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German Pages 392 [394] Year 2023
Foto: © Oliviero Olivieri
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BA R RY S T R AU S S ist Professor für Alte Geschichte und Klassische Archäologie an der Cornell University sowie Corliss Page Dean Visiting Fellow an der Hoover Institution, Stanford University. Er ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet antiker Militärgeschichte und Bestsellerautor. Seine Bücher wurden in 20 Sprachen übersetzt und von der Presse hoch gelobt, darunter »The Battle of Salamis«, »Masters of Command« oder »Die Iden des März« (wbg Theiss, 2017).
Es war eine der größten Seeschlachten der Antike und ein entscheidender Wendepunkt der Weltgeschichte. Bei Actium standen sich die ägyptische Königin Kleopatra und Antonius auf der einen Seite und Octavian auf der anderen gegenüber. Auf dem Spiel stand nichts weniger als die Herrschaft über Rom. Der Sieg bei Actium ermöglichte es Octavian, der sich schon bald Augustus nannte, die Grundlagen für ein Reich zu schaffen, das über Jahrhunderte Bestand haben sollte: das römische Kaiserreich. Packend schildert Barry Strauss die Ereignisse dieses in seiner Bedeutung oft verkannten Krieges. »Barry Strauss beherrscht die seltene Kunst, antike Geschichte auf eine Weise lebendig werden zu lassen, die zugleich hoch gelehrt und höchst lesbar ist.« NAT IONA L R E V I E W
ISBN 978-3-8062-4538-7
€ 34,00 [D] € 35,00 [A]
Umschlagabbildungen: Antonius und Kleopatra in der Schlacht bei Actium, Gemälde von Johann Georg Platzer (1704-61), © Historic England / Bridgeman Images Umschlaggestaltung: Andreas Heilmann, Hamburg
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BA R RY S T R AUS S D I E G E B U RT D E S RÖ M I S C H E N KAISERREICHS
BA R RY S T R AUS S
D I E G E B U RT D E S
RÖ M I S C H E N KAISERREICHS Antonius, Kleopatra, Octavian und die Schlacht bei Actium
An einem Septembertag vor über zweitausend Jahren kämpften fast 200 000 Mann, die Besatzungen von 600 Kriegsschiffen, um die Herrschaft über ein Reich, das sich damals schon von der Normandie bis zum Euphrat erstreckte. Das Schicksal dieses Reichs lag in den Händen einer Frau und zweier Männer. Bei der Frau handelte es sich um eine der berühmtesten Königinnen der Geschichte: Kleopatra. An ihrer Seite kämpfte ihr Geliebter Marcus Antonius. Der Gegner der beiden war Octavian, der künftige Kaiser Augustus und vielleicht wichtigste Reichsgründer, den die westliche Welt je gekannt hat. Actium war der Höhepunkt eines sechsmonatigen Feldzugs. Doch im Ptolemäischen Krieg (wie man den Krieg zwischen Antonius und Octavian von 32 bis 30 v. Chr. nennt) waren längst nicht alle Operationen militärischer Natur: Eine wichtige Rolle spielten auch Diplomatie, Propaganda, Manipulation und »Fake News«, wirtschaftliche und finanzielle Konkurrenz sowie alle Facetten menschlicher Emotionen, nicht zuletzt Liebe, Hass und Eifersucht. »Barry Strauss gelingt der Hattrick des Historikers: Erstens erzählt er die erstaunliche wahre Geschichte, zweitens erweckt er die historischen Figuren zum Leben und drittens fügt er alles in das große Ganze ein und sagt uns, was es bedeutet.« S T E V E N PR E S SF I E L D
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Die Geburt des römischen Kaiserreichs
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Barry Strauss
DIE GEBURT DES RÖMISCHEN
KAISERREICHS Antonius, Kleopatra, Octavian und die Schlacht bei Actium
Aus dem Englischen von Cornelius Hartz
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Die englische Originalausgabe erschien 2022 unter dem Titel The War that made the Roman Empire. Antony, Cleopatra, and Octavian at Actium bei Simon & Schuster, Inc. © 2022 by Barry S. Strauss All Rights Reserved. Die deutsche Ausgabe erscheint gemäß der Vereinbarung mit Simon & Schuster, Inc. in deutscher Erstübersetzung bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. wbg Theiss ist ein Imprint der wbg. © der deutschen Ausgabe 2023 by wbg (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht. Redaktion: Melanie Kattanek, Gunzenhausen Gestaltung und Satz: Arnold & Domnick, Leipzig Einbandgestaltung: Andreas Heilmann, Hamburg Einbandabbildung: Antonius und Kleopatra in der Schlacht bei Actium, Gemälde von Johann Georg Platzer (1704-61), © Historic England / Bridgeman Images Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-4538-7 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF): ISBN 978-3-8062-4629-2 eBook (epub): ISBN 978-3-8062-4630-8
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Im Gedenken an meine Eltern
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Inhalt Ein vergessenes Denkmal Nikopolis, Griechenland ................................................................. 11
Teil 1: DIE SAAT DES KRIEGES 44–32 v. Chr.
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Der Weg nach Philippi .................................................................... 20 Rom und Philippi, 44–42 v. Chr.
2
Der Kommandant und die Königin .............................................. 41 Ephesos, Tarsos, Alexandria und Perusia, 42–40 v. Chr.
3
Drei Verträge und eine Heirat ........................................................ 58 Sizilien, Brundisium, Rom, Misenum, Athen und Tarent, 40–36 v. Chr.
4
Octavians Sieg und Antonius’ Comeback..................................... 77 Von Sizilien zum Partherreich, 36–34 v. Chr.
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Der Krieg kündigt sich an .............................................................. 101 Rom, Ephesos und Athen, 32 v. Chr.
Teil 2: EIN PLAN UND EIN ANGRIFF Herbst 32 bis April 31 v. Chr.
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Die Invasoren ................................................................................... 124 Westgriechenland, Herbst 32 v. Chr.
7
Die Schiffskrone ............................................................................... 140 Italien, März 31 v. Chr.
8
Der afrikanische König ................................................................... 149 Methone, März 31 v. Chr.
9
Caesar auf der Rührkelle ................................................................. 161 Westgriechenland, April 31 v. Chr.
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Teil 3: DIE SCHLACHT BEI ACTIUM August bis 2. September 31 v. Chr.
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Apollos Rache ................................................................................... 183 Actium, August 31 v. Chr.
11
Die Schlacht ...................................................................................... 202 Actium, 2. September 31 v. Chr., Vormittag
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Das goldene Schiff mit den purpurnen Segeln............................. 224 Actium, 2. September 31 v. Chr., ungefähr 14–15 Uhr
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Octavian, der Barmherzige ............................................................. 243 Actium und Kleinasien, 3. September 31 bis Frühjahr 30 v. Chr.
Teil 4: DAS ENDE September 31 bis Januar 27 v. Chr.
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Exil in Indien?................................................................................... 260 Alexandria, September 31 bis August 30 v. Chr.
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Der Biss der Schlange ...................................................................... 276 Alexandria, 1.–10. August 30 v. Chr.
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„Ich wollte einen König besuchen“................................................. 295 Alexandria, 30 v. Chr.
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Der Triumphzug .............................................................................. 307 Rom, August 29 bis Januar 27 v. Chr.
Anhang Zeittafel.............................................................................................. 326 Danksagung ...................................................................................... 328 Anmerkungen................................................................................... 331 Literaturhinweise ............................................................................. 355 Abbildungsnachweis ........................................................................ 364 Register .............................................................................................. 365
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Ein vergessenes Denkmal Nikopolis, Griechenland
Auf einer Halbinsel in einem Winkel Griechenlands, in den sich kaum je ein Tourist verirrt, hoch oben auf einem Hügel zwischen dem Mittelmeer und einem ausgedehnten, sumpfigen Golf befinden sich die Überreste eines der wichtigsten, zugleich aber am wenigsten beachteten Kriegsdenkmäler der Geschichte. Die wenigen verbliebenen Steinblöcke lassen die ursprüngliche Größe des Denkmals kaum mehr erahnen. Noch vor ein paar Jahrzehnten lagen seine Überreste wild durcheinander und waren von Gestrüpp überwuchert, doch nach jahrelangen Ausgrabungen und Untersuchungen kann man heute immerhin einen Eindruck von seiner Machart bekommen. Besucher finden Quader aus Kalkstein, Marmor und Travertin vor, die eine Terrasse auf diesem Hügel säumen. Man erkennt darauf noch gut die Reste lateinischer Inschriften – die Buchstaben sind mit klassischer Präzision eingemeißelt. Hinter den Blöcken mit den Inschriften verläuft eine Mauer, die in regelmäßigen Abständen geheimnisvolle Vertiefungen aufweist. Dort waren einst die bronzenen Rammsporne von Galeeren eingesetzt, die in der Schlacht gekapert worden waren. Insgesamt 35 Rammsporne ragten im rechten Winkel aus dem Mauerwerk hervor. Es war, soweit wir wissen, die größte Zurschaustellung erbeuteter Rammsporne im antiken Mittelmeerraum. Eine Trophäe von ganz eigentümlicher barbarischer Pracht. Ein Monument aus erbeuteten Waffen. Doch wie jeder Römer wusste, lag der Sieg in den Händen der Götter, und die hatte man hier selbstverständlich nicht vergessen. Hinter den beiden Mauern, weiter oben auf dem Hügel, befand sich ein riesiges FreiluftHeiligtum, dem Kriegsgott Mars und dem Meeresgott Neptun geweiht.
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Ein vergessenes Denkmal
Ein weiteres Freiluft-Heiligtum gab es für Apollo, den Herrn des Lichts. Ein Relieffries erinnerte an den Triumphzug in Rom, mit dem sich der Sieger hatte feiern lassen. Der riesige Komplex erstreckte sich auf etwa 3000 Quadratmetern. Wenn man so will, war dieses Denkmal der Grundstein des römischen Kaiserreichs. Aus gutem Grund wurde es hier in Griechenland, 1000 Kilometer von Rom entfernt, errichtet und nicht in Italien. Denn es erinnerte an eine Schlacht, die in den Gewässern am Fuße dieses Hügels stattgefunden hatte: die Schlacht bei Actium. Es war ein Kampf um das Herz des Römischen Reiches – darum, ob sein Schwerpunkt künftig im Osten oder im Westen liegen würde. Und da Europa quasi das Kind des römischen Kaiserreichs ist, das in dieser Schlacht gezeugt wurde, war dieser Kampf ein veritabler Wendepunkt, ein Scharnier der Geschichte. Sinnbildlich stand diese Schlacht auch für zwei Arten der Kriegführung – man könnte sie als die konventionelle und die unorthodoxe Kriegführung bezeichnen. Die eine Seite verkörperte, was (scheinbar) den sicheren Sieg bedeutete: große Bataillone, das neueste Kriegsgerät und Geld ohne Ende. Der anderen Seite fehlte es an Geld, und sie hatte mit Widerstand im eigenen Land zu kämpfen, aber dafür verfügte sie über jede Menge Erfahrung, Fantasie und Wagemut. Die eine Seite wartete darauf, dass der Feind angriff; die andere Seite setzte alles auf eine Karte und ging in die Offensive. Die eine Seite suchte die direkte Konfrontation; die andere wählte einen indirekten Ansatz. Solche Aspekte stehen heute noch im Mittelpunkt von Debatten über Kriegsstrategien. An einem Septembertag vor über 2000 Jahren kämpften 600 Kriegsschiffe mit fast 200 000 Mann an Bord um die Herrschaft über ein Imperium, das sich schon damals von der Normandie bis zum Euphrat erstreckte und später noch weiter wachsen sollte, bis es vom heutigen Edinburgh bis an den Persischen Golf reichte. Das Schicksal dieses Imperiums lag in den Händen einer Frau und zweier Männer. Bei der Frau, die stets ihre Dienerinnen um sich hatte, handelte es sich um eine der berühmtesten Königinnen der Geschichte: Kleopatra. Kleopatra war mehr als bloß die Königin der Herzen und Ikone des Glamours, als die William Shakespeare und Elizabeth Taylor sie später
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Nikopolis, Griechenland
unsterblich machen sollten. Sie war eine der brillantesten und einfallsreichsten Frauen in der Geschichte der Staatskunst. An ihr als historischer Figur lassen sich diverse Was-wäre-wenn-Szenarien entwickeln. Kleopatra war zumindest zum Teil Makedonierin, zum Teil Perserin und wahrscheinlich zum Teil auch Ägypterin. Und kaum eine Frau hat je eine dermaßen entscheidende Rolle in der Strategie und Taktik eines Krieges gespielt, der den Fortgang der Weltgeschichte bestimmen sollte, wie Kleopatra. An ihrer Seite kämpfte ihr Geliebter Marcus Antonius, dem Shakespeare das berühmte „Freunde, Römer, Landsleute!“ in den Mund legte. Jener Mann, der nach den Iden des März auf dem Forum Romanum eine Lobrede auf Iulius Caesar gehalten und auf dem Schlachtfeld bei Philippi Caesars Mörder zur Strecke gebracht hatte. Der Gegner der beiden war Octavian, der spätere Kaiser Augustus und wohl wichtigste Reichsgründer der westlichen Welt. Ihm zur Seite stand Marcus Vipsanius Agrippa als unentbehrlicher Admiral und seine rechte Hand. Auch wenn man ihn oft übersieht, war Agrippa der eigentliche Architekt von Octavians Sieg. Er und sein Dienstherr bildeten eines der bedeutendsten Zweiergespanne der Geschichte. In Actium nur im Geiste anwesend (sie war in Rom geblieben) war Kleopatras frühere Rivalin um den Platz an Antonius’ Seite: Octavians Schwester Octavia, von der Antonius sich kurz zuvor hatte scheiden lassen. Traditionell gilt Octavia als unterwürfige Frau, die vieles erduldete, doch tatsächlich war sie eine fähige Agentin, die ihrem Bruder direkt Bericht erstattete, und das aus dem Schlafzimmer seines wichtigsten Konkurrenten. Wie so oft in der Geschichte hatten auch und gerade die scheinbar unbedeutenden Akteure einen besonders großen Einfluss. Actium war das entscheidende Ereignis jener Epoche, und seine Folgen waren enorm. Hätten Antonius und Kleopatra gesiegt, hätte sich der Schwerpunkt des Römischen Reiches nach Osten verlagert. Alexandria in Ägypten hätte mit Rom um den Status als Reichshauptstadt konkurriert. Ein mehr in Richtung Osten orientiertes Imperium hätte dem Byzantinischen Reich geähnelt. Zweifellos hätte der Fokus dort mehr auf der griechischen, ägyptischen und jüdischen Kultur und anderen Kulturen des östlichen Mittelmeerraums gelegen, als die lateinischsprachige Elite des
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Ein vergessenes Denkmal
kaiserlichen Roms dies zuließ. Gut möglich, dass ein solches Römisches Reich darauf verzichtet hätte, Britannien zu erobern und sich mit den Germanen herumzuschlagen. Und vielleicht hätte es insgesamt keine so deutlichen Spuren in Westeuropa hinterlassen. Aber so kam es ja nicht, denn der Sieg gehörte Octavian. Und dieser weihte nun rund zwei Jahre nach der Schlacht, um 29 v. Chr., an der Stelle, wo damals sein Hauptquartier gestanden hatte, das Siegesdenkmal. Folgenden Text ließ er hineinmeißeln: Der imperator [= siegreiche Feldherr] Caesar, Sohn eines Gottes, Sieger in dem Krieg, den er im Namen der Republik in dieser Region führte, als er zum fünften Mal Konsul war und zum siebten Mal zum siegreichen imperator ernannt wurde, weihte Mars und Neptun, nachdem zu Lande und zu Wasser der Frieden gesichert war, das mit Beute aus dem Seekrieg geschmückte Lager, von dem aus er in die Schlacht gezogen war.1 Vom Denkmal aus hatte man einen weiten Blick. Im Nordosten erstreckt sich der Ambrakische Golf, damals Golf von Actium genannt, im Südwesten liegt die Insel Lefkas oder Lefkada, damals „Leukas“, im Westen das Ionische Meer. Im Nordwesten sieht man die Inseln Paxos und Antipaxos, im Norden die Berge von Epirus. Wer einst von unten den Hügel hinaufblickte, sah das Siegesdenkmal, egal ob er auf Land stand oder sich auf dem Meer befand. In der Ebene unterhalb des Denkmals gründete der Sieger, wie es die großen Eroberer des Altertums zu tun pflegten, eine neue Stadt. Er nannte sie „Stadt des Sieges“, auf Griechisch „Nikopolis“.2 Sie wurde eine florierende Hafen- und Provinzhauptstadt und ein beliebtes Touristenziel und blieb es für Jahrhunderte. Alle vier Jahre fand dort ein großes Sportfest statt, die „Aktischen Spiele“ (Actia oder ludi Actiaci). „Stadt des Sieges“ – kaum waren also die Soldaten fort, traten die Mythenmacher auf den Plan. War Actium wirklich so ein überwältigender Sieg? Geht man nach den großen Marmorbauten von Nikopolis, den Myriaden von Verwaltungsbeamten und den Spitzensportlern, die hier alle
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Nikopolis, Griechenland
vier Jahre schwitzten und sich bejubeln ließen, dann muss er es wohl gewesen sein. Die Geschichtsbücher sehen das genauso, aber es war schon damals so, wie es immer ist: Sie werden von den Siegern geschrieben. Octavian bzw. Augustus, wie er sich schon bald nennen ließ, hätte zweifellos dem britischen Premierminister Winston Churchill zugestimmt, der einmal sagte, die Geschichte werde gnädig mit ihm umgehen: „[...] da ich beabsichtige, sie selbst zu schreiben“.3 In Nikopolis schrieb Augustus seine Geschichte in Stein. Und mit Tinte schrieb er sie ebenfalls – in seinen Memoiren, die schon in der Antike berühmt waren, heute aber leider verloren sind. Immerhin finden sich Teile davon in anderen antiken Werken, die erhalten sind. Doch diese liefern lediglich ein skizzenhaftes Bild von Actium, und sie widersprechen einander in einigen wichtigen Punkten. Um zu rekon struieren, was wirklich geschah, dafür fehlt uns ohnehin, wie schon angedeutet, Antonius’ und Kleopatras Version der Ereignisse: In den erhal tenen Quellen hat sie nur wenige Spuren hinterlassen. Actium war also eine wichtige Schlacht. Aber sie stand nicht für sich allein. Sie war der Höhepunkt eines sechsmonatigen Feldzugs mit diversen Gefechten zu Land und zur See. Ein Jahr später folgte ein kurzer, aber entscheidender Feldzug Octavians in Ägypten. Außerdem waren im Ptolemäischen Krieg (wie man die Auseinandersetzung zwischen Antonius und Octavian von 32 bis 30 v. Chr. heute landläufig nennt) längst nicht alle Operationen militärischer Natur: Eine wichtige Rolle spielten auch Diplomatie, Propaganda, Manipulation und „Fake News“, wirtschaftliche und finanzielle Konkurrenz sowie alle Facetten menschlicher Emotion, nicht zuletzt Liebe, Hass und Eifersucht. Wie so vieles, was wir über Actium zu wissen glauben, sind auch die Stadt und das Siegesdenkmal, das über ihr thronte, Teil eines Mythos. Was den Mythos Actium jedoch ganz besonders brisant macht, ist die Tatsache, dass er so wenig greifbar ist. Das Forschungsfeld „Actium“ blickt auf eine reiche wissenschaftliche Tradition zurück. Aber obwohl längst bekannt ist, dass das, was wirklich passiert ist, wenig mit der offiziellen Version zu tun hat, waren sich die Wissenschaftler im Laufe der Zeit immer wieder uneins. In den 1920er-Jahren gab es eine einflussreiche
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Lehrmeinung, die besagte, weil Actium so schnell begonnen und geendet hatte, sei es eine ganz unbedeutende Schlacht gewesen, und Octavians Propaganda habe das Ganze über Gebühr aufgebauscht. Dank jüngster archäologischer Funde und der Neuinterpretation literarischer Quellen ist diese Lehrmeinung inzwischen überholt. Das neue Material zeigt, dass es sich mehr als lohnt, sich intensiver mit dem Krieg, der Antonius und Kleopatra schließlich das Leben kostete und Octavian zum Augustus und damit zum ersten römischen Kaiser machte, zu befassen. Ein Aspekt, der diesen Zeitraum so spannend macht, ist etwa, dass über kaum eine historische Gestalt des Altertums so viel überliefert ist wie über Kleopatra – sie selbst sorgte dafür, dass dieses Ringen um die Macht von Anfang an mythisch aufgeladen war. Auch Octavian und Antonius leisteten dazu allerdings ihren Beitrag. Octavian nannte sich den Vorkämpfer Apollos, des Gottes der Vernunft, gegen die Mächte der rohen, berauschten Irrationalität. Er behauptete, dieser Krieg sei ein Kampf des Westens gegen den Osten. Des Anstands gegen die Unmoral. Der Männlichkeit gegen die weibliche Herrschsucht. Heute neigt man dazu, diese Kategorien anders zu deuten, und verweist gerne auf den Antiorientalismus, den Rassismus und die Misogynie von Octavians Propaganda. Die Haltung von Antonius und Kleopatra ist nicht ganz so einfach zu rekonstruieren, aber auch dazu enthalten die Quellen einige Hinweise. Kleopatra stilisierte sich als Anführerin des Widerstands gegen Rom, als Vorkämpferin des gesamten östlichen Mittelmeerraums, und betonte den gerechten Zorn gegen den arroganten Eindringling aus dem Westen. Mehr noch, sie behauptete, sie sei eine Erlöserin, die irdische Verkörperung der Göttin Isis, und ihr Sieg werde ein Goldenes Zeitalter einläuten. Stolz darauf, ihr Gefährte zu sein, verkündete Antonius, er sei beseelt vom Gott Dionysos, der einst Asien erobert hatte. In seinen Augen war Octavian nicht nur eifersüchtig, sondern gottlos. (Dass Dionysos zugleich der Gott des Alkohols war, war für Octavians Propagandachefs natürlich ein gefundenes Fressen.) Antonius betrachtete sich als Verteidiger des römischen Adels und des Senats gegen einen tyrannischen Emporkömmling von niederer Geburt. Kleopatra wiederum sah sich als Beschützerin der 300 Jahre alten Dynastie der Ptolemäer. Beide wussten: Wenn es ihnen
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nicht gelang, Octavian Einhalt zu gebieten, riskierten sie, alles zu verlieren, was sie für sich und ihre Kinder aufgebaut hatten. Dieses Buch zeichnet die Schlacht bei Actium so detailliert wie möglich nach, und es beinhaltet erstmals eine Rekonstruktion des eigentlichen Wendepunkts in diesem Krieg – eines Gefechts, das erstaunlicherweise schon rund ein halbes Jahr vor Actium stattfand: Ich werde die operativen Details dieses wagemutigen Angriffs durch Agrippa rekonstruieren – mit dem Antonius überhaupt nicht gerechnet hatte. Viele interessieren sich besonders für die offenen Feldschlachten der Geschichte, aber oft waren und sind es die unkonventionellen, überraschenden Taktiken, die den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmach(t)en. Im Ptolemäischen Krieg beispielsweise spielte der abgesetzte König von Mauretanien, der in einem abgelegenen Hafenstädtchen auf der Peloponnes saß, eine ganz entscheidende Rolle. Antonius, Kleopatra und Octavian waren dort überhaupt nicht dabei. Doch so wichtig Agrippas Angriff auch war: Man muss ihn im Kontext eines nicht-militärischen Konflikts sehen, der zu diesem Zeitpunkt bereits über ein Jahr lang schwelte. Denn der Ptolemäische Krieg war mehr als eine Reihe blutiger Schlachten, mindestens ebenso wichtig waren politische Manöver, diplomatische Winkelzüge, die Manipulation der öffentlichen Meinung, gezielter wirtschaftlicher Druck – und Sex. Antonius begegnet uns in einigen neueren biografischen Abhandlungen als eine viel beeindruckendere Persönlichkeit als bislang. So erscheint sein Partherfeldzug in den Jahren 36 bis 34 v. Chr. dank der jüngeren Quellenkritik in einem neuen Licht. Früher galt er als desaströser Fehlschlag, doch offenbar zielte dieser Feldzug nur indirekt auf das Partherreich ab, und auch wenn er nicht von Erfolg gekrönt war: Ein Desaster war er noch lange nicht, und die diplomatischen Nachwirkungen ermöglichten es Antonius, viel von dem, was er verloren hatte, wiederzugewinnen. Allerdings lässt es gerade dieser Erfolg umso erstaunlicher erscheinen, dass er bei A ctium unterlag. Der Ptolemäische Krieg endete mit einem Siegesdenkmal aus Bronze und Stein auf einem Hügel am Meer und einer neuen Stadt am Fuße dieses Hügels. Doch der Konflikt, der diesen Krieg auslöste, nahm seinen Anfang mehr als zehn Jahre früher. In Rom.
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Teil 1
DIE SAAT DES KRIEGES 44–32 v. Chr.
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Kapitel 1
Der Weg nach Philippi Rom und Philippi, 44–42 v. Chr. Die Schlacht bei Actium im Jahr 31 v. Chr. hatte ihre Wurzeln in Ereignissen, die bereits einige Jahre zurücklagen. Der ursprüngliche Auslöser war ein Krieg, der 49 v. Chr. begann, als Iulius Caesar mit seinen Legionen den Rubikon überquerte, einen kleinen Fluss, der die Grenze zwischen der Militärzone Gallien und dem zivilen Italien markierte. Mit dieser Aktion brach Caesar einen Bürgerkrieg vom Zaun, der vier Jahre dauerte. Er besiegte alle seine Feinde und ließ sich schließlich zu Roms dictator perpetuus ernennen, zum „Alleinherrscher ohne zeitliche Begrenzung“, was bei der alten römischen Elite für so viel Unmut sorgte, dass sich mehrere Senatoren zusammentaten und ihn am 15. März 44 v. Chr. während einer Senatssitzung in Rom erstachen: die berüchtigten Iden des März. Die Attentäter glaubten, sie hätten die Republik wiederhergestellt, doch in Wirklichkeit sorgten sie lediglich dafür, dass sich die streitbaren Anhänger Caesars zusammenrauften und eine Koalition eingingen. Bis es so weit war, dauerte es über ein Jahr. In diesem Jahr kam es zunächst zu mehreren bewaffneten Konflikten, die eine Atmosphäre des gegenseitigen Misstrauens schufen. Bereits im April 44 v. Chr. kreuzten sich kurzzeitig die Wege der Protagonisten dieser späteren Koalition. Es war der Monat nach der Ermordung Caesars, es war regnerisch, und die frühlingshafte Blütenpracht wurde überschattet vom Tod. In diesem April 44 v. Chr. trafen sich also in und um Rom sämtliche Hauptakteurinnen und -akteure der Politik der nächsten anderthalb Jahrzehnte. Sie sollten in der Folge nicht nur die Geschicke Roms bestimmen, sondern die des ganzen Mittelmeerraums. Marcus Antonius war zu dieser Zeit einer der zwei Konsuln, der höchsten Amtsträger Roms. (Sein Kolle-
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ge hatte weitaus weniger Autorität als er.) Kleopatra war die Königin von Ägypten und damit die Herrscherin des reichsten unabhängigen Königreichs im Einflussbereich Roms. Octavian war gerade erst mittels posthumer Adoption zum Sohn Caesars und Erben eines Großteils von dessen enormem Vermögen ernannt worden. Seine ältere Schwester Octavia war mit einem bedeutenden römischen Politiker und Ex-Konsul verheiratet, aber das sollte sich in nicht allzu ferner Zukunft ändern. Und schließlich war da noch Agrippa, Octavians Jugendfreund und treuer Gefährte, der später zu seinem unentbehrlichen Admiral aufsteigen sollte. Diese Männer und Frauen waren drauf und dran, in ganz unterschiedliche Winkel der römischen Welt aufzubrechen, doch sie alle würden sich irgendwann wiedersehen. Die meisten von ihnen dreizehn Jahre später im Umfeld der Schlacht bei Actium. Als Erste reiste Kleopatra aus Rom ab. Die 25-jährige Königin hatte bereits zwei Jahre zuvor in einer Mischung aus Geschäfts- und Vergnügungsreise die Stadt besucht. Dass ausländische Herrscher nach Rom kamen, war an sich nicht ungewöhnlich, aber bei Kleopatra ging es nicht nur um Diplomatie: Sie war die Geliebte Caesars. Nachdem die zwei in Ägypten eine Affäre begonnen hatten, hatte sie 47 v. Chr. einen Sohn zur Welt gebracht. Er hieß Ptolemaios Kaisar (= Caesar), ist heute aber eher unter seinem Spitznamen Caesarion („Klein-Caesar“ oder „Caesarlein“) bekannt. Kleopatra behauptete, Caesar sei der Vater, was der dictator selbst aber weder zugeben noch dementieren wollte. Gut möglich, dass sie den Jungen mit nach Rom brachte. Offenbar war sie nun erneut von Caesar schwanger, erlitt später jedoch eine Fehlgeburt.1 Dennoch verließ Kleopatra Rom nicht sofort nach den Iden des März. Sie war ja nicht nur eine trauernde Geliebte, sondern auch eine Königin, und um Ägyptens willen musste sie sicherstellen, dass Rom auch unter seinen neuen Herrschern ihrem Land freundlich gesinnt blieb, egal wer diese neuen Herrscher waren. Während ihres Aufenthalts in Rom hatte sie viele prominente Persönlichkeiten kennengelernt, darunter auch Marcus Antonius. Antonius war einer von Caesars besten Generälen. Er war der Spross einer führenden, wenn auch nicht sonderlich hoch angesehenen Adels-
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familie. Mit seinen 39 Jahren war er der Älteste der Runde. Er war im Herzen Soldat, aber zugleich ein begabter Redner. Allerdings war er kein Revolutionär, und er hatte mehr Respekt vor den traditionellen Institutionen der Republik als manch anderer. Dennoch war er auch kein konservativer Prinzipienreiter. Mit seinen 18 Jahren war Octavian ein politisches Wunderkind. Väterlicherseits stammte er aus dem italischen Großbürgertum, aber die Mutter seiner Mutter gehörte einem der großen römischen Adelsge schlechter an, den Juliern. Iulius Caesar war sein Großonkel und nahm den Jungen unter seine Fittiche, nachdem Octavian im Alter von vier Jahren seinen Vater verloren hatte. Im Herbst 45 v. Chr., sechs Monate vor seinem Tod, änderte Caesar sein Testament zu Octavians Gunsten und schickte den Achtzehnjährigen anschließend über die Adria, damit er mithalf, einen für 44 v. Chr. geplanten Feldzug im Osten zu organisieren. Als er von Caesars Ermordung erfuhr, kehrte Octavian ganz diskret mit einem Gefolge nach Rom zurück, und diesem Gefolge gehörte auch Agrippa an. So jung Octavian war, so machthungrig war er. Antonius ärgerte sich maßlos darüber, dass es dem „Knaben“ gelungen war, sich mithilfe von Caesars Testament aus dem Stand ganz nach oben zu katapultieren, und er war wild entschlossen, Octavian in seine Schranken zu weisen. Schon da und dort, im Frühjahr 44 v. Chr. in Rom, werden diese drei Männer und zwei Frauen gewusst haben, dass ihr Ehrgeiz sie entweder zusammenschweißen oder aber entzweien würde. Doch keiner von ihnen konnte ahnen, welche dramatischen Verwicklungen ihnen bevorstanden.
Der Aufstieg des Marcus Antonius Im April 44 v. Chr. verließen Caesars Attentäter Italien und reisten in unterschiedliche Provinzen. Einige regierten bzw. verwalteten die jeweilige Provinz, andere befehligten dort Armeen. Einige rekrutierten Finanziers, andere politische Verbündete. Aber alle bereiteten sie sich auf die unausweichliche Auseinandersetzung mit den Anhängern des verstorbenen dictator vor. Derweil scharten sich in Rom die Politiker um Antonius und Octavian.
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Es ist nicht ganz einfach, Antonius’ Perspektive auf diese Ereignisse nachzuzeichnen. In den meisten Geschichtswerken, die nach Actium geschrieben wurden, steht der Sieger Octavian im Vordergrund, nicht der besiegte Antonius. Als Quellen seiner Kommunikationsstrategie haben wir lediglich einige Münzen, die in seinem Namen ausgegeben wurden; und mit Ausnahme einiger weniger Zitate aus seinen Briefen ist von ihm nichts Schriftliches erhalten, seine eigenen Werke sind verloren. Die wichtigste erhaltene literarische Quelle zu ihm ist Plutarchs († nach 120 n. Chr.) Biografie: Im Leben des Antonius, der denkwürdigsten seiner fünfzig auch als Parallelviten bekannten Biografien, zeigt sich der meisterhafte Schriftsteller in Höchstform. Im Jahr 1607 verwendete Shakespeare diese Quelle als Grundlage für sein Drama Antonius und Cleopatra. Gleichwohl: Plutarchs Text muss man mit Vorsicht genießen. Zunächst einmal schrieb er mehr als hundert Jahre nach Antonius’ Tod. Und auch wenn er ältere Quellen zurate zog, um beide Seiten des Konflikts nachzuvollziehen, steht Plutarch eindeutig aufseiten der offiziellen „augusteischen“ Interpretation. Außerdem hat er seine eigene literarisch-philosophische Agenda und neigt hier und da zu kreativem Erfindungsreichtum oder Übertreibung. Im 9. Buch der Parallelviten stellt Plutarch dem Antonius den Makedonen Demetrios I. Poliorketes (337–283 v. Chr.) gegenüber, der als großer, aber gescheiterter König und Feldherr in die Geschichte einging. Als Quelle noch problematischer sind die vierzehn Philippischen Reden gegen Antonius, die 43 v. Chr. von seinem politischen Gegner Marcus Tullius Cicero verfasst wurden. Diverse Geschichtswerke aus der Kaiserzeit beinhalten ebenfalls Informationen über Antonius – die wichtigsten sind die Schriften von zwei römischen Bürgern aus dem griechischen Osten: Appian aus Alexandria († ca. 165 n. Chr.) und Cassius Dio aus Bithynien im Nordwesten der heutigen Türkei († ca. 235 n. Chr.). Wer zwischen den Zeilen liest, kann aus diesen Quellen Antonius’ Version der Geschehnisse rekonstruieren, aber nie so detailliert wie die seines siegreichen Rivalen Octavian, aus dem schon bald Augustus, Roms erster Kaiser, werden sollte. Selbst 2000 Jahre später beschäftigt man sich noch mit Augustus und will wissen, wie ihm sein rasanter Aufstieg gelang. Antonius hingegen sieht man heutzutage höchstens noch als abschreckendes Beispiel.
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Marcus Antonius wurde an einem 14. Januar um das Jahr 83 v. Chr. in eine römische Adelsfamilie hineingeboren. Die Antonii waren erfolgreich, aber skandalumwittert, und Antonius blieb dieser „Linie“ treu. Sein Großvater väterlicherseits, der ebenfalls Marcus hieß und ein angesehener Redner und Anwalt war, bekleidete beide höchsten römischen Ämter: den Konsulat und das Zensorenamt. Doch 87 v. Chr., während des Bürgerkriegs zwischen den römischen Generälen Gaius Marius und Lucius Cornelius Sulla, wurde er ermordet. Zuvor soll er untergetaucht sein, doch seine Schwäche für Wein sorgte dafür, dass er seine Deckung verlor. Der alte Mann wurde enthauptet, und sein Kopf wurde zusammen mit denen anderer prominenter Opfer an die Rednertribüne auf dem Forum Romanum genagelt – wie die abgetrennten Köpfe von Antonius’ Großvater und Onkel mütterlicherseits. „Unser“ Antonius wuchs gewissermaßen im Schatten seiner toten Verwandten auf. Sein Vater, der ebenfalls Marcus Antonius hieß, erhielt das Kommando über einen Feldzug gegen die mit Piraten im Bunde stehende Insel Kreta. Dabei erlitt er eine dermaßen verheerende Niederlage, dass man ihm den Beinamen „Creticus“ verpasste, der ihn ironisch als „Eroberer von Kreta“ auswies. Er starb kurze Zeit später. Nach dem Tod des Vaters heiratete Antonius’ Mutter Iulia einen Patrizier, und dieser wurde ein Jahr nach seiner Amtszeit als Konsul wegen unmoralischen Verhaltens aus dem Senat ausgeschlossen. Im Jahr 63 v. Chr. beteiligte er sich an der sogenannten Catilinarischen Verschwörung, einem Staatsstreich, angezettelt von abtrünnigen Politikern. Er wurde denunziert und verhaftet und auf Befehl des damaligen Konsuls Cicero ohne Gerichtsverfahren hingerichtet. Von da an war Cicero Antonius’ persönlicher Feind. Der junge Antonius sah gut aus, er war energisch, sportlich und charmant – er hatte Charisma. Hin und wieder ließ er sich einen Bart stehen, um wie der Halbgott Herkules auszusehen, der mythische Vorfahr seiner Familie. In seinem Verhalten spiegelte sich diese edle Abstammung allerdings ganz und gar nicht wider. In Rom war Antonius berüchtigt für seine Trinkgelage, seine Frauengeschichten, seine Schulden und die zwielichtigen Gestalten, mit denen er sich abgab. Erst mit Mitte zwanzig wurde
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er etwas ruhiger. Er studierte in Griechenland Rhetorik, und zwischen 58 und 55 v. Chr. tat er sich als Kavalleriekommandant im Osten hervor. Dort nahm er bei einer Belagerung zum ersten Mal an einem bewaffneten Kampf teil: Er war der erste Mann auf der Mauer und stellte damit seine große Tapferkeit unter Beweis. Mehrere militärische Einsätze folgten. Als Offizier machte er sich bei seinen Soldaten beliebt, indem er mit ihnen zusammen die Mahlzeiten einnahm. Antonius leistete Caesar in Gallien gute Dienste. Er war unter anderem Caesars Quästor (Finanzbeamter und Gehilfe), und aufgrund ihrer engen Zusammenarbeit schuldete er seinem Dienstherrn lebenslange Loyalität (fides). Als Antonius 50 v. Chr. nach Rom zurückkehrte, bekleidete er das Amt des Volkstribuns. Jedes Jahr wurden zehn Volkstribunen gewählt, die die Interessen der einfachen Bürger vertreten sollten. Antonius versuchte, den Senat davon abzuhalten, Caesar in Gallien durch einen anderen Statthalter zu ersetzen und seine Verhaftung anzuordnen, doch er hatte keinen Erfolg. Also flüchtete er aus Rom und zu Caesar. Während des Bürgerkriegs (49–45 v. Chr.), der begann, als Caesar den Rubikon überschritt, erwies sich Antonius als hervorragender General und gewiefter politischer Akteur. Ihm wurden wichtige Aufgaben übertragen: Antonius organisierte die Überfahrt von Caesars Legionen von Italien über die vom Feind kontrollierte Adria und stellte vom römischen Makedonien aus die Verbindung zu Caesar her. Seine größten Lorbeeren erwarb er sich aber am 9. August 48 v. Chr in der Schlacht von Pharsalos in Mittelgriechenland, dem entscheidenden Gefecht gegen Caesars Rivalen Gnaeus Pompeius Magnus (106–48 v. Chr.), wo er die linke Flanke befehligte. Nachdem Caesars Veteranen Pompeius’ Reihen durchbrachen, verfolgte Antonius’ Kavallerie den fliehenden Feind. Doch trotz all seiner militärischen Erfolge hatte Antonius am Ende nie wirklich das Sagen. In der Politik hatte er überhaupt kein glückliches Händchen. Nach Pharsalos kehrte er auf Caesars Befehl nach Rom zurück, während Caesar selbst noch ein Jahr im Osten blieb, und diente dort als magister equitum (Oberbefehlshaber der Kavallerie) und damit als Stellvertreter Caesars. Jetzt nahm er den ausschweifenden Lebensstil seiner Jugend wieder auf, und das mit großer Hingabe. Die Quellen sprechen von
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dekadenten Feiern und von Löwen gezogenen Wagen, von durchzechten Nächten, nach denen er sich in aller Öffentlichkeit auf dem Forum erbrach. Auch seine Affäre mit einer Schauspielerin und ehemaligen Sklavin, die den Künstlernamen Cytheris („Venusmädchen“) trug, blieb niemandem verborgen, da sich die beiden gemeinsam in einer Sänfte durch die Straßen Roms tragen ließen. Antonius hatte in Rom weder im zivilen noch im militärischen Bereich die Lage unter Kontrolle. Als die Befürworter eines allgemeinen Schuldenerlasses und einer Mietpreisbremse auf die Straßen gingen und randalierten, floss Blut: Antonius schickte Soldaten auf das Forum – die 800 Menschen töteten. Unterdessen meuterten einige von Caesars altgedienten Legionären, die nun wieder in Italien waren. Sie forderten ihren Sold und ihre Entlassung. Als Caesar im Herbst nach Rom zurückkehrte, brachte er die Proteste zum Ende und erklärte sich bereit, die Mieten zu senken; von einem Schuldenerlass wollte er jedoch nichts wissen. Caesar rügte Antonius vor dem versammelten Senat, doch wenig später verzieh er ihm. Antonius wurde wieder ruhiger, als er sich scheiden ließ und wieder heiratete, diesmal eine zweimal verwitwete Adlige namens Fulvia. Verglichen mit den anderen einflussreichen Römerinnen dieser Zeit war sie eine Klasse für sich. Fulvia rekrutierte ihre eigene Armee, und wenn man der Propaganda ihrer politischen Gegner glauben kann, trug sie zu einem Zeitpunkt sogar selbst ein Schwert und kommandierte persönlich ihre Truppen. Aber vor allem kämpfte sie mit Worten. Fulvia war durch und durch eine Anhängerin des einfachen Volkes. Sie war dreimal verheiratet, jedes Mal mit einem volksnahen Politiker: Zuerst heiratete sie den Demagogen und Straßenkämpfer Publius Clodius Pulcher, dann den Volkstribun Gaius Scribonius Curio, der Caesar unterstützte, und schließlich Antonius. Gerade diese Ehe sollte sich als besonders schicksalhaft erweisen. Es war nicht so, dass Fulvia ihren Mann kontrollierte, wie Antonius’ Feinde behaupteten. Sie war eine starke Frau, und ganz bestimmt stärkte sie ihm den Rücken. Und mit ziemlicher Sicherheit gab sie das politische Know-how, das sie sich bei ihren beiden früheren Ehemännern abgeschaut hatte, an Antonius weiter. Keine Frage: Antonius profitierte von dieser Partnerschaft.
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Bei den Ereignissen des schicksalhaften Jahres 44 v. Chr. spielte Marcus Antonius eine entscheidende Rolle. Er und Caesar waren die Konsuln jenes Jahres, und beim Lupercalien-Fest am 15. Februar in Rom bot er seinem Amtskollegen auf dem Forum Romanum die Königskrone an – unter den Augen einer schockierten Menschenmenge.2 Caesar lehnte sie demonstrativ ab, zweimal hintereinander. Bei einer Senatssitzung an den Iden des März, dem 15. März, wurde Caesar von einer Gruppe von Attentätern getötet, die von Marcus Brutus, Gaius Cassius Longinus und Decimus Brutus angeführt wurde.3 Hätte Antonius wie üblich neben seinem Kollegen im Senat gesessen, wäre es ihm vielleicht gelungen, die Mörder lange genug abzuwehren, bis einige loyale Senatoren Caesar hätten zu Hilfe eilen und das Leben retten können. Aber Antonius wurde außerhalb des Senatsgebäudes von einem der Verschwörer aufgehalten, sodass Caesar allein auf dem Podium saß und niemand die Mörder abhielt, als sie ihn umzingelten und auf ihn einstachen. Antonius floh nach dem Attentat für kurze Zeit aus Rom. Angeblich tauschte er dazu seine Toga gegen die Tunika eines Sklaven ein – aber das ist sicher nichts als üble Nachrede. In den Entwicklungen der folgenden Woche spielte er eine Schlüsselrolle. Er überredete die aufgebrachten und bewaffneten Anhänger Caesars, die Attentäter, die sich auf dem Kapitolshügel verschanzt hatten, nicht anzugreifen, und steuerte den Senat in Richtung eines Kompromisses zwischen Caesars Anhängern und Feinden: Den Caesarmördern wurde Amnestie gewährt, aber alle von Caesar als dictator getroffenen Regelungen blieben inkraft. Er setzte erfolgreich durch, dass der Senat den allseits verhassten Titel des dictator abschaffte. Und er hatte den Vorsitz bei Caesars Bestattung, die dermaßen emotional geriet, dass sie in Ausschreitungen ausartete. Der Mob lynchte einen vermeintlichen Attentäter (der in Wirklichkeit lediglich ein Namensvetter eines der Attentäter war), und die anderen Caesarmörder waren so eingeschüchtert, dass sie aus Rom flohen. Antonius war in seinen besten Jahren, und er war bereit, Caesars politisches Erbe anzutreten. Doch Caesar hatte ein Testament hinterlassen, und darin vermachte er seinen Namen und den größten Teil seines Ver-
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mögens Octavian. Kein Zweifel, dass sich Antonius darüber maßlos ärgerte. Octavian war mit Caesar verwandt, aber das war Antonius auch – sie waren zwar nur entfernte Cousins, aber immerhin. Wie viele Male hatte Antonius auf dem Schlachtfeld für Caesar sein Leben riskiert und ihm zum Sieg verholfen! Octavian hingegen war in militärischer Hinsicht noch völlig unerfahren.
Der Aufstieg Octavians Er wurde am 23. September 63 v. Chr. geboren. Aber wer ist er eigentlich? Schon der Name Octavian ist eigentlich nicht korrekt. Geboren wurde er als Gaius Octavius. Nachdem er der posthumen Adoption durch Caesar (wie in dessen Testament vorgesehen) zugestimmt hatte, hieß er Gaius Iulius Caesar Octavianus. Besser gesagt: Nach den üblichen Gepflogenheiten der römischen Namensgebung hätte er so heißen müssen. Aber er lehnte den Namen Octavianus ab und bestand darauf, dass man ihn Caesar nannte. Die meisten Historiker nennen ihn heute trotzdem Octavian, allein um ihn von Caesar zu unterscheiden, allerdings nur bis zum Jahr 27 v. Chr., als er 35 Jahre alt wurde. In jenem Jahr nahm er den Titel an, unter dem er heute am besten bekannt ist: Augustus. Das ist alles ziemlich kompliziert, aber das war der Mann hinter den Namen ebenfalls. Sein Vater, der ebenfalls Gaius Octavius geheißen hatte, war wohlhabend und ehrgeizig gewesen, aber kein Adliger. Er stammte auch nicht aus der Hauptstadt, sondern aus einer Kleinstadt südlich von Rom. Seine Eintrittskarte in die feine Gesellschaft war die Heirat mit Iulius Caesars Nichte Atia gewesen, doch er starb ganz unerwartet, als Octavian vier Jahre alt war. Atia heiratete bald wieder und gab ihren Sohn fort zu ihrer Mutter Iulia. So kam es, dass Octavian bei seiner Großmutter aufwuchs, deren Bruder gerade Gallien eroberte und zum wichtigsten Mann in Rom avancierte. In Octavians Jugend krempelte Caesar die selbstverwaltete Republik Rom komplett um. Institutionen wie Versammlungen, Gerichte, gewählte Beamte und der Senat sollten eigentlich dafür sorgen, dass sich das Volk und die Eliten die staatliche Macht teilten. Aber das funktionierte nur in der Theorie. In der Praxis hatte die Republik einem machthungrigen Feld-
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herrn wie Caesar und den Zehntausenden Soldaten, die ihm treu ergeben waren, nichts entgegenzusetzen. Rom schien in einem Labyrinth politischer, militärischer, gesellschaftlicher, wirtschaftlicher, kultureller und administrativer Unmöglichkeiten gefangen. Nur jemand, der das Römische Reich zu zähmen vermochte, war in der Lage, ihm dauerhaften Frieden zu bringen. Caesar war das nicht – er war ein Eroberer, kein Erbauer. Aber wenn Caesar dazu nicht in der Lage war, wer dann? Caesar hatte, wie erwähnt, wahrscheinlich mit Kleopatra Caesarion gezeugt, aber einen legitimen Sohn hatte er nicht. Prinzipiell kann es durchaus sein, dass Kleopatra das römische Bürgerrecht besaß (wie ihr Vater), aber in den Augen der Öffentlichkeit war sie nun einmal in erster Linie die Königin von Ägypten. Anstelle von Caesarion machte Caesar Octavian zu seinem Erben. Der ehrgeizige Octavian war der geborene Politiker: intelligent, charmant und stets umsichtig in seiner Wortwahl. Er sah gut aus, hatte helle Augen und leicht gelocktes blondes Haar. Von der Statur her war er eher klein und wirkte ein wenig zerbrechlich und auf den ersten Blick nicht sonderlich imposant, doch das machte seine Charakterstärke mehr als wett. Obwohl er nicht gerade der geborene Soldat war, war er doch zäh, gerissen, mutig und hatte einen eisernen Willen. Und mit Atia hatte er eine Mutter, die bei jeder Gelegenheit darauf hinwies, welch große Stücke er auf Caesar hielt. Ein prominenter junger Mann wie Octavian hatte naturgemäß viele Freunde, und einer dieser Freunde sollte sein Leben lang als Octavians rechte Hand auftreten: Marcus Agrippa. Er stammte wie Octavian aus einer wohlhabenden italischen Familie, aber ohne Verbindung zum römischen Adel. Agrippa besaß jede Menge praktisches Geschick; er war mutig, durchsetzungsstark und vor allem loyal. Octavian besaß die Gabe, andere Männer dazu zu bringen, sich ihm anzuschließen. In Agrippas Fall überredete er Caesar, Agrippas Bruder aus der Gefangenschaft zu entlassen, obwohl der gegen Caesar gekämpft hatte, und Agrippa sah sich Octavian dafür auf ewig zu Dank verpflichtet.
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Der junge Octavian hatte in seinem Umfeld diverse Menschen, von de nen er sich abschauen konnte, wie man andere hinters Licht führte. Seine Mutter, die sich einen Unterschlupf bei den Vestalinnen erschwindelte, als der Senat sie als Geisel nehmen wollte. Seine Schwester Octavia, die sicherlich einen gewissen Anteil an der überraschenden Wandlung ihres Ehemanns Marcus Antonius hatte – er wurde von einem entschiedenen Feind ihrer Familie zu einem fügsamen Freund. Seinen Stiefvater, einen ehemaligen Konsul, der den Bürgerkrieg überlebte, ohne sich auf eine der beiden Seiten zu schlagen. Seine Urgroßmutter und seine Großmutter,4 die gemeinsam vor Gericht aussagten, eine ihrer Schwägerinnen habe Ehebruch begangen, und so dem Familienvorstand Caesar ersparten, sich in der Öffentlichkeit die Hände schmutzig zu machen, um die Scheidung durchzusetzen. Und last, not least Iulius Caesar selbst, einen der seit jeher größten Meister der Täuschung. Sich eine Stunde lang mit Caesar zu un terhalten, war sicher lehrreicher als ein Semester lang bei einem Professor Vorlesungen zu besuchen. Und Octavian tat das viele Stunden lang. Zunächst übertrug Caesar dem jungen Octavian eine Reihe öffentlicher Aufgaben. 46 v. Chr. marschierte dieser als Siebzehnjähriger sogar in Caesars Triumphzügen in Rom mit – eine Ehre, die normalerweise dem Sohn eines siegreichen Feldherrn vorbehalten war. Im Jahr darauf nahm Octavian am Feldzug seines Großonkels in Hispanien teil. Caesar war von dem heranreifenden jungen Mann so beeindruckt, dass er sein Testament zu dessen Gunsten änderte. Das Dokument wurde bei den Vestalinnen in Rom hinterlegt und dort, soweit wir wissen, geheim gehalten. Caesar plante einen dreijährigen Eroberungskrieg im Osten. Sein Ziel war es, Dakien (im heutigen Rumänien) zu erobern und eine frühere römische Niederlage gegen die Parther zu rächen, die einen Großteil des Nahen und Mittleren Ostens beherrschten – das Partherreich war das einzige Reich, das stark genug war, um Rom im Nahen Osten Paroli zu bieten. Caesar ernannte den achtzehnjährigen Octavian zu seinem magister equitum, eine Position, die ihm ein gewisses Ansehen verschaffte und ihm die Chance bot, sich ein eigenes Netzwerk aufzubauen. Der Partherfeldzug sollte im März 44 v. Chr. beginnen, ungefähr im Dezember 45 v. Chr. verließ Octavian auf Caesars Befehl hin Rom, überquerte zusammen mit
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Agrippa die Adria und reiste zu Caesars militärischem Kommando im heutigen Albanien. Dort knüpfte Octavian nützliche Kontakte zu mehreren Legionskommandanten. Doch die Iden des März änderten alles. Nach der Ermordung Caesars kehrte Octavian in aller gebotenen Vorsicht nach Rom zurück, begleitet von einigen von Caesars Partisanen und Soldaten. Nach kurzem Zögern und entgegen dem Rat seiner Mutter und seines Stiefvaters akzeptierte Gaius Octavius die posthume Adoption durch Caesar. Er bestand darauf, von nun an als „Caesar“ angeredet zu werden. Seine Mutter war die Erste, die das tat. Obwohl er erst achtzehn Jahre alt war, hatte sich Octavian ehrgeizige Ziele gesteckt. Nach seinen zahlreichen Lehrstunden bei Iulius Caesar war er bereit, das Forum Romanum im Sturm zu erobern. Es war, als wären durch einen plötzlichen Ruck alle Federn eines gewaltigen römischen Katapults in Bewegung gesetzt worden. Allerdings stieß er auf mehrere Hindernisse. Antonius war Konsul und wollte Octavian aus dem Weg räumen, um sich selbst zu Caesars Nachfolger aufzuschwingen. Die konservativen Anhänger der Republik hatten ihrerseits keine Verwendung für Caesars Adoptivsohn – sie wollten sich des Erbes des dictator möglichst gründlich entledigen. Gleichzeitig wollte eine ganze Schar ehrgeiziger Römer Octavian dazu benutzen, ihre eigenen Pläne durchzusetzen. Caesar war ein extrem wohlhabender Mann gewesen. Und Octavian wäre fast genauso reich geworden, hätte er die drei Viertel von Caesars Vermögen bekommen, die jener ihm testamentarisch vermacht hatte. Aber Antonius verwaltete den größten Teil dieses Vermögens und weigerte sich, Octavian seinen Teil auszuzahlen, mit der Begründung, erst müsse untersucht werden, wie viel von dem Geld überhaupt Caesar gehört habe und wie viel dem römischen Volk. Stattdessen finanzierte sich Octavian aus mehreren anderen Quellen: 1. Caesars Staatskasse in Apollonia (im heutigen Albanien), mit der der Partherkrieg subventioniert werden sollte – Octavian behauptete, dieses Geld ganz oder teilweise dem römischen Staat übergeben zu haben, behielt also wahrscheinlich einen Teil für sich; 2. Darlehen von Caesars Unterstützern, zu denen mehrere
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Bankiers und reiche Freigelassene zählten; 3. Geld, das er sich von seiner Mutter und seinem Stiefvater lieh; 4. dem Erlös aus dem Verkauf oder der Verpfändung seines eigenen Eigentums und jenes Teils von Caesars Eigentum, den er übernehmen durfte; und 5. jenem Viertel von Caesars Vermögen, das der dictator Octavians Cousins hinterlassen hatte. Das war alles in allem nicht wenig, aber nicht annähernd so viel wie die Reichtümer, die Antonius später im Osten anhäufen sollte. Octavian hatte nur zwei Optionen: steiler Aufstieg oder tiefer Fall. Er war ein gewiefter junger Politiker mit glänzenden Aussichten, aber erst musste er die aktuelle Situation meistern. Wenn ihm das gelang, würde ihn nichts und niemand mehr aufhalten können. Und es gelang ihm; schließlich war Octavian nicht nur ein Römer, sondern ein Caesar. Antonius hatte Octavian einmal als Jüngelchen verspottet, das alles seinem Namen verdanke.5 Aber da irrte Antonius, denn das war gar nicht der Punkt: Octavian ging es nicht um den Namen an sich, sondern um das Erbe dieses Namens, die Tradition, für die er stand. Octavian besaß ein ausgeprägtes Ehrgefühl, und das kam bei der römischen Öffentlichkeit, die großen Wert auf Ansehen und Leumund legte, sehr gut an. Im November 44 v. Chr., acht Monate nach der Ermordung Caesars, hielt Octavian auf dem Forum Romanum eine Rede, in der er seine rechte Hand in Richtung einer Statue von Iulius Caesar ausstreckte und verkündete, er wolle alle Ämter und Ehren seines Adoptivvaters erlangen. Dass ein Neunzehnjähriger dem Status des ersten römischen dictator perpetuus Roms nacheiferte, war schon bemerkenswert. Etwa zur selben Zeit brachte er zwei besonders hartgesottene Legionen dazu, sich von Antonius abzuwenden und zu ihm überzulaufen. Octavians Agenten mischten sich unter die Soldaten und stachelten deren Empörung über Antonius’ Geiz und die allzu strenge Disziplin weiter an. Die Aktion war ein Lehrstück darin, wie man aus politischer Macht militärische Macht ableitet – eine Fähigkeit, die Octavian in den kommenden Jahren bis zur Perfektion verfeinern sollte. Zugleich demonstrierte sie sein mangelndes Interesse an republikanischen Traditionen. Rein rechtlich besaß er nämlich keinerlei Befugnis, Truppen aufzustellen. De facto handelte es sich bei seiner Armee um irreguläre Truppen.
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Doch das hielt den letzten Löwen des römischen Senats nicht davon ab, Octavian zu unterstützen: Cicero, der große Staatsmann und Redner, hatte Caesars Diktatur stets verabscheut und sich daher auf die Seite der Attentäter geschlagen. Entsprechend wenig Veranlassung hatte er, dem Erben Caesars über den Weg zu trauen. Doch Octavian appellierte an Ciceros Hass auf dessen persönlichen und politischen Feind Antonius und schmierte dem eitlen alten Mann jede Menge Honig um den Bart. Und so ermächtigte der Senat mit Ciceros Unterstützung Octavian, sich mit seiner Privatarmee den beiden Konsuln im Kampf gegen Antonius anzuschließen. Im April 43 v. Chr. lieferten sich die beiden Seiten bei Mutina (heute Modena) in Norditalien zwei Schlachten. Es war Octavians erste Feuerprobe, und nach dem ersten Gefecht behauptete Antonius, sein viel jüngerer Gegner habe versagt, und schimpfte ihn einen Feigling. Doch auch wenn Octavian kein geborener Soldat war – mutig war er. Als in der zweiten Schlacht der Adlerträger (aquilifer) seiner Legion verwundet wurde, schulterte er höchstpersönlich den Legionsadler. Wie überall, so bewies Octavian auch im Krieg eine enorme Selbstbeherrschung, bis dahin, dass er kaum Alkohol trank, nicht einmal in der ausgelassenen Gesellschaft seiner Soldaten.6 Wie es der Zufall wollte, starben die beiden Konsuln, kurz nachdem sie in den beiden Schlachten verwundet worden waren, und Octavian wurde zum Oberbefehlshaber der senatorischen Armeen ernannt. Kein Wunder, dass das Gerücht aufkam, er habe die Konsuln vergiftet.7 Antonius trat mit seinen überlebenden Soldaten den geordneten Rückzug an und marschierte über die Alpen nach Gallien, wo er bei den dortigen römischen Befehlshabern breite Unterstützung fand. Das war der Punkt, an dem Octavian beschloss, die Seiten zu wechseln. Er gab seine Unterstützung für Cicero und den Senat so schnell auf, wie er sie ihnen ein Jahr zuvor angeboten hatte. Octavian war zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Senat jetzt, da er Antonius besiegt und nach Norden über die Alpen verjagt hatte, gegen ihn wenden würde. Und tatsächlich unterstützte der Senat lieber die Caesarmörder. In Gallien schloss Antonius derweil ein Bündnis mit Marcus Lepidus, einem weiteren ehemali gen General Caesars. Dadurch erlangte er die Kontrolle über fast zwanzig
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Legionen – in etwa so viele, wie Octavian hatte. Als nun aber zwei der Caesarmörder, Marcus Brutus und Gaius Cassius, im Osten eine Armee aufstellten, um Caesars Partisanen zu bekämpfen, wurde Antonius und Octavian klar, dass es für sie besser war, sich zusammenzutun. Und so einigten sie sich im Herbst 43 v. Chr. darauf, gemeinsam mit Lepidus Rom zu regieren und sich die Kontrolle über Legionen und Provinzen zu teilen. Ihre Regierung ging als Zweites Triumvirat in die Geschichte ein. Am 27. November 43 v. Chr. wurde in Rom ein Gesetz verabschiedet, das dem Triumvirat für fünf Jahre die Regierungsverantwortung überschrieb. Rom verfügte auch weiterhin über einen Senat und diverse andere Regierungsinstitutionen, aber in der Praxis herrschten die Triumvirn. Brutus und Cassius wollten Rom zurückerobern, um die alte Republik, in der der Senat und der traditionelle Adel regiert hatten, wiederherzustellen. Um Senat und Adel zu bekämpfen, brauchten die Triumvirn Geld, und dieses Geld wollten sie sich einerseits durch Steuern, andererseits durch Raubmord und Erpressung verschaffen. Sie veröffentlichten lange Listen mit politischen Gegnern und persönlichen Feinden, in denen diese für vogelfrei erklärt wurden. Auf sie wurde ein Kopfgeld ausgesetzt, ihr Vermögen wurde konfisziert. Die meisten dieser Männer waren Anhänger der alten Republik. Viele flohen, aber am Ende starben über 2000 der wohlhabendsten Römer: 300 Senatoren und 2000 Ritter. (Der Ritterstand rangierte in puncto Reichtum und Ehre gleich hinter den Senatoren.) Diese Listen nannte man proscriptiones („öffentliche Bekanntmachungen“), daher wird der ganze Vorgang heute als „Proskriptionen“ bezeichnet. Das berühmteste Opfer dieser Proskriptionen, die etwa anderthalb Jahre dauerten, war Cicero. Antonius wollte seinen Erzfeind unbedingt tot sehen. Octavian erzählte später, er habe sich für Cicero eingesetzt, aber falls das stimmt, hat er sich nicht sonderlich viel Mühe gegeben. Während des Triumvirats erhoben die Römer, die überleben wollten, es zu einer regelrechten Kunstform, sich alle Optionen offenzuhalten. Man bestach gleichzeitig mehrere rivalisierende Politiker, war zu allen Menschen gleich freundlich und ließ sich, was die eigene Meinung anging, höchstens zu ein paar vagen, zweideutigen Bemerkungen hinreißen.
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Manche Römer zogen sich ganz aus dem öffentlichen Leben zurück; einige wenige hatten die Mittel und das Talent, sich statt der aktiven Politik dem Schreiben zu widmen. Hin und wieder sorgten hehre Prinzipien oder übersteigerter Ehrgeiz zwar dafür, dass jemand unverblümt Stellung bezog, aber so etwas war kaum von Dauer. Selten in der Geschichte haben so viele mächtige Menschen so oft die Seiten gewechselt – und das aus gutem Grund: Es gab drei Triumvirn, aber nur Antonius und Octavian waren von Bedeutung, und jeden Tag veränderte sich das Gleichgewicht zwischen ihnen; heute war der eine obenauf, morgen der andere. Marcus Lepidus hatte weder die Macht noch den Ehrgeiz seiner beiden Kollegen. „Ein schwacher, unbrauchbarer Mensch“, sagt Antonius über Lepidus in Shakespeares Julius Cäsar,8 und im Prinzip bestätigt die Geschichte diese Sichtweise. Schließlich feuerte Octavian ihn und stellte ihn für den Rest seines Lebens unter Hausarrest. Das Zweite Triumvirat war eine Zeit der Verräter und Abtrünnigen, der Überläufer und Doppelagenten. Die meisten Protagonisten wechselten irgendwann die Seiten, viele sogar mehrmals. Nur wenige waren während ihrer gesamten Karriere einem einzigen Anführer treu. Einer von Letzteren war Marcus Agrippa, der nie jemand anderen unterstützte als Octavian. Ein anderer Gaius Asinius Pollio, der General, Staatsmann und Geschichtsschreiber, der Octavians Angebot ablehnte, sich ihm anzuschließen und damit Antonius zu verraten.9 Kaum ein Römer konnte sich mit Pollio messen, was Hartnäckigkeit betraf oder seinen Erfolg als Überlebenskünstler, komme was wolle.
Philippi Der Showdown gegen Brutus und Cassius fand 42 v. Chr. nahe der Stadt Philippi in Nordgriechenland statt, auf der Via Egnatia, einer großen Römerstraße. Antonius und Octavian waren die Kommandanten. Philippi weist viele typische Elemente der großen Schlachten jener Zeit auf. Römer kämpften gegen Römer, zugleich aber auch kämpfte Ost gegen West. Es war eine Landschlacht, an deren Ausgang jedoch Seestreitkräfte großen Anteil hatten. Die eine Seite hatte jede Menge Geld und Vorräte, die ande-
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re jede Menge Motivation und Entschlusskraft. Eines machte Philippi jedoch einzigartig: Während der römischen Bürgerkriege behauptete jedes Heer, im Namen der Republik zu kämpfen, aber hier in Philippi meinte Brutus es damit wohl tatsächlich ernst. Er befehligte das östliche Heer und war nicht nur Politiker, sondern auch Redner und Philosoph, und er war ein Mann, der für seine Prinzipien einstand. Als die entscheidende Schlacht näherrückte, schrieb Brutus an Titus Pomponius Atticus, einen engen Freund Ciceros und scharfsinnigen Beobachter der römischen Politik, einen Brief, der von seiner Tapferkeit und Schicksalsergebenheit zeugt. Entweder würden sie das römische Volk befreien, so Brutus, oder sie würden sterben und so aus der Sklaverei befreit werden. Alles sei sicher, fügte er hinzu, nur der Ausgang des Konflikts nicht.10 Vor Philippi bezahlten Brutus und Cassius ihre Truppen mit Münzen, die sie zum Gedenken an das Attentat hatten prägen lassen. Die Vorderseite (Avers) stellt Brutus oder vielleicht auch einen seiner Vorfahren dar; die Rückseite (Revers) zeigt zwei Dolche wie die, mit denen Caesar getötet wurde, sowie eine phrygische Mütze, wie sie von ehemaligen Sklaven getragen wurde. Die Münzaufschrift lautet: „Iden des März“ (siehe Farbtafel 1).11 Die Symbolik war mehr als deutlich: Die Ermordung Caesars hatte Rom befreit. Diese seltene und wertvolle Münze ist die wohl berühmteste Münze des ganzen Altertums. Die meisten erhaltenen Exemplare sind aus Silber. Eine der wenigen Versionen aus Gold wurde 2020 für fast 3 Millionen Euro verkauft und stellte damit einen neuen Rekord als teuerste antike Münze auf.12Allerdings war die Schlacht, auch wenn es so scheinen mag, kein eindeutiger Fall von Gut gegen Böse. Brutus, Cassius und die anderen Mörder Caesars nannten sich „Befreier“, aber im Grunde waren sie Oligarchen. Sie hatten Caesar im Namen der Freiheit getötet, aber damit meinten sie die Freiheit einiger weniger elitärer Familien, die Macht über 50 Millionen Menschen hatten. Caesar war zwar ein dictator gewesen, aber auch ein Freund des Volkes, der einfache italische Bürger und hochrangige Bewohner der eroberten Provinzen zu seinen persönlichen Beratern ernannte. Caesar kümmerte sich kaum um irgendwelche Wahlen oder verfassungsrechtlichen Präzedenzfälle. Er setzte sich rück-
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sichtslos über die Institutionen der Römischen Republik hinweg, aber diese Institutionen dienten nicht dem Volk, sondern in erster Linie der engstirnigen herrschenden Klasse. Die Zeit war reif für Veränderungen, und Caesar wusste das, doch er war nicht in der Lage, den nötigen Wandel ohne Arroganz, Gewalt und eine Diktatur herbeizuführen. Das Ergebnis war ein langwieriger Bürgerkrieg. Die Entscheidung, Caesar zu töten, war kurzsichtig, aber immerhin steckte dahinter ein gewisser Idealismus. In gewissem Sinne war Brutus also wirklich „der edelste aller Römer“, wie Shakespeare Antonius verkünden lässt.13 In Philippi standen die Chancen für Brutus und Cassius nicht schlecht. Zahlenmäßig waren sie gut ausgestattet, und sie verfügten über eine strategisch gute Position auf der Anhöhe oberhalb der Römerstraße. Die Berge schirmten ihre nördliche Flanke ab, ein Sumpfgebiet schützte ihre südliche Flanke. Cassius war ein exzellenter Befehlshaber, dem zudem noch Brutus zur Seite stand. Sie kontrollierten das Meer und hatten ihre Flotte vor einer Insel in der Nähe stationiert, und sie verfügten über einen Hafen unweit ihres Lagers, über den sie versorgt werden konnten. Octavian und Antonius hingegen hatten bereits Schwierigkeiten, mit ihren Truppen überhaupt die Adria zu überqueren. Doch dann trat Kleopatra auf den Plan. Sie war 44 v. Chr. nach Ägypten zurückgekehrt, doch die wachsende Macht der Männer, die Caesar getötet hatten, im Osten wurde ein Problem. Sie setzte sich jedoch gegen den Druck, den Cassius und seine Truppen auf sie, die ägyptische Königin, ausübten, durch und verweigerte dem Römer die gewünschte finanzielle Unterstützung. Sie misstraute ihm aus zwei Gründen: weil er einer der Mörder Caesars war und weil er erwog, den Anspruch ihrer im Exil lebenden Schwester Arsinoë auf den ägyptischen Thron zu unterstützen. Während sich Antonius und Octavian Philippi näherten, kam Kleopatra ihnen mit einer kleinen Flotte zu Hilfe gesegelt. Einige ihrer Schiffe wurden in einem Sturm beschädigt, und Kleopatra selbst wurde krank – vielleicht auch nur seekrank – und musste nach Ägypten zurückkehren. Aber der Rest ihrer Flotte half Octavian und Antonius, indem sie die Schiffe der Republikaner aus Italien ablenkte und den beiden Männern so die Möglichkeit gab, mit einem Teil ihrer Truppen sicher über die Adria über-
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zusetzen. Kleopatra plante den Bau einer neuen Flotte, aber dann überschlugen sich die Ereignisse. Antonius und Octavian standen von vornherein unter Druck. Als sie Philippi erreichten, hatten sie schon nicht mehr genug Lebensmittel, um ihre 22 Legionen, denen viele Veteranen angehörten, zu versorgen. Brutus und Cassius hingegen waren so gut versorgt, dass es ganz so aussah, als könnten sie sich einfach zurücklehnen und zusehen, wie ihre Feinde verhungerten. Ihre Truppen wurden über den Marinestützpunkt, der ganz in der Nähe lag, mit Proviant versorgt. Doch der kühne, einfallsreiche Antonius wollte ihnen diesen Vorteil nehmen. Er ließ einen Damm über einen Sumpf anlegen und Befestigungen bauen, um den Feind zu überrumpeln und seine Versorgungsroute zu unterbrechen. Zunächst gelang es Antonius dank des hohen Schilfs im Sumpf, sein Vorhaben im Geheimen umzusetzen, aber schließlich bekamen seine Gegner doch mit, was da im Gange war, und Cassius ließ eine Mauer errichten, um Antonius einen Strich durch die Rechnung zu machen. Um den 3. Oktober herum wagte Antonius einen Angriff, durchbrach die Mauer und fiel in Cassius’ Lager ein. Eine große Schlacht begann, während derer Brutus umgekehrt das Lager von Octavian einnahm. Offenbar saß Octavian die Schlacht aus; zu seinem Glück war er bereits geflohen. Als man ihn später der Feigheit bezichtigte, erklärte Octavian, er sei krank gewesen und habe obendrein eine Vision gehabt, die ihn vor einer großen Gefahr gewarnt habe. Dass er krank war, klingt plausibel, denn Octavian hatte immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Cassius schätzte das verworrene Schlachtgeschehen völlig falsch ein: Er dachte, Brutus sei besiegt worden, und beging Suizid. Und dadurch, durch seinen Tod, geriet diese erste Schlacht bei Philippi, obwohl sie im Remis endete, zu einem strategischen Desaster, da Brutus längst nicht so viel operative Erfahrung besaß wie sein Kollege. Brutus misstraute der Loyalität von Cassius’ Männern, und er musste mindestens einmal miterleben, wie seine östlichen Verbündeten in großer Zahl von ihm abfielen. Der General, der das Königreich Galatien in Zentralkleinasien (in der heutigen Türkei) repräsentierte, lief mit seinen Truppen zu Antonius über. Dienstherr dieses Generals war Deiotaros, der
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ältliche König von Galatien, der in den römischen Bürgerkriegen schon zweimal die Seite gewechselt hatte. Man fragt sich unweigerlich, ob der skrupellose Deiotaros seinem Befehlshaber aufgetragen hatte, sich in Philippi auf die Seite des wahrscheinlichen Siegers zu schlagen. Brutus ließ sich zu einem tödlichen Fehler hinreißen: Er hätte Antonius und Octavian langsam aushungern und in der Zwischenzeit seine Seestreitkräfte neu formieren können, doch stattdessen griff er schon rund drei Wochen nach der ersten Schlacht, am 23. Oktober, wieder an – und erlitt eine Niederlage. Hinterher nahm er sich das Leben. Octavian hatte sich von seiner Krankheit erholt und gab den blutrünstigen Befehl, den toten Brutus zu enthaupten und seinen Kopf nach Rom zu schicken, um ihn als Zeichen der Rache zu Füßen einer Statue von Iulius Caesar abzulegen. Der Architekt dieses entscheidenden Sieges bei Philippi war Antonius. Als er und Octavian das Imperium unter sich aufteilten, war es daher nur recht und billig, dass sich Antonius den reicheren Teil unter den Nagel riss. Er übernahm den Osten und wählte Athen als Regierungssitz, Octavian regierte von Rom aus den Westen, mit Ausnahme von Gallien, das weiterhin Antonius’ Befehl unterstand. Lepidus, der am wenigsten einflussreiche der drei Triumvirn, bekam lediglich das römische Afrika (in etwa das heutige Tunesien). Augenscheinlich hatte Antonius damit das große Los gezogen. Der Osten des Römischen Reichs stellte mit seiner Landwirtschaft, seinem Kunsthandwerk, seinem Handel und seinen florierenden Städten eine einzigartige Steuerbasis dar. Allerdings hatte Rom einen Großteil des Ostens erst vor nicht allzu langer Zeit erobert, was Antonius vor einige diplomatische und administrative Herausforderungen stellte, ihm aber zugleich die Möglichkeit eröffnete, von den örtlichen Behörden im Gegenzug für seine Unterstützung „Geschenke“ zu kassieren. Außerdem bot sich ihm die Chance, mit einem Krieg gegen die Parther Caesars Vermächtnis zu vollenden und damit immensen militärischen Ruhm und politischen Einfluss zu erlangen. Abgesehen davon unterstand ihm, wie erwähnt, mit Gallien ja zusätzlich noch ein Teil des Westens. Octavian im Westen verfügte über viel begrenztere Mittel, aber dank seiner Position in Italien war er in der Lage, geschickt die römische Poli-
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tik zu steuern. Sein entscheidender Vorteil gegenüber Antonius waren die Bewohner Italiens. Römische Generäle rekrutierten ihre Legionäre in der Regel in Italien. Die Kontrolle darüber bot Octavian eine hervorragende Ausgangsbasis für Verhandlungen: Er konnte Legionäre gegen Geld eintauschen oder gegen Waffen, und nicht zuletzt konnte er mit diesem Geld Kriegsschiffe kaufen. Zunächst musste Octavian jedoch die Situation in Italien unter Kontrolle bringen, wo es inzwischen von Veteranen nur so wimmelte, die alle auf das Stück Land warteten, auf das sie Anspruch hatten. Die Herausforderung, die vor ihm lag, hätte die Fähigkeiten des souveränsten altgedienten Politikers auf die Probe gestellt. Octavian war gerade einmal 22 Jahre alt.
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Kapitel 2
Der Kommandant und die Königin Ephesos, Tarsos, Alexandria und Perusia, 42–40 v. Chr. Im Anschluss an Philippi reiste Antonius nach Süden, nach Athen, und verbrachte dort den Winter 42/41 v. Chr. Im Frühjahr setzte er über die Ägäis nach Ephesos über (in der heutigen Westtürkei), einer wichtigen Hafenstadt, die zugleich ein bedeutendes religiöses Zentrum war. Er hatte zwei Legionen bei sich. In Ephesos wollte er seine Anhänger um sich scharen, Geld sammeln und sich Unterstützung für seinen geplanten Feldzug sichern. Vor seinem Tod hatte Caesar einen Feldzug gegen die Parther geplant, und Antonius wollte da anknüpfen, wo Caesar aufgehört hatte. Ein Sieg würde ihm nicht nur die materiellen Ressourcen, sondern auch das nötige Prestige verschaffen, um in der römischen Politik den Ton anzugeben. Doch ein solcher Feldzug erforderte sorgfältige Planung, gründliche Vorbereitung und natürlich viel Geld. Und all das kostete Zeit. Antonius begab sich auf eine Rundreise durch die wohlhabenden Städte des römischen Ostens. Er verschaffte loyalen Personen Machtpositionen und bestrafte jene, die mit Brutus und Cassius paktiert hatten, indem er sie zwang, Steuernachforderungen für die letzten zehn Jahre innerhalb von nur zwei Jahren zu begleichen. Er reiste weiter nach Osten und organisierte in den Staaten Zentralkleinasiens die politischen Strukturen nach seinen Vorstellungen neu. In einem der dortigen Königreiche, Kappadokien, hatte er eine Affäre mit der königlichen Kurtisane Glaphyra, zumindest wenn man Versen Glauben schenkt, die Octavian später schrieb.14 Glaphyra hatte einen Sohn von ihrem königlichen Liebhaber, und nach dessen Tod ernannte Antonius den Jungen zum König Kappadokiens. Generell achtete Antonius auf sein öffentliches Image, trotz mancher Ausrutscher hier und da. Anscheinend kultivierte er zu dieser Zeit be-
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reits seinen Ruf als „neuer Dionysos“, denn mit diesem Titel begrüßten ihn die Einwohner von Ephesos, als er ihre Stadt besuchte. Dionysos war in den letzten Jahrhunderten vor Christus einer der Lieblingsgötter von Königen und Eroberern gewesen, und das aus gutem Grund: Heute bringt man Dionysos vor allem mit Alkohol und orgiastischen Gelagen in Verbindung, aber für die Griechen war er nicht nur der Schutzherr des Weins, sondern vor allem der Gott der Befreiung, aber auch der Unterwerfung. Dem Mythos zufolge hatte Dionysos Asien erobert, und Alexander der Große war, so glaubte man, in die Fußstapfen des Gottes getreten, als er in das Perserreich eingefallen war. In jüngerer Zeit hatte sich Mithridates VI., der König von Pontos (reg. 120–63 v. Chr.) und ein ausgesprochener Feind Roms, als Dionysos gegeben. Ebenso König Ptolemaios XII. von Ägypten (reg. ca. 80–51 v. Chr.), den man auch „Auletes“ („Flötenspieler“) nannte – ein Spitzname, den er sich offenbar durch seine entsprechenden Auftritte bei Festen eingehandelt hatte. Er war ein echter Römerfreund. Und der Vater „unserer“ Kleopatra. Insbesondere war Dionysos aber ein Gott des Ostens, und die traditionelle römische Ernsthaftigkeit und Strenge hatte für die mit ihm verbundenen wilden Riten wenig übrig. Doch selbst in Rom hatte der Gott seine Anhänger. Gnaeus Pompeius, der den Beinamen Magnus („der Große“) trug, orientierte sich beispielsweise bei seinem Triumphzug für seinen Sieg in Nordafrika im Jahr 79 v. Chr. am mythischen Triumphzug des Dionysos nach dessen Eroberung Indiens.15 Und vielleicht ließ sich sogar Iulius Caesar in seiner Villa auf der anderen Seite des Tibers in Rom ein Heiligtum für Dionysos errichten. Antonius hatte in dieser Hinsicht seine ganz eigene, ziemlich aufschlussreiche Verbindung zum Osten: Angeblich stammte seine Familie von Herakles ab, dem Halbgott, der ebenfalls oft mit Alexander dem Großen assoziiert wird.
Tarsos Von Kappadokien aus machte sich Antonius auf den Weg nach Süden, an die Mittelmeerküste Kleinasiens. Sein Hauptquartier schlug er in Tarsos auf, einer Hafenstadt an der Handelsroute, die von Syrien zum Schwarzen
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Meer führte. In Tarsos bestellte er Kleopatra zu sich ein. Ägypten war ein wohlhabendes Land, das ihm die finanzielle und materielle Unterstützung bieten konnte, die er für einen Krieg gegen die Parther benötigte. Außerdem wollte Antonius Kleopatra für ihre angebliche Unterstützung von Brutus und Cassius bei Philippi zur Rechenschaft ziehen. In Wirklichkeit war sie ganz und gar unschuldig. Die Königin kam, aber sie ließ sich Zeit. Als sie dann endlich in Tarsos eintraf, legte Kleopatra einen der denkwürdigsten Auftritte der Geschichte hin. Bei ihrer Ankunft stieg die Königin, wie es bei den Ptolemäern Tradition war, vom Seeschiff in eine prächtige königliche Barke um, mit der sie dann den Fluss hinauf in die Stadt fuhr. Besser als in Shakespeares Antonius und Cleopatra lässt sich die Szene nicht beschreiben – hier in deutscher Übersetzung: Die Bark, in der sie saß, ein Feuerthron, brannt auf dem Strom: getriebnes Gold der Spiegel, die Purpursegel duftend, daß der Wind entzückt nachzog; die Ruder waren Silber, die nach der Flöten Ton Takt hielten, daß das Wasser, wie sie’s trafen, schneller strömte, verliebt in ihren Schlag; doch sie nun selbst – zum Bettler wird Beschreibung: sie lag da in ihrem Zelt, das ganz aus Gold gewirkt, noch farbenstrahlender als jene Venus, wo die Natur der Malerei erliegt. Zu beiden Seiten ihr holdselge Knaben, mit Wangengrübchen, wie Cupidos lächelnd, mit bunten Fächern, deren Wehn durchglühte (so schien’s) die zarten Wangen, die sie kühlten; entzündend, statt zu löschen.16 Shakespeare hält sich hier an den Bericht in der Antonius-Biografie Plu tarchs, der den Anblick Kleopatras mit dem eines Gemäldes von Aphrodite vergleicht: Links und rechts von ihr standen Eroten gleichende Knaben
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und fächelten ihr Luft zu, während ihre Dienstmägde als Meeresgottheiten und Grazien verkleidet Ruder und Seile bedienten.17 Es war ein Casting, eine Art Vorsingen, und das wusste Kleopatra auch ganz genau. Aber ihre Show war mehr als Pomp und Theatralik. Plutarch zufolge befanden sich die Einwohner von Tarsos gerade auf dem Forum ihrer Stadt, wo Antonius ein Tribunal abhielt, als die Ankunft Kleopatras gemeldet wurde. Sofort verließ die Menge das Forum und strömte zum Fluss, um die fremde Königin auf ihrer prachtvollen Barke zu bestaunen. Wie Plutarch erwähnt, raunten die Menschen einander zu: „Aphrodite ist gekommen, um sich zum Wohle Asiens mit Dionysos zu vergnügen.“18 Kleopatra identifizierte sich mit Aphrodite (römisch: Venus), der Göttin der Liebe, und mit Isis, der höchsten weiblichen Gottheit Ägyptens, die als Muttergöttin im gesamten Mittelmeerraum beliebt war. Ihre ägyptischen Untertanen betrachteten Kleopatra als irdische Inkarnation der Isis. Und Dionysos setzten sie mit ihrem Gott Osiris gleich, dem Gefährten von Isis. Bei ihrem großen Auftritt in Tarsos sagte Kleopatra zu Antonius: „Propaganda verstärkt unsere Macht um ein Vielfaches, mein lieber General. Schließe dich mir in der Rolle meines Gemahls, Osiris-Dionysos, an, und wir zwei können Großes erreichen.“ Sie lehnte Antonius’ Einladung zum Abendessen ab und bestand darauf, dass er zu ihr kam. Zumindest ist es so überliefert.19 Letztlich kam es wohl beiden gelegen, dass ihr Treffen auf der ebenso prachtvollen wie symbolträchtigen königlichen Barke stattfand. Antonius war der Königin sicherlich vorher schon einmal begegnet, entweder bei seinem Besuch in Ägypten 55 v. Chr. oder bei einem ihrer Aufenthalte in Rom zwischen 46 und 44 v. Chr. Er war dennoch beeindruckt. Kleopatra absolvierte ihr Casting mit Bravour. Antonius begleitete sie nach Alexandria und verbrachte dort den Winter 41/40 v. Chr. Vor ihrer Abreise aus Tarsos wurde die lästige Schwester der Königin im ArtemisTempel von Ephesos, wo sie im Exil lebte, ermordet; ob sie auf Kleopatras oder Antonius’ Geheiß getötet wurde, ist umstritten.20 Unumstritten ist, dass Antonius und Kleopatra ein Liebespaar und Strategiepartner wurden. Dass ihre Verbindung bald die gesamte mediterrane Welt erschüttern sollte, war dem strategischen Geschick einer einzigen Frau geschuldet.
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Kleopatra Kleopatra konnte reiten und jagen. Sie wusste voller Würde zu regieren, aber auch nachts in den ärmeren Stadtvierteln um die Häuser zu ziehen. Einen Fischzug zu organisieren und eine Schlachtflotte aufzubauen.21 Sie war ebenso in der Lage, einen Feldherrn zu bezirzen wie einen Philoso phen zu verwirren, und das in mindestens sieben Sprachen. Sie konnte Gift mischen wie ein Alchemist und Steuererleichterungen gewähren wie ein geschickter Politiker. Sie wachte über ihre Kinder wie eine Löwin und war ihrem verstorbenen Vater treu ergeben. In den Augen von Millionen Menschen war sie die Göttin der Liebe und die Göttin der Mutterschaft, sie war zugleich Rächerin und Retterin. Mit einem Geliebten ließ sie sich im Palast zum Bankett nieder, mit einem anderen genoss sie die laue Nachtluft bei einer Vergnügungsfahrt auf dem Nil. Ein Mann musste nur eine Stunde in ihrer Gegenwart verbringen, und schon träumte er von prächtigen Städten und Königreichen. Beinahe wäre ihr gelungen, was bislang weder berühmte Generäle noch intrigante Staatsmänner noch aufständische Sklaven vermocht hatten: Rom in die Knie zu zwingen. Noch lange nach ihrem Tod konnte man Statuen von ihr bewundern – in Ägypten, aber auch in Rom. Kleopatra faszinierte selbst jene, die sich vor ihr fürchteten, und sie fasziniert uns bis heute. Die inzwischen 28-jährige Kleopatra hatte in ihrem achtzehnten Le bensjahr im Jahr 51 v. Chr. den ägyptischen Thron bestiegen. Seither regierte sie – abgesehen von einem etwa einjährigen Exil, nachdem ihr Bruder und Mitregent Ptolemaios XIII. sie und ihre Schwester aus Ägypten vertrieben hatte. Schließlich drehte Kleopatra den Spieß um: Sie rekrutierte eine Armee und besiegte ihren Bruder in einer Seeschlacht. Ihr Bruder ertrank; welches grausame Ende ihre Schwester Arsinoë fand, haben wir bereits gesehen. Angeblich arrangierte Kleopatra auch den Tod ihres anderen Bruders, mit dem sie kurzzeitig zusammen regierte – er wurde vergiftet. Danach musste sich die verschlagene Königin den Thron nur noch mit ihrem Sohn teilen, der noch ein Kleinkind war. Faktisch regierte sie also allein.
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Kleopatra gehörte einer der bedeutendsten Dynastien des Altertums an. Die Ptolemäer stammten von einem der Generäle Alexanders des Großen ab und regierten in Ägypten seit 300 Jahren. In ihren Reihen gab es auch diverse starke Frauen, die bekannteste war „unsere“ Kleopatra (es gab mehrere Ptolemäerinnen dieses Namens). Während der Jahrhunderte, die sie Ägypten regierten, erwiesen sich die Ptolemäer als besonders gute und als ausgewiesen schlechte Könige. Sie waren gierig, brutal, inzestuös und Lüstlinge, denen die schamlose Zurschaustellung von Reichtum als Ausweis ihrer Macht galt. Unter den Ptolemäern gab es dickbäuchige, trinkfeste Schürzenjäger, die sich von Eunuchen bedienen ließen. Doch die Ptolemäer waren auch kluge Politiker, umsichtige Verwalter und kühne Strategen. Sie waren Baumeister und Visionäre. Und sie waren die Schirmherren einer der kreativsten Epochen der griechischen Kultur. Sie bauten sich eine Hauptstadt, deren Name allein schon Magie verhieß. Der Leuchtturm der Stadt galt als eines der Sieben Weltwunder, ihre Bibliothek war beispiellos, um ihre Vergnügungsviertel wurde sie überall beneidet. Das marmorne, multikulturelle Alexandria war die bedeutendste Metropole des Mittelmeers und übertraf an schierer Größe und Pracht bei Weitem das damals zumindest städtebaulich noch recht provinziell wirkende Rom. Die Römer hatten ein Imperium erobert, aber eine passende Hauptstadt hatten sie sich nicht gebaut. Dass sie das schließlich doch noch tun sollten, lag nicht zuletzt am Einfluss von Alexandria, aber zu Kleopatras Lebzeiten war Rom alles andere als eine prächtige Stadt. Das Dickicht aus Marmorbauten, das selbst noch in Form seiner heutigen Ruinen Rom-Besucher beeindruckt, existierte 41 v. Chr. noch nicht. Dafür aber waren die militärische Macht und der diplomatische Einfluss Roms auf ihrem Höhepunkt. Eine gewisse Mischung aus Arroganz, Gier und Angst traf in Rom auf ein politisches System, das die Expansion förderte, und beides zusammen sorgte dafür, dass es die Römer zu immer neuen Eroberungen drängte. Rom hatte Ägypten seine Unabhängigkeit gelassen, doch seit über hundert Jahren mischten sich römische Befehlshaber in die internen Angelegenheiten des Landes ein, plünderten gnadenlos seine finanziellen Ressourcen und demütigten seine Herrscher. Dem Senat gefiel es gar
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nicht, wenn sich ein einzelner Römer in dem Prestige sonnte, eine reiche neue Provinz erobert zu haben, so wie Caesar es getan hatte, als er Gallien unterjocht hatte. Und Ägypten war das reichste Land im ganzen Mittelmeerraum. Daher sorgten die Senatoren dafür, dass es offiziell frei blieb, in der Praxis aber Rom als Geldschrank diente. Allerdings war das Ägypten des 1. Jahrhunderts v. Chr. trotz seines Reichtums weit entfernt von der Größe und Erhabenheit vergangener Zeiten.
Wer war Kleopatra? Über Kleopatra zu schreiben, ist nicht leicht. Die literarischen Quellen sind mager und verstreut, und die meisten spiegeln die feindselige Haltung ihr gegenüber wider, wie sie die Literatur auszeichnete, seit aus Octavian Kaiser Augustus geworden war. Die Zeugnisse aus Kunst und Archäologie sind reichhaltig und faszinierend, aber ungefähr so eindeutig wie eine Weissagung der Sphinx. Bei Kleopatra darf man ohne Weiteres behaupten, dass ihre wahre Geschichte nie in den Geschichtsbüchern aufgetaucht ist. Was wissen wir beispielsweise über ihr Aussehen? Shakespeare stellt sie seinem Publikum als eine Frau vor, die Antonius nie verlassen hätte, denn: „Nicht kann sie Alter / hinwelken, täglich Sehn an ihr nicht stumpfen / die immerneue Reizung.“22 Aber wie sah sie denn nun aus? Wenn wir das nur wüssten! Wir haben keine Knochen, die wir analysieren könnten, um ihre Gesichtszüge zu rekonstruieren. Was wir haben, sind bildliche Darstellungen Kleopatras: Einige davon ließ sie selbst anfertigen, um sich in ein besonders vorteilhaftes Licht zu rücken, andere stammen von ihren Feinden und sollten das Gegenteil erreichen. Je nach Publikum und Zweck präsentierte sie sich mal als Griechin, mal als Ägypterin, mal als betont weibliche Schönheit, mal fast maskulin. Hätte Kleopatra in Actium gesiegt, würden wir sie heutzutage mit der großen Strategin Königin Elisabeth I. von England vergleichen oder mit der bedeutenden politischen Architektin Katharina der Großen. Aber statt als Herrscherin gewürdigt zu werden, gilt Kleopatra heute einfach nur als sexy. Jene literarischen Quellen, die ihr nicht feindlich gesonnen sind, machen deutlich, dass es die Kombination von Stimme, Aussehen und Charakter war, die Kleopatra so attraktiv machte.23 Allerdings sind sich diese
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Quellen uneins, ob sie nun unvergleichlich schön war oder einfach nur einigermaßen hübsch. Sie scheint so zierlich gewesen zu sein, dass ein Mann sie in einen Wäschesack stecken und von einem Boot aus in ein Zimmer im Palast tragen konnte. Und zugleich war sie robust und gesund genug, um vier Kinder zur Welt zu bringen. Die Münzbilder sind faszinierend, aber sehr uneinheitlich. Während ihrer 21-jährigen Herrschaft ließ Kleopatra diverse Bronze- und Silbermünzen prägen. Die Münzen aus den ersten vierzehn Jahren (51 bis 38 v. Chr.) zeigen das Profil einer jungen Frau mit auffälligen Zügen: hohen Wangenknochen, einer langen, ausgeprägten Nase und einem vorspringenden Kinn. Auf den meisten ist sie mit nacktem Hals abgebildet, aber auf einer Münze aus diesem Zeitraum24 trägt sie eine Halskette, und man sieht den Kragen ihres Kleides. Kleopatras Haar ist im sogenannten „Melonen“-Stil frisiert, mit schmalen Zöpfen, die in Abschnitte unterteilt nach hinten führen und im Nacken in einem Dutt zusammengebunden sind. Sie trägt ein breites Diadem – ein Band, wie es in den altgriechischen Monarchien als Zeichen der Königswürde galt. Auf einigen Münzen25 hat sie sogenannte „Venusringe“, Fettröllchen am Hals – ein traditionelles Element von Porträts ptolemäischer Königinnen: Sie sollten eher Kleopatras Anspruch auf den Thron bekräftigen, als dass sie uns zeigen, wie sie tatsächlich ausgesehen hat. Diese Kleopatra wirkt im Großen und Ganzen attraktiv, aber vor allem imposant;26 die Rückseite der Münze zeigt einen Adler, der seit Jahrhunderten das Symbol ihrer Dynastie war.27 Auf den Münzen, die im letzten Drittel von Kleopatras Regierungszeit (37 bis 30 v. Chr.) geprägt wurden, sieht sie völlig anders aus. Es geht hier um ihre Jahre mit Antonius, und sein Konterfei ziert die Rückseiten der Münzen. Diese Münzen sollten die Macht der Königin demonstrieren. Verglichen mit ihrer Darstellung auf den früheren Exemplaren wirkt Kleopatra hier feist, steif und deutlich älter (vgl. Farbtafel 6).28 Sie hat einen dicken Hals mit ausgeprägtem Adamsapfel und trägt einen Mantel, wie ihn normalerweise nur Männer trugen. Diese Kleopatra passt zu dem nicht minder feisten Antonius auf der Rückseite. Eine Inschrift29 bezeichnet sie als „Kleopatra Thea [= Göttin]“ und spielt damit auf eine ihrer Vorfahrinnen an, die zugleich über Ägypten und Syrien herrschte.
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Antonius wird als „zum dritten Mal Imperator [= siegreicher Feldherr] und Triumvir“ bezeichnet. Kurz gesagt, zeigen die Münzen Karikaturen der Macht: eine androgyne Frau (Kleopatra) und einen Koloss von einem Mann (Antonius). Keiner der beiden dürfte tatsächlich so ausgesehen haben. Etwa ein Dutzend andere Bildträger im griechisch-römischen Stil – Skulpturen, Gravuren, Malereien – ähneln der Kleopatra der frühen Münzen, die trotz ihrer ausgeprägten Gesichtszüge attraktiv erscheint. Nur eine oder zwei werden von den meisten Forschern tatsächlich als Darstellung Kleopatras gesehen, bei den übrigen ist sich die Wissenschaft uneins. Ein Wandgemälde in Pompeji, das eine Königin mit einem Säugling zeigt, könnte Kleopatra und den kleinen Caesarion darstellen und auf einer Büste basieren, die allgemein als Bildnis der Königin anerkannt ist (vgl. Farbtafel 4). Außerdem gibt es etwa ein halbes Dutzend Statuen einer königlichen Frau im ägyptischen Stil, die manche als Kleopatra identifizieren. Die Dargestellte trägt eine kunstvolle Perücke und ein stilisiertes Stirnband mit Uräusschlange, das Souveränität und göttliche Autorität symbolisiert. Die Gesichtszüge entsprechen den üblichen Konventionen der Darstellung ägyptischen Königtums. Ein Relief an der Außenwand eines ägyptischen Tempels zeigt Kleopatra und Caesarion, wie sie den Göttern Opfergaben darbringen (vgl. Farbtafel 8). Diese stilisierten Porträts wirken wie Remi niszenzen an die Zeit der Pharaonen und geben ebenfalls keinen Aufschluss über Kleopatras wirkliches Aussehen. Am Ende haben wir nur wenige konkrete Anhaltspunkte für ihr Äußeres, doch sicherlich würde es Kleopatra nicht stören, dass wir bis heute rätseln, wie sie aussah. Väterlicherseits war Kleopatra zumindest teilweise makedonischer Abstammung. Die Mutter ihres Vaters gehörte offenbar nicht der ptolemäischen Dynastie an, da ihre Kinder als unehelich galten; sie könnte Ägypterin oder Makedonierin gewesen sein, vielleicht kam sie aber auch aus einem anderen Land. Wer Kleopatras Großeltern mütterlicherseits waren, ist nicht überliefert. Unter ihren Vorfahren befand sich mindestens eine Frau, die teilweise persischer Abstammung war, und es gibt gute
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Gründe zur Annahme, dass Kleopatras Mutter zur Hälfte Ägypterin war.30 Ansonsten wissen wir über die Mutter nur, dass sie aus einer prominenten ägyptischen Priesterfamilie stammte, die in die Dynastie der Ptolemäer eingeheiratet hatte. Das könnte erklären, warum Kleopatra als Einzige aller ptolemäischen Herrscherinnen und Herrscher der ägyptischen Sprache mächtig war. Auch wenn wir dies nicht zweifelsfrei nachweisen können, haben wir also Grund zu der Annahme, dass Kleopatra gemischter ethnischer Herkunft war. Octavians Propaganda scherte sich nicht darum, woher Kleopatras Vorfahren stammten. Wenn er von der Königin sprach, evozierte er mit Vorliebe die üblichen griechisch-römischen Stereotypen östlicher Dekadenz: Eunuchen, vergoldete Sitzmöbel, Trunksucht, Wahnsinn und Verweichlichung.31 Er warf ihr vor, Antonius korrumpiert zu haben – ihretwegen habe sich dieser einige fremdländische, barbarische, weibische Gewohnheiten angeeignet: Er kleide sich in purpurne Gewänder, trage statt des römischen gladius ein persisches Kurzschwert und schlafe sogar unter einem Moskitonetz.32 Octavian nannte Kleopatra stets eine Ägypterin und verschwieg damit, dass sie einer Dynastie angehörte, die einer der makedonischen Generäle Alexanders des Großen begründet hatte.33 Ganz sicher hatte Kleopatra mit massiven sexistischen Vorurteilen zu kämpfen. Octavian und seine Propagandisten behaupteten, sie habe Antonius regelrecht entmannt. Demnach versklavte sie ihn,34 verhexte ihn,35 verweichlichte ihn,36 korrumpierte ihn mit sinnlichen Genüssen37 und fremdländischen Sitten,38 stachelte ihn gegen sein Vaterland und seine Freunde auf,39 entehrte durch ihre bloße weibliche Präsenz seine Flotte,40 gab seinen Soldaten Befehle41 und überredete ihn, ihr das Römische Reich zu überlassen.42 In den Augen der Bevölkerung Ägyptens hingegen war Kleopatra eine hervorragende Königin. Blendet man die feindliche Propaganda aus, zeigen selbst die griechisch-römischen Quellen Kleopatra als fähige Admi nistratorin und als mutige und geschickte Politikerin. Diese Überlieferung lebte in den Werken der arabischen Geschichtsschreiber des Mittelalters fort: Sie zeichnen ein durchweg positives Bild von ihr.43 Sie preisen sie außerdem als Mäzenin der Forschung, die auch ihre eigenen Beiträge zur
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Wissenschaft leistete: Sie nennen die Königin eine „tugendhafte Gelehr te“ und behaupten, sie habe sich für Medizin, Kosmetik und Metrologie interessiert und über diese drei Disziplinen geschrieben. Aus griechi schen Quellen geht hervor, dass Kleopatra Interesse an Medikamenten und Giften hatte und viel für Bildung und Literatur übrig hatte.44 Wie gut Kleopatra die mindestens sieben Sprachen beherrschte, die sie neben ihrer Muttersprache Griechisch gesprochen haben soll (darunter Arabisch, Hebräisch, Syrisch und Persisch),45 lässt sich nicht feststellen. Latein wird von den Quellen zwar nicht explizit erwähnt, aber eine Frau mit Kleopatras sprachlicher Begabung wird angesichts der Zeit, die sie in Rom und im Beisein von Römern verbrachte, mit Sicherheit auch Latein gelernt haben.
Die neue Welt(un)ordnung Wer auf dem ägyptischen Thron saß und überleben wollte, musste sich mit der römischen Politik auseinandersetzen. Kleopatra hatte schon als Teenagerin bei ihrem Vater, König Ptolemaios XII., mitbekommen, was das bedeuten konnte. Er hatte sich seinen Thron gesichert, indem er sich den Römern angedient und Ägypten damit praktisch zu einem römischen Klientelstaat degradiert hatte. Dadurch hatte sich der König in Alexandria so unbeliebt gemacht, dass er für drei Jahre ins Exil gegangen war (ausgerechnet nach Rom). Nach ihrem Vater suchte sich Kleopatra als neuen politischen Lehrmeister den mächtigsten Mann der Welt aus: Iulius Caesar, ihren Verbündeten und Geliebten. Caesar kam 48 v. Chr. nach Ägypten, als er gerade mitten im Bürgerkrieg steckte. Er brauchte Geld, um seine Armee zu finanzieren. Zu der Zeit war Kleopatras Bruder, Ptolemaios XIII., König – und er lehnte Caesars Bitte rundheraus ab. Doch Kleopatra, die von Ptolemaios XIII. vom Thron gestoßen worden war, bot Caesar an, ihn finanziell zu unterstützen, wenn er ihr im Gegenzug half, ihren Machtanspruch durchzusetzen. Ihre Helfer schmuggelten sie in den Palast in Alexandria – in einem Wäschesack versteckt, den sie Caesar zu Füßen entleerten. Dieses clevere Manöver wird Eindruck auf Caesar gemacht haben, aber dass er lieber Kleopatra auf dem ägyptischen Thron sehen wollte als Ptolemaios XIII.,
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hatte mit solchen theatralischen Eskapaden nichts zu tun, sondern hatte einen ganz einfachen Grund: Politisch gesehen war sie schwächer als ihr Bruder. Der hatte in Alexandria einen starken Rückhalt in der Bevölkerung; Kleopatra war auf Rom angewiesen. Und obendrein bot sie ihm Geld. Als Herrscherin Ägyptens würde sie eine loyale Klientelköni gin sein. Dennoch stimmte die Chemie zwischen dem eroberungswütigen Feldherrn und der Königin, und das hatte wenig mit dem Altersunterschied zwischen dem 52-Jährigen und der 21-Jährigen zu tun oder mit dem Glanz ihrer Dynastie und deren Verbindung zu Alexander dem Großen. Caesar und Kleopatra waren zwei der brillantesten Persönlichkeiten ihrer Zeit, und wir dürfen davon ausgehen, dass es sich hier um eines der seltensten Phänomene überhaupt handelte: den Bund zweier wahrhaft Seelenverwandter. Innerhalb eines Monats nach ihrem Kennenlernen war Kleopatra schwanger. Caesar hatte nur wenige Soldaten bei sich, und die taten sich beim Straßenkampf in Alexandria schwer. Doch dank seines militärisch-politischen Geschicks und der Hilfe seiner Verbündeten aus Judäa und Arabien siegte Caesar und überlebte. Ptolemaios XIII. kam bei den Kämpfen ums Leben, und damit war automatisch Kleopatra Königin. Wenn Caesar und Kleopatra sich trafen, dauerten ihre Partys oft bis zum Morgengrauen. Auf ihrer Staatsbarke reisten sie den Nil hinauf. In Begleitung von mehr als 400 Booten und einem großen Aufgebot an Soldaten fuhren sie fast bis an die Südgrenze Ägyptens und passierten dabei majestätische Tempel und exotische Flora und Fauna. Die Reise diente einem politischen Zweck: Kleopatra wollte dem Römer das robuste Fundament ihrer Herrschaft demonstrieren. Zugleich war sie aber auch eine romantische Sightseeing-Tour. Nachdem Caesar wieder aus Ägypten abgereist war, brachte Kleopatra im Sommer 47 v. Chr. Caesarion zu Welt. Dass Caesar der Vater des Kindes war, lässt sich nicht beweisen, aber es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln. Caesar gestattete Kleopatra, dem Kind seinen Namen zu geben.46 Er hieß Kleopatra in Rom willkommen, ließ sie in seiner Villa auf der anderen Seite des Tibers wohnen und errichtete im neuen Tempel der
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Ahnherrin Venus (Venus Genetrix), der das Herzstück des neuen Caesarforums (Forum Iulium) im Zentrum Roms bildete, eine Statue von ihr. Er feierte Venus als seine angebliche Vorfahrin und Gründerin der Dynastie der Julier und wurde nicht müde, auf seine persönliche Verbindung zu der Göttin hinzuweisen. Die Statue könnte Kleopatra gezeigt haben, wie sie ihren kleinen Sohn Caesarion im Arm hielt. Möglicherweise sollte sie Kleopatra als Göttin Isis mit deren Sohn Horus darstellen, vielleicht aber auch als Venus bzw. Aphrodite. Eine Statue von Kleopatra und Caesarion als Element von Caesars ehrgeizigem neuen Tempelbezirk würde stark dafürsprechen, dass er die Vaterschaft anerkannte. Früher wurde argumentiert, dass Caesar nicht Caesarions Vater gewesen sein könne, weil er nicht mehr zeugungsfähig gewesen sei. Als angeblicher Beweis dafür galt, dass Caesar nach seiner Tochter Iulia, die wahrscheinlich um 76 v. Chr. zur Welt kam, kein weiteres Kind mehr zeugte. (Iulia starb im Jahr 54 v. Chr. bei der Geburt ihres eigenen Kindes.) Hier ist allerdings Vorsicht geboten: Zwar wissen wir von keinen weiteren Nachkommen, doch in seinen zahlreichen Liebesaffären könnte Caesar durchaus mehrere uneheliche Kinder gezeugt haben, über die sich die Überlieferung nur ausschweigt.47 Caesars enger Mitarbeiter Gaius Oppius bestritt nach dessen Tod, dass Caesarion der Sohn des dictator war, und veröffentlichte ein entsprechendes Pamphlet.48 Doch Oppius war ein Anhänger Octavians und folgte in dieser Angelegenheit sicherlich dessen offiziellem Narrativ, nach dem Octavian natürlich der einzige Caesar war. Auch Plutarch äußert Zweifel an Oppius’ Glaubwürdigkeit.49 Andere antike Schriftsteller leugneten ebenfalls die Vaterschaft Caesars, aber auch sie hielten sich sicherlich an die offizielle Version.50 Antonius seinerseits trat vor den Senat in Rom und behauptete, dass Caesar der Vater des Jungen sei und Oppius, Gaius Matius (ein weiterer einstiger Vertrauter des dictator) und andere Freunde Caesars dies auch ganz genau wüssten. Starke Worte, aber auch dies ist kein Beweis, denn Antonius war genauso wenig objektiv wie Octavian.51 Zweifellos stattete Caesar seine junge Geliebte mit einer Fülle von Wissen aus. Als Kleopatra ihre Affäre mit Antonius begann, kannte sie sich
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möglicherweise bereits so gut mit Rom aus, dass sie ihm die Feinheiten eines prätorischen Edikts52 oder den Bauplan eines Marschlagers hätte darlegen können. Kleopatra war eine zu gute Strategin, als dass Antonius sie hätte ignorieren können, und sie war zu intelligent, um ihn zu langweilen. Es gibt viele Anekdoten darüber, wie clever und gewitzt sie war. Hier zwei der besten: Einmal nahm Kleopatra Antonius auf einen Angelausflug auf dem Nil mit. Er hatte beim Angeln wenig Glück, wollte dies aber nicht zugeben, also ließ er seine Sklaven im Wasser tauchen und heimlich bereits gefangene Fische an seinem Haken befestigen. Kleopatra durchschaute die Sache, ließ sich aber nichts anmerken und wollte ihm am kommenden Tag einen Streich spielen. Sie lud ihre Freunde ein, dem Schauspiel beizuwohnen: Nachdem Antonius seinen Angelhaken ins Wasser gelassen hatte, ließ sie einen Sklaven hinabtauchen und einen vom Schwarzen Meer importierten gesalzenen Hering daran befestigen. Als Antonius seine Leine einholte, lachten ihn alle aus; doch bevor er sich gedemütigt fühlen konnte, sagte Kleopatra: „Imperator, überlass deine Angel den Fischern von Pharos und Kanopus [Orte in und bei Alexandria]; dein Sport ist die Jagd auf Städte, Reiche und Kontinente.“53 Das war eine ganz hintersinnige Schmeichelei: Kleopatra hatte bewiesen, dass sie ihm in einer typischen Tätigkeit des einfachen Volkes überlegen war, und gestand ihm gleichzeitig zu, dass er das Werk von Königen verrichtete. Die zweite Anekdote soll sich im Bankettsaal des Königspalastes zugetragen haben. Kleopatra wusste, wie gerne Antonius schlemmte, und wettete mit ihm, sie werde das teuerste Bankett aller Zeiten veranstalten, und es werde zehn Millionen Sesterzen kosten.54 Das war das Zehnfache dessen, was der berühmteste Bildhauer der damaligen Zeit für eine Marmorstatue berechnete. Als der große Tag kam, servierte Kleopatra Antonius jedoch ein ganz gewöhnliches Festmahl. Er war wenig beeindruckt und machte sich schon über die knauserige Gastgeberin lustig. Doch dann kam der zweite Gang. Wie geplant, brachten ihre Diener ihr nur ein einziges Glas mit Essig. Kleopatra nahm einen ihrer Perlenohrringe ab, ein wunderschönes Schmuckstück, und ließ ihn in den Essig fallen. Die Perle löste sich auf, und sie trank den bizarren Cocktail. Sie wollte gerade das Gleiche mit
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ihrem anderen Ohrring tun, als einer von Antonius’ Generälen, der bei Hofe als Lebemann bekannt war, sie bat, innezuhalten, und verkündete, Antonius habe die Wette verloren. Moderne Experimente zeigen, dass es etwa 24 Stunden dauert, bis die Säure im Essig eine Perle auflöst, aber es funktioniert.55 Im Prinzip konnte Kleopatra die Wette also gewinnen, nur nicht direkt an Ort und Stelle, wie ein antiker Schriftsteller behauptet. Antonius mochte la dolce vita, und davon genoss er in Alexandria reichlich. Obwohl er vor dem Ptolemäischen Krieg dort lediglich drei Winter verbrachte (41/40 v. Chr., 36/35 v. Chr. und 34/33 v. Chr.), erwecken die Quellen einen ganz anderen Eindruck. Zum Teil spiegeln sie damit wahrscheinlich augusteische Vorurteile wider, schließlich galt Alexandria den Römer als Synonym für Dekadenz. Dennoch kann man sich leicht vorstellen, dass die glitzernde Metropole einen starken Einfluss auf ihn ausübte. Plutarch wirft Antonius vor, er habe dort seine Zeit vergeudet, und versorgt seine Leser mit Klatschgeschichten, die sein Großvater von einem Freund gehört habe, der in Alexandria der Arzt eines der Söhne von Antonius und Fulvia war: Geschichten über Festmahle mit gebratenen Wildschweinen und extravaganten Geschenken in Form von goldenen und silbernen Trinkbechern. Angeblich hielt Kleopatra Antonius mit ständigen Gesellschaftsspielen, Jagdausflügen und Trinkgelagen bei Laune, und manchmal zogen sie zusammen kostümiert durch die Straßen der Metropole. Die Alexandriner waren begeistert und erzählten sich, bei den Römern setze Antonius die Maske der Tragödie auf, bei ihnen aber die Maske der Komödie.56 Antonius und Kleopatra gründeten eine „Gesellschaft derer mit unnachahmlichem Leben“, eine Art Club für Bonvivants und Lebenskünstler, dessen Mitglieder, wie Plutarch berichtet, einander auf luxuriöseste Weise zu bewirten pflegten. Mit solchen „Gesellschaften“ waren jedoch oft religiöse Vereinigungen gemeint – gut möglich, dass ihre Gesellschaft der Verehrung des Dionysos diente. Zweifellos war Alkohol dabei ein zeremonielles Element. Eine Inschrift vom 28. Dezember 34 v. Chr. bezeichnet Antonius als hervorragenden Liebhaber; darin heißt es, er sei „groß und unnachahm-
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lich in den Angelegenheiten der Aphrodite“. Da Kleopatra mit Aphrodite identifiziert wurde, ist die Inschrift ein weiterer Hinweis darauf, dass die „Gesellschaft derer mit unnachahmlichem Leben“ eine religiöse Vereinigung war.
Perusia Während Antonius und Kleopatra es sich im Osten gut gehen ließen, führte Octavian in Italien Krieg. Nach Philippi stand er vor einer heiklen Aufgabe, mit der er sich jede Menge Feinde schaffte: Er sollte große Mengen an Land in Italien konfiszieren, um es an Militärveteranen, darunter auch viele von Antonius’ Soldaten, zu verteilen, als Lohn für deren langjährigen Dienst. Die Besitzer der Grundstücke, die enteignet werden sollten, protestierten genauso wie die Senatoren, die der Meinung waren, dass sie und nicht die Triumvirn, die zu dieser Zeit noch an der Macht waren, solche folgenschweren Entscheidungen treffen sollten. Die Opposition fand Fürsprecher in Antonius’ Bruder Lucius, der 41 v. Chr. Konsul war, und in Antonius’ Frau Fulvia. Fulvia stellte eine Armee gegen Octavian auf und half persönlich bei der Rekrutierung von Truppen – normalerweise ein männliches Privileg; damit machte sie ziemlichen Eindruck. Antonius selbst befand sich im Osten und hielt sich aus den Kämpfen heraus. Er konnte kaum etwas dagegen haben, dass an seine Veteranen Land verteilt wurde, und außerdem konnte er kaum davon ausgehen, dass die Grünschnäbel, die Lucius und Fulvia rekrutiert hatten, gegen die erfahrenen Legionen des Octavian große Chancen hätten. Der Krieg, der nun folgte, ist als Perusinischer Krieg (41–40 v. Chr.) in die Geschichte eingegangen. Seinen Namen hat er vom mittelitalischen Perusia (heute Perugia), einer wohlhabenden Stadt inmitten fruchtbarer Ländereien, wo die meisten Kämpfe stattfanden. Wir werden wohl nie alle Details dieses Krieges erfahren. In den Quellen wird Fulvia als habgierig und herrschsüchtig verunglimpft – das Gegenteil vom Ideal der römischen Matrone, der die Rolle der gehorsamen Hausfrau zukam. Über Antonius’ Part verraten uns die Aufzeichnungen wenig. Fest steht, dass Octavian seine Gegner aus Rom vertrieb und Fulvia und Lucius mit ihrem Heer in Perusia einkesselte. Bei dieser Schlacht
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wurde Fulvia ein zweifelhaftes Kompliment zuteil: Die Feinde ritzten in ihre Schleuderbleie Fulvias Namen und ein paar nicht allzu freundliche Anspielungen auf ihre Geschlechtsteile ein. Fulvia schrieb an Antonius’ Generäle in Gallien und bat sie, ihr über die Alpen zu Hilfe zu eilen, doch ohne Erfolg. Octavians Truppen siegten. Falls dieser Bericht der Wahrheit entspricht und nicht nur Propaganda ist, ließ Octavian anschließend zahlreiche Offiziere des Feindes auf dem Altar des vergöttlichten Iulius (Divus Iulius) massakrieren – ausgerechnet an den Iden des März. Angeblich begegnete Octavian jedem Gnadengesuch mit den kaltherzigen Worten: „Jetzt ist Zeit zu sterben.“57 Wenn das stimmt, dann war es sehr untypisch für Octavian, denn anscheinend wirkte er meist wie ein alter Mann in der Hülle eines jungen und zeichnete sich durch Geschick und Besonnenheit aus. Üblicherweise lautete sein Motto: „Eile mit Weile.“58 Mag sein, dass Octavian misstrauisch war, als Antonius beteuerte, er trage keine Schuld am bewaffneten Aufstand seines Bruders und seiner Frau. Doch da er auf Frieden mit Antonius angewiesen war, ließ er Fulvia und Antonius’ Mutter Iulia davonkommen. Lucius schickte er als Statthalter in die hispanische Provinz. Der Grund für Octavians plötzliche pazifistische Anwandlungen war, dass sich eine neue Bedrohung abzeichnete: Sextus Pompeius, der einzige überlebende Sohn von Caesars Rivalen Gnaeus Pompeius. Die Auseinandersetzung mit diesem gemeinsamen Widersacher sollte in der zweiten Hälfte des Jahres 40 v. Chr. die Beziehung zwischen Octavian und Antonius prägen.
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Kapitel 3
Drei Verträge und eine Heirat Sizilien, Brundisium, Rom, Misenum, Athen und Tarent, 40–36 v. Chr. In den vier Jahren von 44 bis 40 v. Chr. stritten Antonius und Octavian um Caesars Erbe, beschimpften einander öffentlich, zogen gegeneinander in den Krieg, standen sich mit gezogenen Schwertern auf blutigen Schlachtfeldern gegenüber – und schlossen Frieden, indem sie das Römische Reich unter sich und einem dritten, weniger mächtigen Partner aufteilten und das Todesurteil über Tausende prominente Römer verhängten. Dann musste Octavian in und um Italien zwei Kriege führen: einen gegen Antonius’ Bruder und Antonius’ Frau, den anderen gegen Sextus Pompeius. In beiden Fällen blieb er, was Antonius’ Rolle anging, misstrauisch.
Der Aufstieg des Sextus Pompeius Zusammen mit seinem älteren Bruder Gnaeus hatte Sextus Pompeius eine Armee aufgestellt, die es im Jahr 45 v. Chr. in der Schlacht von Munda in Hispanien beinahe geschafft hätte, Caesar zu besiegen. Nach der Niederlage und dem Tod seines Bruders tauchte Sextus Pompeius zunächst unter und sammelte seine Truppen, bevor er wieder in Aktion trat und sich als militärischer Befehlshaber zu Lande, aber vor allem zur See hervortat. Er gehörte nie wirklich einer Fraktion an. Mal wurde ihm vom Senat ein außerordentliches Kommando übertragen, dann wieder wurde er geächtet und verbannt, danach stand er plötzlich wieder in der Gunst des Senats, bis er erneut um sein Leben bangen musste. Im Kontext der gewalttätigen Ära des zweiten Triumvirats kann man Sextus Pompeius mit Fug und Recht als Warlord bezeichnen. Octavian verunglimpfte ihn als Piraten.
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Sextus Pompeius hatte ein beeindruckendes Arsenal an Taktiken auf Lager. 40 v. Chr. baute er sich eine Flotte von etwa 250 Schiffen auf – und kontrollierte damit das Mittelmeer rund um Italien. Er eroberte Sizilien und machte die Insel zu seinem Flottenstützpunkt und zugleich zu einem Zufluchtsort für geächtete Politiker, eingefleischte Anhänger der Republik, Feinde Octavians und entlaufene Sklaven. Er demonstrierte Rom, dass er in der Lage war, die Lebensmittelversorgung der Hauptstadt nach Belieben zu unterbrechen. Dennoch war er auch und gerade in Rom weiterhin sehr beliebt – weil er Politikern half, die vor den Proskriptionen flohen, aber auch wegen Octavians diverser Fehltritte. Wenn man nach der öffentlichen Meinung ging, hatte Sextus Pompeius moralisch eindeutig die Oberhand. Doch auch wenn er oft und gerne davon sprach, er werde die Republik wiederherstellen, war er wahrscheinlich im Grunde doch nur ein Opportunist, der liebend gern im Triumvirat mitgemischt hätte, wenn man ihm dort einen Platz angeboten hätte. Sextus Pompeius wollte ein Bündnis mit Antonius eingehen, der ihn seinerseits in seinem Tun bestärkte, ohne allerdings irgendwelche Verpflichtungen einzugehen. Von seiner Basis in Athen aus tat sich Antonius 40 v. Chr. stattdessen mit dem alten Republikaner Gnaeus Domitius Ahenobarbus zusammen, dessen Flotte sich ihm anschloss. Münzbildern nach zu urteilen war Ahenobarbus ein „ganzer Kerl“.59 Sein Profil zeigt einen schlanken, maskulinen Kopf, eine Adlernase, dichtes, lockiges Haar über einer hohen Stirn und einen kräftigen Hals. Sein auffälligstes Merkmal war sein Vollbart, der offenbar Ausdruck eines gewissen Familienstolzes war: Der Bart war in dieser Zeit bei den Römern nicht in Mode, aber der Familienname Ahenobarbus bedeutet „Rotbart“ bzw. wörtlich „Bronzebart“. Antonius und Ahenobarbus setzten mit 200 Schiffen nach Italien über; außerdem schlossen sich ihnen 70 Schiffe von Sextus Pompeius an. Die Frage war: Würden sie Krieg gegen Octavian führen oder Frieden mit ihm schließen? Antonius war in der stärkeren Position: Was das Militärische betrifft, besaß er einen hervorragenden Ruf. Er hatte eine eigene Flotte, wusste den Senat hinter sich, und er wurde eifrig von Sextus Pompeius umworben
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und zugleich heimlich von einem der besten Generäle Octavians unterstützt, seinem Freund Quintus Salvidienus Rufus. Bis vor Kurzem war Salvidienus noch ein absoluter Niemand gewesen, aber nach der Zerstörung einer wichtigen Stadt, die im Perusinischen Krieg die Rebellen unterstützt hatte, war er mit einem Kommando in Gallien belohnt worden. Nun war er plötzlich bereit, zu Antonius überzulaufen (warum, wissen wir nicht). Antonius wollte in der süditalischen Hafenstadt Brundisium (heute Brindisi) anlanden, einem wichtigen Adriahafen und idealen Ausgangspunkt für eine Überfahrt nach Griechenland. Doch die Stadt verschloss ihm und seinen Truppen die Tore. Antonius vermutete, dass Octavian hinter der Aktion steckte – und belagerte Brundisium. Er landete auch Truppen weiter oben an der Küste an, die sich mit Octavians Leuten mehrere Scharmützel lieferten. Antonius’ Soldaten gewannen die Oberhand. Das Ganze hätte sich zu einem richtigen Krieg auswachsen können, aber die Soldaten beider Seiten hielten sich zurück: Sie wussten genau, dass sie in einem Bürgerkrieg weder Beute noch Ruhm erwartete. Erst kürzlich hatte Octavian, bekanntermaßen ein Glücksspieler, zweimal hintereinander alles auf eine Karte gesetzt und gewonnen: Er hatte seine erste Ehe mit Fulvias Tochter Clodia mit der Begründung beendet, die Ehe sei nie vollzogen worden, und hatte stattdessen die Schwägerin von Sextus Pompeius, Scribonia, geheiratet, weshalb nun die Möglichkeit einer Allianz zwischen den beiden Männern im Raum stand. Und als im Sommer 40 v. Chr. der Statthalter von Antonius’ Provinz Gallien gestorben war, war Octavian über die Alpen marschiert und hatte kurzerhand die elf Legionen der Provinz übernommen – natürlich nur, um sie für Antonius sicher zu verwahren, wie er behauptete. Zuvor hatte Octavian dem Marcus Lepidus Hispania citerior (Ostspanien) und Gallia Narbonensis (die heutige Provence) abgenommen, weil er ihn verdächtigte, mit Sextus Pompeius zu verhandeln.60 Damit besaß Lepidus nur noch die Provinz Africa. Octavian beherrschte nun den gesamten römischen Westen. Selbst wenn Antonius versucht hätte, seine Truppen dazu zu überreden, gegen Octavian zu kämpfen, oder ihnen Geld dafür geboten hätte – es war zu spät: Seine Legionäre taten sich mit ihren römischen Kameraden zusammen, die unter Octavian dienten, und gemeinsam forderten beide
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Armeen Frieden. Und so handelten im Herbst 40 v. Chr. die Unterhändler beider Seiten den Vertrag von Brundisium aus, der die Aufteilung des Römischen Reiches neu regelte. Antonius erhielt größere Autorität im Osten und die Befugnis, Krieg gegen die Parther zu führen, Octavian konnte seine Position im Westen ausbauen. Antonius musste den Verlust von Gallien hinnehmen, und obendrein erhielt Octavian Illyricum (in etwa das heutige Kroatien), wenn er auch die meisten von dessen freiheitsliebenden Einwohnern erst noch besiegen musste. Die Trennlinie zwischen den Gebieten der beiden Männer verlief bei der Stadt Scodra (heute Shkodra in Nordalbanien). Antonius kündigte auch seine Abmachung mit Sextus Pompeius auf, wie auch immer diese ausgesehen hatte. Octavian erhielt die Vollmacht, gegen Sextus Pompeius in den Krieg zu ziehen, wobei allerdings die Möglichkeit einer Einigung offengelassen wurde. Offiziell durfte Antonius weiterhin Legionäre in Italien rekrutieren, doch in der Praxis ging das nur mit der Zustimmung Octavians. Der Vertrag war ein bedeutender Erfolg für Octavian, wenn auch nicht unbedingt in strategischer Hinsicht. Der Osten des Imperiums war, wie erwähnt, viel reicher als der Westen; schon deshalb war der dortige Oberbefehlshaber klar im Vorteil. Wenn Antonius nun auch noch die Parther besiegte, würde das sein Ansehen nur noch weiter steigern. Octavian hatte nicht einmal ganz Italien unter Kontrolle: Erst musste er Sextus Pompeius kaltstellen. Salvidienus erwies sich bei alldem leider als entbehrlich. Antonius verriet den Überläufer an Octavian. Der Senat erklärte Salvidienus zum Staatsfeind, und er starb – ob er sich das Leben nahm oder hingerichtet wurde, wissen wir nicht. Um ihren Vertrag zu besiegeln, einigten sich die Triumvirn auf eine ganz besondere Absicherung: eine Heirat, die beide Familien vereinen sollte.
Antonius und Octavia Octavian und Antonius vereinbarten in Brundisium, dass Antonius ctavians Schwester Octavia heiraten sollte. Braut und Bräutigam waren O beide kürzlich verwitwet. Fulvia war im Exil in Griechenland gestorben,
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Octavias Ehemann Gaius Claudius Marcellus in Italien. Die Verbindung brachte jedem der beiden Rivalen gewisse Vorteile: Antonius bot sie die Chance, einen Sohn und Erben zu zeugen, der die Macht beider Familien in sich vereinen würde. Für Octavian stellte die Ehe eine wertvolle Informationsquelle dar: Seine Schwester befand sich nun mitten im gegnerischen Lager und konnte vielleicht sogar Antonius’ Handeln beeinflussen. Beim römischen Adel war es gang und gäbe, die Tochter eines rivalisierenden Hauses zu heiraten, um politische Streitigkeiten beizulegen, frei nach dem Prinzip, das wir aus Der Pate kennen: »Halte deine Freunde nah bei dir, aber deine Feinde noch näher.« Bedenkt man, wie sie sich früher gegenseitig beschuldigt und bis aufs Blut bekriegt hatten, kommt einem die Entscheidung von Antonius und Octavian, sich zu verschwägern, in etwa so aufrichtig vor wie ein Kuss in einem Hollywoodfilm aus den Vierzigern oder eine Umarmung zwischen den Mitgliedern verfeindeter Gangs. Im alten Rom handelten Männer eine Ehe aus; weil ihr Vater nicht mehr lebte, erledigte Octavian das für Octavia. Da laut römischem Recht sowohl der Bräutigam als auch die Braut der Eheschließung zustimmen mussten, können wir davon ausgehen, dass Octavian Octavia nicht etwa vor vollendete Tatsachen stellte, sondern die Angelegenheit mit ihr besprach – nicht nur, weil er seine große Schwester gernhatte, sondern weil man eine so intelligente, selbstständige Frau nun einmal mit Respekt behandelt. Die Historiker gehen davon aus, dass der Plan mit der Heirat von Octavian oder Antonius stammte, aber genauso gut könnte Octavia die Idee gehabt haben, wobei die beiden Männer wahrscheinlich vor ihr wussten, dass Antonius Witwer war.61 Octavia könnte aber auch schon früher in jenem Jahr, nach Marcellus’ Tod, über eine Ehe mit Antonius nachgedacht haben; vielleicht hat sie sich mit Octavian über die Möglichkeit unterhalten, dass Antonius sich von Fulvia scheiden ließ (was dann ja nicht mehr nötig war). Möglich wäre sogar, dass Octavian zunächst die grundsätzliche Zustimmung seiner Schwester einholte, bevor er sich mit Antonius traf. Wie es auch war: Wir wissen es nicht. Wahrscheinlich hatte die Nachricht, dass Antonius den Winter mit Kleopatra in Ägypten verbracht hatte, bereits Rom erreicht. Die beiden
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hatten eine Affäre gehabt, und Kleopatra war schwanger und brachte im Herbst 40 v. Chr. Zwillinge zur Welt: einen Jungen und ein Mädchen, Alexander Helios und Kleopatra Selene. Doch selbst wenn Octavia und ihr Bruder von den Zwillingen wussten, konnte sie das kaum von ihren Plänen abbringen. Diese Ehe war weniger eine Herzens- denn eine Staatsangelegenheit. Strategische Eheschließung waren für die Frauen in Octavias Familie nichts Neues. Von ihrer Mutter, die gezwungen gewesen war, neu anzufangen, nachdem sie ihren Mann verloren hatte, als ihre Kinder noch klein waren, hatte Octavia gelernt, wie man unter widrigen Umständen seine Haut rettet. Von ihrer Urgroßmutter Aurelia Cotta und ihrer Großmutter Iulia wird sie erfahren haben, was für ein mächtiges Erbe die Julier verkörperten. Und dann war da noch Caesars Witwe Calpurnia, die sich als Tochter eines Konsuls in der römischen Politik genauso gut auskannte wie ein Mann. Calpurnia hatte ein Gespür dafür, wann Ärger drohte: An den Iden des März beschwor sie Caesar, sich vom Senat fernzuhalten; er ignorierte ihre Warnung. Abgesehen davon machte sie kein Aufheben um die diversen Mätressen ihres Mannes noch um sein uneheliches Kind mit Kleopatra. Gut möglich, dass sich Octavia von Calpurnia einiges abgeschaut hatte. Als sie Antonius heiratete, war Octavia, was politisch motivierte Eheschließungen anging, bereits eine Veteranin. Um 55 v. Chr. herum hatte sie Claudius Marcellus geheiratet, einen prominenten römischen Politiker aus einer adligen Familie. Da war sie gerade einmal vierzehn Jahre alt. (Römerinnen durften bereits mit zwölf Jahren heiraten.) Auch diese Ehe war ein Beispiel für eine Verbindung zwischen rivalisierenden Sippen: Marcellus war ein Verbündeter von Caesars Gegenspieler Gnaeus Pompeius, der wiederum damals mit Caesars Tochter Iulia verheiratet war. Etwa ein Jahr nach der Heirat von Octavia und Marcellus starb Iulia. Um sein politisches Bündnis mit Pompeius abzusichern, bot Caesar ihm Octavia zur Frau an. Dazu hätte diese sich von Marcellus scheiden lassen müssen. Was Octavia davon hielt, ist nicht überliefert, aber Pompeius lehnte ohnehin ab. Dieser Schachzug dürfte kaum dafür gesorgt haben, dass Caesar in Marcellus’ Ansehen stieg. Als er 50 v. Chr. Konsul war,
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schwang sich Marcellus zu einem der führenden Gegner Caesars im Senat auf. Und als der Bürgerkrieg begann, floh er zunächst aus Rom und wollte sich Pompeius anschließen, doch dann zögerte er. Er blieb eine Weile in seiner Villa bei Neapel, und ein paar Monate später wechselte er die Seiten. Ob Octavia damals einen Anteil hatte an seiner Entscheidung? Wir wissen es nicht. Auf jeden Fall blieb Marcellus auch nach der Ermordung des dictator im Jahr 44 v. Chr. in dessen Fraktion, vielleicht avancierte er sogar zu einem Vertrauten Octavians.62 Octavia gebar Marcellus einen Sohn und zwei Töchter, aber sie war mehr als nur Hausfrau und Mutter. In den Jahren nach Caesars Tod wurde sie mindestens zweimal in die Turbulenzen der römischen Politik hineingezogen: Im Sommer 43 v. Chr. befanden sich Octavia und ihre Mutter gerade in Rom, als Octavian dem Senat ein Ultimatum stellte.63 Die beiden Frauen mussten sich vor ihren Feinden im Tempel der Vesta verstecken, bis Octavian mit seinen Legionen in Rom eintraf und sie befreite. Bald darauf starb seine und Octavias Mutter Atia. Bis dahin hatte sich Octavian immer wieder bei ihr Ratschläge für seine Karriere geholt.64 Jetzt, wo sie nicht mehr da war, könnte Octavia diese Rolle übernommen haben. Sie war rund 26, Octavian 20. Später hieß es, er habe stets große Zuneigung für seine Schwester empfunden.65 Im Rahmen der Proskriptionen war Octavia 43 v. Chr. in Rom an zwei Schlichtungsversuchen beteiligt (möglicherweise gab es noch weitere, aber von zweien haben wir durch die Quellen Kenntnis).66 Drei Jahre später, im Jahr 40 v. Chr., starb Marcellus. Zu diesem Zeitpunkt drohte der Konflikt zwischen Antonius und Octavian zu einem Krieg zu eskalieren, bis sie sich in Brundisium einigten. Nun folgten neue Arrangements, deren Höhepunkt eben die Heirat von Octavia und Antonius war. In den schriftlichen Quellen wird Octavia als römische Matrone alter Schule dargestellt: tugendhaft, bescheiden, demütig und ihrem Mann gegenüber gehorsam und solidarisch. Allerdings ist den Quellen hier nicht unbedingt zu trauen. Sie stammen alle aus der Zeit nach dem Aufstieg ihres Bruders zum ersten römischen Kaiser. Obwohl deren Autoren Zugang zu Texten hatten, die Antonius wohlgesonnen waren, und sogar zu einigen von Antonius selbst, neigten sie dazu, der offiziellen Linie der
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kaiserlichen Dynastie zu folgen. In Wirklichkeit hätte Octavia kaum ihr ganzes Leben lang durch die Untiefen der römischen Politik navigieren können, wenn sie nicht besonders mutig und gerissen gewesen wäre und ein exzellentes Gespür für die Macht gehabt hätte. So fade sich die offizielle Darstellung Octavias auch liest, hier und da scheint ein wenig Wahrheit durchzuschimmern. Laut Plutarch waren damals viele Leute der Meinung, Octavia würde einen positiven Einfluss auf den Schurken Antonius ausüben und Rom Gutes und Harmonie bringen; gleichzeitig würde seine Liebe zu ihr dafür sorgen, dass er Kleopatra vergaß.67 Eine weniger idealistische Sichtweise finden wir bei Tacitus. Ihm zufolge behaupteten Octavians Feinde Jahre später, nach Antonius’ Niederlage, das alles sei ein Trick Octavians gewesen, um Antonius zu täuschen, mit seiner Schwester als Köder. Manche hätten ihre Ehe „eine verräterische Verbindung“ genannt.68 Nach Münzporträts und Skulpturen zu urteilen, war Octavia attraktiv.69 Auf den Darstellungen wirkt sie würdevoll und ernsthaft, zugleich relativ hübsch und mit zarten Gesichtszügen. In den meisten hat sie einen sanften Blick, ausgeprägte Wangenknochen und einen schlanken Hals, nur auf ein paar Münzen wirkt sie etwas dicklicher – vielleicht wurde sie so dargestellt, damit sie optisch besser zu ihrem feisten Ehemann passte. Octavia wurde für ihr schönes Haar gelobt, aber sie überließ nichts dem Zufall. Die bildlichen Darstellungen zeigen sie mit einem sorgfältig frisierten und mit Bändern befestigten Dutt – einer Frisur, wie nur Frauen sie trugen, die sich ein, zwei Zofen leisten konnten.70
Ein neues Goldenes Zeitalter? Die öffentliche Meinung in Italien begrüßte die Heirat, denn sie bedeutete nicht weniger als Versöhnung und Frieden. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Stadtverwaltung von Casinum (dem heutigen Cassino) südlich von Rom ließ im Oktober 40 v. Chr. eine Statue der Concordia, der Göttin der ehelichen und gesellschaftlichen Harmonie, restaurieren, um die neue Ära des Friedens zu feiern.71 Beide, Antonius und Octavian, ließen Gedenkmünzen prägen. Auf der Vorderseite der Münzen ist jeweils der Kopf des einen, auf der Rück-
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seite der des anderen abgebildet, und die verwendeten Symbole standen für Kooperation, wie der caduceus – zwei Schlangen, die sich um einen Heroldsstab schlängeln – oder ineinander verschränkte Hände. Besonders auffällig ist eine Goldmünze von Antonius mit seinem Kopf auf der Vorderseite und Octavias auf der Rückseite.72 Auf Münzen zeitgenössische, also noch lebende Menschen abzubilden, war im griechischen Osten schon lange üblich; dort ließen sich Könige und Königinnen oft gemeinsam abbilden. In Rom war diese Sitte jedoch noch relativ neu. Iulius Caesar war der erste Römer, dessen Porträt zu seinen Lebzeiten auf einer Münze zu sehen war. Andere Männer folgten, bald darauf auch Frauen. Octavia war wahrscheinlich erst die zweite Frau auf einer römischen Münze, die keine Göttin war. Die erste war Antonius’ erste Gattin Fulvia, falls die Identifizierung im Fall der entsprechenden Münze korrekt ist.73 Damit war Octavia nun das weibliche Gesicht der Stadt, die die Welt beherrschte. Das lauteste Echo des kollektiven erleichterten Aufatmens der Römer in jenem Herbst dürfte heute Vergils berühmte 4. Ekloge sein (falls sie nicht bereits vor der Hochzeit geschrieben wurde; das Datum ist nicht gesichert). Darin dankt er zunächst Gaius Asinius Pollio, einem Friedensstifter und Unterstützer von Antonius, der 40 v. Chr. Konsul war, dafür, dass er den Vertrag von Brundisium ausgehandelt hat. Dann verkündet der Dichter, ein neues Goldenes Zeitalter werde anbrechen, eingeläutet durch die Geburt eines Knaben. Vergil ruft die Göttin der Geburt, Lucina (alias Diana), an: Sei nur dem kommenden Knaben, mit dem sich das eiserne Alter schließet, und rings aufblüht ein goldnes Geschlecht auf dem E rdkreis, sei, keusche Lucina, ihm hold: Schon herrscht dein Apollo. Dir wird sogar dies Heil des Äons, dir Konsul, beginnen, Pollio, dass allmählich die großen Monde hervorgehn.74 In späteren Jahrhunderten galt die 4. Ekloge als Prophezeiung des Kommens Jesu Christi, der etwa vier Jahrzehnte später geboren wurde, aber
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Vergil wird wohl eher ein Kind gemeint haben, das in Italien zur Welt kommen würde. Er nennt keine Namen, aber es ist gut möglich, dass er den potenziellen Nachwuchs von Antonius und Octavia meinte.75 Im November reisten die beiden nach Rom, um zu heiraten. Zusätzlich zu den üblichen Feierlichkeiten verlieh der Senat ihnen das Recht, eine ovatio zu feiern, die höchste Ehrung, die einem Römer für einen unblutigen Sieg verliehen werden konnte.76 Aus Sicht der Römer war Brundisium ein voller Erfolg. Sie waren es nicht gewohnt, dass ihnen der Frieden einfach so in den Schoß fiel; üblicherweise wurde er durch einen militärischen Sieg errungen, der große Anstrengungen und Verluste erforderte. Schon deshalb war dieser Friedensschluss ein echter Grund zum Feiern. Eine ovatio war nicht ganz so prestigeträchtig wie ein Triumphzug, mit dem ein großer militärischer Erfolg gefeiert wurde. Dieser Umstand sagt einiges über die römische Wertehierarchie aus. „Selig sind die, die Frieden stiften“, hätte ein Römer sagen können, „aber nicht so selig wie die Eroberer.“ Als Ovatoren hatten die beiden Männer das Recht, zu Flötenklängen hoch zu Ross in Rom einzureiten, in spezielle Togen mit karmesinroten Streifen gehüllt und mit Myrtenkränzen auf dem Kopf. Vom Stadttor aus ritten sie zum Tempel des kapitolinischen Jupiter (Iuppiter Capitolinus), dem wichtigsten Heiligtum der Stadt, um ein Opfer darzubringen. (Bei einem Triumphzug fuhr der siegreiche Feldherr zu Trompetenklängen auf einem Wagen und trug eine komplett mit Purpur gefärbte Toga sowie einen Lorbeerkranz.) Der Senat zeigte sich willens, die für Eheschließung geltenden Vorschriften zu beugen. Normalerweise durfte eine Witwe oder ein Witwer während einer zehnmonatigen Phase der Trauer um den verstorbenen Ehepartner nicht erneut heiraten, aber die Senatoren machten bei Antonius eine Ausnahme. Dabei mag geholfen haben, dass Octavias Schwangerschaft mit Marcellus’ Kind bereits bekannt war, als sie Antonius heiratete, sodass keine Zweifel an der Vaterschaft bestanden. (Man nimmt an, dass solche Vaterschaftsfragen ein Grund dafür waren, dass die Zehnmonatsregel einst eingeführt wurde.) Falls es sich um eine typische römische Hochzeit handelte, fand sie in Octavians Stadthaus auf dem Palatin, einer exklusiven Wohngegend,
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statt und Octavian zahlte für alles: Man darf davon ausgehen, dass es eine große Feier mit einer langen Liste von Gästen war. Eine so würdevolle Frau wie Octavia trug sicherlich die traditionelle Hochzeitskleidung: orangefarbene Pantoffeln, eine wollene Tunika mit einem kompliziert verknoteten Gürtel, den der Bräutigam lösen musste, und einen orange-roten Schleier. Wir wissen nicht, ob sie zum Zeitpunkt der Heirat noch schwanger war oder bereits entbunden hatte. Antonius war zweifellos ebenfalls gut gekleidet. Die Häuser von Braut und Bräutigam waren mit Blumen und grünen Zweigen geschmückt, vielleicht wurde das Haus der Braut mit Fackeln beleuchtet. Den Göttern wurde ein Opfer dargebracht, und die Innereien der geopferten Tiere wurden im Rahmen einer Eingeweideschau untersucht, um günstige Omina zu finden. Wahrscheinlich sah die Zeremonie so aus, dass die 29-jährige Braut von ihrem 23-jährigen Bruder Octavian dem 43-jährigen Bräutigam übergeben wurde. Danach war es Brauch, dass das Paar einander die rechte Hand reichte und eine verheiratete Frau ihnen ein Band um die verbundenen Hände wickelte. Der Ehevertrag wurde im Voraus ausgehandelt, oft aber erst bei der Hochzeit besiegelt. In diesem Vertrag wurde auch die Frage der Mitgift geregelt und, was im Falle einer Scheidung mit dieser Mitgift geschehen würde. Es wurden Geschenke verteilt, und anschließend begleitete die Hochzeitsgesellschaft Octavia in einem fröhlichen Fackelumzug zu ihrem neuen Zuhause. Am Eingang bot ihr Ehemann ihr Feuer (in Form einer Fackel) und Wasser (in Form eines Krugs) dar, für die Römer der Inbegriff der Gastlichkeit. Und dann wurde im Schlafzimmer die Ehe vollzogen. Tags darauf veranstaltete der Bräutigam ein Fest mit reichlich Essen und Trinken, bei dem die Braut den Hausgöttern ihr erstes Opfer darbrachte. Und auch an den darauffolgenden Tagen wurde noch gefeiert.
Der Vertrag von Misenum und seine Nachwirkungen Die Verbindung zwischen Antonius und Octavian wurde in Rom zunächst groß gefeiert – doch dann kippte die Stimmung: Als Sextus Pompeius’ Flotte dafür sorgte, dass die Getreidevorräte in der Stadt knapp wurden,
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wandte sich das Volk gegen die zwei frisch verschwägerten Triumvirn. Es kam zu Unruhen und Steinigungen, Statuen wurden umgestürzt. Octavian und Antonius blieb nichts anderes übrig, als sich dem Willen der Bevölkerung zu beugen. Im Sommer 39 v. Chr. trafen sie sich mit Sextus Pompeius in Misenum, nördlich von Neapel, und schlossen mit ihm Frieden. Sie besiegelten ihre Vereinbarungen mit mehreren festlichen Abendessen am Hafen. Sicherheit wurde dabei großgeschrieben: Alle drei Männer hatten ihre Leibwächter dabei und trugen heimlich Dolche. Die Triumvirn veranstalteten ihre Bankette in Zelten auf dem Landungssteg, Sextus Pompeius hielt seines an Bord seines Flaggschiffs ab. Dort machte er eine nur halb witzig gemeinte Bemerkung darüber, dass das Schiff das einzige Zuhause sei, das er noch habe – eine Anspielung darauf, dass Antonius das Haus seines Vaters Pompeius konfisziert hatte. Eine noch denkwürdigere Bemerkung kam von einem von Sextus Pompeius’ Admirälen: Dieser nahm Sextus Pompeius beiseite und schlug ihm vor, seine beiden Feinde an Bord des Schiffes zu ermorden und so die Kontrolle über das Römische Reich zu übernehmen. Angeblich dachte Sextus Pompeius kurz darüber nach und sagte seinem Admiral schließlich, er hätte die zwei töten sollen, ohne ihn um Erlaubnis zu fragen; nun sei es zu spät: Eine so unehrenhafte Tat könne er nie und nimmer gutheißen.77 Falls an dieser Anekdote etwas dran ist, muss es nicht unbedingt sein Ehrgefühl gewesen sein, dass Sextus Pompeius motivierte: Er wird sich ausgerechnet haben, dass es besser war, mit Widersachern zu kooperieren, die er bereits kannte, als mit solchen, die in der turbulenten Zeit nach der Ermordung der Triumvirn nach der Macht greifen würden. Sextus Pompeius hatte die Triumvirn überredet, ein Abkommen zu unterzeichnen, mit dem sie sich die Macht teilen würden. Demnach durfte er seine Basis in Sizilien und auf den Inseln behalten und bekam zusätzlich noch Achaia, die nördlichste Region der Peloponnes. Im Gegenzug musste er seine Raubzüge auf dem italischen Festland einstellen und damit aufhören, entlaufenen Sklaven die Freiheit zu versprechen. Allerdings gelang es ihm nicht, das ihm Zugestandene auch durchzusetzen. Trotz seiner
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Übermacht auf See hätte sich Sextus Pompeius als Herrscher der Inseln nur etablieren können, wenn Antonius und Octavian ihn hätten gewähren lassen. Wie sich herausstellte, hatten die beiden Triumvirn – insbesondere Octavian – nicht die geringste Absicht, ihr Wort zu halten. Im Jahr 39 v. Chr. lernte Octavian die Frau seiner Träume kennen. Die neunzehnjährige Livia Drusilla war hübsch und klug, und wie ihr Name verriet, stammte sie von zwei der vornehmsten Familien der römischen Geschichte ab: den Livii und den Drusii. Leider hatte die Sache mehrere Haken: Sie war verheiratet, sie war bereits Mutter, und sie war gerade mit ihrem zweiten Kind schwanger. Außerdem hatte ihr Mann bei Perusia auf der Verliererseite gekämpft, und hinterher war das Ehepaar mit seinem kleinen Sohn nach Sizilien und anschließend nach Griechenland geflohen. Aber Octavian war kein nachtragender Mensch, vor allem dann nicht, wenn es darum ging, in zwei der angesehensten Familien Italiens einzuheiraten. Dass Octavian bereits mit Scribonia verheiratet war, die sein Kind erwartete, war noch das kleinste Problem. Am 14. Januar 38 v. Chr., dem Tag, an dem Scribonia Octavians Tochter zur Welt brachte, ließ er sich von ihr scheiden. Einen oder zwei Tage später ließ sich Livias Mann ebenfalls scheiden, und am 17. Januar heirateten Livia und Octavian. Scribonia war die Tante von Sextus Pompeius – der die Scheidung zweifellos als persönliche Beleidigung auffassen würde, was wahrscheinlich sogar einen neuen Krieg auslösen würde. Doch genau diese Aussicht kam dem rastlosen Octavian gelegen. Octavian hatte bereits einen Plan. Er ließ er in zwei italischen Häfen Kriegsschiffe bauen. Gleichzeitig warb er Sextus Pompeius einen von dessen besten Admirälen ab, und dieser brachte nicht nur Schiffe und Legionen mit, sondern auch die Kontrolle über Sardinien und Korsika. Es war eben jener Admiral, der Sextus Pompeius im Jahr zuvor angeblich geraten hatte, Octavian zu ermorden. Zwar verlor der Admiral etwas später eine Schlacht, nach der seine gesamte Flotte in einem Sturm zerstört wurde. Doch vorher gelang es ihm, den letzten verbliebenen Admiral von Sextus Pompeius zu töten – ein echter Coup. Nun wandte sich Octavian an Agrippa. Denn er war selbst kein besonders guter General – aber er hatte Agrippa, der sich in Gallien bereits
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als erstklassiger Befehlshaber erwiesen hatte. Octavian beorderte ihn zurück, um den Seekrieg zu gewinnen. Angesichts des Ehrgeizes, wie er in vielen römischen Herzen brannte, erscheint es bemerkenswert, dass ein General, der so begabt war wie Agrippa, dermaßen klaglos seine untergeordnete Position akzeptierte, insbesondere in einer Ära wie der des zweiten Triumvirats, die dermaßen von Verrat geprägt war. Vielleicht war es einfach undenkbar, dass jemand ohne adeliges Blut in Rom die oberste Regierungsmacht anstrebte, und da Agrippa nicht adelig war, kannte er seine Grenzen. Auf jeden Fall ist es Octavian hoch anzurechnen, dass er stets sorgfältig abwog, welches Maß an Ehre er seinem talentierten General zukommen ließ. Anerkennung gebührt Octavian auch dafür, dass er sich seiner eigenen Grenzen bewusst war. Er war ein schlechter Militär, aber dieses Problem löste er, indem er einen guten Militär – sogar einen ganz hervorragenden Militär – für sich arbeiten ließ. Auch wenn es Octavian nicht an Selbstbewusstsein mangelte, wusste er dennoch um seine persönlichen Schwächen, und dadurch bewies er Selbstbeherrschung und Reife. Trotzdem war auch er nicht in der Lage, einen Mann vom Kaliber des Sextus Pompeius mir nichts, dir nichts auszuschalten.
Die von Purpur gekrönte Stadt Athen war in der Antike für seine farbenfrohen Sonnenuntergänge berühmt, was ihr das Epitheton „von Purpur gekrönt“78 einbrachte. Im schönen Athen verbrachten Antonius und Octavia ihre glücklichste gemeinsame Zeit (vgl. Farbtafel 5). Antonius bereitete einen großen Feldzug gegen die Parther vor. Also machte er sich im Herbst 39 v. Chr. auf den Weg nach Osten – und seine Frau und seine Tochter Antonia, die im August oder September 39 v. Chr. zur Welt gekommen war, nahm er mit.79 Dass das Kind kein Junge war (und damit auch nicht der von Vergil prophezeite Erbe), hatte in der männerzentrierten Kultur Roms sicherlich für Enttäuschung gesorgt. Jedenfalls verbrachten sie den Winter gemeinsam in Athen. Appian schreibt, Antonius sei damals sehr in seine Frau verliebt gewesen, fügt allerdings spöttisch hinzu, Antonius sei „von Natur aus übermäßig den Frauen zugetan“
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gewesen.80 Gewiss hatten die beiden auch Sex, denn Octavia brachte noch eine zweite Tochter zur Welt, Antonia die Jüngere. Die Griechen hatten sich noch nie gescheut, den Römern zu schmeicheln, und das taten auch die Athener, indem sie das Ehepaar als wohltätige Götter verehrten: Antonius als Dionysos und Octavia als Athene, die Göttin der Weisheit. Möglicherweise nahmen die beiden auch an den jährlichen Dionysien teil, einem großen Fest zu Ehren des Dionysos. Der Gott der Befreiung und der Zügellosigkeit war in der ganzen griechischen Welt ein beliebtes Symbol, Athene war die Schutzpatronin von Athen. Man fragt sich, ob Octavia die Chance ergriff, sich endlich einmal gehen zu lassen, oder ob sie, als strenge römische Matrone, die ganze Angelegenheit mit Argwohn betrachtete. Antonius seinerseits hatte angeblich für solche Sentimentalitäten wenig übrig, es sei denn, sie füllten seine Privatschatulle, daher soll er von den Athenern ein kleines Vermögen als „Mitgift“ für seine Heirat als Dionysos mit Athene, also mit Octavia, verlangt haben.81 Bald war Antonius wieder vollauf mit Krieg und Diplomatie beschäftigt. Im Jahr 40 v. Chr. hatten die Parther die römische Provinz Syrien überfallen. Die Invasionsarmee wurde angeführt vom parthischen Königsfürsten und einem römischen General, der Pompeius unterstützt hatte und nach der Ermordung Caesars zu den Parthern gegangen war, um für die Befreier zu werben. Die parthischen Invasoren besiegten die dort stationierten Legionen und entrissen den Römern die Herrschaft über ein Gebiet, das von Kleinasien bis an die Grenzen Arabiens reichte. Gut, dass Antonius bald zur Stelle war, um die drohende Katastrophe abzuwenden. Er stellte eine Armee auf und übergab das Kommando seinem besten General, Publius Ventidius Bassus. 39 v. Chr. eroberte dieser Kleinasien zurück. Er nahm den General und Pompeius-Anhänger, der die dortigen Streitkräfte anführte, gefangen und ließ ihn hinrichten. Im Jahr darauf besiegte er in Syrien eine parthische Reiterarmee; deren Befehlshaber, ein parthischer Fürst, fiel im Kampf. Damit war der Osten wieder fest in römischer Hand. Die Quellen behaupten, Antonius sei eifersüchtig auf Ventidius gewesen und habe seinen erfolgreichen Befehlshaber sogar öffentlich gedemütigt,82 aber dabei könnte es sich um feindliche Propaganda han-
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deln. Ventidius kehrte nach Rom zurück und feierte einen Triumphzug, den er sich mit seinem Feldherrn Antonius teilte. Antonius war dabei allerdings nicht persönlich anwesend: Er blieb im Osten.83 Es sollte 150 Jahre dauern, bis das nächste Mal ein römischer Feldherr einen Triumph über die Parther feiern durfte.84
Der Vertrag von Tarent Im Jahr 38 v. Chr. unternahm Antonius eine kurze Reise nach Italien, wo ein Treffen mit Octavian geplant war – das dann allerdings nicht zustande kam. Sein nächster Besuch, im Jahr darauf, war ein wenig ausführlicher. Es gab mehrere Gründe für die beiden, sich zu treffen, obwohl keiner dem anderen vertraute. Octavians Kampf gegen Sextus Pompeius in den Gewässern um Süditalien und Sizilien lief schlecht. Er benötigte mehr Schiffe und Geld. Und Antonius brauchte für seinen Krieg gegen die Parther römische Legionäre. Rein rechtlich durfte er sie in Italien rekrutieren, aber in der Praxis brauchte er dafür Octavian, da dieser die Soldaten für ihn anwerben musste. Schließlich gab es noch eine verfassungsrechtliche Frage: Das Triumvirat war Ende 38 v. Chr. formell ausgelaufen und musste erneuert werden – versäumten Antonius und Octavian es, würden sie die Konsequenzen tragen müssen. Octavian schickte einen seiner engsten Berater zu Vorverhandlungen mit Antonius nach Athen. Auch wenn es noch ein paar Meinungsverschiedenheiten auszuräumen galt, verlief das Treffen so gut, dass Antonius im Frühjahr 37 v. Chr. nach Tarent in Süditalien segelte. Er brachte 300 Schiffe mit – und Octavia. Sie spielte eine wichtige Rolle bei den Verhandlungen; dass sie sich im ersten Drittel ihrer Schwangerschaft befand, scheint sie dabei nicht beeinträchtigt zu haben. Als sich Octavian Tarent näherte, schob er das Treffen mit Antonius zunächst einmal auf. Gut, dass Octavia zur Stelle war, denn einer Quelle zufolge ergriff sie die Initiative und traf sich mit ihrem Bruder, um die Probleme, die dieser mit Antonius hatte, Punkt für Punkt durchzugehen. Nach einer anderen Version zog sie zunächst die beiden engsten Berater Octavians auf ihre Seite, und dann flehte sie ihn an, nicht gegen ihren Mann Krieg zu führen, denn egal, wie ein solcher Krieg ausginge, sie wäre
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untröstlich. Ihr Manöver hatte Erfolg. Vielleicht stellte sie damit auch ein für allemal klar, dass sie eine scharfsinnige, gewitzte Frau war – und dass sich ein vorteilhafter Deal mit Antonius anbahnte. Octavian stimmte einem ersten informellen Treffen mit Antonius bei Tarent zu. Die Szene wirkt so unglaubwürdig, dass man allenfalls hoffen kann, dass sie den Tatsachen entspricht: Die beiden ruderten, jeder in einem Bötchen, auf den Taras (den heutigen Tara) hinaus. Mitten auf dem Fluss stritten sie sich dann darüber, wer bei wem an Land gehen werde. Anscheinend gab Octavian nach. In einem Bericht heißt es, er habe sich nur deshalb bereit erklärt, Antonius’ Lager zu besuchen, bevor jener zu ihm kam, weil er solche Sehnsucht nach seiner Schwester gehabt habe. Aber Octavian wird gewusst haben, dass solch ein kleines Zugeständnis ein gutes Mittel war, seinen Feind ein wenig gnädiger zu stimmen. Angeblich fuhr Octavian zusammen mit Antonius in dessen Streitwagen zu Antonius’ Lager und verbrachte dort ohne Leibwache die Nacht. Tags darauf folgte Antonius diesem Beispiel und besuchte Octavians Lager.85 Damit begannen lange, zähe Verhandlungen, die den ganzen Sommer dauerten, aber am Ende einigten sie sich: Antonius würde Octavian 120 Kriegsschiffe überlassen, und dieser würde ihm im Gegenzug 20 000 Legionäre zur Verfügung stellen. Die Schiffe konnten sofort geliefert werden, die Soldaten sollten später kommen. Angeblich überredete Octa via die beiden Männer, einander das Geschäft noch ein wenig zu versüßen: Antonius schenkte Octavian zehn zusätzliche Schiffe, und Octavian sagte 1000 weitere, exzellente Soldaten zu, die offiziell als Octavias Leibwache fungieren, aber sicherlich auch für Antonius kämpfen sollten. Unterm Strich bedeutete das, dass Octavian seinen Teil der Abmachung sofort bekam, während sich Antonius mit einem Versprechen begnügen musste. Die beiden erklärten sich außerdem willens, das Triumvirat um weitere fünf Jahre zu verlängern. Und sie einigten sich darauf, Iulia, Octavians Tochter (mit seiner Exfrau Scribonia), mit Antonius’ älterem Sohn Marcus Antonius (den er mit seiner verstorbenen Frau Fulvia gezeugt hatte) zu verloben. Der Sohn, der den Beinamen Antyllus trug – möglicherweise nach Anto, dem Sohn von Antonius’ angeblichem Vorfahren
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Herkules – , war zu diesem Zeitpunkt erst sechs Jahre alt, das Mädchen noch ein Kleinkind. Skeptische Historiker sagen, die Quellen würden die Rolle Octavias übertreiben, und da mögen sie recht haben.86 Schon aus Eigeninteresse mussten die beiden Männer ihre Differenzen beilegen und sich auf ihre jeweiligen Militäroperationen konzentrieren. Doch auch Eigennutz setzt sich nicht immer ohne geschickte Vermittlung durch, und in dieser Phase der römischen Geschichte traten oft Frauen der Elite als geschickte Verhandlungsführer auf. Auch wenn Octavia vielleicht nicht der Kopf hinter dem Vertrag von Tarent war, so verkörperte sie ihn doch nach außen. Antonius oder seine Anhänger ließen um die Zeit von Tarent herum Bronzemünzen prägen, die auf der Rückseite Galeeren oder Seepferdchen zeigen. Auf der Vorderseite sind bei manchen von ihnen Antonius und Octavia zu sehen, die einander anschauen, bei anderen Doppelporträts von Antonius und Octavian (Letzterer im Hintergrund), die Octavia anschauen.87 Es ist zumindest verlockend, diese Darstellungen als Beweis für den Propagandawert Octavias als Bindeglied zwischen den beiden Triumvirn zu sehen. Es wurde vermutet, dass der Geschichtsschreiber Livius die Textstelle, in der er schildert, wie die Sabinerinnen einen Krieg zwischen ihren Ehemännern und ihren Vätern verhinderten, der erfolgreichen Vermittlung Octavias in Tarent nachempfunden hat.88 Der Text findet sich im ersten Buch seines umfangreichen Werks zur Geschichte Roms, das gerade einmal zehn Jahre später, im Jahr 27 v. Chr., erschien. Falls das stimmt, klingt es wiederum nach der offiziellen Version der Ereignisse, denn Octavia war eine parteiische Vermittlerin: Wenn sie eine Rolle bei den Verhandlungen in Tarent spielte, dann beeinflusste sie das Ergebnis definitiv zugunsten ihres Bruders. Die römische Welt feierte die Nachricht, dass Octavia einen Frieden zwischen Antonius und Octavian ausgehandelt hatte, aber das war nicht die ganze Wahrheit. Octavia hatte Antonius’ Aufmerksamkeit von Italien abgelenkt und dafür gesorgt, dass er nicht länger Sextus Pompeius unterstützte. Damit hatte sie ihren Bruder gerettet, und das war es, was für sie zählte.
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Schwester, Botschafterin, Soldatin, Spionin, Unterhändlerin, Bittstellerin, Diplomatin, Ehefrau: Das waren die Rollen, die Octavia spielen musste, als sie zwischen den beiden mächtigen Männern vermittelte. Von Zeit zu Zeit war sie auch eine Göttin. Und natürlich Mutter – sie war immer auch Mutter. Nach Tarent ließ Antonius die schwangere Octavia und ihre kleine Tochter bei Octavian. Dieser nahm die beiden mit nach Rom, während Antonius nach Syrien abreiste. Einige Monate später, am 31. Januar 36 v. Chr., brachte Octavia Antonia die Jüngere zur Welt. Dass Antonius seine Frau nach Rom zu ihrer Familie zurückschickte, war nicht weiter ungewöhnlich. Viel ungewöhnlicher war es, dass er sie überhaupt nach Athen mitgenommen hatte – wenn römische Politiker als Statthalter in eine Provinz gingen, ließen sie ihre Frauen gewöhnlich zu Hause. Natürlich war ein Triumvir etwas anderes als ein einfacher Statthalter, aber dennoch entsprach Octavias Anwesenheit in Athen bei Weitem nicht der Norm. Generell sollte sich Octavias Leben in den nun folgenden Jahren immer weiter von der Norm entfernen. Der Status ihrer Ehe sollte in den Mittelpunkt der römischen Politik rücken. Und auch als Diplomatin hatte sie noch längst nicht ausgedient.
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Kapitel 4
Octavians Sieg und Antonius’ Comeback Von Sizilien zum Partherreich, 36–34 v. Chr. Mitte der 30er-Jahre v. Chr. wurde wieder an vielen Orten des Imperiums Krieg geführt, zu Lande und zu Wasser, in der Nähe von Rom wie auch in den Gewässern vor Sizilien und an der Grenze zum Partherreich. Auch an der Ostküste der Adria kam es zu Kampfhandlungen. Unterdessen feuerten die Anhänger von Antonius und Octavian immer häufiger regelrechte Propagandasalven aufeinander ab. Um Octavias Ehe mit Antonius war es zunehmend schlechter bestellt, während Kleopatra ihre Position weiter festigte. Die beiden großen Männer schmiedeten neue Waffen, um ihre jeweiligen Feinde zu bekämpfen. Aber wer garantierte, dass sie eben diese Waffen nicht gegeneinander einsetzen würden? Die Zukunft Roms stand auf dem Spiel.
Die Niederlage des Sextus Pompeius Für Octavian und Agrippa war das Jahr 36 v. Chr. ein veritabler annus mirabilis, ein Wunderjahr. Als Agrippa vor der Aufgabe stand, die Flotte von Sextus Pompeius zu besiegen, tat er, was die Römer oft machten, wenn sie sich in einem militärischen Dilemma befanden: Er ließ graben. Bei Puteoli (dem heutigen Pozzuoli nördlich von Neapel) verbanden seine Ingenieure den Lucrinus Lacus (Lucriner See) durch einen Kanal mit dem Meer und schufen dadurch einen geschützten Stützpunkt für eine neue Flotte: Hier konnten Schiffbauer arbeiten, ohne dass ihnen feindliche Spione dabei über die Schulter schauten. Sie tauften diesen Stützpunkt Portus Iulius. Der neue Hafen wurde im Jahr 37 v. Chr. fertiggestellt, und im darauffolgenden Jahr stach von dort eine fast komplett neu aufgebaute
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Flotte in See. Italien hatte bis dahin praktisch keine Flotte gehabt, mit der man gegen Sextus Pompeius hätte vorgehen können. Die Römer waren von Hause aus Landratten. Um Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. mit ihrem großen Rivalen, der Seemacht Karthago, mithalten zu können, schwangen sie sich aber zur Seemacht auf. Hundert Jahre lang kontrollierten sie nun das Mittelmeer und dehnten dabei ihren Einflussbereich immer weiter aus – doch dann benötigte Rom keine Seestreitkräfte mehr. Erst in den 60er-Jahren v. Chr. baute Gnaeus Pompeius die römische Flotte wieder auf, doch dabei setzte er auf das Know-how einer ausgewiesenen Seefahrernation: Griechische Schiffbauer konstruierten ihm seine Schiffe, und griechische Seeleute steuerten sie in der Schlacht. Auch Sextus Pompeius, der einen Großteil der Schiffe seines Vaters Gnaeus übernahm, setzte auf das Geschick und die Erfahrung griechischer Seeleute. Agrippas Schiffe hingegen waren mit den eigenen Landsleuten bemannt, die über wenig bis gar keine Erfahrung zur See verfügten. Das galt auch für Agrippa selbst: Seine militärische Laufbahn hatte er komplett an Land absolviert. Auch war seine neue Flotte schwerfälliger und weniger manövrierfähig als die von Sextus Pompeius, doch das machte Agrippa durch Eifer und Einfallsreichtum wett. Er trainierte seine Männer im Rudern – und erfand eine neue Waffe: eine per Katapult abgefeuerte Harpune. Getroffene feindliche Schiffe konnten nicht mehr davonsegeln und ließen sich somit leichter entern. Und das bedeutete: Agrippas neue Flotte konnte mit Sextus Pompeius’ erfahrenen Kapitänen zwar nicht mithalten, wenn es darum ging, auf hoher See zu manövrieren und mit ihrem Schiff den Feind zu rammen, doch dafür konnten Agrippas Soldaten nun auf See eine Landschlacht führen. Das römische Standard-Kriegsschiff, die Quinquereme („Fünfruderer“), bot bis zu 120 Legionären Platz, und ihr Befehl lautete, ein feindliches Schiff zu entern, die Besatzung zu töten und das Schiff unter ihre Kontrolle zu bringen. Das war zwar nicht schön, aber wirkungsvoll. Im Jahr 36 v. Chr. siegte Agrippa in zwei großen Seeschlachten vor der Küste Siziliens über Sextus Pompeius. Zwischen den beiden Gefechten gelang es Sextus Pompeius immerhin noch, Octavian in einen Hinter-
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halt zu locken, nachdem jener mit seinen Truppen auf Sizilien gelandet war: Octavian war gezwungen zu fliehen und musste eine Niederlage auf See hinnehmen, bei der er nur knapp entkam. In einer Quelle heißt es, er sei daraufhin „an Körper und Geist zerrüttet“89 gewesen. Man kann sich kaum vorstellen, wie demütigend er es empfunden haben muss, ohne Gefolge und mit nur einem einzigen bewaffneten Soldaten an Land zu gehen. Dass Octavian floh und seine Truppen im Stich ließ, ist eine der weniger erbaulichen Szenen in den Annalen der antiken Kriegsführung. Doch Sextus Pompeius konnte sich nicht lange darüber freuen: Dank Agrippa wendete sich das Blatt bald wieder. Am 3. September 36 v. Chr. errang Octavians General bei Naulochoi einen vollständigen Sieg zur See. Sextus Pompeius erlebte die Niederlage mit der wohl höchsten Verlustquote an Kriegsschiffen aller großen Seeschlachten im Mittelmeer in den vergangenen 300 Jahren.90 Von seinen mehreren Hundert Schiffen waren nur noch siebzehn übrig – mit ihnen floh er nach Kleinasien. Viele von Sextus’ Seeleuten waren entlaufene Sklaven. Sie ereilte von allen Beteiligten das vielleicht schlimmste Schicksal: Wie Octavian später behaupten sollte, nahm er beim Sieg über Sextus Pompeius 30 000 entlaufene Sklaven gefangen und gab sie ihren Besitzern zurück.91 Auch wenn Sextus Pompeius scheiterte, war seine Strategie doch ebenso kühn wie clever, und sie hätte gewiss funktioniert, wäre sein Gegner nicht ausgerechnet Octavian gewesen. Sextus Pompeius hatte geglaubt, seinen Rivalen in die Knie zwingen zu können, indem er die Lieferketten für die Versorgung Roms mit Nahrungsmitteln unterbrach und auf diese Weise den Römern Octavians Ohnmacht demonstrierte. Ein anderer Anführer wäre vielleicht zu einem Kompromiss bereit gewesen oder hätte die enormen Kosten gescheut, die der Bau einer Flotte mit sich brachte, ganz zu schweigen vom Risiko, persönlich auf einem der Schiffe mitzufahren. Und er hätte gezögert, einem Untergebenen so viel Macht anzuvertrauen, wie Octavian es mit Agrippa tat. Doch Octavian zeichneten ein eiserner Wille, enorme Entschlossenheit und großes politisches Talent aus, und zugleich hatte er kaum Prinzipien und war, um es ganz deutlich zu sagen, durchtrieben: Solch ein Mann ließ sich nicht auf Kompromisse ein. Auch wenn Octavian nicht
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der beste militärische Befehlshaber war: Er war mutig und gab, wenn er sich ein Ziel gesetzt hatte, nicht einfach auf. Es ist schwer zu sagen, was größer war – seine Gerissenheit, seine Skrupellosigkeit oder sein Ehrgeiz. Alles drei war bei ihm so ausgeprägt, wie man es sich bei einem Menschen nur vorstellen kann. Darüber hinaus stand ihm ein hervorragendes Team von Beratern und Befehlshabern zur Seite. Daher war Sextus Pompeius’ spektakulärer Versuch, Octavians Willen zu brechen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Ein antiker Autor bezeichnete den Krieg gegen Sextus Pompeius als die schwierigste Auseinandersetzung, der sich Octavian je stellen musste.92 Immerhin lernte er dadurch eine Menge über Kriegsführung. Denn auch für Militärs gilt: Durch Fehler wird man klug – vorausgesetzt, man ist wissbegierig und wird von den richtigen Lehrmeistern angeleitet. Octavian erwies sich jedenfalls als ausgezeichneter Schüler. Nach der Niederlage von Sextus Pompeius war Octavian der alleinige Herrscher über das westliche Mittelmeer. Zu diesem Zeitpunkt konnte das noch niemand wissen, aber im Rückblick ist klar: Agrippa hatte die kaiserliche Marine gegründet. Misenum sollte später einer der beiden Stützpunkte der Flotte in Italien werden. Doch bis dahin gingen noch einige Jahre ins Land. Binnen kurzer Zeit hatte Agrippa die nötige Erfahrung und das nötige Selbstvertrauen erworben, um einen Seekrieg zu führen und zu gewinnen, und beides gab er an Octavian weiter. Man kann die Bedeutung und auch die Ironie dieser Entwicklung kaum überbewerten: Octavian war der Erbe von Iulius Caesar, und der hatte kaum Interesse an der Seefahrt gezeigt. Ganz anders seine Gegner im Senat, insbesondere Gnaeus Pompeius, die im Bürgerkrieg auf See klar im Vorteil waren, auch wenn es ihnen am Ende nicht viel genützt hatte. Ein knappes Jahrzehnt lang hatte nun Sextus Pompeius das Meer beherrscht, er hatte sich sogar mit dem Meeresgott Neptun identifiziert. Nun reichte er die Fackel der Seefahrt an den neuen Caesar, wie sich Octavian nannte, weiter. Der beherrschte von jetzt an die Wellen.
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Das Ende des Bürgerkriegs Nach seinem Sieg über Sextus Pompeius hatte Octavian dem römischen Volk eine frohe Botschaft zu verkünden: Die Zeit der Bürgerkriege war vorbei! Nie mehr würden Römer gegen Römer kämpfen! In Wirklichkeit war die Wahrscheinlichkeit, dass es zum Krieg mit Antonius kam, stark gestiegen, seit Octavian Sextus Pompeius bezwungen hatte. Denn ohne diese Bedrohung war Octavian nicht mehr auf Antonius’ Kooperation angewiesen. Antonius seinerseits hätte im Osten wahrscheinlich noch eine ganze Weile alle Hände voll zu tun gehabt. Ob er damit zufrieden gewesen wäre und ob er Octavian sang- und klanglos den Westen des Imperiums überlassen hätte, lässt sich schwer beantworten. Gegen eine solche friedliche Koexistenz sprach allein schon die Geschichte Roms. Marius und Sulla. Caesar und Pompeius. Jetzt Antonius und Octavian. Das Muster war klar: Partnerschaften funktionierten nicht. Alle Absprachen galten nur vorübergehend. Immer gab es jemanden, der alles daransetzte, in Rom den Ton anzugeben, und zwar ohne einen Kompagnon. Die meisten Senatoren, die die Republik hätten retten können, waren inzwischen tot. Sie waren in den Bürgerkriegen gefallen, im Zuge der Proskriptionen ermordet worden oder hatten Suizid begangen, weil sie lieber als Märtyrer in den Tod gegangen waren als zu kapitulieren. Eines ist sicher: Octavian wollte alles. Von Beginn seiner Karriere an hatte er verkündet, dass er sämtliche Ehren Iulius Caesars anstrebte, und im Laufe der Jahre stellte er unter Beweis, dass er es damit durchaus ernst meinte. Umso schlimmer war es für Octavian, als er hilflos zusehen musste, wie Antonius sich unter den Nagel riss, was allen großen Römern (außer vielleicht Caesar) versagt geblieben war: Ägypten, das reichste unabhängige Land des Mittelmeerraums. Als der Krieg gegen Sextus Pompeius vorbei war, zögerte Octavian, seine Truppen zu entlassen – immerhin bereiteten sich Antonius’ Legionen gerade darauf vor, gegen die Parther zu marschieren, und die Werften im Osten bauten ihm eine Flotte. Octavia wohnte in Rom ganz in der Nähe ihres Bruders. 36 v. Chr. war sie immer noch mit Antonius verheiratet, trotz dessen Affäre mit Kleopatra. Mag sein, dass Octavia ihrem
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Bruder vorhielt, man könne ihrem Mann vieles vorwerfen, aber immerhin arbeite er an einer dauerhaften politischen Lösung an der Ostgrenze Roms. Was würde der junge Caesar im Gegenzug aufbauen? Octavian musste das Römische Reich vergrößern, und er musste dafür sorgen, dass seine Streitkräfte kampffähig waren und praktische Erfahrungen sammelten. Beides konnte er jenseits der Adria. Und so begab er sich nach seinem Sieg gegen Sextus Pompeius auf einen Eroberungsfeldzug an der Küste Illyriens und entlang der Flüsse im Inneren des Landes. Dieser Krieg, der von 35 bis 33 v. Chr. dauerte, erbrachte solide Gebietsgewinne. Vor allem aber war er ein propagandistischer Erfolg: Denn dadurch, dass Octavian den größten Teil Illyriens eroberte, konnte er sich rühmen, dass er Italien vor feindlichen Invasoren schützte. Und durch die persönliche Teilnahme an einer Belagerung, bei der er verwundet wurde, polierte er seinen Ruf als Soldat auf, was dringend nötig war. Ein echter Propagandacoup gelang ihm, als er mehrere Legionsstandarten zurückeroberte, die die Illyrer rund fünfzehn Jahre zuvor einer unterlegenen römischen Armee abgenommen hatten.93 Es gibt Grund zu der Annahme, dass seine Publizisten Octavian für den Illyrienfeldzug mit Alexander dem Großen verglichen. Falls das stimmt, wird dieser Vergleich nicht überall auf Zustimmung gestoßen sein. Jedenfalls sammelten Octavians Truppen in Illyrien militärische Erfahrung und Selbstvertrauen, und sie machten reiche Beute94 – damit hatten sie nun mehr Grund denn je, für ihren Oberbefehlshaber zu kämpfen. Unter dem Deckmantel eines Vorstoßes gegen ein südillyrisches Volk verschaffte sich Octavian wahrscheinlich obendrein Zugang zu den wichtigen Hafenstädten Dyrrhachium (heute Durrës, Albanien), Apollonia und Lissus. Damit verstieß er gegen eine Vereinbarung mit Antonius aus dem Jahr 40 v. Chr., in der diese Gebiete Antonius zugewiesen worden waren. Das wird Octavian kaum gekümmert haben, schließlich ging es um seine eigene Sicherheit: Durch die Einnahme dieser Hafenstädte nahm Octavian seinem Rivalen die günstigsten Ausgangspunkte für eine Invasion in Italien. Octavian handelte hier also vorsätzlich vertragsbrüchig, aber andererseits hielt sich ohnehin keiner der Triumvirn an den Wortlaut des Ver-
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trags. Antonius zum Beispiel intervenierte in Italien und Hispanien, und Octavian mischte sich in die Innenpolitik der Stadt Aphrodisias in K leinasien ein.
Informationskrieg Auch wenn das politische System Roms durch die Herrschaft einiger weniger mächtiger Männer angeschlagen war, so war es doch immer noch eine Republik, in der die öffentliche Meinung eine Rolle spielte. Beide, Antonius wie Octavian, führten eine energische Kampagne, um diesen Informationskrieg für sich zu entscheiden. Da für die antiken Geschichtsschreiber stets Octavian im Mittelpunkt der Betrachtungen stand, sind dessen Handlungen leichter zu rekonstruieren. Octavian kontrollierte Italien, daher sind die Quellen wahrscheinlich zutreffend, wenn es heißt, dass Octavian dort in Sachen Öffentlichkeitsarbeit die Nase vorn hatte. Immerhin befand sich Antonius fast 1300 Seemeilen entfernt in Alexandria, wenn nicht sogar noch weiter weg. Was die Kriegsführung durch Propaganda und PR anging, musste weder Antonius noch Octavian noch viel dazulernen. Von dem Moment an, als Octavian etwa einen Monat nach den Iden des März zum ersten Mal auf der politischen Bühne auftauchte, bis weit nach Kriegsende bezichtigten die beiden rivalisierenden Politiker und ihre Anhänger einander aller möglicher Vergehen. Das erschwert es der historischen Forschung heute, Fakten von Fiktion zu trennen; das gilt vor allem für Antonius, der letzten Endes den Kürzeren zog. Die besonders pikanten Geschichten sind auch besonders unglaubwürdig. Beide hatten jeweils einen ganzen Stab von PR-Mitarbeitern, die dafür zuständig waren, die jeweilige Version der Ereignisse zu verbreiten und den Namen des Gegners in den Schmutz zu ziehen.95 Zu diesen Mitarbeitern zählten Senatoren, Redner, Generäle, Geschichtsschreiber und Dichter. Zu Octavians Stab gehörten Cicero (von 44 bis 43 v. Chr.) und der Dichter Horaz. Die Mitstreiter des Verlierers Antonius sind heute weniger bekannt; Altertumswissenschaftler kennen vielleicht noch den General Asinius Pollio, Autor eines leider verlorenen Geschichtswerks über die römischen Bürgerkriege, und den Admiral Gaius Cassius Parmensis, der zu den Caesarmördern gehörte
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und als Dichter immerhin so bekannt war, dass Horaz auf ihn aufmerksam wurde. Und dann war da noch der Politiker und General Messalla, der nebenbei Dichter, Memoirenschreiber, Redner und Kunstmäzen war. Messalla war zunächst ein Anhänger von Antonius, wechselte dann aber die Seiten und verfasste mehrere Pamphlete, in denen er Antonius angriff. Der Krieg gegen Sextus Pompeius war für Octavian eine Generalprobe für den Krieg gegen Antonius. Octavians Propaganda machte aus dem Staatsmann Sextus Pompeius einen Seeräuber. Man fragt sich, ob es Sextus Pompeius und seine Anhänger waren, die im Gegenzug das Gerücht in Umlauf brachten, Octavian und Livia hätten bei einem üppigen Gelage – vielleicht sogar bei ihrem Hochzeitsfest – einen Mimus aufführen lassen, der die zwölf olympischen Götter verspottete, während das Volk wegen Sextus Pompeius’ Blockade der Stadt hungern musste.96 Vielleicht ging das Gerücht auch auf Antonius und seine Freunde zurück. Demnach verkleideten sich die Gäste als Götter und Göttinnen, wobei Octavian den Apollo gab und fremdging. Ein anonymes Schmähgedicht über dieses Ereignis machte in Rom die Runde. Wegen schwieriger lateinischer Ausdrücke und obskurer Anspielungen fällt es uns heute schwer, die Verse zu interpretieren, aber da das Gedicht noch 150 Jahre später bekannt war, muss es sein Ziel erreicht haben. Antonius verbreitete die Gerüchte über Octavians frevelhaftes Verhalten auch in seinen Briefen, vermutlich ein paar Jahre später, als sich sein Streit mit Octavian zuspitzte. Dabei nannte Antonius sogar alle Gäste beim Namen. Mitunter war dieser boshafte Propagandakrieg aber auch urkomisch. Antonius scheint Octavian für dessen große Schwäche, das Würfelspiel, kritisiert zu haben. Im Gegenzug ließ Octavian verbreiten, ein ägyptischer Wahrsager habe Antonius gewarnt, sein Daimon, Geist, könne es einfach nicht mit dem von Octavian aufnehmen, weshalb Antonius bei Wettkämpfen jeglicher Art, sei es beim Würfeln, beim Losen oder beim Hahnen- oder Wachtelkampf, immer wieder gegen ihn verliere.97 Beide Seiten setzten Informationen als Waffen ein, aber in Rom erlangte Octavian die deutlich größere Reichweite. Er kontrollierte die öffentliche Darstellung ihres Konflikts. Vielleicht musste er das auch. Rückblickend mag Octavian wie ein politischer Riese wirken, aber zu jener
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Zeit war er der Underdog.98 Den Zeitgenossen erschienen Antonius und Kleopatra wie mächtige und furchterregende Feinde. Octavian als der ausgemachte Sieger dieses Konflikts entspräche nicht der damaligen Sicht der Dinge. Er hatte keinen unfehlbaren Masterplan. Er konnte nur hoffen, dass er Antonius in den vergangenen Jahren so gut kennengelernt hatte und seine Schwester ihm genug über ihren Mann verriet, dass er dessen Verhalten abschätzen und seine nächsten Schritte voraussehen konnte. Aber sicher sein konnte er sich nicht. Er wusste genau, wie clever und ruchlos Kleopatra war, und sicherlich befürchtete er, dass sie Antonius maßgeblich beeinflussen würde. Bisher war sein jugendliches Alter für Octavian meistens ein Minuspunkt gewesen, jetzt konnte er es endlich einmal zu seinem Vorteil nutzen. Antonius war in seinen besten Jahren – auch nach römischen Maßstäben galt er noch nicht als alter Mann. Ein Grund mehr für Octavian, ihn als triebhaft und verantwortungslos darzustellen, als wäre er, der junge Octavian, von beiden der Erwachsenere. Er verleumdete Antonius als betrunkenen Schürzenjäger, der einer ausländischen Königin verfallen sei, für die er die Interessen Roms verrate. Antonius seinerseits veröffentlichte eine Schrift mit dem Titel Über seine Trunkenheit, in der er sich verteidigte.99 Leider wissen wir nicht genau, was darinstand; vielleicht legte er dar, dass er in die Fußstapfen des Dionysos trat, aber nicht in dessen Funktion als Trunkenbold, sondern als Gott, der Asien eroberte. Octavian bauschte jede Unstimmigkeit in der Ehe seiner Schwester mit Antonius zur Staatsaffäre auf. Octavia wurde als tugendhafte Gattin dargestellt, der böse mitgespielt wurde, Kleopatra als fremdländische Verführerin. Octavian kritisierte Antonius dafür, dass er seine Frau mit der ägyptischen Königin betrog. Antonius revanchierte sich, indem er eine Liste mit Octavians angeblichen sexuellen Fehltritten veröffentlichte; darin stand, er habe Livia überstürzt geheiratet, nachdem er sich von Scribonia hatte scheiden lassen, weil sie etwas gegen seine Affäre mit Livia gehabt hätte; dass er Freunde als Kuppler einsetzte; dass er bei einer Dinnerparty die Frau eines Konsuls vor dessen Augen aus dem Speisezimmer ins Schlafzimmer „abgeschleppt“ hätte, zu einem Quickie – als sie wieder herauskamen, sei ihr Haar zerzaust gewesen und ihre Wangen hätten ge-
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glüht. Antonius nannte auch die Namen der Frauen, mit denen Octavian Livia betrogen habe.100 Seine Freunde verteidigten Octavian, indem sie behaupteten, bei allen seinen Frauengeschichten sei es lediglich um politische Spionage gegangen; die Ehefrauen seiner Rivalen auszuhorchen, sei im Gegenteil kluge Staatskunst. Unterdessen empörte sich Antonius seinerseits über die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen. Octavian sei nicht nur ein Heuchler, sondern übertreibe maßlos und stelle sein, Antonius’, Verhalten völlig falsch dar. Damit meinte er insbesondere seine Affäre mit Kleopatra. „Wieso hast du auf einmal deine Meinung geändert?“, schrieb Antonius in einem Brief an Octavian, als die beiden noch ein halbwegs gutes Verhältnis zueinander hatten. „Ist es, weil ich mit der Königin schlafe?“, fuhr er fort. „Ist sie etwa meine Frau?“101 Mit anderen Worten: Antonius verteidigte sein Verhalten damit, dass er nichts anderes tue als Octavian; natürlich war es Ehebruch, aber doch immerhin keine Bigamie.
Feuer im Osten Antonius sah es als seine Aufgabe an, Caesars Pläne im Osten, wo die Grenzen des Reiches brüchig und von Feinden bedroht waren, zu vollenden. Dazu brauchte er ein Heer, aber zugleich bot sich ihm die Chance auf militärischen Ruhm, und der war in der römischen Politik immer noch das höchste Gut. Aus den überlieferten Quellen, die durch die spätere augusteische Propaganda gefärbt sind, lassen sich Antonius’ wirkliche Pläne und Taten nur schwer herausfiltern. Für mich als Historiker ist die folgende Rekonstruktion die plausibelste. Das strategische Problem, mit dem sich Antonius konfrontiert sah, war die bereits erwähnte Auseinandersetzung mit dem Partherreich. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts hatte Rom ein Gebiet erobert, das sich vom westlichen Kleinasien im Norden bis nach Judäa im Süden erstreckte. Ein Teil davon wurde als römische Provinzen annektiert, aber große Teile blieben Klientelkönigreiche – formal unabhängig, aber Rom unterstellt. Auch Ägypten war ein solcher Klientelstaat. Probleme bereitete allein das Partherreich, das sich von der heutigen Osttürkei bis zum östlichen Iran erstreckte, über eine Entfernung von etwa 2400 Kilometern. Es war das einzige verbliebene Reich westlich von
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Indien, das es mit Rom aufnehmen konnte, und es stand den Römern entlang einer langen Grenze gegenüber, die vom heutigen Nordwestiran bis nach Arabien reichte. Parther und Römer, sie starrten einander mit Argusaugen an. Und manchmal taten sie mehr als nur zu starren. Im Jahr 53 v. Chr. drang der römische General Marcus Licinius Crassus mit seinen Truppen völlig unprovoziert in parthisches Gebiet ein. Die Parther, deren Kavallerie (insbesondere die Bogenschützen und die gepanzerten Reiter) der römischen überlegen war, vernichteten seine Armee und nahmen Crassus gefangen und töteten ihn. Iulius Caesar plante einen Rachefeldzug – als er 44 v. Chr. ermordet wurde. Für seinen Feldzug hatte Caesar mehrere Motive: Crassus war ein politischer Verbündeter gewesen; das Partherreich hatte im Bürgerkrieg von 49 bis 45 v. Chr. diplomatische Kontakte zu Gnaeus Pompeius unterhalten; das Ansehen Roms stand auf dem Spiel; Ruhm und Ehre winkten. Wie weit Caesars Ambitionen reichten, wissen wir nicht: Hatte er sich vorgenommen, das gesamte Partherreich zu erobern? Wollte er nur einen Teil davon annektieren? Oder ging es ihm lediglich darum, den Parthern einen heilsamen Dämpfer zu verpassen? Wie dem auch sei – nach Caesars Tod schlugen als Erstes die Parther zu. 40 v. Chr. überrannten sie einen großen Teil der östlichen Provinzen Roms, bis eine von Antonius organisierte und von seinem General Ventidius angeführte Armee ihnen eine entscheidende Niederlage beibrachte. 38 v. Chr. hatte Rom die Region wieder unter Kontrolle. Antonius’ nächster Schritt war ein Akt meisterlicher Staatskunst. Er installierte an der östlichen Peripherie des Reiches mehrere Klientelkönige, die sich alle durch zwei Qualifikationen auszeichneten: Kompetenz und Loyalität. In Pontos setzte er Polemon ein, in Galatien Amyntas, in Kappadokien Archelaos und in Judäa Herodes. Letzterer war der berüchtigte König Herodes, den wir aus der Bibel kennen, aber für die Römer erwies er sich als ein effizienter, loyaler Herrscher. Jeder dieser Könige erhielt ein großzügiges Herrschaftsgebiet. Amyntas’ Reich umfasste Teile von Kilikien im Südosten der heutigen Türkei. Früher war Kilikien eine römische Provinz gewesen, aber für Rom war es effizienter, wenn ein lokaler Herrscher das Gebiet verwaltete.
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Um das „Projekt Grenzsicherung“ abzuschließen, nutzte Antonius die Marschrouten im Nordosten. Zum Kommandanten ernannte er einen echten Selfmademan: Publius Canidius Crassus hatte sich von ganz unten bis in die erste Reihe von Antonius’ Generälen hochgearbeitet. Nebenbei hatte er auch noch ein Konsulat ergattert und gehörte seither zum römischen Adel – in Rom waren Adlige entweder Konsuln oder Nachkommen von Konsuln. Das war nicht schlecht für einen Mann, dessen Familie gar keine Wurzeln in Rom hatte. Antonius sandte Canidius mit einer Armee aus, um die Grenzregionen Armeniens und des südlichen Kaukasus zu sichern. Armenien war ein unabhängiges Königreich, das sich über ein großes Gebiet erstreckte, vom Osten der Türkei bis zum Iran, zwischen dem Römischen Reich und dem Partherreich. Seine Bewohner spielten nun beide Seiten gegeneinander aus: Damals waren die Armenier mit den Parthern verbündet, aber als Canidius sie besiegte, lief der armenische König Artavasdes II. direkt zu Rom über. Nun trat Antonius selbst auf den Plan. Die Quellen behaupten, er habe das gesamte Partherreich erobern wollen, aber wahrscheinlich waren seine Ziele nicht ganz so hochgesteckt. Das Königreich Media Atropatene (im Nordwesten des heutigen Irans, auch iranisches Aserbaidschan genannt) war ein Vasallenstaat der Parther. Antonius wollte Atropatene entweder erobern oder es zumindest zwingen, ein Bündnis mit Rom einzugehen. So oder so, beides hätte die Nordwestgrenze des Partherreichs bedroht und den Parthern die Möglichkeit genommen, in den römischen Osten einzumarschieren (oder es ihnen doch zumindest stark erschwert). Ein Sieg über Atropatene hätte Rom eine sichere Grenze und Antonius Prestige und Reichtum eingebracht. Seine Soldaten hätten praktische Erfahrung gesammelt, die sie im Kampf gegen seinen Rivalen Octavian schon bald würden brauchen können. Vielleicht hätte er die Parther sogar zur Rückgabe der Kampfstandarten zwingen können, die sie von Crassus erbeutet hatten. Er sandte ihnen ein entsprechendes Gesuch, bevor er Atropatene angriff, aber die Parther gingen nicht darauf ein. Antonius mochte es schon immer eine Nummer größer. Während er 37/36 v. Chr. mit Kleopatra in der syrischen Hauptstadt Antiochia über-
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winterte, organisierte er eine gewaltige Invasionsarmee. Dort in Antiochia bekam Antonius auch zum ersten Mal die Zwillinge zu sehen, die er mit Kleopatra gezeugt hatte: Alexander Helios und Kleopatra Selene. Eventuell erhielten sie erst jetzt ihre bedeutungsvollen Namen und Beinamen. Alexander war der größte Eroberer der antiken Welt gewesen und hatte einst die griechisch-makedonische Herrschaft über Ägypten begründet. Kleopatra war nicht nur der Name der aktuellen Monarchin, sondern der mehrerer bedeutender ptolemäischer Königinnen. Helios war der griechische Sonnengott, Selene die Göttin des Mondes. Für viele Menschen in der Antike verkörperte die Sonne das neue Goldene Zeitalter, nach dem sie sich sehnten. Im Frühjahr reisten Kleopatra und Antonius in die Stadt Zeugma am Euphrat (in der Nähe des heutigen Gaziantep im Süden der Türkei). Etwa eine Woche brauchten sie für die Strecke. In Zeugma versammelte Antonius seine Armee: 90 000 bis 100 000 Soldaten, diverse Belagerungsmaschinen, die auf 300 Wagen transportiert wurden, und einen 24 Meter langen Rammsporn.102 Alles in allem war der Heereszug über sieben Kilometer lang.103 Das Herz von Antonius’ Armee waren anscheinend 16 Legionen, also etwa 80 000 Mann. Im Prinzip waren Legionäre immer römische Bürger, das heißt, sie kamen aus Italien. Doch da Octavian Antonius daran gehindert hatte, in Italien Truppen zu rekrutieren, musste dieser eine gewisse Anzahl von Legionären im Osten rekrutieren. Unter diesen waren dann italische Siedler oder deren Nachkommen, die in Kolonien in Kleinasien lebten, aber auch Griechen oder Angehörige anderer Völker des Ostens, wie Araber, Galater, Judäer, Makedonier oder Syrer. Damals waren die Römer noch überzeugt, dass die besten Legionäre aus Italien kamen – ein ethnozentrisches Vorurteil, von dem sie sich in den folgenden Jahrhunderten verabschieden sollten. Später nämlich hatte das römische Kaiserreich keine Probleme mehr damit, seine Legionäre aus allen Teilen des Imperiums zu rekrutieren. Irgendwann wurden sie dann sogar gar nicht mehr in Italien rekrutiert, dessen Bewohner nun lieber friedlichen Aktivitäten nachgingen. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass die Bewohner des Ostens schlechtere Soldaten waren als die Bewohner Italiens, aber noch hatte man Zweifel an ihrer Loyalität.
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Antonius führte den Feldzug höchstpersönlich an. Von Zeugma aus machte er sich auf den langen Marsch in Richtung Nordosten. König Artavasdes von Armenien schloss sich ihm unterwegs an. Neben 7000 Infanteristen brachte er eine ganz wichtige Waffe mit, die den Römern fehlte: 6000 gepanzerte Kavalleristen.104 Damals, 53 v. Chr. bei Carrhae, waren die Panzerreiter (oder Kataphrakten) der entscheidende Faktor gewesen, der den Parthern zum Sieg über Crassus verholfen hatte, daher war dieser Beitrag Armeniens von maßgeblicher Bedeutung. Antonius setzte auf ein bewährtes Prinzip militärischer Taktik: Geschwindigkeit. Er überrannte mit dem Großteil seiner Armee die Hauptstadt von Atropatene, Phraaspa (genaue Lage unbekannt). Der langsamere Teil des Heereszugs, der das Belagerungsgerät transportierte und von zwei Legionen unter dem Befehl eines von Antonius’ Legaten (Unterfeldherren) beschützt wurde, blieb unterdessen ein Stück zurück. Leider setzte der Feind auf ein anderes, ebenso bewährtes Prinzip militärischer Taktik: die Überraschung. Ein parthisches Heer griff die Nachzügler an und besiegte sie. Der römische Befehlshaber und 10 000 Mann wurden getötet. Außerdem nahmen die Parther einen verbündeten König gefangen. Das genügte König Artavasdes, um seine Meinung zu ändern: Er kehrte mit seinen Truppen nach Hause zurück. Für Antonius war das ein schwerer Schlag. Möglicherweise hätten sie Phraaspa doch noch einnehmen können, mit einem Belagerungshügel rund um die Stadt, der sie von der Außenwelt abgeschnitten hätte. Doch ein parthisches Entsatzheer machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Es verwickelte Antonius’ Truppen in Scharmützel und verhinderte zugleich eine offene Schlacht. Auch wenn seine Männer einige Treffer landen konnten, musste Antonius am Ende eine Niederlage hinnehmen. Als der Winter nahte, einigten sich beide Seiten auf einen Waffenstillstand. Die Parther versprachen Antonius freies Geleit bis zur armenischen Grenze, blieben ihm aber die ganze Zeit auf den Fersen. Vier Wochen brauchten Antonius und seine Truppen, bis sie sich nach Armenien zurückgeschleppt hatten. Sie hatten zu wenig Vorräte, wurden immer wieder überfallen, und Moral und Disziplin der Truppe ließen immer mehr
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zu wünschen übrig. Doch gerade jetzt, in der Niederlage, glänzte Antonius: Er tat, was nötig war, um den meisten seiner Männer das Leben zu retten. Dennoch kostete der Partherfeldzug Antonius ein Viertel seines Heeres – so behauptet es die augusteische Überlieferung, und angesichts der offenbaren Rückschläge könnte das durchaus zutreffen. Das war ein beträchtlicher Verlust, aber immerhin war der Großteil der Truppe unversehrt. Indem er sich auf dem katastrophalen Rückzug als hervorragender Anführer erwiesen hatte, hatte Antonius seine Soldaten auf ganz besondere Weise auf sich eingeschworen. Jeder Einzelne von ihnen konnte stolz sein, dass er die heldenhafte Anstrengung, zum Stützpunkt zurückzukehren, gemeistert hatte. Die Aufgabe, das Heer von Armenien zum Mittelmeer zu führen, überließ Antonius vertrauenswürdigen Untergebenen. Er selbst reiste voraus, um sich, wahrscheinlich im Gebiet des heutigen Libanons, mit Kleopa tra zu treffen, die er gebeten hatte, die dringend benötigten Vorräte aus Ägypten herbeizuschaffen. Sie kam seiner Bitte nach und reiste mit einer kleinen Flotte an. Als seine Armee eintraf, ließ Antonius Kleopatras Vorräte an die Soldaten verteilen. Anschließend begab er sich mit der Königin nach Alexandria, wo sie den Winter 36/35 v. Chr. miteinander verbrachten. Wahrscheinlich befand sich Antonius gerade in Alexandria, als er eine Nachricht von seiner Frau erhielt. Im November 36 v. Chr. brach Octavia von Italien aus nach Athen auf, um Antonius 2000 Legionäre sowie Geld, Tiere und Vorräte zu bringen.105 Plutarch schreibt, sie habe dies aus eigenem Antrieb getan; Octavian habe es lediglich zugelassen, weil er glaubte, Antonius würde sie schlecht behandeln, was er dann wiederum für seine Propaganda würde ausschlachten können. Wahrscheinlicher ist, dass Bruder und Schwester die Aktion zusammen koordinierten. Octavia war nicht leicht zu manipulieren, und Octavian hätte kaum das Wohlwollen seiner Schwester riskiert. So oder so war die Mission von vornherein zum Scheitern verurteilt. Im selben Jahr, 36 v. Chr., brachte Kleopatra ihr drittes Kind von Antonius zur Welt, einen Jungen. Sie nannte ihn Ptolemaios Philadelphos, nach dem König, dessen Herrschaft Anfang des 3. Jahrhunderts v. Chr. den Höhepunkt der Macht der Ptolemäer markiert hatte.
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Ob Octavia mit der Aktion ihre Ehe retten wollte? Zweifellos, aber wenn es so weiterging wie in den vergangenen fünf Jahren, würde sie Antonius kaum zu Gesicht bekommen. Wichtiger war sicherlich die Botschaft, die sie Antonius überbrachte: Das Machtverhältnis zwischen ihrem Ehemann und ihrem Bruder hatte sich drastisch verschoben; das wusste Octavian, und sie wusste es auch. In Tarent hatte Octavian Antonius 20 000 Legionäre versprochen, aber er hatte sich demonstrativ Zeit gelassen, seine Zusage zu erfüllen. Und jetzt, wo er schließlich etwas in diese Richtung unternahm (als er Octavia Soldaten mitgab), lieferte er gerade einmal ein Zehntel der versprochenen Menge. Dass er dadurch riskierte, sich mit Antonius zu überwerfen, war ihm – nach seinem Sieg bei Naulochoi und Antonius’ Niederlage bei Atropatene – herzlich egal. Das war ein kluger Schachzug von Octavian. Überhaupt keine Legionäre zu schicken, hätte zum offenen Zerwürfnis mit Antonius geführt; dass er ihm nur einen Teil der versprochenen Zahl schickte, brachte Antonius in ein Dilemma: Nahm er die Infanteristen an, gestand er sich eine Schwäche ein; lehnte er sie ab, bedeutete dies zugleich den Verzicht auf dringend benötigte Verstärkung. Was Octavia Antonius mitbrachte, war also gewissermaßen zugleich ein Geschenk von seiner Frau und eine Beleidigung von seinem Schwager. Antonius’ Reaktion fiel entsprechend aus. Er brauchte die Truppen, also nahm er das Geschenk (und damit die Beleidigung) an, aber er dachte gar nicht daran, dafür nach Athen zu kommen. Er schickte Octavia einen Brief, vielleicht aus Alexandria, in dem er sie anwies, nach Rom zurückzukehren.106 Und das tat sie im Frühjahr 35 v. Chr. auch. Octavian war der Ansicht, dass Antonius seine Schwester gedemütigt hatte, und forderte sie öffentlich auf, sich von ihm scheiden zu lassen. Sie weigerte sich.107 So berichtet es zumindest Plutarch. Gut möglich, dass Bruder und Schwester den ganzen Vorfall inszeniert hatten, damit Octavian nun in der Lage war, auf Antonius zu reagieren, ohne dessen Ehe mit Octavia zu gefährden. Im Grunde rechtfertigte weder Octavians Eigeninteresse noch Antonius’ ungehobeltes Verhalten eine Scheidung. Und Octavian wusste genau, welche Vorteile es hatte, seine Feinde an sich zu binden.
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Trotzdem ließ sich Octavian die Gelegenheit nicht entgehen, auf diese Beleidigung seiner Familie zu reagieren. Er bekräftigte die Würde seiner Schwester, indem er ihr nie dagewesene Ehren zuteilwerden ließ.108 35 v. Chr. wurde Octavia das seltene Privileg verliehen, nach Belieben über ein eigenes Vermögen zu verfügen. Normalerweise hatten erwachsene römische Frauen einen männlichen Vormund, der ihren Besitz verwaltete. Außerdem wurde eine Statue von ihr aufgestellt – eine Ehre, die man in der Geschichte der römischen Republik überhaupt erst einer Frau erwiesen hatte: Cornelia, der Mutter der Gracchen. Aber das war noch gar nicht das Ungewöhnlichste: Octavia wurde die potestas sacrosancta zuerkannt, was bedeutete, dass fortan jeder, der sie verletzte oder beleidigte, wegen Hochverrats angeklagt würde. Normalerweise war dieses Privileg den zehn Volkstribunen vorbehalten (wobei es auch schon Iulius Caesar und, gerade erst im Jahr zuvor, Octavian gewährt worden war). Octavias neuer Status erwies sich für Antonius als ziemlich problematisch. Indem Octavian seine Schwester auf so demonstrative Weise ehrte, machte er zugleich die Probleme in ihrer Ehe öffentlich. Antonius’ Geliebte mochte eine Königin sein, aber seine Gattin stand nun auf einer Stufe mit einem römischen Volkstribun. Wenn er Octavia beleidigte, war das ab sofort gleichbedeutend mit der Beleidigung eines Amtsträgers und somit ein feindseliger Akt gegenüber der Republik.109 Die gleichen Ehren ließ Octavian übrigens auch seiner Frau Livia zuteilwerden, vielleicht damit sie nicht eifersüchtig wurde. In erster Linie ging es ihm dabei um Octavia.110 Die Statuen von Livia und Octavia auf dem Caesarforum aufzustellen, wäre ein wunderbarer Propaganda-Coup gewesen. Dort stand ja bereits eine vergoldete Statue Kleopatras, und das ausgerechnet vor dem Tempel der Ahnherrin Venus (Venus Genetrix), die sowohl die Mutter des römischen Volkes als auch die angebliche Vorfahrin von Iulius Caesar, Octavian und Octavia war. Statuen von Octavia und Livia aus Marmor und in der traditionellen Kleidung einer römischen Matrone hätten einen starken Kontrast gebildet zu Kleopatras östlichem Prunk.111
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Die Rom & Ägypten GmbH Antonius’ Versuch, Media Atropatene zu erobern, war gescheitert, doch hinterher standen die Sterne für ihn günstiger. Ein Bruch zwischen den beiden Siegern – Media Atropatene und den Parthern – führte dazu, dass der König von Media Atropatene, Artavasdes II . (nicht zu verwechseln mit dem armenischen König Artavasdes II .), Antonius ein Bündnisangebot unterbreitete. Um dieses Bündnis zu bekräftigen, verlobte Antonius seinen kleinen Sohn Alexander Helios mit Artavasdes’ Tochter Iotape. Jetzt, wo Atropatene auf seiner Seite war, konnte Antonius mit seiner Armee zurückkehren, um mit dem König von Armenien abzurechnen. Allerdings dauerte es noch ein Jahr, bis Antonius bereit war aufzubrechen. Sein Heer musste sich erst erholen und um neue Rekruten aufgestockt werden. Außerdem musste sich Antonius mit den Konsequenzen der Niederlage von 36 v. Chr. in Sizilien auseinandersetzen, die, wie wir noch sehen werden, beträchtlich waren. 34 v. Chr. war Antonius schließlich bereit, mit seiner Armee nach Armenien zu ziehen. Glaubt man den augusteischen Quellen, so fiel der armenische König Artavasdes einem Verrat zum Opfer, sodass Antonius ihn kampflos besiegen und gefangen nehmen konnte. Die Armenier wählten einen Sohn von Artavasdes als dessen Nachfolger aus, doch Antonius besiegte den jungen Mann im Kampf, und er floh zu den Parthern. Antonius ließ den König und den Rest von dessen Familie in silberne Ketten legen und an Bord eines Schiffes nach Alexandria bringen. Armenien erklärte er zur römischen Provinz. Am Ende der Feldzugssaison, im Herbst 34 v. Chr., kehrte Antonius selbst nach Alexandria zurück. Er betrat die Stadt als siegreicher Feldherr und stellte seine Gefangenen in einer Prozession zur Schau. Was die Kunst angeht, Prozessionen zu organisieren, standen die Ptolemäer den Römern in nichts nach, auch wenn heute der römische Triumphzug (oder kurz: Triumph) viel bekannter ist als sein ptolemäisches Pendant, die dionysische Prozession. Dabei waren die ptolemäischen Prozessionen eine jahrhundertealte Tradition und kaum weniger spektakulär als die römischen. Die Quellen beschuldigen Antonius, er habe sich in einer fremden
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Stadt widerrechtlich mit einem römischen Triumph ehren lassen – ein gefundenes Fressen für Octavians Propaganda, die es immer gerne so darstellte, als sei Antonius der ägyptischen Königin verfallen gewesen.112 In Wirklichkeit ließ Antonius wahrscheinlich sowohl östliche als auch westliche traditionelle Elemente in seine Prozession einbauen. Er wollte zeigen, dass er selbst zwar ein römischer Feldherr war, seine Kinder aber östliche Fürsten, die – wie er auch – die alexandrinischen Bräuche respektierten. Der Höhepunkt der Prozession soll sich zu Füßen der Königin abgespielt haben: Kleopatra saß auf einem vergoldeten Stuhl auf einer versilberten Plattform und Antonius führte ihr die armenische Königsfamilie vor, doch die stolzen und angriffslustigen Gefangenen – nunmehr in goldenen Ketten – weigerten sich, vor ihr niederzuknien oder sie als Königin anzureden, und wurden anschließend dafür bestraft.113 In dieser Darstellung steckt gewiss eine gehörige Portion octavianischer Halbwahrheit. Aber Octavian hatte auch guten Grund, die Fakten zu verdrehen: Antonius’ gefeierter Einzug in Alexandria stellte für ihn eine tödliche Bedrohung dar. Antonius errichtete nicht nur Bastionen an der Grenze, er war drauf und dran, sich gemeinsam mit Kleopatra etwas ganz Großes aufzubauen. Die beiden waren durchaus in der Lage, aus Alexandria eine zweite Hauptstadt des Römischen Reiches zu machen – ein Konstantinopel, lange bevor es Konstantinopel gab. Selbst wenn Octavian ihm 32 v. Chr. nicht den Krieg erklärt hätte, wären er und Antonius unweigerlich irgendwann aneinandergeraten. Hätte Antonius gewonnen und wäre Herr über Rom geworden, hätte er Alexandria auf keinen Fall links liegen lassen. Vielleicht hätten er und Kleopatra in dieser großartigen Stadt eine Renaissance des Hellenismus eingeläutet, die Wissenschaft und Kultur um Jahrhunderte vorangebracht hätte. Aus der damaligen Perspektive jedoch hing all das davon ab, ob es ihnen gelang, ihr Reich zu verteidigen. Also machten sich Octavians Propagandisten daran, Antonius nach Strich und Faden zu verleumden. Vielleicht schmückten sie auch die folgende Geschichte aus, die in mehreren Quellen auftaucht:114 Entweder am Ende der Prozession oder kurz danach soll Antonius in aller Öffentlichkeit römisches Territorium an Kleopatra und ihre Kinder verschenkt
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haben. Historiker bezeichnen diesen Vorgang als die „Schenkungen von Alexandria“. Die Details variieren, ergeben insgesamt aber in etwa folgendes Bild: Das Ganze fand vor einer Menschenmenge im Gymnasion statt, einem großen öffentlichen Gebäude, das vielen als das schönste der Stadt galt.115 Das Gymnasion war in griechischen Städten ein Zentrum des öffentlichen Lebens. Rings herum ging eine Säulenhalle, insgesamt war diese Wandelhalle ein Stadion lang (177 Meter), und im Inneren gab es Räume für kulturelle und schulische Aktivitäten und für sportliche Wettkämpfe sowie einen Speisesaal. Vielleicht fanden die Schenkungen im Rahmen eines öffentlichen Festmahls statt. Antonius und Kleopatra saßen auf einem versilberten Podium auf vergoldeten Thronen, ihre Kinder und Caesarion auf etwas niedrigeren Thronen. Von hier aus verkündete Antonius, Kleopatra solle fortan „Königin der Könige“ und jeder ihrer Söhne „König der Könige“ genannt werden. Dies waren im Osten ganz übliche Titel. Antonius erklärte Kleopatra und Caesarion zu Königin und König von Ägypten, Zypern und Koilesyrien (in der fruchtbaren Bekaa-Ebene im Osten des heutigen Libanon). Von den drei Kindern der Königin mit Antonius erhielt Kleopatra Selene die Kyrenaika (Ostlibyen), Ptolemaios Philadelphos Phönizien (Küstenstreifen des Libanon), Syrien und Kilikien und Alexander Helios (vgl. Farbtafel 9) Armenien, Medien und – sobald es erobert wäre – das Partherreich. Der sechsjährige Alexander trug ein medisches Gewand, der erst zweijährige Ptolemaios makedonische Tracht. Die Jungen umarmten ihre Eltern und bekamen armenische bzw. makedonische Leibwächter zur Seite gestellt. Im Falle von Kleopatra bestätigte diese Erklärung lediglich den Status quo. Sie herrschte schon längst über Ägypten und Zypern, und Antonius hatte ihr bereits vorher die Kontrolle über diverse reiche und strategisch wichtige neue Gebiete zugesprochen. Dazu gehörten neben den eben erwähnten Gebieten auch die Stadt Ptolemais (heute Akkon, Israel), die von einem von Kleopatras Vorfahren gegründet worden war, die Oase Jericho, eine mineralienreiche Region südlich des Toten Meeres, und zwei strategisch wichtige Hafenstädte auf Kreta. Die wertvollen Dattel- und Balsam-
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Anbaugebiete um Jericho verpachtete Kleopatra an König Herodes, und sie verdiente gut an der Pechproduktion südlich des Toten Meers (Pech benötigte man für Hausbau, Landwirtschaft, Medizin, Schifffahrt und die Einbalsamierung von Toten). Die Kontrolle über diese Gebiete machte Kleopatra nicht nur reich, sondern versetzte sie in die Lage, ihre Macht territorial noch mehr auszuweiten. Zypern, Koilesyrien und Kilikien waren reich an Holz, und Phönizien verfügte über mehrere traditionsreiche Seehäfen; alle diese Orte werden daher eine wichtige Rolle in Antonius’ Schiffbauprogramm gespielt haben. Auch in der wohlhabenden und fruchtbaren Kyrenaika gab es wichtige Häfen. Kleopatra hatte Antonius also einiges zu verdanken – aber sie bekam nicht alles, was sie wollte. Vor allem hätte sie gerne Herodes ganz Judäa entrissen, denn damit hätte sie ein zusammenhängendes Gebiet von Libyen bis zum östlichen Libanon kontrolliert und ihren großen Traum verwirklichen können: das Ptolemäerreich in seiner früheren Größe wiederherzustellen. Doch Antonius weigerte sich und ließ Herodes auf seinem Thron. Auch wenn er das Bett mit der Königin teilte und es genoss, an ihrem luxuriösen Lifestyle teilzuhaben, standen für ihn letztlich immer seine eigenen Interessen im Vordergrund. Und einen loyalen Verbündeten aufzugeben, lag nicht in seinem Interesse. Plutarch zufolge habe die Zeremonie in Alexandria gezeigt, wie sehr Antonius Rom hasste116 – das ist natürlich grober Unfug und reinste octavianische Propaganda. Vielmehr zeigte Antonius öffentlich sein Ansinnen, seine eigenen Kinder und den (angeblichen) Sohn Iulius Caesars als Herrscher der verbündeten Königreiche im Osten einzusetzen und so die römische Herrschaft zu stärken. Das bedeutete zwar, Kompromisse mit nichtrömischen Herrschern einzugehen, aber das tat Rom schon seit Jahrhunderten, auch wenn es in diesem Fall bedeutete, Kilikien und Zypern als Provinzen aufzugeben. Und falls Antonius durch diese Vereinbarungen seinen Ruhm mehrte, dann war das ein Problem ganz allein für Octavian, nicht für Rom. Alexandria war ein hervorragender Stützpunkt. Die Stadt hatte einen großen Hafen und war ein administratives, wirtschaftliches und religiöses Zentrum mit multiethnischer Bevölkerung – es wimmelte hier nur so
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von nützlichen Informationen. Die Dynastie der Ptolemäer befand sich zwar längst im Niedergang, aber sie hatten immer noch ein beachtliches seemännisches und technisches Know-how vorzuweisen. Ägypten war unermesslich reich. Hier gab es die fruchtbarsten landwirtschaftlichen Flächen im Mittelmeerraum, und Alexandria war ein Handelszentrum, wie es kein zweites gab. Das potenzielle Steueraufkommen war enorm. Dass römische Generäle befreundete Fürsten in Klientelstaaten installierten und diese Verbindungen dann nutzten, um ihre eigene Macht und ihr Ansehen in Rom zu verbessern, war nichts Neues; auch das geschah seit Jahrhunderten. Neu war jedoch, dass ein Römer diese Fürsten mit einer ausländischen Königin zeugte und somit dann seine eigenen Kinder an die Macht hievte. Das wirkte doch allzu sehr wie der Wunsch nach einem persönlichen Imperium. Ob Antonius und Kleopatra eine formelle Ehe eingingen oder nicht, ist bis heute unklar. Als Pharaonin war Kleopatra eine Göttin und brauchte niemandes Segen, um zu heiraten. In gewisser Weise spielt der Familienstand von Kleopatra und Antonius aber auch gar keine Rolle, denn es handelte sich bei ihrer Verbindung ohnehin weniger um eine Ehe als um eine Fusion. Was das Paar repräsentierte, war eine Art „Rom & Ägypten GmbH“. Und das war genau, was Octavian fürchtete. Antonius hatte erreicht, was der Senat jahrzehntelang zu verhindern versucht hatte: dass der Reichtum Ägyptens in den Händen eines einzelnen Römers lag. Antonius und Octavian standen für zwei ganz unterschiedliche Visionen, was die Zukunft des Römischen Reiches anging. Antonius war zugleich ein römischer Adliger und ein hellenistischer Fürst, ein Imperator und ein Gott. Seine Familie war halb römisch und halb griechisch-ägyptisch. Sein Imperium würde sich nach Osten orientieren und zugleich in Rom und in Alexandria verankert sein. Vor allem aber hatte Antonius Kleopatra im Schlepptau, was manche Römer begeisterte und andere mit Abscheu erfüllte. Octavians Blick war nach Westen gerichtet. Er war besser in Italien verankert als Antonius, aber sein Stammbaum hatte weniger Gewicht. Da er keinen Zugang zu den Reichtümern Ägyptens und des Ostens hatte, hatte er viel weniger Geld als sein Rivale und war gezwungen, Italien steuerlich
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auszupressen, womit er eine Menge Unmut erregte. Doch in seiner politischen Kompetenz hatte er sich mit Agrippa einen Feldherrn ins Boot geholt, mit dem er Antonius seine Reichtümer mit Waffengewalt wieder würde abnehmen können. Octavian hatte von Caesar gelernt, dass es sich, was die Männer für Schlüsselpositionen anbelangte, auszahlte, Talent wichtiger zu bewerten als den Stammbaum. Einige Senatoren hielten sich an Antonius, weil sie um ihren kleinen Anteil an der Aristokratie fürchteten. Auch wenn sie ihn wohl kaum für einen aufrichtigen Anhänger der Republik hielten, war er immerhin weit genug weg, dass ihnen in Rom ein gewisser Spielraum blieb. Octavian hielt nicht damit hinterm Berg, dass er die Stadt mit Blut und Eisen zu regieren gedachte und aus seiner Familie beinahe so etwas wie eine königliche Dynastie machen wollte. Bei beiden Männern musste man sich fragen, ob sie die Kunst des Friedens genauso gut beherrschten wie die des Krieges. Wer von ihnen wäre besser in der Lage, diese kriegsmüde Welt wiederaufzubauen? Ende 34 v. Chr. trugen Antonius’ Bemühungen an der nordöstlichen Grenze Früchte. Armenien stand nun unter römischer Kontrolle, dazu bestimmt, als Königreich von Antonius’ Sohn Alexander Helios regiert zu werden. Media Atropatene war mit Rom verbündet. Der junge Alexander würde eines Tages den Thron seines künftigen Schwiegervaters, des Königs von Atropatene, erben. In der Zwischenzeit war der Weg frei für einen Angriffskrieg gegen die Parther. Armenien würde als zuverlässiger Stützpunkt dienen, und Media Atropatene würde die Kavallerie liefern, die Antonius fehlte. Beim anstehenden Feldzug winkte fette Beute: Mesopotamien (oder zumindest der nördliche Teil Mesopotamiens). Ein Sieg gegen die Parther wäre die Krönung von Antonius’ Lebenswerk gewesen. Vielleicht hätte er sich aber auch mit weniger zufriedengegeben: durch eine Kombination aus Säbelrasseln und Diplomatie den parthischen König dazu zu bringen, die Legionsstandarten zurückzugeben, die man einst Crassus abgenommen hatte. In jedem Fall wäre Antonius als siegreicher Feldherr in einer ganz anderen Ausgangslage gewesen, um von seiner Basis in Alexandria aus mit seinem Rivalen in Rom zu verhandeln.
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Doch Antonius’ zweiter Partherfeldzug fand nie statt. Stattdessen zog er 33 v. Chr. mit seinen Truppen wieder in Richtung Westen, denn Octavian hatte beschlossen, gegen ihn Krieg zu führen. Octavian wählte diesen Zeitpunkt nicht, weil er Antonius für schwach hielt, sondern weil er fürchtete, dass sein Gegner bald noch viel stärker, ja sogar unbesiegbar sein würde. Für Octavian hieß es: jetzt oder nie. Und so kam es zum Krieg.
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Kapitel 5
Der Krieg kündigt sich an Rom, Ephesos und Athen, 32 v. Chr. Zu Beginn des Jahres 32 v. Chr. herrschte offiziell Frieden zwischen Antonius und Octavian, aber beide bereiteten sich auf einen Krieg vor. Offenbar hatte das Triumvirat am 31. Dezember 33 v. Chr. geendet. Und es wurde nicht noch einmal erneuert. Im Frühjahr 32 v. Chr. kam es im römischen Senat zwischen den Anhängern der beiden Rivalen zum Konflikt. Beide Konsuln jenes Jahres gehörten Antonius’ Seite an. Einer von ihnen war Gaius Sosius; er hatte Antonius als Befehlshaber im Osten und als Statthalter von zwei wichtigen Provinzen, Syrien und Kilikien, gedient. Am 1. Februar attackierte er Octavian in dessen Abwesenheit im Senat. Octavian reagierte einige Wochen später, indem er eine regelrechte Garde von Anhängern mit zu einer Senatssitzung brachte, die Dolche unter ihren Togen trugen. Er nahm auf dem Podium zwischen den beiden Konsuln Platz und machte damit deutlich, dass sein Machtanspruch das Triumvirat überdauerte. Über hundert Senatoren, vielleicht sogar mehr als dreihundert, flohen anschließend aus Rom zu Antonius nach Ephesos. Längst nicht alle von ihnen sahen sich als dessen Anhänger, geschweige denn, dass sie ihm über den Weg trauten, aber immerhin gehörte Antonius dem alten römischen Adel an und behandelte seine Kollegen im Senat mit Respekt. Octavian war für sie ein Emporkömmling vom Lande, der sich als Patrizier ausgab und nicht davor zurückschrecken würde, im Senat Gewalt anzuwenden. Das Alter spielte ebenfalls eine Rolle. Die Römer standen der Jugend ganz allgemein eher skeptisch gegenüber. Antonius war zu diesem Zeitpunkt 51 Jahre alt und damit in der Blüte seiner Jahre. Octavian hingegen war mit seinen 31 Jahren in einem Alter, in dem man ihn im alten Rom noch
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als adulescentulus bezeichnen konnte – als „sehr jungen Mann“.117 Die geflüchteten Senatoren fanden in Ephesos ein Militärlager voller Schwerbewaffneter vor.
Ephesos, März 32 v. Chr. Eines nach dem anderen liefen die Schiffe in den uralten, ehrwürdigen Hafen von Ephesos ein, den größten Hafen Kleinasiens. Man konnte das langsame Schlagen der Ruder hören, die Rufe der Bootsleute, das dumpfe Aufschlagen der Taue auf der Kaimauer. Oder man hielt den Atem an und lauschte, wenn ein großer Segler fast lautlos die Wellen durchschnitt. Die große Hafenstadt blickte bereits auf eine über tausendjährige Geschichte zurück: Seit der Zeit des Trojanischen Krieges hatte sie zahlreiche Seefahrer und Eroberer erlebt – eine legendäre Amazonenkönigin, hethitische, lydische und persische Könige, die kriegerischen Monarchen Alexander den Großen, Ptolemaios III. von Ägypten und Mithridates VI. von Pontos und den Karthager Hannibal im Exil. Doch eine Armada wie diese hatte Ephesos bis dato noch nicht gesehen. Sie bestand aus 500 Kriegs- und 300 Transportschiffen. Die meisten der Kriegsschiffe waren sogenannte Quinqueremen – „Fünfruderer“, bei denen je fünf Ruderer eine Einheit bildeten. Es handelte sich um große hölzerne Galeeren, die jeweils 300 Ruderer und 120 Marinesoldaten plus Besatzung befördern konnten. Sie hatten gegenüber anderen Schiffen einen wichtigen technologischen Vorsprung: verstärkte Planken am Bug, dank derer sie feindliche Schiffe frontal rammen konnten. Es gab auch noch größere Schiffe, von Sexiremen („Sechsruderern“) bis hin zu Dekeren („Zehnruderern“). Das waren gewaltige Kriegsmaschinen, mit denen man sogar die Barrieren befestigter Häfen durchbrechen konnte. Viele der Schiffe waren nagelneu. Für das Holz, aus dem sie gezimmert waren, hatte man in den Wäldern an der Mittelmeerküste Kleinasiens, in Phönizien und den Gebieten beiderseits des Libanon, in Gilead (im heutigen Jordanien), auf Zypern oder vielleicht sogar im heiligen Hain des Heilgottes Asklepios auf Kos Bäume gefällt. Um das gesamte Personal auf diesen Schiffen – bis zu 200 000 Mann – zu versorgen, hätte es einer kompletten zweiten Stadt bedurft. Und das
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war noch nicht einmal alles: In Ephesos waren bereits rund 120 000 Infanteristen und Kavalleristen versammelt. Insgesamt kamen also etwa 300 000 Mann in die Stadt. Das war mehr, als die meisten Städte damals an Einwohnern hatten. Nur eine Handvoll Metropolen hätte da mithalten können, darunter auch Ephesos selbst, das damals vielleicht eine Viertelmillion Einwohner zählte. Um die Neuankömmlinge zu ernähren, brauchte man ein Wunder. Doch wenn es einen Ort gab, wo Wunder wahr werden konnten, dann war es Ephesos. Die uralte Stadt, die seit jeher die griechische Göttin Arte mis verehrte, hatte das prachtvolle Artemision, einen immensen marmornen Tempel mit 127 Säulen, der zu den Sieben Weltwundern zählte. Zwar fungierte dieser Tempel auch als Bank, doch vielleicht konnte Ephesos die Soldaten und Seeleute auch versorgen, ohne auf seine eigenen Ressourcen zurückgreifen zu müssen, schließlich hatte man neben Artemis noch eine weitere Göttin, die man anrufen konnte: Kleopatra. Kleopatra war zwar aus Fleisch und Blut, aber ihre Untertanen sahen in ihr die irdische Inkarnation von Isis, der höchsten weiblichen Gottheit Ägyptens, die im ganzen Mittelmeerraum beliebt war. Angeblich stellte sie ein Viertel der Kriegsschiffe und die gesamten Vorräte sowie fast zwei Millionen Pfund Silber zur Verfügung.118 Aber Kleopatra wollte mehr sein als eine Geldgeberin: Sie war nach Ephesos gekommen, um eine aktive Rolle in der Kriegsflotte zu spielen. Es war nicht ungewöhnlich, dass ein griechischer Monarch einen römischen Feldherrn auf dessen Feldzug begleitete. Aber eine Monarchin – das war dann doch etwas Neues, vor allem, wenn sie vorhatte, selbst an vorderster Front zu kämpfen. Kleopatra hatte sich für Antonius bereits als nützlich erwiesen, indem sie ihm ihr Königreich als Kriegsmaschine zur Verfügung gestellt hatte. Ägypten hatte zwar bereits zwei Jahrhunderte lang in keine große Flotte mehr investiert, aber dennoch gab es dort jede Menge maritimes Knowhow: Da war der riesige Mittelmeerhafen in Alexandria, und Schiffe fuhren über das Rote Meer und weiter bis nach Indien. Kleopatra verfügte zudem über die nötigen Mittel, um eine Flotte zu finanzieren und Seeleute anzuheuern. Mit ihrer Hilfe gelang es Antonius, mehr Finanzmittel zu mobilisieren und mehr Schiffe zu bauen als sein Gegner.
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Aber ihren Geliebten und ihre drei gemeinsamen Kinder zu unterstützen, war nicht Kleopatras einziges Anliegen: Sie musste auch sicherstellen, dass Caesarion nicht unter die Räder kam, falls sich Antonius doch noch mit Octavian versöhnte. Als sich im Frühjahr 32 v. Chr. die militärische Konfrontation bereits abzeichnete, schien diese Gefahr erst einmal gebannt. Doch in der Politik kann man sich auf nichts verlassen, und Octavian war ein gerissener Machtmensch, daher wusste die Königin, dass sie wachsam bleiben musste. Am besten also, sie blieb in der Nähe von Antonius – wohin auch immer sie das führen würde.
Der Mann, der Kleopatra hasste Zu den geflüchteten Senatoren, die nach Ephesos kamen, gehörte sowohl Sosius als auch der andere Konsul des Jahres 32 v. Chr., Ahenobarbus. Er hasste und fürchtete Kleopatra, obwohl sie Antonius unterstützte. Als Römer von echtem Schrot und Korn verachtete Ahenobarbus die Griechen. Als eingefleischter Anhänger der Republik verachtete er alle Mo narchen. Als stolzer Mann verachtete er mächtige Frauen. Er fürchtete den Einfluss der Königin auf Antonius. Sein Sohn war mit Antonius’ älterer Tochter (von einer seiner Exfrauen) verlobt, aber als Politiker war Ahenobarbus klar, dass Kleopatra in Rom nichts mehr galt, wo Octavian sie als fremdländische Hexe brandmarkte, die Antonius verführt habe. Übrigens sahen das viele von Antonius’ Anhängern genauso, und sie hielten mit ihrer Meinung nicht hinterm Berg.119 Als Ahenobarbus in Ephesos eintraf, hatten sie in ihm endlich ein prominentes Sprachrohr. Jetzt, da beide Konsuln bei ihm in Ephesos waren, sah sich Antonius veranlasst, mit den geflüchteten Senatoren eine Art Gegensenat zu organisieren, der sich allerdings als Repräsentant des wahren Roms betrachtete. Antonius’ Parteigänger hatten während seiner Abwesenheit in Rom sein Image als Anhänger der Republik aufrechterhalten. Sie hielten Triumphzüge ab – bei einer Gelegenheit unter Einbeziehung des Antonius, auch wenn dieser nicht körperlich anwesend war – und sponserten öffentliche Gebäude.120 Sie stellten Marcus Antonius als einen Mann von dem Schlag dar, der den wächsernen Ahnenbildern huldigte, wie man sie als guter römischer Adliger zu Hause in einem Schränkchen aufbewahrte. Kein
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Wunder, dass manche von ihnen schockiert waren, als sie nun im Osten in der golden glänzenden Realität ankamen. Die römische Republik war tot. Aber Ahenobarbus hatte das leider niemand gesagt. Als junger Mann hatte er zusammen mit seinem Vater im Bürgerkrieg gegen Caesar gekämpft. Sie gerieten beide in Gefangenschaft, aber Caesar begnadigte sie. Der Vater, mal störrisch, mal ungehorsam, mal schlecht gelaunt und depressiv, fiel ein Jahr später im Kampf, der Sohn überlebte. Nachdem Ahenobarbus zu Unrecht als einer von Caesars Attentätern beschuldigt worden war – er hatte sich nicht an dem Komplott beteiligt, sondern es nur im Nachhinein gebilligt – , schloss er sich diesen tatsächlich an und befehligte im Krieg gegen Caesars Rächer eine Flotte. Zwar verloren sie den Krieg zu Lande, doch Ahenobarbus entschied mehrere Seeschlachten für sich. Im Jahr 40 v. Chr. schloss Ahenobarbus schließlich Frieden mit Antonius – und wurde zu einem seiner wichtigsten Generäle und Verwalter. Doch mit Kleopatra schloss Ahenobarbus keinen Frieden. Sie versuchte, ihn für sich zu gewinnen, aber Ahenobarbus blieb standhaft. Er war der Einzige von Antonius’ Anhängern, der sich weigerte, sie als Königin zu bezeichnen; stattdessen nannte er sie unhöflich einfach nur Kleopatra. In Ephesos beschworen Ahenobarbus und Gleichgesinnte Antonius, sie fortzuschicken. Wenn Kleopatra wieder nach Ägypten zurückkehrte, würde in Rom jedem klar werden, dass Octavian gerade einen Bürgerkrieg gegen Antonius anzettelte und keinen Krieg gegen Kleopatra. Und Octavian hatte immerhin öffentlich geschworen, nie wieder einen Bürgerkrieg zu führen. Vielleicht wollten Ahenobarbus und seine Spießgesellen Antonius dazu bringen, dass er in Italien einmarschierte und Octavian den Garaus machte. Und sie wussten genau, dass es den Römern leichter fallen würde, solch eine Invasion zu akzeptieren, wenn Kleopatra nicht daran beteiligt war. Vielleicht befürchteten sie auch, dass Kleopatra sich einer Invasion widersetzen würde, um ihre Flotte zu schützen und die Handelsrouten zwischen Ägypten und Rom nicht zu gefährden. Sie wussten, dass Kleopatra mit ihrem Geld, ihren Schiffen und ihrem Einfluss bei Antonius ein erhebliches Mitspracherecht haben würde. Abgesehen von ihren Vorurteilen
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gegenüber einer Frau, einer Ägypterin und einer Königin hatten sie also noch diverse weitere Gründe, warum sie Kleopatra loswerden wollten. Antonius identifizierte sich immer noch so sehr mit dem römischen Establishment, dass er auf seine aristokratischen Anhänger hörte und Kleopatra befahl, für die Dauer des Krieges zurück nach Ägypten zu segeln. Doch sie ließ sich nichts befehlen. Sie wollte kämpfen, und sie wollte Antonius nicht allein lassen. Auch aus Sorge wegen Octavia: Kleopatra wusste, wenn sie abreiste, würde Octavia Morgenluft wittern. Vielleicht würde sie sich einschalten und mit Octavian einen Friedensvertrag aushandeln, wie sie es schon einmal getan hatte. Aber Kleopatra war zu gewieft, als dass sie versucht hätte, Antonius selbst umzustimmen. Das ließ sie lieber seinen führenden General machen: Canidius. Der war für Antonius an Land genauso wichtig wie Ahenobarbus zur See – und er bezeichnete sie (anders als Ahenobarbus) als Königin. Canidius war wahrscheinlich für Armenien zuständig – eine sehr wichtige Aufgabe – , als Antonius ihn Anfang 32 v. Chr. mit seiner Armee nach Ephesos beorderte. Der General war ein praktisch veranlagter Mensch, und er wusste: Kleopatras Geld, ihre ägyptischen Seeleute und ihre Erfahrung beim Regieren eines großen Staates – all das würde verloren gehen, wenn Antonius sie wegschickte. Kein Wunder also, dass sich die Königin für Canidius als Fürsprecher entschied. Canidius fürchtete außerdem, dass das ägyptische Kontingent seinen Kampfgeist verlieren würde, wenn Kleopatra abreiste. Das war ein Faktor, den man nicht unterschätzen durfte, und er galt wahrscheinlich auch für die Truppen anderer östlicher Völker, die mitkämpften. Viele Bewohner des östlichen Mittelmeerraums hassten Rom. Nur knapp dreißig Jahre waren seit dem Tod des pontischen Königs Mithridates VI . vergangen, eines Erzfeinds der Römer, der zwischen 88 und 63 v. Chr. drei Kriege geführt hatte, die die römische Herrschaft im Osten erschütterten. Und auch manche Einwohner von Syrien oder Judäa erinnerten sich noch daran, dass sie bis zum Einmarsch der Römer im Jahr 63 v. Chr. in einem freien Land gelebt hatten. In Ägypten hatte sich die antirömische Stimmung 48 v. Chr. in einem Krieg gegen Caesar in Alexandria entladen, und in anderen Teilen des Ostens ärgerten sich die Menschen immer noch
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darüber, dass die Caesarmörder sie ausgeplündert hatten, um ihren Krieg gegen Antonius und Octavian zu finanzieren. Viele sahen in Kleopatra ein Symbol des Widerstands. Ihr war es gelungen, Antonius zu zähmen und auf ihre Seite zu ziehen. Er hatte die Muskeln, Kleopatra Herz und Seele. Prophezeiungen waren damals vor allem im Osten eine beliebte Form der Übermittlung politischer Nachrichten. Eine griechische Prophezeiung aus der Zeit um 33 v. Chr. verhieß die Ankunft einer „strengen Herrin“, die Rom „das Haar … scheren“ und Rache nehmen werde für den „reichen Tribut“, den „Asien den Römern“ gezahlt habe. Diese Frau werde für Recht und Ordnung sorgen, indem sie die Römer besiegen und ein Goldenes Zeitalter des Friedens und der Versöhnung einläuten werde – ein Zeitalter der Sonne, wie manche sagten.121 Der Name der „strengen Herrin“ wird in der Prophezeiung nicht genannt, aber man braucht nicht viel Fantasie, um darin eine Anspielung auf Kleopatra zu sehen. Kein Wunder, dass ihre Anwesenheit Antonius’ Offiziere in zwei Lager spaltete. Die einen sahen in ihr einen Multiplikator ihrer Kampfkraft, die anderen eine gefährliche Revolutionärin und ein gefundenes Fressen für die feindliche Propaganda. Antonius war bereit, das Risiko einzugehen. Er schloss sich Cani dius’ Meinung an und entschied, dass die Königin bleiben durfte. Cani dius wurde vorgeworfen, er habe sich von Kleopatra bestechen lassen, und möglicherweise stimmte das auch: Auf einem Papyrus, der zu einem späteren Zeitpunkt bei der Einbalsamierung einer Mumie verwendet wurde, bis er in der Neuzeit auf einem römischen Friedhof am Nil gefunden wurde, hat sich der griechische Text einer königlichen Verordnung aus dem Jahr 33 v. Chr. erhalten, die Canidius erhebliche Steuererleichterungen für seine Ländereien in Ägypten und für sein Import-Export-Geschäft (er handelte mit ägyptischem Weizen und Wein von den griechischen Inseln) gewährte. Die Privilegien erstreckten sich auch auf seine Pächter, Lasttiere und Schiffe. Bei den Ländereien könnte es sich um ein früheres Geschenk der Königin handeln. Der Erlass trägt zwei verschiedene Handschriften: Am Ende des Dokuments hat jemand ein griechisches Wort hinzugefügt, das so viel bedeutet wie: „So soll es geschehen.“ Hierbei könnte es sich um Kleopatras Signatur handeln, aber
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selbst wenn nicht, ging die Verordnung mit Sicherheit auf sie zurück. Die Königin wusste den Reichtum Ägyptens stets zu nutzen, um sich Römer zu Verbündeten zu machen. Gut möglich, dass Kleopatra argwöhnisch war, was Ahenobarbus anging. Nachdem er den politischen Machtkampf in Ephesos verloren hatte, stellte er ein Sicherheitsrisiko dar: Was, wenn er zu Octavian überlief? Immerhin hatte Ahenobarbus schon einmal die Seiten gewechselt. Letztendlich schweißte Ahenobarbus’ Agieren Kleopatra und Antonius nur noch enger zusammen. In früheren Kriegen hatte Antonius stets seine eigenen Schlachten geschlagen. Sein Bündnis mit Kleopatra würde ihn viele römische Anhänger kosten, von denen einige nun zu Octavian überliefen. „So hatte es das Schicksal vorgesehen“, schreibt Plutarch.122 Aber so war Kleopatra nun einmal.
Samos Etwa im April 32 v. Chr. verließen Antonius und Kleopatra mit ihren Generälen Ephesos und setzten zur nahen Insel Samos über. Es war die erste Station auf ihrem langen und beschwerlichen Weg nach Westen. An die sechs Wochen würde es dauern, um alle Soldaten und Schiffe über die Ägäis zu transportieren, und noch viel länger, um die Westküste Griechenlands zu erreichen und einzunehmen. Von dort aus würden sie die östliche Hälfte des Römischen Reiches gegen Angriffe verteidigen und vielleicht sogar in Italien einmarschieren können. Antonius hatte in Ephesos ein riesiges Heer versammelt und dazu Soldaten aller Könige, Fürsten, Städte und Völker von der Adria bis zur Krim und von Syrien bis Armenien mobilisiert, wie Plutarch mit dem ihm eigenen Gespür für Dramatik schreibt. Außerdem, so Plutarch weiter, befahl Antonius den „Künstlern des Dionysos“, nach Samos zu kommen. Dabei handelte es sich um Zünfte von Musikern, Schauspielern und Tänzerinnen: Gruppen, die einander eng verbunden waren und die wohlhabend und in den griechischen Städten der Ägäis und den angrenzenden Regionen so einflussreich waren wie heute Prominente oder Profisportler. Zum Dank schenkte Antonius ihnen später Grundstücke in der reichen Stadt Priene (südlich von Ephesos), doch zunächst
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stellten sie auf Samos ihre Kunst zur Schau. Laut Plutarch „vergnügten“ sich Antonius und Kleopatra ausgiebig: Während fast der ganze Erdkreis ringsum von Seufzen und Klagen erfüllt war, ertönte auf einer Insel tagelang Flötenund Saitenspiel; die Theater dort waren voll, und die Chöre sangen um die Wette. Jede Stadt schickte einen Ochsen für das Opferfest, und die Könige suchten einander in gegenseitiger Bewirtung und Geschenken zu übertreffen. Und überall fragten sich die Menschen: „Wie werden die Eroberer erst ihre Siege feiern, wenn schon ihre Vorbereitungen zum Krieg von solch kostspieligen Festen geprägt sind?“123 Plutarchs Schilderung entspricht der vom Imperium offiziell anerkannten Version der Ereignisse: Antonius und Kleopatra waren frivole, genusssüchtige Verschwender, die ihre militärischen Ressourcen vergeudeten – so die spätere Propaganda. Gäbe es einen unparteiischen Bericht, würde der wohl eher vermelden, dass es Antonius und Kleopatra hier auf Samos gelang, zugleich ihre Anhänger zu inspirieren und ihnen auf ihrer Durststrecke im Feldzug ein wenig Zerstreuung zu bieten. Das Ganze war eine Mischung aus Truppenunterhaltung und Abschiedsparty für die Soldaten, die in den Krieg zogen. Für Antonius, der sich als neuer Dionysos gab, war es nur folgerichtig, dass die Anhänger des Gottes ihn unterstützten.
Scheidung Im Mai oder Juni hatten Antonius und Kleopatra ihren Wohnsitz nach Athen verlegt. Sechs Jahre zuvor hatten er, Octavia und eine ihrer Töchter dort als glückliche Familie gelebt, doch diese Zeiten waren vorbei. Kaum jemand dachte noch daran, dass Octavia einst neben Antonius alias Dionysos als Athene verehrt worden war. Stattdessen beschloss die athenische Volksversammlung nun, Kleopatra göttliche Ehren zu erweisen.124 Eine Delegation attischer Bürger, angeführt von Antonius (dem rund zehn Jahre vorher die attische Staatsbürgerschaft verliehen worden war), kam
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zum Haus der Königin, um die Nachricht zu überbringen. Antonius trat vor sie und hielt eine Rede im Namen der Stadt. Aber Antonius musste sich, als er in Athen war, auch mit Octavia auseinandersetzen. Das römische Scheidungsrecht war ziemlich simpel. Eine Ehe galt als geschieden, wenn ein Ehepartner dem anderen dies einfach mitteilte. Die juristische Formel, die man dazu verwendete, lautete: „Nimm deine Sachen und geh!“ Und genau das schrieb Antonius Octavia per Brief.125 Aus römischer Sicht war Antonius’ Entscheidung, sich von Octavia scheiden zu lassen, zumindest unsensibel. Ein unnötiger Fauxpas, der zu bestätigen schien, was Octavian dauernd predigte: dass Antonius eine tugendhafte römische Matrone hatte sitzen lassen, um sich mit einer ausländischen Verführerin einzulassen. Mit Blick auf den Osten ergab dieser Schritt jedoch Sinn. Indem er seine letzte Verbindung zur Familie Caesars kappte, bereitete sich der neue Dionysos darauf vor, den Osten gegen die verhassten Römer anzuführen. Zusammen mit seiner wahren Gemahlin Isis würde er einen heiligen Krieg führen. Dass Antonius Römer war, spielte dabei kaum eine Rolle – dieser Fakt ließ sich unter einer Lawine von Propaganda begraben. Später, wenn Antonius nach Italien käme, würde er dann seinen Kurs wieder ändern und sich als loyaler Sohn der Republik präsentieren. Derweil stellte man auf der Akropolis, der heiligsten und bekanntesten Stätte Athens, Statuen von Antonius und Kleopatra als Göttern auf. Irgendein Witzbold nahm die beiden aufs Korn, indem er in den Sockel einer der Antoniusstatuen ritzte: „Octavia und Athene an Antonius“ (auf Griechisch), gefolgt von: „Nimm deine Sachen und geh!“ (auf Latein).126 Die Scheidung bedeutete für Octavia, dass sie umziehen musste. Fünf Jahre lang hatte sie in Antonius’ Haus in einem der exklusiveren Viertel Roms gewohnt.127 Dort hatte sie regelmäßig seine Freunde und Klienten empfangen, denen sie half, öffentliche Ämter zu erlangen oder irgendwelche anderen Geschäfte zu tätigen – damit sie fortan in ihrer Schuld standen (und in der ihres mächtigen Bruders). Jetzt zog Octavia mit den sechs Kindern, die sie aufzog, zu Octavian: den beiden Töchtern, die sie mit Antonius gezeugt hatte, einem Sohn und zwei weiteren Töchtern aus
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ihrer früheren Ehe und einem Sohn von Antonius aus einer von dessen früheren Ehen; Antonius’ anderer Sohn, Antyllus, hielt sich bei ihm auf. Als sie die Nachricht erhielt, mit der Antonius ihre Ehe beendete, soll Octavia vor Verzweiflung geweint haben.128 In der Öffentlichkeit zu weinen war im alten Rom üblicher und eher akzeptiert als heute, und sowohl Männer als auch Frauen taten es. Die bloße miseratio, die rhetorische Bitte um Mitleid, die oft in Tränen ausartete, war üblich – galt aber zugleich als unseriös. Was Octavia allerdings als Hauptgrund für ihre Traurigkeit genannt haben soll, ist um einiges beeindruckender: dass es so aussehen könne, als wäre sie eine der Ursachen für den sich abzeichnenden Krieg.129 Man beachte, dass Octavia nicht die Tatsache beklagte, dass ein Krieg bevorstand, sondern lediglich, dass sie dafür verantwortlich gemacht werden könnte. Falls dieser Bericht der Wahrheit entspricht, passt er zu der Bedeutung, die die Römer dem eigenen Ruf beimaßen. In Rom spielte die von Antonius ausgegangene Scheidung Octavian so wunderbar in die Hände, dass man sich beinahe fragt, ob er nicht Antonius irgendwie zu diesem Schritt veranlasst hat. Vielleicht hat er mit Octavias Einverständnis das Gerücht in die Welt gesetzt, sie wolle sich von Antonius scheiden lassen, was Antonius dazu bewogen haben könnte, ihr zuvorzukommen, um sich nicht der Demütigung auszusetzen, von einer Frau verlassen zu werden.130 Dann wäre es für Octavia ein Leichtes gewesen, die verletzte, hintergangene Ehefrau zu spielen. Man sollte allerdings auch an den enormen Propagandavorteil denken, den Antonius bei seinen Anhängern im Osten hatte, wenn er den Anschein erweckte, komplett mit Rom zu brechen und sich stattdessen an Kleopatra, die Rächerin und Retterin, zu binden. Mag sein, dass Antonius am liebsten beides gehabt hätte – sich im Osten von Octavia scheiden zu lassen und zugleich in Rom mit ihr verheiratet zu bleiben. Aber das ging natürlich nicht. Jedenfalls konnte Octavian die Scheidung nun im Westen gegen Antonius verwenden. Falls Octavia wirklich behauptete, dass sie unglücklich sei, weil man sie für die Ursache des Krieges hielt, dann müsste man schon ein Herz aus Stein haben, um nicht zu argwöhnen, dass sie vielleicht noch unglücklicher gewesen wäre, wenn man sie nicht für die Ursache des Krieges ge-
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halten hätte. Eventuell empfand Octavia insgeheim eine diebische Freude daran, dass sie wie einst Helena Ereignisse von historischer Bedeutung in Gang brachte. Aber vielleicht ist dieser Gedanke dann doch ein wenig zu makaber. Die Ehe Octavias mit Marcus Antonius für sich betrachtet war die reinste Katastrophe. Er hatte sie verraten, erniedrigt, sitzen gelassen. Andererseits hatte diese Ehe Octavia zwei Töchter und einige politische Macht eingebracht. Sie war berühmt geworden, durch die Welt gereist und hier und da als Göttin verehrt worden. Sicher, das Ganze hatte ein schlimmes Ende genommen, aber wie viele geschiedene Frauen konnten schon von sich behaupten, dass sie die römische Welt zweimal vor einem Bürgerkrieg bewahrt hatten? Einige Jahre später konnte sich Octavia vielleicht mit dem Wissen trösten, dass sie mit ihrer Opferbereitschaft und ihrer harten Arbeit dazu beigetragen hatte, dass ihr Bruder zum Herrscher der Welt geworden war. Ein so ausgeprägter Familiensinn war selbst nach den strengen Maßstäben der Römer ein Fall für die Geschichtsbücher. Dennoch taucht Octavia in der Überlieferung über beinahe zehn Jahre nach der Scheidung so gut wie gar nicht mehr auf. Das ist für die heutige Forschung zwar frustrierend, aber nicht wirklich überraschend, schließlich hatte sie ihre Aufgabe erfüllt. Aus der Sicht ihres Bruders war Octavias Ehe ein durchschlagender Erfolg gewesen. Kein Wunder, dass er sie in den folgenden Jahren mit größter Hochachtung behandelte. Dank ihrer Vermittlung hatte sich Antonius von Italien ferngehalten, als der junge Octavian freie Hand gegen Sextus Pompeius brauchte. Sie hatte Antonius dazu gebracht, ihrem Bruder eine Kriegsflotte zur Verfügung zu stellen, während dieser ihm im Gegenzug Versprechungen machte, die er nicht zu halten gedachte. Darüber hinaus hatte Octavia durch ihr würdevolles Verhalten angesichts der Demütigungen, die sie seitens Antonius’ erfahren hatte, der Propaganda ihres Bruders in die Hände gespielt. Octavia hatte keinen Erben für die Antonier gezeugt, geschweige denn einen Jungen, der Vergils Prophezeiung entsprochen hätte, aber für das Haus Caesars hatte sie mindestens so viel geleistet wie ein siegreicher Feldherr.
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Die Überläufer Im Juni oder Juli 32 v. Chr. empfing Octavian in Rom Lucius Munatius Plancus und dessen Neffen Marcus Titius, die beiden ranghöchsten Überläufer aus Antonius’ Gefolge. Antonius hatte den beiden vertraut, soweit man dem aalglatten Plancus und seinem Schützling überhaupt trauen konnte. Die beiden gaben dem lateinischen Wort für Deserteur, transfuga (wörtlich: „einer, der hinüberflieht“), eine ganz neue Bedeutung. Octavian empfing sie mit offenen Armen – er wusste, wie wertvoll sie für seinen Geheimdienst und seine Propaganda waren. Wenn sich einer damit auskannte, wie man sein Fähnchen nach dem Wind hing, dann Octavian. In seinen zwölf Jahren auf der öffentlichen Bühne hatte er zunächst Iulius Caesar unterstützt und dann den Senat, der Caesars Ermordung gebilligt hatte; Antonius den Krieg erklärt und sich dann mit ihm gegen den Senat verbündet; sich mit Cicero verbündet und dann zugelassen, dass er hingerichtet wurde; mit Sextus Pompeius Frieden geschlossen und dann einen Krieg gegen ihn geführt, der Sextus Pompeius das Leben kostete. Octavian konnte es also tolerieren, wenn jemand die Seiten wechselte, ob nun einmal oder mehrmals, wie Plancus. In den letzten zwölf Jahren hatte auch Munatius Plancus mehrfach die Seiten gewechselt. Einst war er ein erfolgreicher General gewesen, er hatte einen Triumph feiern dürfen und war zweimal zum Imperator ernannt worden. Nachdem er bei Perusia mit einer Armee gegen Octavian marschiert war, ohne ihn anzugreifen, erhielt er dessen Erlaubnis, aus Italien zu fliehen und sich im Osten Antonius anzuschließen. In den folgenden Jahren arbeitete Plancus so eng mit Antonius zusammen, dass ihm dieser für eine gewisse Zeit sogar seinen Siegelring und seine Korrespondenz anvertraute (zumindest behauptete Plancus das).131 Wir wissen, dass Antonius ihm die Verwaltung zweier wichtiger Provinzen übertrug, nämlich Asia (Westtürkei) und Syrien. Plancus wusste sich auch bei Kleopatra beliebt zu machen. Einer Klatschgeschichte zufolge war er ein dermaßen kriecherischer Schmeichler, dass er bei einem Bankett zur Belustigung der Königin als Wassermann verkleidet vor ihr tanzte: Plancus habe sich den ganzen Körper blau angemalt, sei bis auf eine Schilfkrone und einen Fisch-
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schwanz vollkommen nackt gewesen und auf den Knien vor ihr umhergekrochen.132 Der Neffe von Munatius Plancus, Marcus Titius, der 43 v. Chr. auf den Proskriptionslisten gestanden hatte, hob eine eigene Flotte aus und fuhr zur See; sein Vater, der ebenfalls geächtet gewesen war, schloss sich Sextus Pompeius an. Titius wurde von Sextus Pompeius’ Männern gefangen genommen, aber seinem Vater zuliebe, der ja auf ihrer Seite kämpfte, verschonten sie ihn. Nach der Amnestie von 39 v. Chr. kehrte Titius zunächst nach Italien zurück, doch dann ging er in den Osten, wo er Antonius bei der Invasion von Media Atropatene als Quästor diente. Antonius übertrug Titius die Aufgabe, sich um Sextus Pompeius zu kümmern, als jener nach seiner Niederlage auf See vor Sizilien im Jahr 36 v. Chr. nach Kleinasien geflohen war. Titius „revanchierte“ sich für Sextus Pompeius’ frühere Großherzigkeit, indem er ihn hinrichten ließ, wahrscheinlich auf Antonius’, vielleicht aber auch auf Plancus’ Befehl. Zumindest wird Antonius damit einverstanden gewesen sein, denn er ernannte Titius danach zum Statthalter der wohlhabenden Provinz Asia. Aber warum liefen Plancus und Titius schließlich zu Octavian über? Eine Quelle besagt, dass Plancus bei einem Diebstahl erwischt wurde und deshalb Antonius’ Gunst verlor.133 Allerdings neigten römische Beamte dazu, bei ein bisschen Veruntreuung ein Auge zuzudrücken, solange sie selbst ihren Anteil bekamen. Plausibler erscheint, dass sich Plancus und Titius mit Antonius wegen dessen Scheidung von Octavia überwarfen.134 Jeder, der sich für die öffentliche Meinung in Italien interessierte, hätte Antonius vor einem solchen Schritt gewarnt. Man konnte beinahe den Eindruck haben, als werfe Antonius den Sieg weg, indem er dafür sorgte, dass Italien sich geschlossen hinter Octavian stellte. Wie Ahenobarbus waren auch Plancus und Titius dafür, dass Kleopatra von Ephesos nach Ägypten zurückkehrte, statt den Feldzug weiter zu begleiten.135 Ahenobarbus unterstützte Antonius trotz ihrer Meinungsverschiedenheit, aber Plancus beschloss, sich zu verabschieden. Möglicherweise hat die angesprochene Quelle recht, wenn sie Plancus als notorischen Verräter bezeichnet.136 Plancus und Titius konnten Octavian und seinen Beratern mit Sicherheit wertvolle Informationen über Antonius und seine Pläne liefern.
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Außerdem hatten sie einen pikanten Leckerbissen für Octavians Propaganda auf Lager: Sie erzählten, dass Antonius sein Testament bei den Vestalinnen in Rom hinterlegt hatte. Vielleicht wusste Octavian das auch schon; auf jeden Fall nutzte er die Ankunft der beiden Überläufer als Vorwand, um das Testament den Vestalinnen abnehmen zu lassen – ein höchst illegaler Vorgang. In einer dramatischen Senatssitzung gab Octavian den Inhalt des Dokuments bekannt.137 Darin wurde Caesarion, so Octavian, als Sohn Iulius Caesars anerkannt, Antonius’ Kinder mit Kleopatra wurden unter seinen Erben aufgeführt. Zu guter Letzt sah das Testament vor, dass Antonius in Alexandria neben Kleopatra beigesetzt werden würde: Selbst wenn er in Rom starb, solle sein Leichnam nach Ägypten überführt werden. Das bedeutete laut Octavian nichts anderes, als dass Antonius die Absicht habe, die Hauptstadt des Römischen Reiches in den Osten zu verlegen. Ob das alles wirklich in Antonius’ Testament stand, wissen wir nicht. Octavian behauptete es zwar, aber Skepsis ist angebracht. Dass Antonius ein Testament bei den Vestalinnen hinterließ, ist plausibel; dass er es allerdings auf eine Weise formulierte, die alle Römer vor den Kopf stoßen musste, ist undenkbar, zumal wenn er es in Rom aufbewahren ließ, in Reichweite seiner Feinde. Höchstwahrscheinlich hat Octavian das meiste davon erfunden und Plancus’ „Offenbarung“ als Vorwand benutzt, das Testament an sich zu nehmen. Stimmen dürfte höchstens, dass Antonius Caesarion als Caesars Sohn anerkannte. Selbst nachdem im Februar mehrere Hundert Senatoren aus Rom zu Antonius nach Ephesos geflohen waren, saßen im Senat immer noch welche, die Octavian für sein Vorgehen kritisierten.138 Aber das spielte keine Rolle. Das Testament galt als handfester Beweis dafür, dass Antonius einer fremden Königin verfallen war. Die verbliebenen Senatoren stimmten dafür, Antonius nicht nur sein imperium – die formale rechtliche Befugnis, im Ausland römische Armeen zu befehligen – zu entziehen, sondern auch das Konsulat, das er im folgenden Jahr, 31 v. Chr., innehaben sollte. Immerhin erklärten sie ihn nicht zum Staatsfeind, aber auch dahinter steckte Kalkül: Sie wollten seine letzten Anhänger auf ihre Seite ziehen, statt sie vollends zu verprellen. Und die ermutigten sie, zu ihnen überzulaufen.139
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Die öffentliche Verurteilung von Antonius war ein großes Spektakel. Octavian liebte das Theater,140 und vielleicht hatte ihn das Euripides-Drama Der bekränzte Hippolytos aus dem Jahr 428 v. Chr. auf die Idee gebracht: Darin beschuldigt die weibliche Hauptfigur Phaidra ihren Stiefsohn, den Heros Hippolytos, in einem Abschiedsbrief fälschlicherweise der Vergewaltigung. Das Testament des Antonius war ein nicht weniger wirksames Mittel, um eine tragische Handlung in Gang zu bringen. Nebencharaktere traten auf, um den Senatoren von weiteren Fehltritten des Antonius zu berichten, wie Gaius Calvisius Sabinus, der bei der verhängnisvollen Senatssitzung an den Iden des März versucht hatte, Caesar das Leben zu retten. Calvisius wusste zu berichten, Antonius sei einmal bei einem großen Bankett vor den Augen aller Gäste aufgestanden, um Kleopatra die Füße zu massieren.141 Das alles war PR . Doch wer Octavians Karriere verfolgt hatte, wird davon kaum überrascht gewesen sein. Octavian hatte schon immer gewusst, wie man Informationen als Waffe einsetzt.
Die Kriegserklärung Nachdem der Senat dafür gestimmt hatte, Kleopatra den Krieg zu erklären, folgte eine formelle und traditionsreiche Zeremonie – allerdings diesmal möglicherweise mit einer kleinen Neuerung.142 Wieder einmal kam Octavian sein Hang zur Theatralik zupass: Die Senatoren zogen sich ihre Militärumhänge über und begaben sich zum Tempel der Kriegsgöttin Bellona außerhalb der Stadtmauer. Dort übernahm Octavian offiziell die Rolle eines der fetiales, der Priester, die darüber wachten, dass die Gesetze und Rituale des Krieges und der Diplomatie eingehalten wurden.143 Im Vorfeld einer Kriegserklärung gaben die fetiales vor Jupiter, dem Hauptgott der Römer, eine öffentliche Erklärung ab, dass ihr Anliegen gerecht sei. Nachdem das erledigt war, warf Octavian einen Speer auf ein Stück Land in der Nähe des Tempels, das feindliches Gebiet symbolisierte. Die Symbolik war klar: Octavians Gegner war kein römischer Mitbürger, sondern ein ausländischer Feind, und Octavians Anliegen war gerecht. Wir wissen nicht, ob dieser Speerwurf eine archaische Zeremonie aus der römischen Vergangenheit war oder eine
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kulturelle Aneignung aus Griechenland. Falls es sich um eine archaische Zeremonie handelt, demonstriert sie eindrucksvoll, wie Octavian die Vorliebe der Römer für die Errungenschaften ihrer Vorväter ausnutzte. Falls es eine griechische Sitte war, kopierte sie den berühmtesten Speerwurf des Altertums: Alexander der Große begann seine Invasion des Perserreichs, indem er seinen Speer in den Boden rammte, nachdem er den Hellespont (wie man die Dardanellen damals nannte) überquert und asiatischen Boden betreten hatte. Alexander betrachtete Persien als „mit dem Speer gewonnenes“ Land. Beides hätte zu Octavian gepasst: die römische Vergangenheit zu bemühen oder sich mit dem größten Eroberer der Welt auf eine Stufe zu stellen. Nun war es endlich so weit: Octavian durfte Krieg gegen Antonius führen, wenn auch nur auf indirektem Wege, indem er Kleopatra angriff. Der Senat – oder das, was von ihm übrig war – hatte öffentlich zugestimmt. Höchstwahrscheinlich wählten die Senatoren Octavian auch gleich zum Oberbefehlshaber der Armeen des Staates für den kommenden Feldzug. Aber offenbar reichte ihm das nicht. Octavian verlangte, dass alle Bewohner Italiens und sogar die der westlichen Provinzen einen Treueeid auf ihn leisteten. Einige Jahre später erinnerte er sich voller Stolz an diesen Moment: Ganz Italien leistete mir freiwillig den Treueeid und verlangte nach mir als Anführer im Krieg … Denselben Eid leisteten die Provinzen Hispanien, Gallien, Afrika, Sizilien und Sardinien.144 Dass sich der Krieg offiziell gegen Kleopatra richtete und nicht gegen Antonius, bot Octavian in Rom mehrere Vorteile. Er hielt sein Versprechen, keinen neuen Bürgerkrieg vom Zaun zu brechen, und die ägyptische Königin war für seinen Propagandaapparat ein nahezu perfekter Feind – als Frau, Ausländerin, Griechin, Ägypterin und Monarchin bot sie eine mannigfaltige Angriffsfläche für römische Vorurteile. Zugleich leistete Octavian damit aber auch der Propaganda des Feindes im Osten Vorschub. Antonius war Römer, und den Bewohnern des östlichen Mittelmeerraums war es ziemlich egal, ob zwei Römer einander
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bekriegten. Aber Kleopatra war eine von ihnen. Ein Angriff auf sie war ein Angriff auf den ganzen Osten – und obendrein auf die Göttin Isis. Antonius und Kleopatra waren nicht ganz unschuldig daran, dass sich Octavian in die Enge gedrängt fühlte. Indem sie Caesarions Legitimität geltend machten, zwangen sie Octavian zum Handeln, denn von nun an stellte nicht mehr Antonius, sondern Kleopatra die größte Bedrohung für seine Macht dar. Die zwei setzten ihre Informationen geschickt ein und zwangen den Feind zu einem Verhalten, das ihre eigene politische Basis stärkte. Mag sein, dass sich Octavian empört darüber zeigte, wie Antonius Octavia behandelte. Vielleicht war er auch tatsächlich empört, aber persönliche Empfindungen waren es nicht, die ihn in diesen Krieg trieben. Er hatte drei viel bessere Gründe: Rom, Ägypten und Caesar. Die Logik der römischen Politik verlangte nach einem Showdown zwischen zwei Dynastien. Ägypten war die Schatztruhe, die sich Pompeius und Caesar hatten einverleiben wollen, aber aufgrund des Widerstands des Senats nicht hatten behalten dürfen. Jetzt sah es ganz so aus, als würde sich Antonius dieser Schatztruhe bemächtigen, und wenn ihm das gelang, stünden ihm dauerhaft viel größere finanzielle Mittel zur Verfügung als Octavian. Zwei Männer behaupteten, dass Caesar ihr Vater sei, aber am Ende würde ihn nur einer beerben können. Allein durch seine Existenz bedrohte Caesarion Octavians Anspruch, der Sohn von Iulius Caesar zu sein. Jeder Tag, den der Junge lebte, kratzte am Selbstbild des Mannes, der sich Gaius Iulius Caesar imperator divi filius, „Gaius Iulius Caesar, Feldherr, Sohn eines Vergöttlichten“, nannte. Wenn Caesarion wirklich Caesars leiblicher Sohn war, dann war der postum adoptierte Octavian bald wieder nur Gaius Octavius, ein Angehöriger einer wohlhabenden, aber provinziellen italischen Familie, der zwar mit dem großen Iulius verwandt war, aber eben nur als sein Großneffe mütterlicherseits und nicht als sein Sohn. Gegen Antonius’ territoriale Arrangements im Osten hatte Octavian gar nichts einzuwenden; nach der Schlacht bei Actium durften fast alle Klientelkönige dort ihren Thron behalten. Man kann Octavian kaum vorwerfen, dass er den Eindruck hatte, am Krieg gegen Antonius führe kein Weg vorbei. Antonius’ neue Flotte, die
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Tatsache, dass er Caesarion anerkannte, seine Ambitionen, eine eigene Dynastie aufzubauen, und Kleopatras Reichtum, der all das absicherte, machten einen Krieg unvermeidlich. Dennoch war es Octavian, der zuerst zuschlug, und das tat er ausgerechnet, als Antonius gerade für Rom an der Ostgrenze des Imperiums gegen die Parther kämpfte. Insofern könnte man Octavian durchaus mangelnden Patriotismus vorwerfen. Aber immerhin hoffte er ja, den ultimativen Preis zu gewinnen: das gesamte Römische Reich.
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EIN PLAN UND EIN ANGRIFF Herbst 32 bis April 31 v. Chr.
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Westgriechenland und Süditalien/Sizilien 0
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Kapitel 6
Die Invasoren Westgriechenland, Herbst 32 v. Chr. Im Jahr 32 v. Chr. arbeiteten Antonius und Kleopatra zwei unterschiedliche Strategien aus, eine zu Lande und eine zur See. Die zu Lande sah einen Vorstoß über das Ionische Meer und eine Invasion in Italien vor, die zur See die Einrichtung eines Stützpunkts an der Westküste Griechenlands, um die Schifffahrtsrouten nach Ägypten zu sichern. Hätte die Ausgangslage für beide Strategien gepasst, so hätte Antonius, Feldherr durch und durch, bestimmt lieber die Landstrategie weiterverfolgt und Kleopatra die Seestrategie, weil sie damit ihre ägyptische Heimat schützte und sie ja selbst eine ganze Reihe Kriegsschiffe zur Verfügung hatte. Aber die Ausgangslage war eben nicht für beide Strategien gleich gut geeignet. Der Feldherr und die Königin hatten eine große Flotte mit altgedienten Admiralen wie Ahenobarbus, und die Ptolemäerin blickte auf eine stolze maritime Tradition zurück. Aber sie standen einer erfahrenen und schon mehrfach siegreichen Flotte unter Marcus Agrippa gegenüber. Nachdem er den größten Admiral seiner Zeit, Sextus Pompeius, besiegt und anschließend in Illyrien einen erfolgreichen Feldzug zu Lande und zu Wasser geführt hatte, galt Agrippa vielen schon jetzt als unbesiegbar. Im Falle eines Angriffs würde sich nur erfolgreich verteidigen können, wer über eine wachsame, kluge und entschlossene Streitmacht verfügte. Mit einer Invasion Italiens hingegen wären Antonius und Kleopatra in der Offensive, und Antonius würde beim Landkrieg seine Stärke ausspielen können. Doch dazu würden sie das Ionische Meer überqueren müssen, und genau hier würde sich wahrscheinlich der Feind einschalten. Süditalien hatte nur wenige Häfen, von denen die geeignetsten, Brundisium und Tarent, stark befestigt waren. Und was, wenn Agrippa und Octavian plan-
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ten, Antonius und Kleopatra dort festzusetzen, und zugleich den Großteil ihrer Flotte losschickten, um Ägypten anzugreifen? Einiges sprach für eine vorsichtige Strategie: Antonius und Kleopatra in Griechenland abwartetend, dabei offen mit einem Einmarsch in Italien drohend und so den dortigen Widerstand gegen Octavian, der sein Militär mit italischen Steuergeldern finanzieren musste, anstachelnd. Dem Feind würde nichts anderes übrigbleiben, als zu ihnen zu kommen. Mit einem Höchstmaß an Geschick und Wachsamkeit würden sie dessen Überfahrt behindern und jeden Landungsversuch vereiteln. Und selbst wenn es Agrippa und Octavian gelänge, sich bis an Land durchzukämpfen und einen Stützpunkt in Westgriechenland zu errichten, bräuchten sie immer noch Nahrung und Trinkwasser. Falls Antonius und Kleopatra ihnen den Zugang dazu verwehren konnten, käme es zu einer Schlacht an Land, und damit wären Octavian und Agrippa genau dort, wo Antonius sie von vornherein haben wollte. Gleichzeitig würde der Beitrag der Königin zur Kriegsflotte gewürdigt. Doch für eine solche Strategie benötigte man eine perfekt eingespielte Streitmacht – die Flotte von Antonius und Kleopatra aber war noch weitgehend unerprobt. Allerdings war das Ganze auch eine Frage der Führung. In Ephesos hatte Kleopatra gezeigt, dass sie durchaus in der Lage war, Antonius zu beeinflussen. Insofern konnte man sich schon fragen, wer von beiden denn nun das Sagen hatte. Wofür würden sie sich entscheiden? Für die Defensive oder für die Aggression? Würden sie sich in Westgriechenland verschanzen oder in Italien einmarschieren?
Die Westküste Griechenlands Heute steigen wir ins Flugzeug und fliegen auf gerader Strecke an unseren Zielort, doch in der Antike war man meistens auf Umwegen unterwegs. Unsere Karten lassen uns die Realität vormoderner Verkehrsmittel vergessen. Zugleich beschäftigen wir uns vor allem mit den berühmten Städten der Antike – Rom, Athen, Ephesos oder Alexandria – und glauben womöglich, die Westküste Griechenlands sei damals eine unwirtliche, kaum erschlossene Gegend gewesen. In Wirklichkeit aber war der
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Landstrich sehr beliebt, wovon erstklassige Immobilien zeugten. Die dortigen Inseln und Häfen lagen an einer wichtigen Schifffahrtsroute, die Italien und Griechenland mit dem östlichen Mittelmeerraum verband. Das Meer vor der Westküste Griechenlands war strategisch wichtig, sodass Kriegsschiffe sich dort bereits auskannten. Wer per Galeere Krieg führen wollte, musste auch die angrenzenden Küstengebiete kontrollieren. Und zwar aus mehreren Gründen: Kriegsschiffe waren zu leicht, um ausreichend Vorräte zu transportieren; ohne vertraute Orientierungspunkte war das Navigieren schwierig; und selbst auf dem relativ ruhigen Mittelmeer, das kaum Tidenhub kennt, gab es gelegentlich Stürme, die ganze Flotten zerstören konnten. Daher brauchten die Befehlshaber von Seestreitkräften unterwegs stets freien Zugang zu Ufern und Häfen sowie zu den Märkten, die man darüber erreichte. Die Stützpunkte auf dem Festland und den Inseln waren der Schlüssel zu einem Sieg auf See. Folglich waren Seestreitkräfte immer auch amphibische Streitkräfte. Immer wieder mal nahm ein Schiff für die Strecke zwischen Sizilien und der Westküste der Peloponnes aber auch den Weg über das offene Meer.1 Diese Route war kürzer und direkter als die an der Küste entlang, und man lief weniger Gefahr, auf Riffe oder versteckte Untiefen zu laufen. Für Handelsschiffe bestand zudem der Vorteil darin, dass sie so den Piratenschiffen auswichen, die sich selten auf das offene Meer wagten, weil sie zwar wendiger waren, aber auch weniger stabil. Dennoch zogen die meisten Seefahrer die Routen entlang der Küsten vor, vor allem an der heutigen Westküste Griechenlands und Albaniens. Die Ostküste Italiens war den damaligen Seefahrern zu gefährlich; selbst heute noch fehlt es dort an Häfen, vorgelagerten Inseln zum Schutz vor Stürmen, markanten Landmarken zur Orientierung und geeigneten Ankerplätzen. Das Schlimmste aber ist, dass die vorherrschende Windrichtung die Gefahr beträchtlich erhöht, vor der Küste auf Grund zu laufen und Schiffbruch zu erleiden. Da hielt man sich dann doch lieber an die Küsten im Osten der Adria und des Ionischen Meeres, die mit ihren zahlreichen Häfen, Inseln, Sehenswürdigkeiten, guten Ankerplätzen und günstigen Winden alles boten, was der italischen Küste fehlte.
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Es ist kein Zufall, dass an der Westküste Griechenlands zahlreiche antike Mythen mit Meeresbezug angesiedelt und diverse historische Ereignisse verortet sind. Dort liegt die Insel Ithaka, Heimat des berühmtesten Seefahrers der antiken Mythologie: Odysseus. Der Peloponnesische Krieg zwischen Athen und Sparta begann 433 v. Chr. mit einer Seeschlacht vor Korkyra (dem heutigen Korfu bzw. Kérkyra). In der frühen Neuzeit war die Westküste Griechenlands ein wichtiger Kriegsschauplatz im Kampf Venedigs gegen die Osmanen. Eine große strategische Bedeutung kam der Region auch während der Koalitionskriege zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu, als sie zunächst unter französische und dann unter britische Kontrolle geriet. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie Teil des Königreichs Griechenland. Und im Zweiten Weltkrieg wurde sie von Italien und Deutschland besetzt. Wer im Altertum diese Küste kontrollierte, hielt nicht nur das Schicksal Griechenlands, sondern auch das Italiens in Händen. Und im Herbst 32 v. Chr. war sie fest in Antonius’ Hand. Er hatte seine Streitkräfte gut aufgestellt. Sie besetzten die Ostküste des Ionischen Meeres, von der Insel Korkyra im Norden bis zur Südwestspitze der Peloponnes, eine Strecke von etwa 243 Seemeilen. Die wichtigsten Stationen entlang dieser Route waren Korkyra, Actium am Eingang des Ambrakischen Golfs, die Insel Leukas (heute Lefkada), Patrai (heute Patras) am Eingang des Golfs von Korinth, wahrscheinlich die Insel Zakynthos sowie Methone (heute Methoni). Als Gnaeus Pompeius während seines Kriegs gegen Caesar im Jahr 48 v. Chr. Griechenland kontrollierte, machte er den Hafen von Dyrrhachium (heute Durrës) zu seinem Hauptstützpunkt. Von hier aus war es nicht weit bis Italien, und hier begann die Via Egnatia, eine Römerstraße, die im Osten bis nach Byzanz (später Konstantinopel, heute Istanbul) führte. Dyrrhachium lag etwa 200 Seemeilen nördlich von Actium, eine dreieinhalbtägige Seereise entfernt. Aber warum haben Antonius und Kleopatra diese strategisch so wertvolle Hafenstadt nicht besetzt? Zum einen hatten sie vielleicht gar keine Wahl, falls nämlich Octavian auf dem Illyrienfeldzug seine Abmachung mit Antonius gebrochen und sich Dyrrhachium und die nahe gelegenen Häfen einverleibt hatte – und einiges spricht dafür, dass es tatsächlich so war. Und selbst wenn ihnen
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Dyrrhachium zur Verfügung gestanden hätte, hätten sie möglicherweise dennoch einen Stützpunkt weiter südlich vorgezogen, da so der Seeweg für Nachschub aus Ägypten kürzer war und Octavian es von Italien aus weiter hatte, um die beiden zu erreichen. Außerdem war es von einem südlicheren Standort aus einfacher, eine feindliche Flotte abzufangen, die Griechenland passierte, um in Ägypten einzumarschieren. Antonius und Kleopatra verbrachten den Winter 32/31 v. Chr. in Patrai, der wichtigsten Stadt auf der Peloponnes, seit die Römer rund hundert Jahre zuvor Korinth dem Erdboden gleichgemacht hatten. Der Hauptstützpunkt der Flotte befand sich in Actium, etwa 126 Seemeilen entfernt. Bei günstigem Wind brauchte man dafür anderthalb Tage auf See. Mit der Besetzung dieser zwei wichtigen Häfen und Flottenstützpunkte hatte Antonius vorgelegt, und Octavian musste nachziehen. Im Prinzip hatte sein Gegner die Ostküste Italiens besetzt, ohne dort zu landen. Mit einer Flotte, die die Westküste Griechenlands kontrollierte, konnte Antonius Italien den Zugang zum Osten komplett abschneiden. Dass Kleopatra und ein großes ägyptisches Kontingent zu Antonius’ Armada gehörten, machte die Lage für Octavian nur noch ernster. Etwa von Mitte des 3. bis Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. hatten die Ptolemäer einen Flottenstützpunkt auf der östlichen Peloponnes gehabt. Nun schien es, als drohe erneut eine ptolemäische Marinepräsenz in Griechenland, diesmal allerdings viel näher an Rom. Octavian hätte in Italien bleiben und abwarten können, wie sich die Lage entwickelte, aber die Römer hatten für Feldherren, die einfach nur herumsitzen und abwarten, wenig übrig. Außerdem war es ja Octavian gewesen, der dem Feind den Krieg erklärt hatte, und damit war er in der Pflicht. Er hätte Griechenland ignorieren und eine Flotte nach Ägypten schicken können – dann wären auch Antonius und Kleopatra nach Ägypten zurückgesegelt. Aber bis dahin war es weit, und obendrein hatte Octavian im Osten kaum Verbündete, die ihm bei dem Unterfangen hätten helfen können. All das kam Antonius und Kleopatra zupass, aber sie hatten auch mit ein paar großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ihre Truppen aus Ägypten und Syrien zu versorgen, war eine herkulische Anstrengung. Je länger sie
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sich in Westgriechenland – oder wo auch immer – aufhielten, desto mehr wuchs das Risiko, dass ihre Soldaten geschwächt wurden und desertierten. Und je länger Antonius und Kleopatra ausschließlich nach Westen schauten, desto eher würde es strategische Probleme im Osten geben, wo Octavians Agenten möglicherweise für Unruhe sorgten. Kurzum: Es gab gute Gründe für einen Einmarsch in Italien.
Ein Einmarsch in Italien? Italien war gar nicht so weit entfernt. Von Antonius’ nördlichstem Stützpunkt auf Korkyra bis nach Brundisium, dem nächstgelegenen italischen Hafen und Octavians wichtigstem Kriegshafen an der Adria, waren es nur 152 Seemeilen über das Ionische Meer, also zwei Tage auf See.2 Dennoch war eine Überfahrt dorthin alles andere als ein Kinderspiel. Der „Stiefel“ war voller Verteidigungsanlagen. Die beiden wichtigsten Häfen in Süditalien, Brundisium und Tarent, waren stark befestigt, wie Antonius aus eigener Anschauung wusste. Er war Ende 49 v. Chr. mit Caesar in Brundisium gewesen, als Pompeius ihren landseitigen Angriff so lange abwehrte, bis er sich mit seinen Legionen an Bord seiner Kriegsschiffe in Sicherheit bringen konnte. Da Caesar nicht über genügend Schiffe verfügte, konnte er seinem Gegner 48 v. Chr. lediglich mit einem Teil seiner Legionen folgen. Er ging davon aus, dass Antonius den Rest mitbringen würde, aber der wurde durch eine Seeblockade in Brundisium festgehalten.3 Caesar lobte Antonius später dafür, dass er Soldaten in Ruderbooten losschickte, um die Blockierer anzugreifen, und das Ufer mit seiner Kavallerie säumte, um dem Feind den Zugang zum Wasser zu verstellen. Zugleich kritisierte Caesar ihn dafür, er habe übertrieben vorsichtig agiert, bevor er die Blockade schließlich doch durchbrochen und mit weiteren Legionen die Adria überquert hatte. Später verschloss Brundisium vor Antonius zweimal seine Tore: 40 v. Chr. und 38 v. Chr.4 Beim ersten Mal belagerte Antonius die Stadt und besiegte die Truppen, die Octavian losgeschickt hatte, um ihn zu vertreiben. Er selbst entsandte Truppen entlang der italischen Adriaküste, um andere Stützpunkte einzunehmen, darunter die Hafenstadt Sipontum etwa 250 Kilometer nördlich von Brundisium. Octavian schickte Agrippa
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mit einem Kontingent erfahrener Soldaten los, um die Stadt zurückzuerobern, doch diese weigerten sich, gegen ihren alten Kameraden Antonius zu kämpfen. Am Ende kam es zu einer Einigung. Und 38 v. Chr. ließ Brundisium Antonius’ Flotte nicht einlaufen. Stattdessen steuerte dieser Tarent an, wo er landen durfte, wenn auch wohl nur, weil Octavian den Tarentinern entsprechende Instruktionen gab, da er in der Stadt ein Treffen mit Antonius abhalten wollte. Und dann war da noch die Politik. Nach Octavians erfolgreicher Verleumdungskampagne gegen Ägypten und Kleopatra wäre es gelinde gesagt undiplomatisch gewesen, mit einer Flotte, der ein großes ägyptisches Schiffskontingent angehörte, in Italien einzufallen – ganz zu schweigen von der ägyptischen Königin selbst. Das war sicher auch einer der Gründe gewesen, warum Ahenobarbus und andere in Ephesos dafür plädiert hatten, dass sie nach Ägypten zurückkehrte. Dennoch wollte Antonius angreifen. In der Defensive zu bleiben und darauf zu warten, dass der Feind sie als Erster angriff, war riskant. Die Schiffe seiner Flotte lagen entlang einer langen Küstenlinie vor Anker, wo es viele Buchten und Meeresarme gab, die dem Feind zahlreiche Angriffsmöglichkeiten boten. Zwar fehlten Antonius und seinen Streitkräften das Moment der Überraschung und die Unterstützung durch die einheimische Bevölkerung; die Bewohner Italiens würden eine riesige ausländische Armee und Marine kaum mit offenen Armen empfangen. Dennoch: Wenn sie noch lange warteten, würden sie dem Feind die Initiative überlassen, und das wäre definitiv schlecht für die Moral seiner Soldaten. Und was Kleopatra anging, so wäre ihre Anwesenheit in Italien gewiss nicht ideal, aber Invasionsarmeen hatten den Bewohnern eines betroffenen Landes schon weitaus Schlimmeres angetan. Doch wie genau glaubte Antonius, durch eine Invasion Italiens den Krieg gewinnen zu können? Da er nicht mehr dazu kam, seine Geschichte zu erzählen, und alle Quellen Octavians Version der Ereignisse darstellen, müssen wir uns hier mit ein paar, allerdings berechtigten Spekulationen begnügen. Antonius’ Plan, der ihn zum Sieg führen sollte, lagen wohl dreierlei Überlegungen zugrunde: finanzielle, politische und militärische. Was den
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finanziellen Aspekt anbelangt: Er zwang Octavian, in Italien hohe Steuern zu erheben, um seine Armee und Flotte zu finanzieren, und setzte ihn damit unter Druck. Für seine Militärausgaben kassierte Octavian von freien Bürgern in Italien ein Viertel ihres Einkommens und von Freigelassenen (ehemaligen Sklaven) ein Achtel ihres Vermögens. Mehrere Quellen berichten, wie unpopulär diese fiskalische Maßnahme war.5 Die Freigelassenen zettelten Unruhen an; mehrere Morde und Brände in öffentlichen Gebäuden in Rom wurden ihnen angelastet. Octavian sandte Soldaten aus, um die Aufstände zu unterdrücken, was schließlich dazu führte, dass die Menschen doch lieber den Mund hielten und ihre Steuern zahlten. Außerdem schickte Antonius sogar noch im Herbst 32 v. Chr. Geld nach Italien, um seine alten Freunde dort zu unterstützen oder sich neue zu kaufen.6 Es gibt Hinweise darauf, dass Antonius in den Jahren 33 und 32 v. Chr. sogar eigene Münzen in Italien prägen ließ, um zusätzliche Unterstützer anzuheuern. Damit kommen wir zur zweiten Säule von Antonius’ Strategie: der Politik. Antonius wollte Octavians politische Basis in Italien schwächen, und das ließ sich erstens mit Geld erreichen, zweitens mit Propaganda und drittens dadurch, dass man es so aussehen ließ, als habe man bereits gewonnen. Hier kamen Antonius’ Ressourcen ins Spiel: Die schiere Masse seiner Schiffe und Soldaten sollte den Eindruck vermitteln, dass Antonius gar nicht verlieren konnte – ganz zu schweigen von den Reichtümern Ägyptens, mit denen er das alles finanzierte. Dass er mit seinen Streitkräften ganz in der Nähe Italiens lagerte, nährte zudem die Vermutung, dass Antonius nach Italien übersetzen würde, sobald das Wetter besser und das Meer ruhiger wurde. Octavians Reaktion zeigt, wie sehr er Antonius’ Strategie fürchtete. Octavian setzte auf Alarmbereitschaft und erhöhte den Sold seiner Truppen.7 Als er dann schließlich im Frühjahr 32 v. Chr. Italien in Richtung Front verließ und von Brundisium aus in den Kampf gegen Antonius zog, griff er zu einer sehr ungewöhnlichen Maßnahme: Er ließ sämtliche Senatoren sowie diverse römische Ritter auf die Schiffe verfrachten.8 Einige davon unterstützten ihn, manche waren de facto Geiseln. So etwas hatte Rom noch nie erlebt. Normalerweise schickte der Senat seine Generäle in
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den Krieg, und die meisten Senatoren blieben in Rom, aber offenbar war Octavian die übliche Vorgehensweise zu riskant. Auch wenn sein treuer Unterstützer Gaius Maecenas mit einer Armee in Italien blieb, fürchtete Octavian, dass es hinter seinem Rücken zu einem Aufstand jener Senatoren kommen könnte, die nach wie vor mit Antonius sympathisierten. Vielleicht ging Antonius davon aus, dass er seinen Gegner durch sein Agieren genug geschwächt hatte, um ihn im nächsten Schritt mit einem militärischen Feldzug zu besiegen. Den Quellen zufolge hatte er bereits konkrete Pläne für eine Invasion in Italien. Laut einer Zusammenfassung der entsprechenden Teile im Geschichtswerk des Livius, die selbst leider verloren sind (Livius schrieb in der zweiten Hälfte der Regierungszeit von Augustus, also Anfang des 1. Jahrhunderts n. Chr.), „beabsichtigte Antonius, der Stadt Rom und Italien den Krieg zu erklären, und er versammelte dazu eine ebenso große Anzahl an See- wie Landstreitkräften“.9 Auch Velleius Paterculus, dessen Geschichtswerk während der Regierungszeit von Kaiser Tiberius (14–37 n. Chr.) entstand, behauptet, Antonius hätte beschlossen, „Krieg gegen sein Heimatland zu führen“.10 Bei Plutarch, der um 100 n. Chr. schrieb, heißt es, Antonius habe den Fehler gemacht, Octavian nicht zum Kampf zu zwingen, bevor jener dazu bereit war.11 Auch wenn Plutarch dies nicht explizit sagt: Die einzige Möglichkeit für Antonius, Octavian zum Kampf zu zwingen, wäre gewesen, in Italien einzufallen. Cassius Dio schließlich, der Anfang des 3. Jahrhunderts schrieb, behauptet, Antonius habe „unerwartet“ in Italien einmarschieren wollen.12 Das klingt recht seltsam – dass Antonius mit einer so großen Flotte nach Italien hätte übersetzen können, ohne dass jemand etwas davon mitbekam, ist kaum vorstellbar. Allerdings könnte er eine Finte geplant haben, zum Beispiel zunächst in Richtung Dyrrhachium zu segeln und den Feind dabei über sein eigentliches Ziel im Unklaren zu lassen. An dieser Stelle sollten wir festhalten, wie sehr die antiken Quellen hier übereinstimmen. Denn: Mehrere moderne Forscher sind der Ansicht, Antonius habe gar keine Invasion geplant. Auf jeden Fall diente es Octavians Propaganda, dies zu behaupten. Angeblich soll Kleopatra geschworen haben, sie werde eines Tages auf dem Kapitol, dem religiösen Zentrum Roms, Recht sprechen.13 Falls der Invasionsplan eine Erfindung
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Octavians war, dann war das ziemlich clever, denn diese Vorstellung jagte vielen seiner Landsleute Angst ein. Vielleicht wollte Antonius aber auch nur den Eindruck erwecken, er wolle in Italien einmarschieren, nur um Octavian auf Trab zu halten. Er hatte allen Grund, mit einer Invasion noch zu zögern, aber der Gedanke, Agrippa in einer Seeschlacht gegenüberzustehen, wird ihm genauso wenig gefallen haben. Falls Agrippa sich Antonius’ Flotte auf offener See frontal entgegenstellte und beide Mannschaften ähnlich fit und kampfbereit wären, dann hatten Antonius’ große Schiffe mit dem verstärkten Bug vielleicht eine Chance. Doch den Gefallen würde ihm der gerissene und erfahrene Agrippa kaum tun. Mit seinen routinierten Besatzungen und seiner Kompetenz als Marinekommandant würde er Antonius zweifellos dazu zwingen, zu Bedingungen zu kämpfen, die für ihn alles andere als günstig wären. Antonius war der Oberbefehlshaber seiner Streitkräfte, aber die Kriegführung zur See war seine Stärke nicht, und auch seine Soldaten waren darin kaum bewandert. Auf Kleopatras Schiffen fuhr wahrscheinlich ein großes Kontingent an ägyptischen Offizieren sowie Seeleuten mit, die regelmäßig zwischen dem Roten Meer und Indien unterwegs waren. Aber deren Schiffe waren Teil einer Handelsflotte. Diese Männer kannten sich auf dem Meer aus, aber ihre Kompetenz lag nicht in der Kriegsführung. Man kann gar nicht hoch genug einschätzen, wie wichtig bei Soldaten die Erfahrung war. Eine Schiffsbesatzung aus lauter Neulingen würde im Stress ihrer ersten Seeschlacht wahrscheinlich Fehler machen oder, schlimmer noch, in Panik geraten.
Wie funktioniert eine Invasion? Falls sich Antonius tatsächlich für eine Invasion entschied, wie sollte es ihm dann gelingen, in einen italischen Hafen einzulaufen? In einer idealen Welt hätte er durch seine politischen und militärischen Kampagnen genügend Unterstützer in Italien gewonnen, dass ihm Brundisium oder Tarent die Hafentore öffnete. Andernfalls würde ein militärischer Sieg schwierig. Aber er wäre durchaus nicht unmöglich. Aufschluss gibt die Beschaffenheit von Antonius’ Schiffen.14 Wenn wir Erkenntnisse aus Archäologie (akribische Vermessung der Größe der
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Rammsporne an Augustus’ Siegesdenkmal in Actium) und Geschichte (Analogien zu früheren ptolemäischen Flotten) kombinieren, gewinnen wir eine ungefähre Vorstellung davon, welche Strategie Antonius beim Bau seiner Schiffe verfolgte. Wie bereits erwähnt, war das typische Schiff einer römischen Flotte die Quinquereme („Fünfruderer“). Plausiblen Rekonstruktionen zufolge handelte es sich um zweistöckige Kriegsschiffe mit drei Mann pro Ruder auf der oberen und zwei Mann pro Ruder auf der unteren Ebene. Diese Schiffe fassten in der Regel 300 Ruderer und 120 Marinesoldaten. Es gab auch einige kleinere Schiffe, darunter Triremen („Dreiruderer“), Galeeren mit 180 Ruderern auf drei Ebenen und nur einem Mann pro Ruder. Noch kleiner und schneller waren die sogenannten Lemben mit insgesamt etwa 50 Ruderern auf einer oder zwei Ebenen, je nach Typ. Und schließlich gab es noch einige größere Schiffe, von Sexiremen bis hin zu Dekeren.15 Die Quinquereme war das Schlachtross unter den Kriegsschiffen – der wichtigste Schiffstyp bei den Seeschlachten im Mittelmeer der letzten Jahrhunderte vor Christus. Sie war vielseitig einsetzbar und damit für alle Phasen einer Seeschlacht geeignet. Am Bug hatte sie einen großen, schweren, verstärkten Rammsporn, der es ihr ermöglichte, den Feind frontal zu rammen, wenn die beiden Flotten zu Beginn eines Gefechts aufeinander zusteuerten. Außerdem eigneten sich Quinqueremen gut für Entermanöver, denen oft ein Sperrfeuer mit Katapulten vorausging. Das Katapult war eine schwere Waffe. Mithilfe gespannter Seile aus Haaren oder Tiersehnen feuerte man damit Geschosse ab – im Fall der römi schen Katapulte, die damals in Gebrauch waren, waren dies entweder Steine oder Bolzen. Die sechs- bis zehnruderigen Schiffe waren groß und langsam und damit in einer Seeschlacht ein allzu leichtes Ziel. Ihr Hauptzweck war der Angriff auf einen befestigten Hafen. Sie konnten Hafenbarrieren wie Ketten oder Bootsblockaden durchbrechen, kleinere Kriegsschiffe, die ihnen im Weg waren, zerquetschen und sogar das Fundament von Stadtmauern rammen. Unter ihren überdachten Decks konnten Marinesoldaten Schutz suchen, auf ihren Türmen ließen sich Katapulte aufstellen, mit denen man den Feind beschießen konnte. Mit solchen Schiffen plante Antonius seine
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Attacke. Wie die erhaltenen Quellen belegen, fuhren in Antonius’ Flotte mindestens vier bis fünf Dekeren, vier Enneren („Neunruderer“), fünf Okteren („Achtruderer“), sechs Septiremen („Siebenruderer“) und vielleicht acht Sexiremen mit, also insgesamt 27 oder 28 Großschiffe – doch sie machten kaum mehr als fünf Prozent von Antonius’ 500 Kriegsschiffen aus. Vielleicht hatte er noch ein paar mehr große Schiffe, aber sicherlich nicht allzu viele. Solche Großschiffe waren nicht nur teuer zu bauen und kostspielig im Unterhalt – weil sie in der Seeschlacht ein leichtes Ziel waren, musste man ihnen zum Schutz jeweils mehrere kleinere Schiffe an die Seite stellen. Schon deshalb bestand der größte Teil von Antonius’ Flotte wahrscheinlich aus Quinqueremen,16 selbst wenn Octavians Propaganda die Zahl dieser großen Schiffe, von denen er selbst viel weniger besaß, immens aufbauschte. Einem antiken Beobachter vermittelten sowohl die Größe von Antonius’ Flotte als auch die Bauart ihrer Schiffe eine klare Botschaft, und diese Botschaft lautete: Invasion. Das Ziel: Italien. Manch einer mag vermutet haben, dass Antonius nur bluffte, und sicher konnte man auch daran zweifeln, dass er bereit war, an den starken Mauern der italischen Häfen zu testen, wie stark seine Schiffe waren. Aber die Drohung war eindeutig. Ein antiker Beobachter hätte in Antonius’ Flotte aber auch eine ganz andere Botschaft lesen können. Und zwar, dass sie nicht wirklich römisch wirkte. Römische Admirale neigten nicht zu Seebelagerungen, sondern zogen es vor, sich feindlichen Schiffen im Kampf zu stellen.17 Antonius’ Flotte schien wie ein Rückfall in das glorreiche 3. Jahrhundert v. Chr., als die Flotten von Alexanders Nachfolgern, den Ptolemäern und ihren Rivalen, um die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer kämpften. Alle diese Flotten waren von Männern angeführt worden, die Griechisch sprachen und deren Territorien irgendwann alle an Rom fielen. Doch unter Antonius schienen diese Flotten ein plötzliches und unerwartetes Revival zu erleben. Ein antiker Beobachter wäre natürlich versucht gewesen, diesen strategischen Unterschied auf den Einfluss von Kleopatra zurückzuführen. In den traditionsreichen Werften von Alexandria, die nun aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht waren, gab es genug Handwerker und Ingenieure,
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um der Königin eine Kriegsflotte zu bauen, insbesondere eine mit großen Schiffen, wie man sie für eine Seebelagerung brauchte. Kleopatra verkörperte das alte Machtstreben der Ptolemäer, vor allem aber verfügte nur sie über die finanziellen Mittel, um eine solche Flotte zu finanzieren. Eine Flotte war ohnehin schon das kostspieligste Element antiker Kriegsführung, und keine Flotte war teurer als eine, die für Belagerungen konzipiert war. Ihre bloße Existenz sollte den Feind einschüchtern – auch dadurch, dass bekannt war, welche Finanzmittel dahinterstanden. Falls alles nach Plan verlief, würde Antonius über die Meerenge nach Italien übersetzen. Unabhängig davon, ob er sich für einen Angriff auf Brundisium oder auf Tarent entschied, wäre es klug gewesen, ein Geschwader zum jeweils anderen Hafen zu schicken, um den Feind in die Irre zu führen. Analog hätte er auch, wie bereits erwähnt, einen Teil seiner Flotte als Finte in Richtung Dyrrhachium entsenden können. Antonius hätte auch beschließen können, nur einen der Häfen zu belagern, während der Großteil seiner Armee auf Rom marschierte. Doch dann hätte er keinen Stützpunkt für Nachschub gehabt, und der Feind hätte zwei hervorragende Häfen nutzen können, um nach Belieben seine eigenen Schiffe einzusetzen. Außerdem hätte Antonius dann auf das Prestige verzichten müssen, das damit einherging, einen feindlichen Hafen einzunehmen. Antonius kannte jeden Quadratzentimeter von Brundisium und seinen Verteidigungsanlagen. Mit Tarent war er wahrscheinlich weniger vertraut, aber immerhin war er dort fünf Jahre zuvor mit einer Flotte samt Kommandanten zu Besuch gewesen und hatte die Chance gehabt, die Stadt und ihre Befestigungen zu inspizieren. Dieses Wissen würde ihm bei einem Angriff enorm helfen. Im Idealfall gab es Verräter in der Stadt, die Antonius Zugang verschafften. Falls nicht, würde er einen komplexen Angriff durchführen: zu Lande und zu Wasser zugleich. Er würde den Großteil seiner Legionäre an der Küste anlanden, in sicherer Entfernung von der Stadt, aber nahe genug, dass sie hinmarschieren konnten. Quinqueremen waren leicht genug, um sie auf einen Strand zu ziehen. Antonius würde sein Be-
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lagerungsgerät und seine Lasttiere ausladen. Sie würden von Land aus die Stadt belagern und gleichzeitig bereit sein, eine Schlacht zu schlagen, falls das erforderlich sein sollte. Währenddessen würde eine Marineeinheit den Hafen angreifen.18 Allein der Umstand, dass sich die Flotte näherte, würde schon Angst und Schrecken verbreiten. In einem Bericht über einen drohenden Seeangriff auf eine befestigte Stadt in einer früheren Epoche beschreibt ein Geschichtsschreiber, wie „entsetzt“ Soldaten, alte Männer und Frauen, die auf der Stadtmauer standen, „von der Größe der Flotte und dem Glanz der schimmernden Rüstungen waren […], und wie sehr sie sich davor fürchteten, was sie am Ende erwarten würde“.19 Die für den Angriff vorgesehene Einheit würde aus einer Kombination verschiedener Schiffe bestehen, von großen Sexiremen, Okteren und Dekeren bis hin zu kleineren Booten, die die Großschiffe schützen und feindliche Kriegsschiffe abwehren könnten. Die größten Schiffe würden Hindernisse aus dem Weg räumen, die die Hafeneinfahrt blockierten, und dann mit Katapulten die Stadtmauern beschießen. Die anderen Schiffe würden feindliche Schiffe rammen, Steine oder Bolzen auf sie abfeuern oder längsseits gehen und sie entern. Einige würden vielleicht Marinesoldaten an Land schicken, die dann versuchen würden, mit Leitern die Mauern zu erklimmen. Die Schlacht wäre entsetzlich. Gebrüll, schmetternde Trompeten, Schlachtrufe im Rhythmus von Ruderschlägen, dazu das Zischen der Katapulte, das Krachen kollidierender Schiffe und die Todesschreie der Sterbenden. Mit etwas Glück würde Antonius den Sieg innerhalb einiger Tage oder Wochen erringen, aber eine längere Belagerung, die sich über Monate hinzog, wäre ebenfalls nicht auszuschließen. Um sie zu vermeiden, musste Antonius hier und da die Stadtmauer überwinden, was seine einflussreichsten Unterstützer in Italien ermutigen würde, aus der Deckung zu gehen und zu ihm überzulaufen. Wenn er die Stadt einnahm, würde Antonius als Nächstes auf Rom marschieren. Zweifellos würden viele Einwohner Italiens spätestens jetzt beschließen, dass sie Kleopatra eigentlich doch gar nicht so schlimm fanden. Allerdings muss man bedenken, dass ein gleichzeitiger Angriff zu Lande und zu Wasser höchst riskant war. Hätte Antonius das Risiko auf
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sich genommen? Man würde diese Frage gerne bejahen, denn wie alle großen Männer und Frauen dachte Antonius nicht klein. Er war auch nicht bescheiden. Und obendrein musste er, was Belagerungen anging, sich selbst etwas beweisen. Er hatte 52 v. Chr. unter Caesar im gallischen Alesia gekämpft, wo für erfolgreiche Belagerungen ein neuer Standard gesetzt wurde, doch Antonius’ eigene Belagerungen waren gescheitert, zuerst in Mutina 43 v. Chr. und dann in Phraaspa 36 v. Chr. Und mit Brundisium hatte er ohnehin noch eine Rechnung offen, schließlich hatte ihm die Stadt gleich zweimal den Zugang zu ihrem Hafen verwehrt. Mit einer Invasion Italiens ließ sich also einiges wieder geraderücken. Warum fielen Antonius und Kleopatra dann schließlich doch nicht in Italien ein? Ein solcher Angriff hätte lange Vorbereitungen erfordert. Als Antonius seine Streitkräfte in Stellung brachte, war es bereits Herbst und damit wahrscheinlich zu spät im Jahr, um noch eine größere Seeoperation durchzuführen. Im kommenden Frühjahr, insbesondere ab Mai 31 v. Chr., wäre eine Überfahrt wieder sicherer gewesen. Antonius könnte die Invasion also verschoben haben. Eine Quelle behauptet, Antonius habe die Möglichkeit einer Invasion im Spätherbst sondiert, aber die Anwesenheit feindlicher Aufklärungsschiffe vor der Insel Korkyra habe ihn abgeschreckt, da er Octavian und seine gesamte Flotte in der Nähe vermutet habe.20 Diese Darstellung klingt allerdings verdächtig nach einem Versuch, Antonius im Nachhinein als Feigling hinzustellen. Rückblickend bezeichnete Plutarch Antonius’ Zaudern als Fehler.21 Da mag er recht haben. Bislang hatte sich Antonius als aggressiver Befehlshaber erwiesen, aber selbst der kühnste Kriegsherr wird mitunter vorsichtig, wenn alles auf dem Spiel steht. Außerdem wird man aus Schaden klug: Beim Einmarsch in Media Atropatene im Jahr 36 v. Chr. war Antonius voller Tatendrang vorausgeeilt, und sein Belagerungszug war zurückgefallen und vom Feind angegriffen und aufgerieben worden. Jetzt, vier Jahre später, mag er zu dem Schluss gekommen sein, dass es besser war, abzuwarten als vorzupreschen. Mit 51 Jahren war Antonius sicherlich nicht mehr so impulsiv wie früher, und ein vorsichtiger Feldherr findet immer einen Grund, in der Defensive zu bleiben. Schlechtes Wetter, zu wenige Verräter in Brundisium oder Tarent, Octavians erfolgreiche
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Propagandakampagne gegen ausländische Eindringlinge auf Italiens heiligem Boden, das Risiko, die bereits überlasteten Nachschublinien noch mehr zu beanspruchen, die Anwesenheit feindlicher Aufklärungsschiffe vor Korkyra, der mangelnde Enthusiasmus von Kleopatra und ihrem ägyptischen Kontingent – jeder dieser Gründe hätte einen Abbruch der Invasion in Italien gerechtfertigt. Vielleicht hielt Antonius es sogar für möglich, dass Octavian nachgeben und Verhandlungen anbieten würde, statt eine Invasion in Griechenland zu riskieren. Kleopatras Einfluss auf die Entscheidung lässt sich nicht genau abschätzen, aber er dürfte beträchtlich gewesen sein. Ihre vielen Schiffe, ihr Propagandawert im Osten, wo sie als Isis galt, ihr persönlicher Einfluss auf Antonius, wie groß oder klein dieser auch gewesen sein mag – all das spielte eine Rolle. Vor allem aber hatte die Königin, was das Finanzielle betraf, alle Fäden in der Hand. Wenn sie eine Invasion in Italien nicht riskieren wollte, dann fand sie auch nicht statt. Die Alternative zu einem Angriff auf Italien war, sich im Westen Griechenlands zu verschanzen und auf Agrippa zu warten, und genau das scheinen Antonius und sein Oberkommando im Winter 32/31 v. Chr. beschlossen zu haben. Aber wie sie bald feststellen sollten, ließ Agrippa sich nicht in die Falle locken.
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Kapitel 7
Die Schiffskrone Italien, März 31 v. Chr. Er trug die Schiffskrone. Bereits bevor er übersetzte, um Antonius anzugreifen, war Marcus Agrippa der am höchsten dekorierte Marineoffizier Roms. Nach seinem Sieg über Sextus Pompeius hatte er mitgeholfen, die Piraten zu bekämpfen, die an der östlichen Adriaküste ihr Unwesen trieben, indem er ihre Unterschlupfe angriff und ihnen ihre schnellen Schiffe nahm. Er hatte die römische Flotte von Grund auf neu aufgebaut, Marinesoldaten ausgebildet und Taktiken entwickelt, die selbst eine wenig routinierte Flotte in die Lage versetzten, es mit jedem noch so erfahrenen Gegner aufzunehmen. Kurzum: Er war bereits vor Actium ein bedeutender Admiral.22 Die corona navalis (Schiffskrone) hatte Octavian ihm verliehen, als er nach dem Sieg über Sextus Pompeius im Jahr 36 v. Chr. nach Rom zurückgekehrt war. Es handelte sich um eine höchst ungewöhnliche militärische Auszeichnung. Aus dem goldenen Kranz ragte ein Ornament hervor, das dem Bug eines Kriegsschiffes nachempfunden war. Der Senat verlieh Agrippa das Recht, diese Krone bei Triumphzügen zu tragen. Es gibt Münzen und Statuen, die ihn damit zeigen. Nur einem einzigen Römer war bislang die Ehre zuteilgeworden, die Schiffskrone zu tragen, doch die war nicht aus Gold. Der Dichter Vergil beschreibt, wie Agrippa „die Schifferkrone geschnäbelt um die Schläfen erglänzt“.23 Auf Münzen ist sie im Profil zu sehen: Die drei Spitzen des Rammsporns und der geschwungene Vordersteven einer Galeere vorne an der Krone stehen deutlich von Agrippas Stirn ab.24 Ein solch schweres Schmuckstück auf dem Kopf kann kaum bequem gewesen sein, aber mit seinem vollen, lockigen Haar, dem klas-
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sischen Profil und dem kräftigen, muskulösen Hals wirkt Agrippa nicht wie jemand, dem es große Probleme bereitet hätte. Doch für den bevorstehenden Konflikt war mehr als Muskelschmalz nötig: vor allem Tapferkeit, Kompetenz und eine gewisse Portion Gerissenheit.
Der Coup Aufgrund von Octavians späterer Propaganda können wir heute kaum noch ermessen, was für ein Paukenschlag die Eroberung von Methone (vgl. Farbtafel 11) war. Dass es Agrippa im März 31 v. Chr. gelang, die wichtigste Nachschubbasis des Feindes einzunehmen, war ein militärischer Coup allerersten Ranges, so kühn und riskant wie Japans Überraschungsangriff auf Pearl Harbor, doch Octavian zog es später vor, Antonius’ Niederlage als unausweichlich darzustellen, weil er der entmannte Liebessklave von Kleopatra gewesen sei und ihm daher gar nicht habe gefährlich werden können. In Wirklichkeit stellte Antonius eine tödliche Gefahr dar, und das wusste Octavian auch ganz genau. Daher sah er sich in Zugzwang und billigte Agrippas riskanten Plan, zuerst zuzuschlagen. Er funktionierte. Methone war der Dreh- und Angelpunkt von Antonius’ und Kleopatras Logistik, das wichtigste Glied in der Kette von Nachschubbasen, die von Ägypten nach Westgriechenland reichte. Denn ihre Truppen konnten sich dort nicht von dem ernähren, was sie an Land vorfanden – sie waren auf Nahrungsmittellieferungen per Schiff angewiesen. Methone lag auf einer felsigen Halbinsel ganz im Südwesten der Peloponnes und hatte einen ausgezeichneten Hafen. Drei vorgelagerte Inseln bildeten einen natürlichen Wellenbrecher. Und Methone lag eben an diesen Schifffahrtsrouten, die von Ägypten und Syrien über Kreta und um die Peloponnes nach Patrai und Actium führten. Diese Logistik- und Versorgungskette war, von Antonius’ nördlichster Position auf Korkyra im Nordwesten Griechenlands über die Häfen Syriens bis zu denen Ägyptens, fast 1000 Seemeilen (beinahe 1800 Kilometer) lang, und sie ging hauptsächlich über den Seeweg.25 In militärischer Hinsicht war Methone gleich doppelt wichtig. Erstens durch seinen sicheren Hafen – in der Antike mussten Schiffe häufig
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Zwischenstopps an der Küste einlegen. Und zweitens konnte man von hier aus dank der guten strategischen Lage Versorgungsschiffe schützen, die um die Peloponnes herumfuhren. Methone zu halten war also für Antonius immens wichtig, um die Versorgung seiner Soldaten zu gewährleisten. Jahrhunderte später, als die Venezianer die Region kontrollierten, betrachteten sie Methone und die nahe gelegene Küstenfestung Korone als die „Augen der Republik“.26 Als Octavian und Agrippa ihren Plan ausarbeiteten, um Antonius am Angriff zu hindern, wussten sie: So stark die Stellung des Feindes bei Actium auch war, sie ruhte auf einem wackligen Fundament. Denn um seine Logistik- und Versorgungskette zu sichern, musste Antonius zahlreiche Stützpunkte und Nachschubbasen verteidigen, und das ging aufgrund der großen Zahl nur mit einer begrenzten Anzahl von Soldaten und Schiffen pro Basis. Ein gewiefter Gegner würde diese Schwäche ausnutzen – und wenn Agrippa eines war, dann gewieft. Wenn es ihm gelang, die Versorgungskette zu unterbrechen, konnte er den Feind aushungern. Antonius und Kleopatra besaßen mehr und größere Schiffe als ihr Gegner, und sie hatten viel mehr Geld. Doch Octavian und Agrippa waren inzwischen Experten in der Seekriegsführung und wussten genau, welche Strategie sie anwenden mussten. Den indirekten Ansatz wählten sie, um ihre Chancen zu erhöhen, wenn es später zur direkten Konfrontation käme. Indem er das Feld von hinten aufrollte, befolgte Agrippa, ohne es zu ahnen, den Rat des großen chinesischen Militärstrategen Sunzi: Immer die Strategie des Feindes angreifen, statt den Feind selbst! Agrippa hatte ein ausgezeichnetes Gespür für das strategische Umfeld. Jahrhunderte später sollte Publius Flavius Vegetius Renatus in einem militärischen Fachbuch, das eine große Wirkung erreichte, empfehlen: „Eine gute Strategie ist es, den Feind eher mit Hunger zu bedrängen als mit dem Schwert.“27 Seit den Tagen der Punischen Kriege gegen Karthago im 3. Jahrhundert v. Chr. hatten römische Befehlshaber eine solche Strategie immer wieder angewendet,28 darunter auch Agrippa und Octavian selbst, als sie ein paar Jahre zuvor gegen Sextus Pompeius gekämpft hatten. Laut dem griechischen Geschichtsschreiber Appian schufen sie die Voraussetzungen für ihren endgültigen Sieg, als sie auf Sizilien die
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Versorgung von Sextus Pompeius’ Truppen mit Nahrungsmitteln unterbanden, „indem sie zuerst die Städte einnahmen, die diese lieferten“.29 Diese Strategie erwies sich als so wirksam, dass Sextus Pompeius nur die Wahl hatte, zu kämpfen oder aber zu verhungern, und so setzte er alles auf eine Karte, und es kam zur entscheidenden Schlacht bei Naulochoi, wo Agrippa Sextus Pompeius’ Flotte vernichtete. Jetzt planten Octavian und Agrippa also etwas Ähnliches im Kampf gegen Antonius und Kleopatra, allerdings in viel größerem Maßstab. Doch wenn sie so deutlich erkannten, wo der Feind seinen wunden Punkt hatte – wie kann es sein, dass ihrem Feind diese Schwachstelle nicht bewusst war? Die Geschichte ist voll von Generälen, die aus mangelnder Umsicht zu Fall kamen – von der persischen Flotte, die in der Meerenge von Salamis den Griechen in die Falle tappte, über die Legionen, die im Teutoburger Wald direkt in Arminius’ Hinterhalt marschierten, bis hin zu den amerikanischen Kriegsschiffen und Flugzeugen, die für die japanischen Jagdbomber in Pearl Harbor leichte Beute waren. Es hatte seine Gründe, warum Antonius und Kleopatra nicht richtig einzuschätzen vermochten, was der Erfolg ihrer Rivalen über Sextus Pompeius und die Illyrer für sie selbst bedeutete. So trafen da zwei Admiräle aufeinander: Sie selbst hatten eine riesige und gut ausgerüstete Flotte sowie den besten Admiral von der Seite der Caesarmörder, Ahenobarbus, der sich obendrein im Ionischen Meer besonders gut auskannte. Auf der anderen Seite aber stand Agrippa. Wenn Shakespeare Kleopatra als „die immerneue Reizung“30 bezeichnet, so hätte dies auch, wenngleich in etwas anderer Bedeutung, auf Agrippa gepasst: Er war ein echter Tausendsassa. Er hatte sich vom Feldherrn zum erfolgreichen Admiral hochgearbeitet, nur um sich hinterher in Rom als niederer Beamter (Ädil) um die Wasserversorgung zu kümmern, was ihm aber offenbar gar nichts ausmachte. Später war er dann als Stadtplaner, Architekt und Diplomat tätig. Er war sowohl die rechte Hand als auch der Schwiegersohn des ersten Kaisers von Rom. Und er war vielseitig, brillant und ein echter Pragmatiker. Im aktuellen Konflikt war ihm klar, dass er Antonius und Kleopatra nicht im direkten Kampf besiegen konnte, also entschied er sich für
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die indirekte Variante. Der Angriff auf Methone war eine ebenso kühne wie kreative Lösung für ein scheinbar unlösbares Problem. Gewiss musste Octavian Agrippas tollkühnen Plan erst genehmigen. Octavian respektierte den Scharfsinn seines Admirals, aber er war immer noch der Chef. Eine klare und unstrittige Befehlskette ist das beste Rezept für eine erfolgreiche Partnerschaft. Von Brundisium bis Methone an der südwestlichen Ecke der Peloponnes waren es etwa 385 Seemeilen, wenn man nicht die direkte Strecke rechnet, sondern die mit größtmöglicher Nähe zum Küstenverlauf.31 So weit südlich, wie Methone lag, wird Antonius davon ausgegangen sein, dass die Stadt sicher war. Er wird eher mit einem Angriff im Norden gerechnet haben, zum Beispiel bei Korkyra, das viel näher an der direkten Überfahrt von Italien nach Griechenland lag. Aber in diesem Fall hatte er den Feind unterschätzt.
Vorbereitung und Hinweg Um Methone einzunehmen, musste Agrippa seine Truppen so transpor tieren, dass der Feind nichts davon mitbekam, unterwegs alle notwendi gen Informationen sammeln – und die befestigte Stadt dann überrennen. So gerne man Agrippas Angriff auf Methone detailliert rekonstruieren würde, die Quellenlage ist leider allzu dürftig. Doch ein paar Anhaltspunkte bietet sie, und einiges können wir aus unserer Kenntnis ähnlicher, besser dokumentierter Operationen ergänzen. Agrippa wusste, wie Antonius tickte; er und vor allem Octavian hatten ja früher mit ihm zusammengearbeitet. Hinzu kam, dass hochrangige Überläufer wie Plancus und Titius Insiderinformationen über Antonius’ Pläne und die Aufstellung seiner Streitkräfte mitbrachten. Noch wertvoller waren vielleicht die Einblicke, die Octavia ihrem Bruder geben konnte. Mit solchen Informationen ausgestattet, war Agrippa als kluger und kühner Kommandant in der Lage, innerhalb von Antonius’ Bezugsrahmen zu operieren, ihn gezielt in die Irre zu führen und somit schlussendlich zu besiegen. Wahrscheinlich begann Agrippa mit einem Täuschungsmanöver. Wir wissen nicht, welche Route Agrippa nach Methone genommen hat, aber es war sicher eine, die der Feind nicht beobachten ließ. Man kann
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sich gut vorstellen, dass er sich in Brundisium einschiffte. Wahrscheinlich erhöhte er dort die operative Sicherheit, indem er den Zugang zum Marinehafen stark einschränkte. Von Brundisium aus könnte Agrippa ein kurzes Stück die Küste entlanggefahren sein, bis zur Südostspitze Italiens, dem Promontorium Sallentinum (heute Kap Santa Maria di Leuca). Von dort aus waren es in südöstlicher Richtung noch etwa 320 Seemeilen bis nach Methone. Die Ionischen Inseln mit ihren feindlichen Truppen werden Agrippas Schiffe weiträumig umfahren haben. Noch geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass seine Flotte entdeckt würde, wenn Agrippa von Sizilien aus über das offene Meer zur Peloponnes übersetzte.32 Wenn man genügend Vorräte für mehrere Tage auf See dabeihatte, war eine solche Reise durchaus möglich. Da die südöstliche Spitze Siziliens und Methone ungefähr auf demselben Breitengrad liegen, war es für die Seeleute ein Leichtes, sich an den Sternen zu orientieren. Diese Route wäre ungefähr so lang gewesen wie die Überfahrt von Süditalien nach Methone.33 Aber dazu hätte man mit der Flotte zunächst einmal nach Sizilien rudern müssen, was einen ziemlichen Umweg bedeutet hätte, und eine Fahrt auf offener See war insbesondere für Kriegsschiffe, die weniger robust waren als Handelsschiffe, nicht ungefährlich, falls das Wetter umschlug. Diese Route ist also eher unwahrscheinlich. Doch wenn sie außer Sichtweite der Ionischen Inseln blieben, wie konnten Agrippas Seeleute dann ohne Kompass oder Sextant (geschweige denn GPS) dafür sorgen, dass sie nicht vom Kurs abkamen? Dazu hielten antike Seefahrer nach bestimmten Orientierungspunkten wie Bergen Ausschau – die hohen Berge Griechenlands sieht man noch weit draußen auf dem Meer. Außerdem achteten sie auf die Windrichtung und auf ablandige Winde, die anzeigten, dass Land in der Nähe war. Sie beobachteten die Richtung der Strömung, die Wolkenbildung (Wolken bilden sich oft über Land) und die Flugrouten von Vögeln (von Seevögeln, die an Land nisten, oder von Zugvögeln, die regelmäßigen Routen folgen). Sie studierten die Anweisungen früherer Seefahrer in diversen Navigationshandbüchern (periploi), verwendeten Bleilote, um in Küstennähe die Wassertiefe zu ermitteln, und orientierten sich vor allem an der Sonne und den Sternen.34 Bei alldem war Erfahrung unerlässlich. Unabhängig davon,
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welche Route er wählte, hatte Agrippa mit Sicherheit professionelle Seeleute rekrutiert, die diese Route bereits gesegelt waren, die alle Details kannten und die auch in schwierigen Situationen ruhig Blut bewahrten. Wie viele Soldaten waren nötig, um Methone einzunehmen? Im Jahr 200 v. Chr. eroberte eine römische Flotte die makedonische Festung Chalkis auf der Insel Euböa unweit von Athen.35 Die Römer hatten damals zwanzig Triremen sowie vier Quadriremen ihrer Verbündeten und drei ungedeckte attische Schiffe, alles in allem wahrscheinlich etwa 2000 Marinesoldaten. Das reichte, um die schlecht bewachten Mauern zu stürmen und den feindlichen Befehlshaber zu töten, aber nicht, um die Stadt zu besetzen oder gar Athen zu beschützen, sodass sich die Römer nach ihrem schnellen und gewaltsamen Sieg bald wieder zurückzogen. Da Agrippa Methone nach der Eroberung halten wollte, brachte er wahrscheinlich eine größere Streitmacht mit. Die Forschung vermutet seit Langem, dass Agrippa nur schnelle, leichte und besonders wendige Schiffe benutzte.36 Eine Fahrt über das offene Meer mit leichteren Schiffen als Triremen wäre jedoch zu riskant gewesen, zumal Agrippa wahrscheinlich recht früh in der Saison angriff, vielleicht schon im März, und da konnte die See noch recht rau sein.37 Und vielleicht mussten die Schiffe auch gar nicht so klein sein.38 Im Winter 171 v. Chr. segelte eine römische Kriegsflotte aus vierzig Quinqueremen von Neapel zur Insel Kephalonia vor der Westküste der Peloponnes.39 Gut möglich, dass Agrippa jetzt, 140 Jahre später, ebenfalls mit vierzig solcher Quinqueremen unterwegs war, wenn nicht sogar mit weniger. Eine römische Quinquereme hatte normalerweise etwa 120 Mari nesoldaten an Bord. Mit vierzig Stück konnte Agrippa etwa 4800 Marinesoldaten mitnehmen, eine ganz solide Truppe. Sie hätten ihre eigene Verpflegung und ihr eigenes Trinkwasser dabeihaben können, um nicht noch Handelsschiffe mitführen zu müssen, die den Verband nur behindert hätten. Dafür waren vielleicht noch ein paar leichte, schnellere Schiffe dabei, die als Aufklärungsschiffe die feindliche Küste auskundschaften sollten. Möglicherweise ließ er diese Schiffe mitsamt Segeln und Takelage sogar blau anmalen und die Uniformen der Besatzungen blau färben, um nicht entdeckt zu werden.40 Im Jahr 171 v. Chr. hatte die römische Kriegsflotte
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mit den vierzig Quinqueremen im Winter fünf Tage von Neapel nach Kephalonia gebraucht.41 Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von vier Knoten bei günstigem Wind – was schnell, aber durchaus nicht beispiellos gewesen wäre – hätte Agrippas Flotte Methone in knapp dreieinhalb Tagen erreichen können.42 Im März herrschen im Sizilischen Meer nordwestliche Winde vor, Agrippas Flotte mit Kurs Südosten hatte also Rückenwind gehabt. Agrippas Strategie war, wie wir gesehen haben, nicht ganz neu, schließlich hatten die Römer schon früher die Nachschublinien ihrer Feinde angegriffen. Aber sie war dennoch kühn und ehrgeizig. Sie zeigt, dass sowohl Agrippa als auch Octavian in der Lage waren, kreativ zu denken. Und akri bisch zu planen, denn eine koordinierte Operation zu Lande und zu Wasser erforderte minutiöse Vorbereitungen. Glücklicherweise war Agrippa ein Meister der Planung. Er wird eine kleine, aber schlagkräftige Truppe zusammengestellt haben aus erfahrenen, abenteuerlustigen Legionären, die mit großer Hingabe für Octavian einstanden und einen guten Kampf zu schätzen wussten. Eine erfolgreiche Militäroperation erfordert aber nicht nur Planung, sondern auch Spontanität und Anpassungsfähigkeit. Denn wie man weiß, überstehen nur wenige Pläne unbeschadet den Kontakt mit der Realität. Dank langjähriger Erfahrung, einer soliden Ausbildung und guter Menschenführung hatte Agrippas Team fast alles, was es brauchte, um sich im Handumdrehen auf neue Gegebenheiten einzustellen. Nur eine weitere Zutat war noch erforderlich: Informationen. Agrippa musste im Voraus so viel wie möglich über Methone und die Situation dort wissen. Dafür gab es mehrere vielversprechende Quellen: Überläufer aus Antonius’ Lager und Römer, die mit der griechischen Provinz Achaia vertraut waren, von ehemaligen Statthaltern bis hin zu Sklaven.43 Auch von Agrippas Marinesoldaten waren einige vielleicht schon einmal in der Stadt gewesen, immerhin lag sie an einer wichtigen Schifffahrtsroute im Herzen des Imperiums. Außerdem hatte ein Mann vom Status Octavians an der Westküste Griechenlands sicherlich sogenannte „Klienten“: freie Bürger, die durch ein Konstrukt gegenseitiger Verpflichtungen an ihn als „Patron“ gebunden waren. Und auch Octavia, die
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sich in Griechenland gut auskannte, wird einige nützliche Informationsquellen an der Hand gehabt haben. Dann gab es gewiss noch Leute, die Antonius oder Kleopatra nicht mochten oder die sich einfach nur nach allen Seiten absichern wollten und sich daher bereitwillig von Agrippa ausfragen ließen. Und es gab Spione. Einem Bericht zufolge nahm Octavian einen von Antonius’ Spionen gefangen, und vermutlich schickte Octavian seinerseits Spione zu Antonius.44 Die vielleicht wichtigste Informationsquelle aber waren die Lotsen, die Agrippas Schiffe durch die Küstengewässer um Methone leiten sollten. Mit etwas Glück hätte Agrippa von einem oder mehreren dieser Informanten etwas über den Standort von Ahenobarbus und Antonius’ anderen erfahrenen Admirälen erfahren, was ihm geholfen hätte, ihnen auszuweichen, falls sie sich in der Nähe seiner Route befanden. Dennoch wird er gewusst haben, dass er, auch wenn seine Navigationsoffiziere noch so vorsichtig waren, seine Flotte nicht komplett vor Antonius würde verbergen können. Ein umsichtiger Kommandant traf immer auch Maßnahmen, um den Feind über sein geplantes Ziel zu täuschen, zum Beispiel indem er bei ihm Spione einschleuste, die gezielt Desinformationen verbreiteten. Doch mit der Situation, die sie in Methone erwartete, hatten sie nicht gerechnet.
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Kapitel 8
Der afrikanische König Methone, März 31 v. Chr. Die Eroberung von Methone gilt als eines der Glanzstücke von Marcus Agrippa in dessen Karriere als Admiral. Dem Mann, der Methone verlor, wird in den Quellen weit weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Er war ein erfahrener General, der auf einen großen Erfolg zurückblicken konnte, aber auch einige Misserfolge zu verzeichnen hatte. Angesichts der Folgen, die der Verlust von Methone hatte, verdient er eine genauere Betrachtung. Es handelt sich um den afrikanischen König Bogud II. In Boguds Heimat Mauretanien (heute Marokko und Westalgerien) gab es bunten Marmor, den die Römer sehr schätzten. Im Jahr 49 v. Chr. wurden er und sein Bruder oder Cousin Bocchus II. sowohl von Iulius Caesar als auch vom römischen Senat als Könige anerkannt. Bogud herrschte über den Westen Mauretaniens, Bocchus über den Osten.45 Falls der Bericht stimmt, hatte Caesar quasi als Gegenleistung eine Affäre mit Eunoë, Boguds Ehefrau (vielleicht war sie auch nur eine seiner Ehefrauen, denn die mauretanischen Könige waren berüchtigte Polygamisten).46 Da Caesar dafür bekannt war, dass er immer wieder mit den Gattinnen von Politikern ins Bett ging und dabei auch vor ausländischen Königinnen nicht Halt machte, klingt diese Geschichte durchaus plausibel. Im Gegenzug soll Caesar Bogud und Eunoë mit prachtvollen Geschenken bedacht haben. Doch vor allem erbat sich Caesar von Bogud militärische und politische Unterstützung, und er bekam sie auch. Seine größte Schlacht für Caesar schlug Bogud bei Munda im fernen Hispanien: Am 17. März 45 v. Chr. zwangen dort die beiden Söhne von Pompeius Caesar zu einem langen, harten Kampf, der einen ganzen Tag dauerte. Die Wende kam, als die Ka-
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vallerie das Lager der Pompejus-Söhne angriff, was bei den Feinden eine Kettenreaktion der Angst auslöste, sodass sie kapitulierten und flohen. Und der Kommandant dieses entscheidenden Kavallerieangriffs war: Bogud.47 Die Mauretanier waren für ihre Reiter berühmt: schnell, wendig, tödlich.48 Bogud befehligte bei Munda eine solche Kavallerie-Einheit. Dennoch war der Sieg ein hartes Stück Arbeit. Hinterher soll der römische dictator gesagt haben, um den Sieg habe er schon oft gekämpft, aber dieses Mal habe er um sein Leben gekämpft.49 Nach den Iden des März unterstützte Bogud Antonius, sein Verwandter Bocchus schlug sich auf die Seite von Octavian. Um Antonius zu helfen, setzte Bogud nach Hispanien über, wobei wir nicht wissen, ob er dies auf Antonius’ Anweisung hin tat oder aus Eigeninitiative. Dort war er dann in einige heftige Gefechte verwickelt, musste schließlich aber nach Afrika zurückkehren, als es in seiner Heimat zu Unruhen kam. Die Aufständischen wurden von Octavian und Bocchus unterstützt. Bogud musste abtreten, und Octavian rief Bocchus als neuen Herrscher von Boguds Königreich aus. 38 v. Chr. verließ Bogud seine Heimat und ging zu Antonius im Osten ins Exil. Im Jahr 31 v. Chr. war er als Kommandant für Methone zuständig.
Methone uneinnehmbar? Solange die Stadtmauer gut in Schuss war und mit genügend Soldaten besetzt, ließ sich Methone gut verteidigen:50 Im Jahr 431 v. Chr. beispielsweise war eine aus über 150 Schiffen bestehende Flotte des Attischen Seebunds nicht in der Lage, die Stadt einzunehmen, und das, obwohl es weder besonders massive Mauern gab noch eine eigene Garnison – ein kleiner, aber durchsetzungsfähiger Hilfstrupp aus Sparta reichte, die Angreifer abzuwehren. Einige Jahrhunderte später, als die Stadt bereits ordentliche Mauern hatte, näherte sich eine Horde illyrischer Plünderer: Sie versuchten nicht einmal, die Stadt anzugreifen, sondern gaben sich als Händler aus, um die Einwohner aus der Stadt zu locken. Diese verschleppten sie dann und verkauften sie wahrscheinlich als Sklaven. Und im Jahr 1500 wurde Methone von einer osmanischen Flotte unter der Führung des Sultans höchstpersönlich belagert: Es dauerte ganze 28 Tage lang, bis die Stadt fiel.51
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Doch wenn Methone so schwierig einzunehmen war, wie kam es dann, dass Antonius die Stadt an Agrippa verlor? Eine Quelle behauptet sogar, dass Antonius eine sehr starke Garnison in Methone stationiert hatte.52 Falls das stimmt, war sie Agrippas Truppen trotzdem unterlegen. Diese Quelle, die Geschichte gegen die Heiden des römischen Geschichtsschreibers Orosius, entstand jedoch viel später, um 400 n. Chr. herum. Orosius stützte sich wahrscheinlich auf eine frühere pro-octavianische Quelle, entweder auf die Memoiren des Kaisers selbst oder auf einen späteren Text, der darauf basierte. Darin wurde der Widerstand, auf den Agrippa stieß, wahrscheinlich übertrieben dargestellt, um seinen Sieg aufzubauschen. Vielleicht war die Garnison auch bloß „stark“, was die reine Zahl der Soldaten anging. Jedenfalls waren die Truppen von Methone den Angreifern in ihrem Können offensichtlich unterlegen. Antonius hätte das dortige Kommando besser einem Römer übertragen und ihm römische Legionäre zur Verfügung stellen sollen. Stattdessen hatte er einen ausländischen Verbündeten zum Kommandanten gemacht, und dazu noch einen Ex-König, der kein Land mehr besaß, von wo er selbst Soldaten hätte rekrutieren können. Bogud war ein erfahrener Soldat, aber seine „Hauptqualifikation“ war vermutlich seine Loyalität zu Antonius; immerhin hatte er keine Heimat mehr und auch sonst niemanden, an den er sich wenden konnte. Im amerikanischen Sezessionskrieg setzten die Unions-Generäle Ulysses S. Grant und William T. Sherman unerfahrene Truppen ganz hinten im Heereszug ein, um sie an das Soldatentum zu gewöhnen. (Leider waren sie dort ein leichtes Opfer für erfahrene Angreifer der konföderierten Armee.) Im 20. Jahrhundert kam im deutschen Militär das Schlagwort vom „Schützen Arsch im letzten Glied“ auf, und im Vietnamkrieg erfand man für Soldaten im letzten Glied das Akronym REMF (rear-echelon motherfuckers). Heute nennen Soldaten beim US -Militär Neulinge abfällig fobbits, nach der sicheren Militärbasis, der FOB (forward operating base), die sie am liebsten nicht verlassen möchten. In der Antike dürfte die Praxis, was den Einsatz unerfahrener Soldaten anbelangt, kaum anders gewesen sein. Damals wie heute wollen die ehrgeizigsten Soldaten dort kämpfen, wo es Ruhm und Ehre zu ernten
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gibt, und das ist an vorderster Front. Entsprechend ist es unwahrscheinlich, dass Bogud viele Legionäre hatte, wenn überhaupt welche bei ihm in Dienst standen – für Ruhm und Ehre war Methone einfach zu abgelegen. Stattdessen waren die meisten der dort stationierten Soldaten wahrscheinlich leicht bewaffnete Truppen ohne allzu viel praktische Erfahrung. Agrippa hingegen hatte Legionäre, und die waren gut gepanzert und kämpften mit schwereren Waffen. Legionäre waren besser ausgebildet und disziplinierter als leicht bewaffnete Truppen und waren ihnen sowohl an Land als auch bei Enterkommandos auf See überlegen. Aber die Schwachstellen könnten auch anderer Art gewesen sein. Einige von Boguds leicht bewaffneten Soldaten könnten zugleich als Ruderer eingesetzt worden sein, aber über allzu viele Schiffe dürfte Bogud nicht verfügt haben – dafür musste Antonius einfach zu viele Orte gleichzeitig verteidigen. Wir wissen nicht, in welchem Zustand sich die Stadtmauern von Methone zu dieser Zeit befanden. Wir wissen nicht, inwieweit dort die verschiedenen Verteidigungsmaßnahmen zum Zuge kamen, die man damals üblicherweise zum Schutz befestigter Städte einsetzte, wie schwimmende Barrieren im Hafen, mit Nägeln versehene Falltüren, Pfähle und Dorne am Strand oder Palisaden an den Landeplätzen.53 Und wir wissen auch nicht, wie aufmerksam die Wachhabenden waren. All diese Faktoren hätten Antonius und Bogud unbedingt berücksichtigen müssen. Antonius wusste so gut wie jeder andere Befehlshaber auch, wie störungsanfällig Nachschublinien auf See waren. Als er und Octavian 42 v. Chr. in Philippi gemeinsam das Kommando hatten, wurde ein Hilfstrupp, der ihre Armee versorgen sollte, unterwegs von der Flotte des Feindes angegriffen und zerstört.54 Auch an die feindlichen Angriffe auf seinen Versorgungstross während des Partherfeldzugs hätte sich Antonius erinnern können. Aber selbst die umsichtigsten Befehlshaber machen einmal Fehler oder gehen Risiken ein, wenn sie weit entfernte Stützpunkte mit begrenzten Ressourcen besetzen müssen. Die mehreren Hundert Senatoren, die aus Rom zu ihm geflohen waren (wie auch andere Informanten), werden Antonius detaillierte Berichte darüber mitgebracht haben, welche Erfolge Admiral Agrippa im Kampf gegen Sextus Pompeius gefeiert hatte. Ihm hätte klar sein müssen, dass er
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Agrippa als Gegner nicht unterschätzen durfte, aber ganz offensichtlich hatte sich Antonius trotzdem nicht ausreichend vorbereitet. Wahrscheinlich glaubte er, dass Methone weit genug südlich von Brundisium lag, um nicht in Gefahr zu sein. Doch da unterschätzte er den Feind. „Zeit ist alles“, wie der große Admiral Horatio Nelson später einmal sagen sollte,55 und wahrscheinlich spielte Zeit in Methone eine entscheidende Rolle. Wenn Agrippa seinen Angriff, wie oft angenommen wird, gleich zu Beginn der Schifffahrtssaison im März durchführte, wird kaum jemand schon damit gerechnet haben. Agrippa könnte seinen Angriff auch auf einen Viertelmond (ein paar Tage nach Neumond) gelegt haben, wenn nachts gerade genug Licht zum Navigieren war und die Schiffe zugleich noch möglichst lange vor den Augen des Feindes verborgen blieben. Denn sicherlich ließ Agrippa seine Schiffe, soweit es möglich war, nachts fahren, und er könnte, am Ziel angelangt, auch bei Nacht an Land gegangen sein. Das war riskant, denn in der Dunkelheit waren Felsen und Untiefen schwerer zu erkennen, und es war nicht so einfach festzustellen, wo genau man eigentlich gelandet war. Aber solche nächtlichen Fahrten entlang der Küste sind durchaus bezeugt, und es kann gut sein, dass Agrippas Flotte das Risiko einging, solange der Mond hell genug schien.56 Eine befestigte Stadt im Sturm zu erobern, war nicht einfach, doch ein paar Beispiele aus der Antike kennen wir, bei denen das gelang. Dabei wurden beispielsweise Lücken oder Schwachstellen in den Verteidigungsanlagen ausgenutzt (Mauern, die teilweise in Trümmern lagen, durch Fehler der Verteidiger verursachte Mauerdurchbrüche, unvorsichtigerweise offen gelassene Tore), unauffällig vorbereitete Überraschungsangriffe wurden durchgeführt (meist nachts oder kurz vor Morgengrauen), Katapulte, Ballisten und Rammsporne kamen zum Einsatz, oder unter der Stadtmauer hindurch wurden Tunnel gegraben.57 Philo von Byzanz, der Autor eines Buches über Belagerungskriege (ca. 200 v. Chr.), rät in seinem Traktat über Befestigungen und Verteidigung, eine Stadt anzugreifen, wenn sich die meisten männlichen Bewohner außerhalb der Stadttore befinden, zum Beispiel während eines Festes, der Ernte oder der Weinlese; wenn sie obendrein noch betrunken sind – umso besser. Außerdem
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empfiehlt er, sich der Stadtmauer heimlich zu nähern, entweder bei Nacht oder bei schlechtem Wetter, um sie mit Leitern zu erklimmen.58 Philo rät dem Kommandanten, eine Belohnung für die ersten Soldaten auszuloben, die die Mauer überwinden. Am besten, schreibt er, bringe man beim ersten Angriff, während die Menschen im Inneren noch Angst hätten, an den schwächsten Stellen der Mauern Leitern an, um die Stadt zu stürmen. Philo empfiehlt auch die Verwendung spezieller Kletterausrüstung: Strickleitern mit Haken an den Enden, die sich beim Hochwerfen an den Zinnen verfangen, gehärtete und geschärfte Eisenpflöcke, die sich in die Risse und Fugen in der Mauer stecken lassen, oder Eisenhaken an mit Schlaufen versehenen Seilen, die man ebenfalls über die Zinnen warf.59 Ein Angriff von den Schiffen aus auf eine befestigte Stadt ist noch schwieriger als ein Angriff über Land. Niemand wusste das besser als Agrippa. Als er 36 v. Chr. Tyndaris eroberte, eine strategisch wichtige Festung auf Sizilien, brauchte er zwei Anläufe. Tyndaris liegt auf einer Landzunge und damit gegenüber Angriffen von See her bestens geschützt. Den Quellen zufolge war es zu jenem Zeitpunkt gerade besonders gut mit Vorräten ausgestattet. Beim ersten Mal gelang es Agrippa vermutlich mithilfe von Verrätern, in die Stadt einzudringen, aber die Garnison kämpfte so tapfer, dass er mit seinen Truppen die Flucht ergriff. Wenig später kehrte Agrippa zurück und nahm Tyndaris endgültig ein; über diese zweite Operation sind leider keine Einzelheiten überliefert.60 Ein anderes Beispiel: 35 v. Chr., auf ihrem Illyrienfeldzug, eroberten Agrippa und Octavian die Stadt Siscia (heute Sisak, Kroatien) am Zusammenfluss zweier Flüsse.61 Sie hatten eine große Flotte zusammengestellt und griffen die Stadt sowohl vom Land als auch vom Fluss aus an. Die Verteidiger leisteten erbitterten Widerstand, mussten sich aber schließlich doch ergeben. Methone war ummauert. Heute befindet sich dort, auf einer flachen Landzunge, die 300 Meter weit ins Meer ragt, noch eine große venezia nisch-osmanische Festung (vgl. Farbtafel 11).62 Literarische Quellen bele gen, dass es an dieser Stelle bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. Befestigungen gab. Es gibt Berichte über hellenistische Futtermauern63 und römische Mauern aus dem 2. Jahrhundert n. Chr.,64 die für die venezianische Festung wiederverwendet wurden, aber eine systematische Ausgrabung hat
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hier bis heute nicht stattgefunden. In der Antike erstreckte sich wie ein Haken ein Wellenbrecher um die Ostseite der Festung, der wohl nach 175 n. Chr. errichtet wurde. Letzteres vermutet man, da der griechische Geograf und Geschichtsschreiber Pausanias, der Methone kurz vorher besuchte, diesen Wellenbrecher nicht erwähnt. Wie genau die Befestigungsund Hafenanlagen im Jahr 31 v. Chr. aussahen, wissen wir schlichtweg nicht. Wir können jedoch davon ausgehen, dass es damals wie heute an der Ostseite des Kaps, auf dem Methone liegt, einen natürlichen Hafen und einen Strand gab, der sich vom Hafen aus nach Nordosten erstreckte. Die Eroberung von Methone sollte in der Erinnerung der Römer noch lange nachhallen, doch einen detaillierten zeitgenössischen Bericht haben wir nicht. Immerhin wird die Einnahme von Methone von vier verschiedenen Quellen erwähnt – und das, obwohl wir insgesamt nicht viel über Agrippas Aktivitäten beim Feldzug im Vorfeld der Schlacht bei Actium wissen: von dem griechischen Geografen Strabon, der ein Zeitgenosse Octavians war, von Cassius Dio, der um das Jahr 200 n. Chr. schrieb, von dem phönizischen Philosophen Porphyrios, der um 300 n. Chr. herum aktiv war, und von Orosius Anfang des 5. Jahrhunderts.65 Dies legt nahe, dass das Ereignis in den augusteischen Berichten, vielleicht in den Memoiren des Augustus, ein prominentes Thema war.
Mögliche Szenarien Es gibt mehrere Methoden, mit denen Agrippa Methone erobert haben könnte. Eines der denkbaren Szenarien ist folgendes: Nachdem er das Meer von Westen her überquert hatte, machte Agrippa an der Küste der Peloponnes halt, um Trinkwasser aufzunehmen und seinen Männern eine Verschnaufpause zu gönnen. Dann segelte er direkt weiter nach Methone. Er verließ sich darauf, dass die Schockwirkung seines unerwarteten Überfalls ausreichte, dass dem Feind sein einer großer Vorteil, das Tageslicht, nichts mehr nützte. Einige Jahrhunderte zuvor hatte ein attischer General66 empfohlen, die Stadt Syrakus zu erobern, indem man direkt in den Hafen segelte und so schnell wie möglich angriff; Schock und Panik würden den Feind lähmen. Leider wurde der Plan des Generals verworfen, sonst wüssten wir, ob er funktionierte. Aber Agrippa könnte für Methone
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ähnliche Überlegungen angestellt haben. Ein kühner, direkter Angriff bei Tageslicht wäre die einfachste Erklärung für den Hinweis in den antiken Quellen, die Stadt sei durch einen Angriff „vom Meer aus“ (ex epiplou)67 eingenommen worden. Strabon, der diese Formulierung verwendet, ist die früheste erhaltene Quelle, die die Eroberung von Methone durch Agrippa erwähnt. Aber auch ein komplexeres Szenario ist denkbar, bei dem Agrippa nicht direkt nach Methone segelte, sondern – vielleicht bei Nacht – nach Sapientza, einer der Messenischen Inousses, knapp drei Kilometer von Methone entfernt.68 Wir wissen, dass Agrippa im Vorfeld der Seeschlacht von Mylae im Jahr 36 v. Chr. mit seiner Flotte bei Nacht von der Insel Hiera (heute Vulcano, eine der Liparischen Inseln) lossegelte und die Dunkelheit nutzte, um vor der Nordküste Siziliens den Feind zu überraschen.69 Ein anderes Beispiel ist der erfolgreiche Angriff der Römer auf die griechische Stadt Chalkis im Jahr 200 v. Chr., der ebenfalls mit einer nächtlichen Überfahrt begann.70 Auf Sapientza ließen sich ganz hervorragend Schiffe verstecken – nicht umsonst war die Insel in der frühen Neuzeit ein berüchtigtes Piratennest. Die Insel war bereits in hellenistischer Zeit besiedelt. Sofern er die Unterstützung ortskundiger Lotsen hatte, konnte Agrippa Methone von Sapientza aus noch vor Tagesanbruch erreichen. Stellen wir uns also eine ruhige Märznacht mit einem Viertelmond vor, den 14. oder 29. März 31 v. Chr.71 Niemand in Methone rechnete so weit von den Häfen Süditaliens entfernt mit einem feindlichen Angriff; entsprechend wenig wachsam war man. Agrippa wird in der Morgendämmerung angegriffen haben, wenn er davon ausgehen konnte, dass die feindlichen Truppen noch schläfrig und unvorbereitet waren. Ihren Angriff auf Chalkis damals hatten die Römer ebenfalls bei Tagesanbruch durchgeführt.72 Von Überläufern aus Methone wusste Agrippa bereits, wo die Stadt am dünnsten besiedelt war – genau dort ließ er eine Einheit seiner Marinesoldaten angreifen. Sie erklommen die Mauer mit ihren Leitern, eroberten einen Turm, töteten die ersten feindlichen Wachen, auf die sie stießen und die noch schliefen, und kämpften sich dann durch die übrigen weiter vor. In der Zwischenzeit griff eine andere Einheit Boguds
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Schiffe an. Als man in Methone schließlich Alarm schlug, war es bereits zu spät, zumal die leicht bewaffneten Truppen Agrippas Legionären nichts entgegenzusetzen hatten. In kürzester Zeit wurde eines der Tore niedergerissen, und der Rest der Legionäre fiel in die Stadt ein. Es folgte ein heilloses, chaotisches Gemetzel, das erst endete, als Agrippas Männer Bogud getötet hatten. Wir könnten uns aber auch ein Szenario mit einem besser vorbereiteten Bogud ausmalen. In diesem Fall war der Strand zu gut bewaffnet, als dass Agrippa dort einen direkten Angriff gewagt hätte. Stattdessen könnte er an einer anderen Stelle gelandet und dann mit seinen Truppen über Land nach Methone marschiert sein. Vielleicht teilte Agrippa seine Truppen auch auf, um Bogud über seine eigentlichen Pläne im Unklaren zu lassen. Er könnte einen Angriff vom Meer aus und einen weiteren über Land gestartet haben, aus einer anderen Richtung. Mit einer solchen List hatte ein römischer General im Jahr 259 v. Chr. mehrere Städte auf Sardinien erobert: Er hatte nachts heimlich Truppen an Land gebracht und die Städte angegriffen, während seine Schiffe die Verteidiger ablenkten.73 Allerdings war eine solche Operation für eine antike Flotte nicht ganz einfach zu bewerkstelligen. Aus den Quellen geht hervor, dass Agrippa Bogud tötete, aber sie verraten uns nicht, ob dies im Verlauf der Schlacht geschah oder hinterher, in Form einer Hinrichtung. In jedem Fall starb der Mauretanier weit weg von zu Hause.
Methone war erst der Anfang Die Einnahme von Methone hatte weitreichende Folgen.74 Wie Francis Drake, der im Jahr 1587 die spanischen Versorgungsschiffe zerstörte und damit die Überfahrt der Armada gegen England um ein ganzes Jahr hinauszögerte,75 hatte Agrippa den Feind in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Und Methone war für Antonius erst der Anfang seiner Probleme. Agrippa konnte die Stadt und ihren schönen Hafen nun als Basis für Überfälle auf die feindlichen Versorgungsschiffe nutzen. Zusätzlich zu den Schiffen, die er mitgebracht hatte, verfügte er nun auch über die Schiffe, die er von
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Bogud erbeutet hatte. In einer Zeit, in der Soldaten ständig gezwungen waren, die Seiten zu wechseln, übernahm er Boguds Besatzungen wahrscheinlich gleich mit. Möglicherweise sandte er auch Boten mit der Nachricht von seinem Sieg nach Italien und forderte Verstärkung an, um weitere Angriffe durchführen zu können. In den folgenden Monaten nahm Agrippa Antonius’ Stützpunkt in Patrai ein (Antonius war zu dem Zeitpunkt nicht mehr dort) und plünderte Korinth. Agrippa scheint ganz methodisch vorgegangen zu sein: Sein Ziel war es, Antonius daran zu hindern, den Verlust seiner südlichen Schifffahrtsrouten nach Ägypten durch Erschließen einer neuen Route auszugleichen. Wir können also davon ausgehen, dass Antonius seine Schiffe nach dem Verlust von Methone auf der einen Seite des Isthmus von Korinth ausladen und auf der anderen Seite wieder beladen ließ. So konnte er seine Truppen über den Golf von Korinth versorgen. Das würde erklären, warum Agrippa nach Norden vorstieß, Patrai einnahm und Korinth überfiel: Entweder reagierte er damit auf Antonius’ Bemühungen, sich eine neue Nachschubroute aufzubauen, oder er antizipierte, dass Antonius dies tun würde, und nahm ihm damit prophylaktisch diese Option. Doch damit nicht genug: Um Agrippas Vorstößen zu begegnen, musste Antonius mehrere Kriegsschiffe von seinen anderen Stützpunkten abziehen. In einer Quelle heißt es, dass Agrippa, nachdem er Methone eingenommen hatte, „nun ein Auge auf die Handelsschiffe hatte, die anlandeten, und von Zeit zu Zeit in verschiedene Teile Griechenlands vordrang, was Antonius sehr beunruhigte“.76 Wenn Agrippas Schiffe angriffen, dann wie ein Fischschwarm formiert: eine nur scheinbar amorphe Masse, die in Wirklichkeit hoch strukturiert war. Die Attacken schienen von allen Seiten zu kommen, aber tatsächlich erfolgten sie koordiniert.77 Agrippa bewegte sich extrem schnell voran, man wusste nie, wo er als Nächstes zuschlagen würde. Antonius’ Kommandanten wirkten dagegen regelrecht behäbig – entsprechend wenig effektiv waren ihre Reaktionen auf Agrippas Vorstöße. Aber Antonius musste seine Soldaten irgendwie ernähren. Also erhob er in Griechenland eine Getreidesteuer, doch der wenig fruchtbare Boden dort konnte den Verlust der Erzeugnisse des fruchtbaren Niltals kaum
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ausgleichen. Aus jener Zeit stammt wahrscheinlich auch eine Anekdote über den Feldzug von Actium in Plutarchs Antonius-Biografie: Jedenfalls pflegte mein Urgroßvater Nikarchos zu erzählen, sämtliche Mitbürger seien gezwungen worden, auf ihrem Rücken ein bestimmtes Maß an Weizen bis zum Meer nach Antikyra zu tragen, und hierbei seien sie durch Peitschenhiebe zur Eile getrieben worden. Sie hatten auf diese Weise bereits eine Fracht dort hingetragen, sagte er, und die zweite auch schon abgemessen und hatten damit gerade aufbrechen wollten, als die Nachricht kam, dass Antonius besiegt worden war. Das habe die Stadt gerettet; denn sofort hätten Antonius’ Verwalter und Soldaten die Flucht ergriffen, und die Bürger hätten anschließend das Getreide unter sich aufgeteilt.78 Wahrscheinlich war es auch zu jener Zeit, nach dem Verlust von Methone, dass Antonius’ enger Vertrauter Quintus Dellius sich bei Kleopatra darüber beschwerte, dass sie sauren Wein trinken mussten, während einer von Octavians Günstlingen in Rom feine italische Jahrgänge genieße.79 Aber das war noch nicht alles. Sparta, die bedeutendste Stadt auf der südlichen Peloponnes, war eine Tagesreise von Methone entfernt. Einer der einflussreichsten Spartaner, Gaius Iulius Eurykles, hasste Antonius, weil er seinen Vater als Pirat hatte hinrichten lassen. Jetzt hatte er offenbar endgültig genug und lief zu Octavian über. Die Spartaner machten ihren Sinneswandel deutlich, indem sie das „ATR“ auf ihren Münzen, mit dem sie Antonius’ General Lucius Sempronius Atratinus ehrten, in „AGR“ für Agrippa änderten. Später lief auch Atratinus zu Octavian über.80 Velleius Paterculus, dessen Römische Geschichte etwa fünfzig Jahre nach der Schlacht bei Actium entstand, schreibt, der Sieg Octavians habe „lange vor der Schlacht festgestanden“.81 Der erfolgreiche britische Autor Michael Grant stößt in dasselbe Horn, wenn er zu dem Schluss kommt, der Krieg sei „bereits mit der Einnahme von Methone verloren gewesen“.82 Doch es war mehr als die bloße Eroberung von Methone. Die folgenden Ereignisse waren von zwei Faktoren geprägt, die einander bedingten:
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grippas Geschick, auf dem Erfolg bei Methone aufzubauen, um weitere A Siege zu erringen, und Antonius’ Versagen, die Blutung zu stillen. Antonius machte keine Anstalten, Methone zurückzuerobern, aber wenn die Stadt wirklich so gut befestigt war, wie es in den Quellen heißt, dann musste Agrippa ohnehin nur ein wenig wachsamer sein, als Bogud es gewesen war, um sie zu halten, und das war für Agrippa gar kein Problem. Antonius stand vor dem Dilemma, dass er seine Ressourcen erneut hätte aufteilen müssen, um Methone anzugreifen, was auf Kosten der Verteidigung seiner anderen Stützpunkte gegangen wäre. Aber vor allem drohte ihm schon bald ein viel größeres Problem. Etwas später in jenem Frühjahr, als die Bedingungen für die Schifffahrt insgesamt wieder sicherer waren, stach Octavian mit dem Großteil seiner Flotte in See und erreichte die Ostküste der Adria. Bald würde es zur alles entscheidenden Schlacht kommen.
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Kapitel 9
Caesar auf der Rührkelle Westgriechenland, April 31 v. Chr. Rund ein halbes Jahr lang, zwischen Oktober 32 und April 31 v. Chr., war Patrai der Mittelpunkt der Welt – oder doch zumindest ihrer östlichen Hälfte. Mit Alexandria war die Hafenstadt am Eingang zum Golf von Korinth natürlich in keinster Weise zu vergleichen. Patrai war eine Stadt der Kaufleute und Bankiers, wo römische Würdenträger auf der Durchreise von und nach Italien höchstens kurz Station machten – bis Antonius und Kleopatra mit ihrem zweifellos gewaltigen Gefolge eintrafen. Denn als sie Patrai zu ihrer Residienz machten, wurde es automatisch zum Finanzzentrum und Ausgangspunkt von Informationskrieg und Intrigen, aber auch zum Schauplatz üppiger Festmähler und religiöser Rituale. Ihr Heer und ihre Flotte befanden sich größtenteils nicht vor Ort. Hauptstützpunkt der Flotte war Actium, das weiter nördlich an der Küste am Eingang zum Ambrakischen Golf lag, aber die meisten Schiffe von Antonius lagen tatsächlich anderswo – verteilt an der Westküste Griechenlands, im Süden um die Peloponnes herum und weiter nach Osten vor Kreta, Libyen und Ägypten. Die Legionen lagerten an verschiedenen Standorten in Griechenland, doch ein Militärlager war kein geeigneter Ort für eine Königin und ihren Gemahl, also überwinterten sie in Patrai. Patrai liegt an den Ausläufern der Berge Achaias und bietet eine eindrucksvolle Aussicht nach Norden über den Golf bis hin zu den Bergen Akarnaniens. In der Stadt herrscht ein typisches Mittelmeerklima mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern. Mag sein, dass Antonius, wenn er an einem Wintertag über das Meer blickte, an die Kämpfe dachte, die ihnen bevorstanden. Vielleicht gelang es ihm aber auch, hin und wieder an etwas Schöneres zu denken, wenn er an einem regne-
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rischen Abend im Kerzenschein in einem Triclinium neben Kleopatra auf einem Speisesofa lag und glühende Holzkohle für wohlige Wärme sorgte. Selbst im Winterquartier kam eine Armee nie ganz zur Ruhe, immer gab es irgendwelche drängenden Geschäfte. In Patrai musste sich Antonius um eine besonders wichtige Angelegenheit kümmern: die Bezahlung seiner Truppen. Während seines Aufenthalts in der Stadt ließ er Millionen Münzen prägen: fast ausschließlich Silberdenare (mit geringem Nennwert) sowie einige wenige Goldmünzen. Alle Münzen trugen auf der einen Seite das Bild einer Galeere mit ausgestreckten Rudern (vgl. Farbtafel 10), als wäre sie auf dem Weg in die Schlacht, auf der Rückseite war ein Legionsadler abgebildet, flankiert von zwei Legionsstandarten. Standarten waren lange Stangen, an deren Ende Fahnen oder Symbole befestigt waren, die die jeweilige Legion anzeigten. Und der Legionsadler war ebenfalls oben auf einer Stange befestigt. Sowohl die Standarten als auch der Adler repräsentierten eine Legion; es waren Symbole, für die die Soldaten kämpften – und starben. Die Aufschrift um die Galeere herum bezeichnete Antonius als Triumvir und Augur (ein religiöses Amt), die auf der Rückseite nannte die jeweilige Legion, zum Beispiel LEG III („dritte Legion“). Da auch Caesar Augur gewesen war, hoffte Antonius vielleicht, dass mit der gemeinsamen Amtsbezeichnung ein wenig vom Ruhm des berühmten Mannes auf ihn überging. An Caesars riesiges Vermögen kam er dennoch nicht heran, und selbst mit dem Reichtum Ägyptens konnte Antonius all seine Soldaten und Matrosen nicht bezahlen, ohne die Währung abzuwerten. Und genau das tat er, indem er den Silbergehalt der Münzen senken und der Masse Kupfer hinzufügen ließ. Das wird den Soldaten kaum gefallen haben. Die Münzbilder waren Propaganda, mit denen Antonius auf die Stärke seiner Armee und Flotte hinweisen wollte (möglicherweise auch, um ein wenig von der Entwertung des Silbers abzulenken). Aber sie waren nicht die einzigen Propagandamünzen, die in Patrai ausgegeben wurden. Andere, die Antonius dort prägen ließ, wiesen ihn als Konsul des Jahres 31 v. Chr. aus – ein nicht allzu subtiler Hinweis darauf, dass Octavian den Senat gezwungen hatte, ihm dieses Amt zu entziehen. Auf einer Seite dieser Münzen war das Porträt von Antonius abgebildet, auf der anderen
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das von Kleopatra. Die Königin war auch auf Münzen zu sehen, die von der Stadt selbst ausgegeben wurden: Patrai huldigte seiner königlichen Besucherin, indem es Münzen mit ihrem Bild und der Aufschrift „Königin Kleopatra“ prägte; die Rückseite schmückte die Krone der Isis. Die religiösen Symbole – Antonius als Augur, Kleopatra als Isis – sollten vermitteln, dass die beiden die Götter auf ihrer Seite hatten. Man kann sich gut vorstellen, dass die neue Isis und der neue Dionysos dies in Patrai besonders deutlich zur Schau stellten, indem sie bei Ritualen zu Ehren der Isis persönlich den Vorsitz führten. Was auch immer sie dort sonst noch taten, beide schauten ständig nach Westen. Sie hatten Spione nach Italien geschickt, die Bestechungsgelder verteilen, Informationen sammeln und Stimmung gegen Octavian machen sollten. Zweifellos ließen sie auch Kuriere ausfragen, die das winterliche Meer überquert hatten, um Nachrichten aus Rom zu überbringen. Veritable Waffen im Informationskrieg waren auch Omina.83 Wir erfahren nur von solchen, die Octavian Glück verhießen, aber es muss auch zahlreiche Omina zugunsten von Antonius gegeben haben. Die Quellen berichten unter anderem über Statuen von Antonius, die plötzlich bluteten oder schwitzten, über Sturmschäden an Darstellungen von Antonius’ Schutzgöttern Herkules und Dionysos und über ein Erdbeben in einer italischen Stadt, in der Antonius eine Veteranenkolonie eingerichtet hatte. Angeblich bauten Schwalben auf Kleopatras Flaggschiff, der Antonias, ein Nest, doch dann kamen andere Schwalben, vertrieben die erwachsenen Vögel und töteten die Nestlinge. Schwalben symbolisierten die Göttin Isis, aber auch den Tod. Neben diesen Vorzeichen für Antonius und Kleopatras’ Niedergang gab es auch Ereignisse, die für die Römer ganz allgemein den Tod symbolisierten, wie eine Eule, die in mehrere Tempel flog, Sturmschäden an verschiedenen Statuen und Trophäen und eine angeblich 25 Meter lange zweiköpfige Schlange, die Mittelitalien heimsuchte. Octavians Anhänger verbreiteten sogar die Nachricht, dass sich Kinder in Rom eine zweitägige Rauferei geliefert hätten, bei der die „Caesarianer“ die „Antonianer“ besiegt hätten. Ähnlich ernst zu nehmen war die bereits zitierte Behauptung, Antonius habe Italien verlassen, weil er beim Würfeln oder beim Wetten auf Hahnenkämpfe immer wieder gegen Octavian
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verloren habe, was laut einem ägyptischen Seher bewiesen habe, dass Antonius’ Geist dem von Octavian nicht gewachsen sei.84 Über den anderen herzuziehen, gehörte ebenfalls zum Informationskrieg. Octavian bot an, Antonius unbehelligt in den Häfen und Ankerplätzen Italiens anlanden zu lassen, nachdem er seine Truppen etwa einen Tagesritt weit (rund 75 Kilometer) zurückgezogen hätte.85 Antonius seinerseits forderte Octavian zum Zweikampf Mann gegen Mann auf; als jener nicht darauf einging, verkündete Antonius, Octavian werde es sicherlich nicht wagen, in Griechenland zu landen und mit seiner Armee nach Pharsalos in Mittelgriechenland zu marschieren, wo sie dann auf demselben Schlachtfeld kämpfen könnten, auf dem Caesar 48 v. Chr. Pompeius’ Armee vernichtet hatte. Antonius hatte in Pharsalos eine wichtige Rolle gespielt und Caesars linken Flügel angeführt, während der vierzehnjährige Octavian wohlbehütet in Rom saß. Eine zweite Schlacht dort war von der Realität weit entfernt, denn von Westgriechenland nach Pharsalos brauchte man auf der schnellsten Route über eine Woche. Aber die Angebote beider Männer waren ohnehin nicht ernst gemeint. Falls Antonius Anfang 31 v. Chr. in Italien einzufallen plante, war er mit seiner Planung noch nicht sehr weit gekommen, als im März in Methone der Feind zuschlug. Allerdings war es auch nicht verwerflich, eine defensive Strategie zu verfolgen. Und diese Strategie hätte auch funktionieren können, wären seine Truppen auf alle Eventualitäten vorbereitet gewesen. Doch wie die Ereignisse im März deutlich machten, waren sie das ganz und gar nicht. Antonius und seine Vertrauten waren gerade noch dabei, sich nach Agrippas Sieg bei Methone neu zu orientieren, als im Norden ein Donnerschlag die Region erschütterte: Octavian hatte mit seiner Flotte die Adria überquert!
Octavian trifft in Griechenland ein Im Frühjahr 31 v. Chr. bereitete sich Octavian auf den Krieg vor. Er sammelte seine Truppen im Hafen von Brundisium, über den der Großteil des Verkehrs zwischen Italien und dem Osten abgewickelt wurde. Aber auch wenn Octavian dort eine Armee und eine Flotte hatte, erfüllte sein
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Aufenthalt in Brundisium nicht nur eine militärische, sondern auch eine politische Funktion: Er hatte die einflussreichsten Ritter und Senatoren angewiesen, sich ebenfalls nach Brundisium zu begeben. Sie mussten ihn auf seiner Überfahrt über die Adria begleiten, und jeder von ihnen durfte eine bestimmte Anzahl Diener und seine eigenen Vorräte mitbringen. Diener und Vorräte – das klingt, als hätte Octavian eine Horde Diven auf seinen Feldzug mitgenommen, und genauso war es auch. Aus militärischer Sicht bedeutete dieser Haufen VIPs nichts als Ärger. Aber Octavian dachte nun einmal nicht wie ein Militär. Dass ein Feldherr Senatoren dazu nötigte, mit ihm in den Krieg zu ziehen, war beispiellos. Man stelle sich vor, Winston Churchill hätte die Abgeordneten des britischen Unterhauses 1944 zur Landung der Alliierten in der Normandie mitgenommen. Doch anders als Octavian musste Churchill auch keine Angst haben, dass es in seiner Abwesenheit zum Staatsstreich gegen ihn kam. Im Prinzip nahm Octavian die Senatoren und Ritter also als Geiseln mit. Damit das Ganze keinen so bitteren Beigeschmack hatte, tarnte Octavian die Zwangsverpflichtung der römischen Elite als Feier der Einheit Italiens. Er unterstrich noch einmal, was er nicht müde wurde zu betonen, seit er Antonius’ Testament „entdeckt“ hatte: dass Italien geschlossen hinter ihm stand; um das zu demonstrieren, dafür habe er diese außerordentliche Versammlung in Brundisium einberufen. Niemand wusste besser als Octavian, dass es mit der angeblichen Geschlossenheit Italiens nicht weit her war. Nachdem die guten Nachrichten über Agrippas Sieg eingetroffen waren, dauerte es wahrscheinlich nicht allzu lange, bis Octavian mit dem Hauptteil seiner Flotte in See stach. Das dürfte im April 31 v. Chr. gewesen sein. Octavian verfügte über 230 Kriegsschiffe und eine unbekannte Anzahl an Transportschiffen. Wenn alles gut ging, würden sie sich auf der anderen Seite der Adria mit Agrippa und dessen Flotte zusammentun, die aus den Schiffen bestand, mit denen dieser zu Hause losgesegelt war (oder zumindest den übrig gebliebenen), und jenen, die er Antonius abgenommen hatte. Insgesamt bestand die gemeinsame Flotte von Octavian und Agrippa aus mehr als 400 Schiffen.
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Unterdessen hatte Antonius im Ambrakischen Golf bei Actium den größten Teil seiner Flotte zusammengezogen. Ein knappes Jahr zuvor war er mit 500 Kriegsschiffen in Ephesos losgesegelt. Da er seither diverse Verbände an weit entfernte Stützpunkte entsandt und Verluste durch Desertion und Krankheit zu verzeichnen hatte, war seine Armada deutlich geschrumpft: Im Frühjahr 31 v. Chr. bei Actium waren also weit weniger als 500 Schiffe versammelt. Doch seine Flotte war immer noch beachtlich. Mit seinen etwa 80 000 bis 100 000 Mann hatte Octavian weniger Soldaten als Antonius, aber was seiner Armee an Quantität fehlte, machte sie an Qualität wieder wett. Octavian standen weniger verbündete Truppen, die größtenteils als Leichtbewaffnete kämpften, zur Verfügung als Antonius, aber etwa die gleiche Anzahl an schwer bewaffneten Legionären. Wahrscheinlich verfügte er über 16 Legionen in einigermaßen voller Stärke, also mit jeweils etwa 4000 bis 5000 Mann. Antonius hatte 19 Legionen bei sich, die aber wahrscheinlich längst nicht alle komplett bemannt waren. Jede Seite zog also mit etwa 70 000 bis 75 000 Legionären in den Krieg. Für Antonius marschierten zusätzlich noch 20 000 bis 25 000 Leichtbewaffnete von Verbündeten, und auf jeder Seite standen 12 000 Kavalleristen – und auch zahlreiche Veteranen; die von Antonius hatten in den Feldzügen gegen Brutus und Cassius und die Parther gedient, die von Octavian im Perusinischen Krieg, auf dem Illyrienfeldzug und im Kampf gegen Sextus Pompeius. Wahrscheinlich hatte Octavian jedoch mehr Veteranen als Antonius, da seine Verluste in den letzten Feldzügen relativ gering gewesen waren. Bei den Kämpfen in Media Atropatene hatte Antonius laut feindlichen, aber plausiblen Quellen rund ein Viertel seiner Soldaten verloren. Da er 31 v. Chr. über genauso viele Truppen verfügte wie 36 v. Chr., muss er seine Reihen seither wieder aufgefüllt haben. Vor allem wird er neue Soldaten rekrutiert haben, und wahrscheinlich hatte er drei Legionen aus Makedonien abgezogen. Von Letzteren abgesehen, werden nur wenige der neuen Rekruten Einwohner Italiens gewesen sein. Immerhin dürfte es sich bei einigen um Kolonisten aus Italien oder deren Söhne gehandelt haben. Antonius’ verbündete Truppen waren ein buntes Gemisch, dessen große Stärke die Kavallerie war. Doch jeder ihrer Anführer verfolgte seine
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eigenen Ziele, auf absolute Loyalität konnte man bei keinem zählen. Es würde nicht leicht sein, aus all diesen Soldaten eine einheitliche Streitmacht zu schmieden. Sicher, sie mehrten Antonius’ Macht, aber sie stellten auch eine Herausforderung dar. Ein halbes Dutzend verbündeter Könige und Stammesfürsten aus Kleinasien und Thrakien (heute ungefähr Bulgarien) waren mit ihren Truppen in Actium, und viele, wenn nicht sogar die meisten von ihnen eben mit ihrer Kavallerie. Jeden von ihnen hatte Antonius als Herrscher eines Klientelkönigreichs eingesetzt. Am bedeutendsten für die späteren Ereignisse sollte Amyntas sein, der König von Galatien in Kleinasien. In Philippi hatte er zunächst Brutus und Cassius unterstützt, dann aber vor der letzten Schlacht die Seiten gewechselt. Antonius hatte ihn mit einem eigenen Königreich belohnt und dessen Grenzen sogar noch erweitert. Amyntas brachte 2000 galatische Kavalleristen nach Actium mit, die für ihre herausragende Kampfkraft zu Pferde bekannt waren. Vier Klientelkönige waren nicht persönlich anwesend, hatten aber Armeen geschickt. Zwei von ihnen sollten bei den kommenden Ereignissen noch eine wichtige Rolle spielen: Malichus I. war der König der Nabatäer im Nordwesten Arabiens, einer wohlhabenden Region, die den Handel mit den Gebieten im Süden Arabiens kontrollierte, wo wertvolle Gewürzpflanzen angebaut wurden. Wie es ein Herrscher in einem Grenzgebiet nun einmal tun musste, unterhielt Malichus ein Geflecht komplexer Beziehungen; er hatte erst Iulius Caesar und dann die Parther unterstützt. Antonius übertrug einen Teil von Malichus’ Territorium Kleopatra und zwang ihn, es gegen eine jährliche Pacht von 200 Talenten Silber (fast 5000 Kilo) zu pachten. Doch der König geriet mit seinen Zahlungen in Verzug, und Antonius befahl Malichus’ Nachbarn, König Herodes von Judäa, ihn anzugreifen und zu besiegen. Herodes kam dem Befehl wahrscheinlich nur allzu gerne nach, denn er hegte einen Groll gegen den nabatäischen Herrscher, seit der sich einige Jahre zuvor geweigert hatte, ihn zu unterstützen, als Herodes von den Parthern angegriffen worden war. Zweifellos schickte Malichus Truppen nach Actium, weil er hoffte, sich bei Antonius beliebt zu machen.
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Herodes und Kleopatra waren verfeindet. Sie hatte sein Königreich haben wollen, aber Antonius hatte es ihr verwehrt. Der judäische König wiederum war alles andere als erfreut darüber, was Antonius ihr stattdessen übereignet hatte: die Rechte an den Balsamhainen rund um Jericho; Balsam war ein wertvolles Heilmittel. Herodes musste ebenfalls eine jährliche Pacht von 200 Talenten Silber zahlen. Gewiss tat es weder Herodes noch Kleopatra leid, dass er selbst zu Hause blieb und nur seine Truppen nach Actium schickte. Als Octavian an der Ostküste der Adria landete, wartete ein weiteres Geschenk von Agrippa auf ihn: Sein treuer Freund hatte Antonius’ Schiffe vor der Insel Korkyra besiegt und dann einen Teil von Antonius’ Flotte abgelenkt, indem er in den Gewässern um Griechenland herum weiter feindliche Schiffe angriff. Dank dieser Ablenkung hatte Octavian unbehelligt die Adria überqueren können. Er landete zunächst am Festland, am Fuße der Berge gegenüber von Korkyra, und schiffte die Kavallerie aus. Da Agrippa Korkyra bereits eingenommen hatte, musste Octavian keinen feindlichen Angriff von der Insel aus befürchten.86 Dann segelten die Schiffe etwa zwei Tage lang am Festland entlang in Richtung Süden bis zu einem Ort namens Glykys Limen (heute Fanari) nahe der Mündung des Acheron. Dort stationierte Octavian seine Flotte. Die Armee besetzte einen nahe gelegenen Ort namens Toryne im Nordwesten Griechenlands. Toryne (wahrscheinlich das heutige Parga) lag etwa 60 Kilometer, also zwei Tagesmärsche, nördlich von Actium. Die Hauptflotte von Antonius und Kleopatra lag im Golf von Actium vor Anker, etwa 125 Seemeilen von Patrai entfernt, wofür ein schnelles Schiff unter Rudern anderthalb Tage brauchte. Die Flotte von Antonius und Kleopatra blieb passiv. Sie stellte sich Octavian nicht entgegen und hinderte ihn auch nicht daran, ein Lager zu errichten. Cassius Dio behauptet, man sei zu selbstbewusst gewesen, um Octavians Einladung zu einer Unterredung nachzukommen, und zu ängstlich, um seine Herausforderung zur Schlacht anzunehmen.87 Vielleicht war die Flotte zahlenmäßig unterlegen und wartete auf die Ankunft von Antonius und den übrigen Truppen, vielleicht wartete sie aber auch bloß auf Befehle.
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Nach dem Desaster von Methone hätte Antonius eigentlich bereit sein müssen, entsprechend zu reagieren. Er hätte direkt zum Gegenschlag ausholen und den Feind zurückdrängen müssen, wo immer sich der zeigte, insbesondere im Norden, wo eine Ankunft Octavians von Brundisium aus mehr als absehbar war. Stattdessen tat er – nichts. Dass Antonius keine Anstalten machte, Octavian daran zu hindern, in Griechenland zu landen und sein Lager aufzuschlagen, ist kaum nachvollziehbar. Es war, als hätte er dem Feind stillschweigend die Kontrolle über das Meer überlassen. Vielleicht rechtfertigte er diese passive Haltung vor sich selbst mit der Erinnerung an seine Überquerung der Adria im Jahr 48 v. Chr. Damals hatten Pompeius’ Schiffe Antonius zwar einige Probleme bereitet, aber sie hatten ihn nicht aufhalten können, obwohl sie zahlenmäßig massiv überlegen gewesen waren. Mag sein, dass Antonius nun beschlossen hatte, dass es sich nicht lohnte, sich Octavian entgegenzustellen. Außerdem wollte Antonius unbedingt eine Landschlacht führen, und vielleicht dachte er, je schneller Octavian und seine Armee in seiner Reichweite wären, desto besser. Wenn Antonius’ Strategie allerdings so aussah, dann ließ er den aggressiven Geist vermissen, wie man ihn von einem römischen Kommandanten (oder überhaupt von einem Kommandanten) eigentlich erwartete. Antonius und Kleopatra und ihre Generalstäbe mussten sich nun in aller Eile nach Norden begeben. Aber die ägyptische Königin behielt die Nerven und ließ sich sogar noch zu einem Witz hinreißen, mit dem sie ihre Cleverness und ihre Bildung zur Schau stellte. „Was ist so schlimm daran“, fragte sie, „wenn Caesar [= Octavian] auf einer Rührkelle sitzt?“88 Der Witz hat mehrere Ebenen. Erstens ist er ein Wortspiel mit dem Namen der Stadt, in der Octavian gelandet war, denn das griechische Wort torýne bedeutet „Rührkelle“. Zweitens ist die Vorstellung, wie jemand auf einer solchen Kelle sitzt, natürlich ziemlich absurd; zumindest wirkt so einer nicht gerade kriegerisch, und generell ist ein Küchenutensil ein schlechter Ersatz für einen Speer oder ein Schwert. Und drittens war torýne offenbar ein obszöner, wenngleich etwas obskurer Slang-Ausdruck für „Penis“, was impliziert, dass Kleopatra Octavian bezichtigte, ein cinaedus zu sein, der passive Partner beim homosexuellen Geschlechtsakt.89 Mit anderen Wor-
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ten: Kein Wunder, dass Octavian Toryne besetzt habe, denn er sei es nun einmal gewohnt, auf „Schöpfkellen“ zu sitzen. Der passive Part beim Sex war für griechische und römische Männer völlig inakzeptabel, zumindest für einen erwachsenen. Antonius hatte Octavian bereits vorgeworfen, als passiver Partner mit Iulius Caesar im Bett gewesen zu sein,90 und man fragt sich, ob dieser Vorwurf auf Kleopatra zurückging, die Caesar ja sehr gut kannte. (Da das Wortspiel mit torýne anscheinend auf eine attische Komödie des 5. Jahrhunderts v. Chr. zurückgeht, stellte Kleopatra mit diesem Witz zugleich ihre Gelehrsamkeit unter Beweis.)
Die geografischen Gegebenheiten Wie bereits erwähnt, liegt Actium am Fuße der Berge von Epirus, einem Landstrich, der in verschiedener Hinsicht mit Krieg assoziiert wurde. Von dort stammte Olympias, die Mutter von Alexander dem Großen, dem Eroberer der Welt. Eine Generation nach Alexander wurde Epirus von dem kriegerischen König Pyrrhos regiert: Er tötete einen feindlichen Häuptling im Zweikampf und setzte über die Adria, um Italien anzugreifen. Als er schließlich von dort wieder vertrieben wurde, fand er kurz nach seiner Rückkehr nach Griechenland bei einer Schlägerei den Tod, als ihm eine wütende Frau von ihrer Terrasse aus einen Dachziegel auf den Kopf warf. Durch Epirus fließt auch der Acheron, einer der Flüsse, die in die Unterwelt führen, wie die Priester behaupteten. Aber diesmal sollten die Kriegsgötter nicht im Hochland von Epirus aneinandergeraten, sondern an der Küste. Die Strände dort sind flach und sandig, dahinter erheben sich sanfte Hügel. Die Einfahrt zum Ambrakischen Golf ist mit knapp 800 Metern so schmal, dass viele sie gar nicht bemerken, wenn sie hier vorbeifahren. Der Golf selbst ist etwa 35 Kilometer lang und misst an der breitesten Stelle 15 Kilometer. Dort hielt sich die Kriegsflotte von Antonius und Kleopatra bereit. Octavians und Agrippas Armada wartete ganz in der Nähe. Wie bei so vielen bedeutenden Schlachten der Weltgeschichte spielt auch bei Actium die Topografie eine enorm wichtige Rolle. Als Actium bezeichnet man heute im weiteren Sinne die schmale Meerenge zwischen Ambrakischem Golf und Ionischen Meer. Genauer genommen war
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ctium jedoch nur das südliche der beiden Kaps, die wie zwei Arme, die A einander beinahe berühren, den Eingang zum Golf säumen. In der Gegend um Actium gab es zahlreiche brauchbare Häfen, in denen eine fremde Flotte sicher ankern konnte. Am berühmtesten war Actium jedoch für den Apollo-Tempel und das jährliche Fest, das dort stattfand.
Die zwei Lager Antonius und Kleopatra errichteten ihr Militärlager auf dem Kap von Actium, also südlich der Meerenge. Ihr Lager war so groß, dass man noch fast fünfzig Jahre später Reste davon besichtigen konnte.91 (Heute befindet sich an dieser Stelle ein „Denkmal“ ganz anderer Art: ein Yachthafen mit dem Namen Cleopatra Marina.) Auf beiden Seiten der Meerenge standen Wachtürme, von denen sich Steine oder Bolzen (kurze, schwere Pfeile) abfeuern ließen, um feindliche Schiffe daran zu hindern, in den Golf einzudringen. Falls doch eines durchkam, konnte man Patrouillenschiffe losschicken, die ihm den Weg abschnitten. Römische Militärlager waren schmucklos und rau, und es herrschten Zucht und Ordnung; sie waren berühmt dafür, dass sie alle gleich aussahen. Dieses hier aber war anders. Nicht, dass es den Soldaten an Disziplin gemangelt hätte, aber es war außerordentlich bunt, mit vielen verbündeten Soldaten in verschiedenen Uniformen und mit unterschiedlicher Ausstattung. Und dann war da noch Kleopatra mit ihrem Gefolge und ihrem königlichen Prunk. Sie wird sich kaum wie die römischen Legionäre von Getreidebrei ernährt haben. Man kann sich gut vorstellen, wie der Imperator und die Königin mit den raffinierteren Köstlichkeiten der lokalen Küche verwöhnt wurden: Sardinen, saftigen Garnelen, schmackhaften Fischen aus dem Ambrakischen Golf, Enten aus den Sümpfen rund um den Fluss Louros. Diese üppige Kost muss im harschen Kontrast zu den Lebensbe dingungen der Soldaten im Lager gestanden haben, die sich im Laufe der Zeit zudem immer mehr verschlechterten. Sicher, das Kap von Actium hatte seine strategischen Vorzüge, aber vom Gelände her war es alles andere als einladend. Es war flach, sandig und weitgehend unbewachsen. Es gab kaum Bäume und kaum Trinkwasser, und der Platzmangel machte es schwierig,
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die Abfälle einer so großen Armee zu beseitigen. In den nahe gelegenen Sümpfen wimmelte es von Stechmücken, die Malaria übertrugen. All diese Faktoren würden sich zwangsläufig zu gewaltigen Problemen auswachsen, wenn die Armee in den heißen Sommermonaten immer noch vor Ort wäre. Ganz zu schweigen davon, was passieren würde, wenn sich die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser nicht aufrechterhalten ließ. Octavian errichtete sein Militärlager in einem Areal, wo heute das Dorf Michalitsi liegt. Sicherlich hätte auch er gerne die Zufahrt zum Ambrakischen Golf kontrolliert, aber die war fest in Antonius’ Hand. Michalitsi liegt etwa sechs Kilometer nördlich der Meerenge. Dort gibt es mehrere Bergrücken, von denen der höchste über 150 Meter hoch ist.92 Octavians praesidium (Hauptquartier) befand sich wahrscheinlich an der Stelle des Siegesdenkmals, auf einer Höhe von etwa 83 Metern.93 Der Rest seines Lagers erstreckte sich offenbar entlang der Hänge bis dorthin, wo später die Stadt Nikopolis entstand (beim heutigen Smyrtoula). Die Höhenlage bot mehrere Vorteile: Das Lager war leichter zu verteidigen, und von hier aus hatte man einen hervorragenden Panoramablick (vgl. Farbtafel 12), was in der Zeit vor der Erfindung des Fernglases ein großer Vorteil war – dort vom Hügel aus schaut man auf den Ambrakischen Golf und das Ionische Meer, in der Ferne sieht man im Süden die zerklüfteten Bergrücken von Leukas und im Nordwesten Paxos und Antipaxos; im Süden erheben sich die Berge von Akarnanien, im Norden die von Epirus. Und abgesehen von der Aussicht bot der kühle und luftige Hügel auch noch Schutz vor den Stechmücken, von denen es im Flachland wimmelte. Die Kehrseite der Medaille war, dass es dort keinen geeigneten Platz für einen geschützten Seehafen gab. Octavian hatte einige seiner Schiffe in Glykys Limen geparkt, einem geschützten Hafen etwa 20 Seemeilen nördlich. Ein anderer Hafen, Gomaros, lag zwar nur etwa 1,5 Kilometer westlich von Michalitsi, war aber nicht gerade ideal, da er bei starkem Westwind komplett den Elementen ausgesetzt war. Vielleicht ließ Agrippa dort eine Mole oder einen steinernen Wellenbrecher errichten, um den Schiffen wenigstens etwas Schutz zu bieten; auch heute verläuft dort eine Mole – womöglich auf antiken Überresten.94 Um Hafen und Militärlager zu verbinden, ließ Octavian lange Schutzmauern errichten – eine jener
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technischen Meisterleistungen, für die das römische Heer berühmt ist. Dank der Mauern konnten unbehelligt Vorräte in Octavians Lager geliefert werden. Eine größere Herausforderung war die Trinkwasserversorgung. In Michalitsi sowie an den Hängen und in der Ebene darunter stößt man heute auf mehrere Quellen.95 Falls es diese Quellen auch im Jahr 31 v. Chr. schon gab, wären sie zwar nützlich gewesen, doch sie hätten für Octavians riesige Armee nicht ausgereicht. Antonius wusste das und versuchte, Octavian den Zugang zu Trinkwasserquellen außerhalb seines Lagers zu versperren: Etwa drei Kilometer von Michalitsi entfernt fließt der Louros, der in die Sümpfe am nördlichen Ende des Ambrakischen Golfs mündet. Diesem Fluss ließ sich Trinkwasser entnehmen, aber dabei war man ein leichtes Ziel für feindliche Übergriffe. Antonius hatte tatenlos zugesehen, wie Octavian die Anhöhe bei Michalitsi besetzte, aber da seine Legionen noch nicht in Actium eingetroffen waren, hätte er ihn ohnehin nicht daran hindern können. Vielleicht hatte Antonius sogar gedacht, sein Gegner sei damit in eine Falle getappt. Ohne einen brauchbaren Hafen und genügend Trinkwasser könnte Michalitsi gut und gerne der Schauplatz von Octavians letztem Gefecht werden. Antonius musste nur dafür sorgen, dass er keinen Zugang zu Trinkwasser hatte. Im März und April 32 v. Chr. machte Antonius also keine gute Figur: Es gelang ihm nicht zu verhindern, dass Octavian nach Griechenland übersetzte, noch dass seine Armee nach Süden marschierte, noch dass er die Anhöhe bei Michalitsi nördlich von Actium einnahm. Der Grund war seine mangelnde Führung – aber es ließ sich wiedergutmachen.
Antonius schlägt zurück Der Schwerpunkt römischer Militärdoktrin war die Offensive. Octavian schritt als Erster zur Tat: Bei Tagesanbruch näherte er sich mit seinen Schiffen der Mündung des Ambrakischen Golfs – aber Antonius war darauf vorbereitet.96 Da seine Legionen immer noch nicht in voller Stärke eingetroffen waren, musste er allerdings improvisieren. Er säumte den Eingang zum Golf mit Kriegsschiffen. Die Schiffe waren mit dem Bug dem Feind zugewandt, die Ruder erhoben, als wolle man direkt losrudern,
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und die Ruderer an Deck waren so angezogen, dass sie wie Legionäre aussahen. Der Feind sollte glauben, er habe es mit einer kampfbereiten Flotte zu tun. Es klappte: Octavian brach seine Offensive ab. Ob er auf die List hereinfiel oder sich von Antonius’ Katapulten an beiden Ufern einschüchtern ließ, wissen wir nicht. Octavian musste sich damit begnügen, Antonius’ Transportschiffe auszuschalten. An Land brachte er unterdessen seine Infanterie in Stellung, doch Antonius weigerte sich, die Meerenge von Actium zu überqueren und ihn anzugreifen. Denn er wusste, solange nicht alle seine Legionen vor Ort waren, sollte er besser keine große Schlacht riskieren. Also begnügte er sich vorerst damit, einige wenige Truppen loszuschicken und den Feind in Scharmützel zu verwickeln. Etwa drei Wochen später wendete sich das Blatt. Antonius’ Legionen waren nun alle da, und so überquerte er mit seinen Truppen die schmale Meerenge und errichtete auf dem Nordufer zusätzlich zu seinem Hauptlager auf der südlichen Halbinsel ein zweites Lager – etwa drei Kilometer südlich von Octavians Lager in Michalitsi.97 Antonius ließ seine Armee in Schlachtordnung antreten, doch nun war es Octavian, der sich weigerte, zu kämpfen. Es war alles eine Frage des strategischen Vorteils. Es wäre nur allzu verständlich, wenn Antonius auf ein zweites Philippi hoffte, wo er 42 v. Chr. die Armee der Caesarmörder besiegt hatte. Damals war auch Octavian dabei gewesen. Brutus, der die feindliche Armee anführte, hätte einfach nur abwarten müssen, um Antonius und Octavian auszuhungern. Stattdessen griff er voreilig an – und zog den Kürzeren. Wenn es Antonius nun, in Actium, gelungen wäre, Octavian und Agrippa zu provozieren, von ihrem Lager auf der Anhöhe von Michalitsi herunterzukommen und sich ihm zu stellen, hätten seine Chancen nicht schlecht gestanden. Aber Octavian war klar, dass er Brutus’ Fehler von damals nicht wiederholen durfte. Antonius hinzuhalten, während Hunger und Krankheiten an seiner Armee nagten, war die vielversprechendere Strategie. Auf See sah das jedoch etwas anders aus. Hier konnte Octavian es sich nicht leisten, tatenlos auszuharren. Aber zum Glück hatte er Agrippa. Der Admiral errang einen bedeutenden Sieg gegen einige feindliche Schiffe
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vor der Insel Leukas südlich von Actium, „direkt im Sichtfeld von Antonius und seiner Flotte“.98 Spätestens jetzt war klar, dass Antonius’ Schiffe denen Octavians heillos unterlegen waren. Agrippa verschaffte Octavian damit Zugang zu dem hervorragenden Hafen von Leukas, der nur etwa zehn Seemeilen von Michalitsi entfernt war. Dank diesem Hafen hatte Octavian nicht nur garantierten Zugang zu Vorräten, sondern er war auch in der Lage, die Blockade von Antonius’ Flotte auszubauen. Von jetzt an war Octavian nicht mehr auf den Hafen von Gomaros angewiesen, wo seine Schiffe allzu ungeschützt Stürmen ausgesetzt waren. Alle Versorgungsschiffe von Antonius, die aus dem Süden kamen und versuchten, heimlich Actium zu erreichen, mussten jetzt eine neue Route um die Insel Kephalonia herum nehmen, um Agrippas Flotte zu umgehen. Diese Route war nicht nur länger, die Schiffe waren dort auch mehr den Elementen ausgesetzt. Kurz darauf besiegte Agrippa bei Patrai ein Geschwader von Antonius’ Flotte unter Quintus Nasidius, einem ehemaligen Marineoffizier von Sextus Pompeius, der nach der Seeschlacht von Naulochoi 36 v. Chr. zusammen mit Sextus Pompeius nach Kleinasien geflohen war.99 Als Nasidius dort ihre aussichtslose Lage realisiert hatte, war er zusammen mit mehreren anderen hochgestellten Persönlichkeiten, darunter Sextus Pompeius’ Schwiegervater, zu Antonius übergelaufen. Nun unterlag Nasidius erneut Agrippa, dem Sieger von Naulochoi. Agrippa übernahm die Kontrolle über Patrai, das bis vor Kurzem noch der Hauptsitz von Antonius und Kleopatra gewesen war. Das war ein herber Schlag für das Prestige der beiden und schränkte ihren Zugang zu Versorgungsgütern noch mehr ein, denn es fiel ein weiterer Zwischenstopp für Transportschiffe auf dem Weg nach Actium weg. Antonius’ ursprünglicher Plan, den Feind zu einer offenen Feldschlacht zu provozieren, war gescheitert. Die Alternative, den Feind auszuhungern, ließ sich kaum noch bewerkstelligen, da Octavian seine Vorräte von jetzt an auf dem Seeweg auffüllen konnte. Aber eine Möglichkeit blieb ihm noch, seine Widersacher zum Kampf zu zwingen: eben das Abschneiden von der Trinkwasserversorgung. Und so ließ Antonius seine Truppen Erdwälle um die Quelle unterhalb von Michalitsi errichten und sandte
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seine Kavallerie aus, um den Feind vom Louros ferzuhalten. So wurden die Sümpfe, in denen sich normalerweise nur Enten, Reiher, Pelikane und viele andere Vogelarten tummelten, plötzlich zum Schauplatz blutiger Zusammenstöße zwischen Reitern. Die Quellen berichten nur, dass diese Manöver letztendlich scheiterten, doch anfangs könnten sie durchaus erfolgreich gewesen sein, denn wie ein Münzfund belegt, grüßten Antonius’ Soldaten ihren Oberbefehlshaber zu einem bestimmten Zeitpunkt während des Feldzugs als Imperator.100 Es handelt sich um eine Silbermünze mit Antonius’ Kopf auf der Vorderseite und einer schön gearbeiteten geflügelten Victoria auf der Rückseite, die in der einen Hand einen Kranz (mit einem Band daran, wie es Sportler um die Stirn trugen) und in der anderen einen Palmzweig hält. Doch falls Antonius dort bei Michalitsi wirklich über Octavian triumphierte, so war der Sieg nicht von Dauer. Um den Feind vollständig vom Trinkwasser abzuschneiden, hätte seine Armee eine acht Kilometer lange Linie halten müssen – keine leichte Aufgabe. Sicherlich kam es entlang dieser Linie über einen längeren Zeitraum zu einer Reihe von Gefechten. Ein erfolgreicher Angriff von Octavians Kavallerie führte dazu, dass König Deiotaros Philadelphos von Paphlagonien (in der heutigen Nordwesttürkei) mit seiner Reiterei zu Octavian überlief.101 Und ungefähr zur selben Zeit wechselte auch König Rhoimetalkes von Thrakien die Seiten und schloss sich Octavian an.102 Sowohl Paphlagonien als auch Thrakien waren für ihre Reiter berühmt; dass ausgerechnet diese beiden Könige mit ihren Soldaten zu Octavian überliefen, war für Antonius ein schwerer Schlag. Immerhin war die Kavallerie der Schlüssel dazu, den Zugang zum Louros zu kontrollieren. Man sollte allerdings nicht glauben, dass sie sich unmotiviert von Antonius abwandten oder weil sie erkannt hatten, dass Octavian im Konflikt die besseren Chancen hatte. Zweifellos gingen ihrem Treuebruch intensive Verhandlungen mit Octavian voraus. Mit Sicherheit wurden Nachrichten ausgetauscht; vielleicht hatte Octavian auch Geheimagenten in Antonius’ Lager. Ebenso können wir davon ausgehen, dass Octavian bereits die Fühler nach Antonius’ Verbündeten ausgestreckt hatte, lange bevor sie in Actium eingetroffen waren.
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Octavian war ein Meister darin, andere zum Verrat anzustiften. Einer der Schlüsselmomente bei seinem Aufstieg zur Macht ereignete sich Ende 44 v. Chr., als er noch keine zwanzig Jahre alt war. Als Octavians Spione Wind davon bekamen, dass viele Soldaten in Antonius’ Lager unzufrieden waren, überredeten sie zwei Legionen, zu dem jungen Caesar-Erben überzulaufen.103 Natürlich versprachen sie den Männern eine beträchtliche Erhöhung ihres Solds. Es funktionierte, und von da an besaß Octavian eine Privatarmee – und die erwies sich in der turbulenten Zeit nach der Ermordung Caesars als unschätzbares Werkzeug. Jetzt, als erfahrener Mann von Anfang dreißig, wäre es für Octavian ein Leichtes gewesen, Antonius erneut einige Einheiten abzuwerben. Falls die folgende Anekdote wahr ist und nicht bloße Propaganda, erlebte Antonius bald einen weiteren Tiefpunkt: Beinahe fiel er selbst dem Feind in die Hände.104 Zwei lange Mauern verbanden eines seiner Lager – möglicherweise das auf dem nördlichen Kap – mit einem seiner Häfen, und er war es gewohnt, ohne Leibwache an diesen Mauern entlangzugehen. Ein Sklave bemerkte das und meldete es Octavian – der daraufhin einen Hinterhalt arrangierte. Fast gelang es den Männern, die Antonius auflauerten, ihn zu ergreifen, aber sie schlugen zu früh zu: Antonius rannte davon, was natürlich unter der Würde eines Imperators war. Octavians Schergen mussten sich damit begnügen, einen Mann gefangen zu nehmen, der ein Stück vor Antonius gegangen war. Octavian schickte ein paar Truppenverbände ins übrige Griechenland und nach Makedonien, um Antonius’ Truppen abzulenken, was eine Weile auch ganz gut funktionierte. Später versuchte Antonius in der Nähe von Michalitsi erneut, den Feind von seiner Wasserversorgung abzuschneiden. Diesmal leitete er höchstpersönlich den Angriff, aber er schlug fehl. Schuld war König Amyntas von Galatien, der spontan zu Octavian überlief. Schon damals in Philippi hatte er sich als Verräter erwiesen, als er Brutus und Cassius im Stich ließ. Sein neuerlicher Verrat erwies sich nun als besonders folgenreich, denn er nahm 2000 Reiter mit: Kelten, die als besonders gute Reiter galten. In Rom schrieb der Dichter Horaz, die gallischen (= keltischen) Reiter seien angewidert gewesen von Antonius’ Unterwürfigkeit gegenüber einer Frau und ihren
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Eunuchen und hätten „Caesar“ skandiert, als sie zu Octavians Lager überliefen.105 Soldaten wechseln die Seiten, weil sie aufseiten des Gewinners kämpfen wollen, und im Frühjahr und Sommer 31 v. Chr. sah alles bereits danach aus, als würde das Octavian sein. Er bot politische Unterstützung, Geld und beste Aussichten, am Ende des Konflikts auf der Siegesseite zu stehen. Jeder neue Erfolg von ihm oder Agrippa brachte Könige und Fürsten, die auf ihrem Thron überleben wollten, in Zugzwang. Und dann war da noch Kleopatra. Die Klientelkönige des Ostens waren nicht gerade erpicht, ihr bei der Ausdehnung ihres Königreichs und ihrer Macht zu helfen, indem sie Antonius unterstützten. Die Eifersucht, Unzufriedenheit und Angst dieser Herrscher waren für Octavians Agenten mit Sicherheit ein wunderbarer Nährboden, um Zweifel an Antonius zu säen. Im Sommer 31 v. Chr. erwiesen sich Octavian und Agrippa als Vorbild an Führungsstärke und Teamwork. Antonius hingegen hatte auf ganzer Linie enttäuscht. Es war ihm nicht gelungen, den Feind daran zu hindern, seine Nachschublinien zu unterbrechen. Es war ihm nicht gelungen, einen eigenen Stützpunkt gegenüber seinem Haupthafen zu errichten. Und es war ihm nicht gelungen, strategische Erfolge über Geschwader von Octavians Flotte zu erringen. Der eine Sieg, den Antonius anscheinend an Land errungen hatte, hatte sich als wenig nachhaltig erwiesen. Und seine Allianz zeigte erste Risse. Als er wieder die Meerenge überquerte und in sein Lager in Actium zurückkehrte, musste Antonius sich fragen, wie er diesen Krieg noch gewinnen konnte.
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Teil 3
DIE SCHLACHT BEI ACTIUM August bis 2. September 31 v. Chr.
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Louros Bucht von Gomaros
Michalitsi
Octavians Lager
Nikopolis Antonius’ zweites Lager
Ambrakischer Golf (Golf von Arta) Preveza Antonius’ und Kleopatras Lager
Festungen
Actium
LEUKAS
Die Schlacht bei Actium 0
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Kapitel 10
Apollos Rache Actium, August 31 v. Chr. Die Soldaten starben in ihrem eigenen Lager – die einen an Malaria, die anderen an der Ruhr.1 Viele litten Hunger und Durst, was ihre Widerstandskraft zusätzlich schwächte. Die sommerliche Hitze machte die Lage nur noch schlimmer. Manch einem wird das Ganze vorgekommen sein wie eine Szene aus dem Anfang der Ilias. In seinem Epos schildert Homer, wie der Gott Apollon aus Rache für die Misshandlung seines Propheten Krankheiten in das Lager der Griechen schickt: Schnell von den Höhn des Olympos enteilet’ er, z ürnendes Herzens, auf der Schulter den Bogen und ringsverschlossenen Köcher. Laut erschallen die Pfeile zugleich an des Zürnenden Schulter, als er einher sich bewegt’; er wandelte, düster wie Nachtgraun; setzte sich drauf von den Schiffen entfernt und schnellte den Pfeil ab.2 Doch hier starb nicht das griechische Heer bei Troja, sondern das römische Heer bei Actium, und zwar hauptsächlich das von Antonius. Im Laufe der Menschheitsgeschichte sind deutlich mehr Kämpfer durch Krankheiten umgekommen als im Kampf selbst. Antonius’ Truppe bei Actium ist ein typisches Beispiel dafür. Wir haben zwar keine genauen Zahlen, aber immerhin Hinweise auf das Ausmaß der Krise. In Ephesos im März 32 v. Chr. hatte Antonius 500 Kriegsschiffe versammelt. Als es in Actium schließlich zum Kampf kam, hatte er nicht einmal mehr genug Marinesoldaten, um auch nur halb so viele Schiffe zu bemannen. Zwar
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Teil 3: DIE SCHLACHT BEI ACTIUM
waren einige seiner Schiffe an anderen Stellen seiner langen Versorgungslinien stationiert, und einige waren vom Feind gekapert oder versenkt worden. Aber in den Quellen heißt es explizit, dass es keinen Mangel an Schiffen gab, als vielmehr an Besatzungen dafür, und sie berichten, dass Antonius’ Agenten das ländliche Griechenland durchstreiften, um gesunde, kräftige Männer als Ruderer anzuwerben oder auch zum Dienst zu zwingen.3 Antonius soll geäußert haben, solange es noch einen Griechen gebe, werde es ihm nicht an Ruderern mangeln.4 Ungefähr in derselben Zeit ist die von Plutarch geschilderte Szene zu verorten, in der Antonius’ Handlanger in Mittelgriechenland freie Männer mit Peitschenhieben dazu zwingen, für sein Lager in Actium bestimmte Säcke mit Getreide zum Ufer des Golfs von Korinth zu schleppen.5 Vielleicht musste Antonius ja tatsächlich an die Ilias denken. Er war ein gebildeter Mann und hatte sich wie jeder Römer seines Standes ausführlich mit der griechischen Literatur beschäftigt. Wenn ja, wird er sich daran erinnert haben, dass es Apollon gewesen war, der vor Troja die Seuche über die griechische Armee geschickt hatte. Und ihm muss klar gewesen sein, dass Apollo der Lieblingsgott Octavians war; Antonius selbst war ja eher ein Anhänger von Dionysos und Herkules. Einem Mann der Tat wie ihm wird dieser Umstand kaum schlaflose Nächte bereitet haben, aber dem einen oder anderen in seinem Lager sicherlich schon. Zumindest war dieser Gedanke nicht dazu angetan, die allgemeine Stimmung zu heben. Octavians Strategie ging auf. Indem er sich weigerte, an Land zu kämpfen, und zugleich Agrippa auf See feindliche Stützpunkte erobern und feindliche Geschwader besiegen ließ, machte Octavian den Gegner handlungsunfähig. Da er das Meer kontrollierte, konnte Octavian die Einfuhr von Nahrungsmitteln in das gegnerische Lager weitestgehend unterbinden. Gleichzeitig war sein eigenes Militärlager höher gelegen und seine Armee dadurch gesundheitlich automatisch weniger gefährdet. Seine Männer mussten im Gegensatz zu Antonius’ Truppen nicht hungern, und bislang waren alle Versuche des Feindes, sie vom Trinkwasser abzuschneiden, fehlgeschlagen. In der Zwischenzeit liefen immer mehr enttäuschte Verbündete des Antonius zu Octavian über.
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Vielleicht hatte Antonius gehofft, er könne dem Zorn der Götter Einhalt gebieten, aber er kannte die Realitäten des Krieges zu gut, um davon auszugehen, dass Gebete allein seine Männer retten würden. Stattdessen kam er zu demselben Schluss wie Achill in der Ilias: Es war Zeit zu gehen. Bei Homer verkündet Achill im Kriegsrat seinen Mitkommandanten: Nun denk’ ich, wir zieh’n den vorigen Irrweg wieder nach Hause zurück, wofern wir entrinnen dem Tode; weil ja zugleich der Krieg und die Pest hinrafft die Achaier.6 Antonius’ Situation in Actium war ganz ähnlich. Es war an der Zeit, aufzubrechen und zu retten, was sich retten ließ. Das letzte halbe Jahr hatte die Welt erschüttert. Ende Februar waren Antonius’ Truppen aus ihrem Winterschlaf erwacht und hatten sich darauf eingestellt, entweder in Italien einzumarschieren oder in Griechenland eine alles entscheidende Landschlacht zu kämpfen. Dann hatte Agrippa Methone eingenommen, diverse Überfalle rund um Westgriechenland initiiert und mehrere Flottengeschwader von Antonius besiegt. Octavian hatte erfolgreich die Adria überquert und seine Schiffe mit denen von Agrippa zu einem großen Flottenverband vereinigt. Antonius hatte mehrfach versucht, die beiden von der Anhöhe nördlich von Actium zu vertreiben, aber alle Versuche waren fehlgeschlagen. Währenddessen hatten seine eigene Armee und Flotte immer weiter abgebaut. Wichtige Verbündete waren zum Feind übergelaufen. Im August war klar: Octavian und vor allem Agrippa waren dem großen Marcus Antonius in militärischer Hinsicht haushoch überlegen. Antonius war vom Belagerer zum Belagerten geworden.7 Auf See gelang Agrippa anscheinend alles, was er anpackte, und an Land konnte Octavian – zweifellos mit Agrippas Hilfe – Antonius’ Angriffe abwehren und seine Position halten. Als ultimative Demütigung segelte Agrippa irgendwann im Laufe jener Monate (wann genau, wissen wir nicht) in den Golf von Korinth hinein und eroberte dessen Kronjuwel, Korinth.8 Antonius’ Truppen eroberten die Stadt bald wieder zurück, aber schon dieser vorübergehende Verlust war ein herber Schlag für sein Prestige.
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Wie konnte der Held von Philippi nur so tief fallen? Zum einen hatten Octavian und Agrippa in den vorangegangenen zehn Jahren viel dazugelernt, was Kriegstaktik anging. Agrippas Leistungsbilanz in Gallien und am Rhein, sein Beitrag zum Sieg Octavians im Perusinischen Krieg und sein gigantischer technisch-operativer Erfolg gegen Sextus Pompeius, Octavians und Agrippas gemeinsames Vordringen in Illyrien – die beiden Männer hätten dem Senat ein ganzes Archiv von Siegesmeldungen schicken können. Zum anderen hatte sich Antonius selbst ins Aus manövriert, indem er sich auf eine Versorgungskette verlassen hatte, die aus zu vielen Gliedern bestand, als dass man sie effizient verteidigen konnte. Antonius hatte geglaubt, er könne zu Lande einen schnellen Sieg erringen. Stattdessen erlebte er einen ermüdenden Stellungskrieg, bei dem der Feind, indem er die Seewege kontrollierte, immer mehr die Oberhand gewann.
Großmut und Strenge Domitius Ahenobarbus hatte endgültig genug. Schon ein Jahr zuvor in Ephesos hatte er mit seiner Missbilligung gegenüber Kleopatra nicht hinter dem Berg gehalten. Unterdessen hatte sich sein Hass auf sie nur vergrößert; die Quellen verraten uns leider keine Einzelheiten, aber die Situation war offenbar für ihn so unerträglich, dass er sich auf Octavians Seite schlug.9 Die Entscheidung dürfte ihm schon deshalb nicht ganz leicht gefallen sein, weil Octavian Ahenobarbus wegen der Ermordung Iulius Caesars zum Tode verurteilt hatte, obwohl dieser unschuldig war. 32 v. Chr. war Ahenobarbus Konsul gewesen und hatte es vorgezogen, Rom zu verlassen und zu Antonius zu flüchten, statt Octavian zu dulden. Vielleicht ging Ahenobarbus nun davon aus, dass Octavian jeden Überläufer mit offenen Armen empfangen würde, selbst wenn er einst mit ihm verfeindet gewesen war. Ahenobarbus hinderte es auch nicht am Überlaufen, dass er krank war und Fieber hatte. Er bestieg eine sehr kleine Galeere, wahrscheinlich mit weniger als zwanzig Ruderern, und wurde offenbar direkt über die Meerenge von Actium gerudert und den Hügel hinauf zum feindlichen Lager geleitet.10
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Es ist durchaus möglich, dass Ahenobarbus unbeobachtet entkam, aber keinesfalls blieb seine Abwesenheit lange unbemerkt. Antonius war, gelinde gesagt, verärgert – immerhin war Ahenobarbus sein erfahrenster Admiral. Dennoch gab er sich großmütig, indem er Ahenobarbus sein Gepäck hinterherschickte sowie seine treuesten Anhänger und Diener. Kleopatra war damit angeblich überhaupt nicht einverstanden, aber Antonius folgte nur dem Beispiel Caesars, der dasselbe getan hatte, als sein Stellvertreter ihn im Stich gelassen hatte.11 Vielleicht wollte Antonius mit seiner großmütigen Geste demonstrieren, dass er sich besser als Nachfolger Caesars eignete als Octavian. Vielleicht schwang aber auch ein Hauch Verachtung mit, als wolle Antonius beweisen, wie wenig Ahenobarbus ihm bedeutete, indem er sich demonstrativ nicht über dessen Fortgang ärgerte. Auch wenn Ahenobarbus krank war und schon bald starb, nachdem er zu Octavian übergelaufen war, schadete er Antonius mit seinem Verrat gleich in doppelter Hinsicht: Er brachte dem Feind wichtige Informationen (oder zumindest musste Antonius befürchten, dass er das tat), und indem er demonstrierte, wie sehr er die Zustände in Antonius’ Lager missbilligte, ermunterte Ahenobarbus andere, seinem Beispiel zu folgen – und die taten es. Um die Abwanderung zu stoppen, schreckte Antonius vor nichts zurück, bis hin zu Folter und Mord: Er ließ zwei prominente Männer hinrichten, an deren Loyalität er zweifelte – den syrischen König Iamblichus und den römischen Senator Quintus Postumius.12 Doch es nützte nichts. Laut einer Quelle liefen jeden Tag Männer von Antonius zu Octavian über, aber kein Einziger umgekehrt.13 Das ist zweifellos übertrieben, aber im Großen und Ganzen dürfte es stimmen. Zu den Überläufern zählten Marcus Licinius Crassus, ein ehemaliger Anhänger von Sextus Pompeius, und Marcus Iunius Silanus, der sich mit den Anhängern Kleopatras zerstritten hatte.14 Wer wann genau Antonius’ Lager verließ, ist unklar, aber mindestens ein weiterer prominenter Überläufer sollte noch hinzukommen. Nur drei Konsulare (ehemalige Konsuln, die nach wie vor höchstes politisches Ansehen genossen) blieben Antonius treu: Canidius, Gaius
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Sosius und Lucius Gellius Publicola. Wie so viele historische Figuren jener Zeit würde Letzterer eine wunderbare Romanfigur abgeben. Denn neben dem üblichen Hin und Her – zunächst unterstützte er Brutus, dann wechselte er zu Antonius – war auch seine Familiengeschichte ziemlich dramatisch. Publicola wurde in einen alten Patrizierclan hineingeboren, dann aber von einem Mann adoptiert, der sehr einflussreich war, jedoch nicht dem römischen Adel angehörte. Man munkelt, dass Publicola später mit der zweiten Ehefrau seines Adoptivvaters fremdging.15 Publicolas Bruder, Marcus Valerius Messalla Corvinus, hatte ebenfalls Antonius unterstützt, war aber bereits 35 v. Chr. zu Octavian übergelaufen. Corvinus war Octavians Mitkonsul für das Jahr 31 v. Chr., und mit Sicherheit befand er sich zusammen mit seinem Amtskollegen in Actium.16 Somit standen sich in den feindlichen Lagern an der Meerenge von Actium auch zwei Brüder gegenüber.
Gescheiterte Ausbrüche Da Antonius nicht mehr genügend Soldaten hatte, schickte er Dellius und Amyntas nach Makedonien und Thrakien, um Söldner anzuwerben. Und er reiste ihnen selbst hinterher, angeblich weil er an ihrer Loyalität zweifelte.17 Doch auch wenn sich dieser Verdacht als begründet herausstellte – vielleicht brauchte Antonius auch einfach nur eine Pause von Actium. Vielleicht dachte er auch, er könne Octavian dazu bringen, ihm zu folgen, und ihn in eine Falle locken. Weder das eine noch das andere klappte: Es gab weder einen Zustrom neuer Söldner, noch tauchte Octavian auf. Damit war auch Antonius klar, dass er handeln musste, und das ging nur auf See. Allerdings verzichtete er darauf, den Gegenangriff persönlich anzuführen. Vielleicht fürchtete er, die letzte Schlacht dann nicht mehr zu erleben, doch wahrscheinlich war Antonius sich einfach nur dessen bewusst, dass er kein Admiral war. Also vertraute er seine Flotte einem Mann an, der sich auf dem Meer auskannte: Er legte sein Schicksal in die Hände von Gaius Sosius. Ahenobarbus war auf See noch erfahrener, aber er stand ja nicht mehr zur Verfügung. Sosius hatte sich wie Antonius eher als erfolgreicher Kommandant zu Lande ausgezeichnet, aber immerhin hatte er daneben auch Verbindungen zur Marine. Und er war loyal.
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Sosius hatte seine ganze Karriere um Antonius herum aufgebaut. Im Jahr 39 v. Chr. diente er ihm zunächst als Quästor, dann übertrug ihm sein Dienstherr wichtigere Aufgaben: Als Statthalter verwaltete Sosius Syrien und Kilikien, und er organisierte ein römisches Heer, um Herodes gegen den Widerstand der Parther auf den Thron von Judäa zu bringen. Als Belohnung durfte er 34 v. Chr. in Rom einen Triumph feiern. Als Nächstes ließ er in der Hautpstadt den Apollo-Tempel restaurieren, um das römische Volk daran zu erinnern, dass es seinem Patron Antonius immer noch am Herzen lag. Im Jahr 32 v. Chr. wurde Sosius zum Konsul gewählt, und in dieser Funktion griff er Octavian an. Als Octavian zurückschlug, floh Sosius aus Rom und ging zu Antonius nach Ephesos. Dass Sosius sich mit der Kriegsmarine auskannte, legt seine Verbindung zur Insel Zakynthos – strategisch günstig vor der Nordwestküste der Peloponnes gelegen – nahe: Sein Name taucht auf Münzen auf, die dort zwischen 39 und 32 v. Chr. geprägt wurden.18 Darauf sind Antonius und ein Adler abgebildet, eines der Symbole der Ptolemäer und damit von Kleopatra. Da Zakynthos mehrere Häfen hatte, handelte es sich mit Sicherheit um einen Flottenstützpunkt, und Sosius’ Name auf den Münzen deutet darauf hin, dass er dort das Kommando hatte. Antonius übertrug also Sosius die Aufgabe, die Blockade zu durchbrechen. Es war Hochsommer, vielleicht Anfang August. Sosius war ein Profi, und er hatte einen Plan. Er wartete auf dichten Nebel und segelte noch vor Morgendämmerung aus der Meerenge hinaus. Sein Ziel war ein kleines Geschwader der feindlichen Flotte, das ihm gegenüber vor Anker lag und unter dem Kommando von Lucius Tarius Rufus stand. Tarius war ein aufstrebender junger Mann, der trotz seiner niederen Herkunft wahrscheinlich schon in den Senat aufgestiegen war. Doch dies war nicht sein Tag. Von Sosius’ Attacke überrumpelt, ergriff er mit seinen Schiffen die Flucht. Zu seinem Glück tauchte plötzlich Agrippa mit einem viel größeren Geschwader auf. Tarius machte sich aus dem Staub, und Sosius hatte Glück, dass er mit heiler Haut davonkam. Seine Mitstreiter erlitten schwere Verluste, unter anderen wurde König Tarkondimotos von Amanos getötet. Einmal mehr triumphierten also Agrippa und Octavian, Sosius und Antonius waren die Verlierer. Beide Durchbruchversuche, zu Lande
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und zur See, waren gescheitert. Zu diesem Zeitpunkt wird Antonius beschlossen haben, seine Legionen wieder komplett auf das südliche Kap zu verlegen, was dann in der Nacht durchgeführt wurde.19 Dass er damit den Druck von Octavian in seinem Lager in Michalitsi nahm, wird Antonius kaum gefallen haben. Aber er hatte keine Wahl.
Antonius’ Strategie scheitert Im Sommer 31 v. Chr. hatte sich die Situation in Actium gedreht. Am Anfang war Antonius noch klar im Vorteil gewesen. Er hatte sich schon vor Monaten an der Westküste Griechenlands festgesetzt, mit einem ausgezeichneten Hafen als Basis. Octavian war mit der Gegend noch nicht vertraut, und seine Basis war nur ein mittelmäßiger Hafen gewesen. Und jetzt, einige Monate später, hatte Octavian Oberwasser, und Antonius kämpfte ums Überleben. Schuld am Zustand seiner Expedition war vor allem Antonius selbst. Er war nicht darauf vorbereitet, einen Seekrieg zu führen. Anscheinend sah er in seiner Flotte in erster Linie ein Transportmittel, vielleicht noch eine Belagerungswaffe, falls er tatsächlich in Italien einmarschieren würde. Aber warum war Antonius so schlecht vorbereitet? Eine mögliche Erklärung ist, dass er und Caesar damals, 48 v. Chr., bei dem Feldzug, der mit dem Sieg bei Pharsalos endete, ohne eine Strategie für einen Einsatz zur See gewonnen hatten. Auch die Gegenseite hatte ihre Ressourcen auf See damals nicht effektiv genutzt. Gleiches galt für die Doppelschlacht bei Philippi 42 v. Chr. Vielleicht ging Antonius also einfach davon aus, dass er Octavian zu einer Landschlacht bewegen konnte, sei es in Italien oder in Griechenland. Hinzu kam, dass Antonius gegenüber seinen Truppen nie den richtigen Ton fand. Um als Oberbefehlshaber seine Admiräle zu inspirieren, hätte er Wagemut und Tatkraft ausstrahlen müssen, aber damit war es nicht weit her. Außerdem hätte er nach dem Verlust von Methone die besonders verwundbaren Standorte entlang der Küste verstärken müssen. Er hätte sich mehr Mühe geben müssen, Patrai, Korkyra und Leukas zu retten. Und er hätte Korinth die Demütigung ersparen müssen, vom Feind geplündert zu werden.
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Sobald Octavian auf dem Meer das Kommando hatte, ging er in die Offensive und drängte Antonius in die Defensive. Während dieser Phase des Ptolemäischen Kriegs war die Offensive rückblickend die zielführendere Strategie. Aus der Defensive ließ sich ein Krieg nur gewinnen, wenn man einen Weg fand, den Spieß umzudrehen, etwa durch eine Strategie der „verbrannten Erde“, damit der Angreifer hinterher keine Nahrung mehr vorfand, oder indem man ihn auf irgendeine Weise zu einer Schlacht zu Bedingungen verleitete, die für ihn ungünstig waren. Oder indem man eine zweite Front eröffnete, den Gegner in einen Hinterhalt oder in eine Falle lockte, eine technologische Innovation einsetzte oder neue Verbündete und neue Ressourcen gewann. Mitunter war es sogar ratsam, eine taktische Niederlage hinzunehmen, wenn sich diese in einen moralischen und damit strategischen Sieg verwandeln ließ. Antonius versuchte genau das: Octavian von der Versorgung mit Trinkwasser abzuschneiden, ihn zu einer offenen Feldschlacht an Land zu bewegen und neue Verbündete zu gewinnen, doch alle seine Bemühungen waren vergebens. Antonius hatte versagt. Eigentlich hätte er sich aus Actium zurückziehen müssen, so schmerzhaft das für ihn auch war. Hätte er das schon im Mai getan, dann hätte er seine Armee nach Mittelgriechenland verlegen und dort in aller Ruhe auf den Feind warten können, so wie Caesar nach seiner Niederlage bei Dyrrhachium 48 v. Chr. Alternativ hätte er sich mit Armee und Flotte in einen leicht zu verteidigenden Bereich der Ägäis zurückziehen können, hinter einer gedachten Linie Athen–Kreta–Kyrene (im heutigen Libyen). Damit hätte er an Prestige eingebüßt und sein Territorium in Westgriechenland verloren, und wahrscheinlich wären ihm seine Verbündeten erst recht weggelaufen, aber er hätte überlebt und hätte ein andermal weiterkämpfen können. Doch im August war es dafür bereits zu spät. Zu den Qualitäten eines erfolgreichen Heerführers gehören ein gutes Urteilsvermögen, Mut, Agilität und eine entschlossene Führung. Im Frühjahr und Sommer 31 v. Chr. zeigte sich, dass Antonius über keine dieser Eigenschaften in hinreichendem Maße verfügte. Vielleicht lag dies für den jetzigen Zeitpunkt daran, dass er seinen ersten richtigen Feldzug auf See führen musste. Selbst mit erfahrenen Seeleuten wie Ahenobarbus und So-
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sius im Team war es für jemanden, der sich damit gar nicht auskannte, sicher nicht einfach, Land- und Seeoperationen zu koordinieren. Vielleicht war er dafür schon ein wenig zu alt. Vielleicht konnte er mit Agrippa in Sachen Wagemut, Erfahrung und Kompetenz einfach nicht mithalten. Zu Beginn des Krieges hatte sich die Frage gestellt, ob die Erfahrung Agrippas und seiner Veteranen die enormen materiellen und finanziellen Ressourcen der anderen Seite aufwiegen würde. Diese Frage stellte sich nun nicht mehr. Letztlich ging es auch darum, wer die bessere Führungspersönlichkeit war. In den zehn Jahren vor Actium war Octavian deutlich entscheidungsfreudiger geworden. Er hatte Antonius’ politische Attacken in Italien abgewehrt und seine Verbündeten bei Actium für sich gewonnen. Und Agrippa hatte sich als meisterhafter Taktiker erwiesen. Antonius hatte sich bis dahin als guter, aber nicht gerade herausragender Heerführer gezeigt: Als er 48 v. Chr. Caesars Legionen von Italien aus über die Adria führte, bewies er Tapferkeit und Intelligenz; als er noch in Brundisium lagerte und den Versuch des Feindes vereitelte, eine Blockade zu errichten, indem er ihm die Wasserversorgung abschnitt, stellte er sein Durchhaltevermögen unter Beweis. Und nachdem er mit seinen Kriegsschiffen von Italien aus die Adria überquert hatte, war er geschickt der feindlichen Flotte ausgewichen und an der Ostküste gelandet, wo es ihm gelang, einen feindlichen Hinterhalt zu umgehen, um sich dann mit Caesar zusammenzuschließen. Bald darauf wurde Caesars Armee bei Dyrrhachium belagert, und Antonius gelang es, die Linien genau in jenem Moment zu verstärken, als der Feind durchzubrechen drohte. Einige Monate später, bei der Schlacht von Pharsalos in Mittelgriechenland, befehligte Antonius die Legionen auf dem linken Flügel. Er leistete einen wichtigen, aber nicht den entscheidenden Beitrag zum Sieg, und er hatte auch nicht das Oberkommando, sondern Caesar. Immerhin gilt Antonius als Hauptverantwortlicher für den Sieg über die Truppen der Caesarmörder in der Doppelschlacht bei Philippi im Jahr 42 v. Chr., und das war in der Tat eine bedeutende Leistung. Doch eigentlich war der Ausgang von Philippi in gleichem Maße Cassius’ Suizid und Brutus’ Ungeduld geschuldet wie Antonius’ militärischem
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Geschick. Außerdem stechen aus Antonius’ militärischer Bilanz zwei Misserfolge heraus: die Belagerung von Mutina in Norditalien im Jahr 43 v. Chr. und die Belagerung von Phraaspa in Media Atropatene (Nordwest-Iran) im Jahr 36 v. Chr. Keine dieser Städte konnte er einnehmen, und in beiden Fällen erinnerte man sich vor allem an seine Organisation des geordneten Rückzugs. Alles in allem bewies Antonius immer wieder Tapferkeit, Einfallsreichtum und einen kühlen Kopf in misslichen Lagen, aber er war kaum jemals der Architekt eines Sieges. Antonius’ strategisches Versagen in Actium ist kein Einzelfall. Die Militärgeschichte ist voll von Feldzügen, deren Strategien wenig durchdacht waren und die unzureichend geplant waren. Das gilt sogar für Feldzüge sehr erfahrener Generäle. Erschreckend häufig kam es vor, dass ein kühner und ehrgeiziger Plan die geografischen Gegebenheiten oder die individuellen Bedingungen nicht ausreichend berücksichtigte – dies wurde zum Beispiel den britischen Befehlshabern John Burgoyne und Henry Clinton in der Schlacht von Saratoga, New York, im Jahr 1777 zum Verhängnis. Beide hatten sich sowohl im Siebenjährigen Krieg gegen Frankreich als auch in früheren Phasen der Amerikanischen Revolution verdient gemacht. Doch in Saratoga, der entscheidenden Schlacht des Unabhängigkeitskriegs, scheiterten sie. Wenden wir uns nach den militärischen nun den psychologischen Aspekten zu. Die feindlichen Quellen erklären, Antonius sei von Kleopatra entmannt worden, habe also unter ihrer Fuchtel gestanden. Sie legte angeblich zudem gegen alle Pläne, die Küste Westgriechenlands zu verlassen, ihr Veto ein, da sie wusste, dass sie von dort aus einen Vorstoß des Feindes nach Südosten in Richtung Ägypten am besten verhindern konnten und dass ihre Flotte ihr dort den Ruhm einbringen konnte, der ihr durch eine Landschlacht verwehrt bleiben würde. Fast noch schlimmer ist die Behauptung, Antonius sei in Trunkenheit und Selbsttäuschung versunken. Man muss diese propagandistisch gefärbte Version der Ereignisse nicht für bare Münze nehmen, aber der Schluss liegt gleichwohl nahe, dass Kleopatras Anwesenheit in Antonius’ Armee und insbesondere in seinem Generalstab Ordnung und Disziplin beeinträchtigte. Selbst Canidius
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Crassus, der im Jahr zuvor in Ephesos noch strikt dagegen gewesen war, die Königin fortzuschicken, war nun der Ansicht, dass Kleopatra gehen musste.20 Das war kein persönlicher Angriff, vielmehr sprach sich Ca nidius dafür aus, den Großteil der Flotte und die ägyptische Schatzkasse in Sicherheit zu bringen, solange dies noch möglich war. Allerdings gab es unter Antonius’ Generälen, selbst nachdem Ahenobarbus zu Octavian übergelaufen war, gewiss auch noch solche, die Kleopatra schlicht nicht mochten.
Kriegsrat Ende August war jedenfalls klar, dass Antonius keine andere Wahl hatte, als Actium zu verlassen. Die Frage war nur, wie? Um das zu beratschlagen, berief er einen Kriegsrat ein.21 Dieser wird im Feldherrnzelt (praetorium) stattgefunden haben, das sich in der Mitte des Militärlagers befand, umgeben von den Reihen der Soldatenzelte. Das Lager war 3716 Quadratmeter groß, mit einer Seitenlänge von etwa 60 Metern. Die Zeltplane des praetorium war üblicherweise aus Ziegen- oder Kalbsleder. Caesar behauptete, in Pompeius’ Lager bei Pharsalos im Jahr 48 v. Chr. hätten die Offiziere ihre Zelte mit frisch geschnittenen Rasenstreifen auslegen lassen und von Silbergeschirr gegessen.22 Es wäre nicht allzu verwunderlich, wenn Antonius’ Zelt ähnlich luxuriös ausgestattet war. Antonius führte beim Kriegsrat den Vorsitz. Wir können rekonstruieren, wer daran teilnahm: Canidius Crassus, der Befehlshaber der Legionen, Sosius und Publicola, die ranghöchsten Befehlshaber der Marine, der ehemalige Volkstribun Insteius, ein Loyaler, der Antonius bei der Belagerung von Mutina gedient hatte, sowie zwei weitere wichtige Offiziere, Marcus Insteius und Marcus Octavius. Letzterer war möglicherweise identisch mit einem entfernten Verwandten Octavians, der im Bürgerkrieg von 49 bis 46 v. Chr. auf der Adria und vor der nordafrikanischen Küste Flotten befehligt hatte, die gegen Caesars Streitkräfte kämpften. Und dann war da noch Quintus Dellius. Er hatte unter Antonius mehrere wichtige Posten bekleidet und ihm als Diplomat und Offizier im Osten gedient, insbesondere während des Partherkriegs. Im Jahr 41 v. Chr. hatte Antonius ihn nach Alexandria geschickt, um Kleopatra zu dem schicksalhaften
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Treffen mit ihm in Tarsos zu holen. Im Jahr darauf hatte er ihm eine weitere wichtige Mission übertragen: König Herodes im Kampf gegen dessen Rivalen zu unterstützen. Zu Beginn seines Feldzugs in Media Atropatene im Jahr 36 v. Chr. hatte Antonius Dellius nach Alexandria geschickt, um Kleopatra zu bitten, zu Antonius’ Hauptquartier in Syrien zu kommen. So ganz vertrauenswürdig war Dellius aber nicht, denn er hatte zwei andere Kommandanten im Stich gelassen, bevor er sich Antonius angeschlossen hatte. Eine andere Persönlichkeit des öffentlichen Lebens bezeichnete Dellius damals als den „Trickreiter der Bürgerkriege“, weil er so oft „das Pferd gewechselt“ habe.23 Gerüchten zufolge soll Dellius Kleopatra schlüpfrige Briefe geschrieben haben, woraus so manch einer folgerte, die beiden hätten ein Verhältnis gehabt.24 Gut möglich, dass Antonius auch einige hochrangige Zenturionen in den Kriegsrat holte, wie es Caesar manchmal getan hatte. Die Zenturionen waren die einzigen Berufsoffiziere in der römischen Armee. Vermutlich waren auch Kommandanten der Verbündeten anwesend, aber die einzige nichtrömische Person, deren Anwesenheit tatsächlich belegt ist, war Kleopatra. Dass eine Herrscherin an einem Kriegsrat teilnahm, war durchaus schon vorgekommen, zum Beispiel im Vorfeld der Schlacht von Salamis im Jahr 480 v. Chr., als Königin Artemisia I. von Karien im Kriegsrat des persischen Königs Xerxes I. von Persien saß. Aber ungewöhnlich war es dennoch. Andere Kommandanten waren nicht dabei. Einige waren desertiert, andere in der Schlacht gefallen, einer war von Antonius hingerichtet worden. Sicherlich hatte es schon einige Kriegsratssitzungen gegeben, bei denen alle anwesend gewesen waren; dass alle Verbliebenen wussten, warum diese Kollegen nun nicht mehr mit im Zelt saßen, wird die ohnehin schon düstere Stimmung nicht gerade verbessert haben. Canidius plädierte für einen Rückzug nach Makedonien oder Thrakien, um den Krieg doch noch durch eine Landschlacht zu entscheiden. Er versprach Antonius sogar die Hilfe eines gewissen Dikomes.25 Über diesen Getenkönig ist nichts weiter bekannt; die Geten waren ein ebenso wohlhabendes wie kriegerisches Volk, das zwischen dem Hister (Donau) und dem Schwarzen Meer siedelte, im heutigen Bulgarien und Rumänien.
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Einer Quelle zufolge waren die Geten allerdings untereinander zu zerstritten, als dass sie Antonius hätten helfen können. Doch hoffen konnte man ja. Es war keine Schande, eine Seeschlacht zu vermeiden, wenn man es mit einem so erfahrenen Admiral wie Agrippa zu tun hatte, soll Canidius gesagt haben. Er forderte Antonius auf, die Kampfkraft seiner zahlreichen Legionäre zu nutzen, statt sie zu verschwenden und seine Soldaten auf die Schiffe zu verteilen.26 Aber es war zu spät. Auf Dikomes konnte man sich nicht verlassen, und Octavian würde Antonius kaum den Gefallen tun, sich plötzlich auf eine Feldschlacht einzulassen, wo er eine solche bisher doch absichtlich vermieden hatte. Und selbst wenn Octavian plötzlich zum Kampf bereit wäre, war immer noch die Frage, ob Antonius eine Feldschlacht überhaupt noch würde gewinnen können. Seine Legionen waren hungrig, von Krankheiten geplagt, unterbesetzt und demoralisiert. Und wenn Octavian sich wirklich weigerte zu kämpfen, müssten sich die Soldaten trotzdem irgendwie nach Ägypten zurückziehen, was ohne Flotte nahezu unmöglich wäre. Denn eines darf man nicht vergessen: Sobald sie sich von der Küste zurückzögen, würden sie die Flotte aufgeben müssen. Weder Armee noch Flotte befanden sich in einer guten Ausgangslage, um eine Schlacht zu schlagen (geschweige denn zu gewinnen), aber die Lage der Flotte schien insgesamt vielversprechender. Natürlich würde der Feind ihre Abfahrt verhindern wollen, aber zumindest ein Teil der Schiffe sollte in der Lage sein, die Blockade zu durchzubrechen und zu entkommen. Und vielleicht würde Antonius’ Flotte die von Octavian ja sogar besiegen – da hatte es schon größere Überraschungen gegeben. Die Landarmee hingegen schien auf jeden Fall verloren. Diejenigen von Antonius’ Schiffen, die davonkämen, wären viel mobiler als Soldaten an Land: Sie würden schneller einen Ort erreichen, an dem sie ihre Vorräte auffüllen konnten. Antonius hatte immer noch einen Flottenstützpunkt am Kap Tainaron im Süden der Peloponnes, etwa drei Tagesreisen von Actium entfernt, wo über Nacht eine Flotte von Kriegsschiffen landen konnte. Wir können davon ausgehen, dass Antonius plante, die Schiffe mit seinen besten und gesündesten Soldaten zu besetzen. Vielleicht sorgte er sogar dafür, dass wenigstens diese vorher ausreichend verpflegt wurden.
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In Antonius’ Lager bei Actium glänzten die Helme der Legionäre in der Sonne. Das Meerwasser hatte die bronzenen Schnäbel der Kriegsschiffe braungrün anlaufen lassen. Dieses Schicksal blieb Kleopatras Schatz erspart, den riesigen Gold- und Silbervorräten im Lager, die sie aus Ägypten mitgebracht hatte. Zweifellos war dieser Schatz beträchtlich, und wahrscheinlich kamen noch weitere Gelder hinzu – Geschenke der Verbündeten und Steuern, die Antonius im Osten kassiert hatte und die er eisern nicht nach Rom weiterleitete. Alle waren scharf auf dieses Geld. Die Königin und Antonius konnten damit neue Soldaten anheuern – was sie auch dringend tun mussten, wenn sie weiterkämpfen wollten. Und Octavian? Der war bei vielen seiner Landsleute daheim nicht mehr allzu gut gelitten, seit er Italien finanziell komplett ausgepresst hatte, um seine Armee und seine Flotte zu bezahlen. Schon deshalb wollte er diesen Schatz unbedingt in die Hände bekommen. Selten hatte also eine Flotte so reiche Beute an Bord wie die von Antonius und Kleopatra, als sie versuchten, aus Actium zu fliehen. Sie hätten den Schatz auch auf dem Landweg transportieren können, aber der Seeweg erschien ihnen angesichts des schlechten Zustands der Armee weniger riskant. Zwar war eine Seereise nie ohne Risiko, aber noch war Sommer, und das Mittelmeer war relativ ruhig. Den Quellen zufolge war es Kleopatra, die den Kommandanten den Plan unterbreitete, den jene am Ende in die Tat umsetzten:27 an den strategisch wichtigsten Standorten Garnisonen bestehen zu lassen (vielleicht um Octavian zu zwingen, einen Teil seiner Ressourcen für die Blockade dieser Positionen aufzuwenden), während sie und Antonius mit dem, was von der Flotte übrig war, nach Ägypten segelten. Falls dieser Vorschlag wirklich von Kleopatra stammte, war dies ein bemerkenswertes Zeugnis für ihre analytischen Fähigkeiten, ihre Überzeugungskraft und ihren Einfluss. Und natürlich auch für die Bedeutung ihres Schatzes. So ungewöhnlich es im Altertum war, dass eine Frau an einem Kriegsrat teilnahm – dass sie sich dort mit ihren Argumenten durchsetzte, kam noch viel seltener vor. Kleopatra könnte Antonius unter vier Augen noch ein zusätzliches Argument unterbreitet haben: dass es ohnehin zu spät sei, die Armee zu retten, doch wenn sie die Legionen im Stich ließen, wäre das für Octavian
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ein regelrechtes Danaergeschenk. Denn um diese Truppen zur Kapitulation zu bewegen, müsste er ihnen unter anderem Land und Geld anbieten, und beides hatte er nicht. Er würde schon wieder in Italien die Steuern erhöhen müssen, was seine Gegner auf den Plan rufen und veranlassen würde, sich wieder mit ihm anzulegen.28 Gewiss hofften Antonius und Kleopatra, dass sie die Flotte in Sicherheit bringen konnten, bevor der Feind sie angriff.29 Dennoch mussten sie sich auch darauf einstellen, dass es zur Schlacht kam. Wie nicht anders zu erwarten, dichten die Quellen Antonius und Kleopatra nur niederste Motive an. Laut Plutarch war Antonius kaum mehr als ein Anhängsel Kleopatras, und nur um ihr zu gefallen, wollte er mit der Flotte den Sieg erringen.30 Kleopatra war angeblich nichts als eine verängstigte Frau, die sich von schlechten Omina leiten ließ.31 Das stimmt genauso wenig wie die Behauptung, sie habe nur an sich selbst und ihre Flucht gedacht.32 In Wirklichkeit hatten Antonius und Kleopatra lediglich erkannt, was die Stunde geschlagen hatte. Eine Landschlacht kam nicht mehr infrage. Es gab nur einen Ausweg, und der führte über das Wasser.
Der Plan Wir werden wohl nie genau wissen, wie Antonius’ Schlachtplan für Actium genau aussah – allzu spärlich und feindselig sind die Quellen. Aber wir können auf Grundlage der Arbeit von Generationen von Forschern eine plausible Rekonstruktion versuchen. Vor rund hundert Jahren diskutierten die Gelehrten darüber, ob Antonius glaubte, er könne die gegnerische Flotte zerstören, oder ob er es für das Beste hielt, sich durchzuschlagen und so viele von seinen Schiffen wie möglich nach Ägypten in Sicherheit zu bringen, um sie ein andermal erneut in die Schlacht zu führen. Seither hat sich ein Konsens zugunsten der letzteren These herausgebildet. Wobei Antonius insgeheim vielleicht dennoch auf eine glückliche Fügung hoffte, falls die Götter ihnen gnädig waren. Mit anderen Worten: Antonius’ Plan bei Actium bestand darin, die Seeblockade zu durchbrechen; aber falls der Feind einen Fehler beging oder falls das Wetter Antonius auf der Flucht die Gelegenheit bot, ihn doch noch zu besiegen, dann würde er die Chance nutzen.
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Antonius wird kaum davon ausgegangen sein, dass er aus Actium fliehen konnte, ohne dass Octavians Flotte versuchten würde, ihn aufzuhalten. Ebenso wenig wird er geglaubt haben, dass er den Feind überrumpeln konnte – dazu gab es zu viele feindliche Spione, und obendrein konnte man sicherlich noch aus einiger Entfernung beobachten, dass er seine Schiffe zum Aufbruch rüstete. Aber vielleicht hoffte er, dass der Feind wenigstens nichts von seiner Taktik wusste. Auch diese Hoffnung wurde schließlich zunichtegemacht, und zwar durch einen letzten prominenten Überläufer: Dellius. Der notorische Wendehals beging seinen letzten – und profitabelsten – Verrat, als er Octavian die Einzelheiten von Antonius’ Plan berichtete. Mit ziemlicher Sicherheit berief Octavian nun seinerseits einen Kriegsrat ein.33 Zu den Teilnehmern zählten zweifellos seine drei Flottenkommandan ten Agrippa, Lucius Arruntius und Marcus Lurius. Arruntius hatte sich, wie so viele, zunächst im Bürgerkrieg hervorgetan. Er stammte aus einer Stadt in der Nähe Roms. Seine Familie war wohlhabend, gehörte aber nicht dem Senatorenstand an. 43 v. Chr. entging er der Verurteilung zum Tode durch die Triumvirn, indem er zu Sextus Pompeius nach Sizilien floh. Nach der Amnestie von 39 v. Chr. kehrte er aber nach Italien zurück und kämpfte für Octavian. Lurius war 40 v. Chr. Statthalter von Sardinien und verlor die Insel an einen Kommandanten von Sextus Pompeius, als der ihn auf See besiegte. Zweifellos hoffte Lurius, diese Scharte in Actium auszuwetzen. Bestimmt war auch der Heereskommandant Titus Statilius Taurus beim Kriegsrat anwesend. Er war ein bemerkenswerter Befehlshaber, der sich durch seine militärischen Leistungen ein enormes Prestige erarbeitet hatte; allein Agrippa genoss ein höheres Ansehen als er. Wie Arruntius stammte er aus einer Familie, die nicht dem Senatorenstand angehörte. Er hatte sich durch seinen Dienst für Octavian ausgezeichnet: Als Admiral hatte er gegen Sextus Pompeius gekämpft, danach hatte er die römische Provinz Africa (heute Tunesien) befriedet und dafür einen Triumph feiern dürfen; anschließend hatte er im Illyrienfeldzug gedient. Auch die wichtigsten Überläufer von Antonius könnten am Kriegsrat teilgenommen haben, darunter Amyntas von Galatien und Dellius.
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Zweifellos sollte Octavians Flotte versuchen, den Feind an der Flucht zu hindern. Die Frage war nur: mit welcher Taktik? Hierüber kam es zum Streit zwischen Octavian und Agrippa, vielleicht schon beim Kriegsrat, vielleicht auch erst später, nachdem sie beobachtet hatten, wie Antonius seine Schiffe flottgemacht hatte.34 Den Quellen zufolge schlug Octavian vor, Antonius und Kleopatra ohne Gegenwehr auslaufen zu lassen, sie dann aber mit ihren schnellen Schiffen von hinten anzugreifen. Antonius und Kleopatra selbst würden fliehen, aber der Rest der Flotte würde sich leicht überreden lassen, die Seiten zu wechseln. Octavian war überzeugt, dass er ohne Kampf gewinnen konnte. Agrippa sah das anders. Während ihre eigenen Schiffe kampfbereit und von allem überflüssigen Ballast befreit waren, würde Antonius seine Schiffe speziell für die Flucht ausrüsten und die Segel hissen lassen; vermutlich würde er auch auf günstigen Wind warten, um möglichst schnell davonsegeln zu können. Daher würden ihre eigenen Schiffe kaum in der Lage sein, die Flotte von Antonius und Kleopatra einzuholen. Ihre einzige Chance war, dem Feind die Durchfahrt zu versperren. Octavian stimmte ihm schließlich zu. Wieder einmal bewies er Führungsqualität, indem er sich eingestand, dass sein Untergebener es besser wusste als er.35 Wenn Antonius überhaupt eine Chance haben wollte, musste er auf seinen einzigen großen Vorteil setzen: die verstärkten Balken im Bug, mit denen seine größeren Schiffe beim Rammen eine große Wirkung erzielten. Sie konnten die Schlacht eröffnen, indem sie in die gegnerische Linie fuhren und ein Loch hineinrissen. Dann könnten Marineinfanteristen die feindlichen Schiffe entern. Vielleicht gelang es ihnen sogar, eine Panik auszulösen und die gegnerische Flotte in die Flucht zu schlagen. Das ging allerdings nur, wenn der Feind nicht genau darauf vorbereitet war. Doch Dellius hatte Agrippa einige entscheidende Informationen geliefert. Hatte Agrippa Antonius’ Schlachtplan erst durchschaut, wusste er, wie er dagegenhalten würde. Bevor die beiden Flotten in See gestochen waren, waren Informationen in diesem Konflikt das Zünglein an der Waage gewesen. Der Kampf um
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das Römische Reich war mittels Pamphleten, Reden, öffentlicher Zeremonien und religiöser Rituale geführt worden. Jetzt, am Vorabend der alles entscheidenden Schlacht, spielten Informationen wieder eine Schlüsselrolle. Damit waren die Weichen gestellt für den großen Kampf.
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Kapitel 11
Die Schlacht Actium, 2. September 31 v. Chr., Vormittag Schlachten sind wie Kinder: unberechenbar. Ein Kommandant kann sich noch so gut vorbereiten – er kann seine Truppen perfekt aufstellen; er kann seine Erfolgschancen berechnen, und, wenn er sie gering einschätzt, seine Flucht planen; er kann seine Helden, wenn sie sich aufmachen, dem Feind entgegenzutreten, leidenschaftlich anfeuern; er kann alles bis ins letzte Detail durchdenken. Und doch kann er sich nie sicher sein, was geschehen wird. Dinge gehen schief – Soldaten und Seeleute machen Fehler; ohne Vorwarnung kommt ein widriger Wind auf; ein Glückstreffer mit Bogen, Schleuder oder Katapult streckt einen Offizier nieder. Beide Parteien mögen glauben, sie könnten den Ausgang der Schlacht vorhersagen, und doch widersetzt sich das Kriegsgeschick aller Prophezeiung. So war es auch mit Actium. Sowohl Octavian und Agrippa als auch Antonius und Kleopatra glaubten vielleicht zu wissen, was sie in der großen Schlacht erwarten würde, aber sicher sein konnten sie sich nicht. Octavian und Agrippa waren klar im Vorteil: Sie verfügten über Erfah rung im Seekrieg, ihre Besatzungen waren gesund und gut genährt, sie hatten in letzter Zeit eine Reihe von Siegen eingefahren, ständig liefen Männer aus Antonius’ Lager zu ihnen über, und sie hatten einen Informa tionsvorsprung. Die Flotte von Antonius und Kleopatra hing mehr oder weniger in den Seilen, doch auch in diesem Zustand konnte sie sich unter Umständen noch als gefährlich erweisen. Ihre Chancen auf einen Sieg waren gering, aber für Antonius, Kleopatra und ihre Streitkräfte ging es um die Ehre und ums Überleben. Auch wenn ihre Flotte kleiner war als die Octavians, verfügte sie noch immer über einige große Schiffe, die mit ihren Rammspornen in der Lage waren, feindliche Schiffe zu versenken,
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und sie hatten Katapulttürme, von denen sie Geschosse abfeuern konnten (vgl. Farbtafel 13). Agrippa und Octavian mussten versuchen, jeden Schritt des Feindes zu antizipieren. Sie konnten sich keinen Fehler erlauben. Im Folgenden möchte ich Schritt für Schritt nachzeichnen, wie sich beide Seiten auf den schicksalhaften Zusammenstoß vorbereiteten, der nun unmittelbar bevorstand.
Quellen und Befunde Bevor wir uns ein Bild davon machen, wie alles im Einzelnen ablief, müssen wir uns zunächst die Quellen anschauen. Es gibt zwei detaillierte Berichte: den von Plutarch in seinem Leben des Antonius und den von Cassius Dio in seiner Römischen Geschichte. Keiner von beiden ist zeitgenössisch, aber beide Autoren haben (nicht überlieferte) zeitgenössische Berichte gelesen – insbesondere die Memoiren, die Octavian später als Augustus schrieb und die natürlich sehr einseitig waren. Auch wenn am Ende weder die Darstellung bei Plutarch noch die bei Cassius Dio wirklich überzeugt, liefern sie doch eine Menge nützlicher Informationen. Der Geschichtsschreiber Livius verfasste ebenfalls einen detaillierten Bericht, und der hätte uns, auch wenn er für Octavian Partei ergriff, sicherlich sehr weitergeholfen, aber leider ist davon nur eine ganz kurze Zusammenfassung erhalten geblieben. Des Weiteren thematisiert der Dichter Horaz die Schlacht bei Actium in zwei Gedichten, Vergil widmet ihr einen kurzen Abschnitt in seinem Epos Aeneis, und der Dichter Properz hat sich des Themas in mehreren Gedichten angenommen. Doch diese Texte sind für uns von geringem Wert, handelt es sich doch lediglich um Schmeicheleien für Octavian. Einige weitere antike Geschichtsschreiber erwähnen Actium ebenfalls, insbesondere Velleius Paterculus (der von etwa 20 v. Chr. bis nach 30 n. Chr. lebte), Florus (um 100 n. Chr.) und Orosius (um 400 n. Chr.), doch diese Berichte sind ebenso knapp wie einseitig. Archäologische Befunde ergänzen die schriftlichen Quellen. Einige wenige Objekte wurden im Meer gefunden. In der äußeren Bucht von Preveza, einer Stadt auf der nördlichen Halbinsel am Eingang zum Ambrakischen Golf, also in dem Gebiet, wo die Schlacht stattfand, hat man eine bronzene Galionsfigur entdeckt, die Büste einer weiblichen Figur
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mit Helm und Brustpanzer – möglicherweise der Göttin Athene. Da sie nur 48 Zentimeter hoch ist, stammt sie wahrscheinlich von einem kleinen Schiff. Stilistisch lässt sie sich dem 1. Jahrhundert v. Chr. und einer griechischen, vielleicht auch einer ptolemäischen Werkstatt zuordnen. Sie könnte also von einem der Schiffe von Antonius oder Kleopatra stammen. Bei einer Reihe kleiner, eiförmiger Steine, die 1997 ganz in der Nähe auf dem Meeresgrund fotografiert, aber nicht geborgen wurden, könnte es sich ebenfalls um Artefakte aus der Schlacht handeln, vielleicht um Katapultkugeln. Außerdem hat die Unterwasserarchäologie – nicht in Actium, sondern an einer anderen Stelle im Mittelmeer – etwa dreißig antike Kriegsschiffsrammen entdeckt, von denen die meisten aus dem 3. Jahrhundert v. Chr. stammen.36 Solche mit drei Spitzen versehene Rammsporne waren auf Höhe der Wasserlinie angebracht und ermöglichten es den Galeeren, feindliche Schiff zu beschädigen, ohne selbst Schaden zu nehmen. Außerdem liefern einige Münzen und Fresken wichtige, wenn auch indirekte Informationen. Das bei Weitem wichtigste materielle Zeugnis ist aber das Siegesdenkmal, das Octavian nach der Schlacht an der Stelle errichten ließ, wo sein Militärlager gestanden hatte. Die letzten 25 Jahre über hat Konstantinos Zachos vom Griechischen Archäologischen Dienst diese Strukturen systematisch ausgegraben. Die Funde von ihm und seinem Team, insbesondere von dem Archäologen William M. Murray, haben wichtige neue Erkenntnisse insbesondere über die Kriegsschiffe geliefert.37 Auf der südlichen Landzunge von Actium ließ Octavian noch ein zweites Denkmal errichten, das sogenannte „Zehn-Schiffe-Monument“ (dekanaia). Davon sind keine Spuren mehr vorhanden, aber eine literarische Quelle besagt, dass darauf jede Schiffsklasse von Antonius’ Armada abgebildet war, von der Monere bis zur Dekere.38 Leider bieten diese Dokumente keine solide Grundlage für die Rekonstruktion der Schlacht, da sie entweder einseitig oder unvollständig sind. Insofern verwundert es wenig, dass sich die Wissenschaftler vehement darüber streiten, wie die Seeschlacht wirklich ablief. Immerhin hat sich in mehr als hundert Jahren Forschung und Debatte ein Konsens über die generellen Abläufe herausgebildet, wenn auch nicht über die Details.
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Vorbereitung Antonius und Kleopatra mussten ihre Flotte für die Schlacht vorbereiten, ohne ihre Truppen wissen zu lassen, dass sie einen Durchbruch durch die feindlichen Linien planten, denn selbst ein erfolgreicher Durchbruchversuch gegen einen zahlenmäßig überlegenen Feind würde viele Soldaten das Leben kosten. Antonius und Kleopatra wussten, dass sie bei diesem Manöver einen Teil – vielleicht sogar den Großteil – ihrer Schiffe und Besatzungen verlieren würden. Und wenn es ihnen nicht gelang, die feindliche Flotte zu besiegen, würden sie eine riesige Armee zurücklassen, die sich auf eigene Faust auf dem Landweg würde durchschlagen müssen. Selbst wenn die ohnehin schon von Hunger, Krankheit und Fahnenflucht gepeinigte Armee in Actium einigermaßen glimpflich davonkam, würde sie der Rache Octavians und Agrippas kaum entgehen. Sie mussten also verhindern, dass ihre Truppen, schon bevor die Schlacht begann, in Panik gerieten oder meuterten. Es war ein heikles Unterfangen. Als Erstes mussten sie einige ihrer eigenen Schiffe niederbrennen.39 Die Entscheidung dazu war schmerzhaft, aber es fehlte ihnen einfach an Personal, um alle Schiffe zu bemannen, und da war es besser, sie zu zerstören, als sie dem Feind zu überlassen. Antonius beschloss, nur seine größten und besten Schiffe zu benutzen, von der Größe her von Triremen bis Dekeren. Die Quellen geben ihre Zahl einmal mit 170, einmal mit weniger als 200 an, also wird es sich ungefähr um drei Geschwader mit je 60 Schiffen gehandelt haben.40 Antonius ließ auch Kleopatras Geschwa der unangetastet, das aus etwa 60 ägyptischen Kriegsschiffen bestand. Insgesamt verfügten sie also über rund 230 Schiffe. Der Rest, die kleineren Kriegsschiffe und die meisten Handelsschiffe, wurden in Brand gesteckt. Einiges sprach dafür, auch die ganz großen Schiffe zu verbrennen. Dekeren eigneten sich aufgrund ihrer Größe nur dann für einen Frontalangriff auf andere Schiffe, wenn sie mit gesunden, ausgeruhten Ruderern bemannt waren, und die hatte Antonius nicht. Auch für eine schnelle Flucht unter Segeln waren sie denkbar ungeeignet. Doch wenn er seine „Zehnruderer“ angezündet hätte, wäre die psychologische Wirkung verheerend gewesen – es hätte den Männern deutlich gemacht, dass Antonius
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kaum noch Hoffnung auf einen Sieg hatte.41 Vielleicht konnte Antonius sich auch selbst nicht eingestehen, dass sie auf verlorenem Posten waren, denn nichts anderes hätte er zum Ausdruck gebracht, wenn er seine größten Schiffe hätte anzünden lassen.42 Also nahm er seine Dekeren mit in die Schlacht, auch wenn ihr militärischer Wert zumindest begrenzt war. Womöglich tat Antonius seinen Soldaten gegenüber sogar seine wahre Einschätzung kund, schließlich war seine Beziehung zu ihnen, wie man weiß, sehr eng. In den Quellen heißt es, dass Antonius und Kleopatra im Schutze der Nacht ihre reich gefüllte Kriegskasse auf ihren Schiffen verstauen ließen. Das Geld stammte unter anderem aus Kleopatras Staatsschatz und ihrem Privatvermögen, zum Teil waren es aber auch Beträge der Verbündeten sowie in den Provinzen im Osten erhobene Steuern und Tributzahlungen, die eigentlich für Rom gedacht waren, die Antonius aber offenbar selbst behalten hatte. Neben Münzen enthielt der Schatz sicherlich auch Schmuck und Edelsteine.43 Möglicherweise wurde auch der gesamte Sold der 20 000 an Bord der Schiffe kämpfenden Legionäre mitverladen. Im Römischen Reich behielt der Kommandant einer Legion den Großteil des Solds seiner Männer ein, um sicherzustellen, dass sie nicht alles auf einmal ausgaben – oder dass sie desertierten. Man nimmt an, dass Antonius und Kleopatra diese Operation so heimlich wie möglich durchführten. Nur ihre Schiffe konnten sie nicht heimlich verbrennen.44 Des Weiteren mussten Masten und Segel an Bord der Schiffe gebracht werden – im Vorfeld einer Schlacht eine höchst unorthodoxe Maßnahme: Normalerweise fuhren Kriegsschiffe nur mit Ruderkraft in die Schlacht und verzichteten auf die unhandlichen Segel mit ihren schweren Masten und Trossen. Doch als seine Steuermänner die Takelage und Segel an Land lassen wollten, wies Antonius sie an, alles mitzunehmen, und erklärte ihnen, vor Actium sei es sehr windig und ihre Schiffe seien so schwer, sodass sie nach der gewonnenen Schlacht die Segel benötigen würden, um den feindlichen Schiffen nachzusetzen. „Nicht ein einziger flüchtiger Feind soll uns entkommen“,45 soll er verkündet haben. In Wirklichkeit ging es ihm wohl eher darum, schnell loszusegeln, um selbst vor dem Feind zu fliehen.
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Etwa zur gleichen Zeit oder kurz danach ließ Antonius den Rest seiner Flotte zur Abfahrt beladen. Angesichts der unterschiedlichen Größe der Schiffe und des wahrscheinlichen Mangels an Seeleuten ist es schwer zu sagen, wie viele Ruderer und Seeleute an Bord der Schiffe waren, aber es dürften um die 40 000 gewesen sein. Hinzu kamen 20 000 schwer bewaffnete Soldaten und 2000 Bogenschützen. Die Auswahl des Personals an Bord erklärt sich durch die damals üblichen Elemente der Seekriegsführung, bei der man feindliche Schiffe beschoss, rammte, enterte und ihnen die Ruder „abrasierte“. Nicht allen gefiel Antonius’ Entscheidung, die Schiffe bemannen zu lassen. In einer Anekdote, die später Shakespeare aufgriff, berichtet Plutarch, Antonius sei im Vorbeigehen von einem Zenturio angesprochen worden.46 Ein Zenturio befehligte eine Zenturie, eine Einheit von achtzig Männern; er war für Organisation und Disziplin verantwortlich und hielt seine Legion auf Trab. Iulius Caesar hatte seine Zenturionen besonders großen Respekt gezollt und ranghohe Zenturionen an seinen Kriegsräten teilnehmen lassen. Bei Antonius war das wahrscheinlich ähnlich; insofern wird ihm das, was der Zenturio zu ihm sagte, nicht ganz gleichgültig gewesen sein. Der Mann war ein Veteran und von Narben gezeichnet, was seiner Kritik noch mehr Gewicht verlieh. „Imperator“, soll er Antonius angesprochen haben, „warum setzt du deine Hoffnung auf ein paar elende Stück Holz?“ Er flehte Antonius an, sie stattdessen an Land kämpfen zu lassen, wo sie entweder siegen oder sterben würden. Antonius soll nicht geantwortet haben, sondern den Mann lediglich mit einer ermutigenden Geste und einem aufmunternden Blick bedacht haben.47 Vielleicht hat sich etwas in der Art tatsächlich zugetragen. Wir wissen, dass römische Soldaten und insbesondere Zenturionen ihren Kommandanten manchmal ganz freimütig die Meinung sagten. Andererseits war sich Plutarch (oder seine Quelle) auch nicht zu schade, solche Dialoge mitunter komplett zu erfinden. Gewiss spiegelt der Appell des Zenturios wider, was Antonius’ Soldaten damals empfanden. Die meisten hatten noch nie an einer Seeschlacht teilgenommen, und wer noch nie zur See gefahren ist, neigt zu besonders großem Respekt vor dem nassen Element. Ein antiker Autor schrieb über die
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Seekriegsführung, es sei besonders wichtig, für den Kampf an Deck auf erfahrene Marinesoldaten zurückzugreifen.48 Viele von Antonius’ Soldaten hätten dem Zenturio sicher zugestimmt und lieber an Land gekämpft. Über die Vorbereitungen in Octavians Lager ist nichts Genaues überliefert. Er hatte genug Informationen über den Feind, um dessen Pläne zu kennen. Alle konnten den Rauch von Antonius’ brennenden Schiffen sehen. Octavians Späher auf dem nördlichen Kap gegenüber von Actium konnten sich ein genaueres Bild von Antonius’ Flotte und den Positionen seiner Schiffe machen. Octavians Truppen hatten so viele Seeschlachten gewonnen, dass sie allen Grund zur Zuversicht hatten, zumal immer mehr Fahnenflüchtige von Antonius zu ihnen überliefen. Trotzdem war ihnen bewusst, dass Antonius’ Schiffe eine enorme Rammkraft besaßen und dass sie sich mit dem Feind heftige Gefechte liefern würden, wenn es ihm gelang, ihre Schiffe zu entern. Daher brauchten auch sie einen sorgfältig ausgearbeiteten und gut durchdachten Schlachtplan. Sie wussten, dass Antonius’ Hauptziel darin bestand, die feindlichen Reihen zu durchbrechen und zu fliehen. Außerdem wollte er Octavians Flotte ernsthaften Schaden zufügen, aber nur, wenn die Schlacht in seinem Sinne verlief. Von Dellius hatten sie erfahren, dass Antonius sich zunächst in Küstennähe aufhalten würde, um zu verhindern, dass sie ihn über die Flanken angriffen – wovon er ausgehen musste, denn Octavian hatte fast doppelt so viele Schiffe. Antonius hoffte, dass er den Feind dazu bringen konnte, sich ihm zu nähern, damit er selbst einen Angriff starten konnte, der heftig genug war, dass er seine Flotte in Sicherheit bringen konnte. Die Zahlen, ihre Erfahrung zur See, ihre vielen kürzlichen Siege und die Tatsache, dass ihre Soldaten einigermaßen gesund und gut ernährt waren – all das sprach für Octavian und Agrippa.
Im Morgengrauen am Tag der Schlacht Am 29. August war alles zur Abfahrt bereit, doch Antonius’ Flotte lief weder an diesem Tag noch an den drei folgenden Tagen aus dem Ambrakischen Golf aus. Schuld war der Wind, wahrscheinlich ein starker Westwind. Sicherlich traten jeden Tag an der Küste die Männer an und warteten vergeblich auf den Startschuss, was die gespannte Stimmung noch
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weiter anheizte. Am fünften Tag herrschte „eine windstille, wellenlose Ruhe“. Endlich konnten die Schiffe zu Wasser gelassen werden. Es war der 2. September 31 v. Chr. Um 6:07 Uhr ging in Actium die Sonne auf,49 aber da werden die Truppen und Kommandanten längst wach gewesen sein. Sobald es hell genug zum Navigieren war, mussten sie abfahrbereit sein. In der Antike hielt ein Feldherr vor einer Schlacht immer eine Ansprache an seine Männer. Aber ohne wirksames Mittel, auf dem Wasser die Stimme zu verstärken, und mit Zehntausenden Männern auf Hunderten Kriegsschiffen wird nur ein kleiner Teil der Anwesenden gehört haben, was er zu sagen hatte. Von den Ruderern zum Beispiel, die unter Deck saßen, kann kaum jemand etwas davon mitbekommen haben. Plutarch berichtet, für seine Ansprache habe sich Antonius auf einem kleinen Boot um seine Schiffe herumfahren lassen. Er habe die Soldaten aufgefordert, sich im Kampf so zu verhalten, als seien sie an Land, und ihre Position zu halten, denn dazu seien die Schiffe groß genug. Die Steuermänner habe er angewiesen, den Rammattacken des Feindes so ruhig zu begegnen, als lägen sie vor Anker, und die engen Passagen rund um den Eingang zum Golf zu nutzen.50 Das waren durchaus gute Ratschläge, nur die letzte Anweisung war heikel. Einerseits war es sinnvoll, in Landnähe zu bleiben, damit die viel größere feindliche Flotte keinen Platz hatte, sich zu verteilen und sie zu umzingeln. Andererseits war das Wasser in Küstennähe ziemlich flach, und die Steuermänner mussten ständig aufpassen, dass sie nicht auf Grund liefen. Wahrscheinlich waren sie trotzdem ein paar Hundert Meter vom Ufer entfernt. Was Octavian gesagt hat, verrät Plutarch nicht, aber bei Cassius Dio findet sich der Wortlaut zweier Ansprachen, einer, die Antonius, und einer, die Octavian vor der Schlacht gehalten haben soll. Wenn uns in der griechischen und römischen Geschichtsschreibung solche Reden begegnen, müssen wir immer bedenken, dass sie nicht als wortwörtliche Wiedergabe des Gesagten gedacht waren; sie halten fest, was der Redner hätte sagen sollen, nicht, was er tatsächlich sagte. Die Reden bei Cassius Dio haben daher wenig faktischen Wert, aber plausibel sind sie durchaus, da sie auf der Kriegspropaganda dieser Zeit basieren, nicht zuletzt auf Octavians Memoiren.
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Bei Cassius Dio brüstet sich Antonius mit seiner Erfahrung und seinen beeindruckenden Leistungen als Feldherr, während Octavian ein Grünschnabel sei, der kaum militärische Erfolge aufzuweisen habe – wobei er natürlich weder seine eigenen Misserfolge noch Agrippas Erfolge erwähnt. Antonius erwähnt die enormen finanziellen Ressourcen seiner Seite, während der Feind relativ arm sei. Er weist darauf hin, dass sie besser ausgerüstet seien: Ihre Schiffe seien so gut gepanzert, dass sie keinen Schaden davontragen würden, wenn der Feind sie rammen würde, ob frontal oder von der Seite (in Wirklichkeit waren die Seiten nicht rammfest), die Decks seien höher und verfügten über Katapulttürme, und sie hätten mehr Bogenschützen und Schleuderer als der Feind. Er spielt Agrippas Sieg über Sextus Pompeius herunter, indem er behauptet, Sextus Pompeius habe minderwertige, von Sklaven bemannte Schiffe gehabt (was beides nicht wirklich schlüssig ist, und die Bemerkung über die Sklaven ist ein reines Vorurteil). Er räumt ein, dass der Feind über die bessere Infanterie verfüge, verspricht aber, dass er, Antonius, seine Truppen nach ihrem Sieg zur See auch an Land zum Erfolg führen werde. Er merkt an, dass Octavian trotz der offiziellen Kriegserklärung in Wirklichkeit gegen Antonius und seine Anhänger kämpfe. Kleopatra erwähnt Antonius bei Cassius Dio mit keiner Silbe. Stattdessen beklagt er sich darüber, wie Octavian in der Vergangenheit mit ihm und mit seinen anderen Rivalen umgegangen sei, und zeichnet ein düsteres Bild davon, was die Soldaten im Falle einer Niederlage erwarten würde. Zu guter Letzt beschwört er noch einen ganz alten römischen Wert, die Freiheit (libertas) – so seltsam es auch erscheinen mag: Antonius galt immer noch als Vorkämpfer der letzten eingefleischten Anhänger der Republik.51 Jetzt ein Blick in das andere Lager: Laut Plutarch verließ Octavian noch vor Sonnenaufgang sein Zelt. Er ging gerade den Hügel hinunter, um seine Schiffe zu inspizieren, als ihm ein Kutscher mit Maultier begegnete. Er fragte den Mann nach seinem Namen; der Maultiertreiber antwortete, er heiße Eutyches („der Erfolgreiche“) und sein Maultier Nikon („Sieg“).52 Omina waren in der Antike sehr beliebt, und dies war ein so gutes Omen, dass man sich fragen muss, ob es nicht vielleicht inszeniert war. Vielleicht waren Octavians Männer vor der Schlacht nervöser, als es ihre Sieges-
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bilanz vermuten lässt. Jahre später ließ Octavian irgendwo an den Hängen von Michalitsi in der Nähe seines Siegesdenkmals eine Bronzestatue des Mannes und seines Maultiers errichten. Bei Cassius Dio lesen wir, was Octavian vor der Schlacht zu seinen Truppen gesagt haben soll. Zunächst zählt Octavian in dieser Rede einige frühere militärische Erfolge Roms auf, und dann kontrastiert er diese Leistungen mit dem Kampf gegen den aktuellen Feind: Dass Kleopatra eine Frau und eine Ägypterin sei, mache sie doppelt unwürdig dafür, dass sich Rom mit ihr herumschlagen müsse. Er beklagt, dass viele adlige Römer und vor allem Antonius, sein ehemaliger Schwager und Regierungspartner, sich Kleopatra unterworfen hätten. Octavian sagt, er habe gehofft, Antonius zur Räson zu bringen, indem er Kleopatra allein den Krieg erklärte, aber damit sei er gescheitert. Von einem so dekadenten Feind wie Antonius und seinen Verbündeten, die Völkern im Osten angehörten, die Rom alle mehrfach besiegt habe, hätten sie nichts zu befürchten. Was Antonius’ Schiffe anbelange – sie seien zwar groß, hoch und stabil gebaut, aber zu schwer, um in der Schlacht manövriert zu werden, daher seien sie leichte Ziele. (Was Octavian verschwieg: Diese massiven Schiffe waren durchaus in der Lage, bei einer Attacke Bug auf Bug seine Galeeren zu zerschmettern, falls ihr erster Angriff erfolgreich verlief.) Außerdem hätten Octavians Männer Antonius’ Schiffe bereits mehr als einmal besiegt. (Das stimmte, allerdings hatten sie es auch noch nie mit seiner ganzen Flotte zu tun.) Schließlich, so Octavian, habe der Feind bereits all seine Schätze auf die Schiffe verladen, woran man erkennen könne, dass er gar nicht an einen Sieg glaube. Solche Ansprachen richteten sich in der Regel an die Kommandanten. Einige hörten wahrscheinlich aufmerksam zu, andere taten nur so und beteten im Stillen zu ihren Göttern, dachten voll Vorfreude an den Kampf oder daran, dass sie nach dem Sieg endlich ihren Sold erhalten würden. Dann richteten die Kommandanten das Wort an ihre Männer, aber viel Zeit für Worte war jetzt nicht mehr. Unter Trompetenklängen ruderten beide Flotten in die Schlacht hinaus.
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Die Ausgangslage Die spätere Propaganda betonte, Octavians tapfere kleine Fregatten hätten gegen Antonius’ Armada aus riesigen Schlachtschiffen antreten müssen. Doch dieses Bild der beiden Flotten ist völlig falsch. Der Geschichtsschreiber Florus nannte im 2. Jahrhundert n. Chr. Antonius’ Schiffe so schwerfällig und unhandlich, dass sie „das Meer zum Ächzen brachten“, während Octavians Flotte aus einer großen Zahl leichter und wendiger Schiffe bestanden habe, die viel besser manövrierbar gewesen seien.53 Octavians Propaganda-Narrativ betonte also, dass er mit disziplinierter republikanischer Tugendhaftigkeit gegen den pompösen, hemmungslosen orientalischen Despotismus kämpfte. Keine der beiden Beschreibungen trifft die Realität. In Wirklichkeit werden sich die meisten Schiffe der beiden Flotten in Bezug auf Größe und Fähigkeiten stark geähnelt haben. Beide Flotten bestanden hauptsächlich aus Quadriremen und Quinqueremen. Von Antonius’ 230 Schiffen waren vielleicht dreißig größer. Nach dem Siegesdenkmal von Actium zu urteilen, besaß er vier oder mehr Dekeren, vier Enneren, fünf Okteren, sechs Septiremen und vielleicht acht Sexiremen.54 Auch wenn Antonius die meisten seiner kleineren Schiffe hatte verbrennen lassen, behielt er zweifellos einige kleine, schnelle Galeeren übrig, die in der Schlacht als Späh- oder Botenschiffe eingesetzt wurden. Es dürften auch eine Reihe kleiner Boote unterwegs gewesen sein, um über Bord gefallene Männer zu retten. Octavians Flotte unterschied sich kaum von der Flotte, die Agrippa für den Kampf gegen Sextus Pompeius aufgebaut hatte. Die Quellen beschreiben diese Flotte als „schwer“.55 Sie umfasste auch eine gewisse Anzahl Liburnen. Vorbild für diese schnellen Schiffe waren Piratenschiffe, wie die Liburner sie verwendet hatten, ein Volksstamm an der Adriaküste, die Octavian und Agrippa im Rahmen ihres Illyrienfeldzugs von 35 bis 33 v. Chr. erobert hatten. Dass Octavian selbst auf einer Liburne in die Schlacht fuhr, veranlasste seine Propagandisten dazu, die Rolle dieser Schiffe in Actium aufzubauschen. In Wirklichkeit bestand der größte und entscheidende Teil seiner Flotte aus schweren Schiffen.
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In einer typischen Seeschlacht damals nahmen die beiden rivalisierenden Flotten einander gegenüber Aufstellung. Die Schiffe einer Flotte gingen nebeneinander in Formation, dann näherten sie sich der feindlichen Linie, und die Schlacht begann. Die beiden Flotten vor Actium unterschieden sich vor allem in der Anzahl, der Besatzung und der Bauweise der Schiffe. Antonius’ Schiffe waren im Vorteil, wenn es darum ging, den Feind frontal zu rammen, was damals die bevorzugte Angriffsmethode zu Beginn einer Seeschlacht war. Der Feind musste versuchen, den Angreifern auszuweichen. Anstatt den Gegner ebenfalls mit dem Bug zu rammen, würden die Kapitäne von Octavian und Agrippa versuchen, an Antonius’ Schiffen vorbeizufahren und sie seitlich zu rammen, oder um sie herumzurudern und von hinten anzugreifen. Sie konnten auch ein etwas eleganteres, wenngleich schwierigeres Manöver probieren und die Ruder des Gegners auf einer Seite „abrasieren“, womit sie das Schiff manövrierunfähig machten. Neben dem Rammen konnte man versuchen, sich dem gegnerischen Schiff seitlich nur zu nähern und es zu entern, um dann an Deck Mann gegen Mann zu kämpfen. Während sich die beiden Flotten einander näherten, wurden von Katapulten und Schleudern Bolzen und Steine abgeschossen; und bei geringerer Entfernung kamen Pfeile und Speere zum Einsatz. Antonius’ Schiffe waren sowohl beim Rammen als auch beim Entern im Nachteil, weil es ihnen an Ruderern mangelte, vor allem an fitten und gesunden.56 Er musste also seine Schiffe vor einem Feind schützen, dessen Flotte nicht nur größer war, sondern schneller und beweglicher, weil sie über eine große Anzahl gesunder Ruderer verfügte. Dazu machte er sich die natürlichen Gegebenheiten zunutze. Wie geplant, ließ er seine Flotte nach dem Auslaufen aus der Einfahrt zum Ambrakischen Golf nah an der Küste entlangfahren. Er ordnete seine Schiffe auf einer von Nord nach Süd ausgerichteten Schlachtlinie an, einer Schätzung zufolge über eine Strecke von etwa fünf Kilometern. An beiden Enden dieser Linie ankerten die Schiffe entweder direkt an der Küste oder an Stellen, wo sie links und rechts durch seichtes Wasser geschützt waren. So verhinderte Antonius, dass seine Flotte über die Flanke angegriffen wurde. Außerdem sollten sie so dicht beieinanderbleiben, dass feindliche Schiffe kei-
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nen Platz hatten, um zwischen ihnen hindurchzufahren und sie seitlich anzugreifen. Antonius befehligte mit Publicola den rechten Flügel, Insteius und Marcus Octavius unterstanden die mittleren Schiffe und Sosius der linke Flügel. Angesichts der Schwäche seiner Flotte bestand eine mögliche Strategie für Antonius darin, seine Streitkräfte zu bündeln, um einem Flügel des Gegners einen schweren Schlag zu versetzen und dadurch vielleicht den Rest der feindlichen Flotte in Panik zu versetzen.57 Alternativ konnte er versuchen, den Feind zu zwingen, seinen Angriff auf eine Stelle zu konzentrieren und so eine Lücke zu öffnen, durch die Antonius’ übrige Schiffe entkommen konnten. In jedem Fall wird Antonius seine größten Schiffe an einer Stelle konzentriert haben: zum Beispiel bei ihm auf dem rechten (also nördlichen) Flügel. Diese Hypothese ist plausibel, aber leider nicht beweisbar. Antonius hatte in der vorderen Linie 170 Schiffe, also drei Geschwader. Dicht dahinter befand sich Kleopatra mit ihrem Geschwader von sechzig ägyptischen Schiffen. Ihre Aufgabe war es, auf etwaige Durchbruchsmanöver des Feindes zu reagieren. Zweifellos hatte Kleopatra einen oder mehrere erfahrene Admiräle, auf die sie sich verlassen konnte. Es war, vorsichtig formuliert, ungewöhnlich, dass eine Frau in der Schlacht ein eigenes Geschwader kommandierte. Gegenüber, etwa eine Seemeile entfernt, lagen Octavian und Agrippa. Marcus Lurius befehligte den rechten Flügel, Agrippa den linken, Lucius Arruntius die Mitte. Agrippa befand sich somit direkt gegenüber von Antonius und hatte damit die wichtigste Position. Octavian befand sich auf einer Liburne auf der rechten Seite, von wo aus er das Geschehen beobachten konnte. Das Oberkommando überließ er Agrippa. Rund zehn Jahre nach der Schlacht verewigte Vergil in seinem Epos Aeneis die Szene, wie Octavian in die Schlacht zog: Hier war Caesar Augustus, zur Schlacht die Italer führend, samt den Vätern, dem Volk, den Penaten und mächtigen Göttern, stehend auf ragendem Bord. Ihm sprüh’n um die lachenden S chläfen
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Zwillingsflammen, ihm glänzt das Vatergestirn auf der Scheitel. Seitwärts führt Agrippa, von Wind und Göttern begünstigt, ihm ein Geschwader, der Held, dem die Schifferkrone geschnäbelt um die Schläfen erglänzt, ein Siegeszeichen des Meerkampfs.58 Bei Vergil klingt es, als habe Octavian das Kommando gehabt, und Agrippa sei ihm zu Hilfe gekommen – in Wirklichkeit war es umgekehrt. Agrippa wusste, dass der Feind seine Position vor der Küste nicht ewig halten konnte, denn so würde Antonius weder die Schlacht gewinnen noch aus Actium fliehen können. Also blieb Agrippa mit seiner Flotte etwa eine Seemeile von Antonius’ Schiffen entfernt – und wartete ab.59 Da er die größere und schnellere Flotte befehligte, war er klar im Vorteil, wenn die Schlacht auf dem offenen Meer ausgetragen würde, wo er mehr Platz zum Manövrieren hatte als direkt an der Küste. Dank Dellius wussten Octavian und Agrippa, dass der Feind einen Frontalangriff Bug zu Bug starten wollte, also hielten sie ihren Abstand: Je weiter sie entfernt waren, desto mehr bekämen die feindlichen Ruderer zu tun. Bis Antonius’ Rammsporne sie erreichten, würden sie kaum noch Kraft in den Armen haben. Und dann war da noch der Wind. Wind ist heutzutage für die meisten Menschen kein Thema, aber in der Antike war das ganz anders, vor allem für die Küstenbewohner und mehr noch für die Seefahrer. Die Wirtschaft hing vom Seeverkehr ab, und für ihn war der Wind als Energiequelle so wichtig wie heute das Erdöl. Auch in der Landwirtschaft spielten die verschiedenen Winde eine Rolle. Wann welcher Wind wehte, gehörte zur Allgemeinbildung. Man kannte die Winde mit Namen und ihre Launen. Nachdem sie mehrere Monate bei Actium verbracht hatten, konnten die Männer beider Flotten die örtlichen Windverhältnisse gut einschätzen. Wie erwähnt, hatte Antonius seine Schiffe dafür vorbereitet, dem Feind davonzusegeln. Seine Ruderer waren auf keinen Fall schneller als die des Feindes, dazu war ihr Gesundheitszustand zu schlecht, und sie waren zu schlecht genährt. Und die größeren Schiffe in Antonius’ Flotte wären unter Ruder so oder so langsamer gewesen. Sie mussten segeln, und um schnell segeln zu können, brauchten sie einen günstigen Wind. 215
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Daher war der wichtigste Faktor für Antonius und Kleopatra der Wind, der nachmittags immer mehr oder weniger aus West-Nordwest wehte. Mit ihren rechteckigen Rahsegeln konnten die Schiffe der Antike kaum kreuzen, also im Zickzackkurs gegen den Wind fahren. Im Mittelalter waren die Schiffe mit ihren dreieckigen Schratsegeln wie die heutigen viel manövrierfähiger. Damit ein Schiff im Jahr 31 v. Chr. maximale Geschwindigkeit erreichen konnte, musste der Wind direkt von hinten oder von schräg hinten kommen. Die geografischen Gegebenheiten machten das Ganze noch komplizierter. Die Insel Leukas, etwa sieben Kilometer südsüdwestlich von Actium, lag so dicht an der Küste, dass man sie auf dem Weg nach Süden westlich umfahren musste. Die Schiffe von Antonius und Kleopatra mussten die Küstennähe also zwangsläufig aufgeben und zuerst auf das offene Meer hinausrudern, bevor sie den Wind nutzen und nach Süden abdrehen konnten. Das klingt einfacher, als es war. Um auf das offene Meer hinauszurudern, musste die Flotte von An tonius und Kleopatra gegen den dort immer stärker werdenden Wind ankämpfen – und gegen einen Feind, der nur auf sie wartete. Eine Aufgabe, die zu lösen den scharfsinnigen Verstand eines Odysseus erfordert hätte.
Die Soldaten Octavian schiffte acht Legionen und fünf Prätorianerkohorten ein, alles in allem etwa 40 000 Soldaten.60 Antonius hatte 20 000 Legionäre und 2000 Bogenschützen an Bord seiner Schiffe.61 Octavian hatte also fast doppelt so viele Kämpfer, aber auch fast doppelt so viele Schiffe – 400 gegenüber 230 – , sodass die durchschnittliche Anzahl der Decksoldaten pro Schiff auf beiden Seiten wahrscheinlich ungefähr gleich war: etwa hundert Mann.62 Jeder Legionär trug einen bronzenen oder eiserne Helmen, einen Kettenpanzer, einen großen Schild, einen Speer und ein Kurzschwert, den Gladius. Bei Actium hat man die Barschaft eines anonymen Legionärs von An tonius’ Seite ausgegraben. Sie besteht aus 41 Denaren, den üblichen römischen Silbermünzen, darunter Münzen, die von Iulius Caesar und von
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Antonius oder gemeinsam von Antonius und Kleopatra ausgegeben worden waren, sowie 31 Legionsmünzen, die im vorangegangenen Winter in Patrai geprägt worden waren.63 Vermutlich vergrub der Soldat sie vor der Schlacht, weil er glaubte, sie seien dort sicherer als an Bord seines Schiffes, und wollte sie sich nach dem Sieg zurückholen. Doch daraus wurde nichts.64 Zu Antonius’ Legionären zählten Veteranen seiner vielen Feldzüge, von Mutina und Philippi über Media Atropatene bis Armenien, sowie neue Rekruten, die die Soldaten ersetzten, die bei der Niederlage in Media Atropatene gefallen waren. Darunter waren Einwohner Italiens, römische Siedler oder deren Nachkommen im Osten wie auch zu Legionären ausgebildete Nicht-Römer. Die Bogenschützen waren Verbündete. Latein war an Bord also zwar die vorherrschende Sprache, aber es wurden auch andere Sprachen gesprochen. Was die einfachen Soldaten betrifft, die für Antonius kämpften, kennen wir keinen einzigen Namen, wohl aber sind Namen von einigen Legionären Octavians überliefert. Denn auch wenn wir um Actium im Großen und Ganzen nur wenige Details kennen, gab es ein paar „Glücksfunde“, sodass Actium eine der wenigen Schlachten der Antike ist, bei denen wir überhaupt die Namen einiger einfacher Soldaten und nicht nur der Offiziere kennen: Fünf Grabsteine, die im Nordosten Italiens gefunden wurden, zeigen über ihre Inschriften an, dass die Verstorbenen in Actium mitgekämpft hatten.65 Soweit wir wissen, ist Actium die einzige Schlacht in der römischen Geschichte, die ihren Veteranen einen Ehrentitel einbrachte: Alle fünf Männer durften sich Actiacus („Actium-Kämpfer“) nennen.66 Jeder von ihnen erhielt ein Stück Land in einer der von Octavian nach der Schlacht gegründeten norditalischen Kolonien. Ziemlich sicher haben drei von ihnen an Bord eines Schiffes gekämpft, vielleicht sogar alle fünf. Denn einer behauptet in seinem Epitaph ausdrücklich, er habe in einer „Seeschlacht“ gekämpft. Es könnte natürlich sein, dass er da übertrieb, aber er gibt auch an, dass er in der 11. Legion gedient habe, und wenn es jemals eine Einheit gab, auf die sich der Feldherr in einer schwierigen Situation verlassen konnte, zum Beispiel in einer
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entscheidenden Seeschlacht, dann war es diese 11. Legion. Zwei der anderen Kämpfer behaupten in ihrer Grabinschrift auch, sie hätten in der 11. Legion gedient, sodass sie wahrscheinlich ebenfalls auf See kämpften. Bei den übrigen zwei Actiaci ist keine Legion angegeben. Die 11. Legion blickte auf eine stolze Geschichte zurück. Ursprünglich von Iulius Caesar für den Einsatz in Gallien aufgestellt, nahm sie während des anschließenden Bürgerkriegs auch an blutigen Schlachten in Griechenland und auf dem Balkan teil. Nach ihrer Auflösung im Jahr 45 v. Chr. wurde sie im Jahr 42 v. Chr. von Octavian wieder eingerichtet und bewährte sich bei einigen seiner großen Siege. Kein Wunder, dass diese Männer stolz darauf waren, dass sie der 11. Legion angehörten – so stolz, dass sie sich über den Tod hinaus damit brüsteten. Wahrscheinlich waren sie junge Männer vom Lande, zweifellos von niederer Herkunft, denn sonst wären sie keine einfachen Legionäre gewesen und hätten sich auch kein Grundstück in einer Kolonie schenken lassen müssen. Dennoch tragen sie alle Namen, die in der römischen Geschichte eine gewisse Bedeutung hatten und vielleicht auf entfernte Verwandte hinweisen: Der Soldat der 11. Legion, der von sich behauptet, er habe in einer Seeschlacht gekämpft, hieß Marcus Billienus, was an die erste Person in der römischen Geschichte denken lässt, der wir mit Sicherheit eine Statue in Rüstung zuordnen können: einen gewissen Gaius Billienus (um 100 v. Chr.).67 Quintus Coelius, ebenfalls von der 11. Legion, trug mit „Coelius“ denselben Familiennamen wie mehrere bedeutende römische Staatsmänner, Generäle und ein Geschichtsschreiber. Sein Legionskamerad Salvius Sempronius war zumindest entfernt mit einer der ganz großen Familien der römischen Republik verwandt: den Sempronii. Einer aus jener Sippe, Lucius Sempronius Atratinus, diente unter Antonius als Offizier und lief zu Octavian über – wann genau, wissen wir nicht.68 Was die beiden Actium-Kämpfer betrifft, die ihre Legion nicht auf ihrem Grabstein angegeben haben, so hatte der eine, Quintus Atilius, ebenfalls einen prominenten Namensvetter: den Admiral Atilius Regulus, der in einer großen Seeschlacht im 3. Jahrhundert v. Chr. Karthago besiegte. Der Familienname des anderen, Marcus Aufustius, ist
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seltener, aber immerhin teilte er ihn mit einem lateinischen Grammatiker aus jener Zeit.69 Vier von ihnen waren einfache Legionäre, der fünfte, Coelius, ein junger Offizier. Er war ein signifer, ein Standartenträger, trug also das Feldzeichen seiner Einheit. Dieses bestand aus einer Metallstange, an der mehrere kreisförmige Embleme befestigt waren, gekrönt von einer metallenen Hand in einem Lorbeerkranz. Am Helm des signifer war das Fell eines Bären befestigt, dessen Pfoten ihm vor der Brust zusammengebunden waren. Als Standartenträger musste Coelius während der Schlacht in einer sichtbaren und gefährlichen Position an Deck stehen. Zumindest an Land trug der signifer einen kleineren Schild als die Legionäre. Auf Kleopatras Schiffen befanden sich wahrscheinlich ebenfalls einige römische Legionäre, aber in der Hauptsache bestanden ihre Streitkräfte sicherlich aus ptolemäischen Soldaten. Nach einer Mosaikdarstellung70 zu urteilen, waren diese Soldaten prachtvoll gekleidet, trugen verschiedene Helme und Leinenpanzer und hatten entweder runde makedonische oder längliche Schilde, die jeweils prächtig verziert waren. Bewaffnet waren sie mit Spießen und Schwertern. Keiner der Ruderer von Actium ist namentlich bekannt, was kaum verwundert, da Ruderer in der Antike in der Regel arm waren und somit nicht in der Lage, sich eine eigene Grabinschrift zu leisten, um an ihre Karriere zu erinnern. Einige waren gewiss Sklaven, wie es viele der Ruderer von Sextus Pompeius gewesen waren. Viele von Antonius’ Ruderern waren unfreiwillig rekrutiert worden. Die Ruderer waren auf engstem Raum unter Deck eingepfercht. Ihre größte Angst war es, vom Feind gerammt zu werden, ihre zweitgrößte, dass ihr eigenes Schiff Schaden nahm, wenn es den Feind rammte. Niemand wollte unter Deck gefangen sein, während das Wasser hereinströmte. Wenn ihr Schiff geentert und gekapert wurde, war das für die Ruderer weniger gefährlich, denn sie waren zu wertvoll, als dass der Feind sie töten würde, und welcher Seite sie ihre Dienste verkauften, war vielen ziemlich gleichgültig. Auf Kriegsschiffen fuhren auch Spezialtruppen mit. Geschützmannschaften an Deck bedienten die Katapulte, und an Bug und Heck eines
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großen Kriegsschiffs ließen sich tragbare Holztürme aufstellen, von denen aus Schleuderer und Bogenschützen den Feind angriffen. Dazu gab es noch eine Besatzung aus Matrosen und Marinespezialisten. Am wichtigsten war der Steuermann, der das schwere Doppelruder im Heck bediente und das Schiff steuerte. Und zu guter Letzt gab es auch noch einen Kapitän. Der war bestenfalls ein erfahrener Profi.
Der Kampf beginnt Und so warteten beide Flotten ab und hofften, dass die jeweils andere etwas Unüberlegtes tun würde. Um die Mittagszeit frischte schließlich der Wind auf.71 Antonius musste den richtigen Zeitpunkt abpassen. Er durfte nicht losfahren, bevor der Wind nicht stark genug aus Norden blies, um seine Schiffe nach Süden zu treiben. Er durfte aber auch nicht zu lange warten, sonst wäre der Wind so stark, dass seine Schiffe nicht mehr in Richtung Nordwesten aus der Bucht hinausrudern konnten. Antonius’ Schlachtlinie begann also vorzurücken, beginnend mit dem linken (also dem südlichen) Flügel, der am längsten brauchen würde, um Leukas hinter sich zu lassen. Ihnen gegenüber begann Octavians rechter Flügel sich zurückzuziehen. Octavian baute immer noch darauf, dass es erst auf dem offenen Meer zur Schlacht kam. Am nördlichen Ende begann Agrippa, seine Schlachtlinie auszudehnen, um den Feind zu überflügeln. Publicola, auf Antonius’ rechtem Flügel, folgte seinem Beispiel. Dies war zwar die richtige Entscheidung, aber dadurch ergab sich zugleich eine Lücke zwischen Antonius’ rechter und mittlerer Schwadron. Antonius’ Kapitänen war klar, dass sie versuchen mussten, innerhalb des Geschwaders einen engen Abstand zwischen ihren Schiffen aufrechtzuerhalten, damit der Feind nicht zwischen ihnen hindurchfahren, wenden und ihre Schiffe seitlich oder von hinten rammen konnte. Aufgrund der engen Formationen innerhalb der einzelnen Geschwader waren sie jedoch gezwungen zuzulassen, dass sich zwischen den drei Geschwadern Lücken auftaten. Das war zwar gefährlich, aber nicht so gefährlich wie Lücken innerhalb eines Geschwaders. Agrippa würde diese Lücken definitiv ausnutzen, Antonius konnte einem Kampf jetzt nicht mehr entgehen.
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Vergil beschreibt die Szene in der Aeneis: „Alle rennen zugleich; vom Stoß dreizahniger Schnäbel / und vom Ruderschlage zerwühlt schäumt ringsum die See auf.“72 Jede Schlacht hat ihre Besonderheiten, aber zugleich gibt es gewisse Gemeinsamkeiten. Einige Lücken in den Quellen zu Actium können wir durch Informationen über Seeschlachten der damaligen Zeit schließen, die besser dokumentiert sind. Ein Detail, das die anderen Quellen hervorheben, ist der schiere Lärm während einer Seeschlacht. Die angespannte Stille, die in Actium herrschte, als sich die Flotten zwei Stunden lang gegenüberstanden, muss jedem Soldaten, der schon einmal eine Seeschlacht erlebt hatte, unheimlich vorgekommen sein. In einem Bericht über die Schlachten im Sizilischen Krieg 36 v. Chr. ist von den Schreien der Ruderer zu lesen, von dem Gebrüll der Steuermänner und den Mahnrufen der Generäle. Wenn die Soldaten auf das Deck eines feindlichen Schiffes sprangen, riefen sie ihren Kameraden ihre Parole zu, um sich ihnen gegenüber zu identifizieren. Wenn sie hörten, welche Parole der Feind benutzte, riefen sie sie ebenfalls, um den Gegner auszutricksen. Pfeile und Speere schwirrten durch die Luft. Katapulte knallten, wenn sie ihre Ladung abfeuerten, und es krachte, wenn die auf ihrem Ziel einschlug. Wenn sich die Männer zum Rammen fertigmachten, kauerten sie an Deck und hielten sich fest, um nicht umzufallen. Jeder Rammvorgang war von einem ohrenbetäubenden Knall begleitet, wenn der Rammsporn in den Rumpf des feindlichen Schiffes eindrang. Ruder zerbrachen mit lautem Knacken. Und zwischendrin klatschte es immer wieder, wenn ein Mann über Bord sprang, um sich zu retten, und er auf der Wasseroberfläche auftraf.73 Am Ufer standen in Reih und Glied ihre Kameraden, beobachteten die Szene und versuchten vergeblich, sich einen Reim darauf zu machen, welchen Verlauf die Schlacht nehmen würde. Aber aus der Entfernung bekamen sie kaum mehr mit als das Wehklagen der Verletzten und die Todesschreie der Sterbenden. In Actium riefen die Soldaten beider Seiten ihren Kameraden auf See Befehle zu. Als nach mehreren Stunden endlich alles vorüber war, jubelten die Männer an Bord der Schiffe des Siegers, und ihre Kameraden an
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Land stimmten ein. Die noch Lebenden unter den Verlierern klagten und jammerten.74 In den ersten Phasen einer Seeschlacht, wenn sich die beiden Schlachtlinien aufeinander zubewegten, versuchte man, feindliche Decksoldaten auszuschalten, von weiter weg mit Katapulten und dann, wenn die Flotten näher beieinander waren, mit Pfeil und Bogen sowie Speeren. Gelegentlich gelang es sogar, mit einem gezielten Schuss den Steuermann oder Kapitän zu töten, aber das war extrem schwierig, zumal von einem fahrenden Schiff aus. Antonius’ Schiffe hätten einen verheerenden Angriff durchführen können, wenn es ihnen gelungen wäre, den Feind tatsächlich frontal zu rammen. Doch dazu kam es gar nicht erst. Höchstwahrscheinlich waren Antonius’ Ruderer zu wenige, und sie hatten keine Kraft mehr, um nach dem mehr als einen Kilometer langen Sprint, den sie einlegen mussten, um Octavians Flotte zu erreichen, noch ein nennenswertes Angriffsmanöver durchzuführen.75 Allerdings muss auch Antonius klar gewesen sein, dass seine größten Schiffe die größten Probleme haben würden, einen solchen Sprint hinzulegen. Doch welchen militärischen Zweck erfüllten sie dann? Vielleicht waren sie einfach nur da, um den Feind abzulenken.76 Antonius wusste, dass Octavian und Agrippa versuchen würden, jedes seiner ganz großen Schiffe mit mehreren kleineren und schnelleren Schiffen zu umzingeln. Je mehr sich der Feind damit beschäftigte, desto besser standen die Chancen, dass er zu abgelenkt war, um Antonius’ andere Schiffe an der Flucht zu hindern. Die beiden Schlachtlinien näherten sich einander immer mehr, und schließlich kam es zum Zusammenstoß. Antonius’ Soldaten nutzten ihre erhöhte Position, um Geschosse auf den Feind abzufeuern. Dabei kam auch die sogenannte „eiserne Hand“, ein Enterhaken, zum Einsatz.77 Agrippas Schiffe verfolgten unterschiedliche Taktiken, beispielsweise fuhren sie nebeneinander auf eines von Antonius’ Schiffen zu und rammten es mittschiffs. Und wenn der erste Versuch, das Schiff zu rammen, scheiterte, drehten sie ab und versuchten es erneut. Auf den Schiffen beider Seiten kam es zu Kämpfen auf Deck. Die Quellen erwähnen nicht, ob Agrippa auch hier den katapultgestützten Enter-
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haken einsetzte, den er vor Sizilien mit großem Erfolg angewendet hatte. Dabei wurde das feindliche Schiff mit einem Enterhaken harpuniert: Der Haken hing also an einem Seil, das man über eine Winde längsseits zu sich heranziehen konnte, um das Schiff zu entern. Der Kampf tobte, aber keine der beiden Seiten konnte sich einen klaren Vorteil verschaffen. Bis plötzlich alles anders war.
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Kapitel 12
Das goldene Schiff mit den purpurnen Segeln Actium, 2. September 31 v. Chr., ungefähr 14–15 Uhr Als vor Actium der Wind auffrischte, verschwanden die letzten Reste des Dunstes, der über der Bucht gelegen haben mochte. Die Brise vertrieb die Hitze des Septembernachmittags. Sie wehte im rechten Winkel zum Ufer. Die Wasseroberfläche begann sich zu kräuseln. Aufgrund der Erdrotation änderte der auffrischende Wind die Richtung von West nach Nordwest. Die Wellen wurden höher, und auf dem stahlblauen Meer zeigten sich die ersten Schaumkronen. Die ineinander verkeilten Kriegsschiffe schienen sich nicht um die Meeres- oder Witterungsverhältnisse zu kümmern, aber in Wirklichkeit beobachteten die Besatzungen schon den ganzen Tag über den Wind sehr sorgfältig. Allen voran Kleopatra.
Die Königin übernimmt die Führung Während der Wind langsam auffrischte, wurde die Lücke in der Mitte von Antonius’ Schlachtlinie immer größer. Genau das scheint er geplant zu haben. Auf jeden Fall hatte er, genau wie der Gegner, an den beiden Enden der Schlachtlinie seine erfahrensten Admiräle platziert. Vielleicht ging er davon aus, dass die Kämpfe in der Mitte weniger intensiv sein würden, sodass dort eine Lücke in den feindlichen Reihen entstand, durch die man schlüpfen konnte. Und genau diese Lücke nutzte Kleopatra. Die Königin wartete ab, bis beide Flotten so sehr ineinander verkeilt waren, dass der Feind nicht in der Lage wäre, sie zu verfolgen. Jetzt war sie am Zug. Kleopatras Geschwader von 60 Schiffen hatte ein Stück hinter Antonius’ Armada vor Anker gelegen. Jetzt befahl sie ihren Kapitänen, die Anker zu lichten und durch die Lücke zwischen dem rechten Flügel und
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dem Zentrum zu rudern.78 Und dann ließ sie die Segel hissen. „Selbst die Königin schien erbetenen Winden die Segel anzuvertraun“, wie Vergil es ausdrückt.79 Einer plausiblen Schätzung zufolge geschah dies zwischen 14 und 15 Uhr.80 Kleopatras Flaggschiff, die Antonias, war zweifellos prachtvoll ausgestattet. Wenn es um Schiffe für ihr Königshaus ging, scheuten die Ptolemäer keine Kosten – man denke nur an den Kahn, auf dem sich Kleopatra zehn Jahre zuvor in Tarsos flussaufwärts hatte rudern lassen, um sich in der Stadt mit Antonius zu treffen. Wenn es in einer Quelle über Actium heißt, Kleopatra habe das Durchbruchsmanöver dadurch signalisiert, dass sie „die purpurnen Segel ihres goldenen Schiffes“ hissen ließ, so ist das vielleicht gar nicht übertrieben: Purpur war die Farbe der Könige, und das Schiff könnte zumindest vergoldete Dekorationselemente gehabt haben.81 Auf jeden Fall war es ein kühner Schachzug. Kleopatra setzte die vor der Schlacht vom Kriegsrat beschlossene Strategie – den Durchbruch durch die feindlichen Linien mit anschließender Flucht – in vorbildlicher Weise um. Die Quellen sind sich darin einig, dass sie mit ihrem eigenen Schiff den Durchbruch anführte.82 Im Grunde hätte sie einen Orden dafür verdient, dass sie ihr Geschwader in Sicherheit brachte, doch genau dafür überschütten sie mehrere antike Autoren mit Hohn. Flavius Josephus, der etwas über hundert Jahre nach der Schlacht schrieb, behauptet, Kleopatra habe Antonius im Stich gelassen.83 Allerdings kritisiert der jüdische Geschichtsschreiber Kleopatra ohnehin ständig, da er ein Anhänger ihres Rivalen König Herodes war. Cassius Dio, der wiederum über hundert Jahre nach Josephus schrieb, stimmt in diese Kritik mit ein. Er schreibt, Kleopatra habe die Nerven verloren und sei geflohen, wobei sie sich – so Cassius Dio in einer Mischung aus Sexismus und Rassismus – zugleich wie eine Frau und wie eine Ägypterin verhalten habe.84 Shakespeare folgt der Kleopatra-feindlichen Überlieferung und lässt einen von Antonius’ Männern sagen: Die Schandmähr aus Ägypten – der Aussatz treffe sie! – in Kampfes Mitte, als Vorteil wie ein Zwillingspaar erschien,
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sie beide gleich, ja älter fast der unsre – die Brems auf ihr, wie eine Kuh im Junius, hisst alle Segel auf und flieht.85 In Wirklichkeit hatte seine Flotte keine Chance, und das wusste Antonius auch. Kleopatra war beileibe keine „Kuh im Junius“, sondern eher eine schlaue Füchsin, der es gelang, der Hundemeute zu entkommen. Die Prachtexemplare römischer Männlichkeit in der gegnerischen Flotte unternahmen trotzdem nichts, um Kleopatra aufzuhalten. Warum eigentlich nicht? Laut Plutarch waren sie zu verblüfft, um zu handeln.86 Da hat er sicher nicht ganz unrecht. Die Römer waren fanatische Sexisten. Die meisten hätten sich kaum ausmalen können, dass ein griechischägyptisches Geschwader einen so kühnen Schachzug wagen würde, zumal wenn es von einer Frau befehligt wurde. Aber Kleopatra war ihr ganzes Leben lang von Männern unterschätzt worden und wusste genau, wie sie sich diesen Chauvinismus zunutze machen konnte. Auf jeden Fall absolvierten Kleopatra und ihre Kommandanten ihr Manöver mit aller gebotenen Schnelligkeit und Agilität. Arruntius, der Admiral, der das Zentrum von Octavians Flotte befehligte, wäre kaum in der Lage gewesen, seine in die Kämpfe verwickelten Schiffe einfach aus der tobenden Schlacht abzuziehen und Kleopatra nachzusetzen, insbesondere falls es ihm auch noch an Entschlossenheit oder Erfahrung fehlte. Gut möglich, dass er von Kleopatras Aktion komplett überrumpelt war, und wer die Überraschung auf seiner Seite hat, hat im Krieg generell die Nase vorn. Antonius war von dem Manöver gar nicht überrascht, und wenig später fuhr er Kleopatra hinterher. Auch das geschah wahrscheinlich komplett nach Plan, aber das hinderte einige antike Quellen nicht daran, das Gegenteil zu behaupten. Flavius Josephus deutet an, die Königin habe Antonius verraten und im Stich gelassen, sodass er gar nicht anders konnte, als ihr zu folgen, wodurch er zugleich sein Heer und seinen Herrschaftsbereich verloren habe.87 Velleius Paterculus hingegen gibt Antonius die Schuld: Er habe sich aus freien Stücken entschlossen, die Königin zu begleiten und seine Soldaten im Stich zu lassen. Anstatt Deserteure aus sei-
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ner Armee zu bestrafen, wie es seine Aufgabe gewesen wäre, sei Antonius selbst desertiert.88 Plutarch sieht das ganz anders. Er schreibt, Antonius sei nicht von den Empfindungen eines Feldherrn oder eines Mannes oder überhaupt nur seiner selbst gelenkt worden, ganz so, als wohne Antonius’ Seele im Körper der Frau, die er liebte: Sobald er Kleopatras Schiff davonsegeln sah, sei Antonius geflohen und habe die Männer, die für ihn kämpften und starben, im Stich gelassen.89 Cassius Dio sieht es wieder etwas anders. Er schreibt, Antonius habe, als er Kleopatras Geschwader fliehen sah, nicht geglaubt, dass die Königin den Befehl dazu gegeben habe. Er dachte, ihre Männer hätten es mit der Angst zu tun bekommen, weil sie glaubten, sie seien besiegt. Also beschloss er, ihr zu folgen. Bei Cassius Dio handelt Antonius also von rationalem Kalkül motiviert und nicht von der Leidenschaft eines Liebenden.90 Entgegen allen romantischen Vorstellungen verlief Antonius’ Fluchtmanöver genau wie das von Kleopatra – so präzise und entschlossen, dass es auf einen vorher festgelegten Plan schließen lässt.91 Sein Flaggschiff war sehr groß, möglicherweise eine Dekere, und damit zu schwer für eine schnelle Flucht. Er wechselte daher auf eine Quinquereme, die zwar nicht der schnellste Schiffstyp war, dafür aber robust genug, um einen feindlichen Angriff abzuwehren. Als er sich Kleopatra näherte, erkannte sie ihn und gab ihm ein Zeichen; sein Schiff fuhr heran, und er ging an Bord.92 Um Antonius’ gelungene Flucht ins Lächerliche zu ziehen, verbreitete die feindliche Propaganda, er sei nur deshalb gezwungen gewesen, sein Flaggschiff zu verlassen und bei Kleopatra an Bord zu gehen, weil sein Schiff von einem Fisch lahmgelegt worden war: Der sogenannte Schiffshalter (der wissenschaftliche Name dieser Fische lautet Echeneidae) hat eine Saugplatte an seinem Kopf und kann sich damit rücklings an Haie und eben auch Schiffe anheften, sich in den Seilen des Steuerruders verfangen.93 Diese Geschichte erklärt auch einen in der Propaganda gebräuchlichen Spottnamen für Antonius: „Saugfisch“. Wenn Antonius und Kleopatra nach einem vorher festgelegten Plan flohen, warum nahmen die beiden dann ein ägyptisches Geschwader und kein römisches? Stand Antonius so sehr unter Kleopatras Fuchtel? Wohl kaum. Im Kampf vertraute Antonius den römischen Geschwadern mehr
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als den ägyptischen. Die Ägypter sollten sich als Reserve im Hintergrund halten und später den Truppenrückzug anführen, insofern lief alles nach Plan. Außerdem wollten Antonius und Kleopatra nach Ägypten, wo man ägyptische Kriegsschiffe freundlicher empfangen würde als römische. Aber vor allem befand sich auf Kleopatras Schiffen ihr Schatz, und den hätte sie nur ihren eigenen Männern anvertraut. Also war es einfach sinnvoll, mit den ägyptischen Schiffen zu fliehen. Viele, wenn nicht die meisten von Antonius’ Schiffen versuchten, ihm zu folgen. Um schneller fliehen zu können, hissten sie die Segel und befrei ten sich von Ballast: Sie warfen die Katapulttürme ins Meer. Den meisten gelang es jedoch nicht, sich in Sicherheit zu bringen. Wir wissen nicht, wie viele seiner Schiffe tatsächlich entkamen. Die Schätzungen reichen von „einigen wenigen“ bis zu vierzig. Eine einigermaßen vernünftige Schätzung rechnet mit zehn bis zwanzig Schiffen, die davonkamen.94 Zählt man sie zu den sechzig Schiffen von Kleopatras Geschwader hinzu, ergibt sich eine Gesamtzahl von siebzig bis achtzig Kriegsschiffen, die durch die feindlichen Linien brechen und davonkommen konnten. Zu Beginn der Schlacht hatten Antonius und Kleopatra rund 230 Kriegsschiffe, also war dies etwa ein Drittel: keine schlechte Bilanz. Die Marinegeschichte hat schon erfolgreichere Durchbrüche erlebt, wenn auch nicht ohne Verluste.95 Dennoch war die Leistung von Antonius und Kleopatra beachtlich, vor allem wenn man bedenkt, dass ihre Truppen zahlenmäßig unterlegen, hungrig und kränklich waren und mit widrigen Winden zu kämpfen hatten. Natürlich war es ein Armutszeugnis, dass sie sich überhaupt in dieser Situation befanden. Doch hätten sie ihr Manöver nicht so gut geplant und durchgeführt, hätten sie vielleicht weniger oder gar keine Schiffe retten können. Wenn man davon ausgeht, dass sich ihnen einige weitere Schiffe, die um die Peloponnes oder die griechischen Inseln herum stationiert waren, anschlossen, verließen Antonius und Kleopatra Griechenland wohl mit höchstens 90 Kriegsschiffen.96 Als sie mit einer kräftigen Brise im Rücken aus dem Kampfgebiet heraus nach Süden segelten, setzten ihnen noch einige feindliche Liburnen nach, die schnellsten Kriegsschiffe in Octavians und Agrippas Flotte. Antonius befahl seinem Schiff, zu wenden und ihnen entgegenzufahren. Mit
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diesem Manöver verscheuchte er alle Verfolger – bis auf einen gewissen Eurykles von Sparta, der im Frühjahr, wahrscheinlich kurz nach dem Fall von Methone, von Antonius zu Octavian übergelaufen war.97 Jetzt bewährte er sich, indem er den Rivalen seines neuen Dienstherrn verfolgte: Eurykles stand an Deck seines Schiffs und richtete drohend einen Speer auf Antonius. Als dieser ihn aufforderte, sich zu erkennen zu geben, antwortete er stolz, er sei Eurykles, Sohn des Lachares, und „dank Caesars Glück“ sei er hier, um den Tod seines Vaters zu rächen. Lachares war ein prominenter Spartaner gewesen, den Antonius wegen Piraterie hatte köpfen lassen. Zumindest behauptete Eurykles später, dass er das gesagt habe. Aber so ganz abnehmen kann man ihm das nicht. Eurykles’ Aussage, er wolle sich für den Mord an seinem Vater rächen, würde auch für Octavian passen: Er wolle sich für den Mord an seinem (Adoptiv-)Vater Iulius Caesar rächen.98 Gut möglich, dass sich Eurykles in seinem späteren Bericht an den Sieger von Actium diese Begegnung mit Antonius ausdachte, um zu prahlen. Eurykles konnte Antonius nichts anhaben, aber er rammte ein anderes geflohenes Flaggschiff – möglicherweise aus Antonius’ mittlerem Geschwader – und kaperte es. Dasselbe gelang ihm mit einem weiteren Schiff, das einige persönliche Gegenstände der Königin geladen hatte. Mit dieser Trophäe im Gepäck drehte der letzte Verfolger von Antonius und Kleopatra ab.
Flammen über Actium Doch mit der Flucht von Antonius und Kleopatra war die Schlacht noch nicht zu Ende. Einige Historiker halten es zwar für wahrscheinlicher, dass sich Antonius’ Soldaten danach sofort ergaben, und sehen die Berichte als Teil der Propaganda an, die Octavian als strahlenden Helden und Sieger einer hart umkämpften Schlacht darstellen sollte; aber der Großteil der Befunde deutet darauf hin, dass tatsächlich noch ein, zwei Stunden weitergekämpft wurde99 – sowohl die Zahl der von Octavian (laut dessen Aussage) erbeuteten Schiffe als auch die Zahl der Todesopfer unter Antonius’ Soldaten: Demnach müssen mehrere Dutzend von Antonius’ Schiffen in der Schlacht versenkt worden sein, nachdem Antonius geflohen war.100
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Mehr zu den Zahlen im Folgenden. Betrachten wir zunächst den wahrscheinlichen Verlauf der Ereignisse nach der Flucht von Antonius und Kleopatra: Antonius’ Soldaten gaben nicht auf. Einige warfen ihre Katapulttürme und das schwere Kriegsgerät über Bord und versuchten zu fliehen, was aber nur einigen wenigen gelang. Die meisten versuchten, sich aufs offene Meer durchzukämpfen. Ihre Beweggründe waren gewiss unterschiedlich: Einige glaubten immer noch daran, dass sich die Republik retten ließ, andere waren persönliche Anhänger von Antonius. Die meisten vermuteten wahrscheinlich, dass sie von Antonius und seiner reichen ägyptischen Frau eher Land und Geld erhalten würden als von dem geizigen, bankrotten Octavian. Falls der überhaupt ihre Kapitulation akzeptierte. Vielleicht hat auch Plutarch recht, der behauptet, dass die meisten von Antonius’ Soldaten gar nicht mitbekommen hatten, dass ihr Anführer geflohen war.101 Velleius Paterculus fügt hinzu, Octavian habe den Feinden immer wieder zugerufen, dass ihr Dienstherr sie im Stich gelassen habe, um sie zur Kapitulation zu bewegen, aber vergebens.102 Das klingt allerdings eher wie eine nachträgliche Selbstrechtfertigung aus Augustus’ Memoiren. Sie lieferten sich heftige Kämpfe. Trotz all ihrer Vorteile hatten Agrippa und Octavian die Schlacht noch nicht gewonnen. Antonius’ Flotte war selbst in dezimierter Form noch in der Lage, sie in Schach zu halten, bis Agrippa zu seinem letzten Mittel griff: Feuer.103 Für Römer war es ungewöhnlich, auf See Feuer als Waffe einzusetzen, aber es war durchaus schon vorgekommen. Ahenobarbus hatte ein Geschwader Schiffe, das unterwegs nach Philippi gewesen war, um Antonius und Octavian zu unterstützen, mithilfe von Brandpfeilen besiegt. Vielleicht erzählte er Agrippa und Octavian davon, nachdem er zu ihnen übergelaufen war.104 Zumindest beweist der Einsatz von Feuer bei Actium einmal mehr Agrippas Vielseitigkeit.105 Das Ziel eines jeden Admirals war es, die gegnerische Flotte zu erobern, nicht, sie zu zerstören. Gekaperte Schiffe konnte man umfunktionieren und in die eigene Flotte integrieren. Verbrannte Schiffe sanken. Schon daher hätten Agrippa und Octavian Antonius’ Schiffe nicht in Brand gesteckt, wenn sie nicht dazu gezwungen gewesen wären. Sie zogen es nicht
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einmal in Erwägung, solange Kleopatras Schatz noch in Reichweite war (dieser, so war man sich einig, war die wertvollste Beute in dem Krieg). Und doch muss man zugeben, dass Octavian und Agrippa zwei wichtige Ziele erreichten, als sie die feindlichen Schiffe niederbrannten: Erstens töteten sie eine große Anzahl feindlicher Seeleute und Decksoldaten und reduzierten so gleichzeitig das Risiko für ihre eigenen Männer. Und zweitens sandte das Feuer eine eindeutige Botschaft an die Überlebenden in Antonius’ Truppen: Ergebt euch oder sterbt! Wie die Hinrichtung von Bogud in Methone kündeten die Flammen vor Actium davon, wie ernst es Agrippa war. Den Verlust von ein paar Dutzend feindlichen Schiffen nahm er gerne in Kauf, wenn er damit 100 000 Soldaten auf den restlichen Schiffen und an der Küste zur Kapitulation bewegte. Mehrere antike Berichte erwähnen den Einsatz von Feuer in der Schlacht, aber nur Cassius Dio liefert Details. So sensationslüstern sein Bericht wirkt, beinhaltet er doch eine Reihe von Punkten, die stimmen könnten, wenn man sie mit anderen antiken Texten vergleicht, die den Einsatz von Brandwaffen schildern. Falls Cassius Dio recht hat, erkannte Octavian oder (was wahrscheinlicher ist) Agrippa, dass sie ohne den Einsatz von Feuer nicht gewinnen konnten. Und so griffen sie zu diesem letzten Mittel: Die Angreifer näherten sich Antonius’ Schiffen aus mehreren Richtungen gleichzeitig und ließen brennende Geschosse auf sie niederregnen: Speere, an denen Fackeln befestigt waren, und mit Katapulten abgeschossene Töpfe, die mit glühender Holzkohle und Pech gefüllt waren (römische Kriegsschiffe waren innen und außen ohnehin reichlich mit Pech bestrichen). Die Verteidiger versuchten vermutlich mit ihren Schilden, die Geschosse abzuwehren, aber einige kamen durch und genügten, um ihre Schiffe in Brand zu setzen. Zunächst versuchten sie, das Feuer mit dem an Bord befindlichen Trinkwasser zu löschen, dann schöpften sie mit Eimern Meerwasser. Aber das Pech, mit dem das Holz beschichtet war, tat sein Übriges, vor allem, wenn die Schiffe länger in der heißen Sonne eines griechischen Sommers gelegen hatten: Die Flammen ließen sich nicht löschen. Als Nächstes benutzten die Männer ihre wollenen Umhänge und – falls dieses sensationslüsterne Detail stimmt – sogar die Lei-
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chen ihrer Kameraden, um die Flammen zu ersticken. Doch dann kam ein starker Wind auf, vermutlich eben jener Wind aus West oder Nordwest, der Antonius und Kleopatra die Flucht ermöglichte, und plötzlich waren die Kleidung und die Leichen nur noch zusätzlicher Brennstoff. Inmitten dieser grausigen Szene berichtet Cassius Dio von einem faszinierenden Detail: Salzwasser, mit Eimern auf die Brandherde geschüttet, habe die Flammen erstickt (tatsächlich dürfte sich das Wasser in der Hitze des Feuers wahrscheinlich nur in Dampf verwandelt haben), doch wenn die Männer nur halbvolle Eimer anschleppten und somit nur kleine Mengen Wasser auf das Feuer schütteten, habe dies die Brände nur noch zusätzlich angefacht, da Salzwasser in kleinen Mengen wie ein Brandbeschleuniger wirke.106 Das ist natürlich Unsinn. Was stimmt, ist, dass die Flamme gelb wird, wenn Salzwasser darübergeschüttet wird – ein Effekt, den man heutzutage zum Beispiel beobachten kann, wenn einem auf dem Gasherd das Nudelwasser überkocht. Als die Männer also Salzwasser auf das brennende Pech gossen, könnte es so ausgesehen haben, als habe es das Feuer nur noch weiter angefacht. Insofern könnte Cassius Dio, auch wenn die Schlussfolgerung falsch ist, an dieser Stelle einen Augenzeugenbericht wiedergeben haben.107 Einige Decksoldaten zogen sich auf den noch intakten Teil ihres Schiffes zurück. Sie versuchten sogar noch, in die Offensive zu gehen und den Feind mit Enterhaken in die Flammen zu ziehen, aber Octavians Schiffe blieben auf Distanz. Dann starben die Verteidiger auf unterschiedliche Weise: Einige verbrannten, andere erstickten am Rauch, wieder andere wurden von Pfeilen getroffen, nachdem sie ihre Rüstung abgelegt hatten, um über Bord zu springen. Viele, denen der Sprung gelang, ertranken, andere wurden im Wasser von feindlichen Soldaten mit zerbrochenen Rudern und Wurfspeeren drangsaliert. Und einige sollen Haien zum Opfer gefallen sein. Haie gibt es heute im Mittelmeer kaum noch, aber in der Antike wohl durchaus, und sie griffen Menschen an.108 Nur die Männer, die sich an Bord der brennenden Schiffe selbst oder gegenseitig das Leben nahmen, fanden einen friedlichen Tod, behauptet Cassius Dio. Sehr melodramatisch, gewiss, aber selbst ein nüchterner Erzähler muss an dieser Stelle innehalten und daran denken, wie groß die Kluft war zwischen den
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Hoffnungen der Soldaten an jenem Vormittag und ihrem grausamen Ende im Schlachtengetümmel. Cassius Dio fügt noch hinzu, dass Agrippas Männer abwarteten, bis klar war, dass der Feind ihnen nichts mehr anhaben konnte, und sich dann schnell den brennenden Schiffen näherten, um das Feuer zu löschen und die Schiffe vielleicht doch noch zu retten, aber auch, um nachzuschauen, ob Geld an Bord war. Einige wurden dabei Opfer ihrer eigenen Gier und fanden in den Flammen den Tod.
Der Sieg Gegen 16 Uhr, als ein starker Wind wehte und hohe Wellen die Schiffe durchschüttelten, kapitulierten die ersten von Antonius’ Soldaten,109 laut den Quellen allerdings sehr widerwillig.110 Gut möglich, dass die Schiffe noch stundenlang brannten. Als der Tag zu Ende ging, ließ der Wind allmählich nach. Am 2. September geht die Sonne in Actium um 20:05 Uhr unter. Selbst jetzt war die Lage noch so unübersichtlich, dass Octavian nicht wagte, an Land zu gehen. Offenbar war es einigen von Antonius’ Kriegsschiffen gelungen, sich in den Ambrakischen Golf zurückzuziehen, und sie konnten immer noch angreifen. Octavian verbrachte die Nacht auf seiner Liburne.111 Falls der Morgen des 3. September ein typischer Spätsommermorgen in Actium war, stieg über den Hügeln und Tälern Nebel auf, als sich am Gebirgskamm im Osten die ersten Sonnenstrahlen zeigten. Am Wasser wurden nach und nach die schemenhaften Umrisse der Kriegsschiffe sichtbar. Schließlich kam die Sonne ganz hinter den Bergen hervor und tauchte den Ambrakischen Golf in goldenes Licht. Als Agrippa und Octavian an diesem Morgen die Szenerie betrachteten, werden sie gestaunt haben, welches Bild sich ihnen bot. Erst jetzt konnten sie das ganze Ausmaß ihres Sieges überblicken. Sie stellten fest, dass sie den Großteil von Antonius’ verbliebener Flotte in ihrem Besitz hatten. Die Gefahr einer Invasion Italiens war abgewendet. Octavian und Agrippa hatten etwa 140 feindliche Galeeren gekapert oder versenkt. Wenn man den Feldzug als Ganzes betrachtet, war die Ausbeute sogar noch größer. Octavian behauptete später, er habe insgesamt
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300 Kriegsschiffe vom Feind erbeutet,112 eine Zahl, die sich sicherlich auf den gesamten Ptolemäischen Krieg bezieht, der im März bei Methone begann, wobei Schiffe, die kleiner als Triremen waren, wahrscheinlich nicht mitgezählt waren. Wenn die 35 Rammsporne, die in das Siegesdenkmal von Actium eingearbeitet wurden, ein Zehntel der Gesamtzahl darstellen, wie es bei antiken Monumenten üblich war, dann waren es sogar 350 Schiffe. Für die Zahl der Toten interessierten sich antike Befehlshaber weniger, vor allem bei einem Bürgerkrieg, wo viele der Opfer römische Bürger waren, mit deren Tod sie nicht prahlen konnten. Plutarch berichtet von 5000 Toten in Antonius’ Flotte,113 eine Zahl, die direkt aus Augustus’ Memoiren stammt. Orosius, der mehrere Hundert Jahre später schrieb, nennt 12 000 Tote und 6000 Verwundete, von denen 1000 später starben.114 Man vermutet, dass Plutarchs Zahl sich nur auf die Legionäre bezieht, während Orosius’ Zahlen auch Seeleute und Besatzungsmitglieder einschließen, aber genau wissen wir es nicht. Hier mag es genügen, an die Stelle zu denken, an der der Dichter Properz (geb. ca. 50 v. Chr.) beschreibt, wie vor Actium die Leichen der Römer im Meer trieben.115 Einer Quelle zufolge konnte man nach der Schlacht die gewaltigen Trümmer von Antonius’ großer Flotte sehen und Wind und Wellen hätten „unaufhörlich die purpurne und goldene Beute der Araber und Sabäer und tausend anderer asiatischer Völker an Land gespült“.116 Trümmer, die von Antonius’ und Kleopatras Niederlage zeugten, schwammen sicher herum und wurden an Land gespült, aber die Quelle übertreibt hier gewaltig, wohl um den Gegensatz zwischen dem angeblich so dekadenten Osten und dem anständigen Westen zu betonen. Nach der Schlacht feierten Octavians Männer ihn als Imperator. Es war das sechste Mal, dass ihm diese Ehre zuteilwurde.117 Die Quellen verraten nicht, was Octavian oder Agrippa sagten oder dachten, als sie den Schauplatz ihres Sieges betrachteten. Doch so zufrieden die beiden auch waren: Gejubelt haben werden sie nicht. Caesar hatte allen gezeigt, wie ein guter Römer seinen im Bürgerkrieg unterlegenen Rivalen behandeln sollte: indem er sein eigenes Vorgehen rechtfertigte und zugleich bedauerte, was er seinem Landsmann hatte antun müssen. Als er nach der Schlacht von
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Pharsalos die Leichen seiner besiegten Feinde auf dem Schlachtfeld betrachtete, soll Caesar gesagt haben: „Sie haben es nicht anders gewollt.“118 Die Quellen deuten an, dass Octavian seinem Adoptivvater auch in dieser Hinsicht nacheiferte. Er bedauerte, dass römisches Blut vergossen worden war, verkündete, er werde Antonius’ überlebende Soldaten schonen, und schob alle Schuld seinen Gegnern zu. Wir wissen nicht, ob er sogar Caesars Formulierung aufgriff und den feindlichen Truppen sagte, Antonius und Kleopatra hätten es „nicht anders gewollt“. Zumindest wird Octavian sie darauf hingewiesen haben, dass ihr Imperator sie im Stich gelassen hatte. Als Antonius und Kleopatra bereits geflohen waren, die Seeschlacht aber noch in vollem Gang war, soll Octavian den Soldaten auf Antonius’ Schiffen zugerufen haben, was sie von ihrem feigen Feldherrn zu halten hätten und dass er sie am Leben lassen und begnadigen werde.119 Er wollte sie dazu bringen zu kapitulieren, was sie schließlich auch taten. Die niedrigeren Opferzahlen des Feindes in seinen Memoiren – 5000 gegenüber den 12 000 des Orosius – könnten auch ein Versuch gewesen sein, die Zahl der getöteten Römer herunterzuspielen. Viele, wenn nicht sogar die meisten der Toten waren schließlich keine ausländischen Feinde, sondern römische Bürger. Bei aller Propaganda rund um den Krieg gegen Kleopatra: Octavian war sich dieser Tatsache sicher bewusst. Neben seiner Barmherzigkeit wird Octavian nach der Schlacht sicherlich auch seine Frömmigkeit zur Schau gestellt haben. Kein siegreicher Römer hätte es versäumt, den Göttern zu danken, schon gar nicht ein politisch so ambitionierter wie Octavian. Sein persönlicher Schutzpatron war Apollo, und in Actium hatte dieser einen berühmten Tempel. Wahrscheinlich dankte Octavian dem Gott auf besonders öffentlichkeitswirksame Weise. Gut möglich, dass Vergil in den folgenden Versen aus dem Abschnitt der Aeneis über die Schlacht von Actium die offizielle Version des gottgegebenen Sieges über fremde Feinde wiedergibt: Solches erblickte von oben der aktische Phöbus und spannte sein Geschoss, dass schreckenbetäubt Ägyptus und Indus und auch die Sabäer gesamt und die Araber wandten den R ücken.120
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Es war ein großer, aber kein vollkommener Sieg. Antonius und Kleopatra waren mit etwa einem Drittel ihrer Kriegsflotte und ihrem gesamten Schatz entkommen. Und mit Letzterem konnten sie neue Truppen ausheben und neue Kriegsschiffe bauen lassen. Mehrere Legionen von Antonius waren in Griechenland auf freiem Fuß. Ganz zu schweigen von Antonius und Kleopatra selbst.
Auf der Flucht Der Versuch, die Schlachtreihen in Actium zu durchbrechen, war mutig und riskant gewesen, aber notwendig. Auch wenn das Manöver nicht so erfolgreich gewesen war, wie Antonius und Kleopatra es sich erhofft hatten, hatten sie ihre wichtigsten Ziele erreicht: sich selbst, einen Teil ihrer Schiffe und Soldaten und ihr Vermögen zu retten. Doch die gelungene Flucht war ein schwacher Trost für die Niederlage in der Schlacht. Auf ihrem Weg nach Süden passierten ihre Schiffe in umgekehrter Richtung ihre früheren Stützpunkte. Zuerst kamen die weißen Klippen von Leukas in Sicht, der Insel, die Agrippa praktisch vor Antonius’ Augen an sich gerissen hatte. Dann fuhren sie an dem Kanal vorbei, der ostwärts nach Patrai führt, ihrem Winterquartier – das Agrippa ebenfalls eingenommen hatte. Es folgten die smaragdgrünen Gewässer von Sosius’ ehemaligem Stützpunkt auf Zakynthos. Als sie die Südwestspitze der Peloponnes umrundeten, passierten sie die Inselchen, die den Hafen von Methone bewachten, wo Agrippa im März König Bogud getötet und damit die Kettenreaktion ausgelöst hatte, die letztlich zu ihrer Niederlage geführt hatte. Als sie nun an all diesen Orten vorbeisegelten und daran erinnert wurden, was dort vorgefallen war, mag es ihnen schwergefallen sein, optimistisch zu bleiben. Drei Tage waren sie unterwegs. Antonius hatte sich nicht so verhalten, wie man es von einem Römer, einem Adligen und einem Imperator erwartete. Ein Römer hatte bei seinen Legionen zu bleiben. Andererseits konnte Antonius kaum davon ausgehen, dass die etwa 50 000 kränklichen und hungernden Soldaten, die er an Land zurückgelassen hatte, Octavian ernsthaften Widerstand leisten würden – wäre er bei seinen Legionen geblieben, hätte er das mit dem Leben bezahlt. Ein Römer vom alten Schlag hätte dazu sicherlich gesagt:
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So sei es! Cassius, Brutus und Cato der Jüngere, Caesars erbittertster Feind, hatten es vorgemacht. Hätte Antonius in ihre Fußstapfen treten sollen? Antonius hätte gewiss argumentiert, dass es als patriotischer Römer seine Pflicht sei, sich der Tyrannei Octavians zu widersetzen, und das könne er auch von Alexandria aus. Ägypten bot ideale geografische Voraussetzungen, um es verteidigen. Antonius verfügte bereits über vier Legionen, die in der Kyrenaika stationiert waren, und aus den Soldaten, die mit ihm aus Actium geflohen waren, und jenen, die sich nun von seinen Stützpunkten in Tainaron, auf Kreta und in Korinth auf den Weg zu ihm machten, hätte er vielleicht noch eine fünfte zusammenstellen können. Darüber hinaus hatte Kleopatra noch ihre eigenen Truppen. Mit ihrem riesigen Vermögen konnten sie zudem neue Soldaten anwerben. Indessen würde Octavian dadurch, dass er nun nicht nur seine eigenen Veteranen, sondern auch noch die von Antonius versorgen musste, unter starken innenpolitischen und finanziellen Druck geraten. Vielleicht würden sich sogar seine verbleibenden Unterstützer von ihm abwenden. Falls er nicht in der Lage war, Ägypten zu halten, würde Antonius sich immer noch umbringen können. Oder gegen die Parther ziehen – unter Umständen wäre er dafür sogar dankbar gewesen. Immerhin hatte sich Quintus Labienus, der Sohn von Caesars Intimfeind Titus Labienus, nach der Niederlage der republikanischen Armee bei Philippi mit den Parthern verbündet. In Zeiten des Bürgerkriegs zeigte so mancher sein wahres Gesicht. Quintus hatte sich sogar dazu hinreißen lassen, an der Seite eines parthischen Fürsten in Roms östliche Provinzen einzufallen. Nachdem sie Syrien und einen Großteil Kleinasiens erobert und einen Provinzstatthalter ermordet hatten, hatte er sich zum Parthicus imperator, zum „siegreichen parthischen Feldherrn“, ausrufen lassen. Kurze Zeit später aber war er bei einem Gegenangriff von einem von Antonius’ Kommandanten gefangen genommen und hingerichtet worden. Ob Antonius für sich ein ähnliches Schicksal vorschwebte, um als glorreicher Widerständler im Kampf gegen einen Tyrannen zu sterben? Auf diese Weise hätte der Imperator also nach außen hin rechtfertigen können, dass er seine Legionen im Stich gelassen hatte. Aber auch sich selbst gegenüber? Der gesamte Feldzug von 31 v. Chr. hatte für Antonius
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in einer Niederlage geendet, noch dazu in einer demütigenden. Nach Philippi hatte Antonius als größter Feldherr seiner Zeit gegolten. Die „Katastrophe“ von Media Atropatene hatte in einem heldenhaften Rückzug gemündet, und danach hatte er Armenien erobert und Media Atropatene aus dem Einflussbereich der Parther befreit, besiegelt durch ein politisches Bündnis und eine Verlobung mit dem Königshaus. Vielleicht hätte Antonius einen erneuten Krieg gegen das Partherreich sogar gewinnen können. Doch Actium war anders als alle bisherigen Konflikte. Abgesehen von einem kleinen Triumph gegen Octavian in der Nähe seines Lagers hatte der Ptolemäische Krieg Antonius eine Niederlage nach der anderen beschert. Auf See hatte er den Fähigkeiten, der Erfahrung und dem Wagemut seiner Feinde schlichtweg nichts entgegenzusetzen. Plutarch berichtet, Antonius habe einsam und deprimiert am Bug der Antonias gesessen, die gerade Kurs auf Tainaron nahm. Angeblich sprach er während der gesamten dreitägigen Reise nicht einmal mit Kleopatra.121 Jeder mag selbst entscheiden, ob er diese Anekdote glaubt oder nicht. Die Quellen verraten uns nicht, wie es der ägyptischen Königin in dieser Situation ging. Bei Vergil ist sie blass, als sie aus Actium davonsegeln, was auf ihren späteren Tod vorausdeutet.122 In Wirklichkeit war die unbeugsame Kleopatra wahrscheinlich voller Tatendrang und bereitete sich schon auf ihren nächsten Schachzug vor. Doch zuerst musste sie sich mit Antonius auseinandersetzen. Der Kommandant und die Königin versöhnten sich erst, so heißt es, als sie in Tainaron anlegten,123 einer Hafenstadt an der Südspitze des mittleren Ausläufers der Peloponnes, nur wenige Kilometer vom gleichnamigen Kap (heute Kap Tenaro) entfernt. Es war ein kahles und zerklüftetes Fleckchen Erde, berüchtigt für seine Winde, Piraten und Höhlen, von denen eine als Eingang zur Unterwelt galt. Dieser Hafen lag an der Seeroute, die im Osten nach Kreta, Kyrene und Alexandria führte und war, anders als die meisten von Antonius’ Stützpunkten in Griechenland, nicht von Agrippas Kriegsschiffen eingenommen worden. In Tainaron halfen Kleopatras Dienerinnen, den Streit zwischen dem Imperator und der Königin beizulegen. Von da an aßen und schliefen die beiden wieder zusammen.124
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Antonius hatte allen Grund, deprimiert zu sein, und das nicht nur wegen des schieren Ausmaßes seiner Niederlage: Kleopatra hatte ihn gerettet, und er stand somit tief in ihrer Schuld. Bald wäre er ein Römer in Ägypten ohne militärische Streitmacht an seiner Seite. Es sah zwar nicht danach aus, dass Kleopatra ihren Prinzgemahl Antonius, den Vater von dreien ihrer Kinder, im Stich lassen würde, aber mitunter müssen Monarchinnen und Monarchen schmerzhafte Entscheidungen treffen, um ihren Thron zu retten. Doch Antonius war ein Mann der Tat, und auch in Tainaron saß er nicht untätig herum. Große Transportschiffe legten an, die entweder aus Actium geflohen waren oder, was wohl wahrscheinlicher ist, aus anderen griechischen Häfen, die nicht vom Feind kontrolliert wurden. Auch einige von Antonius’ Freunden trafen ein. Sie bestätigten seine schlimmsten Befürchtungen, was die Zerstörung seiner Flotte vor Actium betraf, machten ihm aber immer noch Hoffnung, dass wenigstens seine Legionen entkommen würden. Antonius schickte eine Nachricht an Canidius, den Befehlshaber der Legionen, die Truppen so schnell wie möglich durch Makedonien nach Asien zu führen, erbot sich aber nicht, sich seinen Männern wieder anzuschließen. Stattdessen wollte er nach Afrika weitersegeln. Für einen römischen Feldherrn verhielt sich Antonius damit seinen Legionen gegenüber nicht gerade vorbildlich, aber immerhin erfüllte er seine Pflicht gegenüber seinen engsten Vertrauten, indem er ihnen seine Unterstützung anbot, in Form eines Transportschiffs, das mit Münzen sowie goldenen und silbernen Gegenständen aus der königlichen Schatzkammer beladen war. Seine Freunde weigerten sich dennoch zunächst, wieder abzureisen, aber Antonius redete ihnen gut zu, und er unternahm noch einen weiteren praktischen Schritt, um ihnen zu helfen: Er schrieb einen Brief an Theophilos, seinen Prokurator, einen Finanzverwalter, wie ihn jeder Römer von Rang beschäftigte.125 Theophilos war wie viele Prokuratoren ein Freigelassener. Er befand sich zu dieser Zeit in Korinth. Antonius bat ihn, seine Vertrauten bei sich zu verstecken, bis man Frieden mit Octavian geschlossen hätte. Wir erfahren nicht, was mit diesen Männern weiter geschah, aber sicherlich verhielten sie sich wie Theophilos’ Sohn Hippar-
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chos, der Erste von Antonius’ Freigelassenen, der zu Octavian überlief. Hipparchos hatte unter Antonius Karriere gemacht und von den Proskriptionen profitiert, aber Octavian akzeptierte ihn trotzdem als neuen Verbündeten.126 Der Punkt ist: Antonius wusste ganz genau, dass seine Freunde in Griechenland eine Vereinbarung mit dem Feind treffen mussten. Dasselbe gilt für seine dortigen Truppen. Indem er nicht persönlich zu ihnen zurückkehrte, zeigte er ganz offen, dass er kaum noch Hoffnung in den stark geschwächten Rest seiner Armee dort setzte. Nicht jeder im Umfeld von Antonius und Kleopatra in Tainaron war vertrauenswürdig, und jene, von denen sie ahnten, dass sie sie verraten würden, schickten sie fort. Aber es gingen auch einige von denen, die sie lieber dabehalten hätten, da sie es für klüger hielten, sich beizeiten von den beiden zu distanzieren.127 Was die von Canidius befehligten Legionen betrifft, so berichten die Quellen, wie loyal die Soldaten gegenüber Antonius blieben und wie sehr sie sich wünschten, er käme persönlich zurück, um das Kommando zu übernehmen – und sie zu bezahlen, könnte man hinzufügen. Der prooctavianischen Überlieferung zufolge hielten sie ganze sieben Tage lang durch und ergaben sich erst, nachdem mehrere führende römische und verbündete Kommandanten, darunter Canidius, sie im Stich gelassen hatten und geflohen waren.128 Wahrscheinlicher ist, dass die Kommandanten erst flohen, als sie mitbekamen, dass die Truppen im Begriff waren, einen eigenen Deal mit Octavian einzugehen – und dass auf sie kein Deal wartete. Solche Deals waren eine von Octavians großen Stärken. Er hatte sich schon oft als geschickter Verhandlungsführer hervorgetan. Seine Karriere hatte bereits damit begonnen, dass er Antonius im Jahr 44 v. Chr. zwei Legionen abspenstig machte: Er hatte ihnen eine großzügige Erhöhung ihres Solds angeboten und sie beruhigt, nachdem Antonius mehrere Legionäre und Zenturionen hatte hinrichten lassen, um für Disziplin zu sorgen. Wie Octavian genau wusste, hatten die Legionen in den diversen römischen Bürgerkriegen mehr als einmal bewiesen, dass sie lieber verhandelten als kämpften. Und auch jetzt, nach Actium, scheint es zu Verhandlungen mit Repräsentanten von Antonius’ Legionen gekommen zu
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sein. Sie drängten auf gute Konditionen, und Octavian gab sich großzügig. Antonius hatte in Actium 19 Legionen versammelt. Auch wenn Soldaten gefallen und geflüchtet waren, waren die meisten dieser Legionen wahrscheinlich immer noch „intakt“. Octavian gestattete mindestens vier Legionen, wahrscheinlich sogar mehr, ihren Namen und ihre Nummer zu behalten; die Soldaten der anderen Legionen sollten die Lücken in Octavians eigenen Reihen füllen. Für die Zeit nach ihrer Demobilisierung versprach Octavian ihnen Land, und es gelang ihm später sogar, dieses Versprechen einzuhalten, auch wenn er die Veteranen von Antonius außerhalb Italiens ansiedeln musste. Seine eigenen Veteranen erhielten Land in Italien.129
Was war schiefgelaufen? Diese Frage werden sich Antonius und Kleopatra spätestens in Tainaron gestellt haben. Eine ehrliche Antwort hätte etwa folgendermaßen gelautet: Sie hatten die Ressourcen ihrer Flotte völlig falsch eingesetzt. Mit ihren Schiffen hätten sie die Häfen Süditaliens einnehmen können, um den Weg nach Rom freizumachen. Dann hätte Antonius die Art von Krieg führen können, die er auch gewinnen konnte: einen Landkrieg. Für ein solches Manöver wäre die Flotte von Antonius und Kleopatra ideal gewesen. Bei einem Seekrieg war ihre Flotte dagegen deutlich im Nachteil. Sie verfügte zwar über Rammsporne, die bei einem Frontalangriff eine verheerende Wirkung hatten, Katapulttürme, von denen aus man den Feind beschießen konnte, und erfahrene Admiräle wie Ahenobarbus, der bereits mehrere Siege auf See errungen hatte. Doch auch damit hatte sie dem größten Admiral der Epoche, Agrippa, und der Flotte, die den dynamischsten Seefahrer der Epoche, Sextus Pompeius, besiegt hatte, nichts entgegenzusetzen, zumal den Oberbefehl ein extrem gerissener und rücksichtsloser Mann führte: Octavian. So riskant eine Invasion Italiens auch gewesen wäre, hier hätten Antonius und Kleopatra eine reelle Chance gehabt. Auf dem Meer vor Westgriechenland waren Agrippa und Octavian klar im Vorteil. Antonius und Kleopatra hätten auch hier siegen können, aber nur durch höchste Wachsamkeit und maximalen Wagemut. Und dazu waren sie nicht bereit.
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Man darf auch die politischen Differenzen und Machtkämpfe nicht vergessen, die die Allianz belasteten. Die eingefleischten Anhänger der Republik misstrauten Kleopatra, und sie misstraute ihnen. Dass Ahenobarbus zum Feind überlief, war ein großer Verlust; der erfahrene Seemann hätte vor Actium einiges bewirken können. Die Fürsten aus dem Osten fürchteten, dass Kleopatra auf ihre Kosten ein eigenes Imperium errichten wollte. Herodes, der nicht persönlich nach Actium reiste, sondern zu Hause blieb und nur seine Truppen schickte, weil er sich nicht mit der Königin anlegen wollte, war ein Extremfall, aber er war nicht der Einzige. Trotz der theoretischen Zweiteilung des Römischen Reiches pflegte auch Octavian Kontakte im römischen Osten, wo vermeintlich Antonius das Sagen hatte. Antonius unternahm ähnliche Annäherungsversuche in Italien, doch als sich seine Niederlagen häuften, stießen sie zunehmend auf taube Ohren. Antonius und Kleopatra hatten die richtige strategische Entscheidung getroffen, als sie den Krieg nach Westen verlagert hatten. In Ägypten in der Defensive zu bleiben, war keine Option, denn damit hätten sie Octavian den Rest des römischen Ostens überlassen und ihre Alliierten wären massenhaft zu ihm übergelaufen – vielleicht wäre es sogar in Ägypten zum Putsch oder Staatszerfall gekommen. Ihr Fehler war nicht, dass sie nach Actium gegangen waren. Ihr Fehler war, dass sie dortgeblieben waren, statt in Italien einzumarschieren, und dass sie es versäumt hatten, rund um Actium ihre verwundbaren Stützpunkte zu sichern. Das Problem war die militärische Führung. Hätte Antonius seine Ressourcen geschickt, aggressiv und effizient eingesetzt, hätte er am Ende triumphieren können, selbst wenn er in Westgriechenland in der Defensive geblieben wäre. Stattdessen erwies er sich als schlecht vorbereitet und handelte reaktiv und schlichtweg ungeschickt. Anders als Octavian und Agrippa zogen Antonius und Kleopatra nicht gemeinsam an einem Strang. Kein Wunder, dass so viele ihrer Soldaten und Kommandanten zu Octavian überliefen. Es war weder das erste noch das letzte Mal in der Geschichte, dass sich die Seite, die über mehr Geld und die bessere Technologie verfügte, für die falsche Strategie entschied. Und dann gelang es Antonius und Kleopatra nicht einmal, diese falsche Strategie durchzuziehen. Deshalb verloren sie den Krieg.
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Kapitel 13
Octavian, der Barmherzige Actium und Kleinasien, 3. September 31 bis Frühjahr 30 v. Chr. „Kriege führte ich auf dem gesamten Erdkreis, zu Wasser und zu Lande, im In- und Ausland, und wenn ich siegte, begnadigte ich alle Bürger, die um Milde baten. Jene fremden Völker, die ich unbesorgt begnadigen konnte, habe ich lieber verschont, als sie zu vernichten.“130 (So Augustus selbst im Jahr 14 n. Chr.)
Zweihundert Jahre nach Actium bezeichnete der Geschichtsschreiber Cassius Dio das Datum der Schlacht als den Zeitpunkt, ab dem Octavian „im alleinigen Besitz aller Macht“ gewesen sei.131 Im Rückblick mag das so ausgesehen haben, aber zu jener Zeit war die Lage längst nicht so eindeutig. Octavians Sieg bei Actium beendete den Konflikt nicht, aber er ließ ein Ende des Krieges in greifbare Nähe rücken. Kurz vor seinem 32. Geburtstag am 23. September 31 v. Chr. war für Octavian endlich absehbar, dass er bald erreicht haben würde, was er sich im Alter von neunzehn Jahren geschworen hatte: alle Ehrungen, die seinem Adoptivvater Iulius Caesar zuteilgeworden waren, ebenfalls zu erlangen.132 Das bedeutete nicht zuletzt die Kontrolle über das gesamte Römische Reich statt nur über die westliche Hälfte. Der Osten des Imperiums war wohlhabender, bevölkerungsreicher, urbaner und kultivierter als der Westen. Niemand, der so ehrgeizig war wie Octavian, hätte darauf verzichtet.
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Teil 3: DIE SCHLACHT BEI ACTIUM
Aber was war mit Ägypten, dem einzigen bedeutenden Land am Mittelmeer, das nicht unter römischer Herrschaft stand? Caesar hatte sich damit begnügt, einen Teil von seinem Reichtum abzuschöpfen. Octavian reichte das nicht, er musste Ägypten einfach haben. Das schillernde Land am Nil war der Schauplatz einer der großen Taten seines Adoptivvaters. Es war das reichste Land im ganzen Mittelmeerraum und barg somit die Lösung für seine finanziellen Probleme. Kleopatras Vermögen – oder vielmehr ihr Vermögen plus die Reichtümer, die Antonius im Osten durch Besteuerung, Erpressung und Plünderung angehäuft hatte: Dieser Schatz war ihm bei Actium durch die Lappen gegangen. Octavian brauchte das Geld dringend, um seine Soldaten zu bezahlen, um die wegen der Kriegssteuern aufgebrachten Einwohner Italiens zu besänftigen und um das neue Regime zu finanzieren, das er für Rom plante. Doch noch besaß Octavian Ägypten nicht. Er musste es sich erst holen. Nach außen hin mag es ausgesehen haben, als könne er jetzt, nach Actium, schalten und walten, wie er wollte. Ganz so einfach war es nicht. Natürlich hatte Octavian Oberwasser, nachdem Antonius die Schlacht verloren hatte, aber jeder wusste, dass die Römer in der Niederlage temperamentvoller waren als im Sieg.133 Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ihm der besiegte Feind auch weiterhin ernsthafte Schwierigkeiten machte. Iulius Caesar beispielsweise hatte die Armeen seiner römischen Feinde in Italien, Spanien, Griechenland und Nordafrika besiegt und seine prominentesten Gegner sterben sehen, und dennoch gelang es den Söhnen von Pompeius, 45 v. Chr. in Munda in Spanien eine Rebellion anzuzetteln, die Caesar auf dem Schlachtfeld vor die größte Herausfor derung seiner Karriere stellte. Octavian, der seine ersten Erfahrungen mit dem Krieg gemacht hatte, als er seinem Großonkel bei den Säuberungen nach der Schlacht von Munda half, hatte diese Lektion garantiert verinnerlicht. Und er wird kaum vergessen haben, wie Ahenobarbus mit seiner Flotte die Küsten Italiens überfallen hatte, nachdem seine Verbündeten 42 v. Chr. bei Philip pi eine Niederlage erlitten und dann Suizid begangen hatten. Ganz zu schweigen von Sextus Pompeius, den zu besiegen eine herkulische Kraftanstrengung gewesen war. Insofern muss Octavian klar gewesen sein: So-
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lange Antonius und Kleopatra am Leben und auf freiem Fuß waren, waren sie noch nicht besiegt. Antonius und Kleopatra verfügten weiterhin über Ressourcen und Anhänger. Wenn sie sich in Ägypten verschanzten, bot ihnen das Land ideale Voraussetzungen dafür, sich zu verteidigen – unwirtliches Gelände und mächtige Festungen im Osten und Westen, die feindliche Armeen an einer Invasion hinderten. Im Anschluss an Actium zeichnete sich nun also ein Kampf um Ägypten ab. Wir sehen in diesem Konflikt in der Regel den letzten Feldzug des Ptolemäischen Krieges, doch für die Römer war es damals eine ganz eigene Phase. Sie nannten sie den Alexandrinischen Krieg. Es kam das Gerücht auf, Antonius und Kleopatra würden nach Hispanien gehen, dessen Boden für bewaffneten Widerstand besonders fruchtbar zu sein schien, wie diverse Feinde Roms – insbesondere Sertorius und die Pompeius-Brüder – bewiesen hatten.134 Dort gab es ein gebirgiges Terrain, Einwohner, die den Römern immer noch feindlich gesinnt waren, und sogar Silberminen, falls Antonius und Kleopatra ihre reichlichen Mittel ausgehen sollten. Viele Jahrhunderte später wurde der Sammelbegriff la guerilla („kleiner Krieg“) geprägt, für die unkonventionellen Taktiken, die die Spanier im Unabhängigkeitskrieg zwischen 1808 und 1814 gegen Napoleon I. anwendeten. Er lebt in unserem Wort „Guerillakrieg“ weiter. Es ist kein Zufall, dass Octavian um die Zeit nach Actium herum seine Stellungen an der Küste Hispaniens befestigte, um die Halbinsel besser vor einer Invasion zu schützen. Infolgedessen suchten Antonius und Kleopatra lieber im Osten nach einer möglichen Zuflucht.135 Ihr Geld und ihre Verbindungen verschafften dem Imperator und der Königin eine große Reichweite. Octavian wusste genau, wie schnell der Dolch eines Attentäters die ganze Welt verändern konnte. Eine Quelle behauptet, Antonius und Kleopatra hätten Abgesandte mit Bestechungsgeldern zu Octavian geschickt, um ihn täuschen oder sogar töten zu lassen.136 Abgesehen davon bestand die Gefahr, dass es in Italien zu einer Revolte kam, während Octavian den Krieg im Osten fortsetzte – und die beiden würden zweifellos ihren Beitrag leisten, um diese Revolte anzustacheln.
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Was wollte Octavian? Nach dem Sieg über Sextus Pompeius im Jahr 36 v. Chr. machten sich Octavian und seine Berater zum ersten Mal darüber Gedanken, auf welche Weise sie später Rom regieren wollten – bzw. „die Republik wiederherstellen“, wie sie es wahrscheinlich ausdrückten. Nach Actium wurde die Formulierung res publica restituta („die Republik ist wiederhergestellt“) in Rom zu einer wichtigen Parole für das neue Regime. Obwohl er die Einzelheiten seiner neuen Regierungsform noch ausarbeiten musste, war sich Octavian in einem Punkt wohl sicher: Es gab kein Zurück zur alten Republik. Diese Staatsform hatte Iulius Caesar das Leben gekostet, folglich war sie für Caesars Erben Geschichte. Octavian wollte, dass seine Familie im Mittelpunkt des neuen Regimes stand. In seinem Bauprogramm wird das besonders deutlich. Ende der 30er-Jahre v. Chr., noch vor Actium, gab er ein Grabmal für sich in Auftrag. Er war erst um die dreißig, daher war es ein rein politischer Schachzug – kurz zuvor hatte er behauptet, Antonius plane, sich in Alexandria bestatten zu lassen. Nicht so Octavian: Er würde in Rom begraben werden. Doch das Grabmal, das er plante, war weit entfernt von der für einen Anhänger der Republik üblichen Strenge und Nüchternheit. Es war gigantisch. Dieses Grabmal für Octavian und seine erweiterte Familie war von da an das höchste Gebäude der Stadt. Da Bestattungen innerhalb der Stadtmauern untersagt waren, stand es vor den Mauern auf dem Marsfeld, wo damals viel gebaut wurde. Über der Struktur aus weißem Marmor wurde ein Erdwall aufgeschüttet und mit immergrünen Bäumen bepflanzt. Und über allem thronte eine Bronzestatue Octavians. Außen waren Beutestücke aus diversen Schlachten angebracht, sodass das Ganze zugleich Kriegsdenkmal, Trophäe und Grabstätte war. Die massiven Ruinen kann man heute noch im Stadtteil Campo Marzio bestaunen, im heutigen Stadtzentrum. In seinem Erscheinungsbild erinnerte das Monument an etruskische und makedonische Gräber, vielleicht sogar an das Grab Alexanders des Großen in Alexandria, wobei wir leider nicht wissen, wie das aussah. Auf jeden Fall lässt es uns an das monumentale Grabmal von König
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Maussolos von Halikarnassos (in der heutigen Türkei) denken – auf diesen Herrscher bzw. sein Grab geht der Begriff Mausoleum zurück. Später hat sich auch für Augustus’ Grab der Name Augustusmausoleum eingebürgert. Das neue Regime würde sich auch weiterhin als res publica bezeichnen. Von diesem lateinischen Begriff stammt unser Wort „Republik“, und wörtlich bedeutet er „öffentliche Sache“. Für die Römer war die res publica das Gegenteil der res privata, der „privaten Sache“, wie der Monarchie. Ein Staat, dessen Herrscher ein monumentales Grabmal hatte, das die Skyline dominierte, konnte kaum als echte Republik gelten. Zumal dann nicht, wenn dieser Herrscher ganz Italien dazu zwang, ihm einen persönlichen Treueeid zu leisten. Und erst recht nicht, wenn er sich „Caesar“ nannte. Dennoch war Octavian stets darauf bedacht, sich von den östlichen und (angeblich) dekadenten monarchischen Gepflogenheiten Kleopatras und ihres (angeblichen) Liebessklaven Antonius abzugrenzen. Doch Octavian hatte am Fall Iulius Caesars gelernt, dass es besser war, seine Macht strategisch einzusetzen. In den letzten Monaten seines Lebens trat Caesar immer mehr wie ein Monarch auf. Er kleidete sich wie einer der Könige, die mehrere Jahrhunderte zuvor über Rom geherrscht hatten, bis sie durch bewaffnete Aufständische verjagt worden waren, die dann die Republik gegründet hatten. Obendrein ließ sich Caesar wie ein Gott verehren. Als ihm bei einer öffentlichen Zeremonie das Diadem angeboten wurde, das die Königswürde symbolisierte, lehnte er es ostentativ ab (und ließ sich dafür auch noch feiern)137, statt sich darüber zu empören, wie es ein Optimat des alten Schlags getan hätte. Doch seine größte Provokation war, dass er den Titel dictator perpetuus („fortwährender Alleinherrscher“, also ohne zeitliche Begrenzung) annahm. Das war ein neuartiger Titel, mit dem er den Weg zementierte, den er eingeschlagen hatte: Er dehnte die Diktatur, die eigentlich ein außerordentliches politisches Amt von kurzer Dauer war, erst auf ein Jahr, dann auf zehn Jahre und schließlich auf unbestimmte Zeit aus. Nur knapp einen Monat später wurde er erstochen. Zum Glück für Octavian war das Amt des dictator kurz darauf abgeschafft worden, und zwar ironischerweise auf Antonius’ Vorschlag
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hin. Octavian brauchte also gar nicht erst zu überlegen, ob er diesen anrüchigen Titel annehmen wollte. Stattdessen war er Triumvir, Konsul, Imperator und natürlich Caesar. Die verfassungsrechtlichen Details würden sich zu gegebener Zeit noch klären lassen.
„Eile mit Weile“ Ein anderer Feldherr wäre Antonius und Kleopatra nach der Schlacht bei Actium nach Ägypten gefolgt, so wie Caesar Pompeius nach dessen Niederlage bei Pharsalos 48 v. Chr. Beide Schlachten fanden in Griechenland statt, und in beiden Fällen flohen die besiegten Anführer nach Ägypten. Stattdessen hielt sich Octavian, vielleicht ganz instinktiv, an einen seiner Lieblingssprüche: Speûde bradéōs (Griechisch für „eile mit Weile“).138 Er wusste, dass die Situation eine sorgfältige und wohlüberlegte Vorbereitung erforderte und kein überstürztes Handeln. Octavian brauchte seine Armee und seine Flotte, um Antonius und Kleopatra endgültig zu besiegen. Doch mit seinem politischen Geschick konnte er einiges dazu beitragen, ihnen diese Aufgabe zu erleichtern. Je eher er seine Feinde davon überzeugen konnte, dass er sich mit ihnen versöhnen und sie begnadigen würde, desto schneller würden sie kapitu lieren. Octavian konnte Antonius und Kleopatra in die Enge treiben, indem er ihre potenziellen Verbündeten für sich gewann. Und genau das tat er. Er war jetzt nicht mehr der blutige Killer, der wahllos Proskriptionen verhängte, nicht mehr der gefühllose Sieger, der rief: „Jetzt ist Zeit zu sterben!“, wenn er seine unterlegenen Feinde hinrichten ließ. Der neue Octavian näherte sich immer mehr dem Mann an, als der er sich Jahre später selbst in seinem Rechenschaftsbericht, den Taten des vergöttlichten Augustus (Res gestae divi Augusti oder einfach Res gestae), feiern sollte. Diesen sorgfältig formulierten Text ließ er vor seinem Mausoleum in Rom und an anderen öffentlichen Orten im ganzen Imperium anbringen. Im Osten wurde er sowohl auf Griechisch als auch auf Latein veröffentlicht, damit die Einheimischen ihn lesen konnten. Der am besten erhaltene zweisprachige Text befindet sich in Ankara, Türkei, als Inschrift an der Wand des Tempels für Augustus und Roma.
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In diesem Dokument behauptete Octavian, er habe sowohl römische Bürger begnadigt, die ihn um Milde baten, als auch fremde Völker, die man „unbesorgt“ – das heißt ohne Gefahr für die Sicherheit Roms oder seiner Person – begnadigen konnte.139 In beiden Fällen verwendet er Begriffe, die man normalerweise benutzte, wenn es darum ging, dass ein reuiger Verbrecher begnadigt wurde. Mit dieser quasi-juristischen Behauptung deutete er also zugleich an, wie großzügig er war und dass seine Großzügigkeit ihre Grenzen hatte. Wenn der Geschichtsschreiber Velleius Paterculus zu Beginn des 1. Jahrhunderts n. Chr. über Octavian schreibt: Victoria vero fuit clemen tissima140 („sein Sieg aber war ein äußerst milder“), dann ist diese Schwärmerei allerdings mit Vorsicht zu genießen. Cassius Dio, der zwei Jahrhunderte später schrieb, berichtet zuerst, Octavian habe „viele hingerichtet und einige wenige verschont“, und etwas später, er habe „einige bestraft und andere begnadigt“.141 Die zweite Aussage scheint präziser, denn es gab keine Proskriptionen und keine Massenhinrichtungen. Die hätten auch schlecht zu Octavians großem Ziel gepasst, unter seiner Herrschaft das Römische Reich zu stabilisieren. Einige wurden aber doch hingerichtet – um deutlich zu machen, dass ein neuer Boss im Haus war, musste Octavian erst einmal „aufräumen“, und einige einflussreiche Männer standen Antonius oder Kleopatra einfach zu nahe, als dass er sie am Leben lassen konnte. Von sieben prominenten Opfern kennen wir die Namen, auch wenn es sicherlich noch weitere gab:142 Canidius – Antonius’ loyaler General und Befehlshaber seiner Legionen bei Actium; Publius Turullius und Cassius Parmensis – die letzten beiden Caesarmörder, die damals noch am Leben gewesen waren; Quintus Ovinius – ein Senator; Gaius Scribonius Curio (siehe zu ihm im folgenden Absatz); und zwei Männer namens Aquilius Florus – Vater und Sohn einer Senatorenfamilie. Ovinius hatte Kleopatras Textilindustrie vorgestanden; es ist wirklich schade, dass wir nichts weiter über ihn wissen, er hätte bestimmt ein paar gute Geschichten zu erzählen gehabt. Eine umso dramatischere Geschichte – vielleicht zu dramatisch, um wahr zu sein – ist über die beiden Aquilii Flori überliefert: Sie sollten auslosen, wer von ihnen sterben musste, doch der Sohn verzichtete und
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ließ sich freiwillig hinrichten, was den Vater so sehr mitnahm, dass er sich neben der Leiche des Sohnes das Leben nahm. Den prominentesten Namen unter den Hingerichteten hatte Gaius Scribonius Curio. Sein gleichnamiger Vater war ein forscher, wortgewandter Volkstribun gewesen, der im Bürgerkrieg aufseiten Caesars gefallen war. Noch wichtiger als der Vater war jedoch seine Mutter: Sie war niemand Geringeres als Fulvia, die nach dem Tod ihres Mannes Curio Antonius geheiratet und später eine eigene Armee aufgestellt hatte, um gegen Octavian zu kämpfen.143 Wie die Mutter, so der Sohn? Gut möglich, dass der Sohn der Kriegstreiberin aus Perusia sich weigerte, Octavian um Gnade zu bitten. Was die ausländischen Fürsten anging, die Antonius unterstützt hatten, so wählte Octavian seine Opfer sehr genau aus. Er zog vor allem die Herrscher kleiner, unbedeutender Staaten zur Rechenschaft und ließ die Machthaber größerer Länder in Frieden. Er wollte deutlich machen, dass das Römische Reich einen neuen Herrscher hatte – dabei aber möglichst nicht das Mächtegleichgewicht in der Region erschüttern. Außerdem hatte Antonius seine Verbündeten mit Bedacht ausgewählt, und guten Ersatz zu finden, wäre nicht leicht gewesen. War ein Fürst willens, Octavian mit Geld oder Truppen oder beidem zu unterstützen, half das natürlich auch ungemein. Der bekannteste dieser Fälle ist Herodes von Judäa. Im Frühjahr 30 v. Chr. segelte er zur Insel Rhodos, um sich mit Octavian zu treffen.144 Vor dem Gespräch legte Herodes sein Diadem – das antike Äquivalent der Königskrone – und vielleicht sogar seine königlichen Gewänder ab. Es mag durchaus stimmen, dass er, wie er später behauptete, mit Octavian von Mann zu Mann sprach und sich sogar damit rühmte, was er alles für seinen Freund Antonius getan hatte. Ihm ging es darum, zu demonstrieren, dass er wusste, wie man sich als guter Klient eines römischen Herrschers zu verhalten hatte. Und der König hatte auch noch anderweitig vorgesorgt: Vor dem Treffen hatte er dem römischen Statthalter von Syrien ein Militärkontingent geschickt, das dabei helfen sollte, einen Gladiatorentrupp festzusetzen, der nach Ägypten unterwegs war, um Antonius zu unterstützen. Und der Statthalter hatte Octavian geschrieben,
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um ihn von Herodes’ Aktion zu unterrichten. Nachdem Herodes nun also schon im Vorfeld bewiesen hatte, dass er ein Mann der Tat war und sich für Octavian einsetzen würde, hatte er allen Grund zum Optimismus. Und tatsächlich gab Octavian Herodes sein Diadem zurück, zum Zeichen, dass jener seinen Thron behalten durfte.
Die Begnadigten Die Namen von vier Römern sind überliefert, die Octavian begnadigte. Der Prominenteste von ihnen war Antonius’ Admiral Gaius Sosius. Nachdem er bei Actium den linken Flügel von Antonius’ Flotte befehligt hatte, war er zunächst einmal untergetaucht. Kein Wunder, war er doch im Jahr 32 v. Chr. Konsul gewesen und hatte Octavian im Senat scharf attackiert. Und ebenso verwundert es nicht, dass Octavian sich sträubte, Sosius zu begnadigen. Doch sein eigener Admiral in Actium, Arruntius, sorgte dafür, dass er umschwenkte. Die römische Gesellschaft lebte von persönlichen Beziehungen, insofern werden Arruntius und Sosius sicherlich irgendeine Verbindung zueinander gehabt haben, auch wenn wir diese heute nicht mehr nachvollziehen können. Vielleicht verband sie auch einfach nur die Tatsache, dass sie Ähnliches durchgemacht hatten. Arruntius hatte im Jahr 43 v. Chr. auf der Proskriptionsliste gestanden, war als Zenturio getarnt mit einem Trupp bewaffneter Sklaven aus Rom geflohen und hatte sich dann zu Sextus Pompeius nach Sizilien durchgeschlagen.145 Nachdem die Exilanten einige Jahre später begnadigt worden waren, war Arruntius nach Rom zurückgekehrt und hatte sich Octavian angeschlossen. Jedenfalls bürgte Arruntius nun für Sosius. Angeblich war es sein Ruf als Mann von einer gewissen altmodischen gravitas, der Octavian dazu bewog, diesen tatsächlich zu begnadigen.146 Gewiss fand Octavian auch, dass er einen Mann mit dem Talent und dem Ruf eines Sosius gut gebrauchen konnte.147 Falls Octavian, wie er später behauptete, wirklich nur jene begnadigte, die ihn explizit darum baten, dann wird Sosius dieser Schritt kaum leichtgefallen sein, wenn wir von seiner bisherigen Bilanz ausgehen. Einige Jahre zuvor hatte der Admiral den Anwärter auf den Thron von Judäa, Antigonos II., besiegt. Als dieser sich Sosius zu Füßen warf und um Gnade flehte, lachte der Römer ihn schallend aus, schalt Antigonos ein Mädchen
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und nannte ihn „Antigone“. Dann ließ er ihn in Ketten legen und einsperren.148 Glücklicherweise wurde Sosius selbst nach Actium eine bessere Behandlung zuteil, als er sie seinem Widersacher in Judäa hatte angedeihen lassen. Nachdem er begnadigt war, konnte Sosius nach Rom zurückkehren, wo er die bereits begonnene Restaurierung eines ApolloTempels abschloss. Sosius scheint nie wieder ein hohes militärisches oder politisches Amt bekleidet zu haben, aber ein Dutzend Jahre später hatte er ein angesehenes, wenn auch mit wenig Macht verbundenes Priesteramt inne und organisierte ein großes Fest für Augustus (wie Octavian inzwischen hieß).149 Und noch eine andere Begnadigung eines Antonius-Anhängers durch Octavian sorgte in Rom für Gesprächsstoff: die des Marcus Aemilius Scaurus. Er war der Spross berühmter Eltern, sein gleichnamiger Vater war berüchtigt für sein exklusiv ausgestattetes Stadthaus und seine Landvilla, die er beide durch Bestechungsgelder finanziert hatte, weshalb er später ins Exil geschickt wurde (dort verbrachte er den Rest seines Lebens). Aber Scaurus Senior war auch dafür bekannt, dass er sich mit seinem Patron Gnaeus Pompeius überwarf: Als er nämlich Mucia Tertia heiratete, die von Pompeius’ geschieden war – diese Heirat gefiel Pompeius gar nicht. Mit ihr hatte Scaurus schließlich den Sohn gezeugt, den Octavian jetzt begnadigte.150 Schade, dass nicht mehr Details über Mucias Leben bekannt sind, denn was wir wissen, ist schon spannend: Als Geliebte von Iulius Caesar hatte sie einst jedenfalls großen politischen Einfluss. Sie war die Mutter von Pompeius’ Sohn Sextus, und sie trat als Vermittlerin zwischen diesem und Octavian auf und initiierte so im Jahr 39 v. Chr. den Vertrag von Misenum. Nachdem das Abkommen gescheitert und Sextus Pompeius tot war, wandte Mucia nun offenbar ihr Verhandlungsgeschick auf Octavian an, um ihren einzigen überlebenden Sohn zu retten. Und es gelang ihr.
Auf Siegestour Octavian reiste durch Griechenland und steuerte dabei mehrere Orte an, an denen sich auch Antonius aufgehalten hatte. Wir wissen nicht, ob dies einfach die naheliegendsten Orte für eine solche Reise waren oder
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ob Octavian seinen Rivalen gezielt verhöhnen wollte; immerhin konnte er davon ausgehen, dass man Antonius melden würde, wo sein Rivale sich aufhielt: Nachdem er Actium verlassen hatte, segelte Octavian zunächst nach Athen. Antonius hatte mindestens zweimal in Athen gelebt, erst mit Octavia und später mit Kleopatra. Nun also ließ sich Octavian für eine Weile dort nieder. Da die Stadt seit jeher enge Verbindungen zu den Ptolemäern pflegte, können wir davon ausgehen, dass er auf Schönwetter machte und um gute Kontakte bemüht war. Octavian „versöhnte sich mit den Griechen“,151 schreibt Plutarch, der selbst Grieche war. In Wirklichkeit war es wohl eher andersherum: Die Griechen versöhnten sich mit Octavian. Einige, die Antonius unterstützt hatten, zog er dafür zur Rechenschaft, aber bei den meisten ließ er Milde walten. Er verteilte das restliche Getreide der Armee an die Athener und andere Griechen, denen Antonius ihre Vorräte abgenommen hatte, um seine Truppen zu versorgen. Mindestens ebenso wichtig aber war der allgemeine Schuldenerlass, den er verkündete.152 Die Einheimischen erwiesen ihm ihre höchste religiöse Ehre, indem sie ihn in den Mysterienkult der Demeter einweihten; gut möglich, dass dieselbe Ehre zehn Jahre zuvor Antonius zuteilgeworden war.153 Nach seinem Aufenthalt in Athen überquerte Octavian die Ägäis und machte auf Samos Halt, wo Antonius und Kleopatra im Frühjahr 32 v. Chr. ein Fest gefeiert und ihren Verbündeten einen Treueeid geleistet hatten. Octavian schlug auf der Insel sein Winterquartier auf – am 1. Januar 30 v. Chr. trat er sein fünftes Konsulat an. Von Samos aus überquerte er die schmale Meerenge nach Ephesos auf dem Festland, wo man Antonius einst ekstatisch als neuen Dionysos gefeiert hatte. In Ephesos hatten sich der Imperator und die Königin im März 32 v. Chr. getroffen, um ihre Flotte zu organisieren. Auch wenn die größte Stadt Kleinasiens ein naheliegendes Reiseziel war, fragt man sich unweigerlich (um noch einmal auf dieses Thema zurückzukommen), ob Octavian seine Reiseroute vielleicht gezielt so wählte, wie er meinte, dass sie Antonius und Kleopatra ärgerte. Man könnte durchaus den Eindruck haben, dass Octavian die Stätten ihrer früheren Triumphe eigens besuchte, um ihnen ihre Niederlage unter die Nase zu reiben.
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Diverse Städte im Osten wandten sich nun von Antonius ab, s chickten ihre Botschafter zum Sieger und machten ihm Geschenke. Eine dieser Städte war Rhosos (heute Arsuz in der Türkei), eine kleine Hafenstadt etwa fünfzig Kilometer von der Metropole Antiochia entfernt.154 Rhosos schickte Octavian eine goldene Krone nach Ephesos, aber noch wertvoller war der Bote, der die Krone überbrachte: ein gewisser Seleukos, der Octa vian vor Actium auf See gedient hatte. Ihre Verbindung reichte noch weiter zurück, möglicherweise sogar bis nach Philippi, und Octavian hatte Seleukos und seiner Familie das römische Bürgerrecht verliehen und sie von den Steuern befreit. Bereits in einem Brief von Ende 31 v. Chr. hatte Octavian die Hoffnung geäußert, Rhosos zu besuchen und der Stadt die Dienste zu vergelten, die Seleukos ihm erwiesen hatte. Es ist nicht überliefert, ob Octavian selbst dort hinreiste, doch wenn nicht, schickte er sicherlich einen Abgesandten, um der kleinen Stadt weitere Vergünsti gungen zu gewähren.
Über das winterliche Mittelmeer Anfang 30 v. Chr. musste Octavian von Samos, wo er sein Winterquartier bezogen hatte, eilig nach Italien zurückkehren. Es gab Probleme mit den Veteranen. Nach Actium hatte er Soldaten, die ihre Dienstzeit absolviert hatten, entlassen und nach Italien zurückgeschickt. Neben Octavians eigenen Soldaten waren auch viele von Antonius dabei. Allen war Geld und Land versprochen worden – aber dieses Geld musste Octavian erst noch auftreiben.155 Dass sie nicht sofort ausgezahlt wurden, wird den Männern kaum gefallen haben, und man musste damit rechnen, dass sie ihrem Ärger Luft machten. Aufstände unzufriedener Veteranen hatte es früher schon gegeben. Um so etwas von vornherein zu verhindern, hatte Octavian Agrippa im Anschluss an Actium zurück nach Italien geschickt, damit er sich um die Truppen kümmerte. Aber Agrippa schrieb Octavian einen Brief nach dem anderen und warnte davor, dass die Lage bald außer Kontrolle geraten würde. Octavian musste selbst nach Italien zurückkehren, und zwar schnell. Eine Seereise im Winter war kein Pappenstiel. Dass Octavian sie den noch auf sich nahm, zeigt, wie ernst er die Bedrohung nahm. Die Über-
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fahrt würde etwa acht Tage dauern,156 einschließlich der Zeit, die er brauchte, um seine Schiffe über den Isthmus von Korinth schleifen zu lassen. Nur so ließ sich die längere und windigere Südroute rund um die Peloponnes vermeiden. Zur Verstärkung nahm er ein kleines Gefolge von Galeeren mit, schließlich waren seine Feinde immer noch auf freiem Fuß. Als Octavians Schiffe den Golf von Korinth verließen und weiter nach Norden fuhren, gerieten sie in einen Sturm, und ein paar von ihnen sanken. Einige Tage später vor den zerklüfteten Bergen des Festlands nördlich von Korkyra gerieten die übrigen Schiffe schon wieder in einen Sturm, und weitere Galeeren gingen verloren. Bei einem der beiden Stürme wurde von dem Schiff, auf dem Octavian fuhr, die Takelage weggefegt und das Ruder zerbrach. Man fragt sich, wie die Geschichte für Antonius und Kleopatra wohl ausgegangen wäre, wenn Octavian ebenfalls im Sturm umgekommen wäre. Wie erleichtert Octavian gewesen sein muss, als er ein, zwei Tage später das letzte Stück ihrer Reise zurückgelegt und Brundisium erreicht hatte! Dort wurde Octavian, wenn man den Quellen glauben kann (wahrscheinlich erzählen sie hier bloß das nach, was seine Memoiren dazu berichten), von der Crème de la Crème der politischen Elite Roms, von Senatoren und Rittern, begrüßt sowie „vom größten Teil des Volkes und noch weiteren Menschen“.157 Vermutlich war auch seine Frau Livia vor Ort, um den heimkehrenden Sieger zu empfangen. Man fragt sich, ob dem Komitee auch seine Schwester Octavia angehörte. Wie mag sie auf die Nachricht von der Niederlage ihres Ex-Mannes und seiner Mätresse reagiert haben? Wir wissen nicht, ob sich Octavia und Octavian persönlich trafen, aber auf jeden Fall schrieben sie einander Briefe. Octavian hatte eine heikle Aufgabe vor sich: Er musste Antonius zur Kapitulation bewegen, und kaum jemand kannte Antonius so gut wie dessen Ex-Frau. Schon deshalb wird der gewiefte Octavian sie zurate gezogen haben. Sicherlich hätte Octavian es begrüßt, wenn Antonius’ sich das Leben nehmen würde, aber das auszusprechen, wäre dann doch taktlos gewesen. Wobei man sich durchaus vorstellen kann, dass Octavia, zumindest in ihren weniger barmherzigen Momenten, das Gleiche empfand.
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Auch eine Abordnung der wütenden Veteranen war nach B rundisium gekommen. Octavian traf sich mit ihnen und versprach ihnen einmal mehr großzügig Land und Geld. Er kümmerte sich auch noch um eine weitere verärgerte Bevölkerungsgruppe: die Freigelassenen. Um den Krieg zu finanzieren, hatte Octavian im Jahr 32 v. Chr. allen freien Menschen in Italien und vermutlich im ganzen römischen Westen eine 25-prozentige Einkommenssteuer aufgebürdet. Freigelassene mussten zusätzlich eine einmalige 12,5-prozentige Steuer auf ihre Besitztümer zahlen, die sie in vier Raten abstottern durften. Die Proteste der Freigelassenen waren in gewaltsamen Aufständen mit Mord und Brandstiftung gemündet. Aus Furcht vor einem erneuten Aufbegehren erließ Octavian ihnen nun die letzte Rate. Und dann ließ sich Octavian noch zu einer ganz großen Geste hinreißen: Er bot seinen ganzen Privatbesitz zusammen mit dem seiner engsten Vertrauten zur Versteigerung an.158 Es war ein Bluff; niemand wagte es, auf etwas davon zu bieten. Ein Bluff war aber auch sein Versprechen, die Veteranen zu bezahlen und obendrein die Steuern zu senken. Alles hing davon ab, ob es ihm gelang, im Osten Geld zu beschaffen, und das bedeutete vor allem, dass er den Schatz Kleopatras in die Finger kriegen musste. Octavian verbrachte gerade einmal 27 Tage in Brundisium, bevor er eine weitere winterliche Überfahrt auf sich nahm und wieder in Richtung Osten in See stach. Für diese Reise gibt es keine Berichte über irgendwelche besonderen Vorkommnisse. Alles ging so schnell, dass Antonius und Kleopatra angeblich gleichzeitig Octavians Abreise und seine Rückkehr gemeldet wurden.159 Einige Zeit nach Octavians Rückkehr in den Osten wurde ein Anschlag auf sein Leben vereitelt. Ein paar Jahre zuvor hatte er seinen ehemaligen Triumviratskollegen Lepidus gezwungen, ins Exil zu gehen. Seither lebte dieser in einem abgelegenen Ort an der italischen Küste. Sein Sohn, Marcus Aemilius Lepidus der Jüngere, wurde nun beschuldigt, ein Attentat auf Octavian geplant zu haben. Er wurde unter dem Vorwurf des Hochverrats verhaftet und nach Osten zu Octavian geschickt, wo er dann vermutlich hingerichtet wurde. Seine Mutter wurde ebenfalls verhaftet, als angebliche Mitwisserin, aber ihr Mann hatte noch genug Einfluss, um ihre Frei-
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Octavian, der Barmherzige
lassung zu erwirken. Die Frau des jungen Lepidus, Servilia, beging Suizid, angeblich, indem sie glühende Kohlen schluckte.160 Die Quellen erwähnen nicht, ob Antonius an dem Komplott beteiligt gewesen war, doch war er früher ein enger Freund von Lepidus gewesen, und in Octavian hatten sie einen gemeinsamen Feind. Zumindest wird Octavian angenommen haben, dass Antonius in die Sache verwickelt war.
Was tun mit Antonius und Kleopatra? In gewisser Weise fiel es Octavian leichter, Ägypten zu erobern, als zu entscheiden, was er mit Antonius, Kleopatra und ihren Kindern anstellen sollte. Antonius war der Ex-Mann von Octavians Schwester und Vater von zweien seiner Nichten – schon deshalb konnte er ihn schlecht einfach so töten lassen. Am bequemsten für Octavian wäre es, wie schon angedeutet, wenn Antonius Suizid beging. Vielleicht wäre Octavian sogar bereit gewesen, ihn am Leben zu lassen und bloß ins Exil zu schicken, vorzugsweise an einen abgelegenen Ort und unter den wachsamen Augen bewaffneter Bewacher wie im Fall des Triumvirn Lepidus. Aber Lepidus hatte für Octavian nie eine ernsthafte Bedrohung dargestellt, während bei Antonius nicht viel gefehlt hätte, dass er Italien überrannt hätte. Selbst wenn Antonius ins Exil geschickt worden wäre, hätte ihn dort gewiss früher oder später jemand vergiftet. Bei Kleopatra war die Sachlage viel einfacher. Der römische Staat hatte ihr den Krieg erklärt, und sie musste kapitulieren. Theoretisch konnte Octavian ihr gestatten, ihren Thron zu behalten. So war Rom schon des Öfteren mit besiegten Monarchen verfahren. Aber Octavian war klar, dass diese Königin ihm auch später noch gefährlich werden konnte. Kleopatra war viel zu klug und belastbar, um stillzuhalten. Vielleicht empfand er auch ihr intimes Wissen über Iulius Caesar als bedrohlich. Sie musste vernichtet werden, so wie die Römer früher einmal zu dem Schluss gekommen waren, dass „Karthago vernichtet werden“ müsse, obwohl sie die einstige Großmacht längst mit Waffengewalt auf den Status eines Zwergstaats reduziert hatten. Wenn es nach Octavian ging, würde die Königin entweder Suizid begehen oder hingerichtet oder doch zumindest schwer
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Teil 3: DIE SCHLACHT BEI ACTIUM
misshandelt werden. Zuvor aber würde sie in Ketten auf einem Triumphzug durch Rom mitmarschieren. Auch ihren ältesten Sohn Caesarion konnte Octavian nicht am Leben lassen, geschweige denn zulassen, dass er Ägypten regierte. Schließlich gefährdete er seinen eigenen Anspruch, der einzige legitime Erbe des Namens Caesar zu sein. Damit blieben die drei Kinder von Antonius und Kleopatra als potenzielle Nachfolger ihrer Mutter auf dem ägyptischen Thron. Falls Octavian Ägypten zwar nominell unabhängig, aber aus praktischen Gründen – sprich: als Goldesel – Rom untergeordnet halten wollte, kann man sich kaum vorstellen, dass er es dem Sohn oder der Tochter seiner Feinde erlauben würde, das reichste Land im Mittelmeerraum zu regieren. Zunächst einmal musste er allerdings den Krieg gewinnen.
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Teil 4
DAS ENDE September 31 bis Januar 27 v. Chr.
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Kapitel 14
Exil in Indien? Alexandria, September 31 bis August 30 v. Chr. Antonius und Kleopatra segelten von Kap Tainaron an der Südspitze der Peloponnes nach Kreta und dann weiter nach Nordafrika. Sie benötigten dafür etwa sechs Tage. Antonius landete in Paraitonion an (heute Marsa Matruh, Ägypten), etwa 280 Kilometer westlich von Alexandria in der Kyrenaika, die zur römischen Provinz Kreta und Kyrene gehörte; Kleopatra fuhr weiter nach Alexandria. Marsa Matruh wirkt heute mit seinem türkisblauen Wasser und seinen Sandstränden wie ein Badeort, damals war es ein abgelegener, aber strategisch wichtiger Außenposten des Römischen Reichs, wie es sie überall rund ums Mittelmeer gab. Ein Tempel von Ramses II . in der Nähe erinnerte an Ägyptens große Vergangenheit, die Zeit der Pharaonen. Auch Alexander der Große war hier gewesen: Paraitonion war der Ausgangspunkt für seinen legendären Besuch beim Wüstenorakel, wo er erstmals als Gott angeredet wurde. Für Antonius war Paraitonion ein militärisches Zentrum mit ptolemäischem Seehafen, das den Zugang zu Ägypten von Westen aus bewachte. Denn da niemand wagte, die Wüste zu durchqueren, mussten Invasoren zwangsläufig den Weg an der Küste nehmen, und somit kamen sie an Paraitonion nicht vorbei; sie mussten, wenn sie über Land kamen, entweder das dortige Kastell einnehmen – oder wieder umkehren; und falls sie sich über das Meer näherten, würden sie von den im Hafen stationierten Kriegsschiffen aufgehalten werden. Im Herbst 31 v. Chr. war Paraitonion Antonius’ wichtigster verbliebener Militärstützpunkt. Zu Beginn des Actium-Feldzugs hatte er dort zum Schutz Ägyptens vier Legionen unter dem Kommando des Provinzstatthalters Lucius Pinarius Scarpus stationiert. Dieser war einer seiner Ver-
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Exil in Indien?
trauten und hatte ihm in Philippi als Legat gedient. Außerdem war er einer der Erben Iulius Caesars und ein Cousin Octavians. Antonius wollte nun also das Kommando über Pinarius’ Legionen übernehmen – doch Pinarius hatte andere Pläne. Offenbar hatte ihn die Nachricht erreicht, wie die Schlacht von Actium ausgegangen war, und vielleicht war obendrein noch eine gut getimte Nachricht von seinem Cousin eingetroffen. Als Antonius nun einige seiner Soldaten nach Paraitonion vorausschickte, um das Militärlager auf seine Ankunft vorzubereiten, reagierte Pinarius wie ein Gangsterboss: Er ließ die Soldaten töten, und als einige der Männer unter seinem eigenen Kommando dagegen protestierten, ließ er auch sie töten. Er weigerte sich, Antonius Zugang zum Lager zu gewähren. Es war ein sorgfältiger Putsch, und er zahlte sich für den Rädelsführer aus: Nachdem er später die Legionen an Octavians Bevollmächtigten übergeben hatte, wurde Pinarius damit belohnt, dass er sein Amt als Provinzstatthalter für mindestens vier weitere Jahre behalten durfte. Zu Beginn des Jahres 31 v. Chr. hatte Pinarius Münzen zu Ehren des „Imperators Antonius“ prägen lassen. Am Ende jenes Jahres ließ er Münzen mit Octavians Konterfei prägen, der darauf als „Caesar, Sohn eines Gottes“ bezeichnet wird.1 Antonius hatte zwei enge Freunde bei sich. Einer von ihnen, Lucilius, war ebenfalls in Philippi gewesen, allerdings auf der anderen Seite. Wie Herodes hatte auch er sich durch ein hohes Maß an Loyalität bewiesen – in seinem Fall Loyalität gegenüber Brutus: Nach Philippi hatte sich Lucilius Antonius’ Soldaten gestellt und sich dabei als Brutus ausgegeben, damit der echte Brutus entkommen konnte. So wütend Antonius darüber sicher gewesen war, als Römer hatte er nicht anders gekonnt, als ein solches Maß an Loyalität zu bewundern, und so hatte er Lucilius unter seine Fittiche genommen. Laut Plutarch revanchierte sich Lucilius nun dafür. Genau wie Brutus nach seiner Niederlage bei Philippi Suizid begangen hatte, wollte sich Antonius nach den Vorkommnissen in Paraitonion das Leben nehmen. Lucilius und ein griechischer Politiker von der Peloponnes, den Antonius unterstützte, Marcus Antonius Aristokrates, redeten ihm das jedoch aus.2 Stattdessen machte Antonius sich auf den Weg nach Alexandria.
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Teil 4: DAS ENDE
Plutarch wird nicht müde zu erwähnen, wie deprimiert Antonius im Jahr nach Actium war.3 Es ist schwer zu sagen, wie ernst man das nehmen soll. Antonius hatte allen Grund zur „Melancholie“, wie man das in der Antike nannte. Und er hatte allen Grund, diese Melancholie öffentlich zur Schau zu stellen, zumal wenn er Octavian darum bitten wollte, ihn zu begnadigen – wie gefährlich konnte ein so deprimierter Mann schon sein? Ob er wirklich so deprimiert war, wie er tat, steht auf einem anderen Blatt. Sich deprimiert zu geben, könnte auch dazu gedient haben, Attentäter abzuschrecken, die nun dachten, dass Antonius quasi ohnehin schon außer Gefecht gesetzt war. Das könnte zum Beispiel erklären, warum Antonius sich ein einsames Haus auf einem Anleger im Hafen von Alexandria bauen ließ, das er Timoneion taufte, nach dem legendären Misanthropen Timon von Athen, den man aus dem gleichnamigen Shakespeare-Drama kennt.4 Antonius ließ verlauten, dass er sich, wie einst Timon, von seinen Freunden verraten wähnte. Vielleicht wähnte er sich in Wirklichkeit aber eher von den Dolchen seiner Feinde bedroht. Seine angebliche Melancholie könnte Antonius auch als Ausrede dafür gedient haben, dass er seine Legionen im Stich gelassen hatte, was sehr unrömisch war. Doch der Antonius hinter der Maske hatte noch längst nicht aufgegeben. Alexandria befand sich ideologisch gesehen auf halbem Wege zwischen der göttlichen Aura der ewigen Pyramiden und der puren Vernunft des Parthenon, des Athener Tempels, der den Ruhm des klassischen Griechenlands symbolisierte. Das Museion von Alexandria mit seiner berühmten Bibliothek war die größte Forschungseinrichtung der Welt. Hier kümmerte man sich um den Geist und lehrte Technik, Astronomie, Mathematik, Medizin und Literatur. Im Serapeion, dem großen Tempel für den neu erfundenen griechischägyptischen Gott Serapis, der die Assimilation beider Kulturen fördern sollte (und Inzest praktizierte), kümmerte man sich um die Seele, aber auch um den Körper, denn es war zugleich ein Zentrum der Heilkunst und berühmt für seine Ärzte. Dort befand sich auch das Heiligtum der Isis, der Göttin mit den tausend Namen, der heiligen Mutter, die im ganzen Mittelmeerraum verehrt wurde.
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Aber Alexandria war auch die Hauptstadt der Macht, der Lust und der Gier. Mit makedonischen Speeren hatten die Ptolemäer Ägypten erobert, und über ihre Herrschaft wachten ein Heer und eine Marine, die immer noch schlagkräftig waren, auch wenn ihr Ruhm inzwischen ein wenig verblasst war. Über der Stadt ragte der Leuchtturm von Pharos auf, der dafür sorgte, dass Seeleute sicher den Hafen erreichten. Ägypten hatte die fruchtbarste Landwirtschaft der antiken Welt. Die königlichen Monopole lenkten eine Wirtschaft, die das Land unermesslich reich machte. Der Lebensnerv Alexandrias war der Handel – mit indischen Perlen und chinesischer Seide genauso wie mit griechischem Wein und Liebesamuletten aus dem Niltal. Die Könige besaßen oder besteuerten das alles und häuften so einen enormen Reichtum an, den sie auch gerne zur Schau stellten. Die Dynastie besaß Goldminen am südlichen Rand ihres Reiches, in denen Sträflinge arbeiteten. Goldmünzen, in Griechenland eine Seltenheit, waren in der frühen Blütezeit der ptolemäischen Dynastie Standard. Auch später noch schmückten sich selbst die weniger wohlhabenden Ptolemäer mit exquisit gearbeiteten goldenen Ringen und Ohrringen, Armbändern und Halsketten, Anhängern und Talismanen, und sie benutzten vergoldete Becher und Wasserkrüge. Die alexandrinischen Literaten schrieben lieber über die Liebe als über den Krieg. Sie zogen die Bukolik der Ode vor, den Esprit der Epik. Der Protagonist des einzigen längeren alexandrinischen Epos, der Argonautika, die den Mythos von Jason und den Argonauten erzählen, ist ein Antiheld. „Ein großes Buch ist ein großes Übel“,5 schrieb ein alexandrinischer Dichter, als sei das Leben zu schön, um sich mit anstrengenden Texten zu belasten. Außerhalb des Museions schenkte den zahlreichen Literaturwissenschaftlern und Grammatikern, die sich dort tummelten, allerdings niemand Beachtung. Alexandrias breite Hauptstraße, die Kanopische Straße, säumten marmorne Villen – und Prostituierte. Paraden kahl geschorener ägyptischer Priester waren da genauso unterwegs wie ganze Horden feiernder Dionysos-Fans, Philosophen mit Grüppchen von Jüngern im Schlepptau stolzierten an Straßenmusikanten vorbei. Die königlichen Prozessionen waren berühmt für ihren Prunk und für die enormen Phalli, die die Teil-
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Teil 4: DAS ENDE
nehmer schulterten. Der am Meer gelegene Königspalast war bekannt für seine Eleganz, seine Intrigen und seine mehrgängigen Festmahle. Die Alexandriner hatten den Ruf, dass sie schnell redeten und ebenso scharfsinnig wie bösartig waren. Sie gerieten so rasch und ohne Vorwarnung in Wut, wie auf dem Meer ein Gewitter aufzog oder von der Wüste her der Chamsin, der heiße Südwind, zu wehen begann. Sie liebten Musik und Klatsch, und sie ließen sich schnell zu einem Mob aufstacheln. Dann wurde auch durchaus einmal ein Feuer gelegt, ein Botschafter gelyncht oder ein missliebiger König aus dem Palast gezerrt und ermordet. So ging es zu in der Stadt Kleopatras. In Ägypten hatte sie noch viele Unterstützer, wobei der Zuspruch für sie größer wurde, je weiter man sich von der Küste entfernte, wo man bereits erfahren hatte, was in Actium geschehen war. Eine knapp einen Meter hohe Stele aus Sandstein aus einem Ort im Süden des Niltals, rund 800 Kilometer von Alexandria entfernt, wirkt wie ein ironischer Kommentar zur Macht der Ignoranz.6 Darauf befindet sich ein dreißigzeiliger Text, der gekrönt ist von Reliefs und der einen Rechtsvertrag zwischen mehreren Priestern und zwei Handwerksgilden dokumentiert, die den Tempel der Priester belieferten. Den Teil der Stele oberhalb des Textes zieren Darstellungen eines Königs, der den Göttern Opfergaben darbringt. Die Inschrift erwähnt „die Pharaonin, die leibliche Tochter von Königen, die ihrerseits Könige waren und von Königen geboren wurden, Kleopatra, die wohltätige, den Vater liebende Göttin“ und „Pharao Ptolemaios, genannt Caesar, der Vater und Mutter liebende Gott“. Als Datum ist der 21. September 31 v. Chr. angegeben, also zweieinhalb Wochen nach Actium. Dass der Thron von Kleopatra und ihrem Sohn ins Wanken geraten war, merkt man der Stele nicht an. Offensichtlich war die Nachricht von der Niederlage noch nicht bis so weit südlich vorgedrungen. Doch selbst wenn dort bekannt gewesen wäre, was in Actium geschehen war, konnte man angesichts der Hieroglyphen und der traditionellen Bildsprache des Reliefs den Eindruck gewinnen, dass etwas so Flüchtiges wie ein militärischer Rückschlag das ewige Ägypten und seine Götter höchstens zu einem Achselzucken veranlasst hätte. Sobald sie sicher zu Hause angekommen war, machte die Königin reinen Tisch. Im Gegensatz zu Antonius zeigte die Kleopatra, die uns in den
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Quellen begegnet, nicht einmal einen Hauch von Melancholie. Sie war voller Tatendrang und schmiedete sofort neue Pläne. Um ihre alten Feinde zum Schweigen zu bringen, ließ sie diverse prominente Alexandriner hinrichten und beschlagnahmte deren Vermögen. Falls es sich hierbei nicht nur um feindliche Propaganda handelt, ließ sie sogar die Tempel ihres Landes plündern. Sie sorgte dafür, dass ihre Soldaten bis an die Zähne bewaffnet waren. Auf der Suche nach Verbündeten im Ausland ließ sie den ehemaligen König von Armenien hinrichten, der in Alexandria unter Hausarrest leb te, und seinen Kopf dem König von Media Atropatene schicken, dessen Tochter mit ihrem und Antonius’ Sohn Alexander Helios verlobt war. Vielleicht erhoffte sie sich durch diese Aktion Hilfe nicht nur aus Atropatene, sondern auch von den Parthern. Aber insgeheim plante sie bereits ein viel größeres Projekt. Im Winter 31/30 v. Chr. ließ Kleopatra im Golf von Suez eine neue Flotte bauen. Ihr Plan war, Antonius und ihre Familie an einen sicheren Ort im Ausland zu bringen, möglicherweise im fernen Indien.7 Das klingt ziemlich weit hergeholt, aber Ägypten unterhielt schon damals Handelsbeziehungen zu Indien. In ihrer Jugend, als unter den Ptolemäern Bürgerkrieg herrschte, war Kleopatra schon einmal ins Exil gegangen. Da ihre Chancen, Octavian zu besiegen, gering waren, ergab es Sinn, einen Fluchtplan zu schmieden, so gewagt eine Flucht in Richtung Osten auch war. Bestimmt würden sie irgendwann zurückkehren können. Ägypten hatte bereits eine Flotte auf dem Roten Meer, die mit Indien Handel trieb, aber wahrscheinlich waren diese Schiffe nach Actium geschickt worden und nun verloren, weshalb Kleopatra in eine neue Flotte investieren musste. Es hätte ein meisterhafter Schachzug werden können, aber es wurde nichts daraus, denn ein alter Feind kam Kleopatra in die Quere: Der Nabatäerkönig Malichus I. wollte sich an ihr rächen, weil sie ihm einen Teil seines Territoriums genommen und König Herodes gegen ihn aufgewiegelt hatte. Jetzt wollte er Octavian als Verbündeten gewinnen. Auf Betreiben des Statthalters von Syrien steckte er Kleopatras Schiffe in Brand – wie bei Actium war Feuer wirksamer als Wasser. Wieder einmal erlitten die Träume der Königin Schiffbruch.
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Teil 4: DAS ENDE
Das alexandrinische Duett Nun folgt der komplizierteste Teil der ganzen Geschichte und zugleich derjenige, um den sich die meisten Legenden ranken. Liebe, Tod, Verrat, Geld, Macht, der Geist Alexanders des Großen, und all das vor der Kulisse der glanzvollsten Stadt im Mittelmeerraum – die letzte Phase im Leben von Antonius und Kleopatra war für antike Schriftsteller ein gefundenes Fressen. Wir wissen von drei zeitgenössischen Berichten (von Kleopatras Arzt, in einem Epos und in den Memoiren des Augustus) und haben Hinweise auf fünf weitere.8 Außerdem erzählte man sich gegenseitig das eine oder andere, und diese Anekdoten wurden dabei zweifellos ordentlich ausgeschmückt, bis sie späteren Besuchern Alexandrias wie Plutarch zu Ohren kamen. Keine dieser Quellen hat sich in Gänze erhalten, wir besitzen lediglich ein paar kurze Abschnitte und Zitate. Aus so unterschiedlichen, aber durchweg problematischen Quellen und vor einem so politisch und romantisch aufgeladenen Hintergrund zu rekonstruieren, was wirklich geschah, ist nicht ganz einfach. Ob man sich das letzte gemeinsame Jahr von Antonius und Kleopatra als eine romantische Tragödie oder aber einen Film noir vorstellen will, muss jeder für sich entscheiden. War Kleopatra die hingebungsvolle Geliebte, als die Shakespeare sie uns präsentiert, oder eine intrigante Femme fatale? War sie wie eine der vielen Schauspielerinnen, die sie in Filmen verkörperten? Oder war sie eher wie, nur als Beispiel, Mary Astor, die in Die Spur des Falken Humphrey Bogart hinters Licht führt? Kleopatra war eine Königin, und als solche war sie in erster Linie ihrem Königreich verpflichtet. Was ihr Gefühlsleben angeht, war sie genauso sehr Mutter wie Geliebte, aber sie hatte keinen Spielraum, um egoistisch zu sein: Kleopatra hatte eine Verantwortung gegenüber ihren Kindern, gegenüber ihren Vorfahren und gegenüber allem, wofür ihre Dynastie seit 300 Jahren stand. Sie konnte es sich nicht leisten, all das für eine romantische Bindung aufzugeben. Vor die Wahl gestellt, hätte sie das Wohlergehen ihrer Kinder dem ihres Geliebten definitiv vorgezogen. Dass Antonius sich mehr um seine eigene Sicherheit kümmern würde als um die von Kleopatra, war ja auch nicht ganz auszuschließen. Im Gegensatz
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zu ihr besaß er allerdings kein Königreich und kein königliches Vermögen, das ihm als Grundlage für Verhandlungen gedient hätte: Seine Ressourcen waren seine Abstammung und seine Verdienste. Er war ein Spross der Antonii, eines der angesehensten Häuser der (nach römischer Auffassung) wichtigsten Nation der Welt, der Sieger von Philippi, und er war viermal zum Imperator ernannt worden. Auch nach Actium hatte er noch immer viele Freunde und Anhänger in Rom. Würde er sich in sein Schwert stürzen, wäre Antonius nur ein weiteres der vielen Opfer Octavians bei dessen Aufstieg zur Macht; aber falls jener ihm gestattete, wie Lepidus im Exil zu leben, könnte sich Octavian als barmherziger Wohltäter hervortun. Und immerhin war Antonius der Vater von Octavians Nichten. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass Antonius und Kleopatra sowohl gemeinsam als auch jeder für sich mit Octavian verhandelten. Der Sieger von Actium seinerseits war gern bereit, ihnen entgegenzukommen. „Teile und herrsche“ war eine Maxime, die jeder Römer verinnerlicht hatte. Die Verhandlungen wurden hinter verschlossenen Türen geführt, und da wohl nur Octavians Version sich in den Quellen erhalten hat, sind die se wie üblich mit Vorsicht zu genießen. Immerhin stimmen die Darstel lungen bei Plutarch und Cassius Dio weitgehend überein.9 Will man aus ihnen die plausibelsten Details herausfiltern, sieht es so aus, als habe es drei Verhandlungsversuche gegeben: In der ersten Verhandlungsrunde boten Kleopatra und Antonius gemeinsam Octavian Frieden und seinen Verbündeten Geld an. Dann schickte Kleopatra Octavian hinter dem Rücken von Antonius als Gegenleistung für ihre Begnadigung ein goldenes Zepter und eine goldene Krone und bot ihm den Königsthron an. Damit demonstrierte sie ihre Bereitschaft, ihren Status als loyaler Verbündeter Roms wiederaufzunehmen. Octavian kümmerte sich nicht weiter um Antonius. Er akzeptierte Kleopatras Geschenke und entgegnete, sie müsse ihre Streitkräfte und ihr Königreich aufgeben, bevor er überhaupt darüber nachdenken würde, sie zu begnadigen. Das war seine offizielle Reaktion; daneben sandte er ihr eine geheime Botschaft, in der es hieß, wenn sie Antonius töten ließe, würde er sie vollständig begnadigen, und sie könne ihr Königreich behalten.
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Beim zweiten Verhandlungsversuch boten Kleopatra und A ntonius Octavian noch mehr Geld an, und Antonius erbot, sich ins Private zu rückzuziehen und nicht mehr nach Rom zurückzukehren, sondern in Ägypten oder, falls das nicht möglich sei, in Athen zu leben. Außerdem lieferte er ihm Publius Turullius aus, den letzten noch lebenden Caesarmörder, der bei Antonius wohnte. Octavian ließ Turullius hinrichten und schickte Kleopatra dieselbe Antwort wie zuvor. Antonius erhielt keine Antwort. In der dritten Runde der Verhandlungen sandte Antonius seinen Sohn Antyllus mit einer beträchtlichen Menge Gold zu Octavian. Der behielt das Gold und schickte den Jungen mit leeren Händen zurück. Währenddessen erhielt Kleopatra zum dritten Mal dieselbe Botschaft von ihm. Zur Sicherheit schickte Octavian auch noch einen vertrauenswürdigen Freigelassenen namens Thyrsos zu ihr. Denn er befürchtete, dass sie und Antonius nach Hispanien oder Gallien fliehen würden. Angeblich befürchtete er auch, dass sie sich zur Wehr setzen könnten.10 Diese Furcht war durchaus berechtigt, denn an der Ostgrenze Ägyptens befand sich eine mächtige Festung, die mit ihrer mehr als drei Kilometer langen Ringmauer gut zu verteidigen war: Pelusion. Diese Festung kontrollierte die Straße von Osten, und auf der einen Seite war Wüste, auf der anderen Sumpf. Octavian rechnete wahrscheinlich damit, dass ihm genug Truppen zur Verfügung standen, um Pelusion einzunehmen, aber er hoffte weiterhin, dass er eine Kapitulation aushandeln konnte oder Kleopatra dazu bringen würde, Antonius zu verraten. Das größere Problem war Kleopatras Schatzkammer, denn die brauchte Octavian, um zu finanzieren, was er zu Hause den Veteranen versprochen hatte. Kleopatra hatte all ihre Reichtümer in ein neues Bauwerk bringen lassen, das sie in Alexandria hatte errichten lassen: ein Mausoleum. Ihr Schatz umfasste unter anderem Gold, Silber, Smaragde, Perlen, Ebenholz, Elfenbein und Zimt. Kleopatra machte keinen Hehl daraus, dass in dem Bauwerk auch ein Vorrat an Brennholz lagerte: Bevor ihr Schatz in die falschen Hände fiel, würde sie notfalls alles, vermutlich auch sich selbst, anzünden.11 Anschließend wäre es kompliziert und zeitaufwendig zu retten, was noch zu retten war.
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Octavian schickte nun also Thyrsos zu Kleopatra, und der führte ein ausführliches privates Gespräch mit der Königin. Er stellte ihr in Aussicht, dass man sie begnadigen werde, wenn sie Antonius töten ließ. In einer ihrer Mitteilungen an Octavian bat Kleopatra um den Thron für ihre Kinder; vielleicht versprach Thyrsos ihr auch das, auch wenn die Quellen es nicht erwähnen. Stattdessen behaupten sie, Thyrsos habe ihr mitgeteilt, dass Octavian sich in sie verliebt habe, genau wie vor ihm Antonius und Caesar. Cassius Dio schreibt, Kleopatra hätte Antonius verraten. Vielleicht ist das nur octavianische Propaganda, aber plausibel wäre es schon. Immerhin hätte die Königin die mörderischen innerfamiliären Auseinandersetzungen ihrer Jugend nicht überlebt, hätte sie die düsteren Machenschaften nicht selbst meisterhaft beherrscht. Außerdem waren ihre oberste Priorität nach wie vor ihre Kinder. Natürlich hatte Antonius einen solchen Verrat bereits gewittert. Nach Kleopatras langer Unterhaltung mit Thyrsos ließ er diesen ergreifen und auspeitschen. In Rom war es einem ehemaligen Besitzer eines Sklaven zwar gesetzlich gestattet, diesen auch nach dessen Freilassung noch körperlich zu züchtigen, aber Thyrsos war Octavians Sklave gewesen, also hatte auch nur Octavian das Recht, ihn auszupeitschen. Antonius wusste das, daher schickte er Thyrsos anschließend mit einer schriftlichen Mitteilung zu Octavian zurück, die besagte, jener dürfe im Gegenzug Hipparchos auspeitschen. Hipparchos gehörte Octavians Gefolge an, und auch wenn er als Erster von Antonius’ Freigelassenen zu Octavian übergelaufen war, so war er rein technisch gesehen immer noch Antonius’ Freigelassener. Für Antonius war dies eine willkommene Gelegenheit, seine Verachtung für jemanden zum Ausdruck zu bringen, der ihn verraten hatte. Falls Kleopatra wirklich vorhatte, Antonius zu verraten, ließ sie es sich nicht anmerken, höchstens indem sie zu nett zu ihrem Geliebten war, frei nach dem Shakespeare’schen Motto: „Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zu viel.“12 Während sie ihren eigenen Geburtstag, der entweder im Dezember oder Anfang Januar war, gar nicht feierte, beging sie Antonius’ Geburtstag am 14. Januar mit einem großen Fest. Sie überredete ihn, seine Klause im Hafen zu verlassen und zurück in den Palast zu kommen. Die
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beiden lösten ihre „Gesellschaft derer mit unnachahmlichem Leben“ auf und gründeten stattdessen eine „Gesellschaft derer, die gemeinsam sterben werden“ und veranstalteten in diesem Rahmen stundenlange extravagante Dinnerpartys mit ihren Freunden. Wahrscheinlich stammte der Name des neuen „Clubs“ aus einer romantischen Komödie, in der es offenbar um zwei Liebende ging, die knapp dem Tod entgingen. Aber während sie sich nervös ihre Chancen ausrechneten und sich überlegten, wer von ihren Freunden wohl als Nächster überlaufen oder wer wen gegeneinander ausspielen würde, war Antonius und Kleopatra wahrscheinlich nicht mehr allzu oft zum Lachen zumute.
Octavian marschiert ein Im Frühjahr 30 v. Chr. bereitete Octavian seinen Einmarsch in Ägypten vor. Vielleicht war er zu dem Schluss gekommen, dass die Verhandlungen Kleopatra einsichtig gemacht hatten und sie sich von Antonius abwenden würde, aber dennoch war klar, dass die Diplomatie den Krieg nicht zu Bedingungen beenden würde, die Octavian akzeptieren konnte. Er wollte Antonius tot sehen und Kleopatra gefangen nehmen und sich ihren Schatz holen. Und das ging nur mit militärischer Gewalt. Octavian marschierte mit seiner Armee von Kleinasien aus durch Syrien nach Süden. In Ptolemais (heute Akkon, Israel) empfing ihn König Herodes. Zu Pferde inspizierten die beiden ihre Truppen. Sie müssen ein eindrucksvolles Bild abgegeben haben, der König von Judäa und der Sohn des vergöttlichten Caesar, wie sie da Seite an Seite an Zehntausenden römischen Legionären und verbündeten Soldaten vorbeiritten. Nachdem er Octavian und seinen Generalstab mit einem üppigen Bankett bewirtet hatte, spielte Herodes den Quartiermeister: Er richtete ein Festmahl für den Rest der Armee aus und versorgte sie anschließend mit genug Wasser und Wein für den Marsch durch die Wüste bis nach Ägypten. Außerdem machte er Octavian ein persönliches Geschenk: 2000 Talente Silber, mehr als sieben Tonnen. Das Verhalten des Klientelkönigs war ein erstaunliches Beispiel dafür, wie schnell jemand die Seiten wechsen konnte: Immerhin war Herodes nicht nur ein Verbündeter von Antonius gewesen – er verdankte ihm sogar seinen Thron.
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Im Sommer war Octavian bereit, seinen Angriff zu starten. Er war clever geplant und gut koordiniert und erfolgte aus zwei Richtungen. Westlich von Alexandria, in Kyrene, übernahm Lucius Cornelius Gallus das Kommando über die vier Legionen von Paraitonion, die Antonius im Herbst zuvor an Octavian verloren hatte, und marschierte mit ihnen in Richtung ägyptischer Grenze. In Alexandria hieß es, Antonius wolle nach Syrien segeln und sich dem dortigen Gladiatorentrupp anschließen, der ihn unterstützte. Diese Gladiatoren scheinen eine gewaltige Streitmacht gewesen zu sein, denn sie hatten den Statthalter gezwungen zu dulden, dass sie sich gemeinsam in einem Vorort von Antiochia niederließen. Eine gut organisierte und disziplinierte Einheit von Gladiatoren war sogar für römische Legionen ein ernst zu nehmender Gegner, man denke nur an Spartacus und seine Männer. Aber Octavian musste erst die Sache mit Antonius und Kleopatra zu Ende bringen, bevor er die nötigen Mittel zur Verfügung stellen konnte, um diese Gladiatoren zu vernichten. Auf jeden Fall sorgte Gallus’ Vormarsch dafür, dass Antonius dann doch in Ägypten blieb. Antonius brach mit Infanterie und Flotte auf, um sich Gallus entgegenzustellen. Er verfügte über die Legionen, die er per Schiff aus Actium mitgebracht hatte, und ägyptische Truppen, aber allzu groß dürfte seine Streitmacht nicht gewesen sein. Antonius hoffte, dass er seine ehemaligen Legionen dazu bringen konnte, sich ihm wieder anzuschließen. Vor Jahren, während des Bürgerkriegs, war ihm so etwas in Gallien schon einmal gelungen. Doch als er sich den Mauern von Paraitonion näherte, ließ Gallus alle seine Trompeter gleichzeitig spielen, sodass seine Legionäre nicht hören konnten, was Antonius ihnen zu sagen hatte. Daraufhin versuchte Antonius einen spontanen Angriff, doch dieser scheiterte genauso wie ein Angriff zur See. Gallus hatte einen genialen Einfall: Er lockte Antonius’ Schiffe in den Hafen und ließ schwere Ketten, die unter Wasser versteckt waren, mit Winden hochziehen, um sie dort festzusetzen; dann griff er sie mit Feuer an, und so brannten die Schiffe entweder nieder, oder sie wurden versenkt. Ein kreativer Trick, wie er eines Mannes würdig war, der später ein bedeutender Dichter werden sollte – ja, Gallus wurde ausgerechnet für seine Liebes-
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gedichte berühmt. Wie viele Generäle der Weltgeschichte sind im späteren Leben Liebesdichter geworden? Bevor Antonius Paraitonion verließ, erreichte ihn eine Nachricht, die ihn veranlasste, sofort nach Alexandria zurückzukehren: Die Festung Pelusion, die die Ostgrenze Ägyptens kontrollierte, war an Octavian gefallen. Die augusteischen Dichter behaupten, Octavian habe sie gestürmt,13 aber vielleicht sollten wir eher Cassius Dio glauben, der schreibt, Pelusion sei gefallen, weil es innerhalb der Festung Verräter gab.14 Plutarch verweist vorsichtig auf einen Bericht, wonach die Festung von ihrem Befehlshaber Seleukos verraten wurde, auf Geheiß Kleopatras.15 Auch Cassius Dio beharrt darauf: Kleopatra stecke dahinter. Sie habe erkannt, dass die militärische Lage hoffnungslos war, und sei zu dem Schluss gekommen, dass es gewinnbringender wäre, sich bei Octavian einzuschmeicheln. Außerdem sei sie (was dann doch nicht ganz so überzeugend klingt) auf Thyrsos’ Beteuerungen hereingefallen, Octavian habe sich in sie verliebt. Aber eine so gerissene Strategin wie Kleopatra hätte sich gewiss nicht so leicht hinters Licht führen lassen. Hinterher wollte Antonius sich an Seleukos rächen, und Kleopatra gestattete ihm, die Hinrichtung von dessen Frau und Kindern anzuordnen – eine Tat, durch die sich Antonius beim ägyptischen Heer nicht gerade beliebt machte.
Der Gott verlasse Antonius Ende Juli schlugen Octavian und seine Truppen im Hippodrom unmittelbar östlich von Alexandria ihr Lager auf. Antonius stürmte nach seiner Rückkehr mit seiner Kavallerie los und griff blitzartig an. Sie schlugen die feindliche Kavallerie und verfolgten sie bis zu ihrem Lager. Doch Octavian ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Er führte die Niederlage seiner Männer darauf zurück, dass sie nach dem langen Marsch erschöpft waren. Antonius hatte also Oberwasser, als er in die Stadt zurückkehrte. Er ging direkt zu Kleopatra, ohne auch nur seine Rüstung abzulegen, und küsste sie. Sicherlich wird beiden dabei die Szene aus der Ilias eingefallen sein, als der bewaffnete Hektor nach Troja zurückkehrt und sofort seine Frau aufsucht. Dann stellte Antonius ihr einen seiner Soldaten vor, der besonders tapfer gekämpft hatte, und Kleopatra schenkte diesem für
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seine Tapferkeit einen goldenen Brustpanzer und einen goldenen Helm. Der Mann akzeptierte die Auszeichnung, verdarb aber noch in derselben Nacht den allgemeinen Siegestaumel, indem er desertierte und zu Octavian überlief. Wie schon vor Actium schickte Antonius Octavian eine Nachricht, in der er ihn zum Zweikampf Mann gegen Mann herausforderte. Endlich einmal antwortete Octavian auf eine Nachricht seines Ex-Schwagers, aber nur, um ihm mitzuteilen, man könne auf vielerlei Arten sterben.16 Diese zwei Botschaften brachten den Status quo des Krieges auf den Punkt. Antonius wollte einen fairen Kampf und eine alles entscheidende Schlacht. Octavian entschied sich für List und Tücke. Wie schon bei Actium beschloss Antonius, trotzdem zu kämpfen. Am nächsten Tag würde er seine Truppen in eine Schlacht führen, von der er wahrscheinlich nicht zurückkehren würde. Am Abend des 31. Juli veranstaltete Antonius eine Dinnerparty, bei der es ziemlich makaber zuging. Er forderte seine Sklaven auf, seinen Becher ordentlich zu füllen und ihm reichlich aufzutischen, denn schon morgen hätten sie vielleicht neue Besitzer, und er wäre eine Mumie. Als seine Freunde zu lamentieren begannen, versicherte er ihnen, dass sie nicht würden mitkämpfen müssen; sein Ziel sei weder Erlösung noch der Sieg, sein Ziel sei ein glorreicher Tod.17 Als Antonius beim Essen auf den Tod zu sprechen kam, mag er an Iulius Caesar gedacht haben, der am 14. März 44 v. Chr., am Vorabend des Tages, an dem er ermordet wurde, in Rom ebenfalls an einer Dinnerparty teilgenommen hatte. Wir wissen nicht, ob Antonius damals mit unter den Gästen war, aber es wäre durchaus möglich. Auf jeden Fall wird er von Caesars berühmten Worten bei Tisch gehört haben. Der dictator selbst hatte das Gespräch auf das Thema Tod gelenkt und die Frage aufgeworfen, welches die wünschenswerteste Art zu sterben sei. Laut einer Quelle war das für Caesar „ein unerwarteter Tod“, laut einer anderen „ein plötzlicher Tod“, laut einer dritten „ein plötzlicher und unerwarteter Tod“.18 Da Antonius wusste, welches Schicksal ihn selbst am kommenden Tag wahrscheinlich erwartete, ist er hier vielleicht einmal mehr in Caesars Fußstapfen getreten.
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Die nächste Szene ist eine von Plutarchs besten Textstellen: In der angsterfüllten Stadt habe gegen Mitternacht plötzlich ein lärmendes Getöse die Stille durchbrochen. Es habe sich angehört wie eine wilde Prozession von Feiernden, die begleitet von Musikinstrumenten immer wieder „Euhoi!“ skandierten, das typische dionysische Jauchzen. Das Merkwürdige sei gewesen: Niemand war zu sehen! Die unsichtbare Prozession habe sich mitten durch die Stadt bewegt, bis zu dem Tor, hinter dem Octavians Armee lagerte. Dort war sie angeblich am lautesten, bevor sie zum Tor hinausging.19 In der Antike glaubte man, dass jede Stadt einen Schutzgott oder eine Schutzgöttin hatte. Roms Schutzgott zum Beispiel war Jupiter. Man glaubte ferner, dass der Schutzgott seine Stadt verließ, bevor sie von einer feindlichen Macht erobert wurde, da er schon vorher wusste, was geschehen würde. Bei den Römern gab es sogar eine Zeremonie vor der Schlacht, die evocatio, bei der eine Armee, die eine Stadt belagerte, versuchte, deren Schutzgott dazu zu bringen, seine Stadt zu verlassen. Wie Plutarch erklärt, schlossen diejenigen, die Zeugen der lärmenden Prozession wurden, dass der Gott Dionysos, mit dem Antonius sich immer besonders eng verbunden fühlte, ihn im Stich ließ. Antonius würde ohne göttlichen Beistand in die Schlacht ziehen müssen. Was Plutarch uns nicht verrät, ist, wie Antonius reagierte. Konstantínos Pétrou Kaváfis (1863–1933), ein griechischer Lyriker, der viele Jahrhunderte später selbst in Alexandria wohnte, stellte sich vor, was dem Imperator durch den Kopf gegangen sein mag – hier zitiert in der deutschen Übersetzung von Helmut von den Steinen: „Der Gott verlasse Antonius“ Wird plötzlich in Mitternachtsstunde gehört Einzug unsichtbarer Weiheschar Mit erlesnen Musiken, mit Stimmen – Um dein Glück, das nun sinkt, um die Taten dein, Die scheiterten, um deines Lebens Plane, Die alle als Irrungen ausgingen, klage nicht nutzlos. Wie ein seit langem Bereiter, wie ein Verwegener,
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Grüsse zum Abschied Alexandrien, das schwindet. Vor allem täusche dich nicht, sag nicht, dies war Ein Traum, dein Ohr verfiel einem Trug: Also müssigen Hoffnungen schliesse den Sinn. Wie ein seit langem Bereiter, wie ein Verwegener, Wie dir ansteht, solch einer Stadt du würdig Befundner. So schreite mit festem Schritt dem Fenster zu Und hör voll innrer Bewegung, doch ohne Die Fleh- und Jammergebärden der Feiglinge Als letztgewährten Genuss die Klänge, Die erlesnen Flöten des mystischen Weihezuges, Und grüsse zum Abschied Alexandrien, dein verlornes.20 Am Tag nach der Prozession, dem 1. August, führte der Imperator seine Truppen wieder in die Schlacht.
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Kapitel 15 Der Biss der Schlange Alexandria, 1.–10. August 30 v. Chr. In den frühen Morgenstunden des 1. August legte Antonius seine Rüstung an und führte seine Truppen aus Alexandria hinaus. Wieder einmal plante er einen koordinierten Angriff all seiner Streitkräfte, der Infanterie und der Kavallerie zu Lande und der Kriegsschiffe zur See – ein ehrgeiziges Unterfangen. Er versuchte, den Feind zu schwächen, indem er mit Flugblättern umwickelte Pfeile in Octavians Lager schießen ließ, auf denen stand, dass jeder Soldat, der zu ihm überlaufe, eine Prämie erhalte. Octavian nahm die Drohung ernst, schließlich hatte Antonius seinen Soldaten erst wenige Tage zuvor eine Niederlage beigebracht. Octavian stellte sich persönlich vor seine Soldaten und las ihnen den Text auf den Flugblättern laut vor. Sie sollten aus Angst vor Ehrverlust und vor seiner Rache bei ihm bleiben. Es funktionierte. Stattdessen desertierte Antonius’ Kavallerie, und seine Infanterie wurde besiegt. Auf dem Meer ruderten Antonius’ Mannschaften dem Feind entgegen, doch anstatt ihn anzugreifen, hoben sie ihre Ruder, um Octavian zu salutieren. Sobald dessen Schiffe den Gruß erwidert hatten, schlossen sich Antonius’ Galeeren ihm an. Vereint ruderten beide Flotten nun auf die Stadt zu. Antonius konnte nur zuschauen – vielleicht, wie Kaváfis im 20. Jahrhundert dichtete, „voll innrer Bewegung, doch ohne / Die Flehund Jammergebärden der Feiglinge“21. Er kehrte nach Alexandria zurück. Letztlich ist nicht gesichert, ob Kleopatra dahinterstand, wie Cassius Dio behauptet:22 ob sie zuvor ihren Schiffen und ihrer Kavallerie befohlen hatte, zum Feind überzulaufen. Plutarch stellt lediglich fest, dass Antonius sie dessen lautstark beschuldigte, als er in die Stadt zurückkehrte.23
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anche halten diese Anschuldigung für eine Verleumdung, verbreitet von M Octavians Propaganda. Dennoch wäre es ein kluger Schachzug für Kleopatra gewesen. Vielleicht wollte sie Octavian so ihre Bereitschaft demonstrieren, sich ihm zu unterwerfen und als loyale Klientelkönigin zu dienen. Und falls es zu viel verlangt war, dass sie ihren Thron behielt, dann würde sie aufgrund ihrer Loyalität vielleicht wenigstens eines ihrer Kinder als ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger bestimmen dürfen. Octavian hätte sicherlich lieber gesehen, dass sie Antonius tötete oder einen „Unfall“ arrangierte, aber ein römischer Feldherr hatte Leibwächter und vielleicht sogar einen Vorkoster.24 Obendrein hätte sie sich dadurch massiver Kritik ausgesetzt. Die Königin flüchtete aus dem Palast in ihr nahe gelegenes M ausoleum25 und schloss sich dort hinter dem schweren Tor zusammen mit einem Eunuchen und zwei Dienerinnen ein. Sie schickte einen Boten, um Antonius mitzuteilen, dass sie tot sei, entweder weil sie Angst vor ihm hatte und ihn sich vom Leibe halten wollte, oder weil sie wollte, dass er sich das Leben nahm, wenn er von ihrem Tod erfuhr.
Tod eines Kommandanten Antonius schenkte der Nachricht von Kleopatras Tod Glauben. Er ging in seine Privatgemächer im Palast und bereitete sich darauf vor zu sterben.26 Wie sein alter Feind Cassius, der in Philippi Suizid begangen hatte, befahl Antonius einem Sklaven, ihn zu töten. Der Sklave hieß Eros („Liebe“), was auf eine griechische Herkunft hindeutet. Der Name ist fast zu schön, um wahr zu sein, wenn man bedenkt, dass Antonius als Frauenheld bekannt war, ganz zu schweigen von seiner Beziehung zu Kleopatra. Doch Eros wollte seinen Herrn nicht töten. Stattdessen ging er weg und tötete sich selbst. Man fragt sich unweigerlich, ob er das aus Zuneigung oder aus Verzweiflung tat. Der Sklave wird sich ausgerechnet haben, dass man ihn wegen Mordes an Antonius zur Rechenschaft ziehen würde. Vielleicht hatte er davon gehört, dass der Freigelassene, der seinen Patron Cassius auf dessen Wunsch getötet hatte, hinterher untergetaucht war und des Mordes verdächtigt wurde – was gewiss der Grund für sein Untertauchen war; er wird gewusst haben, welches Schicksal ihm blühte.27
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Antonius hatte keine Wahl, er musste sich selbst das Leben nehmen. Er stach sich mit seinem Schwert in den Unterleib, doch die Wunde war nicht tödlich. Also sank Antonius stark blutend auf seine Couch. Tatsächlich führt ein Stich in den Bauch nicht notwendigerweise zum Tod, es sei denn, er ist so tief, dass er die Aorta descendens, den abwärts führenden Teil der Hauptschlagader, durchtrennt hat. In Japan beispielsweise rammte sich ein Samurai, der Seppuku, das traditionelle Suizid-Ritual, beging, nicht nur ein Kurzschwert in den Unterleib, sondern verpflichtete für gewöhnlich einen Helfer, der ihm zur Sicherheit anschließend den Kopf abtrennte. Offenbar waren noch weitere Personen mit im Raum, denn Antonius bat nun die anderen Anwesenden, ihm den Gnadenstoß zu versetzen, aber sie liefen davon. Auch hier weiß man nicht, ob sie dies aus Zuneigung taten oder aus Angst. Dann tauchte Diomedes, Kleopatras Sekretär, auf. Er hatte Order, Antonius zur Königin zu bringen. Man mag sich fragen, woher sie wusste, was vor sich ging, aber wir können davon ausgehen, dass Kleopatra überall im Palast, wenn nicht gar überall in der Stadt, Spione hatte, die sie über alles informierten, was vor sich ging. Cassius Dio schreibt, sie hätte Lärm gehört und sei von selbst darauf gekommen, was geschehen war.28 Antonius staunte, als er erfuhr, dass Kleopatra noch am Leben war. Unter Schmerzensschreien ließ er sich von seinen Dienern zu ihrem Mausoleum tragen. Kleopatra weigerte sich, das Tor zu öffnen, aber es gab einen Kran oder ein Flaschenzugsystem, mit dem normalerweise Steinblöcke zur Spitze des noch im Bau befindlichen Mausoleums gehievt wurden. Mit dieser Vorrichtung wurde Antonius bis zum oberen Stockwerk des Mausoleums hochgezogen. Plutarch beschreibt die bizarre Szene: Niemals, so berichten jene, die dabei waren, hatte man so etwas Erbärmliches gesehen. Blutverschmiert und mit dem Tode ringend, wurde er emporgezogen, und sogar als er dort in der Luft baumelte, streckte er die Hände nach ihr aus. Denn den Frauen fiel diese Aufgabe nicht leicht, und Kleopatra, die Hände um das Seil geklammert und das Gesicht vor Anspannung verzerrt,
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gelang es nur mit Mühe und Not, ihn hochziehen, während die Untenstehenden ihr Mut zuriefen und mit ihr litten.29 Sie brachten Antonius ins Innere des Mausoleums und legten ihn hin. Kleopatra stimmte ein rituelles Klagelied an. Sie zerriss sich die Kleider, schlug sich auf die Brüste und beschmierte sich mit Antonius’ Blut. Sie nannte ihn ihren Herrn, Ehemann und Imperator. Er sagte ihr, sie solle damit aufhören, und bat sie um einen Schluck Wein. Man könnte dieses Detail als letzte Verleumdung des „Trunkenbolds“ Antonius durch Octavians Propaganda abtun, aber dass jemand, der starke Schmerzen hat, um Alkohol bittet, ist durchaus nachvollziehbar. Plutarch scheint seine Ausführungen auf einen Augenzeugenbericht zu stützen, möglicherweise auf die heute verschollenen Memoiren von Kleopatras Leibarzt, doch Antonius’ letzte Worte sind, wie in der antiken Literatur üblich, höchstwahrscheinlich trotzdem erfunden: Er soll Kleopatra gebeten haben, alles Nötige zu tun, um sich zu retten, solange sie damit keine Schande über sich bringe. Er sagte ihr, Gaius Proculeius sei der Einzige in Octavians Gefolge, dem sie vertrauen dürfe. Und am Ende riet er ihr (ganz in der Manier eines edlen Römers), sich nicht über seine jüngsten Missgeschicke zu grämen, sondern sich über all das Gute zu freuen, das er erreicht habe, und darüber, wie er so ein berühmter und mächtiger Mann geworden sei. Obendrein sei es für einen Römer wie ihn keine Schande, dass ein Römer ihn besiegt habe. Und damit starb Antonius. Er war 53 Jahre alt.
Nachruf auf einen Imperator Man könnte den Eindruck haben, dass alle Antonius mochten, von den Frauen, die ihn anbeteten, bis zu den Männern, die bis zuletzt zu ihm hielten. Er war ein starker Mann, der das Leid seiner Soldaten teilte und im Gegenzug ihre Loyalität einforderte. Und Antonius hatte ein ausgeprägtes Faible für starke Frauen. Er war der erste Römer, der das Antlitz einer sterblichen Frau auf seine Münzen prägen ließ. Er war der Architekt des Sieges über die Caesarmörder in der Schlacht bei Philippi. Als Feldherr ist er jedoch vor allem mit seinen erfolgreichen
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Rückzügen in die Geschichte eingegangen. Auf dem gefährlichen Heimweg von Mutina und Phraaspa durch unwegsames Gelände hielt er dank seines Charismas, aber auch mit der nötigen Härte seine Männer bei der Stange. Vielleicht hätte er das nach Actium ebenfalls getan, aber seine Legionen waren krank und litten Hunger: Sie waren zu nichts anderem mehr bereit als zur Kapitulation. Immerhin gelang es ihm, sich mit fast einem Drittel der verbliebenen Flotte aus den Fängen des Feindes zu befreien, aber die meisten Schiffe waren nicht seine eigenen, sondern die seiner Verbündeten. Antonius war ein großer Diplomat, und es ist ihm gelungen, im römischen Osten eine dauerhafte Einigung herbeizuführen. Zwischen Alexandria und den Thronen, auf denen er seine drei Kinder von Kleopatra zu installieren gedachte, baute er eine Basis für ein eigenes Reich im Osten auf, das eines Tages vielleicht mächtig genug gewesen wäre, den Westen zu erobern. Er verschaffte sich enorme Ressourcen, um einen Krieg zu führen, unter anderem baute er eine der beeindruckendsten Flotten auf, die die antike Welt je gesehen hatte. Leider wusste er diese enormen Ressourcen aber nicht effektiv einzusetzen. Er versagte als Anführer und als Stratege. Wenn man sich seinen einen großen Sieg, den über Brutus und Cassius bei Philippi, genauer anschaut, wird deutlich, dass er hauptsächlich deshalb gesiegt hat, weil seine Gegner so viele Fehler gemacht hatten. Genau das war Antonius’ Problem in Actium: Octavian und Agrippa machten keine Fehler. Zu diesem Zeitpunkt konnte Antonius allerdings schon nicht mehr schalten und walten, wie er wollte. In dem Moment, als er beschlossen hatte, seinen Krieg mithilfe der Ressourcen seiner Verbündeten zu führen, hatte er – zumindest teilweise – seine Unabhängigkeit eingebüßt. Kleopatra bezahlte seine Schiffe und seine Soldaten und hatte dadurch ein Mitspracherecht bei allen wichtigen Entscheidungen. Antonius bewegte sich auf einem schmalen Grat zwischen Imperator und Adjutant. War er so verliebt in Kleopatra, dass er keine vernünftigen Entscheidungen mehr treffen konnte? Nun, in Anbetracht seiner finanziellen Bedürfnisse wäre er in einer heiklen Lage gewesen, wäre er mit der ägyptischen Monarchin nur ein politisches Bündnis und keine Liebes-
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beziehung eingegangen. Selbst bei vielen zur Gewinnmaximierung arrangierten Ehen waren Gefühle im Spiel. Und hätten Antonius und Kleopatra nur eine platonische Freundschaft gepflegt, wäre ihre Geschichte mit Sicherheit anders verlaufen. Leider teilen Herzen ihre Geheimnisse nicht mit Historikern. Antonius hatte sich auch in den Osten verliebt. Er fügte sich bereitwillig in die Rollen als Prinzgemahl, als Vater von Fürsten und als Begründer von Dynastien. Mit Charme, Geld und Glamour zog er skeptische Anhänger der römischen Republik genauso auf seine Seite wie östliche Machthaber, die eifersüchtig ihre Pfründe hüteten und sich vor Kleopatras Dominanz fürchteten. Es hätte funktionieren können, wäre es Antonius gelungen, seinen Anspruch durch militärische Siege zu untermauern. Antonius war ein bedeutender Mann, aber seine Zeit fiel nun einmal in ein Zeitalter der Giganten: Immer wieder bekam er es mit anderen zu tun, die ihm Paroli bieten konnten. Mit einer weniger willensstarken Gefährtin als Kleopatra oder einem schwächeren Feind als Octavian hätte er vielleicht reüssiert. Um ein anderes Shakespeare-Drama, Julius Cäsar, zu paraphrasieren: Der Fehler lag nicht in Antonius’ Sternen, sondern in ihm selbst. Im Vergleich zu den meisten Menschen war er ein Riese, aber auf dem Level, auf dem er sich hier bewegen musste, war er ein Zwerg. Als der sterbende Antonius zu Kleopatra getragen wurde, schnappte sich einer seiner Leibwächter Antonius’ blutiges Schwert und brachte es zu Octavian. Als Octavian hörte, was geschehen war, weinte er, aber wahrscheinlich nicht besonders heftig. Schon bald rief er seine Freunde in sein Zelt, holte seine Korrespondenz mit Antonius hervor und las Auszüge daraus vor, um zu demonstrieren, was für vernünftige, faire Botschaften er Antonius immer geschickt und was für unhöfliche, überhebliche Antworten er erhalten hatte. So viel zu De mortuis nil nisi bene („über die Toten nur Gutes“). Es heißt, dass Octavian nach seinem Einzug in Alexandria Antonius’ Leichnam persönlich in Augenschein nahm.30 Sollte das stimmen – und es erscheint plausibel – , würde man gerne wissen, was ihm dabei durch den Kopf ging. Empfand er Zorn? Genugtuung? Reue? Oder erschütterte ihn der Gedanke, dass auch er eines Tages nur noch Asche und Staub sein würde?
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Angeblich baten diverse Könige und Generäle um die Ehre, Antonius’ Leichnam bestatten zu dürfen. In Wirklichkeit werden nur wenige es riskiert haben, mit einer solchen Bitte Octavians Zorn zu erregen.31 Die Vermutung, dass dazu auch Octavia zählte, hat etwas für sich, ist aber in den Quellen nicht belegt. Stattdessen erteilte Octavian Kleopatra die Erlaubnis, Antonius’ sterbliche Überreste in ihrem Mausoleum beisetzen zu lassen, wo sie hoffentlich eines Tages an seiner Seite ihre letzte Ruhe finden würde. Einer Quelle zufolge wurde Antonius’ Leichnam einbalsamiert, doch da dieser komplizierte Prozess siebzig Tage in Anspruch nahm, erscheint eine einfache Bestattung wahrscheinlicher. Zweifellos fügte sie sich in Octa vians Narrativ ein, dass er die Bestimmungen des Testaments erfülle, das er „entdeckt“ hatte und in dem Antonius angeblich wünschte, in Alexandria neben Kleopatra bestattet zu werden.32 Für Octavian wäre es aber auch ziemlich peinlich gewesen, Antonius in Rom eine angemessene Bestattung zu gewähren. Antonius’ Tod bedeutete das Ende des Bürgerkriegs, der ja zwischen den beiden verbliebenen römischen Triumvirn geführt worden war. Aber der Monat hatte gerade erst angefangen. Einiges sollte noch passieren, was historisch nicht weniger bedeutsam war – im Gegenteil.
Die Königin wird festgenommen Bevor er am 1. August in Alexandria einmarschierte, schickte Octavian einen seiner engsten Freunde auf eine ebenso wichtige wie heikle Mission. Er sollte in Kleopatras Mausoleum eindringen, die Königin und ihren Schatz in seine Gewalt bringen und somit verhindern, dass sie das Mausoleum in Brand setzte und sich selbst tötete. Der Freund, dem er diese Aufgabe anvertraute, war der Ritter Gaius Proculeius.33 Ein paar Jahre zuvor hatte sich Octavian in einem verzweifelten Moment im Krieg gegen Sextus Pompeius, als bei einem Gefecht auf See alles verloren schien, an Proculeius gewandt und ihn gebeten, ihn, Octavian, zu töten, bevor er dem Feind in die Hände fiel. Das erwies sich allerdings als unnötig, denn Octavian entkam in einem kleinen Boot und überlebte.34
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Irgendwie hatte sich Proculeius auch das Vertrauen von Antonius erworben, was einer der Gründe sein könnte, warum Octavian ausgerechnet ihn für diese Mission auswählte. Doch obwohl Antonius Kleopatra gesagt hatte, sie könne Proculeius vertrauen, tat sie es nicht. Als er kurz nach Antonius’ Tod vor ihrem Mausoleum auftauchte, ließ sie ihn nicht ein, sondern unterhielt sich nur durch die Gitterstäbe des Tores mit ihm.35 Sie bat sich aus, dass ihre Kinder Ägypten regieren dürften, und er erwiderte, sie könne Octavian voll und ganz vertrauen. Aber das tat sie nicht. Der verblüffte Proculeius sandte eine Nachricht an Octavian, und der schickte Gallus los, um ihm zu helfen. Nun stand also Gallus, der kürzlich Antonius bei Paraitonion besiegt hatte, vor dem Tor des Mausoleums und versuchte, die Königin mit seinem Charme einzuwickeln. Charme hatte der spätere Liebesdichter jede Menge, und während Gallus sie ablenkte, nahm Proculeius eine Leiter und kletterte zusammen mit zwei Dienern durch eben jene Öffnung im zweiten Stock, durch die Kleopatras Dienerinnen den tödlich verwundeten Antonius ins Innere des Mausoleums verfrachtet hatten. Eine der Frauen warnte Kleopatra, und angeblich zog die Königin einen Dolch aus ihrem Gürtel, um sich umzubringen, doch Proculeius gelang es, sie daran zu hindern. Auf diese Weise verlor Kleopatra ihre Freiheit – und ihr eines großes Druckmittel: ihren Schatz. Octavian verfügte nun über das gesamte Vermögen Ägyptens und brauchte sich keine Gedanken mehr darüber zu machen, womit er seine Soldaten bezahlen sollte. Auf gewisse Weise war das ein ebenso großer Coup wie sein Sieg bei Actium. Dafür musste Octavian sich nun über etwas anderes Gedanken machen: wie er mit der Königin verfahren sollte. Er schickte einen Freigelassenen zu ihr, der ein Auge auf sie haben und sicherstellen sollte, dass sie sich nichts antat. Außerdem befahl er, sie gut zu behandeln. Offenbar wurde sie zurück in den Palast gebracht. Später am selben Tag begab sich Octavian, beflügelt von seinem allumfassenden Erfolg, persönlich nach Alexandria. Wie üblich, wenn man eine Stadt eroberte, hatte Octavian dort zunächst einmal alle Hände voll zu tun: Bündnisse mussten geschlossen, Rechnungen beglichen, Morde arrangiert werden. Aber er hatte es nicht eilig. Octa-
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vian dachte sich, je länger er wartete, bevor er sich mit Kleopatra befasste, desto mehr käme sie ins Grübeln, was er mit ihr vorhatte. In der Zwischenzeit durfte die Königin um Antonius trauern und ihn begraben. In der Antike nahm man das Thema Trauer sehr ernst. Dass eine trauernde Frau sich die Kleider zerriss, auf die Brüste schlug oder sie entblößte und sich die Wangen zerkratzte, war durchaus üblich. Den Aufzeichnungen von Kleopatras Arzt Olympos zufolge entzündeten sich ihre Brüste durch die Schläge, die sie sich zufügte. Sie bekam Fieber und nahm das als Vorwand, um Suizid zu begehen, indem sie nichts mehr aß. Es heißt, Octavian habe davon Wind bekommen und gedroht, ihren Kindern etwas anzutun, wenn sie nicht wieder etwas esse. Die Königin gehorchte. So ganz realistisch erscheint diese Anekdote nicht. Unabhängig davon, was wirklich geschah, wollte Kleopatra ein Treffen mit Octavian erzwingen. Nach einer Woche erfüllte sich ihr Wunsch: Octavian besuchte Kleopatra am 8. August in ihrem Königspalast.
Octavian und Kleopatra Die antike Literatur berichtet von mehreren persönlichen Begegnungen zwischen Feinden, zum Beispiel zwischen Scipio Africanus und Hannibal in dessen Zelt vor der Schlacht von Zama (202 v. Chr.). Das Treffen von Octavian und Kleopatra ist eine der dramatischsten dieser Begegnungen. Er war der Sieger, sie die Besiegte. Die ägyptische Königin hatte gedroht, bei Octavian in Italien einzumarschieren. Stattdessen war Octavian bei ihr einmarschiert und hatte sie besiegt. Immerhin hatte er nicht Antonius den Krieg erklärt, sondern ihr. Octavian und Kleopatra waren Rivalen um das Erbe von Iulius Caesar. Octavian bestritt, dass Caesar Caesarions Vater war, und behauptete, er selbst sei Caesars einziger Sohn. Octavian und Kleopatra waren beide rücksichtslos, ehrgeizig und skrupellos. Keinem von beiden konnte man über den Weg trauen. Es ist nicht überliefert, ob sich die beiden vorher schon einmal begegnet waren. Da Kleopatra einige Zeit in Rom verbracht hatte, ist dies durchaus wahrscheinlich, aber damals war Octavian noch ein Junge gewesen. Jetzt war er der Herrscher der römischen Welt. Er hatte das, was
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er sich als Neunzehnjähriger geschworen hatte, erreicht: alle Ehrungen zu erlangen, die Iulius Caesar zuteilgeworden waren. Antonius und Caesar waren beide älter gewesen als Kleopatra, Octavian war sechs Jahre jünger. Es muss eine echte Herausforderung für sie gewesen sein, mit einem Römer zu verhandeln, der nicht für ihre sexuellen Reize empfänglich schien. Andererseits liebte Kleopatra Herausforderungen. Ob die beiden Griechisch oder Latein sprachen? Wie wir wissen, war Octavians Griechisch nicht das allerbeste. Keine Quelle belegt, dass Kleopatra Latein konnte, aber in Anbetracht ihrer sonstigen Sprachkenntnisse und ihrer engen Beziehung zu Caesar und Antonius darf man davon ausgehen. Kleopatra war alles Mögliche, aber vor allem war sie eine große Selbstdarstellerin. Falls sie es für erfolgversprechender hielt, mit Octavian Latein zu sprechen, wird sie so geschliffen formulierte lateinische Sätze von sich gegeben haben, dass sie sogar einem Cicero gefallen hätten. Und falls sie Griechisch sprach, um Octavian zu schmeicheln und ihn zu loben, wie gut er ihre Sprache beherrsche (auch wenn das Gegenteil der Fall war), dann hätte sie ihre Sätze möglichst einfach formuliert, damit er hinterherkam. Wir werden nie erfahren, was die beiden tatsächlich zueinander sagten. Octavian veröffentlichte seine Version des Gesprächs wahrscheinlich in seinen Memoiren, und Kleopatra erzählte ihre Version vielleicht ihrem Arzt oder einem anderen Vertrauten, der später einen Bericht aus zweiter Hand veröffentlichte. Mindestens ein Diener war anwesend oder befand sich im Nebenzimmer in Hörweite. Vieleicht haben auch andere Zeitgenossen kurzerhand ihre eigenen Versionen weitergegeben, um sich interessant zu machen oder Octavian zu schmeicheln. Plutarch und Cassius Dio, die viel später schrieben, liefern jedenfalls detaillierte Berichte – doch diese unterscheiden sich erheblich voneinander: Beide sind sich darin einig, dass Kleopatra ihren Charme einsetzte, aber bei Cassius Dio versucht sie, Octavian zu verführen, bei Plutarch agiert sie deutlich zurückhaltender. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Detail: Bei Plutarch kommt Octavian von sich aus zu Kleopatra, bei Cassius Dio bittet die
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Königin ihn um ein Treffen. Nach beiden Berichten hat sich Kleopatra eigens für ihn in Szene setzt, doch ihre Strategie ist jeweils eine vollkommen andere: Bei Plutarch liegt sie auf einem erbärmlichen Strohlager und ist nur mit einer Tunika bekleidet. Als Octavian eintritt, erhebt sie sich und wirft sich ihm zu Füßen. Die Wunden in ihrem Gesicht und an ihrem Körper, die sie sich selbst zugefügt hat, sind nicht zu übersehen, aber dennoch scheinen ihr Charme und ihre Schönheit durch. Bei Cassius Dio hingegen stellt Kleopatra den Luxus ihrer Gemächer zur Schau und trägt figurbetonte Trauerkleidung. Es heißt, sie habe Bilder von Iulius Caesar im Zimmer platziert und sich seine handgeschriebenen Briefe ins Dekolletee gesteckt. Sie liest Octavian Auszüge aus den Briefen vor, in denen Caesar ihr seine Liebe geschworen hat. Dabei versucht sie, Octavian mit vielsagenden Blicken und schmeichlerischen Worten zu verführen. Das nützt allerdings wenig, denn Octavian blickt zu Boden, als er Kleopatra versichert, sie sei in Sicherheit. Wie ein anderer römischer Schriftsteller es ausdrückte, konnte „ihre Schönheit nicht seine Selbstbeherrschung übertrumpfen“.36 Frustriert fällt die Königin auf die Knie und bittet darum, mit Antonius sterben zu dürfen und bestattet zu werden. Octavian bleibt unverbindlich und sagt lediglich zu ihr, sie solle guten Mutes sein. Dann geht er wieder und trifft Maßnahmen, um sicherzustellen, dass sie am Leben bleibt, damit sie später an seinem Triumphzug in Rom mitgeführt werden kann. Das klingt doch sehr nach der offiziellen Version der Ereignisse in seinen Memoiren oder nach einer Erzählung eines seiner Schmeichler. Plutarch ist subtiler, aber auch boshafter. Bei ihm fordert Octavian Kleopatra großherzig auf, sich wieder hinzulegen, und setzt sich neben sie aufs Bett. Sie rechtfertigt ihre Taten, indem sie alles auf Antonius schiebt. Als Octavian ihr zu verstehen gibt, dass er ihr nicht glaubt, ändert sie ihre Strategie und bittet ihn um Erbarmen. Dann überreicht sie ihm eine vollständige Liste ihrer Schätze, aber einer ihrer Verwalter greift ein und stellt fest, dass sie bestimmte Wertgegenstände ausgelassen hat. Kleopatra springt auf und schlägt auf den Mann ein, aber Octavian geht dazwischen. Sie räumt ein, dass sie ein paar Schmuckstücke ausgelassen hat, die sie seiner Schwester Octavia und seiner Frau Livia zugedacht hat.37 Das ist
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eine so schöne Wendung, dass man vermuten könnte, Kleopatra habe den „Verrat“ ihres Verwalters arrangiert. Auf jeden Fall ging ihr Plan auf. Octavian hatte vor, Kleopatra nach Rom mitzunehmen, damit sie dort in seinem Triumphzug mitmarschierte – eine ganz übliche Demütigung, auf die normalerweise die Hinrichtung folgte. Nachdem sie ihn überzeugt hatte, dass sie weiterleben wollte und sich nicht umbringen würde, wurde er unvorsichtig. Er dachte, er hätte sie ausgetrickst, schreibt Plutarch, dabei war er der Ausgetrickste. Cassius Dio und Plutarch hoben vor allem jene Details des Treffens hervor, die sich für ihre sensationslüsternen Berichte eigneten. Wichtiger ist jedoch, was Kleopatra und Octavian sich jeweils von dem Treffen erhofften. Eine Frage war entscheidend: Würde sie bei seinem Triumphzug in Rom mitmarschieren oder nicht? Octavian wollte das unbedingt, Kleopatra wollte sich diese Demütigung unbedingt ersparen. Eine Quelle berichtet, während Kleopatra von Octavian gefangen gehalten – und sehr gut behandelt – wurde, habe sie mehr als einmal gesagt: „Ich werde nicht beim Triumphzug gezeigt werden“ (ou thriambeusomai auf Griechisch).38 Der einzige Ausweg für sie war Suizid. Kleopatra erhoffte sich von dem Treffen, dass Octavian sie fortan weniger streng bewachen lassen würde, sodass sie Gelegenheit hätte, sich die nötigen Utensilien für ihren Suizid hereinschmuggeln zu lassen. Octavian erhoffte sich von dem Treffen, dass Kleopatra sich so weit entspannen würde, dass er sie unversehrt nach Rom würde bringen können. So verhielt es sich, oberflächlich betrachtet. Doch da sie beide Meister der Manipulation waren, hatten sie vielleicht noch ganz andere Absichten. Vielleicht war der eigentliche Sinn und Zweck ihres Gesprächs, sich über die Bedingungen für Kleopatras Tod zu einigen. Wollte Octavian Kleopatra wirklich nach Rom bringen und bei seinem Triumphzug dem Volk präsentieren? Vielleicht hatte er es sich anders überlegt. Gewiss wollte Octavian Kleopatra hinrichten lassen, aber er wusste nur zu gut, dass nicht alle besiegten Herrscher in Gefangenschaft hingerichtet wurden. Insbesondere eine Ausnahme muss ihm zu denken gegeben haben: Kleopatras Schwester Arsinoë. Iulius Caesar hatte sie bei seinem Triumphzug 46 v. Chr. mitmarschieren lassen, und ihr erbarmungswürdiger Zustand
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hatte die Zuschauer so sehr gerührt, dass Caesar nicht anders konnte, als sie am Leben zu lassen; er schickte sie nach Ephesos ins Exil. Was, wenn das römische Volk auch mit Kleopatra Mitleid hatte? Immerhin verstand sie es, sich in Szene zu setzen, und sicherlich konnte sie ganz hervorragend die leidende Gefangene spielen. Was, wenn das Volk ihre Hinrichtung verhinderte? Dieser Gedanke konnte Octavian nicht behagen. Solange sie lebte, wäre Kleopatra für ihn eine Gefahr. Aber Octavian konnte Kleopatra auch nicht einfach so hinrichten. Hätte er die beliebte ägyptische Königin in Alexandria töten lassen, hätte er einen Volksaufstand riskiert. Und kein Herrscher brachte einen anderen ums Leben, ohne sich dabei selbst nervös an den Hals zu fassen. Dass Kleopatra eine Frau war, machte Octavians Lage nur noch komplizierter. Gut möglich, dass er zu dem Schluss kam, dass Kleopatras Suizid die beste Lösung war, vor allem wenn er alles so arrangierte, dass ihm niemand die Schuld dafür geben konnte. Der schlauen Kleopatra werden Octavians wahre Motive kaum verborgen geblieben sein. Sie hatte keine Angst vor dem Tod, aber sie hatte nicht die Absicht, Octavian ohne Gegenleistung seinen Willen zu lassen. Auch wenn keine Quelle es erwähnt, wird es ihr vor allem um die Sicherheit ihrer Kinder gegangen sein – insbesondere ihrer drei Kinder von Antonius. Indem sie Caesarion fortschickte, erkannte sie stillschweigend an, dass Octavian ihren Sohn von Caesar nicht dulden würde. Vielleicht war es auch der Gedanke an ihre Kinder, der Kleopatra dazu brachte, Livia und Octavia zu erwähnen. Die zwei sakrosankten Frauen in Octavians Haushalt waren beide ebenfalls Mütter. Octavia zog bereits Antonius’ jüngeren Sohn von Fulvia auf. Kleopatra wusste, dass Octavian es wahrscheinlich Octavia und Livia überlassen würde, ihre Kinder großzuziehen. Indem Kleopatra also diese beiden Römerinnen ins Spiel brachte, lautete ihre Botschaft an Octavian in etwa folgendermaßen: Versprich mir, dass mein Haushalt weitergeführt wird, und ich verspreche dir, dass du ohne Gesichtsverlust aus der Sache herauskommst. Aber konnte Kleopatra davon ausgehen, dass Octavian sein Versprechen auch halten würde? Hundertprozentig sicher sein konnte sie natürlich nicht, aber ein echter Römer gab sein Wort nicht leichtfertig,
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und Kleopatra wird an sein römisches Pflichtbewusstsein appelliert haben. Falls er versuchte, seine wahren Absichten zu verbergen, wird sie in der Lage gewesen sein, seine Körpersprache zu deuten. Außerdem gab es einen Zeugen: Ihr Verwalter war anwesend, und der würde hinterher anderen davon erzählen können. Auch wenn das alles reine Spekulation ist: Eine geheime Abmachung darf man bei Octavian und Kleopatra definitiv nicht ausschließen – beide wussten mit harten Bandagen zu verhandeln.
Der Tod der Königin Dass sie durch den Biss einer Giftschlange starb, ist eines der bekanntesten Details von Kleopatras Biografie. Octavian widmete dieser Szene bei seinem Triumphzug in Rom einen eigenen Festwagen. Shakespeare hat sie in Worte gefasst. Michelangelo hat sie gemalt. Und doch werden wir nie erfahren, ob es wirklich so stattgefunden hat. Ausnahmsweise halten sich unsere beiden Hauptquellen erstaunlich bedeckt, was die Umstände betrifft, wie Kleopatra starb. „Keiner kennt die Wahrheit“, schreibt Plutarch.39 „Keiner weiß es mit Sicherheit“, schreibt Cassius Dio.40 Allein das spricht vielleicht schon für Kleopatras Erfolg: Noch Jahrhunderte später stand sie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, wenn darüber gerätselt wurde, was es mit ihrem Tod auf sich hatte. Eines ist sicher: Die Königin beging Suizid. Ob Octavian sich bloß darüber freute oder sie dazu gedrängt hatte, spielt eigentlich keine Rolle: Denn Kleopatra inszenierte ihr Ende selbst, und sie trat ab, wie es einer Königin würdig war. Plutarch zufolge begann dieser letzte Akt mit einer Nachricht eines jungen Offiziers aus Octavians Gefolge namens Cornelius Dolabella. Angeblich war er in Kleopatra verliebt, und sie wusste das, also schickte sie ihm heimlich eine Nachricht, auf die er ebenso heimlich antwortete und sie warnte, Octavian werde Alexandria demnächst verlassen und beabsichtige, sie und ihre Kinder innerhalb von drei Tagen nachkommen zu lassen.41 Diese Geschichte klingt wenig glaubwürdig, angefangen bei dem naiven jungen Mann und bis hin zu dem Umstand, wie einfach es für Kleopatra gewesen sein soll, aus ihrem Gefängnis heraus irgendwelche
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Botschaften zu übermitteln. Vielleicht handelte Dolabella in Wirklichkeit in Octavians Auftrag. Andererseits wusste Kleopatra genau, wie man einen Mann verführt, insofern könnte die Geschichte stimmen. Kleopatra wurde gestattet, an Antonius’ Grab zu trauern. Dann kehrte sie in den Palast zurück, nahm ein Bad und bereitete ein üppiges Mahl zu. In diesem Moment tauchte ein Mann vom Land mit einem großen Korb auf. Die Wachen wollten hineinschauen. Der Mann schob ein paar Blätter zur Seite, und darunter lagen große und besonders schöne Feigen. Er ließ die Wachen von den Feigen kosten, und sie ließen ihn beruhigt passieren. Kleopatra genoss weiterhin ihre Mahlzeit. Ihr Zimmer hatte Fenster mit Blick aufs Meer. Vielleicht dachte sie, wenn sie hinausschaute, an Actium und daran, was hätte sein können. Aber falls überhaupt, dann wird sie dieser Gedanke nicht lange beschäftigt haben, schließlich war Kleopatra eine ausgesprochene Pragmatikerin. Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatte, übergab sei einem Boten eine versiegelte Tafel für Octavian, die sie vorher beschrieben hatte. Dann schickte sie mit Ausnahme ihrer treuen Zofen Iras und Charmion alle Bediensteten fort und schloss die Tür. Octavian erhielt ihre Nachricht, und darin bat Kleopatra ihn, sie neben Antonius bestatten zu lassen. Octavian ahnte Schlimmes, und er sandte in aller Eile Boten zu ihr, aber sie kamen zu spät. Als sie die Tür von Kleopatras Gemach aufstießen, bot sich ihnen ein grausiger Anblick. Sie lag tot auf einem Sofa mit goldfarbenem Polster, gekleidet in ihr königliches Gewand. Iras lag, ebenfalls tot, zu ihren Füßen, Charmion versuchte mit letzter Kraft, das Diadem der Königin zu richten. Einer der Boten soll gesagt haben: „Du tust ein gutes Werk, Charmion!“, und die Zofe soll geantwortet haben: „Das ist wahr, und es ziemt sich für eine Königin, die von so vielen Königen abstammt.“42 Dann sank auch sie in sich zusammen und starb. Es war der 10. August 30 v. Chr. Kleopatra war 39 Jahre alt. Woran starb Kleopatra? Laut Plutarch und Cassius Dio möglicherweise am Biss einer aspís. Anders als oft angenommen, war damit aber nicht die Aspisviper (Vipera aspis) gemeint, denn das griechische Wort aspís bezeichnete keine einzelne Spezies, sondern bedeutete ganz allgemein „Giftschlange“. Im Fall von Kleopatras Tod handelte es sich wahrscheinlich um
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eine Ägyptische Kobra, eine Uräusschlange (Naja haje). Meistens heißt es, die Schlange sei unter den Feigen versteckt gewesen. Eine andere Variante der Geschichte besagt, die Kobra habe sich in einem Wasserkrug befunden und Kleopatra habe mit einem goldenen Spinnrocken darin herumgerührt, bis das Tier in ihren Arm biss. Und in einer dritten Version war die Schlange in Blumen versteckt. Ganz frühe Quellen erwähnen sogar zwei Schlangen.43 Gegen die Anekdote mit der Schlange spricht, dass die Ägyptische Kobra bis zu zwei Meter lang wird, wobei man sogar von 2,40 Meter langen Exemplaren weiß;44 wollte man eine so große Schlange in einem Korb mit Feigen verstecken, müsste es schon ein sehr großer Korb sein. Außerdem konnte Kleopatra nicht davon ausgehen, dass eine einzelne Kobra in der Lage war, nacheinander drei Menschen zu töten, und dass gleich zwei so große Schlangen hereingeschmuggelt wurden, ist noch schwerer vorstellbar. Der Biss einer Kobra ist noch dazu in der Regel ziemlich schmerzhaft. Die (doppelte) Uräusschlange war ein Symbol des ägyptischen Königtums, und bedenkt man den Symbolcharakter von Kleopa tras Tod, hätte Octavian umso mehr Grund gehabt zu behaupten, dass die Trägerin der Krone mit der Uräusschlange von einer ebensolchen getötet wurde. Oder sogar von zweien. Andererseits muss es gar nicht unbedingt eine ausgewachsene Schlange gewesen sein. Schon eine junge Ägyptische Kobra ist giftig und aggressiv genug, um einen erwachsenen Menschen zu töten.45 Ein solches Jungtier mit einer Länge von 40 bis 45 Zentimetern hätte man leicht in einem Korb mit Feigen oder einem Wasserkrug verstecken können. Sogar drei solche Schlangen hätte man auf diese Weise hineinschmuggeln können. Und eine Kobra dazu zu bringen, einen zu beißen, ist nicht weiter schwer. Vielleicht wählten Iras und Charmion aber auch einen weniger dramatischen Abgang und nahmen einfach oral Gift zu sich. Es mag sogar sein, dass dies auch für Kleopatra gilt. Es gab zahlreiche Präzedenzfälle für Suizid durch Gift, vom Philosophen Sokrates, der Gefleckten Schierling trank (trinken musste), über den attischen Staatsmann Demosthenes, der das Gift aus einer entsprechend präparierten Schreibfeder lutschte, bis hin zu König Ptolemaios von Zypern, der sich 58 v. Chr. lieber vergiftete,
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als sich Rom zu unterwerfen und auf seinen Thron zu verzichten. Er war Kleopatras Onkel. Plutarch erwähnt einen Bericht, nach dem sich das Gift in einem hohlen Kamm befand, den Kleopatra in ihrem Haar versteckte, Cassius Dio schreibt, sie habe das Gift in einer Haarnadel aufbewahrt. Demnach hatte Kleopatra die Zeit von Octavians Marsch auf Alexandria genutzt, um mit diversen giftigen Tieren zu experimentieren und deren Gifte an zum Tode Verurteilten zu testen, um festzustellen, welche besonders schnell und schmerzlos wirkten.46 Alexandria war damals die Hauptstadt der Medizin, und Kleopatra standen die besten Ärzte der Stadt zur Verfügung. Dennoch beharren die Quellen darauf, dass kein Beweis für eine Vergiftung vorlag. Man fand an ihrem Leichnam keine Blasen oder andere Anzeichen einer Intoxikation. Es gab auch keinen Beweis für einen Schlangenbiss, obwohl später einige sagten, an Kleopatras Arm habe man leichte Einstiche sehen können. Im Zimmer, in dem sie starb, wurde keine Schlange gefunden; später behaupteten allerdings einige, man habe ganz in der Nähe am Strand Kriechspuren entdeckt. Dass Kleopatras Körper nicht entstellt war und dass sie noch am selben Tag starb, spricht für einen Kobrabiss, ist aber kein Beweis dafür. Octavian behauptete hinterher, er habe versucht, Kleopatra wiederzubeleben, und zwar sowohl mithilfe von Medikamenten als auch durch Absaugen des Schlangengifts – er habe Experten hinzugezogen, die sich darauf verstanden. Insofern scheint er zumindest vermutet zu haben, dass sie durch einen Schlangenbiss starb. Falls dem so war, waren alle seine Bemühungen vergebens. Letzten Endes müssen wir uns wohl mit dem Urteil unserer Quellen begnügen: Niemand weiß genau, wie Kleopatra sich umgebracht hat. Octavian ordnete an, Kleopatra mit allen Ehren zu bestatten, die einer Königin gebührten, und neben Antonius beizusetzen, vermutlich in ihrem Mausoleum. Das war das übliche Verfahren, wenn ein besiegter Gegner den Tod fand, und Octavians diesbezügliches Wohlwollen kam auch seiner Propaganda zugute, da er behaupten konnte, Antonius habe sich selbst entehrt, indem er darauf bestanden habe, neben Kleopatra in Alexandria bestattet zu werden statt in seiner Familiengruft vor den M auern Roms.
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Nachruf auf eine Königin Kleopatra ist eine der größten Herrscherinnen der Geschichte. Sie war ebenso mächtig wie reich, und sie war beim Volk außerordentlich beliebt, immerhin war sie seit 300 Jahren die erste Monarchin ihrer Dynastie, die Ägyptisch sprach und möglicherweise teilweise ägyptischer Abstammung war. Nach zwei Jahrhunderten des Niedergangs hatte sie das Schicksal ihres Landes gewendet: Denn sie eroberte die meisten der verlorenen Gebiete des Ptolemäerreichs zurück und machte Ägypten dadurch so mächtig und einflussreich, wie es seit Generationen nicht mehr gewesen war. Sie war die größte makedonische Herrscherfigur seit Alexander und die größte ägyptische Pharaonin seit Hatschepsut. Aber Kleopatra wäre kaum so erfolgreich gewesen, hätte sie sich nicht mit den beiden mächtigsten Römern ihrer Zeit, Iulius Caesar und Marcus Antonius, verbündet. Eines der Mittel, die sie dabei einsetzte, war Sex. Ob Kleopatra nun besonders hübsch war oder nicht – dass sie charmant und attraktiv war, steht außer Frage. Wahrscheinlich gebar sie Caesar einen Sohn, definitiv gebar sie Marcus Antonius zwei Söhne und eine Tochter. So strategisch sie bei der Wahl ihrer Partner auch vorging, nichts spricht dagegen, dass sie die beiden tatsächlich geliebt hat. Schließlich war sie auch nur ein Mensch. Dank ihrer Partnerschaft mit Antonius hätte sie beinahe die Kontrolle über Rom erlangt und damit die langfristige Unabhängigkeit ihres Königreichs gesichert. Kleopatras Schiffe und ihr Vermögen brachten Antonius bis vor die Tore Italiens – aber vielleicht war sie es auch, die ihn am Ende ausbremste. Die Entscheidung, an der westgriechischen Küste zu verharren und auf den Feind zu warten, war auf jeden Fall ein fataler Fehler. Noch in der Niederlage zeigte sie große Entschlossenheit. Als Liebhaberin war sie weniger loyal (es sieht ganz so aus, als habe sie Antonius geopfert), als Mutter war sie unbeugsam. Sie versuchte, Caesarion zu retten, und sie sorgte dafür, dass ihre drei anderen Kinder verschont blieben. Als sie schließlich ihrem Feind Octavian begegnete, war Kleopatra nicht in der Lage, ihre denkwürdigen Auftritte von früher – als sie Caesar damit beeindruckte, dass sie sich in einem Wäschesack zu ihm in den Pa-
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last schmuggeln ließ, und als sie Antonius damit beeindruckte, indem sie auf einer goldenen Barke bei ihm vorfuhr – zu wiederholen. Aber es gelang ihr, etwas anderes zu wiederholen und vielleicht sogar zu übertreffen: ihre plötzliche Flucht aus Actium, nämlich indem sie zu ihren eigenen Bedingungen aus dem Leben schied, zu einem Zeitpunkt und an einem Ort, den sie selbst wählte und nicht ihr Feind, gekleidet in die prunkvollen Gewänder einer Königin. Horaz, einer der Dichter in Octavians Dunstkreis, fand bewundernde Worte für Kleopatras Ende. In dem heute berühmten Gedicht 37 seines ersten Buchs der Oden (oder Carmina), das auch als „Kleopatra-Ode“ bezeichnet wird, erwähnt er, dass Octavian sie bei seinem Triumphzug in Fesseln durch Rom führen wollte: „Ketten bedrohten dies verhängnisvolle Weib. Umsonst.“ Horaz fährt fort: Mit heiterm Antlitz sah sie ihre Königsburg in Trümmern liegen und blieb königlich, als ihre Hand die kalten Schlangen fasste und schwarzes Gift in ihren Körper schlich. Freiwillig sterbend bot sie ihrem Sieger Trotz. Sie gönnte keinem Römerschiffe den Gewinn, als niedres Weib, in prunkendem Triumphe, gefesselt aufzuführen eine Königin.47
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Kapitel 16
„Ich wollte einen König besuchen“ Alexandria, 30 v. Chr. Am 1. August kam der Sieger nach Alexandria. Kleopatra war bezwungen, ihr Schatz gehörte nun ihm. Octavian fuhr auf einem Pferdewagen – an seiner Seite kein bewaffneter Legionär, sondern sein einstiger Lehrer Areios, ein gebürtiger Alexandriner. Wie die meisten Angehörigen der lokalen Elite sprach dieser Griechisch und war ein Anhänger der griechischen Kultur. Octavian reichte Areios sogar seine rechte Hand: eine Geste des Respekts, um die Einwohner der Stadt zu beruhigen. Octavian betrat das schönste öffentliche Gebäude Alexandrias, das Gymnasion, Symbol der griechischen Zivilisation schlechthin. Eben dort hatten Antonius und Kleopatra vier Jahre zuvor ihren Triumph über Armenien gefeiert und ihre Kinder den Alexandrinern als künftige Monarchen präsentiert. Im Gymnasion stellte sich Octavian auf ein Podium und sprach zum Volk. Es muss ein seltsamer Anblick gewesen sein. Verglichen mit dem muskulösen Antonius von beeindruckender Statur war der neue Machthaber klein und schmächtig. Octavian war gekleidet wie ein Römer, ohne jede Spur von Dionysos oder irgendwelchen östlichen Bräuchen. Umso überraschter waren die Anwesenden, als er nicht auf Latein zu ihnen sprach, sondern auf Griechisch. Da seine Griechischkenntnisse begrenzt waren, hatte er seine Rede zunächst auf Latein verfasst und sie dann übersetzen lassen, möglicherweise von Areios. Zweifellos war die Menge trotz Areios’ Anwesenheit eingeschüchtert. „Das Volk“, schreibt Plutarch, „war außer sich vor Angst und warf sich vor ihm [Octavian] nieder.“48 Rom eilte der Ruf einer Stadt der Eroberer voraus, an deren Schwertern das Blut von Karthago und Korinth klebte. Doch Octavian verkündete zur Erleichterung der Zuhörer, er wolle
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barmherzig sein und die Bewohner von Alexandria aus drei Gründen verschonen: im Gedenken an Alexander den Großen, in Anerkennung der Größe und Schönheit der Stadt und um seines Lehrers willen.49 Die Rede wurde berühmt und oft zitiert. Die Kombination der drei Faktoren Königtum, Kultur und Gekungel war ganz typisch für Octavian. Die Barmherzigkeit, die er einer Stadt mit rund einer halben Million Einwohnern angedeihen ließ, war da eine bloße Nebensache. Dass sich Octavian so großmütig gab, ist kaum verwunderlich. Ein Politiker seines Kalibers wusste genau, dass es besser war, die Bewohner einer Stadt zu besänftigen, als sie gegen sich aufzubringen. Er begnadigte sogar Philostratos – der, eine Art Hofphilosoph, hatte mit seinen Stegreifreden stets Leben in Kleopatras Partys gebracht, und er flehte nun Areios so öffentlichkeitswirksam um Beistand an, dass Octavian schließlich einlenkte.50 Einen alten Mann mit langem weißem Bart zu töten, wäre auch denkbar schlecht fürs Geschäft gewesen. Antonius war am 1. August gestorben, Kleopatra am 10. August. Aber was war mit ihren Kindern, ihren drei gemeinsamen sowie den zweien des Antonius mit früheren Ehefrauen und schließlich Octavians Adoptivbruder Caesarion?
Der letzte Pharao Wir meinen so viel über Caesarion zu wissen, dass wir beinahe seine Biografie schreiben könnten, aber letztendlich wissen wir kaum etwas. Wir haben nichts, was die nackten Fakten mit Leben füllen könnte. Er hat nichts Schriftliches hinterlassen, und über ihn wurde wenig geschrieben, allenfalls Klatsch und Tratsch oder Witze – zu seinem wahren Wesen können wir damit jedenfalls nicht vordringen. „In der Geschichte wenige Zeilen allein sind über dich zu lesen“,51 heißt es in Konstantinos Kaváfis’ Gedicht Kaisarion, in dem der Dichter über den jungen Mann nachsinnt. Immerhin sind zwei Statuen im griechischägyptischen Stil belegt, die plausibel als Caesarion identifiziert worden sind und sein Gesicht zeigen (jedenfalls die Version seines Gesichts, die die königliche Propaganda der Öffentlichkeit präsentierte).52 Beide Male trägt er das traditionelle gestreifte Kopftuch des Pharaos, aber darun-
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ter lugt eine Frisur im griechischen Stil hervor. Sein Gesicht hat gleichmäßige, jugendliche Züge. Beim einen Statuenkopf wirkt es flach, beim anderen rund. Der eine zeigt eine kleine Nase und ausgeprägte Augen. Der andere ist weniger gut erhalten – er wurde aus dem Hafenbecken von Alexandria gefischt – , aber er zeigt wie sein Gegenstück einen vollen Mund mit nach unten gezogenen Mundwinkeln und ein ausgeprägtes Kinn (vgl. Farbtafel 7). Allerdings sind das alles konventionelle Merkmale ptolemäischer Porträts des 1. Jahrhunderts v. Chr., sie zeigen uns also nicht den echten Caesarion. Und noch viel weniger begegnet uns der auf den traditionellen Reliefs im pharaonischen Stil, die ihn im Profil zeigen, mit falschem Bart, dichten Augenbrauen und dem Pschent auf dem Kopf, der hohen Doppelkrone, die Ober- und Unterägypten symbolisierte.53
Caesar junior? Laut Sueton, von dem Biografien der römischen Kaiser des 1. Jahrhunderts erhalten sind, darunter auch eine Caesars, „berichten mehrere Griechen, dass er [Caesarion] Caesar im Aussehen und im Gang glich“.54 Die Quellen sind sich darin einig, dass Iulius Caesar hochgewachsen war und einen hellen Teint und lebhafte dunkle Augen hatte.55 Er war entweder von kräftiger Statur oder schlank – Porträtbüsten und Münzen sprechen für Letzteres. Die Quellen deuten auch an, dass er einen breiten Mund und eine markante Nase hatte und dass sein Adamsapfel markant hervortrat, wobei diese Züge in Caesars jüngeren Jahren möglicherweise weniger ausgeprägt waren. Falls Caesarion tatsächlich Caesar ähnelte, dann vielleicht in einigen dieser Merkmale. Die Römer legten großen Wert auf ihren Gang. Viele adelige Familien heuerten einen Schauspieler an, der ein besonders angesehenes Familienmitglied eine Weile beobachten sollte, um ihn später auf dessen Beerdigung zu verkörpern, bis hin zu dessen Gang. Entweder ging Caesarion von Natur aus wie Caesar, oder man hatte es ihm beigebracht, denn anders als die physische Ähnlichkeit war der Gang vielleicht nicht naturgegeben. Die meisten Zeitgenossen glaubten, dass Caesar der leibliche Vater Caesarions war, doch Antonius’ und Kleopatras Feinde bestritten dies vehement, allen voran Octavian. Wer Caesarions Mutter war, ist hingegen
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unumstritten. Wenn wir Octavians Propaganda außen vor lassen, die Kleopatra zahlreiche Bettgenossen andichtete, dann begegnet sie uns als kluge und berechnende Monarchin. Sie hatte allen Grund, ganz genau auszuwählen, mit wem sie ins Bett ging. Die offizielle Version der Geschichte entspricht im Falle Kleopatras wohl ausnahmsweise der Wahrheit: dass sie überhaupt nur mit zwei Männern schlief, Iulius Caesar und Marcus Antonius. Und es ist beileibe kein Zufall, dass diese zwei zu ihrer Zeit die beiden mächtigsten Römer waren. Kurzum: Caesarion war – davon dürfen wir ausgehen – das Produkt einer Verbindung zwischen zwei der talentiertesten, ehrgeizigsten, visionärsten, rücksichtslosesten und gewalttätigsten Herrscherfiguren der antiken Welt. Doch Octavian verabscheute und fürchtete genau das und war wild entschlossen, Caesarion loszuwerden.
Das Leben eines Prinzen Über das Leben Caesarions gibt es nur wenige gesicherte Daten. Er wurde wahrscheinlich 47 v. Chr. geboren. Vielleicht nahm Kleopatra den Kleinen mit nach Rom, um Caesars Gunst zu gewinnen, entweder schon 46 v. Chr. oder bei ihrer zweiten Reise 45 v. Chr. Auf jeden Fall gab Caesar ihr in Rom die Erlaubnis, dem Kind seinen Namen zu geben.56 Im Jahr 44 v. Chr. starb in Ägypten Caesarions Onkel Ptolemaios XIV., Kleopatras Bruder und Mitregent. Nach seinem Tod (der wunderbar in Kleopatras Pläne passte und uns schon deshalb verdächtig erscheinen muss) ernannte Kleopatra Caesarion zu ihrem Mitregenten. Wie alle ptolemäischen Herrscher war er zugleich ein griechischer König und der Pharao Ägyptens. Er trug traditionelle Pharaonentitel: „Erbe des Rettenden Gottes“, „Auserwählter des Ptah“, „Der, der im Auftrag des Re herrscht“, „Lebendes Abbild des Amun“.57 Wie seine Eltern wurde auch Caesarion zum Gott erklärt. Außerdem erhielt er in Anspielung auf Caesar den Titel „Vater und Mutter liebender Gott“. Als er dreizehn Jahre alt war, kam noch die hochtrabende Bezeichnung „König der Könige“ hinzu. Caesarion wuchs im luxuriösen Königspalast auf, wo es ihm zweifellos an nichts fehlte. Man kann sich vorstellen, wie er mal einen breitkrempigen makedonischen Hut, mal ein königliches Diadem oder die ägyptische Doppelkrone trug und sich je nach Anlass im traditionellen
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ägyptischen Rock kleidete oder in einer purpurn und golden gefärbten griechischen Chlamys. Zweifellos erhielt er eine ausgezeichnete Ausbildung. Die Qualität der Lehrkräfte am Königshof kann man daran ermessen, dass seine Halbgeschwister von Nikolaos von Damaskus unterrichtet wurden, einem bekannten Intellektuellen, Diplomaten und Schriftsteller, der später nacheinander Herodes und Augustus diente. Sicherlich erhielt Caesarion Lateinunterricht, denn wenn er sich später mit Rom auseinandersetzen musste, wären Lateinkenntnisse unerlässlich, zumal er offiziell der Sohn des berühmtesten Römers seiner Epoche war.58 Kleopatra war nicht gerade zurückhaltend, wenn es darum ging, Caesarion und seinen Vater zu feiern. In Alexandria ließ sie einen riesigen griechischen Tempel für Iulius Caesar errichten, das Kaisareion – sie scheute dafür keine Kosten. Es wurde für seine Kunstwerke, Bibliotheken und Statuen aus Gold und Silber bekannt. Im Niltal ließ sie einen ägyptischen Tempel bauen, der die Geburt von Caesarion verherrlichte. Und in die Rückwand des gewaltigen Hathor-Tempels, ebenfalls im Niltal, ließ sie ein riesiges Relief hauen, das sie und ihren Sohn bei Opferhandlungen zeigt (vgl. Farbtafel 8). Der Tempel, der Caesarions Geburt feierte, setzte den jungen Fürsten mit dem Gott Horus gleich. In der ägyptischen Mythologie rächt Horus den Mord an seinem Vater Osiris – ein nicht allzu subtiler Hinweis darauf, dass Caesarion eines Tages den Mord an seinem Vater Caesar rächen würde. Das brachte Octavian in eine unangenehme Lage, denn genau das, die Rache an den Caesarmördern, hatte er sich ebenfalls auf die Fahnen geschrieben. Irgendwann in den Monaten nach Actium absolvierte Caesarion eine wichtige Station im Erwachsenwerden: Mit 16 Jahren ließ Kleopatra ihn in das Ephebat aufnehmen, eine Organisation für junge Männer, die das kampffähige Alter erreichten.59 Es handelte sich um so etwas wie einen Mannbarkeitsritus, und es sollte die Untertanen an den Gedanken gewöh nen, dass Caesarion bereit war, allein als König zu regieren, falls seiner Mutter etwas zustoßen sollte. Zweifellos wird Kleopatra diesen Schritt so lange wie möglich aufgeschoben haben, denn solange Caesarion noch als Junge galt, konnte sie davon ausgehen, dass Octavian ihm nichts antun
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würde. Jetzt, mit sechzehn Jahren, war Caesarion jedoch definitiv kein Kind mehr, sodass Kleopatra wahrscheinlich zu dem Schluss kam, dass es unterm Strich besser war, ihn für volljährig erklären zu lassen. Ob er auch wirklich bereit war, Ägypten zu regieren, steht auf einem anderen Blatt. Gewiss kannte er sich bei Hofe aus, aber man kann sich schwerlich vorstellen, dass er eine Armee anführte, die einen Aufstand niederschlug, und eine Stadt gründete, wie Alexander der Große es mit sechzehn getan hatte. Auf jeden Fall wurde Caesarions Volljährigkeit groß gefeiert, mit einer ganzen Reihe von Festmählern und mit Geschenken für die Bevölkerung. Seit seiner Geburt bereitete man Caesarion darauf vor, dass einst ein bedeutender Mann aus ihm werden würde – ein Monarch wie seine Mutter oder ein Eroberer und Schriftsteller wie sein Vater. Sein Leben begann wie in einem Märchen, doch es endete wie in einer Tragödie.
Vereitelte Flucht Als sich Octavian im Sommer 30 v. Chr. Alexandria näherte, wurde Caesarion in Sicherheit gebracht. Seine Eltern hatten vorgemacht, wie man im richtigen Moment den taktischen Rückzug antritt: Caesar, als er aus Angst vor dem dictator Sulla Rom eine Weile den Rücken kehrte, und Kleopatra, als ihr Bruder sie aus Ägypten vertrieb. Sowohl Caesar als auch Kleopatra kamen gestärkt aus ihrem Exil zurück, und vielleicht träumte Caesarion von einem ähnlich fulminanten Comeback. Doch als Caesar vor Sulla floh, tat er das aus eigenem Antrieb – Caesarion wurde von seiner Mutter fortgeschickt. Sie ließ ihn das Niltal hinunter zu einem Hafen am Roten Meer bringen und gab ihren Helfern einen Teil des königlichen Schatzes mit, um etwaige Komplikationen aus der Welt zu schaffen. Sein Bestimmungsort war Indien. Vielleicht sah Kleopatras Plan vor, dass er in einem der Königreiche an der Westküste des Subkontinents Zuflucht fand, mit dessen Herrscher sie in Kontakt stand. Dort konnte Caesarion sich fürs Erste niederlassen und eines Tages vielleicht nach Ägypten zurückkehren. Vermutlich verließ Caesarion Alexandria schon, bevor Octavian am 1. August in die Stadt einzog. Man darf sich fragen, ob Kleopatra ihm einen tränenreichen Abschied bereitete. Anfang August ist in Ägypten
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die heißeste Zeit des Jahres, und Caesarion musste das milde Mittelmeerklima Alexandrias gegen die sengende Hitze der Wüste eintauschen. Aber er hatte keine Wahl. Caesarion hat das Ziel seiner Reise nie erreicht – warum, wissen wir nicht genau. Einigen Quellen zufolge wurde er unterwegs von Soldaten Octavians abgefangen und nach Alexandria zurückgebracht. Plutarch war das wohl zu prosaisch, er erzählt eine etwas elaboriertere Geschichte: Caesarions Hauslehrer, ein gewisser Rhodon, soll ihn überredet haben, nach Alexandria zurückzukehren, weil Octavian beschlossen habe, ihn zum König zu machen.60 Der Leser sollte wohl annehmen, dass Octavian eine entsprechende Nachricht schickte, um Caesarion in die Falle zu locken. Ob Rhodon Octavians Versprechen glaubte oder seinen Schüler vielleicht gegen eine Belohnung ans Messer lieferte, geht aus Plutarchs Schilderung nicht hervor. Aber falls Caesarion sich wirklich einfach so überreden ließ, zu seinem „Bruder“ Octavian – offiziell: Gaius Iulius Caesar – zurückzukehren, war der junge Mann naiver, als es seine Herkunft vermuten ließ. Man kann sich kaum vorstellen, dass der junge Caesar einen Hauslehrer benötigte. Oder dass die junge Kleopatra auf einen solchen gehört hätte.
Antyllus Octavian hatte nicht vor, Caesarion als König anzuerkennen, im Gegenteil. Stattdessen hatte er ihm das gleiche Schicksal zugedacht, das Caesarions Stiefbruder, der ältere von Antonius’ Söhnen mit Fulvia, ereilte. Dieser Junge hieß Marcus Antonius wie sein Vater, hörte aber auch auf seinen Spitznamen Antyllus. Er hatte mit seinem Vater in Alexandria gelebt, sein kleiner Bruder war in Rom geblieben. Einige Monate zuvor, als Caesarion ins Ephebat aufgenommen worden war, hatte Antyllus gerade die „Männertoga“ (toga virilis) angelegt – da war er wahrscheinlich fünfzehn Jahre alt. Mehrere Tage lang wurden in Alexandria Bankette und Feste abgehalten, um zu feiern, dass Antyllus nun nach römischem Recht volljährig war. Doch mit der ausgelassenen Stimmung war es bald vorbei. Octavian nutzte Antyllus’ Volljährigkeit als Vorwand, um ihn hinrichten zu lassen. Antyllus war mit Octavians Tochter Iulia verlobt worden, als
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die beiden noch Kinder waren, aber diese Verlobung war sicherlich längst aufgelöst. Octavian hatte mehrere Gründe dafür, so hart durchzugreifen. Antyllus hatte bei den Verhandlungen, mit denen Antonius nach Actium seine Macht retten wollte, als Vermittler gedient. Octavian hatte das Geld, das Antyllus ihm gebracht hatte, behalten und den Jungen ohne Gegenleistung zu seinem Vater zurückgeschickt. Er hatte seine Karriere darauf aufgebaut, dass er als Rächer seines Adoptivvaters auftrat. Vielleicht hatte er Angst, dass Antyllus, der nach römischem Recht Antonius’ Erbe war, sich seinerseits für den Tod seines Vaters rächen würde. Nicht zu vergessen, dass Antyllus nun rein rechtlich gesehen ein Mann war. Nach der brutalen Logik des Bürgerkriegs ergab es also durchaus Sinn, ihn hinzurichten. Antyllus wurde, wie vielleicht auch Caesarion, von seinem Hauslehrer verraten. Den Quellen zufolge suchte er in Alexandria entweder in einem Heiligtum Zuflucht, das Kleopatra für Antonius hatte errichten lassen, oder neben einer Statue von Iulius Caesar. Der Teenager flehte vergeblich um sein Leben. Octavians Schergen schlugen ihm den Kopf ab, und angeblich stahl sein Hauslehrer anschließend den Edelstein, den Antyllus als Anhänger um den Hals getragen hatte. Um ihn sicher aufzubewahren, nähte der Mann den Stein in seinen Gürtel ein. Als er des Diebstahls bezichtigt wurde, leugnete er alles, aber er wurde trotzdem verurteilt und entweder gekreuzigt oder gepfählt.61
„Zu viele Caesars“ Wie Caesarion hingerichtet wurde, ist nicht überliefert, wohl aber ein Wortspiel, das Octavian den Weg ebnete, seinen Widersacher zu ermorden. Zum Mord an Caesarion musste Octavian niemand überreden – seine gesamte Karriere war darauf ausgerichtet, Caesarion zu töten. Nur das würde ihm den Status als Sohn Caesars dauerhaft sichern. Für sein Image war es jedoch besser, wenn er verbreiten konnte, dass die Idee zu dieser Tat ein anderer gehabt hatte. Und wer eignete sich dafür besser als ein Grieche aus Alexandria? Und nicht irgendein Grieche, sondern ein Philosoph? Und nicht irgendein Philosoph, sondern Areios, der bei Octa-
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vians Einzug in Alexandria eine so wichtige Rolle gespielt hatte? Ja, Areios war genau der Richtige für diese „Aufgabe“. Er sei es gewesen, hieß es also hinterher, der Octavian geraten habe, Caesarion hinrichten zu lassen, und zwar mithilfe eines elegant-ironischen Ausspruchs, den selbst die Alexandriner, die sich mit Humor auskannten, bewundert hätten – wäre das Opfer nicht ihr König gewesen.62 In der Ilias, die allen gebildeten Griechen bestens bekannt war, warnt der weise Odysseus die Rebellen in seinem Heer, dass es „nicht gut ist, zu viele Könige zu haben“ (ouk agathón polykoiraníē). In Anspielung auf diesen Vers riet der Philosoph Areios Octavian, dass es „nicht gut ist, zu viele Caesars zu haben“ (ouk agathón polykaisaríē)“. Nur zwei Buchstaben musste er dazu ändern. Und so wurde der letzte griechische König von Ägypten quasi mit dem Segen Homers getötet. Als Sohn von Iulius Caesar war er zugleich der erste römische König Ägyptens gewesen. Kleopatra war am 10. August gestorben. Achtzehn Tage lang hatte Caesarion Ägypten als alleiniger König regiert, falls man einer antiken Quelle glauben darf.63 Am 29. August verkündete Octavian die Annexion Ägyptens. Von nun an gehörte das Land zu Rom. Genauer gesagt gehörte es Octavian, denn er beanspruchte Ägypten als seinen persönlichen Besitz. Gut möglich, dass Octavian Caesarion ein königliches Begräbnis gewährte. Immerhin war Caesarion Pharao gewesen, und Octavian war stets darauf bedacht, die Ägypter und insbesondere ihre obersten Priester nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen. Octavian wurde von den ägyptischen Priestern nun zum neuen Pharao ernannt, auch wenn weder er noch die römischen Kaiser, die ihm nachfolgten, diesen Titel jemals selbst für sich beanspruchten. Ägypten war drei Jahrtausende lang von Königen regiert worden. In gewisser Weise erscheint es nur logisch, dass der letzte Mann, der auf dem Thron von Cheops, Thutmosis und Ramses saß, der Sohn von Iulius Caesar war. Die drei Kinder von Antonius und Kleopatra ließ Octavian am Leben und nahm sie mit zurück nach Rom.
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Das Grab Alexanders des Großen Alexandria war eine Stadt der Könige, und ihr königlichster Ort war das Grab Alexanders. Natürlich war da noch der Königspalast, aber das Grabmal war zugleich ein Heldenschrein und eine heilige Stätte. So wie damals Alexander in Troja das Grab des Achilleus (bzw. eben das, was man dafür hielt) besucht hatte, so stattete Octavian nun dem Grab Alexanders in Alexandria einen Besuch ab, und er nahm dieses Ereignis zum Anlass zu demonstrieren, dass das Römische Reich einen neuen Helden hatte. Er erwies der Mumie Alexanders seinen Respekt, indem er ihr eine goldene Krone aufsetzte und sie mit Blumen bestreute. Aber angeblich betrachtete Octavian die Mumie nicht nur, sondern berührte sie auch, wobei er aus Versehen ein Stück der Nase abbrach.64 So eine Geschichte hätte wohl nicht einmal Sigmund Freud zu erzählen gewagt. Octavian stand kurz vor seinem 31. Geburtstag und war damit genauso alt wie Alexander zum Zeitpunkt seines Todes. Dass er ihm versehentlich ein Stück der Nase abbrach, konnte nichts anderes bedeuten, als dass Octavian noch bedeutender war als der legendärste Eroberer des Mittelmeerraums. Dieser Vorfall ist von einer so deutlichen Symbolik, dass man schwerlich glauben kann, dass er wirklich passiert ist. Doch das war noch nicht alles. Octavians Gastgeber wollten ihm gerne die sterblichen Überreste der ptolemäischen Könige zeigen, die in der Nähe von Alexander ruhten. Nur Alexander war einbalsamiert worden; seine Nachfolger hatte man eingeäschert und in Urnen beigesetzt. Octavian schlug die Einladung aus. Es war unter seiner Würde als römischer Konsul – ein Amt, das er 30 v. Chr. zum vierten Mal innehatte – und als Imperator, einer Gruppe von Menschen seine Aufwartung zu machen, die er als minderwertig ansah. Schließlich waren einige der Ptolemäer Klientelkönige Roms gewesen. Zur Begründung sagte Octavian: „Ich wollte einen König besuchen, keine Leichen.“65 Ganz ähnlich reagierte Octavian, als man ihn einlud, den heiligen ApisStier zu besuchen, der in Memphis, der alten Hauptstadt am Nil, verehrt wurde. Apis galt als eine Art Stellvertreter des Schöpfergottes. Wieder lehnte Octavian die Bitte ab – er huldige Göttern und nicht Vieh.
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Uns hätte es vielleicht besser gefallen, wäre der Grundstein des römischen Kaiserreichs in Rom gelegt worden. Schließlich ist Rom die Ewige Stadt und war schon in der Antike als solche bekannt, und die Gründung des Kaiserreichs war der erste Schritt auf dem Weg zum modernen Europa. Doch in Wirklichkeit wurde dieses Reich in Alexandria gegründet. Heute ist Alexandria nach Kairo die zweitgrößte Stadt Ägyptens. Sie ist seit Langem Teil der islamischen Welt (arabische Armeen eroberten Alexandria im Jahr 641) und scheint weit weg vom Westen, den Rom gewissermaßen nach wie vor repräsentiert. Doch zu jener Zeit war Alexandria eine der Metropolen überhaupt und die kulturelle Hauptstadt des Mittelmeerraums. Was damals niemand ahnen konnte: Wenige Jahrhunderte später sollte das Christentum im kulturellen Schmelztiegel Alexandrias in eine neue Phase treten. Hier wurde ein Großteil der frühchristlichen Theologie ausgearbeitet, und von hier aus verbreitete sich das Mönchtum, in Ägypten erfunden, im Rest der christlichen Welt. Von daher spielte Alexandria bei der Entstehung der westlichen Kultur eine ebenso große Rolle wie Rom oder Jerusalem. Kurzum, die Stadt war im Rückblick die ideale Bühne dafür, dem neuen Herrscher die Schlüssel zum Königreich auszuhändigen. Der August 30 v. Chr. war einer der folgenreichsten Monate der Weltgeschichte. Gleich am ersten Tag jenes Monats starb Antonius, und Octavian zog in Alexandria ein. Am 10. August beging Kleopatra Suizid, und gegen Ende des Monats wurde Caesarion ermordet. Am 29. August verkündete Octavian die Annexion Ägyptens – ausgerechnet am ägyptischen Neujahrstag, sodass die Herrschaft Octavians mit dem Beginn eines neuen Jahres zusammenfiel.66 In Rom datierte der Senat die Annexion auf seinen Einzug in die Stadt am 1. August zurück und erklärte den Tag zum Feiertag, weil Octavian „große Gefahr von der Republik abgewendet“ habe.67 Die Annexion Ägyptens durch Octavian bedeutete das Ende der 300 Jahre währenden ptolemäischen Dynastie, aber sie war zugleich das Ende von etwas viel Größerem: der 3000-jährigen Geschichte des ägyptischen Königtums. Und sie markierte den Beginn des römischen Kaiserreichs und bedeutete somit nichts weniger als den Grundstein der moder-
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nen westlichen Welt. Die römischen Provinzen wurden traditionell von Senatoren regiert, aber Ägypten war keine x-beliebige Provinz. Um von vornherein zu verhindern, dass der Senat das Land in die Finger bekam, unterstellte Octavian es einem römischen Ritter, und zum ersten Statthalter bestimmte er Gallus, den General und Poeten, der sich bei der Eroberung Ägyptens so verdient gemacht hatte, weil er Antonius mit Waffen und Kleopatra mit Lügen besiegt hatte. Kurz nachdem er diese Personalie verkündet hatte, stach Octavian in See und nahm Kurs auf Italien. In der Antike hatte jedes Anrainervolk seinen eigenen Namen für das Mittelmeer. Für die Phönizier war es das Große Meer. Für die Ägypter war es das Große Grün. Für die Griechen war es das Meer in der Mitte des Landes (eine Bezeichnung, von der unsere Begriffe „Mittelmeer“ und „mediterran“ stammen). Für die Karthager war es das Syrische Meer. Aber bei den Römern war das Mittelmeer von 30 v. Chr. an fünf Jahrhunderte lang, also bis zum Untergang ihres Reiches im Westen, einfach nur das mare nostrum – „unser Meer“. Es gibt kaum einen Ausdruck, der die Arroganz eines Imperiums, das die ganze Welt als sein Eigentum betrachtete, jemals besser zum Ausdruck brachte als dieser.
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Kapitel 17
Der Triumphzug Rom, August 29 bis Januar 27 v. Chr. In der Nacht zum 12. August 29 v. Chr. befand sich ganz Rom im Taumel der Vorfreude: Nach zweieinhalb Jahren Abwesenheit würde Octavian endlich wieder nach Hause kommen! Er und Tausende seiner Soldaten hatten sich bereits vor den Mauern der Stadt versammelt. Am nächsten Morgen würden sie durch die von jubelnden Menschen gesäumten Straßen der Stadt marschieren, vorbei am Circus Maximus und dann auf der Via Sacra über das Forum bis zum Kapitolinischen Tempel, wo sie Jupiter ein Opfer darbringen würden. Diese Prozession, der Triumphzug, markierte bei den Römern traditionell den Abschluss eines siegreichen Feldzugs. Das Privileg, einen solchen Triumph zu feiern, verlieh der Senat per Abstimmung nur ganz besonders erfolgreichen Feldherren. Und Octavian wurden gleich drei solche Prozessionen gewährt – eine seltene Auszeichnung, und er feierte sie auf noch nie dagewesene Weise, nämlich mit drei aufeinander folgenden ganztägigen Zeremonien: Am ersten Tag feierte er den erfolgreichen Illyrienfeldzug (35–33 v. Chr.), am zweiten Tag seinen Sieg im Ptolemäischen Krieg (32/31 v. Chr.) und am dritten Tag die Unterwerfung Ägyptens (30 v. Chr.). Mit dieser aufwendigen Feierei wollte Octavian den Römern demonstrieren, was für ein großer Sieger er war. Dass er den Bürgerkrieg gewonnen hatte. Dass er der erste Mann in Rom war. Dass er dem Römischen Reich neue Gebiete hinzugefügt hatte. Dass er nun der Herr der Welt war. Außerdem nutzte er den Anlass, um seinen Sieg über Antonius zu feiern; das Dilemma, dass er damit nicht zugleich daran erinnern wollte, dass er gegen römische Bürger gekämpft hatte, löste er, indem er Antonius mit keinem Wort erwähnte, den Triumph von Actium zwischen
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Illyrien und Alexandria einfügte und an allen drei Tagen Beute aus Alexandria präsentieren ließ. Die Welt sollte durchaus sehen, was für eine immense Leistung es gewesen war, den Ptolemäischen Krieg zu gewinnen.68 Obwohl es jede Menge Studien zu diesem Thema gibt, ist es immer noch schwer, den genauen Ablauf eines typischen römischen Triumphzugs zu rekonstruieren. Die Forschung ist sich nicht einmal sicher, ob es so etwas wie einen typischen Triumphzug überhaupt gab. Informationen über die Abfolge der Ereignisse an den einzelnen Tagen im Jahr 29 v. Chr. finden sich sowohl in literarischen Quellen als auch – besonders anschaulich – auf einem Fries, der den Altar von Augustus’ Siegesdenkmal in Nikopolis schmückte, das zwischen 29 und 27 v. Chr. errichtet wurde. Allerdings ist diese Darstellung wahrscheinlich idealisiert und sollte entsprechend kritisch betrachtet werden. Dem Fries zufolge begann die Prozession mit Musikern. Danach folgte ein Schiff auf Rädern, vermutlich eine vom Feind erbeutete Galeere, anschließend kamen Stiere, die später geopfert wurden, und Diener mit Tragbahren, auf denen Trophäen, Kriegsbeute, Kriegsgefangene und Gemälde mit Szenen aus dem Krieg zu sehen waren.69 Ein weiteres Relief aus jener Zeit, das aus einem römischen Tempel stammt,70 zeigt vermutlich ebenfalls eine Szene aus einem Tag von Octavians dreifachem Triumph: zwei Gefangene, die barfuß und mit gesenktem Blick auf einer Trage sitzen; sie sind mit Tuniken bekleidet und haben die Hände auf dem Rücken gefesselt; zwischen ihnen ist eine erbeutete Rüstung zu sehen (vgl. Farbtafel 15). Als Nächstes kamen die lorbeerbekränzten Liktoren, Amtsdiener des Konsuls (der auch 29 v. Chr. wieder Octavian war). Sie trugen die fasces, die Liktoren- oder Rutenbündel, Symbole der Macht eines r ömischen Magistrats. Octavian nahm ebenfalls an der Prozession teil, aber mögli cherweise nur ein einziges Mal, nämlich am dritten, also letzten Tag: Er fuhr auf einem Wagen, der von vier Pferden gezogen wurde und mit Akanthusblättern und korinthischen Säulen bemalt, vielleicht sogar mit Gold und Elfenbein verziert war. Octavian trug die umsäumte Tunika und die purpurne Toga des Triumphators. Sein Gesicht war rot angemalt. Er hielt einen Lorbeerzweig in der einen und ein Zepter in der anderen Hand, seinen Kopf schmückte ein Lorbeerkranz. Von einer weiteren Per-
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son, die normalerweise an einem Triumphzug teilnahm, findet sich diesmal in den Quellen keine Spur: einem Staatsdiener, der einen goldenen Kranz über den Kopf des Triumphators hielt und angeblich die Aufgabe hatte, ihm von Zeit zu Zeit ins Ohr zu flüstern: „Vergiss nicht, dass du sterblich bist!“ Laut literarischen Quellen wurde Octavian von zwei jungen Männern seiner Familie begleitet: Zu seiner Linken ritt Tiberius, der ältere Sohn seiner Frau Livia aus erster Ehe, zu seiner Rechten Marcellus, der Sohn seiner Schwester Octavia aus erster Ehe.71 Zwei jüngere Kinder fuhren mit Octavian auf dem Wagen mit, wahrscheinlich Iulia, seine Tochter aus erster Ehe, und Drusus, Livias jüngerer Sohn aus erster Ehe.72 Hinter Octavian folgten der zweite Konsul, die Magistrate und die Senatoren, die Anteil am Sieg gehabt hatten, darunter zweifellos auch Agrippa (vgl. Farbtafel 16). Normalerweise führten der Konsul und die Magistrate die Prozession an, doch diesmal gingen sie hinter dem Triumphator.73 Allerdings war das wohl keine Zurücksetzung, da so viele Senatoren (darunter auch einige Magistrate) am Actium-Feldzug teilgenommen hatten, wenn auch nicht ganz freiwillig. Dennoch symbolisierte die Reihenfolge der Prozessionsteilnehmer die neuen Machtverhältnisse in Rom: Octavian kam zuerst. Als Letztes marschierten die lorbeerbekränzten Soldaten, die „Triumph! Triumph!“ skandierten und spöttische, nicht selten obszöne Lieder über ihren Feldherrn sangen. Am ersten Tag ließ Octavian den erfolgreich abgeschlossenen Illyrienfeldzug feiern. Welche Gefangenen und welche Beute dabei genau zur Schau gestellt wurden, wissen wir nicht. Am zweiten Tag wurden die Siege des Actium-Feldzugs gewürdigt. Um zu verschleiern, dass es sich um einen Bürgerkrieg gehandelt hatte, wurden in der Parade keine Gemälde von Antonius oder anderen römischen Gegnern gezeigt. Es war allerdings auch keines von Kleopatra zu sehen – das hob sich Octavian für den dritten Tag auf. Stattdessen wurden dem Volk zwei weniger bedeutende verbündete Könige präsentiert – die einflussreicheren hatte Octavian alle begnadigt: Der erste, Adiatorix, der Herrscher eines kleinen Königreichs im Norden Kleinasiens am Schwarzen Meer, musste zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in der Parade mit-
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marschieren.74 Kurz vor der Schlacht bei Actium hatte er einen erfolgreichen nächtlichen Überfall auf Octavians Lager angeführt, bei dem einige von Octavians Soldaten getötet worden waren. Adiatorix hatte noch versucht, die Schuld auf Antonius zu schieben, doch er hatte Octavian nicht überzeugen können. Nach dem Triumphzug wurden er und einer seiner Söhne hingerichtet. Der zweite König war Alexander von Emesa (Homs in Syrien).75 Im Vorfeld von Actium hatte er Antonius verraten, dass sein Bruder Iamblichos, der damalige König, zum Feind überlaufen wollte. Antonius hatte Iamblichos anschließend foltern und töten lassen und Alexander auf dessen Thron gesetzt. Nun ließ Octavian Alexander in seinem Triumphzug mitmarschieren und anschließend ebenfalls hinrichten. Auch wenn beim Triumphzug jeder Hinweis auf Antonius fehlte – das Ergebnis der Seeschlacht von Actium wurde keineswegs verschwiegen. Wie erwähnt, zeigt der Fries von Nikopolis ein erbeutetes Kriegsschiff, das auf Rädern im Triumphzug mitgeführt wurde. Der Dichter Properz behauptet, dass die Rammsporne (rostra) der erbeuteten Schiffe zur Schau gestellt wurden,76 aber dieses Wort könnte auch als Pars pro Toto für komplette Schiffe stehen. Zumindest wurden die Rammsporne später auf Befehl des Senats an der Fassade des Tempels des vergöttlichten Iulius (Divus Iulius) befestigt.77 Die drei Triumphzüge waren ein prächtiges Spektakel. Vergil verewigte sie in der Aeneis: Aber in drei Triumphen durchzog Augustus die Mauern Romas und weihte zum ewigen Dank den italischen Göttern rings in den Räumen der Stadt dreihundert gewaltige Tempel. Jubel und Spiel und Freudenruf durchtönten die Gassen; jedem Tempel sind Chöre von Frau’n und jedem Altäre, um die Altäre gehäuft geschlachtete Farren geweihet.78 Der dritte und letzte Tag stellte alles in den Schatten: der Triumphzug für die Einnahme Alexandrias. Die Zuschauer wussten gar nicht, worüber sie mehr staunen sollten – über die immensen Reichtümer Ägyptens,
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über die große Statue, die den Nil repräsentierte, oder über die Nashörner und Flusspferde, die die Via Sacra hinuntertrotteten. Doch den beeindruckendsten Anblick bot die ptolemäische Königsfamilie. Vor Octavians Wagen marschierten die beiden älteren Kinder von Antonius und Kleopatra, die elfjährigen Zwillinge Alexander Helios und Kleopatra Selene.79 Eventuell durften sie auch auf einer Trage sitzen. Wir wissen nicht, was aus ihrem kleinen Bruder wurde, dem siebenjährigen Ptolemaios Philadelphos. Vielleicht haben die Quellen ihn schlicht übersehen, vielleicht blieb ihm der Triumphzug erspart, weil er noch so klein war, vielleicht waren Exil und Gefangenschaft aber auch zu viel für den Jungen gewesen, und er war an den Strapazen gestorben. Sicher werden die Kinder an ihre Mutter gedacht haben, die fast genau ein Jahr zuvor gestorben war. Auch Kleopatra war in gewisser Weise Teil des Triumphzugs, in Form entweder eines Gemäldes oder einer Statue. Hatte Octavians Kriegspropaganda sie bislang zur zänkischen Xanthippe stilisiert, wurde sie nun zur tragischen Verliererin: Die Darstellung zeigte sie beim Suizid, mit zwei Schlangen an ihren Armen. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass auch ein Bildnis von Caesarion zu sehen war. Gewiss wollte Octavian dafür sorgen, dass sein Rivale um den Titel als Sohn Caesars möglichst schnell in Vergessenheit geriet. Der dreifache Triumph war ein wichtiger Moment für Octavian, denn er markierte nicht nur seine Siege, sondern auch das Ende des Bürgerkriegs. Zum ersten Mal seit fünfzehn Jahren, seit der Ermordung von Iulius Caesar 44 v. Chr., herrschte Frieden im Rom. Schon 30 v. Chr. hatte der Senat beschlossen, die Tore des Janustempels auf dem Forum Romanum zu schließen, aber möglicherweise hatte man sich den eigentlichen physischen Akt für die Triumphzüge aufgespart. Die Tore dieses Heiligtums standen traditionell in Kriegszeiten (also meistens) offen; dass sie zum Zeichen des Friedens geschlossen wurden, kam extrem selten vor. Die Triumphzüge vermittelten aber noch eine andere Botschaft. Aus den Bürgerkriegen war ein einzelner Mann als Sieger hervorgegangen: Octavian. In der Prozession folgten die Magistrate Roms ihm und nicht umgekehrt. Sein Antlitz war auf jeder Münze abgebildet. Sein überdimensionales Mausoleum auf dem Marsfeld vor den Mauern Roms über-
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ragte alle anderen Gebäude der Stadt. Er war der einzige lebende Sohn des vergöttlichten Caesar, dessen Namen er trug. Octavian erlaubte seinen Veteranen, sich „Actium-Kämpfer“ (Actiaci) zu nennen, aber das Land, das sie als Lohn für ihren Dienst erhielten, lag in Norditalien, weit weg von der Hauptstadt. Er errichtete ein prächtiges Siegesdenkmal für Actium, aber nicht in Rom, sondern in Nikopolis in Griechenland. Für Rom hatte er sich ein etwas bescheideneres Denkmal ausgedacht, einen Triumphbogen am Rand des Forums, wobei nicht einmal das gesichert ist – manche Forscher bezweifeln, dass dieses Bauwerk überhaupt existierte. Falls doch, dann ließ Octavian es rund zehn Jahre später umbauen und einem anderen Thema widmen. Im Jahr 2 v. Chr. ließ Octavian anlässlich der Einweihung eines Tempels in Rom eine Seeschlacht nachstellen, in einem speziell für solche Veranstaltungen gebauten Wasserbecken am Ufer des Tibers. Doch bei dieser Schlacht handelte es sich nicht etwa um Actium, sondern um die Seeschlacht von Salamis zwischen Griechen und Persern aus dem Jahr 480 v. Chr. Es scheint fast, als sei Actium auch dreißig Jahre später noch ein heikles Thema gewesen. Die Kleopatra-Statue durfte beim Tempel der Ahnenmutter Venus, wo Iulius Caesar sie hatte aufstellen lassen, stehen bleiben. Die Bildnisse von Antonius wurden weitgehend zerstört. Wenn man sich an ihn erinnerte, dann meist mit negativer Konnotation. Beispielsweise wurde sein Geburtstag, der 14. Januar, den Tagen zugerechnet, an denen keine Gerichtsverhandlungen oder Versammlungen abgehalten werden durften. Auch wenn alle anderen Geschäfte wie gewohnt weiterliefen, galten diese Tage dem gemeinen Volk als Unglückstage. Doch bei den Siegesfeierlichkeiten im August 29 v. Chr. war kein Platz für solche negativen Gedanken. Und die Feierei war mit dem dritten Triumphzug noch nicht vorbei: Noch im selben Monat weihte Octavian Roms neues Senatsgebäude ein, die nach der Familie von Iulius Caesar benannte Curia Iulia, und den Tempel des vergöttlichten Iulius. Auf dieses Ereignis folgten tagelange spektakuläre öffentliche Spiele und Bankette. Für das Senatsgebäude stiftete Octavian einen Altar und eine geflügelte Statue der Siegesgöttin Victoria; den Innenraum ließ er mit Beutestücken
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aus Ägypten dekorieren. Man konnte den Eindruck gewinnen, so Cassius Dio, Octavian wollte damit zum Ausdruck bringen, dass er seine politische Autorität einem militärischen Sieg zu verdanken hatte.80 Der Tempel war ebenfalls mit Objekten aus Ägypten ausgestattet. Dazu zählte möglicherweise ein Meisterwerk der griechischen Malerei, das die dem Meer entsteigende Venus zeigte, Caesars Schutzgöttin und angebliche Vorfahrin. Neben dem eigentlichen Tempelgebäude umfasste das Areal eine rechteckige Plattform, deren Vorderseite mit den Rammspornen der bei Actium erbeuteten Schiffe verziert wurde. Sie symbolisierten die Zustim mung der Götter zur neuen Ordnung. Auch wenn die Siege bei Actium und in Alexandria nicht per se zur Gründung des römischen Kaisertums führten, verschafften sie Octavian doch die Gelegenheit, den Staat umzustrukturieren. Schon vor Actium hatte er sich Gedanken darüber gemacht, was für eine Art Regierung ihm vorschwebte. Jetzt hatte er genug Zeit und Geld, sich um die Details zu kümmern. Es war der Beginn eines langwierigen Prozesses.
Aus Octavian wird Augustus Nachdem er Antonius und Kleopatra besiegt hatte, stand Octavian nun vor einer Herausforderung ganz anderer Art. Nach einem ganzen Jahrhundert voller Kriege und Aufstände musste er das politische System Roms stabilisieren, und zwar so, dass er zwar selbst am Ruder war, aber nicht Gefahr lief, wie Iulius Caesar von einer Horde Messerstecher zu Fall gebracht zu werden. Das System, das er ausarbeitete, war nominell eine Republik, die von ihrem „ersten Bürger“ regiert wurde. In Wirklichkeit war es eine Monarchie. Octavian passte die traditionelle römische Verfassung und die mit ihr zusammenhängenden Abläufe an die neuen Gegebenheiten an. Der Senat blieb bestehen, doch er – ehemals das Machtzentrum des Imperiums – verkam zu einem bloßen Sondierungsgremium und Rekrutierungsfeld für zuverlässige Beamte. Magistrate gab es auch weiterhin, doch sie wurden von jetzt an nicht mehr vom Volk gewählt, sondern von Octavian persönlich bestimmt. Rom war weiterhin ein Rechtsstaat, aber aus rein praktischen Gründen stand Octavian über dem Gesetz.
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Etwa ein Jahr später beschloss er, dass ihm die Ehrentitel „Imperator“ und „Sohn eines Gottes“ nicht mehr ausreichten. Und so stimmte der Senat am 16. Januar 27 v. Chr. dafür, Octavian einen weiteren Ehrentitel zu geben: Augustus („Erhabener“). So wird er heute meistens bezeichnet, zumindest wenn es um seine lange Regierungszeit von 27 v. Chr. bis 14 n. Chr. geht. Für die damalige Zeit war der Name Augustus ein Novum, um nicht zu sagen ein Schock. Kein Römer hatte jemals zuvor eine solche Bezeichnung getragen. Der Senator, der diesen Antrag stellte, war Lucius Munatius Plancus, der 32 v. Chr. mit der Nachricht von Antonius’ angeblichem Testament zu Octavian übergelaufen war. Davor hatte er Seite an Seite mit Antonius an Kleopatras Hof in Alexandria gefeiert. Jetzt war Plancus älter und besonnener. Sicherlich hatte er mit Octavian abgesprochen, dass er diesen Antrag stellen würde. Drei Tage zuvor, am 13. Januar, hatte Octavian angekündigt, dass er von sämtlichen Befugnissen zurücktreten werde.81 Allen Beteiligten war klar, dass das nicht ernst gemeint war und dass er mit seinen 35 Jahren als Herrscher noch lange nicht am Ende war. Tatsächlich war das Ganze ein sorgfältig inszenierter Vorgang, denn als Nächstes bat er den Senat, ihm offiziell die Befugnisse eines Volkstribuns, das heißt, Gesetze vorzuschlagen und Vetos einzulegen, und den militärischen Oberbefehl in Rom und in den Provinzen zu übertragen. Der Senat stimmte zu, was zweifellos kaum mehr als eine Formsache war – doch damit war Augustus’ Alleinherrschaft auf eine rechtliche Grundlage gestellt. Und der Kreislauf von Krieg und Gewalt war durchbrochen. Dennoch beruhte das Ansehen von Augustus (wie wir ihn im Folgenden nennen werden) in Rom nicht bloß auf seinen diversen politischen und militärischen Befugnissen. Es war auch und gerade eine Frage dessen, was die Römer auctoritas nannten und was nicht nur „Autorität“ bedeutet, sondern ebenso „Prestige“, „Respekt“ und die Fähigkeit, Ehrfurcht zu wecken. Augustus hatte, was Macht anging, das für Römer typische Fingerspitzengefühl. Ihm war klar, dass erfolgreiche Regimes die Opposition nicht lediglich unterdrücken, sondern dass sie versuchen, sie auf ihre Seite zu ziehen. Dementsprechend gewährte Augustus den Sena-
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toren ein gewisses Maß an Einfluss und Ehre. Allerdings wandten er und seine Nachfolger sich zunehmend anderen Wohlhabenden zu, die bislang in ihrem Einfluss knapp hinter den Senatoren rangierten: den römischen Rittern. Dass nun immer öfter Ritter als Befehlshaber und Verwaltungsbeamte eingesetzt wurden, gefiel dem Senat gar nicht. Augustus blieb nicht allzu lange in der Hauptstadt. In den zehn Jahren, nachdem er 29 v. Chr. aus den Bürgerkriegen zurückgekehrt war, reiste er auf diversen militärischen und politischen Missionen quer durchs Imperium. Bis Hadrian, der von 117 bis 138 n. Chr. regierte, verbrachte kein römischer Kaiser so viel Zeit außerhalb Italiens. Dabei besuchte Augustus auch den Osten des Römischen Reichs, doch nach Ägypten kehrte er nie wieder zurück. Es war und blieb das Land seiner Feinde. Auf dem Papier war Rom immer noch eine Republik und Augustus lediglich ein Beamter, der auf Wunsch des S.P.Q.R. (senatus populusque Romanus = Senat und Volk von Rom) erweiterte Befugnisse ausübte. In der Praxis war Augustus ein Monarch, aber als solcher hätte er sich selbst nie bezeichnet, zumindest nicht in Rom. Im griechischsprachigen Osten wurde er oft „König“ genannt, aber in der Hauptstadt war diese Bezeichnung tabu. Zumal er genügend andere Titel hatte, allen voran Caesar, Augustus und Princeps („erster Mann“). Unser Wort „Kaiser“ ist direkt vom lateinischen Caesar abgeleitet. Unter Augustus wurde der Beiname seines Adoptivvaters Gaius Iulius zum Synonym für den Alleinherrscher Roms, weshalb wir die römischen Kaiser auch als „Caesaren“ bezeichnen. Aber rein technisch gesehen, war „Caesar“ zu diesem Zeitpunkt nur eben das: ein römischer Beiname, von dem wir heute nicht einmal genau wissen, was er im Wortsinn bedeutete. Da Augustus genau wusste, dass der Geist der republikanischen Freiheit weiterlebte, versuchte er seine Machtfülle, so gut es ging, zu verschleiern. Er wohnte in einem Haus auf dem Palatin in Rom, im Gegensatz zu seinen Nachfolgern, die sich dort prächtige Paläste bauten, in relativ bescheidenen Verhältnissen. Allerdings wirklich nur relativ, immerhin gehörte zu seinem Anwesen unter anderem ein Apollo-Tempel. Der Palatin, bisher bereits ein Wohnviertel für wohlhabende Familien, wurde später zum exklusiven Domizil für den Kaiser und seine Höflinge. Wenn Augus-
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tus vom Palatin zum Forum hinunterging, um an einer Senatssitzung teilzunehmen, begrüßte er jeden einzelnen Senator mit Namen, ohne dass ihm jemand zuflüstern musste, mit wem er es zu tun hatte. Er verlangte von den Senatoren auch nicht, dass sie sich von ihren Plätzen erhoben, wenn er den Saal betrat. Augustus hatte sein ehrgeiziges Ziel, das er sich mit neunzehn Jahren gesetzt hatte, erreicht. Endlich besaß er die Machtfülle und den Ruhm von Iulius Caesar. Aber er hatte fünfzehn Jahre dafür gebraucht, und es hatte viel Blut und viel Geld gekostet. Wenigstens hatte er im Laufe dieses Prozesses gelernt, wie man einen dauerhaften und stabilen Frieden aufbaut. Er wählte seine Berater mit Bedacht. Keiner hat mehr dazu beigetragen, dass Augustus seine Vision in die Tat umsetzen konnte, als sein guter alter Freund Marcus Agrippa. War er bislang vor allem als begabter Admiral aufgefallen, erwies sich Agrippa nun als ebenso fähiger Politiker und Diplomat. Im In- und Ausland war er als Problemlöser, Manager, Baumeister und, wenn nötig, Vollstrecker tätig. Er verhandelte mit Senatoren und Königen und sponserte große Infrastrukturprogramme. Agrippa fehlte es nicht an persönlichem Ehrgeiz, aber an erster Stelle stand für ihn immer seine Loyalität gegenüber Augustus. In Anspielung auf Agrippas Gerissenheit und seinen sozialen Aufstieg nennt der Dichter Horaz ihn einen „schlauen Fuchs, der einen edlen Löwen imitiert“.82
Pax Romana Römische Bürgerkriege liefen immer nach demselben Muster ab: Erst kam das Blutvergießen, dann die Einigung. Die meisten Feldherren verstanden sich besser darauf, Krieg zu führen, als einen dauerhaften Frieden zu wahren, aber Augustus war die Ausnahme von der Regel, und der kaltblütige Killer wuchs mit seinen Aufgaben. Von 44 bis 30 v. Chr. hatte er gekämpft, gelogen, betrogen und das Gesetz mit Füßen getreten. Man schätzt, dass er über hundert Senatoren töten ließ. Doch nachdem Augustus alle seine Feinde im Inland besiegt hatte, sorgte er dafür, dass im Imperium Frieden herrschte. Die militärische Expansion ging zwar weiter, aber dabei wurde ausschließlich gegen ausländische Feinde gekämpft, niemals gegen Römer. Doch so milde er
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auch wurde, Augustus war sich stets bewusst, dass seine Herrschaft auf militärischer Stärke beruhte. Der Sieg bei Actium hatte Frieden gebracht. Augustus entließ etwa die Hälfte seiner Legionen. Die Reichtümer Ägyptens ermöglichten es ihm, in Italien und anderswo im Römischen Reich Land zu kaufen, um neue Kolonien für seine Veteranen einzurichten. Als diese Reichtümer ab 6 n. Chr. langsam zur Neige gingen, ging er dazu über, die Reichen zu besteuern. Enteignungen zugunsten von Veteranen, wie es sie 46, 45 und 41 v. Chr. gegeben hatte, kamen nicht mehr vor. Augustus gelang es somit, eine der größten Ursachen für Konflikte in Rom zu beseitigen: den Streit um Grundbesitz. Er reduzierte die Größe des römischen Heeres von über 60 auf 28 Legionen. Die Gesamtstärke des Militärs einschließlich leichter Infanterie und Kavallerie betrug von nun an etwa 300 000 Mann. Augustus beendete also das Jahrhundert der Bürgerkriege und legte den Grundstein für 200 Jahre Frieden und Wohlstand: die berühmte pax Romana. Während dieses „Römischen Friedens“ blühte der Handel. Die billigste Art, Waren zu transportieren, war der Seeweg, und dank Agrippas Siegen beherrschte Rom die Meere, Piraterie kam praktisch nicht mehr vor. Rom war ein riesiger Markt für Getreideimporte, aber man handelte auch mit vielen anderen Waren. Stabilität und die Sicherheit durch das römische Recht förderten den Geldverleih. Die Verringerung der Truppenstärke und das Ausbleiben großer Kriege sorgten dafür, dass die Steuerlast gesenkt werden konnte. Kurzum, die Zeichen der Zeit standen auf Frieden und Wohlstand. Niemand ahnte, dass Actium die letzte große Seeschlacht im Mittelmeer für dreieinhalb Jahrhunderte gewesen war. Erst im Jahr 324 n. Chr. kam es wieder zu einem nennenswerten Zusammenstoß feindlicher Kriegsschiffe, am Hellespont, als der weströmische Kaiser Konstantin I. um die Kontrolle über den Osten rang. Wenn man es ganz genau nimmt, ist der Hellespont (die Dardanellen) als Meerenge zwischen Ägäis und Marmarameer gar nicht wirklich Teil des Mittelmeers. Wer es so sieht, wird, was die nächste große Seeschlacht im Mittelmeer nach Actium anbe langt, sogar erst im Jahr 468 n. Chr. fündig, als eine vandalische Flotte
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in der Schlacht bei Kap Bon (vor der Küste Tunesiens) eine oströmische Armada vernichtete und damit zum Untergang des Weströmischen Reiches beitrug. Augustus hörte, wie schon angedeutet, nicht damit auf, die Grenzen des Römischen Reiches zu erweitern – ganz im Gegenteil. Die Römer erwarteten von ihren Anführern, dass sie neue Gebiete eroberten und damit demonstrierten, dass die Götter ihnen gewogen waren. Sein Lieblingsdichter Vergil schrieb, es sei Roms Pflicht, ein „Reich ohne Ende zu errichten“83, und Augustus übernahm diese Aufgabe mit Begeisterung. Er hatte neue Gebiete in Hispanien und auf dem nördlichen Balkan erobert und Ägypten annektiert. Der groß angelegte Versuch, Germanien bis zur Elbe zu erobern, endete allerdings in einer katastrophalen militärischen Niederlage. Immerhin konnten die Römer das linke Rheinufer halten.
Schon wieder die Parther Bevor er sich 32 v. Chr. dem Kampf gegen Octavian stellte, hatte Antonius die Parther angegriffen, war aber besiegt worden. Insgeheim hatte Antonius in die Fußstapfen von Iulius Caesar treten wollen, der vor seiner Ermordung einen Feldzug gegen das Partherreich geplant hatte, um die schwere Niederlage zu rächen, die die Römer 53 v. Chr. durch dieses erlitten hatten. Augustus hatte nicht die Absicht, wie Antonius eine Niederlage gegen die Parther zu riskieren. Stattdessen verlegte er sich aufs Verhandeln, wenn auch nicht ohne zu demonstrieren, wozu er in militärischer Hinsicht fähig war. Dem von Antonius annektierten Königreich Armenien war es in den Wirren des Ptolemäischen Kriegs gelungen, seine Unabhängigkeit wiederzuerlangen. Jetzt wollte sowohl Rom als auch das Partherreich sich die Kontrolle über Armenien unter den Nagel reißen, das an beide Reiche grenzte. Augustus schickte eine Armee in das Königreich, um den von Rom favorisierten Kandidaten auf den Thron zu setzen. Die Parther hatten ihren eigenen Kandidaten, zogen ihn aber zurück. Wahrscheinlich erklärte sich Augustus im Gegenzug bereit, einen in Rom im Exil lebenden Parther, der den Thron für sich beanspruchte, nicht länger zu unterstützen. So setzte sich Rom in Armenien ohne Blutvergießen durch.
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Aber das war noch nicht alles: Im Jahr 20 v. Chr. erklärten sich die Parther bereit, die römischen Legionsadler und Standarten zurückzugeben, die sie 53 v. Chr., bei der Invasion des römischen Ostens 41/40 v. Chr. und im Kampf gegen Antonius 36 v. Chr. erbeutet hatten. Außerdem durften römische Kriegsgefangene heimkehren, von denen einige seit über dreißig Jahren im Exil lebten. Es war ein großer Erfolg für Augustus. Der Senat überhäufte ihn mit Ehrungen, von denen er allerdings die meisten ablehnte. Stattdessen ließ er einen Triumphbogen errichten oder einen bestehenden umwandeln: Falls tatsächlich damals ein Triumphbogen zum Gedenken an Actium errichtet worden war, erinnerte dieser ab sofort an den „Sieg“ über die Parther. Der Partherbogen, den es sicher gab, stand neben dem Tempel des vergöttlichten Iulius und war der erste dreitorige Bogen Roms. Oben auf dem Bogen thronte eine Quadriga, auf der der Triumphator Augustus fuhr, und links und rechts vom Wagen stand je ein Parther mit den wiedererlangten Feldzeichen in den Händen. Augustus hatte durchaus Sinn für Humor – vielleicht malte er sich aus, wie sich sein ehemaliger Triumviratskollege und Schwager in der Unterwelt ärgerte, als er erfuhr, dass die Parther nun doch besiegt waren. Zehn Jahre nach Antonius’ Tod war es ausgerechnet dessen Erzfeind Octavian gelungen, den alten Makel zu tilgen und die erbeuteten römischen Feldzeichen zurückzuerobern. Die letzte offene Rechnung aus den Tagen des Triumvirats war beglichen. Doch damit nicht genug: Prophezeiungen zufolge kündigte Augustus’ Sieg über die Parther ein neues Goldenes Zeitalter an, und um dieses neue Zeitalter zu feiern, veranstaltete Augustus im Jahr 17 v. Chr. die Säkularfeier (ludi saeculares), eine aufwendige zweiwöchige Reihe von Veranstaltungen, bei denen Augustus und Agrippa den Vorsitz hatten. Horaz schrieb dafür eigens eine Hymne, die von einem gemischten Chor aus Jungen und Mädchen gesungen wurde. Es war ein so gewaltiges Spektakel, dass man wohl selbst im ptolemäischen Alexandria darüber gestaunt hätte.
August Im Jahr 8 v. Chr. beschlossen der Senat und das Volk vom Rom, nach Augustus einen Monat zu benennen. Damit trat er einmal mehr in die
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Fußstapfen seines Adoptivvaters – Iulius Caesar war der einzige andere Römer, dem diese Ehre bereits zuteilgeworden war, als man den bisherigen Monat Quintilis in Iulius umbenannt hatte, unseren Juli. Ganz ähnlich verfuhr man nun mit seinem Erben.84 Die Volksversammlungen und die Volkstribune, die sie einberiefen, waren einst ein wichtiger Machtfaktor im Staat gewesen; jetzt hatten sie nur noch zeremonielle Bedeutung. Als die Volksversammlung verkündete, man werde zu Ehren von Augustus’ Geburtstag am 23. September den Monat September in Augustus umbenennen, war ihm selbst das gar nicht recht. Er wollte lieber, dass der vorhergehende Monat, der Sextilis, nach ihm benannt würde, schließlich war er im Sextilis zum ersten Mal zum Konsul gewählt worden und hatte mehrere glorreiche Siege errungen. Geburtstag haben kann jeder, mag er sich gedacht haben, aber seine zivilen und militärischen Leistungen waren einzigartig. Außerdem wollte er „seinen“ Monat vielleicht so nah wie möglich an den Monat seines Vaters legen, um damit seine eigene Legitimität zu unterstreichen. Zudem könnte sich Augustus überlegt haben, dass die Menschen in der sommerlichen Hitze des Sextilis tendenziell weniger arbeiteten und daher dem Namen des Monats mehr Aufmerksamkeit schenken würden; im September, wenn es kühler wird, gehen die Menschen wieder ihren üblichen Beschäftigungen nach. Wie üblich kümmerte sich Augustus hier um sein öffentliches Image, und wie üblich setzte er seinen Willen durch. Also wurde aus Sextilis – dem Monat, in dem Augustus in Alexandria eingezogen war, in dem seine Feinde Antonius und Kleopatra und sein Rivale Caesarion gestorben waren, in dem er die Annexion Ägyptens verkündet hatte und in dem er ein Jahr später seinen dreifachen Triumph gefeiert hatte – Augustus, unser August. Das entsprechende Dekret des Senats ist erhalten geblieben: Da im Monat Sextilis Imperator Caesar Augustus sein erstes Konsulat begann und drei Triumphe in der Stadt Rom feierte und die Legionen auf dem Janiculum-Hügel [außerhalb Roms] ihm folgten und sich seiner Führung anvertrauten, und da in diesem Monat Ägypten der Schirmherrschaft des römischen
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Volkes anvertraut wurde, und da in diesem Monat den Bürgerkriegen ein Ende gesetzt wurde, aus all diesen Gründen ist und war dieser Monat für dieses Imperium ein besonders günstiger, und daher hat der Senat beschlossen, diesen Monat „Augustus“ zu nennen.85 Der Volkstribun Sextus Pacubius brachte das Gesetz ein, mit dem die Volksversammlung die Änderung offiziell machte.86
Ein Rom aus Marmor Im Sommer des Jahres 14 n. Chr. lag Augustus im Sterben. Er befand sich auf einer Reise durch Süditalien, als er so krank wurde, dass er in einer Villa in der kleinen Provinzstadt Nola das Bett hüten musste. Ironischerweise befand sich dieses Bett in demselben Haus, ja sogar in demselben Zimmer, wo sein Vater Gaius Octavius knapp siebzig Jahre zuvor gestorben war. Es war, als hätte der Quasi-Halbgott, der die römische Welt regierte, die Maske fallen lassen und wäre wieder sterblich geworden. Plötzlich war er weder Caesar noch Augustus noch Octavian, sondern einfach nur Octavius. Wie auch immer man ihn nennen mochte, im Jahr 14 n. Chr. war er der letzte überlebende Protagonist des Ptolemäischen Kriegs. Mit seinen fast 77 Jahren hatte er sie alle überlebt. Antonius, Kleopatra und Caesarion waren 30 v. Chr. gestorben, Agrippa 12 v. Chr., Octavia etwa ein Jahr nach ihm. Jetzt, wo es mit ihm zu Ende ging, wird Augustus mit Liebe und Zuneigung seiner Schwester gedacht haben. Die 58-jährige Octavia hatte ein Staatsbegräbnis erhalten, eine seltene Ehre für eine Frau. Augustus hatte angeordnet, ihren Leichnam im Tempel des vergöttlichten Iulius aufzubahren, und dort fand auch die Trauerfeier statt. Der Ort erinnerte das Volk daran, dass Octavia Caesars Nichte war und wie ihr Bruder einer der angesehensten Familien der Stadt entstammte. Augustus persönlich hielt die Grabrede. Als Agrippa starb, pries Augustus ihn als einen Mann, an dessen Tugendhaftigkeit niemand zweifelte.87 Was er über Octavia sagte, ist nicht überliefert; eventuell lobte Augustus seine Schwester als Vorbild für alle Mütter. Die Förderung traditioneller Familienwerte war ein zen-
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trales Element der Politik, die er in den Jahrzehnten nach Actium verfolgte. Seine wilden Jahre waren definitiv vorbei. Octavia war aber auch wirklich eine sehr fürsorgliche Mutter gewesen. Sie hatte fünf eigene Kinder aufgezogen: Vier Töchter und ein Sohn erreichten das Erwachsenenalter, darunter die beiden Antonias, die sie Marcus Antonius geboren hatte. Daneben hatte sie vier Kinder, die Antonius mit anderen Frauen gezeugt hatte, bei sich aufgenommen: seinen Sohn Iullus Antonius, den seine dritte Ehefrau Fulvia zur Welt gebracht hatte, und seine drei Kinder mit Kleopatra, Alexander Helios, Ptolemaios Philadelphos und Kleopatra Selene II. – die beiden Jungen starben, einer vielleicht schon vor den Triumphzügen von 29 v. Chr., der andere zu einem späteren Zeitpunkt, aber Selene überlebte. Mit mindestens neun Kindern unter ihrem Dach, von denen ihr ExMann vier mit anderen Frauen gezeugt hatte (drei sogar mit einer Frau, mit der er sie während ihrer Ehe betrogen hatte), war Octavia definitiv eine Anwärterin auf den Weltrekord in Sachen Mutterschaft. Diese häuslichen Verhältnisse führten später zu interessanten Konstellationen. Drei Nachkommen von Octavia und Antonius wurden römische Kaiser: ihr Urenkel Gaius (besser bekannt als Caligula, reg. 37–41), ihr Enkel Claudius (reg. 41–54) und Nero (reg. 54–68), der väterlicherseits Octavias Urenkel und mütterlicherseits ihr Ururenkel war. Jeder, der sich ein bisschen mit dem alten Rom beschäftigt hat, kennt Caligula und Nero als zwei der berüchtigtsten römischen Kaiser überhaupt. Claudius war ein guter Herrscher, wurde aber von seiner ersten Ehefrau gedemütigt und von seiner zweiten ausmanövriert, die wiederum ebenfalls eine Nachfahrin von Octavia und Antonius war. Kleopatra Selene II . machte eine glänzende Karriere. Augustus verheiratete sie mit dem nordafrikanischen Fürsten Juba II. Wie sie war auch Juba als Kind nach Rom verschleppt worden, um an einem Triumphzug teilzunehmen: Damals hatte Iulius Caesar seinen Sieg über Juba I. gefeiert, den Vater des Jungen, der wie Kleopatra Suizid begangen hatte. Juba II . wuchs in Augustus’ Haushalt auf, gar nicht weit von Kleopatra Selene entfernt. Im Jahr 20 v. Chr. arrangierte Augustus die Heirat der beiden und übertrug Juba die Kontrolle über das Königreich Maureta-
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nien, das einst von Bogud regiert worden war, dem Mann, dem es nicht gelungen war, Methone zu verteidigen. Die Stadt, von der aus Juba und Kleopatra regierten, benannten sie zu Ehren von Augustus in Caesarea um (heute Cherchell, Algerien). Sie hatten einen Sohn, den sie in Anspielung auf die Dynastie von Kleopatras Mutter Ptolemaios nannten. Wie ihre Eltern bewies auch Kleopatra Selene echte Führungsqualitäten. Sie sponserte ein Bauprogramm, holte alexandrinische Intellektuelle und Wissenschaftler nach Mauretanien und ließ ihre eigenen Münzen prägen. Es war fast wie ein Revival des lebhaften Königshofs im ptolemäischen Alexandria. Kleopatra Selene starb wahrscheinlich im Jahr 5 v. Chr. Sie und ihr Mann, der noch bis 23 n. Chr. lebte, teilten sich ein Mausoleum – man kann es noch heute in Tipasa (Algerien) bestaunen.88 Der Rundbau mit der kegelförmigen Spitze ähnelt stark dem Mausoleum des Augustus in Rom; so setzten die beiden selbst im Tod den Machtverhältnissen ihrer Zeit noch ein Denkmal. Eben dort, im Augustusmausoleum, wurde Octavia beigesetzt, neben ihrem Sohn Marcellus. Wie es der Zufall will, ist die Marmortafel von Octavias Grab noch erhalten: OCTAVIA C(aii) F(ilia) SOROR AUGUSTI OCTAVIA, TOCHTER DES GAIUS, SCHWESTER DES AUGUSTUS89
Damals in Athen hatte man Octavia als Göttin verehrt. Jetzt trug sie eine weniger hochtrabende Bezeichnung, die aber kaum weniger Einfluss verhieß. Dass Octavia die Frau von Marcus Antonius gewesen war, dem Triumvirn und Herrscher über die halbe römische Welt, verschwieg die Tafel. Antonius war zwar nicht vergessen, aber doch so etwas wie eine Unperson in der Stadt, in der man seine verstoßene Frau zutiefst betrauerte. Die Kriegsschiffe von Actium hätten ein römisch-ägyptisches Imperium schaffen können. Stattdessen hoben sie das augusteische Zeitalter aus der Taufe. Auf ihre eigene, stille Art war Octavia die Geburtshelferin der neuen Ära gewesen.
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Als er im Sterben lag, tröstete sich Augustus vielleicht mit dem Gedanken, dass auch er bald in dem Mausoleum ruhen würde, das seinen Namen trug. Es war sein spektakulärstes Bauwerk in Rom, aber keineswegs sein einziges. Er hatte der Stadt ein monumentales Bauprogramm verpasst und endlich eine Reihe öffentlicher Gebäude errichten lassen, die einer kaiserlichen Hauptstadt auch würdig waren. Die republikanische Bescheidenheit verschwand und wurde durch dynastischen Protz ersetzt. Augustus und seine Familie gaben Rom ein neues Gesicht. Sie ließen Tempel, Thermen und Theater errichten, Aquädukte und Säulengänge bauen, Parks anlegen. Augustus schloss die von Caesar begonnene Renovierung des Senatsgebäudes ab, ließ eine neue Rednertribüne errichten und ein neues Forum anlegen, das Augustusforum, das dem Caesarforum Konkurrenz machen sollte. Auf dem neuen Forum stand unter anderem eine riesige Marmorstatue des genius Augusti, des persönlichen Schutzgeistes des Augustus, die ihm ziemlich ähnlich sah. Die Botschaft war kaum misszuverstehen: Auch wenn Augustus sich selbst niemals als König bezeichnete, besaß er doch die auctoritas eines Monarchen. Im Jahr 9 v. Chr. ließ er die beeindruckende Ara Pacis errichten. Diesen „Altar des augusteischen Friedens“ aus weißem Marmor, der ursprünglich mit leuchtenden Farben bemalt war, zierte ein Relief, auf dem die Familie des Augustus in einer feierlichen Prozession marschiert (vgl. Farbtafel 20). Es erinnerte an die Reliefs am Siegesdenkmal von Nikopolis (um 29 v. Chr.) und an den Parthenonfries aus dem klassischen Athen (5. Jahrhundert v. Chr.). Aber Augustus verwies mit der Kunst, die er in Auftrag gab, weniger auf Athen als vielmehr auf Alexandria. Wohin man in Rom auch schaute, überall wurde man daran erinnert, dass Augustus Ägypten erobert hatte. Er schmückte die Stadt mit Obelisken und mit Darstellungen der Isis. Zu den Beutestücken, die er nach Rom bringen ließ, zählten Gemälde und Statuen, Geschirr aus Gold und Silber, Schmuckstücke wie Kameen, Skarabäen, Amulette und Ringe. Auf Kunstwerken der augusteischen Zeit tauchten ägyptische Motive wie Sphingen, Lotusblumen, Krokodile, Nilpferde und Uräusschlangen auf. Ein prominenter Freund des Augustus stellte sich ein Standbild des den Ägyptern heiligen Apis-Stiers in den Garten seiner Stadtvilla, einer von Agrippas
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Kollegen ließ sich am Rand der Stadt ein Grabmal in Pyramidenform errichten.90 Augustus schuf ein neues Rom, das man zu dieser Zeit zum ersten Mal die „ewige Stadt“ nannte.91 Hierauf bezieht sich auch eines der denkwürdigsten Zitate von Augustus, ein Satz, den er auf seinem Sterbebett gesagt haben soll: „Ich habe ein Rom aus Ziegeln vorgefunden; ich hinterlasse euch ein Rom aus Marmor.“92 Dank Augustus musste sich Rom nicht mehr hinter Alexandria und seinen prächtigen Bauten verstecken. Bevor er am 19. August 14 n. Chr. ins Totenreich entschwand, dachte Augustus vielleicht noch einmal an die Königin, deren Stadt bis dato das Musterbeispiel urbaner Pracht war. Wer weiß, ob Augustus mit seinem Gespür für Ironie nicht sogar folgender Gedanke kam: Trotz der Kriegsschiffe, die die See vor Actium durchpflügt hatten, trotz der Schwerter, die Alexandria erobert hatten, trotz des Schlangenbisses, der die Königin dahingerafft hatte – am Ende war Kleopatra doch noch nach Rom gekommen.
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1 Brutus. Vor Philippi bezahlten Brutus und Cassius ihre Truppen mit Münzen, die sie zum Gedenken an das Atten tat auf Caesar hatten prägen lassen. Die Vorderseite des silbernen Denars stellt Brutus oder vielleicht auch einen seiner Vorfahren dar; die Rückseite zeigt zwei Dolche wie die, mit denen Caesar getötet wurde, sowie eine phrygische Mütze, wie sie von ehemaligen Sklaven getragen wurde. Die Münzaufschrift lautet: „Iden des März“.
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2 Marcus Antonius. Die Inschrift auf diesem goldenen Aureus von 40 v. Chr. identifiziert Antonius als Imperator (siegreicher Feldherr) und Triumvir.
3 Octavian. Dieser silberne Denar von 29/27 v. Chr. zeigt einen jugendlichen Octavian im Profil und auf der Rückseite einen Triumphbogen. Der Bogen ist von einer Quadriga gekrönt, auf der Octavian steht, und trägt die Inschrift „Octavian Imperator“ (siegreicher Feldherr).
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4 Kleopatra. Diese Marmorbüste wird von den meisten Gelehrten als Dar stellung Kleopatras identifiziert. Ihr Haar ist sorgfältig frisiert. Sie trägt ein brei tes Diadem, ein Band, das die Königswürde symbolisiert.
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5 Octavia. 39 v. Chr. gab Marcus Antonius diese Gold münze heraus, die seine neue Frau Octavia zeigt, die Schwester seines damaligen Verbündeten und späteren Rivalen Octavian.
6 Antonius und Kleopatra. Die silberne Tetradrachme, die Marcus A ntonius 37/33 v. Chr. im östlichen Mittelmeerraum prägen ließ, zeigt das mächti ge Herrscherpaar. Kleopatra sieht reif und königlich aus, Antonius wirkt vor allem dick.
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7 Ptolemaios XV . Caesarion (47–30 v. Chr.). Kopf einer Kolossalstatue aus Granit. Der mutmaßliche Sohn von Kleopatra und Caesar wurde als Drei jähriger zum Mitregenten seiner Mutter in Ägypten ernannt. Nach dem Suizid der ägyptischen Königin (12. August 30 v. Chr.) wurde er auf Befehl Octavians hingerichtet.
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8 Kleopatra und Caesarion. Dieses Relief an der Wand des Hathor-Tempels im ägyptischen Dendera zeigt die Königin und ihren (angeblich) mit Iulius Caesar gezeugten Sohn. Da die Darstellung für ein ägyptisches Publikum gedacht war, sind beide in ägyptischer Tracht dargestellt und nicht in griechischer, wie für das griechisch-römische Publikum üblich.
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9 Alexander Helios. Diese in Ägypten gefundene Bronzestatuette wurde ver schiedentlich als Antonius’ und Kleopatras älterer Sohn identifiziert, der zum König von Armenien ernannt wurde. Die dortige Tracht, die Hose und der pyramidenförmige Hut, galten in Griechenland und Rom als exotisch.
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10 Antonius, Legionärsmünze. Dieser silberne Denar von Marcus Antonius, datiert auf 32/31 v. Chr., feiert seine dritte Legion. Die hier zu sehende Seite zeigt eines sei ner Kriegsschiffe und identifiziert Antonius als Augur und Triumvir.
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11 Die Festung von Methone. Diese venezianisch-osmanische Festung wurde am Standort der antiken Festungsanlagen errichtet. Im Hintergrund sieht man die Insel Sapientza.
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12 Panorama von Octavians Hauptquartier. Blick nach Süden auf Kap Actium von Michalitsi aus, oberhalb von Nikopolis, wo später das Siegesdenkmal stand.
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13 Römisches Kriegsschiff. Das Relief einer Galeere aus dem Fortuna-Tempel in Praeneste (heute Palestrina) in Italien zeigt bewaffnete Soldaten und einen Katapultturm, wie man sie auf einem der Schiffe in Actium gefunden hätte. Es gibt verschiedene Datierungen, von Ende des 1. Jh.s v. Chr. bis in die zweite Hälfte des 1. Jh.s n. Chr.
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14 Der sterbende Marcus Antonius. Die Radierung von Bartolomeo Pinelli aus dem Jahr 1819 zeigt Antonius’ Tod in den Armen seiner Geliebten Kleopatra, nachdem er sich erstochen hat.
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15 Der Ausschnitt aus einem Fries des Tempels des Apollo Sosianus in Rom zeigt eine Szene aus einem Triumphzug: zwei Gefangene, die barfuß und mit gesenktem Blick auf einer Trage sitzen; sie haben die Hände auf dem Rücken gefesselt; zwischen ihnen ist eine erbeutete Rüstung zu sehen.
16 Marsch der Würdenträger beim Triumphzug für Actium. Römische Sena toren (wie man annimmt) in Toga und mit Siegeskränzen auf dem Kopf mar schieren hinter Octavians Streitwagen her. Detailaufnahme von einem Relief, das den Triumphzug für Actium in Rom darstellt und sich am Siegesdenkmal in Michalitsi, in den Hügeln oberhalb von Nikopolis, befand.
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17 Rammsporn-Halterung am Siegesdenkmal für Actium. Eine leere Halte rung an der Wand des Podiums von Octavians Siegesdenkmal, wie man es heute vorfindet. In der Halterung steckte einst einer von Antonius’ massiven bronze nen Rammspornen.
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18 Rammsporne am Siegesdenkmal für Actium. Eine Rekonstruktion des Podiums von Octavians Siegesdenkmal zeigt die Kriegsschiff-Rammsporne, die an einer langen Stützmauer befestigt waren.
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19 Augustus. Goldener Aureus von Augustus, 20/19 v. Chr. Die Rückseite zeigt einen goldenen clipeus virtutis (Schild der Tapferkeit), flankiert von Lorbeer zweigen, mit der Inschrift „SPQR “ („Senat und Volk von Rom“) und „Caesar Augustus“. Kranz und Schild hatte der Senat Augustus verliehen.
20 Ara Pacis. Den „Altar des augusteischen Frie dens“ aus weißem Marmor ziert ein Relief, auf dem die Familie des Augustus in einer feierlichen Pro zession marschiert. Augustus selbst ist links mit der über den Kopf geschlagenen Toga zu sehen.
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Zeittafel 15. März 44 v. Chr.
Caesar wird ermordet.
27. November 43 v. Chr.
Gründung des ersten Triumvirats
Oktober 42 v. Chr.
Doppelschlacht bei Philippi
41 v. Chr.
Antonius und Kleopatra lernen sich in Tarsos kennen.
41–40 v. Chr.
Perusinischer Krieg
40 v. Chr.
Vertrag von Brundisium; Antonius und Octavia heiraten.
39 v. Chr.
Vertrag von Misenum
37 v. Chr.
Vertrag von Tarent; Erneuerung des Triumvirats
Frühling bis Sommer 36 v. Chr.
Antonius’ Invasion in Media Atropatene scheitert.
3. September 36 v. Chr.
Seeschlacht von Naulochoi
35–33 v. Chr.
Illyrienfeldzug
Sommer 34 v. Chr.
Antonius erobert Armenien.
Herbst 34 v. Chr.
Alexandrinische Schenkung
31. Dezember 33 v. Chr.
Das Triumvirat endet.
März 32 v. Chr.
Antonius und Kleopatra versammeln ihre Truppen in Ephesos.
Mai bis Juni 32 v. Chr.
Antonius lässt sich von Octavia scheiden.
Wahrscheinlich im Spätsommer 32 v. Chr.
Octavian erklärt Kleopatra den Krieg.
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Zeittafel
Etwa August 32 v. Chr.
Antonius’ Truppen sammeln sich an der Westküste Griechenlands.
Winter 32 – 31 v. Chr.
Antonius und Kleopatra überwintern in Patrai.
März 31 v. Chr.
Agrippa erobert Methone und tötet König Bogud.
April 31 v. Chr.
Octavian überquert die Adria und schlägt in der Nähe von Actium sein Lager auf.
Sommer 31 v. Chr.
Agrippa fügt der feindlichen Flotte mehrere Niederlagen zu.
Ende August 31 v. Chr.
Antonius und Kleopatra beschließen, Actium zu verlassen.
2. September 31 v. Chr.
Schlacht bei Actium
Ende September 31 bis Juli 30 v. Chr.
Antonius und Kleopatra in Alexandria
1. August 30 v. Chr.
Antonius begeht Suizid; Octavian zieht in A lexandria ein.
8. August 30 v. Chr.
Octavian trifft Kleopatra.
10. August 30 v. Chr.
Kleopatra begeht Suizid.
Ende August 30 v. Chr.
Caesarion wird ermordet.
29. August 30 v. Chr.
Octavian annektiert Ägypten.
Etwa 29 v. Chr.
Einweihung des Siegesdenkmals für Actium
13.–15. August 29 v. Chr.
Octavian feiert einen dreifachen Triumphzug in Rom.
16. Januar 27 v. Chr.
Octavian wird der Name Augustus v erliehen.
19. August 14 n. Chr.
Augustus stirbt.
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Danksagung Ein Buch wie dieses zu schreiben, ist harte Arbeit. Eine wahre Freude ist es hingegen, Bilanz zu ziehen und sich bei allen zu bedanken, die einem dabei geholfen haben. Zahlreiche Freunde und Bekannte, Kolleginnen und Kollegen sowie Studierende von diversen Institutionen auf drei Kontinenten waren so freundlich, in großen und kleinen Fragen ihr Wissen und ihre Kompetenz mit mir zu teilen. Ich danke Annetta Alexandridis, Darius Arya, Caitlin Barrett, Elizabeth Bartman, Colin Behrens, Bettina Bergmann, Nikki Bonanni, Peter Campbell, Robert Coates-Stephens, Simon Cotton, Tristan Daedalus, Craig und Jad Davis, Philip de Souza, Ertürk Durmus, Jason Feulner, Michael Fontaine, Bernard Frischer, Mikel Gago, Harry W. Greene, Sandra Greene, Matthew Guillot, Martha Haynes, John Hyland, Barbara Kellum, Thomas Kerch, Jeffrey Kline, Eric Kondratieff, Arthur Kover, Lynne Lancaster, Olga Litvak, Tamara Loos, Thomas Lucas, Daniel Meegan, Sturt Manning, Brook Manville, Ann Michel, Jake Nabel, Gary Ohls, Carl Oros, John Pollini, Eric Rebillard, Jeffrey Rusten, Daniel Schwarz, Matthew Sears, Aaron Taylor, Kostas Vergos, Karl Walling, Kevin Weddle, Peter Yao und Theo Zemek. Ich hatte das große Glück, dass mehrere Freunde und Kollegen bereit waren, die Erstfassung meines Manuskripts ganz oder teilweise durchzulesen. Ihre Kommentare haben das Buch erheblich verbessert. Alle etwaigen Schwächen sind selbstverständlich allein auf mich zurückzuführen. Ich danke Maia Aron, John Arquilla, Philippe Boström, Serhan Güngör, David Guaspari, Adrienne Mayor, Gordon McCormick, Adam Mogelonsky und Josiah Ober. Insbesondere möchte ich mich bei William M. Murray bedanken, einem der ausgewiesensten Forscher zu Actium und zur hellenistischen See kriegführung, dafür, dass er sein Fachwissen großzügig mit mir geteilt hat, und bei Konstantinos Zachos, dessen Ausgrabungen in Nikopolis uns einen ganz neuen Blick auf Actium und seinen Einfluss auf die römische Kultur gewähren.
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Danksagung
Ich bin fünf großartigen akademischen Institutionen zu Dank verpflichtet, die dieses Buch erst möglich gemacht haben: Das ist zum einen die Cornell University. Ich möchte mich dort bei zahlreichen Kolleginnen und Kollegen, beim Personal und bei den Studierenden vor allem des Department of Classics und des Department of History für ihre Unterstützung bedanken sowie bei der John M. Olin Library für ihre hervorragenden bibliografischen Ressourcen. Insbesondere danke ich der Cornell University dafür, dass sie mir ein Sabbatical gewährt hat, um an diesem Projekt zu arbeiten. Ich hätte dieses Buch nicht schreiben können, wäre mir nicht das große Geschenk eines akademischen Jahres als Distinguished Visiting Professor am Department of Defense Analysis an der Naval Postgraduate School in Monterey, Kalifornien, zuteilgeworden. Auch wenn ich dort sicherlich vielen auf die Nerven gegangen bin, so hoffe ich doch, dass ich in dieser Zeit ein bisschen über Kriegführung gelernt habe. Ich möchte sowohl meinen Kollegen als auch meinen Studierenden dort meinen herzlichen Dank aussprechen. Drittens gilt mein Dank der Hoover Institution der Stanford University, die mich zunächst zum Visiting Fellow ernannt hat und dann zum Corliss Page Dean Fellow. Die Hoover Institution bietet ein bemerkenswertes intellektuelles Umfeld für ein Studium der Geschichte und des Militärwesens. Ganz besonders danke ich der Direktorin und Senior Fellow Condoleezza Rice und dem Senior Fellow Victor Davis Hanson. Neben meinen zahlreichen anderen Kolleginnen und Kollegen in der dortigen Arbeitsgruppe zur Rolle der Militärgeschichte in zeitgenössischen Konflikten möchte ich insbesondere David Berkey und Hy Rothstein danken. Die American Academy in Rome nahm mich im Sommer 2019 zum wiederholten Mal als Gastforscher auf. Dies ermöglichte mir großzügigen Zugang zu bedeutenden antiken Stätten in Rom und gab mir Gelegenheit zu wichtigen Gesprächen mit Fachwissenschaftlern. Viele produktive Stunden in der Arthur & Janet C. Ross Library gestatteten mir, den unerschöpflichen Reichtum Roms besser zu verstehen. Die American School of Classical Studies at Athens gewährte mir für 1978/79 das Heinrich Schliemann Fellowship. Der leider bereits ver-
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storbene Colin N. Edmonson, ein großartiger Pädagoge und damals Mellon Professor of Classical Studies an der ASCSA, war unser Reiseleiter, als ich und meine Kommilitonen im Herbst 1978 nach Nikopolis fuhren. Dort nahm mein Interesse an Actium seinen Anfang. Bei Simon & Schuster hat mir mein hervorragender Lektor Bob Bender wieder einmal geholfen, einen noch recht spröden Entwurf in ein lesbares Manuskript zu verwandeln. Seine Assistentin Johanna Li ist ebenso effi zient wie fürsorglich. Marketingleiter Stephen Bedford ist ebenso großzü gig wie verständig. Phil Metcalf und Philip Bashe sorgten für ein sorgfältiges Lektorat. Ich danke ihnen und dem gesamten Team von Simon & Schuster. Angela Baggetta ist eine hervorragende Publizistin, und meine Literaturagentin Cathy Hemming sorgt immer dafür, dass alles reibungslos über die Bühne geht. Meine Frau, Marcia Mogelonsky, hat mich mit ihrem scharfen Verstand und ihren guten Ratschlägen in vielen großen und kleinen Angelegenheiten unterstützt. Ich bin überzeugt, dass sie Kleopatra besser versteht als ich; wahrscheinlich hätte auch sie Marcus Antonius nicht von der Bettkante gestoßen. Meine Mutter verstarb, während ich dieses Buch schrieb, mein Vater ist bereits vor ein paar Jahren gestorben. Diane und Aaron Strauss waren hingebungsvolle Großeltern, die großen Anteil am Leben unserer Kinder Michael und Sylvie hatten. Sie hätten sie gerne weiter auf ihrem Lebensweg begleitet, so wie Marcia und ich dies tun. Ich widme dieses Buch meinen Eltern.
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Anmerkungen Ein vergessenes Denkmal 1 Siehe zu dieser Inschrift William M. Murray, „The Dedication Inscription“, in: Konstantinos Zachos (Hrsg.), The Victory Monument of Augustus at Nicopolis (Athen: Athens Archaeological Society, noch nicht erschienen), insbes. S. 21 f.; William M. Murray und Photios M. Petsas, Octavian’s Campsite Memorial for the Actian War (Philadelphia: American Philosophical Society, 1989), S. 62–76; Konstantinos Zachos, An Archaeological Guide to Nicopolis. Rambling Through the Historical, Sacred, and Civic Landscape, Monuments of Nicopolis 10 (Athen:
DIPCA–Scientific Committee of Nicopolis, 2015), S. 65. 2 Der offizielle Name war ein griechisch-lateinischer Mischname: Actia Nicopolis – „Siegesstadt Actium“. 3 Winston S. Churchill, „Foreign Affairs“ (Debatte im britischen Unterhaus, 23. Januar 1948), übersetzt nach dem Transkript bei Hansard 1803–2005, abgerufen am 11. April 2021, https://api. parliament.uk/historic-hansard/ commons/1948/jan/23/foreignaffairs#S5CV0446P0_19480123_ HOC_99.
Teil 1 DIE SAAT DES KRIEGES 4 Möglicherweise war es seine Großtante und nicht seine Großmutter, die hier aussagte. 5 O puer, qui omnia nomini debes: überliefert in Cicero, Philippische Reden, 13,24. 6 Sueton, Augustus, 77. Siehe den Kommentar von Wardle in Sueton. Life of Augustus (Vita Divi Augusti), hrsg. v. D. Wardle (Oxford: Oxford University Press, 2014), S. 468. 7 Sueton, Augustus, 11. 8 William Shakespeare, Julius Cäsar, übers. v. August Wilhelm
1 Cicero, Briefe an Atticus, 14,20,2; vgl. Joyce Tyldesley, Cleopatra: Last Queen of Egypt (New York: Basic Books, 2008), S. 107 f. 2 Tatsächlich schenkte er ihm keine Krone, sondern eine sogenannte Königsbinde – ein Stirnband, wie es Könige in der griechisch-römischen Welt zu tragen pflegten. 3 Zur Ermordung Caesars siehe Barry Strauss, Die Iden des März (Darmstadt: Theiss, 2017).
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sche Geschichte, 48,24,2. Die Quellen widersprechen sich in einzelnen Punkten und sind gegenüber Kleopatra voreingenommen. 21 Plutarch, Antonius, 29,1. 22 Shakespeare, Antonius und Cleo patra, Akt 2, Szene 2, V. 240, zitiert nach der Übers. v. Wolf Graf von Baudissin. 23 Plutarch, Antonius, 27, vgl. 25,4– 5; Cassius Dio, Römische Geschichte, 42,34,4–6. 24 „Silver Tetradrachm of Cleopatra VII of Egypt/Mark Antony/Cleopatra VII of Egypt, Antioch, 36 BC. 1977.158.621“, American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics.org/collection/1977.158.621. 25 „Bronze 80 drachm of Cleopatra VII of Egypt, Alexandreia, 51 BC– 29 BC. 1941.131.1158“, American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics. org/collection/1941.131.1158. 26 „Bronze 80 drachm of Cleopatra VII of Egypt, Alexandreia, 51 BC–29 BC. 1944.100.75442“, American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics.org/collection/1944.100.75442. 27 Susan Walker und Peter Higgs, Cleopatra of Egypt: From History to Myth (London: British Museum, 2001), Kat.-Nr. 179, S. 177; Silbermünzen-Kat.-Nr. 220, S. 234. 28 „Silver Tetradrachm of Antony and Cleopatra, Antioch, 36 BC.
von Schlegel, Akt 4, Szene 1, V. 12–13: „Dies ist ein schwacher, unbrauchbarer Mensch, / Zum Botenlaufen nur geschickt.“ 9 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,86,3. 10 Plutarch, Brutus, 29,9. 11 „Silver Denarius, Uncertain Value, 43 B.C.–42 B.C. 1944.100.4554“, American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics.org/collection/1944.100.4554. 12 „Julius Caesar ‘Assassination Coin’ Sets World Record of Nearly 4.2 Million“, in: ArtDaily, abgerufen am 11. April 2021, https://artdaily.cc/ news/129649/Julius-Caesar--assassination-coin--sets-world-record-ofnearly--4-2-million. 13 Shakespeare, Julius Cäsar, Akt 5, Szene 5, V. 73. 14 Sie überliefert Martial, Epigramme, 11,20. 15 Duane W. Roller, Cleopatra: A Biography (Oxford: Oxford University Press, 2010), S. 116. 16 William Shakespeare, Antonius und Cleopatra, Akt 2, Szene 2, V. 196–210, zitiert nach der Übers. v. Wolf Graf von Baudissin. 17 Plutarch, Antonius, 26,1–2. 18 Ebd., 26,5. 19 Plutarch, Antonius, 26,3–4; vgl. hierzu Shakespeare, Antonius und Cleopatra, Akt 2, Szene 2, V. 225–232. 20 Josephus, Jüdische Altertümer, 15,4,1 und Gegen Apion, 2,5; Appian, Bürgerkriege, 5,9; Cassius Dio, Römi-
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Anmerkungen
32 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,1.3. 5. 24–25; Horaz, Epode, 9,11–16 und Ode, 1,37,7.12–14. 33 Zwei Beispiele: Ovid, Metamorphosen, 15,827 und Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,26,2. 34 Horaz, Epoden, 9,12. 35 Properz, Elegien, 2,16,39–40; 4,6,21–22. 36 Horaz, Epoden, 9,12. 37 Josephus, Gegen Apion, 2,59. 38 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,25,3. 39 Josephus, Gegen Apion, 2,59. 40 Properz, Elegien, 4. 6. 21–22. 41 Scholion zu Vergil, Aeneis, 8,696. 42 Florus, Römische Geschichte, 21,3,11. 43 Dazu zählen al-Masudi und (Agapius) Mahbub ibn Qustantin. Siehe Okasha El-Daly, Egyptology: The Missing Millennium, Ancient Egypt in Medieval Arabic Writings (London: UCL Press, 2005), S. 121– 123, 130–137. 44 Philostratos, Leben der Sophisten, 1,5. 45 Plutarch, Antonius, 27,4–5. 46 Sueton, Iulius Caesar, 52,1. 47 Vgl. Ronald Syme, „No Son for Caesar?“, in: Historia: Zeitschrift für Alte Geschichte, 29, Nr. 4 (1980) S. 422–437. 48 Arnaldo Momigliano, Theodore John Cadoux und Ernst Badian, „Oppius“, in: Simon Hornblower, Anthony Spawforth und Esther Eidinow (Hrsg.), The Oxford Classical
1967.152.567“, American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics.org/collection/1967.152.567. 29 „Silver Tetradrachm of Antony and Cleopatra, Antioch, 36 BC. 1944.100.65512“, American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics. org/collection/1944.100.65512. 30 Sie könnte auch nur zu einem Viertel Ägypterin gewesen sein, aber das scheint weniger wahrscheinlich, wenn man 1. das Ausmaß bedenkt, in dem Kleopatra Wert auf die ägyptische Sprache und Kultur legte, und 2. die Ehren bedenkt, mit denen Kleopatras Tochter eine ägyptische Priesterfamilie bedachte. Zu diesem komplexen und raffinierten Argument siehe Roller, Cleopatra, S. 165 f. Zu Kleopatras Hautfarbe siehe auch Shelley P. Haley, „Black Feminist Thought and Classics: Re-membering, Re-claiming, Re-empowering“, in: Feminist Theory and the Classics, hrsg. v. Nancy Sorkin Rabinowitz und Amy Richlin (New York: Routledge, 1993), S. 23–43. 31 Horaz, Ode 1,37,7.9–10.12–14. Die Dichter Horaz und Properz repräsentieren Octavians Interpretation von Antonius’ Beziehung zu Kleopatra: Kenneth Scott, „The Political Propaganda of 44–30 B. C.“, in: Memoirs of the American Academy in Rome 11 (1933) S. 49.
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Dictionary, 4. Aufl. (Oxford: Oxford University Press, 2012). 49 Plutarch, Pompeius, 10,5. 50 Nikolaos von Damaskus, Leben des Augustus, 68; Cassius Dio, Römische Geschichte, 47,31,5. 51 Sueton, Iulius Caesar, 52,2. 52 Ein Prätor war ein hoher römischer Beamter mit richterlichen Befugnissen. 53 Plutarch, Antonius, 29,5–7; Adrienne Mayor, „Cleopatra & Antony Go Fishing“, Wonders & Marvels, abgerufen am 11. April 2021, http://www. wondersandmarvels.com/2014/06/ cleopatra-and-Antony-go-fishing. html. 54 Plinius, Naturgeschichte, 9,119–121. 55 Prudence J. Jones, „Cleopatra’s Cocktail“, in: Classical World 103, Nr. 2 (2010) S. 207–220. 56 Plutarch, Antonius, 29. 57 Sueton, Augustus, 15,1. 58 Ebd., 25,4. 59 American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics.org/search/ results?q=year_num%3A%5B50+TO+-30 %5D+AND+domitius+ahenobarbus+AND+department_facet%3A%22Roman%22&lang=en. 60 Sueton, Augustus 70,2; Plutarch, Antonius, 33,2–3. 61 Appian, Bürgerkriege, 5,59. 62 Nikolaos, Leben des Augustus, 28; siehe Nikolaos, The Life of Augustus and the Autobiography, hrsg.
v. Mark Toher (Cambridge: Cambridge University Press, 2016), S. 214 f. 63 Appian, Bürgerkriege, 3,91–92. 64 Ebd., 3.14; Nikolaos, Leben des Augustus, 52–54. 65 Plutarch, Antonius, 31,2. 66 Appian, Bürgerkriege, 4,32–34. 67 Plutarch, Antonius, 31,4–5. 68 Tacitus, Annalen, 1,10: subdolae adfinitatis; siehe John Yardley und Anthony Barrett, The Annals the Reigns of Tiberius, Claudius, and Nero (Oxford: Oxford University Press, 2008), S. 9. 69 „Silver Cistophorus of Marc Antony, Ephesus, 39 BC. 1944.100.7032“, American Numanistic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics.org/collection/1944.100.7032?lang=en. 70 Priscian, Institutio de arte grammatica, 10,47 (Bd. II, hrsg. v. H. Keil [Leipzig, 1855], S. 536), zit. in Emily A. Hemelrijk, Matrona Docta: Educated Women in the Roman Elite from Cornelia to Julia Domna (New York: Routledge, 1999), S. 107, 293 Anm. 43. 71 Cassius Dio, Römische Geschichte, 48,31,2; Attilio Degrassi, Inscriptiones Latinae Liberae Rei Publicae, 2. Aufl., aucta et emendata (Florenz: La nuova Italia, 1972), Nr. 562a = Hermann Dessau, Inscriptiones Latinae Selectae (Berlin: Weidmann, 1892) Nr. 3784; Josiah Osgood, Caesar’s Legacy: Civil War and the Emergence of the Roman Empire
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Anmerkungen
78 Pindar, Fragment 64. 79 Gustavo García Vivas, Octavia Contra Cleopatra: El Papel De La Mujer En La Propaganda Política Del Triunvirato. 44–30 A. C. (Madrid: Liceus Ediciones, 2013), S. 71, dort zit.: Joyce Maire Reynolds und Kenan T. Erim, Aphrodisias and Rome: Documents from the Excavation of the Theatre at Aphrodisias Conducted by Professor Kenan T. Erim, Together with Some Related Texts (London: Society for the Promotion of Roman Studies, 1982), doc. 8 l.26, Kommentar ebd. 80 Appian, Bürgerkriege, 5,76. 81 Cassius Dio, Römische Geschichte, 48,39,2; Seneca der Ältere, Suasoriae 1,6. Der Vorwurf könnte aus der Antonius-feindlichen Propaganda stammen. 82 Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,21; Plutarch, Antonius, 34,4. 83 Ebd. 34,5. 84 Im Jahr 117/118 n. Chr. wurde Kaiser Trajan posthum gestattet, einen Triumph über die Parther zu feiern. Siehe Christopher B. R. Pelling (Hrsg.), Plutarch: Life of Antony (Cambridge: Cambridge University Press, 1988), S. 212. 85 Zur Konferenz von Tarent siehe Appian, Bürgerkriege, 5,92–95; Cassius Dio, Römische Geschichte, 48,54; Plutarch, Antonius, 35; Pelling (1988), S. 213–16.
(Cambridge: Cambridge University Press, 2006), S. 193. 72 „Gold Aureus, Uncertain Value, 38 B.C. 1976.10.1“, American Numismatic Society online, abgerufen am 11. April 2021, http://numismatics. org/collection/1976.10.1?lang=en. 73 Jackie Butler, „Fulvia: The Power Behind the Lion?“, in: Coins at Warwick (blog), August 1, 2018, https:// blogs.warwick.ac.uk/numismatics/ entry/fulvia_the_power/. Antonius ließ Octavias Namen auf den Münzen weg, aber sie ist durch die Ähnlichkeit zu zeitgleichen Abbildungen von Octavian leicht zu erkennen. 74 Vergil, Eklogen, 4,8–12, übers. v. Johann Heinrich Voß. 75 Vgl. die Diskussion in Osgood, Caesar’s Legacy, S. 193–201. 76 Attilio Degrassi, Inscriptiones Italiae, Bd. 13.1: Fasti Triumphales et Consulares (Rom: Libreria dello Stato, 1947), Nr. 86–87, 568, vgl. 342–343, Fasti Barberiniani. Vgl. die Diskussion in Carsten Hjort Lange, „Civil War and the (Almost) Forgotten Pact of Brundisium“, in: The Triumviral Period: Civil War, Political Crisis, and Socioeconomic Transformations, hrsg. v. Francisco Pina Polo (Saragossa: Prensas de la Universidad de Zaragoza), S. 139–141. 77 Plutarch, Antonius, 32,5–8; Appian, Bürgerkriege, 5,73; Cassius Dio, Römische Geschichte, 48,38,1–3. Siehe Pat Southern, Mark Antony: A Life (Stroud: Tempus, 1998), loc. 2773 von 4044 (Kindle eBook).
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86 Siehe z. B. Ronald Syme, Die römische Revolution (München/Zürich: Piper, 1992), S. 209. 87 Zu den Münzen siehe Susan Wood, Imperial Women: A Study in Public Images, 40 B. C. – A. D. 68 (Boston: Brill, 1999), S. 41–51. 88 Beth Severy, Augustus and the Family at the Birth of the Roman Empire (New York: Routledge, 2003), S. 42. 89 Appian, Bürgerkriege, 5,111–112. 90 Vgl. William M. Murray, The Age of the Titans: The Rise and Fall of the Great Hellenistic Navies (New York: Oxford University Press, 2012), S. 166 f. 91 Augustus, Taten des vergöttlichten Augustus, 25. 92 Sueton, Augustus, 16.3. 93 Augustus, Taten des vergöttlichten Augustus, 29,1. 94 Vgl. Marjeta Šašel Kos, „Octavian’s Illyrian War: Ambition and Strategy“, in: The Century of the Brave: Roman Conquest and Indigenous Resistance in Illyricum During the Time of Augustus and His Heirs: Proceedings of the International Conference, Zagreb, 22.–26. 9. 2014, hrsg. v. Marina Milecivic Bradač und Dino Demechili (Zagreb: FF Press, 2018), S. 48 f. 95 Vgl. Scott, „Political Propaganda“, S. 48 f. 96 Sueton, Augustus, 70; Sueton, Life of Augustus (Vita Divi Augusti), hrsg. u. komm. V. D. Wardle, S. 443–446; Marleen Flory, „Abducta
Neroni Uxor: The Historiographic Tradition on the Marriage of Octavian and Livia“, in: Transactions of the American Philological Association 118 (1988) S. 343–359. 97 Plutarch, Antonius, 33,2–4; Sueton, Augustus, 70,2. 98 Christopher B. R. Pelling, „The Triumviral Period“, in: The Cambridge Ancient History, Bd. 10, The Augustan Empire, 43 B. C. – A. D. 69, hrsg. v. Alan K. Bowman, Edward Champlin und A. W. Lintott (Cambridge: Cambridge University Press, 1996), S. 49. 99 Plinius, Naturgeschichte, 14,22. Siehe Kenneth Scott, „Octavian’s Propaganda and Antony’s De Sua Ebrietate“, in: Classical Philology 24, Nr. 2 (1929) S. 133–141. 100 Sueton, Augustus, 69,1–2. 101 Ebd., 69,2. Uxor mea est könnte man mangels Satzzeichen sowohl als Frage übersetzen („Ist sie etwa meine Frau?“) als auch als Feststellung („Sie ist meine Frau“). Aber als Feststellung würde der Satz wenig Sinn ergeben, da es bei Antonius’ Aufzählung von Octavians Affären ja gerade darum geht, dass beide Männer ihre Frauen betrogen – und nicht darum, dass Antonius ein Bigamist war (zumal seine Frau Octavians Schwester war). Es war also gewiss als Frage gemeint: „Ist sie etwa meine Frau?“ 102 Plutarch, Antonius, 37,3–4; 38,1–2; A. S. Schieber, „Anthony and
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Anmerkungen
112 Plutarch, Antonius, 50,6; Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,40,3–4. 113 Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,40,3–4. 114 Plutarch, Antonius, 54,4–9; Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,41. 115 Strabon, Geographie, 17,795. 116 Plutarch, Antonius, 54,5. 117 Tim G. Parkin, Old Age in the Roman World: a Cultural and Social History (Baltimore: Johns Hopkins University Press, 2003), S. 20 f. 118 Plutarch, Antonius, 56,2. 119 Einer von ihnen war Geminius, der im Auftrag von Freunden des Antonius aus Rom kam, um ihn zu überreden, Kleopatra nach Ägypten zurückzuschicken (ebd., 59,1–5). 120 Es ist möglich, dass Antonius dies ebenfalls tat und die auguste ische Propaganda später dafür sorgte, dass diese Leistung in Vergessenheit geriet. Siehe Duane W. Roller, „The Lost Building Program of Marcus Antonius“, in: L’Antiquité Classique 76 (2007) S. 87–98. 121 W. W. Tarn, „Alexander Helios and the Golden Age“, in: Journal of Roman Studies 22, Nr. 2 (1932) S. 135–160; Michael Grant, Kleopatra. Eine Biographie (Bergisch Gladbach: Gustav Lübbe Verlag, 1977), S. 242–244. 122 Plutarch, Antonius, 56,6. 123 Ebd., 56,7–10. 124 Plutarch, Antonius, 57,2–3. 125 Ebd., 57,4; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,3,2.
Parthia“, in: Rivista storica dell’Antichità 9 (1979) S. 111. 103 Pelling (1988), S. 225. 104 Plutarch, Antonius, 37,3; Schieber, „Anthony and Parthia“, S. 111. 105 Plutarch, Antonius, 53,1–4. 106 Ebd., 53,2; Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,33,3–4; Pelling (1988), S. 244 f. 107 Plutarch, Antonius, 54,1; Pelling (1988), S. 248, suggeriert, dass Octavian in Wirklichkeit öffentlich vielleicht nur andeutete, dass Octavia berechtigt gewesen wäre, sich von Antonius scheiden zu lassen, wenn sie es gewollt hätte. 108 Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,38,1. Es ist unklar, ob die hier im Folgenden geschilderten Ehren im Senat oder per Volksversammlung beschlossen wurden. Siehe R. A. Bauman, „Tribunician Sacrosanctity in 44, 36 and 35 B. C.“, in: Rheinisches Museum für Philologie 124, Nr. 2 (1981) S. 174–178. 109 Richard A. Bauman, Women and Politics in Ancient Rome (London: Routledge, 1992), S. 93. 110 Man beachte, dass Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,38,1, Octavia vor Livia nennt; gleichwohl kommt Livia in der Geschichte Roms insgesamt die größere Bedeutung zu. 111 Siehe Marleen B. Flory, „Livia and the History of Public Honorific Statues for Women in Rome“, in: Transactions of the American Philological Association 123 (1993) S. 295 f.
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126 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,3,2; Seneca, Suasoriae 1,6. 127 Antonius besaß zwei Wohnhäuser in Rom: eines auf dem Palatin (Cassius Dio, Römische Geschichte, 53,27,5) und eines – das ehemalige Haus von Pompeius Magnus – gegenüber dem Forum auf einem Hügel mit Blick auf die Gegend, wo später das Kolosseum entstand. Siehe Eva Margareta Steinby, Lexicon Topographicum Urbis Romae, Bd. 2 (Rom: Quasar, 1993), S. 34 und Plutarch, Antonius, 54,5. Beide Adressen waren sehr mondän. Es ist nicht klar, in welchem Haus Octavia wohnte. Zum Datum Mai oder Juni siehe Sueton, Life of Augustus (Vita Divi Augusti), übers., komm. u. mit einer Einf. v. D. Wardle, S. 442. 128 Sarah Rey, „Les larmes romaines et leur portée: une question de genre?“, in: Clio – Femmes, Genre, Histoire 41, Nr. 1 (2015) S. 243–264. 129 Plutarch, Antonius, 57,4. 130 Pelling (1988), S. 259.
131 Appian, Bürgerkriege, 5,144. 132 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,83,2. 133 Ebd. 134 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,3,2. 135 Plutarch, Antonius, 58,4. 136 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,83,1. Dass Kleopatra ihm ihre Gunst entzog, könnte ein weiteres Problem gewesen sein: Plutarch, Antonius, 58,4. 137 Plutarch, Antonius, 58,4–6; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,3,3–5; Sueton, Augustus, 17. 138 Plutarch, Antonius, 58,7. 139 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,4,3–4. 140 Sueton, Augustus, 99,1. 141 Plutarch, Antonius, 58,10. 142 Ebd., 60,1. 143 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,4,5; vgl. Augustus, Taten des vergöttlichten Augustus, 7,3. 144 Augustus, Taten des vergöttlichten Augustus, 25.
Teil 2: EIN PLAN UND EIN ANGRIFF 1 Vgl. Tomislav Bilič, „The Myth of Alpheus and Arethusa and Open-Sea Voyages on the Mediterranean – Stellar Navigation in Antiquity“, in: International Journal of Nautical Archaeology 38, Nr. 1 (2009) S. 116–132; James Morton, The Role of the Physical Environment in Ancient Greek Sailing
(Leiden: Brill, 2001), S. 151, 153 f., 185–187. 2 William M. Murray, persönlicher Austausch mit dem Autor, September 2020. 3 Iulius Caesar, Bürgerkrieg, 3,23–28; Plutarch, Antonius, 7,1–6; Appian, Bürgerkriege, 2,59; Cassius Dio, Römische Geschichte, 41,48.
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Anmerkungen
4 Plutarch, Antonius, 35,1; Appian, Bürgerkriege, 5,56–61. 66. 93–95. 5 Plutarch, Antonius, 58,1–2; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,10,3–6. 6 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,7,3. 9,1; Servius, Kommentar zur Aeneis, 7,684; Grant, Cleopatra, S. 273. 7 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,7,3. 8 Ebd., 50,11,5; Syme, Die römische Revolution, S. 270. 9 Livius, Periochae, 132,2. 10 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,82,4. 11 Plutarch, Antonius, 58,1–3; Pelling (1988), S. 259 f. 12 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,9,2. 13 Ebd., 50,5,4; Properz, Elegien, 3,11,45–46; Anthologia Latina, 1,462,3; Ovid, Metamorphosen, 15,826–828; Elegie für Maecenas, 1,53–54; Florus, Römische Geschichte, 2,21,2; Eutro pius, Kurzfassung der Geschichte seit Gründung der Stadt, 7,7,1. 14 Ich bin William Murray zu Dank verpflichtet, der echte Pionierarbeit geleistet hat; siehe Murray, Age of Titans, S. 242 f. 15 Der griechische Fachbegriff für die ganz großen Schiffe ist einfach polyreme, was „vielruderig“ bedeutet. 16 Murray und Petsas, Octavian’s Campsite Memorial, S. 142–151; William M. Murray, „Reconsidering the Battle of Actium – Again“, in: Oikistes: Studies in Constitutions, Colonies, and Military Power in the Ancient World. Offered in Honor of
A. J. Graham, hrsg. v. Vanessa B. Gorman und Eric W. Robinson (Leiden: Brill, 2002), S. 342 f.; Murray, Age of Titans, S. 235–238. 17 Es hatte zuvor schon ein paar römische Seebelagerungen gegeben, wie die von Publius Cornelius Scipio Africanus bei Utica (im heutigen Tunesien) im Jahr 204 v. Chr., aber das waren Ausnahmen. 18 Siehe Murray, Age of Titans, S. 95–100, 125–128, passim. 19 Diodor, Historische Bibliothek, 20,83,2. 20 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,9,2. 21 Plutarch, Antonius, 58,3; siehe Pelling (1988), S. 260. 22 Livius, Periochae, 129; Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,14,3; Seneca, Über Wohltaten, 3,32,4; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,81,3; Vergil, Aeneis, 8,683–684; Ovid, Liebeskunst, 3,392; Plinius, Naturgeschichte, 16,7–8. Siehe die Diskussion in Meyer Reinhold, From Republic to Principate: An Historical Commentary on Cassius Dio’s Roman History Books 49–52 (36–29 B. C.) (Atlanta: Scholars Press, 1987), S. 34; Lindsay Powell, Marcus Agrippa: Right-Hand Man of Caesar Augustus (Barnsley: Pen & Sword Books, 2015), S. 63, 276 Anm. 124–127. 23 Vergil, Aeneis, 8,683, zit. nach der Übers. v. Christian Ludwig Neusser. 24 Siehe z. B. „RIC I (Second Edition) Augustus 158“ oder „RIC
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I (Second Edition) Augustus 160“, American Numismatic Society online, abgerufen am 12. April 2021, http://numismatics.org/ocre/id/ ric.1(2).aug.158 bzw. http://numismatics.org/ocre/id/ric.1(2).aug.160. 25 Von Korfu nach Alexandria sind es 968 Seemeilen bzw. 1793 Kilometer („Orbis: The Stanford Geospatial Network of the Ancient World“, Stanford University Libraries online, abgerufen am 12. April 2021, http:// orbis.stanford.edu). 26 Vgl. Roger Crowley, City of Fortune: How Venice Ruled the Seas, (New York: Random House, 2011), S. 120. 27 Vegetius, Epitome, 3,26; Paul Erdkamp, Hunger and the Sword: Warfare and Food Supply in Roman Republican Wars (264–30 B. C.) (Amsterdam: J. C. Gieben, 1998), S. 27. 28 Viele Beispiele finden sich in Jonathan P. Roth, The Logistics of the Roman Army at War (264 B. C. – A. D. 235) (Leiden: Brill, 1999), passim. 29 Appian, Bürgerkriege, 5,118. 30 Shakespeare, Antonius und Cleopatra, Akt 2, Szene 2, V. 247, zit. nach der Übers. v. Wolf Graf von Baudissin. 31 Die Entfernungen basieren auf Berechnungen von „Orbis: Stanford Geospatial Network“, http://orbis. stanford.edu. Auf der Webseite wird Methone nicht genannt, wohl aber das heutige Kap Akitas (oder Akritas) etwa zehn Seemeilen südöstlich von
Methone („Sailing Distance Calculator“, Sail Greece, abgerufen am 12. April 2021, https://www.sailgreeceyachts.com/sailing-distancesgreece.html). 32 Vgl. Tomislav Bilič, „The Myth of Alpheus and Arethusa and Open-Sea Voyages on the Mediterranean – Stellar Navigation in Antiquity“, in: International Journal of Nautical Archaeology 38, Nr. 1 (2009) S. 116–132; Morton, Role of Physical Environment in Ancient Greek Sailing, S. 185–187. 33 Die Entfernungen basieren auf Berechnungen des „Sailing Distance Calculator“, abgerufen am 12. April 2021, https://www.sailgreeceyachts. com/sailing-distances-greece.html. „Orbis: Stanford Geospatial Network“, http://orbis.stanford.edu, nennt eine Entfernung von 751 Kilometern bzw. etwa 395 Seemeilen, nimmt aber eine weniger direkte Route an. 34 Zur Navigation in der Antike siehe Morton, Role of Physical Environment in Ancient Greek Sailing, S. 122 f., 185–194; James Beresford, The Ancient Sailing Season (Leiden: Brill, 2013), S. 173–212; E. G. R. Taylor, The Haven-Finding Art: A History of Navigation from Odysseus to Captain Cook (New York: Abelard-Schuman, 1957), S. 3–64; Harold Augustin Callahan, The Sky and the Sailor: A History of Celestial Navigation (New York: Harper & Brothers, 1952), S. 10–18. 35 Livius, Von der Gründung der Stadt an, 31,23.
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Anmerkungen
42 Zur Geschwindigkeit römischer Kriegsflotten siehe Lionel Casson, Ships and Seamanship in the Ancient World (Princeton, NJ: Princeton University Press, 1971), S. 292–296. 43 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,9,4. 44 Ebd. 45 Zu Bogud siehe u. a. G. Camps, „Bogud“, in: Encyclopédie Berbère, Bd. 10 (Aix-en-Provence: EDISUD, 1991), Sp. 1557 f.; Duane W. Roller, The World of Juba II and Kleopatra Selene: Royal Scholarship on Rome’s African Frontier (London: Routledge, 2003), S. 55–58. 46 Sueton, Iulius Caesar, 52,1; Sallust, Jugurtha, 80,6. 47 Cassius Dio, Römische Geschichte, 43,36,1. 38,2–3. 48 Zu maurischen Reitern siehe Michael Speidel, „Mauri Equites: The Tactics of Light Cavalry in Mauretania“, in: Antiquités africaines 29 (1993) S. 121–126. 49 Appian, Bürgerkriege, 2,104. 50 Zum Folgenden: 431 v. Chr.: Thukydides, Peloponnesischer Krieg, 2,35,1–3; illyrische Plünderer: Pausanias, Beschreibung Griechenlands, 4,35,6–7. 51 N. A. Bees, „Modon“, in: Encyclopaedia of Islam, 2. Aufl., hrsg. v. P. Bearman u. a., abgerufen am 14. Dezember 2020, http://dx.doi.org. proxy.library.cornell.edu/10.1163/15733912islamSIM5250. 52 Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,6.
36 Zuerst offenbar J. Kromayer, „Kleine Forschungen zur Geschichte des Zweiten Triumvirats. VII. Der Feldzug von Actium und der sogenannte Verrath der Cleopatra“, in: Hermes 34, Nr. 1 (1899) S. 9. Siehe auch Giovanni Brizzi, „La Battaglia d’Azio“, in: Cleopatra: Roma e l’Incantesimo Dell’Egitto, hrsg. v. Giovanni Gentili (Mailand: Skira, 2013), S. 21 f. 37 Kromayer, „Kleine Forschungen“, S. 9, 25, Nr. 2, zeigt, dass Agrippa nicht viel später als im März begonnen haben kann, wenn wir alles, was er im Jahr 31 v. Chr. unternahm, in die Zeit vor der Schlacht bei Actium am 2. September einordnen wollen. Zur Schifffahrt im Winter siehe Beresford, Ancient Sailing Season, S. 269 f. 38 Darauf weist Jean-Michel Roddaz hin, Marcus Agrippa (Rom: École française de Rome, 1984), S. 168 f. 39 Der Kommandant war Gaius Lucretius Gallus; Livius, Von der Gründung der Stadt an, 42.48.9. 40 Zum Einsatz von Aufklärungsschiffen und meeresblauer Tarnfarbe bei den Römern siehe Polybios, Universalgeschichte, 3,95–96; Iulius Caesar, Afrikanischer Krieg, 26,3–4; Vegetius, Epitome, 4,37; N. J. E. Austin und N. B. Rankov, Exploratio: Military and Political Intelligence in the Roman World (New York: Routledge, 1995), S. 59 f., 62, 237. 41 Gaius Lucretius Gallus, 171 v. Chr.; Livius, Von der Gründung der Stadt an, 42,48,9.
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62 Vgl. Kevin Andrews, Castles of the Morea, überarb. Aufl., Vorwort von Glenn R. Bugh (Princeton: American School of Classical Studies at Athens, 2006), S. 58–83. 63 Lawrence, Aims in Fortification, S. 473 f. 64 John C. Kraft und Stanley E. Aschenbrenner, „Paleogeographic Reconstructions in the Methoni Embayment in Greece“, in: Journal of Field Archaeology 4, Nr. 1 (Frühjahr 1977) S. 22; Pausanias, Beschreibung Griechenlands, 4,35,1–2. 65 Agrippa nahm Methone im Sturm und tötete dort König Bogud (Strabon, Geographie, 8,4,3; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,11,3; Porphyrios, Über die Enthaltung von tierischen Speisen, 1,25). Agrippas Angriff erfolgte vom Meer her (Strabon, Geographie, 8,4,3). Obwohl die Stadt Methone angeblich von einer sehr starken Garnison von Antonius’ Anhängern verteidigt wurde, startete Agrippa einen erfolgreichen Angriff (Mothonam urbem validissimo Antoniano praesidio munitam expugnavit: Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,6). 66 General Lamachos, 415 v. Chr., wie erwähnt in Thukydides, Peloponnesischer Krieg, 6,49. 67 Strabon, Geographie, 8,4,3. 68 Sapientza ist der heutige Name der Insel; der antike Name ist unbekannt. Die Entfernung per Schiff zwischen Prote und Sapientza beträgt laut dem „Sailing Distances Calcula-
53 Vgl. Murray, Age of Titans, S. 140, 290 f. 54 Plutarch, Brutus, 47,1–4; Roth, Logistics of the Roman Army at War, S. 282. 55 Maev Kennedy, „Lord Nelson’s Watch Expected to Fetch up to £450,000 at Sotheby’s“, Guardian online, 22. Juni 2018, https://www. theguardian.com/world/2018/jun/22/ lord-nelson-watch-battle-of-trafalgar-auction-sothebys; William Clark Russell und Sérgio Antônio Sapucahy da Silva, Horatio Nelson and the Naval Supremacy of England (New York: G. P. Putnam’s Sons, 1890), S. 203. 56 Morton, Physical Environment in Ancient Greek Sailing, S. 229 f. 57 Vgl. die Liste in A. W. Lawrence, Greek Aims in Fortification (Oxford: Clarendon Press, 1979), S. 53–66. Siehe auch Philip de Souza, „Naval Forces“, in: The Cambridge History of Greek and Roman Warfare, Bd. 1, Greece, the Hellenistic World, and the Rise of Rome, hrsg. v. Philip Sabin, Hans van Wees und Michael Whitby (Cambridge: Cambridge University Press, 2007) S. 450 f. 58 Philo, Poliorketika, 4,1,1–4; Lawrence, Aims in Fortification, S. 99, 101. 59 Philo, Poliorketika, 4,3,72–75.107. 60 Appian, Bürgerkriege, 5,109.116. 61 Appian, Kämpfe in Illyrien, 22–24 (wo die Stadt Segesta genannt wird); Cassius Dio, Römische Geschichte, 49,37.
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Anmerkungen
Foster, Dio’s Roman History, Bd. 5 (New York: G. P. Putnam’s Sons, 1917), S. 459. 77 Zur „Fischschwarm-Strategie“ siehe John Arquilla und David Ronfeldt, Swarming & the Future of Conflict (Santa Monica: Rand, 2000). 78 Plutarch, Antonius, 68,4. 79 Ebd., 59,8. 80 Grant, Kleopatra, S. 282. 81 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,1. 82 Grant, ebd. 83 Plutarch, Antonius, 60,2–7; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,8,1–6, 10,2,3. 84 Plutarch, Antonius, 33,2–4; Über das Glück der Römer, 319–320. 85 Plutarch, Antonius, 62,2–4; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,9,5–6. 86 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,11,1; Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,7. Reinhold, From Republic to Principate, S. 102, argumentiert überzeugend gegen Cassius Dios Behauptung, Octavian habe zunächst versucht, Korkyra im Winter zu erobern, sei aber von einem Sturm davon abgehalten worden und habe die Insel dann schließlich im Frühjahr erobert. Diese Ehre gebührt Agrippa. 87 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,12,1. 88 Plutarch, Antonius, 62,6. 89 Ebd.; Pelling (1988), S. 272; dort zitiert: J. N. Adams, The Latin Sexual Vocabulary (London: Duckworth,
tor“ von Sail Greece etwa 20 Seemeilen; abgerufen am 12. April 2020, https://www.sailgreeceyachts.com/ sailing-distances-greece.html. 69 Appian, Bürgerkriege, 5,106. Zu nächtlichen Überraschungsangriffen von der Seeseite her siehe Polybios, Universalgeschichte, 1,49,6 – 50,64 und Philip de Souza, „Naval Battles and Sieges“, in: The Cambridge History of Greek and Roman Warfare, Bd. 1, Greece, the Hellenistic World, and the Rise of Rome, hrsg. v. Philip Sabin, Hans Van Wees und Michael Whitby (Cambridge: Cambridge University Press, 2007) S. 444. 70 Livius, Von der Gründung der Stadt an, 31,23. 71 Fred Espenak, „Phases of the Moon –0099 to 0000 (0100 to 0001 BCE)“, AstroPixels.com, zuletzt verändert am 21. Dezember 2014, http:// astropixels.com/ephemeris/phasescat/phases-0099.html. 72 Livius, Von der Gründung der Stadt an, 31,23. 73 Frontinus, Strategemata, 3,9,4. Frontinus nenn den General Lucius Cornelius Rufinus, womit er eventuell Lucius Cornelius Scipio meint. 74 Vgl. die Erörterung der strategischen Folgen des Falls von Methone in Michael Grant, Kleopatra, S. 281–283. 75 Drake eroberte 1587 das spanische Cádiz. 76 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,11,3. Übersetzung nach Earnest Cary und Herbert Baldwin
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98 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,2. 99 Appian, Bürgerkriege, 5,139; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,13,5; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,1. 100 Southern, Antony, loc. 3528 von 4044 (Kindle eBook); „RRC 545/1“, American Numismatic Society online, abgerufen am 12. April 2021, http://numismatics.org/crro/id/rrc545.1. 101 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,13,5. 102 Reinhold, From Republic to Principate, 103. 103 Appian, Bürgerkriege, 3,40; Cassius Dio, Römische Geschichte, 45,12,1–2. 104 Plutarch, Antonius, 63,9–11. Siehe Pelling (1988), 276. 105 Horaz, Epoden, 9,17–20.
1982), S. 23; Amy Coker, „How Filthy was Cleopatra? Looking for Dysphemistic Words in Ancient Greek“, in: Journal of Historical Pragmatics 202 (2019) S. 186–203. 90 Sueton, Augustus, 68,1. 91 Tacitus, Annalen, 2,53. 92 Google Earth; William M. Murray, persönlicher Austausch mit dem Autor, 11. September 2020. 93 83 Meter: laut Vergos Kostas, autorisierter Dozent und Fremdenführer in Ioannina, Griechenland; persönliche Mitteilung an den Autor, 14. September 2020. 94 Diese Mole befindet sich in einem Ort namens Mytikas. 95 Murray, persönlicher Austausch mit dem Autor, September 2020. 96 Plutarch, Antonius, 63,1; Pelling (1988), S. 273. 97 T. Rice Holmes, The Architect of the Roman Empire (Oxford: Clarendon Press, 1928), S. 1, 149.
Teil 3: DIE SCHLACHT BEI ACTIUM 7 W. W. Tarn, „The Battle of Actium“, in: Journal of Roman Studies 21 (1931) S. 188. 8 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,13,6; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,2. 9 Plutarch, Antonius, 63,3–4; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,2; Sueton, Nero, 3,1; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,13,6.
1 Dies sind die wahrscheinlichsten Krankheiten, die Antonius’ Männer hätten ereilen können. 2 Homer, Ilias, 1,43–48, übers. v. Johann Heinrich Voß. 3 Plutarch, Antonius, 62,1. 4 Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,4. 5 Plutarch, Antonius, 68,4. 6 Homer, Ilias, 1,59–61, übers. v. Johann Heinrich Voß.
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Anmerkungen
10 Wir kennen Ahenobarbus’ Route zu Octavians Lager nicht, aber in der Bucht von Gomaros ist das Meer normalerweise zu rau, als dass man in einem kleinen Boot hätte hinüberrudern können (Vergos, persönliche Mitteilung an den Autor, 18. September 2020). 11 Plutarch, Caesar, 34.5. Siehe Pelling (1988), S. 63.3–4, 274. 12 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,13,7. 13 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,1. 14 Plutarch, Antonius, 59,6; zur Chronologie der Ereignisse siehe Syme, Die römische Revolution, S. 272. 15 Vgl. „Publicola“, in: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Hrsg.), Der Neue Pauly: Enzyklopädie der Antike. (Stuttgart/Weimar: Metzler 1996–2003). Im römischen Adel wurde man in der Regel im Erwachsenenalter adoptiert. Eine Adoption diente wie eine Ehe dazu, politische Allianzen zu schmieden. 16 Vgl. „Corvinus“, in: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Hrsg.), Der Neue Pauly. 17 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,13,8. 18 Michael Grant, From Imperium to Auctoritas: A Historical Study of Aes Coinage in the Roman Empire, 49 B. C. – A. D. 14 (Cambridge: University Press, 1946), S. 39–41. 19 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,14,1–3. 20 Plutarch, Antonius, 63,6.
21 Ebd., 63,6–8; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,14,4. 22 Caesar, Bürgerkrieg, 3,96,1. 23 Seneca, Suasoriae, 1,7. 24 Ebd.; Holmes, Architect, 1, 149. 25 Plutarch, Antonius, 63,4; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,22,8. 26 Plutarch, Antonius, 63,7; Pelling (1988), S. 275. 27 Plutarch, Antonius, 63,8; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,15,1–3. 28 Siehe Sheppard, Actium 31 BC: Downfall of Antony and Cleopatra (Oxford: Osprey, 2009), S. 62. Tatsächlich sah sich Octavian im Winter nach der Schlacht in Italien mit einer Beinahe-Meuterei demobilisierter Veteranen konfrontiert, zu denen allerdings keine Soldaten von Antonius gehörten: Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,4–5. 29 Plutarch, Antonius, 64,1; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,15,3; Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,8. 30 Plutarch, Antonius, 62,1. 31 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,15,2–3. 32 Plutarch, Antonius, 63,8. 33 Ebd., 59,6; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,23,1; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,2; Seneca, Suasoriae 1,7. 34 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,31,1–2. 35 Ebd., 50,31,1–3. Cassius Dios Aussage, dass Antonius’ Flotte am Morgen der Schlacht in einen Sturm geriet, ist sicherlich genauso falsch
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(Reinhold, From Republic to Principate, S. 113 f.) wie seine Vermutung, dass Octavian und Agrippa bis zum Morgen der Schlacht gewartet hätten, um einen Plan auszuarbeiten. 36 Murray, „The Rostrate Façade of the Victory Monument“, S. 5–6 Anm. 9. 37 Murray und Petsas, Octavian’s Campsite Memorial, S. 55 f.; Murray, Age of Titans, S. 38–47. 38 Strabon, Geographie, 7,7.6. 39 Plutarch, Antonius, 64.1; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,15,4. Siehe Pelling (1988), S. 276. 40 Florus, Römische Geschichte, 2,21,5; Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,6. 41 Ich danke Peter Yao dafür, dass er diesen Punkt mit mir erörtert hat. 42 Murray, Age of Titans, S. 243. 43 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,16,3. 30,4; vgl. den Kommentar von Reinhold, From Republic to Principate, S. 106. 44 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,15,4. 45 Plutarch, Antonius, 64,4. 46 Ebd., 64,2–4; Shakespeare, Antonius und Cleopatra, Akt 3, Szene 7, V. 61–66. 47 Plutarch, Antonius, 64,3. 48 Philo, Poliorketika 21 [98.24], zit. In Murray, Age of Titans, S. 296. 49 Ich meine den nautischen Sonnenaufgang, siehe „Preveza, Greece – Sunrise, Sunset, and Daylength, September 2020“, „Time and Date AS“, abgerufen
am 12. April 2021, https://www. timeanddate.com/sun/greece/preveza?month=9&year=2020. 50 Plutarch, Antonius, 65,4. 51 Antonius’ Rede: Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,16–23. 52 Plutarch, Antonius, 65,5, wobei die letzte Quelle vermutlich die verschollenen Erinnerungen des Augustus sind. 53 Florus, Römische Geschichte, 2,21. Siehe hierzu Livius, Periochae, 133; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,1; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,18,5. 23,2–3. 29,1–4. 54 Murray, Age of Titans, S. 236. 55 Appian, Bürgerkriege, 5,11,98–99; vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,19,3. 56 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,84,1. 57 Vgl. Murray, „Reconsidering the Battle of Actium“, S. 348 f. 58 Vergil, Aeneis, 8,678–84, übers. v. Christian Ludwig Neusser. 59 Plutarch, Antonius, 65,6; John Carter, The Battle of Actium (London: Hamish Hamilton, 1970), S. 215–220; Murray, „Reconsidering the Battle of Actium“, S. 350 f. 60 Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,8. 61 Plutarch, Antonius, 64,1. 62 Carter, Battle of Actium, S. 217, schätzt hingegen, dass Antonius’ Schiffe im Durchschnitt etwa 110 bis 120 Decksoldaten hatten, Octavians Schiffe etwa 90; William M. Murray, „The Ship Class of the Egadi Rams
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70 Das Nilmosaik in Palestrina, Italien. 71 Plutarch, Antonius, 65,5. 72 Vergil, Aeneis, 8,689–690, übers. v. Christian Ludwig Neusser. 73 Appian, Bürgerkriege, 5,106– 108.118–21. 74 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,32,1. 75 So der Vorschlag von Murray, „Reconsidering the Battle of Actium“, S. 342 und Age of Titans, S. 241. 76 Sheppard, Actium 31 BC, S. 78. 77 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,32,5. 78 Murray, „Reconsidering the Battle of Actium“, S. 353. 79 Vergil, Aeneis, 8,707–708, zit. nach der Übers. v. Christian Ludwig Neusser. 80 Carter, Battle of Actium, S. 224. 81 Florus, Römische Geschichte, 2,21,11,8; vgl. Plinius, Naturgeschichte, 19,5,22 und Plutarch, Antonius, 60.3. 82 Plutarch, Antonius, 66,5; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,32,1–3; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,85,3; Florus, Römische Geschichte, 2,21,11,8. 83 Josephus, Gegen Apion, 2,59. 84 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,32,1–3. 85 Shakespeare, Antonius und Cleopatra, Akt 4, Szene 10, V. 13–18, zit. nach der Übers. v. Wolf Graf von Baudissin. 86 Plutarch, Antonius, 66,6. 87 Josephus, Gegen Apion, 2,59.
and Polybius’s Account of the First Punic War“, in: Jeffrey G. Royal und Sebastiano Tusa (Hrsg.), The Site of the Battle of the Aegates Islands at the End of the First Punic War: Fieldwork, Analyses and Perspectives 2005–2015 (Rom: L’Erma di Bretschneider, 2019), S. 29, schätzt, dass Antonius 95 Soldaten pro Schiff hatte. 63 „Actium (Greece; ACT)“, American Numismatic Society online, abgerufen am 12. April 2021, http:// numismatics.org/chrr/id/ACT; Irène Varoucha-Christodoulopoulou, „Acquistions du Musée d’Athènes“, in: Bulletin de Correspondance Hellénique 84 (1960) S. 495 f. 64 Natürlich könnten die Münzen auch einem anderen von Antonius’ Soldaten gehört haben als einem, der an Bord eines Schiffes kämpfte. 65 L. J. F. Keppie, „A Note on the Title ‚Actiacus‘“, in: Legions and Veterans: Roman Army Papers, 1971–2000 (Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 2000), S. 97 f. 66 Octavian und seine Propagandisten könnten an die Schlacht bei Marathon gedacht haben, deren Veteranen stolz die Bezeichnung „Marathon-Kämpfer“ (marathonomachoi) trugen. 67 Siehe „Billienus, C.“, in: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Hrsg.), Der Neue Pauly. 68 Vgl. „Sempronius“, ebd. 69 G. Funaioli (Hrsg.), Grammaticae Romanae fragmenta (Leipzig, Ger.: Teubner, 1907), S. 491 f.
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88 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,85,3. 89 Plutarch, Antonius, 66,7–8. 90 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,33,3. 91 Plutarch, Antonius, 66,8 – 67,1. 92 Ebd., 67,1. 93 Plinius, Naturgeschichte, 32,1; Aristoteles, Tierkunde, 2,14. 94 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,33,4. 95 Zum Beispiel, als beim „Spießrutenlauf von Wyborg“ (1790) der größte Teil der schwedischen Flotte entkam oder bei der Belagerung von Toulon (1793) der größte Teil der alliierten Flotte. In beiden Fällen erlitten die Flüchtenden allerdings dennoch einige schwere Verluste. 96 Murray, „Reconsidering the Battle of Actium“, S. 346 f. 97 Plutarch, Antonius, 68,2–4; Pelling (1988), a. a. O. Vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,1,4. 98 Für diesen Hinweis bin ich Philip de Souza zu Dank verpflichtet; persönliche Mitteilung an den Autor, 22. November 2019. 99 Plutarch, Antonius, 68,1; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,85,4; Sueton, Augustus, 17,2. 100 Hierzu siehe Jacqueline Leroux, „Les Problèmes stratégiques de la bataille d’Actium“, in: Recherches de philologie et de linguistique 2 (1968) S. 52–55; Murray, „Reconsidering the Battle of Actium“, S. 346 f., 353 f. 101 Plutarch, Antonius, 68,3.
102 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,85,4. 103 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,34,1. 104 Brennende Geschosse im Philippi-Feldzug 42 v. Chr.: Appian, Bürgerkriege, 4,115; William Ledyard Rodgers, Greek and Roman Naval Warfare: A Study of Strategy, Tactics, and Ship Design from Salamis (480 B. C.) to Actium (31 B. C.) (Annapolis: United States Naval Institute, 1937), S. 494. 105 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,34–35; Horaz, Oden, 1,37,13; Florus, Römische Geschichte, 2,21,6; Servius, Kommentar zur Aeneis, 8,682; Vergil, Aeneis, 8,694; vgl. Appian, Bürgerkriege, 5,121. 106 Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,34,4. 107 Vielen Dank an Adrienne Mayor, Forschungsstipendiatin für Classics, Geschichte und Philosophie der Wissenschaften, Stanford University, und Dr. Simon Cotton, Department of Chemistry, University of Birmingham, E-Mail vom 17. Juli 2020. 108 Vgl. Joshua Rapp Learn, „Historical Art Paints a Picture of Past Shark Abundance“, Hakai, zuletzt verändert am 22. Mai 2018, https:// www.hakaimagazine.com/features/ historical-art-paints-picture-pastshark-abundance/. 109 Plutarch, Antonius, 68,1; Cassius Dio, Römische Geschichte, 50,34,5.
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110 Plutarch, Antonius, 68,1; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,85,5. 111 Sueton, Augustus, 17. 112 Plutarch, Antonius, 68,1. 113 Ebd. 114 Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,12. 115 Properz, Elegien, 2,15,41; vgl. Jasper Griffin, „Propertius and Antony“, in: Journal of Roman Studies 67 (1977) S. 19. 116 Florus, Römische Geschichte, 2,21,11,7. 117 Orosius, Geschichte gegen die Heiden, 6,19,14; Inscriptiones Latinae Selectae, 79. 118 hoc voluerunt: Sueton, Iulius Caesar, 30. 119 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,85,3–5. 120 Vergil, Aeneis, 8,704–706, übers. v. Christian Ludwig Neusser. 121 Plutarch, Antonius, 67,1.5. 122 Vergil, Aeneis, 8,709. 123 Plutarch, Antonius, 67,6. 124 Ebd. 125 Ebd., 68,9. 126 Ebd., 68,10; Plinius, Naturgeschichte, 35,200. 127 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,5,3. 128 Ebd., 51,1,5; Plutarch, Antonius, 68,5; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,85,6. 129 Keppie, „Antony’s Legions“, S. 81–83; L. J. F. Keppie, The Making of the Roman Army: From Republic
to Empire (Totowa: Barnes & Noble Books, 1984) S. 134–136. 130 Augustus, Taten des vergöttlichten Augustus, 1,3. 131 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,1,1; Übers. nach M. Reinhold, From Republic to Principate, S. 118. 132 Cicero, Briefe an Atticus, 16,15,3. 133 Für Quellen hierfür siehe Carlin A. Barton, Roman Honor: The Fire in the Bones (Berkeley: University of California Press, 2001), S. 50. 134 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,6,3. 135 Osgood, Caesar’s Legacy, S. 387 f. sowie Inscriptiones Latinae Selectae, 2672; Adrian Keith Goldsworthy, Antony and Cleopatra (New Haven: Yale University Press, 2010), loc. 6076 + 6076 Anm. 7 von 8957, Kindle eBook. 136 „Lasst in den fasti [amtlichen Aufzeichnungen] vermerken, dass Caesar die Krone abgelehnt hat!“ (Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,6,4). 137 Cicero, Philippische Reden, 2,85–87. 138 Sueton, Augustus, 25,4. 139 Augustus, Taten des vergöttlichten Augustus, 3. 140 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,86,2. 141 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,2,4. 16,1. 142 Ebd., 51,2,4–6; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,87,3; Rein-
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150 Vgl. Reinhold, From Republic to Principate, S. 124. 151 Plutarch, Antonius, 68,6. 152 Ebd.; Chrysostomos, Reden, 31,66; G. W. Bowersock, Augustus and the Greek World (Oxford: Clarendon Press, 1965), S. 85 Anm. 4; Osgood, Caesar’s Legacy, S. 385 f. 153 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,4,1; 54,9,10; Sueton, Augustus, 93; Plutarch, Antonius, 23,2; Pelling (1988), S. 176. 154 Zu Rhosos, Seleukos und Octavian siehe Osgood, Caesar’s Legacy, S. 375–377, 386, mit Belegen. 155 Plutarch, Antonius, 73,2; Sueton, Augustus, 17,3; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,3 – 5,1. 156 „Orbis: Stanford Geospatial Network“, http://orbis.stanford.edu. 157 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,4,4. 158 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,5,2. 159 Ebd., 51,4,7–8. 160 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,88.
hold, From Republic to Principate, S. 124, zu den Quellen. 143 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,2,5; Syme, Die römische Revolution, S. 276. 144 Josephus, Jüdischer Krieg, 1,391–392 und Jüdische Altertümer, 15,187–195. 145 Appian, Bürgerkriege, 4,46; Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,77,2. 146 Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 2,86,2. 147 Für die hübsche Theorie von Syme, Die römische Revolution, S. 274, dass die Begnadigung eine Belohnung dafür war, dass Sosius Antonius’ Flotte in der Schlacht verraten hatte, gibt es leider keinen Beleg. 148 Josephus, Jüdischer Krieg, 1,353.357; Barton, Roman Honor, S. 144. 149 Im Jahr 17 v. Chr. Corpus Inscriptionum Latinarum (Berlin: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, 1863 ff.) Bd. 6, Nr. 32323. Siehe „Sosius“, in: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Hrsg.), Der Neue Pauly.
Teil 4: DAS ENDE 1 „Filters“, American Numismatic Society online, abgerufen am 12. April 2021, http://numismatics.org/search/ results?q=issuer_facet:%22L.%20Pinarius%20Scarpus%22&lang=en. 2 Jean-Sébastien Balzat und Benjamin W. Mills, „M. Antonius Aristo-
crates: Provincial Involvement with Roman Power in the Late 1st Century B. C.“, Hesperia: The Journal of the American School of Classical Studies at Athens 82.4 (2013) S. 651–672. 3 Plutarch, Antonius, 67,1.5–6.
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Anmerkungen
4 Ebd., 69,6 – 70,8; Pelling (1988), S. 291. 5 Kallimachos, in Rudolf Pfeiffer, Callimachus, Bd. 1: Fragmenta (Oxford: Clarendon Press, 1949), frag. 465, S. 353. 6 Walker und Higgs, Cleopatra, Kat.-Nr. 173, S. 174 f. 7 Plutarch, Antonius, 69,3–5; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,7,1. 8 Vgl. Pelling (1988), S. 26, 28 f., 294, 296. 9 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,6,4–6. 7,1. 8,1–6. 9,5–6; Plutarch, Antonius, 72–73. 10 Ebd., 73,1–5; ebd., 51,8,6–7. 9,5. 11 Plutarch, Antonius, 74,2; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,6,5–6. 12 Shakespeare, Hamlet, Akt 3, Szene 2, zit. nach der Übers. v. August Wilhelm von Schlegel. 13 Properz, Elegien, 3,9,55; Carmen de bello actiaco, Sp. II,14–19. 14 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,9,5–6. 15 Plutarch, Antonius, 74,1. 16 Ebd., 75,1. 17 Ebd., 75,4. 18 Vgl. Barry Strauss, Die Iden des März: Protokoll eines Mordes (Darmstadt: Theiss, 2017), S. 105 f. 19 Plutarch, Antonius, 75,4–6. 20 Konstantinos Kaváfis, Gedichte. Das gesammelte Werk, übers. v. Helmut von den Steinen (Amsterdam: Castrum Peregrini, 1955), S. 53 (Erstveröffentlichung 1911). 21 Ebd.
22 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,10,4. 23 Plutarch, Antonius, 76,3. 24 Plinius, Naturgeschichte, 21,9,12, behauptet, Antonius habe Kleopatra so sehr misstraut, dass er, wann immer sie zusammen aßen und tranken, auf einen Vorkoster bestand. 25 Plutarch, Antonius, 76,4; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,10,6. Der Standort von Kleopatras Mausoleum ist nicht bekannt, aber viele Forscher gehen davon aus, dass es sich in der Nähe des Palasts befand; B. Owen Jarus, „Where Is Cleopatra’s Tomb?“, Live Science, zuletzt verändert am 27. Juli 2020, https://www.livescience. com/where-is-cleopatra-tomb.html. 26 Quellen zu Antonius’ Suizid: Plutarch, Antonius, 76,3, Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,10,4, Livius, Periochae, 133. 27 Plutarch, Brutus, 43,8. Der Freigelassene hieß Pindarus. 28 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,10,8. 29 Plutarch, Antonius, 77,2–3; vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,8–9. 30 Sueton, Augustus, 17,4. 31 Plutarch, Antonius, 82,1; Roller, Cleopatra, S. 146. 32 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,15,1; Plutarch, Antonius, 84,3, erwähnt die Bestattung. 33 Ich folge der ausführlichen Darstellung von Plutarch, Antonius, 78,5 – 79,6. Eine komprimiertere
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University und Autor von Snakes: The Evolution of Mystery in Nature (Berkeley: University of California Press, 1997), vom 13. September 2020. Ich danke außerdem Adrienne Mayor, Forschungsstipendiatin für Classics, Geschichte und Philosophie der Wissenschaften, Stanford University. 46 Plutarch, Antonius, 6–8; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,11,2; Claudius Aelianus, Tiergeschichten, 9,11; Galen 14,235–36; Carmen de Bello Actiaco col. V,36–43; Pelling (1988), S. 296 f. 47 Horaz, Oden, 1,37,25–32; übers. v. Rudolf Minzloff. 48 Plutarch, Antonius, 80,2. 49 Ebd., 80,1; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,16,3–4; Themistios, Reden, 8,108b–c. 173b–c; Julian, An Themistius, 265c; Caesar, 21,326b; Briefe, 51,433d–34a. 50 Plutarch, Antonius, 80,30–4; Pelling (1988), S. 311 f. 51 Konstantinos Kaváfis, Gedichte. Das gesammelte Werk, übers. v. Helmut von den Steinen (Amsterdam: Castrum Peregrini, 1955), S. 87. 52 Walker und Higgs, Cleopatra, Kat.-Nr. 171 f., S. 172–174. 53 Vgl. die Granitstele von Kleopatra und Caesarion aus Karnak, heute im Museo delle Antichità Egizie, Kat. 1764, in Turin: Giovanni Gentili (Hrsg.), Cleopatra: Roma e l’incantesimo dell’Egitto (Mailand: Skira, 2013), Kat.-Nr. 17, 100–102, 251 f. 54 Sueton, Iulius Caesar, 52,2.
Version bietet Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,11,4–5. 34 Plinius, Naturgeschichte, 7,46; Sueton, Augustus, 16,3. 35 Ob sie Griechisch oder Latein sprachen oder einen Dolmetscher verwendeten, ist nicht bekannt. 36 Florus, Römische Geschichte, 2,21,11,9; übertragen nach der Übers. v. Forster, S. 327. 37 Cassius Dio behauptet, Kleopatra habe nach dem Treffen die Geschenke für Livia an Octavian geschickt, um ihn, was ihren Suizid anging, in Sicherheit zu wiegen; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,13,3. 38 Livius, Fragment 54 sowie Kommentare von Helenius Acron und Pomponius Porphyrio. 39 Plutarch, Antonius, 86,4. 40 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,14,1. 41 Plutarch, Antonius, 85,1. 42 Ebd., 85,7. 43 Vergil, Aeneis, 8,697; Horaz, Oden, 1,37,27; siehe z. B. Florus, Römische Geschichte, 2,21,11 und Properz, Elegien, 3,11,53. 44 Zur Größe siehe „Cobra“, San Diego Zoo Wildlife Alliance online, abgerufen am 12. April 2021, https:// animals.sandiegozoo.org/animals/ cobra. 45 Zu Themen rund um den Biss einer Kobra stütze ich mich auf eine persönliche Mitteilung von Harry W. Greene, emeritierter Professor des Department of Ecology and Evolutionary Biology der Cornell
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Anmerkungen
55 Zu Caesars Gesichtszügen siehe Jeremy Paterson, „Caesar the Man“, in: A Companion to Julius Caesar, hrsg. v. Miriam Griffin (Chichester: John Wiley & Sons, 2015), S. 126 f. 56 Sueton, Iulius Caesar, 52,1. 57 Vgl. Michael Gray-Fow, „What to Do with Caesarion?“, in: Greece & Rome 61, Nr. 1 (2014) S. 38 Anm. 3. 58 Nikolaos, Leben des Augustus, 3–6. 59 Plutarch, Antonius, 71,3; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,6,1. 60 Plutarch, Antonius, 81,2. 61 Zum Schicksal von Antyllus siehe ebd., 81,1; Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,6,2. 15.5; Sueton, Augustus, 17,5. 62 Plutarch, Antonius, 81,5. 63 Clemens von Alexandria, Stromateis, 21,129,1–2. 64 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,16,5; Sueton, Augustus, 18,1. 65 Ebd. 66 Die Datumsangaben in diesem Absatz basieren auf dem damals verwendeten römischen Kalender, nicht auf dem später von Augustus ab 8 v. Chr. revidierten Kalender. Zu den Details siehe T. C. Skeat, „The Last Days of Cleopatra: A Chronological Problem“, in: Journal of Roman Studies 43 (1953) S. 98, 100. 67 Corpus Inscriptionum Latinarum, 2. Aufl., Bd. 1: S. 323 und 244 = IIt. 13. 2. 191 (Fasti Amiternini); Cassius Dio, Römische Geschichte,
51,19,4–6; Reinhold, From Republic to Principate, S. 148 f. 68 Cassius Dio, Römische Geschichte 51,21,7–8. 69 Konstantinos Zachos, An Archaeological Guide to Nicopolis: Rambling Through the Historical, Sacred, and Civic Landscape, Monuments of Nicopolis 10 (Athen: DIPCA–Scientific Committee of Nicopolis, 2015), S. 60, 66–68; Zachos, „The Tropaeum of the Sea-battle of Actium at Nikopolis: An Interim Report“, in: Journal of Roman Archaeology 16 (2003) S. 90–92; Zachos, „The Triumph of Augustus on the Actium Monument at Nicopolis“ (Vortrag, September 24, 2013: https://www.youtube.com/ watch?v=LmaOgpXJHMA). 70 Ein Fries vom Tempel des Apollo Sosianus, das heute in der Centrale Montemartini in Rom zu sehen ist. 71 Sueton, Tiberius, 6,4. 72 Mary Beard, The Roman Triumph (Cambridge, MA: Harvard University Press, 2009), S. 224 f. 73 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,21,9. 74 Strabon, Geographie, 12,3,6.35; Robert Alan Gurval, Actium and Augustus: The Politics and Emotions of Civil War (Ann Arbor: University of Michigan Press, 1995), S. 28 f. 75 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,2,2; Gurval, Actium, S. 29. 76 Properz, Elegien, 2,1,31–34. 77 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,19,2.
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Anhang
78 Vergil, Aeneis, 8,714–719, übers. v. Christian Ludwig Neusser. 79 Cassius Dio, Römische Geschichte, 51,21,9. 80 Ebd., 51,22,1–2. 81 Ebd., 53,2–12. 82 Horaz, Satiren, 2,3,185–186. 83 Vergil, Aeneis, 1,279. 84 Cassius Dio, Römische Geschichte, 55,6,6–7; Sueton, Augustus, 31; Macrobius, Saturnalien, 1,12,35. 85 Macrobius, Saturnalien, 1,12,35. 86 Ebd. Ansonsten wissen wir nichts über ihn. 87 P. Köln, 4701, V. 12–14, in Kölner Papyri (Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 1987), S. 113 f.
88 Roller, World of Juba II and Kleopatra Selene, S. 251. 89 „Académie des inscriptions & belles-lettres“, L’Année Épigraphique, Jg. 1928 (Paris: Presses Universitaires de France, 1929) S. 26, Nr. 88. 90 Vgl. M. E. J. J. van Aerde, Egypt and the Augustan Cultural Revolution: An Interpretative Archaeological Overview, Babesch Supplements, 38 (Leuven: Peeters, 2019). 91 Stephanie Malia Hom, „Consuming the View: Tourism, Rome, and the Topos of the Eternal City“, in: Annali d’Italianistica, „Capital City: Rome 1870–2010“, 28 (2010) S. 91–116. 92 Cassius Dio, Römische Geschichte, 56,30,3.
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Literaturhinweise Vorbemerkung Für alle Leserinnen und Leser, die sich zusätzliche Informationen wünschen, folgt hier eine Liste der wichtigsten Werke, die ich herangezogen habe. Für die deutsche Ausgabe wurden einige deutsche Titel hinzugefügt.
Antike Quellen Die folgenden Werke sind alle in verschiedenen englischen, zum Teil auch in deutschen Übersetzungen verfügbar. Englische Übersetzungen gibt es etwa in der zweisprachigen Reihe „Loeb Classical Library“, bei Oxford University Press oder Penguin oder im Internet auf Seiten wie LacusCurtius (http://penelope.uchicago.edu/Thayer/E/Roman/Texts/home. html), Livius.org (https://www.livius.org/) und der Perseus Digital Library (www.perseus.tufts.edu). Deutsche Übersetzungen gibt es etwa in der zweisprachigen Sammlung Tusculum, bei Reclam oder der Wissen schaftlichen Buchgesellschaft. In Klammern empfehle ich nützliche Kommentare. Augustus. Res gestae Divi Augusti / Taten des vergöttlichten Augustus. (Ausg. v. A. Cooley. Cambridge: Cambridge University Press, 2009) Carmen de Bello Actiaco. (E. Courtney [Hrsg.], The Fragmentary Latin Poets. Oxford: Clarendon Press, 1993, S. 334–340) Cassius Dio. Römische Geschichte, insbes. Bücher 49–51. (R. Meyer, From Republic to Principate: An Historical Commentary on Cassius Dio’s Roman History Books 49–52 [36–29 B. C.]. Atlanta: Scholars Press, 1987) Cicero. Orationes Philippicae / Philippische Reden. Florus. Epitome / Römische Geschichte. Horaz. Epode, 1. 9; Ode, 1,37 („Kleopatra-Ode“) Josephus. Gegen Apion; Jüdische Altertümer. Livius. Ab urbe condita / Von der Gründung der Stadt an; Periochae / Inhaltsangaben. Nikolaos von Damaskus. Autobiographie; Leben des Augustus. (Zu beidem: Ausg. hrsg. v. M. Toher. Cambridge: Cambridge University Press, 2016) Orosius. Historiae adversus paganos / Geschichte gegen die Heiden.
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Plinius d. Ä. Naturalis historia / Naturgeschichte. Plutarch. Leben des Antonius. (Ausg. hrsg. v. C. B. R. Pelling. Cambridge: Cambridge University Press, 1988) Porphyrios. Über die Enthaltung vom Beseelten. Properz. Elegien, 2,15; 1; 3,11; 4,6. Strabon. Geographie. Sueton. Vita Divi Augusti / Leben des Augustus. (Ausg. v. D. Wardle. Oxford: Oxford University Press, 2014) Velleius Paterculus. Römische Geschichte. (The Caesarian and Augustan Narrative [2.41–93]. Hrsg. v. A. J. Woodman. Cambridge: Cambridge University Press, 1983) Vergil. Aeneis, Buch 8; Ekloge, 4.
Nachschlagewerke
Cancik, Hubert und Helmuth Schneider (Hrsg.). Der neue Pauly: Enzyklopädie der Antike. Stuttgart/Weimar: Metzler, 1996–2003. (Der Verlag Brill bietet eine ausgezeichnete Online-Ausgabe an.) Hornblower, Simon, Anthony Spawforth und Esther Eidinow. The Oxford Classical Dictionary. 4. Aufl. Oxford: Oxford University Press, 2012. Mantis: A Numismatic Technologies Integration Service: http://numismatics. org/search/ (Datenbank mit antiken Münzen aus der umfangreichen Sammlung der American Numismatic Society) Orbis: The Stanford Geospatial Network of the Ancient World. Stanford University Libraries: http://orbis.stanford.edu Talbert, Richard J. A. (Hrsg.), The Barrington Atlas of the Ancient Greco-Roman World. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2000. (Dieses Buch ist auch als App erhältlich.)
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Literaturhinweise
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Anhang
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Zum antiken Seewesen und zu Seeschlachten
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Abbildungsnachweis 1
American Numismatic Society
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bpk Bildagentur / Münzkabinett, Staatliche Museen, Berlin / Reinhard Saczewski / Art Resource, New York
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Metropolitan Museum of Art, New York
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bpk Bildagentur / Antikensammlung, Staatliche Museen, Berlin / Christoph Gerigk / Art Resource, New York
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bpk Bildagentur / Münzkabinett, Staatliche Museen, Berlin / Dirk Sonne wald / Art Resource, New York
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Katherine K. Adler Memorial Fund / The Art Institute of Chicago
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wikimedia commons / Carole Raddato
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Rowan / Wikimedia Commons
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Metropolitan Museum of Art, New York
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Metropolitan Museum of Art, New York
11
Matthew Sears
12
Barry Strauss
13
Scala / Art Resource, New York
14
Rijksmuseum, Amsterdam
15
akg-images / De Agostini Picture Lib. / G. Nimatallah
16
Abbildung mit freundlicher Genehmigung von Konstantinos L. Zachos
17
Barry Strauss
18
Illustration von Richard Scott. Abbildung mit freundlicher Genehmigung von William M. Murray
19
Metropolitan Museum of Art, New York
20
akg-images / De Agostini Picture Lib. / G. Dagli Orti
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Register Kursive Seitenzahlen verweisen auf Karteneinträge. Achaia 8, 69, 161 Acheron 168, 170 Achill 185, 304 Actium 8, 13, 15, 123, 127 f., 141, 161, 166 f., 170 f., 173–175, 178, 182, 260, 265, 271, 294, 323, 325, 329, Farbtafeln 12, 16–18 Actium, Golf von, siehe Ambra kischer Golf Actium, Schlacht bei 12, 14–17, 20 f., 23, 47, 118, 134, 140, 159, 181–258, 261 f., 264, 267, 273, 280, 283, 290, 299, 302, 307, 309 f., 312 f., 317, 319, 322 Adiatorix 309 f. Adria 8, 22, 25, 31, 37, 60, 77, 82, 108, 122, 126, 129, 140, 160, 164 f., 168–170, 185, 192, 194, 212, 329 Aeneis (Vergil) 203, 214, 221, 235, 310 Afrika 39, 117, 123, 150, 239 Ägäis 8, 41, 108, 191, 253, 317 Agrippa, Marcus Vipsanius 13, 17, 21 f., 29, 31, 35, 70 f., 77–80, 99, 124 f., 129, 133, 139–149, 151–160, 165, 168, 170, 172, 174 f., 178, 184–186, 189, 192, 196, 199 f., 202 f., 205, 208, 210, 212–215, 220, 222, 228, 230 f., 233 f., 236, 238, 241 f., 254, 280, 316, 319, 321, 324, 329 Ägypten 8, 13, 15, 21, 29, 33, 37, 42–47, 49–52, 62, 81, 86, 89, 91, 94, 96, 98, 102 f., 105–108, 114 f., 118, 124 f., 128, 130 f., 141, 158, 161 f., 193, 196–198,
225, 228, 237, 245, 248, 260, 263–265, 268, 270–272, 283, 293, 298, 300 f., 303, 305, 320, 324, 329 Ägyptische Kobra 291 f. Ahenobarbus, Gnaeus Domitius 59, 104–106, 108, 114, 124, 130, 143, 148, 186–188, 191, 194, 230, 241 f., 244 Akarnanien 123, 161, 172 Akropolis, Athen 110 Aktische Spiele 14 Alesia, Schlacht um 138 Alexander der Große 42, 46, 50, 52, 82, 89, 117, 135, 170, 246, 260, 266, 293, 296, 300, 304 Alexander Helios 89, 94, 96, 99, 265, 311, 322, Farbtafel 9 Alexander von Emesa 310 Alexandria, Ägypten 8, 13, 44, 46, 51 f., 54 f., 83, 91 f., 94–99, 103, 106, 115, 125, 135, 161, 194 f., 237 f., 246, 260–266, 268, 271–274, 276, 281– 283, 288 f., 292, 295–297, 299–305, 308, 310, 313 f., 319 f., 323–325, 329 Alexandrinische Schenkung 96, 328 Alexandrinischer Krieg, siehe Erobe rung Ägyptens Altar des augusteischen Friedens (Ara Pacis) 324, Farbtafel 20 Ambrakischer Golf 14, 127, 161, 166, 168, 170–173, 182, 208, 213, 233 Amerikanische Revolution 193 Amyntas (König von Galatien) 87, 167, 177, 188, 199
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Armeen, siehe auch Legionäre; spezifische Schlachten 22, 26, 32–34, 45, 51, 56, 58, 61, 72, 82, 87–91, 94, 106, 113, 115, 117, 130–132, 136, 151 f., 162, 164, 166, 168, 172–174, 176, 184 f., 191–193, 195–197, 205, 227, 240, 244 f., 248, 250, 253, 270, 274, 300, 305, 318 Armenien 9, 88, 90 f., 94, 96, 99, 108, 217, 238, 265, 295, 318, 328 Arminius 143 Arruntius, Lucius 199, 214, 226, 251 Arsinoë 37, 45, 287 Artavasdes II. (König von Armenien) 88, 90 Artavasdes II. (König von Media) 94 Artemisia I. (Königin von Karien) 195 Athen 8, 39, 41, 58 f., 71–73, 76, 91 f., 101, 109 f., 123, 125, 127, 146, 191, 252 f., 262, 268, 323 f. Athene 72, 109 f., 204, 262 Atia Balbus 28 f., 64 Atilius, Quintus 218 Atilius Regulus 218 Atropatene 88, 90, 92, 94, 99, 114, 138, 166, 193, 195, 217, 238, 265, 328 Aufustius, Marcus 218 August, Bedeutung für Octavian 319–321 Augusteischer Frieden 324 Augustus Caesar, Kaiser von Rom, siehe Octavian Augustusforum 324 Aurelia Cotta 63 Ausschwärmen, als Strategie 158 Ausweidung 278
Antigonos II. 251 Antiochia, Syrien 9, 88 f., 253, 271 Antipaxos 14, 123 Antonia (Antonius’ älteste Tochter) 71, 322 Antonia die Jüngere (Antonius’ Tochter) 72, 76, 322 Antonias (Kleopatras Flaggschiff) 163, 225, 238 Antonii (Familie) 24, 267 Antonius (Plutarch), siehe Leben des Antonius (Plutarch) Antonius und Cleopatra (Shakespeare) 12 f., 23, 43, 47, 143, 207, 225 f. Antonius, Iullus (Antonius’ Sohn) 338 Antonius, Lucius 56 f. Antonius, Marcus, Jugend und Aufstieg 24–28, 35–40, Farbtafeln 2, 6, 10, 14 Antonius, Marcus (Antonius’ Großvater) 24, 55 Antonius, Marcus „Creticus“ (Antonius’ Vater) 24 Antyllus (Marcus Antonius; Antonius’ Sohn) 74, 111, 268, 301 f. Aphrodisias 83 Aphrodite (Venus), Kleopatra iden tifiziert mit 43 f., 53, 56 Apis-Stier 304, 324 Apollo 12, 16, 66, 84, 183 f., 171, 189, 235, 251, 315 Apollonia (Albanien) 31, 82, 123 Appian von Alexandria 23, 71, 142 Aquili Flori 249 Arabien 72, 87, 167 Archelaos 87 Areios 285 f., 303 Argonautica 263 Aristocrates, Marcus Antonius 261
Balkan 218, 318
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Register
Begnadigungen 251 f., 267 Belagerungsstrategie 25, 60, 82, 89 f., 129, 135–138, 150, 153, 185, 190, 192 f., 274 Bestechung 107, 163, 245, 252 Billienus, Gaius 218 Billienus, Marcus 218 Bocchus II. (afrikanischer König) 149 f. Bogenschützen 87, 207, 210, 216 f., 220 Bogud II. (afrikanischer König) 149– 152, 156–158, 160, 231, 236, 323, 329 Brundisium 60 f., 67, 122, 124, 129–131, 133, 136, 138, 144 f., 153, 164 f., 169, 192, 255 f. Brundisium, Vertrag von 61, 64, 66, 328 Brutus, Marcus Iunius 27, 34–39, 41, 43, 166 f., 174, 177, 188, 192, 237, 261, 280, Farbtafel 1 Bürgerkriege, römische, siehe auch Ptolemäischer Krieg; Eroberung Ägyptens 20, 24 f., 30, 36 f., 39, 51, 60, 64, 80 f., 83, 87, 89, 105, 112, 117, 194 f., 218, 234, 237, 240, 249, 265, 271, 282, 302, 307, 309, 311, 315–317, 321 Burgoyne, John 193 Byzanz 127, 153
293, 296–303, 305, 311, 320 f., 329, Farbtafeln 7, 8 Caligula (Gaius) (Kaiser von Rom) 322 Calpurnia 63 Canidius Crassus, Publius 88, 106 f., 187, 193–196, 239 f., 249 Casinum (Cassino) 65 Cassius Dio 23, 132, 155, 168, 203, 209–211, 225, 227, 231–233, 243, 249, 267, 269, 272, 276, 278, 285–287, 289 f., 292, 313 Cassius Longinus, Gaius 27 Cassius Parmensis, Gaius 83, 249 Catilinarische Verschwörung 24 Cato der Jüngere 237 Chalkis 146, 156 Charmion 290 f. Cheops 303 Cheops-Pyramide 262 Christentum, Rolle Alexandrias im 305 Churchill, Winston 15, 165 Cicero, Marcus Tullius 23 f., 33 f., 36, 83, 113, 285 Circus Maximus 307 Claudius (römischer Kaiser) 322 Clinton, Henry 193 Clodia 60 Clodius Pulcher, Publius 26 Coelius, Quintus 218 f. Concordia 65 Cornelia 93 Cornelius Dolabella 289 Cornelius Gallus, Lucius 271 Corvinus, Marcus Valerius Messalla 188 Crassus, Marcus Licinius 87 f., 90, 99, 187, 194
Caesar, Gaius Iulius 20–22, 25–34, 36 f., 51–53, 63 f., 80–82, 87, 105, 118, 129, 149, 328 Caesar, Gaius Iulius Octavianus, siehe Octavian (Augustus Caesar) Caesarea (Cherchell, Algeria) 323 Caesarion (Ptolemaios XV.) 21, 29, 49, 52 f., 96, 104, 115, 118 f., 257, 288,
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Anhang
Epirus 14, 123, 170 Erdwälle 175, 246 Eroberung Ägyptens (Alexandri nischer Krieg) 245, 307 Etrusker 246 Eunoë (Ehefrau von Bogud II.) 149 Euripides 116 Eurycles, Gaius Iulius (Eurykles von Sparta) 159, 229 Eutyches 216 Euxinisches (Schwarzes) Meer 42, 54, 195, 309 evocatio (Zeremonie vor der Schlacht) 274 Exil 37, 44 f., 51, 61, 102, 150, 251 f., 256 f., 265, 267, 288, 300, 311, 318 f.
Curia Iulia (Senatsgebäude) 312 Curio, Gaius Scribonius 26, 249 Cytheris, „Mädchen der Venus“ 26 Decimus Iunius Brutus Albinus 27 Deiotaros (König von Galatien) 38 f. Deiotarus Philadelphos (König von Paphlagonien) 176 Dellius, Quintus 159, 188, 194 f., 199 f., 208, 215 Demetrios Poliorketes („der Städtebelagerer“) 23 Demosthenes 291 Der Gott verlasse Antonius (Kaváfis) 274 Diana 66 dictator perpetuo („Diktator auf Lebenszeit“) 20–22, 27, 31 f., 36, 53, 64, 150, 247, 273, 300 Dikomes (König der Geten) 195 f. Diomedes 278 Dionysien 72 Dionysos, Identifikation von Antonius mit 16, 42, 44, 72, 85, 109 f., 163, 253, 274 Drake, Francis 157 Drogen 51, 292 Drusi (Familie) 70 Drusus 309 Dyrrhachium (Dürres, Albanien) 82, 123, 127 f., 132, 136, 191 f.
Fest des „Vereins der Künstler des Dionysos“ 108 Feuer, als Waffe zur See 230–232, 265, 271 Flavius Josephus 225 f. Florus 203, 212 Folter 187 Forum Iulium (Caesarforum) 53 Forum Romanum 13, 24, 26 f., 31 f., 307, 311 f., 316 Frauen, römische 21 f., 63, 65 f., 76, 93, 111 f., 288 Freigelassene 32, 131, 240, 255 f., 268 f., 277 Fresken 204 Freud, Sigmund 304 Fulvia 16, 55–57, 60–62, 66, 74, 250, 288, 301, 322
Eklogen (Vergil) 66 Enterhaken 222 f., 232 Entern 134, 152, 213 Ephebat 299, 301 Ephesos 8, 41 f., 44, 101–106, 108, 114 f., 125, 130, 166, 183, 186, 189, 194, 253, 288, 328
Galatia (heute Türkei) 8 f., 38 f., 87, 167, 177, 199 Galionsfiguren 203
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Register
Gallia Narbonensis (Provence) 60 Gallien 20, 25, 28, 30, 39, 47, 57, 60, 70, 117, 186, 218, 268, 271 Gefleckter Schierling 291 Genius Augusti (Schutzgeist des Augustus) 324 Geschichte gegen die Heiden (Orosius) 151 Gesellschaft derer, die gemeinsam sterben werden 270 Gesellschaft derer mit unnachahmlichem Leben 55 f., 270 Geten 195 f. Getreidesteuer 158 Gift 45, 51, 291 f., 294 Gladiatoren 250, 271 Glaphyra 41 Glykys Limen (Fanari) 123, 168, 172 Gomaros 172, 175, 182 Götter, siehe auch spezifische Gottheiten 14, 16, 42, 44, 49, 68, 72, 84 f., 98, 103, 109 f., 163, 183, 185, 198, 211, 214 f., 235, 247, 260–262, 264, 272, 274, 298 f., 304, 310, 313 f., 318 Gräber, siehe auch Mausoleen 219, 246 f., 290, 304, 323, 325 Grabrede 321 Grabsteine 217 f. Gracchen (Familie) 93 Grant, Michael 159 Grant, Ulysses 151 Griechenland, siehe auch Westgriechenland 11 f., 25, 60 f., 70, 108, 117, 124–128, 139, 141, 144 f., 147 f., 158, 161, 168–170, 173, 177, 184 f., 190, 218, 228, 236, 240, 244, 248, 252, 262 f., 312, Farbtafel 9 griechische Sprache 14, 51, 107, 110, 135, 169, 248, 285, 287, 290, 295, 315
Griechischer Archäologischer Dienst 204 Gymnasion (Alexandria) 96, 295 Hadrian 315 Haie 227, 232 Hannibal 102, 284 Hathor 299, Farbtafel 8 Hatschepsut (Königin von Ägypten) 293 Haus der Ptolemäer 16, 43, 46, 50, 91, 94, 97 f., 128, 135 f., 189, 225, 253, 263, 265, 293, 304 Heirat 28, 61–65, 67 f., 72, 98, 252, 322 Hektor 272 Helena 112 Helios 89 Hellespont, Schlacht am 317 Herkules 24, 75, 163, 184 Herodes (König von Judäa) 87, 97, 167 f., 189, 195, 242, 250, 261, 265, 270, 299 Hethiter 102 Hiera (Vulcano) 156 Hinrichtungen 157, 231, 272, 287 f. Hipparchos 239 f., 269 Hippodrom 272 Hispanien 30, 58, 60, 83, 117, 149 f., 245, 268, 318 Hister (Unterlauf der Donau) 8, 195 Homer 183, 185, 303 Homosexualität 169 Horaz (Quintus Horatius Flaccus) 83 f., 177, 203, 294, 316, 319 Horus 53, 299 Iamblichos (syrischer König) 187, 310 Iden des März 13, 20 f., 27, 31, 36, 57, 63, 83, 116, 150, Farbtafel 1
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Anhang
Ilias (Homer) 183–185, 272, 303 Illyria (Illyricum) 61, 82, 124, 127, 143, 186 Illyrienfeldzug 82, 154, 166, 199, 212, 307–309, 328 Imperatoren 49, 54, 98, 113, 171, 176 f., 207, 234–238, 245, 253, 261, 267, 274, 279 f., 304, 306, 314, 320, Farbtafeln 2, 3 imperium (juristische Verleihung römischer Amtsgewalt) 115 Indien 42, 87, 103, 260–275, 300 Informationskrieg 83–86, 161, 163 f. Insteius, Marcus 194, 214 Invasionsstrategie 129–139 Ionisches Meer 8, 14, 122 f., 124, 126 f., 129, 143, 170, 172 Iotape 94 Iras 290 f. Isis, Kleopatra identifiziert mit 16, 44, 53, 103, 110, 118, 139, 163 Italien 12, 20, 22, 25 f., 37, 39 f., 56, 58 f., 61 f., 65, 67, 73, 75, 78, 80, 82 f., 89, 98, 105, 108, 110, 112–114, 117, 122, 124–133, 135–140, 144 f., 158, 161, 163–166, 170, 185, 190, 192, 197–199, 217, 233, 241 f., 244 f., 247, 254, 256 f., 284, 293, 306, 315, 317, Farbtafel 13 Iulia (Antonius’ Mutter) 24, 57 Iulia (Atia Balbus’ Mutter) 28 Iulia (Iulius Caesars Tochter) 53, 63 Iulia (Octavians Tochter) 74, 302, 309 Iulia (Octavias Großmutter) 63
Jesus Christus, Prophezeiung 66 Juba I. 322 Juba II. 322 f. Judäa 9, 52, 86 f., 97, 106, 167, 189, 250 f., 270 Juden 13 Julius Cäsar (Shakespeare) 35, 281 Jupiter 67, 116, 274, 307 Kähne, königliche 225 Kaiserreich, römisches, Gründung 12, 305 Kap Bon, Seeschlacht bei 318 Kap Tainaron 196, 238, 260 Kapitol 27, 132 Kappadokien 9, 41 f. Karthago 78, 102, 142, 257, 295, 306 Katapulte 31, 78, 134, 137, 153, 174, 202–204, 210, 213, 219, 221 f., 228, 230 f., 241, Farbtafel 13 Kaváfis, Konstantínos Pétrou 274, 276, 296 Kavallerie 25, 87, 90, 99, 103, 129, 150, 166–168, 176, 272, 276, 333 Kelten 177 Kephalonia 123, 146 f., 175 Korkyra (Korfu) 127, 129, 138 f., 141, 144, 168, 190, 255 Kilikien 8, 87, 96 f., 101, 189 Kleinasien 42, 72, 79, 83, 86, 89, 102, 114, 167, 175, 237, 253, 270, 309 Kleopatra Selene II. 63, 89, 96, 322 f. Kleopatra VII. (Königin von Ägypten) 12 f., 16, 21, 37 f., 43–56, 62 f., 85 f., 89, 95–98, 103–109, 116–119, 124–130, 161–163, 167–171, 193–195, 197 f., 200 f., 205 f., 210 f., 214, 216 f., 224–232, 234–242, 244 f., 248 f., 253, 255–258, 260, 264–270, 272,
Janus 311 Jason und die Argonauten 263 Jerusalem 9, 305
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276–294, 295–303, 322 f., 328 f., Farbtafeln 4, 6–8, 14 Kleopatra-Ode (Horaz) 294 Koilesyrien (Bekaa-Ebene) 96 f. Konstantin I. 317 Konstantinopel 95, 127 Korinth 128, 158, 185, 190, 237, 239, 254, 295 Korinthischer Golf 123, 127, 158, 184 f., 255 Krankheiten 39, 166, 174, 183, 196, 205 Kreta 8, 24, 96, 141, 161, 191, 237 f., 260 Kriegsgefangene 308, 319 Kriegsschiffe 12, 40, 70, 74, 78 f., 102 f., 124, 126, 129, 134 f., 137, 140, 143, 145, 158, 165 f., 173, 183, 192, 196 f., 204–206, 209, 219 f., 224, 228, 231, 233 f., 236, 238, 260, 276, 310, 317, 323, 325, Farbtafeln 10, 13, 18 Kyrenaika (Kyrene, Libyen) 8, 96 f., 191, 237 f., 260, 271
Libanon 91, 96 f., 102 Liburner 212, 214, 228, 233 Libyen 97, 161, 191 Lieferketten 79 Liktor 308 Liktorenbündel 324 Lissus 82 Livia Drusilla 70, 84–86, 93, 255, 286, 288, 309 Livii (Familie) 70 Livius, Titus 75, 132, 203 Lorbeerkranz 67, 219, 308, Farbtafel 19 Louros 171, 173, 176, 182 Lucilius 261 Lucina 66 Lucrinus Lacus 77 Lupercalien 27 Lurius, Marcus 199, 214 Lyder 102 Maecenas, Gaius 132 magister equitum (Meister der Rei terei) 25, 30 Makedonien 8, 25, 166, 177, 188, 195, 239 Malaria 172, 183 Malichus I. (König der Nabatäer) 167, 265 Marcellus, Claudius (Octavias Sohn) 309, 323 Marcellus, Gaius Claudius 62–64, 67 mare nostrum (Mittelmeer) 306 Marius, Gaius 24, 81 Mars 11, 14 Marsfeld 246, 311 Mauern, ummauerte Städte 11, 25, 38, 135, 137, 146, 150, 153 f., 156, 173, 177, 246, 271, 292, 307, 310 f.
Labienus, Quintus 237 Labienus, Titus 237 Lachares 229 Landung der Alliierten in der Normandie (1944) 165 lateinische Sprache 13, 51, 84, 110, 113, 217, 247 f., 285, 295, 299, 315 Leben des Antonius (Plutarch) 23, 203 Legionäre 26, 40, 60 f., 73 f., 78, 89, 91 f., 136, 147, 151 f., 157, 166, 171, 174, 196 f., 206, 216–219, 234, 240, 270 f., 295, Farbtafel 10 Lepidus, Marcus 35, 39, 60, 256 f., 267 Lepidus, Marcus Aemilius (der Jüngere) 256 Leukas (Lefkada) 14, 123, 127, 172, 175, 182, 190, 216, 220, 236
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Mauretanien 17, 149, 322 f. Mausoleum 246, 248, 268, 277–279, 282 f., 292, 311, 323 f. Media Atropatene 88, 94, 114, 138, 166, 193, 195, 217, 238, 265 Memphis 304 Mesopotamien 9, 99 Methone, Schlacht um 17, 123, 127, 164, 169, 185, 190, 229, 231, 234, 323, 329, Farbtafel 10 Michalitsi 172–177, 182, 190, 211, Farbtafeln 12, 16 Militär, siehe Armeen; Seestreitkräfte Misenum 69, 80, 122 Misenum, Vertrag von 68–71, 252, 328 miseratio (Mitgefühl, Ergriffenheit) 111 Mitgift 68, 72 Mithridates VI. (König von Pontos) 42, 102, 106 Monarchie, römische, Einrich tung 313–316 Monument für Actium 11, 204, 234 Mucia Tertia 252 Munda, Schlacht von 58, 149 f., 244 Münzbilder 48, 59, 162 Münzen 23, 36, 48 f., 65 f., 131, 140, 159, 162 f., 189, 193, 204, 206, 239, 261, 279, 311, 323 Murray, William M. 204 Mutina (Modena), Antonius’ geschei terte Belagerung von 33, 138, 193 f., 217, 280 Mysterien der Demeter 253
Nasidius, Quintus 175 Naulochoi, Seeschlacht bei 79, 92, 122, 143, 175, 328 Nelson, Horatio 153 Neptun 11, 14, 80 Neujahrstag (Ägypten) 305 Nikolaos von Damaskus 299 Nikopolis, Griechenland 14 f., 172, 182, 308, 310, 312, 324, 330, 332, Farbtafeln 12, 16 Niltal 8, 158, 263 f., 299 f. Nola 321 Octavia 13, 21, 30, 61–68, 71–73, 75 f., 81, 85, 91–93, 106, 109–112, 114, 118, 144, 147, 255, 282, 286, 288, 309, 321–323, 328, Farbtafel 5 Octavian (Augustus Caesar), Jugend und Aufstieg 28–40, 328 f., Farbtafeln 3, 19 f. Octavius, Gaius (Octavians Vater) 28, 31, 118, 321 Octavius, Marcus 194, 214 Odysseus 127, 216, 303 Olympias 170 Olympos (Kleopatras Arzt) 284 Oppius, Gaius 53 Orosius 151, 155, 203, 234 f. Osiris, Identifikation von Antonius mit 44, 299 Osmanen 127 Ovation, Ovatoren 67 Ovinius, Quintus 249 Pacubius, Sextus 321 Palatin 67 Paraitonion (Marsa Matruh, Ägypten) 8, 260 f., 263, 271 f., 283 Parallelviten (Plutarch) 23
Napoleon I. (Kaiser von Frankreich) 245 Napoleonische Kriege (Koalitionskriege) 127
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Register
Parthenon 262, 324 Parther 30, 39, 41, 43, 61, 71–73, 81, 87 f., 90, 94, 99, 119, 166 f., 189, 237 f., 265, 318 f. Partherfeldzug, Partherkrieg 17, 30 f., 90, 100, 152, 194 Partherreich, Parthien 9, 17, 30, 77, 86–88, 96, 238, 318 Patrai (Patras) 123, 127 f., 141, 158, 161–163, 168, 175, 190, 217, 236, 329 Pausanias 155 pax Romana („römischer Friede“) 317 Pech 97, 231 f. Peloponnes 17, 69, 123, 126–128, 141 f., 144–146, 155, 159, 161, 189, 196, 228, 236, 238, 254, 260 f. Peloponnesischer Krieg 127 Pelusion 8, 268, 272 peripli (Navigationshandbücher) 145 Persien, Persisches Reich 117, 195 Perusia (Perugia) 56, 70, 113, 250 Perusinischer Krieg 56, 60, 166, 186, 328 Pharos (Leuchtturm) 54, 263 Pharsalos, Schlacht von 25, 164, 190, 194, 235, 248 Philippi, Schlacht bei 8, 13, 35–39, 41, 43, 56, 123, 152, 167, 174, 177, 186, 190, 192, 217, 230, 237, 254, 261, 267, 277, 279 f., 328, Farbtafel 1 Philippische Reden (Marcus Tullius Cicero) 23 Philo von Byzanz 153 f. Philostratos 296 Phönizien 96 f., 102, 322 Phraaspa, Antonius’ gescheiterte Belagerung von 9, 90, 138, 193, 280 Pinarius Scarpus, Lucius 260 f.
Piraten 24, 58, 126, 140, 156, 159, 212, 229, 238, 317 Plancus, Lucius Munatius 113–115, 144, 314 Plutarch 23, 43 f., 53, 55, 65, 91 f., 97, 108 f., 132, 138, 159, 184, 198, 203, 207, 209 f., 226 f., 230, 234, 238, 253, 261 f., 266 f., 272, 274, 276, 278 f., 285–287, 289 f., 292, 295, 301 Polemon 87 Pollio, Gaius Asinius 35, 66, 83 Polygamie 149 Pompeius der Große (Gnaeus Pompeius Magnus) 25, 42, 57, 63 f., 69, 72, 78, 80 f., 87, 118, 127, 129, 164, 169, 194, 248, 251 Pompeius, Gnaeus (Sextus’ Bruder) 149, 244 f. Pompeius, Sextus 57–61, 68–71, 73, 75, 77–82, 84, 112–114, 124, 140, 142 f., 149, 152, 166, 175, 186, 199, 210, 212, 219, 241, 244 f., 251 f., 282 Pompeji 49 Pomponius Atticus, Titus 36 Porphyrios von Tyros 155 Portus Iulius 77 Postumius, Quintus 187 Preveza 182, 203 Priene 108 Princeps (Erster Mann) 315 Proculeius, Gaius 279, 282 f. Promontorium Sallentinum 145 Propaganda 15 f., 26, 50, 57, 75, 77, 141, 177, 235, 265, 269, 296, 298 Propagandakrieg zwischen Antonius und Octavian 81–86, 91, 93, 95, 97, 107, 109–113, 115, 117, 131 f., 135, 139, 162, 212, 227, 229, 277, 279, 282, 292
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Römische Geschichte (Cassius Dio) 203 rostra (Rednerpodium) 310 Rotes Meer 9, 103, 133, 265, 300 Rubikon 20, 25 Ruderer 102, 134, 152, 174, 184, 186, 205, 207, 209, 213, 215, 219, 221 f. Ruhr 183 Rutenbündel, siehe Liktorenbündel
Properz (Sextus Propertius) 203, 234, 310 Prophezeiungen 66, 107, 112, 202, 319 Proskriptionen 34, 59, 64, 81, 114, 248 f., 251 Ptolemäer (Familie) 16, 43, 46, 50, 91, 94, 98, 128, 135 f., 189, 225, 253, 263, 265, 304 Ptolemaios (Jubas Sohn) 323 Ptolemaios III. (Pharao) 102 Ptolemaios XII. (Pharao) 42, 51 f. Ptolemaios XIII. (Pharao) 42, 51 Ptolemaios XIV. (Pharao) 298 Ptolemaios Philadelphos (Sohn von Antonius und Kleopatra) 91, 96, 264, 311, 322 Ptolemaios von Zypern 291 Ptolemais (Akkon, Israel) 96, 270 Ptolemäischer Krieg 15, 17, 55, 191, 234, 238, 245, 307 f., 318, 321 Ptolemäisches Reich 97, 293 Publicola, Lucius Gellius 188, 194, 214, 220 Punische Kriege 142 Puteoli (Pozzuoli) 77, 122 Pyrrhos 170
Sabäer 234 f. Sabinerinnen 75 Säkularfeier (ludi saeculares) 319 Salamis, Seeschlacht von 143, 195, 312 Salvidienus Rufus, Quintus 60 f. Samos 8, 108 f., 253 f. Sardinien 70, 117, 157, 171, 199 Scaurus, Marcus Aemilius 252 Scheidung 30, 68, 70, 92, 109–112, 114 Schiffshalter (Fischart) 227 Schiffskrone, verliehen an Agrippa 140 Schlangen, Selbstmord durch 291 f., 294, 311, 325 Scipio Africanus 284 Scribonia 60, 70, 74, 85 Seeräuber, siehe Piraten Seereise, Gefahren einer 197, 254 Seestreitkräfte 35, 39, 126 Segel 146, 200, 205 f., 225 f., 228 Selene 89 Seleukos 254, 272 Sempronius Atratinus, Lucius 159, 218 Sempronius, Salvius 218 Senat 16, 20, 24–28, 30, 33 f., 46 f., 53, 56, 58 f., 61, 63 f., 67, 80 f., 83, 98 f., 101 f., 104, 113, 115–118, 131 f., 140, 149, 152, 162, 165, 186 f., 189, 199,
Rammsporne 11, 89, 134, 140, 153, 202, 204, 215, 221, 234, 241, 310, 313, Farbtafeln 17, 18 Ramses II. (Pharao) 260, 303 Res gestae, siehe Taten des vergöttlichten Augustus Rhein 186, 318 Rhoimetalkes von Thrakien 176 Ritter 34, 131, 165, 255, 282, 306, 315 Rom (Stadt) 25 f., 46 f., 52 f., 122, 131, 287–289, 307–312, 324 f.
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249, 251, 305–307, 309–316, 319–321, 324, Farbtafel 19 September 12, 28, 71, 79, 202, 209, 224, 233, 243, 260, 264, 320 Serapis (griechisch-ägyptischer Gott) 262 Sertorius 245 Servilia 256 Sexismus 225 Sextilis (August) 320 Sezessionskrieg 151 Shakespeare, William 12, 23, 35, 37, 43, 47, 143, 207, 225, 262, 266, 269, 281, 289 Sherman, William T. 151 Siegesdenkmäler für Actium 14 f., 17, 134, 204, 212, 234, 329, Farbtafeln 12, 16–18 Silanus, Marcus Iunius 187 Sizilien 59, 69 f., 73, 77–79, 94, 114, 117, 126, 142, 145, 154, 156, 199, 223, 251 Sizilischer Krieg 221 Sokrates 291 Söldner 188 Sosius, Gaius 101, 104, 188 f., 194, 214, 236, 251 f. Spanien 244 Sparta 123, 127, 150, 229 Spartakus 271 Speere 213, 221 f., 231, 263 Speerwurf 116 f. SPQR (senatus populusque Romanus) 315 Spur des Falken, Die (Film) 266 Statilius Taurus, Titus 199 Stechmücken 172 Stiere 308 Steuern 34, 39, 41, 45, 98, 107, 125, 197 f., 206, 254, 256, 317
Strabon 155 f. Süditalien 73, 124, 129, 156, 241, 321 Suetonius Tranquillus, Gaius 297 Sulla, Lucius Cornelius 24, 81, 300 Sunzi 142 Syrien 9, 42, 49, 72, 76, 96, 101, 108, 113, 128, 141, 189, 195, 237, 250, 265, 270 f., 306, 310 Tacitus 65 Tainaron 123, 196, 237–241, 260 Tarent 73–76, 92, 122, 129 f., 133, 136, 138 Tarent, Vertrag von 73–76, 328 Tarius Rufus, Lucius 189 Tarkondimotos (König von Amanos) 189 Tarsos 9, 42–44 Taten des vergöttlichten Augustus (Res gestae divi Augusti) (Augustus) 248 Tempel 49, 52, 163, 260, 262, 264 f., 299, 308, 324 Tempel der Ahnherrin Venus (Venus Genetrix) 52 f., 93, 312 Tempel der Artemis 44, 103 Tempel der Bellona 116 Tempel der Vesta 64 Tempel des Apollo (Actium) 171, 235 Tempel des Apollo (Rom, Palatin) 315 Tempel des Apollo Sosianus (Rom) 189, 251 f., Farbtafel 15 Tempel des Augustus und der Roma 248 Tempel des kapitolinischen Jupiter (Iuppiter Capitolinus) 67, 307 Tempel des vergöttlichten Iulius (Divus Iulius) 310, 312 f., 319, 321
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Uräusschlange, siehe auch Ägyptische Kobra 49, 291, 324
Teutoburger Wald 143 Theater 109, 116, 324 Theophilos 239 Thrakien 8, 167, 176, 188, 195 Thyrsos 268 f., 272 Tiberius, Kaiser 132 Timon von Athen 262 Timoneion 262 Titius, Marcus 113 f., 144 toga virilis (Toga des Mannesalters) 301 Totenklage, rituelle 279 Totes Meer 96 f. Trauer 67, 284, 286, 321 Treueschwur, Octavians Forderung nach 117 Triumph (Triumphzug) 12, 30, 42, 67, 73, 94 f., 104, 113, 140, 189, 199, 238, 253, 257, 286 f., 289, 294 f., 307–313, 320, 322, 329, Farbtafeln 15, 16 Triumphator 308–313, 319 Triumphbogen des Octavian 312, 319, Farbtafel 3 Triumvirate 34 f., 39, 49, 56, 58 f., 61, 69–71, 73 f., 76, 82, 101, 162, 199, 247, 256 f., 282, 319, 323, 328 Troja 183 f., 272, 304 Trojanischer Krieg 102 Türkei 23, 38, 87–89, 246, 248, 253 Turullius, Publius 249, 268 Tyndaris 122, 154
Vandalen 317 Vegetius Renatus, Publius 142 Velleius Paterculus, Marcus 159 Venedig 127 Ventidius Bassus, Publius 72 f., 87 Venus Genetrix, siehe Tempel der Ahnherrin Venus Venus, Gemälde von 43 Vergil (Publius Vergilius Maro) 66 f., 71, 112, 140, 203, 214 f., 221, 225, 235, 238, 310, 318 Vestalinnen 30, 115 Veteranen 25, 38, 40, 56, 63, 163, 166, 192, 207, 217, 237, 241, 254–256, 268, 312, 317 Via Egnatia 35, 127 Via Sacra 307, 311 Victoria (geflügelte Göttin des Sieges) 176, 249, 312 Volksversammlung 109, 320 f. Wasserversorgung, Zugang zu 143, 177, 192 Westgriechenland 125, 129, 141, 164, 185, 191, 193, 241 f. Xerxes I. (Großkönig von Persien) 195 Zachos, Konstantinos 204, 330 Zakynthos 123, 127, 189, 236 Zama, Schlacht von 284 Zenturionen 195, 207 f., 240, 251 Zweiter Weltkrieg 127
Über seine Trunkenheit (Antonius) 85 Überläufer 35, 61, 113–116, 144, 147, 156, 186 f., 199 Überraschungsfaktor, in Strategien 90, 130, 153, 226 Unterwelt 238
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Foto: © Oliviero Olivieri
AC T I U M , 3 1 V. C H R .
BA R RY S T R AU S S ist Professor für Alte Geschichte und Klassische Archäologie an der Cornell University sowie Corliss Page Dean Visiting Fellow an der Hoover Institution, Stanford University. Er ist einer der führenden Experten auf dem Gebiet antiker Militärgeschichte und Bestsellerautor. Seine Bücher wurden in 20 Sprachen übersetzt und von der Presse hoch gelobt, darunter »The Battle of Salamis«, »Masters of Command« oder »Die Iden des März« (wbg Theiss, 2017).
Es war eine der größten Seeschlachten der Antike und ein entscheidender Wendepunkt der Weltgeschichte. Bei Actium standen sich die ägyptische Königin Kleopatra und Antonius auf der einen Seite und Octavian auf der anderen gegenüber. Auf dem Spiel stand nichts weniger als die Herrschaft über Rom. Der Sieg bei Actium ermöglichte es Octavian, der sich schon bald Augustus nannte, die Grundlagen für ein Reich zu schaffen, das über Jahrhunderte Bestand haben sollte: das römische Kaiserreich. Packend schildert Barry Strauss die Ereignisse dieses in seiner Bedeutung oft verkannten Krieges. »Barry Strauss beherrscht die seltene Kunst, antike Geschichte auf eine Weise lebendig werden zu lassen, die zugleich hoch gelehrt und höchst lesbar ist.« NAT IONA L R E V I E W
ISBN 978-3-8062-4538-7
€ 34,00 [D] € 35,00 [A]
Umschlagabbildungen: Antonius und Kleopatra in der Schlacht bei Actium, Gemälde von Johann Georg Platzer (1704-61), © Historic England / Bridgeman Images Umschlaggestaltung: Andreas Heilmann, Hamburg
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BA R RY S T R AUS S D I E G E B U RT D E S RÖ M I S C H E N KAISERREICHS
BA R RY S T R AUS S
D I E G E B U RT D E S
RÖ M I S C H E N KAISERREICHS Antonius, Kleopatra, Octavian und die Schlacht bei Actium
An einem Septembertag vor über zweitausend Jahren kämpften fast 200 000 Mann, die Besatzungen von 600 Kriegsschiffen, um die Herrschaft über ein Reich, das sich damals schon von der Normandie bis zum Euphrat erstreckte. Das Schicksal dieses Reichs lag in den Händen einer Frau und zweier Männer. Bei der Frau handelte es sich um eine der berühmtesten Königinnen der Geschichte: Kleopatra. An ihrer Seite kämpfte ihr Geliebter Marcus Antonius. Der Gegner der beiden war Octavian, der künftige Kaiser Augustus und vielleicht wichtigste Reichsgründer, den die westliche Welt je gekannt hat. Actium war der Höhepunkt eines sechsmonatigen Feldzugs. Doch im Ptolemäischen Krieg (wie man den Krieg zwischen Antonius und Octavian von 32 bis 30 v. Chr. nennt) waren längst nicht alle Operationen militärischer Natur: Eine wichtige Rolle spielten auch Diplomatie, Propaganda, Manipulation und »Fake News«, wirtschaftliche und finanzielle Konkurrenz sowie alle Facetten menschlicher Emotionen, nicht zuletzt Liebe, Hass und Eifersucht. »Barry Strauss gelingt der Hattrick des Historikers: Erstens erzählt er die erstaunliche wahre Geschichte, zweitens erweckt er die historischen Figuren zum Leben und drittens fügt er alles in das große Ganze ein und sagt uns, was es bedeutet.« S T E V E N PR E S SF I E L D
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