175 72 6MB
German Pages 114 [116] Year 1922
WissenschastlichesInstitutderClsaß-LothringerimReich
Elsaß-Lothringische Hausbücherei
Band 3:
Otto Mayer
Die Kaiser-WilhelmS-Universität Straßburg
Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Tr« yt«r & C».
»ormatt I. Göschea'sch« Derlagthandluag / I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl I. Tiübner / Veit & Comp. Berlin und Leipzig 1922
Die Katser-Wtlhelmö-Univerfität
Straßburg Ihre Entstehung und Entwicklung
3m Auftrag« der Sttaßburger Wissenschaftlichen Gesellschaft in Heidelberg
dargestellt von
Otto Mayer
Vereinigung wissenschaftlicher Verleger Walter de Gruytee & Co. vormals G I. Töschen'sche Derlagshaadlung / 3- Guttentag, Verlags» buchhandlmig / Georg Reimer / Karl I. Trübner / Veit flt Cvmp.
Berlin und Leipzig 1922
Vorbemerkung Die Geschichte unserer Straßburger Kaiser-WilhelmS-Uni-
versität zu schreiben, ist für unS eine hohe verantwortungsvolle Aufgabe, deren volle Lösung zur Zeit nicht erbracht werden kann
-
schon um äußerlicher Gründe willen nicht: das
Material, auf beste» gründlicher Durcharbeitung alles be ruhen muß, ist uns zum größten Teil nicht frei zugänglich.
Was «vir geben können, ist im Wesentlichen nur ein Stück der äußerliche» Erlebnisse. Die eigenartige geistige Bewegung,
da» fnichtbare wistenschaftliche Aufblühen neuerIdeen wird erst bei einem größeren Überblick recht zu erkennen und zu würdigen
sein. Einstweilen gilt es »orzubereiten, einzuleiten, und daran
wolle» wir wenigstens nichts versäumen, sondern jetzt schon die bessere Zukunft grüßen.
O. M.
l. Vorgeschichte Al» tit deutsche» Universitäten im Sounner 1919 nach altem Brauch ihr« Vorlesungsverzeichnisse für da« lammende Se
mester hinausgehen ließen, flatterte von drüben her, au» unserem lieben alten Elsaß ein fremder Gast dazwischen: da»
Unterrichtsprogramm der Universite de Strasbourg aus da»
Schuljahr 1919/20. Jene nüchtern in knappster Form da
wesentlich« mitteilrnd, diese» von vornherein gestimmt auf eine« Ton der Anpreisung, wie wir ihn unfererseit» nur etwa gelegentlich eine» neu eröffneten Luftkurorte» zu vernehmen
gewohnt find. Vor allem werden natürlich gerühmt die zahlreiche» und groß
artige» Universität-gebäude, welch« Deutschland hinterlasse» habe, die mannigfache», wohl eingerichteten Institute, die sehr
schön« Bibliothek, mehr al» ein« Million Bänd« enthaltend.
Da- Parlament wird demnächst reiche Mittel bewillige», um neu« „Schöpfungen" hinzuzufüg««.
Ein« Gesellschaft der
„Freunde der Universität" ist in der Bildung begriffen, um
sich der Wohlfahrt der Studenten anzunehmen und ihrer Be
quemlichkeit; Klub» und Kasino» wird man für sie schaffe»,
für Auswärtige einen besonderen Sprachunterricht einrichten, Ausflüge veranstalten in'» Elsaß, va», wie man versichert, „ein sehr schöne» Land ist mit sehr malerische» Punkt«»." In Straßburg werd«« aber auch, da» ist der Gipfel, all« Studenten, nicht bloß au» dem Elsaß und dem inneren Frankreich, sondern auch au» den beftrundeten und neutralen Staaten
den Vorzug haben, „in ein« franzöfischen Atmosphäre zu leben und Zeugen zu sein de» größten Ereignisse» der Neuzeit, in-
btm a auch schon ander« Universitäten
gelockt. Die Frage konnte ernsthaft nur gelöst werden im Zu sammenhang mit der sofort schon von der zuständigen Militarbchörde ins Auge gefaßten Änderung der Befestigung-weise
der Stadt; da» bisherige F«stungSg«lände auf der Nordseite, nach der Ruprechtsau zu, bot dann, in genügendem
Zusammenhang« mit dem eigentlichen Mittelpunkte der Stadt,
Raum in Fülle für eine frei zu entwickelnd« Universitätsansie
delung. Da erhob sich aber alsbald eine schwer zu lösend« Schwierig
keit. Die medizinisch« Fakultät nämlich war mit ihr«» Kli-
nikcn und Instituten durchaus darauf angewiesen, in nächster Berührung zu bleiben mit dem großen städtischen Kranken-
Haus«, da» auf der Südseite der Stadt, also am entgegenge setzten End« gelegen «ar. Der Gedanke, dieses Krankenhaus
gleichfalls an di« Nordfrout zu verlegt«, mußt« sofort ausgefchloffer» »»erden, da die Stadt niemals ihr« Zustimmung g«. gebe» hätt«.
Man sonnt« umgekehrt di« sämtlichen Univer-
fitätsgebäud« denen der medizinische» Fakultät folgen lasten
und alles in die Näh« des Dürgerspital« legen. Durch «ine
verhältnismäßig nicht so groß« Hinausschiebung de« Südwalles hätt« sich, wem» schon etwas knapp, der nötig« Raum gewinnen laste», auch das nicht für sofort, sondern erst verfügbar, wenn
di« geplanten Außeafort» in Verteidigungsfähig«» Zustand gesetzt wären. Di« Universität, obwohl das «in« höchst unwill-
kommen« Verzögerung ihrer Bauten herbeiführen mußt«, war bereit, sich auch darein zu fügen, wen» nur die räumliche Trennung der medizinische» Fakultät von de» übrigen vermied«» wurde. Sie wünscht« dadurch ihr« Einheit und den
Gegensatz zu den zusammenhangslosen französischen Fakultäten zu
betonen; auch «in
besonderes
studentisches Mediziner-
viert«! schien unerwünscht. Allein das Reichskanzleramt be schloß, daß nunmehr sofort mit dem Bau der vereinigten ana tomische» Institute (normal« und pathologisch« Anatomie) be-
gönnen werd« auf Grund eines Plane«, der nm ein« unwesent-
lich« Verschiebung deö Südwalle« vorsah. Und damit war die gefürchtet« Trennung besiegelt. Entscheidend war, daß die Fi nanzierung de« Festung-umbau«« gegründet werden sollt« auf
«ine käuflich« Übernahme des ganzen frei »»erdenden Geländes dmch
di«
Stadt,
der unwichtig« Bürgermeistereiverwalter
Back aber sich darauf nur «mlaffen wollte, wen» er sofort «imn Großabnehmer bei der Hand haben würd« an der Uni*
verfität. Stadt und Militärfiekus wollten aber ihrerseits di«
Frag« nicht m«hr in der Schwede kaffen, sondern sofort
wisse», worauf sie zu rechnen hatten. Insofern hat beim zehn jährigen Stiftungsfeste am 1. Mai 1882 der Prorektor Mi chaelis mit gutem Grund« sagen können: „Die räumliche Einheit der ganzen Universität hatte dem Interesse der Stadt
erweiterung zum Opfer falle» müssen."") Es war wohl vor allem «in« Enttäuschung für das ästhetisch«
Gefühl, das sich von «iner Stadt von Lehrpalästen viel ver sprochen hatte. Ob es unseren Baukünstlern gelungen wär«, diese ganz« Masse wirklich schön zu gestalte», ist aber doch di«
Frage. Wie die Sach« jetzt geworden ist, hat fich hinter dem Spital und zum T«il auf dessen Grundstück«» «in gewisses Gedränge ergeben von im «iryelnen ganz anständigen Ge
bäuden. Ansprüche
auf Schönheit kann das weiler nicht
machen. Di« eigentliche Heimat der Universität liegt auf der
Nordseit« der Stadt in der Gebäudeansammlung vor dem ehemalige» Fischertor, deren Hauptmasse fich an den Ränder«
de» langgestreckten Grundstückes entfaltet Mischen UniverfitätSplatz und Sternwartstraß«. Und hier ist zweifellos die
Schönheit fiegreich zu Wort« gekommen.") Den Kopf des ganzen vornehmen Zuges bildet das schönst« und wichtigste, das allgemein« Kollegiengebäudr. Es nimmt di« ganze Breit« der Westfront dieses Grundstückes «in und
schaut nach vorn auf d«n weiten UniverfitätSplatz und über den
Fluß hinweg nach d«m den Hintergrund bildend«» Kaiserpalast.
Nach rückwärts schließt fich der von Baumreihen durchzogen« UniverfitätSgarten an, auf beiden Seiten das stattlich« Ge
folge naturwissenschaftlicher Institute, ganz hinten die Stern-
warte mit ihrer großen Kuppel und zwei kleine» und fernher grüßend juletzt di« blaue» Schwarzwaldberge.
Die Neustraßburger Kunst hatte gerade jenseit« de« Unmrfitäieplatze« stch einige wenig rühmlich« Denkmäler gesetzt: da« jammervolle Bezirkepräfidium, die schwunglos« Universitäts brück« mit den stelzbeinigen Räucherpfannen und der über
große» Ehrentafel de« regierenden Baurate« al« einzigem Schmuck und anderes mehr. Desto erhebender mußte dem
gegenüber die rein« und edle Erscheinung unsere« Kollegirngebäude» wirken, und der Gruß, der von der Höh« seines Mittelbaue« in goldenen Buchstaben glänzte:
„Litteris et
putriue", verfehlte nicht leicht seinen gewaltige» Eindruck. Ee
war «in Wettbewerb ausgeschrieben worden um den besten Entwurf, und di« Universität, berate» von den kunstverständig,
sten Männern au« ihrer Mitte, hatt« den eine» noch jungen
Karlsruher Architekten, Professor Warth, erkoren, der dann auch zur AuSfLhrung gelangt ist.
Unser Hau» war auch im Inner» wohlgelungen, vornehm durch und durch und vor allem, was ja bei unseren Pracht-
baute» durchaus nicht immer selbstverständlich ist, wohnlich
und zweckentsprechend. Der große Lichthof in der Mitte mit seiner farbigen Glasdecke und den anschließenden Säulen
gängen bildet« ein« prächtige Wandelhalle, recht« da von di« Sitzungssäle und Verwaltungeräume, link« die zahl
reichen H ö r s ä l e aller Größen, nach hinten hinaus zwischen
Lichthof und
Universität-garten da« großartig« allgemeine
L«sezimm«r, da« vielen so li«b geworden«. Im Ober geschoß di« Aula mit dem feierlich in weiß und gold pran-
genbtn Vorsaal, darin das große, künstlerisch freilich wieder
recht geringfügige Bild des Stifter« der Universität. Dann
waren da »den di« zahlreichen Räum« für Seminarien der verschiedensten Wissenszweige, sorgfältig behütet vor jeder Störung durch den
sonstigen
Universitätebelrieh, weshalb
denn auch das dem Sinne nach wohl dazu gehörige Übung«-
zimmer des Musikprofessor« weit ab davon in einer entlegenen Eck« des Erdgeschosse» untergebracht war. Den Glanzpunkt
aber bildete hier oben dararchäologischeMuseum, von Adolf Michaelis mit unendlicher Liebe zusammengesteüt und gepflegt. Die Gipsabgüsse erfüllten sieben große Säle und «in« Vorhalle, quollen aber auch mit den langen Reihen
ihrer weißen Götter- und Hcldenköpf« so mächtig in di« Gale rie de» schönen Lichthofs vor, daß sie Neid und unfreundlich«
Bemerkungen hei der Kollegenschaft wachrufen konnten. Be scheidener war das anstoßende Ägyptologisch« Mu
seum, da« längere Zeit nur von einer kleinen gipsernen
Sphinx erfüllt war; später unter der Leitung von Spiegelberg,
ist auch dieses sehr stattlich geworden. Ebenso entwick«lt« sich dort oben da» kun st geschichtlich« Institut unter Dehi».
Die Vollendung des allgemeinen Kollegiengebäude» bedeutete seinerzeit einen gewissen Abschluß, die Krönung jahrelanger Arbeiten, durch welche die zahlreichen
Universität-institut«
teil» am Fischertor, teils in der medizinischen Kolonie beim
Bürgerspital errichtet und zum Betrieb bereit gestellt worden waren. Der Regierungsbaumristrr Eggert, der zu diesem Zwecke Wohnsitz in Staßburg nahm, hatt« den Gesamtplan
für diese entworfen und jedem seine angemessen« Gestalt und
innere Einteilung gegeben; Straßburger Bauunternehmer,
vor allem Brio» und Salomon, hatten di« Ausführung be
sorgt Alle- war jetzt schon voll Leben und Tätigkeit. Einzelne
Nachzügler mußten immer noch hinzukommen, um dann etwa» seitwärts Platz zu finden, namentlich stnseitt der Univerfitätsstraße. Aber jedenfalls war damals der Augenblick gekommen,
di« erreichte Entwicklungsstufe der Universität wieder einmal festlich zu begehen. Am 27. Oktober 1884 fand die feierliche Übersiedelung
in
das
allgemein«
Kollegienhaus
statt.") Am Abend vorher «ar großer Fackeljvg der Studentenschaft mit Müasterbeleuchtung und Beleuchtung des Schlöffe-, das
bisher den Hauptfih der Universität gebildet hatt«. Von diesem aus ging «ndern Morgens der Festzug. Vorher fand dort noch
di« Überreichung der Fahne statt, welcht die Frauen der Kaiser-Wilhelms-Univerfität der Studentenschaft stifteten: in
schwerer weißer und roter -Seid«, den Stadtfarben, mit dem
Reichsadler, dem Stadtwappen und dem Bild des alte» Univerfitätsfiegtls. Fräulein Holtzmann sprach die Widmung, der
Fahnenträger der Studentenschaft, stud. Schad« au- Oden heim, gelobte diese Standarte stet- hochzuhalten. Dann setzte
sich der Festzug in Bewegung; Studentenschaft voran» und am Schluß, der Lehrkörper und die Ehrengäste in der Mitt«,
ging es über Wilhelmerbrück« und Fischerstraß« zur Universität.
Dort stand überraschender Weise der Statthalter, Feldmar schall v. Manteuffel mit kleinem Gefolge schon oben auf der Zreitteppe, um dem Rektor persönlich di« Schlüffe! der Hause» zu überreiche». Kurz« Ansprachen wurden gewechselt,
dann zog man, unter Vortritt der Statthalter» und de»
Rektor» hinein. Im großen Lichthofe sollt« der fHeiheakt statt-
finden. Ein akademischer Mannerchor stimmte den Weihe gesang an: „Wo einst Ottfried hat gesungen, Wo uns Gottfrieds Harfe klang... Wo man Jakob Sturm gesendet, In der deutschen Fürsten Rat, Herze» sind dir zugewrndet, Schicksalsland und Schicksalestadt." Dann ergriff ter Rektor Rudolf Sohm das Wort, ter hinreißendste Redner, den die Universität besaß. „Heil uns!" begann er, „Heil der Kaiser-WilhelmS-Universität und allen, die ihr zugetan find!" Freudt und Dank atmete jedes Wort und alles klang aus in einem großen Hymnus auf den Beruf des akademische» Lehrers, zu rede» von dem, wessen dar Herz voll ist. „Pectus est quod facit professorem". Der Kopf macht den Gelehrten, das Herz aber macht den Professor. So dienen wir aber auch dem Daterlande und seiner Stellung in ter Welt. Litteris et patriae!“ In di« tiefe Still«, in welcher di« Versammlung nach dieser Red« verharrte, erscholl dann wieder ernster Chorgrsang, der die Feier schloß. Nach mittags war Festeffen in der Aula unter Vorsitz des Statt halters mit den Vertretern der Stadt, des Lantesausschuffes und aller oberen Behörden. Di« Studenten aber begingen am Abend in der großen Zollhalle des alten Bahnhofes «inen sehr schön verlaufenden Kommers. Der Abschluß der Vorbereitungszeit, den dies« Festlichkeiten markieren wollten, bedeutete für di« Universität zugleich den Eintritt in «in« neu« LebrnSstufe, auf der sie nun zu zeigen hatte, was sie vermocht«. Was klug« und eifrige
Fürsorge
für sie tun
konnte, war geschehen
in Auswahl
btr Lehrkräfte nicht nur und in Beschaffung der Räum
lichkeiten,
sondern
auch
in
Bereitstellung
all
der
Ein
richtungen der Gerätschaften, welche je nach Art der ein
zelnen Wissenszweige
erforderlich werden können. Für die
Universität war hier immer das Beste gerade gut genug und namentlich den verschiedenen Institutsdirektoren wurde freie
ster Spielraum gewährt, mit zu bestimmen, was überall als
das Beste anzusehen und zu fordern sei. So hat die Straß burger Sternwarte 'den größten Refraktor erhalten, den es damals in Deutschland gab. Reichhaltige Sammlungen ver
mochte man den Disziplinen zur Verfügung zu stellen, bei welchen es auf Anschauungsunterricht ankommt. Die mancher
lei Seminarien wurden in freigebiger Weise mit entsprechen
den Sonderbibliotheken ausgestattet. Gerade diese letzteren Einrichtungen haben sich in Straßburg als besonders furcht
bar erwiesen. Der Seminarbetrieb unter der Führung beson ders dafür begabter Dornten blühte dort auf in musterhafter
Weise. Von ihm aus verbreitete sich über die ganze Studen tenschaft jener besondere Geist, welcher der jungen Hochschule
in der deutschen gelehrten Welt alsbald den Ehrennamen einer Arbeitsuniversität eintrug. Dergleichen hat dann
von selbst auch eine gewisse Rückwirkung auf die Professoren
schaft selber -
was ihr natürlich keineswegs zum Schaden
gereicht. Die Kehrseite von all dem Guten und Schönen war freilich,
daß solches nicht abging ohne ziemlich viel
Geld
zu
kosten. Da es sich um eine Anstalt des Landes Elsaß-
Lotbringen handelte, hätte, streng genommen, dieses allein da-
für aufzukommen gehabt. Man hat dagegen immer wieder
geltend gemacht, das Reich muffe dazu beitragen, denn nur weil feine Ehre an dem Gelingen der Kaifer-'WilhelmS-Uni-
versität beteiligt fei, habe man diese von vorneherein in grö ßerem Maßstabe gedacht, als es für das strikte Bedürfnis des
Landes erforderlich gewesen wäre. Also müsse das Reich den
Unterschied selber
decken. Diese Berechnungsweise
stimmt
aber keineswegs. Man konnte 'sagen: das Land braucht über haupt keine eigene Universität, es liefert verhältnismäßig nicht viel Studenten; die finden reichlich Platz in nächster Nähe,
in Freiburg, Heidelberg, Bonn usw. und für die jungen Leute ist es besser, sie gewöhnen sich bei einer solchen freund
lichen alten deutschen alma mater in die rechte Art hinein.
Das ist auch gesagt worden. Aber freundlicher und entgegen kommender war es jedenfalls, man gab ihnen ihre eigene elsäs
sische Universität nach dem Vorbild ihrer alten. Das wollten sie auch und haben sich deutlich genug dafür ausgesprochen.
Aber ein großer Irrtum wäre es gewesen, zu versuchen, nun eine solche Straßburger Universität für ein billiges herzu
stellen,
ohne
Anziehungskraft
für Studenten
vom
alten
Deutschland, ohne Anziehungskraft für die von dort zu bezie henden Professoren. Das wäre eine armselige Sache geworden
und 'verhältnismäßig erst recht teuer. Das Reich hätte ein solches Unternehmen wahrscheinlich überhaupt nicht dulden dürfen. Damit ist nicht gesagt, daß das Reich unrecht gehabt
hätte, sich in Unkosten zu stürzen für diese Sache. Im Gegen
teil, eine gute menschliche Politik mußte .dem Reichsland hier
auch einen ansehnlichen Teil der Last abnehmen und das ist geschehen. 4 Universität Straßburg.
49
Die verausgabter» Summen für bi« Herstellung der Gebäude am Spital «i« am Fischertor beliefe« sich »ach einer im Lan desausschuß gegebenen Feststellung") auf 13 866 774 Mark.
Davon Hat das Reich getragen: 300 000 Taler — 1 500 000 Mark als ersten Beitrag zu den Vorabeiten und Einrich
tungen der medizinischen Fakultät; ferner durch Überweisung von Reichskaffenscheinen laut Gesetz vom 30. April 1874
4 384 695 Mark. Das Reich hatt« nämlich das alleinig« Recht der Papiergeldauögab« an sich gezogen und di« von ihm ausgegebene» neuen Schein« de» Bundesstaaten nach Ver
hältnis der Bevölkerung-zahlen überlaffe» als Entschädigung für das ihnen entzogen« Recht der Papiergeldausgab« und die
ihnen auferlegte Pflicht, das von ihnen bisher au-gegebene auf eigen« Koste» wieder einzuziehen. Elsaß-Lothringen, das kein Bundesstaat #x»r, hatt« weder «in solches Recht verloren,
noch «in« solch« besonder« Pflicht zu erfüllen, wurde aber dennoch in gleichem Verhältnisse bedacht, natürlich nicht, um nach
Belieb«« damit zu verfahren, sondern um diese- Geld für
f«i»« Universität zu verwenden. Auch fo blieb da- noch ein«
Freigebigkrit de- Reiches. Endlich übernahm das Reich auf Grund Reichstag-beschluss«»
vom 9. Dezember 1876 als eine Ehrengabe an di« reich-ländisch« Universität die Kosten des allgemeinen Kollegien
gebäudes mit 2 300 000 Mark.
Im Ganzen trug also das Reich 8 184 695 Mark = 71 %
der Gesamtausgabe. Das Land trug 2 400 00 Mark oder 21 %.1T)
Der
Bezirk
Unter-Elsaß
bewilligt«
unter
Führung
de»
Straßburger Amvalte» F. Schneegan» 500 000 Mark oder
4 X. Di« Statt Straßburg aber verzichtet« auf btt Oktroi« gebühren, wtlch« »en btn für btt UniversitätSonlagen Verven« beten Baumaterialien erheben «erden waren, «ns ihr als
«in Beitrag von 285 000 Mark angerechnet wurde, und
zahlte aujtrbtm für btt Unterbringung ihres bebeutenben zoo« «gischen Museums im Neubau des zeelogischrn Instituts IO0000 Mark.
Ein nicht unbedeutender Betrag fand seine Deckung durch die Zinsen, ivelche «ährend der längeren Pausen im Weiter
bau aus den bereitgestellttn und angelegten Baugeldern er
zielt wurden. Das Reich beteiligte sich überdies an den laufenden
Kosten des Betriebe» durch einen ständigen Beitrag von
jährlich 400000 Mark. Es «ar einmal dir Frag« aufge worfen werden, ob di« Sache nicht vielmehr fe zu regeln wäre, daß da» Land nur im Maße feine» Bedürfnisses, also
im Maß« von 400 000 Mark — fe hoch schätzte man diese»
etwas willkürlich - aufkommen solle und da» Reich für den ganzen
Rest.
Reich-regierung
und
Reichstag
beschlossen
aber, daß die Sache, entsprechend dem Grundverhältnk» in der umgekehrten Form geregelt bleiben solle. Ein späterer Versuch
der Reich-regierung, diesen ganzen Reich-beitrag wieder in Frage zu stellen, scheitert« an dem warmherzigen Eintreten
de» Straßburger Abgeordneten Dr. Petri für di« Sach« der Universität, bei der er seinerzeit al» einer der ersten seinen Doktorhut erworben hatte?') Und so ist «» beim bi» zu Ende
dabei verblieben.
Di« Verhandlungen der beteiligten Volksvertretungen sind
hier bezeichnend für beidr. Im Reichstag «ar di« erste Über« 4*
schwenglichkeit für die Wiedergewonnenen vorüber, aber eine wohlwollende Stimmung für das kleine Land geblieben. Nur
Bismarck fand gelegentlich schroffe Worte. Auch die leidigen Kulturkampftöne ließen sich manchmal selbst bei diesen Dingen
vernehmen; sie ließen sich ja überall vernehmen. Im Landes ausschuß kam das Wohlgefallen der Elsässer an ihrer schönen Universität kräftig zum Ausdruck und daneben immer wieder
ein sehr gesunder Geschäftssinn, der das Reich mehr zahlen
machen möchte. So gleich bei der ersten Beratung eines UmversitätSetatS 1875 (Verh. S. 154 ff.). Man versteigt sich zu «dem Vergleich: „Der Ruhm, der Stolz, eine so groß
artige Universität zu sein, kommt wohl dem einer Festung ersten Ranges gleich." (Abg. Reuß S.
157.). Mit -dem
Kommissionsbericht wünscht man aber doch, daß die Sach
aus eine „weniger breite Grundlage" gestellt würde, um im Verhältnis
zu
dem
kleinen Lande
zu
stehen. Im Jahre
1877 heißt es wieder: „Die Universität ist unser Stolz
und unsere Freude" (Klein),
ist „eine Wohltat für das
ganze Land" (Goguel), ihre angemessene Ausstattung „eine der Geschichte
Pflicht
gegenüber
gans).
Am Schluß wird freilich doch dem Antrag Koechlin
Straßburgs"
(Schnee-
zugestimmt, „sämtliche Pläne zu revidieren und die geplanten
Anlagen bedeutend zu vermindern, einstweilen auch die Ar beiten einzustellen, bis das Reich sich über einen weiteren Zu schuß erklärt hat." So in der Sitzung vom 28. Februar?")
Ein paar Tage 'darauf, am 1. März, kam aber wieder ein stimmig der Beschluß zur Annahme, wonach sich die Sache
auf den Wunsch beschränkt, zu erfahren, „in welchem Maße
das Reich sich beteilige" —, ohne daß irgend eine Sanktion
daran geknüpft wurde. Geeignete» Zurede« in der Zwischen, zeit hatt« geholfen. In der Sitzung vom 12. Februar 1880
legte
der
Abgeordnete Zorn von Bulach
di«
praktischen
Hintergedanken offen, welch« den Landesaueschuß bisher zu den großen Bewilligungen bestimmt hätten: „Mr dachten
dadurch dem Land« au» feiner provisorischen Stellung heraus zu helfen; denn Elsaß-Lothringen war damals wie erstickt.
Wir dachten, daß, wenn wir «in« solche Universität hätte»,
wir wohl nicht länger in einem Zustand« absoluttr politischer Untergeordnetheit im Vergleich zu den benachbarten Staate»
bleiben würden. Ei» Teil der Wünsch« ist auch erfüllt. Aber wenn man jetzt bezüglich der Ausgaben so weiter geht, werden
wir einfach Halt g«bi«t