zunächst verblüffende Weise: ‘Man ist dort näher an Rom und wird so besser erfahren, was sich ereignet’. Der unausgesprochene Gegensatz, vor dem diese Aussage erst Sinn gewinnt, ist die Eifel, in der sich Karl nach seinem kurzen Tongern-Abenteuer immer noch aufhält. Für den Erzähler wird es Zeit, Karl aus dieser etwas demütigenden Verstecksituation herauszuführen zu den – im Denken des frühen 13. Jh. – beiden Zentren des Imperiums, also zunächst zur Krönungsstadt der deutschen Könige, Aachen, danach zur Krönungsstadt der Kaiser, Rom. Nun liegt die Eifel zwar objektiv sogar etwas näher bei Rom als Aachen; doch Herzog Herwig hat anders als wir keine genaue Landkarte vor Augen, sondern denkt hier in der verkehrsgeographischen Erfahrung des 8. wie des 13. Jh.; da war die Eifel mehr noch als heute verkehrsfern. Aachen liegt zwar etwa 15 km südlich der alten Römerstraße Bavai-Maastricht-Heerlen-Jülich-Köln; aber seitdem im 8. Jh. der Bischofssitz von Maastricht nach Lüttich verlegt worden war und seitdem zur Zeit Pippins und noch des jungen Karl die Pfalz Düren vorübergehend eine wichtige Rolle gespielt hatte, lief die Straße Lüttich-Aachen-Düren-Köln jener älteren allmählich den Rang ab. Innerhalb Aachens wird sie im Mittelalter wie heute repräsentiert durch den von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Straßenzug Jakobstraße-Großkölnstraße, der Karls Pfalzgelände nach Nordwesten abschließt (cf. etwa Flach 1976, 12–14, 29). Zur Zeit unseres Erzählers war diese Straße längst, sich jenseits von Köln in der Rheinstraße fortsetzend, eine der wichtigen Arterien (und aus Lütticher Perspektive schlechthin die wichtigste Arterie) des Reiches. In der Tat würde Aachen, wie Herwig voraussieht, hauptsächlich über sie versorgt werden mit Wein, Nahrungsmitteln, Gebrauchsgütern und den Nachrichten aus dem Großteil zwar nicht des historischen karlischen Imperiums, wohl aber des Imperiums des 13. Jh., auch aus Rom. In dem Augenblick, in dem Herwig davon spricht, ist das freilich noch eine bloße Zukunftsperspektive. Deshalb werden im selben Kapitel die Süddeutschen noch durch die Eifel ziehen und sich dort noch vor Aachen mit Karl treffen, und selbst in 50/A47 wird Karl, aus Jerusalem über Konstantinopel und das Mittelmeer zurückkehrend, seinen Weg nach Aachen über Trier nehmen. Rodbert, Bruder des Ardenners Drogo: Er übernimmt hier die Wartung des Pferdes. Dafür muss er wohl Spezialist sein; denn in 26/A25 wird ihn Karl zum Chef seiner Pferdeknechte ernennen. Zum Namen Rodbert cf. p. 103 s.v. Klerimunt. ErMasteis (Mustela b): ‘Die Mosel’. Ausführliche philologische und geographische Begründung p. 13s. s.v. ErMasteis. Ardens (Ardenam b¹, Ardenu b²) borg: Wohl Kornelimünster, mittellat. Inda/Enda. Ausführlich dazu p. 14 s.v. Ardens borg.
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Gothsvin: Germ. Gaut-s-win (Morlet 106). Zum überwiegend westfränkischen Gaut-s- cf. den Namen Gauzfrid p. 90 s.v. Heimir [...]. Der Name hat sein Schwergewicht im romanisch-germ. Grenzbereich (cf. etwa den Dichter Gossouin von Metz und die Goswin Herren von Heinsberg-Valkenburg). Als Quartiermacher schicken die Süddeutschen offenbar einen in der Eifel Einheimischen voraus. Matharium (Unger Macharium Akkusativ; Machario Dativ bei anderer Formulierung b¹) brytia: ‘Makarius, den Verwalter’. Im Mittelalter oft hyper-griechisch Macharius; paläographisch ch ~ th (sofern Loth gegen Unger richtig liest); in 23/AB23 (wohl ebenfalls als Hypergräzismus zu deuten) Makarias, Macharias (und in 37/AB34 für eine andere Person das Hypokoristikon Makin). Name mehrerer orientalischer Heiliger (darunter eines, schon nach den älteren benannten, 1012 in Gent gestorbenen), in der Galloromania nicht ganz selten (Morlet 1972, 73). In der altfranzösischen Epik seit dem letzten Drittel des 12. Jh., vor allem im 13. Jh. Verrätername – eine Konvention, die offenbar dem Autor der KMS I noch unbekannt war; denn Makarius ist hier notorisch treu: Er ist neben Naimes der erste, der einen der Verräter entwaffnet (23/AB23), und ihm kann Karl für die Dauer seiner Romfahrt sogar seine Schwester Gisela anvertrauen (34/A31). Als ‘Gutsverwalter’ (bryte,106 10/B8, 34/A31) ist Makarius ganz an Aachen gebunden (10/B8, 11/B9, 23/AB23, 34/A31). Sein Genosse ist dabei, zunächst in 10/B8 und 11/B9, Vinant (so b¹; B konnte hier seine Vorlage nicht lesen und ließ freien Raum, hat dann aber in 11/B9 auch Vinant): Germ. WƯg-nand (Morlet 223) ‘Wienand’.107 In 23/ AB23 entwaffnet Wienand einen der Verräter wenigstens in B (das hier gegen A wohl den Urtext bewahrt). Und so wie Karl in 34/A31 seine Schwester Gisela dem Makarius in Obhut gibt, so gleichzeitig seine Schwester Adelheid dem Umant (Viuant B, Vinant b¹) af Lamburg (Landber B, Lamber b). Umant und Viuant können nur verlesenes Vinant sein (fünf Hasten); es handelt sich also um dieselbe Gestalt wie in 10/B8, 11/B9 und 23/AB23. Wenn der Erzähler diesen Wienand aus Limburg stammen lässt (wo er aber nicht Graf ist, das ist vielmehr Fulbert, cf. p. 102 s.v. Langber), so hält er das Territorium von Aachen wohl für ursprünglich limburgisch, bevor es Königssitz wurde – was geographisch voll einleuchtet, aber anachronistisch ist (Aachen gehörte ursprünglich gerade noch zu dem großen Lüttichgau, LdM s.v. Aachen, wie es auch zum Bistum Lüttich gehörte, cf. p. 19). Übrigens sind die beiden Namen Makarius und Wienand gerade in und um Aachen schon vor 1250 auffällig gut vertreten (fünf bzw. sechs Personen bei Meuthen 1972, Index): Winandus heißt vor allem ein Dekan des Aachen Marienstiftes, Macharius ein dortiger Kanonikus sowie ein Ritter, Vater eines anderen Dekans des Stiftes. Oberhalb dieser beiden dienstbaren Geister ernennt Karl für Aachen keinen Grafen, nicht einmal einen Burggrafen. Das entspricht genau der Situation zur Zeit unseres
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Unger hat das Wort (brytia, Genitiv) im letzten Satz von 34 unmittelbar nach dem Eigennamen versehentlich ausgelassen. Aebischers Quali¿kation Wienands im Index als forgeron beruht auf einer momentanen Verwechslung mit ‘Wieland dem Schmied’, der vielmehr in 43/A40 als Galant erscheint.
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Erzählers: Die Stadt ist noch unmittelbar königseigen und wird von zwei königlichen Beamten (Vogt und Schultheiß) verwaltet.108 (Unger 11, Loth B9): Gleich nach seiner Ankunft in Aachen reitet Karl in die Umgebung zur Jagd aus. In der Tat übte sich ja auch der historische Karl ständig im Reiten und Jagen (Vita Karoli 22), und nach Lage der Dinge gingen diese Jagden meist von Aachen aus.109 Was die Pfalzanlage betrifft, folgt Karl Naimes’ Rat und baut sie vid vatnit. Aebischer (1972) übersetzt près du lac, Hieatt (1975–1980) ganz wörtlich by the water, Patron-Godefroit (1980) und Lacroix (2000) près du Àeuve. Nun wurde Karls Pfalzhauptgebäude, die «Palastaula», bis gegen 1300 in seiner ursprünglichen Funktion genutzt (so noch beim Krönungsmahl für Rudolf von Habsburg); dann ging das Gebäude in den Besitz der Bürgerschaft über, die es teils abriss, teils umgestaltete zu dem noch heute stehenden Rathaus. Dieses erhielt dabei zwar seine Schauseite nach Norden (zum städtischen Markt und damit zu den Patrizierhäusern hin), kehrt jetzt also Karls Münster die Rückseite zu. Doch an der Ortsidentität vom Pfalzhauptgebäude zum Rathaus kann füglich kein Zweifel bestehen. Nun gibt es aber an der Flanke der heutigen Rathausanhöhe weder einen See noch einen Fluss,110 sondern nur den Hauptkomplex jener warmen Heilquellen (samt AbÀuss), die nicht nur Aachen seinen Namen (Aquae, Aquisgrani) gaben, sondern laut Einharts Vita Karoli 22 auch der Hauptgrund für Karls Ortswahl waren und durch die Jahrhunderte so bekannt blieben, dass im Rolandslied (v. 154) sogar Marsilius im fernen Saragossa vorgeben kann, nirgends anders als in ihren Wassern getauft werden zu wollen. Sie sind hier zweifellos gemeint, und nur Hieatts Übersetzung ist gerechtfertigt, obwohl man sich auch sie spezi¿scher wünschen könnte. Da somit zur Zeit unseres Erzählers jedermann das Pfalzhauptgebäude als einen Steinbau in Augenschein nehmen konnte, kann sich Karls Verlangen nach möglichst viel gutem Bauholz nur auf das Innere des Gebäudes beziehen. (In der Tat lässt sich z.B. für den Reichssaal eine schwere Holzdecke über entsprechendem Balkenwerk erschließen.111) Wenn Karl speziell alles verfügbare Birnbaumholz verbauen will, so
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Ein dritter, der Meier (villicus), hat bis in die Zeit unseres Erzählers nur ein subalternes Amt, cf. Flach (1976, 246, 251, 277). Eine breite, zu Karls Lebzeiten kurz nach 800 in seiner Umgebung entstandene Schilderung einer seiner Hofjagden, diesmal freilich von Paderborn aus, ¿ndet sich in dem lat. Epos Karolus Magnus et Leo papa (ed. Duemmler 1881 [Ndr. 1964], p. 366–379, die eigentliche Jagd p. 372–374, vv. 267–313). Die Reichsannalen berichten Jagden Karls verständlicherweise gerade aus seinen späteren Jahren, als er das Kriegführen großenteils schon seinen Söhnen und Grafen überlassen konnte: Jagden von Aachen aus in den Ardennen zu 802, 804 und wohl auch 809, eine Jagd in den Vogesen zu 805. Laut Vita Karoli 30 ging er selbst noch im Herbst 813, ‘wie es seine Gewohnheit war’, für längere Zeit in der Nähe von Aachen auf die Jagd. – In der KMS V 2s. gerät Karl durch seine Jagdleidenschaft fast in Widukinds Gefangenschaft; zu weiteren literarischen Verwendungen des Themas ‘Karl und die Jagd’, vom Mönch von Sankt Gallen bis zu Jacopo d’Acqui, cf. Gaston Paris (1905, 366–369). Die Wurm liegt eindeutig zu weit ab; sie Àießt zwischen Aachen und Burtscheid hindurch, weit südöstlich des gleich erst zu nennenden Münsters. Cf. etwa das klassische Werk von Faymonville et al. (1916–1924, III 128).
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ist dabei an Täfelungen und dergleichen zu denken: Birnbaumholz ist bekannt als hart, von angenehm rötlicher Farbe und ausgezeichnet polierbar. Außerdem war es im Früh- und Hochmittelalter kostbar, weil erst beschränkt verfügbar; Karl der Große ließ Birnbäume in seinen Gärten anbauen (Bertsch/Bertsch 1947, 107; RgA² s.v. Birne nach Sörrensen 1962, 193).112 Zugehörige ‘Unterkünfte’ (herbergi), sei es für das ständige Dienstpersonal an der Pfalz, sei es für Magnaten des Reiches, sind – wie übrigens auch Wirtschaftsgebäude aller Art – archäologisch nicht nachzuweisen,113 obwohl von ihrer Vielfalt schon im späteren 9. Jh. der Mönch von Sankt Gallen redet (I 30). Soweit sie überhaupt auf dem Pfalzgelände gelegen haben mögen,114 dürften es Holzbauten gewesen sein, und unser Erzähler wird sie – speziell nach dem Normannensturm von 881, bei dem die Stadt in Brand gesteckt wurde – in der Realität nicht mehr vorgefunden haben. Doch nahmen sie seine Phantasie in Anspruch, weil er von der Unterbringung der Magnaten bei Karls Krönung würde reden müssen; so sagt er von ihnen zunächst, dass sie med berginu ok aanni entstanden. Aebischer: au pied de la montagne, le long du Àeuve; Hieatt: between the rock and the river; Patron-Godefroit: le long de la montagne et du Àeuve; Lacroix: à la limite de la montagne et de la rivière. Aber der ‘Berg’ scheint auch hier nur die Rathausanhöhe, das ‘Àießende Wasser’ wiederum die Quellen bzw. deren AbÀuss in Form des Pau-Baches bzw. Johannis-Baches zu meinen. Also wohl: ‘längs der Anhöhe und des AbÀusses der Quellen’ – kurzum, möglichst nahe beim Pfalzhauptgebäude selbst.115 Dass man sich in diesen gedrängten Dimensionen zu bewegen hat, wird durch den nächsten Satz bestätigt: Das von Karl opere mirabili (Vita Karoli 17) erbaute und Maria geweihte Münster, das vom Pfalzhauptgebäude südwärts einen Abstand von 135 m wahrt, aber mit ihm durch einen schweren (operosa mole) zweistöckigen Säulengang verbunden war (der laut Vita Karoli 32 kurz vor Karls Tod einstürzte),116
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Cf. unten p. 178 das Interesse unseres Erzählers für Nüsse. Cf. etwa Hugot (1965–1967, 567). Die Unterkünfte der zum Hof kommenden geistlichen und weltlichen Großen vermutet man heute überhaupt meist außerhalb des Pfalzbezirkes im sich anschließenden Ort (vicus) Aachen, cf. LdM s.v. Aachen. Da die Rathausanhöhe allerdings relativ zum Münster nur 6 m hoch ist (Flach 1976, 29), kann man auch eine Alternative nicht ganz ausschließen, nämlich den Doppelausdruck als ‘zwischen dem Berg und dem Fluss’ auf den Lousberg bzw. Salvatorberg im Norden und die Wurm im Südosten der Stadt zu beziehen. Doch durch das vorausgehende ‘an den Quellen’ (für das Pfalzhauptgebäude) und durch das folgende ‘im Wald’ (für das Münster) scheint mir ein deutlich engerer Beschreibungshorizont für das gesamte Pfalzgelände gesetzt zu sein. Er wurde provisorisch durch einen hölzernen Gang ersetzt, der nach den Reichsannalen seinerseits 817 einstürzte. Zum Säulengang Faymonville (1916–1924, III 7, 12 und 65) sowie vor allem Kreusch (1965–1967, 511–529): Er bestand «aus schwerem Bruchsteinmauerwerk», sein «mächtiges, tonnengewölbtes» Untergeschoss aus Grauwacke. In seiner Mitte hatte er eine größere Toranlage, die den Pfalzkomplex nach Westen abschloss (cf. die Skizzen der Gesamtanlage bei Kreusch 1965–1967, Fig. 1, Hugot 1965–1967, Fig. 2 oder Flach 1976, Beilage I). Cf. auch Flach (op. cit. 22s., 32, 48, 51).
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kommt nach Naimes’ Ratschlag an eine Stelle, wo man in diesem Augenblick noch ‘den Wald’ sieht.117 Schwerer zu verstehen sind die beiden folgenden Elemente der Beschreibung: Eine ‘große Befestigung’ wird sich ‘rechts’ erheben, die ‘Unterkünfte’ für Magnaten des Reiches ‘links’. Denn hier werden erstens die Begriffe ‘rechts’ und ‘links’ nicht durch Angabe von Standpunkt und Blickrichtung festgelegt, und zweitens ist nicht ganz sicher, dass diese ‘Unterkünfte’ mit den schon genannten identisch sein sollen. Nehmen wir letzteres an, so muss man sich einen Betrachter vorstellen, der, aus dem zuletzt genannten Münster kommend, nordwärts die Pfalzanlage frontal vor sich hat. Denn als ‘große Befestigung’ im Pfalzbereich kann man nur den Granusturm bezeichnen, der das Pfalzhauptgebäude – also seit dem 14.Jh. das Rathaus – östlich abschließt und noch heute bis in 21 m Höhe karolingisches Mauerwerk erkennen lässt.118 Diesen Turm hätte der Betrachter dann zur Rechten, und die ‘Unterkünfte’ der Magnaten stünden jedenfalls ein Stück weiter zur Linken – gleichgültig, ob der Erzähler sie sich auf dem heutigen Katschhof vorstellt oder mit den Ruinen des Säulenganges identi¿ziert. Später, in 12/B10 und in 20/A20, wird sich die Vorstellung des Erzählers von den ‘Unterkünften’ noch dahingehend präzisieren, dass es insgesamt zwölf seien – wobei aber die zwölfte Karls eigene, nämlich das Pfalzhauptgebäude, ist. Unser Erzähler vergisst nicht zu erwähnen, dass der Unterhalt der Geistlichen (Plural!) am Münster zu den PÀichten des Königshauses gehörte; in 22/A22 wird Karl die Kirche dann großzügig ausstatten – so, wie auch der historische Karl das für das Münster gegründete Kollegiatstift großzügig ausstattete. (Von Anfang 12/B10 bis Anfang 17/A17/B15: Basisms. b¹) (Unger 12, Loth B10): In der Realität ist das Münster zwar nicht ‘ganz aus Marmor gebaut’ (was spätestens der Übersetzer vorsichtigerweise durch eine on-dit-Formel relativiert), doch im Innern wird der Raumeindruck bis heute «entscheidend»119 geprägt durch die Marmor- und Porphyr-Säulen, die Karl aus Rom und Ravenna herbeischaffen ließ (Vita Karoli 26), sowie durch deren Kapitelle aus weißem Carrara-Marmor und durch Karls Thronsessel aus antiken weißen Marmorplatten. Was das im nächsten Teilsatz beschriebene Dach angeht: Das ursprüngliche Dach des Münsters litt schon 829 bei einem Sturm und Erdbeben derart, dass Bleiziegel herab¿elen; 1224 wurde es durch einen Brand so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass 117
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Letzteres ist zwar strenggenommen unhistorisch; denn Karl ließ den Altar seiner neuen Kirche genau an der Stelle des Altars einer kleinen Pfalzkirche bauen, die anscheinend auf seinen Vater Pippin zurückging und dem Neubau weichen musste. Doch das wusste im 13. Jh. niemand mehr. Zwar war zwischen 1171 und 1198 auch die ganze Stadt längs der heute ‘-graben’ genannten Straßen mit Wällen umgeben worden, aber nichts von diesem zur Zeit unseres Erzählers noch jungen und von den Pfalzgebäuden deutlich getrennten Mauerwerk hätte man versehentlich zum Pfalzkomplex rechnen können; cf. im Einzelnen Faymonville (1924, III 85–88, 92–94); ausgezeichnete Skizze bei Flach (1976, Beilage I). Noch weniger in Frage kommt die ebenfalls erst zur Barbarossazeit entstandene, gegen 1200 wieder zerstörte Reichsburg Bernstein, cf. Flach (op. cit. 366ss.). So Kreusch (1965–1967, 478).
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man es durch eine Neukonstruktion abermals aus Bleiziegeln ersetzte, die ihrerseits 1664 einem barocken Dach weichen musste.120 Von dem ursprünglichen Dach hat man in Fugen des Bauwerks geschmolzenes Blei mit hohem Silber-, Kupfer- und Zinnanteil gefunden, cf. Faymonville (1916–1924, III 119, 128) und Kreusch (1965–1967, 472–474). Dass die Kirche ‘an angemessenen Stellen’ vergoldet sei, stimmt zumindest insoweit, als (nach Kreusch 1965–1967, 485) über dem Westeingang im Mauergiebel in Goldbuchstaben die (nicht in die Karlszeit zurückgehende) Inschrift zu lesen war «Ecce Leo Papa cuius benedictio sancta Templum sacravit quod Karolus aedi¿cavit»
und als nach der Vita Karoli 31 im Kircheninnern über Karls Grab ein vergoldeter Bogen mit seinem Bild und einer Inschrift errichtet wurde. Dort boten sich zur Zeit unseres Erzählers dem Auge des Betrachters auch schon zwei weitere unerwartete GoldÀächen dar, die auf Stiftungen Kaiser Heinrichs II. im frühen 11. Jh. zurückgingen, die man aber zur Zeit unseres Erzählers für karolingisch halten mochte: die pala d’oro, d.h. das Antependium des Altars, und die mit Goldblech umkleidete Kanzel, die damals als Ambo noch im Mittelpunkt des Oktogons stand und erst gegen 1400 als (Hoch-) Kanzel über die Sakristeitür im neuen spätgotischen Chorraum versetzt wurde. Ganz ähnlich wie unser Text erzählt, gestaltete auch der historische Karl nahe beim Pfalzhauptgebäude den Hauptkomplex der Quellen (etwa am heutigen Büchel) aus zum ‘Kaiserbad’, einem großen Schwimmbassin (in dem nach der Vita Karoli 22 manchmal mehr als hundert Menschen gleichzeitig badeten) mit Marmorstufen und Zuleitungen von warmem und kaltem Wasser. Es wurde auch zur Zeit unseres Erzählers noch benutzt und gehörte damals dem Marienstift (Faymonville 1916–1924, III 5 und 8; Hugot 1965–1967, 568–571). (Unger 13, Loth B11): Welchen erzähllogischen Sinn hat der Besuch der beiden Hauptverschwörer in Aachen? Einen doppelten: Indem sie sich als Vasallen Karls bekennen, richtet sich ihr kommender Mordversuch nicht nur gegen den legitimen Thronerben, sondern auch, nach mittelalterlicher Auffassung ein erschwerender Umstand, gegen den von ihnen anerkannten persönlichen Lehnsherren. Karl seinerseits darf nicht der Versuchung nachgeben, schon in diesem Augenblick gegen nur zwei von zwölfen vorzugehen – ein erregendes Moment. (Unger 14, Loth B12): Zu Adaliz cf. p. 81 (sowie p. 69 s.v. Gilem). (Unger 15, Loth B13; Unger 16, Loth B14; Unger 17, Loth A17, B15): Nachdem Karl in 6*/B4 und 6**/B4 dem Erzbischof Rotgar und Basin ihre Reisen ausführlich vorgezeichnet hat, genügt jetzt ein sehr kursorischer Bericht von ihrem Vollzug.
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Auch das heutige Dach enthält noch wichtige Bauelemente aus Blei, cf. Krysko (1979, 64s. und Abb. 65). Allgemein zu Bleidächern von der Spätantike bis zur Gegenwart ibd. (64–66 und Abb. 64–70).
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(Unger 16, Loth B14): Der seit dem späteren 9. Jh. mit Unterbrechungen feststellbaren Praxis, das Bistum Dol als Erzbistum zu betrachten und damit die ganze Bretagne aus dem Erzbistum Tours herauszulösen, setzte 1199 Papst Innozenz III. de¿nitiv ein Ende, cf. LdM s.v. Dol. Unser Erzähler erinnert den vor 1199 bestehenden Zustand, weiß aber nicht, dass er erst nachkarlisch ist. Gajadum (so b¹, Garadum b²): Wohl ‘Varades’ (Loire-Atlantique). Aus 6**/B4 (p. 89 s.v. Hontes) wissen wir, dass Basin in der Bretagne zuletzt Hoel von Nantes aufsuchen soll. Jetzt verlässt er die Bretagne über Gajadum/Garadum und trifft in Frankreich (Valland) zuerst auf ‘Herrn Geoffroi’, also den Grafen (bzw. ‘Herzog’) von Anjou (cf. p. 89s. s.v. Heimir[...]). Gajadum/Garadum ist also ein Ort auf dem Weg von Nantes nach Angers, und zwar wohl ein ziemlich kleiner, da er in der langen Lehensliste von 6**/B4 übergangen ist – vermutlich ein Grenzort, da man sonst keinen Grund für seine Nennung sähe. Heute ist auf dem Weg von Nantes nach Angers der letzte Kanton (mit etwa 2500 Einwohnern) im Département Loire-Atlantique (mit Hauptstadt Nantes, also in der Bretagne) Varades an der Loire. Der Ort ist im 11. Jh. mehrfach als Varesda u.ä., im 12. dann als Varadis und als Châtellenie belegt; kirchlich gehört die Pfarrei zur Diözese Nantes, das dort be¿ndliche Priorat aber unterstand dem Marmoûtier von Tours (Quilgars 1906, s.v. Varade und p. XXII). Es ist schwer zu glauben, dass die Ähnlichkeit von Garad(um) und Varad(es) Zufall sein soll, zumal keine andere Deutung in Sicht ist. Vermutlich ist schon innerhalb der fKMS I V- für W- genommen und zu Gu- verschriftsprachlicht worden. Varner af Pirapunt: Ein naher Verwandter des zu den zwölf Verschwörern gehörigen Folkvard. Er wird hier eingeführt, weil zwar alle zwölf Verschwörer gefasst und hingerichtet werden sollen, danach aber der Höhepunkt der Pierrepont-Handlung (cf. Teil II p. 26s.) noch aussteht, in Pierrepont also ein Karlsfeind zunächst überleben muss. Altnordfrz. Warn(i)er, altzentralfrz. G(u)arnier ‘Wern-(h)er’ (Morlet 219); denselben Namen wird in 35/AB32 der Schwiegervater des Gerhart von Vienne tragen. (Von Anfang 17/A17/B15 bis zum Ende der KMS I: Basisms. A) (Unger 17, Loth A17, B15): Wie am Ende von 7/B5 schon angedeutet, nimmt Gerhart von Nijmegen Basin den Àämischen Teil seines Auftrages ab.121 Balldvini Serens j Arraz borg: Zu Balduin, seinem Beinamen, seinem Sitz in Arras, seiner Verschwägerung mit dem Königshaus und seinen Söhnen cf. p. 95. s.v. Beluin. Die drei Bischöfe, die Balduin zu Karl mitbringen will, sind die von Arras, Tournai und Thérouanne.122 121
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So B. Da A erst nach den Anfangsworten von 17/A17/B15 einsetzt, ist bei ihm zunächst das grammatische Subjekt nicht zu erkennen. Doch nachdem Balduins Reaktion geschildert worden ist, heißt es dann auch in A: ‘Gerhart nahm Abschied [...]’ usw. Alle drei Bistümer sind merowingerzeitlich, haben aber eine wechselvolle Geschichte. Der Bischofssitz von Arras war eine Zeitlang nach Cambrai verlegt; die resultierenden Misshelligkeiten wurden 1092/93 durch Teilung in zwei Bistümer (Arras im regnum Franciae, Cambrai im Imperium) beseitigt; unser Erzähler zählt Cambrai nicht mit, weil er noch den älteren Zustand kennt und/oder weil für ihn Cambrai nicht im Àandrischen Machtbereich
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Fremund, Balduins Kaplan: Auch hier für afrz. Fromont, cf. p. 99 s.v. Lens. Buluina: Boulogne-sur-Mer (-in- vielleicht anglonorm. Graphie für afrz. -ign-), seit dem 10. Jh. als Grafschaft belegt. Die Grafen waren mit denen von Flandern verwandt und von ihnen lehnsabhängig; im Gefolge der Schlacht von Bouvines (1214) ¿el die Grafschaft praktisch an die Krone von Frankreich und wurde dadurch dem EinÀuss Flanderns entzogen. Gines: Guines, Grafschaft seit mindestens 1065; bis ins frühe 13. Jh. lehnsabhängig von Flandern und im Besitz einer Grafenfamilie, die wohl mit der Àämischen verwandt war (Leitnamen Balduin und Arnulf); dann lehnsabhängig vom inzwischen kapetingischen Artois. Palsborg: Saint-Pol(-en-Ternois), Grafschaft seit mindestens 1023, bis ins frühe 13. Jh. lehnsabhängig von Boulogne (und damit mittelbar von Flandern), dann vom kapetingischen Artois. Perun (Peron B; af Seruni 37/A34, durch Verlesung von Minuskeln, falls Lang-s noch wie in einer Hauptform der karolingischen Minuskel unter die Zeile reichte, sonst von geschwungenen Majuskeln), Rodbert af: Péronne, schon in merowingischer Zeit castrum, ebenso im 10. Jh., als Herbert II. von Vermandois hier Karl den Einfältigen gefangen hielt, war auch in der Folge immer lehnsabhängig von Vermandois, nie von Flandern. Von 1028 bis 1105 war es über vier Generationen im Besitz eines Geschlechtes mit dem Leitnamen Robert, cf. LdM s.v. Péronne. Doch dann war Erbin eine Adela/Adelide von Péronne und Warneton, die einen mächtigen Lehnsmann des Grafen von Flandern, Robert IV. von Béthune und Richebourg, Vogt von Arras (1090–1128), geheiratet hatte. Während auf diese Weise das relativ unbedeutende Warneton an Béthune kam, zog nach einiger Zeit Radulf von Vermandois, Kapetinger aus jüngerer Linie, Péronne ein, um zu verhindern, dass diese wichtige Festung am kapetingischen Nordrand faktisch – wenn auch damit noch nicht lehnsrechtlich – unter Àandrischen EinÀuss käme; cf. Warlop (1975–1976, I 2.431 n. 39 zu I 1.145; II 2.659). Zu dem Namen Robert cf. p. 103 s.v. Klerimunt. Henaug (Henog B), Bertram af: Afrz. Hainaut, Henau, Hainou, niederld. Henegouwen ‘der Hennegau’. (Das -g dürfte bereits der fKMS I angehören, dort aber als schon stummer Finalkonsonant den Versuch eines etymologisierenden Kompromisses mit dem -i- oder -y- des Ethnikons Hainuier, Hennuyer oder überhaupt mit dem -g- der dt. und niederld. Namensform darstellen.) Der Hennegau stand von 1051–1280 unter Mitgliedern der Àandrischen Grafenfamilie (Leitname auch hier Balduin), 1067–1071 und 1191–1205 sogar in Personalunion; zu Lehen ging er bis 1071 von Flandern, seitdem von den Bischöfen von Lüttich, die aber im Hennegau politisch kaum EinÀuss hatten. Zu dem Namen Bertram cf. Morlet 56. Dass Balduin von Flandern diese fünf Magnaten durch eigene Briefe mit seinem Siegel aufbietet, zeigt, dass er sie als seine Vasallen betrachtet – was zur Zeit unseres liegt. Tournai stand vom 7. Jh. bis 1146 in Personalunion mit Noyon (welch letzteres aber keine Berührungen mit Flandern hatte); erst 1559 wurden aus Tournai die Archidiakonate Brügge und Gent herausgelöst und zu Bistümern erhoben. Gleichzeitig wurde das Bistum Thérouanne (dessen Zentralort schon im 13. Jh. unbedeutend war) in die neuen Bistümer Boulogne, Saint Omer und Ypern aufgeteilt.
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Erzählers ebenso wie Balduins Aufenthalt in Arras nur noch nostalgische Erinnerung war, aber gerade dadurch die proÀandrische Haltung des Erzählers erweist (dazu cf. p. 95 s.v. Beluin). (Unger 18, Loth A18, B16): Eim (so immer A; B hat HĊimar, ĉimar in 18/B16, Eimir 25/B24, 27/B27, 29/B28, 31/B29, Eimi Akkusativ 26/B25, Dativ 29/B28, 32/B30; dazu mit verlesener Initiale Simir [Unger Eimar] B, aber ĉimar b¹, Eymir b² 23/B23) af Galiz (so A einmal in 18/A18/B16, dann vom selben Kapitel an unÀektiert Galiza; B hat immer Dativ Galizu, Galizu borg): Der Hamon de Galice des Rolandsliedes. Ausführlich zu dieser Gestalt einschließlich ihres Herkunftsnamens Teil II p. 26ss. mit n. 8 und 10. Zugunsten der dort vertretenen Identi¿zierung dieser Galiza mit dem nordwestspanischen Galizien (und nicht mit der Valise, einem Stadtviertel von Laon) lässt sich jetzt hinzufügen, dass weder Haimon noch seine Galiza in der sehr ausführlichen Lehensliste in 6**/B4 genannt worden sind und dass er nicht aufgeboten wurde, sondern aus eigenem Antrieb kommt. Seine Geschichte gehört wie die vom Schwanenritter (cf. p. 43s. mit n. 14 sowie unten p. 170) aus der Perspektive seiner angeblichen Nachfahren – hier der Pierrepont, dort zunächst des Hauses Bouillon – funktional zum Sagentyp des unhinterfragbaren, weil aus der Fremde gekommenen Spitzenahns. Das unÀektierte Eim von A geht regulär hervor aus dem afrz. Rektus (H)aim ‘Haimon’ (Morlet 122; Ausfall des h- ist selbst im germ. Element schon des Afrz. ohne klare geographische Begrenzung weit verbreitet); B hat den Namen zunächst als -mar-Namen verkannt, dann als ja-Maskulinum behandelt. Moysa (Möisa B; ähnlich Moysa A, Moia [Schreibfehler] B 25/AB24; aber auch Genitiv Muso A, Mvsvs B, Musu b¹, Muzu b² 25/AB24): Afrz. Muese, Moese, Meuse ‘die Maas’. Die Behauptung, Haimon mit seinen Begleitern habe einen langen Umweg vor Überschreitung der Maas machen müssen, soll sicherstellen, dass sich Haimon und Rembalt überhaupt vor Aachen treffen;123 cf. p. 27. Alpha führt zunächst Haimon (mit Nennung der Zahl seiner Begleiter) ein, dann Rembalt (ohne diese), Beta verfährt umgekehrt. Denn fKMS I (und damit noch Alpha) will eine Geschichte zum Ruhm des späteren Herrn von Pierrepont erzählen (cf. Teil II p. 28ss.); Beta, ein isländischer Redaktor des 14. Jh., ändert die Reihenfolge, weil er einen künftigen Gebieter über Groß-Friesland und Schwager des großen Karl für wichtiger hält als einen künftigen Herren von Pierrepont. Der Unterschied wird sich in 25/A24 und 26/AB25 wiederholen: A erzählt dort zuerst von der Ernennung Haimons, dann von der Rembalts, B verfährt umgekehrt; zudem muss Rembalt in A um die Hand von Karls Schwester bitten, in B geht die Initiative von Karl aus. (Unger 19, Loth A19, B17 bis l. 9): Den ankommenden Truppen wird jeweils ein ‘Feld’ angewiesen, wo sie – offenbar in ihren Zelten – zu kampieren haben; den Truppen der Verschwörer wird dabei vorsichtshalber die Mittelposition zugewiesen. Die in 20/A20 genannten zwölf ‘Häuser’ nehmen nur je einen der Vornehmsten (offensicht-
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Im Beta-Text von Aebischers Übersetzung fehlen hier anschließend zwei Sätze, cf. Gilbert/ van Emden (1973, 153).
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lich jeweils mit einem kleinen persönlichen Stab) auf;124 nur im Pfalzhauptgebäude ist für Karl und mehrere andere Platz. In diesem Kapitel ¿nden wir die beiden Drogos – Dre¿a aus den Ardennen und König Dreia (Drefe B) von Poitiers – nebeneinander in einer Weise, die ihre Identität ausschließt (cf. p. 69s. s.v. Dre¿a). Zu Veskunia cf. p. 105 s.v. Gastun. (Unger 20, Loth A20, B17 l. 9–10, d.h. bis zur Lücke): Der Adler auf Karls Pfalzhauptgebäude ist historisch. Als 978 Lothar von Frankreich einen kurzen Überfall auf Aachen tanquam sedem regni patrum suorum (so die Annales Sangallenses) unternahm, drehte er zum Schluss den Adler um nach (Süd-) Osten, ‘nachdem die Deutschen ihn nach Westen gedreht hatten’ (so Richer, Historiae III 71).125 Wahrscheinlich hatte ihn also einst Karl nach Osten gerichtet. Auch wenn unser Erzähler die Blickrichtung des Adlers nicht erwähnt, ist doch seine Auffassung, Karl habe mit dem Adler Valland als Kernstück seines Reiches bezeichnet, essentiell richtig, sobald man hinter Valland das offensichtliche France des Urtextes im Sinne der karolingischen Francia samt Aachen versteht; cf. dazu Teil III p. 39s. mit n. 2. Karl ehrt Naimes, den Ardennen-Drogo, Gerhart von Nijmegen und anscheinend auch Basin durch Aufnahme in seine eigene Wohnstatt, weil alle vier ihm ihre Treue genugsam erwiesen haben; Haimon und seinen Schwurbruder Rembalt nimmt er auf, weil Haimon spontan zu ihm gekommen ist, ohne aufgeboten zu sein (18/A18/B16) – auch das ist ihm genügender Beweis für beider Treue. Der große Stahlklotz, dessen Herstellung vor dem Pfalzhauptgebäude hier beschrieben wird,126 wird von Karl selbst benutzt werden in 44/A41. Erprobungsklotz für
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Der historische Karl hatte in der Tat auch für zeitweilig an den Hof kommende ‘Bischöfe, Äbte, Grafen und Gäste aus aller Welt’ in Aachen Quartiere anlegen lassen, wie Notker (Gesta Karoli I 27), in diesem Punkte vertrauenswürdig, berichtet; aber sie sind archäologisch nicht bezeugt, kaum zu lokalisieren und waren nach Meinung von Flach (1976, 49s. mit n. 233s.) wahrscheinlich schon zu Notkers Zeit, umso eher also zur Zeit unseres Erzählers, verfallen. Thietmar von Merseburg (Chron. III 8) sagt zwar, alle Beherrscher von Aachen hätten den Adler jeweils ihren Heimatreichen zugewendet (was also auf die umgekehrte Drehrichtung hinausliefe), aber Richers Auffassung der Symbolik ist einleuchtender – wie denn auch einhundert Jahre später Bonizo von Sutri im Liber ad Amicum (1891, 581) erklärt, Otto der Große habe den Adler von Osten nach Westen gewendet. Zur ganzen Episode cf. Uhlirz (1902, 105–109). Die Übersetzungen von Aebischer, Hieatt, Patron-Godefroit und Lacroix differieren hier in Einzelheiten. Ich verstehe den Passus wie folgt: ‘Karl befahl allen seinen Schmieden, einen Stahlklotz herzustellen, damit die Jungkrieger ihre Schwerter daran erproben sollten. [Denn sie würden ja auch im Kampf auf Stahlpanzer einhauen müssen, G.A.B.] Die Schmiede transportierten zwei Blöcke aus Marmorstein dorthin [nämlich an den zukünftigen Platz des Stahlklotzes] und legten sie ringsherum [nämlich so, dass sie mit der gleich zu nennenden Einfriedung des Pfalzgebäudes ein Dreieck bildeten]. Dann nahmen sie Stahl, legten ihn darauf [nämlich quer über beide Marmorblöcke], brachen ihn entzwei und platzierten ihn [dadurch] zwischen die Blöcke. Danach fuhren sie zehn mit Kohlen beladene Wagen dorthin, nahmen Feuersteine [so mit Aebischer, Patron-Godefroit, Lacroix], platzierten sie ringsum, trugen [damit erzeugtes] Feuer ganz heran und legten es hinein [nämlich zwischen die Stahlstücke]. Dann nahmen sie zwanzig Blasebälge, stellten sie ringsum auf und fachten an. Es entstand ein großes Feuer, und all der Stahl begann aufzuwallen und rann zusammen zu einem Klotz vor der Einfriedung, wo man hineingehen würde in das Pfalzhauptgebäude.’
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Schwerter ist der perron von Aachen auch in den jüngeren Fassungen des Renaut de Montauban,127 wobei dort allerdings nicht ausdrücklich gesagt wird, dass er aus Stahl sei. In Bodels Chanson des Saisnes wiederum (ed. Brasseur v. 1097 AR ~ v. 1041 LT) steht er ebenfalls vor Karls maistre sale, heißt auch hier perron128 und ist hergestellt aus Metall, nämlich aus den Denaren, die die Herupois dem König drohend auf der Spitze ihrer Lanzen als Tribut angeboten hatten; er dient zur Erinnerung an ihre daraufhin erfolgte Befreiung von jeglichem Tribut, also anscheinend nicht zur Erprobung von Schwertern.129 Die Tatsache, dass es für ein und dasselbe Objekt mindestens zwei verschiedene Entstehungsgeschichten gab, könnte ein Indiz für die Realität des Objekts sein. Archäologisch lässt sich der Klotz aber nicht nachweisen, was angesichts seines puren Metallwertes nicht erstaunlich ist. (Unger 21, Loth A21): – (Unger 22, Loth A22, B22): Hier folgen zwei Zeremonien unmittelbar aufeinander, von denen die erste im Denken unseres Erzählers und großenteils auch seiner Zeit ethische, wenn auch nicht rechtliche Voraussetzung der zweiten war: Der künftige König sollte zur Gemeinschaft der milites christiani gehören, sollte «Ritter» sein.130 Es bedarf kaum der Betonung, dass damit eine Auffassung des späten 12. und des 13. Jh. in die Zeit Karls des Großen rückprojiziert wird.
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Ed. Michelant p. 210 v.8ss. ~ Ed. Castets vv. 7963ss., noch nicht hingegen im Ms. Douce, Ed. Thomas 1989. Die Stellen bei Bodel und im Renaut hat schon Gaston Paris ausgehoben (1905, 328, 370). Die Editorin bemerkt hierzu vorsorglich, dass entgegen der Etymologie und sonstigen Verwendung des Wortes (‘großer Stein’) Karl auch im des Aspremont (v. 193 ed. Brandin) auf einem perron d’acier sitzt. Und schließlich: Schon im Rolandslied (v. 3697) steigt Karl bei der Rückkehr aus Spanien in Aachen al perrun ab; doch trotz des bestimmten Artikels in suggestiver Funktion lässt sich hier die Möglichkeit nicht ausschließen, dass einfach die gängige Bedeutung von perron ‘großer Stein, der den Reitern das Auf- und Absteigen erleichtert’ vorliegt. Freilich könnte man selbst dann fragen, ob die doppelte Deutungsmöglichkeit wirklich zufällig ist und nicht vielmehr ein und derselbe perron sowohl den Reitern als auch der Schwertprobe gedient haben könnte. In der neueren Forschung hat am stärksten Flori (1986) dieses Band betont; für ihn ¿ndet sich lange Zeit eine zeremonielle Schwertleite (remise d’armes) überhaupt nur beim Amtsantritt der Herrscher (op. cit. 44ss., 51ss., 58ss., 339) – wie denn auch die spätere Ritterideologie großenteils als Derivat der Herrscherideologie verständlich sei. Cf. ferner Orth (1990, 167s.): «Für Angehörige des hohen Adels gab es keine rechtliche Notwendigkeit, wohl aber eine gesellschaftliche, die Ehre berührende PÀicht, sich zum Ritter erheben zu lassen. [...] Dass die Angehörigen des hohen Adels sich der gesellig-gesellschaftlich begründeten PÀicht der Ritterpromotion unterwarfen, zeigt einmal mehr, wie sehr die abendländische Gesellschaft im hohen Mittelalter ihr Selbstverständnis in Formen zu übersetzen und in Formen zu symbolisieren geneigt war, vor allem aber, in welch erstaunlichem Ausmaß man sich im Fest, aber auch im alltäglichen Handeln der geprägten Form unterwarf.» Ich zitiere Orths Beitrag als eine wohlabgewogene modernere mise au point. Cf. auch Erben (1918–1920, 112s. mit n. 76 und die dort genannte Literatur). Erbens nun fast 90 Jahre alten Aufsatz zitiere ich hier und mehrfach im Folgenden, weil er ein Muster der im besten Sinne positivistischen – möglichst materialreichen, zugleich sehr kritischen und doch klar gegliederten – Aufbereitung des Stoffes ist, auch wenn heute die Sprache und manche Interessendominanten des Historikers andere sein mögen.
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Die erste Zeremonie ist aber kein ‘Ritterschlag’, sondern eine ‘Schwertleite’.131 Der Ritterschlag, später markanter Teil der Schwertleite, wurde frühestens seit etwa 1200, im Wesentlichen wohl im Lauf des 13. Jh., üblich.132 Falls unser Erzähler ihn schon kannte, wusste er um seine Neuheit und hat ihn deshalb nicht aufgenommen. Die Schwertleite, deren zentraler Teil die Umgürtung mit dem Schwert war, wurde wie hier oft zu P¿ngsten133 und nach Möglichkeit durch einen mächtigen Fürsten134 vollzogen. Da von den in Aachen Anwesenden nur Drogo von Poitiers den Königstitel trägt (zu ihm cf. oben p. 87 s.v. Petturs borg), fällt ihm diese Ehre zu.135 (Die bei dieser Gelegenheit erwähnte hohe Statur Karls im Gegensatz zur ‘Kürze’ seines Vaters ist historisch, cf. Vita Karoli 22.) Gern verband man mit der Schwertleite eines Hochrangigen die vieler anderer (die heutige Forschung spricht hier geradezu von «Massenpromotionen»)136 – so auch hier, wo selbst die Zahl 100 ein Vorbild in der zeitgenössischen Realität hat.137 Ein kirchlicher Würdenträger segnete das oder die Schwerter, manchmal auch alle Waffen138 – hier der Papst die neuen Ritter mit allen ihren Waffen – und erinnerte an die RitterpÀichten, insbesondere den Schutz der Kir131
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Bei künftigen Herrschern ist die Schwertleite manchmal schon seit etwa 800 im Zusammenhang mit der Erhebung in ihr Herrscheramt belegt; cf. Orth (1990, 132 mit n. 18), Erben (1918–1920, 108ss., Fälle 1, 4 [beide mit Einschränkungen], 2, 3, 19, 23...) Zu Flori cf. vorige Anm. Cf. Orth (1990, 139); wesentlich später datierte sein Auftauchen, möglicherweise gegenüber den schon ihm bekannten Quellen (speziell Lambert d’Ardres) hyperkritisch verfahrend, Erben (1918–1920, 151ss.). Cf. Orth (1990, 141) und insgesamt Erben (1918–1920, 108ss., Fälle 5, 7, 13, 21, 24, 26, 27, 29, 30, 31, 35, 45...) Insbesondere fand zu P¿ngsten 1184 das glanzvolle Mainzer Hoffest statt mit der Schwertleite für die beiden ältesten Söhne Barbarossas, cf. LdM s.v. Mainz, Hoftage. P¿ngsten 1197 emp¿ng dann auch ihr jüngerer Bruder Philipp von Schwaben die Schwertleite, Orth (art.cit. 156 n. 117). Es verdient festgehalten zu werden, dass damit der zentrale Akt der Zeremonie, die Umgürtung, auch hier – wie kurz nach 1200 noch ganz überwiegend – nicht von einem Geistlichen, sondern von einer Person vollzogen wird, die selbst zur Gemeinschaft der milites gehört, der man also ein professionelles Urteil über den zukünftigen Ritter zutrauen darf. Dass auch die Umgürtung von einem Geistlichen vorgenommen wurde, scheint schon vor 1200 gelegentlich vorgekommen zu sein (cf. vor allem den längeren Waffensegen des 11. Jh. bei Erben 1918–1920, 122s.), wird aber noch 1213 bei der Schwertleite der Söhne des Simon von Montfort (Erben art.cit. 110s., Fall 33; Orth 1990, 142s.) als epochemachende Vertiefung des Gehaltes der Zeremonie gefeiert. Wäre Karls Vater noch am Leben gewesen, so wäre er der nächstliegende Vollzieher der Zeremonie gewesen; cf. Erben (1918–1920, 108ss., Fälle 2, 5, 8, 11, 19, 22, 25, 31, 39..., dazu Diskussion 117s.). Dass der Vollziehende ein vornehmer Lehnsmann des zum Ritter Erhobenen sein konnte, zeigen zwei Beispiele aus dem 11. Jh. bei Orth (1990, 145 n. 72). Cf. Orth (1990, 162–164). Für solche «Massenpromotionen» gibt es, nach einzelnen unsicher bezeugten Fällen um 1100 (Erben 1918–1920, 108ss., Fälle 8, 9), sichere Belege ab 1135, schnell zunehmend seit etwa 1200 (Erbens Fälle 11, 27, 31, 34, 45..., Diskussion 134ss.). Aufsehenerregend war es zweifellos, als 1135 Roger von Sizilien gleichzeitig mit seinen beiden Söhnen 40 weitere, mehr noch, als P¿ngsten 1209 Philipp August von Frankreich unter grandiosem Aufwand mit seinem Sohn 100 weitere Ritter kreierte (Erbens Fälle 11 und 31). Cf. vorige Anm. in ¿ne. Für Letzteres cf. Erbens (1918–1920, 122s.) längeren Waffensegen schon aus dem 11. Jh.; später Flori (1986, 97–111), der allerdings überzeugt ist, dass dieser ordo ad armandum sich zunächst an die Vögte bzw. Ritter geistlicher Institutionen richtete. Zur Forschungsproblematik cf. Orth (1990, 143–147).
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che. Dann betätigte der neue Ritter symbolisch eine seiner Waffen; meist schwang er sein Schwert in alle vier Himmelsrichtungen, hier schleudert er seine Lanze.139 An dieser Stelle hat der Erzähler ein Detail untergebracht, das im Rahmen der Schwertleite wie ein exemplarischer Vorverweis Karls auf seine Rolle als Beschützer der Christenheit wirken soll, aber zugleich schon der Aufgabe dient, die sich der Erzähler für die zweite Hälfte der KMS I gestellt hat, nämlich das Rolandslied bis in die Einzelheiten vorzubereiten:140 Karl ernennt Geoffroi d’Anjou dazu, sein Banner alle Zeit gegen das Heidentum und zur Stütze des Christentums zu bewahren, macht ihn also zu le rei gunfanuner (Rol. 106, cf. 3093, 3545).141 Noch ein Wort zu Karls Lebensalter bei seiner Schwertleite: Er ist in der KMS I beim Tode seines Vaters (laut 1/B1) 32 Jahre, jetzt also, (laut 6/B4) gut eineinhalb Jah139
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Zum ganzen Komplex cf. auch LdM s.v. Schwertleite, und HRG s.vv. Schwertleite und Ritterschlag. Wenn ich die Vorbereitung des Rolandsliedes als Aufgabe der zweiten Hälfte der KMS I bezeichne, so leugne ich damit zum einen nicht, dass der altfranzösische Text einst über das Ende der jetzigen Branche I hinausreichte (cf. unten Teil V), und zum anderen nicht, dass die Branche I auch in ihrer ersten Hälfte schon einen wohldurchdachten mehrsträngigen Aufbau aufweist. Was letzteren angeht, hat de Ruiter (1993 passim) unter anderem darauf hingewiesen, dass auch Nebengestalten wie etwa Adaliz strukturell bindende Funktion haben, ebenso Teilhandlungen wie die parallelen Botengänge, dass aber auch die Gesamthandlung bis zur vollen Sicherung von Karls Herrschaft konsequent ansteigt. In der Tat könnte man die Themen ‘Karls Sicherung seiner Herrschaft’ und ‘Vorbereitung des Rolandsliedes’ zusammen als den Inhalt von KMS I bezeichnen, wobei sich die Tatsache, dass beide in einem Mittelstück miteinander verzahnt sind, durchaus zum Vorteil auswirkt. Diese Eigenschaft des Angeviners in der altfranzösischen Epik ist sowohl für das 8./9. wie für das 12./13. Jh. unhistorisch. Auf die Frage, wie sie zustande gekommen ist, scheint mir die Antwort am plausibelsten, die Karl-Heinz Bender (1967, 39) skizziert hat und die ich hier erweitert mit eigenen Worten wiedergebe: In merowingischer Zeit wurde dem König im Kampfe statt eines eigentlichen Banners die cappa (der Halbmantel) des Hl. Martin von Tours, des damals konkurrenzlosen Reichsheiligen des Frankenreiches, vorangetragen; obwohl diese sich seit 679 im Königsschatz befand, durfte man doch die Basilika SaintMartin in Tours (wo die sterblichen Überreste des Heiligen ruhten) als ihren eigentlichen Eigentümer ansehen. Nun erhielt im 9. Jh. Robert der Starke von Karl dem Kahlen, einer damals weit verbreiteten Unsitte folgend, das Laienabbatiat über Saint-Martin, das von da hauptsächlich in seiner Familie verblieb, und zwar endgültig, nachdem diese mit Hugo Capet de¿nitiv zum Königtum aufstieg, obwohl es damals sonst schon fast keine Laienäbte mehr gab. Noch im 15. Jh. beriefen sich die französischen Könige bei geeigneter Gelegenheit auf diese ihre Würde (cf. Vaucelle 1908, 80s.). Die wirklichen geistlichen Oberhäupter im Alltag von Saint-Martin waren die Dekane (Vaucelle, op. cit., 439–441). Andererseits waren seit 1044 die Angeviner auch Grafen von Tours, hatten die garde über Saint-Martin (cf. LdM s.v. Tours) und waren gleichzeitig schon im Besitz des Klosterbanners (Vaucelle, op. cit., 170s.), dessen physische Führung sie freilich, wie zu erwarten, einem lokalen Adligen überließen (Vaucelle, op. cit., 177, 218). Die Angeviner wären unter diesen Umständen zu titularen Bannerträgern eines nationalen (Martins-) Banners prädestiniert gewesen, wenn es ein solches in diesem Augenblick gegeben hätte. Sehr wohl konnte hier aber die literarische Er¿ndung anknüpfen. Im 12. Jh., als der Hl. Dionysius von Paris durch Gleichsetzung mit dem Areopagiten dem Hl. Martin schließlich den Rang abgelaufen hatte, setzte Suger von Saint-Denis mit seinem genialen Gespür für symbolisches Potential zwar durch, dass das Banner der Grafschaft Vexin (die seit 1077 vom König selbst als Lehen von Saint-Denis gehalten wurde) zum königlichen und damit allmählich nationalen Banner Frankreichs aufstieg. Doch literarisch konnten angevinischer Bannerträger und zentralfranzösisches Banner miteinander koexistieren.
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re später, etwa 34 Jahre alt; das mag zunächst ungewöhnlich spät erscheinen. Doch: «Den Begriff der Volljährigkeit wird man [...] mit der hö¿sch begangenen miles-Promotion nicht in Verbindung bringen dürfen, weil er mit der Vorstellung eines RegelAlters verbunden ist, die Schwertleite aber – bei einer der Erwartung entsprechenden statistischen Häufung in der Altersgruppe um 20 Jahre – jenseits der Kindheit eigentlich in jedem Alter gefeiert worden konnte. Es sind weiterhin die entscheidenden Zugangs- und Eintrittssituationen im Leben des hochadligen Kandidaten, die oft mit der Schwertleite einhergingen und durch sie besonders hervorgehoben wurden: die Einsetzung ins Erbe bzw. in die Herrschaft, in der Regel durch Belehnung, die Vorbereitung einer Eheverbindung und sehr oft die Hochzeit.[...] Im Leben des jungen Adligen war die Rittererhebung wie ein Joker, den man klugerweise unter Bedingungen und zu einem Zeitpunkt spielte, welche den größten Nutzen erwarten ließen.»142 Karl war bis jetzt noch nicht König geschweige denn Kaiser und war noch unverheiratet. Gleich nach der Schwertleite legt Karl unter Assistenz seiner Magnaten alle Waffen ab,143 damit der Papst die Königsweihe (und die Krönungsmesse) zelebrieren kann. Ist der zum Ritter Erhobene ein Mitglied des höchsten Adels, so erwartet man bei seiner Schwertleite von ihm und seiner Familie auch largitas.144 Für Karl selbst ist dies zwar noch nicht der Augenblick, weltliche Belohnungen auszusprechen, da seine Krönung noch bevorsteht (und die Verräter noch nicht gefasst sind). So dankt stattdessen zunächst die Königinwitwe als (in diesem Augenblick noch) Treuhänderin der Krone im Einvernehmen mit ihrem Sohn Karl gleichsam exemplarisch dem Naimes – der zwar Herzogssohn ist, aber noch kein Amt hat – für seine unerschütterliche und intelligente Treue, indem sie ihn zu einem ‘mächtigen Grafen’ macht. Diese zunächst personelle Beförderung wird Karl in 25/AB24 geographisch konkretisieren. Die zweite Zeremonie ist die Königsweihe, die hier – nach dem Zusammenhang der KMS I zu urteilen – mit der Einweihung der Kirche zusammenfällt. In der Königsweihe hatten seit Pippins Zeiten im Karolingerreich und seinen Nachfolgestaaten zwei Hauptelemente miteinander konkurriert: die Salbung und die Krönung. Während vor allem in Frankreich die Salbung – schon seit ihrer theologisch-ideologischen Fundierung und Formalisierung durch Hinkmar von Reims – ihre konstitutive Stellung bewahren konnte, kam es im Imperium noch kurz vor der Zeit unseres Autors zu einem Umschwung zuungunsten der Salbung. «Ansätze dazu, der Salbung sakramentalen Charakter zuzusprechen, wurden nach Ausbildung der Lehre von den [nur] 142
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Orth (1990, 155–157). Dass epische Quellen, wenn sie 14– oder 15–Jährigen die Schwertleite zusprechen, damit gegen die Realität nur die Frühreife ihrer Helden herausstellen wollen, hatte schon Pietzner (1934, hier zitiert nach Flori 1986, 16) betont. Vom frühen 13. Jh. an konnten ferner vor allem ärmere Adlige und Ministerialen durch materielle Bedingtheiten zum Hinausschieben oder gar zum de¿nitiven Verzicht auf die Schwertleite bewegt werden, cf. z.B. Duby (1953, 631s.) und HRG s.v. Ritterschlag. Doch ist das eben nicht der einzige mögliche Grund; z.B. nennt Orth im Folgenden (157s.) den Fall des Grafen Raimund-Berengar IV. von Provence, der sich auf Grund eines in seiner Familie gängigen Aberglaubens erst 1235/36 als Fünfzigjähriger, als er schon Schwiegervater zweier Könige war, der Schwertleite unterzog. Gegen Aebischers Übersetzung gibt nicht Geddon dem König, sondern der König dem Geddon seinen Schild, cf. Gilbert/van Emden (1973, 153). Orth (1990, 160) zitiert hierfür wieder das Mainzer Hoffest von 1184.
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sieben Sakramenten durch Papst Innozenz III. abgeschnitten. Dies hatte Wirkungen für das Reich und im Reich (Krönung Ottos IV. 1209).» (LdM s.v. Salbung II; cf. auch s.v. Krönung.) Unser Erzähler erwähnt dementsprechend eine Salbung weder bei der Königserhebung in Aachen noch in 35/AB32 bei der Kaisererhebung in Rom. Die Krönung zum König ist bei ihm eine Einkleidung mit dem Königsornat (kongs klĊdin) samt der Krone,145 wobei nicht nur Mantel und Spange, sondern offensichtlich auch die anderen Herrschaftsinsignien unter dem Ornat subsumiert sind. Als exemplarischer Vorverweis Karls auf seine künftige Sorge um die Kirche ist es wiederum zu verstehen, wenn er in diesem Augenblick als seine erste Amtshandlung das Aachener Marienstift großzügig materiell ausstattet.146 Es folgen die professio des künftigen Königs und seine Inthronisation. Letztere fand im Denken unseres Erzählers, ohne dass er das auszusprechen brauchte, auf dem noch heute erhaltenen Thronsessel Karls auf der Westempore statt – so war es ja zur Zeit unseres Erzählers seit langem147 üblich, und so legte es speziell das gefälschte Karlsprivileg für Aachen nahe, das Barbarossa 1166 in sein echtes Privileg aufgenommen hatte.148 Die Krönung schließt mit der Krönungsmesse. Zu der vom Erzähler insinuierten Hierarchie der an der Messe beteiligten Erzbischöfe von Köln, Trier, Rouen (Romeis) und Reims cf. p. 45. Die vom König und seinen Rittern gespendeten Gaben, im an. Text mit dem Latinismus offerenda bezeichnet, gehören in die Messe im selben Sinne wie heute die Geldkollekte.149 Während die Inthronisation zwangsläu¿g auf der Westempore stattfand, wird die Messe auf dem Hauptaltar zelebriert, also im Ostteil der (geosteten) Kirche. Wahrscheinlich bezieht sich die Mitteilung, dass der Papst sich ‘in der Messe’ mit vierzig anderen hochrangigen Geistlichen ‘auf in den Chor’ (a kor vpp) begab, leicht rückwirkend auf die ganze Messe oder doch auf den Teil von der Homilie an; von dort aus spricht der Papst zu den Versammelten.150 145
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Vom Königsornat und der Krone sagt Patron-Godefroit, dass der Papst sie ‘Karl reichte’ (les passa à Karlamagnus); das käme einer Selbstkrönung Karls gefährlich nahe. Dem an. fĊrdi Karlamagnus j wird wohl Lacroix’ en revêtit Charlemagne besser gerecht. Wie Karl es in der Realität genau ausstattete, ist unbekannt; auch eine retrospektive Schätzung wird dadurch erschwert, dass spätere Herrscher weitere großzügige Schenkungen hinzufügten. Dass aber die Angabe unseres Erzählers in diesem Punkte zwar zu summarisch klingt, aber keineswegs exorbitant ist, erhellt z.B. daraus, dass Lothar II. dem Marienstift die None (den ‘Neunten’) von 43 königlichen villae stiftete (Flach 1976, Register s.v. Lothar II., Nonenschenkung) oder dass Flach das Schicksal von Besitz und Einkünften des Stiftes in 29 Ortschaften untersuchen konnte (op. cit., Register s.v. Aachen, Kirchen, Sankt Marien, Besitz und Einkünfte). Nämlich zumindest seit Barbarossa; cf. die Harmonisierung der durch Berges verkörperten traditionellen Auffassung mit der Spätdatierung von Beumann (1965–1967, 26–29) bei Flach (1976, 8 n. 2). Cf. z.B. Meuthen (1965–1967, 56 mit n. 24). Ursprünglich waren in der Messe die Gaben der Gemeinde nicht auf eine Geldspende eingeengt, sondern umfassten beliebige Werte, «selbst Pretiosen und Immobilien in Form von Urkunden», cf. Kunzler (1995, 329s.). (Hoch-) Kanzeln, heute wieder ungeliebt, drangen ja erst von der Predigtpraxis der Bettelorden aus allmählich in den allgemeinen Kirchbau ein. Nicht ganz auszuschließen ist allerdings ein anderes Verständnis der Stelle: Falls schon das alte Münster (vor dem Bau des heutigen Chores im 14. Jh.) östlich vom Oktogon einen Chor mit Empore gehabt haben sollte, so könnte der Papst mit seinen Begleitern zur Ansprache einschließlich Exkommunikation auf
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Unserem Erzähler zufolge verkündete der Papst damals einen vollständigen Ablass für alle, die bei der Weihe anwesend waren oder in den nächsten zwölf Monaten die Marienkirche besuchen würden. Hier ist die Grundidee, dass nämlich mit der Weihe der Aachener Marienkirche ein Ablass (d.h. ein Nachlass zeitlich befristeter Bußstrafen einschließlich der Purgatoriumsstrafen) verbunden sein müsse, für die Zeit unseres Erzählers eine Selbstverständlichkeit; Àüchtig berührt wird sie schon in der Saint-Deniser Descriptio des frühen 12. Jh. (wenn auch nur, weil die Descriptio anschließend die Übertragung eines Großteils der Reliquien mitsamt der Ablass-Errungenschaft durch Karl den Kahlen von Aachen nach Saint-Denis berichten will).151 Ungewöhnlich sind in unserer Erzählung aber zwei Umstände des Ablasses. Erstens die Gültigkeit für Pilger, die ‘während der folgenden zwölf Monate’ nach der Weihe kommen würden; denn in dieser Formulierung impliziert ist die Vorstellung eines speziellen Erlassjahres. Foreville (1961 passim) hat im Einzelnen dargestellt, wie die alttestamentarische Idee des Erlassjahres als einer genau begrenzten Frist spezieller Gnade seit etwa 1170 im theologischen Denken wieder aktuell wurde. Auf der institutionellen Ebene öffnete sich ihr das Papsttum erst 1300, als Bonifaz VIII. für die Rompilger erstmals ein Jubeljahr verkündete; doch in seiner Zeit alleinstehend, verkündete Erzbischof Stephen Langton schon 1220 ein solches Jahr anlässlich der Überführung von Thomas Beckets Leiche nach Canterbury zur Fünfzigjahrfeier seines Martyriums. Im realen Aachen gab es nichts wirklich Vergleichbares. Dort war das Kirchweihfest (das nachweislich seit dem 11. Jh. am 17. Juli gefeiert wurde, Schiffers 1937, 160) der jährliche Höhepunkt der Pilgerfahrten; die Festzeit umfasste je eine Woche vor und nach dem 17. Juli (so z.B. die Urkunde von 1239 oder kurz danach bei Meuthen 1972, 354). Auch als das normale Fest irgendwann zwischen der Mitte des 13. Jh. und 1349 überstrahlt zu werden begann durch seinen nur alle sieben Jahre eintretenden Sonderfall, die weit größere «Aachenfahrt» mit Aussetzung der Reliquien, blieb dies so.152 Noch auffälliger aber ist zweitens der hier dem Papst unterstellte Umfang des Ablasses. Vollkommenen Ablass für die seit der Taufe begangenen Sünden hatte zwar
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diese Empore gestiegen sein, begab sich aber danach, wie ausdrücklich gesagt wird, (zurück) zum Altar. Ich vermag nicht zu entscheiden, ob das kleine, nahezu quadratische Bauwerk, das sich in Flachs Skizze (1976, Anlage I) östlich an das Oktogon anschließt, eine solche Empore gehabt haben könnte. Cf. die Edition der Descriptio bei Rauschen (1890, 121 Zeile 5ss., 124 Zeile 8ss.). Schiffers (1951 passim, speziell 63–73). Für die Wallfahrt nach Aachen gibt es früheste Zeugnisse im 10. Jh., mit starker Zunahme seit der Kanonisierung Karls 1165; im Jahre 1220 soll schon die Hälfte der Pilgerspenden zum Unterhalt der Kirche gereicht haben, cf. DHGE s.v. Aix-la-Chapelle, col. 1260; um 1225 (cf. Grundmann 1962, 539s.) wird in der Vita des Heiligen Eremiten Gerlach von Houthem davon gesprochen, dass schon vor 1170 die Aachener Marienkirche «a cunctis terrarum populis» verehrt wurde (Schiffers 1951, 60s.). Einen gedrängten, aber exakten und gut lesbaren Überblick speziell über die spätere Geschichte der «Aachenfahrt» ¿ndet man bei Wynands (1986 und 2000 passim). – Die angeblichen Zeugnisse des 12. Jh. für ein «Heiliges Jahr» in Compostela (jeweils wenn der 25. Juli auf einen Sonntag fällt, also im Durchschnitt alle sieben Jahre) sind Fälschungen wahrscheinlich des 15. Jh., cf. Schimmelpfeng (1978 passim).
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1095 Urban II. den Kreuzzugsteilnehmern gewährt – aber nicht für einen Kirchenbesuch, sondern für einen möglichen Märtyrertod. Sonst verfuhr gerade die Kurie noch lange Zeit weitaus zurückhaltender: Seit Mitte des 13. Jhs. gewährten Päpste gelegentlich Einzelpersonen vollkommenen Ablass, aber erst 1300 verkündete Bonifaz VIII. einen solchen den Rompilgern für das Jubeljahr, cf. LdM s.v. Ablass. Doch auffälligerweise, wie wiederum Foreville (1961) herausgestellt hat, gewährte auch diesen schon 1220 Erzbischof Stephen Langton den Canterbury-Pilgern für das Jubiläumsjahr von Beckets Märtyrertod. Das Becket-Jubiläum fand Widerhall auch auf dem Kontinent; so wurde z.B. kurz darauf (1227) die Braunschweiger Hauptkirche, der Blasius-Dom, auch dem Heiligen Thomas Becket als Nebenpatron geweiht.153 Bei der traditionellen Enge der Beziehungen zwischen England und dem gesamten belgischen Raum wird man in Aachen und wohl auch im für Aachen zuständigen Lüttich die Sonderprivilegien des neuen Pilgerzentrums nicht ohne Neid gesehen haben, zumal der Tag der Becket-Translation (7. Juli) und der Aachener Kirchweihtag (17. Juli) nahe beieinander lagen. Unser Erzähler kann also in seinem Wunschdenken die dem Papst unterstellte Idee, gerade ein Jahr lang einen Besuch der Aachener Marienkirche mit vollkommenem Sündennachlass zu verbinden, dem Jubiläumsjahr 1220 in Canterbury nachgebildet haben. Damit wird jetzt 1220 zum terminus post quem der fKMS I. Hier steckt allerdings noch ein Problem. Seit dem Vierten Laterankonzil (1215) durfte ein Bischof den Kirchen seines Sprengels im Normalfall zu deren Kirchweihfest nur 40 Tage Nachlass gewähren. Für Aachen hielt das Papsttum daran bis mindestens 1248 fest; denn in diesem Jahr gewährte Innozenz IV. der Aachener Marienkirche für die Besucher von deren alljährlichem Kirchweihfest (von einem mehrjährigen Zyklus ist noch keine Rede) lakonischerweise nur diese 40 Tage Ablass (Schiffers 1951, 68, 94s.). Die Kanoniker unterliefen aber die päpstliche Strenge. Seit spätestens 1239 verbreiteten sie die Legende, bei der Weihe des Münsters habe der Papst einen Ablass entsprechend einer schweren Buße von 40 Tagen und einem weiteren Bußjahr, dazu jeder der (schon laut der Vita [Sancti] Karoli von kurz nach 1166) anwesenden 365 Bischöfe noch einen Ablass von 40 Tagen gewährt; hier wird also die Vierzigtage-Frist scheinbar gehorsam beim Wort genommen, in Wirklichkeit aber bis ins Unanschauliche multipliziert (Schiffers 1937, 25, Meuthen 1972, 353s., Fassung A; variierende Einzelheiten bei Schiffers 1951, 67–70). Diese Legende scheint sich bald bei Teilen des Publikums vergröbert zu haben zu dem Glauben, die Aachener Wallfahrt gewähre ganz wie das Sakrament der Taufe vollkommene Sündenvergebung – was dann gegen 1260 /1266 [sic, nicht 1250] von dem sog. Passauer Anonymus (cf. LdM s.v.) scharf kritisiert wurde (Schiffers 1951, 73). Unser Autor sagt nichts von 365 anwesenden Bischöfen; deshalb scheint er in seinem Wunschdenken eher von dem Canterburyer Präzedenzfall als von den Legenden und Rechenkünsten der Aachener Kanoniker bzw. von deren Vergröberung inspiriert zu sein. Beurteilt man die Wahrscheinlichkeit allerdings umgekehrt, so wäre möglicherweise noch um oder nach 1239 Erzählmaterie in die fKMS I eingeÀossen – einer der beiden Gründe,
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Zum Nebenpatronat in Braunschweig cf. etwa Möller (1976, 48).
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weshalb ich die fKMS I zwar als vor 1238 begonnen, aber nicht unbedingt als damals schon fertiggestellt ansehen möchte. (Cf. die Diskussion des zweiten Grundes unten p. 173 s.v. hosa Christi.) Das Komplement zum päpstlichen Segen ist hier die bedingte Exkommunikation. Sie konnte nur von einem hohen Geistlichen unter Assistenz von in der Regel zwölf anderen Priestern ausgesprochen werden; ihr sinnfälliger Begleitakt bestand spätestens seit etwa 900154 darin, dass bei den letzten Worten der Exkommunikationsformel brennende Kerzen auf die Erde geschleudert und ausgetreten wurden.155 Bei Gratian etwa,156 also in der ersten Hälfte des 12. Jh., sind es die assistierenden Priester, die die Kerzen halten, dann zu Boden schleudern. Nach einem Ordo aus der Zeit Gregors X. (1271–1276) wiederum157 schleudert der Papst selbst ‘einige’ Kerzen, die assistierenden Priester je eine. Auch sind Fälle bekannt, wo nur der exkommunizierende Bischof eine einzelne Kerze zu Boden schleuderte, sowie solche, wo gegen einen zu Exkommunizierenden mehrere Exkommunikationsformeln gesprochen und jedes Mal eine einzelne Kerze geschleudert wurde.158 Und schließlich gab es seit dem 12. Jh. auch sogenannte excommunicationes generales, bedingte Exkommunikationen gegen solche, die sich eines bestimmten Vergehens erst schuldig machen würden; so berichtet z.B. Romuald von Salerno in seinem Chronicon, dass 1177 anlässlich des Friedensschlusses zwischen Alexander III. und Barbarossa die Formel ausgesprochen wurde: Sicut he candele extinguuntur, sic eorum anime eterne uisionis lumine et cla-
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Reichliches Belegmaterial von Regino von Prüm (um 900) an schon bei DuCange s.v. [1] candela und bei Mühlbauer (1874, 88–95: «§ 12 Gebrauch der Wachskerzen bei der feierlichen Excommunikation», hier 88s.). Doch ist bei Mühlbauer der angebliche Erstbeleg aus einem Brief des Papstes Zacharias (742–751) an Bonifatius nahezu sicher zu streichen: Mühlbauer hat, der Zuschreibung durch eine unzuverlässige mittelalterliche Kanonsammlung folgend, bei Gratian, Decretum C. 11 q. 3, die Quellenangabe zu c. 105 auch auf c. 106 bezogen; der Exkommunikationstext ist aber in den Ausgaben der Briefe von und an Bonifatius nicht vorhanden. Allerdings kommt die Sitte des Kerzenaustretens letztlich aus der fränkisch-deutschen Kirche (cf. Andrieu 1938–1941, I 10) und wurde gesamtkatholisch durch das sogenannte germanisch-romanische (zur Ottonenzeit wohl von Mainz nach Rom gebrachte) Ponti¿kal; cf. die übernächste Anm. Verfehlt also Aebischers Übersetzung «il agita avec sa main, par trois fois, de haut en bas, le cierge allumé», cf. Gilbert/van Emden (1973, 153). Decretum C. 11 q. 3 c. 106. Der bei Gratian am leichtesten zugängliche und durch ihn auf Jahrhunderte wirkungsmächtig gewordene Text steht schon wörtlich in den Handschriften des germanisch-romanischen Ponti¿kals, z.B. Monte-Cassino 451, Vallicellana D 5, Vendôme 14 und Paris reg. 820, sämtlich aus dem 11. Jh.; cf. etwa Martène (1736 [Ndr. Hildesheim 1967], l. III c. IV form. V), dazu Andrieu (1931, 197 s.). Mabillon (1724, 237): Ordo Romanus XIII [von Mabillon eingeführte Zählung], Caeremoniale Romanum editum jussu Gregorii X., Exkommunikation innerhalb der Liturgie des Gründonnerstags (‘Abendmahlsbulle’): [...] veniunt multae candelae accensae, ex quibus ipse Papa tenet aliquas, et quilibet cardinalis et praelatus tenet suam accensam, et in terram ponit extinguendo, dicendo: ‚Praedictos omnes excommunicamus’ [...]; cf. Mühlbauer (1874, 91). In dem nächstälteren Ordo Romanus XII, kurz vor 1200 zusammengestellt von Kardinal Cencius, dem späteren Honorius III. († 1227), gibt es am Gründonnerstag noch keine Exkommunikation (Mabillon, op. cit. 178–181), doch kommt es uns ja auf die Form dieses Ritus selbst, nicht auf seine Präsenz in einer bestimmten Liturgie an. Mühlbauer (1874, 91–93).
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ritate priuentur.159 Insgesamt ist durch diese Variantenbreite auch unsere Erzählung voll abgedeckt. Nach der Krönungsmesse ¿ndet das traditionelle Krönungsmahl statt – im Denken unseres Erzählers im alten Pfalzhauptgebäude, das dazu ja selbst noch bei der Krönung Rudolfs von Habsburg (1273) benutzt wurde. Dann begibt sich Karl mit seinen engeren Würdenträgern in sein Schlafgemach. Bemerkenswert ist, dass in dieser ausführlichen Schilderung des Tages der Schwertleite und Krönung wie überhaupt in der KMS I ein Festelement fehlt: ein Turnier – wie es z.B. 1179 bei der Krönung Philipp II. Augusts in Lagny prunkvoll veranstaltet wurde (Flori 1998, 136) und bei der Mainzer Schwertleite von Barbarossas Söhnen 1184 in Mainz nur infolge eines schweren Unwetters aus¿el (Fleckenstein 1985, 236s., Orth 1990, 161). Nicht auszuschließen ist, dass unserem Autor der weit nachkarolingische Ursprung der Turniere bewusst war; etwa zur selben Zeit, als er schrieb, gab in Tours der Autor des Chronicon Turonense magnum zu Recht oder Unrecht einen südwestfrz. Ritter aus der Mitte des 11. Jh. als ‘Er¿nder’ der Turniere an (Diskussion bei Fleckenstein 1985, 626–628). Hauptsächlich aber nimmt hier unser klerikaler Erzähler wohl Rücksicht auf die päpstlichen, in der Realität sonst weitgehend wirkungslosen Turnierverbote, ausgesprochen 1130, 1131 und 1148 auf Konzilen in Clermont und Reims, vor allem aber 1139, 1179 und 1215 auf den Laterankonzilen II, III und IV (Krüger 1985, 401, Flori 1998, 145s.); man mochte Karl dem Großen nicht unterstellen, was die Kirche mit Emphase verbot. (Unger 23, Loth A23, B23 bis l. 29): Die Festnahme der Verschwörer hat Karl, um sie alle in Àagranti überführen zu können, bis hierher aufgeschoben – was für die Erzählung zugleich ein Element der Spannung ist. Karls Vertrauen nicht nur in die Treue, sondern auch in die körperliche Stärke seiner Getreuen zeigt sich darin, dass jeweils einer von ihnen einen Verschwörer entwaffnet. Die Aufzählung aller zwölf Verschwörer in Bb¹b² ist wohl das Ursprüngliche. Offenbar weil ihre Namen dem Leser bekannt sein sollten, hat A nach dem vierten Verschwörer abgebrochen (wodurch aber die Auswahl ihrer vier Überwinder willkürlich wirkt) und einen ungeschickt zusammenfassenden Satz formuliert. Megenz (Dat. Meginzv B): ‘Mainz’, vorbekannt aus mhd. Meginze, Megenze,160 nicht aus afrz. Maience. Zur verdeckt anti-mainzischen Haltung unseres prokölnischen Erzählers cf. p. 45. Zur komplementären Funktion der Blutstropfen und des Pferdes bei Ragenfrieds Überführung cf. p. 80s. Vorsorglicherweise werden die Lehnsleute der Verschwörer vorübergehend festgenommen. In 25/AB24 wird aber Naimes ausdrücklich ihre Unschuld feststellen; sie werden freigelassen und müssen nun Karl den Treueid schwören. Es ist also unberech159
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Chronicon, ed. Garu¿, ad a. 1177 aug.14; Mühlbauer (1874, 94s., dort auch ein ähnliches Beispiel aus Matthew Paris zum Jahre 1253); TRE s.v. Bann, hier 179. Z.B. Kaiserchronik (ed. Massmann) v. 15124; Heinrich von Veldeke, Eneas vv. 13222ss. (über das Mainzer Hoffest von 1184); Lucidarius (ed. Gottschall) p. 33, l. 11; Rudolf von Ems, Weltchronik (ed. Ehrismann) v. 2354 (alter Zusatz).
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tigt, wenn Patron-Godefroit gegen Ende von 23/A23 mit Bezug auf sie von chacun des traîtres spricht, wo der nordische Text nur ‘jeden von ihnen’ hat. (Unger 24, Loth A24 bis l. 17, B23 ab l. 29): Gilia aus Provincia: Der Heilige Ägidius, afrz. Gilië(s), Gille(s), aus der Provence. Zu den Namensformen in der KSM I cf. oben einleitend unter ‘Latinismen’; laut Morlet (1972, 45) ist der Name, von der Legende des Heiligen abgesehen, vor Beginn der Kreuzzugszeit extrem selten.161 Um die Frage vorwegzunehmen, wieso später in einem wichtigen Augenblick als Karls Beichtvater gerade der Provençale Ägidius fungieren wird, erscheint dieser hier zunächst im päpstlichen Gefolge als ‘guter und glaubensstarker’ Geistlicher, dem der Papst das ehrenhafte Amt überträgt, eine Messe in seiner und Karls Gegenwart zu zelebrieren. Zugleich ist er aber schon päpstlicher ‘Legat’, also geeignet, den Papst in einem Lande zu vertreten. In 26/A25/B26 wird er abermals ‘gut und glaubensstark’ genannt, und der Papst lässt ihn auf Karls Bitten als Legat und zugleich als Kapellan bei Karl. Damit ist er genügend aufgebaut, um in 36/AB33 – ganz wie in der Vita Aegidii – zunächst den Himmelsbrief zu empfangen (ein Wunder, das zwar Karls Seele retten soll, aber zugleich Ägidius ehrt und als heilig ausweist) und dann Karls verspätete Beichte entgegenzunehmen, womit wiederum Rolands Geburt (36/AB33) und sein Aufstieg (37/AB34 bis 42/A39/B38, 45/A42, 47/A44 bis 49/A46, 51/A48 bis 59/A56) vorbereitet sind. Ein Beleg dafür, wie sorgfältig unser Erzähler vom Rolandslied aus zurückdenkt. Zum Motiv des Himmelsbriefes genauer unten (36/AB33). Wozu am Schwertleite- und Krönungstag die Zeit und wohl auch die Muße fehlte – die Festnahme und Überführung der Verräter stand ja noch bevor –, das holt Karl jetzt nach: Er verteilt an seine Magnaten Würden und Schätze. Der Erzähler sagt uns hier nicht, welche und an wen; denn es handelt sich zunächst nicht um individuelle Belohnungen, sondern um den geziemenden Schlussakt von Schwertleite und Krönung. Dann ereilt die Verräter ihr Los. Bei der Feststellung des Sachverhaltes in 23/ AB23 war Karl anklagende Partei und handelte entsprechend bis zu Ragenfrieds Geständnis. Jetzt ist er in derselben Sache sozusagen Gerichtsvorsitzender. Nach mittelalterlichem Verständnis schließt das eine das andere nicht aus (auch bei Ganelons Prozess im Rolandslied ist Karl beides), und zwar deshalb nicht, weil in aller Regel die anderen Mitglieder des Gerichtes und nicht der Vorsitzende das Urteil ¿nden, das der Vorsitzende dann nur zu verkünden hat. So ist es zu verstehen, dass Karl hier erst nach emphatischer Aufforderung und offenbarer Einmütigkeit der anderen das Urteil spricht. Zur Art der Hinrichtung: Das Erhängen galt als schmachvoll, das Enthaupten als «ehrlich», cf. LdM s.v. Todesstrafe. (Unger 25, Loth A24 ab l. 17, B24): Das Komplement der Strafe ist die Belohnung. Zuvörderst gebührt sie Basin: Er tritt als Graf und als Ehemann in die Stellung des Hauptverräters ein; der rechte Handschuh, den Karl ihm dabei überreicht, macht die Belehnung rechtsgül-
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Er ist allerdings im frühmittelalterlichen Gallien des 5. und 6. Jh. mehrfach belegt, cf. Jones (1914, 58s.).
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tig.162 Daraufhin küsst ihm Basin laut A den Fuß, laut B die Hand; ähnlich wird gleich Naimes bei seiner Belehnung laut A sich dem Kaiser zu Füßen werfen, laut B ihm die Hand küssen. Die Änderungen in B sind als Anpassung an die Realität gemeint. Denn während der Fußkuss gegenüber dem Papst (auf dessen rechten, mit einem Kreuz geschmückten Schuh) und die volle Proskynese gegenüber dem Basileus zum Zeremoniell gehörte, ist gegenüber römisch-deutschen Kaisern oder Königen der Fußkuss als Huldigungsakt nur einmal 1256 (im ghibellinischen Pisa bei dem dort zum Kaiser proklamierten Alfons X. von Kastilien als offensichtliche Überkompensation für die Irregularität des Ortes), sonst wenige Male als Unterwerfungsakt eines bisherigen Feindes belegt, cf. LdM s.vv. Fußkuss und Proskynese. In Frankreich allerdings liegen die Dinge komplizierter. Da ist zunächst die normannische Behauptung, Rollo habe, als Karl der Einfältige bei der Belehnung den Fußkuss verlangte, stattdessen einen Vertreter vorgeschickt, der dann den Fuß des Königs so energisch zu sich heranzog, dass der König zum Gaudium der Zuschauer rücklings zu liegen kam. Dies berichtet schon der erste Normannenhistoriker, Dudo von Saint-Quentin,163 und zwar eindeutig so – das ist für uns das Wichtige, nicht die Frage der Faktizität des Ereignisses –, als sei Karls Ansinnen nach kontinentalem Verständnis nichts Ungewöhnliches. Auch in der altfranzösischen Epik erscheint das Motiv zumindest einmal im rechtlichen Sinn: Im Girart de Viane des Bertrand de Bar-sur-Aube (erstes Viertel des 13. Jh.) glaubt Gerhart Karl durch Fußkuss zu huldigen, wobei sich die Handlung allerdings ins Burleske wendet; denn heimlich bietet statt des Kaisers die Kaiserin ihren Fuß dar. Als nicht-lehnsrechtliche Geste der Unterwür¿gkeit, des Dankes, der Bitte um Vergebung u.ä. – manchmal, aber bei weitem nicht immer gegenüber Herrschern – erscheint das Zu-Füßen-Fallen in der altfranzösischen und der mittelhochdeutschen Literatur sehr häu¿g. Aber auch das Küssen des oder der Füße ist in solchen Situationen in der altfranzösischen Literatur nicht selten (Tobler/Lommatzsch s.v. pié, 17 Belege), seltener in der mittelhochdeutschen (Benecke/Müller/Zarncke s.v. küsse, 4 Belege, wobei die Handlung zweimal in Frankreich, zweimal im Orient spielt). Rozer: Nach Basin wird Erzbischof Rotgar belohnt. Er hat Karl ge¿rmt (3/B3), ihm in bedrohlicher Situation zweimal einen guten Rat gegeben (4/B4, 5/B4) und ist zweimal aus eigenem Antrieb sein Bote gewesen (5/B4, 6*/B4). Deshalb überträgt ihm jetzt Karl in Trier auch das weltliche Regiment,164 das bisher in der Hand des Verräters Isenbard lag; über den Hintergrund des durchaus historischen Übergangs der Trierer Grafenrechte an den Erzbischof cf. p. 82 mit n. 67.
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Die Symbolik des Handschuhs ist im Mittelalter äußerst vielfältig, cf. LdM [1] Handschuh und die dort genannte Literatur. Für die meisten Verwendungen gilt: «Der Handschuh macht Rechtsvorgänge sinnlich wahrnehmbar und kann die Hand einer Person vertreten.» (LdM art. cit.) Oft ist das die Hand des Herrschers, so wenn dieser durch den Handschuh einen Boten legitimiert, cf. Schwineköper (1981, 60s., dazu Rol. 247, 268, 320, 331, 764, 2677, 2687, 2727), aber auch, wenn er ein Lehen ausgibt, cf. Schwineköper (op. cit. 81 mit n. 44 [Realbeispiel von 1269], n. 45 [Literaturbeispiele], n. 46 [Rückgabe eines Lehens durch Rückgabe eines Handschuhs, z.B. Rol. 2830–2833, 2838]). Ed. Lair (1883, 169s.) oder Migne PL 141.650s. Dudos Hauptinformant war ein Enkel Rollos, Bruder des Herzogs Richard I. Missverstanden bei Hieatt ad loc.
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Namlun: Reich beschenkt wird auch Naimes; insgesamt über sein Verhältnis zu Karl und speziell über seine Verdienste cf. p. 40–42 mit n. 6. Er erhält die uns seit 2/B2 bekannten Verräterbesitzungen Hoen borg und Salim borg (p. 75s.). Naimes erbittet dazu auch den Berg milli Muso ok Sambr, also zwischen Maas und Sambre, im Entre-Sambre-etMeuse, um dort ‘eine Burg’ zu erbauen, was Frankreich (Franz) noch machtvoller machen werde. Karl gibt ihm – die Erfüllung dieser Bitte überbietend – gleich Foma samt ‘all dem Wald’ und Faumana, also (westlich der Maas) die ‘Fagne’ (manchmal ‘Fagnes’), d.h. das ‘Venn’-Gebiet im Hinterland des Entre-Sambre-etMeuse bis südwestlich Dinant um Villers-en-Fagne (mittellat. Fania, cf. Gysseling s.v. Fagne, La; -ni- als -m- verlesen),165 sowie (östlich der Maas) die ‘Famenne’ um Marche-en-Famenne und das mittlere Ourthe-Tal (mittellat. Falmenna, Falmana) – kurzum, ein weites südliches Hinterland von Namur. Ferner erklärt Karl, er selbst werde für Naimes zwischen der Maas und den Ardennen gleich drei Burgen bauen lassen. Denen gibt Naimes nun ‘mit Karls Erlaubnis zu Naimes’ Ehren’ seinen [also Naimes’] Namen. Karl investiert ihn und benennt dabei de¿nitiv ‘die Burg’ [nach Naimes Namen, also Namlun in A, NaÀun in B] Namrus (so A, verschrieben für Namurs; konsequenterweise geändert zu Nafrus in B) ‚Namur’ (afrz. Namur, Namurs). (Beta hat den Text in seiner Art rationalisiert: Karl bittet Naimes, zwischen Maas und Ardennen auf dem ihm gegebenen Land drei Burgen zu bauen, und Naimes benennt die erstgebaute nach sich.) Sehen wir einmal von der nicht näher präzisierten Burgendreiheit ab, so liegt in der Tat ‘die Burg’ von Namur zwischen beiden Flüssen, die Stadt hingegen nördlich von beiden. Im Prinzip haben wir hier eine ätiologische Legende zur Erklärung des Namens Namur vor uns.166 Namur war in der Antike ein Ort unbekannten Namens, ist seit dem 7. Jh. namentlich belegt, wurde aber erst im 10. Jh. zum Grafensitz des Lomme-Gaus. Also ist es zur Zeit unseres Erzählers vage als noch relativ jung bekannt – was ist da ehrenhafter und etymologisch einleuchtender als eine Gründung unter der Ägide Karls des Großen durch dessen besten Freund? Nun hatte seit etwa 1140 Graf Heinrich von Namur neben den Grafschaften Namur, Longwy und Luxemburg auch die Grafschaften Durbuy und La Roche-en-Ardenne in seiner Hand vereinigt; er konnte Barbarossa dazu bewegen, seinen Gesamtbesitz zu einer Markgrafschaft mit reichsfürstlichem Rang erheben zu wollen. Freilich zer¿el dieses Gebilde wieder schon nach Barbarossas Tod (1190), mehr noch nach Heinrichs Tod (1196) in einer mehrjährigen, teilweise kriegerischen Erbauseinandersetzung, wurde aber eben deshalb zur Zeit unseres Autors gewiss noch erinnert. Es muss der Fabelei unseres Autors von einem Groß-Namur zugrunde liegen – denn konnte Naimes kleiner gewesen sein als Heinrich? Insgesamt geht die Fabelei über Namur an dieser Stelle sicherlich darauf zurück, dass der Lütticher Bischof
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Nicht die ‘(Hautes-) Fagnes’, den belgischen Teil des ‘Hohen Venns’, der zu weit östlich, im alten Herzogtum Limburg, liegt und durchweg im Plural erscheint (mittellat. Akkusativ Fanias, cf. Gysseling s.v. Fagnes, Les). Aebischer (1956a passim) weist darauf hin, dass dieselbe Tradition auch in Adenets Berte aus grans Piés [also nicht lange nach 1273; cf. inzwischen ed. Henry 1963 vv. 234–242] erscheint und bis ins späte 16. Jh. bekannt blieb.
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Hugues de Pierrepont Urenkel (wenn auch in weiblicher Linie) des Grafen Gottfried von Namur († 1139), des Vaters des eben erwähnten Heinrich, war, also durch unsere Stelle zum Nachkommen auch von Karls engstem Vertrauten wurde. Reinalld friski (B): Nachdem die Beta-Fassung den Friesen in 6**/B4, achtmal in 18/B16 und noch einmal in 23/B23 richtig Reimbal(l)d genannt hat (wie stets in Alpha und entsprechend dem Rembalt/Raimbaut der altfranzösischen Epik), scheint B (nicht allerdings b¹ und b²) ihn von 25/B24 an immer (etwa zwanzigmal) oder meist Reinal(l)d zu nennen, entsprechend afrz. Rainaut/Renaut ‘Reinolt’, als liege ihm dieser Name im Zusammenhang mit (H)aimon mehr im Ohr.167 Eim af Galiza: Haimon, der immerhin spontan mit sechzig Rittern zu Karl gestoßen und sein Vasall geworden ist (18/A18/B16), wird von ihm zu ‘seinem Connétable’ ernannt (durch Possessivum determinierter Sg., also hier wohl ein nur einmal vorhandenes Amt). In B kommt diese Ernennung etwas später, nach der Belehnung seines Schwurbruders Rembalt (26/AB25); zur Begründung dieses Unterschieds cf. oben p. 118. Das Wort Connétable bedeutet wie meist im Afrz. so auch hier nicht mehr comes stabuli ‘Oberstallmeister’ (denn dieser Posten wird in 26/A25 an Robert, den Bruder des Ardennen-Drogo, gehen), ist aber dadurch innerhalb der Hofämter jetzt schwerer zu de¿nieren, zumal das Amt in Frankreich von dem Wegfall des Seneschall-Amtes (1191) pro¿tiert hat; im Laufe des 13. Jh. werden dem Connétable von Frankreich dann zunehmend Aufgaben mit temporärer militärischer Befehlsgewalt übertragen (cf. LdM s.v. Connétable de France). Haimon empfängt hier zunächst die Dolche der Verräter zur Aufbewahrung (als werde er sich von Amts wegen dauerhaft am Hofe aufhalten), zieht aber am Ende von 27/A25/B27 mit 300 Rittern aus, um in Karls Namen Hirson und ‘das ganze Land’ zu besetzen. Er besetzt in der Tat Hirson; aber am Anfang von 29/A27/B28 muss er erkennen, dass sich im Übrigen ‘das ganze Land, über das er als Connétable gesetzt ist,’ in den Händen des aufständischen Werner von Pierrepont be¿ndet. Es geht dabei (laut 28/A26/B28) zunächst um Besitzungen der Verschwörer, nämlich Pierrepont, Breteuil, Hirson168 und das Orléanais; auf diese bezog sich offensichtlich Karls Auftrag an seinen Connétable, lehnsrechtlich also der Auftrag, die (durch den Verrat und die Verurteilung der Verräter) rechtskräftig an die Krone zurückgefallenen Lehen für die Krone (zumindest provisorisch, bis zu einer Neubelehnung) in Besitz zu nehmen. Durch Werners Aufstand erzwungen, geht es aber sogleich auch um die drei diesen Besitzungen benachbarten Städte, die Werner ebenfalls schon besetzt hat: um Laon (das Lehen von Werners Schwiegervater) sowie um Reims und Amiens, die der Erzähler in 6**/B4 nicht genannt hat, wohl weil er sie
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«Immer» nach Loth, «meist» nach Unger (nämlich bis auf zwei Reinbaldr neben vier Reinaldr in 29/B28); «scheint», weil beide Herausgeber grundsätzlich vorgefundene Abkürzungen der Eigennamen auÀösen (zu Loth cf. KMS 1980, 377), ein sicheres Urteil also erst bei Einsicht in die Handschriften möglich wäre. – Freilich, in dem einzigen auf uns gekommenen (und sehr selbständigen) an. ReÀex des Renaut de Montauban, der um 1300 entstandenen und in zwei Fassungen vorliegenden Mágus saga jarls, heißt Reinolt Rögnvaldr, sein Vater Amundi (Skårup 1993, 16s.); direkt von dort aus ist Beta also wohl nicht beeinÀusst. Im Alpha-Text des Kapitels 28/A26/B28 der Übersetzung von Aebischer fehlen leider mehrere Sätze, cf. Gilbert/van Emden (1973, 153).
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in unmittelbarem Königs- oder in Bischofsbesitz vermutet. (Paris hat Werner nicht besetzt, weil Herzog Hugo schon in 27A25/B27 dorthin zurückgekehrt ist.) (Unger 26, Loth A25 bis l. 22, B25 und 26): Reinballdr: Es folgt die Belohnung von Haimons Schwertbruder Rembalt. Im Gegensatz zu Haimon gehört er innerhalb des Reiches einer großen Familie an. Deshalb kann er es in A wagen, um die Hand der Schwester des Königs zu bitten; B hält das für narrativ weniger glücklich und lässt die Initiative vielmehr von Karl ausgehen. GilĊin in A ist reiner Flüchtigkeitsfehler gegenüber Belisem in B; denn in 33/A31/B30 wird auch A Belisent als Rembalts Frau nennen, und ab 36/AB33 wird Gisela ohnehin eine ganz andere Rolle spielen. Fiora jarldoma: Die nach der Waes (cf. p. 76s. s.v. Venso borg) und vor Ingelrafns Besitz Aardenburg (s. sogleich) genannten unspezi¿zierten vier ‘Grafschaften’ (so ist jarldomar in der KMS I gewöhnlich zu verstehen) sind vielmehr die Vier Ambachten (cf. LdM s.v.), frz. Quatre Métiers, ‘Vier Ämter’ nahe dem Südufer der Westerschelde, die in der Tat zwischen der Waes und Aardenburg liegen und heute teils zu den Niederlanden, teils zu Belgien gehören. Sie genossen innerhalb der großen Grafschaft Flandern eine gewisse Autonomie spätestens durch ein gemeinsames Rechtsstatut, das ihnen Flanderns Graf Philipp von Elsass (1168–1191) verliehen hatte. Allt Lingeraf (‘alles Lingeraf’): Allen Besitz des Ingelraf(n), also das Land um Aardenburg; linguistische Erklärung cf. p. 77 s.v. Roden borg, Ingelrafn af. Zu den Schenkungen an Rembalt insgesamt cf. Teil III p. 42s. Turpin: Der Papst steht jetzt kurz vor der Rückreise, aber der Erzähler möchte neben Ägidius noch dem zweiten in Karls Umkreis episch prominenten Kleriker, nämlich Turpin, das Prestige verleihen, aus dem Gefolge des Papstes zu kommen. Auch ihn überlässt also der Papst dem König für dessen Hofkapelle. Während aber Ägidius zweimal als ‘guter und glaubensfester’ Geistlicher sowie als Legat des Papstes, später als Karls Beichtvater erscheint, der auf dem Weg zur Heiligkeit ist, macht Karl Turpin zu seinem ‘Kanzler’, d.h. zum Verantwortlichen für den Schriftverkehr einschließlich der Beurkundungen und für die Siegelbewahrung. (Die Kanzlei war ja in der Tat ursprünglich Teil der Hofkapelle und wuchs erst langsam aus ihr heraus, cf. LdM s.vv. Kanzlei, Kanzler, Abschnitt A, I. [2], und Kapellan.) Auch das ist ein Vertrauensamt in Königsnähe, aber weit eher ein politisches als ein geistliches Amt. Zudem wird Turpin charakterisiert als Bruder des Grafen Otun (A)/Hatvn (B), das heißt, er ist in die Oberschicht des Reiches hineingeboren, er denkt und fühlt außer als Geistlicher auch als einer aus ihren Reihen. In 31/AB29 erteilt er Rembalt vor dessen Zweikampf die Absolution und erlegt ihm dabei auf, für den König sein Leben einzusetzen (so, wie er im Rol. 1127–1138 unmittelbar vor Beginn der Schlacht von Roncevaux den Franken die Absolution erteilen wird und ihnen auferlegt, für den König und die Christenheit ihr Leben einzusetzen). Wie nun in der Realität des Mittelalters viele Hofkapellane durch die Gunst ihres Monarchen zu Bischöfen und Erzbischöfen aufstiegen, wird ihm in 36/ AB33 Karl das Erzbistum Reims geben, was der Papst dann bestätigt (zu dieser Reihenfolge zwischen Kaiser und Papst cf. Teil III p. 44); hinter dem epischen Reimser Erzbischof Turpin des Jahres 778 steht ja letztlich der historische Reimser Erzbischof Tilpin desselben Jahres. Wie Ägidius wird auch Turpin Karl auf seiner Jerusalemfahrt
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begleiten (49/A46). Erst als Karl seinen großen Spanienzug gegen die Heiden schon begonnen hat (58/A55), hält es auch den Grafenbruder Turpin nicht mehr: Er erbittet von Karl eine ritterliche Ausstattung, ‘um sich mit dem Heidenvolk zu schlagen’. Karl gibt ihm Brünne, Helm, das Schwert Almacia, das Turpin im Rolandslied (vv. 2089, 2143) führen wird, und ein Ross, das der König von Córdoba geritten hat. In diesem letzten Punkt besteht zum Rolandslied (vv. 1488s.) ein kleiner, aber charakteristischer Unterschied; dort besitzt Turpin von vornherein das Pferd eines Königs, den er selbst einst in Dänemark getötet hat. In der KMS I nun springt Turpin in voller Rüstung auf das Pferd und erweist sich auch so durch einen Paraderitt vor Karl unter den Beifallsrufen der Zuschauer als vollendeter Reiter. Unser Erzähler akzeptiert also die hier beginnende Kämpferrolle Turpins, die er im Rolandslied vor¿ndet, aber er trägt sichtlich Sorge, sie auf den großen Heidenkampf in Spanien – und das heißt narrativ im Wesentlichen: auf den Verteidigungskampf von Roncevaux – zu beschränken. Er verfährt hier also im selben Sinne wie (wenn auch viel weniger radikal als) der Pseudo-Turpin, der Turpin von vornherein aus der Schlacht von Roncevaux heraushält (ihn nur in Kap. 11 kursorisch eingestehen lässt, die Sarazenen oft mit seinen eigenen Waffen bekämpft zu haben), oder wie der Redaktor der Rezension Beta der KMS-Branche VIII (d.h. ihres Rolandsliedes), der Turpins Waffentaten streicht oder anderen zuschreibt unter nachträglicher Berufung auf das Speculum historiale des Vinzenz von Beauvais (und damit indirekt auf den Pseudo-Turpin). Wenn Karl schließlich in 59/A56 auch Turpin unter die Zwölf Pairs wählt, so glaubt unser Erzähler zweifellos, sich auch damit dem Rolandslied anzupassen; hierüber cf. unten p. 192–194. Insgesamt bereitet unser Erzähler also wie bei Ägidius so auch bei Turpin die Gegebenheiten des Rolandsliedes sehr sorgfältig in mehreren, im Text voneinander getrennten Stufen vor. Zur Zeit unseres Erzählers gehörte zur Hofkapelle samt Kanzlei schon zahlreiches Hilfspersonal; wahrscheinlich nahmen dieses Anwachsen der Institutionen auch die Zeitgenossen wahr. Der Erzähler deutet wenigstens die Anfänge des Prozesses an: Zur Unterstützung für Ägidius und Turpin lässt der Papst auch zwei Hilfskapläne bei Karl, nämlich Viballd (zum Namen Morlet 222s.169) und Ballduini (zum Namen cf. p. 91). Auf Karls Geheiß nominiert dann Erzbischof Friedrich von Köln als zuständiger Metropolit für das Aachener Marienstift vierzig Kanoniker ‘und vier Priester’ – so A, während B die Priester gestrichen hat. Das Marienstift wurde materiell bereits während der Königsweihe (22/A22), jetzt wird es personell ausgestattet. Der historische Karl scheint für Aachen allerdings nur zwanzig Pfründen gestiftet zu haben, nach dem Normanneneinfall von 881–882 ging ihre Zahl sogar auf zwölf zurück; erst Otto der Große erhöhte sie auf vierzig, cf. DHGE s.v. Aix-la-Chapelle, col. 1266. Der Begriff ‘Kanoniker’ wurde zu Karls Lebzeiten im Frankenreich noch sehr unterschiedlich verstanden; erst mit den Institutiones Aquisgranenses von 816, also zwei Jahre nach Karls Tod, wurde er präzise de¿niert: Aufgabe der Kanoniker (und Kanonissen) ist eine sehr gemäßigte vita communis an einer großen Kirche zum gemeinsamen Gottesdienst ein169
Angesichts der Stichworte Kanzlei und Aachen denkt man unwillkürlich an den großen Abt Wibald von Stavelot (50 km südlich Aachen), seit 1122 Reichskanzler, gestorben 1158 auf einer Byzanzreise im Dienste des Reiches.
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schließlich Chorgebet. Diese De¿nition setzt für ein Kanonikerstift (wie die Mönchsregel für ein Kloster) die Priesterweihe nur für diejenigen dortigen Geistlichen voraus, die die Messe zu zelebrieren und das Bußsakrament zu verwalten haben170 – in diesem Falle für die ausdrücklich genannten ‘vier Priester’. In der Tat war Bedingung für die Aufnahme in ein Kanonikerstift in der Regel nur die Subdiakonatsweihe; sofern sich nun das betreffende Stift nicht später zu der strengeren Observanz der AugustinerChorherren bekannte, entwickelte sich das Kanonikat vor allem in ottonischer Zeit zu einer Versorgungsmöglichkeit für Kleriker mit unterschiedlichem Weihegrad und sehr unterschiedlichen Aufgaben, etwa in der bischöÀichen (auch bischöÀich-reichsfürstlichen) Verwaltung, im kirchlichen Lehramt usw., cf. TRE s.v. Stift, p. 162. B konnte sich demgegenüber in Aachen nur eine Gemeinschaft strengerer Observanz vorstellen, wo die Kanoniker durchweg Priester waren, und hat deshalb die ‘vier Priester’ als überÀüssig gestrichen. Munkli¿ ok nunnu setr: ‘Ein Mönchskloster und ein Nonnenkloster, und jedes von beiden reich ausgestattet’. Der Erzähler will zeigen, dass Karl als musterhafter König über den Kanonikern auch die (unter strengerer Regel lebenden) Mönchs- und Nonnenklöster nicht vernachlässigte. (Beta präzisiert: ‘Schwarzmönch-Kloster’, d.h. Benediktinerkloster, was für Karls Zeit nahezu selbstverständlich war, da es damals im Nordosten von Karls Reich noch keine weiteren Mönchsorden gab und da dann Ludwig der Fromme 816 überhaupt alle Klöster des Reiches auf die Benediktinerregel verpÀichtete; doch schreibt Beta im 14. Jh. zu einer Zeit, als bereits eine Reihe anderer Orden auf eine längere Geschichte zurückblicken konnten, und hält deshalb eine Präzisierung für angebracht – verständlich vor allem, wenn er selbst Benediktiner ist, etwa in Munkaþvera, wie Foote 1975–1977, 8s. andeutend vermutet.) Nun hat aber der historische Karl in Aachen und Umgebung außer dem Marienmünster keine geistlichen Institutionen gegründet.171 Der Erzähler meint also wohl vage Gründungen irgendwo in Karls Reich (so hat ihn B verstanden, der hinzusetzt ‘an einem anderen bzw. dritten Ort’). (Aufzählung 26*, Unger 26, p. 24, l. 14, bis p. 25, l. 3, Loth A25 l. 13–16, B26 l. 10– 13): Karls erster «Hofstaat»: Bevor er die Krönungsversammlung verabschiedet, wählt Karl zwanzig seiner Lehnsleute dazu aus, bis auf weiteres bei ihm zu bleiben. Sehen wir uns die Aufzählung an! Eckige Klammer bezeichnet die Position innerhalb der Aufzählung. Sieben Vasallen, die alle auch sonst in der altfranzösischen Epik vorkommen, sind uns bereits aus 6**/B4 bekannt: [1] Bo¿ inn skegglausi ‘Bovo der Bartlose’,
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Das gilt sogar auf der sublimsten Stufe: Als Otto III. im Einverständnis mit dem deutschen Papst Gregor V. dem Aachener Marienstift einen Rang verschaffen wollte, der nur Sankt Peter in Rom nachstand, war die Rede von sieben ‘Kardinalpriestern’ und sieben ‘Kardinaldiakonen’, die am Marienaltar Dienst tun sollten; cf. DHGE s.v. Aix-la-Chapelle, col. 1266. Vorübergehende Zweifel an der Echtheit der einschlägigen Urkunde Ottos dürfen heute als ausgeräumt gelten, cf. Flach (1976, 14 n. 21). LdM s.v. Aachen; Flach (1976, Register s.v. Aachen, Kirchen).
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[2][3] Jforia ok Jvin ‘Ivórië und Ive’ aus Südfrankreich, [4] Engeler af Vaskunia ‘Engelier von der Gaskogne’, [11] Valter af Terins ‘Walter von Termes’, [13] Hoel af Naanaz ‘Hoel von Nantes’ und [16] Vehelun (Unger Venelun, B Guenelun) af Kastalandum ‘Ganelon von Château-Landon’. . Von ihnen standen [1]-[4] schon in 6**/B4 nebeneinander; [2]-[4] werden auch in 59/A56 zusammen in die Gruppe der Zwölf Pairs eingehen. [11] wird den Pairstitel auf Grund einer Gleichsetzung mit dem Walter del Hum des Rolandsliedes erhalten (Näheres zu dessen vermeintlicher Pairswürde unten p. 193). Von den verbleibenden Pairs werden jetzt erstmalig genannt, und zwar unmittelbar aufeinander folgend: [5][6] Bering172 af Hatun ‘Berengar und Hatto’ (nämlich jener Hatto, der gerade als Turpins Bruder erwähnt wurde), [7][8] Gelin (Gerin B) ok Gerer ‘Gerin und Gerer’,173 [9][10] Samson ok Anselin ‘Samson und Ansegis’.174 Damit sind insgesamt zehn der künftigen Zwölf Pairs in Karls enge Umgebung eingerückt; nur zwei können das noch nicht: Roland ist noch ungeboren, Olivier bestenfalls ein Heranwachsender. Man sieht, dass dieser plötzliche, in sich zusammenhängende und maximal mögliche Nachschub künftiger Pairs nicht Zufall sein kann. Zusammen mit den Pairs zieht, unauffällig genug, der künftige Verräter Ganelon in Karls Umgebung ein – wie einst zusammen mit den andern Jüngern Judas in Jesu Umgebung einzog. Auch in der Chronologie der Erzählung ist dies der richtige Zeitpunkt; denn später, als Karls Schwager und Rolands Stiefvater, soll man sich Ganelon ja mindestens eine halbe, wenn nicht eine volle Generation älter vorstellen als Roland. Insgesamt arbeitet unser Erzähler also auch hier wieder sorgfältig vom Rolandslied aus zurückdenkend. Man darf sogar vermuten, dass er die Zwanzigerzahl gewählt hat, um unauffällig auf die Zehnzahl der hier schon vorstellbaren Pairs zusteuern zu können. In diesem Sinne füllt er jetzt die Zwanzigerzahl zur Hauptsache auf mit einigen anderen Helden der altfranzösischen Epik: [12] Akard af Mesines ‘Achart de Mesines/Mezines’175 ist in der Aye d’Avignon (entstanden zwischen 1195 und 1205) ein Verwandter des Garnier de Nantueil (zum Namen Achart cf. Morlet 21), [15] Otun (Hotvn B) af Kampaneis ‘Oton/Odes/Eodon li/de Champenois’ hat kleine Rollen im Gormont (also seit Beginn der altfranzösischen epischen Überlieferung),
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Zur Metanalyse von afrz. Bereng[i]er und zu af statt ok cf. oben Teil IV p. 55, ‘Kategoriale Verkennungen’; zum Namen selbst Morlet 53. Schwankungen zwischen innerem -r- und -l- ¿nden sich bei beiden Namen auch in der afrz. Überlieferung; sie gehen wohl aus von Gerer (Dissimilation, auch Einmischung von Engelier). Im Übrigen zu beiden Namen Morlet 99, 101. Anselin ist eigentlich Hypokoristikon von Ansel (das seinerseits als Hypokoristikon zu Anselme fungiert, cf. oben 2/B2 s.v. Hoen borg, Annzeals); gemeint ist aber zweifellos Anseïs, im Rolandslied Pair und Genosse des Samson. Zum Namen Ansegis cf. Morlet 39, zum Namen Samson Morlet (1972, 102). Infolge der geographischen Inkohärenz der Aye bleibt wohl unentscheidbar, ob ihr Autor an Messina dachte oder an das Àämische Messines/Mesen (seit 1159 als Messestadt belegt, cf. LdM s.v. Messe [Handelsmesse], col. 559).
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im Girart de Rousillon und im Folque de Candie (zu seinem Namen Morlet 45; er entleiht ihn einem der drei Odo von der Champagne des 10. und 11. Jh.), [17] Arned af Bollandi,176 ‘Arnaldus de Bellanda, Hernaut de Bellande/Beaulande’ nimmt schon im Pseudo-Turpin an Karls Spanienzug teil und erscheint (seit kurz vor 1200) in der Wilhelmsepik als Vater jenes Aimeri de Narbonne, dessen epische Karriere auf Karls Rückweg von Roncevaux beginnt (zu dem Anthroponym Morlet 41). Schließlich [18] Beirarþr af Peduers: er ist wohl der ‘Berart de Montdidier’, der (seit dem späten 12. Jh.) allmählich in etwa einem Dutzend verschiedener Epen erscheint. Ich vermute, dass sich unser Übersetzer angesichts des Namens (Mont) Didier (der nicht selten in zwei Wörtern geschrieben wird, von denen er das zweite nicht als Personennamen erkannt zu haben braucht) zu Unrecht an das Beduers ‘Pithiviers’ in 6**/B4 erinnerte und die beiden identi¿zierte; bei den Majuskeln werden ja D und B oder P, bei den Minuskeln das linksgewandt-runde d und das b gelegentlich verwechselt. Zum Namen Berard cf. p. 81. Insgesamt beweist Karl also bei der Auswahl eine glückliche Hand: Siebzehn der zwanzig bringen es zu einiger Berühmtheit (während in der großen zweiteiligen Liste der Lehnsträger in 6*+6**/B4 nur jeder Fünfte mit einem epischen Namen aufwarten konnte). Doch um der vraisemblance willen bedarf selbst Karls Umgebung eines unberühmten Restes: [14] Geofrey af Orliens, [19] Odun af Marki und [20] Vaker (Vasker B, Vazer 37/A34) af Kornelia. Orléans, afrz. Orliens, war im Besitz eines der Verräter und kann von Karl inzwischen an einen Geoffroi ausgetan worden sein. Af Marki ‘von der Mark’ (im An. Neutrum) kann sich auf die Grafschaft Marche (cf. LdM s.v.) im Grenzgebiet von Poitou, Limousin und Berry beziehen, die im frühen 13. Jh. den Lusignan den Grafentitel eingebracht und durch deren Händel mit Königin Eleonore und ihrem Sohn Johann einige Notorietät gewonnen hatte; ebenso gut kann aber eine sekundäre Fehldeutung aus dem Markun ‘Mâcon’ von 6**/ B4 (p. 87) vorliegen, so dass Odo der Erbe des dortigen Bernhard wäre. Zu seinem Namen Morlet 45. Vakers Lehen Kornelia schließlich ist am ehesten Corbeil, afrz. Corbueil (b übersehen, dadurch u ~ n, dann EinÀuss des Heiligennamens Cornelius).177 Der Name Vaker/Vasker/Vazer ist (bis auf altnordfrz. /w/ > v) identisch mit dem des Guazer af Terus (cf. p. 92).
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Die traditionelle Gleichsetzung von Bellanda mit Nizza bzw. wohl genauer mit der Tour Bellande in Nizza ist einwandfrei, da dieses Toponym auch in einer nicht-epischen Quelle von 1279 erscheint, nämlich in einer Liste der civitates, villae und Burgen der Grafschaft Provence (Archives départementales des Bouches-du-Rhône, Registre B 143 [Pedis], fol. 61 recto). Sie beginnt mit der Diözese und der Stadt Nizza: Civitas Nicie posita in capite Province, in rupe supra mare ab antiquis antiquitus Bellanda vocata [...], cf. Poindron (1934, 101s., zur Datierung 101 n. 4). Nicht ganz auszuschließen ist allerdings auch afrz. Cornouaille, der Südwestteil der Bretagne um Quimper (nicht Cornwall). Es würde lautlich sogar besser passen (in der KMS I wieder mit Attraktion durch Cornelius) und bezeichnet in der KMS III 4 (Kormilie Aa, Kornnale [Kormialr Unger] B, Konniale b¹, ConmƗle b²) – bisher unerkannt, aber eindeutig – den Westpunkt Frankreichs; in der KMS I würde es aber doch geographisch überraschen.
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Der Redaktor von Beta hat aus der Zwanzigerliste, müde der ihm wohl großenteils unverständlichen Ortsnamen, die meisten davon gestrichen. Seine Kopisten haben – einmal in B und b², viermal in b¹ – die Gelegenheit zum Missverständnis ergriffen und ok durch af ersetzt, so sehr waren sie an den Namentyp X af Y gewöhnt. Robert: zu ihm cf. p. 70 s.v. Dre¿a. (Unger 27, Loth A25 ab l. 22, B27): Zu Irikun cf. p. 78. (Unger 28, Loth A26, B28 bis l. 10): Zur vorübergehenden Fehlschreibung (und Fehlidenti¿kation) Pirafunt in A statt des richtigen Pirapunt, das B immer hat, das aber auch A in 32/A30/B30 noch dreimal haben wird, cf. p. 26 n. 6. Zur Situation cf. p. 132s. s.v. Eim af Galiza. Anuens (nur A): ‘Amiens’ (paläographisch mi ~ nu). Richtig dann in 32/A30: Ammiensborgar (Gen.). (Unger 29, Loth A27, B28 l. 10–26): Karl hat bei der Beschuldigung Ragenfrieds in 23/AB23 seinen Diebeszug mit Basin eingestehen müssen, weil sonst Ragenfrieds Frau als Denunziantin ihres Ehemannes dagestanden hätte. Diesen damit publik gewordenen Diebeszug macht jetzt Werner von Pierrepont in sehr geschickter Weise zum zentralen Argument seiner Rechtfertigung; man versteht, dass die zweitausend Ritter, die er zusammengebracht hat, ihm folgen, da sie ja inzwischen nur von Karls Diebeszug, aber nichts von einem vorausgegangenen Himmelsbefehl an Karl wissen. Warum übernimmt Rembalt und nicht Haimon den Zweikampf gegen Werner von Pierrepont, obwohl Werner in einem Gebiet aufständisch ist, das Haimon als connétable für Karl übernehmen sollte, und obwohl aus dem Ergebnis des Zweikampfes Haimon und nicht Rembalt Nutzen ziehen wird? Eine Witwe soll nach mittelalterlichen Vorstellungen von rechtlicher und wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit umgehend wieder heiraten bzw., wenn sie ein Lehen innehat, verheiratet werden. Da nun Werners Witwe Aja mit Haimon verheiratet werden soll – das ist ja das Erzählziel dieser Gründungslegende des Hauses Pierrepont –, möchte sie der Erzähler wenigstens nicht aus dem Bett des Getöteten geradeswegs in das Bett seines Töters überwechseln lassen, möchte ihr also jene Reputation ersparen, die schon Chrétien de Troyes unübertrefflich auf den Begriff gebracht hatte: «C’est cele qui prist celui qui son seignor ocist.»178
Deshalb lässt der Erzähler zum Zweikampf statt Haimon dessen Schwurbruder antreten. (Unger 30, Loth A28, B28 ab l. 26): Zu Luon, afrz. Loon ‘Laon’, cf. p. 79s. s.v. Leons.
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Yvain 1811–1812 ed. Roques.
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(Unger 31, Loth A29, B29): Eisa (Frisant B): Lat. Isăra > spätlat. Esera > afrz. *Eise > Oise. In der Wirklichkeit geht es von Hirson in Richtung Pierrepont nicht ‘vier Meilen durch den Wald namens Oise’, wie der Übersetzer verstanden hat, sondern ‘vier Meilen durch den Wald, dann über die Oise’. Natürlich legt Rembalt seine Waffen erst nach der Flussüberquerung an, dann aber sogleich; denn man muss ja nun (laut 29/A27/B28) auch auf einen verräterischen Überfall durch Werner gefasst sein, weshalb Naimes mit seiner geheimen Eingreiftruppe nicht weiter auf der Straße, sondern parallel dazu durch den Wald vorrückt. (Unger 32, Loth A30, B30 bis l. 19): Der ritterliche Ehrenkodex gebietet, dass beide Duellanten unmittelbar vor dem Zweikampf oder in dessen Frühphase (Letzteres z.B. Rol. 3589–3600 und 3892–3909) noch einen (gewöhnlich misslingenden) Versöhnungsvorschlag machen, bevor der Kampf tödliche Form annimmt; so auch hier. Die epischen Beschreibungen solcher Zweikämpfe pÀegen den künftigen Sieger kurz vor dem entscheidenden Streich ein- oder zweimal in äußerster Gefährdung zu zeigen; so A auch hier in gedrängter, aber gekonnter Form: (1a) Werner wirft Rembalt vom Pferd; aber (1b) Rembalt kann gerade noch seine Lanze in Werners Schenkel treiben und zum Schwert greifen; (2a) Werner reißt die Lanze heraus (wozu er sich mit Kopf und Oberkörper leicht hinunterbeugen muss, laut nidr) und schlägt mit ihr (da ihm zum Ziehen seines Schwertes keine Zeit bleibt) auf Rembalts Schwerthand; aber (2b) Rembalt kann gerade noch Werner durch einen Schwertschlag auf den Kopf betäuben und dann töten. B verdirbt diesen Aufbau, indem er 1a und 2a als vermeintlich überÀüssig streicht, so dass die Folge 1b-2b nun wie ein leichter Sieg Rembalts ohne alle Gefahr für sein Leben aussieht. Manases jarli (Manase jarlli B): ‘Dem Grafen Manasses’. Der biblische König Manasses ist in 2 Kön 21.1–18 nur ein Götzenanbeter, in 2 Chr 12.1–20 wird er danach noch zum Büßer. So wurde sein Name für Christen annehmbar und ist seit dem 9./10. Jh. speziell in der Osthälfte des heutigen Frankreich nicht selten (Morlet 1972, 74), wo in der Oberschicht unter anderem zu nennen sind: ein Graf von Beaune und Chalon († 918), ein Bischof von Troyes (970–991), ein Graf von Dammartin-en-Goële (Neffe des Vorigen, † 1037), ein Vidame von Reims (wiederum Neffe des Vorigen, um 1050), die Reimser Erzbischöfe Manasses I. (um 1070–1080) und Manasses II. (ein jüngerer Verwandter des Vidame, 1095–1106), ein Graf von Guines (ca. 1084– 1137/40), ein Graf von Rethel in der zweiten Hälfte des 12. Jh. sowie Manasses von Hierges aus der Familie der Kastellane von Bouillon, Connétable des Königreiches Jerusalem († 1176 in Europa). In der KMS I heißt so außer Werners, dann Haimons Schwiegervater, dem Grafen von Laon, noch der Sohn eines Grafen von Clermont (-en-Argonne?) in 37/AB34. Wie viele biblische Namen blieb wohl auch dieser im Lat. endbetont; so erklärt sich dann (mit Einrasten des Wortausganges in die große Menge der harius-Namen) die im Afrz. dominierende Form Maness(i)er, die in 37/ AB34 als Manaser (A, aber Manases B) vorliegt.
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Aein: Afrz. Ai(i)en (Obliquus zu Aie) ‘Aja’ (Austausch der postpalatalen Obliquus-Endung -ien durch die nicht-postpalatale und damit normalere -ain > -ein). Zu Aja ausführlich p. 30ss., zum Namen Morlet 22. (Unger 33, Loth A31 bis l. 6, B30 ab l. 19): Aarieborgar (Aries borgar B; Genitiv): ‘Paris’ (mit Verkennung der P-Majuskel schon im Archetyp aller erhaltenen Handschriften). Genauer gemeint ist Saint-Denis, historischer Begräbnisort Pippins und Bertas, nicht (mit Aebischer) ‘Eresburg’, cf. p. 39s. mit n. 3. Während Karl das Marienstift in Aachen mit vierzig Kanonikern ‘und vier Priestern’ ausstattete, hat er für die Kirche bei Paris, deren genauer Name nicht genannt wird, nur dreißig Kanoniker ‘und vier Priester’ übrig; allerdings ist sich der Erzähler möglicherweise bewusst, dass es bei dieser Kirche nicht um eine Erstausstattung geht. Zu weiteren Indizien für eine Abneigung unseres Erzählers gegen Saint-Denis cf. unten p. 163 und 174. (Unger 34, Loth A31 ab l. 6, B31): Zur (berechtigten) Korrektur von skegglausi zu skeggmikli in A cf. p. 106s. s.v. Bovi hinn skegglausi. Viana (Mana B, aber von 35/AB32 an Viana auch B): ‘Vienne’, afrz. meist Viane. B hat zunächst ui ~ m genommen (drei Hasten). Otun (Hatun B) kong af Spolia: ‘König Otto von Spoleto’, der König Othon d’Espolice der altfranzösischen Epik (seit dem späten 12. Jh. belegt).179 Afrz. Espolice < SpǀlƝtium (so die korrekte antike Form); Rückgängigmachung des afrz. e-Vorschlags im An. ist (nach Mustern wie Spania < Espagne usw.) zu erwarten; das Fehlen des -c- im altnordischen Text beruht wohl einfach auf Nachlässigkeit, da ein afrz. *Espolie < SpǀlƝtum (diese lat. Form ist seit dem frühen Mittelalter gängig) nicht zu belegen ist. Während die anderen Magnaten Italiens bis hin zu Herzog Milo von Apulien schon zur Aachener Königskrönung geladen waren und der Herr von Spoleto sich dabei höchstens unter den anonymen Lehnsleuten des Papstes befunden haben könnte (6*/B4), erscheint jetzt ‘König’ Otto von Spoleto als einziger neu zur römischen Kaiserkrönung, wo ihm sogleich die höchstmögliche Ehrung widerfährt: Er darf Karls Schwert tragen, wie der zweite anwesende ‘König’, Drogo von Poitiers, Karls Lanze (35/AB32). In dieser scheinbaren Inkonsequenz spiegelt sich wohl die schwankende Zugehörigkeit Spoletos; zur Barbarossazeit als Reichslehen fest in kaiserlicher Hand, war es erst 1201/1209 unter päpstliche Oberhoheit gekommen. (Unger 35, Loth A32, B32): Miliens (A, zweimal Reinssand B; in 36/AB33 aufgenommen als Miliens A, Nilenis B): ‘Orléans’. Der Name der frz. oder dt. Bischofsstadt ist zwar arg entstellt, sollte aber identi¿zierbar sein, da die Zahl solcher Städte ja beschränkt ist: Es kommt nur Orliens ‘Orléans’ in Frage. Wahrscheinlich ist die übliche Ligatur or- (mit dem nach links geklappten r) als (beiderseitig gerundetes) unziales M- verlesen worden und dann um der Sprechbarkeit willen ein zusätzliches -i- in den 179
Königssitz war Spoleto nur von 889 (und ab 891 sogar Kaisersitz) bis 898 unter den letzten Widonen, doch mag diese spektakuläre Zeit zum epischen Rang der Stadt beigetragen haben; der Name Otto beruht dann einfach auf der zwei Generationen jüngeren, auch in Frankreich gängigen Assoziation Ottonen – Italien.
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Namen geraten. B hat den Namen nicht identi¿zieren können, aber in 35/AB32 wegen des unmittelbar vorher genannten Erzbischofs von Reins ‘Reims’ angenommen, es müsse sich um einen von dessen Suffraganen handeln, und (zweimal) geschrieben: ‘einen anderen (bzw.: den) Bischof von Reinssand’, worin Reins- zweifellos wiederum ‘Reims’ ist und Reinssand vermutlich ‘Reimser Synodalbezirk [~ Erzbistum]’ bedeuten soll; cf. mhd.-frühnhd. sënt, sant, afrz. senne, san(n)e < lat. synodus. In 36/AB33 hat B seine Besserungsversuche aufgegeben und im Prinzip Miliens übernommen, dabei aber die Initiale verlesen bzw. dort eine Haste übersehen: Nilenis. Zu den Modalitäten von Karls Romfahrt und Kaiserkrönung cf. p. 44 mit n. 16. Petrs (Peturs B) kirkiu (Gen.): (Alt-) Sankt Peter, über dem traditionellen Grab Petri, der Vorgängerbau des heutigen Petersdomes, seit Karl dem Großen die traditionelle Krönungskirche der Kaiser (im Gegensatz zu der Bischofskirche von Rom, Sankt Johannes im Lateranspalast, der vom 4. Jh. bis 1308 Papstresidenz war). Ermengerdi (Akk.) dottur Varnes af Muntasaragia (so A, beim zweiten Mal -am; beidemal Montasaragiam B): ‘Irm(en)gard, Tochter des Werner von Muntasaragia’. Der Ortsname unklar.180 Der Name ‘Irmengard’ kam in das Karolingerhaus durch die erste Frau Ludwigs des Frommen, Mutter unter anderem Kaiser Lothars, und durch die gleichnamige Frau Lothars; dessen Enkelin Irmengard, Tochter Kaiser Ludwigs II. von Italien, zunächst verlobt mit einem byzantinischen Prinzen, heiratete dann Boso, der als unmittelbarer Nachfolger des in die Epik eingegangenen Gerhart (also des Girart de Viane/Roussillon/Fraite) Herzog von Vienne war, bald energisch dessen burgundisch-antizentralfränkische Politik aufnahm und sich einige Jahre später eben dank seiner Heirat als erster Nicht-Karolinger zum König aufwerfen konnte. Wie René Louis (1947, speziell 1.87–91) unwiderlegt gezeigt hat, sind eine ganze Reihe beherrschender Züge dieses Boso in das epische Bild seines Vorgängers eingegangen, darunter eben auch die Heirat mit Irmengard. Sonst zum Namen afrz. Ermengart/Hermanjart cf. Morlet 82, zu afrz. G(u)arnier cf. p. 116 s.v. Varner af Pirapunt.
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Man erwartet ein dem Herzogtum von Vienne mehr oder minder benachbartes, ziemlich großes Lehen. Mögliche Kandidaten: 1) Afrz. Montferrat ‘Monferrato’ passt sachlich gut: Wilhelm IV. von Monferrat, Neffe von Papst Calixt II. und Schwager Ludwigs VI. von Frankreich, war Onkel Barbarossas und bis zu seinem Tod um 1186 als Feind der oberitalienischen Kommunen stets kaisertreu; spätestens durch seinen Sohn Bonifaz, den Führer des Vierten Kreuzzugs, wurde Monferrat um 1200 europaweit bekannt, cf. LdM s.v. Mon(t)ferrat. Auch formal ist die Verlesung f ~ Lang-s leicht verständlich. Schwachpunkt der Erklärung ist der Endungswechsel; immerhin kann man etwa darauf hinweisen, dass Flutre 1962 s.v. Josafa(i)ge diese Form für Josaphat sowohl im Zehn- wie im Zwölfsilber-Alexander nachweist, eine jener Spielformen, die besonders im Übergang vom Assonanz- zum Reimzeitalter gängig waren. 2) Afrz. (Muters-) Tarentaise, lat. (z.B. im Testament Karls des Großen, Vita Karoli 33) Darantasia, das heutige Moutiers-en-Tarentaise (Savoie), war Sitz eines Erzbischofs, der um 1200 zugleich weltlicher Herr war, dessen Rechte aber von der realen Macht der Grafen von Savoyen überschattet wurden, cf. LdM s.v. Tarentaise – doch liegt der Name auch mit vorgesetztem (oder aus moutiers verkanntem) Mont paläographisch ziemlich weit ab; zwar sind, besonders bei diesem weniger bekannten Namen, tt (oder td) ~ t, r ~ Lang-s, Verlust einer Tilde und t ~ r einzeln leicht vorstellbar, komplizieren jedoch zusammengenommen die Hypothese bedenklich. – (Cler-)montFerrand scheidet wohl aus, da als Clerimunt laut 6*/B4 im Besitz eines Wilhelm; Mon(t)serrat in Katalonien scheint nie als Lehensname vorzukommen.
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(Unger 36, Loth A33, B33): Zur Reihenfolge von König und Papst bei der Einsetzung der Bischöfe cf. p. 44 . In der Vita Aegidii (10. Jh., vier Handschriften schon aus dem 11. Jh.)181 ruft Karl Ägidius aus der Provence zu sich (Kap. 18) und gesteht ihm, dass er ein turpe facinus – ein scelus, wie es kurz darauf (Kap. 21) genannt wird – nicht zu beichten wage (Kap. 20); Ägidius bittet während der Messe in stillem Gebet für Karl, erhält sogleich einen die Sünde nennenden und ihre Vergebung meldenden Himmelsbrief und gibt ihn nach der Messe Karl zu lesen, der dann seine Sünde gesteht (Kap. 21).182 Weder die Vita Aegidii in irgendeiner Handschrift noch die kurz nach 1165 verfertigte Vita [Sancti] Karoli Magni (I 13, ed. Rauschen 1890, 35) noch die frühen volkssprachlichen Versionen der Ägidius-Vita (der früh-mhd. Trierer Ägidius von etwa 1160183 und die altfranzösische Vie de Saint Gilles des Guillaume de Berneville von etwa 1170) präzisieren Karls Sünde; doch ist es psychologisch kaum vorstellbar, dass die offensichtliche Lücke einer solchen Erzählung nicht bald gerüchtweise aufgefüllt wurde. Nun hatte bereits Einhart (Vita Karoli 18 und 20) Karl sechs uneheliche Kinder von fünf concubinae zugesprochen, und schon im ersten Jahrzehnt nach Karls Tod entstand die Visio Wettini, die den ausdrücklich als sonst gerecht gepriesenen Karl um sexueller Sünden willen im Fegefeuer eine ZerÀeischung seiner Genitalien erleiden sah. Deshalb lässt schon in der Vita Aegidii das turpe ‘schimpÀich, schändlich’ weniger etwa
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Älteste und verbreitetste Redaktion: Acta Sanctorum Sept. I 299–303; auf viel breiterer handschriftlicher Grundlage, aber nahezu ohne textliche Änderungen: Jones (1914, 98–111). Bei Jones Aufzählung der Mss. mit Datierung: 95ss.; zur ersten Benutzung dieser Redaktion der Vita vor 1029 durch Fulbert von Chartres: p. 2 n. 1, und 33. Der luziden und gewissenhaften Arbeit von Jones wird man Recht geben müssen in so gut wie allen gegen Gaston Paris gerichteten Kritikpunkten; Paris’ Aufassung ist jetzt zusammengefasst in der Ed. Laurent des Guillaume de Berneville (2003, Einleitung XXIII-XXX). Paris’ eigene Worte zuletzt in der Ed. Paris/Bos desselben Werkes (1881, Einleitung XLVI-LXXII, später geschrieben als Paris 1905, 378–382). Laut Françoise Laurent wäre schon dieses Erzählgerüst verdächtig, einer anderen Vita nachgebildet zu sein (wie das ja in der Hagiographie gang und gäbe ist), nämlich der Vita Eleutherii: Deren Protagonist, Bischof von Tournai, erhält ebenfalls einen Himmelsbrief, in welchem König Chlodwig die Absolution erteilt wird für ein schweres Vergehen, das dieser nicht zu beichten wagte, cf. die Ed. Laurent des Guillaume de Berneville, Einleitung XXVII. Doch hatte schon de Gaif¿er (1955, 499s.) zu Recht entschieden die umgekehrte Abhängigkeitsrichtung vertreten: Die älteste Vita Eleutherii (Acta Sanctorum Febr. III 190–192), wohl 10. Jh., kennt das Chlodwig-Wunder noch nicht; der älteste Textzeuge dieses Wunders, die zweite Vita Eleutherii, von einem Henricus Mitte des 12. Jh. (op. cit. 192–199, hier 193), kopiert bereits die Vita Aegidii – wie es im selben Jahrhundert für ihre eigenen Zwecke auch die Vita eines Bischofs Theodul oder Theodor von Sion im Wallis tut. (Etwa gleichzeitig mit Henricus erscheint die Chlodwig-Legende übrigens auch in der Fortsetzung des Liber de restauratione monasterii Sancti Martini Tornacensis des Heriman von Tournai [1883, 319, cf. 271], die ebenfalls in einer Handschrift des 12. Jh. vorliegt.) Ebenso wenig die früh-mhd. Kaiserchronik (wohl zweites Drittel des 12. Jh.) und eine Reihe späterer Texte; zu ihnen ausführlich Gaston Paris in der Ed. Paris/Bos des Guillaume de Berneville (Einleitung LXXVIIs., LXXXIIss., LXXXVIIs., XCI ss.), Jones (1914, 62ss.) und Keller (1992, 42–46); alle drei haben allerdings den Trierer Ägidius übersehen. Cf. ferner zur Anspielung im Huon de Bordeaux, zur franko-italienischen Mort Charlemagne und zu dem Hexameter-Vierzeiler auf dem unter Friedrich II. vollendeten Karlsbogen des Aachener Münsters Contini (1964, 113s.), zu letzterem z.B. auch Grimme (1962, 44–49, 168).
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an ein Gewaltverbrechen denken als vielmehr an eine Sünde im sexuellen Bereich, die, weil scelus, über das von Einhart Gesagte hinausgehen musste.184 So wird man nicht erst unseren Erzähler für den Er¿nder des Inzestmotivs halten,185 braucht aber auch nicht zwischen der Vita Aegidii und ihm zur Erklärung der Unterschiede eine ausformulierte Quelle anzunehmen; vielmehr glaubt er es seinem narrativen Vollständigkeitsstreben schuldig zu sein, in diesen Rahmen ein schon verbreitetes On-dit einzuarbeiten.186 Wohl auf ihn selbst wird man dann seine wenig glückliche Präzisierung zurückführen dürfen, laut Himmelsbrief werde Roland erst nach zwölf187 Monaten zur Welt kommen und Karl solle ihn ausgeben als Siebenmonatskind von Miloni (Dat.) af Angers;188 ihn vermählt also Karl jetzt mit Gisela und macht ihn zum Herzog der Bretagne. Zum Namen Milo cf. p. 83 s.v. Milon. 184
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Das zeigt sich auch an dem zweiten Motiv, das, seit dem späten 13. Jh. im deutschen Raum nachweisbar, ganz wie das Inzestmotiv diese Lücke ausfüllen sollte, dem Motiv der Nekrophilie, cf. dazu Gaston Paris (1905, 382–385, 544), seine Ed. des Guillaume de Berneville (Einleitung LXXXIVs.) oder Keller (1992, 39s.). Schon das Rolandslied wahrt ja über Rolands Vater ein so auffälliges Schweigen, dass oft angenommen wird, sein Dichter habe die Inzestlegende gekannt, so z.B. Lejeune (1961, speziell 352 n. 49, 364ss.). Über die inhaltlich nicht eindeutige Ägidius-Erwähnung Rol. 2095–2097 cf. zuletzt Girault (2005, 143–145). Man kann sogar gute Gründe für die Vermutung ¿nden, vom Dichter sei Rolands Tod letztlich als göttliche Strafe für Karls Sünde aufgefasst worden, cf. etwa Mölk (2003 passim). Ferner wird Karls Inzest thematisiert: pathetisch im okzitanischen Ronsasvals (und vielleicht auch im Rollan a Saragossa), dezenter im italienischen Überlieferungsstrang (Fatti di Spagna, La Spagna, La Rotta di Roncisvalle), ferner mit einer Unsicherheitsklausel im frz. Tristan de Nanteuil, in der Chronik des Jean d’Outremeuse, in der Berliner Prosa-Berte und (kurz an anderer Stelle als die breit ausgeführte Nekrophilieversion, cf. vorige Anm.) in der dt. Chronik von Weihenstephan, ja andeutungsweise vielleicht noch 1478 bei Banyon (cf. Guillaume de Berneville, edd. Paris/Bos [1881], Einleitung LXXXIIs., XCIV, CIX, Gaston Paris 1905, 381, Lejeune 1961, 369, Keller 1992, 50–53), d.h., in Werken, die zwar jünger sind als die fKMS I, aber in keiner Weise von ihr abhängig scheinen. Zu bildlichen Zeugnissen – die anscheinend schon im 12. Jh. einsetzen, aber nur ungenau zu datieren sind – cf. Lejeune/Stiennon (1966, I 160–167). Zu Texten, die Karls Sünde erwähnen, aber nicht präzisieren, cf. n. 295. Wenn der vorliegende Text der KMS I den Heiligen nur innerhalb der Wunder-Erzählung Egidius, sonst Gilias o.ä. nennt, so deutet die letztere Form gerade eindeutig darauf hin, dass der Autor der fKMS I nicht lateinisch, sondern französisch schrieb. Die lat. Form geht, wie Foote (1959, 31–33, zustimmend Patron-Godefroit im Namenindex) sehr plausibel gemacht hat, erst auf jemanden im Norden zurück, der die Erzählung erkannte, sich aber nicht um das sonstige Gilias u.ä. kümmerte. B spricht irrigerweise schon hier von sieben statt zwölf Monaten, weil er als Bezugspunkt der Mitteilung nicht den Inzest, sondern die Hochzeit von Gisela und Milo versteht. Aus den letzten sechs Sätzen von 37/AB34 in A kann man schließen, dass Ang(li)ers o.ä. unweit der Bretagne liegt, nicht aber, dass es in der Bretagne liegt. Genauer nun lauten die Varianten: in A Angers (so Loth, Angrers Patron-Godefroit, Angrs Unger 36/A33), Anglers (so Loth und Unger, Angler als Nominativ zu einem vermeintlichen an. Genitiv Patron-Godefroit 37/A34), Angler (38/A35), Anglerz (so Loth, Anglers Unger 54/A51); in B Angres (36/B33), Angvers (37/B34); in b Angres (so Loth ex silentio, Unger explizit 36/B33), Angres (37/B34). Wie erklären sie sich? Hier meint zunächst (in 36/AB33) der nordische Archetyp das inhaltlich naheliegende, aber gerade deshalb als lectio facilior verdächtige Angers (das ja als Beherrschungszentrum für die Bretagne einigermaßen passt, als Hauptort einer ‘Bretonenmark’ sogar ausgezeichnet passen würde). Dann (in 37/AB34) geht, offenbar mit dem Archetyp, wenigstens A zur lectio dif¿cilior mit -l- über, während einmaliges Angvers in B auf Einmischung von Anvers ‘Antwerpen’ beruht und b seine Lesart aus 36 wiederholt. Wie in A
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Die Schlüpfrigkeit, mit der hier unser Erzähler den Himmel zum Er¿nder und Beschützer einer Lüge macht, ist meines Erachtens das einzige Detail, das Aebischer (1972, 14) zur Rechtfertigung seiner Quali¿kation der ganzen fKMS I als Chronique [...] mondaine et scandaleuse anführen könnte. Die vorhergehende offene Nennung des Inzestes selbst ist nicht schlüpfrig, sondern völlig verständlich, wenn der Inzest spätere Tragik (mit-) begründen soll. In der meisterhaft erzählten Geluviz-Szene wiederum (cf. unten 56/A53), die ebenfalls späteres Verhängnis begründen soll, liegt die Schlüpfrigkeit auf Geluviz Seite, und Roland wird ihr Opfer – umso leichter verständlich, je realistischer die Szene erzählt wird. Reicht das, um die ganze fKMS I mit zwei Schlagworten charakterisieren zu wollen? Ligger, Abt: Afrz. Li(e)g(i)er, Leg(i)er ‘Leodegar, L(i)udger’ (Morlet 159). Unser Erzähler hat für diesen geistlichen Komparsen den Namen des bekannten heiligen Bischofs von Autun († 677) und des heiligen ersten Bischofs von Münster († 809) wiederverwandt. Man vergleiche sein ähnliches Verfahren bei Vilballd (p. 108) und Viballd (p. 134 mit n. 169). B hat den Namen nicht gekannt oder nicht erkannt und willkürlich Varin eingesetzt. (Zu diesem Namen cf. p. 94s. s.v. Poer, Varin af.) Bei Roland übernehmen gleich nach der Taufe Ammen die Mutterstelle, wie es in mittelalterlichen Adelskreisen weithin gängig war. Im Übrigen liegt seine Elementarerziehung in geistlichen Händen und schließt bemerkenswerterweise Unterricht im Lesen ein. Wie üblich beginnt mit sieben Jahren die spezi¿sch ritterliche Erziehung. Hierbei erklärt sich Karls engster Freund Herzog Naimes spontan bereit, die Verantwortung als Obererzieher durch häu¿ge Inspektion des Jungen zu übernehmen; in den Erziehungsalltag teilen sich, wohl mit unterschiedlichen Aufgaben, der Adlige Gerhart von Nijmegen und der ritterliche Ministeriale Drogo. Zur Feier dieses neuen
bleibt auch in der altfranzösischen Epik in Milos Beinamen die Form Ang(i)ers o.ä. ‘Angers’ sehr selten gegenüber den -l-haltigen Formen Aiglant/Ayglant, Aiglent, Aigline (letzteres nur im Zehnsilber-Girart 1025, in einer gereimten Laisse; sonst dort Aglent, Aiglent), Aingler, Anglant (> Anglante, Angrante der ital. Epik), Anglé, Anglent, Angler, Angleterre, Englant, Englent, Engler; dazu im Pseudo-Turpin Milo de Angleris (z.B. im Codex Calixtinus) bzw. de Angulariis (z.B. in A1, in dem das Lat. auch sonst verbessert ist). Viele dieser Formen beruhen sichtlich auf Einmischung entweder von aiglant ‘églantier’ (zur Semantik cf. einen epischen Namen wie Renaud d’Aubépine) oder sogar von ‘England/Angleterre’. Der dann allein als lectio dif¿cilior verbleibende, also hier wohl primäre toponymische Typ mittellat. Angulares, -arios/-arias ist wie sein Nachbartyp Angulata in Frankreich häu¿g; cf. in (Süd-) Westfrankreich z.B. Angliers bei Montcontour, etwa 70 km südsüdöstlich Angers, Angularias in den Gesta Dagoberti Kap. 35 (SS. mer. 2.413, 9. Jh.), Anglerio, Angleris um 1100, wichtiger Besitz von Saint-Denis (die Pfarrei unterstand allerdings dem Marmoutier von Tours, cf. Redet 1881 s.v.); war der Autor des Pseudo-Turpin Poiteviner, wie ich glaube, so wird ihm der Ort bekannt gewesen sein. Namengebend für Milo kann aber mindestens ebenso gut das (oder die beiden benachbarten?) Angulata am ZusammenÀuss von Mayenne und Maine und/oder wenige Kilometer weiter am ZusammenÀuss von Maine und Loire (letzteres heute L’Onglée), also in oder nahe bei Angers, gewesen sein: (Ein Invasor) posuerat castra sua in Angulata (Fragment verfasst 1096, in der Ed. Halphen der Chroniques des Comtes d’Anjou 1913, 234, mit Bezug auf die Zeit um 1026); denn das Toponym scheint hier mit Angularia zu wechseln, cf. z.B. Ramackers (1958, 133), für Saint-Laud in Angers in Angularia 1133, Delisle/Berger (1920, 66) in Angularia juxta civitatem Andegavensem um 1170, auch Port (1965, s.v. Angleia).
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Lebensabschnitts begibt sich Karl mit den beiden Erziehern und dem Jungen nach Orléans, also den aus der Bretagne kommenden Eltern entgegen. (Unger 37, Loth A34, B34): Rolands «Ehrengarde»: Wie Karl für sich selbst einen Hofstaat aus zwanzig Getreuen zusammenstellte (26*/A25/B26), so jetzt für seinen geliebten Neffen eine Ehrengarde aus doppelt so vielen Magnatensöhnen. Die Zahl wird 40 vorab genannt; dann werden (meist mit Nennung des Vaters und seines Lehens) in A 39, in B 35 Personen aufgezählt – das bestätigt unser sonstiges Urteil über den relativen Wert beider Fassungen. Genau eine Person ist in B, aber nicht in A genannt; da B zwar zu Präzisierungen und anderen Änderungen, aber kaum zu inhaltlichen Zusätzen neigt, ist das die vierzigste des Archetyps (cf. unten Position 28). Bei der Beurteilung der Aufzählung ist zweierlei zu bedenken. Erstens sind seit der Einladung nach Aachen (6* und 6**/B4) gut zehneinhalb Jahre verstrichen, nämlich eineinhalb Jahre bis zur Königs-, ein weiteres Jahr bis zur Kaiserkrönung, reichlich ein Jahr bis zur Geburt Rolands sowie sieben Lebensjahre Rolands. Da ist der Wechsel einzelner Lehnsinhaber nur natürlich, oder es mag nur der Bruder des Lehnsinhabers einen Sohn in präsentierbarem Alter haben (cf. unten die Positionen 20, 25–27). Und zweitens: Als Karl für sich selbst zwanzig Begleiter (26*/A25/B26) auswählte, konnte er Erwachsene beurteilen, und von ihnen erwarben mehr als vier Fünftel einen Namen in der altfranzösischen Epik. Jetzt hingegen geht es um Kinder; da ist es nicht erstaunlich, wenn sich (wie in 6*+6**/B4) nur ein Fünftel von ihnen epischen Ruf erwerben wird (Positionen 4, 5, 10, 11, 12, 17, 24, 37). Der Unterschied ist statistisch zu ausgeprägt, um auf Zufall beruhen zu können, muss vielmehr vom Erzähler eingeplant sein. Ersatzweise inspiriert sich dieser in gewissem Maße (wie schon in 6*+6**/B4) an realen Grafen des 11. und 12. Jh. (Positionen 1–3, 21–23, 33–36).189 Dennoch bleibt ihm hier insgesamt viel Freiheit. Tendenziell wählt er zunächst (etwa Position 1–18) bedeutendere Lehen aus, es folgt eine Nachlese speziell zentralfranzösischer (etwa 21–30), dann nördlicher Lehen (etwa 31 bzw. 33–38). Spoleto schließlich (Position 40) stellt einen Nachtrag beim Sohn dar wie vorher beim Vater, der als einziger noch nicht zur Aachener, sondern erst zur römischen Krönung geladen wurde. Im Einzelnen: [1][2] Ballduini ok Aurnolfr [die Söhne des Balduin von Flandern], systrungar ‘Kinder von Geschwistern’, also ‘Vettern’, in Bezug zu Karl (so gemäß 17/A17/B15 richtig, hier A, Aebischer, Hieatt), hingegen systur synir ‘Kinder einer Schwester’, also Neffen Karls (im Widerspruch zu 17/A17/B15, hier B; ferner Patron-Godefroit und Lacroix sogar in der Übersetzung von A). Zur Namenwahl (Tradition der väterlichen und der mütterlichen Familie) cf. p. 95 s.v. Beluin.
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Unidenti¿zierbar bleiben die Lehen in den Positionen 19 und 39. Bei dem Brüderpaar in 31–32 fehlt die Angabe sowohl des Vaters als auch des Lehens – sofern man nicht beide zum Folgenden ziehen, also dem Grafen von Kleve drei Söhne zusprechen will; der Übersetzer hätte dann in 33 ein pluralisch gemeintes ¿z singularisch genommen. Sonst tauchen bisher ungenannte Lehen, wie zu erwarten, nur vereinzelt auf (Positionen 11, 22, 24).
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[3] Vilhialm, Sohn des Königs Drogo af Peiturs ‘Poitiers/Poitou’ (6*/B4). Zur Häu¿gkeit des Namens ‘Wilhelm’ speziell im südfranzösischen Adel cf. p. 88 s.v. Clerimunt, Vilhjalm jarll af; gerade bei den Grafen-Herzögen von Poitou-Aquitanien war der Name bekanntlich zehn Generationen lang Leitname. [4] Estant, Sohn von Otun (A), bzw. (versehentlich namenloser) Sohn von Hotun (B), Hatun (b), d.h., des ‘Hatto’ oder des ‘Odo von der Champagne’ (Nr. 6 bzw. Nr. 15 der Zwanziger-Gruppe in 26*/A25/B26): Der Estout de Langres der altfranzösischen Epik, dort Sohn des Odon de Langres (so schon im Pseudo-Turpin; au für im An. unbekanntes afrz. ou, dann u ~ n).190 [5] Auherri af Borgunia, (mit b ~ h) der Auberi le Bourguignon oder de Bourgogne der altfranzösischen Epik (schon im Pseudo-Turpin), vom Erzähler wohl als Sohn Herberts des Starken von Burgund (p. 87) angesehen. Alberich hießen im 10. Jh. drei Grafen von Mâcon, manchmal vager als ‘Grafen in Burgund’ bezeichnet. Zum Namen ‘Alberich’ Morlet 29. [6] Reinar, Sohn des Herzogs [Hugo, p. 79] af Paris. Zum Namen ‘Reginar, Reiner’ cf. p. 76. [7][8] Hugi, Sohn Valltirs af Ternis (zu ihm cf. p. 92 s.v. Terus, Guazer af), und Vallter, sein Bruder. Zum Namen ‘Hugo’ cf. p. 81s. s.v. Hugi, zum Namen ‘Walter’ cf. p. 90s. s.v. Beis borg, Valltir af. [9][10] Bertram ok Eimund af Burdelia: Der Name ‘Bertram’ (zu ihm Morlet 56) ist nirgends in Frankreich unbekannt, aber im Süden und speziell im Südwesten dicht belegt. ‘Haimon von Bordeaux’ ist der Haim (Obliquus Haimon) de B(o)urdele der altfranzösischen Epik (seit dem späteren 12. Jh.); der Wortausgang -mon/-mun ist uminterpretiert als zweiter Namensteil germ. -mund, afrz. -mont/-munt – was besonders leicht dort möglich war, wo gedeckt-¿nales -t zum Schwund neigte wie im Anglonorm. seit dem späteren 12. Jh., cf. Pope (1952, 453 § 1201, 460 § 1232). Diese -d-Verlängerung des Namens ‘Haimon’ ¿nden wir im An. auch im Amund der Geirards saga, im Am(m)und(i) der Mágus saga, ferner im A(s)mund der isländischen Magus rímur (cf. Moisan 1986, III s.v. Aimes de Dordone). Vermutlich gelten die Brüder unserem Erzähler als Söhne des Engelier von der Gaskogne (p. 105), der in der altfranzösischen Epik seinen Sitz in Bordeaux hat. [11][12] Aumeri af Berin ok Lambert, sein Bruder: Almaricus > afrz. Almari, Aumeri begegnet seit dem 11. Jh. gelegentlich durch Metathese von Amalricus > afrz. Amalri, Amauri (Morlet 34, Moisan). Ein Amauri von Bourges, der Hauptstadt des Berry (die Namen von Stadt und Landschaft haben denselben Ursprung), hat eine kleine Rolle im Garin le Lorrain (spätes 12. Jh.). Bekannter ist der Lambert de Berri oder le Berruier der altfranzösischen Epik (schon im Pseudo-Turpin); er wird in 40/A37/
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Afrz. estout, im Rektus Mask. estouz, ‘draufgängerisch, töricht’ ist außer bei dem Epenhelden nicht als Name zu belegen. Doch heißt dieser im Galien (spätes 13. Jh.) alle vier Mal Estouf, in Italien dann ständig Astolfo, trägt dort also den germ. Namen Haistulf/Aistulf, d.h. den Namen des vorletzten Langobardenkönigs und Gegners von Pippin, der auch in der Champagne im 11. Jh. belegt ist (Morlet 43, 123) und im Rektus als Estous im späten 12. Jh. mit dem Adj. zusammenfallen musste.
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B38 als Parteigänger Karls von Olivier besiegt und in die Stadt Vienne mitgeführt.191 In 41/A38 heißt er Lambert Berfer, wo der Übersetzer wie schon beim Namen Dre¿a (1/B1) das u ~ v des altfranzösischen Originals fälschlich für den Konsonanten statt den Vokal genommen hat. Zum Namen Lambert cf. p. 104 s.v. Mvnfort, Lambert af. [13] Manaser (Manases B), Sohn des Grafen af Deremunt (Slaremvnt B, Klaremunt b): ‘Manasses von Clermont’. Zu Verschreibungen von Clermont cf. p. 88 s.v. Clerimunt, Vilhjalm af. Zur afrz. Form Manaser und zur Verbreitung des Namens Manasses im mittelalterlichen Ostfrankreich cf. p. 139. Es handelt sich also eher um den Sohn des Robert von Clermont (-en-Argonne?), p. 103, als um den des Wilhelm von Clermont (-Ferrand), p. 88.192 [14] Veler (Uildri B, Velldre b) af Bealfer, Bruder des Naimes: ‘Odilo von Bayern’. Afrz. Rektus Huidle(s), Huidre(s), Obliquus Huidelon (seltener Wi- oder Ui- statt Hui-), wobei das rein graphische H- nur die Lesung /vi-/ statt /yi-/ verhindern soll. Der Mittelsilbenvokal ist vor dem Ton und damit im Obliquus erhalten, aber nach dem Ton (also in der absolut schwächsten Stellung) und damit im Rektus geschwunden. Als im Afrz. um 1100 -dl- > -l- zu werden begann (z.B. modulus > modle > moule, Rodlant > Rollant), trat in unserem Falle stattdessen, um einem «Physiognomieverlust» des ganzen Namens auszuweichen, Abdrängung zu -dr- ein. (Vergleichbar ist beim gleichzeitigen Untergang von -tl- die Abdrängung zu -tr- in den halbgelehrten Wörtern apôtre, chapitre, épître, titre.) Doch standen dabei, wie zu erwarten, eine gewisse Zeit noch älteres Huidle(s) und jüngeres Huidre(s) nebeneinander; hieraus konnte sich eine Kreuzungsform *Huildre(s) ergeben. In der KMS I liegt der Obliquus dem Namen des Vaters Videlun (cf. p. 40, 70) zugrunde, der Rektus dem Namen des (gegenüber Naimes jüngeren) Sohnes, der am relativ besten im Vildri von B erhalten ist, wo -i < -e die reguläre Nominativ-Endung des (hier historisch richtigen) n-Stammes ist. Wie so häu¿g auch in der Realität dieser Jahrhunderte trägt also nicht der Erstgeborene, sondern erst ein jüngerer Sohn den Namen des Vaters. [15][16] Pippin ok Karl, Söhne des Herzogs [Herwig] af Kolne ‘Köln’. Nach dem Brief der Königin Berta (p. 84) ist der Herzog ein Verwandter des Königshauses. Um dies seinerseits zu betonen, hat Herwig seinen beiden Söhnen Karolingernamen gegeben. [17] Jozelin af Puencia (Puintia B, Provinzia b¹; Provincia b² laut Loth, Provencia ohne Varianten laut Unger): ‘Josselin von der Provence’, der Jozeran de Provence der altfranzösischen Epik (schon Rol. 3007), nur dass unser Erzähler das Hypokoristikon benutzt (zu ‘Gauzram’ und ‘Gauzlin’ Morlet 106 bzw. 106s.). Vermutlich sieht er Josselin als Sohn des Richard von der Provence (p. 104s.) an.
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Das letztgenannte Faktum fehlt leider in Aebischers Übersetzung, cf. Gilbert/van Emden (1973, 153). Ein Manasses de Claromonte, Laudunensis, ¿el am 1. Juli 1097 auf dem Ersten Kreuzzug, cf. Hagenmeyer (1901, VIII, Brief des Anselm von Ribémont an Erzbischof Manasses von Reims Ende November 1097 aus dem Lager bei Antiochia). Doch liegen die beiden Grafschaftsorte Clermont-en-Beauvaisis und Clermont-en-Argonne zwar beide in der Erzdiözese Reims, aber keiner davon in der Diözese Laon.
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[18] Balldvini af Blesborg: ‘Balduin von Blois’, wohl Sohn Walters von Blois (p. 104s.). [19] Bernardr, Sohn des Otram af Pursals: Unbekannt. Afrz. Otran < germ. Audramn mit seit dem 9. Jh. sehr gut belegter Auslautverhärtung des ersten Namengliedes (Morlet 44). Pursals würde man für ‘Brüssel’ halten (cf. Bursalz p. 98), wenn dieses nicht als Brusela folgen würde, cf. unten Position 36. [20] Joceram (Jordram B, aber Jozaram b¹), Sohn RaÀs (so A laut Loth, Ralfs laut Unger, Rolfs B) af Vtrefs ‘Utrecht’ – aber p. 96 hieß der Herr von Utrecht ‘Ludwig’. Zum Namen ‘Gauzram’ cf. oben Position 17. [21]193 Rikardr, Sohn Richards des Alten af Nordmandi ‘der Normandie’ (p. 93s.): Auch in der Realität folgte auf Richard I. den Alten (†996) sein Sohn Richard II. († 1026), auf diesen sein Sohn Richard III. (†1028). [22] [23] Benzalin, Sohn des Hugo von Puntis (Puntif B), und Todbertr (Theoballdus B), sein Bruder: Afrz. Pontiu, Pontif ‘Ponthieu’, seit dem frühen 11. Jh. Grafschaft in der Nordwest-Pikardie. ‘Hugo’ hießen der erste bekannte Graf, Schwiegersohn des Hugo Capet, und ein weiterer Graf des 11. Jh., cf. Brunel (1930, Einleitung p. III und IX). Zu Benzalin Morlet 51,194 zu ‘Theudebert’ Morlet 67. ‘Theobald’ in B kann (verdoppelnde) Vorwegnahme des Folgenden sein. [24] Thedballdr (Theoballdr B), Sohn Segrins af Aspremunt (Segnis af Fenizu B), einer der Thibaut d’Aspremont der altfranzösischen Epik (seit dem späten 12. Jh.), wobei hier zumindest ursprünglich Apremont-la-Forêt (Meuse) mit noch heute eindrucksvoller Burg gemeint sein wird, das im 13. Jh. in mehreren Romanen eine Rolle spielt (Flutre 1962 s.vv. Aspremont, Apremont), eine reiche Herrschaft mit zweihundert Dörfern (cf. Parisse 1982, 140–142, 350s.). Seine Herren trugen im 13. Jh. den Grafentitel; ihrer Familie entstammte zur Zeit unseres Erzählers Johann I., Bischof von Verdun, dann Metz, cf. LdM s.v. Apremont. In B ist nach Segnis ein Zeilensprungfehler eingetreten, so dass Fenizu nicht für Aspremunt eingetreten, sondern zu Uenzu von A (Position 26/27) gehört, cf. unten. Zum Namen ‘Theobald’ cf. p. 89 s.v. Theoballdur. Segrin und Segni sind Fehlschreibungen des in der altfranzösischen Epik von Anfang an (Gormont et Isembart) gut belegten Namens Seguin < germ. Sige-win (Morlet 199). [25] Rodbert, Sohn Rodberz af Angeo ‘Anjou’ – aber wohl schon in 6**/B4, sicher in 16/B14, 20/A20, 21/A21, 22/A22 und noch in 58/A55 ist Geoffroi Herr von Anjou. Zum Namen ‘Robert’ cf. p. 103 s.v. Klerimunt, Rodbert af. [26][27] Hugi, Sohn des Hugo af Uenzu (Unger Nenzu), und Reinar, sein Bruder (Reinir, sein Brudersohn B). Die Waes (2/B2) war von dem Verschwörer Dankmar an Rembalt den Friesen (26/AB25) gegangen, der jedoch für seine weitgestreckten Besitzungen Untervasallen benötigen mag. Zum Namen ‘Hugo’ cf. p. 81s. s.v. Hugi, zu ‘Reginar, Reiner’ cf. p. 76 s.v. Reinir. In B erscheint auf Grund des zu Position 24
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Die Positionen 21 und 22 fehlen leider in Aebischers Übersetzung, cf. Gilbert/van Emden (1973, 153). Morlet stellt dieses Hypokoristikon zu den in Frankreich sehr seltenen band-Namen; man könnte es mindestens ebenso gut zu den häu¿gen ber(e)n-Namen stellen.
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erwähnten Zeilensprungfehlers Theoballdr als Sohn des Segnir af Fenizu (~ Uenzu). Umgekehrt bietet jetzt infolge einer Lücke in A nur B (wie oben bereits mitgeteilt) [28] Gerpes af Gimvnar ¿alli: ‘Erpo vom Montgenèvre’. In 6*/B4 (p. 86) hatten wir Gimen identi¿ziert als Genève, Genf, was zugegebenermaßen nur mit Hilfe des Kontextprinzips gelang. Hier nun haben wir, verbunden mit ¿all ‘Mont-’ ein nahezu identisches Gimun- entweder mit der Genitiv-Endung -ar oder mit einem zusätzlichen Stammelement -(a)r. In beiden Fällen denkt man an den Montgenèvre, den südlichsten und niedrigsten der drei großen Westalpenpässe nach dem Großen Sankt-Bernhard und dem Mont-Cenis (cf. p. 85s. s.vv. Mundio und Moren), obwohl der Name Montgenèvre nur zufällig an Genève anklingt. Herren über den Montgenèvre waren seit etwa 1050 durch Belehnung mit dem Briançonnais die Grafen von Albon und des südlichen Viennois, die ‘Dauphins’ (seit 1162 als Nebenlinie der Herzöge von Burgund), die Gegenspieler des Hauses Savoyen, das über den Großen Sankt-Bernhard und den Mont Cenis gebot. Gerpes bleibt als Name unidenti¿zierbar, wenn man nicht eine Verlesung von geschwungener H- und G-Initiale (wie eindeutig bei Geluviz statt Heluviz, cf. p. 38 mit n. 42) annimmt; das H- ist dann parasitisch, wie es ja in der altfranzösischen Epik auch bei germ. Namen ganz alltäglich ist (Hermenjart, Hermenfroi, Herneïs, Hernaut u.a.); zu Erpes cf. p. 101 s.v. Eysu, Erpes jarll af. [29] Vazer, Sohn des Geofrey af Korlin: Der junge Mann ist ein merkwürdiges Kreuzungsprodukt aus dem Vaker (~ Vazer) af Kornelia und dem Geofrey af Orliens (zu beiden p. 137). [30] Makin, Sohn des Herzogs [Landri] af Ansers (Auteis B, Anzeis b¹, Anceis b²): Es handelt sich wohl nicht um Anvers ‘Antwerpen’ (dann mit f ~ Lang-s), sondern um das Herzogtum Annzeis (p. 107), d.h., um Auxerre bzw. das Auxerrois; das Au- in B, das -z-/-c- in b¹b² und das -r- in A sind also ursprünglich. Makin ist Hypokoristikon zu Macaire; zu diesem Namen cf. p. 111 s.v. Matharium. [31][32] GeirarÞr und Teor¿, sein Bruder: Zum Namen ‘Gerhart’ cf. p. 97 s.v. Homedia, Geirardr af. Der Name Teor¿ (hier auch nach der Syntax ein Nominativ, auch von Patron-Godefroit so wiedergegeben) erscheint abermals in 58/A55 in einem offensichtlich latinisierenden Akkusativ Teorfam und einem eindeutigen Dativ Teorfu (sic, mir unerklärlich, wenn nicht Verschreibung für Teorfa), beide von Patron-Godefroit in ihrer Übersetzung auf einen Nominativ Teorfa zurückgeführt (also wohl wie herra u.ä.?). In 58/A55 handelt es sich eindeutig um Tierri d’Anjou, den Bruder des Geoffroi d’Anjou. (Das -eo- also wohl latinisierend wie oben in Theoballd für Thibaut, Thiebaut u.ä.) So wie die KMS I in afrz. Freri und Hervi das -i uminterpretiert zum Nominativ-Ausgang eines vermeintlichen n-Stammes und dazu den Akkusativ Frera, Herfa bildet (7/B5), so wohl im Prinzip auch hier, wozu dann die Latinisierung Teorfam (~ agricolam, Sullam, vermutlich erst durch einen Abschreiber) ein Irrtum zweiten Grades ist. Bezüglich des f führt hier die Annahme, es gehe auf afrz. v ~ u zurück, zu nichts. Es bleibt nur die Annahme, dass in Alpha das nach Diphthong unerwartete -rr- als -rf- verlesen wurde, was möglich war in Schriften, bei denen -r- und -f- entweder beide auf der Hauptlinie endeten (von der karolingischen Minuskel bis in die gotische Textura immer gängig, Bischoff 1979, 145, 168) oder
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beide unter diese hinabreichten (Bischoff op. cit. 155, cf. auch 160, 162);195 zudem kann der nordische Name Tor¿ die Fehllesung begünstigt haben. In B ist die Person des Teor¿ ausgelassen, möglicherweise, weil Beta mit der vorgefundenen NamensUnform nichts anzufangen wusste. Zum Namen afrz. Tierri, heute Thierry, mittellat. Theodericus, dt. Dietrich cf. Morlet 69s.196 [33] Aurnolfr, Sohn Gerrards af Defa, d.h. von Kleve (p. 97). Hier ist Au- (und im folgenden Namen O-) Graphie des an. u-Umlauts von a- (< *Arn-[w]ulfaR). Da in B Position 32 ausgelassen ist, erscheinen dort Gerhart und Arnulf als Söhne Gerharts von Kleve. In der Geschichte der Grafen von Kleve gibt es vor 1202 drei ‘Arnold’; zum Namen ‘Arnulf’ und zur Quasi-Äquivalenz von ‘Arnulf’ und ‘Arnold’ cf. p. 101 s.v. Blantea, Arnulfus af. [34][35] Ornolfr (gegenüber Aurnolfr lediglich andere Schreibung des u-Unlautes von a) , Sohn des Grafen [Hermar/Hermann] af Los, d.h. von Loon (p. 98), und L͗dfer ‘Ludwig’ (nicht ‘Lothar’, cf. p. 42 n. 8), sein Bruder. Die Leitnamen ‘Ludwig’ und ‘Arnold’ (cf. soeben Position 33) bestimmten in der Tat die frühe Geschichte der Grafen von Loon (zumindest je drei ‘Ludwig’ und ‘Arnold’ bis 1229; der 1218 gestorbene Ludwig von Loon war ein Freund des Bischofs Hugues de Pierrepont, de Moreau 1945, 534s.). [36] Gudifrey, Sohn des Grafen [Reiner] af Brusela, d.h. von Brüssel (p. 98s.). In der Geschichte hießen Urgroßvater, Großvater und Vater des bis 1235 regierenden Herzogs Heinrich von Brabant(-Brüssel) ‘Gottfried’. [37] Fromundr, Sohn AÀens (A): Fehler für af Lens (cf. p. 99 s.v. Lens, Fridmundr hertoginn af). Richtiger B: Fromundr Fromundar son. In den Lothringerepen heißt der Sohn des Fromont von Lens Fromondin. [38] Petur, Sohn des Robert af Seruni, d.h. von Péronne (p. 117). [39] Segun, Sohn eines ungenannten Grafen von Vegia (Fria B): Unidenti¿ziert. Zum Namen afrz. Seguin cf. oben Position 24. [40] Folkvini, Sohn des Königs [Otto/Hatto] af Spolia, d.h. von Spoleto (p. 140). Zum Namen Folkvin(i) cf. p. 96 s.v. Teisterbant, Folkuini af. Klarer als in den Namenslisten von 6* und 6** kommt jetzt übrigens heraus, dass unser Erzähler Karolingernamen auf Personen des Nordostens beschränkt: Arnulf von Flandern, Pippin und Karl von Köln sind explizit enge Verwandte des Herrscherhauses, aber auch die Arnulfe von Loon, Kleve, Düren und Blankenheim sowie die Ludwige von Loon und Utrecht gehören dem Nordosten an. (Unger 38, Loth A35, B35 und 36 bis l. 7): Der Krieg des Gerhart von Vienne gegen Karl: Der historische Gerhart von Vienne war dreißig Jahre lang ein Gegner Karls des
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Cf. ferner bei Cappelli (1929, 318) mehrere Formen der r-Minuskel mit klarer Oberlänge oder sogar mit Ober- und Unterlänge, die man als -f- verlesen kann; Formen mit Unterlänge auch z.B. op. cit. 324 regione, 325 regnante, 326 renuntians, 332 rogavimus aus dem späten 8. bis zum späten 12. Jh. Außerhalb von Branche I erscheint der Name in zu erwartenden Formen: Terri III 14, V 28, 35, 37 (hier überall für Tierri d’Ardenne), þidrekr IV A9 (hier aus dem lat. Tedricus des Pseudo-Turpin).
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Kahlen. In der KMS I ist die Handlung wie im Girart de Viane (nicht aber im Zehnsilber-Girart de Roussillon) auf Karl den Großen übertragen. Gundeblif (Gundilibolf B): Einer der namhaftesten Könige der Burgunder im heutigen Südostfrankreich war Gundobad († 516); er vertrieb die Alemannen aus Langres und Besançon, kämpfte auch gegen die Franken und vor allem, auf ihn geht ein Grundstock der oft nach ihm benannten Lex Burgundionum (‘Loi Gombette’) zurück, cf. LdM s.vv. Gundobad und Lex Burgundionum. In der altfranzösischen Epik gibt es schattenhafte Erinnerungen an ihn: In Amis et Amiles (kurz vor oder um 1200) ist Gonbaut le Bourguignon ein verräterischer Feind Karls des Großen, im Zwölfsilber-Girart (erste Hälfte des 14. Jh., Umgebung von Dijon) ist König Gondebaut von Burgund Großvater des Girart de Roussillon, ähnlich wie er schon in der KMS I – hier zwar ohne Königstitel, aber sich als Souverän über das von ihm den Heiden abgerungene Land betrachtend – Girarts Onkel ist; der gemeinsame Nenner ist der antifränkische Partikularismus eines fast zeitlosen (nämlich sich vom frühmittelalterlichen Stammeskönigtum bis zum spätmittelalterlichen Herzogtum proteushaft erneuernden) ‘Burgund’. Das in der Galloromania als zweites Namenelement nicht überlebende -bad(u) ging manchmal auf in dem weitaus häu¿geren -bald – deshalb oben Gondebaut, Gonbaut (und selbst in der heutigen frz. wissenschaftlichen Literatur Gondebaud für den Burgunderkönig) –, manchmal aber auch in dem nur wenig häu¿geren -bod(o) > -buef (mit derselben Substitution /į/ > /v/ und Auslautverhärtung zu /f/ wie in ¿ef u.ä.) – deshalb afrz. Gondebuef. 197 Das erste -l- in B stammt aus einer Erweiterung Gundal-, Gundul- statt Gund-, die sich in Frankreich seit dem 9. Jh. beobachten lässt und wohl die Zweisilbigkeit des ersten Namensteils sichern soll (Morlet 118), in A mit Übertritt in die Folgesilbe;198 das zweite -l- in B geht wohl auf eine Kreuzung mit -bald zurück. Rolands Schwertleite ist wie die Karls (p. 121) eine «Massenpromotion» hauptsächlich zu seinen Ehren, nur verständlicherweise in etwas kleinerem Rahmen, nämlich an vierzig statt einhundert künftigen Rittern. In Abwesenheit einer Persönlichkeit königlichen Ranges wird sie diesmal ausgeführt von dem sozusagen natürlichen Promotor des Hauptgeehrten, dem Vater.199 Dass die Schwertleite unmittelbar vor dem ersten Auszug des oder der jungen Ritter zu einem Feldzug oder einer Schlacht statt¿ndet, wird vereinzelt schon in karolingischer Zeit, etwas häu¿ger seit Mitte des 12. Jh. berichtet,200 nimmt allerdings seit der zweiten Hälfte des 13. Jh. noch einmal sehr zu.
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So in der altfranzösischen Epik, wo die Hauptgestalt dieses Namens allerdings zum Herrn von Friesland geworden ist (zuerst im Pseudo-Turpin: Gandelbodus rex Frisiae, hier vielleicht durch einen simplen Irrtum); sowohl in der Pseudo-Turpin-Überlieferung als auch in der altfranzösischen Epik weist der Name weitere Varianten auf, die für uns nicht von Interesse sind. Cf. in der Epik die Varianten Gondelbuef, Gondrebuef, Gondebruef. Zu den zahlreichen historischen Belegen für den Vater als Ausführenden cf. oben p. 121 n. 135. Hierher gehören bei Erben (1918–1920, 108ss.) die Fälle 1, 12, 17, 25, 39, dazu Diskussion (op. cit. 144–147); dazu kommt der wichtige Beleg aus der Barbarossazeit bei Orth (1990, 163 n. 144). Orths Charakterisierung solcher Massenpromotionen in Verbindung mit Feldzügen als spätmittelalterlich stimmt also nur ungefähr.
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(Unger 39, Loth A36, B36 ab l. 7 und 37 bis l. 24): yfer Peitenam (Peitenia a): Unklar. Ein Ritter (von der Gegenpartei, wie sich bald herausstellen wird, nämlich Bernhard von der Auvergne, ein Verwandter Gerharts) reitet herzu yfer Peitenam (A), vr kastala (‘aus einer Burg’) yfer Peitenia (a) bzw. af borginni ‘aus der (belagerten) Stadt’ (Bb) und beobachtet Roland,201 wie dieser sein Quartier inmitten der Belagerer von Vienne bezieht. B bietet mit ‘aus der Stadt’ eine (inhaltlich wohl richtige) lectio facilior;202 A hingegen (und vermutlich auch a) sieht Peiten(i)a – vielleicht zu Unrecht – als Eigen201
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Der Text bietet elementare Schwierigkeiten. Sicher ist, (1) dass Bernhard sich als Einzelreiter auf die Gruppe um Roland (á mót Þeim) zubewegt, nicht umgekehrt, (2) dass er dabei, wie der Fortgang der Erzählung zeigt, bereits kampfgerüstet ist, während sich Roland erst rüsten muss, (3) dass der folgende Zweikampf, die schließliche Abführung des besiegten Bernhard durch Roland und – bei beider Ankunft in Karls Belagerungsheer – die dortige anfängliche Unsicherheit über Bernhards Identität zwingend die Abwesenheit von Parteigängern Bernhards voraussetzen. Das herbergdiz ‘nahm Quartier’ in A kann also nicht Bernhard, sondern nur Roland zum Subjekt haben, der ja in der Tat gerade Quartier bezieht, und zwar med audrum Riddorum ‘bei anderen Rittern (von Karls Belagerungsheer)’. Dann ist also in dem Satzgefüge [...] sá Rollant at hann herbergdiz der vorher genannte fremde Ritter noch (nicht wiederholtes) Subjekt des Hauptsatzes (Nygaard 1905/06, §10a), Rollant ist Objekt im Hauptsatz und zugleich (als hann) Subjekt im Nebensatz: ‘(Der fremde Ritter näherte sich und) sah Roland, (nämlich) dass dieser Quartier nahm’ ~ ‘beobachtete Roland, wie dieser Quartier nahm’. In B fehlt nach med das audrum Riddorum, wird aber von Loth zu Recht in spitzen Klammern ergänzt; außerdem ist im folgenden Satz (Roland verlangt nach seinen Waffen) das Subjekt Rollant nicht mehr ausdrücklich genannt und muss aus dem Zusammenhang ergänzt werden. Diese beiden Auslassungen in B sind aber klar sekundär, so dass der Archetyp von Alpha und Beta zu A stimmt. In dem eben zitierten Satz hat nun in der Alpha-Familie die Handschrift a Rollant als Subjekt von ‘sah’ verstanden und musste deshalb den Text ändern: Roland sah nun, dass der fremde Ritter (jetzt zwangsläu¿g Subjekt des Nebensatzes) gerade ‘nicht (ecki zugesetzt) bei anderen Rittern Quartier nahm’, also (über sein Bewaffnetsein hinaus) als Einzelgänger verdächtig wurde. In der Beta-Familie hat b ebenfalls Rollant als Subjekt von ‘sah’ genommen und musste den Text ändern: Roland sah nun, dass der fremde Ritter (wieder jetzt Subjekt des Nebensatzes) nicht etwa Quartier nahm, sondern im Gegenteil var herklæddr ‘zum Kampf gewappnet war’, also (über sein Einzelgängertum hinaus) durch sein Bewaffnetsein verdächtig wurde. Dass a und b unabhängig voneinander dieselbe Verständnisschwierigkeit hatten, strapaziert nicht die Wahrscheinlichkeit, sondern rührt einfach daher, dass nach ok ein beigeordneter Satz mit Inversion außerordentlich häu¿g ist (Nygaard 1905/06, §338e, Heusler 1967, § 510) und dass bei Rollant (anders als bei so gut wie allen einheimischen mask. Singularen) Nominativ und Akkusativ gleich lauten (es gibt kein *Rollantr); doch haben a und b dieselbe Schwierigkeit ganz verschieden beseitigt, bilden also keine Gruppe. Alle vier Textvarianten sind somit (bis auf die Unebenheit in B) «vernünftig». Denn auch in A (und B) reicht die Tatsache, dass ein gewappneter Einzelreiter auf den im Quartiernehmen begriffenen, also nicht kampfbereiten Roland zureitet und ihn beobachtet, voll als Motivation dafür aus, dass Roland sich wappnet. Damit entfällt wohl einer der beiden Kritikpunkte, die van Emden (1988, 144, mit Rückbezug auf 1976, 844s. samt n. 20) an Loths und Skårups Stemma anmeldete. Über den anderen Kritikpunkt cf. weiter unten im Haupttext zur Doppelbestrafung Rolands p. 154 mit n. 205. Man könnte zunächst auch an ein anderes Verständnis des Passus denken: Bernard von der Auvergne kommt aus seinem eigenen Lehen (a: ur kastala yfer Peiten[i]a[m], etwa *‘d’un chastel devers Peitou’; an. Peita ‘Poitiers’; auch wenn laut Nygaard [1905/06, §41] bei Eigennamen schwerlich an den postpositiven Artikel zu denken ist, cf. immerhin Peitnesk [mit -n-] ‘poitevinisch’ laut Cleasby/Vígfusson s.v.) und will erst zu Gerhart stoßen – doch ein Graf reitet nicht allein auf einen Kriegszug. Wohl aber kann man sich leicht vorstellen, dass ein selbstsicherer Einzelreiter aus der belagerten Stadt durch eine poterne einen Ausritt unternimmt.
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namen an (ihnen folgt Patron-Godefroit in ihrem Index). Hieatt ad loc. vermutet darin einen Wasserlauf; ein solcher ähnlichen Namens ist aber auch mit den besten Hilfsmitteln nicht zu ¿nden. Lag in der fKMS I vielmehr eine Wendung vor wie etwa par une posterne ‘durch eine kleine Tür der Stadtmauer’ oder auch par un poncel/ponton ‘über eine Zugbrücke’? Bernarþr af Averna (Auuerna a), frendi Gerrardz hertuga: ‘Bernhard von der Auvergne, Verwandter des Herzogs Gerhart’, im Denken des Erzählers wohl der Sohn Wilhelms von Clermont(-Ferrand, cf. p. 88 s.v. Clerimunt, auch zum Ortsnamen); denn als Bernhards Hauptsitz in der Auvergne wird weiter unten in 39/A36/B37 richtig angegeben Jdremunt A (mit cl ~ d)/Klarimont B ‘Clermont(-Ferrand)’. Dieser Bernhard ist wohl identisch mit dem seit etwa 1200 belegten Bernhard von Clermont der altfranzösischen Epik. René Louis (1947, 1.51–57) verglich ihn mit dem historischen Bernard Plantevelue, Grafen von der Auvergne und Zeitgenossen des Gerhart von Vienne, und betonte, dass die Gestalt in der KMS I wie bei Philippe Mousket eine gewisse Zwischenstellung zwischen Karl und Gerhart einnehme. Wie a Auuerna hat, so später im selben Kapitel A die Form Auferna; denn aus lat. Arverni stehen afrz. nebeneinander Avern- mit Schwunddissimilation des ersten -r- und Alvern- > Auvernmit Dissimilation zu -l-, bis Letzteres obsiegt. Dass der Auvergnat auf Seiten Gerharts steht, ist bemerkenswert; denn zusammen mit der Tatsache, dass sich das Lehen von Oliviers Vater, vage gesagt, östlich an Gerharts Besitz anschließen dürfte (cf. unten p. 157 s.v. Laramel), gewinnt dadurch Gerharts Kampf gegen Karl auch in der KMS I etwas von der Weite und Gefährlichkeit, die ihn sowohl im Girart de Viane als auch schon, und noch grandioser, im ZehnsilberGirart de Roussillon auszeichnet. Valerner (Nominativ Pl. mit Art.): ‘Die Romanen’, in der KMS I die Franzosen, cf. Teil III p. 39s. einleitend. Jdremunt (Klarimont B): Cf. soeben Averna. In diesem Kapitel zeigt sich zum ersten Mal bei unserem Erzähler die bemerkenswerte Tendenz, Roland eine gewisse «Minimalschuld»203 zuzusprechen, d.h. ihn aus einer unübersichtlichen Situation nicht ganz schuldlos herauszukommen zu lassen, ihm aber zugleich starke mildernde Umstände zuzusprechen. Auch heutigen RolandInterpreten sollte es zu denken geben, dass Roland somit in der Einschätzung dieses Erzählers noch des ersten Drittels des 13. Jh. nicht einfach ein frommer Held ohne allen Makel war. Im vorliegenden Fall gilt selbstverständlich, dass ein Kombattant vom Augenblick seines Eintreffens im Lager an nicht nur den allgemeinen Grundsätzen der Lagerdisziplin untersteht, sondern sich auch über die aus der jeweiligen Situation heraus erfolgten taktischen Anordnungen zu informieren und nicht vorher auf eigene Faust aktiv zu werden hat. Mildernd fällt ins Gewicht, dass Roland sich in den Zweikampf nur hineinziehen lässt und durch seinen Sieg seinem Onkel einen großen Vorteil verschafft.
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Dieser Ausdruck ist zugleich als Kompromissvorschlag gedacht für die in der Romanistik immer wieder einmal aufÀammenden Kontroversen um Rolands Charakter.
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In allen Texten holt Naimes nun Roland zu sich, begibt sich dann aber klugerweise zunächst ohne ihn zu Karl und besänftigt diesen. In A und in der dänischen Krønike (auf deren Zusammengehen hier van Emden 1988, 144s. aufmerksam macht) erhält Roland ohne Bestrafung sogleich Karls Verzeihung. In aBb hingegen empfängt Roland eine doppelte Strafe. Erstens muss er, schon bevor Naimes zu Karl geht, sich auf Naimes’ Bett ausstrecken, um Schläge zu empfangen; man darf sich diesen Akt, den Naimes offenbar noch in seiner Eigenschaft als Rolands Tutor (fostr meistari, 36/A33, fysti meistari 37/B34) so ausführt, dass Roland dabei nicht vor Dritten gedemütigt wird, als einen echten, für Roland unvergesslich sein sollenden Erziehungsakt vorstellen, selbst wenn er wohl, physisch gesehen, kaum mehr als andeutend aus¿el (erst Bb haben ‘und er schlug ihn [wirklich]’). Doch soll Roland zweitens auch öffentlich, d.h. hier zumindest vor dem Herrscher als dem inhaltlich Tangierten, wenigstens eine symbolische Strafe erhalten; denn Begnadigung ist im Mittelalter häu¿ger Strafminderung als Straferlass, und die verbleibende Strafe ist dabei arbiträr, d.h. nicht nur im Ausmaß, sondern auch nach der Art, dem Begnadigenden anheim gestellt. Karl hatte bei seinem Kampfesverbot mit der Todesstrafe, also einer Leibesstrafe, gedroht; deshalb soll jetzt auch die symbolische Strafe formal gerade noch als Leibesstrafe, also als Eingriff in die körperliche Integrität, deutbar sein: Mit Karls Einwilligung schneidet Naimes Roland die Nägel – womit auch bezüglich des Ausführenden die am wenigsten demütigende Lösung gefunden ist.204 Die Doppelbestrafung ist hier eine klassische lectio dif¿cilior; denn man kann sich kaum vorstellen, weshalb ein Kopist bei vorgefundener einfacher Bestrafung oder StraÀosigkeit auf sie verfallen sein sollte. Wenn man Skårups Stemma bewahren und auch keine Kontamination annehmen will, muss man akzeptieren, dass A und die Krønike unabhängig voneinander Roland für essentiell schuldlos hielten und die Doppelbestrafung als spitz¿ndige Finesse gestrichen haben, wobei man sich allerdings leicht wundert, dass keiner von beiden wenigstens einen der beiden Strafakte beibehalten hat.205 (Unger 40, Loth A37, B37 ab l. 24 und 38 bis l. 10): ‘Sieben Winter’, die im An. gängige Ausdrucksweise für ‘sieben Jahre’. Dass ein schwerer Krieg sieben Jahre dauert, ist zur Zeit unseres Erzählers längst Topos. Man denke an Vers 2 des Rolandsliedes oder daran, dass der Pseudo-Turpin gleich im Einleitungsbrief den Topos glaubt überbieten zu sollen durch die Behauptung, er sei vierzehn Jahre lange bei Karls gesamtem 204
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Wohlgemerkt gehört (im Gegensatz zu dem obigen Schneiden durch eine andere Person) das häu¿ge Schneiden (und Reinigen) der eigenen Nägel in der hö¿schen Zeit wie heute zu den Standardforderungen der Körperhygiene sowohl für Männer (Clef d’amors 371ss.) als auch für Frauen (Clef d’amors 2350ss., 2518ss., Robert von Blois, Chastoiement des Dames vv. 470ss.). Eine Bestätigung e contrario ist es, wenn gelegentlich Verzweifelte, Rachsüchtige u.ä. geloben, mit dem Kopfhaar und Bart auch die Nägel bis zu einem bestimmten Ereignis nicht zu kürzen (Chevalier au barisel 479ss., Heinrich von Neustadt, Apollonius von Tyrland 2886ss.). Die Strafe für Roland ist also nicht so aufzufassen, als könnten ihn auffallend kurze Nägel einige Tage lang vor seinen Gesellen genieren, sie ist vielmehr rein symbolisch. Dies also zu van Emdens zweitem Punkt der Kritik an Skårups Stemma (cf. p. 152 n. 201). Der alternative, aber m.E. zu gravierende Schluss wäre, dass zwar ebenfalls die Doppelbestrafung ursprünglich, aber die Krønike aus Proto-Alpha und A kontaminiert ist.
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Spanienkrieg Augenzeuge gewesen. Auch reale Ereignisse konnten so – schon nach 80 bis 150 Jahren – überhöht werden: Ferdinand I. von Kastilien-León brauchte 1065 für die Bezwingung von Coimbra, die erste Großtat der Reconquista, weniger als sechs Monate, sein Sohn Alfons VI. bezwang Toledo 1085 nach höchstens dreijähriger Belagerung; doch sieben Jahre dauerte erstere schon nach dem Codex Calixtinus (Buch II, Kap. 19), letztere nach Ibn al-Athir (vor 1234) und späteren arabischen Historikern.206 Olifer (auch Oliver in A gelegentlich, in B häu¿ger): Er ist in der KMS I Schwestersohn Gerharts, nicht wie im Girart de Viane (und marginal in der Aymeriden-Epik) sein Brudersohn. Der gemeinsame Nenner und damit konstitutiv für ihn ist die Neffenschaft zu Gerhart, damit aber auch die Zugehörigkeit zum Südosten. Er ist mit beidem das Gegenbild zu Roland, dem Neffen Karls und Mann des Nordwestens. Und so wie Roland soeben Bernhard von der Auvergne, einen Verwandten Gerharts, gefangen genommen hat, muss nun Olivier Lambert vom Berry gefangen nehmen, dessen Gefangennahme von Karl auch in A sehr bedauert wird, während er in B sogar ausdrücklich als Verwandter Karls bezeichnet wird (zu Lambert cf. p. 146s., Position 12). Die Ranggleichheit Rolands und Oliviers gilt also in der KMS I wie im Girart de Viane auch in kämpferischer Hinsicht, und sie muss es, damit die Ankündigung eines Zweikampfes beider nicht für die Rezipienten der Erzählung von vornherein unglaubhaft oder spannungslos ist. Die Literatur zum Namen ‘Olivier’ ist zu umfangreich, um hier referiert zu werden. Da durchaus unklar bleibt, ob die umfangreichen Kontroversen zu irgendeinem Konsens geführt haben, sei es gestattet, ohne auf sie einzugehen, an zwei meines Erachtens heute zu wenig beachtete Umstände zu erinnern, die gerade im Zusammenhang mit der KMS I von Interesse sind. Erstens: Der älteste bekannt gewordene Beleg für den Namen Olivier ist immer noch jenes S[ignum] Oliverii in einer um 1000 entstandenen Urkunde des Kartulars von Savigny,207 die schon Rajna (1889, 7 n. 5), beibrachte; diese Urkunde bezieht sich auf den Ort Bibost, Kanton L’Arbresle (Rhône), in der Luftlinie nur 40 km nordwestlich von Vienne, das den einen, und 50 km nordnordwestlich jenes Roussillon, das nach Ferdinand Lot (dem ich beipÀichte) den anderen der beiden epischen Beinamen Gerharts geliefert hat – kann man diese Nachbarschaft guten Gewissens als Zufall abtun? Doch noch wichtiger (und völlig unbeachtet): Diese Urkunde ist entstanden in auffälliger räumlich-zeitlicher Nähe zu wichtigen Frühstufen der GottesfriedensBewegung, etwa zu jenem die gesamte Bewegung einläutenden Friedenseid, den um 975 der Bischof des 100 km entfernten Le Puy den Rittern seines Bistums aufzwang, weiter zu dem Konzil von Le Puy, das 994 derselbe Bischof unter Beteiligung vieler anderer Bischöfe und hoher südfranzösischer Adliger abhielt, zu den Friedenseiden von Vienne (erstes Drittel des 11. Jh.), von Verdun-sur-le-Doubs (1019/1021), zu den 206 207
Cf. etwa Dunlop (1942, 93), Mackay/Benaboud (1979, 96). Bernard (1853, 219). Text und Begründung der Datierung bei Aebischer (1960a, 745–747): Der Stifter Adalardus ist um 970 und um 1000 belegt, der Zeuge Andreas monachus 1001 sowie zu einem unbestimmbaren Zeitpunkt zwischen 993 und 1032, der Schreiber Uualterius monachus dreimal zwischen 990 und 994.
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Synoden von Héry (1024) und Anse (1025, zu ihnen allen LdM s.v. Gottesfrieden) – sollte sich in dem durchaus symbolträchtigen Namen Olivier (obwohl absurderweise selbst diese Symbolik geleugnet worden ist) nicht auch von Anfang an das geistige Klima dieser Umgebung spiegeln, nämlich eine Ritterschaft in zunehmender Ächtung von Kämpfen von Christen gegen Christen? Und zweitens: Wie bewusst parallel Roland und Olivier in der KMS I auch gezeichnet werden, bleibt doch ein wesentlicher Unterschied; ihn hat meines Erachtens am besten Favati (1962, 16) herausgestellt. Von Roland wird in 38/A35/B36, also unmittelbar vor seinem Auszug zu Karls Feldzug, in A mitgeteilt, er sei bei der Schwertleite noch ‘so jung und klein’ gewesen, dass sein Vater ihm das Schwertgehänge um den Hals statt um den Leib legte; B hat dieses Detail zwar als unglaubhaft empfunden und ersetzt durch die Mitteilung, Roland sei ‘so jung’ gewesen, dass er kaum Waffen tragen konnte – aber gemeinsam und damit für den Urtext gesichert ist die Betonung der für die Schwertleite ungewöhnlichen Jugend Rolands. Von Olivier verlautet nichts dergleichen; man hält ihn also unwillkürlich für den Älteren. Im Rolandslied hingegen erfährt man nichts über das relative Alter beider; der Eindruck größerer weltlicher Reife Oliviers – er ist sage – wird wettgemacht durch die lange Reihe von Eroberungen, die der Dichter der Oxforder Fassung (und wohl selbst bei traditionalistischer Sichtweise erst er) Roland zuschreibt. Wenn sich nun ältere Versionen sei es der Roncevaux-Handlung, sei es ihrer Vienneser Vorgeschichte über den Altersunterschied beider Helden bei Wahrung ihrer kämpferischen Gleichrangigkeit mindestens ebenso deutlich äußerten wie noch die KMS I, ist es da erstaunlich, wenn nach den urkundlichen Zeugnissen bis gegen 1110 und damit in der Realität bis etwa 1080–1090 Väter ihre Söhne ‘Olivier und Roland’ nannten? Damit ¿ndet doch ein vermeintliches literarhistorisches Rätsel eine einfache Erklärung, umso mehr, als diese Benennungsreihenfolge zunächst im Süden, dann im Westen (Angers, Dinan) zu ¿nden ist und damit wenigstens grosso modo den Weg der Gottesfriedensbewegung nachzeichnet: vom Süden, den die Bewegung gegen 1000 in seiner vollen Ausdehnung von der Auvergne bis Narbonne und Poitiers erfasst hatte, in den Westen, wo sie z.B. in der Normandie sich erst nach Widerständen seit 1047 festsetzen konnte,208 doch schließlich sogar, endgültig seit 1080 vom Herzog und seinen Vicomtes erzwungen, als ständiger Landfrieden gehandhabt wurde.209 Diese Grundstimmung schlug erst wieder um, als das Ritterideal sich von der Sicherung des inneren Friedens zur aggressiven Aufopferung für den christlichen Glauben steigerte: in gewissen Kreisen wohl schon in den Jahren vor dem Ersten Kreuzzug unter dem Eindruck der militärischen Situation in Spanien und in Kleinasien, im allgemeinen Bewusstsein dann 1095 mit dem Aufruf zum Ersten 208 209
Cf. Douglas (1995, 52s., 59s.). Cf. Douglas (1995, 146). Nördlich von Paris griffen zwar seit 1023 einige Bischöfe, Synoden und landbesitzende Klöster den Gottesfriedensgedanken auf. Doch zogen der Norden und Nordosten in der Namenmode aus einem allgemeineren Grunde nicht mit, weil nämlich im realen Machtbereich der Kapetinger ‘Karolingismus’ damals noch nicht in Mode kommen konnte; zu erbittert hatten ein ganzes Jahrhundert lang beide Dynastien um das Königtum rivalisiert, als dass die neue Dynastie es schon hätte wagen können, sich den Mantel der alten überzuwerfen. Als Markstein dafür, dass sie das schließlich doch zu tun begann, darf man das Jahr 1081 ansehen, als sie den Karolingernamen ‘Ludwig’ übernahm.
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Kreuzzug: Von nun an steht bei kämpferischer Gleichrangigkeit der Martyriumsbereite dem Nur-Klugen eindeutig voran. (Unger 41, Loth A38, B38 l. 10–25): Lambert BerfĊr: Zu ihm p. 146s., Position 12. Während die Auvergne zu Gerhart steht (p. 153 s.v. BernarÞr af Averna), hält (wie auch im Zehnsilber-Girart) weiter nach Norden schon das Berry zu Karl: In der KMS I ist Lambert vom Berry ist Karls hochgeschätzter Parteigänger. Hierin spiegelt sich die Tatsache, dass die Vizegrafschaft Bourges lehnsrechtlich schon seit etwa 924 eng nach Norden eingebunden und um 1100 überhaupt in der Krondomäne aufgegangen war. (Unger 42, Loth A39, B38 ab l. 25): Adein (Auda B): ‘Alda’. Zu den Formen dieses Namens p. 70 s.v. Oden. Laramel, Reinalld af (so A; Kaliber, Reinar af, B): Oliviers und Aldas Vater, Reiner (so das Rolandslied), Renier sonst in der altfranzösischen Epik. Im Oxforder Rolandslied (v. 2209) heißt sein Lehen val de Runers, wofür zwei Deutungen diskussionswürdig sind. Will man die Lesung von O unbedingt bewahren, so sind es die ‘Rhônetal-Bewohner’. Im Rolandslied heißt der Rh΅dnus zwar Rosne, aber vortonig fallen die Nachfolger von lat. ǂ und ǀ in ͕ zusammen, so dass die Graphie u verfügbar wird (wie tuneire, murir, erst recht turment usw.), und s vor stimmhaftem Konsonanten ist schon stumm, vortoniges Run- also einwandfrei; bedenklich bleibt nur, dass sonst kein Wortbildungstyp Flussname + -arius zu existieren scheint.210 Die andere, häu¿ger akzeptierte Möglichkeit ist eine Verlesung von Riviers (ivi ~ vier Hasten ~ un); damit hat man sich freilich über dessen geographische Lage noch nicht festgelegt, da ja afrz. rivier m. wie rivière f. einfach ‘Ufergelände am Fluss oder Meer’ bedeutet. Für Kaliber und Laramel könnte der gemeinsame Archetyp entweder *kalaber < afrz. Calabre ‘Kalabrien’ gelautet haben (so Hieatt; zur Wortform cf. Calebre in der KMS VIII 8, beidemal kann an. Anfangsbetonung im Spiel sein; geographisch vergleiche man als Lehen im Karlsreich immerhin Pul ‘Apulien’, p. 86) oder aber *lariuer – das ließe sich als la Rivière verstehen (zum Fall des -e und zur Reduktion ie > e cf. p. 59s., c und e) und als Variante von Riviers deuten. (Unger 43, Loth A40): Ein wichtiger Typ von Elementen, fast Personen, der Handlung des Rolandsliedes ist in der KMS I noch nicht zur Sprache gekommen: die Schwerter. Unser Erzähler führt deshalb jetzt eine Trias berühmter Schwerter ein. Die Idee einer solchen Schwertertrias hatte vor ihm schon der Dichter des Fierabras (vv. 638–655); er verdreifachte sie allerdings gleich: Wieland und seine wohl ad hoc erfundenen Brüder Muni¿cans und Aurisas schmieden dort je drei berühmte Schwerter, und zwar Wieland drei andere als in der KMS I; immerhin bleibt die Übereinstimmung in den Elementen ‘Wieland’ und ‘Schwerterdreiheit’ bemerkenswert. Malakins af Ivin: ‘Der Jude Malachias’. Der biblische Prophet Mal’Ɨk(h)Ư, im dt. Sprachbereich seit Luther meist ‘Maleachi’, heißt in der Vulgata Malachias, neufrz. Malachie, beides mit /k/; dazu ist Malak-in-s Hypokoristikon im afrz. Rektus. Außer
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Modernes Aisnier soll sich auf das Département, nicht den Fluss beziehen.
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etwa fünfundzwanzig sarazenischen Malaquin in verschiedenen Epen,211 meist Komparsen bis auf den Zauberer Malaquin im Jehan de Lanson (etwa gleichzeitig mit der fKMS I), heißt so ein nur einmal genannter jüdischer Helmschmied in den Chétifs (spätes 12. Jh.). Ivin ist ein als Toponym verkanntes altnordfrz. Juiu (Pope 1952, 202 § 546, 307 § 783), altzentralfrz. Juieu ‘Jude’ (erstes u als /v/ gedeutet, dadurch J zwangsläu¿g als Vokal genommen, ¿nales u als n verlesen). Die französischen Juden des Mittelalters trugen überwiegend biblische Namen, so hier Malachias und Abraham, sein Bruder. Doch während ‘Abraham’ bei den mittelalterlichen Juden Frankreichs, des deutschen Sprachgebiets und Osteuropas, wie zu erwarten, auf Schritt und Tritt begegnet, scheinen Belege für Maleachi zu fehlen (wie auch die Namen einiger anderer Kleiner Propheten wie Micha und Habakkuk unbelegbar sind), cf. Seror (1989) und Beider (2001) s.vv. Der Name Malakin ist also vermutlich nicht der Realität abgeschaut, sondern spiegelt nur das allgemeine Wissen der Christen um den jüdischen Gebrauch alttestamentarischer Namen. Galant smidr af Englandi: ‘Wieland der Schmied, von England’. Trotz der unerwarteten Herkunftsbezeichnung (und der vielleicht deshalb fehlenden Identi¿zierung mit an. VoÞ lund [Edda] bzw. Velent [Þidriks saga]) handelt es sich um den Meisterschmied des germ. Volksglaubens, aber auch der altfranzösischen Epik; wohl erschöpfend zu ihm Beckmann/Timm 2004 passim (speziell zu unserer Stelle 17s. und zu Wieland als Schmied gerade dreier berühmter Schwerter 18). Das Schwerterschmieden zeichnete sich in karolingischer (wie schon in merowingischer) Zeit vor allem aus durch ein mehrfach wiederholtes Ausglühen und Aushämmern (frz. recuit), das selbst aus mediokren Rohstoffen schließlich ausgezeichnete Stahlklingen erbringen konnte (Literatur dazu bei Beckmann/Timm 2004, 21 n. 27). Dies Verfahren war in der Tat extrem arbeitsaufwändig – obwohl die ‘sieben Jahre’ ein übertreibender Topos sind. Faber kongr: ‘König Faber’, sonst unbekannt, aber sichtlich in diesem Kontext nicht zu trennen von lat. faber ‘Schmied’. Dass ein bloßer Zwischenbesitzer der drei Schwerter, noch dazu ein König, gerade den Namen ‘Schmied’ tragen soll, ist bizarr und strapaziert die Wahrscheinlichkeit. Man kann zwischen zwei Möglichkeiten schwanken. Die erste: In der fKMS I wurde nach Nennung von Galant dessen Name im nächsten Satz anaphorisch aufgenommen als ‘der König der Schmiede, der königliche Schmied’ oder ähnlich,212 wo der nordische Übersetzer dann glaubte, afrz. fevre
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Der Fall steht nicht vereinzelt: Insgesamt werden in der altfranzösischen Epik mehrere Dutzend alttestamentarische und nichtchristlich-neutestamentarische Namen als Heidennamen verwandt. Dieses fazile Verfahren hat eine numerisch bescheidene, aber etymologisch berechtigte Vorstufe in der Realität: denn in den karolingischen Reichsannalen heißt z.B. (etymologisch richtig) zum Jahre 801 der Bagdader Kalifen Harun (al-Raschid) Aaron, der Emir Ibrahim von Fostat Abraham. Das Verfahren wird dann aber seit dem 11. Jh. mächtig gefördert durch die Beschuldigungen einer geheimen Komplizenschaft zwischen Judentum und Islam. Ein solcher Titel wäre durchaus nicht auffällig, da ‘König’ im Afrz. spätestens seit Ende des 12. Jh. sehr häu¿g in übertragenem Sinn für den Besten seiner Art steht; so gibt es den ‘König’ der Sänger, Schützen, Bettler, Hirten usw., cf. etwa FEW X 368b-369a s.v. rex.
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‘Schmied’ als quasi-lateinischen Namen verstehen zu sollen; es gäbe dann ursprünglich zwischen dem Schmied und dem Juden keinen Zwischenbesitzer. Die zweite, wohl wahrscheinlichere Möglichkeit: In der altfranzösischen Literatur tauchen von Galant geschmiedete Schwerter mehrfach zuerst in Heidenhand auf (cf. Beckmann/Timm 2004, 13s., 15, 17, 19s.). Nun heißt in der altfranzösischen Epik fast ein Dutzend Sarazenen, mehrheitlich Könige, Fabur. Hieß so in der fKMS I zufällig auch unser König, so kann dies der Übersetzer oder ein früher Abschreiber – durch den Kontext verleitet, wenn auch nicht sehr logisch – als Faber mit einem Scheinsinn erfüllt haben. VII hundrot bisunda gullz: ‘700 byzantinische Goldgulden’. Seit karolingischer Zeit wurden im Karlsreich und allen seinen Nachfolgestaaten, abgesehen von einem kurzen erfolglosen Zwischenspiel unter Ludwig dem Frommen, bis über die Zeit unseres Erzählers hinaus keine Goldmünzen geprägt. Die im späten 12. Jh. einsetzende süditalienische Goldprägung war selbst nach Einführung des Augustalis (1231) für Mitteleuropa belanglos. Die Geschichte der großen spätmittelalterlichen Goldmünzen – des Àorentinischen Guldens (Florenus), des venezianischen Dukaten, des französischen Écu d’or, dann ihrer Nachprägungen – beginnt erst nach 1250. Unter diesen Umständen deutet schon die bloße Nennung einer größeren Zahl byzantinischer Goldgulden auf Reichtum und internationale Handelsverbindungen. Andererseits hatte die Auslösung gefangener jüdischer Glaubensgenossen (hebr. pidyon shevuyim) – erst recht also die eines Bruders – einen extrem hohen Stellenwert schon im Talmud (Baba bathra 8ab), mindestens ebenso bei den Juden des mittelalterlichen Europa auf Grund ihrer ungesicherten Lebensverhältnisse (cf. EJ s.v. Captives, ransoming of). Das Wissen darum verleitete christliche Magnaten nicht selten zur Verhaftung eines Juden, um ein möglichst hohes Lösegeld zu erpressen. So dürfte ein Gegenwert von 700 byzantinischen Goldgulden ungefähr die obere Grenze des in epischem Kontext noch Vorstellbaren dargestellt haben. Doch enthält der altnordische Text noch einen Contresens. Aebischer übersetzt sprachlich richtig: «le roi Faber me donna en gage sept cents besants d’or,» ähnlich Patron-Godefroit und Lacroix. Nur Hieatt hat: «King Faber gave them» – nämlich die Schwerter – «to me as a surety for seven hundred gold coins» – sprachlich wohl ungerechtfertigt, aber sachlich wahrscheinlich richtig; im selben Sinne bezeichnet auch Patron-Godefroit wenigstens im Namenindex Faber als früheren Besitzer der Schwerter. Denn das europäische Mittelalter gestattete doch den Juden als faktisch einzige Erwerbsquelle den Geldverleih und, zwangsläu¿g damit verbunden, den Verkauf nicht eingelöster Pfänder. Also hat Malachias, nicht Faber das Geld gegeben und die Schwerter empfangen, wie es ja auch die weitere Erzählung voraussetzt. Als Auslöser des Irrtums kommen zwei Umstände in Betracht. Erstens heißt afrz. gagier nicht nur ‘als Pfand geben’, sondern seit dem 13. Jh. manchmal auch ‘als Pfand nehmen’ (Godefroy s.v. gagier, FEW XVII s.v. waddi). Zweitens gibt es bei Verben des Kaufens, Verkaufens, Einschätzens u. ä. statt des lat. Abl. des Preises vom Spätlat. bis ins heutige Frz. (zusätzlich zum Objektsakk.) den Akkusativ des
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Preises.213 Er kam laut Tobler/ Lommatzsch s.v. auch bei afrz. gagier vor: «transitiv mit sächlichem Objekt: etwas verpfänden, durch Pfand zusichern; ein Pfand geben für eine Summe (mit Akkusativ des Betrags).» Der altnordische Übersetzer hingegen war von seiner Muttersprache einen Akkusativ des Preises nur bei ‘kosten’, sonst einen Dativ des Preises (oder häu¿ger schon eine Präp.) gewöhnt, könnte also einen Akkusativ des Preises als Objektsakk. verkannt haben.214 Difa: Cf. p. 69s. s.v. Dre¿a. (Unger 44, Loth A41): Kurt: Afrz. Courte ‘(die) Kurze’ (als femininer Schwertname), in der altfranzösischen Epik Name von Ogiers Schwert; auch in 58/A55 wird Karl es Ogier geben. Die KMS hat später (III A42/B19 u.ö., VI 16) die aus dem afrz. Obliquus Courtain entlehnte Form Kurtein. Das Schwert wird in der Rolandslied-Überlieferung nicht in O erwähnt, wohl aber in den Fassungen (Segrescher Terminologie) į’ (CV7) und į’’ (PTL), die, chronologisch gesehen, unserem Erzähler bekannt sein konnten (obwohl das Rolandslied der KMS VIII an anderer Stelle, und zwar höher, im Stemma steht). Ogier selbst trägt den Beinamen Spatacurta ‘(der mit dem) Kurzschwert’ schon in der Nota Emilianense (entstanden um 1080 im spanischen Kloster San Millán de la Cogolla); ferner heißt Oggero spata curta schon ein Zeuge in einer (kartularisch um 1230 überlieferten und nicht der Fälschung oder Verfälschung verdächtigen) Urkunde von 1063 aus dem Kloster Oulx in den Westalpen – doch wohl nach dem Epenhelden, cf. Beckmann (2004b, 422–424). Gegen 1200 und später erklären einzelne epische Texte215 den Schwertnamen daraus, dass dieses Schwert bei seiner Prüfung am Aachener Stahlklotz (zu ihm cf. p. 119s.) an der Spitze beschädigt und dadurch etwas verkürzt worden sei.216 Unsere Erzählung hat damit den Ausgangspunkt gemein: Das Schwert wird am Aachener Klotz geprüft, schneidet dabei nicht ganz so gut ab, wie man es von anderen Schwertern erwarten darf, und bekommt seinen Namen, der hier aber essentiell unerklärt bleibt; stattdessen wird dieser Ausgangspunkt benutzt zu einer dreigliedrigen Steigerung.
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Also den Typ ‘j’ai acheté cette voiture trente mille euros’ u.ä. Cf. etwa Gamillscheg (1957, 362s.). Nygaard (1905/06, §94b, 111). Eine andere Möglichkeit möchte ich nicht ganz ausschließen, nämlich dass das afrz. Original (in nicht mehr bestimmbarem Wortlaut) sagte: ‘Der König Faber bot mir dafür 700 byzantinische Goldgulden (scil. aber ich lehnte dieses Angebot als zu gering ab)’; der an. Text lässt sich aber nicht so verstehen. Beckmann (2004b, 425 n. 23); dort hinzuzufügen: Renaut de Montauban ed. Michelant p. 210, vv. 8 ss. ~ ed. Castets vv. 7963 ss., noch nicht im Ms. Douce und damit in der Ed. Thomas (1989). Doch ist dies wohl eine späte, ätiologische Erklärung; der Name bezeichnete ursprünglich das vor- (und essentiell un-) hö¿sche ‘Kurzschwert’, semispatium, den sahs, cf. Beckmann (2004b, 424–426). – Hieatts Hinweis (ad loc.) darauf, dass kurt im An. ‘Hof‚ Hö¿schkeit’ bedeutet, passt nicht zum afrz. Text und trägt auch zum Verständnis des an. Textes nichts bei, da auch im An. kort ‘kurz’ als Hapax belegt ist (Hieatt 1978, 384s.). – In England wurde Ogiers Curtana seit spätestens 1236 identi¿ziert mit einem ‘Schwert der Gerechtigkeit’ (auch ‚Schwert der Gnade’), das bei der Krönung der englischen Könige in Aktion trat und von dem man glaubte, es habe dem Reliquienschatz König Eduards des Bekenners angehört; zumindest gegen Ende des Mittelalters interpretierte man das Abbrechen der Spitze als Sieg der Gnade über das Recht (van Emden 1988, 123 mit n. 2).
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Almaciam: Lat. Akkusativ zu afrz. Almace, dem Namen von Erzbischof Turpins Schwert schon im Oxforder Rolandslied (vv. 2089, cf. 2143); auch in 58/A55 wird Karl es Turpin geben. Während aber in der Roland-Überlieferung der Mittelvokal des Namens schwankt (Stengel entschied sich 1900 in seiner kritischen Ausgabe für Almice), hat die KMS I an allen drei Stellen (44/A41, 56/A53, 58/A55) den Akkusativ Almaciam und bestätigt damit das Almace von O und der neueren Roland-Ausgaben. Dass Karl gerade von diesem Schwert, nicht von einem der beiden anderen, sagt, es ‘sei gut, um Heiden damit niederzuhauen’, ist keineswegs trivial, sondern wird in besonderer Weise zu Turpin passen, da ja nur Turpin nach der KMS I ausschließlich gegen Heiden kämpfen will (cf. p. 133s. s.v. Turpin).217 Dyrumdali: Das erste der drei Schwerter hatte den stählernen Prüfklotz leicht beschädigt, das zweite war etwas tiefer eingedrungen, das dritte brach ein beträchtliches Stück aus dem Klotz, ist also an Härte den beiden anderen überlegen – daher der Name Dyrumdali. Erklärt wird damit nur der Namensteil afrz. Dur-, was aber genügt, da Sprecher des Afrz. -end-/-and- und -al (bzw. -art, -arda, -a) durchaus als sekundäre Elemente emp¿nden konnten.218
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Der Name Almace ist wohl von arab. al mƗs, auch (al) almƗs (< griech. adamƗs) ‘Diamant’ als Inbegriff des extrem Harten und Schneidenden nicht zu trennen (so Galmés de Fuentes 1972, 229ss. und Clemens/Hammam 1983 passim); das -e macht den Namen zum Femininum, wie ja wegen des unausgesprochenen Trägerwortes espee nahezu alle afrz. Schwertnamen weiblich sind. Die von Lejeune (1950, 162) vorgeschlagenen Etymologie *alme hache ‘erhabene Schwertaxt’ wäre semantisch vielleicht annehmbar; in der Tat hat ja das dt. Rolandslied Almicem, also einen lat. Akkusativ zu Almice, was kaum anders denn als lat. almities ‘[Inbegriff der] Erhabenheit’ zu verstehen ist, allerdings wohl nur als Sekundäretymologie. Doch ist Lejeunes Vorschlag phonetisch schwer haltbar; hache hat altzentralfrz. /tã/ ~ altnordfrz. /k/, nicht, wie hier erfordert, altzentralfrz. /ts/ ~ altnordfrz. /tã/. Die Deutung von Kahane/Kahane (1959, 218) als arab. al-Mnjsa ‘das [Schwert] des Moses’ hat gegen sich, dass sich im Stemma das -u- allein von V4 nicht über das -i- von Konrad und CV7 hinweg in den Subarchetyp von ȕ (und damit auch nicht in den Archetyp aller erhaltenen Handschriften) hinaufrücken lässt. Hieatts Hinweis (ad loc.) darauf, dass an. dyrum dali ‘(dem) teuren Tal’ bedeutet, wo dann ‘Tal’ so viel wie ‘Kerbe’ sein soll, beschreibt bestenfalls einen sekundären, etwas bizarren Sinngebungsversuch innerhalb des Altnordischen, passt aber nicht zu fKMS I, da dieses Schwert gerade keine Scharte davongetragen hat. Die sonstigen – mittelalterlichen wie romanistischen – Erklärungen des afrz. Schwertnamens Durendal u.ä. (die hier nicht alle besprochen werden können) gehen zwar im Einzelnen auseinander, verstehen aber nahezu alle, und zwar offensichtlich zu Recht, dur- als ‘hart-’. Der Beweis bei Rohlfs (1936 passim und Einleitung zur Rolandslied-Ausgabe 1948, p. XI), dass Durendart die älteste, bald archaisch-periphere Form des Namens ist, scheint mir gelungen. Nur erfährt man meines Wissens nirgends, warum daraus früh (vor 1150) Durindarda, Durenda und Durendal entstanden sind. Die Antwort ist jedoch nahezu evident: Durendart m. (mit Trägerwort brant m.) sollte in die feminine Normalgruppe der Schwertnamen (mit Trägerwort espee f.) überführt werden (auch Durendal ist f., cf. Rol. 2304, 2316, 2344). Was nun Durendart betrifft, ist wohl die Rohlfssche Erklärung (dur-end-art ‘hart brennt es daraus’) weniger wahrscheinlich als diejenige von Dauzat (1939 und 1952 passim): Zu Grunde liege der Name Durandus ‘zu ertragen fähig’ [in ganz Frankreich geläu¿g, aber im Südosten am häu¿gsten, Morlet 1972, 43; mit der Nuance ‚zu tun oder zu erleiden fähig’ der gallorom. -and-/-ant-Form, die durch Vermischung von lat. -antem und -andum beim Wegfall der Finalvokale entstanden war, cf. Gamillscheg 1957, 437–439] + -art. Das -e- der Mittelsilbe in O (und im größeren Teil der Überlieferung) erklärt sich wie in Normendie, Costentinnoble (Rol. 2324, 2329). Der einzige
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Warum nennt der Erzähler, wenn er sich schon auf eine Schwertertrias beschränken will, neben den beiden bei Roncevaux benutzten Schwertern Almace und Durendal als drittes solches Schwert nicht Oliviers Halteclere, sondern Ogiers nicht in Roncevaux genutzte Courte? Die Antwort dürfte lauten: Karl fühlt sich persönlich zuständig für die Waffen des jungen nach Frankreich vergeiselten, dort also mittellosen Ogier, den er selbst erst zum Ritter schlägt (58/A55), auch für die seines Kanzlers, eines Geistlichen, der plötzlich seine Berufung zum Glaubenskampf entdeckt (ebenfalls 58/A55), und zuständig schließlich (spätestens auf Geheiß des Engels, 45/A42) für die Waffen seines Neffen. Im Übrigen aber musste jeder Kämpfer – entsprechend der Realität des 8. wie des 13. Jh. – seine Waffen selbst stellen; so durfte man erwarten, dass Olivier von seinem Vater oder seinem Onkel ausgestattet worden war. (Unger 45, Loth A42): Die Römer konnten zwar unter den Lombarden leiden, aber nicht unter den Bretonen, Bretlandz monnum. Ein Blick in die historische Geographie zeigt, dass stattdessen nur die Beneventaner gemeint sein können. Deren Name wurde ja schon in 6*/B4 gründlich verkannt (cf. p. 85 s.v. Bonifatius borg); man darf also davon ausgehen, dass der Übersetzer oder ein früher Abschreiber mit ihm auch hier nichts anzufangen wusste. Dann konnte etwa in einem *Bͅifantz monnum oder ähnlich die Nasaltilde als r(e)-Kürzel, das i (vielleicht schon mit Strichlein) als t, das (auf der Zeile endende) f als l verkannt werden. Als drohender, aber doch wohlwollender Schlichter zieht Karl den Streitparteien möglichst weit entgegen, ohne doch in ihr Gebiet einzumarschieren, also bis ins Maurienne-Tal, Moniar dal (zur Bedeutung und Form cf. oben p. 85s. s.v. Moren). Warum muss gerade jetzt dieser Kleinkrieg aufÀammen? Sehr einfach: weil Karl noch ins Maurienne-Tal geholt werden muss. Denn dereinst wird sich im Rolandslied der sterbende Roland erinnern, dass ‘Karl in den Tälern von Moriane war, als Gott ihm durch seinen Engel gebot, das Schwert Durendal einem cunte cataignie zu geben’ (so O=Į) bzw. ‘als Gott ihm durch seinen Engel das Schwert Durendal schickte und gebot, es einem cunte cataignie zu geben’ (so ȕ einschließlich KMS VIII) – und dass Karl dann ihn, Roland, damit umgürtete (Rol. 2318–2321). Auch hier leitet die KMS I also zum Rolandslied hin, aber bemerkenswerterweise zur Fassung O, nicht zur Fassung der KMS VIII. Nur hat unser Erzähler dem im Rolandslied an dieser Stelle anonymen Engel einen Namen gegeben: Es war kein Geringerer als der Erzengel
Einwand gegen Dauzats Erklärung, dass nämlich eine Zusammensetzung Durand- + -art ohne Parallelen dastehe, scheint mir weitgehend entkräftet weniger durch das Durandomarus in einer pseudomerowingischen Urkunde bei Morlet 76 als durch die Tatsache, dass das Kompositionselement vor -art ein Partizip sein kann wie in Raptardus (Morlet s.v., 9. Jh.) und dass es auch mehrsilbig sein kann wie (cf. jeweils Morlet s.v.) in Berethardus, Dodalhardus, Richinardus oder – um auch Elemente lat. Ursprungs zu zitieren – Benehardus, Electardus, Elisardus, Leonardus (letzteres anscheinend bei Morlet fehlend). Dass ‘es hart daraus brennt’, könnte man von jedem guten Schwert sagen; hingegen spiegelt ‘(alle Schläge) zu ertragen fähig’ die Quasi-Unzerstörbarkeit gerade dieses Schwertes, die in Rolands Sterbeszene zu seiner zentralen Eigenschaft wird – eine Sinndimension, die den anderen Erklärungen des Namens abgeht.
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Gabriel: Gabriel ist schon in der Bibel essentiell der legatus a latere Gottes, der Nachrichtenbote zwischen Gott und seinen Erwählten: Er erklärt Daniel seine Vision, er kündigt die Geburt Johannes des Täufers und die Christi an. Nach mittelalterlichem Glauben wirkt er auch in umgekehrter Richtung: Er überbringt Gott die Gebete der Gläubigen. Diese Doppelfunktion hat er auch im Rolandslied. Er überbringt Gott das Gebet des sterbenden Roland (v. 2262) und nimmt Rolands Handschuh als Symbol seiner Bitte um Vergebung entgegen (v. 2390), führt ihn dann zusammen mit zwei anderen Engeln219 ins Paradies (v. 2395). Ist das für ihn eher ein singulärer Auftrag, so erscheint seine Funktion bei Karl mehr als eine permanente: Er übermittelt Karl nicht nur im kritischsten Augenblick seines Zweikampfes gegen Baligant eine kurze, aber entscheidende Mahnung (vv. 3610s.), sondern er inspiriert auch Karls Träume (vv. 2526ss., 2568) bis zu Karls morgendlichem Erwachen (v. 2847), und er fordert ganz am Schluss des Rolandsliedes den Kaiser im Namen Gottes zu einem neuen Feldzug auf (vv. 3993ss.). Nur bei der Botschaft über Durendal tritt ein anonymer Engel in Kontakt zu Karl. Es ist also leicht nachzuvollziehen, dass unser Erzähler auch an dieser Stelle den Engel mit Gabriel identi¿zierte. Das Rolandslied gibt dann (vv. 2345–2348) eine sehr wohldurchdachte Aufzählung der im Knauf des Schwertes enthaltenen Reliquien: Die frühe Westkirche ist dort vertreten durch Dionysius (der ja bei Paris das Martyrium erlitt, auch wenn man ihn für identisch mit dem Areopagiten hielt), die frühe (noch keiner Romfeindschaft verdächtige) Ostkirche durch Basilius, das Urchristentum durch Petrus und, in engstmöglicher Annäherung an den Erlöser, die Heilige Familie durch Maria. Doch eines fehlt, und zwar zweifellos mit Absicht: eine Herrenreliquie; denn die ist Karls Schwert Joiuse vorbehalten (cf. Rol. 2503–2506 und unten p. 174). Unser Erzähler hat die Aufzählung insofern heruntertransformiert, als er an die Stelle Mariens Maria Magdalena gesetzt hat und – in bemerkenswertem Gegensatz zur KMS VIII – Dionysius übergeht, der für ihn, den Untertan des Imperiums, nicht des regnum Franciae, weniger bedeutete, wenn er nicht sogar, wie ich mutmaße, Saint-Denis als lästigen Konkurrenten von Aachen empfand (cf. auch das auffällige Fehlen dieses Namens p. 140 und unten p. 174).220 Ferner ist an die Stelle des Basilius (der Mss. O und V4 des Rolandsliedes und damit auch seines Archetyps221) Blasius getreten, wie im deutschen Rolandslied und im Rolandslied der KMS VIII. Basilius wurde in der Westkirche als Theologe geehrt, aber außerhalb des normannischen Süditalien und Stadtroms nicht sehr aktiv verehrt; schon dem Roland-Dichter unterlief der Lapsus, vom Blut des Heiligen Basilius zu reden, obwohl Basilius eines natürlichen Todes starb und keine Blutreliquien hinterlassen konnte. Der namensähnliche Blasius hingegen war gerade durch sein blutiges Martyrium berühmt. In Westeuropa ist 219
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Zu dieser Engeltrias und speziell zum Eintritt des (singularischen) Cherubins für Raphael cf. Beckmann (2004, 534–537). In den anderen Branchen der KMS – die keinen lüttichisch-aachenschen Hintergrund haben – ist eine Vernachlässigung von Saint-Denis nicht zu bemerken, eher das Gegenteil; cf. KMS III A3/B1, B23; IV 3, 4; V 52, 53(ab); VI 10; VII A2/B1, A17/B5; VIII 20, 26, 36, X B3. Jedenfalls, wenn man Segres Stemma folgt, wie er es ausführlich und meines Erachtens erfolgreich in den hier relevanten Punkten (1974, 127–147) verteidigt hat.
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sein Kult seit dem 9. Jh. zu belegen; innerhalb des Imperiums wurde seine Verehrung im 11. Jh. z.B. durch die von der gregorianischen Reform getragene Gründung SanktBlasien propagiert. Im 12. Jh. trat Blasius vor allem als Patron des Welfenhauses hervor (1173 unter Heinrich dem Löwen Baubeginn des Braunschweiger Blasius-Domes an der Stelle einer älteren Blasius-Kirche, DA s.v. Brunswick). Die Anfänge seines vielfältigen Kultes im heutigen Belgien (und benachbarten Nordostfrankreich) sowie im Kölner Raum vermag ich nicht zu datieren; im 14. Jh. wird z.B. das Blasius-Reliquiar von Namur zu den Hauptwerken der maasländischen Goldschmiedekunst gehören.222 Nobilisborg, Ful kong, Spania: Der Feldzug gegen Nobles und seinen König Fourré wird zum größeren Teil erst in 51–52/A48–49 erzählt; er sei deshalb erst dort p. 178–181 behandelt. (Unger 46, Loth A43): Karls Sachsenkrieg begann in der Wirklichkeit vor seinem Spanienkrieg und endete lange nach diesem. Diese partielle Gleichzeitigkeit hinterließ in der altfranzösischen Epik ihre wenn auch sehr indirekten Spuren. Im Rolandslied etwa erscheinen die Sachsen als schon unterworfen und ins Reich integriert (vv. 2330, 3700, 3793), doch sieht Karl einen Aufstand ihrerseits voraus (v. 2921), und der Dichter weiß (v. 314), dass Balduin, der Protagonist der Saisnes (und des Sachsenepos in der KMS V), ein tapferer Held sein wird. In der KMS I und im Sachsenepos der KMS V muss Roland die Belagerung von Nobilis/Nobles unterbrechen bzw. schnellstens zum erfolgreichen Ende führen, um seinem Onkel in einer schwierigen Situation des Sachsenkrieges beizustehen. (Im Pseudo-Turpin wiederum ist diese Episode zwar nach Gratia-nopolis ‘Grenoble’ verlegt, und Roland kann infolge einer Wiederholung des Jericho-Wunders eben noch die Stadt einnehmen, muss dann aber ebenfalls dem Hilferuf seines Onkels aus dem Sachsenkrieg Folge leisten.) Dieser traditionellen Verschachtelung speziell der Nobles-Episode ist es wohl zu verdanken, dass unser Erzähler eine – allerdings ziemlich komprimierte – Darstellung des Sachsenkrieges schon vor die Spanienhandlung glaubt setzen zu müssen.223
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Es verbleiben also: Petrus, Maria Magdalena und der Bischof Blasius. Duggan (1981, 112) behauptet, dass im Afrz. seint Pere, Marie Madelene [sic] und l’evesque Blaise oder Blaise l’evesque auf e[...]Ω assonierten, und schließt daraus, dass der KMS I auch hier eine epische Quelle zugrunde liege, freilich nicht irgendeine sonst bezeugte Version des Rolandsliedes. Nun würde im Afrz. in der Tat das ai von Blaise schon im Rolandslied mit /Ċ/ assonieren; doch bei Madeleine ist monopthongiertes oder kirchenlat. beeinÀusstes Madelene immerhin die seltenere Form, auch bleibt die vorausgesetzte Assonanz von nasalem mit oralem Vokal ziemlich ungewöhnlich; bei ‘Petrus’ gibt es neben Pier(r)e ein seltenes Per(r)e, das fortlebt in Namen wie Saint-Père-de-Chartres und Saint-Père-sous-Vézelay; und da im späteren 12. Jh. gedecktes /ҽ/ in /Ċ/ aufgeht, passt von da an sogar evesque (alles Umstände, die Duggan zu ventilieren nicht nötig ¿ndet). Doch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass bei jedem Rechnen mit der selteneren Variante und bei jedem Phonemzusammenfall (trotz Duggan art.cit. 113) die Möglichkeit eines Zufalls zunimmt, weshalb ich der Argumentation kaum Beweiskraft zubilligen kann. Sehr wahrscheinlich ging in der fKMS I die Verschachtelung ursprünglich sogar noch weiter, insofern eine Schlussepisode des Sachsenkrieges mit Erwähnung Balduins, der Königin Sebile und ihres Sohnes einst in einer vollständigeren Form der fKMS I, nämlich einer vollen Vie de Charlemagne, noch nach dem Roncevaux-Drama gestanden zu haben scheint; denn an dieser Erzählstelle ist diese Episode erhalten in der dänischen Karl Magnus’ Krønike (einem Derivat aus einer Frühstufe der KMS), cf. Skårup (1980, 337) und unten Teil V p. 204.
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Vitakind: In der Geschichte ernannten die heidnischen Sachsen einen Herzog nur für Kriegszeiten; in der altfranzösischen Epik ist dieser Sachsenherzog zum normalen König avanciert, weil Karl als Gegner einen in der Ausgangslage gleichrangigen Feind braucht, denn durch die Größe des Besiegten wird auch der Sieger geehrt. In der Geschichte unterwarf sich Widukind 785, wurde in Attigny getauft und verschwindet damit aus den Quellen. Karl kann mit ihm nicht sehr hart verfahren sein (Einweisung in ein Kloster?), da er selbst als Taufpate fungierte; Widukinds Enkel Waltbert konnte aus dem Familienbesitz das Kloster Wildeshausen gründen, Widukinds heiliggesprochene Nachkommin Mathilde wurde als Frau Heinrichs I. zur Stammmutter der Ottonenkaiser. Die altfranzösische Epik musste mit Widukind aus ideologischen und narrativen Gründen härter verfahren. Im Sachsenepos von KMS V wird er von Balduin besiegt, nach Paris gebracht und zu strenger Kerkerhaft verurteilt, in der er stirbt; hier stimmt zur Geschichte noch das Verschwinden im Westen. In dem großen Saisnes-Epos des Jehan Bodel (um 1200) und in der KMS I hingegen wird er, mehr epengerecht, im Zusammenhang mit der Einnahme von Dortmund getötet, und zwar in den Saisnes ausdrücklich im Zweikampf von Karl selbst. Die Vorstellung, dass Karl seinen Sachsenkrieg durch einen sehr schweren, erst letztlich siegreichen Zweikampf gegen Widukind gewonnen und beendet habe, ¿ndet sich, freilich noch ohne Tod Widukinds, schon um 974 und um 1002 in den beiden ältesten Mathildenviten (MGH, Scriptores X 576 und IV 284s.). In den Geschichtsquellen des 8. und frühen 9. Jh. heißt der Herzog Widukindus, Widuchindus, nur in der Fuldaer Handschrift der Annales Laurissenses minores heißt er Withuchindus (wohl mit hochdt. /t/ zu sprechen); in der deutschen Überlieferung der folgenden Jahrhunderte wird dann allmählich -t- häu¿ger. In der altfranzösischen Epik lautet sein Name in der besten Handschrift der Saisnes und bei einigen anderen Nennungen noch Guitechin, vereinzelt Guite(c)kin, Guitequin, Guitecin, im größeren Teil der Überlieferung aber schon Guiteclin (wohl durch Hineinhören des hypokoristischen -lin), gelegentlich sogar Guitelin; auch in der KMS V 1ss. heißt er Guitalin (A), Gvitelin (b), Gutelin (B).224 In allen afrz. bzw. aus dem Afrz. abgeleiteten Formen überrascht somit das hochdt. -t- statt des niederdt. und auch für das Westfrk. zu erwartenden -d-. (Der erste französische Vertreter der -t-Form bei diesem Namen ist Richer, der prokarolingische Reimser Historiker des späten 10. Jh., der in seinen im Autograph erhaltenen Historiae die Kapetinger zu diskreditieren sucht durch die Behauptung, Robert der Tapfere, der Vater des ersten Kapetingerkönigs Odo, habe nur dem niederen Adel angehört und sei der Sohn eines Uuitichinus, advena Germanus, gewesen; Richer identi¿ziert diesen advena nicht mit dem Sachsenherzog, möchte aber zweifellos einen Zusammenhang mit ihm insinuieren.) Für das Altnordfrz. ist (nach altzentralfrz. Guitekin) *Witekin ansetzen. Das Vitakind der KMS I ist also entweder eine aus hochdt. Quelle vorbekannte Form oder eine Mischform: In eine vorbestehende Form mit germ. -kind ist das -t- der altfranzösischen Epik aufgenommen worden. 224
Ferner empfängt in der KMS IV A 73, im Aspremont-Teil, Balan bei der Taufe den Namen Vitaclin (A, B)/Vitaklin (a) ‘nach einem kurz vorher verstorbenen Großen Karls’ (entsprechend Guitequins im Aspremont 7075 ed. Brandin).
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Saxland: cf. p. 108. Sowohl aus den Befunden der Archäologie225 wie aus dem Schweigen der fränkischen Schriftquellen darf man schließen, dass es im heidnischen Sachsen zwar Fluchtburgen, aber keine größeren und stärker befestigten Dauersiedlungen gab, also nichts, was man mittellat. oppidum oder gar urbs hätte nennen können. Doch die altfranzösischen Sachsenepik kann sich einen hauptsächlich aus Aufständen und Guerillakämpfen bestehenden Krieg – auch erzähltechnisch – nicht mehr vorstellen; sie erwähnt zwar nur einzelne befestigte Städte, kann aber aus narrativen Gründen nicht ganz ohne solche auskommen. In fKMS I werden deshalb Münster und Dortmund, die beiden der niederfränkischen Grenze (und damit auch dem belgischen Entstehungsgebiet dieses Originals) am nächsten gelegenen frühen fränkischen Zentren in Sachsen, in die Heidenzeit zurückverlegt (wobei Dortmund auch in den Saisnes die zentrale Rolle spielt); zu der dritten Stadt, Vesklara, siehe weiter unten. Mutersborg: ‘Münster’; cf. p. 109 s.v. Mystr. Rin: ‘Der Rhein’. Der historische Karl ließ eine Rheinbrücke – allerdings bei Mainz – bauen, damals die einzige zwischen dem Hochrhein und dem Meer; auch sie sollte zweifellos vor allem einen schnellen Truppentransport in und aus dem Ostteil des Großreiches ermöglichen. Nach Einhart (Vita Karoli 17) galt sie als eine der vorzüglichsten Bauleistungen des Kaisers, brannte aber, da großenteils aus Holz, ein Jahr vor seinem Tode ab; sein Entschluss, sie durch eine steinerne Brücke zu ersetzen, kam auch unter seinen Nachfolgern nicht zur Ausführung. Sehen wir vom Hochrhein (also oberhalb von Basel) ab, so wurde eine Rheinbrücke erst wieder 1225 gebaut, aber eben in Basel, also unter wesentlich einfacheren Bedingungen.226 Nun sagt Notker Balbulus (Gesta Karoli I 30) von Karls Rheinbrücke, dass ‘ganz Europa sie in gemeinsamer und doch höchst wohlgeordneter Arbeit’ fertiggestellt habe. Eine vage Erinnerung daran schwingt in unserer Erzählung mit; denn auch hier werden die Bewohner weit auseinanderliegender Teile des Karlsreiches zur Arbeit herangezogen. Da
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Cf. etwa Capelle (1998, 109–116): ‘Siedlungen des 7. bis 9. Jahrhunderts’. Zwischen 814 und 1230 wurden im cisalpinen Teil des alten Karlsreiches relativ wenige große Brücken, doch in zunehmendem Maße, neu errichtet; hier kann man nennen (überwiegend wohl Holz auf Steinpfeilern; ich schließe einige mir unklare Fälle aus): im 9. Jh. Seinebrücke in Paris (cf. LdM s.v. Paris, A, II), 1028 Loirebrücke in Angers, 1035 Baubeginn der Loirebrücke in Blois (1108 als in Betrieb bezeugt), 1120 Brücke über den Aveyron bei Moissac, kurz vor 1133 Mainbrücke in Würzburg, 1135–1146 Donaubrücke in Regensburg, 1143 Baubeginn der Innbrücke in Passau, zwischen etwa 1100 und 1157 Tarnbrücke in Albi, vor 1156 Tarnbrücke in Millau, kurz vor 1162 Loirebrücke in Saumur, 1171 Moldaubrücke in Prag, 1177–1188 Rhônebrücke in Avignon, 1176–1209 Old London Bridge über die Themse, um 1180 Pont de la Guillotière über die Rhône in Lyon, vor 1181 Pont Neuf über die Garonne in Toulouse, vor 1184 Audebrücke in Carcassonne, 1186 Petit Pont vom linken Ufer zur Seine-Insel in Paris, um 1200 Brücke über den Hochrhein in Konstanz, 1207 Brücke über den Hochrhein bei Laufenburg, um 1225 Rheinbrücke in Basel; kurz nach 1220 wurde in Donauwörth auf Anregung Friedrichs II. die hölzerne Donaubrücke durch eine steinerne ersetzt; cf. LdM s.vv. Brücke, Maschke (1977, 269, 272s., 274, 279), RdK s.v. Brücke, Boyer (1976, 83, 85s., 172, 176, 193), Stein (1922, 215–217). Um ein Vielfaches größer ist selbstverständlich die Zahl der (auch kleineren und kleinsten) Brücken, die irgendwann zwischen 814 und 1230 erstmalig belegt sind, über deren Baudatum aber nichts bekannt ist; für das Gebiet des heutigen Frankreich werden deren über 200 genannt in der möglichst vollständigen Liste mittelalterlicher Brücken bei Boyer (1976, 171–195).
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Italien im frühen 13. Jh. fast ebenso sehr wie um 800 das Land der Steinbauten war, be¿ehlt Karl die Beschaffung und das Behauen der Steine den Lvngbaurdum (Dat.Pl.): ‘Lombarden’ (zu ihnen p. 76 s.v. LĊngbarda land) und den Pizara monnum (Dat.Pl.): Unidenti¿ziert bei Aebischer (1972), Patron-Godefroit (1980) und Lacroix (2000). Vielleicht mit Hieatt (1975–1980) als ‘Pisaner’ zu nehmen. Im Afrz. wurde um 1200 mit /tã/ > /ã/, /då/> /å/, /ts/ > /s/ auch das seltenere /dz/ > /z/ (wie in douze usw., spätestens jetzt auch in Lazaron, sarrazin u.ä.). Damit wurde z verfügbar als Schriftzeichen für intervokalisches /z/, blieb allerdings noch selten;227 immerhin ist damit afrz. im 13. Jh. *Pizan eine mögliche Schreibung (das Ethnikum Pisan ist schon im 12. Jh. z.B. im Erec und in den Chétifs belegt). Im An. müsste dann mit Suf¿xtausch *Piz-ari ‘Pisa(n)er’ eingetreten sein, hier also etwas umständlich mit einem partitiven Genitiv Pl.: er befahl ‚Männern von den Pisanern, dem Kontingent von Pisanern’. Dies stünde im Wesentlichen als pars pro toto für ‘Toskaner’; vor der Niederlage gegen Florenz (1254) war Pisa ja die eindeutige Vormacht in der Toskana.228 Doch auch unser Erzähler denkt noch wie zu Karls Zeiten an eine zu beträchtlichen Teilen hölzerne Brücke; denn für die Beschaffung des Eichenholzes zuständig sind þeir af Bealver: ‘Die aus Bayern’ (zu Bealver cf. p. 76 s.v. Bealfer). Die Eiche gedeiht ja in den deutschen Alpen bis in etwa 900 m Höhe, und man muss sich die Situation vor den neuzeitlichen Rodungen vorstellen. Dem östlichen Teil der Frankophonen fallen Aufgaben mit spezi¿schem Know-how zu: Die Burguniar menn, ‘Burgunder’, stellen die Werkzeuge her,229 die räumlich am nächsten sitzenden Ardena menn haben den eigentlichen Bau auszuführen. Allerdings kommt man dabei in drei Jahren über die Anhäufung der Materialien kaum hinaus, was unser Erzähler im Wesentlichen als ein Organisationsproblem auffasst – nicht unrealistisch, wenn man bedenkt, dass in den hundert Jahren vor ihm an der Donaubrücke in Re-
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Da die Erscheinung bei Pope (1952, 286 § 723) erst als mittelfrz. aufgeführt wird, seien hier einige Belege aus Originalurkunden des 13. Jh. genannt aus Schwan/Behrens (1911, 264, 270, 272, 277, 291, 292 [2x], 296, 297 [2x]): Hufalize ‘Houffalize’ (wallonisch), englize, Mueze ‘Meuse’, sez anfans, Buzanceis ‘Buzançais’, fazom, prezens, dizet ‘disait’, redizet, dizet. Diese Belege erstrecken sich vom Wallonischen über das Lothringische und Champagnische bis ins Berry und ins Angevinische; vermutlich hängen sie mit dem ganz normalen okzitanischen Gebrauch räumlich zusammen. Bei Taverdet (1995, 385) wird die Graphie bei Gelegenheit des Lothringischen erwähnt. Nicht ganz auszuschließen: Pesaro (lat. Pisaurum); im Florence de Rome (erstes Drittel des 13. Jh.) scheint es als Pisart (mit parasitischem, offenbar schon stummem -t) vorzukommen (cf. Flutre s.v.). Sowohl in der Toskana wie in der Provinz Pesaro wurden Bausteine gewonnen. Die mittelalterliche Produktion von Eisen und Eisenwaren war zwar in einem heute schwer nachvollziehbaren Maß dezentralisiert; es gibt aber Anzeichen für intensivere Aktivitäten sowohl in Nordburgund als auch um Vienne in Südburgund, cf. Beckmann/Timm (2004, 24 mit n. 30). Die großen, aber geringerwertigen Eisenvorkommen in Lothringen-Luxemburg hingegen ließen sich im Mittelalter noch nicht verarbeiten, cf. LdM s.v. Eisen. Zur Hauptsache begann der quantitative Aufschwung der europäischen Eisengewinnung und -verarbeitung erst nach der Zeit unseres Erzählers.
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gensburg zehn, an der Rhônebrücke in Avignon acht, an der Themsebrücke in London 33 Jahre lang gebaut worden war.230 (Unger 47, Loth A44): Dann treiben die herbeigerufenen Roland und Olivier den Brückenbau mit aller Macht voran. Für den römischen Brückenbau war das Nebeneinander von Quaderwerk und Zementgussmauerwerk (opus caementicium) charakteristisch, cf. LdM s.v. Brücke (A, Römischer Brückenbau). Nur vereinzelt ¿ndet man statt des Zementgusses auch Kieselhaufen mit Blei vergossen, cf. Enc.It. s.v. ponte. Häu¿g aber wurden die Quader mit Eisenkrampen verklammert und nur diese dann verbleit;231 auch bei diesem Verfahren wurden große Mengen Blei benötigt, so z.B. für die ‘Römerbrücke’ in Trier schätzungsweise 25 Tonnen (cf. Cüppers 1969, 38 und 161). Aus dem Mittelalter ist mir nur ein Zeugnis für die Verwendung von Blei beim Brückenbau bekannt geworden: Als irgendwann zwischen 1031 und 1048 die Klöster Aniane und Gellone sich bezüglich eines Brückenbaus über den Hérault verständigten, verpÀichteten sich die beiden Parteien unter anderem auch, Eisen und Blei zu liefern (Boyer 1976, 81s.); gedacht war aber auch hier wohl nur an die Verbleiung des Eisens. Bezeugt ist das Verfugen von Steinblöcken mit Blei statt Zement aber im gotischen Kirchenbau.232 Anscheinend kombiniert unser Erzähler also zwei technische Gegebenheiten zum Bilde eines exemplarischen Brückenfundaments. Mehr noch: Eisenketten, deren Enden am Ufer festgemacht sind, sollen beiderseitig der Brücke zusätzlichen Halt geben. Der Erzähler denkt offensichtlich an die ständige Gefährdung mittelalterlicher Brücken durch Hochwasser, Eisgang und Stürme; so wurde – um willkürlich einige Beispiele herauszugreifen – die Baseler Rheinbrücke zwischen 1268 und 1343, ebenso der Petit Pont in Paris zwischen 1196 und 1409 je sechsmal aufgerissen, cf. LdM s.v. Brücke; 1235 und 1309 litt die Loirebrücke in Tours; auch der Grand Pont von Paris musste nach der Überschwemmung von 1296 weitgehend neu gebaut werden (Boyer 1976, 83s., 86).233 Vesklaraborg: Entspricht der sächsischen Stadt Valcler(e), Vauclere, die im afrz. Doon de Mayence von Doon erobert wird und sich im etwas jüngeren Gaufrey im Besitz Gaufreys, des ältesten Sohnes des Doon, be¿ndet; der erhaltene Doon ist jünger als die KMS I, scheint aber Remaniement eines älteren, wohl vor 1200 entstandenen Werkes zu sein, da man sonst nicht versteht, wie seine Titelgestalt in den Eingangs230
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Cf. p. 166 n. 226. Selbst im Spätmittelalter kam es manchmal durch politische Umstände zu noch größeren Verzögerungen: Die neue Moldaubrücke in Prag war erst nach 146, die Koblenzer Rheinbrücke nach 85 Jahren fertig, cf. LdM s.v. Brücke. Das Verfahren geht weit ins Altertum zurück; es soll um 550 v. Chr. bei einer Euphratbrücke angewandt worden sein, cf. Krysko (1979, 51). Cf. etwa LdM s.v. Blei, III, Blei als Werkstoff, und Krysko (1979, 65) zu Bleifugen im Mauerwerk des Kölner Doms. Die Ketten stehen um þwert, was bei Aebischer und Patron-Godefroit als «transversalement», bei Hiatt als «across», bei Lacroix als «perpendiculairement à la rive» wiedergegeben ist. ‘Quer’ wozu? Müssten die Ketten nicht, um ihre Aufgabe zu erfüllen, am Ufer ein Stück stromaufwärts befestigt sein, stünden also entweder (annähernd) ‘quer’ aufeinander oder aber (annähernd) ‘quer’ (strenggenommen: ‘schräg’) zur Brücke? Hatte fKMS I beispielsweise en (auch a, de oder d’en) travers (die ja gelegentlich auch ‘von der Seite’ bedeuten)? Oder das im 13. Jh. erstmalig belegte und deshalb vielleicht ungenau wiedergegebene de biais?
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versen des Girart de Viane als Stammvater einer der (laut Girart) nur drei gestes (etwa ‘Clans, Großfamilien’) der altfranzösischen Epik bezeichnet wird. Das Verhältnis zwischen den Namensformen Vesklara und Vauclere sowie die Frage einer realen Entsprechung sind diskussionsbedürftig.234 Von Vesklara zieht sich Widukind scheinbar nach Treverisborg ‘Trier’ zurück, was historisch-geographisch schlicht absurd ist, be¿ndet sich dann aber in Trimonieborg ‘Dortmund’; ‘Trier’ war also nur ein Flüchtigkeits- oder Lesefehler.235 Dortmund, seit dem späten 9. Jh. oft als T(h)rotmannia u.ä., seit Mitte des 12. Jh. in der gefestigten Latinisierung Tremonia laufend belegt, infolge seiner verkehrsgeographisch exzellenten Lage an der Kreuzung der beiden Hauptverkehrsadern Westfalens seit dem 10. Jh. Königspfalz und befestigte Stadt (urbs praesidiis munita, 939), Zentrum eines weiträumigen Dekanats, seit dem 13. Jh. Archidiakonats, Sitz eines Grafen im 12. Jh., freie Reichsstadt spätestens seit 1226 (cf. Gysseling 1960 und LdM s.v.), nimmt als Tremoigne eine beherrschende Stellung im dritten Teil des Renaut de Montauban sowie in den Saisnes ein. Es erstaunt deshalb nicht, dass auch
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Immerhin drängen sich zum Text der KMS I folgende Beobachtungen auf. Der Krieg wird hier durch einen Handstreich Widukinds gegen den Bischofssitz Münster ausgelöst (den es in der Realität erst seit 805 gab). Wenn nun der historische Karl von Düren oder Aachen aus seinen Weg in das nördlichere Sachsen, d.h. in oder durch das Münsterland, nehmen musste, pÀegte er den Rhein bei der Lippemündung (bei Lippeham) zu überqueren, so 779, 784, 799 und 810. Dort liegt rechtrheinisch noch in niederfränkischem Gebiet, aber sehr nahe der sächsischen Grenze, Wesel, seit dem 8. Jh. als Reichsgut Wesele, Wisele, seit etwa 1100 als Kaufmannssiedlung belegt, 1241 zur Stadt erhoben, cf. LdM und Gysseling (1960) s.v. Es passt in der KMS I geographisch sehr gut: Widukind wagt nicht, Karl nach dessen Rheinübergang in Vesklara zu erwarten, sondern zieht sich [natürlicherweise essentiell die Lippe aufwärts] nach Innersachsen zurück, nämlich nach Dortmund, wo er sich drei Jahre halten kann. Als mit der Eroberung Dortmunds der Sachsenkrieg zu Ende ist, macht sich Karl von dort aus mit dem Heer auf den Rückweg, übernachtet in dem offenbar eine Tagereise entfernten Vesklara und überträgt eben dort, beim Verlassen Sachsens, Bovo die Bewachung des Landes, schickt Gerhart seitwärts voraus nach Nijmegen zur Vorbereitung des P¿ngst-Hoftages, begibt sich kurz zurück nach Aachen (wo er wahrscheinlich den Hauptteil seines Heeres entlässt), dann ebenfalls – ohne dass dies noch einmal ausdrücklich gesagt zu werden braucht – nach Nijmegen. Man kann also kaum dem Schluss entgehen, dass für das afrz., in Belgien entstandene Original der KMS I Vesklara das (von Lüttich nur etwa 125 km entfernte) ‘Wesel’ war, wenn auch nur in einer Sekundäridenti¿kation, da *Vesle und Vesklara lautlich zu weit voneinander abliegen, auch -klara ~ -clere nur eintreten kann, wenn der erste Wortteil mit Val- identi¿ziert wird. Hingegen dürfte Valclere im Doon und im Gaufrey (die beide anscheinend pikardischer Herkunft sind) eine Phantasiestadt sein: Im Doon marschiert eine Gruppe von fränkischen Eindringlingen nach der Rheinüberquerung vier Tage lang, bevor sie überhaupt nach der Lage der Stadt fragt; sie ¿ndet diese dann belagert von den Dänen – was in keiner Weise auf Wesel, ebenso wenig aber (dies sei nur der Vollständigkeit halber gesagt) auf Wetzlar passt. Valclere scheint also die ursprüngliche Form zu sein (wobei dann in Vesklara wenigstens l ~ Lang-s paläographisch begründbar ist), und der Name ist wohl als ‘Lichtungstal’ gemeint, da sich der Dichter des Doon Sachsen als sonst dicht bewaldet vorstellt. Der Name wäre dann nicht schlecht gewählt: Die ‘Lichtung’ Marklo ( -lô ‘Lichtung’, cf. LdM s.v. Marklo) an der Weser war der Ort der gesamtsächsischen Stammestreffen, also gleichsam der Ersatz für die inexistente Hauptstadt Sachsens. Kurioserweise optiert Lacroix (2000) in seiner sonst ausgezeichneten Arbeit umgekehrt – man hält eben in der Epik alles für möglich, ein Blick auf die Landkarte ist dann entbehrlich.
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in der KMS I der Sachsenkrieg mit der fränkischen Einnahme Dortmunds sein siegreiches Ende ¿ndet. Der Erzähler mobilisiert dabei für Roland und Olivier das biblische Jericho-Wunder, so wie es bereits der Pseudo-Turpin in seinem anhangsartigen Kapitel 33, dort aber anlässlich der Einnahme von Grenoble, getan hatte. Er mobilisiert es sogar genauer, da Grenoble auf Fasten und Gebete hin, Dortmund aber wie Jericho auf ein Trompetensignal hin fällt. Obwohl hier sicherlich zwischen beiden Erzählungen irgendein Zusammenhang besteht, scheint es mir fragwürdig, schon aus diesem punktuellen Detail auf eine (dann sehr ungenierte) Benutzung des Pseudo-Turpin durch unseren Erzähler schließen zu wollen; ich komme unten (p. 182ss.) in etwas breiterem Zusammenhang auf das schwierige Thema des Verhältnisses beider Texte zurück. Bovi inn skegglausi: Zu seiner vermeintlichen «Auferstehung» cf. p. 106s. s.v.236 SĊvini: Zum Namen cf. p. 102 s.v. Dara, Sævini jarll af. (Unger 48, Loth A45): GeiRardr suanr: Zur Schwanenritter-Episode cf. p. 43s. (Unger 49, Loth A46): Adeini: ‘Alda’ (Akk.), hier Naimes’ Schwester; zu ihr cf. p. 40s. und 70 s.v. Oden. L͗dver (Dativ L͗dvi 56/A53): ‘Ludwig’, nicht ‘Lothar’, cf. p. 42 n. 8. Karls Sohn Ludwig, also der historische Ludwig der Fromme, wird, außer in einer Vielzahl anderer Epen, im Rolandslied (v. 3715) genannt – ein Grund für unseren Erzähler, jetzt schnell noch Karls Heirat und Ludwigs Geburt zu berichten. Jorsala f͗r: ‘Jerusalemfahrt’, Pilgerfahrt zum Heiligen Grab. Die Legende von Karls Jerusalemfahrt hat ihren Ansatzpunkt darin, dass der historische Karl vom Patriarchen von Jerusalem und sogar von Harun al-Raschid als Schutzherr des Heiligen Grabes anerkannt wurde (s. vor allem die Reichsannalen zu 800, Vita Karoli 16). Die Legende von der Pilgerfahrt wird schon um 1000 bei Benedikt, Mönch im AndreasKloster vom Mons Soracte, sichtbar und schon bei ihm auch die beiden Umstände, die entscheidend zum späteren Erfolg der Legende beitragen sollten. Erstens erlaubt es die Legende jedem ihrer Nacherzähler, Reliquien zu «adeln» durch die Behauptung, kein Geringerer als Karl habe sie aus dem Orient mitgebracht; schon Benedikt «adelt» so eine Andreas-Reliquie in seinem Kloster, und die sogenannte Descriptio verfährt entsprechend mit angeblichen Herrenreliquien in Saint-Denis. Zweitens wird es für die Eignung der Legende als (wenn auch atypischer) Epenstoff entscheidend, dass man, wie es ebenfalls schon Benedikt tut, Karl seinen Rückweg über Konstantinopel nehmen und dabei in vorteilhaftem Vergleich zu dem griechischen Kaiser zeigen kann; dabei wird z.B. in der bekanntesten französischen Episierung der Legende, der Karlsreise (Pèlerinage/Voyage de Charlemagne), Karls Zeitgenosse Kaiser Nikephóros – über eine nicht erhaltene okzitanische Zwischenstufe *n’Uc (lo) fors – zum König Hugue li Forz von Konstantinopel.237 Im Rolandslied (v. 2329) erinnert sich sogar der 236
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In Aebischers Übersetzung (1972, 132 l. 25) fehlt die Mitteilung, dass Roland Bovo zur Bewachung des eroberten Vesklara zurücklässt, cf. Gilbert/van Emden (1973, 153). Cf. zu diesen Fragen in allen Details Beckmann (1971 passim). Einen Vergleich aller erhaltenen Fassungen der Karlsreise-Legende ¿ndet man bei Aebischer (1956 passim).
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sterbende Roland an Karls (und seinen eigenen) Aufenthalt in Konstantinopel; dass somit Karls Orientfahrt zeitlich vor seinen Spanienkrieg ¿el, war Grund genug für unseren Erzähler, sie hier nachzuerzählen, wenn auch in ziemlich gedrängter Form, mit einem anonym bleibenden Griechenkaiser. (Unger 50, Loth A47): Jorsala ‘Jerusalem’, hier Genitiv des an. mask. Plurale tantum Jórsalir (dessen Flexion wohl entstand, indem indeklinables, also insbesondere auch nach ‘in’ stehendes Jerusalem als Dativ pl. auf die an. Einheitsendung -om, -um gehört wurde). Miklagard (Akk.): ‘Konstantinopel’ (‘die große Stadt’ par excellence, zunächst aus der Sicht der östlichen Wikinger). Tyrker: ‘Die Türken’. Grickia kong: ‘Der Griechenkönig’, identisch mit keisarin girzki ‘der griechische Kaiser’. Miran: Im Charroi de Nîmes heißt ein sarazenischer Komparse Miranz. Der Name lehnt sich wohl einfach an die Tatsache an, dass das AmƯr-al- ‘Emir von’ in muslimischen Titeln weithin im Kreuzfahrermund zu Mira(l)- wurde; am bekanntesten ist Miramolin oder ähnlich für AmƯr-al-Mu’menƯn ‘Beherrscher der Gläubigen’. Daneben blieben Dubletten wie amirail und amirant. Mirans Tribut (Gold, Maultiere und Kamele): Der Islam besaß mehr Gold als Byzanz (und dieses mehr als das Abendland); also hatte ein Tribut von islamischer Seite vor allem aus Gold zu bestehen (man vergleiche die fabulösen Summen, die Rol. 32s., 130ss., 185s., 645 in diesem Sinne genannt werden). Doch Vorderasien war auch die Heimat der Maultierzucht und hatte darin – selbst nach deren Ausbreitung bis nach Europa – noch im Mittelalter einen hohen Ruf; z.B. übersendet im Rolandslied (v. 89s.) ein islamischer König des Ostens (Sǎatilíe ist wahrscheinlich ‘Attalía’ an der türkischen Südküste, in europäischen Texten des Mittelalters: Satalíe) dem gleichfalls islamischen Herrn von Saragossa als Geschenk zehn weiße Maultiere. Kamele schließlich galten ebenso als begehrter Tributgegenstand von islamischer Seite (Rol. 31, 129, 184, 645) und begegneten den christlichen Kämpfern sowohl in Spanien wie im Orient (wobei es sich zumindest in Spanien strenggenommen um Dromedare handelte); doch der vorderasiatische Ursprung dieses klassischen Reit- und Transporttiers der Wüstenregionen blieb stets bekannt – deshalb gehört es auch in Mirans Tribut. Das Thema einer Lehnsabhängigkeit des östlichen vom westlichen Kaisertum: In der Karlsreise wird erzählt, wie der Griechenkaiser durch die Taten der auf der Heimreise von Jerusalem durch Konstantinopel kommenden Franken, vor allem durch eine Überschwemmung Konstantinopels, dazu genötigt wird, Lehnsmann Karls zu werden. Im Rolandslied zählt der sterbende Roland, wie bereits angedeutet, zu seinen vielen Eroberungen auch (v. 2329) Costentinnoble dunt il out la fïance ‘Konstantinopel, von dem er [=Karl] das Lehnsgelöbnis emp¿ng’; doch ist hier der Relativsatz offensichtlich abschwächend gemeint: ‘das [zwar nicht eigentlich erobert, aber durch unser dortiges Auftreten] zum Lehnsgelöbnis genötigt wurde’. Nun sind Karlsreise und Rolandslied getränkt von den Erfahrungen des Ersten Kreuzzuges, d.h. von Abneigung und Hochmut gegenüber Byzanz. Durch das Scheitern schon des
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Zweiten Kreuzzuges, mehr noch durch den Fall Jerusalems und das Scheitern des Dritten Kreuzzuges wurden solche westlichen Omnipotenzphantasien zwar gedämpft; das könnte bei unserem Erzähler zur Not Karls Verzicht auf den Lehnseid erklären. Aber Karl nennt hier den Griechenkaiser exorbitanterweise sogar ‘Kaiser und Herrn aller Christenheit’ – wieso? Ist nicht Konstantinopel mit der Eroberung durch die Teilnehmer des Vierten Kreuzzugs (1204) unter ‘lateinische’ Kaiser gekommen, die real schwächer waren als ihre griechischen Vorgänger? Ja, aber auch sie erkannten keine Lehnshoheit der Kaiser des Westens an, und sie stammten – das ist hier das Entscheidende – aus dem Hause Flandern-Hennegau: Balduin IX. Graf von Flandern (seit 1194) und laut Giselbert von Mons ein Verwandter des Bischofs Hugues de Pierrepont (de Moreau 1945, 92), als Balduin V. Graf von Hennegau (seit 1195), wurde im Frühjahr 1204 als Balduin I. Kaiser von Konstantinopel; als er 1205 im Kampf gegen die Bulgaren zu Tode kam, folgte ihm bis 1216 sein Bruder Heinrich; nach dessen Tod war beider Schwester Jolanthe Mitregentin bis zu ihrem Tod 1219; dann ging die Krone über auf ihren Sohn Robert von Courtenay, gestorben 1228, schließlich auf dessen Bruder Balduin II., der 1261 Konstantinopel an die Griechen verlor. Die engen Beziehungen, die die alte Heimat auch nach 1204 mit der Dynastie unterhielt, zeigen sich unter anderem darin, dass dem Dynastiegründer in Flandern und Hennegau, wiewohl unter Schwierigkeiten, seine Töchter – bis 1244 Johanna, dann bis 1278 bzw. 1280 Margarete, genannt Margarete von Konstantinopel – nachfolgten. Es handelt sich also in der KMS I bei Karls Worten primär um eine tiefe Verbeugung unseres Erzählers vor dem Hause Flandern; schon in 6**/B4 p. 95 s.v. Beluin jarll af Flæmingjalandi, in 17/A17/B15 p. 116ss. s.v. Balldvini Serens und in 37/AB34, p. 145 Positionen 1 und 2, hatte er sich ja gegenüber dieser Dynastie sehr freundlich gezeigt. Darüber hinaus darf man sich freilich fragen, ob die hier zwangsläu¿g implizierte Mindereinschätzung des westlichen Kaisertums vor 1227 geäußert worden wäre, als Kaiser Friedrich II. zum erstenmal vom Papst gebannt wurde und dem geistlichen Erzähler eine sehr vorsichtige Distanzhaltung zu Friedrich möglich und angemessen erschienen sein mag. til borgar þeirrar er armleggr ins helga Gregorij: ‘Bis zu der Stadt, wo sich das Armreliquiar des Heiligen Gregorius be¿ndet’, Missverständnis (aufgeklärt schon von Coulet 1907, 157 n. 4) für ‘bis zum Braz Saint George, zum Sankt-Georgs-Meeresarm’, d.h. bis zum Bosporus, so genannt nach einem Sankt-Georgs-Kloster in Konstantinopel am Meeresufer (Flutre s.v.) – hier also der Sache nach wohl: bis zu Karls Einschiffung. Triveris borgar (Gen.): Zu Trier als Etappe auf dem Weg von Konstantinopel nach Aachen cf. p. 110s. s.v. Aachen als Residenzstadt. Die Reliquien: Der historische Karl erhielt Reliquien aus Jerusalem vom dortigen Patriarchen (cf. die Reichsannalen zu 799) und wahrscheinlich auch aus Konstantinopel;238 viele behielt er nach dem Zeugnis seines Enkels Karls des Kahlen239 in Aachen,
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Cf. die Ausdrucksweise seines de-facto-Schwiegersohnes Angilbert in Hariulfs Chronique de Saint-Riquier (ed. Lot 1894, 62–64): reliquias de Constantinopoli vel Hierosolymis. Zu Konstantinopel cf. noch Schiffers (1951, 9–12). In dessen Stiftungsurkunde für Compiègne, Tessier (1943–1955, II Nr. 425 a. 877).
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andere schenkte er Kirchen seines Reiches,240 und weitere Kirchen konnten sich hier mit Fälschungen anhängen.241 So erklären sich die beträchtlichen Unterschiede in den Reliquienlisten der oben erwähnten Versionen der Legende. Unser Erzähler berichtet: Die hosa Christi behält Karl in Aachen. Hieatt übersetzt stocking, Patron-Godefroit und Lacroix chausses ‘Kniehose’, Aebischer sprachlich wohl ungenau, aber sachlich richtig perizonium. Denn in Aachen ist die größte im Mittelalter gezeigte Reliquie in der Tat das perizonium, Christi ‘Lendentuch’, jener einzige Schurz, den er noch am Kreuz getragen haben soll.242 Es wird in keiner der anderen Fassungen der Legende genannt, ist dem Erzähler also wohl wie so vieles andere aus Aachen selbst bekannt. Dort wird das perizonium in dem ältesten, essentiell noch der Karlszeit angehörigen, wiewohl erst in zwei Handschriften des späten 12. Jh. erhaltenen Verzeichnis der Aachener Reliquien aufgeführt als de uestimentis domini cum quibus cruci¿xus est (Schiffers 1951, 81). Im Reliquienverzeichnis von 1239 heißt es dann velamen sanguinolentum quo dominus precinctus erat in cruce (Schiffers 1937, 180, Meuthen 1972, 351), ähnlich bei Aubri von Troisfontaines in seiner Weltchronik (MG. SS. 23.943, begonnen um 1232, beendet um 1252). Das Schwanken in der Bezeichnung dieser Reliquie erklärt sich daraus, dass alle Aachener Reliquien vor 1239 seit Menschengedenken (laut dem Verzeichnis von 1239 sogar seit der Zeit Karls des Großen) nicht aus dem alten Schrein herausgenommen worden waren und die visuellen Vorstellungen von dieser Reliquie somit (laut Schiffers 1951, 53s.) durch die gleichzeitigen Kreuzesdarstellungen mitgeprägt wurden. Die Umbettung der Reliquien in den neuen, 1239 fertig gewordenen Schrein und die damit verbundene Propaganda vergrößerten ihre Bekanntheit entscheidend; nach Aubri wurden die Aachener Reliquien erst dadurch declarat[a]e ‘gebührend erklärt/offenbart’. Auch hier wird man sich entscheiden müssen, ob die vorherige vagere Bekanntheit ausreicht, die Ausdrucksweise der fKMS I zu erklären. Andernfalls ist hier noch 1239 oder kurz danach Erzählmaterie in die fKMS I gelangt. Doch wie dem auch sei – gegenüber den anderen drei Aachener «großen Reliquien» (dem Enthauptungstuch Johannes des Täufers, dem Marienkleid und den Windeln Christi, zu ihnen Schiffers 1951, 52–57) darf das perizonium die größte Würde beanspruchen, so dass man den Auswahlakt unseres Erzählers nur gutheißen kann. Das Schweißtuch geht nach Kumparins ‘Compiègne’ (-ar- ist Deutung des rKürzels, der hier wohl ein missverstandenes i-Strichlein war). In der Wirklichkeit war zur Zeit Karls des Großen Compiègne nur eine Königspfalz unter vielen. Erst
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Cf. etwa Angilbert über Karls Schenkungen an Saint-Riquier, cf. vorvorige Anm. Als sicher oder sehr wahrscheinlich darf man auch Schenkungen nach Toulouse, Flavigny, Köln und Osnabrück ansehen (die dann vermutlich sogar für eine Vielzahl anderer Kirchen des Karlsreiches stehen), cf. Schiffers (1951, 28). So vielleicht Saint-Denis (cf. z.B. Bédier 1929, 4.125s.) – wobei in diesem Falle aber Echtheit nicht auszuschließen ist, cf. Schiffers (1951, 30s.) Ich sehe keinen Grund, weshalb sich hier, wie Paris (1880, 34 n. 2), annimmt, die chaussettes des Heiligen Joseph eingemischt haben sollten, die man laut Paris ebenfalls in Aachen zeigte, die aber unter den mehr als 80 Reliquien weder der karolingischen Liste noch der Liste von 1239 bei Schiffers (1951, 81–83 bzw. 1937, 180s.) zu ¿nden sind.
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Karl der Kahle machte diese, als er nach jahrzehntelanger Herrschaft im Westreich noch immer nicht in den Besitz von Aachen gelangte, ausdrücklich zu einem ErsatzAachen, indem er auch in Compiègne ein Marienstift (das spätere Kloster SaintCorneille) gründete und das Schweißtuch dorthin transferierte.243 Compiègne mit dem Schweißtuch wird in der Descriptio genannt; da es sich aber um eine der berühmtesten Stätten Frankreichs handelt (und der historische Karl der Kahle mehr als einmal zum literarischen Karl dem Großen wird, cf. p. 37s. zu Giselas letzter Ehe, p. 95 s.v. Beluin jarll af Flæmingja landi zu den Anfängen der Àandrischen Grafendynastie und, p. 150s. zu Gerhart von Vienne), braucht unser Erzähler nicht die Descriptio gekannt zu haben. Das Kreuzesholz, das Karl in Konstantinopel empfangen hatte, schenkt er nach Orléans. Dass Karl ihnen Stücke vom Kreuzesholz geschenkt habe, behaupteten um 1100 zumindest auch die Abteien Aniane, Gellone, Sarlat244 sowie (in der Descriptio) Saint-Denis. Doch in Orléans war die Bischofskirche zunächst Sankt Stephan, aber schon seit etwa 700 dem Heiligen Kreuz geweiht (LdM s.v. Orléans), und zwar nach einer Heiligkreuz-Reliquie, die dort der örtlichen Tradition zufolge seit der Spätantike, in der Realität seit spätmerowingischer Zeit verehrt wurde (cf. Head 1990, 7 und 25s.). Zur Zeit unseres Erzählers konnte man für den Spender dieser Reliquie sehr leicht – eben nach der Analogie der anderen Passionsreliquien – Karl den Großen halten. (Im Vergleich mit der Descriptio und der Karlsreise ist in der KMS I wiederum auffällig das Fehlen des Stichworts Saint-Denis – wie schon p. 140 und p. 163!). Und schließlich die Lanzenspitze: In den Knauf seines eigenen Schwertes einarbeiten lässt Karl ‘die Spitze der Lanze, mit der Christi Seite durchbohrt wurde, und die Lanze des Heiligen Merkurius’. Hier stimmt der erste Teil der Aussage zum Rolandslied (vv. 2503ss.), bereitet also wiederum dieses vor. Nicht so die Nennung der zweiten Lanze. Offenbar muss man diese durch ihre bloße Spitze ersetzen, um die Szene überhaupt physisch verständlich zu machen. Doch bleibt das Nebeneinander der beiden Lanzenspitzen in dem Knauf auch dann verdächtig, weil man fragen muss, was denn die Merkuriusreliquie – die sonst nirgends mit Karl assoziiert wird – an Heilskraft der Herrenreliquie noch hinzufügen könnte. Gleich zwei Erklärungen hat Gaston Paris versucht. Die ältere hat er nur ganz knapp mit Fragezeichen angedeutet in seinem frühen Résumé der KMS (1863–1864, 102). Da ich ihr einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit zuspreche, möchte ich sie mit eigenen Worten hier detaillierter vorbringen: Die Merkurius-Lanze könnte in der KMS I mit der Mauritius-Lanze verwechselt sein. Um 930 übergab nämlich König Rudolf von Burgund an den deutschen König Heinrich I. im Austausch für ein Stück Alemannien eine Heilige Lanze, die noch im selben Jahrhundert zur höchsten Reichsinsignie aufstieg (was erklären würde, dass sie nur in der KMS I als der einzigen im Imperium entstandenen Fassung der Legende von Karls Schwert auftaucht) und die, ebenfalls spätestens vom 10. Jh. an, als Lanze des Heiligen Mauritius galt (der in
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Cf. etwa Bédier (1929, 4.130), LdM s.v. Compiègne, auch Kaiser (1979 passim). Cf. Bédier (1926, 122s., 1929, 4.132).
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Agaune in Hochburgund das Martyrium erlitten hatte). In das Blatt dieser Lanze war ein Nagel eingelassen, der angeblich vom Kreuz Christi stammte. Hier liegt wohl der Anstoß dafür, dass diese Lanze (wodurch sie für uns interessant wird) mit der Passionslanze identi¿ziert wurde, cf. LdM s.vv. Heilige Lanze und Reichsinsignien. Der altnordische Übersetzer, der sehr wahrscheinlich die Reichsinsignien nicht kannte, müsste also hier ‘die Spitze jener Lanze, mit der Christi Seite durchbohrt wurde, [zugleich] derjenigen des Mauritius’ missverstanden haben als Nennung zweier Lanzen(spitzen). Was nun die Ersetzung von Mauritius durch Merkurius angeht, sind in der KMS I soeben die Heiligen Georgius und Gregorius verwechselt worden (siehe oben), und in der anderen Erzählung von Schwertreliquien (cf. p. 163s.) ist in der KMS I wie in zwei Textzeugen des Rolandsliedes der Heilige Blasius für den Heiligen Basilius eingetreten – ist da eine weitere Ersetzung so schwer vorstellbar? Sie könnte hier nicht nur durch die Ähnlichkeit der beiden Heiligennamen, sondern auch durch sekundäre sachliche Nähe verursacht sein. Als nämlich die Teilnehmer des Ersten Kreuzzuges in der großen Schlacht vor Antiochia auf ihrer Seite drei oder vier Soldatenheilige mit himmlischen Heerscharen zu erblicken glaubten – eine der berühmtesten Kollektivvisionen der Geschichte –, sind dies Georg, Demetrius und Merkurius in den Gesta Francorum des Anonymus (1962, 69, Kap. 29), bei Baudri von Bourgueil/Dol (1879, 77), Hugo von Fleury, Henry von Huntingdon (1895, 365 bzw. 378), Guibert von Nogent (1996, 240) und Ordericus Vitalis (1845, III 559); doch statt Merkurius erscheint Mauritius bei Richer von Sens (1882, 281) und in der Historia Nicaena vel Antiochena (1895, 172), schließlich Mauritius und Merkurius zusammen bei Robert von Reims (1866, 832) und in der afrz. Chanson d’Antioche (1977–1978, vv. 9063–9065).245 Ist das nicht eine denkbare Basis für eine Verwechslung beider? Gaston Paris glaubte später allerdings, diese Hypothese durch eine andere ersetzen zu sollen (cf. Paris 1880, 34 n. 1 und 1890, 564 n. 1). Danach stand die Passionslanze zu der Merkurius-Lanze schon in der Realität in einem sehr engen Verhältnis. Paris zufolge wurde nämlich von eben jener Peterskirche in Antiochia, in der 1098 der Provenzale Petrus Bartholomäus die angebliche Passionslanze auffand, schon Jahrhunderte vorher behauptet, dort be¿nde sich die Lanze des Heiligen Merkurius (der um 250 das Martyrium erlitten haben soll); sie sei am Vorabend der Tötung Kaiser Julians des Abtrünnigen (363) von dort verschwunden, aber am folgenden Morgen blutig wieder vorhanden gewesen, denn Merkurius habe posthum auf Befehl des Himmels mit seiner Lanze Julian getötet. Nach Gaston Paris wurde diese Lanze dann wahrscheinlich bei der türkischen Eroberung der Stadt 1085 vergraben und wäre somit wohl materiell identisch mit der 1098 gefundenen. Träfen diese Darlegungen von Paris zu, so könnte man dieses doppelte Zusammentreffen ‘beider’ Lanzen – erst real, dann literarisch bei unserem Erzähler – nicht gut für Zufall halten. Vielmehr müsste man wohl folgern,
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Der Wechsel zwischen beiden Soldatenheiligen setzt sich auch später fort, so etwa in der Aspremont-Überlieferung (Hieatt 1975–1980, 2.356 n. 11) oder in der Überlieferung der dänischen Krønike (ed. Lindgård Hjorth 1960, 154–155, a. 1480 mærcurius ~ a. 1534 Mauricius).
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dass ein mittelalterlicher Christ, z.B. im Umkreis des Raimund von Saint-Gilles246 oder in Antiochia selbst, von der Identität beider Lanzen erfahren oder sie erschlossen hatte. Dieser Identitätsglaube wäre (z.B. durch zurückkehrende Pilger) ins Imperium gebracht und dort, nunmehr von den Ereignissen des Jahres 1098 losgelöst, auf die Reliquie in Karls Schwert übertragen worden, die schon, teste Rolandslied, als Spitze der Passionslanze galt. Der nordische Übersetzer schließlich hätte, ganz ähnlich wie bei der ersten Hypothese, die Angabe ‘die Spitze der Lanze, mit der Christi Seite durchbohrt wurde, [zugleich] derjenigen des Heiligen Merkurius’ missverstanden. Diese zweite, ohne Verwechslung zwischen Merkurius und Mauritius auskommende Hypothese wäre der ersten überlegen, wenn Gaston Paris für die Beziehung der Merkurius-Lanze zu Antiochia den geringsten Literaturnachweis gegeben hätte; gegen seine Gewohnheit tut er das aber nicht. Ich habe daraufhin eine Suche in der Literatur zur Merkurius-Legende unternommen, unter anderem in der Monographie von Binon (1937), die alle einschlägigen Texte einschließlich der orientalischen ausführlich diskutiert. Diese Suche förderte statt der erhofften Beziehung zu Antiochia etwas ganz anderes zu Tage: Die gesamte Entwicklung der Merkurius-Legende kreist nicht um Antiochia, sondern um das kappadozische Cäsarea. Dort soll der Heilige das Martyrium erlitten haben (ältestes Zeugnis dafür ist das Itinerar des Archidiakons Theodosius, wohl vor 530, Kap. 15, Binon op. cit. 22, 85s.),247 und dort war und blieb das Zentrum seiner Verehrung bis ins frühe 20. Jh. (Binon op. cit. 91s.); insbesondere befanden sich dort seine Reliquien, nämlich seine Waffen und sein Leichnam, bis sich beide in der bewegten Geschichte der Stadt irgendwann verloren (Binon op. cit. 94). Dort spielt die Legende auch in ihren ältesten griechischen Zeugnissen; denn bei Johannes Malalas (in diesem Teil wohl schon um 532, das Gesamtwerk um 565), übernommen vom Chronicon Paschale (erste Hälfte des 7. Jh.) und von Johannes von Nikiu (um 700),248 hat der große Basilius, Bischof dieses Cäsarea († 379), einen Wahrtraum: Im Himmel erhält Merkurius von Christus den Auftrag, Julian zu töten, und meldet, bald zurückkommend, den Vollzug des Auftrags. Bei Johannes von Damaskus (frühes 8. Jh.)249 steht Basilius in Cäsarea stattdessen vor einem Bild Marias und des Merkurius und bittet Maria um den Tod des Julian, worauf Merkurius aus dem
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Die Lanze des Petrus Bartholomäus verlor zwar bald ihren Kredit bei vielen Teilnehmern des Ersten Kreuzzuges, nicht aber bei Petrus’ Lehnsherrn Graf Raimund von Saint-Gilles und seinem Anhang. Und zu den unbeirrt lanzengläubigen Historiographen gehörte nicht nur Graf Raimunds Kapellan Raymond d’Aguilers, sondern z.B. auch der Genueser Historiker und Staatsmann Cafaro, demzufolge die himmlischen Scharen, die in der großen Schlacht vor den Toren von Antiochia den Kreuzfahrern zu Hilfe gekommen seien, vor der Heiligen Lanze ihre Feldzeichen gesenkt hätten (cf. etwa Röhricht 1901, 149 n. 4). Folgt man der Hypothese von Binon (op. cit. 19ss., 86s.), dass der Heilige Merkurius seine gesamte Existenz einem missverstandenen Heiligen Kyrion verdankt, so verschöbe sich das Martyrium nach Sebaste, 170 km nordöstlich Cäsarea und noch weiter entfernt von Antiochia. Ioannes Malalas (2000, 257, zum Datum des Werkes Einleitung p. 1*-3*); Chronicon Paschale (ed. Dindorf 1832, 552); Ioannes Nikiu (ed. Charles 1916, 80). Ioannes Damascenus (ed. Kotter 1975, 161). Er beruft sich auf eine Basilius-Vita des Helladius, des Schülers und Amtsnachfolgers von Basilius. Sie ist verloren, aber mit Binon (op. cit. 23 n. 5) kann man hier wohl nur an einen Pseudo-Helladius denken.
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Bild verschwindet, aber bald, jetzt mit blutiger Lanze, wieder zu sehen ist. In diesen Fassungen geht es also noch nicht um eine irdisch vorhandene Lanze (Binon op. cit. 22–24 u.ö.). In der Basilius-Vita des Pseudo-Amphilochius schließlich (8. oder 9. Jh., Binon op. cit. 24s. u.ö.)250 wird behauptet, die (nunmehr materiell gemeinte) Lanze des Merkurius sei im Augenblick der Marien-Vision des Basilius unmittelbar vor Julians Tod aus der Merkurius-Kirche in Cäsarea verschwunden; an diesem Verschwinden habe Basilius die Wahrheit seiner Vision erkannt und sogleich einen Dankgottesdienst abgehalten.251 Aber nirgends wird diese Merkurius-Lanze mit Antiochia in Verbindung gebracht. So lange hier nicht ein anderer Forscher einen glücklicheren Fund tut, erlaube ich mir, bei Gaston Paris eine Verwechslung von Antiochia mit dem kappadozischen Cäsarea anzunehmen und seine ältere Hypothese vorzuziehen. Plausible Gemeinsamkeit beider Hypothesen bleibt, dass die fKMS I nur eine Lanze kannte, aber doppelt quali¿zierte, was von dem altnordischen Übersetzer missverstanden wurde. Wie dem auch sei, raison d’être der ganzen Reliquienerzählung ist, wieder in Vorbereitung auf das Rolandslied (vv. 2503–2506), die Spitze der Passionslanze in Karls Schwert und damit dieses Schwert selbst, l’espee de France (v. 3615), mit dem Karl Baligant überwinden wird. Die KMS fährt fort: ‘Weil er dem Schwert dies [=diese Reliquie(n)] gegeben hatte, nannte er das Schwert Giovise ‘Joiuse’ (so die Form des Rolandsliedes; iu ~ drei Hasten ~ vi). Deshalb rufen alle Ritter, die sich anfeuern, mungeoy ‘Munjoie’. Wie schon Coulet (1907, 135) gesehen hat, ist das nahezu eine Übersetzung der Verse 2506–2511 des Rolandsliedes, wohlgemerkt in der Oxforder Handschrift (die Verse 2509–2510 über Munjoie haben keine Entsprechung in der KMS VIII); von der Spitze der Passionslanze heißt es dort: «En l’orét punt l’ad faite manuvrer; Pur ceste honur e pur ceste bontét Li nums Joiuse l’espee fut dunét. Baruns franceis neÚl deivent ublïer: Enseigne en unt de Munjoie crïer; Pur ço neÚs poet nule gent cuntrester.»252 250
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Acta Sanctorum Iun. II 944. Sie wurde zwischen dem 9. und dem 11. Jh. mehrfach ins Lat. übersetzt und begründete so die vielseitige Rezeption der Legende im katholischen Kulturbereich (Binon op. cit. 54–57). Das Wiederauftauchen der Lanze erwähnt die Vita nicht; doch hat man den Eindruck, dass es über dem Dankgottesdienst des Basilius nur vergessen ist. Der sehr spezi¿sche Gedanke des Rolandsliedes, von der Passionslanze aus den Begriff Munjoie bzw. Mons Gaudii zu fundieren, erscheint um 1100 übrigens ein zweites Mal, ohne dass meines Wissens das Verhältnis zum Rolandslied je untersucht worden wäre. Denn nach Raymond d’Aguilers (vor 1105; Edition Hill/Hill 1969, 88 [alle Mss. außer B] bzw. 129 [Ms. B, nach der Einleitung der Editoren p. 25 der ursprüngliche Platz des Passus]) beschwor auf dem Ersten Kreuzzug der sterbende Entdecker der Passionslanze, Petrus Bartholomaeus, seinen Herrn, den Grafen Raimund von Saint-Gilles, er möge nach seiner Rückkehr ins Abendland an einer bestimmten Stelle nahe bei Arles eine Kirche erbauen und dort die Lanze deponieren; der Ort solle dann Mons Gaudii genannt werden (cf. etwa Röhricht 1901, 176 n. 5). Der Graf ist offenbar dem Wunsch nicht gefolgt; von einer solchen Kirche ist nichts bekannt. Selbst eine so detaillierte Darstellung aller Ereugnisse um die lancea Domini des Ersten Kreuzzuges wie Giese (1988 passim) erwähnt die Bitte des Petrus Bartholomaeus nicht einmal.
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(Unger 51, Loth A48): Gabriel: Zu seiner Funktion in der KMS I und im Rolandslied cf. p. 163 s.v. Gabriel. Da Gabriel am Schluss des Rolandsliedes Karl zu einem neuen Feldzug auffordert, lag die Idee nahe, auch Karls Spanienfeldzug (dessen Anfänge ja im Rolandslied nicht thematisiert werden) mit einer Aufforderung durch Gabriel beginnen zu lassen.253 Ferner führte die qualitativ beherrschende Stellung, die in der Karlsepik, so weit wie wir sie nur zurückverfolgen können, der Spanienfeldzug behauptete, dazu, dass dieser allmählich auch chronologisch erstaunliche Proportionen annahm. In der Geschichte dauerte er wenige Monate; laut Rolandslied erstreckte er sich schon über etwas mehr als set anz toz pleins, laut Einleitungsbrief des Pseudo-Turpin über vierzehn Jahre; ungefähr gleichzeitig mit unserem Erzähler nahm er dann im Gui de Bourgogne mehr als 27 Jahre, also nahezu die Länge einer Generation, in Anspruch. Beim Durchdenken solcher Zeitspannen lassen sich auch Fragen um die Ernährung und die Sexualität der Feldzugsteilnehmer sowie um das Schicksal ihrer Familien nicht mehr einfach ausblenden und führen dann leicht zu uns merkwürdig anmutenden Antworten wie hier bei unserem Erzähler. Eine Bemerkung sei kuriositätshalber gestattet: Der epische Karl führt hier Wagenladungen ‘von Nüssen und von Getreide zum Aussäen‘ mit sich. Wieso Nüsse? Der Text lässt leider nicht erkennen, ob die Nüsse wegen ihrer Haltbarkeit und ihres ungewöhnlichen Nährwerts als Proviant mitgeführt werden oder ob sogar sie wie das anschließend genannte Getreide zur Aussaat bestimmt sind (Nussbäume wachsen notorisch schnell). Doch wie dem auch sei – auch der historische Karl empfahl in seinem Capitulare de villis (Abschnitt 70) ausdrücklich die Anlage von Haselnuss- und von Walnuss-PÀanzungen. Nicht, dass unser Erzähler das Motiv direkt oder indirekt aus dem Capitulare haben müsste, wohl aber verliert auch ein solcher Einfall vor dem Hintergrund der damaligen Erfahrungswelt ein Gutteil seiner Bizarrerie.254 Gerund: Afrz. Gir-, Ger-onde, -unde ‘die Gironde’. Das Wunder der weißen Hindin, die Karls Heer den Weg durch die Gironde weist, ¿ndet sich etwa gleichzeitig mit der fKMS I in der Chronique saintongeaise, wobei eine direkte Abhängigkeit weder in der einen noch in der andern Richtung wahrscheinlich zu machen ist. Dass die Episode einer verlorenen Frühfassung der Entrée d’Espagne angehörte (die Entrée ist nur in wesentlich jüngerer franko-italienischer Form erhalten), mag hier eine rationelle Annahme sein, cf. Aebischer (1972, 84–87); nur wird man diese Entrée nicht mit Aebischer zeitlich vor das Rolandslied stellen wollen. Nobilis: Das Rolandslied hat in O beidemal (v. 198 als erste Stadt einer Eroberungsliste zu Karls Spanienzug, v. 1775 in einem Rückblick) Noples, aber Noble in V4 (1775; 198 fehlt), Nobles in CV7, Nobilis in der KMS VIII, Nables im dt. Roland (nur
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Allerdings ist der Einfall möglicherweise viel älter als unsere Erzählung. Denn etwa achtzig Jahre vor ihr lässt der Pseudo-Turpin an Gabriels Stelle den Heiligen Jakobus mit dieser Aufforderung vor Karl erscheinen, wobei doch ein Heiliger in dieser Rolle gegenüber dem traditionellen Verkündigungsengel eher schon sekundär wirkt, zumal wenn er so eindeutig wie in diesem Fall den speziellen Intentionen des Autors entspricht. Denn die Erwähnung der Nüsse kommt hier ja für den modernen Leser ebenso überraschend wie in 11/B9 die Erwähnung der Birnbäume (p. 112s.).
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zu 198; danach der ripuar. Karlmeinet), Nabels255 im niederld. Roelantslied (zu 1775). Nobles heißt dieselbe Stadt in den übrigen Epen: Prise de Pampelune, Gaidon, Gui de Bourgogne, Saisnes, Aymeri de Narbonne und Aiol. Im Rolandslied steht also Noples Į gegen Nobles ȕ, und der Herausgeber kann sich frei entscheiden. Da von einer allgemeinen précellence von O bei den Eigennamen keine Rede sein kann, hat das -b- der gesamten sonstigen Überlieferung die Wahrscheinlichkeit für sich. Obwohl Nobles in der Forschung mit insgeamt zehn Orten identi¿ziert worden ist,256 handelt es sich so gut wie sicher um Dax und nur um dieses.257 Hier in geraffter Form der Beweisgang: Dax, berühmt durch seine heißen Quellen (aquae), hieß in der Antike Aquae Tarbellicae (nach dem Stamm der Tarbelli) oder Aquae Augustae (bei Ptolemäus 2.7.8 hýdata Aúgusta, nach einem Besuch des Augustus, also mit formanslosem Adjektiv wie Lex Iulia u.ä.). Im Südwesten Galliens gingen die Stammesnamen in der Völkerwanderungszeit unter; aus Aquae Tarbellicae wurde einfaches Aquae > afrz. Ais(-enGascogne), nfrz. bis ins 18. Jh. Acqs mit Anlehnung an die lat. und die gaskognische Lautung. Aber auch der Name Aquae Augustae blieb im Mittelalter bekannt, er erscheint z.B. in einer Fälschung des 12. Jh. aus dem Kloster Sorde auf den Namen Karls des Großen (Mühlbacher 1901, Nr. 230).258 Hingegen schwand die Erinnerung an Augustus’ Besuch, so dass lat. augustae nunmehr als ‘die erhabenen’ verstanden werden musste. Wie würde dies in volkssprachlicher Interpretation lauten? Das heutige frz. Adjektiv auguste ist ein mot docte, erst im 13. Jh. belegt und noch bis ins 17. Jh. selten. Doch noble, obwohl rein lautlich auch immerhin ein ‘halbgelehrtes’ Wort, ist dem Gebrauch nach durchaus volksläu¿g, es erscheint schon im Alexiuslied und in der Karlsreise und wird im 12. Jh. auch durch Ableitungen produktiv. Die heißen Quellen von Dax bewahren denn auch ihren Plural in der volkssprachlichen Ausdeutung von augustae, sie sind Nobles.259 Und damit sich mit dem augustae auch das Trägerwort aquae in der volkssprachlichen Entsprechung ewes spiegle, nennt der
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So die Ed. van Dijk (1981, v. 1074, gegen Nobels in Stengels Namenindex). Der einzige Textzeuge für diese Stelle, das Fragment Serrure, ist allerdings seit 1855 verschollen, und man ist auf eine Ausgabe von 1858 angewiesen, die auf einer etwa zwanzig Jahre älteren Abschrift beruht (van Dijk 1981, 170s., 298). Ich habe seinerzeit unter den acht damals vertretenen Hypothesen die sieben m.E. falschen ausführlich kritisiert (Beckmann 1973a, 6–17) und mich für Dax ausgesprochen. Inzwischen hat de Mandach zwei weitere Orte in die Diskussion eingebracht: Navapalos, einen kleinen Ort bei Gormaz am Duero, und Noplas, einen lieu-dit des 12. Jh. in Valtierra im südlichsten Navarra, einige Kilometer vom Ebro, cf. zuletzt de Mandach (1993, 40, 46–49 mit Rückverweisen). Angesichts der Kleinheit beider Lokalitäten und ihrer Entfernung von der französisch-spanischen Grenze halte ich eine explizite Auseinandersetzung für unnötig. Das Verdienst, als Erster Dax vorgeschlagen zu haben, gebührt Guiette (1956 passim), der sich dabei im Wesentlichen auf zwei einander ergänzende Stellen im Gui de Bourgogne (frühes 13. Jh.) sowie auf eine Aussage von David Aubert (Mitte des 15. Jh.) bezog. Ich habe mich demgegenüber bemüht, in meine Erklärung keine post-rolandischen Elemente aufzunehmen; diese könnten ja theoretisch schon auf einer Fehlidenti¿kation beruhen. Dieses wichtige Glied der Beweiskette war mir in meinem Aufsatz (cf. vorvorige Anm.) noch entgangen. Dieses -s war dann im Sprachgefühl einfach ein Fall des so häu¿gen Ortsnamen-s, das ja bis ins 12. Jh. produktiv blieb (etwa in Rames < Rama/Ramle, Gadres < Gaza, Rohais /rohĊs/ < OrhƗ u.ä.).
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Dichter es drei Verse danach (v. 1778): Puis od les ewes lavat les prez del sanc. Wohlgemerkt, obwohl der Begriff im Vorhergehenden noch nicht genannt ist, steht les ewes mit dem bestimmten Artikel in suggestiver Funktion – jene ewes, Aquae, die man beim Gedanken an die Stadt gleich mit evoziert.260 Wahrscheinlich suggerierten nun die inmitten der Stadt liegenden Quellen den Gedanken, man könne sie zur Tilgung und damit Verheimlichung von Schlachtenblut missbrauchen; eine Schlacht aber, die von ihrem Sieger verheimlicht wurde, musste eine schuldige Schlacht gewesen sein. Unsere These erklärt also nicht nur das Toponym, sondern im Gegensatz zu allen konkurrierenden Thesen auch die Erzählung. Nun erscheint in der Epik Nobles immer als die erste auf dem Feldzug nach Spanien zu erobernde Stadt. Muss es dann nicht, anders als Dax, schon in Spanien liegen? Keineswegs. In der Realität waren die muslimischen Heere ja zur Zeit des anderen Karl, des Großvaters, über Autun und über Poitiers hinaus gelangt; und in der Welt der epischen Legenden kann z.B. der Pseudo-Turpin über Abwehrschlachten Karls des Großen bei Saintes, Taillebourg oder Agen berichten – das ist weit mehr, als man für die Dax-These braucht.261 (Unger 52, Loth A49): Mit der Eroberung von Nobles verbunden ist also wohl von Anfang an wieder eine gewisse «Minimalschuld» Rolands. In der retrospektiven Szene des Rolandsliedes (vv. 1775ss.) will zwar Ganelon Rolands Neigung zu Ungehorsam illustrieren, aber da er dies öffentlich zu Karl tut, kann an der Faktizität des Berichteten einschließlich des sanz le vostre comant kein Zweifel bestehen. Die KMS I hat auch hier den knappen Rückverweis ausgestaltet. Roland und Olivier betrachten ungehorsamerweise im Voraus Karls Befehl, das Leben des Heidenkönigs zu schonen,262 als Unsinn. Beider Schuld wird dann in gewissem Maße dadurch gemildert, dass der Heide einen Ausfall unternimmt. Doch wenn man den altnordischen Text beim Worte
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Nicht völlig verwerfen möchte ich eine alternative Deutung: Die ewes sind der Adour. Wie man z.B. aus dem Guide du Pneu Michelin: Pyrénées s.v. Les Landes entnehmen kann, war der Adour – allerdings in seinem Unterlauf, ein ganzes Stück unterhalb von Dax – auch im Mittelalter noch ein notorisch ‘vagabundierender’ Fluss, der häu¿g seinen Lauf änderte. Doch ob nun Quellen oder Fluss, der Gedanke einer Umleitung zwecks Überschwemmung eines größeren Feldes stellt sich am ehesten, wenn nicht sogar ausschließlich, bei einer weitgehend ebenen Landschaft, und in einer solchen liegt Dax, im Gegensatz zu den meisten seiner Konkurrenten. In der alten Ausgabe der Conquête de Jérusalem von Hippeau (1868) ist mehrfach die Rede von einem Gui, Bischof von Nobles, so dass man auf den Gedanken kommen könnte, diesen zur Identi¿zierung der Stadt heranzuziehen. Doch die neue Ausgabe von Thorp (1992), La Chanson de Jerusalem, hat vv. 8132 und 8900 Nole, erst 9204 Nobles (wobei allerdings der Index auch für 8132 eine Variante Nobles aufführt). Dieser Bischof wird jeweils zusammen mit dem Abt von Fécamp genannt. Doch ein Bischof Guido ist zur fraglichen Zeit weder in Dax noch in Pamplona, Bayonne, Grenoble, Rouen, Neapel, Nola, Noli oder Nablus zu belegen. Weshalb Karl dies be¿ehlt, wird weder im Rolandslied noch in der KMS I angedeutet. Entweder hatte Karl dem Fourré nicht protokollgerecht (wie in der altfranzösischen Epik üblich) den Krieg erklärt, oder aber, was mir wahrscheinlicher erscheint, Karl betrachtete Fourrés Gebiet – rechtlich oder «geopolitisch», weil nördlich des Pyrenäenkamms gelegen – noch als einen Satellitenstaat seines eigenen Reiches und rechnete auf eine Unterwerfung Fourrés.
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nimmt,263 eröffnet jetzt das Freundespaar den Kampf. Eine entscheidende Milderung der Schuld wenigstens Rolands ergibt sich aber wiederum daraus, dass der Heide gerade auf Olivier eindringt. Den Ausfall der Heiden als auslösendes Moment wird übrigens nolens volens auch Ganelon implizit zugeben (1776s.): Die Sarazenen kamen aus der Stadt zum Kampf mit Roland. Fulr (Nominativ), Ful (Akk.): Afrz. Fo(u)rré, im Pseudo-Turpin indeklinabel Furre. Die Namensform der KMS I beruht darauf, dass das ¿nale -e der noch akzentlosen afrz. Graphie als tonlos gedeutet und (wie oft in der KMS I, cf. p. 59s., Punkt e) unterdrückt, dann auf der folgenden Überlieferungsstufe das -r für das an. Nominativ-Zeichen gehalten wurde. Andererseits deutet diese Form darauf hin, dass im Afrz. Fourré < *Folré entstanden ist, eine Entwicklung, die freilich ohne Gleit-d nur im Norden und Osten des afrz. Sprachgebiets regulär ist.264 In der altfranzösischen Epik ist Fo(u)rré allgemein seit etwa 1200 bezeugt als König von Nobles, der dort im Vorfeld von Karls eigenem Spanienfeldzug von der Vorhut unter Roland getötet wird. Doch das Rolandslied nennt in der Nobles-Episode (vv. 1775ss.) keinen Herrschernamen, und im Pseudo-Turpin ist Furre, der hier ohne Zutun Rolands fällt, Herr von Monjardín, welches in der KMS I erst die nächste Station des Spanienfeldzuges ist, cf. unten 53/A50; gleichzeitig verlegt der Pseudo-Turpin den narrativen (allerdings etwas veränderten) Inhalt der Nobles-Episode ohne den Namen Furre nach Grenoble, cf. p. 170 zu Karls Sachsenkrieg. (Unger 53, Loth A50): Mongardigborg, Mongardig: Afrz. Mont Garzin, Mon(t)jardin, im Pseudo-Turpin Mons Garzini (Varianten Garzin, Garzim, Garizim u.a), heute ‘Monjardín’, von weither sichtbare Bergfeste bei Villamayor de Monjardín südwestlich Estella am Sankt-Jakobs-Weg, in einem kurz vor 914 von den Navarresen den Muslimen wieder abgerungenen Landstrich namens Degium oder ähnlich. Sie ist vor 1143 ausschließlich und «con frecuencia» (Lacarra 1969, 460) unter dem Namen castrum Sancti Stephani (de Degio) bezeugt. Nachdem 1083 französische Mönche und gegen 1110 eine französische Besatzung in die Festung einzogen, taucht in einer Urkunde erstmalig 1143 der Name Montjardin auf, der aber erst nach 1200 zum Normalnamen der Festung wird (Lacarra 1969, 460–468). Die -rd-Formen gehören zu
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Wie das mit Nachdruck Foote (1975–1977, 16) in seiner Kritik an Aebischer getan hat. Dass der Name in einer im Afrz. nicht mehr erhaltenen Vorstufe ein solches -l- enthielt, wird auch durch eine andere Tatsache nahegelegt. In der altfranzösischen Epik bezeichnet er nicht nur den Herrn von Nobles und einige weitere Heiden, sondern auch einige Christen. Unter den letzteren ist im Fierabras (wohl um 1170), freilich nur als Hapax, ein Kaplan Fourré, den man nicht gut trennen kann von Fulrad, dem großen Abt und Mehrer von Saint-Denis und (Chef-) Kaplan Pippins, dann Karls des Großen. (Eben deshalb ist dort Fourré und nicht die Variante Ferré die richtige Lesart.) Da man aber nicht sieht, warum sich ausgerechnet dieser Christenname als Heidenname eignen sollte, braucht dies nicht die wirkliche Etymologie des Heidennamens zu sein; die Berührung bzw. Verschmelzung mit einem ähnlichen Namen kann eine sekundäre sein. – Morlet 95s. behandelt den Namen Fulrad (der in der Tat besonders im frz. Osten häu¿g ist, auch Abt Fulrad hatte Besitz im Maasgebiet und im Elsass) meist als Variante von Fulc-rad, eher zu Unrecht, da doch das Dreikonsonantengesetz nicht greift, wenn das zweite und dritte Element der Konsonanz aus Muta plus Liquida besteht.
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afrz. jardin ‘Garten’, doch Gärten kann es (nach Lacarra art.cit. 468) auf dem Felsboden des Berges nie gegeben haben, so dass ‘Gartenberg’ wohl eine Sekundäretymologie ist. Meines Erachtens sind damit die -r(i)z-Formen lectio dif¿cilior; sie jedenfalls stammen – was Aebischer (1958 passim) und Lacarra (1969) in ihren detaillierten Studien völlig übersahen – aus dem Namen eines der berühmtesten Berge der Bibel, des Mons Garizim, von dem aus die Kinder Israel bei der Einnahme des Landes auf Gottes Geheiß den bedingten Segen über das Land aussprachen (Deut 11.29, 27.12, Jos 8.33). Bedenkt man, wie viele der Besatzer von 1110 im Jahrzehnt zuvor geholfen haben mögen, das Königreich Jerusalem zu begründen, so muss man das Toponym für einen Fall von Nachbenennung halten, und zwar offensichtlich – wie auch die bald folgende volksetymologische Deutung – in französischem Mund.265 Das -g geht zurück auf die im späteren Afrz. vorkommende Graphie -ng statt -n, wobei in diesem Fall wohl das -n- als bloße Tilde geschrieben war und dann übersehen wurde.266 Vom Pseudo-Turpin abgesehen, erscheint das Toponym in der altfranzösischen Epik erst um oder kurz nach 1200. Für unseren Text stellen sich damit gleich zwei Fragen. Erstens: Welche Fassung der Erzählung um Monjardín ist ursprünglicher, die im Pseudo-Turpin oder die in unserem Text? Und zweitens: Wenn außer der zeitlichen auch die inhaltliche Priorität beim Pseudo-Turpin liegt, ist damit bewiesen, dass die fKMS I den Pseudo-Turpin kennt? Zur ersten Frage: Der König Fourré ¿ndet seinen Tod laut Pseudo-Turpin in Monjardín, laut der KMS I in Nobilis; ferner lokalisiert der Pseudo-Turpin in Monjardín ein ganz anderes Wunder als das Lanzenschaft-Wunder der KMS I, berichtet letzteres dann aber zu Sahagún, und zwar nicht nur in narrativer und theologischer Hinsicht besser, sondern auch mit der Bemerkung, man sehe dort ‘noch heute’ in den Wiesen am Río Cea den aus den Lanzenschäften entstandenen Hain. Da auch der Pilgerführer, dem wir doch topographische Exaktheit als schiere raison d’être zusprechen müssen, in Kap. 8 bei der Nennung von Sahagún die hainüberwachsenen Wiesen, prata nemorosa, als genaue Örtlichkeit dieses Wunders erwähnt, ist die Lokalisierung des Pseudo-Turpin besser begründet als die der KMS I, und zugleich wird nur in Pseudo-Turpin und Pilgerführer die Legende als eine ätiologische erkennbar: Mit ihr ist damals die Existenz eines realen Hains am Sankt-Jakobs-Weg, als man dort in der Wirklichkeit französische Pilger und Glaubenskämpfer und im Geiste Karl und seine Kämpen durchziehen sah, ‘erklärt’ worden – wie so vieles andere am Wege. Man muss also ganz entschieden die Behauptung von Aebischer bestreiten, dass die KMS I die Monjardín-Episode in ursprünglicherer Form bewahrt habe als der Pseudo-Turpin.267 So weit die erste Frage. Methodisch schwerer zu beantworten ist die zweite. Es ist hauptsächlich wohl der Pseudo-Turpin, der die Namen Fourré und Monjardín sowie das Motiv des Lanzenschaft-Wunders im ganzen katholischen Europa bekannt gemacht hat. Deshalb 265
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Lacarra (1969, 469) erwägt Herkunft aus einem sehr hypothetischen *mons Garcianis ‘Berg des García’. Eine Fehlform dieses Namens auf -gardig ¿ndet sich übrigens auch in der handschriftlichen Überlieferung der Chevalerie Ogier, cf. Aebischer (1958, 41). Aebischer (1968, 17).
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hat z.B. Tétrel (2002, 350) geschlossen, dass der EinÀuss des Pseudo-Turpin auf die KMS I unbezweifelbar sei – zu Recht. Aber heißt das, dass unser Erzähler «den» Pseudo-Turpin «kannte»? Nein. Der Pseudo-Turpin wurde im gesamten Mittelalter von niemandem als Fälschung erkannt, von jedermann als Werk des Augenzeugen und Erzbischofs Turpin gelesen. Damit war der Authentizitätsanspruch des Werkes schlechthin erdrückend, und es erfuhr schon im späten 12. und frühen 13. Jh. eine schriftliche Verbreitung, die diejenige z.B. des Rolandsliedes um ein Vielfaches übertraf. Wir dürfen sicher sein: Hätte unser Erzähler je den ganzen Text gelesen oder gar ein Exemplar des Pseudo-Turpin zur Verfügung gehabt, so sähe gerade infolge dieses Authentizitätsdruckes die ganze KMS I anders aus.268 Unser Erzähler würde nicht wagen, die Grenoble-Episode nach Dortmund zu verlegen (cf. p. 170), Fourré in Nobles statt in Monjardín zu Tode kommen zu lassen, das Lanzenwunder von Sahagún nach Monjardín zu verlegen (und er würde dabei nicht dessen im Pseudo-Turpin sehr klar herausgebrachten theologischen Sinn verfehlen). Denn er müsste fürchten, dass jeder seiner Leser, der auch den Pseudo-Turpin kennen lernte, diesem glauben und ihm selbst eine Unwahrheit, wilde mære, ankreiden würde. Mehr noch: Er, der so Àeißig Erzählstoffe sammelte, würde sich wahrscheinlich schon Karls Jakobus-Vision als Auslöser seines Spanienfeldzuges und manches andere vor Monjardín Erzählte, ganz sicher aber Rolands Kampf gegen Ferracutus, das unmittelbar auf Monjardín folgende Glanzstück des Pseudo-Turpin, nicht haben entgehen lassen. Es geht nicht an, solche Gegenerwägungen prinzipiell aus der Diskussion auszublenden und auf einer bequemen Alternative – das ganze Werk ist «bekannt» oder «nicht bekannt» – zu bestehen. Denn der Fall ist keineswegs vereinzelt; ganz ähnlich steht es z.B. (was aus Raumgründen hier nicht ausgeführt werden kann) mit dem EinÀuss des Pseudo-Turpin auf das deutsche Rolandslied und auf den Pseudo-Philomena. Hier bleibt nur eine mittlere Lösung: Unserem Erzähler ist Erzählstoff aus dem Pseudo-Turpin zugeÀossen, ohne dass er deshalb das ganze Werk handschriftlich zur Verfügung hatte. Selbst heute kennt wohl jeder von uns den Handlungsfaden oder Einzelepisoden sehr vieler Texte nur aus zweiter Hand. Bei den Rahmenbedingungen des mittelalterlichen Buchwesens sind solche Situationen mindestens ebenso leicht vorstellbar: Jemand hat dem Erzähler eine Episode begeistert erzählt oder, bestenfalls, er selbst hat beim Besuch einer anderen Bibliothek, etwa eines Nachbarklosters, kurz eine Handschrift einsehen können, vielleicht
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Aus diesem Grunde kann ich mich auch nicht befreunden mit der Vermutung von Togeby (1969, 86, 89), der Pseudo-Turpin könne in seiner Struktur das Vorbild zur Anlage der ganzen KMS sein. Ein mittelalterlicher Autor kann den Pseudo-Turpin nur auffassen als bitterernst gemeinten Tatsachenbericht eines hochrangigen und exzellent positionierten Augenzeugen, nicht als ein Dichtwerk, neben das er nun im Wettbewerb ein zweites ähnliches Dichtwerk über annähernd denselben Gegenstand stellen könnte. Würde er dies wider Erwarten doch wagen, so müsste er sich eine ebenso gute Maske aussuchen wie der Pseudo-Turpin – aber die KMS als Ganzes fällt gerade auf durch das Fehlen eines Erzählgaranten. Und wie der Pseudo-Turpin wirkt, wenn er einem Autor der ersten Hälfte des 13. Jh. ständig zur Verfügung steht, sieht man an seiner durchgreifenden Wirkung auf Philipp Mousket, Helinand von Froidmont und Aubri von Troisfontaines.
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auch einzelne Passagen notiert – und Ähnliches mehr.269 So wird die volle Kenntnis eines Werkes zeitlich und/oder örtlich übertroffen von einer Aura mehr oder minder marginaler Kenntnis. Korda (bzw. dessen Genitiv Kordu) und (58/A55) Kords: Entspricht formal und narrativ dem Cordres la citét des Rolandsliedes (v. 71, cf. 97). In der RolandsliedPhilologie wird neben der Identi¿zierung mit Córdoba auch die mit Cortes am Ebro oberhalb von Saragossa verfochten. Welche von beiden ist vorzuziehen? Im Rolandslied lauten die Formen: Cordres O, Cordoa V4, Cordes CV7, Corderes/ Corders dt. Roland, Acordies KMS VIII (in 97: Cordes Bb), Cordybi (genauer: yGhordybi ‚in Córdoba’) walisischer Roland. Da im Stemmastrang ȕ des Rolandsliedes das -i- der KMS VIII nur auf das -r- zurückgehen kann, das wir auch im dt. Roland ¿nden und das zu Į=O stimmt, und da das -es in KMS VIII, dt. Roland und CV7 ebenfalls zu O stimmt, hatte schon der Archetyp Cordres. Span. Córdoȕa musste in afrz. Mund zunächst /kordvԥ/ ergeben, doch da im afrz. phonotaktischen System -dv- unbekannt, -dl-, -dm- und -dn- im Verschwinden begriffen und nur -dr- stabil war, wurde letzteres substituiert; an das Wort trat zudem das bis mindestens ins 12. Jh. produktive270 Ortsnamen-s. Die jüngere Variante Cordes beruht auf Schwunddissimilation des zweiten gegen das erste r. (Hier schließen sich die Formen der KMS I an, abgesehen vom Fehlen des -s in 53/A50.) V4 und der walisische Roland schließlich setzen überhaupt eindeutige, außerepische Formen von Córdoba ein. Hingegen mangelt ein Ansatz Cortes > Cordres der lautlichen Parallelen. Der Satz der KMS I, der die Eroberung dieser Stadt durch Karl berichtet, fehlt ärgerlicherweise in Aebischers Übersetzung.271 Ganz wie in der KMS I erobert Karl auch im Rolandslied die Stadt erst unmittelbar, bevor er sich dem ‘allein noch uneroberten’ (v. 5s.) Saragossa zuwendet. Weil Córdoba von der arabischen Eroberung bis ins frühe 11. Jh. als Hauptstadt des islamischen Teils der Pyrenäenhalbinsel (seit dem frühen 10. Jh. also des ‘Kalifats’ des Westens) zur größten und glanzvollsten Stadt Europas mit möglicher Ausnahme nur von Konstantinopel herangewachsen war,272 durfte der epische Karl die Stadt trotz ihrer Lage im Süden der Halbinsel nicht unerobert lassen. Doch da sich der historische Kern der Karlsepik nun einmal seit ihren Anfängen um Saragossa und Roncevaux drehte, musste Karl Córdoba – im Rolandslied wie in der KMS I – erst als letzte Stadt vor Saragossa erobern; dass sich dabei der Roland-Dichter ihre Entfernung von Saragossa (genauer gesagt, von
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Wie sehr mögen übrigens auch zurückkehrende Jakobspilger und Spanienkrieger zur Durchmischung und VerÀachung der Erzählmotive vom Jakobsweg beigetragen haben! Auffällig in unseren Falle ist ferner, dass die Graphie des Namens in der KMS I abweicht nicht nur von seiner narrativ marginalen, stark verderbten Nennung in der KMS III 36 als Mongandium (A), Mondangim (B laut Unger), Mundangin (B laut Loth), Mondangin (b), sondern auch von seiner unmittelbar aus dem Pseudo-Turpin bezogenen Nennung in IV 14 A als (Berg) Garįin/Gardin. Cf. p. 179 n. 259. Gilbert/van Emden (1973, 153). Arabische Geographen sprechen sogar von 500.000 Einwohnern, 50 Hospitälern, 300 Bädern...– Zahlen, die allerdings mit Vorsicht zu betrachten sind (Kettermann 2001, 66).
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Valtierra273 oberhalb von Saragossa am Ebro) viel zu klein vorstellt, ist Folge einer psychologischen Verkürzung des feindlichen Hinterlandes, das er nicht genauer kennen und deshalb nicht mit Anschauung füllen kann. Die Identi¿kation mit Cortes hingegen ist nicht nur lautlich, sondern auch narrativ bedenklich: Ein Rückzug Karls von Cortes nach dem ebenfalls in unmittelbarer Ebronähe, aber weiter Àussaufwärts gelegenen Valtierra, also von Saragossa weg schon klar in Richtung Heimat, wäre, so lange Ganelon den unter Verdacht des Doppelspiels stehenden Marsilius noch prüfen soll, strategisch widersinnig. Saraguz: Afrz. Sar(r)agoce, auch Sar(r)aguce geschrieben (so im Rolandslied passim), ‘Saragossa’. Marsilivs: Der Marsílie des Rolandsliedes, Marsirus des Pseudo-Turpins (so der Codex Compostellanus, Marsirus, Marsirius, Marsurius ihm stemmatisch nahestehende Handschriften), König in Saragossa. Man beachte, dass auch die Form des Rolandsliedes immerhin ‘halbgelehrt’ ist und dass auch die KMS VIII (und das Carmen de prodicione Guenonis) diese zu voll-lat. Marsilius macht. Basin ok Basilium (Akk.) brodr hans: Im Rolandslied (vv. 208, 330, 490) rückblickend Basan(t)274 und Basílie, gräÀiches Brüderpaar, das von Karl auf Botengang zu Marsilius geschickt und von diesem gehenkt worden war. Unser Erzähler konnte seinem Plan entsprechend auch diese Episode nicht unerzählt lassen. Nach Meinung von Aebischer (1972, 87, 89, 91) stammt auch sie aus der Entrée d’Espagne, die älter sei als das Rolandslied. Nun sind Aebischers Urteile über das hohe Alter der in die KMS I eingegangenen Episoden letztlich impressionistischer Natur; da die Beweislast bei ihm lag, müssen sie abgelehnt werden, auch wenn sie sich nicht eigentlich widerlegen lassen. Im vorliegenden Fall aber kann man sogar die Gegenthese sehr wahrscheinlich machen: Es handelt sich um eine Er¿ndung innerhalb der Tradition des Rolandsliedes, 273
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Valterne Rol. 662 ȕ (=MS VIII CV7, doch vv. 199 und 931 auch Į=O) ‘Valtierra’, mit automatischer Vermeidung der Diphthongierung nach Mustern wie afrz. terre gegenüber span. tierra und mit Ersetzung von -erre durch das epische Ortsnamensuf¿x -erne; zu diesem cf. zuletzt Beckmann (2004a, 260–262). Galne 662 Į=O erklärt sich wie folgt: Valterne > *Gualterne (wohl EinÀuss von gualt ‘Wald’) > *Gualt’ne (mit [e]r-Kürzel, der dann übersehen wird) > Galne (Dreikonsonantengesetz und Gu- > G- wie schon in O *Guai¿er > Gai¿er, *gua(a)ignun > Gaignun); laut ed. Segre ad loc. verletzt Galne überdies die Assonanz. Valtierra ist bis auf etwa sieben Kilometer genau der Punkt, wo sich auch heute ein von Córdoba kommender Auto- oder Eisenbahnreisender endgültig entscheiden müsste, ob er nordwärts nach Frankreich oder am Ebro entlang nach Saragossa will. Darin liegt trotz der psychologisch bedingten Verkürzung der Strecke Córdoba-Valtierra die bestechende Logik der Erzählung. O hat v. 330 in der Assonanz unmittelbar nach mehreren -ant auch Basant, sonst (im Versinneren) Basan. Das -a- steht an allen drei Stellen außer in O=Į jeweils in mehreren Textzeugen aus ȕ, also stand es auch im Archetyp. Doch weiter unten im Stemma macht sich in wechselndem Ausmaß die Tendenz bemerkbar, Basan durch Basin zu ersetzen, und in Bezugnahmen anderer Epen auf diese Person überwiegt Basin sehr stark. In der Realität ist ein Name Basan(us) anscheinend gar nicht zu belegen, immerhin aber zu Basinus die gut belegte Variante Basenus (Morlet 49). In Anlehnung an dieses -en- hat sich vermutlich der Rolanddichter als poetische Lizenz für die Assonanz die Form auf -an- gebildet und sie dann verallgemeinert. Aber auch wenn somit in letzter Instanz ein ‘Basin’ gemeint war, sichert nichts dessen Identität mit dem Meisterdieb Basin (cf. p. 71ss.).
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und zwar um eine Er¿ndung des Mannes, der die Blancandrin-Einleitung in die Roland-Materie einführte, also wohl einfach des großen Dichters des erhaltenen Rolandsliedes. Heute dürfte die Mehrheit der Forscher die Annahme akzeptieren, dass es in der Entwicklung der Roland-Materie, wie lang oder wie kurz man sie sich auch vorstellen mag, eine Form gab, in der weder die Blancandrin-Einleitung noch der Rückblick auf Basans und Basilius’ Schicksal existierte – eine Form, die ja im Pseudo-Turpin und im Carmen de prodicione Guenonis noch vorliegt. Auch hier setzt Karl also gegen Ende seines Spanienzuges zur Bezwingung von Saragossa an, schickt aber zunächst, wie es sich gehört, einen Boten zu Marsilius, nämlich Ganelon. Hier wissen die Franken von Marsilius’ Plänen gar nichts, und gerade deshalb ist Ganelons Leben in Gefahr. Denn wenn Marsilius etwa eine Verteidigung bis zum letzten Blutstropfen plant, würde ihn eine Ermordung des Boten nichts kosten. Nun enthält das erhaltene Rolandslied aber die Blancandrin-Einleitung. (Meines Erachtens wurde sie ersonnen, um zur Vorbereitung des ziemlich komplizierten Verratsplanes die Unterredung zwischen Ganelon und Blancandrin, eine psychologische Meisterleistung, einführen zu können.) Die Franken wissen zwar auch jetzt nicht, ob Marsilius es mit seinem Konversionsangebot ehrlich meint, sehr wohl aber wissen sie, dass er das fränkische Heer unbedingt zum Rückzug aus Spanien veranlassen will. Und hier verbirgt sich eine narrative Klippe allerersten Ranges. Unterstellt man nämlich Marsilius ein leidlich normales Denken und Handeln, so müsste er, ob ehrlich oder nicht, Ganelons Ambassade gelingen lassen. Ganelon wäre somit gar nicht gefährdet, hätte keinen Grund zum Verrat, und die weitere Handlung des Rolandsliedes fände nicht statt. Diese Gedankenbahn muss der Dichter seinen Rezipienten also früh genug verlegen, nämlich schon vor der Wahl des fränkischen Boten in der ersten Ratsszene.275 Man muss schon in diesem Augenblick Marsilius für einen bis zur Selbstschädigung unbeherrschten, blutrünstigen Charakter ansehen. Wie schafft der Dichter das? Genial einfach, er erzählt – gleich im ersten Antwortbeitrag nach Karls Darlegung der Situation – als schon einmal geschehen, was Ganelon fürchten wird: Marsilius hat in einer ganz analogen Situation (man vergleiche im Einzelnen vv. 201–209) gleich zwei Boten Karls dahingemordet. Diesem Paar gibt der Dichter aufs Geratewohl alliterierende Namen, wie er sie auch sonst liebt: wie Gerin und seinen Freund Gerer, Ive und seinen Freund Ivórie (das sind diejenigen vier unter den Zwölf Pairs, von denen wir am wenigsten wissen, weder ihren Rang noch ihr Lehen, die also wohl einfach zur Auffüllung der Zwölfzahl paarweise hinzuerfunden sind), wie Machiner und seinen Onkel und Mitboten Maheu, Clarifan und seinen Bruder und Mitboten Clariën, Esturganz und seinen Genosse Estramariz samt einem weiteren Genossen Escremiz, Malcud und sein Sohn Malquidant, wie cum grano salis auch Guinemer als Onkel von Guenelun – ebenso jetzt: Basan(t) und
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Eine andere Frage ist, weshalb Karl nicht einfach, um keinen seiner Leute zu gefährden, seine Antwort, verbunden mit einem passenden Ultimatum, dem Blancandrin mitgibt. Abgesehen davon, dass das Schema Gesandtschaft – Gegengesandtschaft bis zu einem gewissen Grade schon narrative Gewohnheit (zweimalige Spannung) gewesen sein mag, darf Karl wohl bei der Sendung eines eigenen Boten auf eine verlässlichere Übermittlung seiner Bedingungen und eine promptere Antwort der Gegenseite rechnen, dazu auf wertvolle Beobachtungen seines Boten im feindlichen Lager (cf. dazu Turpins Erwartung, v. 270).
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seinen Bruder Basilie. Dazu eine Hinrichtungsstätte desoz HaltílƱe oder soz Haltoïe,276 also bei einem ad hoc erfundenen ‘Hohenhausen’ bzw. ‘Echohausen’, dessen Name dieselbe Sensibilität des Dichters gegenüber den visuellen bzw. akustischen Effekten des Gebirges spiegelt wie sein berühmtes evokatorisches «haut sunt li pui» und seine nicht minder berühmten Hornszenen.277 (Unger 54, Loth A51; Unger 56, Loth A53): Roland und Ganelon: Im Rahmen seiner Vorbereitung des Rolandsliedes geht unser Erzähler nun die wichtigste seiner Aufgaben an: Ganelons künftigen Hass auf Roland zu motivieren. Er tut es bemerkenswerterweise so, dass dieser Hass als AusÀuss nicht etwa einer eingewurzelten Feigheit Ganelons, sondern erst seines verletzten Ehrgefühls als Ehemann erscheint. Auch für die heutige Interpretation der Ganelon-Figur im Rolandslied sollte es sehr zu denken geben, dass Ganelon noch für den Erzähler des frühen 13. Jh. nicht schlechthin der geborene Schurke war. Damit Ganelon Rolands Stiefvater werden kann – eine Hauptachse des Rolandsliedes –, muss zum einen Milo von Angliers, der Ehemann von Rolands Mutter Gisela, sterben (ebenso im Pseudo-Turpin Kap. 8). Dass eine Witwe, zumindest wenn sie nicht ins Kloster geht, und dass auch ein Witwer umgehend wieder heiratet, ist im 9. wie im 13. Jh. die nächstliegende, oft sehr unsentimental gehandhabte Lösung. Zum andern wird also jetzt auch Ganelon, der schon in 6**/B4 erwähnt, in 26*/A25/B26 als Herr von Château-Landon bezeichnet und in die Gruppe der Zwanzig um Karl aufgerückt war, vom Dichter zum Witwer erklärt, mit Gisela verheiratet und als Karls neuer Schwager zum Grafen von Corbeil ernannt (zu den Örtlichkeiten cf. p. 92s. s.v. Uenelun). Aus der Ehe zwischen Gisela und Ganelon geht ein Halbbruder Rolands, Balldvini ‘Balduin’, hervor (zum Namen cf. p. 91 und 95 s.v. Beluin); er ist im Rolandslied (im Vorausblick vv. 313s., cf. auch 363s.) und im Pseudo-Turpin ein makelloser Krieger und trägt in den Saisnes sogar ruhmreich einen Großteil der Handlung. Damit nun aber Roland Ehebruch (nicht: Inzest) mit Ganelons Frau treiben und dadurch Ganelons Ehrgefühl verletzen kann, muss diese Frau eine andere als Rolands Mutter sein. Eine einmal vollzogene Ehe kann nach katholischer Auffassung nur geschieden werden, wenn die Eheleute zu nahe miteinander verwandt sind. ‘Gelehrte Männer’ entdecken also zwischen Gisela und Ganelon eine Verwandtschaft ‘beim vierten Mann beiderseitig’. Aebischer übersetzt «une parenté de quatrième degré des
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Mit Editoren wie Stengel und Roncaglia neige ich dazu, in Haltoïe die lectio dif¿cilior und damit die ursprüngliche Lesart zu sehen, das semantisch vagere Haltíle dürfte durch das vorausgehende Basíle beeinÀusst sein. Freilich könnte sich Haltíle auch anlehnen an einen Typ Altillo, -a der spanischen Kleintopographie. Keinen Erklärungswert hat, aus geographischen wie aus chronologischen Gründen, das italienische Attilie u.ä. des Otinel und der KMS VI 3. Diese Effekte können übrigens auch heute noch eine merkwürdige Faszination entfalten. Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, kann man z.B., von Ibañeta ins Valcarlos hinabblickend, die Stimmen von Wanderern irgendwo aus unbestimmter Tiefe und Ferne hören, ohne sie zu Gesicht zu bekommen; es ist schwer, in solchen Augenblicken nicht an das halt sunt li pui und mehr noch an Rolands Horn und die antwortenden Hörner des Karlsheeres zu denken, so hörbar und doch so unsichtbar fern.
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deux côtés», Hiatt «the fourth degree of kinship on the male side», Patron-Godefroit zunächst (1975–1976, 327, Hieatt korrigierend) «the fourth degree of kinship on each side», später (1980) «une parenté [...] au troisième degré des deux côtés», ebenso dann Lacroix. Selbstverständlich liegt in unserem Text nicht die altrömische, sondern die mittelalterliche (germanische, dann «kanonisch» genannte) Rechnung der Verwandtschaftsgrade vor.278 Nun ließ die katholische Kirche zwar in der Frage der Ehehindernisse lange Zeit volle Klarheit vermissen, aber 1215 setzte sie im Vierten Laterankonzil eindeutig fest, dass Ehen zwischen Verwandten bis zum vierten Grade (kanonischer Zählung) einschließlich verboten seien. Patron-Godefroits spätere (und danach Lacroix’) Ausdrucksweise rechnet (vermutlich zu Recht) darauf, dass der Text hierbei die Ego-Generation mitzählt.279 Unser Erzähler nimmt nun eine urkundliche Tradition aus dem Kloster Cysoing auf, die uns lehrt, dass in der Realität ‘König Karls Schwester Gisela’ [aber diejenige Karls des Kahlen] Frau eines Herzogs Eberhard und Mutter eines Adalhard und eines Eberhard war und dass in Eberhards Familie der Frauenname Heilwig(is) gängig war, also vermutlich auch der Name einer Schwester Eberhards war; cf. dazu im Einzelnen Teil II p. 37s. Das erklärt also in der KMS I 54/A51 die Konstellation Karl-GelĊinEfrĊd (Efrad, Vater)-Geluviz-Efrad (Sohn)-Adalrad. Die zunächst kompliziert anmutende Scheidung-und-Wiederverheiratung Ganelons macht nicht nur die Ehebruchsszene möglich, sondern erbringt zugleich den mildernden Umstand, dass Roland in dem Augenblick, als er unwissentlich in Ganelons Ehe einbricht, wenigstens nicht mehr sein Stiefsohn ist. Denn auch in der Ehebruchsszene sehen wir den Geist am Werke, der schon Rolands vorschnellen Zweikampf mit Bernhard von der Auvergne und die Nobles-Episode kennzeichnete: Roland soll nicht ohne Schuld, aber doch mit starken mildernden Umständen, mit einer ‘Minimalschuld’, dastehen. Der Erzähler schafft eingangs eine Ironie der Ereignisse und eine genügend verfängliche Situation, indem er Roland gerade als Restitutor der öffentlichen Ordnung für kurze Zeit nach Frankreich zurückschickt und als Überbringer der Grüße gerade des Ehemannes bei Geluviz einen feucht-fröhlichen Abend verbringen lässt, sie ‘saßen zusammen und tranken’. Sein Abenteuer, obgleich mit einer zunächst
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Cf. etwa Goody (1983, Index s.v. degrees, prohibited, speziell 134ss., 139). Die antik-römische Rechnung zählt die Zahl der Zeugungsakte zwischen beiden Individuen, so dass z.B. Vollcousins (als Nachkommen eines gemeinsamen Großelternpaares) im vierten Grade miteinander verwandt sind. Man sieht sofort, dass nicht diese Zählung in der KMS I vorliegen kann, da im Adel jedermann seine Vollcousins kennt und nicht durch gelehrte Männer auf sie hingewiesen zu werden braucht. In der Tat war die katholische Kirche aus Gründen, die Goody plausibel gemacht hat, im späten 11. Jh. zu der anderen, letztlich germanischen, nun aber ‘kanonisch’ genannten Zählweise übergegangen. Hier werden die Generationen bis zum gemeinsamen Ahn nur einmal gezählt. Die KMS I deutet den Gebrauch dieser Zählweise durch den Zusatz huartueggia (d.h. hvárt-tveggja) ‘beiderseitig’ an; d.h. die Zählung bis vier gilt auf beiden Seiten der Nachkommenschaft des gemeinsamen Ahns. In alter Zeit wird ja oft der Ausgangspunkt der Zählung mitgezählt. Bekanntestes Beispiel: Christus erstand ‘am dritten Tage’ auf – wenn man schon den Karfreitag mitzählt. Aber auch klassisch-lat. ante diem tertium Kal. Ian. ‘am 30. Dezember’ sowie noch heutiges dt. ‘in acht Tagen’ und frz. aujourd’hui en huit/quinze gehören hierher. Ich wage nicht zu beurteilen, ob Entsprechendes auch in unserem Text vorliegt.
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scheinbar Unbekannten, ist ein Fehltritt nicht nur im Sinne der Kirche, für die jeder Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe sündig ist; sondern auch Roland selbst hat vorher erklärt, dass er dies als Versprechensbruch gegenüber Alda werten müsste. Zudem hätte ihn Geluviz’ Ankündigung, es werde sich um ein Mädchen ‘aus hohem Geschlecht’ handeln, vor unkalkulierbaren Folgen warnen müssen. Und schließlich war es falsche HöÀichkeit, auf Geluviz’ Insistenz hin zu antworten: ‘So tut, wie es euch beliebt.’Alles das wiegt aber wenig im Vergleich zu den mildernden Umständen, dass nämlich Roland von der Besucherin im Schlaf überrascht wird und ihre Identität zu spät erkennt, zu der Scham, mit der er am nächsten Morgen ohne Abschied ChâteauLandon verlässt, und insbesondere zu der Ehrlichkeit, die er dann entgegen Naimes’ lebensklugem Rat praktiziert und die ihm schließlich zum Verhängnis wird. (Unger 55, Loth A52): Eine wichtige Gestalt des Rolandsliedes bleibt noch einzuführen: Ogier der Däne; in der KMS I heißt er Odgeir. (Da afrz. Ogier lautgesetzlich aus Audegarius [Morlet 43] entstanden ist, müsste der entsprechende an. Name bei historisch korrekter Umsetzung auf Auį- anlauten. Doch ist im An. auch odd ‘Waffenspitze’ erstes Namenelement wie in Oddbjörn usw., wurde also in den afrz. Namen hineingehört.) Von allen Gestalten der altfranzösischen Epik, die auf eine historische Gestalt der Karlszeit zurückgehen, ist Ogier mit möglicher, aber keineswegs sicherer Ausnahme Rolands diejenige, deren Dokumentation durch die Jahrhunderte einer Kontinuität am nächsten kommt und die im 11. Jh. mit am frühesten von einer eindeutig epischen Aura umgeben ist280 – freilich um den Preis einer gewissen Wandlung, deren auffälligster Zug die Umprägung zum Dänen ist,281 wie sie schon im Rolandslied und im Pseudo-Turpin festliegt und damals keiner Erklärung mehr zu bedürfen scheint. Gegen 1200 zeichnet sich eine offensichtlich sekundäre Erklärung ab: Ogier ist der Sohn des Dänenkönigs Gaufrey, vereinzelt Geofroi; in der KMS I heißt er Jofrey. (Zum Namen und speziell zur /g/-/då/-Frage cf. p. 89s. s.v. Heimir...). Es ist dies eindeutig der historische Dänenkönig Godofridus (so die Namensform der karolingischen Reichsannalen [mehrfach zwischen 804 und 810] und der Vita Karoli 14), der von 804 bis zu seiner Ermordung 810 Karls letzter großer Widersacher war, ohne dass jedoch die kriegsähnlichen Zustände zwischen beiden zu größeren Schlachten geführt hätten, LdM s.v. Gudfred (wobei vermutlich dies und nicht Gøttrik die autochthone Namensform war). In der Folgezeit unterstützte Ludwig der Fromme im Wesentlichen gegen Gottfrieds Söhne die Gegenpartei. Nur 827 versprach Gottfrieds Sohn Ho(h)rik, Ludwig in Nijmegen aufzusuchen, erschien zwar nicht, verhielt sich aber, ohne selbst Christ zu werden, freundlich zu Ansgars Missionsversuchen. Die Person des Gaufrey erscheint in der altfranzösischen Epik zu spät, als dass man an eine vorherige Kontinuität denken könnte; sie kam also zweifellos dadurch zustande, dass jemand in einem Annalenwerk oder der Vita Karoli nachforschte, wie denn zur Zeit 280
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Cf. (um nicht auf die Diskussionen um 1960/70 zurückzukommen) im Einzelnen vor allem van Emden (1988, 124–128, 138) und Beckmann (2004b passim). Ich habe sie detailliert zu erklären versucht in dem in der vorigen Anm. zitierten Aufsatz p. 430–438.
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Karls der Dänenkönig hieß.282 Dann lag es nahe, den präexistenten Ogier ‘den Dänen’ zu dessen Sohn zu machen, der als Geisel an Karls Hof kam und dort dank seiner Qualitäten zum Status eines der ruhmreichsten Helden aufstieg. So weit also die altfranzösische epische Tradition. Unser Erzähler will sie übernehmen, sieht nun aber, dass Karl seine Geiselforderung an den Dänenkönig nicht gut erst jetzt, mitten aus dem Spanienfeldzug und ohne akuten Anlass, stellen kann. Der geeignete Augenblick dazu war vielmehr beim siegreichen Ende des Sachsenkrieges; da musste Karl, bevor er Sachsen verließ, seine neue Nordgrenze schützen gegen die Möglichkeit eines dänischen Überraschungseinfalls;283 er kann somit durch Drohungen Gottfried zur Anerkennung einer Lehnsabhängigkeit und zu einer Geiselstellung gezwungen haben. Diese Drohung muss jetzt also im Rückblick erzählt werden: ‘Das [=Folgendes, Heusler 1967, § 401.2] war vorher [Loth fyR, Unger fyrr, hier Adverb, nicht unterordnende Konjunktion] gewesen, [nämlich] als Karl Dortmund erobert und Widukind getötet hatte: Da sandte [=hatte gesandt] Karl eine Botschaft zu Gottfried [...]’.284 Inzwischen ist nun Ogier in Aachen eingetroffen, und Roland wird ihn zu Karl nach Spanien bringen. Die von Karl verlangte zweite Geisel, Gottfrieds Mundschenk Erber, wird weder in der Folge noch irgendwo in der altfranzösischen Epik noch in einer skandinavischen Quelle genannt.285 (Unger 57, Loth A54): Ogier hat auf der Fahrt von Aachen nach Spanien Rolands Sympathien gewonnen und gewinnt jetzt schnell auch die Karls. Macht ihn Karl nun auf Rolands Empfehlung zum Ritter, so wird er damit von einer Geisel de facto zu einem Mitglied des Hofes und wohl bald auch jener Fraktion der Jungen, provozierend Selbstsicher-Wagemutigen um Roland und Olivier – Qualitäten, die Ganelon infolge seines ehelichen Unglücks jetzt neiden und hassen lernt. Diesen Machtzuwachs Rolands und seiner Gesinnungsgenossen, diese Bestätigung ihres Lebensgefühls sucht er jetzt zu 282
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So essentiell zutreffend Togeby (1969, 48s.), obwohl man darüber diskutieren kann, ob dieser Jemand der Dichter der Enfances Ogier (so Togeby) oder, bestenfalls wenige Jahre früher, der des Aspremont war (so van Emden 1988, 129). Das gilt erst recht, wenn in verlorenen Frühformen der Sachsenepik auf sächsischer Seite auch die Dänen tiefer involviert gewesen sein sollten. Stutzig machen muss hier die rückblickende Mitteilung im Rolandslied (vv. 1488s.), wonach Erzbischof Turpin einst in Dänemark einen König Grossaille tötete und nunmehr dessen Pferd reitet; überdies tritt ja auch in Bodels Saisnes auf sächsischer Seite ein Dänenkönig Aufart auf. Dass das Þat vorausweist (über den temporalen Nebensatz hinweg) auf das ‘da sandte’, ist von Aebischer nicht erkannt, von Patron-Godefroit nicht klar genug herausgebracht worden. Unmissverständlich erst Lacroix. Zur Zeit unseres Erzählers sind solche Hofämter längst hauptsächlich Ehrenämter, deren Inhaber dem Herrscher essentiell für andere Aufgaben, z.B. als Ratgeber, zur Verfügung stehen. Sehr auffällig in diesem Zusammenhang ist nun, dass Ogier in KMS III 13/A13/B5, nachdem das Anfangsdrama um seine Person glücklich beendet ist, zwar nicht gerade Mundschenk (byrli), aber doch – was fast dasselbe ist – Truchsess (skutilsueinn) und Berater Karls wird. Hat Karl ursprünglich ‘Ogier, seinen [=Gottfrieds] Sohn, als [einzige und ehrenhafte] Geisel und [=nämlich als] seinen Mundschenk’ angefordert, und ist die zweite Geisel nur Produkt eines Überlieferungsfehlers? Stutzig macht nämlich auch, dass afrz. erber unter anderem ‘den Wein würzen’ bedeutet und erbier (anglonorm. also *erber) als Nomen agentis dazu belegt ist, wenn auch in der Bedeutung ‘Kräuterspezialist’. Lag ein Nexus ‘Mundschenk-und-Weinwürzer’ vor?
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verhindern, und er fühlt, dass das nur gelingen kann, wenn er schnell handelt. Gerade dass er dabei seine Beschuldigung als Gefährdung einer Ehe formulieren und dass er damit auf Ogier ableiten kann, was er Roland nicht vorzuwerfen wagt, gewährt ihm eine sinistre Befriedigung. Zugleich aber stünde bei einer Hinrichtung Ogiers Ganelon da als menschenkundiger Freund des Herrschers, der diesen vor einer heimtückischen Verunehrung, vielleicht sogar vor dem Hohn Untergebener (male chanson!), bewahrt hätte, Roland hingegen als ein realitätsblinder Jüngling, der ohne Ganelons Dazwischentreten seinen Onkel in dieses Unglück hätte hineinlaufen lassen. So gesehen, ist die Szene, wie untermotiviert sie beim ersten Anschein wirken mag,286 von verblüffendem psychologischem Tiefgang; was dem Autor hier als Kind seiner Zeit noch fehlt, ist nicht die psychologische Einsicht, sondern die Möglichkeit, sie auf den Begriff zu bringen. Doch jetzt bewährt sich Naimes wiederum als weltkluger Freund Karls; er sagt dem Kaiser nicht kurzerhand die Wahrheit (denn, da er Roland zur Verschwiegenheit angehalten hat, darf er selbst nicht redselig werden), aber er leitet Karl an, seinem Neffen die richtige Frage zu stellen, wohl wissend, dass Roland seinen Onkel und Lehnsherrn nicht explizit belügen wird. Indem unser Erzähler den Kaiser schon jetzt den Hass Ganelons auf Roland erkennen lässt, möchte er wiederum dem Rolandslied vorarbeiten. Denn dort besteht ja die Tragik der Handlung nicht zuletzt darin, dass Karl, anders als die große Mehrheit seiner Ratgeber, sehr früh zu einer fast richtigen Einschätzung der Sachlage kommt (v. 746: Vos estes vifs diables!), sich aber zur Ohnmacht verurteilt glaubt durch die arglose Entscheidung seiner Berater und durch die Starrköp¿gkeit seines Neffen, der keine größere als die normale Nachhut bei sich dulden will. (Unger 58, Loth A55): Von den Fast-Personen des Rolandsliedes sind die Schwerter schon eingeführt – nämlich eine Dreiheit (43/A40s.) und zusätzlich Karls eigenes Schwert (50/A47). Der Erzähler führt jetzt die Pferde ein, wieder eine Dreiheit, doch werden diesmal zwei Zusätze nötig. Und zwar reserviert Karl das erste Pferd, ein graues, für sich selbst, Tengardus. Im Rolandslied heißt das Tier Tencendur, Tenceor (Revisor: Tencendor) O, Tenchadur V4, Cantador P, Entercador dt. Roland,287 Cassebrun T, Valos F; der Archetyp hatte also wohl tencadur/tencador mit ideellem und vielleicht unmittelbar vor der KMS I schon realem ç (weil dort zu g verlesen, dazu r ~ Lang-s mit Attraktion durch lat. –us), Nomen agentis zu tencier ‘sich anstrengen, auch: kämpfend behaupten, beschützen’. Das zweite Pferd, einen Fuchs, schenkt Karl Roland; es heißt im Rolandslied Veillantif (auch KMS VIII Velantif, Veliantif),288 während die KMS I
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Auch in den Einleitungsepisoden der Chevalerie Ogier und in den ihnen entsprechenden Kapiteln 1–7 der KMS III schwebt Ogier als Geisel in Todesgefahr, doch die Handlung ist robuster, dadurch aber auch psychologisch vordergründiger. Hier ist aus dem Syntagma en Tencendur die Präposition zum Namen gezogen – leider nicht die einzige elementare Fehlanalyse im dt. Roland. Obwohl die späten Roland-Handschriften C und V7 den Namen in zwei Wörtern als V(i)e(i)l antif schreiben, also als ‘uralt’ oder ‘von antiker Qualität’ verstehen, dürfte ursprünglich veillant ‘vigilant’ + -if vorliegen. Von einem guten Pferd erwartete man, das es zum Nutzen seines Herrn mitdachte. So rettet im mhd. Wolfdietrich A das Pferd Valke den schlafenden Wolfdietrich, indem es einen Drachen abwehrt (Gillespie 1973 s.v. Valke).
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ihm statt eines Namens das Gütesiegel mitgibt, es habe König Fourré gehört. Roland seinerseits verschenkt dann sein bisheriges Pferd KastalĊin, afrz. Castelain ‘Castillaner’289 – ein im Afrz. seit dem späteren 12. Jh. mehrfach belegter Pferdename – an seinen Schützling und künftigen Rächer Teorfam [lat. Akkusativ statt an. Teorfa] ‘Tierri’, den Bruder des Geoffroi d’Anjou, anlässlich von dessen Schwertleite (wieder im Rahmen einer ‘Massenpromotion’, diesmal von insgesamt zwanzig Personen, während bei Roland selbst von vierzig, bei Karl von hundert die Rede war, cf. p. 151 und 121; die Zahlen sind also über mehr als dreißig Kapitel hinweg wohlkalkuliert). Zu Tierris Namen cf. p. 149s., Position 32. Ogier erhält von Karl das dritte, ein braunes Pferd, Brocklafer. In der altfranzösischen Epik heißt dieses in der Chevalerie Ogier wichtige, auch in einer Reihe anderer Epen genannte Tier Broiefort ‘starker Zermalmer’ (wohl eher nach der selbst in der Schlacht unbeirrbar-wuchtigen Gangart290 als nach dem Gebiss), nur einmal im Galien Brochefort ‘Sporne-fest-an’. Der altnordische Übersetzer der KMS I ist nach dem Klang auf brokka ‘trotten’ verfallen, hat aber aus unbekannten Gründen noch lafa ‘leicht schwingen’ hinzugefügt. Und schließlich: Da unerwarteterweise auch Turpin seine KampÀeidenschaft entdeckt, erhält auch er zusammen mit dem Schwert Almace noch einen Rappen, der wie im Rolandslied namenlos bleibt; während ihn aber dort Turpin einst in Dänemark selbst erobert hat (vv. 1488s.), muss er ihn hier aus Karls Hand erhalten, da er nach der Entscheidung unseres Erzählers (cf. p. 133s. s.v. Turpin) nicht schon in frühere Kriege verwickelt sein soll. Es verdient Beachtung, dass Karl wie bei den Schwertern (43/A40s.) so auch bei den Pferden außer sich selbst nur seinen Verwandten Roland, den am fränkischen Hof mittellosen Ogier und den bisher keiner Kampfausstattung bedürftigen Erzbischof ausrüstet. Sonst gilt wie in der Realität der Grundsatz, dass für die Ausstattung des Ritters er selbst bzw. seine Sippe zu sorgen hat. Dass wieder z.B. Olivier fehlt, ist also keine Rangfrage. Die Gleichheit des Kriteriums in beiden Fällen über mehr als ein Dutzend Kapitel hinweg zeigt, wie bewusst unser Erzähler komponiert, aber auch wie unser Wissen um die Realität zum Verständnis des Werkes beitragen kann. (Unger 59, Loth A56): Die Institution der Zwölf Pairs: Karl begründet seine Stiftung einer Gemeinschaft von Zwölf Pairs mit der Erinnerung an die Zwölf Apostel. Nun ist es eine allgemeine Erfahrung, dass bei solchen numerisch de¿nierten Gruppen die de¿nierende Zahl stabiler ist als die Benennung der Mitglieder. Im Alten Testament etwa ist unter den Zwölf Stämmen bei Besitzfragen Levi ausgeschlossen (dann zählen statt Joseph dessen zwei Söhne), in allen anderen Fragen Levi eingeschlossen; konstant bleibt also die Zwölfzahl. Im Neuen Testament darf nach Judas’Ausscheiden seine Position weder leer bleiben noch, obwohl es zwei nach menschlichen Maßstäben 289
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Nicht etwa ‘Burgherr’. Pferde aus Kastilien, afrz. Castele, haben in der altfranzösischen Epik schon seit Beginn der Überlieferung einen sprichwörtlichen Ruf. In der þidriks saga hilft Dietrichs Pferd seinem Herrn, indem es einem Riesen das Rückgrat bricht; ähnlich hilft ein Pferd seinem Herrn in der dänischen Ballade Kong Diderik og hans Kæmper (Gillespie 1973 s.vv. Valke und Schem(m)ing).
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gleich würdige Kandidaten gibt, doppelt besetzt werden, sondern muss zwecks Wahrung der Zwölfzahl durch das Los aufgefüllt werden; im Übrigen ¿nden sich bei den Jüngern zwar keine Personen-, wohl aber Namenvarianten (Simon/Simeon/Kephas/ Petrus; Matthäus/Levi; Simon der Kanaanäer/der Zelot; Thaddäus/Judas Jacobi; nach alter, aber nicht unbestrittener Tradition auch Bartholomäus/Nathanael). In der Überlieferung des Rolandslieds reichen die Schwankungen auch in den Personenbestand hinein. Schon in O kann man leicht vier Personen irrigerweise dem Zwölferkreis zurechnen: Gai¿er, Astor, Turpin und Walter. Denn alle vier gehören in O bei der Aufstellung der Nachhut zu jenen elf namentlich Genannten, die spontan zu Roland stoßen (vv. 792–801) und dadurch jene Zwölfzahl vollmachen, die dann in Vers 826 global aufgenommen wird. Nun wird Gai¿er (O 798) – hinter dem letztlich dem Namen, wenn auch nicht der Funktion nach der aquitanische Waifar steht – im ganzen Lied nicht wieder (und in ȕ nie) genannt. Und Astor (O 796) soll zwar vermutlich mit Austorje (O und ȕ 1625) identisch sein, erscheint dort aber wie ein neu Vorgestellter und wird dann auch in Karls Totenklage (vv. 2402–2410), die ausdrücklich den Zwölf Pairs gilt, nicht genannt; in ȕ und in der KMS 59/A56 erscheint stattdessen, offensichtlich zu Recht, Samson. Die Nennungen von Gai¿er und Astor sind also in O 798 bzw. 796 – wahrscheinlich stemmatisch aufs Engste begrenzte – Eigenfehler von O; dass die KMS I sie nicht mitmacht, bedarf keiner weiteren Begründung. Weniger eindeutig liegt stemmatisch der Fall bei Turpin und Walter. Auch sie stoßen laut O und ȕ 799 bzw. 800 zur Nachhut. Turpin tritt, wie es sonst nur Pairs tun, in vv. 1235ss. sogar gleich nach Roland und Olivier siegreich gegen einen der zwölf heidnischen Anti-Pairs an. Auch Karl nennt ihn in seiner Totenklage (vv. 2402ss.) inmitten der Pairs gleich nach Roland – doch nennt Karl hier dreizehn Personen, und nur Turpin kann der Überzählige sein. Entscheidend für die Nicht-Zugehörigkeit Turpins zu den Pairs ist schließlich der Passus vv. 262–270: Karl verbietet ausdrücklich, für den Botengang nach Saragossa einen der Zwölf Pairs vorzuschlagen, und sofort schlägt Turpin sich selbst vor. Turpin steht also den Zwölfen in seiner Opferfähigkeit nahe, gehört aber schon als Geistlicher sonst in seiner Lebensweise nicht zu ihnen. Walter schließlich erhält gleich nach seiner Meldung zur Nachhut (vv. 800s.) eine Sonderaufgabe (vv. 803ss.), so dass er nicht gegen einen Anti-Pair antritt; gerade dadurch freilich gehört er dann sogar zum «letzten Dreieck». Doch schon seine Feststellung, er sei Rolands Lehnsmann (v. 801), ist wohl mit der de¿nitorischen Gleichheit der Zwölf Gleichen unvereinbar, und Karl wird ihn, der nicht sein unmittelbarer Lehnsmann ist, in seiner Totenklage nicht nennen. Bei so dif¿zilen Verhältnissen können wir es unserem Erzähler nicht verübeln, dass er (wie es in vv. 799s. alle Roland-Handschriften dem Sinne nach tun) Turpin und Walter unter die Zwölf aufnimmt; mit Stillschweigen übergehen musste er dafür Anseïs und Girart de Roussillon (während die KMS VIII auch diese beiden zu Roland stoßen lässt, so dass die Gruppe hier vierzehn Mann umfasst). Und zwar stellt er Turpin an die dritte Stelle nach Roland und Olivier, gemäß seinem Platz in den Kämpfen gegen die Anti-Pairs, Walter an die letzte Stelle, wohl gemäß seinem Fehlen in diesen Kämpfen. Vielmehr wird man unserem Erzähler geradezu ein Kompliment
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dafür machen dürfen, dass er die fundamentale Gleichung des Rolandsliedes ‘Zwölf Pairs’ = ‘illusterste Opfer von Roncevaux’ versteht. Erinnern wir uns: Der Autor der Nota Emilianense scheint zu glauben, dass von den Zwölfen in Roncevaux nur Roland zu Grunde geht; der Pseudo-Turpin wiederum kennt die Zwölfzahl nicht und gestaltet Roncevaux zu einer Art allgemeiner Götterdämmerung aus; die Roland-ȕ-Version gefährdet die Erzählung, indem in vv. 792–800 mehr als zwölf Kämpen aufgezählt werden.291 So zeigt e contrario gerade das letzte Kapitel der KMS I noch einmal, dass unser Erzähler sehr wohl einen Blick für epische Strukturen hatte, auch wenn er seine ganze Erzählung hindurch das zunehmend kunstvolle GeÀecht der Handlungsstränge hinter einer selbstgewählt-strengen zeitlichen Linearität verbarg – auch das ist, wie ich hoffe gezeigt zu haben, eine durchaus ästhetisch zu nennende und keineswegs fazile Option.
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Auf Listen der Zwölf Pairs, die sich nicht eindeutig auf die Roncevaux-Handlung beziehen, brauche ich in diesem Zusammenhang nicht einzugehen, mögen sie nun sämtlich jünger als das erhaltene Rolandslied sein (so Gaston Paris 1907, 507) oder archaische Elemente enthalten (so Menéndez Pidal 1960, 395–406).
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V. Was kam nach Kapitel 59/A56?
Abstract: Im Sinne der Skårupschen Hypothese war die fKMS I ursprünglich eine volle Vie de Charlemagne, aus der in der heutigen KMS außer der Branche I auch das Ende der Branche VIII, wahrscheinlich die Branche IX und ein Rudiment der Branche X stammen. Doch haben in X sowohl der Redaktor der ganzen KMS als auch der Übersetzer-Redaktor der dänischen Krønike (eines Hauptzeugen für diese Schlussteile) noch einige Änderungen vorgenommen. Im Vorhergehenden hat sich gezeigt, dass unser Erzähler, je weiter sein Werk voranschreitet, umso eindeutiger auf das Rolandslied zusteuert. Das heißt, er erkennt zweifellos die Roncevaux-Handlung als den narrativen Höhepunkt dessen, was es überhaupt um Karl zu erzählen gibt. Heißt es zugleich, dass sein Werk von vornherein mit Kapitel 59/A56 endete? Wenn wir diese Frage verneinen, so sollte das zwar nicht a priori geschehen. Denn auch der Girart de Viane endet, indem er sich zum Rolandslied hin öffnet, alle Enfances enden mit einer solchen Öffnung auf ein anderes, in der Regel gewichtigeres Werk hin, als sie selbst es sind – also könnte das auch die fKMS I. Doch haben nach einer bemerkenswerten Vorarbeit schon durch Steitz (1907, 30–44) Aebischer und (nach anfänglichem Schwanken) Halvorsen dafür plädiert, dass gewisse Teile der letzten Branchen der KMS (bzw. vertretungsweise der dänischen Karl Magnus’ Krønike1) aus demselben französischen Text hervorgegangen seien wie die Branche I. Skårup (1980, 336s., 347ss.) hat diese Ansätze dann zu der größtenteils überzeugenden Hypothese ausgebaut, dass überhaupt schon das Ende der Branche VIII (also des Rolandsliedes) sowie die gesamten Branchen IX und X der KMS aus diesem Text hervorgegangen seien; ihn wollen wir deshalb nunmehr mit Skårup (in Erweiterung der De¿nition von ‘fKMS I’ und in Vereinfachung des von Aebischer vorgeschlagenen Titels) Vie de Charlemagne, kurz Vie, nennen. Es sei mir gestattet, die wichtigeren Aspekte dieses Problemkomplexes in meiner eigenen Perspektive darzulegen; dabei sei nie vergessen, dass die Zugehörigkeit dieser Texte zur Vie nur Hypothese sein kann. Wer sich die Mühe macht, einmal die ganze KMS – und sei es in einer Übersetzung – mit etwa gleichbleibendem Tempo durchzulesen, dem kann kaum das Neben-
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Nämlich dadurch, dass die Handschrift A der KMS schon inmitten von Branche VII, die Handschrift a am Ende von VIII endgültig ausfällt und dass Beta (also B und b¹b²) oft eindeutig ändert. Die Krønike ist aus einem sehr alten Stadium der KMS, einer «première copie» der KMS, sozusagen einem Proto-Alpha, abgeleitet; Stemma bei Skårup (1980, 335).
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einander zweier Erzählstile entgehen, die sich vor allem durch ihre narrative Dichte unterscheiden. Wenn wir die Branche II wegen ihrer mittelenglischen Quelle und ihrer späten Integration in die KMS prinzipiell aus der Betrachtung ausschließen, so ist vom Anfang der Branche III an bis fast zum Ende der Branche VIII die Intention des oder der altnordischen Übersetzer zweifellos die Eins-zu-Eins-Wiedergabe von altfranzösischen Epen (bzw., im ersten Teil von Branche IV, des ersten Teils des Pseudo-Turpins). Gewiss, wenn man genauer hinschaut,2 ist manchmal ein nicht-narrativer Satz ausgelassen, ein Monolog oder Dialog vereinfacht, bleibt ein Komparse namenlos, fehlt ein Epitheton und Ähnliches mehr. Dergleichen fällt aber nicht ins Gewicht gegenüber der offensichtlichen grundlegenden Absicht, die nordischen Rezipienten in Stand zu setzen, alles über Karlamagnús und seine Kämpen genau so detailliert zu wissen wie ihre frankophonen Standesgenossen. Hingegen wirkt die Narration der Branche I, des Endes von VIII und der Branche X zusammengestückt (aus Einzelteilen), vor allem aber – wie mehr oder minder auch die Branche IX – gedrängt. Zugegeben, in Branche I nimmt sich der dahinterstehende altfranzösische Erzähler einige Zeit bei der Basin-, der Aachen- und der PierrepontHandlung, aber das sind Themen, die für ihn, wie oben gezeigt, eminent «unsrig» waren. Auch in Branche IX gibt es Passagen (im Wesentlichen in den Kap. 4/B3 bis 6/B5), in denen sichtlich mit Genuss erzählt wird. Doch von beidem abgesehen, könnte man den gedrängten Erzählstil in diesen Branchen oft fast mit dem eines heutigen Romanführers vergleichen, wäre da nicht die Verknüpfung und VerÀechtung der Einzelhandlungen. Angesichts dieses Stilgegensatzes (und aller p. 60–68 aufgeführten Namens- und Narrationsdiskrepanzen) drängt sich eben die Hypothese auf, dass wahrscheinlich Branche I und ein Komplex vom Endstück der Branche VIII an ursprünglich eine Einheit bildeten, zu der noch eine (möglicherweise ebenfalls leidlich gedrängte) Darstellung auch des Hauptteiles der Roncevaux-Handlung gehört haben muss. Als dann die Einszu-Eins-Übersetzungen erstellt wurden, verdrängte der neue Hauptteil der Branche VIII den bescheideneren älteren (zusammenfassend Skårup 1990, 36). Die Branchen III-VII wurden davor eingeschoben, da ihre Handlung offensichtlich vor Roncevaux liegt (in IV-VII tritt Roland als Lebender auf). Doch geschah dies wohl im Wesentlichen mechanisch, d.h. sie verdrängten keinen älteren Text, da andernfalls in Branche I die konsequente Fortführung der Handlung bis unmittelbar vor das Roncevaux-Drama unverständlich wäre. Und zwar kam die Karlsreise (als VII) unmittelbar vor das Rolandslied zu stehen, weil sie den Kaiser durch die ihm in Jerusalem widerfahrene Ehrung als ‘Hochkönig aller irdischen Könige’ und durch den vorteilhaften Vergleich mit dem Griechenkaiser auf dem Gipfel seines Ruhmes zeigte. (Dass die Verbindung von VII und neuem VIII-Hauptteil laut Skårup 1994, 78s., möglicherweise schon vornordisch ist, spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle.) Umgekehrt erhielt das Ogier-Epos die erste Stelle (also III), da es mit der Vergeiselung Ogiers, also dem
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Cf. im Einzelnen z.B. Aebischer (1954a passim), Halvorsen (1959, 107–138, auch passim 139–256), Gunnlaugsdóttir (1988 passim).
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obligaten Anfang seiner fränkischen Karriere, einsetzt und somit wenigstens scheinbar zum Ende von I passt (während IV, VI, VII und VIII Ogiers weitere Karriere zeigen). Die Kombination aus Pseudo-Turpin und Aspremont-Epos kam gleich danach (also als IV), da Roland dort immer noch ein junger Mann ist, der dem Jamund erst Durendal und den Olifant abjagen muss. Das Sachsen- und das Otinel-Epos schließlich wurden (als V und VI) in die Mitte gestellt, da Roland seinen Ruhm hier zwar noch mit Balduin bzw. Otinel teilen muss, von denen aber der erste essentiell, der zweite völlig ein Ein-Epen-Held ist – so dass Roland sozusagen schon zum Maß aller Kämpfer geworden ist. Wie zweifellos schon in der Vie als quasi einem «kleinen Karls-Zyklus» stellt jetzt auch in der KMS als dem «großen Karlszyklus» die Roncevaux-Handlung (VIII) den narrativ-dramatischen Höhepunkt und zugleich die Peripetie des Gesamtwerkes dar. Nur ist sie selbst wohl detaillierter, pathetischer, erhabener geworden und verträgt gerade dadurch auch den jetzt viel weiträumigeren Anlauf zu ihr. Auf diesen beiden komplementären Umständen – weitem Anlauf und pathetischem Höhepunkt – ruht die Architektonik des Gesamtwerkes schon in Alpha und sichert damit auch dem Mehrals-Kompilator von Alpha unsere Hochachtung. Da drei bis fünf der knapp sechs neuen Branchen stilstisch recht einheitlich wirken (Skårup 1980, 334, Halvorsen und Hallberg referierend), ist es doch wohl wahrscheinlich, dass Alpha auf einer relativ frühen ‚zündenden Idee’ beruht, der idée directrice nämlich, auf dem Fundament der Vie die ungleich großartigere KMS aufzubauen – so wie die damaligen Jahrhunderte auf den Fundamenten so vieler bescheidener Kirchen neue, höhere Kathedralen errichteten. Beta beseitigt dann noch Schönheitsfehler und sorgt für «mehr Konsistenz und logische Kausalität» (Kramarz-Bein 2004, 158). Insgesamt ist damit auch die innernordische Entwicklung des Karlamagnús-Komplexes eine durchaus bewundernswerte; nur sollte sie nicht dazu verführen, die Existenz der Vie zu leugnen.
(Branche VIII, Ende): a) Das Fehlen des Baligant-Teils: In VIII ist die Nahtstelle zwischen dem neuen Haupt- und dem alten Endteil ziemlich genau zu bestimmen: Karl träumt die beiden unmittelbar aufeinander folgenden Wahrträume, den von der bevorstehenden BaligantSchlacht und einen, der (wenn auch nicht so klar wie im Oxforder Rolandslied) von Ganelons Prozess handelt, dann folgt ... kein Baligant-Teil und auch kein Duell um Ganelons Schicksal. Warum reicht der neue Hauptteil bis hierher? Skårup hielt es (1980, 337) für wahrscheinlicher, dass in der Vorlage zu VIII die letzten Blätter verloren gegangen waren, als dass sie von dem Redaktor der KMS bewusst ausgeschieden worden wären. Ich würde die Wahrscheinlichkeiten umgekehrt sehen. Der Baligant-Teil «fehlt» doch auch im Pseudo-Turpin, im Carmen de prodicione Guenonis, im okzitanischen Ronsasvals sowie (wohl in Nachwirkung älterer Redaktionen) in der Roland-Handschrift L, im niederld. Roelantslied und im Prosa-Galien der Arsenal-Handschrift 3351; da kann man bei einem ähnlichen Fall nicht gut auf einen puren Zufall rekurrieren. Größtenteils überzeugend ist hingegen die Schlussfolgerung, zu der Skårup (1990, 36) bei einem minutiösen Vergleich der Einzelelemente des mutmaßlich aus der Vie
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stammenden Endes von KMS VIII mit anderen Texten kommt: «[...] la source [...] de la ¿n de la branche VIII de la KMS a dû être une version de la Ch[anson de] R[oland] qui, dans sa partie ¿nale, se distinguait surtout par l’omission de l’épisode de Baligant [...]3 et par l’addition de quelques motifs mineurs. Cette version n’a pas seulement été utilisée par l’auteur de la source directe [also der Vie] de la traduction norroise, mais encore, semble-t-il, par les auteurs de la Chronique du Pseudo-Turpin, de l’archétype des versions rimées de la ChR et de Ronsasvals.» Diese Erkenntnis kommt wohlgemerkt aus jener dänischen romanistischen Schule, die sonst seit Togebys Zeit den Ansatz verlorener Texte (z.B. solcher, die mit bloß psychologisierender Begründung angesetzt sind) möglichst vermeidet, ihn nur zulässt, wenn die Denkökonomie dies gebietet – und gerade das ist hier der Fall. Horrent (1951, 120–138) wollte bekanntlich das Fehlen des Baligant-Teils in allen solchen Fällen als ein jeweiliges Weglassen erklären, so dass alle diese Texte letztlich nur das eine, erhaltene Rolandslied [im Folgenden: ‘Rol.’] reÀektieren sollten. Er fand damals weithin Anklang, obwohl er meines Erachtens für die einzelnen Texte nur Argumente sehr unterschiedlichen Gewichts beibrachte und diese kaum auf Umkehrbarkeit prüfte.4 Durch Skårups Erkenntnis von 1990 kehren wir im Sinne der Denkökonomie wenigstens prinzipiell zurück zu der vor-Horrentschen Ursache, einer verloren gegangenen, aber recht einÀussreichen Rolandslied-Fassung (im Folgenden: ‘X’ genannt). 3
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Skårup fügt hier hinzu «et du duel entre Pinabel et Thierry» – aber dieses Duell erscheint auch im Pseudo-Turpin. Wieder etwas anders läge übrigens der Fall bei der BlancandrinEinleitung und bei der Vivien-(E?)Bire-(N?)Imphe-Schlussepisode, von denen Skårup hier nicht spricht. Denn da die Vie das meines Erachtens von der Blancandrin-Einleitung abhängige Basan-und-Basilie-Motiv kennt (cf. p. 185ss.), dürfte sie auch diese Einleitung gekannt haben, und die Schlussepisode wird sie sogleich bringen. Man braucht nicht zu bezweifeln, dass Blancandrin-Einleitung, Baligant-Teil, Duell und Schlussepisode letztlich Ampli¿kationen einer präexistenten Roland-Kernhandlung sind; doch emp¿ehlt es sich, jedenfalls beim jetzigen Forschungsklima, um der Stringenz des Beweisganges willen diesen zunächst auf den Baligant-Teil zu beschränken: Er ist das große Schibboleth. Ein Beispiel: Der Pseudo-Turpin soll die Baligantepisode gestrichen haben, weil er militärische zugunsten erbaulicher Thematik zurückdrängen wollte (Horrent 1951, 131). Aber ist der größte Sieg der Christenheit über die Heidenheit einfach militärische Thematik ohne heilsgeschichtlichen Stellenwert? Und selbst wenn dem so wäre, warum hat der Pseudo-Turpin dann nicht auch den essentiell vor-Rolandischen Teil (bis Kap. 16 einschließlich) fühlbar beschnitten? Er soll seine Kenntnis der Baligant-Episode unter anderem dadurch verraten, dass bei ihm (Kap. 21) das saragossanische Brüderpaar Marsirus und Bel(l)ig(u)andus einst vom admirandus Babilonis aus ‘Persien’ (das damals auch den Irak umfasste) nach Spanien gesandt wurde. Aber im Pseudo-Turpin ist schon Aigolandus (Kap. 6) aus Afrika gekommen, Ferracutus (Kap. 17) ist mit 20.000 Türken aus Syrien vom Babilonis Admirandus geschickt worden. Wieso passt dann das Brüderpaar (Kap. 21) nicht als drittes Glied dieser Motivkette (mit Steigerung der Entfernung: Afrika – Syrien – Persien) genuin in den Pseudo-Turpin? (Und ein traditionalistischer Hardliner würde in der Tradition von Gaston Paris und Menéndez Pidal natürlich hinzufügen: Schon die historische fränkische Nachhut von 778 wurde unter Führung eines saragossanisches Brüderpaares, MaÓrnj und ǥAyãnjn, geschlagen – so tief sitzt das Motiv vom saragossanischen Brüderpaar in der Roncevaux-Handlung.) Wieso kann dann nicht umgekehrt Rol. den Beligand, der im Pseudo-Turpin immerhin schon aus Babylon geschickt wird und Roncevaux überlebt (Kap. 22), zur Zentral¿gur seines neuen post-roncevallischen Teils (mit Bal- statt Bel- zwecks Alliteration mit Babilonie, Rol. 2614) gemacht haben, statt sich durch freie Er¿ndung dieser Zentral¿gur erhöhtem Misstrauen seiner wahrheitsbegierigen Rezipienten auszusetzen?
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Doch kann man noch weiter gehen als Skårup. X muss älter sein als der PseudoTurpin; weshalb soll es dann eigentlich (absolut und genetisch) jünger sein als Rol.? Die Frage ist besonders akut angesichts der rezenten Spätdatierungen von Rol. (z.B. Keller 1975, 1986 u.ö., de Mandach 1993). Zwar fehlen in Rol. zwei «motifs mineurs» aus X, aber man kann dafür einfache Gründe angeben. Denn das Motiv ‘kaltes Wasser für den Ohnmächtigen’ (Skårup 1990, 29s.) wird in Rol. nicht mehr wie in X auf Karl bezogen, weil es jetzt eine Quasi-Doublette wäre zu seiner vorhergehenden, gerade durch tragisches Scheitern ergreifenderen Anwendung auf den sterbenden Roland (Rol. 2222ss.). Und Durendal wird in Rol. nicht mehr wie in X in einen See geworfen (Skårup 1990, 31s.), weil es jetzt in der BaligantSchlacht in der Hand eines jungen Kriegers das Weiterleben von Rolands Kampfesgeist symbolisieren soll (Rol. 3017) und damit zu einem der erzähltechnisch dringend wünschenswerten Verknüpfungselemente zwischen beiden Großteilen wird. Sonst ist Rol. gegenüber X essentiell ein durch den Baligant-Teil ampli¿ziertes Lied. Welche historische Erfahrung liegt diesem Teil zu Grunde? Als 1110 Alfonso el Batallador den muslimischen König von Saragossa bei Valtierra entscheidend schlug und die Überlebenden (ähnlich wie Rol. 2462ss.) ebroabwärts auf Saragossa zu Àohen, schien das Schicksal der militärisch schon seit einem Jahrzehnt gefährdeten Stadt besiegelt. Doch gerade noch rechtzeitig wurde sie von einem almoravidischen, also von Südosten kommenden Heer besetzt. Da die Almoravidendynastie ihr Zentrum weiterhin im afrikanischen Marrakesch hatte, nahezu Kalifenwürde beanspruchte, aber formal den Kalifen des Ostens anerkannte, manifestierte sich hier, für die Christen unerwartet und in ihrer Bedrohlichkeit schwer abzuschätzen, eine über Spanien hinausreichende muslimische Solidarität; sie erscheint in Rol., dichterisch weiter überhöht, unter dem Bilde des aus Alexandria kommenden Baligant und seines Heeres. Aber die Hilfe des über Spanien hinausreichenden Großreiches brachte der Stadt nur einen Aufschub; schon 1118 musste Saragossa doch vor Alfonso kapitulieren, wie im Liede vor Karl. Diese Ereignisse bilden (wie z.B. de Mandach 1993, 184ss. erkannt hat) das reale Substrat des Baligant-Teils. Insgesamt lässt sich also Rol. leichter aus X herleiten als umgekehrt, dürfte also jünger sein. Doch X muss zumindest noch einige Jahrzehnte neben Rol. in Erinnerung geblieben sein, in jener Generation nämlich, die in ihrer Jugend nur X kannte. Selbst wenn also der Pseudo-Turpin, der Redaktor der Vie und die Redaktoren der anderen oben genannten Texte bzw. ihrer Vorstufen Rol. schon kannten und sich dennoch sämtlich gegen den Baligant-Teil ablehnend verhielten, so doch wohl, weil sie diesen Teil – in einer Zeit, wo sich noch niemand zur «Legitimität der Fiktion» bekannte – auf Grund des Vergleichs mit dem ihnen noch vertrauten X sofort als wilde mære, als individuelle Er¿ndung, erkannten.5 5
Allerdings will ich dabei die Möglichkeit nicht ganz ausschließen, dass X und Rol. im Abstand von beispielsweise zwei Jahrzehnten das Werk desselben Mannes waren. Der poetologische Unterschied des Baligant-Teiles gegenüber dem Kernteil – im Wesentlichen eine gewisse barocke Pomposität – ließe sich sowohl als typischer Altersstil als auch aus dem Sujet heraus erklären; beeindruckend bleibt, dass beide Teile selbst in Sprache und Laissentechnik einander näher stehen als irgendeinem dritten Werk (man denke etwa daran, wie gut Delbouille 1954 die sprachliche Einheit verteidigte oder wie Segre 1971 passim von «dem» Sprachgebrauch und «der» Technik im ganzen Liede sprechen kann u.ä.).
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Übrigens zeigt sich nun der Redaktor der KMS I oder vielmehr jetzt der Vie sogleich wieder als Romanophone innerhalb des Imperiums, indem er Roland und die Zwölf Pairs zusammen in Arsis (aB, Arsers b), der Hauptstadt des Landes Proventa (a, Provincia Bb), begraben werden lässt – also in Arles, der Hauptstadt der Provence. Genauer gesagt, war Arles ja die Hauptstadt des regnum Arelatense oder regnum Burgundiae, das seit dem 11. Jh. trotz beträchtlicher innerer Selbständigkeit, im 12. und 13. Jh. unter Friedrich I. und II. auch de facto, nach 1250 bis ins 14. Jh. noch de iure ganz wie das regnum Theutonicum und das regnum Italiae zum Imperium und nicht zum regnum Franciae gehörte. Zwar betrachtet nicht erst der Autor der Vie Arles als Begräbnisort von Roncevaux-Opfern, sondern schon Mitte des 12. Jh. der Pseudo-Turpin. Offenbar hat der hochberühmte Friedhof von Arles epische Materie nicht nur aus der Wilhelmsepik, sondern wenigstens hinsichtlich der Gefallenen auch aus der Roncevaux-Epik an sich gezogen. Doch der Pseudo-Turpin, der diesen Friedhof ebenso gut kannte wie den Süden des regnum Franciae, musste sich hier wie auch an anderen Stellen seines Werkes als kluger Harmonisierer von Traditionen und als Sachwalter einer elementaren geographischen Vernunft bewähren, und da in der epischen Tradition des regnum Franciae Blaye als Begräbnisort zumindest Rolands seit Beginn der Überlieferung völlig fest war, beschränkte er den Friedhof von Arles darauf, die Burgundiones, d.h. die Gefallenen aus dem regnum Burgundiae seiner Zeit (samt einzelnen aus der Südchampagne und aus Bayern), zu beherbergen. Weniger subtil (und eben darin vermutlich einer von Arles ausgehenden Tradition folgend) konnte unser Autor als Bewohner nicht des regnum Franciae, sondern des Imperiums verfahren; er, dem Arles als im Imperium liegender Erzbischofssitz mehr bedeutete als das relativ kleine Blaye im regnum Franciae, nennt als Begräbnisort berühmter Roncevaux-Opfer überhaupt nur Arles. b) Die Libia-Episode: Erlauben wir uns zunächst eine Digression über die Funktion dieser Episode im Rolandslied (ich lasse offen, ob schon in X oder erst in Rol.); dort ist sie eine Vivien-(E?)Bire-(N?)Imphe-Episode (vv. 3991–4001). Karls Spanienfeldzug endete in X wohl schon mit dem Sieg durch das Sonnenwunder, jedenfalls mit irgendeiner Form von Rachesieg. Demgegenüber gab es in der Realität des christlichen Glaubenskampfes gegen den Islam auch in der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts noch schwere Rückschläge, in Spanien etwa die Niederlage der Kastilianer 1108 bei Uclés mit dem Tod des einzigen Sohnes Alfons’ VI. nicht lange vor Alfons’ eigenem Tod, 1134 die Niederlage der Aragonesen bei Fraga mit Verwundung und bald folgendem Tod des Alfonso el Batallador, in gesamt-abendländischer Perspektive ab 1144 den Fall von Edessa und das Desaster des Zweiten Kreuzzuges mit seinen Folgeerscheinungen. Dem Christen war eben (wie am eindeutigsten das letzte Buch der Bibel lehrte) bis zur Wiederkunft Christi kein irgendwie de¿nitiver Sieg im Diesseits verheißen. Da dieser fortwährende Anspruch Gottes an seine Christenheit die Spanne des einzelnen menschlichen Lebens transzendierte, konnten die damit verbundenen, nicht enden wollenden Mühen insbesondere dem alternden Menschen das Gefühl der Überforderung eingeben; ein solcher Mensch hatte – siehe Hiob – sehr wohl ein
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Recht zur Klage, war aber dadurch nicht der PÀicht entbunden, das ihm Mögliche zu tun. Deshalb sollte das Lied in einigen gedrängten Schlussversen auch an der Person Karls noch «on a plaintive note» durch «the prospect of never-ending warfare» zeigen, dass «man must struggle unceasingly if he is to gain eternal life» (Brault 1978, 337, 477). Gleichgültig nun, ob diese Schlussverse Bezug nehmen auf eine schon existente Erzählung oder ob sie frei erfunden sind – wichtig scheint mir, dass innerhalb des (jedenfalls: des erhaltenen) Rolandsliedes diese Episode nicht zu Ende erzählt wird, weil ihre raison d’être dort gerade ist, ohne Andeutung eines Endes zu bleiben,6 etwa in dem Sinne: «Handelt so, als ob dieser Krieg noch andauere – denn er dauert noch an.» Nun kann aber ein Erzähler nicht ganz ohne formales Schluss-Signal, ohne Versiegelung seiner Geschichte aufhören; das sähe so aus, als hätten er oder seine Kopisten durch irgendeinen Zufall die Feder aus der Hand gelegt. Hier reichte zu einer meisterhaft knappen Versiegelung der vieldiskutierte Vers 4002: Ci falt la geste que Turoldus declinet. In unserem Zusammenhang scheint er mir zumindest zu zeigen, dass Turold nicht (wie eine trivialisierende Hypothese will) der bloße Kopist der vorliegenden Handschrift war. Ob er der Autor des erhaltenen Rolandsliedes oder der einer Vorstufe
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Denn die Nachricht von einem Sieg verschöbe das Problem nur um eine Stufe, eine Niederlage wäre ein zynischer Schlusspunkt unter die Karlsepik, ein Kompromissfrieden wäre des Kaisers nicht würdig, einen Kampfestod konnte er nicht sterben, da zu bekannt war, dass er in Aachen eines natürlichen Todes gestorben war (cf. unten zu Branche X, p. 212–219 mit n. 49). – Hier ist nicht der Platz, auf alle Versuche der Identi¿zierung von Bire oder Ebire und Imphe oder Nimphe einzugehen. Nur zu de Mandachs (1993, 199–203, 280, 296–300) Gleichsetzung von Imphe mit (arab.) ǥInab in Syrien, dem Nepa der Kreuzfahrer, sei bemerkt, dass das ältere der beiden Manuskripte, die de Mandach zufolge (interlinear) die Lesung vel infa aufweisen sollen (op. cit. 299), nämlich Paris B.N. lat. 5131, vielmehr (fol. 79) vel rufa hat; erst das jüngere und nach de Mandachs gut begründeter Meinung (op. cit. 200–202) unmittelbar daraus abgeschriebene Manuskript Paris B.N. lat. 14378 hat (ebenfalls fol. 79) vel infa, welches dort also durch eine (paläographisch einleuchtende) Verlesung von vel rufa entstand. Ich danke Mme Charlotte Denoël, Konservatorin der Handschriften-Abteilung der Bibliothèque Nationale, die mir Fotogra¿en zukommen ließ und nach deren Worten «il ne semble y avoir aucun doute possible» bezüglich der Verschiedenheit der Lesarten beider Manuskripte (Brief vom 29.12.2005). Die Aussagekraft einer durch Verlesung zustande gekommenen Lesart aber wird man doch nicht allzu hoch veranschlagen können. Weiter bleibt de Mandachs Behauptung (op. cit. 297), ein ursprünglicher Ortsname *Inepa [in welcher Sprache eigentlich?] sei im Arabischen «soit Inab, Innib, soit Infa» geworden, in ihrem zweiten Teil ohne Nachweis. (Auch das dritte Manuskript dieser Familie, London B.L. Additional 8927, liest interlinear vel ruffa. Die Interlinearnotiz soll in allen drei Manuskripten ein Toponym russa des Haupttextes, der ältesten erhaltenen Fassung des Foucher de Chartres, erläutern bzw. lautlich verbessern. Ich vermute, der Interlinearschreiber wollte klarer ausdrücken, dass hier nicht das unmittelbar vorher genannte Rugea/Rubra (=arab. ar-Rnjdå), sondern das benachbarte Ruwayƫa gemeint sei; zu beiden cf. die Skizze bei de Mandach op. cit. 280.)
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(z.B. jenes X) war7 und was genau faut, geste und declinet8 bedeuten, braucht hier nicht entschieden zu werden. So weit unsere Digression zur Vivien-(E?)Bire-(N?)Imphe-Episode im Rolandslied (X oder Rol.) selbst. Doch selbst wenn die Episode dort frei erfunden sein sollte – für den Erzähler der Vie im 13. Jahrhundert, aber auch für jeden anderen frankophonen Erzähler schon vor ihm musste die Versuchung groß sein, besonders gut informiert zu erscheinen, indem er sie statt als Aufruf vielmehr als Geschehnis, als weiteren siegreichen Feldzug von Karls Heeren, erzählte. Erhalten ist sie so in der dänischen Krønike9 als Ywan-Libia-Rom-Episode. Dort ist in dem Namen des christlichen Königs Ywan ~ Vivien uiu(i) ~ iuu ~ yw paläographisch zu erklären, wobei zusätzlich (nach Halvorsen 1959, 250) schon an. Iven, Ivein, der Name des Artushelden Ivain, attrahierend gewirkt haben kann;10 -an (~ lat. -anus) ist gängige Endung mediterraner und exotischer Namen. Unabhängig davon, wo dieses Königs Reich (E?)Bire im Denken des Rolandsdichters und im Denken Dritter gelegen haben mag – da der Form 7
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Hier kann nicht die umfangreiche Bibliographie zum Thema vorgeführt werden. Ich möchte nur betonen, dass ich die latinisierte Namensform Turoldus nicht als Argument für eine lat. Quelle anerkennen kann. Turold, wer immer er war, lebte in einer Welt, in der das Lat. das normale Medium der schriftlichen Kommunikation war; wo er seit seiner Jugend Bücherregale sah, enthielten sie so gut wie ausschließlich lat. Schriften. So wird der Übergang aus dieser Welt in die des Liedes, d.h. der Übergang vom Lat. zum Frz., durch ein Mittelding zwischen beiden vermittelt, nämlich anstelle eines Proömiums durch einen eindrucksstarken Latinismus im ersten frz. Vers: Carles ... magnes; hier zwingt die Tmesis zur Neu-Vergegenwärtigung von lat. magnus. Ebenso deutet der letzte Vers anstelle sonstiger Finaltopik die Rückkehr aus der frankophonen in die lateinsprechende Welt durch zwei Latinismen an: Turold erscheint, wie er Urkunden unterzeichnen würde, als Turoldus, und seine Tätigkeit (die ja nicht als Erschaffen, Erdichten oder ähnlich bezeichnet werden durfte) wird mit einem Latinismus als declinare > decliner bezeichnet. Von den Belegen zu lat. declinare, altokzitanisch declinar und afrz. decliner, die zur Erhellung der Stelle diskutiert wurden, scheinen mir die antik-lateinischen (zuerst beigebracht von Olschki 1935, 425) beschränkt hilfreich (Kritik bei Stone 1936, 342–345), wesentlich hilfreicher die altokzitanischen und altfranzösischen (zuerst bei Stone art.cit. 345–350). Sie sind jedenfalls zahlreich genug und semantisch nahe genug, um die ganz andere Übersetzung von declinet als ‘verfällt körperlich’ (mit dem im Rolandslied seltenen que ‘denn’) wenig wahrscheinlich zu machen. (Dieses ‘verfällt körperlich’ würde übrigens die Deutung der vorhergehenden elf Verse nicht beeinÀussen. Denn selbst ein Autor, der nach nur elf Versen einer völlig neuen Handlung seinen körperlichen Verfall mitteilt oder vorschützt, müsste, um überhaupt diese elf Verse bringen zu wollen, dieselben Motive haben wie oben vorgeführt.) Weiterhin interessant, trotz semantischer Vagheit, ist (schon wegen seiner räumlich-zeitlichen Nähe zu dem Dichter) der mittellat. Beleg aus einem Brief Anselms von Canterbury an den jungen Mönch Mauritius (Nr. 64 ed. Schmitt, Ndr. 1984, bzw. lib. I no. 55 ed. Migne PL 158.1124, beigebracht von Leblond 1966, 115s. mit n. 11), wo declinare eine Übung des gehobenen Latein-Unterrichtes zu bezeichnen scheint (bei einem Lehrer Arnulf, der als Fachmann der declinandi scientia gilt) und ungefähr bedeuten könnte: ‘(einen vorgegebenen Zusammenhang) mit eigenen Worten, also variierend/erklärend wiedergeben’ (der junge Mann soll unter anderem den Vergil und andere von ihm gelesene Texte Àeißig ‘deklinieren’, um Übung zu bekommen). Allerdings übersetzt Fröhlich (1990, 180s.) den Schlüsselbegriff declinandi scientia einfach als grammar; doch ist nicht zu erkennen, ob ihm die bei Leblond angesprochene Problematik überhaupt präsent war. Ed. Lindegård Hjorth (1960, 320.27–322.3). Zu ihrem stemmatischen Status cf. p. 195 n. 1. Nichts zu tun hat hingegen Ywan mit dem Namen Johannes, an. Jón (contra de Mandach 1993, 296).
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Bire in anderen altfranzösischen Epen ein Bile zu entsprechen scheint,11 kann von bile durch paläographische Metathesis libe erreicht und als Libia latinisiert worden sein. Schon deshalb sammelt sich Karls Heer für den Kriegszug zweckmäßigerweise in Rom.12 Dass nun, nach Rolands Tod, unter den wenigen namhaften Überlebenden des Spanienfeldzuges der Italienspezialist Ogier es ist, der den Heidenkönig tötet, ist ebenfalls naheliegend. Überraschend ist nur, dass dessen Name angegeben wird: Gealwer. Lässt er sich mit einem sonst bezeugten Heidennamen aus der altfranzösischen Epik verbinden? Bei dem gängigen Heidennamen Galafre (an ihn dachte Mireaux 1943, 40; aus dem arab. Namen palaf) würde die an. Anfangsbetonung den Fall des mittleren -a- immerhin plausibel machen, intersonorisches -f- könnte als /v/ genommen und das -re in das bei altfranzösischen Namen gängige -er ( *Calwer anzusetzen, und denkt man an die Ähnlichkeit der Majuskeln C und G, so wäre wohl der restliche Abstand zu Gealwer nicht unüberbrückbar; die Krønike zeigt ja viele Namen der KMS I in entstelltem Zustand (cf. passim den Index der Edition Lindegård Horth). Letztlich lägen dann entweder Doubletten desselben Sagenkerns vor, oder eine Bire-Andeutung wäre mit Enfances-Ogier-Material umkleidet worden, und der Vie-Autor hätte, um optimal informiert zu erscheinen, auf die Post-Rol.-Fassung des Stoffes zurückgegriffen. Will man dieser zugegebenermaßen gewagten Hypothese nicht folgen, so muss Guillem die Enfances Ogier gekannt haben, die man dann vor 1196, wenn auch wohl kaum vor 1191 (vgl. Togeby 1969, 38s.), ansetzen sollte. c) Der Abschluss des Sachsenkrieges: Der in der Krønike (1960, 322.3–17) folgende Abschnitt resümiert den späteren, sichtlich nach Rolands Tod spielenden Teil des Sachsenkrieges mit Rolands jüngerem Halbbruder Bollewin/Boldewin/Baldewin, afrz. Baldewin, als dem Protagonisten, mit Widukinds Witwe Königin Sybilia, afrz. Sebile, und ihrem Sohn Justam, afrz. Justamon(t) (vom altnordischen Übersetzer als Obliquus gedeutet), und bringt ihn zu einem de¿nitiven Abschluss.14 d) Der Abschluss von Ogiers fränkischer Karriere: Im folgenden Abschnitt der Krønike (322.18–330.10) zieht Ogier in Begleitung von Karls Sohn Karlot ‘Charlot’ erneut über den Montjoux. (Auch der historische Karl d. Gr. hatte einen Sohn Karl, der bereits statt des alternden Vaters Feldzüge unternahm, aber vor dem Vater starb.) Die Franken vernichten den König
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Auch dass die Muslime um Carwel in KMS III nicht erst einen Vivien o.ä. irgendwo südlich oder südöstlich Rom belagern, sondern gleich Rom erobern, wird man nicht als entscheidenden Unterschied ansehen. Charakteristischerweise erscheint hier Naimes noch einmal, wie in der KMS I und den entsprechenden Abschnitten zu Anfang der Krønike, als Namlun, während er sonst in der gesamten Krønike Neymis/Neymus heißt. Meines Erachtens wurde die Relevanz dieses zuerst von Aebischer (1956b, 311s.) beigebrachten Arguments von Halvorsen (1959, 65) zu Unrecht bestritten.
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Amarus von Afrika, der in Italien und die Provence eingefallen war und gerade noch einen christlichen Führer mit dem (unerklärten) Namen Serus/Sarus niedermachen konnte. Wie erklärt sich der Name Amarus? De Mandach (1993, 302) denkt an arab. amîr und lat. amarus, Aebischer (1954a, 250) an den Ammiral von KMS III. Gleich nach dem Sieg über Amarus muss Ogier in Selbstverteidigung den ihn aus Neid attackierenden Charlot töten, stellt sich ohne Zögern in Frankreich dem Kaiser, sitzt drei Jahre im Kerker, besiegt aber schließlich für Karl noch den in Spanien eingefallenen Heiden Maskobret(h) (Druck von 1509 Maskabreth), bevor er ins heimatliche Dänemark zurückkehrt – womit auch der nach Rolands Tod spielende Teil der OgierHandlung zu einem ebenso de¿nitiven Abschluss kommt. Rajna (1874, 62) verglich die ganze sich an Amarus anschließende Erzählung der Krønike (außer dem Namen Amarus selbst) mit dem entsprechenden Ogier-Teil der Marciana-Handschrift fr. XIII und schloss auf eine gemeinsame Vorstufe, nämlich ein verlorenes Epos, das von der Chevalerie recht verschieden und älter als diese gewesen sei; an Rajna haben sich im Prinzip Henry (1956, 31) und (wenn auch mit viel engerer Chronologie) Eusebi (1961 passim) angeschlossen. Hingegen hielt Gaston Paris schon 1865 (1905, 171, Punkt 6) diesen Ogier-Teil der Marciana einfach für ein aus mündlicher Zwischenüberlieferung hervorgegangenes Derivat der altfranzösischen Chevalerie Ogier; ähnlich sah Togeby (1969, 105s., 126–28) den Marciana-Ogier (sowohl in der Enfances- wie in der Chevalerie-Handlung) als eigenwilliges Derivat aus Adenet und Raimbert an. Doch wie dem auch sei, die Handlung lag in beiden Fällen früh genug für unseren Erzähler vor. Sein Masko- oder Maska-bret(h) trägt den in der altfranzösischen Epik seit dem späten 12. Jh. gängigen Heidennamen Macabré, wobei sich lediglich (und vielleicht nur graphisch) das afrz. maschier ‘(zer)kauen’ eingemischt hat. Inhaltlich hingegen entspricht seine Gestalt dem Brehier/Brehus der Chevalerie Ogier, dem Braier der Marciana. Anscheinend ist hier also der Stamm Bre(h)- zu dem anderweitig bekannten, klangvolleren Namen Macabré expandiert worden; die umgekehrte Entwicklung, von Macabré zu Brehier/Brehus, erscheint weniger einleuchtend. Skårup (1980, 337s.) rechnet in überzeugender Weise die Abschnitte b), c) und d) der Vie zu. Dass sie dort an so später Stelle stehen, ist eben Ausdruck der uns bereits bekannten, zeitlich linearisierenden Erzählweise unseres Erzählers. Nur könnte man sich fragen, ob die starke Repräsentation Ogiers in ihnen nicht doch auf eine Entstehung der Vie im Norden deute. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass schon um die Mitte des 12. Jh. ein Franzose, nämlich der Pseudo-Turpin (Kap. 11), von Ogier sagt: «De hoc canitur in cantilena usque in hodiernum diem, quia innumera fecit prodigia» – wobei die ‘zahllosen’ Heldentaten weder durch Ogiers wenig glanzvolle Rolle im Pseudo-Turpin selbst (Kap. 17!) noch durch sein Auftreten im Rolandslied genügend abgedeckt sind. Die Worte des Pseudo-Turpin bezeugen also bereits eine vielfältige Gestation von Erzählmotiven um Ogier, wie sie Vorbedingung für den oben besprochenen Zustand sein dürfte.
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(Branche IX): Schon in dem letzten der gerade erwähnten Abschnitte sind Karl und Naimes alt und gebrechlich. Der Vie-Autor wird jetzt systematisch nach Erzählungen über Alterstaten Karls gesucht haben, fand aber wenig. Wohl gab es ein exemplarisches AlterstatenEpos, den Moniage Guillaume von Wilhelm al curb/curt nes, dem besten Kämpen – aber nicht Karls, sondern seines Sohnes und Nachfolgers Ludwig, zumindest, wenn man nach den beiden voll (Moniage II) bzw. größtenteils (Moniage I) erhaltenen Fassungen dieses Epos urteilt. Dieser Moniage wird jetzt, aber als in Karls Alter spielend, erzählt.15 Wilhelm heißt hier Vilhialmr Korneiss.16 Die Erzählung ist erhalten in der Redaktion Beta der KMS und mit gewissen Unterschieden auch in der dänischen Krønike. Hier werden nun e contrario aus der Perspektive des zwar alternden, aber körperlich noch starken Mönchs, dann Einsiedlers Wilhelm die bösen Zustände im Reich sichtbar (IX 4/B3): Nicht nur das Volk, sondern sogar Karl selbst lebt in Furcht, Roland ist tot, Ogier heimgezogen, Wilhelm fehlt ihm, seine Barone entziehen sich ihm, die einfachen Männer wollen aus Defätismus nicht beim Aufgebot erscheinen. In den Szenen am Ende von VIII hatte sich die Schwäche des alternden Karl erst indirekt in seiner Abwesenheit vom Schlachtfeld gezeigt, jetzt ergreifen ihre Folgen das gesamte Gemeinwesen. Im Druck beansprucht die Branche IX in der Beta-Fassung nur acht bis neun,17 in der Krønike-Fassung gar nur vier Seiten. Auch diese Branche drängt also ihre altfranzösische Vorlage (oder Haupt-Vorlage) sichtlich zusammen, gleichgültig, ob man als solche einen verlorenen, aber rekonstruierbaren Ur-Moniage (von wohl etwas mehr als 4000 Versen) oder den sog. Moniage II (6629 Verse) ansieht;18 zu dieser Frage cf. 15
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Da die handschriftliche Verbreitung des afrz. Moniage Guillaume nicht grundlegend abweicht von der Verbreitung der anderen Epen der (eigentlichen) Wilhelmsepik, ist es a priori nicht unwahrscheinlich, dass unserem Erzähler auch andere Wilhelmsepen zugänglich waren. Warum schloss er sie dann aus? Man darf wohl antworten: weil die meisten von ihnen eindeutig unter Ludwig dem Frommen spielen. Falls ihm auch schon Epen um Aimeri de Narbonne bekannt waren (die ja hauptsächlich noch unter Karl dem Großen spielen), so könnte er sie ignoriert haben, weil sie nur in Einzelszenen an Karls Hof, sonst im Süden unter (manchmal auffälliger) Abwesenheit des Herrschers spielen – während in der Vie Karl zwar nicht in jeder Einzelszene, wohl aber im jeweiligen Erzählhorizont ständig präsent ist. Insofern ist die Vie durchaus im vollen Wortsinn eine Biographie Karls. Als dann die Branche VII eingeschoben wurde, begleitete er dort Karl in den Orient als Villifer/ Villiver von Orenge, so dass offenbar schon der Redaktor der KMS im einen den anderen nicht wiedererkannte. Richtig identi¿ziert hat die beiden – als Villem Cornitz – die Krønike (etwas verquerer Hinweis darauf bei Steitz 1907, 29 n. 2). 9 Seiten bei Unger, etwa 8 (nämlich 16 einschließlich Übersetzung) bei Loth. Von den (wenigen, aber markanten) Zusätzen gegenüber dem rekonstruierten Ur-Moniage, die Tyssens (1967, 313) dem remanieur des Moniage II zuschreibt, ist keiner in der KMS IX zu ¿nden. Der nur partiell erhaltene Moniage I wäre als Vorlage kurz genug, scheidet aber motivisch aus. Denn mit dem Moniage II gegen den erhaltenen Teil des Moniage I gemeinsam hat die KMS IX zumindest: die Erwähnung des Faktums, dass Wilhelms Frau vorher mit einem feindlichen König verheiratet war (Moniage II 13 und 21), die namentliche Nennung Rainoarts als Wilhelms Quasi-Nachfolger (Moniage II 58); das Fehlen der Formulierung des Abtes, Wilhelm dürfe sich auch im äußersten Fall nur mit Hilfe d’os et de char (Moni-
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Skårup (1980, 338). Eben in dieser Zusammendrängung sieht Skårup wieder – wahrscheinlich zu Recht – das Markenzeichen des Autors der Vie. Unsicher werde ich allerdings, wenn Skårup den rekonstruierten Ur-Moniage oder den erhaltenen Moniage II nun als einzige Quelle des Autors der Vie ansehen will. Betrachten wir unter diesem Blickwinkel den nordischen Text genauer! In Moniage I und II geht Wilhelm unter Ludwig dem Frommen ins Kloster, in der KMS IX 1/B1 hingegen, historisch richtiger, unter Karl dem Großen. Nach Becker (1896, 74) könnte das zwar auf sekundärer Einpassung in die KMS [bzw. die Vie de Charlemagne], einfach gemäß deren Thema, beruhen; doch zögert man schon, dem Autor der Vie eine solche chronologische Verschiebung zuzutrauen, da er sonst nirgendwo Erzählmaterie aus der Zeit Ludwigs oder Pippins in die Zeit Karls hineinholt. Zudem gibt es aber das altfranzösische Fragment eines relativ alten Epos (in assonierenden Zehnsilbern und relativ kurzen Laissen, mit nur wenigen Flickversen, Handschrift Ende 13. Jh.),19 in dem Karl, nicht Ludwig, Wilhelm aus heidnischer Gefangenschaft befreit und in seine Einsiedelei zurückbringt (Pam¿lova 1931, 504– 517, speziell 504–507). Dieses Fragment zeigt immerhin, dass die historisch richtige Zuordnung von Wilhelms Moniage zu den späten Regierungsjahren Karls auch in der altfranzösischen Epik vertreten war. Dorthin gekommen sein kann sie am einfachsten – direkt oder indirekt, auch bei mehreren voneinander unabhängigen Autoren – aus der Vita Willelmi (entstanden um 1125), wo gleich im Prolog davon die Rede ist, quam gloriose [Willelmus] sub Carolo glorioso militavit, bevor er Mönch wurde (cf. Cloetta 1906–1911, 2.30). In Moniage I und II tritt Wilhelm ins Kloster nach dem Tode seiner Frau auf Geheiß eines Engels ein, in der KMS IX hingegen, weil ihm ein unbedachtes Wort seiner Frau über ein graues Haar an ihm seine Alterung klar macht. Für die Grundidee – mehr kann es nicht sein – dieser psychologisch gut nachempfundenen und gut erzählten Episode schlug Cloetta (1906–1911, 2.114s.) das reale Vorbild Wilhelms IV. Fera Brachia, Herzogs von Aquitanien (†994), vor, der nach Streit mit seiner Frau ins Kloster ging; man braucht Cloetta darin nicht unbedingt zu folgen. Dem Autor der Vie geht es zwar meist um andere Dinge, aber in I 56/A53 hat er sich auch als weltkundiger Psychologe bewährt, als er anlässlich des Dreiecks Roland-Geluviz-Ganelon eine noch stärker sexuell getönte und schwierigere Erzählung bravourös meisterte; gestehen wir ihm also tentativ auch die Trennungsszene zu. Bevor Wilhelm seinen Entschluss ausführt, lässt er in Beta (wohl durch Kürzung ausgefallen in der Krønike) zur Unterstützung seiner Frau seinen Schwager Reinalld (Loth; Unger Reinald) kommen; gemeint ist offensichtlich ‘Rainoart’, den der Moniage II hier nennt, auch wenn er ihn nicht ausdrücklich – was im frz.
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age I 350) verteidigen (vom Abt gemeint: ‘mit deinem Körper’, von Wilhelm ausgedehnt auf den Körper des Esels), eine Formulierung, die nach Tyssens (1967, 302) «nécessaire à l’intelligence du récit» ist; die Tatsache, dass Wilhelm weder seine Waffen noch sein Ross in die Einsiedelei mitnimmt; schließlich, dass die Einsiedelei vorher von niemandem bewohnt war. Dass Tyssens, die das Fragment in eine Fußnote abdrängt (1967, 303 n. 2), von einer refaçon tardive spricht, scheint mir apodiktisch.
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Sprachgebiet des 13. Jh. wohl ohnehin jeder wusste – als Wilhelms Schwager bezeichnet.20 Das Kloster, in das Wilhelm eintritt, liegt laut Beta (IX 1/B1) ‘im Süden des Landes’, wohl Frankreichs (wie in Ardos Vita des Benedikt von Aniane [um 823] und damit in der Realität des frühen 9. Jh., in der Vita Willelmi sowie im Moniage II, wo ausdrücklich 35 u.ö. Aignienes ‘Aniane’ genannt wird), hingegen nach der Krønike (1960, 332–333) in der Lombardei (wohl einfach in Ausdeutung der Idee ‘im Süden [scil. des Karlsreiches]’21). Während seiner Mönchszeit besiegt Wilhelm auf der Fahrt zum Markt (IX 2/B2) eine Räuberbande. In den altfranzösischen Fassungen ist der Kernpunkt der Szene der, dass sich auch ein Benediktinermönch seine Femoralia (Kniehosen als Unterbekleidung der Genitalien, famulaires Moniage I 346, II 687) nicht kampÀos abnehmen zu lassen braucht, weshalb sich Wilhelm für dieses Kleidungsstück in listiger Voraussicht einen Gürtel mit kostbarer Schnalle machen lässt; der nordische Text nennt die beiden Gegenstände unscharf, aber verständlich Hemd und Hosengürtel.22 Der Hauptmann der Bande (namenlos im Moniage I, Gondrain im Moniage II v. 1232 u.ö.) heißt Dartiburt (so B, Darziburt b,23 namenlos in der kürzenden Krønike). Der Name ist wohl unanalysierbar, wenn man darin nicht den gängigen Heidennamen Danebur, Danebrus u.ä. erkennen will. (Die Verlesung eines leicht missratenen n zu rt erscheint immerhin möglich, da r meist nach rechts verbunden ist und t oft kurze Oberlänge und kurzen Querstrich hat; die erste Namenshälfte wurde damit sekundäretymologisch deutbar als dart ‚Wurfspieß’; -burt kann an Namen wie Herburt KMS I 6*/B4 angeglichen sein.) Bis kurz nach 972 wurden ja die Provence und das Alpengebiet wirklich von Sarazenenrotten aus Fraxinetum durchzogen; hier kann ein Nachklang solcher Erfahrungen vorliegen, indem der Name seinen Träger als de-facto-Heiden kennzeichnen soll. Wilhelm führt auf dem Marktgang in den altfranzösischen Moniages Pferde, in IX 2/B2 aber Esel mit sich (und erschlägt mehrere Räuber dort mit einer ausgerissenen Pferde-, hier mit einer ebensolchen Eselskeule). Ein mûl reitet auch der Wilhelm des Ulrich von Türheim in dessen Moniage-Teil (Hieatt 1975–1980, 3.294). Doch können beide Autoren unabhängig voneinander auf diese Änderung verfallen sein – sei es in typologischer Nachahmung des eselreitenden Christus bzw. (Iudices 15.15s.) des eine Eselskeule schwingenden Simson oder sei es im Gedanken an den eselreitenden (und damit schon seinerseits bibeltypologischen) ex-Grafen und Mönch Wilhelm in der Vita des Benedikt von Aniane (cf. Cloetta 1906–1911, 2.13s., Bédier 1926, 114).
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Die Suf¿x-Verwechslung kann z.B. dadurch ausgelöst sein, dass die afrz. Handschriften den Namen oft als R’ oder Re’ abkürzen (cf. z.B. Cloetta 1906–1911, Index s.v. Rainnouart). Der Moniage I v. 64 spricht hier nur von einem ¿lluel Wilhelms, kann damit aber ebenfalls Rainoart meinen. Zur Gestalt Rainoarts cf. Beckmann (1971a passim). Nicht völlig auszuschließen ist allerdings auch ein (sekundärer) Zusammenhang mit der Tatsache, dass (durch Verlesung von Aignienes, Agnenes, Angienes ‘Aniane’ des Moniage II v. 35 u.ö.) der Moniage I v. 60 u.ö. das Kloster in das Genevois sour mer, in die Nachbarschaft von Genves, verlegt hat (cf. Cloetta 1906–1911, 2.102–104). Überzogen und tendenziös die Kritik an dieser Unschärfe bei Ph. Aug. Becker (1896, 76). Als Zwischenstufe ist natürlich *Darciburt anzusetzen, welches mit Dartiburt paläographisch, mit Darziburt lautlich verbunden ist.
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Nachdem Wilhelm das Kloster verlassen hat und Einsiedler geworden ist, wird Frankreich in IX 3 ‘von Süden aus’ (so Beta; stattdessen die Krønike wieder ‘aus der Lombardei’) angegriffen von Marsilius’ rachedürstigem Bruder, König Madul (Krønike: Madus24) – ein Name, von dem abermals Moniage I und II nichts wissen (in beiden entspricht ihm ein nicht mit Marsilius verwandter Ysoré). Er ist wohl zu verbinden mit den in der altfranzösischen Epik belegten Heidennamen Madalant, Madarant, Madiant, Madiën, Madoine; jedenfalls assoniert er mit Marsilius. Da schon die Vie (wie heute die Branche VIII) vorher den Sieg über Marsilius erzählt hatte, bietet Madul einen sinnvollen Anschluss und kann auf den Autor der Vie zurückgehen. Während der Aggressor in den Moniages Paris belagern kann, fehlt eine entsprechende Mitteilung im nordischen Text, so dass man annehmen muss, dass die folgenden Kampfhandlungen im Süden relativ nahe bei Wilhelms Einsiedelei statt¿nden.25 Der nur fragmentarisch erhaltene Moniage I bricht bald nach der Einführung Ysorés ab. Gegenüber dem Moniage II nimmt jetzt die Selbständigkeit der KMS IX (4/B3 bis 6/B5) noch zu. Im Moniage II reitet Wilhelm dem König zu Hilfe, wird vom Wächter in Paris nicht eingelassen, muss Quartier nehmen bei einem armen Holzsammler namens Bernart dicht außerhalb der Stadtmauern, kann im Duell den Heidenkönig köpfen und dadurch den allgemeinen Sieg der Franken einleiten, übergibt dann den Kopf schnell Bernart mit der Anweisung, ihn dem König zu bringen, aber nur im Notfall seine, Wilhelms, Identität preiszugeben. Ein Vetter Ganelons gibt sich als Sieger über den Heidenkönig aus, aber Bernart weist den richtigen Kopf vor und offenbart unter Bedrohung die Identität Wilhelms; doch der ist längst auf dem Heimritt zu seiner Einsiedelei. Dort baut er noch eine Brücke, wobei er einen ihn störenden Teufel unschädlich macht, und stirbt einen unspektakulären Tod; heute ist dort, in Saint Guillaume del Desert, ein Kloster (man erfährt nicht, von wem es gestiftet wurde). Statt dieser nur mäßig originellen Handlung lesen wir in der KMS IX Folgendes. Wilhelm trifft nicht weit von seiner Einsiedelei auf einen wohlhabenden und glücklich verheirateten Viehbesitzer, der ihm in treuherzigen Worten die trostlose Situation des Reiches einschließlich seiner eigenen Feigheit beschreibt: Er möchte noch lange mit seiner Frau leben und denkt daran, sich wie andere dem Aufgebot zu entziehen. Er heißt in der Beta-Redaktion Grimalldus (so Loth, Unger Grimaldus), in der Krønike Grym(m)er/Grym(e). Da letzteres ziemlich unfrz. klingt,26 kann es einfach eine Verkürzung von mittellat. Gri-
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Die Handschrift von 1480 hat Mad9 mit dem us-Kürzel, die Drucke von 1509 und 1534 haben ausgeschriebenes Madus. Lang-s am Wortende ¿ndet sich schon in der Handschrift nur noch ausnahmsweise (Lindegård Hjorth 1960, XXVIII), der Tausch -l ~ Lang-s oder umgekehrt ist also wohl älter. Unzutreffend also der Spott von Ph. Aug. Becker (1894, 78), wonach mit dem Haupt des getöteten Gegners zunächst Wilhelm vom nordfranzösischen Schlachtort «bis nach Südfrankreich hinab», dann Grimaldus auf demselben Pferd zurück in den Norden hätte reiten müssen. Morlet 116 führt zwar vier Grimo auf, aber alle aus der Zeit vor 900, und die altfranzösischen Literatur scheint nur einen Grim zu kennen, bezeichnenderweise einen dänischen Baron im Lai d’Havelok (Flutre 1962 s.v.). Im An. ist Grímr ein gut belegter Männername; daneben steht unverwandt das Adj. grimmr ‘grimm(ig)’.
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maldus bzw. afrz./altokzitanisch Grimalt sein. Dieser Name geht zurück auf germ. Grim-wald (Morlet 115), mittellat. überwiegend Grimoaldus/Grimoldus. Die Form Grimaldus, früh in Süddeutschland belegt, wird seit etwa 900 vor allem in Südost- und Südfrankreich sowie in Norditalien beliebt.27 Der Name passt also gut zu Grimaldus’ südfranzösischem Ambiente in der Beta-Redaktion und zu seinem lombardischen Ambiente in der Krønike. Es folgt nun ein längerer, brillant erzählter Identitätstausch zwischen Wilhelm und Grimaldus. Da die Krønike zu kürzen und dadurch stilistische Feinheiten abzustumpfen pÀegt, seien die Einzelheiten zunächst nach Beta erzählt. Ohne dass dies einer Erklärung bedarf, wird genau von dem Augenblick an, wo Grimaldus in die Handlung eintritt, der ihm unbekannte Wilhelm in seiner Gegenwart immer – etwa ein Dutzend Mal – nur ‘der Mann in der Kutte, der Kuttenmann’ genannt; dann aber, während des Identitätstausches, wird Wilhelm – fast ebenso oft – nur ‘Grimaldus’ genannt. Durch Rüstung und falschen Bart unkenntlich, reitet ‘Grimaldus’ schon vor Beginn der Schlacht kampfbegierig seinen Regimentsgenossen voran, so dass die sich wundern: Er war doch sonst nicht der Tapferste? Dabei drängt er, während schon die Schlacht beginnt, zunächst so nahe an Karl heran, dass sich die beiden Freunde den Bruchteil einer Sekunde lang in die Augen schauen; dadurch wird für Karl die Wahrheit zwar nicht evident, sondern – schöner – zur unverdrängbaren Ahnung, und der Kaiser muss für einen Augenblick lächeln. ‘Grimaldus’ enthauptet den Heidenkönig, und schnell drängt ‘der Kuttenmann’ das Haupt dem echten Grimaldus auf, damit er es im eigenen Namen dem König präsentiere und zur Belohnung Graf werde. Karl durchschaut jetzt das Geschehene, respektiert aber Wilhelms Willen – wobei dieser auch hier offensichtlich schon auf dem Rückweg zu seiner Einsiedelei ist. Demgegenüber wird in der Krønike Wilhelm auch während des Rollentausches mit richtigem Namen genannt; von einer Verkleidung ist nicht die Rede; Karl sieht für einen Augenblick Wilhelms Gesicht unter dem Helm und ‘erkannte ihn’ (so die Handschrift von 1480, ed. Lindegård Hjorth 336.19) bzw. ‘es deuchte ihn, er kenne ihn’ (so die Drucke von 1509 und 1534, ed.cit. 337. 31s. bzw. 20, wobei die Drucke wegen ihrer Nähe zu Beta offenbar das Richtige haben, die Handschrift also kürzend versimpelt); doch ernennt Karl auch hier Grim(aldus) um Wilhelms Willen zum Grafen. Die Krønike ist für ihre Humorlosigkeit durch ihre Tendenz zur Kürze entschuldigt, bewahrt aber eben deshalb gewiss nicht den ursprünglichen Text. In Beta bezaubert die Erzählung gerade dadurch, dass sie nicht Deutlichkeit über alles stellt, sondern (im Mittelalter selten, vielleicht unerhört!) durch eine Point-de-vue-Technik avant la lettre ihre Rezipienten das Rollenspiel mitzumachen auffordert und dabei auch Karls Part in einer klug-noblen Schwebe zu halten versteht. Da die Beta-Redaktion zwar sonst die KMS «vernünftig» zu bessern bestrebt ist, aber nirgends durch erzähltechnische Bril27
Ein spätes, aber berühmtes Beispiel: Die zunächst genuesische Familie der Grimaldi, die im 12. Jh. mehrfach führende Positionen in der Stadt einnahm, drang seit 1300 an der heute französischen Riviera vor (Herrschaft über Cannes, Antibes und bis zur Gegenwart Monaco). Sie stellte im 14. Jh. zweimal Flottenchefs für den französischen König, und zwar vernichtete schon 1304 Reinier I. Grimaldi in der Nordsee die Àandrische Flotte (LdM s.v. Grimaldi) – ein Ereignis, das sicherlich bis Island bekannt wurde. Theoretisch könnte also die volle Namensform Grimaldus in die Redaktion Beta von den isländischen Mönchen des 14. Jh. neu eingeführt sein.
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lanz auffällt,28 kann man den kunstvollen Text nicht erst ihr zuschreiben; er dürfte also in der Ur-KMS und damit wahrscheinlich in der Vie gestanden haben. Nur – können wir die Schaffung dieses Kabinettstückchens der Erzählkunst dem Autor der Vie, dem Linearitäts- und Deutlichkeitspedanten, zutrauen? Die Erzählung mündet dann in eine Katharsis, die der Erhabenheit und Weisheit nicht bar ist. Durch Wahrträume des Grimaldus geleitet, ¿nden dieser und der König Wilhelms Einsiedelei; der Weg dahin wird (innerhalb des ersten Wahrtraumes) in Beta in fünf Sätzen beschrieben, die mit einer weiter zurück liegenden Erzählstelle des Moniage II vv. 2468–2479 oder (in ihrer friedlichen Gestimmtheit vielleicht noch eher) mit der entsprechenden Stelle der Vita Willelmi (Text bei Cloetta 1906–1911, 2.34) zu vergleichen sind. Die beiden so ungleichen Menschen ¿nden dort ihren gemeinsamen Retter Wilhelm wieder – tot und doch «im Geruche der Heiligkeit»,29 nämlich von paradiesischem Duft umgeben, nicht wie Roland dem Feinde, sondern dem Osten zugekehrt. Karl lässt an dieser Stelle eine Kirche bauen und stattet sie als Kloster großzügig aus. Versöhnlich-weise ist schließlich sein Urteil über den Hochstapleraus-Nachgiebigkeit: Grimaldus muss den Grafentitel zurückgeben und wird, seinen Fähigkeiten gewiss besser entsprechend, Güterverwalter jenes Klosters. In jedem Falle bleibt die Frage: Reicht als Quelle des in der KMS IX erhaltenen Textes der Moniage II? Können wir dem Autor der Vie die erzählerische Brillanz des Identitätstausches, die Erhabenheit der Todesszene, die versöhnliche Weisheit des Schlussgedankens zutrauen, ohne dass er uns in der KMS I schon Vergleichbares vorgeführt hat? Bejaht man die Frage, wie es implizit Skårup und schon Ph. Aug. Becker (1894, 78) getan haben, so nimmt man am besten mit Becker an, dass der Autor den Umriss einer nur gehörten Erzählung neu ausstaf¿ert hat.30 Sieht man unseren Text hingegen nicht als Derivat aus dem Moniage II, sondern als Zeugen eines sonst verlorenen, dritten Moniage-Zweiges an wie Cloetta (1906–1911, 2.111), Smyser/Magoun (1941, p. VI), Hieatt (1975–1980, 3.296), Lacroix (2000, 820) und Kramarz-Bein (2004, 153), so bleibt dem Autor der Vie wohl immerhin das nicht geringe Verdienst, sowohl das Komödiantische als auch das Erhabene und das Humane seiner Vorlage voll bewahrt zu haben. Eine unerwartete Schwierigkeit bietet der letzte Satz der Branche IX und leitet damit über zu ähnlichen Schwierigkeiten in der Branche X: Karl kehrt zurück nach Frankreich (Frakland, B) bzw. in jenen Teil Frankreichs, der 28
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Cf. etwa Hieatt (1981 passim, zusammenfassend 318), wonach die Arbeit des Beta-Redaktors letztlich «more workmanlike than artistically perceptive» war, auch Kramarz-Bein (2004, 158 mit n. 39). Der Wohlgeruch der Heiligkeit (speziell beim Tode christlicher Märtyrer seit dem 2. Jh., anderer Heiliger seit dem 4. Jh.) ist ein Topos (cf. Kötting 1982 passim, mit Lit.), aber hier ein sehr gut eingesetzter Topos. Nur so könnte ich es verstehen, dass der sonst so namenhungrige Autor der Vie in der Erzählung präexistente, also in seinem Sinne authentische Namen wie Gondrain, Ysoré und Bernart durch selbsterfundene ersetzt hat. Auffällig bleibt dennoch, dass er Wilhelms Frau Guiborc, den Abt Henri und sein Kloster Agnienes, ebenso das Kloster am Sterbeort Wilhelms, Saint Guillaume del Desert, gegen den Moniage II überhaupt namenlos gelassen hat. Auffällig bleibt überdies das -us am Namen des Viehbesitzers Grimaldus; zwar gab es (von voll lat. und Heiligennamen abgesehen) in I 6**/B4 (p. 101) einen vereinzelten Arnulfus (de Blancea), aber der war immerhin ein adliger Burgherr.
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Lotharingia heißt (b¹b²), bzw. nach Paris (Krønike). Gewiss könnte Karl nach einem Feldzug im Süden nach Paris zurückkehren; doch da in Branche X Karl, ohne weiter den Ort zu wechseln, seinen Nachfolger einsetzen, sterben und beigesetzt werden wird, fällt faktisch schon mit dem letzten Satz von IX die Entscheidung über Karls Todesort. Dass nun der historische Karl in Aachen gestorben und in der Aachener Marienkirche begraben war, das wussten nicht nur die Gebildeten aus der Vita Karoli (Kap. 31), Thegans Vita Hludovici (Kap. 7), der anonymen Vita Hludovici (Kap. 20, 22) oder allgemein der Annalenliteratur, es war vielmehr weithin im alten Karlsreich31 erneut bewusst geworden, als im Jahre 1000 Otto III. Karls Grab öffnen ließ, ein weiteres Mal, als 1165 Barbarossa dasselbe tat im Zusammenhange mit Karls in Aachen erfolgender Heiligsprechung,32 ein drittes Mal, als Karls sterbliche Überreste 1215 in Gegenwart Friedrichs II. in den jetzt fertiggestellten, kostbaren Schrein gebettet wurden, es wird auch in einer ganzen Reihe altfranzösischer Epen erwähnt,33 und schließlich, es war jedem Aachenpilger bekannt. Bedenkt man, wie unglaublich stark die Vie auf Aachen ¿xiert ist (I 2/B2, 6/B4, 10/B8 bis 13/B11, 15/B13, 17/A17/B15, 18/A18/B16, 19/B17, 22/A22, 30/AB28, 32/AB30, 33/A31/B30, 36/AB33 bis 38/AB35, 43/A40, 47/A44, 49/A46 bis 51/A48, 55/A52, 56/ A53), so wird man auch an ihrem Wissen über Karls Todes- und Begräbnisort nicht zweifeln können. Von den obigen Lesungen ist dann einfaches ‘Frankreich’ höchstens knapp akzeptabel. Das präzisierende ‘Lotharingien’, das ich für ursprünglich halte, kann nur auf Aachen anspielen, welches in ‘Loth(a)ring(i)en’ liegt gemäß jener Terminologie, die in Frankreich noch vom Pseudo-Turpin (Kap. 32) zwanglos benutzt wurde, die in Lotharingien selbst z.B. um 1170 für Heinrich von Veldeke in seinem Servatius der normale Ausdruck für seine Heimat war (einschließlich Tongern und Maastricht, ‘von der Maas bis an den Rhein’, cf. die Stellenangaben bei Ehrismann 1927, 81 n. 2 oder in der Edition Frings/Schieb p. 304 s.v. Lutteringen) und die speziell im Erzbistum Köln, in Limburg, in Brabant noch länger bekannt blieb, weil alle drei Potentaten ihre Herzogswürde als direkte Fortsetzung derjenigen von Nieder-Lothringen ansahen. Gerade wenn man es mit Skårup für wahrscheinlich hält, dass die Branche IX schon Teil der Vie und nicht erst der vollen KMS war, kann man hier nicht (obwohl die Krønike im Prinzip ein Proto-Alpha vertritt) die Lesart ‘Paris’ als die primäre ansehen. Die Krønike konnte jedoch sekundär sehr leicht auf Paris verfallen, weil sie (laut Index der Ausgabe Lindegård Hjorth) Paris schon ein halbes Dutzend Mal als Zentrum von Karls Reich genannt hatte, hingegen in der Entsprechung der KMS I ‘Aachen’ zu einem sinnlosen E(g)ri(i)nsborg(h) verunstaltet hatte.
(Branche X): Die auf den Moniage Guillaume folgenden Schlussabschnitte der KMS zählen seit Unger als Branche X. Zu erzählen blieb im Wesentlichen Karls Tod. Doch da, wie gesagt, allgemein bekannt war, dass Karl in höherem Alter in Aachen eines natürlichen 31 32 33
Von Aquitanien über Norditalien bis Sachsen – Genaueres dazu unten p. 218 n. 49. Genaueres dazu im ‘Epilog’ p. 221ss. Cf. die Aufzählung unten p. 218 n. 49.
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Todes gestorben war, konnte man in diesem Punkte von der altfranzösischen Epik von vornherein fast nichts erwarten.34 Branche X ist denn auch eine der kürzesten, doch gehen jetzt selbst Krønike und Beta weit auseinander. a) Die Krønike: Nach Skårup (1980, 338) bewahrt nur die Krønike in ihren drei kurzen Abschnitten (zusammen 23 Druckzeilen) sachlich das Ursprüngliche, und zwar vermutlich die Erzählung der Vie. Sehen wir uns diese Abschnitte im Einzelnen an! Der erste erzählt, dass Karl eine Versammlung seiner Großen nach Paris einberief und seinen Sohn Lodarius (so die Handschrift von 1480 und der Druck von 1509) bzw. Lotharius (so der Druck von 1534) mit aller Einverständnis zum Kaiser weihen ließ. Historisch gesehen, ist das nicht nur falsch (Karl erhob vier Monate vor seinem Tod unter der Akklamation der Großen in Aachen seinen einzigen überlebenden Sohn Ludwig zum Mitkaiser), sondern es ist in groteskem Maße falsch. Denn in Frankreich wusste im 13. Jh. nicht nur jeder Gebildete durch die oben genannten Geschichtswerke, sondern so gut wie jedermann zumindest durch die Ludwigsepik alias Wilhelmsepik, dass auf Karl den Großen sein Sohn Ludwig folgte, und in dem Epos, das den Herrschaftsübergang von Karl zu Ludwig zum Titelthema hat, im Couronnement de Louis, ¿ndet Ludwigs Krönung historisch richtig in Aachen statt (v. 27). Die Aussage der Krønike kann in dieser Form also nicht von einem Frankophonen (auch von keinem lateinkundigen Deutschen oder Niederländer) stammen.35 Überdies hat der Autor der Vie ja dem Kaiser Karl (in I 49/A46) keinen Sohn Lothar, sondern als ältesten Sohn, also präsumptiven Thronfolger, einen Sohn L͗dver gegeben, d.h. ‘Ludwig’ (cf. die ausführliche Begründung p. 42 n. 8). An der entsprechenden Stelle hat allerdings die Krønike den Namen aus einem narrativen Grund, nämlich im Vorgriff auf die Ereignisse in III, gegen Karlot ausgetauscht, und dieser Karlot ist inzwischen tot – doch warum jetzt Lodarius? Wahrscheinlich – worauf speziell das unerwartete -d- hinweisen könnte – deutete (und latinisierte) schon damals der altdänische Übersetzer den Namen L͗dver im selben Sinne unrichtig, wie ihn auch Aebischer, Hieatt und Lacroix in I 49/A46 unrichtig deuten. Wenn es sich so verhält, ist hier also ‘Lothar’ aus ‘Ludwig’ verderbt. Doch selbst dann wird man den Abschnitt nur dann der Vie zuschreiben können, wenn man Paris wiederum (mit derselben Begründung wie bei dem nur eine Druckzeile davor stehenden Paris am Ende von IX, siehe oben) als Neuerung der Krønike ansieht. Als einziges legendäres Element bleibt dann die Anwesenheit des Papstes; sie ist unserer Stelle mit dem Couronnement (v. 41) gemeinsam (Togeby 1969, 107s.), und der Vie-Autor – so denn diese Szene bis auf ihn zurückgeht – mag sie von dort bezogen haben. Der zweite Abschnitt der Krønike ist eine dem Erzähler zufolge vier Jahre später erfolgte Vision, die wir aus dem Pseudo-Turpin (Kap. 32) kennen. Bei Karls Tod nämlich 34 35
Cf. unten p. 218 n. 49. Selbst von Island schreibt Foote (1959, 28): «The fact that Charlemagne had a son, Ludvig or Louis, who succeeded him, was however a commonplace, in Iceland as elsewhere; it is found in several of the Icelandic annals and in the Veraldar saga, for example, not to mention a translated text such as the Elis saga ok Rósamundu.»
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will eine Dämonenschar seine Seele abholen, aber der Apostel Jakobus [Iacobus Maior, der der Legende nach in Compostela ruht und im Pseudo-Turpin eine prominente Stellung einnimmt] wirft in die Waagschale der guten Taten Karls sehr viele Steine [nämlich die aller von Karl erbauten Jakobskirchen], und die Dämonen müssen ohne Beute abziehen. Doch unterscheidet sich die Krønike hier vom Pseudo-Turpin (außer in der zu erwartenden Unterdrückung von Nebenumständen) in zwei narrativ wichtigen Punkten. Erstens ist die Mitteilung des Pseudo-Turpin unterdrückt, die zum sterbenden Karl ziehenden Dämonen begäben sich ‘in Richtung Lotharingien’, ‘nach Aachen’. Diese Tilgung kann man der Vie nicht zutrauen, umso eher aber nach dem oben Gesagten der Krønike selbst. Zweitens wird die Vision hier nicht dem Turpin in Vienne, sondern dem Ägidius, ‘der Karls Beichtvater gewesen war’, in seiner Eremitage zuteil. Lassen wir für einen Augenblick noch dieses Problem der Vertauschung des Visionärs beiseite und halten uns an den Inhalt der Vision! Wer hat die Vision eingefügt, der Autor der Vie oder erst im Norden der Redaktor der ganzen KMS? Für ersteren haben Aebischer (1956b, 318) und Skårup (1980, 338 unten), der Sache nach auch Halvorsen (1959, 44s.) optiert: Der Vie-Autor hat ja in I 24/A24 bzw. 26/A25/B26 (cf. p. 129 und 133s.) Ägidius und Turpin in ziemlich paralleler Weise als vom Papst zu Karl abgeordnet eingeführt; für ihn müsste es also nahegelegen haben, sie jetzt als austauschbar anzusehen.36 Hingegen ist für eine Übertragung aus dem Pseudo-Turpin unmittelbar in die KMS Foote (1959, 30–34) eingetreten. Ich teile diese Annahme: In der Vie unternimmt Karl den Spanienfeldzug nach Aufforderung durch Gabriel (I 51/A48), also gerade nicht durch Jakobus (wie im Pseudo-Turpin Kap. 1); nicht einmal von Jakobus’ Grab ist die Rede. Auch für den Bau von Jakobuskirchen diesseits der Pyrenäen (wie im Pseudo-Turpin Kap. 5 nach einem ersten Spanienfeldzug) ist in der Vie kein Platz zu ¿nden.37 Was sollten wohl die Rezipienten der Vie von einer Lebensbeschreibung halten, in der das Wichtigste, Seelenrettende, nämlich die Vielzahl der Kirchbauten zu Ehren eines bestimmten Heiligen, zu Lebzeiten des Protagonisten nirgends erwähnt worden ist? Ganz anders, wenn erst der Kompilator der KMS die Vision eingefügt hat. Seine Leser kannten aus dem Pseudo-Turpin in IV 1 die Jakobus-Erscheinung vor Karl mit der Aufforderung zur Befreiung des Jakobus-Grabes und ganz Spaniens samt Verheißung ewiger Belohnung (!), in IV 2 und 4 die Erbauung der Jakobus-Kathedrale in Compostela und fünf weiterer Jakobus-Kirchen nördlich der Pyrenäen durch Karl; 36
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Doch wenn man Foote (1959, 32 n. 85) über die Ägidius-Verehrung in Island und Skandinavien seit mindestens dem frühen 13. Jh. gelesen hat, kann man kaum darüber hinaus noch argumentieren wollen, weil Ägidius in Nordeuropa kaum, im französischen Sprachgebiet sehr verehrt worden sei, gehe die Ersetzung Turpins durch Ägidius wohl auf einen frankophonen, nicht auf einen nordischen Autor zurück. Das gilt selbst dann, wenn man einmal unterstellt (wofür nichts spricht), die Vie hätte nach I 59/ A56 vor Beginn der Roncevaux-Handlung noch wie der Pseudo-Turpin einen Besuch Karls in Compostela erzählt. Von einer zeitweiligen Rückkehr nach Frankreich (wie im Pseudo-Turpin am Ende von Kap. 5) kann in der Vie keine Rede gewesen sein, weil Karl und seine Untertanen sich auf einen extrem langen Spanienfeldzug eingestellt haben (I 51/A48) und weil sich Karl nach der Ermordung des Basin und des Basilius (I 53/A50) nicht einfach auf den Rückweg machen kann, als wäre nichts vorgefallen. Auch Skårup (1990, 36) rechnet übrigens damit, dass der erste durch die Branchen III-VIII aus der Vie herausgeschnittene Komplex (gleich nach I 59/A56) Ganelons Botengang war, also nicht irgendeine Jakobus-Szene.
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nichts ist natürlicher, als dass der Kompilator jetzt und erst jetzt, wo Karls Tod zu erzählen ist, aus dem Pseudo-Turpin die auf diesen Tod bezügliche Vision nachschiebt, die seine Rezipienten sofort verstehen werden. Ich muss also durchaus in Abrede stellen, dass für die Einverleibung des Visionsinhalts die Wahrscheinlichkeit bei der Vie läge und dass damit ein Zugriff des Vie-Autors auf den Wortlaut des Pseudo-Turpin aufgezeigt wäre.38 Was das Verhältnis der Vie zum Pseudo-Turpin angeht, muss ich es bei den behutsameren Feststellungen von I 53/A50 belassen. Wenn somit der Visionsinhalt von dem Redaktor der ganzen KMS eingesetzt worden ist – warum und wann ist dann Turpin durch Ägidius ersetzt worden? Blicken wir auf den dritten und letzten Abschnitt der Krønike! Dort balsamiert und kleidet niemand anderes als Turpin Karls Leichnam ein; dann begräbt er ihn: Er ‘setzte ihn unter den Altar, legte Karls Schwert iosue39 neben ihn, setzte ihm eine Krone auf und befahl ihn dem allmächtigen Gott’. Diese Szene muss man zusammen mit einer anderen sehen, wie Skårup selbst (1990, 32) erkannt hat. Er erinnert daran, dass in der Krønike der Erzbischof zwar an Rolands Seite kämpft, aber (ed. Lindegård Hjorth 312 unten) nicht stirbt; er wird von Karl schwer verwundet aufgefunden und überlebt (320.4ss.). Nur kann man, wie Skårup weiter zu Recht ausführt, im Gegensatz zu anderen Passagen der Krønike (Ende von VIII, IX) diesen Einfall nicht schon einem Proto-Alpha der KMS (oder gar über dieses zurück der Vie) zuschreiben, weil die hier noch erhaltene altschwedische Übersetzung der Branchen VII und VIII, die im Stemma dicht neben der Krønike steht (Skårup 1980, 335, Kornhall 1959, 112), Turpin in Roncevaux ster38
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Leider ist Povl Skårup bereit, der Vie gegebenenfalls elementare Widersprüche zuzuschreiben. Er wendet (1980, 337) auf den Charakter der gesamten Vie die Formulierung «deteriore, compendioso e pluricontaminato» an, die Segre aus der ganz anderen Perspektive eines Rolandslied-Editors auf das Ende von KMS VIII angewandt hatte. Aber eine im 13. Jh. zusammengestellte Vie Karls des Großen ist per de¿nitionem kompendiös und plurikontaminiert; ob sie auch «deteriore» war, darf ich, fast am Ende der vorliegenden Studie angekommen, getrost der Leserschaft zur Entscheidung überlassen. Nach Skårup (1980, 347) enthält die Vie schon innerhalb der heutigen KMS I «quelques contradictions», von denen er allerdings nur diejenige «à propos de Beuve sans Barbe» nennt. Doch selbst die kann ich (wie Annette Patron-Godefroit) kaum gelten lassen (cf. p. 106s. s.v. Bo¿ hin skegglausi), andere Widersprüche habe ich (wohlgemerkt in der Vie, nicht in der an. Übersetzung) nicht ¿nden können. Weiter diagnostiziert Skårup (1980, 348) beim Autor der Vie, weil diese zur Rekonstruktion von altfranzösischen Epenfassungen so wenig taugt, «une mauvaise mémoire ou une bonne imagination». Mit der «bonne imagination» bin ich einverstanden, wenn man darunter nicht spontane Phantasie versteht, sondern ein dominierendes und manchmal die Pedanterie streifendes Bedürfnis, harmonisierend zu ordnen, um in zeitlicher Linearität erzählen zu können; dabei müssen – warum in einer Vie eigentlich nicht? – auch Szenen geschrieben werden, die in dieser Form sichtlich keinem Epos entstammen (z.B. die Geburt der Adaliz, die Listen der Lehnsleute oder Begleiter, die Erbauung Aachens und wohl auch die beiden Krönungen), die aber durch Namen, Nebenumstände, Deutlichkeit (man denke an die Inzest-Erzählung) und gelegentliche psychologische Erwägungen ständig maximale Informiertheit signalisieren sollen. Doch das alles ist, wie ich in Teil IV passim hoffe gezeigt zu haben, mit großer Sorgfalt gemacht. Schon deshalb verbietet sich mir etwa die Annahme eines ganz elementaren Widerspruches in Gestalt eines wiederauferstehenden Turpin, wie ihn Skårup (1990, 32) für möglich zu halten scheint; die Annahme eines solchen Widerspruches in einem verlorenen Text scheint mir aber auch schon prinzipiell bedenklich, wenn er wie hier in keinem der Derivate (weder der Krønike noch der Redaktion Beta) mehr zu ¿nden ist. Zu iosue cf. p. 63, ‘Namensdiskrepanzen’, I gegen X.
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ben lässt (wie an derselben Stelle einerseits das altfranzösische Rolandslied, andererseits das Ms. a der KMS VIII).40 Man muss also Turpins Überleben mit Skårup (1990, 32) als Einfall erst des Krønike-Übersetzers-und-Redaktors ansehen; dann aber wird man auch in der Szene von Karls Beerdigung Turpins Anwesenheit, die ebenfalls nur in der Krønike belegt ist, als Einfall von deren Autor ansehen dürfen – die beiden Szenen gehören zusammen.41 (Dass diese Beerdigung vor dem Eingriff der Krønike auch ohne Nennung eines Hauptakteurs erzählbar war, wird sogleich Beta zeigen.) Aber warum konnte dann die vorhergehende Vision nicht Turpin zugeschrieben bleiben? Im Mittelalter wurde man weithin entweder (wie von der biblischen Zeit bis heute im Orient) am Todestag selbst begraben, so der historische Karl (Vita Karoli 31), oder nach einer Vigil am Folgetag. Damit der greise Visionär aber die höllischen Scharen in der Ferne verschwinden und von dort wieder auftauchen sehen konnte, musste sein Aufenthaltsort vom Todesort des Kaisers (in der Krønike also Paris) beträchtlich entfernt sein. In diesem Sinne sitzt ja im Pseudo-Turpin der noch an seinen Wunden laborierende Turpin in Vienne (Kap. 30 und Nachwort des Papstes Calixtus), und erst zwei Wochen nach seiner Vision bestätigt ihm ein Bote aus Aachen Karls Tod (Kap. 32). Der Visionär konnte also nicht zugleich als Bestatter fungieren (er tut es ja auch in Beta nicht, cf. sogleich). Wer war ersatzweise am würdigsten, der Vision teilhaftig zu werden? In I 24/A24 bzw. 26/A25/B26 wurden Ägidius und Turpin nahezu parallel eingeführt, und Ägidius hatte in I 36/AB33 schon einmal als Karls Beichtvater eine Vision zugunsten von Karls Seelenheil. An diese konnte der Krønike-Übersetzerund-Redaktor erinnern durch die Bemerkung, Ägidius sei Karls Beichtvater gewesen; dass Ägidius auch Einsiedler in Südfrankreich war, konnte man (laut Foote 1959, 34) schon bei oberÀächlicher Kenntnis seiner Lebensgeschichte wissen. b) Die Redaktion Beta: Da die Krønike oft kürzt, ist es von Interesse, die ‘Branche X’ auch in Beta zu prüfen.42 Dort stammen (laut Skårup 1980, 340–342) die ersten
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Die Texte dieser Stelle in der an. und der schwed. Fassung bei Kornhall (1959, 216), wo nur leider nicht zu erkennen ist, dass Beta (nicht aber a) den Erzbischof in der gesamten Szene durch Valtari ersetzt hat; die beiden maßgeblichen Handschriften der schwed. Fassung genauer in Karl Magnus, ed. Kornhall (1957, 94.8–11 und 95.8–10). Und zwar kann man entweder mit Skårup (1990, loc.cit.) vermuten, dass der Krønike-Autor zunächst Turpin in der Beerdigungsszene auftreten ließ und erst dadurch gezwungen wurde, ihn verwundet Roncevaux überleben zu lassen. Auslöser wäre dann eine gewisse poetische Pietät: Der höchste Geistliche, der dem Kaiser durch viele Jahre seines Lebens nahestand, ist auch der Würdigste, ihm das letzte Geleit zu geben. Doch scheint mir die Krønike sonst keine solchen poetisierenden Initiativen zu zeigen. Deshalb halte ich das Umgekehrte für etwas wahrscheinlicher: Man kann Turpins verwundetes Überleben in Roncevaux an den Anfang stellen; denn dieses Überlebens-Motiv ist doch wohl der Versuch eines Ausgleichs zwischen den beiden großen, seit vor 1150 konkurrierenden Erzähltraditionen vom kämpfend-sterbenden (also episch ergreifenden, aber kirchenrechtlich bedenklich handelnden) und vom überlebenden (weil nicht-kämpfenden, sondern mit dem Kirchenrecht konform handelnden) Erzbischof. Als Folge davon wird Turpin in der Krønike dann auch für die Beerdigungsszene verfügbar. Oder, wie Foote (1959, 29) pointierter sagt: «His escape at Ronceval is obviously the major feature which has occasioned the minor feature, his appearance at the funeral, and not the other way round, as Storm thought.» (Nämlich Storm 1874, 64s., 164, auch Steitz 1907, 24.) Zum Folgenden cf. außer den zitierten Arbeiten von Skårup auch Hieatt (1979 passim).
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fünf Kapitel43 (die noch nichts mit Karls Tod zu tun haben) über eine altnordische Zwischenstufe aus dem Speculum historiale des Vinzenz von Beauvais (beendet nach 1250), also schon aus chronologischen Gründen nicht aus der Vie. Das sechste Kapitel ist ein anderes in B als in b. In B geht es über einen oder mehrere altnordische Vermittler auf das Speculum historiale zurück (Skårup 1980, 341). In b ist es unvollständig und besteht aus dem Anfang einer Marienlegende unbekannter Herkunft (nach Skårup weder aus dem Speculum historiale noch aus der Legenda aurea; doch aus der Diözese Maastricht-Lüttich, in der auch Aachen lag44); das Ende dieser Legende ¿ndet sich vielleicht in der Maríu saga (als am Anfang fragmentarische Nr. 212, ed. Unger 1871, 1042–1045).45
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Genauer: jene fünf Kapitel, die in b (und bei Unger) die ersten sind; in B folgen sie zwar erst auf Ungers X 7–8 (und gehen Ungers X 6 voraus, mit dem in B die KMS schließt), werden aber durch eine Korrekturnotiz (die nicht eine ursprüngliche Reihenfolge zu bezeugen braucht, aber inhaltlich viel für sich hat) an dieselbe Stelle wie in b verwiesen. Und zwar ist über das Speculum historiale in X 1–3 hauptsächlich noch die sog. Descriptio (eine weitere, von vornherein lat. Darstellung von Karls Orientfahrt, mit folgender Reliquienverteilung) zum Zuge gekommen, dann in X 4–5 eine Erzählung um die Ermordung eines Bischof Salvius (in Beta fälschlich: Sallinus; -ui- ~ drei Hasten ~ -in- ) von Amiens auf Grund der Tatsache, dass Vinzenz (Speculum historiale, Buch 24, Kap. 23–24) die Auf¿ndung seiner Leiche in Karls Zeit eingeordnet und gegen Ende von Karls Leben erzählt hatte. In dieser Legende wird Aachen (mittellat. Aquisgrani, afrz. Ais-la-Chapele) immer (viermal) Tachin genannt, zu analysieren als t’Achin < te Achin ‘zu (=in) Aachen’. Hier ist te niederländisch oder niederdeutsch (damaliges mittel- und oberdt. wäre ze); Achin ist, wenn mit ein /x/ gemeint ist, mitteldt. oder oberdt., doch wenn /k/ gemeint ist, ebenfalls niederld. oder niederdt. (heute Aken). Nun liegt die Stadt noch heute unmittelbar südlich der sog. Benrather Linie (nördliches /k/ gegen südliches /x/), die man traditionell und sinnvollerweise als die niederdt.-mitteldt. Dialektscheide ansieht. Tachin ist also entweder mit /x/ hybride-kleinräumig oder mit /k/ niederld.-niederdeutsch. (Schon in X 4 der Ungerschen Zählung erscheint die Form Tachin, aber nur in der Mitteilung, die Stadt Aquisgranum werde ‘von manchen’ Achis oder Tachin genannt.) Ebenso interessant ist Servas für lat. und dt. Servatius, frz. Servais, niederld. in heutiger Orthographie Servaas und auch im damaligen maasländischen Dialekt Servás (so in der um 1170 entstandenen Servatiuslegende des Maasländers Heinrich von Veldeke oft im Reim, neben gelehrten Formen; cf. etwa ed. Frings/Schieb 1956, p. 304–307). Mast schließlich ist ohne jeden Zweifel Servatius’ früh zum wichtigen Wallfahrtsort gewordener Begräbnisort Maastricht (so niederld. und dt.; lat. Mosae Trajectum, afrz. Tré-sor-Muese); ein Schreiber hat das für ihn unlesbare Wortende (oder einfach ein Abkürzungszeichen) weggelassen. Doch enthält die Legende zwei Irrtümer: Erstens ist Servatius im 4. oder 5. Jh. gestorben, nicht dreißig Jahre vor dem Bau der Aachener Marienkirche. Dieser letztere Termin kann sich aber recte auf jene Servatius-Translation innerhalb Maastrichts bezogen haben, die seit dem 11. Jh. in die Zeit Karls des Großen, und zwar etwa ins Jahr 770, gesetzt wird (cf. den Bericht des Iocundus, ed. Köpke 1856, 93–97, auch Veldekes Servatiuslegende, edd. Bormans und van Es vv. 2.554–1007 bzw. ed. Frings/Schieb vv. 3807–4260). Ein Pilger also, der das Servatiusgrab aufsuchte und erfuhr, es sei dreißig Jahre älter als die Aachener Marienkirche, konnte das leicht fälschlich für Servatius’ Todesdatum halten. Zweitens beträgt die Entfernung von Maastricht nach Aachen nicht 3 Meilen, sondern reichlich 4 ‘deutsche’ Meilen ~ reichlich 7 französische Meilen ~ 20 römische Meilen ~ 32 km; im Wesentlichen kann also eine simple Verwechslung der Meilenart vorliegen. Es verblüfft, dass die Legende auf ihrem Weg in den Norden die drei regionalen Namensformen bewahrt, also anscheinend keine lat. oder afrz. Zwischenstufe durchlaufen hat. Ist sie von einem isländischen Wallfahrer mit nach Hause gebracht worden? Das dortige (med þeim) Serve (biskupi) ist dann (mit Serve für Servae) der Dativ von Servas (cf. vorige Anm.); der nordische Erzähler kennt also die lat. Namensform Servatius gar nicht, sondern hält Servas für lat. und dekliniert es nach dem Muster z.B. von Lucas.
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Besonders interessant sind in Beta schließlich die Kapitel X 7–8. StofÀich sind sie dem oben behandelten zweiten und dritten Abschnitt der Krønike sehr ähnlich (was diese im Grundstock, also abzüglich der oben besprochenen Änderungen, für die KMS, wenn auch nicht für die Vie, sichert). Doch inzwischen konnte der Beta-Redaktor beide Erzählungen in altnordischer Sprache und in ausführlicherer, wohl authentischer wirkender Form aus der Tveggja postola saga Jóns ok Jacobs46 entnehmen, die sie ihrerseits kurz vorher aus dem Speculum historiale (Buch 24, Kap. 25) übersetzt hatte (Skårup 1980, 341). Das Speculum wiederum hat die erste Erzählung (X 7) ohne Änderungen dem Pseudo-Turpin entnommen, so dass in Beta jetzt Turpin in Vienne, nicht Ägidius in seiner Eremitage, die Dämonenvision hat und die Dämonen sich explizit nach ‘Aachen in Lotharingien’ begeben; dieses Überleben Turpins war auch in Beta widerspruchsfrei, da Beta schon in VIII Turpin aus den Kampfbeschreibungen eliminiert und unter Berufung auf das Speculum seine Präsenz in Roncevaux in Abrede gestellt hatte. Andererseits kann jetzt, ganz wie im Speculum, der (laut X 7) hochbetagte Turpin nicht bei der Beerdigung in Aachen anwesend sein (X 8), diese wird von einer großen Gesellschaft von Trauergästen besorgt.47 Dabei tritt nun der nahezu einzige48 legendäre Zug stark hervor, der sich überhaupt mit Karls Tod verbunden hat: Man beerdigt den Kaiser nicht liegend, sondern sitzend – in einem genügend tiefen Grab auf einem vergoldeten Thron, in seinen Herrscherkleidern und mit einer goldenen Krone auf dem Kopf. Beim Vergleich dieser Fassung mit der oben vorgeführten knappen Ausdrucksweise der Krønike zeigt sich übrigens eindeutig, dass auch die Krønike an die Sitzbestattung dachte.49 46 47
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Postola sögur, ed. Unger (1874, 678–680). Der Papst ist zwar anwesend, aber Subjekt der Entscheidungen und Handlungen ist ein pluralisches ‘sie’. Der andere Zug, spontanes Läuten der Glocken weit und breit bei Karls Tod, ¿ndet sich im Ms. D des Couronnement de Louis (vv. 273s.) und in der Mort Charlemagne (Contini 1964, 107 n. 1). Die (mit dem archäologischen Gesamtbefund in der Aachener Marienkirche anscheinend kaum vereinbare) Behauptung, Karl sei sitzend begraben, ¿ndet sich zuerst – immer mit ausdrücklicher Nennung von Aachen – zwischen 1010 und 1050 in Südwestfrankreich bei Ademar von Chabannes (II 25 ad a. 814), in Norditalien bei dem Chroniker der Novalese (III 32) und nach nicht unbestrittenem Textverständnis in Sachsen bei Thietmar von Merseburg (Chron. IV 47); dazu kommt noch die verdächtig detailfreudige Schilderung im (in der Datierung stark umstrittenen, aber spätestens kurz nach 1165 entstandenen) Ademar-C ad a. 1000. Man kann diese Legende nicht trennen von der Tatsache, dass im Jahre 1000 der junge Otto III. Karls Grab hatte aufbrechen und wieder schließen lassen, nach der Chronik der Novalese und Thietmar heimlich in Anwesenheit ganz weniger Begleiter (er verletzte damit ja das Gebot der Totenruhe), nach dem Ademar-C in aller Öffentlichkeit. Im Ademar-C ¿nden wir auch schon den goldenen Thron, die goldene Krone und das Schwert. Ausführlich zu diesem ganzen Problemkomplex Beumann (1965–1967 passim). In der altfranzösischen Epik ¿ndet sich die Legende von der Sitzbestattung Karls im Ms. D (vv. 279–282) des Couronnement de Louis, in den Mss. AB und D (vv. 422–423) der Enfances Vivien, in den Narbonnais (vv. 5326–5332, 5535–5547), cf. Tyssens (1967, 96s.), ferner am Ende (vv. 11600–11603) des Ansëis de Cartage, cf. Subrenat (1978, 210s.), und in der franko-ital. Mort Charlemagne, cf. Contini (1964, 125s.) – wieder überall mit Lokalisierung in Aachen, in den Enfances Vivien und in den Narbonnais sogar mit dem Zusatz, das sei im Aachener Land noch gut bekannt; übergegangen ist die Legende auch in die Grandes Chroniques de France (um 1250), cf. Subrenat (art.cit. 212 n. 22), und eben in Vinzenz’ Speculum historiale (Buch 24, Kap. 25).
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Zusammenfassend bin ich zur Branche X also der Meinung, dass in der Krønike der zweite Abschnitt erst aus der KMS, die beiden anderen möglicherweise letztlich schon aus der Vie stammen, alle drei aber mit bedeutenden Änderungen noch innerhalb der Krønike, und dass Beta den zweiten und dritten der genannten Abschnitte in rekorrigierter Form (nämlich aus besserer Quelle), sonst aber nur Eigengut enthält.
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VI. Epilog
Abstract: Am besten versteht man den Impuls, der der Vie zugrunde liegt, als eine bewusst veränderte – nämlich säkularisierte und volkssprachliche, überwiegend auf Epenstoffen aufgebaute, also quasi schon zyklisierende, gerade deshalb aber sorgfältig harmonisierend-linearisierende – Wiederholung des Impulses, der einst zur KarlsVita von kurz nach 1166 geführt hatte. Im Rückblick ist auffällig, dass Karl nirgends in der Vie heilig genannt wird. Der Autor lässt zwar in I 12/B10 Gott für Karl ein Wunder tun, die Vergrößerung der Aachener Marienkirche; er wirkt aber andererseits der Vorstellung einer Heiligkeit Karls entgegen durch die Nennung des Inzestes (wenn auch mit folgender Absolution, I 36/AB33), wird also auch in seinen Schlusspassagen nicht für sie plädiert haben. Dennoch ist seine Vie insgesamt ein Monument für Karl und die Männer um ihn. Dieses Erzählziel, Ruhm diesseits der Heiligkeit, ist erklärlich. Zwar war Karl Ende 1165 auf Betreiben Barbarossas und mit Zustimmung des von ihm anerkannten Gegenpapstes Paschalis III., im Wesentlichen aus politischen Motiven (Folz 1950, 203–208), in Aachen vom zuständigen Kölner Metropoliten Rainald von Dassel und vom zuständigen Bischof Alexander von Lüttich heilig gesprochen worden. Doch im Gegenzug dazu behielt der rechtmäßige Papst Alexander III. erstmalig 1170 das gesamte Recht der Kanonisation grundsätzlich dem Papst vor (was auf dem Dritten Laterankonzil von 1179 bestätigt wurde und bis heute gültig blieb), und auch nachdem Barbarossa 1177 seinen Gegenpapst fallen gelassen und mit Alexander Frieden geschlossen hatte, erkannte das Papsttum die Heiligsprechung Karls nie an. Es duldete zwar einen lokalen Kult des beatus (nicht: sanctus) Karolus seit spätestens 1226 in Aachen faktisch (damals nämlich durch die Anwesenheit des päpstlichen Legaten; die Unterscheidung von beatus und sanctus begann um diese Zeit), später an nicht wenigen anderen Orten nördlich der Alpen wenigstens stillschweigend (Folz 1951, 3 und passim, Zender 1965–1967 passim). Doch aus dem ganzen heutigen Belgien sind für das Spätmittelalter Spuren eines solchen Kultes (anders als aus Aachen und Maastricht) nicht gesichert. Die kurz nach 1165 entstandene, jedenfalls vor 1177 beendete Vita [Sancti] Karoli Magni, die die Kanonisation abstützen sollte und sie im Einleitungs- und im Schlusskapitel in unklugem Fürstenpreis als von Barbarossa angeregt beschreibt, wurde zwar hier und da bis in den Pariser Raum und bis ins 15. Jh. abgeschrieben; doch vermeiden z.B. gleich im Titel des Werkes gerade die beiden ältesten Handschriften (um 1200, also als die irreguläre Kanonisation noch ein Politikum war) die Bezeichnung sanctus (Rauschen 1890, 5–13, 15, 16). Und obgleich der Autor sowohl aus dem Pseu221
do-Turpin wie aus der Descriptio ganze Kapitel wörtlich übernahm, blieb sein Werk medioker. Man versteht warum: Episches durfte er nicht in den Vordergrund stellen, an Genuin-Hagiographischem hatte er über seine Entlehnungen aus beiden Werken hinaus wenig zu bieten. Zwischen 1200 und 1238 wird sich ein Bischof von Lüttich nicht gern zur Rolle seines Vorgängers im Jahre 1165 und zu der Vita geäußert haben, aber vergessen haben kann er aus dem Abstand von höchstens etwa siebzig Jahren weder das eine noch das andere. Genau deshalb ist die bisher nie gestellte Frage sinnvoll, ja notwendig, wie eigentlich das jüngere Werk zu dem älteren steht. Denn was einem Bischof aus diesem Abstand leicht aufgehen musste: So verfehlt es war, Karl aus politischen Gründen zum sanctus und damit zum Gegenstand anfechtbarer Hagiographie machen zu wollen, so legitim musste es sein, ihn und sein Wirken als Kaiser zu preisen. Ein Anstoß dazu kann z.B. im Jahre 1215 die Fertigstellung des neuen Prachtschreins für Karls Gebeine gewesen sein, ein anderer die Tatsache, dass 1226 der päpstliche Legat der Verehrung eines beatus Karolus in Aachen nicht widersprach. Und wenn man wie die Lütticher Bischöfe Hugues de Pierrepont und Jean d’Eppes von Karls Familie oder doch von den Männern um Karl abzustammen glaubte – war es da nicht sogar eine familiäre PÀicht, deren Nachleben zu perpetuieren? Und waren innerhalb dieses Adels zu einer wirksamen Perpetuierung nicht gerade die berufen, die sich mehr der clergie als der chevalerie verschrieben hatten? Aber, um wirksam zu sein, sollten sie da nicht, statt nur zur clergie selbst, vielmehr zu chevaliers und Nicht-chevaliers in deren Sprache reden, zu den letzteren auch, damit diese begriffen, welch edlen Geschlechtern sie dienten? Gewiss, man hörte in dieser Sprache zu Karls Preis schon allenthalben singen und sagen, vor adligem Publikum nicht minder als auf Jahrmärkten, und die Zuhörer waren fasziniert. Doch während ein Hagiograph innerhalb einer Vita das ganze Leben des Heiligen zusammenfasste und ihm dadurch – meist nicht durch Verse, sondern durch den Inhalt seiner Prosa – Nachleben sicherte, verstreute und verzettelte sich das epische Lob des Kaisers ins Unkontrollierbare: Hier sang einer vor einem Heer von Roncevaux, da ein anderer auf einer Adelshochzeit von der Orientfahrt, dort ein dritter auf dem Markt vom Sachsenkrieg. Selbst wenn man an volkssprachliche Handschriften dieser Gesänge herankam, auch da schien die Materie zu Àuktuieren. Es war nicht einmal klar, in welcher Reihenfolge alle diese Großtaten in Karls Leben hineinpassten. Sollte man nicht all das, was da faszinierte, sammeln, vor allem zeitlich ordnen, Widersprüchliches zurechtbiegen, Kontraproduktives aussondern, das Brauchbare optimal verbinden, zu einer Vita (oder vielmehr ‘Vie’) sui generis? Aus heutiger Sicht entsprach der Gedanke durchaus dem Geiste der Zeit; denn er erbrachte ja quasi schon eine «Zyklisierung», wenn auch eine noch recht gedrängte, weniger großartig als später die vollständige KMS (insbesondere, wenn man diese in ihrer auf Zyklizität hin noch weiter geglätteten Fassung Beta liest).1 Und doch hatte der Gedanke in dieser speziellen Form vor der Geschichte nur wenig Erfolg. Denn der 1
Die etwa mit der Wende vom 12. zum 13. Jh. einsetzende und sich dann durch mehr als zwei Jahrhunderte steigernde Zyklenbildung ist in der Mediävistik prinzipiell ein altbekanntes Phänomen, hat aber vor allem seit etwa 1990 ein methodisch vertieftes Intersse gefunden; vgl. dazu Kramarz-Bein (2004 passim, speziell n. 29), zur KMS Skårup (1994 passim).
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Autor der Vie vergaß zu erklären, woher er sein Wissen hatte. Zynischer gesagt: Er vergaß, sich z.B. als Historiograph in der unmittelbaren Umgebung Karls auszugeben. So wurde die Vie, obwohl in der Volkssprache und damit für ein breites Publikum geschrieben, auf die Dauer erdrückt vor allem vom Pseudo-Turpin und seinen altfranzösischen Übersetzungen (samt deren Integration in Chroniken wie die Mouskets oder die Grandes Chroniques de France). Großenteils rekonstruierbar für uns ist sie geblieben, weil sie wahrscheinlich dank der engen belgisch-englischen Beziehungen bis ins Anglonormannische gelangte, jene frankophone Peripherie in England, die uns auch Gormont et Isembart, den Oxforder Roland, die Karlsreise, das Wilhelmslied und anderes erhalten hat, und weil eine dort gefertigte Abschrift an den altnordischen Übersetzer gelangte, also an jene europäische Peripherie in Skandinavien, die uns, neben vielem anderen,2 in der KMS VIII auch eine weitere frühe Rolandslied-Fassung bewahrt hat. Ein Lob den beiden Peripherien!
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Man vergleiche die beeindruckenden Aufzählungen bei Skårup (1993 und 1998 passim); dazu als immer noch lesenswerte Hintergrundlektüre Leach (1921 [1975], speziell 49–56, 67–71, 73–113, 235–261, 382s.); Helle (1968 passim).
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Bibliographie
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Abkürzungen und Zeichen
a. a. a. O. ad a. ad loc. Adj. afrz. ahd. Akk. an. anglonorm. arab. art. cit. bzw. cf. 2 Chr col. d.h. DA dän. Dat. DHGE dt. ed. ed. cit. EJ Enc. It. engl. et al. etc. färö. Fem., f. FEW fKMS I fol. fR frz. Gen. germ. griech. hebr. Hl. HRG ibd. ital. Iudices
im Jahre am angegebenen Ort zum Jahre (in Chroniken u.ä.) zu der betreffenden Textstelle (in Kommentaren u.ä.) Adjektiv altfranzösisch althochdeutsch Akkusativ altnordisch anglonormannisch arabisch im soeben zitierten Artikel beziehungsweise vergleiche, siehe Zweites Buch der Chroniken Spalte das heißt cf. die Bibliographie dänisch Dativ cf. die Bibliographie deutsch Ausgabe, herausgegeben von in der soeben zitierten Ausgabe cf. die Bibliographie Enciclopedia Italiana englisch und andere (Mitautoren oder -herausgeber) und so weiter färöisch Femininum cf. die Bibliographie die verlorene afrz. Vorlage der KMS I Blatt die Versüberlieferung des afrz. Renaut de Montauban französisch Genitiv germanisch griechisch hebräisch Heilige(r) cf. die Bibliographie ebendort italienisch Buch der Richter
245
Jh. Joh Kap. KMS KMS I, II...X 2 Kön l. lat. LdM lib. Lit. loc.cit. LRL Luk m. E. Mask., m. Matth mhd. mnd. mnl. Ms(s). n. Ndr. nhd. niederld. nR Nr. o.ä. op.cit. p. par PG, PL Pl. PLAeC Präp. RdK, RgA², Rol. rom. s., ss. s.v. 1 Sam schwed. scil. Sg. span. Str. TRE u.a. u.ä. u.ö. Übs., übs. usw. v(v). v. Chr. vol. vv.cit. z.B. z. J.
246
Jahrhundert Evangelium nach Johannes Kapitel Karlamagnús saga Branche I, II...X der KMS Zweites Buch der Könige Zeile lateinisch cf. die Bibliographie Buch (Sekundär-)Literatur am soeben angegebenen Ort cf. die Bibliographie Evangelium nach Lukas meines Erachtens Maskulinum Evangelium nach Matthäus mittelhochdeutsch mittelniederdeutsch mittelniederländisch Manuskript(e) Anmerkung (vor Zahl); Neutrum Nachdruck neuhochdeutsch niederländisch die Überlieferung des niederld. Renout (mit Derivaten) Nummer(n) oder ähnlich im soeben zitierten Werk Seite(n) mit Parallelstellen in den anderen Evangelien cf. die Bibliographie s.v. Migne Plural cf. die Bibliographie Präposition cf. die Bibliographie romanisch und ein bzw. mehrere folgende unter dem Stichwort Erstes Buch Samuel schwedisch nämlich Singular spanisch Strophe cf. die Bibliographie und andere und ähnlich und öfter Übersetzung, übersetzt und so weiter Vers(e) vor Christi Geburt Band, Bände in den soeben zitierten Versen zum Beispiel zum Jahre (in Chroniken u.ä.)
* ~ < >
erschlossene Form entsprechend; (paläographisch) ähnlich entstanden aus geworden zu
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Indizes
Nach der Seitenzahl steht ein n, wenn der Begriff nur in den Fußnoten erscheint. I und j, u und v sind nach heutiger Weise unterschieden.
Index I: Namen aus der KMS I bzw. (in Teil V) aus der dänischen Krønike Alphabetisiert wird grundsätzlich nach der im Kommentar fettgedruckten (in der Regel an. oder altdän.) Form, auch wenn sie Kopistenfehler enthält; Varianten konnten nur bei starken Abweichungen berücksichtigt werden. Die Seitenangaben erfassen jedoch (insbesondere außerhalb des fortlaufenden Kommentars) auch Stellen, an denen der Name in heutiger Form erscheint. Mit Erklärung versehen sind im allgemeinen nur Ortsnamen, wobei in Zweifelsfällen meist nur die wahrscheinlichste Deutung genannt wird; die oft beträchtlichen Diskrepanzen zwischen belegten und heutigen Formen sollten nie nach dem Index, sondern immer nur nach den ausführlichen Erklärungen im Buchtext beurteilt werden. Aachen cf. Eirs Aarieborgar cf. Paris Abraham 158 Adaliz 15, 43, 69, 81 Adalrad 37, 188 Adein (Oliviers Schwester) 55, 157 Adeini (Akk.), Oden (Naimes’Schwester) 15, 40s., 55, 70, 170 Aein (Akk., ‘Aja’) 30, 140 AÀens (‘von Lens’) 55, 150 Akard af Mesines 55, 136 Akurs borg (Arques) 93 Alemavi, Ale-, Al(i)-mannia (Alemannien, Deutschland) 54, 60s., 71, 83 Almaciam (Akk., Schwert) 161 Amarus 205 Ammiensborg, Anuens (Amiens) 138 Andror (Dreux oder Vendôme) 59, 91 Angeo, Angiam (Anjou, Angers) 53, 79, 122, 148 Angers (Sitz Milos, Angliers) 59, 143 Annzeals af Hoen borg 15, 75 Annzeis, Ansers (Auxerre) 107, 149 Anselin 136 Anuens cf. Ammiensborg
Ardena (Ardennen) 2, 7, 20, 43, 54, 69 Ardena menn 62, 167 Ardens borg (Inden) 14, 18s., 55, 110 Arned af Bollandi 137 Arnulfus af Blantea 53, 101 Arraz borg (Arras) 3, 48n, 95, 116 Arsis (Arles) 200 Aspremunt (Apremont-la-Forêt) 58, 148 Auferna cf. Averna Auherri af Borgunia 62, 146 Aumeri af Berin 146 Aurnolf (Sohn des Ballduini Serens) 95, 145 Aurnolf af Defa 150 Averna (Auvergne) 54s., 153 Baldewin (Sohn Ganelons) cf. Bollewin Ballduini (Sohn des Ballduini Serens) 95, 145 Ballduini (Geistlicher) 134 Ballduini (Verwandter des Tebun) 91 Ballduini af Blesborg 148 Ballduini af Vino 101 Ballduini Serens (Ferreus,vonFlandern) 48n, 54, 95, 116, 172 Bartholomeus af Kasena 53, 98
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Basilius (Bote) 54, 185 Basin (Dieb) 2, 7s., 15, 71–73, 84, 89, 108, 129 Basin (Bote) 73, 185 Bealfer (Bayern) 15, 59, 76, 147, 167 Bealfes (Beauvais) 79, 93 Beatrix 40, 53, 70 Bedvers (Pithiviers) 59, 91 Beirarþ af Pedvers 137 Beis borg, Blesborg (Blois) 59, 90, 148 Belesem 42, 66, 69, 133 Beluin cf. Ballduini Serens Benzalin [af] Puntis 148 Berard 81 Berfer (Berruyer) 55, 157 Berin (Berry) 146 Bering(r) 55, 136 Bernard af Gunels bœ 91 Bernard af Pursals 148 Bernarþ af Averna 153 Berta 10s., 20, 39, 53n, 69 Bertram af Burdelia 146 Bertram af Henaug 117 Bialfer cf. Bealfes Bitburg cf. Peituborg Bjarnard af Markun 87 Blantea (Blankenheim) 53, 101 Blasius, Hl. 54, 163 Blesborg cf. Beisborg Bo¿ inn skegglausi 53, 59, 65, 106, 135, 170, 215n Bollandi (Dat., Bellanda, Nizza) 55, 137 Bollewin, Baldewin (Sohn Ganelons) 66, 204 Bonifatiusborg (Benevent) 54s., 85 Borgunia cf. Burgonis Bretland, Brett-, Britt-an(n)ia, Brettollia (Bretagne) 48n, 53, 61, 78s., 89 Brittollis, Brittolia (Breteuil) 8, 53, 59, 78, 93 Brocklafer (Pferd) 61, 192 Brusalz, Brusela (Brüssel) 98, 150 Buluina (Boulogne) 3, 58n, 117 Burdelia (Bordeaux) 146 Burgonis (Dat.), Borgunia (Bourgogne) 55, 58n, 62, 87, 146 Burguniar menn (Burgunder) 167 Chims cf. Thuns Clerimunt, Idremunt(Clermont-Ferrand) 58, 88, 153 Danmork (Dänemark) 42, 67, 77, 189, 205 Dara (Düren) 101 Dartiburt 208 Defa, Dre¿a (Kleve) 97, 150 Deremunt cf. Klerimunt Difa cf. Dre¿a (aus den Ardennen)
250
Dre¿(a) af Petturs borg 12, 15, 59, 61, 63, 87, 121 Dre¿a (aus den Ardennen) 8, 15, 59, 61, 63, 69, 160 Dre¿a cf. Defa Dukames hja Paris (Herzogtum Paris) 55, 58n, 79 Dullo (Doullens) 58n, 94 Dyrbo (Durbuy) 100 Dyrumdali (Schwert) 67s., 161, 163 Efrad, EfrĊd (Vater und Sohn) 3, 37, 188 Egidius cf. Gilia Eim af Galiz(a) 2, 7, 25–28, 40, 118, 132 Eimund af Burdelia 58, 146 Eirs, Eiss, Eirs borg, E(g)ri(i)nsborg(h), Achis, Tachin, Aquisgranum (Aachen) 3, 11– 15, 19s., 27, 39n, 40s., 45, 62s., 65–67, 74, 110–115, 119, 124–126, 128, 212, 217n, 218n, 221–223 Eisa (Oise) 55, 59, 139 Ermengerdi 141 Engeler af Vaskunia, Gastun 105, 136 England 144n, 158 Erber 190 ErMasteis cf. Mustela Erpes af Eysu 100 Estant 146 Estvendil 88 Eysu (Dat., Esch an der Sauer) 100 Faber 158 Faumana (Famenne) 131 Fjalli (Dat., La Roche-en-Ardenne) 100 Fjora jarldoma (Vier Ambachten) 42, 133 Flæmingja land (Grafschaft Flandern) 95, 116–118, 172 Flecken (wohl Valenciennes) 60, 63, 99 Folkvini af Testanbrand 96 Folkvin af Kretest 100 Folkvini af Spolia 150 Folkvard af Pirapont 27, 78 Foma (Fagne) 131 Frak(k)land, Franz (Frankreich) 39, 49n, 59, 61, 63, 65, 68, 211 Fremund (Kaplan) 117 Fremund gamli af Rauda fjalli 105 Frera (Akk.), Freri 4, 15, 45–48, 55, 109 Fridmund af Lens 58, 150 Frisland (Friesland) 12, 42, 77 Fromund 150 Fulbert af Langber 58n, 102 Ful(r) 55, 57, 58n, 60, 66, 164, 181 Gabriel (Erzengel) 178 Gajadum (wohl Varades) 56n, 116 Galant smidr af Englandi 56, 158
Galiz(a) (wohl das nordwest-span. Galizien) 26s., 28n, 55, 56n, 59, 65, 118, 132 Gastun, Vaskunia (Gaskogne) 55s., 58n, 62, 105, 136 Gealwer (identisch mit Karaheu?) 65, 203 Geddon af Brettolia 56n, 58, 89 Geirardr gamli af Rosalia 105 Geirard af Dre¿a 97 Geirard af Homedia 84, 96, 116 Geirardr svanr 43, 170 Geirard (Herzog von Vienne) 150, 153 Geirarþ (Bruder des Teor¿) 149 Gelin 136 Geluviz 38, 188 Geofrey af Orliens 137 Gerer 136 Gerpes af Gimunar fjalli 149 Gerund (Gironde) 58, 60, 178 Gilein, Gilem (Akk.) 3, 15, 37, 69, 143, 188 Gilia, Egidius (Hl. Ägidius) 54, 129, 143n, 214–216 Gillibert af Kasena 98 Gimen (Genf) 62, 86 Gimunar fjalli (Dat., Montgenèvre) 149 Gines (Guines) 3, 56n, 117 Giovise (Schwert) 57, 62s., 177 (keisarin) girzki (Nom.), Grickia kong (Akk., der byzantinische Kaiser) 3, 67, 171 Gregorius, Hl. 54, 172 Grickia kong cf. (keisarin) girzki Grimalldus 209–211 Guazer af Terus cf. Valter af Terins Gudifrey af Brusela 58n, 59, 150 Guenelun, Guinelun cf. Venelun Gundeblif 58, 62, 151 Gunels bœ (wohl Château-Gontier) 58, 91 Haimon, Hamon cf. Eim Hatun, Otun (Bruder Turpins) 55, 58, 83, 133, 136 Hatun, Otun (aus Almannia) 15, 58, 71, 82 Heimir 55, 89 Helldri 15, 20ss., 74 Henaug (Hennegau) 117 Herburt sterka (Akk.) af Burgonis 87 Her¿ af Kolni 15, 45, 46n, 55, 97, 109 Hermar af Los 98 Hoel af Naanaz, Hontes 89, 136 Hoen borg (wohl Hombourg bei Forbach) 8, 57, 75 Holand (Grafschaft Holland) 96 Hollovin af Juilla 97 Homedia cf. Numaia Hontes cf. Naanaz Hugi (Diener der Königin Berta) 81
Hugi (Neffe von Bjarnard) 88 Hugi af Langbarda landi 85 Hugi af Moren 85 Hugi af Pontis 148 Hugi (Herzog von Paris) 79, 93 Hugi af Ternis 146 Hugi af Venzu (Vater und Sohn) 148 Idremunt cf. Clerimunt Ifori 53s., 106, 136 Inden cf. Ardens borg Ingelrafn af Roden borg 57, 77 Intreitt, Nasten (Maastricht) 12, 109 Iref cf. Trevisborg Irikun (Hirson) 8, 27, 58, 78, 93, 139 Isinbard af Iref 75 Ispania cf. Spania Ivi (Kumpan des Ifori) 53, 58, 106, 136 Ivi (Sohn des Geddon) 89 Ivin (‘Jude’) 55s., 63, 157 Jacobus, Apostel 214 Jadunet 15, 58, 82, 84 Joceram af Utrefs 148 Jofrey (Dänenkönig) 59, 189 Jofrey af Angels, af Suz 59, 89, 116, 122 Jofrey af Thuns 59, 100 Jorsala (Gen., Jerusalem) 66s., 170 Jozelin af Puencia 147 Juilla (Jülich) 97 Justam 204 Kaliber 63, cf. auch Laramel Kampaneis (von der Champagne) 58n, 59, 136 Karl (König) 7, 69, 95, 151, 188 Karl af Kolne 45, 147 Karlamagnus 53, 58n, 68 Karlot 65, 204, 213 Kartaginem (Akk., wohl Frankreich) 54, 57, 80 Kasena (Kessel oder Kessenich a.d. Maas) 98 KastalĊin (Pferd) 58n, 192 Kastalandum (Château-Landon) 58, 92, 136 Klerimunt (Clermont, wohl -en-Argonne) 103, 147 Kolni (Köln) 3s., 45, 65, 97, 147 Konstantinus af Dullo 53, 94 Korbuillo cf. Kornelia Korda, Kords (Córdoba) 184 Korlin (Corbeil x Orléans) 149 Kornelia, Korbuillo (Corbeil) 53s., 137 Kretest (Rethel) 100 Kumparins (Compiègne) 58, 67, 173 Kurt (Schwert) 58n, 61s., 64n, 65, 160 Lambert af Munfort
103
251
Lambert Berfer, af Berin 146, 157 Landres af Annzeis 107 Langber (Limbourg) 102 Laramel, Kaliber (‘Riviers’oder Kalabrien) 157 LĊngbarda (Langbarda) land (Lombardei) 58, 76, 85 Ligger 144 Lingeraf (Besitz des Ingelrafn) 55, 57, 133 Lens (Lens) 99 Leons, Luon (Laon) 58, 79, 138 Libia (Libyen) 203 Lodarius 213 Lódfer af Los 150 L͕dver af Vterkr 96 L͗dver (Ludwig, König Karls Sohn) 42, 65s., 170 Lofagio (Louvain) 54, 58n, 98 Los (Borgloon) 98, 150 Lotharingia (Lotharingien) 212 Lungbaurdum (Dat., Lombarden) 58, 167 Luon cf. Leons Madul 209 Magnus 53, 73 Makarias, Macharias, Matharium (Akk.) 53, 111 Makin af Ansers 149 Malakins af Ivin 157 Mana cf. Viana Manases, Manaser af Deremunt 54, 147 Manases jarli (Dat.) 139 Mansel (Le Mans oder Le Maine) 55, 91 Maria, Hl. 54, 113 Maria Magdalena, Hl. 54, 163 Marki (wohl Grafschaft Marche) 137 Markis (marquis) 58n, 99 Markun (Mâcon) 58, 87 Marsilius 54, 66, 185 Marter af Bonifatius borg 85 Maskobret(h) 205 Matharium cf. Makarias Maurum (Akk.) af Mundio, Gimen ok Toteam 53, 86 Means (Meaux oder Mantes) 107 Megenz (Mainz) 45, 128 Meniam (Maine) 53, 79 Merkurius, Hl. 54, 174–177 Mesines (Messina oder Mesen) 136 Miklagard (Konstantinopel) 66s., 171 Miliens cf. Orliens Milon (Papst) 54,58, 83 Miloni (Dat.) af Angers 37, 143 Milon af Pul 86 Miran 171 Misera (wohl Charleville-Mézières) 102 Mongardig, -borg (Monjardín) 58, 61s., 181 Moren (Maurienne) 59, 67, 85
252
Moysa, Muso (Dat., Maas) 15, 27, 40, 57, 118, 131 Mundjo (Großer Sankt-Bernhard) 58, 86 Munfort (eines der Montfort) 58, 103 Mungeoy («Munjoie!») 58, 60, 177 Münstereifel cf. Mysturs borg Muntasaragia (Monferrato? Moutiers-enTarentaise?) 53, 58, 141 Muso cf. Moysa Mustela, ErMasteis (Mosel) 13, 110 Mutersborg, Mystr (Münster) 12, 58n, 109, 166 Mysturs borg (Münstereifel) 12s., 19, 109 Naanaz, Hontes (Nantes) 89 NaÀun, Namlun 40s., 58, 61–63, 73, 131, 204n Namrus (Namur) 3, 29, 40s., 131 Nasten cf. Intreitt Nido cf. Irikun Nobilis, -borg (Dax) 54, 65, 164, 178 Nordmandi (Normandie) 54, 59, 79, 93 Numaia, Homedia (Nijmegen) 15, 43, 54, 96 Oden cf. Adeini Odgeir 64–66, 189, 205s. Odun af Marki 58, 137 Olifer 41, 63, 65–67, 155–157, 168, 181 Orlanæis (Orléanais) 77 Orliens, Miliens (Orléans) 8, 44, 67, 91, 137, 140 Ornolfr af Los 150 Otram af Pursals 148 Otun cf. Hatun (zwei) Otun af Kampaneis 58, 136 Otun kong af Spolia 58, 140, 150 Palsborg (St.-Pol) 3, 117 Paris, Aarieborgar (Gen., Paris) 39, 65–67, 79, 140, 212s. Pedvers (Pithiviers, wohl statt Montdidier) 137 Peitenam (Akk., unklar) 54, 152 Peituborg, Pettisborg (Bitburg) 8ss., 13, 19s., 81 Perun, Seruni (Péronne) 3, 58s., 117, 150 Petrus, Hl. 54, 141, 163 Petrs kirkiu (Gen., Alt-Sankt-Peter in Rom) 141 Petta (Poitou, Poitiers) 78 Petturs borg (Poitiers) 12, 87 Petur af Seruni 150 Peuin 85 Philippus af Misera 53, 102 Pipin (König) 7, 39, 49n, 69 Pippin af Kolne 45, 147 Pirapont, Pirafunt (Pierrepont, Aisne) 2, 8, 25–35, 56, 58, 78, 93, 138
Pizara monnum (Dat. Pl., Pisaner?) 167 Poer (Pikarde) 55, 59, 94 Provinnzia, Puencia (Provence) 53, 104, 129, 200 Prumens borg (Prüm) 11, 17–19, 83 Puencia cf. Provinnzia Pul (Apulien) 12, 59, 86 Puleis borg (‘Pfalz’ in Köln) 12, 55, 108 Puntis (Ponthieu) 56, 58, 148 Pursals (unklar) 148 Rannzeon 58, 84 Rasel (Kasslerfeld oder Ober- und Niederkassel) 97 Rauda fjalli (Dat., eines der Rougemont) 105 Reimballd, Reinalld friski 2, 7, 25–28, 40, 42, 66, 96, 132 Reinalld (Rainoart, Wilhelms Schwager) 207 Reinalld af Laramel (Oliviers Vater) 157 Reinar af Paris 146 Reinar af Venzu 148 Reinind, Reimund af Tolosa 104 Reinir (Kumpan des Isinbard) 76 Reinir af Fjalli 100 Reinir af Brusalz af Lofagio 98 Reins (Reims) 3, 44s., 133 Reinssand (vermutlich Erzbistum Reims) 141 Renfræi 8, 15, 20, 59, 74 Rensalm af Rasel 97 Rezer cf. Rozer af Irikum RikardafNormandi(SohndesFolgenden) 58n, 148 Rikardr gamli af Nordmandis ok jarll af Akurs borg Saer hertogi af Roniema 58n, 93 Rikard af Prouinnzia 104 Rikard, Sekretär Karls 44, 94 Rin (Rhein) 40, 65, 166 Rodbert af Angeo 148 Rodbert (Bruder des Dre¿a aus den Ardennen) 70, 110, 138 Rodbert af Klerimunt 103 Rodbert af Perun 117 Roden borg (Aardenburg) 8, 42, 77, 96 Rollant 41, 65–68, 143–145, 152–154, 156, 162, 168, 187–189, 206 Rom, -aborg (Rom) 80, 203 Romveria, romversk (Römer) 83 Roniema (Rouen) 3, 45, 53, 62, 93 Roser cf. Rozer af Orlanæis Rosilia (das epische Roussillon) 53, 63, 105 Rozalin af Bialfer 93 Rozer af Andror 91 Rozer af Dre¿a 97 Rozer, Rezer af Irikun, Nido 15, 78 Rozer, Roser af Orlanæis, Orliens 15, 77, 91 Rozer erkibiskup 82, 84, 130
Saer 55, 93 Salim borg (Saarbrücken oder Salm) 8, 76 Sambr (Sambre) 59, 131 Samson 58, 65, 136 Saraguz (Saragossa) 58n, 60, 185 Saxland (Stammessachsen, vielleicht auch: Deutschland) 44, 108, 164, 166 Sævini af Dara 62, 101 Segbert af Salim borg 76 Segun 150 Seruni cf. Perun Serus, Sarus 205 SĊveni 170 Spania, Ispania (Spanien) 54, 65–67, 164 Spolia (Spoleto) 54, 140, 150 Suz (wohl Tours) 58n, 89 Sybilia 66n, 204 Tabar (Cambrai) 99 Talmer af Tabar 99 Tanir 55, 77 Tankemar af Venso borg 76 Tebun af Mansel 58, 91 Tengardus (Pferd) 57, 191 Teor¿, Teorfa(m) 54, 61s., 149, 192 Terins, Terus (die Thermen von Paris) 92 Testanbrand (der Teisterbant) 96 Thedballdr af Aspremunt 148 Theoballdur, Theobaldus (Vetter des Geddon) 53, 89 Todbertr af Puntis 148 Tolosa (Toulouse) 58n, 104 Toteam (Akk., wohl Lausanne) 54, 61, 86 Thuns, Chims (Chiny) 100 Trekt (Maastricht) 98 Trevis borg, Iref (Trier) 2s., 8, 15ss., 40s., 45, 53, 59, 75, 110, 130, 172 Trimonieborg (Dortmund) 58n, 66, 169 Tungr (Tongern) 2, 8, 20, 58s., 74 Turpin 44, 67, 133, 192s., 214–216, 218s. Tyrker (die Türken) 171 Uterkr, Utrefs (Utrecht)
96, 148
Vadiun af Beduers 56, 91 Vaker af Kornelia 137 Valam af Alemavi 56, 71 Valam af Brittolis 15, 56, 78 Val(l)and (Frankreich) 39, 56n, 61, 83 Valerner (die Romanen, Franzosen) 40, 56n, 61, 63, 153 Vallter af Ternis (Sohn des Folgenden) 56, 146 Valter, Guazer af Terins, Terus 55s., 92, 136, 146, 193 Valtir biskup af Intreitt 56, 109 Valtir af Beis borg 56, 90
253
Varin af Poer 56, 94 Varner af Pirapunt 27, 30, 55s., 116 Varnes (Gen.) af Muntasaragia 55s., 141 Varun af Means 56, 58, 107 Vaskunia 56, cf. Gastun Vazalin af Flecken 56, 99 Vazalin af Trekt 56, 98 Vazer af Korlin 55s., 149 Vazier af Holandi 55s., 96 Vegia (unklar) 150 Vehelun cf. Venelun Veisa, Venso borg, Venzu (die Waes) 8, 15, 42, 55, 56n, 76, 96, 148 Veler af Bealfer cf. Vildri Venelun, Vehelun, Guenelun, Guinelun af Kastalandum 37, 41, 53, 56, 58, 63s., 92, 136, 187–189, 214n Venso borg, Venzu cf. Veisa
Vesklaraborg (hier wohl Wesel) 66, 169 Viana, Mana (Vienne) 54, 140 Viballd 56, 134 Videlun af Bealfer 15, 40, 56n, 61, 65, 70 Vigard af Dyrbo 56, 100 Vilballd 56, 108 Vildri, Veler af Bealfer 41, 56n, 147 Vilhjalm af Peiturs 56, 146 Vilhjalm af Clerimunt 56, 88 Vilhjalm Korneiss 56, 206 Villdimer 56, 87 Vinant 56, 111 Vino (Vianden) 101 Vitakind 56n, 62, 65s., 165 Vizstur 57, 80. 84 Ywan
202
Index II: Reale Personen als eindeutige oder potentielle Namengeber von Gestalten der KMS Adalhard, Sohn Eberhards 37, 188 Adelheid, Schwester Karls d. Gr. 69, 81 Ägidius, Hl. 129, 142, 214n Alberich (mehrere) von Mâcon 146 Amelungen 41n Arnold (mehrere) von Blankenheim 101 Arnold (mehrere) von Kleve 150 Arnold (mehrere) von Loon 150 Arnulf (mehrere) von Flandern 95, 145 Arnulf, Hl. 95 Audegar, Otkar 28n, 189 Azzelin-Adalbero 75 Balduin (mehrere) von Flandern 95, 145 Basin, Bischof von Trier 71n Beatrix von Schwaben (zwei) 70 Bernhard (mehrere) in Südfrankreich 87, 153 Berta, Königin 10s., 20, 39, 69 Childerich, Chilperich, Könige Dankmar, Bruder Ottos d. Gr.
7, 20, 22, 74 77n
Eberhard d. Ältere, Herzog 37, 188 Eberhard d. Jüngere 37, 188 Eudes de Penthièvre 89 Friedrich, Erzbischof von Köln 45–48 Fulrad von Saint-Denis 181n Galeran (mehrere) von Breteuil 78 Ganelon, Trésorier von Saint-Martin 93n
254
Gauchier (mehrere) von Châtillon-sur-Marne 92n Geoffroi (mehrere) von Anjou 90, 122n Georg, Hl. 172 Gerhart (mehrere) von Geldern 97 Gerhart von Kleve-Wassenberg 97 Gerhart, Herzog von Vienne 105, 150 Gisela, Schwester «König Karls» (zwei) 37, 69, 188 Giselbert von Lothringen 98 Gottfried (mehrere) von Brabant 150 Grimaldi, Familie 210n Gudfred-G¡ttrik, Dänenkönig 189 Gundobad, Burgunderkönig 151 Hardrad, Empörer 20s. Hartwig (mehrere), Verwandte Erzbischof Friedrichs 46n Hatto (mehrere) 82 Heilwig, Tochter Herzog Eberhards 38, 188 Hildegard, Frau Karls d. Gr. 42n Hoel (mehrere) von Nantes 89 Hugo (mehrere) von Ponthieu 148 Hugo (mehrere), Kapetinger 79 Hugo, König von Italien 82 Irmengard (mehrere), Königinnen 141 Jacobus, Apostel
214
Karl d. Gr. passim Karl der Kahle 37, 95, 105, 188 Karl Martell, Hausmeier 7, 20–22, 40n, 69n
Karl, Sohn Karls d. Gr.
204
Landri von Nevers 107 Leodegar, Hl. 144 Ludger, Hl. 144 Ludwig (mehrere) von Loon 150 Ludwig d. Fr. 12, 18, 42, 74, 170, 213 Mac(h)arius (mehrere) in Aachen 111 Makarius von Gent, Hl. 111 Manasses (mehrere) in Ostfrankreich 139 Maurontus, Gegner Karl Martells 86 Maurus, Hl. 86 Odilo, Herzog von Bayern 40n, 42n, 70 Odo (mehrere) von der Champagne 137 Ostoricus, Missus 88 Otto (mehrere) 83 Philipp I. von Frankreich 102 Pierrepont-en-Laonnois, Herren von 36, 48, 222 Pippin, König 7, 11, 39, 69, 121
2, 25–
Radbod der Friese 26n, 96 Ragenfried, Hausmeier 7, 20, 22, 74 Raimund (mehrere) von Toulouse 104 Reginhar (mehrere) in Belgien 76, 98
Richard (mehrere) von der Normandie 94, 148 Robert (mehrere) von der Normandie 103 Robert (mehrere) von Péronne 117 Robert, Kapetinger 103 Roger von Hirson 78 Roland, Markgraf der Bretagne 143 Rotgar, Erzbischof von Trier 16, 82 Rudgar von Kleve-Wassenberg 97 Salvius, Bischof von Amiens 217n Servatius, Hl. 217 Sigebert von Saarbrücken 76 Thibaut le Tricheur 89 Tilpin, Bischof von Reims 133 Wenilo, Erzbischof von Sens 93n Wibald, Kanzler 134n Wido, Markgraf der Bretagne 89 Widukind, Sachsenherzog 165 Wienand (mehrere) in Aachen 111 Wilhelm (mehrere) von Poitou-Aquitanien 146, 207 Wilhelm von Toulouse, Gründer von Gellone 88, 207s. Willibald, Hl. 108
Index III: Literarische Gestalten außerhalb der KMS und der dänischen Krønike Acelin, Asselin 75 Achart de Mes(s)ines 136 Ägidius, Hl. cf. Gilles, saint Aie (mnl., afrz.) 30–32, 35s. Aigolandus 198n Aimeri de Narbonne 206n Aimon cf. Hamon Aimon van Dordoene, Pierlepont (mnl.) 30– 32, 34s. Alegast, Alikast, Elegast, Ollegast (dän., färö., mnl.-mhd., mnd.) 72s. Algalife 203 Almace (Schwert) 161 Amauri de Bourges 146 Amelunge (mhd.) 41n Amundi (an.) 132n, 146 Anseïs 136, 193 Arbogast (mhd.) 72n Arnaldus de Bellanda cf. Hernaut Astor cf. Austorje Ato cf. Haton Auberi le Bourguignon 146 Aufart 190n Aumlungar, Ömlungar (an.) 41n
Austorje de Valence 88, 193 Balan cf. Vitaclin Baldewin 164, 187, 204 Baligant 197–199 Basan 185, 198n Basílie (Bote) 185, 198n Basilius, Hl. 163 Basin 71s. Beatriz 70 Berart de Montdidier 137 Berengier 136 Bernart (Holzsammler) 209 Bernart de Clermont 153 Berte au(x) grand(s) Pied(s) 69 Beuve le barbé 106 Beuve sans barbe 53, 106, 135, 215n Blancandrin 186, 198n Blasius, Hl. 163, 164n Brehier, Brehus 205 Brochefort, Broiefort (Pferd) 192 Caraúl cf. Karaolo Castelain (Pferd) 192
255
Cherubin (Engel, Sg.) 163n Chlodwig (König) 25 Clarïen 186 Clarifan 186 Courtain (Schwert) 160 Danebrus 208 Demetrius, Hl. 175 Dionysius, Hl. 140, 163, 174 Doon de Mayence 106n, 168 Dreu de Poitiers 87 Durendal (Schwert) 161 Eggeric (mnl.) 21n Elegast (mnl., mhd.) cf. Alegast Engelier de Gascogne 105, 136 Ermengart cf. Hermenjart Ernalt, Ernolz 101n Escremiz 186 Estout de Langres 88, 146 Estramariz 186 Esturganz 186 Fabur 159 Flovent (mnl.) 25 Folquart 78 Fourré 66, 164, 180–183 Fromont de Lens 36n, 99, 150 Fromondin 150 Gabriel (Erzengel) 163, 178 Gai¿er 185n, 193 Galant (Schmied) 158 Galifre, Galifer 203 Gandelbodus, rex Frisiae 151n Ganelon 40n, 41n, 136, 180, 186s., 190 Garin le Loherenc 33, 36n Garin le Pohier 95 Gaufrey (Dänenkönig) 189 Gautier de Termes 92, 136 Georg, Hl. 172, 175 Gerart le Pohier 95 Gerer 136, 186 Gerin 136, 186 Gibuïn 28n Gilles, saint 129, 142, 214–216 Girart d’Eufrate 105, 141 Girart de Roussillon 105, 141, 193 Girart de Viane 105, 130, 141 Godselme 28n Gombaut le Bourguignon 151 Gondebaut de Bourgogne 151 Gondrain 208, 211n Grim 209n Grossaille 190n Gualter del Hum 136, 193, 216n Gui (Bischof von Nobles o.ä.) 180n
256
Guiborc 211n Guillaume (al curb nes, Fierebrace) 88, 206–211 Guineman 28n Guinemer 186 Guiteclin 165 Haimon, Hamon de Galice, Dordone 28, 31, 118 Haimonskinder 30ss., 34 Hardré 20, 74n, 105n Haton 82, 136 Hauteclere (Schwert) 162 Heldri 74 Heloïs de Pithiviers 92 Henri (Abt von Aniane) 211n Henri de Montagu 37n Herman de Trace 28n Hermenfroi 149 Hermenjart, Ermengart 141, 149 Hernaut 101n, 149 Hernaut de Bellande 137 Herneïs (d’Orlïens) 36n, 149 Herupois, les 120 Hlödver (an.) 42n Hoël de Nantes 89, 136 Hue, Hugue(s) 82 Hugue li Forz 170 Huidelon, Uidelon de Bavière 40n, 70, 147 Isembart 76 Ive 106, 136, 186 Ivórie 106, 136, 186 Jakobus, Apostel 214 Joceran de Provence 28n, 147 Jofrei d’Anjou 90, 122 Joiuse (Schwert) 177 Jourdain de Blaivies 105 Justamont 204 Kaiserin (Karls Frau) 130 Karaolo, Caraúl 203 Karl der Große passim Lambert de Montfort 104n Lambert le Berruyer 146 Landri de Nevers 107 Lorant 28n Ludwig (Karls Sohn) 34, 170, 206s., 213 Macabré 205 Macaire 111 Machiner 186 Mad-alant, -arant, -iant, -ien, -oine 209 Maheu 186
Mainet 73 Malaquin 158 Malcud 186 Malquidant 186 Maria, Hl. 163 Maria Magdalena, Hl. 163, 164n Marsílie 185, 209 Mauritius, Hl. 174–176 Mayençais, les 41n, 106n Merkurius, Hl. 174–177 Milon d’Angliers 143 Milon de Pouille 86 Milon (Papst) 83 Miranz 171 Monjoie (Ruf) 177 Morant de Riviers 86
Rembalt de Frise 26n, 28, 96 Renaud d&Aubépine 144n Renaut de Montauban 31s., 35s. Renier de Runers, Riviers 157 Renout (mnl.) 30–36 Richart de Normandie 28n, 94, 148 Robert de Clermont 103 Rögnvaldr (an.) 132n Roland 28n, 41n, 136, 155, 162, 170s., 193s., 196s.
Naimes, Namelon 40s., 131
Tencendur (Pferd) 191 Thibaut d’Aspremont 148 Tierri d’Anjou 192, 198n Tierri d’Ardenne 70n Tierri d’Argonne 28n Turoldus 201, 202n Turpin 133s., 192s., 214ss., 218
Odes, Eodon, Oton le Champenois 136 Odon de Langres 146 Oedun de Bretagne 28n, 89 Ogier 28n, 160, 189, 203–205 Olivier 28n, 41, 86n, 136, 155–157, 193 Ollegast (mnd.) cf. Alegast Othon d’Espolice 83, 106n, 140 Pierlepont, die von (mnl.) 25, 31 Petrus, Hl. 163, 164n Pinabel 198n Pippin 36n Rabel 28n Rabeu lo Fris cf. Rembalt de Frise Rainfroi 20, 74 Rainoart 206n, 207, 208n
Sallinus (Bischof Salvius von Amiens) 217n Samson 136, 193 Schwanenritter 43, 170 Sebile 204 Servás, Hl. (Servatius, mnl., an.) 217n
Veillantif (Pferd) 191 Velent (an.) 158 Vitaclin-Balan 165n Vivien 202 Völund (an.) 158 Wieland der Schmied 56, 158 Wilhelm cf. Guillaume (al curb nes, Fierebrace) Ysoré
209, 211n
Index IV: Literarische und historische Texte Wo es üblich ist, statt des einzigen oder bedeutendsten Werkes eines Autors nur dessen Namen zu nennen, ist dies auch hier geschehen. Ademar von Chabannes 218n Ägidius (Trierer) 142 Aiol 179 Albert von Aachen 100 Alegast (Balladen) 72s. Alexander (Zehn- und Zwölfsilber) 141n Amis et Amiles 151 Annalen, isländische 42n Annales Bertiniani 10n Annales Laurissenses minores 165 Annales Sangallenses 119 Ansëis de Cartage 203, 218n Apollonius von Tyrland 154n Ardo cf. Vita des Benedikt von Aniane
Aspremont 12, 40n, 65, 70, 87, 94n, 120n, 165n, 175n, 190n, 197 Aubert, David 179n Aubri von Troisfontaines 3n, 16, 36, 72n, 173, 183n Auberi le Bourguignon 7, 72n, 86n, 146 Aye d’Avignon 136 Aymeri de Narbonne 12, 179 Aymeriden-Epik 155, 206n Banyon 143n Basin (Zeugnisse für verlorene Chanson de geste) 72 Bâtard de Bouillon 104n
257
Baudri von Bourgueil 175 Berte aus grans piés 69, 131n Berte, Berliner Prosa- 143n Bertrand du Guesclin 72n Bibel (Vulgata, Lutherbibel, Einheitsübersetzung) 22, 58, 61, 89, 157, 163, 170, 182, 200, 208 Bonizo von Sutri cf. Liber ad Amicum Caeremoniale Romanum 127n Capitulare de villis 178 Capitularia regum Francorum 13n Carmen de prodicione Guenonis 185s., 197 Cäsarius von Prüm cf. Prümer Urbar Chanson d’Antioche 43, 83n, 175 Chanson, Conquête de Jerusalem 43n, 105n, 180n Charroi de Nîmes 171 Chastoiement des Dames 154n Chevalerie Ogier 12, 64, 182n, 191n, 192, 204s. Chevalier au barisel 154n Chronicon Paschale 176 Chronicon Turonense magnum 128 Chronik der Novalese 218n Chronik von Weihenstephan 143n Chronik von Saint-Riquier 172n Chronique saintongeaise 178 Chroniques des Comtes d’Anjou 144n Clef d’amors 154n Codex Calixtinus 144n, 155 Conquête de Jérusalem cf. Chanson de Jérusalem Contra imaginum calumniatores (Ioannes Damascenus) 176 Couronnement (de) Louis 40n, 75, 213, 218n Decretum (Gratian) 127n Deschamps, Eustache 72n Descriptio 125, 170, 174, 217n, 222 De situ terrae sanctae (Theodosius Archidiaconus) 176 Doon de Mayence 168, 169n Doon de la Roche 64 Edda cf. Wielandlied Einhart cf. Vita Karoli Élie de Saint-Gilles 7, 72n Elis saga ok Rósamundu 213n Eneas (Veldeke) 128n Enfances Ogier 64, 190n, 204s. Enfances Vivien 218n Engelbert von Admont cf. Speculum virtutum moralium Entrée d’Espagne 178, 185 Fatti di Spagna 143n
258
Fauvel 72n Fierabras 7, 157, 181n Floovant 25, 36n, 41n Flovent (mnl.) 25s., 29, 31, 34, 36n Folque de Candie 137 Foure Sonnes of Aymon 72n Fredegar-Fortsetzer 22 Gaidon 89, 179 Galien, Vers- 146n, 192 Galien, Prosa- 197 Garin le Loherenc 33, 36n, 146 Gaufrey 103, 106n, 168, 169n Geirards saga 146 Gesta Dagoberti 144n Gesta Dei per Francos (Guibert de Nogent) 175 Gesta Francorum (Anonymus) 175 Gesta Karoli (Notker) 119n, 166 Gesta Senonensis Ecclesiae (Richer von Sens) 175 Getica (Jordanes) 41n Girart de Roussillon in Zehnsilbern 7, 26n, 101, 105, 107, 137, 144n, 153, 157 Girart de Roussillon in Zwölfsilbern 106, 151 Girart de Viane 130, 151, 153, 155, 169, 195 Giselbert von Mons 30 Glosse, Regensburger (12. Jh.) 41n Godefroi de Bouillon 72n, 83n Gormont et Isembart 76, 136, 223 Gralsfortsetzung (Wauchier de Denain) 92n Grandes Chroniques de France 218n, 223 Gratian cf. Decretum Gui de Bourgogne 178s. Guibert de Nogent cf. Gesta Dei per Francos Guido von Bazoches 43n Helinand von Froidmont 3n, 183n Henry of Huntingdon 175 Historia Nicaena vel Antiochena 175 Historie van den vier Heemskinderen 31n, 32n, 33 Histôrie van Sent Reinolt 31n, 33, 34n Hugo von Fleury 175 Hugues Capet 75 Huon de Bordeaux 142n Ibn al-Athir 155 Ioannes Damascenus cf. Contra imaginum calumniatores Ioannes Malalas 176 Ioannes (von) Nikiu 176 Iocundus cf. Translatio Sancti Servatii Jean d’Outremeuse 143n
Jehan de Lanson 72n, 158 Jordanes cf. Getica Jourdain de Blaivies 105 Kaiserchronik 128n, 142n Karel ende Elegast 21n, 72n, 73n karelepiek (mnl.) 35 Karl und Elegast 72n Karl Magnus (schwed.) 216n Karl Magnus’ Krønike 51n, 63, 66n, 68, 72, 73n, 95n, 154, 164n, 175n, 195, 202–206, 208–210, 212–216, 218s. Karlmeinet 72n, 179 Karlsreise 1, 67, 170s., 223 Karolus Magnus et Leo papa 112n Kong Diderik og hans Kæmper 192n Lai d’Havelok 209n Legenda aurea 217 Liber ad Amicum (Bonizo von Sutri) 119n Liber Historiae Francorum 22n Liber de restauratione monasterii Sancti Martini Tornacensis 142n Lionel de Bourges 72n Lothringer-Epik 76, 92, 150 Lucidarius 128n Ludwigs-Epik 213 Lupus von Ferrières 17 Magus rímur 146 Mágus saga jarls 9, 132n, 146 Mal o fe (Sirventés des Guillem de Berguedà) 203 Maríu saga 217 Maugis d’Aigremont 72n Metellus von Tegernsee cf. Quirinalien Moniage Guillaume (I, II) 68, 78, 206–209, 211 Moniage-Teil (des Ulrich von Türheim) 208 Mort Aymeri 92, 203 Mort Charlemagne 142n, 218n Narbonnais 78, 218n Nibelungenlied 41n Novalese, Chronik der cf. Chronik Nota Emilianense 160, 194 Ollegast (Fastnachtspiel) 72n Ordo Romanus 127n Ordericus Vitalis 175 Otinel 66, 69, 187n, 197 Passio Agilol¿ 20, 74 Pèlerinage de Charlemagne s. Karlsreise Philippe Mousket 3n, 72n, 153, 183n Pilgerführer (im Codex Calixtinus) 182 Prise de Pampelune 179
Prümer Urbar (Regino bzw. Cäsarius von Prüm) 11, 18 Pseudo-Amphilochius cf. Vita Basilii Pseudo-Philomena 183 Pseudo-Turpin 3n, 27n, 41n, 61s., 65s., 82, 86n, 92, 134, 137, 144n, 146, 150n, 151n, 154, 164, 170, 178, 180–183, 184n, 185– 187, 189, 196–198, 200, 205, 212–216, 218, 221, 223 Quatre ¿ls Aimon cf. Renaut de Montauban Quirinalien (Metellus von Tegernsee) 28n Raoul de Cambrai 95 Regino von Prüm 11, 17, 127n, cf. auch Prümer Urbar Reichsannalen 39n, 112n, 113n, 158n, 170, 172, 189 Reinolt von Montelban 31n, 33 Reliquienverzeichnisse, Aachener 173 Renaut de Montauban 7, 25, 31, 32n, 35s., 40n, 72n, 120, 132n, 160n, 169 Renout van Montalbaen 25, 30–36 Restor du Paon 72n Richer von Reims 119, 165 Richer von Sens cf. Gesta Senonensis Ecclesiae Rinaldo-Cantari 72n Robert von Reims 175 Roelantslied (niederld.) 197, 203 Rolandslied 26n, 28, 32, 37, 39n, 40n, 41n, 43, 49, 56, 60n, 67, 71, 73s., 82–85, 88– 90, 92, 94, 96, 105s., 118, 120n, 122, 129, 130n, 134, 136, 139, 143n, 147, 154, 156s., 160–164, 170s., 174–180, 183–187, 189, 190n, 191–203, 205, 223 Rolandslied (dt.) 161n, 163, 178, 183s., 191 Roland (walisisch) 184 Rollan a Saragossa (okzitanisch) 143n Romant Basin 72n Romuald von Salerno 127, 128n Ronsasvals (okzitanisch) 143n, 197 Rotta di Roncisvalle, La 143n Rudolf von Ems cf. Weltchronik Saisnes 1, 40n, 65, 66n, 95, 120, 165s., 169, 179, 187, 190n Schwanenrittersage 3, 43, 170 Servatius (Veldeke) 80, 212, 217n Sigebert von Gembloux 21, 22n Spagna, La 143n Speculum historiale (Vinzenz von Beauvais) 63, 134, 217s. Speculum virtutum moralium (Engelbert von Admont) 72n Thegan cf. Vita Hludovici
259
Theodosius Archidiaconus cf. De situ terrae sanctae Thietmar von Merseburg 119n, 218n þidriks saga 41n, 192n Translatio Sancti Servatii (Iocundus) 217n Tristan de Nanteuil 143n Tveggja postola saga Jóns ok Jacobs 218 Veraldar saga 213n Versos proverbials (Guillem de Cervera) 72n Vie de Saint Gilles 142 Vinzenz von Beauvais cf. Speculum historiale Visio Wettini 142 Vita Aegidii 129, 142s. Vita Basilii (Pseudo-Amphilochius) 177 Vita Basilii (Pseudo-Helladius) 176n Vita Benedicti abbatis Anianensis et Indensis (Ardo) 208 Vita Eleutherii 142n Vita Gerlachi 125n Vita Hludovici (anonym) 212 Vita Hludovici (Thegan) 212
260
Vita Karoli (Einhart) 20, 27n, 40n, 81, 96, 112–115, 121, 141n, 142, 166, 170, 189, 212, 216 Vita Mahthildis (ältere und jüngere) 165 Vita [Sancti] Karoli Magni 142, 221s. Vita Willelmi 207, 211 Volksbuch von den Heymonskindern 31n Voyage de Charlemagne cf. Karlsreise Walther von der Vogelweide 47n Weihenstephan, Chronik von cf. Chronik Weltchronik (Rudolf von Ems) 128n Wielandlied (der Edda) 42n Wilhelm von Tyrus 43, 100, 203n Wilhelms-Epik 137, 213 Wilhelmslied 92, 223 Wistasse le Moine 72n Wolfdietrich A 191n Yvain (Chrétien) 138 Zacharias, Papst 127n