Die Finanzierung aus Gewinn im Warenhandelsbetrieb und ihre Einwirkungen auf Betriebsstruktur und Betriebspolitik [1 ed.] 9783428403646, 9783428003648


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German Pages 258 Year 1960

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Die Finanzierung aus Gewinn im Warenhandelsbetrieb und ihre Einwirkungen auf Betriebsstruktur und Betriebspolitik [1 ed.]
 9783428403646, 9783428003648

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Frankfurter Wirtschaftsund Sozialwissenschaftliche Studien

Band 7

Die Finanzierung aus Gewinn im Warenhandelsbetrieb und ihre Einwirkungen auf Betriebsstruktur und Betriebspolitik

Von

Werner Engelhardt

Duncker & Humblot · Berlin

FRANKFURTER

WIRTSCHAFTS-

UND SOZIALWISSENSCHAFTLICHE

STUDIEN

Heft 7

Herausgegeben von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main

Die Finanzierung aus Gewinn i m Warenhandelsbetrieb u n d ihre Einwirkungen auf Betriebsstruktur u n d Betriebspolitik

Von

Dr. W e r n e r E n g e l h a r d t

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1960 Duncker & Humblot, Berlin Gedruckt 1960 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin SW 61 Printed i n Germany

Vorwort I m Bereich von Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftspraxis findet die Unternehmungsfinanzierung aus Gewinn (Selbstfinanzierung) seit langem starkes Interesse. Die wissenschaftliche Erfassung und Durchdringung der Gewinnfinanzierung w i r d jedoch durch folgende sich i n der vorhandenen Literatur deutlich abzeichnende Faktoren erschwert: Es ergeben sich zunächst terminologische Probleme, da viele Begriffe, die bei der Untersuchung der Selbstfinanzierung notwendigerweise Verwendung finden müssen, trotz gleichlautender Ausdrücke unterschiedlich abgegrenzt und interpretiert werden. Vor allem gilt dies für die Begriffe Finanzierung, Gewinn und Finanzierung aus Gewinn. Zum zweiten w i r d die Analyse dadurch erschwert, daß die Gewinnfinanzierung auf eine Fülle betrieblicher Daten einwirkt, wie sie selbst umgekehrt durch eine Vielzahl solcher betrieblicher Faktoren bestimmt wird. Es läßt sich demzufolge erst dann ein vollständiges B i l d von der Gewinnfinanzierung gewinnen, wenn i n einer umfassenden Untersuchung diesen oft sehr vielschichtigen und vielfältigen Wechselwirkungen nachgegangen worden ist. Die wissenschaftliche Aussage muß sich deshalb davor hüten, allzu rasch globale Urteile zu fällen. Schließlich w i r d die Beurteilung der Gewinnfinanzierung oft dadurch einseitig, daß man weitgehend nur ihr Auftreten bei den Großbetrieben, und dabei wieder bei solchen des industriellen Sektors, analysiert. Darüber bleiben die oft ganz anders gearteten Probleme bei den Kleinund Mittelbetrieben häufig außerhalb der Betrachtung. Die vorliegende Arbeit hat sich vor allem zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Schließung der skizzierten Lücken i n der wissenschaftlichen Erforschung der Gewinnfinanzierung zu liefern. Sie geht von einer umfassenden Analyse der Begriffe Gewinn, Finanzierung und Finanzierung aus Gewinn aus und greift damit zunächst über den engeren Rahmen des Themas hinaus Probleme der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre auf. U m die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen der Finanzierung aus Gewinn einerseits, der Betriebsstruktur und Betriebspolitik andererseits darstellen zu können, hat es sich als zweckmäßig erwiesen, den Untersuchungsbereich auf einen abgegrenzten Wirtschaftszweig, nämlich den Warenhandel, einzuengen. Eine darüber hinausgehende Behandlung des Phänomens Gewinnfinanzierung unter Berücksichti-

6

Vorwort

gung der spezifischen Eigenarten sämtlicher Wirtschaftszweige wäre weit über die einer solcher Arbeit gesteckten Grenzen hinausgegangen. Die Warenhandelsbetriebe wurden vor allem aus zwei Gründen als Untersuchungsobjekt herangezogen: Einmal ergibt sich dadurch die Möglichkeit, einen Beitrag zu den bisher i n der Literatur relativ wenig beachteten Problemen der Finanz w i r tschaft des Warenhandels zu liefern. Zum anderen führt die große Zahl der i n diesem Wirtschaftszweig vorhandenen M i t t e l - und Kleinbetriebe dazu, die wesentlich von der Betriebsgröße geprägten Bestimmungsfaktoren und Auswirkungen der Finanzierung aus Gewinn stärker herauszuarbeiten und die besonderen Probleme der M i t t e l - und Kleinbetriebe ihrer Bedeutung gemäß zu (berücksichtigen. Herrn Professor Dr. K . Banse, der die Arbeit angeregt und in sachlicher wie in methodischer Hinsicht entscheidend gefördert hat, dankt der Verfasser auf das herzlichste. Der Dank gilt ferner der W i r t schafts- und Sozial wissenschaftlichen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität, die die Arbeit in die von ihr herausgegebene Schriftenreihe aufgenommen und die Drucklegung finanziell unterstützt hat. Werner

Engelhardt

Inhalt Α. Einleitung

13

I . Problemstellung I I . Abgrenzung

13

des Themas

16

I I I . Gang der Untersuchung

17

B. Begriffliche Grundlegung I. Der Begriff

21

des Warenhandelsbetriebes

21

I I . Der Begriff der Finanzierung 1. Allgemeine Vorbemerkungen 2. Der Kapitalbegriff 3. Die Entwicklungsstufen der Finanzierungsdefinition i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r 4. Zusammenfassende kritische Stellungnahme I I I . Der Begriff

der Finanzierung

27 27 27 29 44

aus Gewinn

54

C. Die Finanzierung aus G e w i n n i m Warenhandelsbetrieb I . Analyse des Gewinns und seiner betriebspolitischen und betrieb sphänomenologischen Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung des Warenhandelsbetriebs 1. Analyse des Gewinns a) Verschiedene Möglichkeiten der Abgrenzung des G e w i n n begriffs b) Gewinnbetrachtung auf G r u n d der Kombination zweier typischer Einteilungskriterien des Gewinns a α) Der pagatorische Stückgewinn a β) Der monetäre Stückgewinn b α) Der pagatorische Periodengewinn b ß) Der monetäre Periodengewinn

67 67 67 67 72 72 74 75 77

2. Betriebspolitische Bedeutung des monetären Stückgewinns u n d des pagatorischen Periodengewinns a) Betriebspolitische Bedeutung des monetären Stückgewinns b) Betriebspolitische Bedeutung des pagatorischen Periodengewinns

85

3. Betriebsphänomenologische Periodengewinn

88

I I . Der Gewinn

in Abhängigkeit

Bedeutung

von

Stück-

und

von der Bewertung

80

90

1. Gang der Untersuchung und Begriffsbestimmungen 2. G e w i n n e r m i t t l u n g bei Preisstabilität u n d Konstanz Betriebsfaktoren a) G e w i n n e r m i t t l u n g bei effektiver Preisstabilität b) Gewinnermittlung bei scheinbarer Preisstabilität

79

90 der

95 95 98

Inhalt 3. G e w i n n e r m i t t l u n g bei Preisveränderungen u n d Konstanz der Betriebsfaktoren 99 a) G e w i n n e r m i t t l u n g unter der Zielsetzung nomineller Kapitalerhaltung 100 b) Gewinnermittlung unter der Zielsetzung realer K a p i t a l erhaltung 100 c) G e w i n n e r m i t t l u n g unter der Zielsetzung der Substanzerhaltung 102 4. G e w i n n e r m i t t l u n g bei Veränderung der Betriebsfaktoren · · 106 I I I . Finanzierung

aus Gewinn

im Zeitverlauf

109

1. Die Finanzierung aus Gewinn innerhalb einer Wirtschaftsperiode a) Die Finanzierung aus Gewinn bei stationärem W i r t schaftsprozeß b) Die Finanzierung aus Gewinn innerhalb einer W i r t schaftsperiode bei Veränderung der wichtigsten Beeinflussungsfaktoren α) Der Einfluß saisonaler Absatzschwankungen auf die Finanzierung aus Gewinn bei Konstanz aller übrigen Faktoren ß) Die Auswirkungen von Änderungen der Verkaufspreise auf die Finanzierung aus Gewinn γ) Der Einfluß von Veränderungen des Handlungsaufwandes auf die Finanzierung aus Gewinn bei Stabilität von Absatzmenge u n d Absatzpreis δ) Die Finanzierung aus Gewinn bei allgemeinen Preisu n d Aufwandsänderungen 2. Finanzierung aus mehrere Perioden I V . Zusammenhänge schaftsprinzip

Gewinn

bei

einer

zwischen Finanzierung

Betrachtung

über

aus Gewinn und Wirt-

1. Problemstellung u n d Begriffsbildung

109 116 116 123 129 130 132 133 133

2. Der Einfluß des einkommenswirtschaftlichen prinzips auf die Finanzierung aus Gewinn 3. Kapitalwirtschaftliches rung aus Gewinn

109

Wirtschaftsprinzip

Wirtschafts-

und

Finanzie-

136 138

4. Die Finanzierung aus Gewinn bei genossenschaftlichem (förderungswirtschaftlichem) Wirtschaftsprinzip 140 5. Das gemeinwirtschaftliche Wirtschaftsprinzip u n d die F i n a n zierung aus Gewinn 142 6. Sonstige Wirtschaftsprinzipien Finanzierung aus Gewinn

und

ihr

Einfluß

V. Zusammenhänge zwischen Finanzierung aus Gewinn, form der Unternehmung und Betriebsgröße

auf

die

Rechts-

143 144

1. Die Zusammenhänge zwischen Unternehmungsform u n d Finanzierung aus Gewinn 145 a) Der Einfluß der Hechtsform der Unternehmung auf die Finanzierung aus Gewinn 145 b) Der Einfluß der Finanzierung aus G e w i n n auf die U n t e r nehmungsform 148

Inhalt

9

2. Finanzierung aus Gewinn u n d Betriebsgröße a) Der Einfluß der Betriebsgröße auf die Finanzierung aus Gewinn b) Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf die Betriebsgröße α) Betriebliches Wachstum nach Maßgabe der Finanzierung aus Gewinn ß) Dispositiver Wachstumsverzicht trotz Finanzierung aus Gewinn aa) Motive u n d Folgen eines Verzichts auf Betriebsgrößenänderungen bei einkommenswirtschaftlicher Zielsetzung bb) Wachstumsverzicht bei kapitalwirtschaftlicher Zielsetzung V I . Das Verhältnis Gewinn

von Vermögensstruktur

und Finanzierung

aus

1. Allgemeines

149 149 153 153 156 156 158 159 159

2. Typische Vermögensstrukturen i n Warenhandelsbetrieben · · 161 3. Der Einfluß der offenen Finanzierung aus G e w i n n auf die Vermögensstruktur bei Erhaltung oder Verstärkung der bisherigen anlage- bzw. umlaufvermögensintensiven S t r u k t u r 164 4. Grundlegende Verschiebungen der Vermögensrelationen durch die offene Finanzierung aus Gewinn 172 a) Relative Verstärkung des Umlaufvermögens durch die Finanzierung aus Gewinn 173 b) Verschiebung der Vermögensstruktur i n Richtung auf das Anlagevermögen durch Einsatz von G e w i n n m i t t e l n 173 5. Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn i n F o r m stiller Reserven auf die Vermögensstruktur 179 V I I . Finanzierung

aus Gewinn

und Betriebstyp

184

1. Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf den durch die Absatzstruktur bestimmten Betriebstyp 185 2. Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf den durch die Beschaffungsstruktur bestimmten Betriebstyp 189 V I I I . Der Einfluß der und -struktur

Finanzierung

aus Gewinn

auf

Kapitalhöhe

1. Allgemeines

190 190

2. Der Einfluß der Finanzierung aus G e w i n n auf die K a p i t a l höhe 193 a) Kapitalkonstanz bei Finanzierung aus Gewinn 193 b) Kapitalvermehrung durch Finanzierung aus Gewinn 196 3. Der Einfluß der Finanzierung aus G e w i n n auf die K a p i t a l struktur a) Änderungen der K a p i t a l s t r u k t u r bei quantitativer K o n stanz des Bilanzkapitals b) Auswirkungen einer offenen quantitativen K a p i t a l v e r änderung auf die K a p i t a l s t r u k t u r α) Die B i l d u n g u n d Auflösung versteckter Reserven ß) Offener Ausweis der Gewinne

196 196 199 199 200

Inhalt 4. Sekundäre Auswirkungen der durch die Finanzierung aus Gewinn b e w i r k t e n Änderung der K a p i t a l s t r u k t u r 205 5. Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf die Rentabilität a) Offene Finanzierung aus Gewinn u n d Rentabilität · · · · b) Rentabilitätsberechnung bei versteckter Finanzierung aus Gewinn c) Rentabilitätsberechnung bei stiller Finanzierung aus Gewinn I X . Die Zusammenhänge zwischen Finanzierung aus Gewinn der einen Seite, Aufwand und Kosten auf der anderen

auf

1. Pagatorischer u n d kalkulatorischer G e w i n n

207 209 210 212 213 213

2. Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf A u f w a n d s bzw. Kostenhöhe u n d - s t r u k t u r bei Verwendung der Gew i n n m i t t e l zur Vermögensvermehrung 216 a) Vergrößerung des Anlagevermögens .... 217 b) Vergrößerung des Umlaufvermögens 220 3. Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf A u f w a n d s bzw. Kostenhöhe und - s t r u k t u r bei Verwendung der Gew i n n m i t t e l zur Kapitalsubstitution 221 4. A u f w a n d s - bzw. Kostenveränderungen durch Verwendung der G e w i n n m i t t e l ohne Veränderung von Vermögen und/ oder K a p i t a l 222 X. Der Einfluß

der Finanzierung

aus Gewinn

auf die Preispolitik

1. E i n f ü h r u n g 2. Preisbildung ohne Einflußmöglichkeiten des Warenhandelsbetriebes a) Die Preispolitik bei vollkommener atomistischer K o n k u r renz u n d die sich für Gewinn u n d Gewinnfinanzierung daraus ergebenden Folgerungen b) Finanzierung aus Gewinn bei Preisfixierung durch den Hersteller c) Staatliche Preissetzung u n d Finanzierung aus Gewinn · ·

223 223 226 226 228 230

3. Preisbeeinflussungsmöglichkeiten durch den Warenhandelsbetrieb 231 a) Die Bedeutung der Preiselastizität f ü r die Preispolitik des Warenhandelsbetriebes 231 b) Preispolitik des Warenhandelsbetriebes bei g e w i n n m a x i maler Verhaltensweise 232 α) Die Finanzierung aus Gewinn u n d ihre Auswirkungen auf die Preispolitik unter den Bedingungen des v o l l kommenen Marktes aa) Monopol bb) Oligopol ß) Die Finanzierung aus G e w i n n u n d ihre A u s w i r k u n g e n auf die Preispolitik unter den Bedingungen des u n vollkommenen Marktes aa) Monopoloid bb) Oligopoloid cc) Polypol

233 233 234 236 236 238 240

Inhalt c) Preispolitik des Warenhandelsbetriebs bei Streben nach angemessenem G e w i n n d) Der kalkulatorische Ausgleich u n d das Rechnen m i t branchenüblichen Zuschlägen als ergänzende Preisbildungsfaktoren u n d ihre A u s w i r k u n g e n auf die Finanzierung aus Gewinn e) Finanzierung aus Gewinn u n d Preisuntergrenze f) Der Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf die K a l k u lation bei Verwendung pagatorischer Werte

11 241

243 245 246

D. Schluß: Zusammenfassung

248

Literaturverzeichnis

250

Α. Einleitung I. Problemstellung Probleme der Unternehmungsfinanzierung i m allgemeinen, der Selbstfinanzierung i m besonderen, bildeten schon häufig den Gegenstand wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchungen. Das Interesse der Wissenschaft an diesen Fragen war immer dann besonders groß, wenn auch dem praktischen Wirtschaftsleben aus dem finanzwirtschaftlichen Sektor Schwierigkeiten erwuchsen, die zur stärkeren Beachtung jenes Bereichs Veranlassung gaben. Dies gilt sowohl für die Volkswirtschaftslehre, soweit sie wirtschaftspolitisch orientiert ist, als auch und vor allem aber für die Betriebswirtschaftslehre, die als angewandte Wissenschaft ebenfalls einen engen Kontakt m i t den praktischen Problemen und Fragestellungen bewahren muß. Anlaß zu einer stärkeren Beachtung der Finanzierung ist immer dann i n besonderem Maße gegeben, wenn die Versorgung der Unternehmungen m i t Kapital, sei es allgemein, sei es hinsichtlich bestimmter Branchen oder Betriebstypen, auf größere Schwierigkeiten stößt. Hier können u. U. sogar die entscheidenden Hemmnisse für die wirtschaftliche Entwicklung ihren Ursprung haben. Bei einem recht globalen Überblick über die Zeit seit dem ersten Weltkrieg kann man feststellen, daß die so geschilderten Tatbestände während zweier größerer Zeiträume i n Deutschland gegeben waren und auch jeweils eine stärkere Hinwendung der Wissenschaft zu den Fragen der Finanzierung zur Folge hatten. Dies gilt zunächst für die Zeit nach der 1923 beendeten Inflation bis zur Weltwirtschaftskrise von 1930 und für den m i t der Währungsreform von 1948 beginnenden und noch andauernden Zeitraum. Um nicht i n den Fehler zu starker Verallgemeinerung zu verfallen, muß darauf hingewiesen werden, daß Finanzierungsfragen auch außerhalb der umrissenen Zeiträume Wissenschaft und Praxis beschäftigten; dennoch können gewisse Schwerpunkte des Problems in den beiden jeweils durch eine stark expansive Wirtschaftsentwicklung innerhalb eines relativ freien Wirtschaftssystems gekennzeichneten Zeitabschnitten festgestellt werden. Für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Finanzierungsfragen mögen nur — stellvertretend für viele andere Beiträge — die Arbeiten von Schimalenbach1, Prion 2 und Leitner 3 für 1 Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 1. Aufl., Leipzig 1915, dann i n rascher Folge 2. Aufl. (1921), 3. Aufl. (1922), 4. Aufl. (1928).

14

Einleitung

den ersten genannten Zeitraum, von Beckmann 4 , Töndury-Gsell 5 und H a x 6 für die neuere Zeit genannt werden. Die Selbstfinanzierung 7 wurde i m wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum ebenfalls recht häufig i m Rahmen allgemeiner Abhandlungen oder als Monographie behandelt. Dabei standen jedoch fast ausnahmslos immer die gleichen Probleme i m Vordergrund der Betrachtung. So befaßte man sich vornehmlich m i t der begrifflichen Abgrenzung der Selbstfinanzierung 8 , man untersuchte den kapitalmäßigen Niederschlag, -den Gewinnmittel i n der Unternehmung finden können, und wandte sich der Analyse der Vor- und Nachteile dieser Finanzierungsform zu. Gerade bei den letzteren wurden nicht allein einzelwirtschaftliche, sondern auch teilweise stark wirtschaftspolitisch ausgerichtete gesamtwirtschaftliche Argumente herangezogen 9 . Von diesen seien nur die m i t der Selbstfinanzierung verknüpften volkswirtschaftlichen Probleme der Kapitalbildung, -Verteilung und -Verwendung, sowie die Einflüsse der Selbstfinanzierung auf den Kapitalmarkt andeutungsweise genannt. Wenn man auch in vielen Untersuchungen bestrebt war, die Analysen möglichst allgemein durchzuführen, indem man „die" Unternehmung schlechthin als Objekt wählte und damit bra neh en mäßig e Einengungen und Spezialisierungen vermied, so kann doch festgestellt werden, daß i n der Hauptsache die Belange der Aktiengesellschaft und hier wiederum die der Großbetriebe i m Vordergrund des Interesses standen 10 . Man erkannte wohl die Bedeutung der Selbstfinanzierung für die Einzelunternehmung und die Personal2 Prion, W.: K a p i t a l u n d Betrieb, Leipzig 1929, ders.: Selbstfinanzierung der Unternehmungen, B e r l i n 1931. 3 Leitner, Friedrich: Finanzierung der Unternehmungen, B e r l i n u n d L e i p zig 1927. 4 Beckmann, Liesel: Die betriebswirtschaftliche Finanzierung, 1. Aufl., München 1949; 2. Aufl., Stuttgart 1956. 5 Töndury, H., u n d Gsell, E.: Finanzierungen, Zürich 1948. 6 Hax, K a r l : Möglichkeiten und Grenzen der Selbstfinanzierung, i n : Die Kapitalausstattung der Unternehmung, Schriftenreihe des Instituts der W i r t schaftsprüfer, Bd. 6, Duiisbung-Ruhrort o. J. (1952?). 7 Der i m Schrifttum verwendete Begriff Selbstfinanzierung als Bezeichnung für die Zurückhaltung u n d Verwendung von Gewinnen i n der U n t e r nehmung soll bis zur genaueren begrifflichen Abgrenzung i m K a p i t e l Β I I I auch hier angewendet werden. 8 Hierzu sind besonders zu nennen: Conrad, Jakob: Die Selbstfinanzierung der Unternehmung (Ein Beitrag zum Wesenswandel der AG), Betriebs- u n d finanzwirtschaftliche Forschungen, I I . Serie, H. 50, B e r l i n - W i e n 1931 u n d Conzelmann, Fritz: Das Problem der Selbstfinanzierung der Unternehmung, Tübinger Wirtschaftswissenschaftliche Abhandlungen, 4. Folge, H. 9, Stuttgart 1935. 9 Hegner, Franz: Die Selbstfinanzierung der Unternehmung als theoretisches Problem der Betriebswirtschaftslehre u n d der Volkswirtschaftslehre, Bern 1946, S. 15. 10 Kennzeichnend hierfür ist der teilweise synonyme Gebrauch der Begriffe Selbstfinanzierung u n d Dividendenpolitik.

Problemstellung

15

gesellschaft, ließ es jedoch i n der Regel bei dieser Konstatierung bewenden und wandte sich den — wie es schien — betriebswirtschaftlich weiterreichenden und aufschlußreicheren Verhältnissen bei den Aktiengesellschaften z u 1 1 . M i t dieser Charakterisierung sind sowohl die Vorteile wie auch die Schwächen vieler Veröffentlichungen gekennzeichnet. Während die grundlegenden begrifflichen Fragen sowie die volkswirtschaftlichen Aiiswirkungen eine recht gründliche und umfassende Behandlung gefunden haben, scheinen uns die betriebswirtschaftlichen Bereiche des Phänomens insofern unzureichend analysiert worden zu sein, als allzu früh globale qualitative Wertungen der Selbstfinanzierung vorgenommen wurden. Dabei sind die sehr vielschichtigen und komplexen Auswirkungen der Selbstfinanzierung auf die verschiedenen Bereiche der Unternehmungen nicht genügend berücksichtigt worden. U m hierbei zu qualifizierten Aussagen kommen zu können, ist es jedoch notwendig, den Untersuchungsbereich auf homogenere Objekte einzuengen. Andererseits müssen diese noch eine solche Vielfältigkeit aufweisen, daß es möglich ist, die verschiedenen Auswirkungen der Selbstfinanzierung kontrastierend einander gegenüberzustellen. Es wurden deshalb i n der vorliegenden Arbeit die Warenhandelsbetriebe als Untersuchungsobjekte gewählt, die die erwähnten Bedingungen für eine ins einzelne gehende betriebswirtschaftliche Untersuchung i n hohem Maße zu erfüllen scheinen. Die Warenhandelsbetriebe erfüllen eine einheitliche Grundfunktion, nämlich die Umsatzleistung 12 , während ihre Differenzierung durch die unterschiedliche A r t der Leistungserstellung in den einzelnen Betriebstypen gewährleistet ist. Das Hauptziel der Arbeit kann daher wie folgt umrissen werden: Es sollen die Selbstfinanzierung 13 und ihre Auswirkungen betriebswirtschaftlich-phänomenologisch an einzelnen Teilgebieten der Warenhandelsbetriebe analysiert und dargestellt werden, wobei die bisher in so starkem Maße vorgenommene Wertung der Finanzierung aus Gew i n n i n den Hintergrund treten soll. Darüber hinaus steckt sich die Untersuchung insofern ein zweites Ziel, das jedoch m i t dem ersten i n engem Zusammenhang steht, als sie bemüht sein w i l l , den unternehmungspolitischen Aspekt, d . h . die Wechselwirkung zwischen Selbstfinanzierung und unternehmerischer Entscheidung m i t einzubeziehen. 11 „Die ,Problematik 4 der Kapitalbeschaffung durch Selbstfinanzierung ist i m Grunde n u r eine solche der Kapitalgesellschaften." Gutenberg, Erich: Finanzierung u n d Sanierung, i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 2. Aufl. hrsg. von H. Nicklisch, 1. Bd., Stuttgart 1938, Sp, 1760. 12 Seyffert, Rudolf: Wirtschaftslehre des Handels, 3. Aufl., K ö l n u. Opladen 1957, S. 8. 13 Die T e r m i n i Selbstfinanzierung u n d Finanzierung aus G e w i n n sollen bis zur genaueren Behandlung der begrifflichen Abgrenzung i m K a p i t e l B i l l synonym gebraucht werden.

16

Einleitung

I I . Abgrenzung des Themas U m jedoch dieser gekennzeichneten Zielsetzung nachgehen zu können, ohne den Rahmen der Arbeit zu sprengen, ist es notwendig, einige Abgrenzungen und Einengungen vorzunehmen. Wie bereits oben angedeutet wurde, beschränkt sich die folgende Untersuchung auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte der Selbstfinanzierung und verzichtet bewußt auf die Erörterung der i n ähnlicher Weise vielschichtigen volkswirtschaftlichen Probleme derselben. Dies scheint nicht zuletzt deswegen angebracht, w e i l die beiden Bereiche teilweise auf verschiedenen Ebenen liegen und die Argumentationen von dem Betrachtungsstandpunkt nicht unbeeinflußt bleiben können. Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß insbesondere bei einer wertenden Untersuchung der Selbstfinanzierung als wirtschaftlichem Phänomen die volkswirtschaftliche Betrachtung nicht vernachlässigt und die vorliegende Untersuchung nur als die Behandlung eines Teilbereichs angesehen werden darf. Innerhalb der betriebswirtschaftlichen Betrachtung müssen ebenfalls gewisse Einengungen vorgenommen werden. Hier ist vor allem die Prämisse des Wirtschaftssystems zu nennen, das den Rahmen der Handlungsfreiheit des Wirtschaftenden, insbesondere des Unternehmers bestimmt. Es soll i m folgenden grundsätzlich eine freie M a r k t wirtschaft unterstellt werden, in der der Unternehmer über den erzielten Gewinn und seine Verwendung frei verfügen darf m i t jener allerdings sehr gewichtigen Einschränkung, daß zunächst dem Staat bzw. den Gemeinden ein gewisser Anteil des Gewinns in Form der Steuern zufließt. Es w i r d damit die Untersuchung der Gewinnerzielung und -Verwendung in der Zentralverwaltungswirtschaft sowie allen abgestuften Formen eines über die Besteuerung hinausgehenden staatlichen Interventionismus ausgeschlossen, es sei denn, sie seien zur Kontrastierung an wenigen Stellen erwähnt. Ein weiterer Bereich, der bei unserer Untersuchung ausgeklammert werden soll, so bedeutsam er insbesondere in der Zeit nach der Währungsreform von 1948 war und heute noch infolge der umstrittenen staatlichen Förderung der Selbstfinanzierung ist, ist der Einfluß der Besteuerung auf die Selbstfinanzierung. Wenn auch nicht verkannt werden darf, daß gerade bei den unternehmungspolitischen Entscheidungen steuerliche Gesichtspunkte von großem, teilweise ausschlaggebendem Gewicht sind, sollen sie hier nur in zweiter Linie berücksichtigt werden. Anliegen unserer Untersuchung ist es vor allem, die rein betriebswirtschaftlichen Bestimmungsfaktoren und Auswirkungen der Selbstfinanzierung zu isolieren. Sie können dann durch steuerliche Aspekte eine Beeinflussung erfahren. Dieser Bereich geht jedoch über

Gang der Untersuchung

17

das i m Thema igesteckte Ziel hinaus 1 . Die Erfassung der steuerlichen Einwirkungen w i r d zudem durch die häufigen Veränderungen i n der wirtschaftspolitischen Beurteilung der Selbstfinanzierung durch den Staat erschwert. Damit ist aber die Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen Betrachtung gestört, was i m Rahmen unserer Untersuchung vermieden werden soll. Schließlich sei noch auf eine Einengung hingewiesen, die zwar an dieser Stelle der Vollständigkeit halber genannt werden muß, deren sachliche Berechtigung aber erst i m Verlaufe der Arbeit deutlich werden wird. Es soll nämlich keine quantitative Untersuchung des Umfanges der Selbstfinanzierung i m Warenhandel vorgenommen werden. Hierfür gibt es mehrere Gründe, von denen an dieser Stelle nur die zwei wesentlichsten genannt seien. So läßt zum einen die Genauigkeit quantitativer Untersuchungen infolge der Schwierigkeiten einer Erfassimg von Gewinn u n d Finanzierung aus Gewinn sehr zu wünschen übrig. Die Ableitung von Erkenntnissen und gegebenenfalls sogar von wirtschaftspolitischen Maßnahmen aus den so gewonnenen Zahlen muß daher m i t größter Skepsis beurteilt werden. Zum anderen könnten quantitative Untersuchungen i m Rahmen dieser Arbeit sich nur auf den Warenhandel als Wirtschaftszweig beziehen, und somit vor allem zu gesamtwirtschaftlichen Erörterungen und Ableitungen Anlaß sein. Demgegenüber soll — wie bereits erwähnt — die einzelwirtschaftliche Betrachtung hier i m Vordergrund stehen, worüber offenkundig keine quantitativen Aussagen möglich sind, w e i l sie von Unternehmung zu Unternehmung verschieden sind und nicht generalisiert werden können. Das alles hat zur Folge, daß unsere Untersuchungen sich nur im Qualitativen bewegen und keine quantitative Analyse der heute und in jüngster Vergangenheit den Unternehmungen aus Gewinn zufließenden bzw. zugeflossenen Beträge darstellen. I I I . Gang der Untersuchung Nach dieser Einleitung soll zunächst eine begriffliche Grundlegung (Teil B) erfolgen, u m eine klare und eindeutige Terminologie zu gewährleisten. Hier ist es vor allem notwendig, die Begriffe Warenhandelsbetrieb auf der einen Seite, Finanzierung und Selbstfinanzierung auf der anderen näher zu umreißen. Bei den beiden letztgenannten Begriffen ist zwar eine allgemeine, von der spezifischen Fragestellung des Themas losgelöste Behandlung möglich, doch sollen bereits hier, soweit es erforderlich und zweckdienlich erscheint, die besonderen Belange des Warenhandelsbetriebes berücksichtigt werden. 1 W i r verweisen hierzu auf Spezialliteratur, z. B. Albrecht, Hermann: Die Selbstfinanzierung unter dem Einfluß der Besteuerung, Diss. F r a n k f u r t / M a i n 1954, u n d die d o r t angegebene Literatur.

2 Engelhardt

18

Einleitung

Es bat sich als notwendig herausgestellt, die hier behandelten allgemeinen Fragen etwas breiter darzustellen. Einmal ist zu diesen Bereichen — insbesondere zum Begriff der Finanzierung — eine ausgedehnte Literatur vorhanden, an der eine neue Untersuchung nicht vorbeigehen kann. Zum anderen werden i n diesem Abschnitt die entscheidenden Grundlagen für die A r t und Weise unserer Betrachtung gelegt. Es ist nämlich deren Anliegen nachzuweisen, daß sich ganz verschiedene Folgerungen hinsichtlich der Auswirkungen der Selbstfinanzierung ergeben, je nachdem, welchen Inhalt man dem Begriff Selbstfinanzierung und damit auch dem der Finanzierung beimißt. Die ausführliche Heranziehung der Literatur erweist sich dabei auch insofern als nützlich, als schon dort die — teilweise noch wenig präzisierten — Ansätze zu einer ganz unterschiedlichen Betrachtung der Finanzierungsphänomene festzustellen sind. Diesen Gedanken der begrifflichen Differenzierung setzt Teil C i m Kapitel I fort. Hier werden die Folgerungen aus den vorher i n Β I I und I I I behandelten allgemeinen Fragen für den Gewinn als den wichtigsten Bestandteil der Selbstfinanzierung gezogen. Der Abschnitt C I wurde jedoch nicht mehr dem allgemeinen Teil Β subsumiert, w e i l der Begriff des Gewinns schon i m Blick auf die für den Warenhandelsbetrieb wichtigen Erscheinimgsformen abgegrenzt und untergliedert wurde. Wie C I so dient auch der Abschnitt C I I neben der genaueren Umschreibung des i n der Untersuchung verwendeten Gewinnbegriffs dem Nachweis, welche Ungenauigkeiten die Aussagefähigkeit des Gewinns beeinträchtigen. Abschnitt C I I I stellt die Brücke von den der Abgrenzung des Gewinns gewidmeten Kapiteln zu jenen dar, die den Einfluß der Selbstfinanzierung auf die Verhaltensweise und einzelne Betriebsbereiche des Warenhandelsbetriebs behandeln. C I I I befaßt sich m i t den Gewinnbeeinflussungsfaktoren i m Zeitverlauf, bezieht aber die Privatentnahmen bzw. sonstige Ausschüttungen ein, um einen Überblick über die Möglichkeiten zur Finanzierung aus Gewinn zu geben. Dieser Überblick w i r d dann i m folgenden (C I V bis X) für einzelne Betriebsbereiche präzisiert und i n seinen Auswirkungen analysiert. Dabei darf nicht vergessen werden, daß es sich hierbei häufig um Wechselwirkungen handelt, so daß die umgekehrte Betrachtung nicht vernachlässigt werden darf. Sie besteht i n einer Untersuchung des Einflusses der Besonderheiten des Warenhandelsbetriebes auf die Selbstfinanzierung. Das zum Eingang dieses Abschnittes skizzierte Grundanliegen unserer Arbeit, der Nachweis von Abhängigkeiten zwischen den betrieblichen Auswirkungen einer Selbstfinanzierung und dem Inhalt des zugrunde gelegten Finanzierungs- -bzw. Gewinnbegriffs, ist nur ein Bestimmungsfaktor für den Aufbau der Untersuchung. Hinzu kommt

Gang der Untersuchung

19

ein weiterer Gesichtspunkt, der darin besteht, daß es vom MethodischDidaktischen aus unzweckmäßig erschien, den Warenhandelsbetrieb schlechthin oder einzelne Betriebstypen dieses Wirtschaftszweiges als Ausgangspunkt zu benutzen und von dort aus die Auswirkungen der Selbstfinanzierung gleichsam ganzheitlich darzustellen. Eine solche Betrachtungsweise führt einmal zu großen Überschneidungen, da viele Ergebnisse für eine ganze Reihe von Betriebstypen zutreffen. Zum anderen sind die Auswirkungen der Finanzierung aus Gewinn so vielfältig und lassen sich — gegebenenfalls i n ganz unterschiedlichem Umfang — auf so verschiedenartige betriebliche Teilbereiche beziehen, daß die Darstellung ohne erneute Differenzierungen den Zusammenhängen nicht gerecht werden kann. Es erschien aus allen diesen Gründen zweckmäßig, von einzelnen Betriebsbereichen auszugehen und den jeweiligen Zusammenhang m i t der Selbstfinanzierung zu untersuchen. Die Darstellung beginnt m i t den prinzipiellen Erwägungen bezüglich des Wirtschaftsprinzips (C IV), behandelt dann die ebenfalls die ganze Unternehmung betreffenden Fragen des Einflusses der Finanzierung aus Gewinn auf Unternehmungsform und Betriebsgröße (C V), um sich dann noch weiter aufgegliederten Einzelproblemen zuzuwenden. Wegen der starken Betonung der monetären Seite der Selbstfinanzierung i n dieser Arbeit beginnen w i r m i t der Erörterung des Verhältnisses der Finanzierung aus Gewinn auf die Vermögensstruktur (C VI) und den Betriebstyp (C VII), woran w i r die Behandlung der Auswirkungen auf die Kapitalseite anschließen (C VIII). Es folgen dann Bemerkungen zu dem Einfluß der Finanzierung aus Gewinn auf Aufwand und Kosten (C IX), wozu im Gegensatz zu der bisherigen Untersuchung stärker der kalkulatorische Gewinn i n den Mittelpunkt gestellt wird. Das gleiche gilt für den letzten Abschnitt, der den Zusammenhängen zwischen Finanzierung aus Gewinn und Preispolitik gewidmet ist. Obwohl die Untersuchung dem Verhältnis der Finanzierung aus Gewinn zu einzelnen Betriebsbereichen gleichsam i n analytischer, zerlegender Betrachtung nachgeht, bauen die verschiedenen Abschnitte — wie schon gezeigt wurde — aufeinander auf und bedingen sich gegenseitig. W i r hoffen, daß es durch die Zusammenfassung aller Einzelergebnisse gelungen ist, trotz dieses durch den Stoff gebotenen A u f baus, ein „synthetisches" ganzheitliches B i l d von den vielerlei Auswirkungen der Selbstfinanzierung auf den Warenhandelsbetrieb zu gewinnen, ein Ziel, das darstellungstechnisch durch die von bestimmten Betriebstypen ausgehende Betrachtung unseres Erachtens nicht i n der gleichen Weise zu erreichen gewesen wäre. Die umfassende Darstellung der Auswirkungen der Selbstfinanzierung auf alle Betriebsbereiche hat zur Folge, daß viele Feststellungen nicht allein für den Warenhandelsbetrieb Gültigkeit haben, sondern i n gleicher oder i n etwas modifizierter A r t auf Unternehmungen anderer 2*

20

Einleitung

Wirtschaftszweige ausgedehnt werden können. Dennoch handelt es sich nicht um eine allgemeine Analyse der Selbstfinanzierung, sondern immer steht der Wareinhandelsbetrieb als Untersuchungs- und Demonstrationsobjekt i m Mittelpunkt der Betrachtungen. Die A n t w o r t auf manche Teilfragen, die hier ohne nähere Begründung vorweggenommen sei, geht jedoch dahin, daß für die Auswirkungen der Selbstfinanzierung weniger die Eigenarten des Wirtschaftszweiges als vielmehr die Betriebsgröße bestimmend sind. Da eine der wesentlichsten Besonderheiten des institutionellen Warenhandels darin besteht, daß er eine Vielzahl kleiner und mittlerer Betriebswirtschaften umfaßt, stellt dieses Ergebnis keine Beeinträchtigung des auf den Wirtschaftszweig ausgerichteten Themas dar, sondern führt zu der Behandlung seines wichtigsten Bereiches und gleichzeitig zu einem Ausblick auf eine mögliche Übertragung der Erkenntnisse auf weitere Wirtschaftsbereiche.

Β. Begriffliche Grundlegung I. Der Begriff des Warenhandelsbetriebes Wie in der Einleitung bereits ausgeführt wurde, beschäftigt sich die vorliegende Arbeit m i t der Selbstfinanzierung innerhalb eines bestimmten Wirtschaftszweiges, nämlich des Warenhandels. Es ist deshalb notwendig, dieses Betrachtungsobjekt begrifflich näher zu umreißen, zumal hier grundlegende Unterschiede vorliegen können, die durch den Beobachtungsstandpunkt bestimmt werden. Geht man von der Warenhandelstätigkeit aus und sieht sie überall dort gegeben, „ w o ein Austausch von Gütern zwischen Wirtschaftsgliedern vorliegt" 1 , gegebenenfalls erweitert um die Ausübung gewisser üblicher Manipulationsfunktionen, so hat man einen funktionellen Warenhandelsbegriff, der unabhängig von der ihn ausübenden Institution ist 2 . Eine solche Warenhandelstätigkeit w i r d von allen Wirtschaftsgliedern ausgeübt, von den Konsumenten ebenso wie von den Produzenten i m Besch äff ungs- und Absatzbereich. Daneben haben sich Betriebswirtschaften die Handelstätigkeit als alleinige Aufgabe gesetzt. Seyffert systematisiert alle diese Formen, indem er den angegliederten und den selbständigen Handel unterscheidet. Die erste Gruppe umfaßt den Produzenten- und den Konsumentenhandel, während er der zweiten den durch Handlungen durchgeführten Kaufmannshandel zuweist 3 . Die Ausübung der warenhändlerischen Funktion ist unabhängig von deren Bedeutung i m Rahmen des gesamten Betriebsprozesses. U m zu einem institutionellen Warenhandelsbegriff und damit zu einer Definition des unserer Untersuchung zugrunde gelegten Betrachtungsobjektes zu kommen, fassen w i r alle jene Betriebe ins Auge, die Handel als ausschließlichen Betriebszweck ansehen 4 · 5 . Dies gilt ohne weiteres für die oben bereits genannten Handlungen, die selbständig Handel treiben. Andererseits bleiben die Beschaffungs- und Absatz1

Seyffert, Rudolf: a.a.O., S. 7. s. auch Begriff des objektiven oder funktionellen Handels (Absatzwirtschaft) bei Schäfer, Erich: D i e Aufgabe der Absatzwirtschaft, 2. Aufl., K ö l n und Opladen 1950, S. 45. 3 Seyffert, Rudolf: a.a.O., S. 95 f. D i e Bezeichnung „Kaufmannshandel" ist wenig zweckmäßig, da die Ausübung der Handelstätigkeit auch, bei den beiden anderen Formen i n der H a n d von Kaufleuten liegen kann. 4 Seyffert, Rudolf: a.a.O., S. 7. 5 Schäfer spricht hier von Handel i m subjektiven oder organisatorischen Sinn (Absatzwirtschaft, a.a.O., S. 45). 2

22

Begriffliche Grundlegung

funktionell der Produzenten und Konsumenten insoweit außer Betracht, als es sich um völlig i n das Betriebsganze einbezogene Betriebsteile handelt. Ebenso w i r d die Handelstätigkeit der Produzenten ausgeklammert, die durch den Erwerb und die unveränderte Weiterveräußerung von Handelswaren m i t dem Zweck der Abrundung des Sortiments entsteht. Es handelt sich hierbei nur um Betriebsbereiche innerhalb der Produktionsbetriebe, die nicht gesondert betrachtet werden dürfen. Zweifel bezüglich der begrifflichen Einordnung treten i n jenen Fällen auf, in denen Gliedbetriebe m i t dem alleinigen Zweck der Warenihandelstätigkeit von den Produzenten oder Konsumenten ausgegliedert und organisatorisch verselbständigt werden {ζ. B. Vertriebsgesellschaften, Einkaufsgenossenschaften u. ä.). Da es sich einerseits — wie oben erwähnt — um rechtlich und wirtschaftlich selbständige Betriebswirtschaften handeln soll, sie aber andererseits i n ihrer Ddspositionsfreiheit infolge der oft engen Verbundenheit m i t den ausgliedernden Betrieben beschränkt sind, wollen w i r bei ihnen von Warenhandelsbetrieben i n weiterem Sinne sprechen. Ihnen stehen jene Formen gegenüber, i n denen die wirtschaftliche Selbständigkeit zu der rechtlich-organisatorischen hinzutritt. Diese Warenhandelsbetriebe i m engeren Sinne sollen Gegenstand unserer Untersuchung sein 6 . Die Ausklammerung der ersten Gruppe erfolgt vor allem aus dem Grunde, weil die Gewinnermittlung, die ja für unsere spezifische Fragestellung i m Mittelpunkt steht, in diesen Fällen nur sehr unzulänglich möglich ist. Die starke Einflußnahme der „Mutterbetriebe" ermöglicht i n der Regel keine einigermaßen befriedigende isolierte Erfolgsermittlung aus der Warenhandelstätigkeit. Der Gewinn dieser Betriebe ist notgedrungen ein Teilgewinn, in praxi außerdem sehr häufig manipuliert. Da bei den Warenhandelsbetrieben i m engeren Sinne die wirtschaftliche Selbständigkeit begriffskonstitutiv ist, bleibt es eine Frage von sekundärer Bedeutung, ob etwa die Kapitalgeber Produktions- oder Konsumtionsbetriebe darstellen, oder ob es sich um neutrale Dritte handelt. So stellen z. B. die Konsumgenossenschaften, Zentralgenosssnschaften oder großen Einkaufsgenossenschaften ohne Zweifel Warenhandelsbetriebe m i t vollständiger wirtschaftlicher Selbständigkeit dar. I n der Wirklichkeit findet sich zwischen den zwei idealtypisch herausgestellten Gruppen eine große Anzahl von Abstufungen, so daß die Abgrenzung nicht >in jedem Fall leicht ist. Die wirtschaftliche Selbständigkeit w i r d dabei keineswegs nur von der Kapitalseite beeinträchtigt, darüber hinaus können Liefer- und Zahlungsbedingungen, 6

Dieser zweite — engere — Begriff entspricht etwa dem, was Gutenberg als Warenhandelsibetrieb ansieht. Gutenberg, Erich: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 2: Der Absatz, 2. Aufl., Berlin, Göttingen, Heidelberg 1956, S. 125 f.

Der Begriff des Warenhandelsbetriebes

23

Abnahmeverpflichtungen, Alleinverkaufsrechte und andere Faktoren die Dispositionsfreiheit des Warenhandelsbetriebs mehr oder weniger stark beeinträchtigen. Die Feststellung solcher Faktoren ist dem Außenstehenden nur selten möglich, so daß sich ihre konkrete Erfassung bei dem einzelnen Betrieb der wissenschaftlichen Untersuchung i n der Regel entzieht. Dennoch ist die Unterscheidung der beiden Gruppen sinnvoll. Während es sich i m ersten Fall u m Gliedbetriebe handelt, deren Verhaltensweise durch die Belange der übergeordneten Betriebswirtschaft bestimmt wird, steht bei der zweiten Gruppe die Warenhandelstätigkeit i m Vordergrund, so daß auch der i n unserem Zusammenhang besonders interessierende Erfolg eindeutiger und damit aussagekräftiger ist. Der Wunsch nach einer i n jedem Fall mühelos vorzunehmenden begrifflichen Abgrenzung einschließlich ihrer praktischen Verifizierung muß zurücktreten, um der Vielzahl von Möglichkeiten, die das praktische Wirtschaftsleben bietet, -gerecht werden zu können. Innerhalb der Warenhandelsbetrie'be sind Gliederungen nach den verschiedensten Merkmalen möglich, die auf unterschiedlichen Ebenen liegen und sich deshalb gegebenenfalls überschneiden. Gruppiert man die Warenhandelsbetriebe nach der A r t ihrer Tätigkeit, so kann man sie in kollektierende, tradierende und distribuierende einteilen, wobei jeweils nur das Schwergewicht der warenhändlerischen Tätigkeit für die Einordnung ausschlaggebend sein kann. Z u einer anderen Einteilung gelangt man, wenn man die Stellung der Betriebe in der Handelskette als K r i t e r i u m verwendet. Hier t r i f f t man die wichtige Unterscheidung in Einzelhandels- und Großhandelsbetriebe, je nachdem ob der Absatz an Letztverbraucher oder an Wiederverkäufer und Weiterverarbeiter erfolgt, wobei allerdings wiederum keine allseits gültigen Trennungislinien gezogen werden können. A n unsere erste Unterscheidung anknüpfend, sind auch hier D i vergenzen zwischen der funktionellen und der institutionellen Betrachtung möglich, weil Großhandelsbetriebe i m institutionellen Sinn dann Einzelhandelstätigkeit ausüben, wenn sie Letztverbraucher beliefern, und auf der anderen Seite die Belieferungen von Weiterverarbeitern oder Wiederverkäufern durch den institutionellen Einzelhandel Großhandelstätigkeit darstellt. Trotz dieser Übergänge soll an der Unterscheidung festgehalten werden, ohne das i n der Literatur additiv anzutreffende K r i t e r i u m hinzuzuziehen, wonach von Großhandel nur dann gesprochen werden soll, wenn die gelieferten Mengen die für Familienhaushaltungen übliche Bedarfsdeckung wesentlich übersteigen 7 . Eine solche Einengung entspräche nicht den praktischen Gegebenheiten i m Warenhandel. Einerseits kann die Liefermenge von Liefe7

Seyffert,

Rudolf: a.a.O., S. 131 f., 195,

24

Begriffliche Grundlegung

r u n g z u L i e f e r u n g s t a r k e n S c h w a n k u n g e n u n t e r l i e g e n , ohne daß dad u r c h d i e B e z e i c h n u n g u n d E i n o r d n u n g des L i e f e r v o r g a n g s j e w e i l s g e ä n d e r t w e r d e n d a r f . A n d e r e r s e i t s k ö n n e n d i e M e n g e n b e i der L i e f e r u n g a n L e t z t v e r b r a u c h e r oder W e i t e r v e r w e n d e r v ö l l i g gleich sein u n d sich gegebenenfalls n u r i n der H ä u f i g k e i t d e r N a c h f r a g e unterscheiden, o b w o h l b e z ü g l i c h A r t u n d A u s w i r k u n g e n der K ä u f e b e t r ä c h t l i c h e Besonderheiten auftreten. D i e W a r e n h a n d e l s b e t r i e b e lassen sich, w i e d i e U n t e r n e h m u n g e n a l l e r W i r t s c h a f t s z w e i g e , f e r n e r nach i h r e r R e c h t s f o r m e i n t e i l e n , w a s an H a n d der f o l g e n d e n T a b e l l e v e r d e u t l i c h t w e r d e n s o l l 8 .

Die relative Verteilung der Rechtsformen nach Unternehmungen und beschäftigten Personen im Groß- und Einzelhandel sowie im Warenhandel insgesamt, bezogen auf das Bundesgebiet im Jahre 1950 Rechtsformen Die Untern, wurden betrieben: von einer oder mehreren Personen (nicht OHG u. K G )

Großhand eia)

Einzelhandelb )

Warenhandel insgesamtc)

Untern. 1 besch. P. Untern. 1 besch. P. Untern. besch. P.

74,1

46,2

96,3

80,3

91,4

67,4

als Offene Handelsges. oder Kommanditges. . . .

16,5

30,0

3,3

11,4

6,2

18,4

als Gesellschaft m i t beschr. H a f t u n g

4,4

15,6

0,3

3,7

1,2

8,2

als Aktienges. und K o m m .Ges. auf A k t i e n

0,1

3,2

0,01

2,0

0,0

2,5

als eingetr. Genossensch

4,8

4,5

0,1

2,4

1,2

3,2

m i t sonstiger Rechtsform

0,1

0,4

0,02

0,2

0,0

0,3

als Körpersch., Anst., Stift, d. öff. Rechts

0,04

0,1

0,01

0,02

0,0

0,0

insgesamt

100

insgesamt i n absol. Zahlen

123 455

1 100 765 353

100 433 310

100 1255 440

100 556 765

100 Ì2020 793

a) Seyffert, Rudolf: a.a.O., S. 148. ) Seyffert, Rudolf: a.a.O., S. 213. c ) aus a ) u n d b ) errechnet.

b

8 Bei den Erhebungen, die den Zahlenangaben dieser u n d der beiden folgenden Tabellen zugrundeliegen, w u r d e ein anderer Warenhandelsbetriebsbegriff verwendet, als w i r i h n herausgearbeitet haben. D i e Zahlen vermitteln deshalb nur eine annähernde Größenvorstellung.

Der Begriff des Warenhandelsbetriebes

25

Während die Einzelunternehmungen und Personalgesellschaften den stark überwiegenden Teil aller Warenhandelsbetriebe ausmachen und die Genossenschaften nur i m Großhandel eine gewisse Bedeutung erlangen, treten die Kapitalgesellschaften vor allem ihrer Zahl nach, aber auch ihrer an der Zahl der beschäftigten Personen gemessenen Bedeutung nach zurück. Es ergibt sich daraus für unsere Untersuchung die Notwendigkeit, die i n der Literatur so häufig i n den Mittelpunkt gestellte Aktiengesellschaft als Prototyp der Kapitalgesellschaft 9 zurücktreten zu lassen. Demgegenüber sollen die Einwirkungen der Selbstfinanzierung auf diejenigen Rechtsformen ausführlich erörtert werden, die im Warenhandel besonders häufig vertreten sind. Ähnliche Einflüsse auf die Gestaltung unserer Untersuchung gehen von der letzten hier zu behandelnden Einteilungsmöglichkeit aus, die sich an das Merkmal der Betriebsgröße anschließt. Bei einer solchen Gruppierung der Warenhandelsbetriebe läßt sich, insbesondere bei einer Einteilung nach der Zahl der in einem Betrieb beschäftigten Personen, einschließlich tätige Inhaber und mithelfende Familienangehörige, ein dominierender Anteil der Kleinst- und Kleinbetriebe (ein bis vier Personen) ihrer Zahl nach feststellen, während naturgemäß der Anteil dieser Gruppe an den i m Warenhandel beschäftigten Personen geringer ist. Legt man der Einteilung eine Gruppierung nach Absatzgrößenklassen zugrunde, so ergibt sich ebenfalls die ausschlaggebende Bedeutung der kleineren Betriebswirtschaften, die dadurch charakterisiert wird, daß im Warenhandel insgesamt 60 '% aller Unternehmungen i m Berichtszeitraum 1949 einen Absatz bis zu D M 50 000,— hatten 1 0 . Daraus ergibt sich, daß die Möglichkeiten dieser Betriebe zur Selbstfinanzierung und die Auswirkungen der Gewinnfinanzierung auf sie i n unserer Betrachtung von großem Gewicht sein müssen, zumal die Selbstfinanzierung i m Rahmen der gesamten Finanzierungsmöglichkeiten gerade bei diesen Betriebswirtschaften von hoher Bedeutung war und .ist. Die genannten Zusammenhänge mögen durch die beiden folgenden Tabellen verdeutlicht werden, bei denen zwar die Abgrenzung der Warenhandelsbetriebe nicht ganz der auf S. 22 vorgenommenen entspricht, w e i l nicht die Dispositionsfreiheit als Merkmal verwendet wurde, die aber die i n diesem Zusammenhang allein interessierenden Relationen klar widerspiegeln. 9

ζ. B. bei Conrad, Jakob, a.a.O. Diese Zahl hat sich nach den Zahlen der Umsatzsteuerstatistik von 1957 zwar auf 48,5 % verringert, ist aber immer noch, von beträchtlicher Bedeutung; s. dazu: D i e Umsätze der Umsatzsteuerpflichtigen u n d deren Besteuerung, i n : Statistik der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 219, Stuttgart und K ö l n 1959, S. 54r—59. 10

Begriffliche Grundlegung

26

Relative Gliederung des Warenhandels sowie seiner Untergruppen Groß- und Einzelhandel (Arbeitsstätten) nach der Zahl der beschäftigten Personen im Bundesgebiet 1950 Zahl der i n einem Betrieb beschäftigten Personen

1 Pers. . . 2— 4 Pers. . . 5— 9 Pers. . . 10— 19 Pers. . . 20— 49 Pers. . . 50— 99 Pers. . . 100—199 Pers. . . 200—499 Pers. . . 500—999 Pers. . . 1000 u. mehr Pers.

Großhandel a )

Warenhandel insg. c )

Anteil Anteil . Anteil A Anteil Anteil „ Anteil aller im aller im H TVTTT aller im aller EHaller WH- w T T J , , aller GHG H besch. E H besch. R, 4 . Ι W H besch. Betriebe betriebe Τ, Betriebe Personen Personen Personen

27,5 42,1 17,5 8,2 3,7 0,7 0,2 0,1 0,01 0,002

insgesamt (rei. Zahlen)

....

100

insgesamt i n absol. Zahlen

.... ....

133 829

4,8 19,9 19.8 18.9 18,4 8,8 4,5 3,1 1,3 0,5 100 765 146

a c

Einzelhandel b>

) Seyffert, Rudolf: a.a.O., S. 149. ) aus a ) u n d b ) errechnet.

37,9 51,6 8,2 1,7 0,5 0,09 0,04 0,01 0,00 0,00 100

0,1

100

467 216 b

35,6 49,5 10,3 3.1 1.2 0,24 0,07 0,02 0,00 0,00

13,9 47,7 18,6 8,1 5,1 2.3 1,7 1.4 1,1

100

1268 287

) Seyffert,

601 045

10,5 37,2 19.0 12.1 10,1 4,8 2,8 2,0 1,2 0,3 100 2033 433

Rudolf: a.a.O., S. 214.

Der relative Absatz der Warenhandelsbetriebe (Unternehmungen) im Bundesgebiet 1949 nach Größenklassen Großhandel a )

Absatzgrößenklassen in D M

bis 2 000 2 000— 6 000 6 000— 10 000 10 000— 20 000 20 000— 50 000 50 000—100 000 100 000—250 000 250 000—500 000 500 000—1 Mill. 1 Mill, u n d mehr

Warenhandel c )

Einzelhandel *»)

Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil aller im aller im aller im aller GHaller EHaller WHG H besch. E H besch. W H besch. Betriebe Betriebe Betriebe Personen Personen Personen

1,9 4.1 3,4 7.6 18,0 17,0 21,3 11,8 7.7 7.2

0,4 0,9 0,8 2,0 5,5 7,3 14,7 13,6 13,9 40,9

6,1 10,2 8,5 15.5 27,4 18,8 10.6 2.0 0,6 0,3

5,2 8,8 7,4 13,7 25.3 18.4 13,0 4,2 2,2 1,8

2.5 4.6 4,0 8,3 19,2 19,0 18,2 7,3 4,3 12,6

insgesamt rei.

100

100

100

insgesamt absolut

116149

748 348

403 798 ! 1209 758

a

) Seyffert, Rudolf: a.a.O., S. 150. ) aus a ) u n d b ) errechnet.

c

b

100

) Seyffert,

10) 519 947

1.7 3,2 2.8 5,9 14,0 14,5 16,9 9,7 8,0 23,3 100 1958 106

Rudolf: a.a.O., S. 218.

Der Begriff der Finanzierung

27

Neben den genannten und teilweise größenmäßiig illustrierten Einteilungsmöglichkeiten besteht noch eine ganze Reihe anderer, durch die die große Gruppe der Warenhandelsbetriebe gegliedert werden kann. A u f ihre Nennung soll hier verzichtet werden. W i r werden an einigen Stellen der Untersuchung darauf zurückkommen und weitere Gliederungsmöglichkeiten einführen. I I . Der Begriff der Finanzierung 1. A l l g e m e i n e Vorbemerkungen Die betriebswirtschaftliche Literatur hat sich seit dem Entstehen einer systematischen Darstellung betrieblicher Vorgänge um die Definition des Finanzierungsbegriffes bemüht, ohne daß die Diskussion hierüber beendet ist. Die vielfältigen Lösungsversuche genügen entweder den Anforderungen an die logische Geschlossenheit des Begriffs nicht, oder sie entsprechen nicht den vielschichtigen praktischen Zusammenhängen, die durch die Definition erfaßt werden sollen. U m zu der notwendigen Begründung der unserer Untersuchung zugrunde gelegten Finanzierungsdefinition zu gelangen, scheint es unerläßlich, einen kurzen Überblick über die Entwicklung des Begriffes zu geben. U m die Darstellung abzukürzen, ihr aber gleichzeitig ein Höchstmaß an Anschaulichkeit zu geben, sollen Entwicklungsstufen herausgearbeitet werden, um die einzelnen Phasen der Diskussion deutlich zu machen. Das scheint i m Rahmen unserer Arbeit auch dann vertretbar, wenn damit eine gewisse Vereinfachung dergestalt verbunden ist, daß weniger den Auffassungsnuancen der einzelnen Autoren nachgegangen werden kann, als vielmehr das Charakteristische ihrer Formulierungen herausgestellt werden soll. Es können auch nicht die Meinungen aller Autoren, die sich m i t dem Problem beschäftigt haben, dargestellt werden, sondern es muß eine Auswahl derjenigen Ansichten genügen, die der Begriffsdiskussion neue Impulse gaben. Schließlich sei darauf hingewiesen, daß die Entwicklungsphasen nicht chronologisch zu verstehen sind, sondern nach sachlichen Einteilungskriterien aneinandergereiht wurden. Zwar deckt sich die chronologische Entwicklung teilweise — insbesondere bei den älteren Auffassungen — m i t der gewählten Reihenfolge, doch gilt das keineswegs immer. 2. D e r K a p i t a l b e g r i f f M i t dem Finanzierungsbegriff ist der des Kapitals, einer der vieldeutigsten, schillerndsten und durch seine unterschiedliche Anwendung verwirrendst en Begriffe der Wirtschaftwissenschaften, eng, ja teilweise unlösbar verknüpft. Es erscheint unerläßlich, ihn vor der Analyse der Finanzierungsdefinition i n seinen verschiedenen Begriffsfassungen kurz zu behandeln, da nicht zuletzt i n seiner unterschiedlichen Anwendung

28

Begriffliche Grundlegung

ein Hauptgrund für die Vieldeutigkeit der Finanzierungsbegriffe zu liegen scheint. Die Versuche der Volkswirtschaftslehre, den Kapitalbegriff zu umgrenzen, sollen hier unberücksichtigt bleiben, zumal sie häufig von einem Standpunkt ausgehen, der Bereiche einbezieht, die i n der Betriebswirtschaftslehre von untergeordneter Bedeutung sind 1 . Aber auch innerhalb der betriebswirtschaftlichen Disziplin gehen die Ansichten über den Kapitalbegriff weit auseinander. Die unterschiedlichen Auffassungen lassen sich am besten am B i l d der Bilanz veranschaulichen 2 , i n der — in grober Vereinfachung 3 — den auf der linken Seite zusammengefaßten materiellen und immateriellen Vermögensgütern auf der rechten Seite eine nach der Kapitalherkunft gegliederte, „ i n Geld ausgedrückte Wertsumme" 4 entspricht. Bezeichnet man diese „abstrakte Wertsumme" 5 als Kapital, so kann man es definieren als „geldwertmäßigen Inbegriff der einer Betriebswirtschaft zur Verfügung stehenden materiellen oder immateriellen Produktionsm i t t e l i m weitesten Sinne des Wortes" 6 . Manche Autoren erweitern nun diesen Kapitalbegriff, indem sie ihn auf die Vermögensseite der Bilanz übertragen und dem abstrakten Kapital das Realkapital gegenüberstellen. Als Vertreter einer solchen Auffassung seien Schmidt 7 und Mellerowicz 8 genannt, die von zwei Arten des Kapitals, dem realen (konkreten) und dem abstrakten sprechen. Ähnliche Vorstellungen liegen auch einer Bilanzinterpretation zugrunde, die von Kapital ausgeht, das nach Herkunft (rechte Seite der Bilanz) und Verwendung (linke Seite der Bilanz) dargestellt 1 Z u r Verdeutlichung sei hier die Kapitaldefinition Carells (Carell, Erich: Allgemeine Volkswirtschaftslehre, 7. Aufl., Heidelberg 1956, S. 65 u n d 58) wiedergegeben: „Da bei der Güterbeschaffung die Güterproduktion entscheidend ist, bezeichnen w i r die Grundfaktoren des Wirtschaftens Arbeit, Boden und P r o d u k t i v k a p i t a l auch kurz als Produktionsfaktoren." „Die Kapitalgüter sind durch den W i l l e n des Menschen geschaffene Sachgüter. W i r bezeichnen die Kapitalgüter auch als Produktivkapital." 2 Das B i l d der Bilanz, das dem Betriebswirt besonders geläufig ist, w i r d hier und auch i n der Folge häufig herangezogen, u m die Ausführungen zu veranschaulichen. Es sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Finanzierungsprobleme u n d damit auch die Kapitalveränderungen keinesfalls etwa auf die Jahresschlußbilanz eingeengt werden. Sie vollziehen sich vielmehr ständig während der Periode u n d würden sich i n jeder Zwischenbilanz i n der jeweils angegebenen F o r m niederschlagen. 3 Von Verlusten, Wertberichtigungen u. ä. Posten soll hier abgesehen werden. Ebenso w i r d unterstellt, daß die Bilanzwerte weitestmöglich den tatsächlichen Werten entsprechen. 4 Anlehnung an Kalveram, W.: Der Kapitalbegriff der Betriebswirtschaftslehre, i n : Bankwissenschaft 9 (1932/33), Bd. I I , S. 613. 5 Beckmann, Liesel: Finanzierung, 2. Aufl., a.a.O., S. 13. 6 Beckmann, Liesel: Finanzierung, 2. Aufl., a.a.O., S. 14. 7 Schmidt, F r i t z : Die organische Tageswertbilanz, 3. Aufl., Leipzig 1929, S. 56 8 Mellerowicz, Konrad: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 9. Aufl., 1. Bd., Berlin 1956, S. 115.

Der Begriff der Finanzierung

29

w i r d 9 . Die begriffliche Verwirrung w i r d noch vergrößert, wenn man das sagenannte Realkapital ( = Vermögen) nochmals unterteilt nach Sachkapital und Geldkapital, wobei das letztere Geld und vergleichbare Geldwerte (Bank- und Postscheckguthaben, evtl. Wechsel) umfaßt, während das Sachkapital die sonstigen materiellen und immateriellen Vermögensposten einschließt. Abgesehen von sprachlichen und sachlogischen Abgrenzungsschwierigkeiten, die bei den genannten Begriffen auftreten, scheinen sie uns schon deshalb unzweckmäßig, weil die begriffliche Verwirrung durch die Verwendung gleicher oder ähnlicher Bezeichnungen für verschiedene Tatbestände sehr erhöht wird. W i r wollen deshalb i m folgenden die Begriffe streng trennen und nur dann von Kapital sprechen, wenn die dem Vermögen entsprechende abstrakte Wertsumme gemeint ist. Bezieht man diesen Begriff auf die Bilanz, so handelt es sich allein u m deren rechte (Passiv-)Seite. 3. D i e E n t w i c k l u n g s s t u f e n d e r F i n a n z i e r u n g s d e f i n i t i o n in der betriebswirtschaftlichen Literatur Nachdem nun die für den Finanzierungsbegriff so ausschlaggebenden Kapitalbegriffe i n der gebotenen Kürze erörtert wurden, gehen w i r zur Darstellung der verschiedenen Stufen des Finanzierungsbegriffes über. i W i r beginnen m i t einer recht engen Fassung dessen, was man unter Finanzierung versteht, wie sie vor allem von den älteren Autoren verwendet wurde, worauf Schmalenbach 10 und Beckmann 11 hinweisen. Der Begriff der Finanzierung umfaßt dabei allein die langfristige Kapitalbeschaffung 12 , teilweise noch eingeschränkt durch einen bestimmten Verwendungszweck, nämlich die Investition i n Anlagen, oder durch eine bestimmte Beschaffungsmethode, wobei man vor allem an die Effekten dachte. So schreibt ζ. B. Hoffmann 1 3 : „ I m engeren Sinn 9 ζ. B. Rössle, K a r l : Bilanzen, i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, з. Aufl., 1. Bd., Stuttgart 1956, Sp. 1097. 10 Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., Leipzig 1937, S. 1. 11 Beckmann, Liesel: Finanzierung, 2. Aufl., a.a.O., S. 27. 12 so z.B. Eisfeld, C.: Finanzierung, i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 1. Aufl. hrsg. von H. Nicklisch, Bd. 2, Stuttgart 1926, Sp. 934: „Finanzierung ist danach die Beschaffung von K a p i t a l — gleichgültig i n welcher F o r m —, das der Unternehmung a u i längere Zeit zur Verfügung steht." 13 Hoff mann, Alexander: Wirtschaftslehre der kaufmännischen U n t e r nehmung (Betriebswirtschaftslehre), Leipzig 1932, S. 379. Ähnlich Lief mann, Robert: Beteiligungs- u n d Finanzierungsgesellschaften, Jena 1909, S. 75: „ M i t dieser ganzen E n t w i c k l u n g gewinnt n u n aber eine wirtschaftliche Tätigkeit immer größere Bedeutung, welche bezweckt, f ü r i n Effektenform zu errichtende Unternehmungen das K a p i t a l zu beschaffen. Diese Tätigkeit nennt m a n Finanzieren." Wenige Seiten später heißt es allerdings: „Finanzieren ist an sich n u r eine geldkapitalistische, keine effektenkapitalistische T ä t i g k e i t " (S. 78), ein Widerspruch-, den Liefmann и. W. nicht auflöst.

30

Begriffliche Grundlegung

aber versteht man unter Finanzierung nur die Beschaffung von langfristigem Kapital, insbesondere von Effektenkapital." Die beschafften Vermögensgüter, deren abstrakte Wertsumme das Kapital darstellt, können aus Geld und/oder aus anderen Vermögensteilen bestehen. Den Vertretern dieser engen Finanzierungsdefinition bereitet daher die Einbeziehung der Sachgründung einer Betriebswirtschaft in den Bereich der Finanzierung keine Schwierigkeiten. Die Unzulänglichkeiten dieser ersten Begriffsstufe liegen auf der Hand. Die Abgrenzung des Kapitals nach seiner Fristigkeit ist i n der w i r t schaftlichen Betrachtung bei weitem nicht so eindeutig wie i n der juristischen, obwohl selbst bei dieser gewisse Zweifelsfälle auftreten können. Vor allem aber entsteht die Frage, ob nicht auch die kurzfristige Kapitalbeschaffung i n den Begriff einzubeziiehen ist, um eine den praktischen Gegebenheiten entsprechende Formulierung zu finden, wodurch auch der logischen Geschlossenheit des Begriffs i n höherem Maße Genüge getan wird. Die zweite Stufe des Finanzierungsbegriffs umfaßt demzufolge langund kurzfristige Kapitalbeschaffung. Als Vertreter dieser Ansicht sind beispielsweise Herzog 1 4 , Prion 1 5 , Hasenack 16 und K ö h l e r 1 7 zu nennen. Neben der Ausdehnung des Finanzierungsbegriffs auf die Erlangung kurzfristigen Kapitals ist den Autoren die Beschränkung auf die Kapitalbeschaffung gemeinsam. Dies w i r d beispielsweise an der Einteilung Hasenacks deutlich, der ausdrücklich durch seine Untergliederung der betrieblichen Finanz Wirtschaft i n Kapitalbeschaffung ( = Finanzierung) und Kapitaldisposition die Verwendung der M i t t e l aus dem Finanzierungsbegriff ausschließt 18 . Auf diese Frage und die damit verbundene Problematik w i r d noch zurückzukommen sein 1 9 . Hier sei lediglich erwähnt, daß sich beispielsweise bei Hasenack 20 die Unterteilung der Kapitalbeschaffung je nach der Herkunft der M i t t e l i n Eigen-, Fremd- und Selbstfinanzierung findet, wobei unter Eigenfinanzierung die Kapitalbeschaffung durch Einlagen des oder der A n teilseigner, unter Fremdfinanzierung die von dritter Seite und unter 14

Herzog, S.: Industrielle Finanzierungen, 2. Aufl., Stuttgart 1923, S. 85. Prion, W.: K a p i t a l , a.a.O., S. 2. Hasenack, W.r Wesen u n d A r t e n der Selbstfinanzierung, i n : Die Betriebswirtschaft 24 (1931), S. 94. 17 Köhler, Theodor: Selbstfinanzierung der Unternehmung, Diss. Bern, Düsseldorf 1932, S. 7. 18 Das gleiche w i r d man f ü r Prion annehmen dürfen, obwohl dieser i n der oben genannten Definition von der „ A u f b r i n g u n g bzw. Beschaffung des Kapitals u n d seiner Anordnung während des Betriebes" spricht. Seine w e i teren Ausführungen lassen jedoch darauf schließen, daß damit nicht die Verwendung der M i t t e l i m Sinne einer Umsetzung i n andere Vermögensteile gemeint ist. 19 s. S. 32 u. 36. 20 Hasenack, W.: Wesen u n d Arten, a.a.O., S. 95. 15

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Der Begriff der Finanzierung

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Selbstfinanzierung die Zurückbeihaltung von Gewinnen i n der Betriebswirtschaft verstanden werden sollen. Die Ausprägung, die der Finanzierungsbegriff bei Schmalenbach gefunden hat, bildet den Inhalt der dritten Entwicklungsstufe i n unserer Betrachtung. Bei der Diskussion derselben ergeben sich jedoch gewisse Schwierigkeiten. Diese sind dadurch verursacht, daß sich i n den ersten Auflagen seines Werkes „Finanzierungen" keine Ausführungen über den Begriff des von i h m untersuchten Fragenkomplexes finden, später 2 1 sogar eine ausgesprochene Ablehnung einer Begriffsdefinition m i t unterschiedlichen Begründungen 22 . Erschwerend kommt hinzu, daß sich seine Auffassung offensichtlich i m Zeitablauf änderte und auch nicht ohne Widerspruch zu sein scheint. Es ist daher notwendig, aus Andeutungen und der Auswahl der Betrachtungsobjekte den Finanzierungsbegriff Schmalenbachs abzuleiten. Geht man von dem Gesamtplan seiner Werke über die betriebliche Finanzwirtschaft aus, wie er von Münstermann 2 3 nachgezeichnet wurde, so läßt sich erkennen, daß Schmalenbach neben der Darstellung langfristiger Kapitalbeschaffung auch die Behandlung kurzfristiger Kapitalaufnahmen geplant hatte. Dieser letzte Teil gelangte jedoch nicht methr zur Ausführung. I n dem Verzicht auf die Frostigkeit des Kapitals als Abgrenzungsmerkmal des Finanzierungsbegriffs wäre eine Übereinstimmung m i t den Autoren der oben erwähnten zweiten Begriffsstufe gegeben. Es muß jedoch dahingestellt bleiben, ob Schmalenbach nicht doch eine Terminologie i m Sinne hatte, die die kurzfristige Kapitalbeschaffung nicht mehr als Finanzierung ansah. Zumindest in der sechsten Auflage seiner „Finanzierungen" heißt es noch: „Ich begnüge mich damit, die ,Finanzierungen 1 als einen Unterabschnitt der betrieblichen Kapitalwirtschaft zu bezeichnen, und zwar als den Teil der betrieblichen Kapitalwirtschaft, der die aus dem Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs herausfallenden finanztechnischen Geschäfte umfaßt 2 4 ." Diese Bemerkung ist nicht eindeutig zu interpretieren. Entweder sind nur die langfristigen Kapital Veränderungen gemeint, oder — so die Ausdeutung Gutenbergs 25 — außerdem auch die kurzfristige Kapitalbeschaffung, soweit sie aus dem Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes herausfällt. Für diese letzte Interpretation spricht der i m selben Zusammenhang zu findende Hinweis 21

ab 5. Aufl., Leipzig 1932. Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 2, A b l e h n u n g einer „übermäßigen Begrif fsbildnerei" ; ders.: Die Beteiligungsfinanzierung, 8. Aufl., K ö l n u n d Opladen 1954, S. 10, Ablehnung der Definition „angesichts des^ Wandels, i n dem der Finanzierungsbegriff sich befindet". 23 Münstermann, Hans: Die Finanzierung der Betriebe, Besprechungsaufsatz, ZfhF, N F 8 (1956), S. 290 ff., bes. S. 294. 24 Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 2. 25 Gutenberg, Erich: Finanzierung u n d Sanierung, a.a.O., Sp. 1740. 22

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Begriffliche Grundlegung

Schmalenbachs: „Es läßt sich nicht vermeiden, d a ß . . . der Begriff der Finanzierung nach der Seite des kurzfristigen Kredits hin eine wenig prägnante Grenze erhält 2 6 ." Wenn auch diese einschränkende Bemerkung in der achten Auflage des Werkes fehlt, die den Titel „Die Beteiligungsfinanzierung" trägt, kann doch aus der Anlage des Buches nicht mit Sicherheit geschlossen werden, daß Schmalenbach seine A n sicht zugunsten einer weiteren Auffassung des Finanzierungsbegriffes i n Richtung auf eine Identifizierung m i t der betrieblichen K a p i t a l w i r t schaft schlechthin geändert hat. Während w i r bezüglich der Abgrenzung nach der Fristigkeit des Kapitals kein endgültiges Urteil abgeben können und damit Schmalenbachs Stellung gegenüber den Autoren der zweiten Begriffsstufe ungeklärt bleiben muß, ist sein Abweichen von deren Auffassung i n einem anderen Punkte offenkundig. Er erweitert nämlich den Bereich der Finanzierung über die Beschaffung von Kapital hinaus um die Rückerstattung, den Verlust von Kapital, sowie die „gesamten Beziehungen zwischen der kapitalverwendenden Unternehmung und dem kapitalgebenden Kapitalisten" 2 7 . Schmalenbach begründet diese Ausweitung m i t der organischen Zusammengehörigkeit aller Kapitalveränderungen, der die Begriffsfassung entsprechen müsse 28 . Wenn auch ohne Zweifel von dem Betrachtungsobjekt Kapital her eine Gemeinsamkeit festzustellen ist, so darf doch nicht übersehen werden, daß begrifflich-logisch völlig neue Gebiete in die Definition einbezogen werden. Die Rückzahlung von K a p i t a l stellt nämlich nicht nur eine Kapitalverminderung dar, so daß nun jede quantitative Kapitalveränderung — gegebenenfalls wie oben angedeutet auf langfristige M i t t e l beschränkt — als Finanzierung anzusehen ist, sondern unterscheidet sich insofern grundlegend von den Kapitalbeschaffungsvorgängen, als nunmehr ein Verwendungsakt vorher beschafften Kapitals als Teil der Finanzierung angesehen wird. Durch die Erweiterung des Finanzierungsbegriffes um die Kapitalrückzahlung verliert der Begriff seine Ausrichtung auf die Beschaffungsvorgänge und damit — worauf Schmalenbach selbst hinweist 2 9 — seine enge Verbindung zum Sprachgebrauch der Praxis. Sie versteht auch heute noch die Beschaffung von Mitteln, meist m i t einer determinierten Zwecksetzung, als Finanzierungsvorgang 30 . 26 Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 2. A u f die schwierige Frage der Abgrenzung dessen, was als „aus dem Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs herausfallende finanztechnische Geschäfte" angesehen werden kann, soll hier nicht eingegangen werden. 27 Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 1. 28 Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 1. 29 Schmalenbach: Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 1. 30 So erwähnt Schmalenbach selbst (Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 1) beispielsweise die Veräußerung eigener Vermögensgegenstände zum Zwecke der Geldbeschaffung als einen i m Sprachgebrauch als Finanzierungsakt gel-

Der Begriff der Finanzierung

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M i t der etwas unpräzisen und globalen Bezeichnung: Einbeziehung der „gesamten Beziehungen zwischen der kapitalverwendenden Unternehmung und dem kapitalgebenden Kapitalisten" 3 1 i n den Bereich der Finanzierung meint Schmalenbach wohl vor allem die Gestaltung der Kapitalstruktur, d. h. das Verhältnis der Kapitalposten zueinander. Dadurch werden alle jene Kapitalveränderungsvorgänge als Finanzierungsakte angesehen, durch die zwar das Kapital nicht quantitativ, wohl aber qualitativ verändert wird, und die w i r als Passivtauschvorgänge, als Substitution von Passivposten untereinander, bezeichnen wollen. Als Beispiel eines solchen Falles sei die Umwandlung einer Verbindlichkeit der Unternehmimg in Eigenkapital genannt. Zusammenfassend können w i r nun die Ansicht Schmalenbachs zu dem durch ihn außerordentlich erweiterten Begriff der Finanzierung dahingehend umreißen, daß er — ob beschränkt auf langfristiges Kapital, ob bezogen auf Kapital schlechthin muß offen bleiben — alle quantitativen und qualitativen Kapitalveränderungen als zur Finanzierung gehörig bezeichnet, wobei jedoch unter Kapital nur die auf der rechten Bilanzseite stehenden abstrakten Wertgrößen verstanden werden dürfen 3 2 . Die bisher behandelten drei Begriffsstufen der Finanzierungsdefinition unterscheiden sich zwar in der Weite ihrer Begriffsabgrenzung, nicht aber im Grundsätzlichen, das i n der alleinigen Ausrichtung auf die kapitalwirtschaftlichen Vorgänge i n der Unternehmung zu sehen ist. I n der nun zu behandelnden vierten Stufe t r i t t dagegen eine tiefgreifende Wandlung ein, deren Auswirkungen bei allen folgenden Definitions versuchen deutlich werden. Die Autoren, die der vierten Stufe angehören, lassen sich in zwei Gruppen einteilen, je nach dem Anlaß, der sie zu einer expliciten oder impliciten neuen Fassung des Finanzierungsbegriffes führt. Dieser bestand für die erste Untergruppe in einer neuen Abgrenzung des Kapitalbegriffs. Während nämlich bisher unter Kapital jeweils die abstrakte Wertsumme verstanden wurde, die dem Vermögen entspricht, führt u. W. als erster betriebswirtschaftlicher Autor Fritz Schmidt einen viel weiteren Kapitalbegriff in die Betriebswirtschaftslehre ein, wobei w i r i n der Annahme nicht fehl zu gehen glauben, daß Schmidt von volkswirtschaftlichen Gedankengängen beeinflußt wurde 3 3 . tenden Vorgang, der jedoch seinem kapital wirtschaftlich ausgerichteten Begriff nicht untergeordnet werden kann. 31 Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 1. 32 Neben anderen Autoren verwendet diese Begriffsbildung schon relativ f r ü h u n d i n sehr präziser Formulierung: Mohrhoff, Heinz: Eigenkapitalbildung i n der Unternehmung (Selbstfinanzierung), Diss. K i e l 1933, S. 7. 33 K a p i t a l = produzierte Produktionsmittel, etwa Carell y a.a.O., S. 58; die Definition ist aber i n ihrem K e r n v i e l älter und stammt von den nationalökonomischen Klassikern, insbesondere von A d a m Smith, s. dazu Schinde3 Engelhardt

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Begriffliche Grundlegung

Er setzt die beiden Begriffe Vermögen und Kapital gleich und stellt dem Realkapital (linke Bilanzseite) das abstrakte Kapital (rechte Bilanzseite) gegenüber 34 , ohne jedoch daraus Konsequenzen für den Finanzierungsbegriff zu ziehen. Diesen Weg geht dann Mellerowicz, wenn er, von dem gleichen Kapitalbegriff ausgehend, unter Finanzierung „jede Ordnung der betrieblichen Kapitalverhältnisse" 3 5 verstanden wissen will. Damit ist begrifflich eine außerordentliche Ausweitung dessen erreicht, was als Finanzierung anzusehen ist, ohne daß Mellerowicz allerdings, wie die Anlage seines Werkes zeigt, bereit ist, einer solchen umfassenden Veränderung zuzustimmen. Wohl aber w i l l er gewisse monetäre Vorgänge der Finanzierung zurechnen, so z.B. die „tägliche Kapital- (Geld-, Kassen-)Disposition" 36 . Während man diesen zu einer Umgestaltung des Finanzierungsbegriffes führenden Weg als den begrifflich-theoretischen bezeichnen könnte, w e i l er die Konsequenz eines gewandelten Kapitalbegriffs darstellt, gehen die Autoren der zweiten Untergruppe der vierten Entwicklungsstufe pragmatischer vor. Sie erkennen, daß ein allein auf die kapitalwirtschaftlichen Vorgänge beschränkter Finanzierungsbegriff den praktischen Gegebenheiten nicht gerecht w i r d und wollen darum, ohne den auf die rechte Bilanzseite beschränkten „traditionellen" Kapitalbegriff zu ändern, monetäre Vorgänge auch dann als Finanzierungsakte bezeichnen, wenn damit keine Kapital Veränderungen verbunden sind. Unter „monetär" sollen hier wie auch in der Folge alle jene Vorgänge verstanden werden, bei denen Geld und geldähnliche Vermögensgüter (Bank- und Postscheckguthaben) eine absolute Veränderung erfahren. Damit ist die allein an das Kapital anknüpfende Betrachtung verlassen. Eine solche Erweiterung des Finanzierungsibegriffs deutet sich bei Rössle 37 an. Sie w i r d von Beckmann 3 8 aufgenommen und vervollkommnet. Das drückt sich deutlich i n ihrem Finanzierungsbegriff aus, der „alle Kapitaldispositionen, die im Leben einer Betriebswirtschaft auftreten" einschließt, „also nicht nur die Beschaffung des Kapitals, sondern auch die laufenden und außerordentlichen Finanzdispositionen aktiver und passiver A r t , nicht zuletzt die der Liquidation". Damit besteht die Möglichkeit, über die bei Schmalenbach genannten Vorgänge hinaus, alle monetären Akte als zur Finanzierung gehörend zu erfassen, so daß — wenn auch auf wolf , H e l m u t : Begriffliche u n d tatsächliche Beziehungen zwischen Geld u n d Kapital, Disis. F r a n k f u r t / M a i n 1957, S. 57 f. 34 Schmidt, F r i t z : Organische Tageswertbilanz, a.a.O., S. 56. 35 Mellerowicz, Konrad: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 9. Aufl., 3. Bd., B e r l i n 1956, S. 49. 36 Mellerowicz, K o n r a d : Allgemeine, 9. Aufl., a.a.O., S. 49. 37 Rössle, K a r l : Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., Stuttgart 1956, S.105. 38 Beckmann, Liesel: Finanzierung, 2. Aufl., a.a.O., S. 28.

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anderem Wege — eine gleiche Begriffsabgrenzung wie bei Mellerowicz erreicht ist. Es kennzeichnet nun jedoch alle Autoren der vierten Entwicklungsstufe, daß sie die Möglichkeiten, die ihnen durch ihre Begriffsbildung zugewachsen sind, kaum verfolgen, sondern sich vielmehr i n der Hauptsache auf die Behandlung der auch bisher als Finanzierungsakte angesehenen Vorgänge wie Gründung, Umwandlung, Kapitalerhöhung, Sanierung, Fusion u. ä. beschränken. Eine Erscheinung, bei der sowohl bei Rössle 39 , wie auch bei Beckmann 4 0 die neuen, monetären Gesichtspunkte besonders eklatant werden, ist die sogen, aktive Finanzierung. „Unter aktiver Finanzierung versteht man die Kapitalüberlassung an einen Dritten, insbesondere an eine andere Betriebswirtschaft 4 1 ." Hierbei w i r d die Passivseite der Bilanz 4 2 überhaupt nicht berührt. Wenn ζ. B. von der Unternehmung einer anderen ein Darlehen gewährt wird, so werden bei der ersten Betriebswirtschaft die baren M i t t e l abnehmen und die Forderungen (evtl. Beteiligungen) um den gleichen Betrag zunehmen. W i r haben hier einen dem Passivtausch entsprechenden Tauschvorgang auf der Aktivseite vor uns. Vollzieht sich die aktive Finanzierung nun aber nicht i n Form eines Darlehens, d. h. allein auf dem monetären Sektor, sondern erfolgt sie bei einem Verkauf auf Kredit, so w i r d die ganze Problematik des erweiterten Finanzierungsbegriffes deutlich. Konsequenterweise müßte man nämlich diesen Vorgang, der ebenfalls eine Κapitalüiberlassung darstellt, auch als Finanzierungsakt bezeichnen. Darüber hinaus erhebt sich die Frage, wie die Rückzahlung eines aktiven Kredits einzuordnen ist. Stellt sie einen Bestandteil der Finanzierung dar, so müßten alle Aktivtauschvorgänge, die monetäre Veränderungen bewirken, ebenso als solche bezeichnet werden. Damit wäre der Begriff außerordentlich erweitert, wobei dahingestellt sei, ob er dadurch wirklichkeitsnäher und logisch befriedigender geworden ist 4 3 . Außerdem sei auf einen weiteren Aspekt hingewiesen, der bereits bei Schmalenbach anklang und der die Verwendung der beschafften M i t t e l innerhalb der Unternehmung betrifft. Da jede Kapitaldisposition als Finanzierungsakt angesehen werden soll, »gilt dies auch für 39

Rössle, K a r l : Allgemeine, a.a.O., S. 105. Beckmann, Liesel: Finanzierung, 2. Aufl., a.a.O., S. 28. 41 Rössle, K a r l : Allgemeine, a.a.O., S. 105. 42 Auch hier bedienen w i r uns zur Vereinfachung des Bilanzbildes, u m damit die A u s w i r k u n g e n auf das K a p i t a l besonders anschaulich zu machen, ohne daß diese jedoch von der Erstellung einer Bilanz abhängig sind. s. auch S. 28 A n m . 2. 43 Beckmann erwähnt zwar eine solche Ausweitung (Finanzierung, 2. Aufl., S. 28 f.), es w i r d jedoch nicht deutlich, ob sie i n der T a t alle diese Fälle als Finanzierungisakte ansehen w i l l . D i e Anlage des Werke® läßt nicht darauf schließen. 40

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die Verwendung von M i t t e l n i m Rahmen der Investition 4 4 . Der Kauf von Anlagen stellt also beispielsweise einen Finanz ierungsakt dar. Damit w i r d — etwa gegenüber Schmalenbach — eine zusätzliche, weitreichende Begriffsausweitung vorgenommen. Wie w i r oben ausführten (S. 32), w i l l Schmalenbach demgegenüber nur eine spezifische Form der Mittelverwendung, nämlich die zur Kapitalrückzahlung, als Finanzierungsakt angesehen wissen. Auf die Mängel einer unscharfen A bgrenzung der Finanzierung von der Investition, wie sie in der vierten Entwicklungsstufe vorliegt, hat H a x 4 5 aufmerksam gemacht. Die Analyse der vierten Begriffsstufe kann damit abgeschlossen werden, da i n der zusammenfassenden kritischen Stellungnahme die Probleme nochmals vom Grundsätzlichen her aufgerollt werden müssen. Die nun zu behandelnde fünfte Begriffsstufe schließt sich eng an die vierte an und stellt gleichsam eine schrittweise Konkretisierung der i n der Definition Beckmanns liegenden Möglichkeit dar, ohne daß bereits alle in ihr beschlossenen Konsequenzen gezogen werden. Diese Stufe w i r d wiederum, wie auch die dritte, i m wesentlichen von einem einzigen Autor vertreten, nämlich von Theisinger 4 6 i n seiner Monographie über die Selbstfinanzierung. Er geht darin auf den Finanzierungsbegriff Hasenacks zurück, der, wie oben erläutert wurde 4 7 , nur die i n Eigen-, Fremd- und Selbstfinanzierung eingeteilte Kapitalbeschaffung umfaßt. Theisinger setzt nun bei der Selbstfinanzierung an und stellt der bei Hasenack allein darunter verstandenen Gewinnfmanzierung bestimmte an enge Voraussetzungen geknüpfte Verflüssigungen des Vermögens gleich. Damit ist ein weiterer wichtiger Schritt i n Richtung auf eine monetäre, von der Vermögensseite ausgehende Betrachtung der Finanzierung getan. Allerdings schränkt Theisinger seine Aussagen dadurch ein, daß er nur dauernde Mittelfreisetzungen als Finanzierungsakte angesehen wissen w i l l , wie sie sich insbesondere durch Rationalisierungsmaßnahmen ergeben 48 . 44 Als Investition sehen w i r die „Überführung von finanziellen M i t t e l n i n konkrete Werte" an. Pack, L u d w i g : Betriebliche Investition, Wiesbaden 1959, S. 45. Die sich daran anschließenden güterwirtschaftlichen Fragen, z. B. bezüglich. der betrieblichen Organisation, der Kapazitätsveränderung, der Elastizitätseinflüsse u. ä., gehören nicht i n den Bereich der Finanzierung. Hierzu zählen nur die kapitalwirtschaftlichen und/oder monetären Veränderungen, die durch die Investition b e w i r k t werden. 45 Hax, K a r l : Besprechung von Beckmann, Liesel, Finanzierungen, 2. Aufl., a.a.O.. i n : ZfhF N F 9 (1957), S. 409. 46 Theisinger, K a r l : Selbstfinanzierung, i n : Leistungswirtschaft, Festschrift für Fritz Schmidt, hrsg. von Fr. Henzel, B e r l i n - W i e n 1942, S. 241; die gleiche Auffassung findet sich u. W. n u r noch bei Frisch Erich: Die Selbstfinanzierung der Unternehmung, Diss. F r a n k f u r t / M a i n 1946, der den Begriff Theisingers seinen Untersuchungen zugrunde legt, ohne i h n zu diskutieren. 47 s. S. 30. 48 Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 248 f.

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Auch bezüglich der Verwendung dieser Mittel, die für ihn begriffskonstitutiiv ist, stellt er die Anforderung, es müsse sich u m neue Betriebszwecke handeln, für die die aus dem Betrieb heraus freigesetzten M i t t e l verwendet werden 4 9 . Damit schließt er alle jene Fälle aus, i n denen: a) zwar liquide M i t t e l anfallen, diese jedoch nicht für neue Betriebsaufgaben Verwendimg finden, oder b) i n denen zwar Strukturveränderungen erfolgen, diese aber nicht zu einer Erhöhung „der betrieblichen Wirkungskraft" 5 0 führen, und c) i n denen flüssige M i t t e l für Ersatzbeschaffungen bestimmt sind, ohne bereits wieder angelegt werden zu können. Dieser Vorgang war für die Kriegszeit, i n der der Theisingers che Beitrag veröffentlicht wurde, besonders aktuell. Allerdings wäre diese letzte Voraussetzung nicht notwendig, da Theisinger ausdrücklich die dauernde Freisetzung von Vermögen betont, die gerade bei geplanter Reinvestition nicht zutrifft. Das Anliegen Theisingers w i r d bei diesen Einschränkungen deutlich. Er w i l l eine Abgrenzung zu den im Laufe eines Geschäftsbetriebes täglich anfallenden Verflüssigungsvorgängen finden und nur dann von Finanzierung sprechen, wenn dem Unternehmer M i t t e l zur Verfügung stehen, die er unabhängig vom bisherigen Betriebsprozeß, ähnlich wie bei einer neuen Kapitalaufnahme, zu neuen Kombinationen der Produktivfaktoren verwenden kann. Gegen die einzelnen Prämissen, die Theisinger setzt, w i r d man Bedenken geltend machen müssen. Die Ansammlung liquider M i t t e l ohne deren Einsatz bei neuen Betriebsaufgaben verändert dennoch die Struktur der Unternehmung und beeinfiußt damit auch die Leistungsfähigkeit i n vielfacher Hinsicht. Ebenso führt die Modernisierung veralteter Produktionsmittel, die Theisinger nicht als neuen Betriebszweck ansieht 51 , schon durch das Wirksamwerden des technischen Fortschritts häufig zu einer qualitativen und bzw. oder auch quantitativen Verbesserung des Leistungsvermögens der Betriebswirtschaft, die primär und sekundär Finanzierungsaufgaben auslöst. Neben diesen Einzeleinwendungen ist die grundsätzliche Frage aufzuwerfen, ob das Anliegen Theisingers, eine stärkere monetäre Ausrichtung des Finanzierungsbegriffes zu erreichen, durch die von i h m gewählte Fassung der Definition gewährleistet wird. Wenn auch nicht verkannt werden darf, daß er, wie auch die Autoren der vorangegangenen Begriffsstufe, auf diesem Wege ein beträchtliches Stück vorwärts gegangen ist, so muß doch einschränkend bemerkt werden, daß damit keinesfalls eine rein monetäre Betrachtung der Finanzierung er49 50 51

Theisinger, Theisinger, Theisinger,

K a r l : a.a.O., S. 242 f. K a r l : a.a.O., S. 243. K a r l : a.a.O., S. 243.

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reicht wurde. Es handelt sich vielmehr bei den beiden letztbehandelten Definitions versuchen um die herkömmliche Begriffsfassung, der einzelne monetäre Vermögensveränderungen additiv zur Seite gestellt wurden, wodurch die Formulierung einerseits ihre logische Geschlossenheit verliert, andererseits aber auch dem praktischen Sprachgebrauch nicht völlig entspricht. Dennoch stellen sie im Rahmen der Entwicklung der Lehre von der Finanzierung sehr typische und wichtige Stadien dar, die als Entwicklungsstufen nicht zu übersehen sind. Auch die nun zu behandelnde sechste Stufe folgt der eingeschlagenen Richtung, trägt jedoch m i t einer wichtigen Erweiterung zur Fortbildung der Definition bei. Der Autor, der hier bahnbrechend voranging, ist Hasenack, der sich von seiner oben dargestellten älteren Begriffsfassung 52 löst und eine neue Konzeption entwickelt. Er geht von der Selbstfinanzierung i m Sinne einer Beschaffung zusätzlicher M i t t e l i n Form der Gewinne aus und erweitert diesen Begriff um bestimmte innerbetriebliche Mittelfreisetzungen. Der Unternehmer erhält i n diesen Fällen i n ähnlicher Weise wie bei der Gewinnthesaurierung eine Verfügungsmöglichkeit über Mittel, die dem normalen Betriebsprozeß nicht zwangsläufig zu dessen Aufrechterhaltung wieder zugeführt werden müssen. „Selbstfinanzierung i n diesem weiteren Sinne, also ohne Überschußcharakter, liegt ζ. B. auch dann vor, wenn kaufmännische Kapitalien, die bisher in großen Lägern gebunden waren, durch zwangsläufige Verkleinerung der Vorräte frei werden und sie — scheinbar „zusätzlich" — i n eine neue Realform uminvestiert werden; oder wenn Abschreibungsgegenwerte — soweit sie über das verbrauchsbedingte Maß und auch über die echte Entwertung durch andere als Abnutzungsvorgänge nicht hinausgehen und soweit sie i m Erlös der Produkte effektiv hereinkommen — zu tatsächlichen Anlagenerweiterungen an anderer Stelle des Wirtschaftsbetriebes benutzt werden; oder schließlich auch, wenn durch rationellere Gestaltung des betrieblichen Produktions-, Leistungs- und Finanzgefüges eine Beschleunigung des Kapitalumschlages gegenüber dem vorherigen Zustand und früheren Ablauf gelingt, die i n Ergebnis und Auswirkung dann tatsächlich die Finanzierung größerer und unter Umständen wirklich „neuer" Unternehmungsaufgaben ohne Anwachsen der Bilanzsumme und ohne „Aufnahme" neuen Kapitals ermöglicht" 5 3 . Hasenack entwickelt dann ein Schema dessen, was er unter Finanzierung versteht und stellt dabei drei Gruppen heraus: die Eigenfinanzierung, die Kapitalumschichtung, die aus Betriebsvermögensumformung und Kapitalumlaufsbeschleunigung besteht, und die Fremdfinanzierung. Damit ist zum ersten Male eine relativ weitgehende Vervollständigung 52 53

s. S. 30.

Hasenack, W i l h e l m : Kapitallenkung, Überschuß-(„Selbst"-)Finanzierung und Preisstop, i n : Archiv f ü r Wirtschaftsplanung 1 (1941), H. 1, S. 73.

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der monetären Vorgänge innerhalb eines weiten Finanzierungsbegriffes erreicht, ein Verdienst, das durch manche gegen die Ausführungen Hasenacks zu machende Einwendungen systematisch-formaler wie materieller A r t nicht geschmälert werden kann. Ähnliche Gedankengänge entwickelt W a l b 5 4 , der i m Rahmen seiner finanzwirtschaftlichen Erklärung der Bilanz bei den Quellen der Finanzierungsmittel die Außen- und die Innenfinanzierung unterscheidet. Während zur ersten Neueinlagen und Kreditaufnahmen zählen, sind bei der Innenfinanzierung Gewinne bzw. Rücklagen, Rückstellungen, Abschreibungsmittel sowie Verminderungen am Umlaufvermögen zu nennen. Walb entwickelt jedoch i n Anbetracht seiner spezifischen Zwecksetzung keinen Finanzierungsbegriff, geht auch auf Einzelprobleme nicht ein, so daß seine Ausführungen, so wertvoll sie entwicklungsgeschichtlich sind, in unserem Zusammenhang zurückgestellt werden müssen 55 . Schließlich faßt H a x 5 6 die so gewonnenen Erkenntnisse nochmals zusammen, untersdieidet ebenfalls zwischen externer und interner Finanzierung und subsumiert der letzteren die Finanzierung aus Gewinn, aus verdienten Abschreibungen, aus langfristigen Rückstellungen und solche Freisetzungen von Umlaufvermögen, die nicht zur sofortigen Reinvestition benötigt werden. Wie schon Theisinger 5 7 und Hasenack 58 , so unterstellt auch Hax einen Bedarf an Geldmitteln für zusätzliche Investitionen, dessen Deckung jedoch, die Finanzierung, nicht nur von außen, d. h. über Eigen- und Fremdfinanzierung, sondern auch innerhalb der Unternehmung erfolgen kann. Dabei kann die Passivseite der Bilanz völlig unverändert bleiben. Den Definitionen der drei zuletzt behandelten Autoren ist gemeinsam, daß sie i n den Rahmen des Finanzierungsbegriffes der ersten drei Entwicklungstufen bestimmte relativ eng umrissene monetäre Vorgänge einzubauen bemüht sind. Diese Tendenz w i r d zum ersten 54

S. 42.

Walb, Ernst: Finanzwirtschaftliche Bilanz, 2. Aufl., Duisburg o. J. (1948),

55 Einen i m Grundsätzlichen ähnlichen Begriff v e r t r i t t Lohmann, M a r t i n : Einführung i n die Betriebswirtschaftslehre, 2. Aufl., Tübingen 1955, S. 178 ff. Er unterscheidet dort zwischen Außen- und Innenfinanzierung, meint jedoch innerhalb der letzten Gruppe n u r die Finanzierung aus G e w i n n und aus Abschreibungen. Es mag offen bleiben, ob diese enge Abgrenzung eine U n genauigkeit darstellt, oder ob Lohmann bewußt von seiner früheren, weiteren Definition des Begriffes „Innenfinanzierung" abrückt. Sie umfaßte über die genannten Formen hinaus die „laufende Freisetzung von K a p i t a l durch Lagerabbau u n d Rohstoffeinsparung" sowie durch „beschleunigten Durchlauf des Produkts". (Lohmann, M a r t i n : K a p i t a l b i l d u n g u n d K a p i t a l v e r w e n dung i n der Unternehmung, i n : K a p i t a l b i l d u n g u n d Kapitalverwendung, Verhandlungen auf der Tagung des Vereins für Socialpolitik — Gesellschaft für Wirtschafts- u n d Sozialwissenschaften i n Salzburg 1952, Schriften des Vereins für Socialpolitik N F Bd. 5, B e r l i n 1953, S. 175.) 56 Hax, K a r l : Möglichkeiten u n d Grenzen, a.a.O., S. 113. 57 Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 242 f. 58 Hasenack, W i l h e l m : Kapitallenkung, a.a.O., S. 73.

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Begriffliche Grundlegung

M a l e i n e i n e m n e u e n B e i t r a g v o n H a x 5 9 durchbrochen, d e r z w e i v o n e i n a n d e r g e t r e n n t e B e g r i f f e g e g e n ü b e r s t e l l t , w o d u r c h die siebente S t u f e d e r F i n a n z i e r u n g s d e f i n i t i o n e n gekennzeichnet ist. H a x g e h t v o n d e m F i n a n z i e r u n g s b e g r i f f Schmalenbachs aus u n d v e r s t e h t zunächst d a r u n t e r „ d i e V e r s o r g u n g des U n t e r n e h m e n s m i t K a p i t a l " 6 0 , w o b e i er d e n K a p i t a l b e g r i f f eng als a b s t r a k t e W e r t s u m m e des V e r m ö g e n s i n t e r p r e t i e r t . D u r c h die F i n a n z i e r u n g w i r d die Passivseite der B i l a n z v e r ä n d e r t , so daß H a x ebenso w i e Schmalenbach a l l e q u a n t i t a t i v e n u n d q u a l i t a t i v e n K a p i t a l v e r ä n d e r u n g e n als F i n a n z i e r u n g s a k t e angesehen w i s s e n w i l l . D i e s e m „klassischen F i n a n z i e r u n g s b e g r i f f " 6 1 s t e l l t er eine e r w e i t e r t e D e f i n i t i o n gegenüber u n d g e h t h i e r b e i w i e d e r v o n einer m o n e t ä r e n B e t r a c h t u n g aus, i n d e m er d i e V e r s o r g u n g d e r U n t e r n e h m u n g „ m i t k o n k r e t e m G e l d k a p i t a l " 6 2 ohne z w a n g s l ä u f i g e gleichzeitige V e r ä n d e r u n g der P a s s i v s e i t e 6 3 i n den M i t t e l p u n k t s t e l l t . Dieser e r w e i terte Finanzierungsbegriff umfaßt folgende M ö g l i c h k e i t e n 6 4 : „ I . Interne Finanzierung 1. Finanzierung aus dem Umsatzerlös (über den Produktpreis) a) Finanzierung durch Zurückhaltung von Gewinn, bi Finanzierung durch B i l d u n g von Rückstellungen 6 5 , c) Finanzierung aus Abschreibungen. 2. Finanzierung durch Vermögensumschichtungen a) durch Verminderung des betriebsnotwendigen Vermögens, b) durch Verkauf nicht betriebsnotwendiger Vermögensteile. I I . Externe Finanzierung 1. Selbstfinanzierung (neue Kapitaleinlagen des Unternehmers). 2. Kreditfinanzierung (Finanzierung über den K a p i t a l m a r k t ) a) Beteiligungsfinanzierung, b) Fremdfinanzierung." 59 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, i n : Handbuch der Wirtschaftswissenschaften, hrsg. von K a r l H a x u n d Theodor Wessels, Bd. I : Betriebswirtschaft, K ö l n u n d Opladen 1958, S. 453. 60 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 464. 61 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 465. 62 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 467. 63 Eine leistungswirtschaftliche Veränderung muß m i t einer solchen M i t telbereitstellung nicht zwangsläufig v e r k n ü p f t sein. M a n w i r d deshalb auch Hohmann (Hohmann, Friedrich: Überschußfinanzierung, Diss. Göttingen 1947, S. 18) nicht beipflichten können, w e n n er sagt: „Die finanzierungswirksame Aktivkapital-Umschichtung k o m m t nicht, wie alle übrigen Finanzierungsformen i n einer ziffernmäßigen Erhöhung des Passivkapitals, sondern ausschließlich i n einer Stärkung des Leistungspotentials der Unternehmung zum Ausdruck." Die Umschichtungsvorgänge können ebensogut zu gleichbleibender oder sogar sinkender Leistungsfähigkeit der Betriebswirtschaft führen, insbesondere dann, wenn sie sich unkontrolliert i m Rahmen des Betriebsprozesses vollziehen: Eine allgemeine Aussage über ihre A u s w i r kungen erscheint daher nicht möglich. 64 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft. a.a.O., S. 471. 65 I m Gegensatz zur Stufe sechs werden n u n m i t t e l - u n d langfristige Rückstellungen erfaßt. Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 466.

Der Begriff der Finanzierung

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Gegen diese Einteilung lassen sich einige Einwendungen formaler wie materieller A r t machen. Zunächst sind die Abgrenzung und die begriffliche Formulierung der Selbstfinanzierung ( I I 1) sowie der Finanzierung durch Zurückbehaltung von Gewinn (I 1 a) problematisch. Auch die Gewinnthesaurierung stellt eine neue zusätzliche Kapitaleinlage des Unternehmers dar und kann deshalb begrifflich nicht völlig von ihr getrennt werden. Auch Schmalenbach, auf den Hax dabei Bezug n i m m t 6 6 , versteht in der angezogenen Quelle 6 7 unter Selbstfinanzierung sowohl die Eigenfinanzierung als auch die Gewinnthesaurierung. Die Bezeichnung Eigenfinanzierung wäre bei allen zuzugebenden Mängeln des Begriffs i m Rahmen der externen Finanzierung unmißverständlicher und klarer. Außerdem w i r d die Bezeichnung „Selbstfinanzierung" i n der Betriebswirtschaftslehre eindeutig auf den unter I I a gefaßten Vorgang angewandt, so daß ihre verschiedene Verwendung zu Mißverständnissen Anlaß geben kann. Ebenso liegt eine begriffliche Überschneidung innerhalb der Finanzierung durch Vermögensumschichtung (I 2) vor, wenn Hax hier die Verminderung des betriebsnotwendigen Vermögens (I 2 a) von dem Verkauf nicht betriebsnotwendiger Vermögensteile (I 2 b) unterscheidet. Gelingt es nämlich mittels Rationalisierung, bestimmte Vermögensteile freizusetzen, ohne daß der Betriebsprozeß sich verkleinert, so handelt es sich dabei zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr um betriebsnotwendiges Vermögen. Das gleiche gilt für eine Einschränkung des Betriebsprozesses, wenn durch sie das effektive Vermögen größer als das betriebsnotwendige wird. Es kommt also immer nur ein Verkauf nicht betriebsnotwendiger Vermögensteile in Frage. Ferner ist die scharfe Trennung zwischen der „Selbstfinanzierung" ( I I 1) und der Beteiligungsfinanzierung ( I I 2 a) in all den Fällen fragwürdig, i n denen es sich zwar rechtlich um Kapitalgesellschaften handelt, wirtschaftlich aber um personale Unternehmungsformen. I n diesen Fällen ist die Beteiligungsfinanzierung der „Selbstfinanzierung" sehr ähnlich; bei beiden kann man von Kapitaleinlagen des Unternehmers sprechen. Besonders anschaulich w i r d dies am Beispiel der Ein-MannAktiengesellschaft bzw. -G.m.b.H. Außerdem w i r d nicht deutlich, ob Hax i n konsequenter Verfolgimg seines Kapitalbegriffs alle jene Vorgänge aus seinem erweiterten Finanzierungsbegriff auszuschließen bereit ist, bei denen keine Vergrößerungen des „konkreten Geldkapitals" erfolgen (ζ. B. Sachgründung, Lieferantenkredite u. ä.). Die allgemeine Formulierung seiner Einteilung (Beteiligungsfinanzierung, Fremdfinanzierung usw.) läßt nicht ohne weiteres darauf schließen. Da jedoch der erweiterte Finan66 67

Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 468. Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 7 f.

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Begriffliche Grundlegung

zierumgsbegriff i m Rahmen des Aufsatzes von Hax nicht weiter verfolgt wird, ist kein abschließendes Urteil möglich. Wie Hax ausführt 6 8 , werden aus dem obigen Schema nur diejenigen Positionen innerhalb des klassischen Finanzierungsbegriffes als Finanzierungsakte angesehen, die zu einer Bildung von Passivposten führen, womit außer der externen Finanzierung (II) die Zurückbehaltung von Gewinn (I 1 a) und die Bildung von Rückstellungen (I 1 b) erfaßt werden. Ein Randproblem ergibt sich bei der indirekten Abschreibungsverbuchung. Sieht man sie, wie es in der Betriebswirtschaftslehre herrschende Meinung darstellt, als Korrekturposten zur Aktivseite an, so sind die die Passivseite beeinflussenden Wertberichtigungsveränderungen nicht als Finanzierungsakte anzusehen. Dieser Anschauung schließen w i r uns an. Folgt man bei der Interpretation der Wertberichtigungen le Coutre 6 9 , so handelt es sich dabei sogar um temporäres Eigenkapital. Es kann jedoch die Wahl der Abschreibungsmethode nicht dafür ausschlaggebend sein, ob ein FinanzierungsVorgang vorliegt oder nicht. Hax erwähnt beide Möglichkeiten 7 0 , ohne sich für eine zu entscheiden. Es muß daher offen bleiben, wie er die Schwierigkeit lösen w i l l . Die kritische Analyse des Haxschen Schemas sei damit abgeschlossen; auf die grundsätzliche Problematik seiner Definitionen w i r d noch i m Zusammenhang einzugehen sein 7 1 . Es erschien notwendig und zweckmäßig, diese neueste Finanzierungsdefinition etwas ausführlicher zu erörtern, die u. E. als bisher letzte eine Verbindung zwischen dem klassischen Finanzierungsbegriff und einer monetären Betrachtung herzustellen sucht. Abschließend sei noch eine achte Begriffsstufe behandelt, die insofern derzeit einen Abschluß i n der aufgezeigten Entwicklungstendenz bildet, als sie einen rein monetär orientierten Finanzierungsbegriff zugrunde legt, der weder an den Begriff des Kapitals i m Sinne einer abstrakten Wertgröße aller Vermögensteile noch an einen solchen des. konkreten Sachkapitals ( = Vermögen) anknüpft, sondern nur noch monetäre Mittel, d. h. Geld oder geldähnliche Vermögensteile 72 i m Auge hat. Als Vertreter einer solchen Auffassung sei zunächst Hegner genannt, der wie folgt definiert: „Unter Finanzierung (in betriebswirtschaftlicher Hinsicht) verstehen w i r alle Maßnahmen, die der Beschaffung einer speziellen, der leicht umwandelbaren Vermögensart, der Geld68

Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S.471. le Coutre, Walter: Grundzüge der Bilanzkunde, T e i l 1, 4. Aufl., Wolfenbüttel 1949, S. 141. Bei einem annähernd gleichbleibenden Leistungsvermögen des Anlagegutes stellen die i m Erlös hereinkommenden Abschreibungserlöse vorübergehend zusätzliches K a p i t a l dar. 70 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 466. 71 s. S. 45 ff. 72 s. S. 34. 69

Der Begriff der Finanzierung

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miittel'beschaffung dienen (wobei w i r Kredite irgendwelcher A r t auch als Geldmittel zu betrachten haben) 73 ." Die Verwendung der M i t t e l w i r d nicht mehr als Finanzierungsakt aufgefaßt. Hegner geht jedoch i n seinen weiteren Ausführungen nicht über die Tatbestände des „klassischen" Finanzierungsbegriffs hinaus und betrachtet die Geldmittelbeschaffunig bei Eigen-, Fremd- und Selbstfinanzierung, ohne die bei Beckmann, Theisinger und vor allem dann später bei Hax einbezogenen internen Möglichkeiten der Mittelbeschaffung ins Auge zu fassen. Demgegenüber erweitert Tubbesing 7 4 seinen ebenfalls monetär ausgerichteten Begriff etwas, wenn er alle jene Geldbeschaffungen als Finanzierung angesehen wissen w i l l , die nicht oder zeitweilig nicht zur Aufrechterhaltung des bisherigen Umfange des Umsatzprozesses notwendig sind. Diese Definition stellt die monetäre Ausprägung des Theisingerschen Begriffs dar m i t der Einschränkung, daß Tubbesing weder die Bedingung der neuen Betriebszwecke erwähnt, noch die Verwendung der M i t t e l als begriffskonstitutiv bezeichnet. Einen i m Grundsätzlichen ähnlichen rein monetären Begriff der Finanzierung finden w i r bei H. Koch, wobei w i r uns hierbei jedoch nur auf' gelegentliche schriftliche 75 und mündliche 7 6 Äußerungen stützen können. Koch lehnt eine Ableitung des Finanzierungsbegriffs aus der Bilanz völlig ab, w e i l Finanzierung und Bilanzierung verschiedenen Teilbereichen der Unternehmung entstammen und unterschiedliche Zwecke verfolgen. Während die Finanzierung „zum Zwecke der Dekkung des zu erwartenden Geldbedarfs durchgeführt" wird, dient der Jahresabschluß vorwiegend „dem Zwecke der Rechnungslegung". „Beide Teilbereiche sind also nicht unmittelbar, sondern nur über die Gesamtunternehmung miteinander verbunden 7 7 ." Koch verläßt damit völlig den „klassischen" Finanzierungsbegriff und wählt eine rein monetäre Definition. Diese entspricht aber weder dem erweiterten Finanzierungsbegriff von Hax noch der monetär ausgerichteten Formulierung bei Hegner, vielmehr wählt er einen sich davon grundlegend unterscheidenden Begriff, der — m i t aller Vorsicht ohne Möglichkeit schriftlicher Belegung interpretiert — etwa folgendermaßen lautet: Finanzierung ist Kapitalbeschaffung, wobei unter Kapital jene Geldsumme zu verstehen ist, die von dem oder den Eigentümern oder Dritten der Unternehmung zur Verfügung gestellt wird, ohne daß es 73

Hegner, Franz, a.a.O., S. 26. Tubbesing, Günter: Selbstfinanzierung bei hilfswirtschaftlichen Genossenschaften, Göttingen 1958, S. 7 f. 75 Koch, H e l m u t : Buchbesprechimg von: Walther, A l f r e d : E i n f ü h r u n g i n die Wirtschaftslehre der Unternehmung, 2. Bd.: Die Unternehmung, Zürich 1953, i n : Z f h F N F 8 (1956) S. 535 ff. 76 Betriebswirtschaftliches Hauptseminar Universität Frankfurt/Main, Wintersemester 1956/57. 77 Koch, Helmut, a.a.O., S. 537. 74

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Begriffliche Grundlegung

sich um Entgelte für Leistungen der Unternehmung handelt. Die von Koch in der oben angezogenen Buchbesprechung gegebenen Beispiele lassen sich ohne Schwierigkeiten i n diesen Begriff einpassen. So sagt Koch z. B., daß „die m i t einem Warenkauf auf Ziel verbundene Entstehung einer Zahlungsverpflichtung schwerlich als Finanzierungsakt bezeichnet" werden kann. „Auch wäre es wohl wenig sinnvoll, wollte man die Erhöhung des Eigenkapitals, die bei gewinnbringenden Verkäufen i n Höhe der Gewinnspanne eintritt, als Finanzierung ansprechen 78 ." Es ist verfrüht, auf Grund der wenigen bereits gesichert vorliegenden Äußerungen Kochs zum Finanzierungsbegriff Urteile über die von i h m vorgeschlagene Begriffsfassung abzugeben. Man w i r d jedoch dem Vorschlag Kochs, den Finanzierungsbegriff von den bilanziellen Vorstellungen zu trennen, in der betriebswirtschaftlichen Literatur Beachtung schenken müssen, zumal Ansätze dazu sich auch sonst bereits seit langem abzeichnen. Ob jedoch eine so radikale Abkehr von den überlieferten Begriffsstufen sinnvoll ist, erscheint zweifelhaft. Es werden dabei Sektoren aus dem Begriff ausgeschaltet, wie ζ. B. die Selbstfinanzierung oder der Lieferantenkredit, die nach der sonst allgemein vertretenen Ansicht zum finanziellen Bereich gehören. A n dererseits werden so wichtige monetäre Vorgänge, wie die Freisetzung von Vermögensteilen i n ihren verschiedenen Erscheinungsformen nicht erfaßt, so daß der Begriff den praktischen Gegebenheiten nicht gerecht werden kann. Es muß Ziel der Betriebswirtschaftslehre sein, einen Begriff zu formulieren, der sowohl den logischen Anforderungen entspricht als auch möglichst weitgehend bestrebt ist, dem Sprachgebrauch der Praxis zu folgen. Um den Uberblick über die in diesem Kapitel herausgearbeiteten Begriffsstufen zu erleichtern, sollen die wesentlichsten Merkmale der aufgezeigten Finanziierungsdefinitionen nochmals zusammenfassend in einem Schema einander gegenübergestellt werden (s. S. 45). 4.

Zusammenfassende

kritische

Stellungnahme

Nachdem i m vorigen Abschnitt die einzelnen Entwicklungsstufen des Finanzierungsbegriffes dargestellt wurden, verbunden mit einigen k r i tischen Bemerkungen zu Einzelpunkten, soll nun eine generelle Stellungnahme sowie die Herausarbeitung einer eigenen Begriffsbestimmung versucht werden. Überschaut man die Entwicklung des Begriffs i m ganzen, so ist u. E. eine deutliche Tendenz festzustellen. Die Entwicklung beginnt mit einer zunächst sehr engen, dann immer stärker ausgedehnten ausschließlich kapitalwirtschaftlichen Betrachtung. Es werden dadurch jedoch monetäre Aspekte unberücksichtigt gelassen, die, sowohl dem Sprachgebrauch der Praxis folgend als auch vom Wortsinn und der logischen Abrundung des Sachverhaltes ausgehend, 78

Koch, Helmut, a.a.O., S. 537.

Der Begriff der Finanzierung Entwicklungsstufe

Finanzierungsbegriff

Fin. = Kapitalbeschaffung (langfr.) teilweise Einschränkung: mittels Effekten f ü r Anlagen Fin. = Kapitalbeschaffung (langu n d kurzfristig) Fin. = Kapitalbeschaffung (langu. kurzfristig (?)), K a p i t a l rückzahlung u n d Passivtauschvorgang Fin. = a) alle Kapitaldispos. u. -Operationen, einschl. gewisser Finanzdispositionen b) Jede Ordnung der betriebl. K a p i t a l v e r h ä l t nisse Fin. = Kapitalbeschaffung, extern u. intern (Gewinn u. dauernde Freisetzung v. V e r mögen) Fin. = Kapitalbeschaffung, extern u. intern (Gewinn, A b schreibungen, ζ. T. Rückstellungen, Freis. v. U m l . Vermögen, soweit dadurch M i t t e l f. neue Betriebszwecke frei werden) Fin. = 1. Kapitalbeschaffung, -rückzahlung u. Passivtauschvorgang (wie Stufe 3): „klassischer" Finanzierungsbegriff 2. Beschaffung von Geldk a p i t a l (extern u. intern, wie bei Stufe 6): „ e r w e i terter" Finanzierungsbegriff Fin. = Beschaffung v o n Geld 1. allgemein 2. eingeschränkt durch bestimmte Prämissen

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Hauptvertreter

Kapitalbegriff

Eisfeld, Liefmann

Kapital

Hasenack (Wesen u. Arten), ' abstrakte Köhler, Wertsumme Prion (?) aller V e r Schmalenbach mögensteile

Rössle, Beckmann Mellerowicz Theisinger, Frisch Hasenack (Kapitallenkung), Walb, H a x (Möglichkeiten u. Grenzen) H a x (Finanzwirtschaft)

Hegner Koch

entweder: K a p i t a l als abstrakte Wertsumme und gewisse Geldgrößen oder: Kapital in zwei Erscheinungsformen: Reales u. abstraktes K a pital Kapital = abstrakte > Wertsumme (s. 0.) K a p i t a l == Geldkapital, oder Vermei• dung des Begriffes Kapital.

u n b e d i n g t d e r F i n a n z i e r i m g zuzurechnen s i n d u n d d e s h a l b i m F i n a n zierungs'begriff e r f a ß t w e r d e n sollten. D i e B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e h a t diese D i s k r e p a n z z u ü b e r w i n d e n gesucht, i n d e m einzelne m o n e t ä r e Vorgänge i n den bisher üblichen Begriff aufgenommen wurden. D a m i t w a r das Z i e l v e r b u n d e n , eine A n n ä h e r u n g des B e g r i f f e s a n die p r a k tischen w i e theoretischen A n f o r d e r u n g e n z u erreichen, w a s z u r F o l g e

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Begriffliche Grundlegung

hatte, daß eine immer stärkere Ausweitung des Begriffs nach der monetären Seite Platz griff. Der vorläufige Endpunkt dieser Entwicklung scheint m i t der oben dargestellten achten Entwicklungsstufe erreicht, i n der der Ausgangspunkt, die kapitalwirtschaftliche Betrachtung, völlig aufgegeben wurde, und eine rein monetäre Sicht der Dinge an dessen Stelle rückte. Während man gegen beide Extremfälle i n gleichem Maße den Einwand der Einseitigkeit erheben kann, insbesondere dann, wenn die nicht i n den Begriff passenden Vorgänge einfach als nicht zur Finanzierung gehörig bezeichnet werden, lassen sich auch gegen einen beide Aspekte vereinigenden Begriff grundsätzliche Bedenken nicht unterdrücken. Diese richten sich sowohl gegen dessen Umfang, wie gegen seine logische Prägnanz. Indem nämlich aus den monetären Vorgängen einzelne herausgegriffen werden, die der Finanzierung zugerechnet werden sollen, während andere, die sich in ihrem Charakter nicht wesentlich von ihnen unterscheiden, auszuschließen sind, w i r d der Begriff den praktischen Gegebenheiten nicht gerecht. Als Beispiel hierfür seien die etwa bei Hax nicht behandelten täglichen Geschäftsvorfälle, soweit sie eine monetäre Auswirkung haben, genannt, oder die Einschränkung der Freisetzung von Vermögensteilen 'bei Theisinger auf den langfristigen, ja sogar dauernden Charakter dieser Maßnahmen. Auf der anderen Seite lassen sich — wie bereits angedeutet — auch rein logische Einwendungen gegen einen solchen Finanzderungsbegriff erheben. So weist H a x 7 9 m i t Recht darauf hin, daß es sich i m Rahmen betriebswirtschaftlicher Finanzierungsuntersuchungen immer um zwei Formen des Kapitals handeln kann, nämlich „ u m die abstrakte Wertsumme der i m Unternehmen gebundenen Produktivgüter" oder um „die konkreten Geldmittel, über die eine Unternehmung verfügt". Hax wendet nun gegen die Untersuchungen Beckmanns ein, daß „offenbar (diese) verschiedenen Kapitalbegriffe miteinander vermengt" werden. Das gilt auch für alle diejenigen Autoren, die einen Kompromiß zwischen kapital- und finanzwirtschaftlicher Betrachtung zu erreichen versuchen 80 . Selbst wenn man nicht mehr den Begriff Kapital für beide grundsätzlich verschiedenen Tatbestände verwenden würde, um diesem Vorwurf zu entgehen, so bleibt doch der logische Widerspruch bestehen. Dieser liegt darin, daß man bei einem nicht untergegliederten Finanzierungsbegriff finanzwirtschaftliche Vorgänge von verschiedenen Ebenen aus betrachtet. Solange Kapitalveränderungen m i t monetären Verschiebungen Hand in Hand gehen, w i r k t sich die unterschied79

Hax, K a r l : Buchbesprechung Beckmann, a.a.O., S.409. ζ. B. Hasenack, W i l h e l m : Kapitallenkung, a.a.O., S. 73 u n d 77. Walb, Ernst: Finanzwirtschaftliche, a.a.O., S. 42, u n d schließlich Hax selbst i n : Möglichkeiten u n d Grenzen, a.a.O., S. 119. 80

Der Begriff der Finanzierung

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liehe Betrachtungsweise nicht aus. Daneben aber gibt es kapitalwirtschaftliche Veränderungen bei monetärer Konstanz (ζ. B. ein Gläubiger t r i t t als Teilhaber in die Unternehmung ein) und Veränderungen im monetären Bereich, durch die das Kapital nicht berührt w i r d (ζ. B. Freisetzung von Umlaufvermögen). Ein Finanzierungsbegriff, der alle diese Formen ungetrennt umfaßt, w i r d zwangsläufig in seiner Aussagefähigkeit beeinträchtigt, da er der Anforderung eines einheitlichen Betrachtungsstandpunktes nicht gerecht wird. Zwei so heterogene Vorgänge wie die reine Sanierung, bei der ein Verlust buchtechnisch durch Kapitalminderung beseitigt wird, und die aktive Finanzierung, bei der eine Unternehmung einer anderen ein Darlehen gewährt, werden i n einem einzigen Begriff zusammengefaßt. Beide Akte haben wohl einen gemeinsamen Nenner, da in beiden Fällen die Finanzwirtschaft der Unternehmung berührt wird, daneben weisen sie so viele trennende Momente auf, daß ihre begriffliche Verbindung zumindest ohne Untergliederung des Begriffes als unzweckmäßig erscheint. Es ist deshalb Hax grundsätzlich zuzustimmen, wenn er davon ausgeht, daß „ w i r i n der Finanz w i r tschaft der Unternehmung . . . es demgemäß m i t zwei Teilbereichen zu tun (haben), von denen w i r den ersten als Kapitalbewirtschaftung und den zweiten als Zahlungsmittelbewirtschaftung bezeichnen können" 8 1 , eine Auffassung, die auch unserer Untersuchung zugrunde liegen soll. Allerdings erscheinen die von Hax gewählten Bezeichnungen insofern als unzweckmäßig, als der Begriff „Bewirtschaftung" zu Mißverständnissen Anlaß gibt. W i r wollen demgegenüber einen kapitalwirtschaftlichen und einen monetären Bereich unterscheiden, so daß w i r unter dem Oberbegriff der betrieblichen Finanz Wirtschaft zwei Finanzierungsbegriffe bilden können, die in ihrem Betrachtungsstandpunkt voneinander abweichen. M i t dem ersten sollen alle Vorgänge erfaßt werden, die Auswirkungen auf das Kapital der Betriebswirtschaft haben. Bei dem zweiten gehen w i r von den Geldveränderungen aus und sprechen nur dann von Finanzierung, wenn die monetäre Lage der Unternehmung verändert wird. Wenden w i r uns zunächst dem ersten Begriff zu. Dieser entspricht insoweit dem, was Schmalenbach unter Finanzierung verstanden wissen wollte, als die Kapitalbeschaffungs- wie -rückzahlungsvorgänge sowie die Passivtauschakte darunter zu fassen sind. Er geht aber über diesen Begriff insofern hinaus, als er keineswegs nur die aus dem Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes herausfallenden finanztechnischen Geschäfte enthalten soll, sondern jede Kapitalveränderung umschließt. Sein Verhältnis zu dem „klassischen" Finanzierungsbegriff von Hax kann nicht vollständig geklärt werden, da Hax zwar sagt „Finanzierungsvorgänge sind demgemäß alle diejenigen Vorgänge, welche die 81

Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 455.

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Begriffliche Grundlegung

Passivseite der Bilanz verändern" 8 2 , i m Verlauf seiner Untersuchung jedoch, ebenso wie Schmalenbach, nur die außergewöhnlichen Kapitalveränderungsvorgänge, insbesondere die Effektenfinanzierung, behandelt 8 3 . Als Kapitalbegriff soll dabei — wie bereits erwähnt 8 4 — die der betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise naheliegende Formulierung einer dem Vermögen entsprechenden abstrakten Wertsumme zugrunde gelegt werden. Wenn dabei wieder das B i l d der Bilanz i m Vordergrund steht, so dient es hier ebenfalls nur der Veranschaulichung. Als Finanzierungsvorgänge sind auch solche Geschäftsvorfälle anzusehen, die zwar kapital wirtschaftliche Veränderungen hervorrufen, i n ihrer Wirkung aber so kurzfristig sind, daß sie sich in der Jahresbilanz nicht niederschlagen. Ausschlaggebend ist die Auswirkung auf das Kapital, nicht die Fristigkeit der Maßnahme. Dieser Aspekt muß streng von einer Veränderung in der Fristigkeit des der Unternehmung zur Verfügung stehenden Kapitals getrennt werden. Hierbei handelt es sich ohne Zweifel um FinanzierungsVorgänge; als Beispiel seien die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital genannt, wenn ein Gläubiger als Teilhaber i n die Unternehmung eintritt, oder der entgegengesetzte Fall wie auch die Verschiebung in der Fristigkeit eines Kapitalteils (Wechselprolongation, Kreditverlängerung). Es muß jedoch grundsätzlich betont werden, daß die Kapitalveränderung nicht auf reinen Bewertungsmanipulationen (etwa innerhalb der stillen Reserven) beruhen darf, die ihrerseits keinesfalls als Finanzierungsakte angesprochen werden können. Bei den quantitativen Kapitalveränderungen kann es sich um Kapitalexpansionen wie um -kontraktionen handeln. Die ersteren können nach der Herkunft des Kapitals gegliedert werden in Eigen-, Fremd- und Selbstfinanzierung 85 , hinzu kommt die Finanzierung aus Rückstellungen, da auch hierbei Passivposten gebildet werden 8 6 und ein „Mehr" an Kapital der Unternehmung zur Verfügung steht. Wie bereits erwähnt, ist die Fristigkeit der Maßnahme nicht begriffskonstitutiv. Vermögensveränderungen, die sich kapitalmäßig nicht auswirken, stellen bei dem so umrissenen kapitalwirtschaftlichen Finanzierungsbegriff keine Finanzierungsakte dar. Das gilt ebenso für die Umwandlung von Geld i n Sachgüter, wie für die Gewährung von Darlehen an andere Unternehmungen (aktive Finanzierung). 82

Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 464. Eine Ausnahme bildet lediglich die Erwähnung der Lieferanten- u n d Bankkredite f ü r die Finanzierung von K l e i n - u n d Mittelbetrieben auf S. 475, auf die H a x jedoch nicht näher eingeht. 84 s. S. 29. 85 Diese Einteilung ist n u r für die Kapitalbeschaffung möglich. V e r w e n det man einen weiten Finanzierungsbegriff, w i e etwa Beckmann, so läßt sich die Gliederung nicht auf den ganzen Begriff anwenden, s. auch Hax, K a r l : Buchbesprechung von Beckmann, a.a.O., S. 410. 86 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 466 u. 471. 83

Der Begriff der Finanzierung

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Dem kapitalwirtschaftlichen Finanzierungsbegriff steht die monetäre Definition der Finanzierung gegenüber, unter der w i r die Veränderung der monetären Größen i n der Unternehmung verstehen wollen 8 7 . Damit w i r d ein grundsätzlich anderer Ausgangspunkt gewählt, so daß beide Definitionen auf völlig verschiedenen Ebenen liegen. Es erscheint darum unzweckmäßig, von einem „erweiterten Finanzierungsbegriff" 8 8 zu sprechen, wie Hax dies tut, weil hierbei eine Verbindung beider Betrachtungsweisen hergestellt werden soll, die die Klarheit der begrifflichen Erfassung der Phänomene beeinträchtigt. Die Bezeichnung „erweiterter Finanzierungsbegriff" kann nämlich nur so verstanden werden, daß zu einem Kern (dem „klassischen" Finanzierungsbegriff der Kapitalveränderungen) eine Reihe weiterer Vorgänge hinzugefügt werden soll, und zwar solcher, die monetäre Veränderungen bestimmter A r t umfassen. Damit w i r d ein einheitlicher Begriff für zwei verschiedene Bereiche (s. dazu S. 46) verwendet. Der für eine begriffliche Verknüpfung sprechende Einwand, die i n beiden Begriffen erfaßten Tatbestände würden sich teilweise überschneiden, t r i f f t nicht zu. Trotz der Erfassung bestimmter Akte in beiden Finanzierungsdefinitionen darf nicht übersehen werden, daß es sich jeweils um die Untersuchung von verschiedenen Betrachtungsstandpunkten aus handelt, so daß eine Zusammenfassung in einem Begriff die Prägnanz des Begriffes beeinträchtigen würde. Demgegenüber verbleiben w i r bei einer Scheidung des Begriffes der betrieblichen Finanzwirtschaft i n zwei Teilbereiche: die kapitalwirtschaftliche und die monetäre Finanzierung und wenden uns wieder der näheren Erläuterung der letzteren zu. Die Bezeichnung Geld wollen w i r weit fassen, so daß nicht nur Bargeld, sondern auch Buchgeld darunter verstanden werden kann, nicht jedoch die Hereinnahme bzw. Weitergabe von Wechseln. Erst deren Diskontierung führt zu einer monetären Veränderung. Der Grund zu dieser Abgrenzung liegt darin, daß bei den Wechseln jeweils die Bonität des Papiers für die Erlangung des Geldcharakters maßgebend ist. Während der Unternehmer Giralgeld oder Noten bzw. Münzen 87 Einen stark monetär ausgerichteten Finanzierungöbegriff verwendet schon Leitner, Friedrich: Finanzierung der Unternehmungen, B e r l i n u n d Leipzig 1927, S. 5. Er sagt: „Finanzierung ist Deckung des Zahlungsmittelbedarfs f ü r einen wirtschaftlichen Zweck". Leitner kennt bereits eine „innere Finanzierung" (S. 18), bei der sich „eine Unternehmung die Zahlungsmittel aus eigener K r a f t , ζ. B. durch Abstoßung von Vermögensteilen . . . " beschafft. A u f die systematischen Unzulänglichkeiten der Begriffsb i l d u n g bei Leitner hat Conzelmann, Fritz, a.a.O., S. 55 f., aufmerksam gemacht. Dennoch darf nicht übersehen werden, daß die modernen Definitionen wieder an ähnliche Gedankengänge anknüpfen — allerdings unter erheblicher Ausweitung derselben — wie sie bei den älteren Autoren hier u n d da zu finden sind. 88 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S.465.

4 Engelhardt

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jederzeit zur Abdeckung seiner Schulden verwenden kann, ist dies nicht m i t jedem Wechsel möglich. Trotz der begrifflichen Ausklammerung sei jedoch darauf hingewiesen, daß bei der unterschiedlichen Geldnähe der Vermögensgüter die Wechsel dem Geld besonders nahestehen können. A n die Stelle der Bezeichnung Geld soll zur Kennzeichnung der Erweiterung der Ausdruck „monetäre M i t t e l " treten. Die Bezeichnung „Veränderung der monetären M i t t e l " könnte so verstanden werden, als ob nur jene Fälle gemeint seien, in denen diese Vorgänge durch bewußte unternehmerische Disposition ausgelöst werden. Damit ist die Abgrenzung jedoch zu eng getroffen. Nicht der A k t der Beschaffung oder der Mittelverwendung ist bedeutsam, sondern allein sein Effekt, d. h. die Veränderung der monetären Mittelbestände. Die sich innerhalb des betrieblichen Kreislaufprozesses vollziehenden Verschiebungen innerhalb der Geldbestände können allerdings nur sehr schwer von den dispositionsbedingten Veränderungen, bei denen bewußte unternehmerische Akte vorliegen, getrennt werden. Eine solche Abgrenzung ist künstlich und führt nicht zu neuen Erkenntnissen. Vielmehr w i r d die Geschlossenheit der Konzeption durchbrochen. Auch die Finanzpolitik der Betriebe setzt bei den gesamten monetären M i t t e l n an. Eine Abgrenzungsschwierigkeit ergibt sich bei der Bestimmung des Beschaffungszeitpunktes. Es bestehen hier — ähnlich wie oben bei der Abgrenzimg des Begriffes Geld — zwei Möglichkeiten: die einer weiten oder einer engen Begriffsfassung. I m ersteren Falle w i r d dann eine Veränderung der monetären Mittelbestände angenommen, wenn die Unternehmung gewisse, bereits i n bestimmtem Umfang fundierte Aussichten auf die Erlangung von Geld hat. Beispielsweise ist das gegeben, wenn eine Bank der Unternehmung eine Kreditzusage gibt, wenn Eigenikapital bei der Aktiengesellschaft, der GmbH oder der Genossenschaft nicht voll eingezahlt worden ist oder wenn Forderungen entstehen. Wählt man i m zweiten Falle den engeren Begriff, so treten monetäre Veränderungen erst ein, wenn das Geld effektiv beschafft wurde. Auch hier entstehen Übergänge und gewisse Zweifelsfragen, dennoch wollen w i r unseren Betrachtungen ausschließlich einen engen Begriff zugrunde legen, denn die schwierige Abgrenzung des weiten läßt die Konturen der erfaßten Bereiche völlig verschwimmen. Es entsteht dabei i n letzter Zuspitzung schließlich die Frage, ob nicht jeder potentielle Kredit, der möglicherweise einmal zu Geld führen kann, einzubeziehen ist. Der Begriff der monetären M i t t e l würde hierdurch jede Aussagekraft und Prägnanz verlieren. Subjektiven Beurteilungsmomenten würde zuviel Bedeutung beigemessen. Ebenso wie die Mittelbeschaffung w i r d die Mittelverwendung (d. h. die Geldverminderung) eng gefaßt und nur die Ausgabe von Zahlungsmitteln darunter verstanden. Hier entsteht eine Abgrenzungsnot-

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wendigkeit gegenüber der Investition, worunter w i r die Beschaffung von Vermögensgütern m i t Ausnahme des Geldes verstanden haben. Werden nun beispielsweise Waren oder Anlagen gegen bar gekauft, so liegt ein Investitions- und ein Finanzierimgsvorgang vor. Das bedeutet nicht, daß beide Begriffe ineinander übergehen. Es werden vielmehr verschiedene Bereiche des gleichen Vorgangs berührt. Die Investition bezieht sich auf die Veränderungen i m Sachvermögen. Die Finanzierung knüpft an die damit verbundene Geld- und/oder Kapitalverschiebung an. Sie stellt gleichsam die finanzwirtschaftliche Entsprechung des Investitionsvorganges dar. Bei der Geldvermehrung kann es sich um zwei grundsätzlich verschiedene Fälle handeln. Zum einen können neue M i t t e l zusätzlich in die Unternehmung fließen, zum anderen kann es sich um die Liquidisierung von Vermögensgegenständen handeln. Etwas ungenau kann man von einer externen und einer internen Mittelbeschaffung sprechen, obwohl i n beiden Fällen das Geld von außen in die Unternehmung fließt. Die Freisetzung von Vermögensgegenständen ist von unterschiedlicher Dauer; so kann die Unternehmung durch bestimmte Rationalisierungen M i t t e l gewinnen, die zur Reinvestition überhaupt nicht mehr notwendig sind, aus Abschreibungserlösen langlebiger W T irtschaftsgüter, die vorerst nicht ersetzt zu werden brauchen, ergeben sich langfristig zur Verfügung stehende Beträge, während andere Teile der i m Rahmen der täglichen Geschäftsvorfälle anfallenden liquiden M i t t e l zur Aufrechterhaltung des Betriebsprozesses kurzfristig wieder Verwendung finden. Die reine Sanierung sowie die Sachgründung oder die Entstehung des Lieferantenkredits sind monetär betrachtet keine Finanzierungsakte. Es handelt sich hierbei jeweils nur um Kapitalveränderungen, die sich monetär zunächst nicht auswirken. Wohl aber ist, um diesen einen Fall herauszugreifen, die Beschaffung von M i t t e l n zur A b deckung des Lieferantenkredits sowie die Ausgabe derselben ein Finanzierungsakt; demgegenüber stellt sich der Eingang von Waren, die auf Kredit bezogen werden, auch nach dem Sprachgebrauch der Praxis nicht als eine Finanzierung im Sinne einer Mittelveränderung dar. Die i m Rahmen der „internen Finanzierung" bei H a x 8 9 genannten Vorgänge sind nur insoweit zur Finanzierung zu zählen, als sie in einer „internen" Beschaffung bzw. Ausgabe von Geldmitteln bestehen. Für die Finanzierung aus Gewinn gilt das, soweit der Gewinn monetär verfügbar i s t 9 0 . Die Beschaffung von M i t t e l n i n Gestalt von Abschreibungserlösen als weitere Möglichkeit der internen Finanzierung nach Hax gilt generell und ist nicht beschränkt auf jene Fälle, wo durch 89 90

4*

Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 471. s. dazu die Ausführungen des Kapitels C I .

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den Lohmann-Ruchti-Effekt 9 1 eine Vergrößerung der Periodenkapazität durch Investition von Abschreibungserlösen zu erreichen ist. Lediglich bei der Beurteilung dieser Beträge entsteht insofern ein Unterschied, als die M i t t e l teilweise als dauernd freigesetzt anzusehen sind, während sie sonst nur je nach der Lebensdauer der Aggregate für unterschiedlich lange Zeiträume festgelegt werden können. Der so umrissene monetäre Begriff der Finanzierung entspricht in weiten Teilen dem, was Hax den erweiterten Finanzierungsbegriff nennt 9 2 , insbesondere gehen beide Begriffe von der Beschaffung von „konkretem Geldkapital" 9 3 aus. Demgegenüber darf nicht übersehen werden, daß andererseits grundsätzliche Verschiedenheiten beide Begriffe trennen. Hax beschränkt nämlich die Möglichkeiten der internen Finanzierung i m Rahmen des erweiterten Finanzierungsbegriffs auf „die Methoden zur Beschaffung von Geldmitteln für zusätzliche Investitionen" 9 4 . Damit engt Hax zum ersten den Begriff auf die Geldbeschaffung ein. Demgegenüber beziehen w i r auch die Geldverminderung ein, da auch hierdurch finanzielle Veränderungen in der Unternehmung -bewirkt werden, deren Ausklammer img aus dem Finanzierungsbegriff nicht begründet erscheint. Zudem ergibt sich hier eine Entsprechung zu der Einbeziehung der Rückzahlung von Kapital i n den kapitalwirtschaftlichen Finanzierungsbegriff. Die Argumente Schmalenbachs hierzu lassen sich ohne weiteres auf unseren Zusammenhang übertragen (s. S. 32). Zum zweiten greift Hax auf eine Prämisse zurück, die der von Theisinger gesetzten ähnlich ist, der seinerzeit von „neuen Betriebszwecken" 95 sprach. Hax versucht damit, die Gewinnung von Geldmitteln aus dem täglichen Umsatzprozeß aus seinem Begriff der Finanzierung auszuschließen und steht hiermit Schmalenbach nahe, wenn dieser an die „aus dem Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes herausfallenden finanztechnischen Geschäfte" 96 anknüpft. Das w i r d besonders deutlich, wenn Hax die Beschaffung von M i t t e l n aus dem normalen Umsatzprozeß behandelt, wo es heißt: „Die Umsatzerlöse, die laufend hereinfließen, werden nämlich nicht in voller Höhe zur Wiederbeschaffung der verbrauchten Produktivgüter oder zur Rückzahlung von Schulden benötigt; ein gewisser Teil kann 91 Schäfer, Erich: Abschreibung u n d Finanzierung, i n : Z f h F N F 7 (1955), S. 137; s. dort weitere L i t e r a t u r angaben. 92 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 465. Die Mängel der Begriffsbezeichnung „erweiterter" Finanzierungisbegriff w u r d e n bereits oben aufgezeigt (s. S. 49). 93 Hax } K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 467. 94 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 466, ebenso H a x , K a r l : Möglichkeiten u n d Grenzen, a.a.O., S. 116. 95 Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 242. 96 Schmalenbach, Eugen, Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 2.

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deshalb für neue zusätzliche Investitionen eingesetzt werden (Finanzierung aus Umsatzerlösen) 97 ' 98 ." Der oben dargestellte monetäre Finanzierungsbegriff ist demgegenüber viel weiter gefaßt, weil er jede Beschaffung von Geld, also auch die volle i m Rahmen der täglichen Geschäftsvorfälle erfolgende L i q u i disierung von Vermögensteilen als Finanzierungsaikt ansieht. Diese Ausweitung hat insbesondere drei Gründe: Erstens erscheint die Abgrenzung zwischen Reinvestition und zusätzlicher Investition nicht ohne W i l l k ü r durchführbar. Beide Dinge gehen, insbesondere bei der Wiederbeschaffung von Anlagen oder Waren, die qualitativ eine Veränderung erfahren haben, oder bei Sortimentsveränderungen des Warenhandelsbetriebs, außerordentlich stark ineinander über. Zweitens ist bei der Definition von Hax zu wenig an die Möglichkeiten einer Kapitalrückzahlung gedacht, für die ebenfalls M i t t e l bereitgestellt werden müssen. Es ist unmöglich, diese Zwecksetzung als zusätzliche Investition zu bezeichnen. Noch wichtiger ist aber der damit eng zusammenhängende dritte Grund. Der Unternehmer steht keineswegs nur bei der Durchführung neuer, zusätzlicher Investitionen vor der Aufgabe, die dafür notwendigen Geldmittel zu beschaffen. Das Problem stellt sich ihm vielmehr täglich bei dem Ablauf des Betriebsprozesses, in dessen Rahmen er — gegebenenfalls unter Heranziehung neuer, zusätzlicher M i t t e l aus der Außenfinanzierung — Geld bereitstellen muß, um, wie H a x 9 9 sagt, die verbrauchten Produktivgüter wiederzubeschaffen oder Schulden zurückzuzahlen. Diese unternehmerische Tätigkeit, die i n den behandelten Stufen des Finanzierungsbegriffs fast vollständig unberührt bleibt, muß ohne Zweifel i n ihrer Gesamtheit als Teil der Finanzierung i m monetären Sinne angesehen werden und erlaubt keine Aussonderung von Teilgebieten. Wie bereits mehrfach erwähnt, soll — ebenfalls über Hax hinaus — auch die Ausgabe von Geldmitteln i n den Bereich der monetären Finanzierung einbezogen werden. Die so umrissene monetäre Betrachtung gibt jedoch allein nur einen — wenn auch sehr wichtigen — Ausschnitt aus dem großen Gebiet der betrieblichen Finanzwirtschaft wieder. I h r muß die kapitalwirtschaft97

Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 465. Es muß bei dem Begriff von Hax offenbleiben, ob er auch jenen F a l l als Finanzierung ansehen w i l l , wo zwar durch Rationalisierungsmaßnahmen M i t t e l freigesetzt werden, ohne daß aber für deren Verwendung bereits ein neuer Betriebszweck gegeben ist. I n diesem F a l l ist also nicht der Finanzbedarf primär, sondern der Mittelanfall. Ebenso liegen die Dinge häufig bei der Selbstfinanzierung, w e n n Gewinne anfallen u n d i n der Unternehm u n g verbleiben, ohne daß ein spezifischer Verwendungszweck gegeben ist. Hax geht auf diese Frage nicht ein, so daß eine endgültige Stellungnahme nicht möglich ist. 99 Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 465. 98

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liehe Betrachtung ergänzend zur Seite treten. I n der Zusammenschau beider Aspekte gelingt es, eine sowohl den praktischen wie den theoretischen Anforderungen genügende Übersicht über die Bereiche der betrieblichen Finanzwirtschaft zu gewinnen. Zur Verdeutlichung des Gesagten seien die Ergebnisse dieses Abschnittes gleichsam als neunte Entwicklungsstufe des Finanzierungsbegriffs nochmals schematisch zusammengefaßt, wobei jeweils einige typische Beispiele beigefügt w u r den, ohne daß sie die Fülle der Erscheinungen vollständig wiedergeben können. Betriebliche Finanzwirtschaft Kapitalveränderungen, die keine monetären V e r änderungen bewirken a) Kapitalvermehrungen (Sachgründung, L i e ferantenkredit) b) K a p i t a l v e r m i n d e r u n gen (reine Sanierung) c) Passivtauschvorgänge (Fremdkapital w i r d Eigenkapital u. u m gekehrt, Schuldwechselprolongation)

Finanzierung bei monetärer Betrachtung

1 K a p i t a l Veränderungen, die gleichzeitig monetäre Veränderungen hervorrufen a) Kapitalzuwachis u n d Geldvermehrung (Bareinlagen) b) Kapitalverminderung u n d Geldverminder u n g (Schuldenrückzahlung)

Monetäre Veränderungen die gleichzeitig Kapitalveränderungen hervorrufen a) Geldvermehrung u n d Kapitalvermehrung (Bareinlagen) b) Geldverminderungen und Kapitalverminderungen (Schuldenrückzahlung)

Finanzierung bei k a p i t a l wirtschaftlicher Betrachtung

Monetäre Veränderungen, die keine K a p i t a l vei Änderungen bewirken a) Geldvermehrungen (Barverkäufe, soweit keinen Gewinn enthaltend; Wechseldiskontierung) b) Geldverminderung (Barkauf von A n l a gen oder Waren) c) Geldtauschvorgänge (Einzahlung von B a r geld auf Bankkonto)

Die von uns herausgearbeitete, vorstehend verdeutlichte Begriffsbildung soll allen folgenden Überlegungen als Ausgangspunkt dienen. I I I . Der Begriff der Finanzierung aus Gewinn Nachdem der Begriff der Finanzierung näher umrissen wurde, gilt es nun, eine Definition für den engeren Gegenstand dieser Untersuchung, die Selbstfinanzierung, zu finden. Es soll auch hierbei ein — wenn auch i m Vergleich zu den Erörterungen über die Finanzierung kürzerer — Überblick über die Diskussion des Begriffes i n der Lite-

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ratur gegeben werden, da die Auseinandersetzung m i t den bisherigen wissenschaftlichen Bemühungen bereits einen Einblick in die vielschichtigen Probleme der Begriffsbildung und -abgrenzung gibt. Auch hierbei sei wieder darauf hingewiesen, daß die Zusammenstellung nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, sondern vielmehr bemüht ist, das Typische 'herauszuarbeiten und auch keine chronologische Abfolge der Begriffsentwicklung darstellt. Eine erste Abgrenzung erfolgt durch die Beschränkung auf die Selbstfinanzierung der Unternehmungen, wohingegen die Selbstfinanzierung der Wirtschaft ebenso außer Betracht bleibt wie die Selbstfinanzierung der Volkswirtschaft. Unter dem ersten verstand man früher teilweise die Unabhängigkeit der Industrie- und Handelsbetriebe von der Kapitalversorgung durch die Kreditinstitute, unter dem letzten den Verzicht auf Kapitalzufuhr aus dem Auslande 1 . I n der Reihe der betriebswirtschaftlichen Autoren, die sich m i t dem Phänomen der Selbstfinanzierung auseinandergesetzt haben, nimmt Conrad 2 eine besondere Stellung ein. Er bemüht sich vor allem um eine sprachlogische Klärung des Begriffes Selbstfinanzierung. Die Grundthese, von der er ausgeht, ist die, daß „man es ablehnen müsse, die Unternehmung als Wirtschaftssubjekt zu bezeichnen. Wirtschaftssubjekte sind dann in diesem Sinne nur die Menschen, Wirtschaftsobjekte nur die Güter" 3 . Daraus leitet Conrad ab, daß sich die Unternehmung kraft ihres Objektcharakters niemals „selbst"finanzieren könne, was grundsätzlich dem oder den Anteilseignern vorbehalten bleibt. „Die Selbstfinanzierung der Unternehmung löst sich bei näherer Betrachtung auf i n den Spezialfall der Finanzierung durch die Gewinnberechtigten und m i t Mitteln, die zufällig dem Gewinnsubstrat entstammen 4 ." Conrad geht so weit, von einer „Denkunmöglichkeit der Selbstfinanzierung" 5 zu sprechen. Die Untersuchungen Conrads haben teilweise eine unverständlich heftige Reaktion i m betriebswirtschaftlichen Schrifttum hervorgerufen. Es gibt kaum einen Autor, der sich nicht m i t dem Angriff Conrads kritisch auseinandergesetzt hat®. Man neigt dazu, den Unternehmungen eine gewisse Verselbständigung zuzubilligen 7 , woraus auch sprachlogisch eine Rechtfertigung des Begriffes abzuleiten ist, oder man weist darauf hin, daß m i t der Bezeichnung Selbstfinanzierung niemals aus1

Prion, W.: Selbstfinanzierung, a.a.O., S. 1 f. Conrad, Jakob: a.a.O. Conrad, Jakob, a.a.O., S. 14. 4 Conrad, Jakob: a.a.O., S. 33. 5 Conrad, Jakob: a.a.O., S. 30. 6 W i r verweisen hierzu auf Spezialliteratur, insbes. Conzelmann, Fritz: a.a.O., S. 66 ff. u n d 75 ff., u n d Hasenack, W.: Buchbesprechung von Conrad i n : Die Betriebswirtschaft 2o (1932), S. 171. 7 Fliegel, H e l m u t : Die Selbstfinanzierung der Unternehmung, Diss. N ü r n berg 1935, S.5. 2

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gedrückt werden sollte, daß hier eine Finanzierung ohne Entscheidung der Wirtschaftssubjekte stattfindet, so daß der Angriff Conrads eine „Polemik gegen Schatten" 8 ist. Darüber hinaus w i r d der Ansatz Conrads teilweise als zu formal abgelehnt, da er nur die Bezeichnung eines an sich unbestrittenein wirtschaftlichen Tatbestandes angreift. Wenngleich auch uns — worauf noch näher einzugehen sein w i r d — der Begriff Selbstfinanzierung für die Gewinnthesaurierung als nicht glücklich erscheint, wofür jedoch weniger formale als materielle Gründe sprechen, erscheint doch die Auffassung Conrads als überspitzt und unzutreffend, so daß sie i m folgenden nicht mehr herangezogen werden soll. Eine ebenfalls von der heute üblichen Definition abweichende Formulierung findet sich bei Leitner 9 , der den Bereich der Selbstfinanzierung außerordentlich ausweitet. „Unter Selbstfinanzierung verstehen w i r eine solche aus den M i t t e l n des Unternehmers: Kapitaleinlagen als Gesellschafter, Zubußen der Gewerken, Nachschüsse bei der GmbH, Darlehen der Gesellschafter." Es besteht bei dieser Definition insofern eine gewisse Verwandtschaft zu der Conrads, als auch Leitner den Terminus „Selbstfinanzierung" nicht auf die Unternehmung, sondern auf den oder die Unternehmer bezieht und alle Kapitalbeschaffungsvorgänge aus der Sphäre des oder der Anteilseigner als Selbstfinanzierung ansehen w i l l . Damit werden sowohl die Finanzierung aus Gewinnen wie auch die Eigenfinanzierung als Selbstfinanzierung bezeichnet. Darüber hinaus werden bestimmte Formen der Fremdfinanzierung ebenfalls der Selbstfinanzierung zugerechnet (ζ. B. Darlehen der Gesellschafter), soweit es sich dabei um Übergangsformen zwischen Eigenund Fremdfinanzierung handelt. Man kann bei der Definition Leitners die enge Verbindung der Unternehmung mit dem Unternehmer als besonders charakteristisch ansehen, eine Verknüpfung, die i n den nun folgenden — großenteils auch zeitlich später liegenden — Begriffsbestimmungen mehr und mehr zugunsten einer Verselbständigung der Unternehmung aufgelöst wird. Das zeigt sich bereits bei Schmalenbach, dessen Begriff der Selbstfinanzierung offenkundig einer gewissen Wandlung unterlag. Er unterscheidet i n seinem Werk „Finanzierungen" die Selbst- und die Kreditfinanzierung 1 0 . Dabei umfaßt die Selbstfinanzierung „alles, was nicht m i t Hilfe von Kredit finanziert w i r d " . Damit sind jedoch nicht alle Formen der Eigenfinanzierung gemeint, sondern nur diejenige des Einzelunternehmers, während die Eigenfinanzierung der Gesellschaftsformen als Beteiligungsfinanzierung behandelt wird. Damit engt Schmalenbach seinen Begriff i m Vergleich zu Leitner bereits ein, faßt aber 8 9 10

Hasenack, W.: Buchbesprechung von Conrad, a.a.O., S. 171 f. Leitner, Friedrich: Finanzierung, a.a.O., S. 18 f. Schmalenbach, Eugen: Finanzierungen, 6. Aufl., a.a.O., S. 7.

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immer noch Gewinnfinanzierung und Teile der Eigenfinanzierung darunter 1 1 . I n den späteren unter dem Titel „Beteiligungsfinanzierung" erschienenen Auflagen seiner „Finanzierungen" beschränkt Schmalenbach den Begriff noch weiter, obgleich eine gewisse Inkonsequenz dam i t verbunden ist. Er behält seine bisherige Einteilung der Finanzierung bei, die er nun Selbst- und Fremdfinanzierung nennt, definiert jedoch die erster e als „eine Eigenkapitalerhöhung durch Nicht ausschüttung von Gewinn" 1 2 . Es bleibt jedoch offen, wo die Finanzierung einer Einzelunternehmung durch den Eigentümer einzuordnen ist, da eine Subsumtion unter die obige Definition nicht ohne weiteres möglich ist. Geht man jedoch von dem Vergleich der Definitionen aus, so verengt sich der Begriff der Selbstfinanzierung bei Schmalenbach in der „Beteiligungsfinanzierung" auf eine reine Gewinnfinanzierung. Die Zweckmäßigkeit der Definition Schmalenbachs soll hier nicht ausführlich untersucht werden, da es uns lediglich darum geht, die verschiedenen Fassungen des Begriffs Selbstfinanzierung i n der betriebswirtschaftlichen Literatur aufzuzeigen. Es sei nur ein Ansatzpunkt der K r i t i k genannt, der einen grundlegenden Mangel i n den Ausführungen Schmalenbachs zur Finanzierung berührt. Die Einordnung der Beteiligungsfinanzierung in die Fremdfinanzierung hat zu sehr den Fall der großen Kapitalgesellschaften i m Auge, bei der die Anteilseigner gleichsam Fremde für die Unternehmung sind. Es werden dabei alle jene Fälle vernachlässigt, in denen sich unter der Rechtsform der Kapitalgesellschaft wirtschaftlich betrachtet Einzelunternehmungen bzw. Personengesellschaften verbergen, z. B. bei der Ein-Mann-Aktiengeseilschaft oder -G.m.b.H., sowie bei Kapitalgesellschaften m i t wenigen Anteilseignern, von denen u. U. alle oder einige selbst i n der Unternehmung mitarbeiten. I n allen diesen Fällen w i r d man die Beteiligungsfinanzierung nur schwer von der Eigenfinanzierung i m engeren Sinne trennen können. Bei einer großen Zahl von Autoren entspricht der Begriff der Selbstfinanzierung dem, was w i r als die engere Formulierung Schmalenbachs i n der „Beteiligungsfinanzierung" kennengelernt haben. Dies gilt etwa für Hasenack 13 , Prion 1 4 , Köhler 1 5 , Conzelmann 16 , H a x 1 7 , K a l veram 1 8 und Thiess 19 , wobei diesen Namen noch viele andere zur Seite 11 So auch H a x bei seiner Unterscheidung nach der H e r k u n f t des Kapitals i n : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 468 u n d 472. 12 Schmalenbach, Eugen: Beteiligungsfinanzierung, a.a.O., S. 11. 13 Hasenack, W.: Wesen u n d Arten, a.a.O., S. 94. 14 Prion, W.: Selbstfinanzierung, a.a.O., S. 2. 15 Köhler, Theodor: a.a.O., S. 17. 16 Conzelmann, F r i t z : a.a.O., S. 9. 17 Hax, K a r l : Möglichkeiten u n d Grenzen, a.a.O., S. 115. 18 Kalveram, W i l h e l m : Finanzierung der Unternehmung, i n : Die HandelsHochschule, 3. Aufl., Wiesbaden 1953, S. 9. 19 Thiess, Erich: K u r z - und mittelfristige Finanzierung, i n : Die W i r t schaftswissenschaften, hrsg. v. E. Gutenberg, Wiesbaden 1958, S. 8.

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gestellt werden könnten. Die Definitionen ähneln sich untereinander sehr, so daß hier nur zwei beispielhaft genannt werden sollen, nämlich die von Prion und Conzelmann. Der erstere formuliert: „Selbstfinanzierung heißt also: Kapitalbeschaffung aus eigenen Überschüssen, heißt Finanzierung aus dem Gewinn", während Conzelmann sagt: „Selbstfinanzierung ist eine Form der Kapitalbeschaffung einer Unternehmung, bei der die M i t t e l (Kapitalien) durch das erfolgreiche Tätigsein dieser Unternehmung gewonnen werden und durch einen Unternehmerakt i n den Verfügungsbereich der Unternehmung gelangen." Wenn auch die genannten Autoren eine Abgrenzung der Selbstfinanzierung gegen die Eigenfinanzierung durchführen, so weisen sie doch darauf hin, daß zwischen beiden keine scharfen Grenzen gezogen werden können. Man w i r d so weit gehen können zu sagen, daß die Selbstfinanzierung eine wichtige Form der Eigenkapitalfinanzierung darstellt 2 0 , die insbesondere bei Einzelunternehmungen nicht mehr scharf unterschieden werden können 2 1 . Es steht außer Frage, daß die in der Unternehmung zurückgehaltenen Gewinnmittel als Teil des Eigenkapitals anzusehen sind, wenn auch ihre Aufbringung innerhalb der Unternehmung eine gesonderte Definition und Betrachtung erfordert. Einen Schritt weiter geht Beckmann in ihrer Abgrenzung dessen, was unter Selbstfinanzierung zu verstehen ist: „Unter Selbstfinanzierung versteht man die Kapitalaufbringung einer Betriebswirtschaft aus ,eigener Kraft'; es handelt sich also um Kapital, das nicht wie das ursprüngliche Eigenkapital und das Fremdkapital von außen kommt, sondern sich i n der Betriebswirtschaft bildete und in ihr gewachsen ist 2 2 ." Diese Definition läßt bereits insofern eine Veränderung zu den bisher behandelten Formulierungen deutlich werden, als sie nicht mehr ausdrücklich auf den Gewinn abstellt, sondern vielmehr allgemein von dem sich i n der Betriebswirtschaft bildenden Kapital ausgeht. Unter Heranziehung der bei der Erörterung des Finanzierungsbegriffs gewonnenen Erkenntnisse können w i r feststellen, daß eine auf die Passivseite der Bilanz beschränkte Kapitalbildung „aus eigener K r a f t " der Unternehmung in zwei Fällen möglich ist. Das Kapital erfährt durch Gewinne und durch die Bildimg von Rückstellungen eine Vergrößerung. Den Beweis, daß Beckmann auch den letztgenannten Fall bei ihrer obigen Definition i m Auge hat, erbringt die Behandlung der betrieblichen Pensionsrückstellungen. Es heißt dort bei der Erörterung gewohnheitsrechtlicher oder vertraglich zugesicherter Leistungen: „Der ausgewiesene Betrag ist nunmehr zusätzlich als Rückstellung zu werten und somit als Fremdkapital anzusehen, allerdings m i t dem 20 21 22

Kalveram, W i l h e l m : Finanzierung, a.a.O., S. 9. Hasenack, W.: Wesen u n d Arten, a.a.O., S. 95. Beckmann, Liesel: Finanzierimg, 2. Aufl., a.a.O., S. 37.

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Unterschied, daß i m Regelfalle diese Beträge nicht von außen her der Betriebswirtschaft zuflössen, sondern auf dem Wege der Selbstfinanzierung entstanden sind 2 3 ." Wenn auch diese Formulierung viele Fragen offen läßt, wovon i n unserem Zusammenhang sicherlich diejenige am wichtigsten ist, die den Kapitalcharakter der durch Selbstfinanzierung entstandenen Rückstellungen näher zu umreißen sucht, so w i r d doch deutlich, daß man i n der Literatur teilweise den Begriff der Selbstfinanzierung über den Gewinn hinaus auf das „eigengebildete Kapital der Unternehmung" 2 4 ausdehnt. Wie w i r bereits bei der Behandlung des Begriffs von Leitner andeuteten, w i r d dadurch auch die Grenze zur Fremdfinanzierung flüssig, wozu nur auf die aus nicht entnommenen Gewinnen stammenden Gesellschaf ter dar lehen hingewiesen werden soll. Allen bisher behandelten Begriffen war gemeinsam, daß sie eine kapitalwirtschaftliche Betrachtung zugrunde legten, indem sie interne Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung untersuchten und diese als Selbstfinanzierung bezeichneten. Analog zu der Entwicklung des Finanzierungsbegriffes ist die betriebswirtschaftliche Literatur auch bei der Definition der Selbstfinanzierung über diese Grenzen hinausgegangen und hat gewisse monetäre Vorgänge innerhalb der Unternehmung der Gewinnfinanzierimg zur Seite gestellt. Ein erster Ansatz hierzu findet sich — wie oben bereits dargestellt 2 5 — bei Theisinger, der bestimmte Vermögensverflüssigungen ebenfalls als Selbstfinanzierung ansieht 2 6 . Es handelt sich dabei nicht um zusätzliche Mittel, die i n die Unternehmung fließen, sondern u m bisher in bestimmten Vermögensteilen festgelegte, die nun wieder liquidisiert und damit neuen Unternehmungszwecken zur Verfügung gestellt werden können. Allerdings bleibt die Formulierung Theisingers, der von einer „betrieblich tragbaren Verflüssigung" des Vermögens spricht, unklar und verschwommen. Neben Theisinger sind noch Frisch 2 7 und Hagest 28 als Vertreter ähnlicher A u f fassungen zu nennen. 23

Beckmann, Liesel: Finanzierung, 2. Aufl., a.a.O., S. 42. Hax, K a r l : Finanzwirtschaft, a.a.O., S. 472. 25 s. S. 36 ff. 26 Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 242. 27 Frisch, Erich: Selbstfinanzierung, Diss., a.a.O., S. 30; ders.: Die Selbstfinanzierung der Unternehmungen, i n : Fragen der Kapitalerhaltung u n d Finanzierung, Veröffentlichungen zur Betriebswirtschaft, H. 3, Wolfenbüttel o. J. (1948), S. 39 ff. Dabei ist besonders auf die unzulängliche Begründung des Ausschlusses der Kapitalrückzahlung durch G e w i n n m i t t e l aus dem Selbstfinanzierungsbegriff hinzuweisen, von der Frisch sagt (S. 45), sie v e r folge keine Neuinvestition u n d auch keine sonstigen Betriebszwecke. Letzterem ist w o h l k a u m zuzustimmen. 28 Hagest, K a r l : Selbstfinanzierung des Betriebes, Stuttgart 1952, S. 32. — Bei Hagest besteht insofern eine gewisse Unstimmigkeit, als er vorher (S. 28) definiert: „ B e i der Selbstfinanzierung handelt es sich u m die K a p i t a l bildung der Betriebe aus eigener K r a f t , aus Überschüssen, welche durch die 24

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Die Definition Theisingers weist aber auch noch i n einer anderen Beziehung einen neuen Gedanken auf, als nämlich zur „Sammlung von Geldmitteln i n konkreter Form ohne Beschaffung von neuem Kapital von außen" die „Verwendung dieser M i t t e l für neue Betriebszwecke" 29 hinzukommen muß, um von Selbstfinanzierung sprechen zu können. Damit w i r d die Verwendung der M i t t e l in den Begriff der Selbstfinanzierung einbezogen. A n diese Verwendung w i r d jedoch die Bedingimg geknüpft, daß sie lediglich neuen Betriebszwecken dienen darf, wodurch die Reinvestition ausgeschlossen wird. A u f die Problematik einer solchen Begriffsfassung wurde bereits oben 3 0 hingewiesen, wobei sowohl an die Schwierigkeit der Abgrenzung gegenüber den Investitionsakten wie auch an die Problematik der Isolierung „neuer" Betriebszwecke zu denken ist. Ferner entstehen bei einer Definition der Selbstfinanzierung, bei der zwei Prämissen erfüllt sein müssen, dann große Schwierigkeiten, wenn zwar eine Bedingung erfüllt ist, die andere jedoch nicht. Felger 3 1 spricht — wie Theisinger — i n solchen Fällen von „unvollendeter Selbstfinanzierung" und unterteilt diese nach Fällen, in denen zwar M i t t e l angesammelt wurden, aber noch keine Investierung stattgefunden hat, und solchen, i n denen zwar investiert worden ist, jedoch die Ansammlung der Geldmittel noch nachzuholen ist. Es liegt auf der Hand, daß im ersten Falle zumindest dann von Selbstfinanzierung gesprochen werden kann, wenn Gewinnmittel in der Unternehmung angesammelt wurden. Die bei Theisinger darüber hinaus erfaßten Freisetzungsvorgänge von Vermögen sollen in unsere Definition dagegen nicht einbezogen werden, um den Begriff nicht seiner klaren Abgrenzung zu berauben. Abzulehnen ist ferner der zweite Fall Felgers, in dem zwar eine Investition vorliegt, jedoch keine Ansammlung von Geldmitteln. Eine solche ist in Anbetracht der unsicheren Erwartungen völlig ungewiß. Ferner müßte sonst jede Investition auf Kredit vorsorglich als „unvollendete Selbstfinanzierung" bezeichnet werden, da über die Herkunft der zu ihrer Bezahlung heranzuziehenden M i t t e l oft noch keine bindende Aussage möglich ist. Aus diesen Gründen soll die Verwendung der Mittel, die auch von Mohnhoff 3 2 , P r i b i l l a 3 3 , Mellerowicz 3 4 und Töndury-Gsell 3 5 i m Betriebe selbst erwirtschaftet wurden", ein Begriff, der nur die G e w i n n thesaurierung umfaßt. Später geht Hagest ohne Erläuterung zu dem oben erwähnten Begriff Theisingers über u n d behält diese Erweiterung i n seiner ganzen Untersuchung bei. 29 . Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 242. 30 s. S. 37. 31 Felger, Wolfgang: Die industrielle Selbstfinanzierung nach der W ä h rungsreform m i t ihren Ursachen u n d Wirkungen, Diss. F r a n k f u r t / M a i n 1951, S. 17; Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 243. 32 Mohrhoff, Heinz: a.a.O., S. 8. 33 Pribilla, M.: Wesen u n d Praxis des Kapitalmarktes, Diss. F r a n k f u r t / M a i n 1937, S. 35.

Der Begriff der Finanzierung aus Gewinn

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Rahmen ihrer Selbstfinanzierungsdefinition genannt wird, i m folgenden nicht als begriffskonstitutiv angesehen werden. Ebenso w i r d erst recht eine Einschränkung auf „neue" Betriebszwecke als zu eng abgelehnt. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß Theisinger von einer echten Selbstfinanzierung nur dann spricht, wenn Geldmittel i n konkreter Form angesammelt und investiert werden 3 6 . Sieht man dabei von der Verflüssigung von Vermögen ab, so w i r d auch für die Gewinne die Geldform verlangt, so daß nicht nur Bewertungegewinne ausgeschaltet werden, sondern auch die Anforderung monetärer Realisation des Gewinns gestellt wird. Der Begriff der Realisation, besonders hinsichtlich der Debitoren, erfährt bei Theisinger jedoch keine ausreichende Klärung. Der gleiche monetäre Ansatz, allerdings beschränkt auf die Finanzierung aus Gewinn, findet sich bei Hegner 3 7 , der auf die „liquide vorhandenen Gewinnteile" abstellt, wenn er definiert: „Unter Selbstfinanzierung verstehen w i r diejenigen speziellen Maßnahmen der Geldmittelbeschaffung, bei der sich die Unternehmung diese Geldmittel aus den Verkaufsgewinnen aus ihren eigenen Leistungen beschafft, so daß entweder eine tatsächliche und relative Vermehrung des Unternehmungsvermögens oder eine nur relative Vermögensvermehrung gegenüber den direkten Ansprüchen anderer Wirtschaftssubjekte an die Unternehmung stattfindet." Diese Fragen sollen hier nicht näher erörtert werden, da sie i m Rahmen der genaueren Behandlung dessen, was unter Gewinn zu verstehen ist, nochmals auftreten und dort i m Zusammenhang m i t spezifischen Problemen des Warenhandelsbetriebes behandelt werden können. Der Ansatz Theisingers wurde von einer Reihe von Autoren aufgegriffen und ausgestaltet, so daß weitere Freisetzungen von M i t t e l n i n den Begriff der Selbstfinanzierung einbezogen wurden. A m deutlichsten drückt das Hohmanai 38 aus, wenn er sagt: „Selbstfinanzierung liegt vor, wenn eine Unternehmung neue, das Leistungspotential ihres Gesamtgefüges steigernde Aufgaben finanziell durch Beschaffung des notwendigen Geldkapitals vorbereitet, ohne den Kredit- und Kapitalmarkt (einschließlich der Privatsphäre des Unternehmers) zu be34 Mellerowicz, K o n r a d : Selbstfinanzierung der Industrie, i n : Die F ü h r u n g des Betriebes, Festschrift f ü r W i l h e l m Kalveram, hrsg. v. K a r l Theisinger, B e r l i n - W i e n 1942, S. 196. 35 Töndury, H. u n d Gsell, E.: a.a.O., S. 165. 36 Dabei liegt der Gedanke nahe, daß es sich hierbei u m einen Einfluß Riegers (Rieger, W i l h e l m : Schmalenbachs Dynamische Bilanz, Stuttgart 1936, S. 84) handelt, der von dem Gewinn verlangt, daß man i h n vorzeigen kann. Dieser Verbindungslinie soll hier jedoch nicht näher nachgegangen werden. 37 Hegner, Franz: a.a.O., S. 33 f. 38 Hohmann, Friedrich: a.a.O., S. 54 f.

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Begriffliche Grundlegung

anspruchen, und wenn dies geschieht entweder durch eine finanzierungswirksame Umschichtung des Aktivkapitals (Weiterfinanzierung) oder durch Ansammlung von Gewinnmitteln (Uberschußfinanzierung). Die finanzierungswirksame Aktivkapital-Umschichtung {Weiterfinanzierung) ist eine besondere A r t der Selbstfinanzierung, dadurch gekennzeichnet, daß der Kapitalbedarf für neue Aufgaben ohne Erhöhung des Passivkapitals aus Teilen des vom Absatzmarkt rückfließenden Geldkapitals gedeckt w i r d und sich dies als nachhaltig durchführbar erweist." Ähnliche Gedankengänge finden sich bei Hardach 39 , Saage 40 und schließlich Tubbesing 41 , wobei darauf hingewiesen werden muß, daß es sich dabei zumindest teilweise um Anregungen Hasenacks handelt, dessen Vorlesungen z. B. Saage als Quelle bezeichnet 4 2 . I m Grunde findet sich eine ähnliche Auffassung schon bei Leitner 4 3 , dort allerdings unter dem Begriff der inneren Finanzierung, worunter er eine Beschaffung der Zahlungsmittel aus eigener K r a f t der Unternehmung versteht, „z. B. durch Abstoßung von Vermögensteilen, durch Bildung offener oder stiller Rücklagen unter Verkürzung des verteilungsfähigen Reingewinns" 4 4 . Schließlich stellt auch Hax i n seinem Begriff der internen Finanzierung 4 5 oder i m Rahmen des erweiterten Finanzierungsbegriffes 46 der Gewinnfinanzierung die Finanzierung aus Abschreibung, aus Rückstellungen und aus Freisetzung bestimmter Vermögensteile zur Seite. Allen diesen Definitionen ist gemeinsam, daß der Begriff der Selbstfinanzierung außerordentlich ausgedehnt wird, ja teilweise einen ganz neuen Inhalt bekommt, während das, was bisher allein als Selbstfinanzierung angesehen wurde, nämlich die Finanzierung aus Gewinn, eine neue Bezeichnung (Überschußfinanzierung) erhält. Immer aber 39 Hardach, F. W.: Buchbesprechung von Beckmann, Liesel: Die betriebswirtschaftliche Finanzierung, l . A u f l . , a.a.O., i n : B F u P 2 (1950), S. 255. 40 Saage, Gustav: Besondere Bilanzprobleme öffentlicher Unternehmungen, i n : BFUP 10 (1958), S. 562, A n m . 11. 41 Tubbesing, Günter: a.a.O., S. 17. 42 Hasenack, W.: Kapitallenkung, a.a.O., S. 64. Dort verwendet Hasenack bereits die Bezeichnung Überschußfinanzierung. Er greift seine ersten Äußerungen hierüber nochmals auf i n : Der Begriff der Selbstfinanzierung als Ursache gefährlicher Mißverständnisse, in: B F u P 10 (1958), S. 376. Hier trennt er ebenfalls die Überschußfinanzierung von anderen internen M i t telbeschaffungsmöglichkeiten sowie von der Eigenfinanzierung. Er bezeichnet dabei die Überschußfin. als relative Innenfinanzierung, w e i l „sie die Finanzierungs-Substanz faktisch doch von den M ä r k t e n entnimmt, nur eben nicht von den K a p i t a l - u n d Kreditmärkten, sondern von den Güter- u n d Dienstleistungsmärkten." Die absolute Innenfinanzierung umfaßt demgegenüber Vermögensumformungen u n d Kapitalumschlagsbeschleunigungen, deren sachliche Trennung jedoch oft nicht so scharf möglich ist, wie es i n dem Schema Hasenacks den Anschein hat. 43 Leitner, Friedrich: Finanzierung, a.a.O., S. 18. 44 So auch Walb, Ernst: Finanzwirtschaftliche Bilanz, a.a.O., S. 42. 45 Hax, K a r l : Möglichkeiten u n d Grenzen, a.a.O., S. 119. 46 Hax, K a r l : Finanz Wirtschaft, a.a.O., S. 471.

Der Begriff der Finanzierung aus Gewinn

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handelt es sich >uin die Fortführung des Gedankens von Theisinger, die Verwendung der so erlangten M i t t e l müsse für neue, zusätzliche Betriebszwecke erfolgen. Die letzte Stufe i n der Begriffsentwicklung bildet dann die Aufgabe dieser Prämisse, so ζ. B. bei Fettel 4 7 , der die Finanzierung des Betriebsprozesses aus den Umsatzerlösen als Selbstfinanzierung bezeichnen w i l l , „nämlich, daß von nun an der betriebliche Aufwand aus den betrieblichen Erträgen bestritten wird, daß die Unternehmung sich nun sozusagen selbst finanziert". Damit ist im Rahmen eines über die kapitalwirtschaftliche Betrachtung hinausgehenden sich auch auf monetäre Vorgänge erstreckenden Finanzierungsbegriffs eine konsequente Ausdeutung dessen erfolgt, was schon sprachlogisch in dem Worte „Selbst"-Finanzierung enthalten ist 4 8 . Es erhebt sich nun die Frage, welche Definition unserer Untersuchung zugrunde gelegt werden soll. Da das Ziel der Arbeit die Analyse der Finanzierung aus Gewinn ist, besteht die Notwendigkeit, eine diesen Tatbestand erfassende Bezeichnung zu wählen, deren Begriff sumfang sich m i t dem Untersuchungsobjekt deckt. Dadurch erscheint es unzweckmäßig, eine Definition zu verwenden, die neben der Finanzierung aus Gewinn auch andere finanz- und kapitalwirtschaftliche Tatbestände einer internen und/oder externen Mittelbeschaffung umfaßt. Auf diese Weise sind sowohl die Definitionen, die Teile der Eigenfinanzierung in den Begriff einbeziehen (Leitner, Schmalenbach), wie auch solche, die Vermögensumschichtungen erfassen (Theisinger, Hohmann, Fettel),, auszuschließen. Eine Anlehnung an die Definition von Beckmann ist unzweckmäßig, weil die Trennung zwischen Gewinnund Rückstellungsfinanzierung nicht scharf durchführbar ist. Es scheint sich aber die große Gruppe jener Formulierungen anzubieten, wonach die Selbstfinanzierung als Gewinnthesaurierung bezeichnet wird. Dabei darf jedoch ein Mangel dieser Begriffsabgrenzung nicht übersehen werden. Die Einbeziehung der Rückzahlung von Fremdkapital mittels der i n der Unternehmung verbliebenen Gewinne i n den Begriff der Selbstfinanzierung macht gewisse Schwierigkeiten, da die Bezeichnung „Thesaurierung" allzu leicht i m Sinne einer langfristigen Kapitalver47

Fettel, J.: L i q u i d i t ä t u n d I l l i q u i d i t ä t , i n : B F u P 2 (1950), S. 458. Z u m Abschluß sei noch eine Definition der Selbstfinanzierung erwähnt, die jedoch systematisch so unzweckmäßig erscheint, daß sie nicht ausführlich diskutiert werden soll. Es handelt sich u m einen Beitrag von Schönwandt, M.: U m die Selbstfinanzierung, i n : Währung u n d Wirtschaft 2 (1951) H. 40, S. 440, der als die dynamische Variante der Selbstfinanzierung die Finanzierung der Zunahme von Anlagen u n d Vorräten i n der Unternehmung ohne Inanspruchnahme anderer Wirtschaftsglieder (neue Ersparnisse, neue Einlagen, Geldbestände, S. 441) verstanden wissen w i l l , während er als statische Selbstfinanzierung das Verhältnis der eigenen zu den fremden M i t t e l n bezeichnet. M a n w i r d dem A u t o r k a u m zustimmen können, w e n n er meint, daß der Selbstfinanzierungsbegriff heute allgemein i n der von i h m umschriebenen Weise verwendet w i r d . 48

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Begriffliche Grundlegung

größerung verstanden wird. Die Autoren helfen sich meist, indem sie bei der Fremdkapital-Rückzahlung von einer unechten Selbstfinanzierung 4 9 , oder einer Selbstfinanzierung in entgegengesetzter Richtung 5 0 sprechen. Eine solche Bezeichnung erscheint jedoch sowohl sprachlich wie sachlich äußerst unzweckmäßig. Die Kapitalrückzahlung stellt als solche keine Selbstfinanzierung mehr dar, es können lediglich hierzu Gewinnmittel verwendet werden, wobei das Problem der Zurechnung zwischen Vermögens- und Kapitalposten störend auftritt. Aus diesen Gründen scheint es angebracht, den Tatbestand aufzulösen und von dem A n f a l l 5 1 von Gewinnmitteln und deren Verwendung in der Unternehmung zu sprechen. Dabei w i r d jedoch unter Verwendung nicht die Investition in irgendeiner konkreten Form verstanden, sondern nur die unternehmerische Entscheidung, Gewinne in der Unternehmung zu belassen. Es ist Schmalenbach zuzustimmen, der hierzu sagt: „Ob die Aktiengesellschaft die entsprechenden Gelder zur Vermehrung oder Renovierung der Anlagen, zur Verminderung der Schulden, zur Verstärkung ihrer liquiden M i t t e l oder zu anderen Zwecken verwendet, ist für den Begriff der Selbstfinanzierung gleichgültig 5 2 ." Es soll vielmehr immer dann der Tatbestand erfüllt sein, wenn Gewinne nicht sofort nach ihrem Verfügbarwerden der Unternehmung entzogen werden, woraus sich eine Einteilung der „Selbstfinanzierung" nach ihrer Verbleibdauer in der Unternehmung i n kurz- und langfristig anbietet 5 3 . Die so getroffene Begriffsabgrenzung hat zur Folge, daß jeder Gewinn, der in der Unternehmung ermittelt wird, Grundlage der Selbstfinanzierung sein kann, unabhängig von der individuellen Lage der Unternehmung und dem Ziel der Gewinnverwendung. Es ist deshalb die Auffassung Walthers 5 4 abzulehnen, daß dann keine Selbstfinanzierung vorläge, wenn die Gewinne dazu verwendet werden, drohende Verluste aufzuhalten. „Wenn eine Bahngesellschaft z. B. ihre Siche49

Frisch Erich: Selbstfinanzierung, Diss., a.a.O., S. 27. Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 247. Der Terminus „Entstehung des Gewinns" wurde bewußt vermieden u n d die — sprachlich weniger gute — Bezeichnung „ A n f a l l des Gewinns" gewählt, u m auszudrücken, daß es sich i n unserem Zusammenhang nicht u m den Vorgang der Gewinnbildung, d. h. u m die Genetik des Gewinns, handelt, die vorausgesetzt w i r d , sondern u m die buchhalterische (pagatorische) oder monetäre Erlangung des Gewinns, d. h. die Abschlußphase des Gewinnentstehungsprozesses. 52 Schmalenbach, Eugen: Die Aktiengesellschaft, 7. Aufl., K ö l n u n d Opladen 1950, S. 44. 53 Frisch, Erich: Selbstfinanzierung, Diss., a.a.O., S. 24. Von kurzfristig der Unternehmung zur Verfügung stehenden G e w i n n m i t t e l n i m Rahmen der Selbstfinanzierung sprechen auch: Prion, W.: Selbstfinanzierung, a.a.O., S. 16, und Mellerowicz, Konr.: Selbstfinanzierung, a.a.O., S. 199. 54 Walther, A l f r e d : Einführung i n die Wirtschaftslehre der Unternehmung, Bd. 2: Die Unternehmung, Zürich 1953, S. 139. 50

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Der Begriff der Finanzierung aus Gewinn

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rungsanlagen modernisiert und damit die Sicherheit von Reisenden und Personal erhöht, wenn ein Hotel fließendes Wasser i n allen Zimmern einbaut, weil sonst überhaupt keine Gäste mehr kommen w ü r den, oder wenn eine Maschinenfabrik neue Maschinen anschafft, um gegenüber der besser eingerichteten Konkurrenz überhaupt noch bestehen zu können, haben diese Unternehmungen eigentlich nichts gewonnen, sondern nur nichts verloren. Das zeigt uns, daß ein Teil des angewiesenen Gewinns i n vielen Fällen gar kein Gewinn ist . . . und daß es sich i n solchen Fällen gar nicht um eine Selbstfinanzierung handelt." Bei Verfolgung dieses Gedankens wäre das betriebliche Rechnungswesen i n noch höherem Maße der subjektiven Beurteilung preisgegeben, als es ohnehin durch die Unsicherheiten der Bewertung der Fall ist. Die Anwendung des Imparitätsprinzips und speziell dabei die Berücksichtigung unrealisierter Verluste gehen ohnehin i n Richtung des W a l t e r s c h e n Gedankens, wobei — i m Unterschied zu Walther — jedoch der E i n t r i t t der jeweiligen Verluste sicher und ihre Höhe quantifizierbar sein müssen. Der von Walther geschilderte Vorgang ist aber i n den Bereich der Gewinnverwendung zu verweisen. Abschließend ist n u n noch zu klären, weiche Bezeichnung der so umrissene Tatbestand erhalten soll. Eine Beibehaltung des Begriffes Selbstfinanzierung scheint deswegen unzweckmäßig, w e i l eine sprachlich naheliegende weite Interpretation i m betriebswirtschaftlichen Schrifttum, wie w i r oben darstellten, bereits bis zu einem gewissen Grade Eingang gefunden hat. Um der genaueren Abgrenzung des Begriffes w i l l e n soll deshalb von der Bezeichnung Selbstfinanzierung abgesehen werden. Hasenack schlägt demgegenüber vor, bei der Selbstfinanzierung i m engeren Sinne, d. h. bei der Finanzierung aus Gewinn., von Überschußfinanzierung zu sprechen 55 . So sehr diesem Gedanken grundsätzlich zuzustimmen ist, muß doch zu bedenken gegelben werden, daß die Formulierimg allzu sehr m i t der Differenz von Einnahmen und Ausgaben identifiziert werden kann, da bei dem Begriff des Uberschusses vor allem an die Zahlungsvorgänge gedacht wird, eine Betrachtungsweise, die i n ihrer Einseitigkeit den betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen nicht voll gerecht w i r d 5 6 . W i r schlagen deshalb zur Vermeidung aller Mißverständnisse i m Anschluß an H a x 5 7 vor., von einer Finanzierung aus Gewinn oder Gewinnfinanzierung zu sprechen und darunter den Anfall von Gewinnmitteln und deren Verwendung in der Unternehmung zu verstehen. 55

Hasenack, W i l h e l m : Kapitallenkung, a.a.O., S. 76. Den „kameralistischen Einschlag" des Begriffs Überschußfinanzierung sieht u n d bedauert Hohmann, der den Ausdruck von Hasenack übernimmt, n i m m t i h n aber i n Anbetracht dessen i n Kauf, daß es keinen besseren gäbe (Hohmann, Friedrich: a.a.O., S. 46). 57 Hax, K a r l : Möglichkeiten u n d Grenzen, a.a.O., S. 120. 56

5 Engelhardt

Begriffliche Grundlegung

66

Eine quantitative Einengung dieses Begriffes, d. h. seine Verknüpfung m i t bestimmten Größenvorstellungen bei den Gewinnbeträgen, scheint unzweckmäßig, da nicht nur für alle Unternehmungen dabei andere Grenzen festzulegen wären, sondern auch geringste Beträge die Betriebsstruktur ändern, wodurch eine betriebswirtschaftliche Erfassung notwendig und sinnvoll wird. Es kann deshalb Hasenack nicht zugestimmt werden, wenn er definiert: „Die Erscheinung, die m i t dem Ausdruck Selbstfinanzierung erfaßt werden soll, liegt vor, wenn in einem für die jeweilige Größe eines Unternehmens ins Gewicht fallenden Ausmaß die Deckung eines tatsächlichen oder voraussichtlichen Kapitalbedarfs durch Zurückbehaltung von Gewinnen vollzogen oder vorbereitet w i r d 5 8 . " Die vielerlei Möglichkeiten einer Einteilung der Finanzierung aus Gewinn sollen hier weder erwähnt noch eingehend analysiert werden, sondern vielmehr jeweils dann eingeführt werden, wenn die Darstellung es erfordert.

58

Hasenack,

W i l h e l m : Kapitallenkung, a.a.O., S. 71.

C. Die Finanzierung aus Gewinn i m Warenhandelsbetrieb I. Analyse des Gewinns und seiner betriebspolitischen und betriebsphänomenologischen Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung des Warenhandelsbetriebs 1. A n a l y s e a) Verschiedene

Möglichkeiten

des

Gewinns

der Abgrenzung

des

Gewinnbegriffs

Nachdem w i r bisher stets nur von Gewinn i m allgemeinen gesprochen habein, gilt es nun, diesen näher zu untersuchen und zu definieren. Dieses Problem gehört zu den ältesten, umstrittensten und schwierigsten Fragen der Betriebswirtschaftlehre, so daß eine umfassende Übersicht über die hierzu geführte Diskussion nicht möglich ist. Der Begriff Gewinn stellt sich auch als so vielschichtig und vieldeutig heraus, daß eine Definition entweder sehr global sein muß, was ihre Aussagekraft verringert, oder aber Unterscheidungen zu treffen sind, durch die das Phänomen Gewinn von verschiedenen Seiten beleuchtet und erfaßt wird. Ohne allzu vielen Einteilungskriterien nachzugehen, seien doch einige Betrachtungsmöglichkeiten kurz dargestellt, da sie i m Rahmen unserer Untersuchung von Bedeutung sind. Der Gewinn stellt stets eine Differenz zwischen zwei Größen dar und w i r d durch die Abgrenzung derselben entscheidend beeinflußt. Betrachtet man den Gewinn als Differenz zwischen Kosten und Leistimg, d.h. zwischen dem Wertverzehr und der damit erstellten Betriebsleistung,, so spricht man vom kalkulatorischen Gewinn. Ersetzt man diese von den Ausgaben und Einnahmen völlig losgelöste Betrachtung durch eine solche, i n der die Ζ ahlungs Vorgänge auf eine bestimmte Bezugsgröße, etwa die Abrechnungsperiode, bezogen sind, so kann man den als Differenz ermittelten Gewinn i m Anschluß an Kosiol als pagatorischen Gewinn bezeichnen 1 . Die Ausgangsgrößen, d. h. die modifizierten Ausgaben und Einnahmen, sollen als Aufwand und Ertrag bezeichnet werden. Zwischen dem kalkulatorischen und dem pagatorischen Gewinn können u. U. erhebliche Diskrepanzen auftreten, die um so größer sind, je bedeutsamer die nicht m i t Ausgaben verknüpften Kosten bzw. die 1 „Wegen dieser einheitlichen Grundlage (gemeint sind die Zahlungsvorgänge — der Verf.) läßt sich die erfolgsrechnerisch periodisierte E i n nahmen- u n d Ausigabenrechnung i n ihrer reinen Gestalt theoretisch am präzisesten als pagatorische Erfolgsrechnung kennzeichnen." Kosiol, Erich: Bilanzreform und Einheitsbilanz, 2. Aufl., Berlin-Stuttgart 1949, S. 53.

5*

68

Die Finanzierung aus Gewinn im Warenhandelsbetrieb

keinen Wertverzehr zur Erstellung der Betriebsleistung darstellenden Ausgaben sind. Gleiches gilt für den Bereich der Erträge. Für viele Warenhandelsbetriebe ist ein solch starkes Auseinanderklaffen gegeben. Das hat zur Folge, daß die Betrachtung des kalkulatorischen Gewinnes von der des pagatorischen i n unserer Untersuchung getrennt wird. W i r wenden uns nun ausschließlich dem pagatorischen Gewinn zu und verweisen bezüglich der Behandlung der kalkulatorischen Größen auf das Kapitel C I X 2 . Der pagatorische Gewinn wird, wie bereits oben angedeutet, i n der Regel als Periodengröße ermittelt, indem die Ausgaben und Einnahmen ,.periodisiert" 3 werden. Man kann Aufwand und Ertrag aber auch auf die einzelne Leistungseinheit 4 beziehen und erhält dadurch einen pagatorischen Stückgewinn. Dabei sollen alle außerordentlichen, betriebs- und periodenfremden Aufwände und Erträge zunächst außer Ansatz bleiben, um einen aussagetähigen pagatorischen Umsatzgewinn ermitteln zu können. Die so gewonnene Auagangsbasis läßt sich nach verschiedenen Gesichtspunkten erweitern. Man kann beispielsweise im Falle eines gleichzeitigen Verkaufs von mehreren Einheiten gleicher oder verschiedener A r t diese zusammenfassen und versuchen, einen Gewinn pro Absatzakt oder pro Auftrag zu ermitteln. Ebenso ist es möglich, die Gewinnermittlung auf eine bestimmte Periode auszudehnen, wobei sich wiederum eine Reihe von Betrachtungsmäglichkeiten ergibt. Beispielsweise lassen sich — wobei w i r von technischen Erfassungsschwierigkeiten zunächst absehen wollen — die Gewinne an allen in einem bestimmten Zeitraum verkauften Stücken einer Ware ermitteln. Darüber hinaus kann es sich um die Verkäufe und Gewinne bei einer bestimmten isolierbaren Warengruppe pro Zeiteinheit handeln, oder um alle Absatzakte einer Unternehmung i n einem bestimmten Zeitraum. Die Betrachtung läßt sich schließlich auf die gesamte Lebensdauer der Unternehmung ausdehnen, so daß die Totalgewinne der Betriebswirtschaft oder die gesamten Gewinne für einzelne Waren oder Warengruippen ermittelt werden können, wobei jedoch der letzte Aspekt in Anbetracht der Sortiments- und Qualitätsänderungen im Warenhandelsbetrielb von geringer Bedeutung sein wird. Aus der Fülle der Möglichkeiten soll der sowohl für die praktische wie die theoretische Betrachtung besonders wichtige Aspekt des 2

s. S. 213 ff. s. A n m . 1, S. 67. Als Leistungseinheit können i m Warenhandel die Waren angesehen werden, es lassen sich aber auch andere Bezugsgrößen denken, w i e etwa der Verkaufsakt. Unsere Betrachtung geht demgegenüber allein von der Ware als Betrachtungs- u n d Bezugsobjekt aus. 3

4

Analyse des Gewinns

69

Periodengewinns des Warenhandelsbetriebes herausgegriffen werden, wTobei die Länge der Periode — der praktischen Rechnungslegung entsprechend — m i t einem Jahr angenommen wird. Der Totalgewinn, der die genauesten Ergebnisse liefern könnte, muß außer Betracht bleiben. Er liegt erst vor, wenn die Unternehmung ihre Tätigkeit eingestellt hat und aufgelöst worden ist. Eine betriebspolitische Auswertung der ermittelten Größe kommt dann nicht mehr i n Betracht. Dem Periodengewinn (b) soll i n den folgenden Untersuchungen der oben erwähnte Stückgewinn (a) gegenübergestellt werden. Die neben diesen beiden Einteilungsmöglichkeiten des Gewinns genannten Unterscheidungen sind für unsere weitere Untersuchung von geringerer Bedeutung, so daß w i r sie vernachlässigen können. Ergänzend sei nur noch erwähnt, daß die Summe aller Stückerfolge (Erfolg = Gewinn oder Verlust) einer Periode dem Periodengewinn entsprechen muß, der seinerseits aber erst nach Berücksichtigung der perioden- und betriebsfremden sowie der 'außerordentlichen Erfolge den Gesamtgewinn der Unternehmung i n der gewählten Zeiteinheit ergibt. Bevor nun diesen beiden Betrachtungsmöglichkeiten des Gewinns näher nachgegangen wird, soll eine auf einer anderen Ebene liegende Möglichkeit der Gewinneinteilung aufgezeigt werden, u m aus der Kombination beider Kriterien zu betriebspolitisch relevanten Aussagen zu kommen. W i r knüpfen hierzu an die Ausführungen über den Finanzierungsbegriff und die bei der Erörterung der Gewinnfinanzierung bereits angedeuteten Eigenschaften des Gewinns an. Wie die Finanzierung von zwei Aspekten her analysiert werden kann, so läßt sich diese Betrachtungsweise auch auf den Gewinn anwenden. Greifen w i r aus dem sich täglich vollziehenden Umsatz- und Absatzprozeß der Betriebswirtschaft einen Aikt heraus und unterstellen den Verkauf einer Ware, wobei der Preis den Stückaufwand übersteigt, so entsteht dabei für die Unternehmung ein Gewinn 5 . Bei pagatorischer Betrachtung ist dieser Gewinn unabhängig von der Erreichung der Geldform realisiert, wenn eine hinreichende Sicherheit für die Erlangung des Geldbetrages besteht. Das hat zur Folge, daß bei einem Verkauf auf Ziel bereits i n der Forderung der Gewinnbetrag enthalten ist. Da eine Abzinsung auf den Zeitpunkt der Betrachtung 5 I n Verfolgung des Vorsichtsprinzips, das auch die herrschende Rechtsauffassung i n den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung u n d B i l a n zierung! bezüglich der Gewinnrealisierung bestimmt, w i r d unterstellt, daß der Gewinn erst durch den Verkauf entsteht. Die Ausweitung des Begriffs auf die Wertsteigerung i m Verlauf des Betriebsprozesses ist demgegenüber abzulehnen. H i n z u k o m m t das Erschwernis, daß — insbesondere i n einer Marktwirtschaft — die Entstehung eines Mehrerlöses keineswegs so eng m i t der Erstellung der Betriebsleistung verbunden ist, daß eine positive Korrelation beider Größen der Errechnung des Gewinns zugrunde gelegt werden könnte.

70

Die Finanzierung aus Gewinn im Warenhandelsbetrieb

i n der Regel unterbleibt, gilt der Gewinnbetrag i n voller Höhe pagatorisch als realisiert. Der nächste Schritt führt nun zu der Frage, wann der pagatorisch realisierte Gewinn monetisiert wird, d. h. als Geld in der Unternehmung verfügbar ist. Die monetäre Realisation kann m i t der oben behandelten pagatorischen übereinstimmen, sie kann jedoch auch zeitlich früher oder später liegen. Die monetäre Verfügbarkeit des Gewinns ist 'beim Barverkauf m i t der Gewinnentsteihung identisch. Bei dem Verkauf auf Ziel ist sie erst dann gegeben, wenn der Rechnungsbetrag i n Geld oder geldähnlichen Vermögensgütern (Bank-, Postscheckguthaben) vorliegt 6 . I n einzelnen Fällen liegt die Monetisierung des Gewinnes vor der pagatorischen Gewinnentstehung. W i r d bei Vorauskasse der gesamte zukünftige Rechnungsbetrag einschließlich des Gewinns für die Unternehmung monetär verfügbar, so liegt nach dem Prinzip der Vorsicht noch kein realisierter Gewinn vor. Die Auszahlung bleibt erfolgsneutral und ist als Darlehen besonderer A r t anzusehen. Monetär betrachtet ist der Gewinn, d. h. ein Mehr an Kapital, jedoch schon jetzt verfügbar und kann i n die betriebspolitischen Erwägungen einbezogen werden. Allerdings darf nicht übersehen werden, daß die Ungewißheit zukünftiger wirtschaftlicher Entwicklung die Sicherheit des Verbleibs beeinträchtigt und damit der Gewinnverwendung Schranken auferlegt. Zusammenfassend können w i r also drei Fälle i m Verhältnis des pagatorischen zum monetären Gewinn unterscheiden: 1. Pagatorischer u n d monetärer Gewinn fallen zusammen (z. B. Barverkauf) 2. zwischen pagatorischem u n d monetärem Gewinn liegt eine Diskrepanz a) der pagatorische Gewinn liegt vor der monetären Verfügbarkeit (ζ. B. Zielverkauf) b) der pagatorische Gewinn folgt der monetären Verfügbarkeit (ζ. B. Vorauskasse). 6 Wie bereits auf S. 61 angedeutet, geht Theisinger rein monetär vor und verneint die Selbstfinanzierung, solange die Gewinne noch nicht liquidisiert äi'nd (Theisinger, K a r l : a.a.O., S. 242). Dabei entsteht jedoch die Frage, wie Theisinger diese F o r m bezeichnet u n d i n seine Terminologie einordnet. Da w i r auch bei Gewinnen innerhalb von Forderungsbeträgen schon F i n a n zierung aus G e w i n n annehmen, ist die für Theisinger zwingende Abfolge: Ansammlung von konkreten M i t t e l n u n d darauffolgende Verwendung für uns nicht aufrechtzuerhalten. Das gleiche g i l t für Hegner, Franz, a.a.O., S. 33. Aus diesem Grunde erscheint es auch unzweckmäßig, von einem Primäreffekt der Gewinnfinanzierung zu sprechen, der i n einer L i q u i d i t ä t s erhöhung bestehen soll, u n d von einem Sekundäreffekt, dem Einsatz dieser M i t t e l (Hasenack, W.: Wesen und Arten, a.a.O., S. 140 u. 198). Die von Hasenack hier verwandte Terminologie ist insofern nicht sehr zweckmäßig, als er einerseits bei dem Finanzierungsbegriff jede Verwendung ausgeklammert hat, niun aber andererseits bei der Verwendung der Gewinne von einem Sekundäreffekt der Finanzierung spricht (Hasenack, W.: Wesen u n d Arten, a.a.O., S. 94 u. S. 140).

Analyse des Gewinns

71

Während für den ambulanten Handel und für große Teile des Ladeneinzelhandels ein recht nahes Zusammenrücken des Zeitpunktes der Realisation und des der monetären Verfügbarkeit charakteristisch ist;, können bei dem auf Ziel verkaufenden Großhandel und dem Versandhandel, der sich nicht der Nachnahmelieferung bedient, größere Zeiträume zwischen beiden Zeitpunkten liegen. Diese Gegenüberstellung schließt Vereinfachungen ein — die Anschreibekredite i m Einzelhandel oder die Barverkäufe i m Großhandel wirken beispielsweise in entgegengesetzter Richtimg — sie läßt jedoch gewisse Tendenzen deutlich werden. Erwähnt seien noch Möglichkeiten vorzeitiger monetärer Realisierung von Forderungsbeträgen, wie etwa die Beleihung einer Forderung oder die Entgegennahme eines diskontfähigen Wechsels und seine Weitergabe an ein Kreditinstitut sowie die Monetisierung von Teilzahlungskrediten bei Sonderinstituten, wobei immer dann auch schon der Gewinn monetär verfügbar wird, wenn der volle Forderungsbetrag vorzeitig monetisiert wird. Behält der Warenhandelsbetrieb Teilbeträge als Forderung zurück, w i r d man solange annehmen müssen, daß der Gewinn noch nicht monetisiert wurde., als die — i m Einzelfall oft schwer zu isolierenden Stückaufwände — noch nicht gedeckt sind. Betrachten w i r die Gewinnentstehung i n ihrem Einfluß auf das i n der Unternehmung vorhandene Kapital, so zeigt sich, daß eine Kapitalvermehrung jeweils dann eintritt, wenn die Gewinne zum ersten Male in die Unternehmungsrechnung eingehen, unabhängig davon, ob sie erfolgswirksam oder erfolgsneutral sind. A l l e drei oiben genannten Fälle führen zu einer Kapitalvermehrung. Die der pagatorischen Gewinnentstehung folgende monetäre Verfügbarkeit (Fall 2 a) hat keinen Einfluß auf das Kapitalvolumen. Die Vorauskasse (Fall 2 b), die ja i n gleicher Höhe zur Bildung eines passivischen Gegenpostens führt, ändert die Kapitalhöhe zunächst beträchtlich. Bei der Lieferung t r i t t eine Kontraktion ein, so daß nur der Gewinrnbetrag als Zuwachsgröße erhalten bleibt. Die Betrachtung von der Geldseite ändert dieses Bild. Monetär gesehen sind nur die Fälle 1 und 2 b bedeutsam, der F a l l 2 a erst bei Eingang der Mittel. Es bestehen i n allen diesen Beziehungen Analogien zu dem der Untersuchung zugrunde gelegten Finanzierungsbegriff, bei dem die kapitalwirtschaftliche von der monetären Betrachtung geschieden worden ist. Auch bei dem Gewinn läßt sich eine solche Trennung m i t Nutzen durchführen, w e i l hierdurch die unterschiedlichen Auswirkungen auf die später zu behandelnden betriebsphänomenologischen und -politischen Aspekte deutlich werden, so daß als zweite Gliederungsmöglichkeit des Gewinnes die Einteilung i n den

72

Die Finanzierung aus Gewinn im Warenhandelsbetrieb

α) pagatorischen Gewinn und ß) den monetären Gewinn aufgestellt sei. b) Gewinnbetrachtung auf Grund typischer Einteilungkriterien

der

Kombination des Gewinns

zweier

Um konkretere Aussagen über die Finanzierung aus Gewinn und ihre betriebspolitische Bedeutung machen zu können, sollen nun die beiden oben behandelten, -auf verschiedenen Ebenen liegenden Einteilungskriterien des Gewinns kombiniert uind die entstehenden Gruppen analysiert werden. Dabei gehen w i r von dem Gewinn pro Verkauf seinheit aus, der zunächst kapitaiwirtschaftlich (a dann monetär (a ß) betrachtet werden soll; es schließen sich die Erörterungen über den Periodengewinn an, zunächst der pagatorische (b α), dann der monetäre