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German Pages 126 [124] Year 1958
BERICHTE ÜBER D I E VERHANDLUNGEN DER SÄCHSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU L E I P Z I G Philologisch-historische Band 103 • Heft 3
FRIEDRICH
Klasse
BEHN
DIE ENTSTEHUNG DES DEUTSCHEN BAUERNHAUSES Mit 42 Tafeln
AKADEMIE- VERLAG • BERLIN 1957
Vorgetragen in der Sitzung vom 14. April 1956 Manuskript eingeliefert am 20. März 1957 Druckfertig erklärt am 28. September 1957
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachi Copyright 1957 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8, Mohrenstraße 39 Lizenz-Nr. 202 • 100/68/57 Gesamtherstellung: Druckhaus „Maxim Gorki", Altenburg Bestell- und Verlagsnummer: 2026/103./3 Preis: DM 7 , Printed in Germany
THEODOR
FRINGS
zum 70. Geburtstag
INHALT
I. S t a n d der Forschung I I . D a s „niedersächsische" H a u s
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I I I . Das friesische H a u s
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IV. Das „fränkische" Gehöft
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V. D a s ostdeutsche H a u s VI. D a s nordische H a u s
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V I I . Ergebnis
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Nachweis der Abbildungen
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T a f e l 1—42
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I. Stand der Forschung Keines der erhaltenen Bauernhäuser hat ein höheres Alter als günstigstenfalls 400 Jahre. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts stehen alle Spielarten vollkommen fertig entwickelt da, die wesentlichen Vorgänge der formalen und großenteils auch der technischen Entwicklung haben sich also bereits in den vorhergehenden Jahrhunderten abgespielt. Die Volkskunde, zu deren vordringlichsten Aufgaben an sich die Bauernhausforschung gehört, hat bewußt meist darauf verzichtet, den scheinbar wenig aussichtsreichen Fragen nach der Entstehung der einzelnen Formen nachzuspüren. Volkskunde ist eben von Haus aus keine ausschließlich oder überwiegend historische Wissenschaft, und die von ihr in der Hausforschung angewendeten Methoden sind zur Erhellung geschichtlicher Erscheinungen wenig geeignet: das Schwergewicht wird vor allem auf den konstruktiven Aufbau (insbesondere das Dach), die gesellschaftliche Nutzung des Hauses (ob Ein- oder Mehrfeuerhaus), die Inneneinrichtung (mit einem hohen Maße an Gefährdung durch Verstädterung) und ähnlichem gelegt, also auf Momente, die mit ganz verschiedenem und sogar wechselndem Empfindlichkeitsgrad mancherlei Wandlungen ausgesetzt, also veränderlich sind und daher nicht als historische Festpunkte verwertet werden können. I n den letzten Jahrzehnten hat die vorgeschichtliche Bodenforschung dank immer mehr verfeinerter Methoden uns eine Fülle von Hausformen geschenkt. Sie gehören verschiedenen Perioden und Kulturen an, sind aber entsprechend der Wirtschaftslage ihrer Zeit ohne Ausnahme Zeugen bäuerlicher Bauweise. Manche dieser durch Ausgrabungen wiedergewonnenen Häuser vor- und frühgeschichtlicher Zeit zeigen unverkennbare Verwandtschaft mit
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heutigen. Das bedeutet die Verpflichtung, von Fall zu Fall nachzuprüfen, ob die Ähnlichkeit der Züge nur zufällig ist oder ob diese so verschieden alten Hausformen nicht doch in eine entwicklungsgeschichtliche Reihe zu stellen und wir dadurch in die Lage gesetzt sind, eine Brücke von den Urformen zum lebenden Bestand zu schlagen und die Lücke zu schließen, die das in dieser Beziehung so gut wie unfruchtbare Mittelalter bisher darstellt. Es ist klar, daß ein solcher Versuch, soll er Aussicht auf Erfolg haben, andere Methoden erfordert als sie in der volkskundlichen Bauernhausforschung gebräuchlich und berechtigt sind. „ H a u s " ist ein komplexer Begriff, seine wichtigsten Komponenten sind: Grundriß, Aufbau (Gerüst) und Inneneinrichtung. Für die hier allein zur Verhandlung stehenden Fragen der formgeschichtlichen Entwicklung darf die innere Ausstattung unberücksichtigt bleiben. Vor- und frühgeschichtliche Häuser sind naturgemäß niemals in voller Höhe erhalten. Für den einstigen Aufbau von Wand und Dach sind wir also auf Schlüsse aus dem ergrabenen Befund angewiesen, Rekonstruktionen mit sehr verschiedenem Sicherheitswert. Das Schwergewicht der vorgeschichtlichen Hausforschung liegt auf dem Grundriß, der sich allein vollständig dem Ausgräber darbietet. Er ist die Seele des Hauses. Grundriß und Aufbau bedingen sich gewiß gegenseitig in hohem Maße, doch ist der vom Grundriß auf den Oberbau ausgehende Einfluß stärker und bestimmender als der umgekehrte. In diesem Sinne soll hier versucht werden, die Möglichkeit einer Verbindung zwischen dem vorgeschichtlichen und dem heutigen Bauernhaus auf breitestmöglicher Basis zu überprüfen. Es hat auch früher nicht an Versuchen gefehlt, die Bauernhaustypen auf antike Vorbilder zurückzuführen, doch waren sie, da die entscheidenden Fund- und Ausgrabungsergebnisse noch nicht vorlagen, zumeist auf mehr oder weniger stichhaltige Hypothesen angewiesen. Die Bauernhausforschung ist eine noch ganz junge Wissenschaft (vgl. B. SCHIER, „Die Erforschung des deutschen Bauernhauses" in „Forschungsdienst" I I [1936] S. 336ff.). Sie beginnt
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im Jahre 1882 mit dem klassischen Büchlein von RUDOLF H E N N I N G , „Das deutsche Haus in seiner historischen Entwicklung" (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker Bd. XLVII). Das unvergängliche Verdienst dieses Werkes liegt jedoch weniger auf historischem als typologischem Gebiet. Es gelang ihm nicht — und konnte ihm mit dem damals vorliegenden Material auch noch nicht gelingen — die Geschichte des deutschen Hauses über das Mittelalter hinaus zu verfolgen, wir verdanken ihm aber die klare Scheidung der Typen in das fränkisch-oberdeutsche, sächsische, friesische, anglo-dänische, nord- und ostdeutsche Haus, eine Gliederung, die heute zwar im einzelnen zu modifizieren ist, in ihrem Grundgedanken aber unverändert besteht. Für H E N N I N G war es selbstverständliche Voraussetzung, daß diese Typen des deutschen Bauernhauses kulturelle Außerungsformen der Stämme sind, deren Namen sie tragen. Es war also nur logisch, wenn er nach Analogie der Sprachforschung nach dem urgermanischen Prototyp suchte, auf den die einzelnen Stammesformen zurückgehen sollten: „Den Kernpunkt bildet die Frage, ob es uns gelingt, eine gemeinsame Grundform zu entdecken, durch welche alle späteren Gestalten des deutschen Hauses ihre Erklärung finden, ähnlich wie die verschiedenen Sprachzweige sich auf eine ursprüngliche Grundform zurückführen lassen." Die artbildenden Grundelemente waren ihm gleicherweise die äußere Erscheinung wie die innere Raumgliederung, also eine Kombination bautechnischer und wirtschaftlicher Momente, während die Frage nach der Zahl der Feuerstellen und damit der soziologischen Funktion noch nicht gestellt wird. Dieser hat die spätere Bauernhausforschung dann besondere Beachtung geschenkt. Das im selben Jahre erschienene Buch von A. M E I T ZEN, „Das deutsche Haus in seinen volkstümlichen Formen" geht in den Fragen, die uns die entscheidenden sind, über H E N N I N G nicht hinaus; das mehrbändige Werk desselben Verfassers „Siedlung und Agrarwesen" (1895) berührt die Probleme des Bauernhauses nur am Rande.
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Um die Jahrhundertwende erlebte die deutsche Bauernhausforschung einen kräftigen Auftrieb. W. PESSLER gab in einem Aufsatz über „Die Haustypengebiete im Deutschen Reiche" (Deutsche Erde VII [ 1 9 0 8 ] S. 14FF„ 45ff.) eine ethno-geographische und kartographische Darstellung der Verbreitung der Typen auf der Grundlage der von H E N N I N G aufgestellten Gliederung. Ein groß angelegtes Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Architekten- und Ingenieur-Vereine „Das Bauernhaus im Deutschen Reiche und in seinen Nachbargebieten" (1901 bis 1906) hatte sich die verdienstliche Aufgabe gestellt, den gesamten Stoff, soweit er noch erhalten war, korpusartig zu sammeln. Ein nach neuzeitlicheren Gesichtspunkten angelegtes, von G. W O L F geleitetes Werk „Haus und Hof deutscher Bauern" ist über den ersten Band (Schleswig-Holstein 1940) nicht hinausgekommen. Auch andere Kulturländer haben Inventarisationswerke zu diesem Thema aufzuweisen, voran Schweden (N. M. MANDELGREN, Atlas til Sveriges Odlingshistoria 1 8 7 7 ) , die Schweiz ( 1 9 0 3 ) , Österreich ( 1 9 0 6 ) , Ungarn ( 1 9 0 7 ) , Kroatien ( 1 9 1 1 ) , ebenfalls Gemeinschaftsarbeiten der Schwesterverbände. Auch das Sammelwerk „Haus und Hof im nordischen R ä u m e " (2 Bände 1937) enthält einige Beiträge von unanfechtbarem Wert. Ein sehr brauchbares Hilfsmittel ist (trotz mancher Lücken) die umfangreiche Bauernhaus-Bibliographie von K. A. SOMMER ( 1 9 4 4 ) . Die weitaus wertvollsten Beiträge zu den vielverschlungenen Problemen der Bauernhausforschung werden BRUNO SCHIER verdankt, sie werden gegebenen Ortes angezogen; ihm verdanken wir auch eine Geschichte der Bauernhausforschung (in „Forschungsdienst" a. a. O.). Einen eigenen Weg, auf der Grundlage der jeweiligen Wirtschaftslage die Entwicklung des Bauernhauses zu verstehen, geht A. HELBOK („Haus und Siedlung im Wandel der Jahrtausende", in „Deutsches Volkstum" Bd. 6 [ 1 9 3 7 ] ) , doch ohne die Ergebnisse der Vorgeschichtsforschung auszuschöpfen. I n gedankenreichen Betrachtungen über vorzeitliche und heutige Hauslandschaften (in Zeitschr. f ü r Volkskunde N F I I [ 1 9 3 0 ] S. 2 3 1 ff.) betont
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derselbe Forscher nachdrücklich die bestimmende Rolle der natürlichen Grundlagen: „Dauernd oder doch sehr lange wirkende natürliche Kräfte bestimmen das Antlitz der Kulturlandschaft. Man kann sie aber nur dann als gestaltende Paktoren der Kulturlandschaft ermitteln, wenn man sie durch verschiedene, aufeinander folgende Völker und Kulturen am selben Boden in gleicher Art wirksam sieht." H. LUTSCH (Zeitschr. f ü r Bauwesen 1897) erkennt zwar ebenfalls die wirtschaftlichen Grundlagen an, sucht sie aber mit volksgeschichtlichen Vorgängen zu verbinden (vgl. dazu auch K . K O E N E N in Bonner Jahrb. 1 0 2 [ 1 8 9 8 ] S . 1 7 1 F F . ) . Der hübsche Bildband „Deutsche Bauernhäuser" von KL. T H I E D E (in Langewiesches „Blauen Büchern") behandelt die Bauernhäuser als Elemente der Landschaftskultur. Die enge Verbundenheit von Bauernhaus und Landschaft liegt auch den feinsinnigen Untersuchungen von A. K R E N Z L I N über „Probleme geographischer Hausforschung" zugrunde (in der Wissensch. Zeitschr. der Universität Greifswald IV [ 1 9 5 4 / 5 5 ] math.-nat. Reihe Nr. 6/7). Die Bedeutung der nordischen Freilichtmuseen von Skänsen bei Stockholm, Bygde bei Oslo und Maihaugn bei Lillehammer im norwegischen Gudbrandsdal kann f ü r diese Fragen kaum überschätzt werden. Der entscheidende Durchbruch in der deutschen Bauernhausforschung wird OTTO L A U F F E R verdankt. I n seinen umfangreichen Aufsätzen zur niedersächsischen Volkskunde gewann er die grundsätzlich neue Erkenntnis, daß das niederdeutsche Haus nicht eine Schöpfung des nieder s ä c h s i s c h e n Stammes war („Dorf und Stadt in Nieder-Deutschland" 1 9 3 4 ) , sondern älter ist als dieser und von den Sachsen bei der Besitznahme ihrer historischen Wohnsitze bereits vorgefunden wurde, also nicht ethnisch, sondern wirtschaftlich-geographisch bedingt sein muß. Er hatte früher schon einmal („Das deutsche Haus in Dorf und S t a d t " 1919) diese Erkenntnis präzise formuliert: „ I n der Völkerwanderungszeit wanderten die Völker, aber ihre Hausform wanderte nicht mit ihnen." Diese Auffassung ist inzwischen von der Bauernhausforschung ziemlich allgemein angenommen,
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und nur wenige Forscher können sich vom alten Dogma nicht trennen. Das mußte eine völlig neue Blickrichtung geben. Sind die verschiedenen Haustypen aus wirtschaftlichen Forderungen entstanden, so können sie nicht zugleich Ausdruck stammlicher oder gar volklicher Sinnesrichtung sein. In der Tat decken sich Hauslandschaften auch niemals mit Stammesgebieten (vgl. auch G. S T E I N H A U S E N , Gesch. der deutschen Kultur 1 9 3 3 ) . Und dann erübrigt sich das Suchen nach einer gesamt-germanischen oder gar gesamt-indogermanischen Urform f ü r alle Typen. Was aber f ü r das „niedersächsische" (besser niederdeutsche) Haus gilt, muß mit gleichem Rechte auch f ü r die anderen Typen vorausgesetzt werden, mindestens muß jeder Fall einzeln auf seine Herkunft geprüft werden, statt sie alle in Bausch und Bogen aus einer in Wahrheit gar nicht vorhandenen gemeinsamen Quelle herzuleiten. Müssen wir aber die Entwicklungsgeschichte der Bauernhaustypen aus der Geschichte der Stämme ausgliedern, so bedeutet das eine grundsätzlich neue Problemstellung, nämlich der Formgeschichte der Haustypen auch in den Zeiträumen nachzuspüren, die der Stammesbildung vorangegangen sind, um ihre Vor- und Urformen herauszuarbeiten. Es handelt sich dann im wesentlichen um drei Aufgaben: die Voraussetzungen f ü r Entstehung der einzelnen Typen, den Ort und endlich die Zeit ihrer Herausbildung. Maßgebend sind dabei ausschließlich wirtschaftliche Momente. Eine Kirche kann nur vom Kultischen her verstanden werden, Bauernhäuser aber sind Wirtschaftsbauten und damit ebenso funktionell bedingt. Unerläßlich f ü r eine solche Untersuchung ist die Koordinierung volkskundlicher und vorgeschichtlicher Methoden (vgl. B. S C H I E R , „Zusammenarbeit der vorgeschichtlichen und volkskundlichen Hausforschung" in Zeitschr. f ü r Volkskde. Bd. 5 1 [ 1 9 5 4 ] S. 3 f f . ) , ausgehend von einer präziseren Formulierung der vielfach noch uneinheitlichen Terminologie. Man wird mit S C H I E R („Das deutsche H a u s " bei A. S P A M E R , Volkskunde I [ 1 9 3 4 ] S . 4 7 9 ) sich dabei stets bewußt bleiben müssen, daß das Haus keine
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starre unveränderliche Einheit ist, sondern ein lebendiger und vielfachem Wandel unterworfener Organismus. Über die methodische Ausgangsposition bestehen tiefgehende Differenzen zwischen Volkskundlern und Vorgeschichtlern, die sich gegenseitig zu großes Streben nach Vereinfachung, Verallgemeinerung und Typisierung vorwerfen in sichtlicher Verkennung der Verschiedenheit der den beiden Wissenschaften zustehenden Aufgaben. Die Volkskunde darf und soll alle Wandlungen in der Entwicklung sowohl der Gesamt- wie der Einzelformen eingehend registrieren und darstellen, sie darf daher „Hauslandschaften" auch auf Grund einzelner Teile des Hauses, wie Dachkonstruktion, Ofen usw., aufstellen. Diese funktionalistische Arbeitsweise ist horizontal im Gegensatz zu der vertikalen der Vorgeschichte, die an Stelle der räumlichen Breite die zeitliche Tiefe in den Vordergrund rückt. Sie kann ihr Ziel, die Ur- und Grundform aufzufinden, nur dann zu erreichen hoffen, wenn sie von allen zeit- und ortsgebundenen Einzelheiten und Variationen absehend den Blick ausschließlich auf das Gemeinsame, Konstante, eben den Typus richtet. Dabei müssen sich zwangsweise mancherlei Verschiebungen und neue Aspekte ergeben. Niemals darf dabei die Gefahr übersehen werden, daß Kümmerformen in armen und unentwickelten Gebieten derselbe Aussagewert zuerkannt wird wie hochentwickelten: primitive Formen sind keineswegs auch die unbedingt älteren.
II. Das „niedersächsisdie" Haus Das „niedersächsische" ( n i e d e r d e u t s c h e ) Bauernhaus macht in seiner einfachen Grundanlage und klaren, zweckbestimmten Gliederung durchaus den Eindruck hohen Alters, und es ist verständlich, wenn man lange in ihm den allgemein-deutschen Archetypus zu besitzen glaubte, als man sich noch nicht von der Vorstellung stammlicher Bedingtheit des Bauernhauses freigemacht hatte. Der Grundriß (Taf. 1 a) bildet ein Rechteck mit wechselndem Größen Verhältnis der Seiten. Das Innere ist durch zwei Ständerreihen dreischiffig aufgeteilt. Der weitaus größere Teil des Innenraumes gehört dem Vieh. Durch Querwände von den Ständern zur Wand sind beiderseits des Mittelschiffs, der „Diele'' (plattdeutsch,,Däle") Boxen abgeteilt, die,,Kübbungen'', an der einen Seite f ü r die Pferde, der anderen f ü r die Kühe, während die Schweine (und manchmal auch das Geflügel) in den Ecken untergebracht sind. Der kleinere rückwärtige Teil ist den menschlichen Bewohnern vorbehalten: in der Mitte des „ F l e t t " steht der Herd, von dem aus der ganze Wirtschaftsbetrieb übersehen werden kann; die Seitenkübbungen und die Räume hinter dem Flett dienen zum Wohnen und Schlafen (Taf. 2). Das niederdeutsche Bauernhaus ist somit ein ausgesprochenes „Einhaus", das Mensch und Vieh und alle Zweige des bäuerlichen Lebens in wohlgeordneter Zentralisation nicht nur unter einem gemeinsamen Dache, sondern in einem gemeinsamen Räume vereinigt. Die Variationsbreite dieses Typus ist sehr gering, nur an den beiden Giebelseiten sind Erweiterungen möglich: manchmal ist an der Eingangsseite, das breite Tor risalitartig flankierend, beiderseits (seltener an nur einer Seite) eine weitere Kübbung in der Funktion des Windfanges vorgelegt („Vor-
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schott", „Vörschur" oder „Utlucht"; in Schleswig-Holstein häufig auch an der Rückseite als „Heckschur"), und bei steigendem Wohlstand war der Wohnteil des Hauses in verschiedener Weise ausbaufähig (wie das niederrheinische ,,T-Haus" u. a.). Durch Anfügen weiterer Bauten in der Längsachse entsteht der „Streckhof". Das Gesamtbild des Hauses wird aber auch dadurch grundsätzlich nicht verändert. An dem überaus umfänglichen Schrifttum zum deutschen Bauernhaus nimmt das niederdeutsche den weitaus größten Anteil. Der Grund für diese Bevorzugung dürfte zunächst in der Rolle zu suchen sein, die man ihm lange (und zum Teil heute noch) als dem Urtyp des deutschen Bauernhauses schlechthin glaubte zuweisen zu müssen. Dazu kam weiterhin, daß eine Reihe gebürtiger niederdeutscher Hausforscher sich liebevoll dieses markanten Denkmals ihrer Heimat angenommen haben: 0 . LAUFFER,
W . PESSLER,
J . SCHEPERS
U. a.
Und
schließlich
liegt von keinem anderen Haustypus ein so reiches Originalmaterial vor wie hier. Auch die Ausgrabungstätigkeit der letzten Jahrzehnte hat eine unerwartete Fülle wichtiger Tatsachen für die älteste Geschichte des niederdeutschen Bauernhauses erbracht, die es ermöglichen, die Lücke zwischen Vorzeit und Gegenwart bis auf wenige Jahrhunderte zu schließen. Der Typus des „niedersächsischen" Bauernhauses war in der Tat bereits um die Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends mit allen seinen charakteristischen Merkmalen voll entwickelt. In den künstlichen Aufhöhungen der ständig von Sturmfluten bedrohten Marschen an den Nordseeküsten und der Elbmündung, die in den friesischen Landschaften verschiedene Namen tragen: Warf, Wurt, Terpe, Wierde, Werft, haben sich dank der konservierenden Eigenschaften des Schlickbodens die Reste der frühesten Besiedlung in ungewöhnlichem Umfange in ihrer Bausubstanz erhalten. Das klassische Beispiel ist der durch A. VAN GIFFEN meisterhaft ausgegrabene Warf von Ezinge in der holländischen Provinz Groningen (Taf. 3; Germania X X [1936] S. 40ff.). Hier ist der Gang der Besiedlung vom 4. vorchrist-
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liehen bis zum 13. nachchristlichen Jahrhundert in sechs klar aufgebauten und größtenteils durch Kleie-, Dung- oder Sandschichten sicher trennbaren Etappen einwandfrei erkennbar. Die älteste liegt noch unmittelbar auf dem Marschboden auf. Schon in dieser Schicht fanden sich große Rechteckhäuser mit dreischiffiger Innengliederung durch zwei innere Pfostenreihen (Taf. 4); von seitlichen Boxen ist keine Spur sichtbar, doch können die dazugehörigen Zwischenwände sehr wohl vergangen sein, da sie aus leichtem Material bestanden haben werden und nicht tief im Boden verankert sein brauchten. Erst mit der Zweitältesten Schicht beginnt die künstliche Erhöhung. I n dieser, dem „Kernwarf", liegen mehrere Hausgrundrisse, deren Wandung zum Teil noch bis zu 50 cm hoch erhalten vorgefunden Wurde. Es sind regelmäßige Rechtecke mit Abrundung der Ecken. Die e aus lehmgedichtetem Flechtwerk bestehende Wand wird außen in geringerem Abstände von einer dicht gestellten Reihe von Pfosten begleitet, den Trägern des sicher tief herabgeführten Schleppdaches oder des Rähms. Das Innere zeigt genau dieselbe Raumgliederung wie das „niedersächsische" Haus: zwei Reihen kräftiger Ständer mit den durch Flechtwände abgeteilten seitlichen Boxen, vor ihnen eine Matte als Futtergang, im hinteren Teil das Flett mit dem Zentralherd. Die Siedlung gehört der Mittel- bis Spät-Latenezeit an, dem 3. bis 2. Jahrh. vor Chr. I n der nächsten, ein rundes Jahrhundert jüngeren Schicht, wurde ein auffallend großes Haus gleicher Bauart aufgedeckt, das noch gegen 24 m lang erhalten ist; seine ursprüngliche Länge ist nicht mehr festzustellen, da die beiden Enden bei früheren Abgrabungen beseitigt worden sind. Auch hier wird die Diele beiderseits von Kübbungen begleitet. Der Typus wird dann während des ganzen Altertums beibehalten bis zur vorletzten Schicht, die bis an die Grenze zur Völkerwanderungszeit reicht. Auch in der jüngsten Schicht des Ezinger Warfs, die dem hohen Mittelalter angehört, fehlt noch jede Spur des Überganges zur Steinbauweise, die heute in diesen Gebieten allein herrscht und den klimatischen Voraussetzungen
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inibedingt angemessener ist als der leichte Flechtwandbau der vorgeschichtlichen Häuser. Die Terpenforschungen in den nordwestholländischen Marschen finden in den Ausgrabungen in den deutschen Gebieten an der Weser- und Elbmündung volle Bestätigung und wertvolle Ergänzung. Die ,,Niedersächsische Landesstelle f ü r Marschenund Wurtenforschung" in Wilhelmshaven gräbt seit mehreren Jahren unter W. H A A R N A G E L erfolgreich in den Marschensiedlungen des Wesermündungsgebietes. An vier Stellen wurden bisher wichtige neue Ergebnisse zu dem uns hier beschäftigenden Problem gewonnen. In der Wurt Einswarden bei Blexen wurden sowohl in der älteren Schicht des 3. bis 2. Jahrh. vor Chr. wie in der jüngeren um die Zeitwende dieselben Hausgrundrisse nachgewiesen wie in Ezinge; hier stand jedes Haus einzeln auf einer künstlichen Erhöhung (W. HAARNAGEL bei G. SCHWANTES, ,,Urgeschichtsforschung beiderseits der Elbe" [1939] = Festschr. f ü r K. H. Jacob-Friesen, S. 256ff.; danach unsere Taf. 5c). Besonders wertvolle Aufschlüsse ergab die noch laufende Ausgrabung der Wurt „Feddersen Wierde', bei Bremerhaven durch W . H A A R N A G E L (Vorbericht in Germania X X X I V [1956] S. 125ff.; danach unsere Taf. 5b und 6). Es wurden fünf Siedlungshorizonte vom 2. Jahrh. vor bis zum 5. Jahrh. nach Chr. festgestellt und in vorbildlicher Methodik erforscht. Dabei kam (abweichend von Ezinge) die Anordnung der Häuser in Reihen beiderseits einer schmalen Dorfstraße heraus. Der Bautypus ist durch alle Bauperioden hindurch beibehalten worden, obwohl Siedlungskontinuität nicht nachweisbar ist: das langgestreckte dreischiffige Hallenhaus mit den seitlich angeklappten Kübbungen und dem Wohnraum im hinteren Teile. Abweichungen gegenüber den Häusern in Ezinge und anderen holländischen Terpendörfern sind geringfügig und ohne typologische Bedeutung. Sehr gut aber läßt sich, bedingt durch die Lage des Warfs zwischen Küste und Binnenland, die fortschreitende Schrumpfung des Stallteiles gegen den Wohnteil erkennen als Ergebnis einer wirtschaftlichen Wandlung von reiner Viehhaltung zu 2
B e h n, Bauernhaus
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Ackerbau und weiterhin zu Handwerk und Handel. Der Warf ist im 5. Jahrh. nach Chr. wüst geworden und war auch später nicht wieder bewohnt. So willkommen das für die Abdeckung größerer Flächen auch sein muß, so kann doch der Anschluß an das Bauwesen des späteren Mittelalters an dieser Stelle nicht gewonnen werden. In Emden, das aus einem Warf hervorgegangen ist, standen vereinzelt auch Bauernhäuser völlig gleicher Grundriß form wie in Feddersen Wierde (Taf. 5A nach W . HAARNAGEL, „Die frühgeschichtliche Handelssiedlung Emden", in Fries. Jahrb. 1955 S. 9ff.). Dagegen fand sich bei der Ausgrabung der Wurt Hessens bei Wilhelmshaven das dreischiffige Hallenhaus, das in Ezinge mit dem Beginn der Völkerwanderungszeit verschwindet, noch in den Horizonten des 7. und selbst noch des 10. Jahrh. (W. HAARNAGEL, Germania X X I X [1951] S. 223ff.). Die Abkehr der Küstenbevölkerung von der alten Hausform und die Zuwendung zu einer neuen Bauweise ist also nicht überall zu derselben Zeit erfolgt, kann somit nicht Ergebnis ethnischer Verschiebungen (etwa der friesischen Landnahme) sein. Wir werden auf diese Frage nochmals zurückzukommen haben. Besondere Bedeutung für die Verbreitung des dreischiffigen Hallenhauses und für die Frage seiner Herkunft müssen die Verhältnisse auf dem rechten Elbufer haben. Hier hatte die deutsche Wurtenforschung bereits Mitte der dreißiger Jahre ihren Ausgang genommen, zunächst mit einer planmäßigen Bestandsaufnahme. In Frage kommen hier an erster Stelle die Elb- und Störmarsch. Wichtige Ergebnisse, von denen die ganze deutsche Wurtenforschung angeregt und befruchtet wurde, ergab die Flächenabdeckung einer Marschsiedlung in Hodorf bei Itzehoe (Taf. 13; W. HAARNAGEL, Offa I I [1937] S. 31ff.). Mit der allen Terpenuntersuchungen eigentümlichen Klarheit konnten auch hier mehrere Bauperioden erkannt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Haus in der Längsrichtung unter Beibehaltung der Fluchtlinien durch einen langen Anbau vergrößert, der nach den Funden als Speicher angesprochen werden muß. Keramische Reste datieren diese Periode in das 1. bis 2. Jahr-
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hundert nach Chr. Auch hier beginnt erst mit der zweiten Schicht die künstliche Erhöhung des Siedlungsbodens zur Wurt, nach den F u n d e n ist dies um 200 nach Chr. geschehen. Grundrißbildung und Größe sind unverändert geblieben. K a u m ein J a h r hundert danach war eine Erhöhung des Aufwurfs nötig geworden, in der Grundform des Hauses t r a t damit indessen keine Änderung ein. Erst die oberste Schicht des 4. Jahrhunderts brachte einen U m b r u c h im Bauwesen, s t a t t der großen Hallenhäuser fanden sich in ihr nur kleine einräumige Grubenhäuser von 2,5 zu 3 Meter Größe. Ob das mit den großen Wanderzügen eben dieser Zeit in ursächlichem Zusammenhange gesehen werden muß, k a n n nicht entschieden werden, es darf aber doch daran erinnert werden, daß der gleiche Vorgang auch in Ezinge festgestellt wurde. Uber die Entwicklung in den anstoßenden nordfriesischen Gebieten können erst künftige Forschungen Klarheit bringen. Die ursprüngliche Annahme, daß die Häuser von Hodorf denen der ostfriesischen Marschensiedlungen entsprechen, muß auf Grund neuerer Untersuchungen berichtigt werden. Es handelt sich hier nicht u m dreischiffige Hallenhäuser, der Eingang liegt in der Mitte der Langseiten, die Tür an der Schmalseite wurde erst bei Vergrößerung des Hauses eingebrochen. D a m i t sind die Hodorfer Grundrisse aus der Entwicklungsreihe des niederdeutschen Bauernhauses auszugliedern und reihen sich derjenigen des „friesischen" Bauernhauses ein (s.Kap. III). Diese Erkenntnis h a t dadurch besondere Bedeutung, daß es sich um das ursächsische Stammland handelt. Dadurch entfällt jede Verbindung des niederdeutschen Bauernhauses zum Stamme der Sachsen. Die Klassifizierung des niederdeutschen Bauernhauses durch als „typisches Geesthaus" ging vom heutigen Verbreitungsgebiet aus und hat nur f ü r dieses Berechtigung, nach der Feststellung allgemeiner Verbreitung in den Marschen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit ist sie nicht mehr aufrechtzuhalten. Der unverhältnismäßig große Anteil der Stallungen am Gesamtraum kennzeichnet eindeutig den wirtschaftlichen Charakter: es ist das H a u s eines bäuerlichen Betriebes, in dem die 0 . LAUFFER
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Viehhaltung die erste Stelle einnimmt. Getreideanbau ist auch für die alten Terpensiedlungen gesichert durch pollenanalytische Untersuchungen und Vorkommen von Körnern. Natürlich konnte der Dachraum der Häuser ohne weiteres zur Aufnahme der Körnerfrucht ausgebaut und benutzt werden. Meist aber scheint man darauf verzichtet zu haben: in Ezinge liegen neben den großen Hallenhäusern anders konstruierte Bauten, die als Kornspeicher angesprochen werden dürfen (sie haben weder Herd noch Kiibbungen), und in Feddersen Wierde, einem sichtlich besonders wohlhabenden Dorfe, wurde eine Getreideröste festgestellt. Später wurde der Ackerbau in den Nordsee- und Elbmarschen als unergiebig ganz aufgegeben, damit waren die Speicherbauten überflüssig geworden und verschwinden aus dem Siedlungsbild. Mit den Wurtenhäusern, die in erstaunlicher Kontinuität über weite Länderräume und länger als ein Jahrtausend in unveränderter Form gebaut worden sind, ist nun aber durchaus nicht der Urtyp des „niedersächsischen" Bauernhauses aufgefunden, wie vielfach angenommen wurde. Es sind keine Früh-, sondern ausgesprochene Spätformen, die — von belanglosen Einzelheiten abgesehen — keiner weiteren Entwicklung mehr fähig waren. Wer die Naturgewalten der Nordseeküsten kennt und sie gar selbst erlebt hat, wird erstaunt sein, daß die vorgeschichtlichen Bewohner dieser Kampf- und Todeszone so leichte Bauten dem Angriff des Meeres und der Winde entgegengestellt haben, die selbst mit den ungleich widerstandsfähigeren Steinbauten der Halligen spielend fertig werden. Und es ist verständlich, daß man schließlich diese leichte Bauweise aufgegeben hat, schwer verständlich nur, daß es so spät geschehen ist. Die bisher jüngste in den Terpen nachgewiesene Schicht, die 6. von Ezinge aus dem 13. Jahrh. nach Chr., hat noch keine Spur von Steinbau! Der Ursprung des „Sachsenhauses" muß also an anderer Stelle gesucht werden. Die neuere Hausforschung hat das niederdeutsche Bauernhaus in den Typenkomplex des „dreischiffigen Hallenhauses" eingereiht (A. ZIPPELIUS, Bonner Jahrb. 153
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[1953] S. 13ff.; W . HAARNAGEL, Neues Archiv f ü r Niedersachseii, N. F. XV [1950] S. 79ff.). Diele, Kübbungen und Flett sind nicht integrierende Bestandteile des Grundtypus, wohl aber die charakteristischen Kennzeichen der nordwest-europäischen Spielart, die im späteren sächsischen Siedelgebiet so gut wie ausschließlich herrschte und teilweise noch heute herrscht und dem Bautypus den geschichtlich nicht begründeten und damit irreführenden Namen eingebracht hat. Seit kurzem kennen wir ein echtes Fletthaus von rein „sächsischem" Typus weitab vom sächsischen Stammesgebiet. Während des letzten Krieges untersuchte G. R I E K bei Befort in Luxemburg eine kleine Siedlung aus der Zeit der jüngeren Hunsrück-Eifel-Kultur, also etwa der Mitte des letzten Jahrtausends vor Chr. Auf einer nach drei Seiten durch steil abfallende Abhänge gesicherten Bergnase lag ein langgestrecktes Haus von 8,8 zu 31 m (Taf. 7; Germania X X V I [1942] S. 26ff.). Die Außenpfosten standen in flachen Eintiefungen des Felsbodens hinreichend fest. Das Innere ist in der Längsrichtung dreigeteilt, das breite Mittelschiff mit kleinen Steinen gepflastert. Von den inneren Ständerreihen fehlte jede Spur, sie hatten aber in der Pflasterung genügenden Halt. Im hinteren Teil des Hauses greift das Pflaster über die volle Breite des Hauses, in der Mitte der Schmalseite lag der Herd. Der bisher älteste Beleg f ü r das Flett, also eine Raumordnung, die (bis auf die nicht mehr nachweisbaren, aber doch wohl vorauszusetzenden Kübbungen) in allen Einzelheiten dem „Sachsenhaus" entspricht. Dieser Befund ist vorläufig noch singulär, f ü r weiter ausgreifende, verallgemeinernde Schlüsse vorerst noch ein zu schmales Fundament. Unter allen Umständen aber entfällt hier jede ethnische Bindung an die Sachsen. Im mitteleuropäischen Räume hatte Jahrtausende lang während der ganzen Jungstein- und Bronzezeit das zweischiffige Haus geherrscht mit der Firstträgerreihe in der Mittelachse; bei kleineren Bauten genügte je ein stärkerer Pfosten in der Mitte der Schmalseiten, er diente dann zumeist gleichzeitig als Seitenpfosten der Türe, die dadurch exzentrisch zu liegen kam.
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Erst in der mittleren Hallstattzeit (nach der landläufigen Chronologie etwa 8. bis 6. Jahrh. vor Chr.) erscheint ganz vereinzelt das dreischiffige Haus mit der Doppelreihe der Pfosten, die nun nicht mehr den Firstbalken, sondern die Pfetten zu stützen haben. Die ältesten Exemplare dieses Haustypus nördlich der Alpen standen in der großen Dorfschaft dieser Periode auf dem Goldberg bei Nördlingen (G. B E R S U , Deutschtum und Ausland 23/24 [1930] S. 130fF.; G. CHILDE, Prehist. migrations in Europe [1950] S. 224; danach unsere Taf. 8), die, in extenso ausgegraben, das klare Bild der inneren Entwicklung einer vorgeschichtlichen Siedlung bietet. Alle Häuser sind Pfostenbauten. Von den 46 Grundrissen sind die meisten einräumig, 7 haben zweischiffige Innengliederung durch eine mittlere Pfostenstellung und nur 3 die doppelte Stützenreihe. Der Anlaß zu diesem sowohl f ü r die Verbesserung der Dachkonstruktion wie f ü r die rationelle Ausnutzung des Innenraumes gleicherweise bedeutungsvollen Schritt kann schwerlich eine statische Notwendigkeit gewesen sein, denn die in „moderner" Weise gebauten Häuser sind keineswegs größer als die zweischiffigen, sondern im Gegenteil vielfach sogar kleiner als diese. Es kann danach nur eine ,,Mode" gewesen sein, die sich zunächst nur ganz scheu in die seit Jahrhunderten allein geübte Bauweise einschleicht (die steinzeitlichen Pfostenhäuser auf dem Goldberg haben ausnahmslos nur die mittlere Stützenreihe; G. BERSU, Germania X X [1936] S. 229) und sich trotz unleugbarer Vorzüge durchaus nicht etwa sieghaft durchsetzt, denn die Häuser vom Goldberg und von Befort sind noch lange die einzigen Vertreter geblieben. Wir können diese Vorgänge im Goldbergdorf sehr schön beobachten. Grundriß 46 wird beherrscht durch die Firstträgerkonstruktion, die Zahl der Pfostenlöcher an den beiden Giebelseiten ist dementsprechend ungerade (5). Aber die eine Hälfte des Hauses ist nochmals durch eine Pfostenreihe in der Längsrichtung aufgeteilt, die der anderen Hälfte fehlt. Es entsteht dadurch eine Konstruktion, die dem „Dreiständersystem" nahekommt. Das Ganze wirkt fast wie eine erste, doch nicht
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folgerichtig durchgeführte Konzession an einen neuen Baugedanken, ohne die hergebrachte Zweiteilung gleich aufzugeben. Nicht ganz klar wird der Aufbau des Grundrisses 18: die doppelte Reihe der Innenpfosten ist symmetrisch ausgebildet, die Giebelseiten haben nur 4 Pfostenlöcher, also keinen besonderen Firstträger. Die beiden in geringerem Abstände von den Schmalseiten stehenden Pfosten werden daher auch wohl nicht die Punktion von Firstträgern gehabt haben, sondern deuten eher eine Querteilung des Inneren in mehrere Räume an. Um so eindeutiger sind die Grundrisse 24 und 38, hier hat sich das Prinzip des „Vierständerbaues" in voller Klarheit durchgesetzt. Dieser fortschrittliche Gedanke ist jedoch keinesfalls soziologisch zu erklären, denn die „modernen" Häuser stehen mitten im Dorfe und fehlen in dem räumlich von diesem abgesetzten „Gutshofe". Der Übergang zu der neuen Form ist — das zeigt der hallstattzeitliche Goldberg mit zwingender Deutlichkeit — nicht schlagartig vor sich gegangen, und bis in die neueste Zeit hinein haben sich Erinnerungen an den zweischiffigen Firstsäulenbau noch im Herrschaftsbereich des dreischiffigen Fletthauses erhalten (vgl. K. RHAMM, „Urzeitliche Bauernhöfe" [1908] S . 230ff.; J . S C H E PERS, „Das Bauernhaus in Nordwest-Deutschland" = Schriften der volkskundl. Kommission f ü r westf. Landes- und Volkskunde Heft 7 [1943] S. 194ff. und passim). Wenn aber eine logische und organische Entwicklung des dreischiffigen Hauses aus dem zweischiffigen abzulehnen ist, müssen äußere Gründe dabei wirksam gewesen sein. Im Mittelmeerraum hat sich in denselben Jahrhunderten (eine Feinchronologie wie bei mobilem Kulturbesitz ist beim Hause unmöglich und auch unnötig) die gleiche Entwicklung vollzogen. Der Tempel, der auch in seiner letzten Vollendung die Herkunft aus dem Holzbau nicht verleugnet, hat in ältester Zeit nur eine mittlere Säulenreihe, war also zweischiffig (Neandria u. a., vgl. R. M E R I N G E R , „Mittelländischer Palast" = Sitzungsber. der Wiener Akad. der Wiss., phil.-histor. Kl. 181 [1916] S. 29ff.). Aber schon im Verlaufe der archaischen Periode setzte sich die dreischiffige Gliede-
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rung durch und blieb dann kanonisch. Die mittlere und jüngere Hallstattzeit, in der das dreisohiffige Hallenhaus erstmalig in der Zone nordwärts der Alpen erscheint, ist eine Periode äußerst intensivierter Kultureinflüsse aus dem Mittelmeergebiet. Sie äußern sich nicht allein im Bauwesen: das mittelländische Gehöft , das später zum „fränkischen" wurde (s. Kap. IV), tritt erstmalig auf, auf der „Heuneburg" bei Hundersingen läßt ein keltischer Großer sich einen Fürstensitz in mittelländischer Technik erbauen, griechische Vasen strömen in bisher nicht gekannten Mengen ein und beleben die längst erloschene Gefäßmalerei der einheimischen keramischen Produktion usw. Mit dieser starken mediterranen Kulturtrift wird auch der Baugedanke des dreischiffigen Hallenhauses nach Mitteleuropa gebracht worden sein. Wie er nach Nordwestdeutschland gelangte, wo er die stärkste und längste Verbreitung fand, vermögen wir vorläufig noch nicht zu erkennen, doch mag der Fall Befort vielleicht einen ersten Fingerzeig geben. Auf die Britischen Inseln ist er aber wohl direkt ohne den Umweg über Mitteleuropa gekommen. Auch S C H I E R (Lauffer-Festschrift 1934, a. a. 0 . ) hatte, ausgehend von anderen Zusammenhängen, eine Welle von Südwesten her angenommen; seine These, daß dem dreischiffigen Hallenhaus als ältere Schicht ein von diesem verdrängtes „Vielhaus" vorangegangen sei, ist mit unserem archäologischen Material nicht zu untermauern. Man hatte schon einmal an die Herleitung des „Sachsenhanses" aus dem klassischen Süden gedacht: die ältere Forschung ( A . M I C H A E L I S , Rom. Mitteil. X I V [1899] S. 210fr.; H. N I S S E N , Pompejanische Studien [1877] S. 612ff.; zuletzt G. K R O P A T SCHEK, VI. Bericht der Rom.-Germ. Kommission [1913] S. ölff.) glaubte eine nahe Verwandtschaft mit dem italischen Bauernhause zu erkennen. Es verdient Erwähnung, daß R . H E N N I N G („Das deutsche Haus" S. 115ff.) bereits 1882 einen Zusammenhang mit dem Atrium anzweifelt. Nach dem heute vorliegenden Material ist diese These nicht mehr diskutabel und nur noch eine Episode in der wechselvollen Geschichte der Hausforschung. Der
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mehrfach begegnende Hinweis auf die germanische Halle als Urbild steht sichtlich im Banne der Vorstellung eines allgemeingermanischen Prototyps, den sowohl H E N N I N G (a. a. 0 . ) wie STEPHANI („Der älteste deutsche Wohnbau" Bd. I [1902] S. 132) ablehnen. Dagegen hält P E S S L E R — aber wie es scheint als einziger — noch an der autochthonen Entstehung des „niedersächsischen" Bauernhauses fest, er leitet es von den in der Lüneburger Heide noch vereinzelt erhaltenen primitiven Schnuckenställen ab (Heimatblätter der Roten Erde V [1926] S. 433ff.) und sieht in ihm „das beste Kennzeichen des niedersächsischen Stammes" („Haus und Hof im nordischen R a u m " Bd. I I [1937] S. 52ff.). Reihen wir das „niederdeutsche" Bauernhaus in die große Familie des dreischiffigen. Hallenhauses ein, so bedeutet das endgültigen Verzicht auf jeglichen ethnischen Akzent. Die Sachsen sind an der Herausbildung des Typus in keiner Weise beteiligt gewesen: als sie in den ersten Jahrhunderten nach der Zeitenwende in ihre historischen Sitze einrückten, fanden sie den Haustypus als längst bodenständig gewordenes Gebilde fertig ausgebildet vor und haben ihn ja auch nicht mit nach England hinübergenommen. Nicht einmal die Spezialisierung des Grundtypus auf das Fletthaus mit Kübbungen ist ihr Werk, sie war in den Terpensiedlungen der Nordseemarschen bereits Jahrhunderte früher vollzogen als Erfordernis einer Wirtschaftsform mit überwiegender Viehhaltung. Die Bezeichnung als „Sachsenhaus" hat also keinerlei historische Berechtigung. Die von Z I P P E L I U S (a. a. 0.) vorgeschlagene Bezeichnung: „vormittelalterliches dreischiffiges Hallenhaus" ist zwar richtig, f ü r den praktischen Gebrauch aber doch wohl zu umständlich. Der Name „Fletthaus" dürfte am ehesten allen methodischen Anforderungen gerecht werden. Das heutige Verbreitungsgebiet des „sächsischen Bauernhauses zeigt Taf. 9 (nach W. P E S S L E R , „Der niedersächs. Kulturkreis" 1 9 2 5 ) . Es umfaßt annähernd das ganze Westdeutschland, Niederrhein und Westfalen nördlich der Wupper, Hannover mit dem Stromgebiet der Weser, Holstein
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mit dem südöstlichen Teile von Schleswig, Mecklenburg und Vorpommern mit einem spitz auslaufenden Keil an der Ostseeküste ostwärts der Odermündung. Das ostfriesische Küstengebiet mit Einschluß der vorgelagerten Inselflur ist ausgespart. Der Haustypus befindet sich in langsamem aber ständigem Rückzug (vgl. B. S C H I E R , „Hauslandschaften und Kulturbewegungen" [1932] S. 187ff.). Im östlichsten Teile (Vorpommern) wurde mit dem Anfall an Preußen das Siedlungsbild einschneidend verändert durch drakonische Maßnahmen der Regierung im Sinne größtmöglicher Vereinfachung und Sparsamkeit, was der Erhaltung und Weiterführung hergebrachter, aber aufwändigerer Bauweise sehr abträglich sein mußte (vgl E. G O E H R T Z , Forschungen zur deutschen Landes- und Volkskunde X X V I I I [1913] Heft 5). In den übrigen Kontaktzonen befand sich das „niedersächsische" Haus von Anfang an im Nachteil gegenüber dem elastischeren und einer modernen Wirtschaftsweise besser angepaßten „fränkischen" Gehöft (s. Kap. IV); es wird dort entweder ganz aufgegeben oder geht Mischformen ein, wenn z. B. im niederrheinischen Raum an das ältere „niedersächsische" ein „fränkisches" Haus einfach angeklebt wird (vgl. A. M A C K E S , „Der Niederrhein" 1921 Heft 1/2), so wie im Süden das pompejanische Haus aus der Anfügung des hellenistischen Peristyls an das italische Atrium entstanden war. Die mancherlei Variationen, die das „Sachsenhaus" in den weiten von ihm beherrschten Gebieten erlebte, sind ausnahmslos jüngeren Datums und betreffen nicht den Grundtypus als solchen. Ihnen nachzugehen, ist Aufgabe des Volkskundlers, f ü r den Prähistoriker sind sie belanglos. E. S P R O C K H O F F hat in einem sehr beachtenwerten Aufsatz über „Niedersachsens Bedeutung f ü r die Bronzezeit Westeuropas" ( X X X I . Bericht der Rom.-German. Kommission [1941] I. Teil) darauf aufmerksam gemacht, daß die Verbreitungsfläche des „Sachsenhauses" sich weitgehend mit einer von ihm umrissenen Kulturprovinz der älteren Bronzezeit deckt; in der durch Zusammenzeichnung entstandenen Karte Taf. 9 sind die Fundstellen durch Punkte bezeichnet. Es ist methodisch gewiß nicht
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unbedenklich, mobilen und immobilen Kulturbesitz ohne weiteres als gleichwertig zu behandeln, zumal wenn es sich um Erscheinungen aus so verschiedenen Zeiten handelt wie hier. Bei dem vorgeschichtlichen kann natürlich nur das durch Massierung von Funden gekennzeichnete Kerngebiet berücksichtigt werden. Eine ganze Anzahl von Streufunden überschreitet das geschlossene Kulturgebiet, sie liegen fast alle an den großen nach Nordwesten ziehenden Flüssen und sind zweifellos auf dem Handelswege dorthin gelangt, ein Bild, das sich bei allen Typenverbreitungskarten einstellt. Haustypen sind aber keine Handelsware, und das auffällige Zusammenfallen der beiden Gebiete kann schwerlich ganz zufällig sein, sondern fordert eine Erklärung. Wenn in beiden Fällen die Südgrenze am Fuße der Mittelgebirge verläuft und nicht in diese eindringt, wäre damit lediglich erwiesen, daß wir es in beiden Fällen mit Flachlandkulturen zu t u n haben. Nicht erklärt aber wäre damit das genaue Zusammenfallen der Grenzen sowohl in der niederrheinischen Tieflandsbucht wie mitten in Schleswig-Holstein. Die Aussparung an der Westgrenze in Ostfriesland kann allerdings sehr wohl reiner Zufall sein. Als das „sächsische" Haus sich ausbreitete, war das Küstenland bereits von dem f ü r die dortigen Verhältnisse ungleich geeigneteren „friesischen" Haus in Besitz genommen (s. Kap. III). I n früher vorgeschichtlicher Zeit aber war das Gebiet nur ganz dünn besiedelt, und die verschwindend kleine Zahl von Bodenfunden aus der älteren Bronzezeit zeigt eindeutig, daß damals nur ganz wenig kühne Pioniere es gewagt haben, in diese Zone des Todes vorzustoßen (vgl. P. Z Y L M A N N , „Ostfries. Urgeschichte" [1933] S. 72ff.). Ernsthafte Schwierigkeit macht indessen die Erklärung des seltsamen spitzen Keiles an der Odermündung, der nur zur See hin, nicht aber an der Landseite eine irgendwie natürliche Grenze hat. Die einzige, noch dazu recht bescheidene Erhebung, der baltische Höhenrücken, zieht erst ein gutes Stück weiter südlich vorbei und ist kein Hindernis. Hier versagen vorerst noch alle Erklärungsversuphe. Damit bleibt dann aber das Phänomen als Ganzes unerklärt, so interessant es in geopolitischer
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Hinsicht auch ist. Es wird wohl keinen zweiten Fall geben, wo eine vorgeschichtliche Kulturprovinz u n d eine Hauslandschaft sich so vollkommen decken wie hier. S P R O C K H O F F h a t (a. a. O. S. 125ff.) mit aller Klarheit nachgewiesen, daß die von ihm herausgearbeitete älterbronzezeitliche Kulturprovinz Niedersachsen nicht germanisch ist und h a t die Möglichkeit erwogen, daß ihre Träger so etwas wie ,,Urkelten" gewesen seien, die im weiteren Verlauf der Bronzezeit durch die germanische Landnahme überflutet u n d ethnisch eingeschmolzen seien. Man h a t t e ja auch sonst schon die Keimzelle des Keltentums in diesen Gebieten vermutet, was mit der antiken Uberlieferung in Einklang stehen würde u n d auch von der älteren Sprachgeschichte (K. M Ö L L E N H O F F , „Deutsche Altertumskunde" Bd. II [1906] S. 215ff.) angenommen war. Das würde keineswegs bedeuten, daß wir die E n t s t e h u n g des Fletthauses in irgendeine Beziehung zu den Kelten zu setzen berechtigt wären (so noch A. M E I T Z E N , „Siedlung und Agrarwesen" [1895] Bd. II S.91ff.; Bd. III S. 318). Wir können nur die Tatsache feststellen, daß der H a u s t y p in historischer Zeit vorwiegend in den Länderräumen herrschend geworden ist, in der in vorgeschichtlicher Zeit einmal Kelten (oder ihre Vorgänger) gesessen haben, und daß es erstmalig im Kreise keltischer K u l t u r begegnet (Goldberg, Befort).
III. Das friesische Haus Daß in der gesamten Bauernhausliteratur das friesische Haus stets in engstem Zusammenhange mit dem „Sachsenhaus" genannt wird, ist in der geographischen Verwandtschaft beider voll begründet. Das Verbreitungsgebiet des friesischen Bauernhauses ist — verglichen mit dem der anderen Typen — sehr schmal, es ist ziemlich streng auf die tatsächlich friesischen Landschaften beschränkt, Nord-, Ost- und Westfriesland mit Einschluß Nordhollands. Der Küstenstreifen zwischen Elbe und Weser bleibt dabei ausgespart, die Landschaften Kehdingen und Hadeln, hier herrscht allein das „Sachsenhaus". Diese Lücke in der sonst geschlossenen Hauslandschaft bedeutet denn auch die Scheide zwischen zwei deutlich unterscheidbaren Untergruppen, die ihrerseits wieder in eine ganze Reihe regionaler Variationen zerfallen, die f ü r unsere Untersuchung jedoch ohne Bedeutung sein können. Das „Gulfhaus", das in Ost- und Westfriesland das Siedlungsbild bestimmt, ist erst an der Schwelle der Neuzeit entstanden im Zuge einer wirtschaftlichen Entwicklung, die sich bereits im hellen Lichte der Geschichte abspielt, zu einer Zeit also, die f ü r die Frage nach Entstehung und Urform nichts aussagen kann (M. F. H E L M E R S , „Das Gulfhaus", 1943). Der Grundform näher steht die nordfriesische Gruppe, vor allem in der Spielart des „uthländischen Hauses", sie zeigt am reinsten die dem friesischen Hause — und nur ihm allein — eigenen Züge (Taf. 10). Der viereckige Hausblock ist q u e r - geteilt, nicht längs wie im niederdeutschen Hause, das Friesenhaus hat daher regelmäßig den Eingang an der Langseite. Der von diesem durch die ganze Tiefe des Hauses von einer Langseite zur anderen durchgehende Gang trennt scharf die Unterkünfte f ü r Mensch und
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Vieh, er ist auch äußerlich meist durch einen Zwerggiebel betont mit Ladeluke f ü r den Bodenraum. Auch in der Gestaltung der Fassade zeichnen sich die beiden Teile des Hauses mit aller Deutlichkeit ab. Das Dach ist meist in gleicher Firsthöhe über das ganze Haus gespannt. Dieser im einzelnen variable, im Kern aber konstante Grundtyp des nordfriesischen Bauernhauses ist vor allem auf den Inseln Föhr und Amrum in zahlreichen guten Exemplaren vertreten (vgl. K. JUNGE, „Das friesische H a u s " [1936]; L.C.PETERS, „Das föhringische H a u s " [1913]; ders., Schleswig-Holstein. Jahrb. 1922 S. 34fF.). In der Frage der Entstehung und typologischen Zuteilung des friesischen Bauernhauses stehen sich zwei Ansichten gegenüber. Die eine Gruppe der Bauernhausforscher will das friesische und „niedersächsische" Bauernhaus aus einer gemeinsamen Wurzel herleiten und glaubt, sie in den vor- und frühgeschichtlichen Terpenbauten gefunden zu haben (so zuerst VAN G I F F E N , dem ÖLMANN und J U N G E folgen). Das Hauptargument ist die Tatsache, daß auch im friesischen Hause die Wohnräume f ü r die Menschen und die Stallungen f ü r das Vieh unter gemeinsamem Dache liegen, während sie in den anderen Haustypen auf verschiedene Bauten verteilt sind. S. LEHMANN (bei H. SCHROLLERS. LEHMANN, „5000 Jahre niedersäschs. Stammeskunde" [1936] S. 196ff.) bemüht sich um eine eingehende Begründung dieser Theorie. Doch auch wirtschaftsgeschichtliche Vorgänge vermögen einen so einschneidenden Umbruch in der ganzen Baugesinnung nicht glaubhaft zu machen. LEHMANN legt das Schwergewicht seiner Argumentation vorwiegend auf das Gefüge des Oberbaues, vor allem der Dachkonstruktion, deren Wandelbarkeit aber gerade von der volkskundlichen Betrachtungsweise besonders herausgestellt zu werden pflegt. Sobald man jedoch das Problem vom Grundriß her als dem zuverlässigeren Träger der Tradition angeht, muß man ein völlig anderes Bild gewinnen. Denn hier prallen die Verschiedenheiten zwischen dem „niedersächsischen" und friesischen Bauernhause unversöhnbar aufeinander. Zwar liegen bei beiden die Räume f ü r Mensch und Tier unter einem
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gemeinsamen Dache, alles andere aber ist so verschieden wie nur denkbar: die Raumordnung des „Sachsenhauses" wird bestimmt durch die Längs-, die des Friesenhauses durch die Querachse; in diesem befinden sich Wohnung u n d Stall nur unter demselben Dache, aber nicht im selben R ä u m e ; das „sächsische" ist ein „ E i n h a u s " in reinster Form, das friesische von Anfang an ein „Mehrhaus". Das bedeutet, daß das Friesenhaus aus der Aneinanderreihung zweier ursprünglich selbständiger Bauten entstanden, also eine „Zwiehofanlage" ist. Dieser Vorgang wird oft genug noch unverhüllt deutlich, wenn Wohn- u n d Wirtschaftsgebäude ungleicher Größe u n d Firsthöhe W a n d an W a n d gestellt sind, wie oft auf dem Festlande. Aber auch das „uthländische" Haus kann die H e r k u n f t aus zwei Einzelbauten nicht verleugnen, weder in seiner Innengliederung noch in der Gestaltung seiner Fassade, sie wird noch unterstrichen durch den Zwerggiebel an der Nahtstelle. Daß die beiden Teile des friesischen Hauses nochmals durch je eine W a n d in der Längsrichtung untergeteilt sind, ist nicht mehr als eine technische Notwendigkeit und ohne Bedeutung f ü r die Grundform. Somit ist die Herleitung des friesischen Bauernhauses aus dem niederdeutschen schlechthin unmöglich, ebenso aber auch die vereinzelt vertretene umgekehrte Entwicklung. Schon H E N N I N G h a t t e in seinem klassischen Hausbuche von 1882 beide Formen getrennt behandelt u n d das Friesenhaus in engere Verbindung mit dem anglo-dänischen T y p gestellt. I n der T a t liegen seine nächsten und wirklichen Verwandten im nordischen Räume. B. SCHIER (bei SPAMER, „Volkskunde" S . 477ff.) stellt ebenfalls dem niederdeutschen „Einhaus"denfriesischen „Zwiehof" gegenüber (vgl. auch K. RHAMM, Urzeitliche Bauernhöfe, S. 242ff.; K. T A C K E N B E R G , Rhein. J a h r b . f ü r Volkskunde I I [1951] S. 16ff.; dazu B. SCHIER, Zeitschr. f ü r Volkskunde 51 [1954] S.3ff.). Das friesische Bauernhaus gehört somit zur nordgermanisch-ingwäonischen Hauslandschaft, die durch das „Vielhaus" charakterisiert ist. Dazu stimmt der Nachweis zahlreicher sprachlicher „Ingwäonismen" in Niederdeutschland (SCHIER, Lauffer-Festschr. a. a. 0.)
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Die Bestätigung für diese bisher nur theoretisch gewonnene Ableitung ist inzwischen durch die Archäologie erbracht worden. Im nördlichen Jütland ist in den vergangenen Jahrzehnten durch die Ausgrabungen von H. K J A E R und G. H A T T in größeren Mengen ein Haustyp zutage gekommen, der sich als Vorfahr des friesischen Bauernhauses zu erkennen gibt (Taf. I I a und b nach J . B R O N S T E D , Danmarks oldtiden I I I , Jernalderen [ 1 9 4 0 ] S. 1 0 7 f f . ; ders., ,,Haus und Hof im nordischen R a u m " Bd. I [ 1 9 3 7 ] S. 86ff.). Die ergrabenen Grundrisse gehören in die jüngere Eisenzeit Dänemarks, d. h. die ersten nachchristlichen Jahrhunderte. Alle hatten freistehende senkrechte Wände aus Fach werk. Sie zeigen übereinstimmend die gleiche Querteilung in zwei getrennte Räume für Mensch und Vieh, die wir als artbildendes Kennzeichen des friesischen Hauses anzunehmen haben, der Wohnraum ist außer durch den Herd noch durch einen Estrich gegen den Stall abgesetzt, beide Hausteile waren zweifellos durch eine Wand voneinander getrennt, wenn diese auch bei der leichten Bauart der Häuser heute nicht immer mehr erkennbar ist. Man kann sie dann aber nicht als „Wohnstallhäuser" klassifizieren, aber auch nicht als „dreischiffige Hallenhäuser" bei dem ganz geringen Abstand der Pfostenreihe von der (Erdsoden-)Wand (vgl. F. T I S C H LER, „Der Stand der Sachsenforschung, archäologisch gesehen", im X X X V . Bericht der Rom.-German. Kommission [ 1 9 5 6 ] S. 1 2 6 ; H . H I N Z , Offa X I I I [ 1 9 5 4 ] S. 6 9 f f . ) . In manchen Teilen Ost-Europas werden noch heute die Bauernhäuser im Winter zum Schutz gegen die Kälte mit einer Außenwand aus Erde und Mist ummantelt. Das ergäbe ein völlig gleiches Ausgrabungsbild. Der Eingang liegt auch bei den vorgeschichtlichen jütischen Häusern ausnahmslos in der Mitte einer der Langseiten. In der Häusergruppe von Mariesminde sind drei selbständige Bauten Wand an Wand gestellt. Auch der höhere Norden hat diese charakteristische Bauform. Ein nicht vollständig ausgegrabener bzw. erhaltener Grundriß aus Happsta in Uppland (Taf. 11c) zeigt deutlich die Querteilung in die beiden Hausteile. Allen diesen Häusern gemeinsam sind die leicht abgerundeten Ecken,
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die ein Walmdach erschließen lassen. F ü r den Zeitpunkt der Überwanderung des nordischen Zwiehofs in die nordfriesischen Landschaften besitzen wir keinen festen Anhalt, sondern lediglich einen terminus post quem. Die in den höheren Schichten des Ezinger Warfes von VAN G I F F E N aufgedeckten angelsächsischen Grubenhäuser sind Primitiv- und Kümmerformen. Für Nordfriesland sind wir über die früheren Wohnformen so lange im unklaren, wie noch keine der in den Festlandmarschen wie auf den Inseln in großen Mengen vorhandenen Terpen untersucht worden ist, was im Interesse der Bauernhausforschung wie als Ergänzung zu den großartigen Ergebnissen der west- und ostfriesischen Terpengrabungen dringend zu fordern wäre. Besondere Bedeutung kommt dabei einer Ausgrabung zu, die BANTELMANN bei Tofting an der Eidermündung durchgeführt hat (A. BANTELMANN, Tofting, eine vorgeschichtliche Warft, Offa-Bücher X I I 1955). Der Aufbau der Warft hat sich in der üblichen Weise vollzogen. I n der Siedelschicht des dritten Jahrhunderts nach Chr. fand sich ein Haustyp, der — mit örtlich bedingten Abweichungen — vollkommen dem nordfriesischen entspricht (Taf. 12), in der durchschnittlichen Größe, der Ostwestorientierung wie der Teilung in den westlichen Wohnund den östlichen Stallteil durch einen durchgehenden Quergang. Die Wandfundamente bestehen entsprechend der Steinarmut der Marsch aus drei Lagen Erdsoden, der Flur hat kein Steinpflaster, sondern eine Bohlenlage. Bei einer Erweiterung nach Osten wurde in die Schmalwand zwecks Verbindung mit dem Anbau eine Türe eingebrochen und der Mittelgang des Stallteils verlängert. Damit haben wir den vorgeschichtlichen Vorfahren des „uthländischen" Hauses in aller wünschenswerten Klarheit. Der ungewöhnlich klare Befund der Ausgrabungen von Tofting zwingt zu einer Revision desjenigen von Hodorf (s. o. S.ilSff.). Man hatte die dort aufgedeckten Hausgrundrisse unbedenklich der Gruppe der dreischiffigen Hallenhäuser zurechnen zu müssen geglaubt. Das Haus der untersten Schicht von Hodorf (Offa I I [1937] Taf. II) erlaubt eine solche Klassifizierung indessen keines3 Behn, Bauernhaus
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falls, es entspricht in jedem Zuge dem Toftinger Typus. U n d auch die B a u t e n der höheren Schichten (Offa a. a. 0 . Taf. I I I — V ; unsere Taf. 13), wenn auch der B e f u n d nicht gleichermaßen eindeutig sein mag, sind nicht mit Sicherheit den niederdeutschen anzuschließen: auch sie haben wie die jütischen H ä u s e r den Eingang an der Langseite, u n d was wie eine doppelte mittlere Pfostenreihe aussieht, ist in Wirklichkeit die Reihe der Eckpfosten der Viehboxen, sie fehlen daher auch im Wohnteil. Die Hodorfer B a u t e n reihen sich d a n n vielmehr in den friesischen B a u e r n h a u s t y p ein, der in den J a h r h u n d e r t e n u m die Zeitwende somit von Mittel-Schweden bis an die E l b m ü n d u n g eine bemerkenswert einheitliche H a u s l a n d s c h a f t bildet. Auch in historischer Zeit sind in die friesische Bauernhauskultur noch mancherlei Gedanken nordischer H e r k u n f t eingesickert im Einklang zu der hier vertretenen Ansicht von der E n t stehung des Friesenhauses (B. SCHIER, „ H a u s l a n d s c h a f t e n " K a r t e 6, der den T y p u s des Zwiehofs nicht von N o r d j ü t l a n d . sondern von Südschweden herleitet, wo er jedoch f ü r das Altert u m bisher nicht nachgewiesen werden konnte). Parallele Vorgänge in der Sprachgeschichte (TH. FRINGS, „Die Stellung der Niederlande im A u f b a u des Germanischen" [1944] S. 19ff.) geben eine gewisse Bestätigung, wenn auch H a u s b a u - u n d Sprachgeschichte eigenen Gesetzen folgen u n d nicht ohne weiteres auf einander bezogen werden dürfen. D a n n aber k a n n das „Friesenhaus" keinesfalls eine Schöpfung der Friesen gewesen sein. I n der antiken L i t e r a t u r (Tacitus, Plinius, Ptolemäus) erscheinen die Friesen erstmalig bei den U n t e r n e h m u n g e n des Drusus. Die Abgrenzung ihrer damaligen Wohnsitze gegenüber denen anderer K ü s t e n s t ä m m e ist unsicher, sie scheinen aber im großen u n d ganzen auf das heutige Ostfriesland beschränkt gewesen zu sein. Wir hören d a n n zum letzten Male von ihnen im J a h r e 293 anläßlich eines abgeschlagenen Einfalls in Gallien. D a n n schweigt die literarische Überlieferung gerade f ü r die stammesgeschichtlich entscheidenden J a h r h u n d e r t e der Völkerwanderung, u n d sie werden erst im
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7. J a h r h u n d e r t wieder erwähnt, nun mit wesentlich größerer Gebietsausdehnung. I n diese Zeit fällt aber n a c h Aussage der Bodenfunde das erste Einsickern von Friesen (wohl H ä n d l e r n u n d K a u f l e u t e n ) in die bis dahin nur d ü n n besiedelten nordschleswigschen Küstengebiete (P. LA BAUME, J a h r b . des nordfries. Vereins f ü r H e i m a t k u n d e und Heimatliebe X X I X [1952/53] S. 5ff.). Sie haben hier eine ältere Bevölkerung überlagert, doch deren bodenständige Hausform übernommen u n d bis zum heutigen Tage treulich bewahrt. D a ß sie noch lange als fremde Zuwanderer e m p f u n d e n worden sind, spricht vielleicht auch aus dem noch lange spürbaren Spannungszustande zwischen den Inselfriesen u n d den „Fastwallingern" u n d ihrer sehr abweichenden gegenseitigen Bewertung z. B. beim Austausche von Gefangenen. U n d hier liegt auch der Schlüssel f ü r die sonst k a u m verständlichen Unterschiede zwischen der west- u n d ostfriesischen Sprache einerseits u n d der nordfriesischen, die erhebliche Teile des Anglischen aufgenommen h a t (W. K R O G M A N N , Die friesische Sprache, in Deutsche Philologie im Aufriß I S. 1543fF.).
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IV. Das „fränkische" Gehöft Auch das „fränkische", besser: „mitteldeutsche" Bauernhaus ist ein Vielhaus, aber die Verschmelzung der Bauelemente zu einer Gehöfteinheit ist hier auf andere Weise vollzogen als beim Friesenhaus: eine größere Anzahl von Einzelbauten, Zeugen einer differenzierteren Wirtschaftsform, lagert sich in fast geometrischer Regelmäßigkeit um einen Binnenhof, der an der vierten Seite entweder offen oder nur durch einen Zaun oder durch eine Mauer abgegrenzt ist. Es ist der Typus des „Dreiseithofes" (Taf. l b ) . Es ist klar, daß ein solcher Hoftypus eine ungleich höhere Elastizität besitzen muß als die bisher betrachteten, und man stellt in der Tat eine große Variationsbreite fest. Ohne Bezug auf seine Stellung im Gesamtgefüge des Hofes geht der innere Ausbau des Wohngebäudes, in hohem Maße anfällig f ü r die Einwirkungen der Verstädterung, seine eigenen Wege. Die den verschiedenen bäuerlichen Funktionen dienenden Einzelbauten sind nicht starr und unveränderlich an einen festen Platz im Gefüge des Gehöftes gebunden, sondern können ihn beliebig tauschen. Nur das Wohnhaus des Bauern hat seine bestimmte Stelle, aber auch hier unterscheiden sich die Höfe des östlichen und westlichen Teiles des Verbreitungsgebietes des Typus: während dort die Lage an der Rückseite des Hofes bevorzugt wird, liegt das Wohngebäude hier vorne an der Eingangseite, stets den Giebel der Straße zuwendend. Die Dörfer in Franken und Hessen, in denen sich Hof an Hof reiht, verdanken dieser Gewohnheit ihren lebendigen Rhythmus durch den regelmäßigen Wechsel von Hauswand und Tor (Taf. 14 und 15). Dieses ist, besonders in wohlhabenderen Landschaften, oft künstlerisch und monumental gestaltet, und man hat schon vom „deutschen
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Triumphbogen" gesprochen. Durch Überbauung der Torseite entsteht in organischer Weiterentwicklung der „Vierseithof", ein entwicklungsgeschichtlich jüngerer und sekundärer Vorgang, der sich in den verschiedenen Ländern unabhängig vollzogen hat. Die Bauten stehen nicht immer Wand an Wand, sondern — besonders im Osten — ebenso oft durch Zwischenräume getrennt (Taf. 16; vgl. H . F I E B I G E R , Der Vierkanthof in Ober- und Niederösterreich und seine Entstehung, Diss. Danzig 1933). Das „fränkische" Gehöft erfüllt in idealer Weise alle Anforderungen einer gemischten Wirtschaftsform, in der Ackerbau und Viehhaltung gleichwertig nebeneinander betrieben werden. Es ist daher durchaus verständlich, wenn es unter allen deutschen Bauernhaustypen die weitaus größte Verbreitung hat. I n Mitteldeutschland, vor allem den eigentlich fränkischen Landschaften, herrscht es ausschließlich, greift aber nach allen Seiten weit über den fränkischen Siedelraum hinaus und überschreitet sogar mehrfach die deutsche Sprachgrenze. Sein Vorkommen in Ostfrankreich als altem westfränkischen Gebiet kann nicht überraschen (vgl. F R . STEINBACH, Studien zur westdeutschen Stammesgeschichte [1926] S. 79 Abb. 5; vgl. auch A. M E I T Z E N , „Siedlung und Agrarwesen" [1895] I I I S. 283). Durch die deutsche Ostkolonisation des Mittelalters wurde es dann auch in nicht-fränkische Räume übertragen. In der Spielart des Vierseithofes hat es große Teile Süddeutschlands in Besitz genommen. Diese komplizierte Gehöftform ist kein „Elementargedanke" der unabhängig an verschiedenen Stellen entstehen konnte. Ein reichhaltiges Material läßt uns Herkunft, Entstehung und Verbreitung in erwünschter Klarheit erkennen. Ein vorgeschichtlicher Vertreter wurde schon vor Jahrzehnten entdeckt, ohne aber damals in seiner typologischen Bedeutung erkannt worden zu sein. Auf dem Fichtenkopf bei Neuhäusel im Westerwald durchschneidet der obergermanisch-rätische Limes des römischen Reiches eine große Dorfschaft der jüngeren Hallstattzeit (aus der sog. Hunsrück-Eifel-Kultur), die vollständig ausgegraben werden konnte (W. SOLDAN in Nassauische Annalen X X X I I
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[1901] S. 157ff.; X X X I I I [1902/03] S. 35ff.). Die Häuser der Siedlung, die in regelloser Streulage über die durch steile Bachschluchten vorzüglich gesicherte Hochfläche verteilt sind, haben einfache einräumige Form. I n der Mitte des Dorfes an seiner höchsten Stelle stand ein großes Gehöft, offensichtlich das Herrenhaus (Taf. 17). E r h a l t e n ist auch hier n a t u r g e m ä ß n u r der Grundriß in Gestalt einer großen Menge von Pfostenlöchern, die sich in der Schicht von Bimssand, der noch vor der Anlage der Siedlung bei Ausbrüchen der Eifelvulkane über den Rhein hinübergeweht war, in seltener Deutlichkeit abheben. An der Stelle des Herrenhauses liegen zwei Schichten, „ T e n n e n " , übereinander u n d bezeichnen zwei Bauperioden. Die meisten Pfostenlöcher gehen durch beide Tennen hindurch. Es stellte sich also zunächst die Aufgabe, die Zugehörigkeit derselben zu dem einen oder anderen B a u z u s t a n d zu erkennen u n d den Anteil des jüngeren Baues von dem des älteren zu scheiden. Da hierbei baugeschichtliche Probleme erster Ordnung angeschnitten werden mußten, rechtfertigt sich eine ausführliche Wiederholung der seinerzeit gegebenen Beweisführung (F. BEHN, Germania X I I [1928] S. 12fT.). Die große Tenne des jüngeren Baues folgt mit einem größeren Teil ihres Gesamtverlaufes der Randlinie des älteren. Die beiden Hausanlagen sind also nicht zufällig oder in größerem zeitlichen Zwischenraum an derselben Stelle errichtet, sondern stehen in ursächlichem Zusammenhang miteinander. Wir haben also einen N e u b a u in größerem Maßstabe an der Stelle des älteren. Der Gesamtraum des jüngeren Baues, der uns hier allein interessiert, ist so groß, d a ß m a n von Anfang an einen offenen I n n e n h o f a n n a h m , da eine Überdachung des Ganzen eine Spannweite von mehr als 20 Metern erfordern würde, die bei einem B a u vorgeschichtlicher Zeit ausgeschlossen sein dürfte. Der Ausgräber (ihm folgend A. ZELLER, Germania I X [1925] S. 40ff.) gab dem Binnenhof n u r ganz geringe Maße u n d n a h m an, daß er auf allen vier Seiten von Einzelbauten eingerahmt war, es würde sich d a n n u m einen Typus handeln, der in der modernen Bauforschung als
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„Vierkanthof" bezeichnet wird. Eine solche Lösung wäre an sich grundsätzlich durchaus möglich. Eine eingehende Analyse der im Bereich des Anwesens festgestellten Gruben f ü h r t jedoch auf einen anderen Weg. Dabei scheidet die Doppelgrube in dem Bauteil an der Nordostecke aus, dieser ist ohne Zweifel der Wohnteil des Gehöftes mit dem Herde und dem kleinen Vorbau vor dem Eingang. Einwandfrei klar ist die Funktion der ovalen Vertiefung am Nordrande. Ein gepflasterter Weg f ü h r t vom Stallgebäude an den westlichen Rand, wo eine Steinsetzung dem Schöpfenden festen Halt gab wie ein Steg am Rande eines Dorfteiches; am Ostrande der Grube ist durch ständig auftreffenden Wasserstrahl ein Loch entstanden. Damit ist erwiesen, daß der Bauteil an dieser Ecke des Komplexes ein nach Norden (und Süden) abfallendes Pultdach gehabt haben muß. Die Zisterne hart am Rande des Hauses diente also als Regentonne; die Vertiefung am östlichen Rande derselben weist auf eine Wasserableitungsvorrichtung am Dache hin, wie auch der Ausgräber angenommen hatte. Die gleiche Anlage mit besonderer Abflußvorrichtung zeigt nun auch die große muschelförmige Vertiefung im Südwestteil des Baukörpers; auch hier ist ein Steg zur bequemen und gefahrlosen Benutzung vorhanden. Diese Zisterne liegt in der Mitte des älteren Baues, ist aber im Inneren eines Hauses schlechterdings undenkbar. Eine Grube solcher Größe ist von vornherein zur Aufnahme und Abführung beträchtlicher Wassermassen bestimmt. Gleichzeitig mit diesem Wasserloch ist die Linie der Westwand, deren Pfosten auf dieses Rücksicht ljehmen und es im Bogen umgehen. Hier verlief also die A u ß e n w a n d eines Hauses, dessen Dach der Wassergrube zugeneigt war, die auch hier hart an das Haus herantritt, um das vom Dache abfließende Regenwasser aufzufangen und hier weniger zu Gebrauchszwecken aufzuspeichern als vielmehr abzuleiten. Nach einem während der Ausgrabung niedergegangenen Platzregen hatte sich diese Funktion erstmals nach Jahrhunderten wieder bewährt, wie der Ausgrabungsbericht besagt. Die gegenüberliegende Vertiefung, ebenfalls am Rande einer Pfostenreihe, muß
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ebenso erklärt werden. Dann aber kann (wenigstens in der letzten Bauperiode) an dieser Stelle kein Gebäude gestanden haben, der offene Hof hat sich bis an den Südrand des ganzen Komplexes erstreckt, und es ergibt sich f ü r den Bau der jüngeren Periode eine Aufteilung, wie wir sie auf Taf. 17a geben (nach Germania a. a. 0 . S. 14 Abb. 3). Die Hauptrichtlinien f ü r die Zerlegung des Gehöftes in seine einzelnen Räume hat bereits S O L D A N a. a. 0 . gegeben. Der baugeschichtlich weitaus wichtigste Teil ist der Saal im Nordosten der Anlage mit dem von vier Pfosten umrahmten Herde und einer pfeilergetragenen kleinen Vorhalle. Zu dem Saale gehört außer dem langgestreckten Räume an der Nordseite noch der nördlichste Teil des Ostbaues, wie die Ausdehnung der Herdgrube deutlich zeigt. Der Gebäudeteil in der Nordwestecke des Komplexes, der keine Tenne hat, war vom Ausgräber als Stall gedeutet worden, dürfte jedoch eher ein Wirtschaftsgebäude mit überbauter Tordurchfahrt gewesen sein. An der Ostseite schließt sich an den Saal ein größerer Raum an, der nach Ausweis der Pfostenstellungen keine Innengliederung hatte und als Stall gedient haben mag. Als Wohnraum diente der Saal, als Schlafraum der etwas erhöhte südliche Teil, der einerseits vom Herde, andererseits vom Stall her Wärme empfing. Ein bäuerliches Anwesen solcher Größe bedarf aber vor allem eines Speichers. Dafür bliebe nur noch das Südwestgebäude. S O L D A N S Schluß vom Vorkommen von Wandputz auf einen Wohnraum fehlt die innere Wahrscheinlichkeit, denn auch ein Speicher erfordert ausreichende Isolierung gegen Feuchtigkeit. Nach der Stellung der Pfosten war dieser Bauteil durch eine Querwand in ein größeres südliches und ein kleineres nördliches Gemach zerlegt, eine wenn auch nur bescheidene Mehrräumigkeit hat auch beim Kornspeicher seine Berechtigung. Zwischen Speicher und Wirtschaftsbau schiebt sich im Westtrakt ein schmaler Bau ein, den die unregelmäßige Linienführung seiner Wände als Bauteil minderer Ordnung ausweist, es mag ein Schuppen zur Unterstellung landwirtschaftlicher Geräte, ein Geflügelstall oder ähn-
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liches gewesen sein. Die einzelnen Teile des ganzen Baukörpers sind so unbedingt aufeinander bezogen, daß wir sicher sein dürfen, eine Anlage nach einmaligem Plane zu haben, nicht einen nach und nach aus Einzelbauten zusammengewachsenen Grundriß. Die Form der Einzelbauten des Gehöftes gibt auch eindeutige Auskunft über die Gestalt des Daches, so daß ein Wiederaufbau im Modell keine größeren Unklarheiten zurückließ (Taf. 17 b). Das Gehöft zeigt damit weitgehend den Typus des „fränkischen" Hofes. Das Gehöft von Neuhäusel stand zunächst analogielos da. Doch sehr bald nach Erstellung unseres Modells erhielt dieses eine unerwartete und vollkommene Bestätigung durch die Ausgrabung in der ebenfalls hallstattzeitlichen Dorfschaft von Buchau im Federseegebiet Württembergs, die irreführend und unbegründet, lediglich aus Gründen der Propaganda, von den Ausgräbern als „Wasserburg" bezeichnet wurde (H. R E I N E R T I I , „Die Wasserburg Buchau" = Führer zur Urgeschichte Bd. 6 [1928]; Fundberichte aus Schwaben N F I [1922] S. 36ff.; Oberamtsbeschreibung Riedlingen S. 235ff.). Auf einer kleinen Erhebung in den Bruchwiesen des zu jener Zeit schon stark verlandenden Federsees bestand zu Beginn der Hallstattzeit eine Siedlung aus 17 kleinen Gebäuden, das typische Bild einer kleinbäuerlichen Dorfgemeinschaft. Ebenfalls noch im älteren Abschnitt dieser Periode erhob sich an derselben Stelle, durch eine sterile Schicht überall säuberlich getrennt, ein Dorf aus acht großen Höfen (Taf. 18); die Wirtschaftsform hatte sich in der zwischen den beiden Schichten liegenden Zeit gewandelt zum Großbauerntum. Die konservierende K r a f t des Torfmoores, der wir so eingehende Kenntnis der neolithischen Bauweise in diesem Gebiet zu verdanken haben, hat auch die Grundrisse der eisenzeitlichen Bauten vortrefflich bewahrt, die Rundhölzer der Fußböden lagen noch in Substanz unberührt an ihrer alten Stelle und verraten im Wechsel ihrer Richtung zudem noch die Innenteilung des Gehöftes in eine Anzahl einzelner Räume und die Hufeisenlage um einen nicht gedielten, also offenen Hof. Dieses
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ganze Dorf ist einheitlich nach dem Schema des „Dreiseithofes" erbaut, n u r an einem Gehöft — vielleicht dem des Dorfoberh a u p t e s — ist dem Mittelbau zum Hofe hin eine Vorhalle vorgelegt. W a r der Hof nach der Vorderseite abgeschlossen, so k a n n es n u r ein leichter Zaun gewesen sein, der keine Spur mehr hinterlassen hat. W a s in Neuhäusel die Ausnahme war, ist in Buchau also die Regel. Der zwischen beiden liegende Altersunterschied ist f ü r unsere Fragen ohne Belang. Die t u m u l t u a r i sche Ausräumung des Buchauer Fundplatzes u n t e r weitgehendem Verzicht auf eine gewissenhafte wissenschaftliche Beobachtung der Fundverhältnisse h a t bedauerlicherweise die hier einmal in höchstem u n d seltenstem. Maße gegebenen Möglichkeiten stratigraphischer Feinauswertung nicht genutzt, doch läßt sich immerhin die ältere Periode der Siedlung der Stufe H A, die jüngere der von H B nach REINECKES Schema einordnen. F ü r die Hausforschung, die ja ohnehin mit größeren Zeitintervallen rechnen darf, m a c h t sich die unsystematische D u r c h f ü h r u n g der Buchauer Grabung nicht in gleichem Maße f ü h l b a r wie f ü r andere Teile des K u l t Urbildes. Der Typus des Dreiseithofes — nicht minder individuell als das „ S a c h s e n h a u s " — h a t in den vorangehenden Perioden der Stein- u n d Bronzezeit keine Vorformen. E r erscheint als völlig neuer Baugedanke in Mitteleuropa erstmalig in der Hallstattzeit, stärker im Süden, schwächer im Norden, als Teilerscheinung einer Kulturwelle, die mit großer W u c h t vom Mittelmeer her die Länder nördlich der Alpen überflutete. Die gesamte Hallstattperiode ist eine Zeit stärkster Intensivierung der gesamteuropäischen Verbindungen, die sich bis in den skandinavischen Norden hinaus in den maßgeblichen Bereichen nicht n u r des materiellen, sondern ebenso auch des geistigen Lebens auswirken (vgl. E. SPROCKHOFF, J a h r b . des Röm.-germ. ZentralMuseums zu Mainz I [1954] S. 28if.). Zahllose Gegenstände, wie z. B. Fibeln, wurden aus dem Süden importiert u n d im Norden teilweise nachgeahmt u n d weitergebildet. Die u n v e r m i t t e l t auflebende Freude an der farbigen Bemalung des Tongeschirrs
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ist schwerlich anders zu verstehen als d u r c h Einflüsse aus dem Mittelmeergebiet, das J a h r t a u s e n d e lang H e i m a t u n d Ausgangsp u n k t der Gefäßmalerei gewesen ist. Das Bauwesen gerät weitgehend u n t e r mittelländischen Einfluß. Wir haben oben (S. 21 ff.) die V e r m u t u n g ausgesprochen, d a ß mit dieser Bewegung auch das dreischiffige Hallenhaus nach Mitteleuropa gelangt sein könnte. Einen besonders drastischen Hinweis erbrachten die neuen Ausgrabungen auf der „ H e u n e b u r g " bei Hundersingen in Württemberg
( W . D E H N - E . SANGMEISTER - W . K I M M I G ,
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mania X X X I I [1954] S. 22ff.), wo außer sonstigen bautechnischen Einzelheiten auch die Bauweise mit lufttrockenen Ziegeln festgestellt worden ist, die nur im trockenen Süden u n d Osten entstanden u n d sinnvoll sein k a n n , im feuchten nordischen Klima jedoch ein vollendeter Unsinn ist u n d n u r aus verständnisloser N a c h a h m u n g ausländischer Gewohnheiten begriffen werden k a n n (wenn m a n nicht a n n e h m e n will, d a ß der keltische Bauherr sich f ü r seinen Fürstensitz einen ausländischen Baumeister geholt hat). I n verschiedenen Siedlungen der Hallstattzeit f a n d e n sich tönerne Gebilde in Gestalt der in der klassischen Architektur gebräuchlichen Firstziegel, die m a n neuerdings wenig überzeugend als Geräte der Webtechnik d e u t e n will (W. KIMMIG, Prähistor. Zeitschr. X X V [1934] S. 52ff.). I n dieser Umwelt erscheint denn auch die B a u f o r m des Dreiseithofes erstmalig im mitteleuropäischen R ä u m e . Sein U r s p r u n g liegt eindeutig fest, es ist der ,,altmittelländische P a l a s t " , wie ihn C. SCHUCHHARDT genannt u n d in seiner Entwicklung u n d Verbreitung verfolgt h a t (Sitzungsber. der Preuß. Akad. der Wissensch., phil.-histor. Kl., Bd. X [1914] S. 277ff.). Es bedeutet dabei keinen grundsätzlichen oder typologischen Unterschied, ob es W o h n b a u t e n oder Speicher sind, die letzten Endes doch eine stärkere innere Einheit darstellen als die Bauforschung zuweilen eingestehen wollte, wie BR. SCHIER („Zur Lösung der Speicherf r a g e " in der Festschr. f ü r 0 . Lauffer [1934] S. 133ff.) überzeugend darlegt.
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Der älteste bekannte Vertreter des „mittelländischen Palastes" ist die bekannte und oft abgebildete, aus Speckstein geschnitzte Büchse der frühbronzezeitlichen Inselkultur aus Melos im Museum antiker Kleinkunst in München (Taf. 19): 7 zylindrische Baukörper, eher Silos als Wohnbauten, lagern sich hufeisenförmig um drei Seiten eines offenen Hofes, der nach vorn durch einen Zaun mit monumentalem Tor abgeschlossen wird. Es kann kein Zweifel sein, daß das Gebilde ein realistisches Modell eines Gehöftes sein will, seiner Zweckbestimmung nach ebenso zweifellos ein Behälter für die vielfachen Ingredienzien einer mondänen Körperkultur, gewiß nach ägyptischem Vorbild. Ob die Tragfüße andeuten sollen, daß die ganze Anlage auf einer erhöhten Plattform steht, kann nicht mehr entschieden werden, ist für unsere Fragen auch ohne Bedeutung. Doch auch andere Büchsen der gleichen Kultur in Form eines einzelnen zylindrischen Baues stehen auf kurzen Füßen. Es mag auch offen bleiben, ob wir S C H U C H H A R D T folgen dürfen, wenn er einen großen Teil der ägyptischen, hittitischen u. a. Architektur aus dem Grundmotiv des „altmittelländischen Palastes" zu deuten sucht. Der offene Binnenhof, gleich ob an allen oder nur an drei Seiten von Bauten umrahmt, ist einer der ältesten und am zähesten festgehaltenen Gedanken der mittelländischen wie der vorderasiatischen Architektur (auch in den Städten der „Induskultur" hat er das Bild des Hauses maßgebend bestimmt) und ist dort auch heute noch nicht erloschen. Aber eine andere Gruppe von Bauten erfährt von hier aus ihre typologische Einordnung, ohne allerdings dadurch nach ihrer eigentlichen Zweckbestimmung eindeutig erklärt zu werden, die immer noch umstritten ist, die rätselhaften „Maltabauten". Sie sind ungefähr gleichzeitig mit der melischen Pyxis. Das klarste Bild gibt Hagiar Kim (Taf. 20a nach S C H U C H H A R D T a. a. 0 . S. 281; vgl. auch R. M E R I N G E R „Mittelländischer Palast, Apsidenhaus und Megaron" in Sitzungsber. der Wiener Akad. der Wissensch., phil.-histor. Kl., Bd. 181, Abhandl. 5 [1916]). Auch hier liegen, einstmals überdacht, Kurvenbauten in Hufeisenform um einen nach einer Seite offenen Hof. Vorformen
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fehlen hier wie dort, der Typus tritt uns bereits in vollendeter Form entgegen, die Entstehung muß in Zeiten hinaufreichen, in denen im Mittelmeergebiet das Rundhaus herrschte. Aus dieser Baugesinnung muß auch wohl eine Gehöftform verstanden werden, die in der nordspanischen Provinz Leon wie ein Rudiment aus ältester Vergangenheit in wenigen Exemplaren erhalten geblieben ist (Taf. 20b nach J. CARO BAROJA, Los pueblos de Espana [1946] S. 315, Fig. 15): die Einzelteile des Gehöftes bilden einen nach vorn offenen Halbkreis, in der Mitte steht ein in anderem Zusammenhange noch zu behandelnder Pfahlspeicher (Kap. VI). BAROJA nimmt, zweifellos mit Recht, f ü r diese auffallende Erscheinung vorrömische Tradition an. Mit der Verdrängung des Kurvenbaues in der altmittelländischen Architektur erlischt diese archaische Bauweise, der Grundgedanke aber bleibt lebendig und erfährt in der nunmehr allein geübten rektangulären Bauweise seine eigentliche Blüte und seinen entscheidenden Ausbau: aus ästhetischen und Zweckmäßigkeitsgründen wurde die ursprünglich offene Vorderfront ebenfalls überbaut, aus dem Dreiseit- wurde ein Vierseithof. Im städtischen Wohnbau mit seinem ständig wachsenden Bedarf an Räumen verschiedener Größe verwischte sich der Zusammenhang mit dem urtümlichen Kerngedanken bald vollends. Doch kann weder das italische Atriumhaus noch das hellenistische Pcristyl, die dann in mechanischer Zusammenfügung das pompejanische Haus bildeten, die Herkunft aus der altmittelländischen Keimzelle verleugnen (z. B. Olynthos; vgl. R. E. W Y C H E R LEY, How the Greeks built cities [1949] S. 189 Abb. 47; E. P F U H L , Vorgriech. und griech. Haustypen, in Festgabe f ü r H. Blümner [1914] S. 186ff., bes. S. 207ff.). Auf dem Lande aber hat sich diese in der „villa rustica" in reinerer Form erhalten, vor allem in den Bauten, die ausschließlich Wirtschaftszwecken dienten. Bei den aus derselben Quelle entwickelten Luxusvillen wird ein interessanter Rückbildungsprozeß sichtbar. Wir kennen sie aus mehreren Darstellungen pompejanischer Wandbilder (Taf. 21a nach Jahrb. des Archäol. Inst. X I X [1904] Taf. 5)
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und gut erhaltenen Originalen wie der „Villa dei Flavi cristiani" (,,ad duas lauros") von Centocelle bei Rom, die bei Anlage eines Flugplatzes der amerikanischen Luftwaffe leider zerstört wurde (Taf. 21 b nach G . SCHMIEDT und F. CASTAGNOLI, „Fotografie aeree e ricerche archeologiche", in Universo, Rivista dell'Istituto geografico militare X X X V [1955] S. 117 Abb. 5; vgl. T. A S H B Y und G . LUGLI, Mem. Pontif. Acc. Archeol. Serie I I I Bd. I I [1928] S. 157ff.). Die Grundform des offenen Hufeisens ist beibehalten, doch sind die beiden seitlichen Bautrakte auf kurze Risalitbauten zusammengeschrumpft, um die architektonische Wirkung des nunmehr regelmäßig mit einer Kolonnade geschmückten Mittelteiles zu steigern (sog. Peristylvilla). In Mitteleuropa verschwindet der dreiseitige Hof mittelländischer Herkunft mit der Hallstattkultur, hinweggefegt aus dem Siedlungsbild vom Keltensturm der Latenezeit f ü r Jahrhunderte, um mit der römischen Okkupation ein zweites Mal, aber nun mit ungleich größerer Gewalt und dauernder Wirkung in die römischen Provinzen einzuströmen. In der Umgebung der großen Städte entstanden Luxusvillen wie in Italien. Die durch ihr wohl erhaltenes Gladiatorenmosaik bekannte Villa von Nennig, wenige Kilometer moselaufwärts von Trier, gleicht in Grundform und Raumordnung vollkommen der von Centocelle. Das flache Land aber wurde übersät mit Hunderten von Meierhöfen, „villae rusticae", in denen die aus dem aktiven Wehrdienst ausscheidenden Reservisten angesiedelt wurden. Ihre Form ist so wenig variabel wie die Größe des zugehörigen Landbesitzes. Die planmäßige Aufteilung des Landes (limitatio) ist in den europäischen Provinzen einschließlich der germanischen durch neuzeitliche Flurbereinigungen und Umlegungen vielfach verwischt und nur in Nordafrika heute noch beibehalten (W. B A R T H E L , Bonner Jahrb. 120 [1920]), erlaubt aber auch im Rheinland noch sehr oft die topographische Festlegung eines römischen Meierhofes auch ohne Grabung (J. CURSCHMANN, Mainzer Zeitschr. 17/19 [1921/24] S. 94). Die Gebäude der provinzialrömischen Meierhöfe gehen ausnahmslos auf das Grundschema des alt-
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mittelländischen Gehöftes zurück (G. KROPATSCHECK, V I . Ber. der Röm.-germ. Kommission [1910/11] S. 51ff.). Abweichungen in Einzelheiten ergeben sich wohl zumeist aus der jeweiligen Wirtschaftsform, die wohlhabenderen suchen manchmal das Vorbild der großen Luxusvillen nachzuahmen. Im Prinzip aber herrscht weitgehende Gleichheit, die Villa von Stahl in der Eifel ist der auf der Adria-Insel Brioni eng verwandt (Taf. 22a u. b). Einige haben lange bestanden und dabei eine bewegte Baugeschichte erlebt wie die von Köln-Müngersdorf ( F . F R E M E R S DORF, Röm.-germ. Forschungen Bd. VI [1933]). Wie in anderen Bezirken des Bauwesens — es seien nur die Megalithbauten genannt — hat auch der Typus der villa rustica auf den britischen Inseln eine durchaus individuelle Weiterentwicklung und Umformung erlebt. Seit der Zeit der römischen Okkupation begegnen dort Bauernhöfe mit einer vorher unbekannten Grundrißgestaltung (Taf. 2 3 nach C H R . H A W K E S , X X I . Ber. der Röm.-germ. Kommission [1931] S. 151 Abb. 47 bzw. S. 156 Abb. 51): in einer zwar stark gelockerten, aber doch noch deutlich erkennbaren Ordnung sind die einzelnen Bauten des Gehöftes um einen annähernd viereckigen Hof gruppiert. Diese Form findet sich nicht nur in den dem römischen Kultureinfluß leichter zugänglichen Landschaften wie Yorkshire, sondern auch im wallisischen Bergland. Bezeichnend f ü r die Kulturgesinnung dieser Bauern — es waren doch wohl Einheimische — ist, daß dabei in einem in dieser Stärke wohl nur der britischen Urbevölkerung eigenen Konservativismus an der väterlichen Überlieferung festgehalten wurde: die viereckigen Bauten erweisen sich durch die in ihnen liegenden Reste als Ställe und Scheunen, im Wohnbau blieb man bei der runden Grubenhütte. Aber man war doch nicht unempfänglich f ü r die Vorzüge römischer Lebensformen, und manche dieser prähistorischen Wohngruben waren mit römischer Hypokaustheizung ausgestattet und ihre Bewohner bedienten sich des vornehmen Terra-Sigillatageschirrs. Hier prallen zwei im Innersten verschiedene Kulturwelten in voller Härte aufeinander.
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Der Übergang der politischen Macht von den Römern auf die Franken vollzog sich in der Hauptsache offenbar in ziemlich ruhigen Formen, von einer restlosen Vernichtung der antiken Kultur durch die Stürme der germanischen Völkerwanderung darf jedenfalls heute nicht mehr gesprochen werden. Die Franken mit ihrer beweglichen Geisteshaltung haben vielmehr so ziemlich alle wertvollen Errungenschaften der römischen Kultur willig aufgenommen und mit dieser Verbindung die Grundlagen f ü r die Kultur des Mittelalters gelegt. Der Hausbau ist davon nicht ausgenommen. Beim Herrschaftswechsel haben sicherlich noch viele römische Gutshöfe bestanden, mancher von ihnen vielleicht schon lange vorher in germanischem Besitz (vgl. F R . F R E M E R S DORF a. a. 0 . S. 47ff.), die übrigen nach dem Abzug der Römer von den neuen Herren des Landes in Besitz genommen. So wurde die römische villa rustica zum „fränkischen Gehöft". An einer f ü r die Geschichte des frühen Mittelalters hochbedeutsamen Stelle läßt sich dieser Vorgang in aller Deutlichkeit verfolgen. Am Ostfuß des Dünenhügels von Lorsch, auf dessen Höhe im Jahre 773 die berühmte Reichsabtei Karls des Großen erbaut wurde, lag vorher eine kleine römische Siedlung; auch auf der Düne selbst an der Stelle der karolingischen Basilika stellten unsere Ausgrabungen die Spuren römischer Bauten fest (vgl. F. B E I I N , Das karolingische Reichskloster von Lorsch nach den Ausgrabungen von 1927/28 und 1932/33 [1934] S. 102, Plan 4). Hier wurde neuerdings durch W. SELZER außer anderen Gebäuden der vollständige Grundriß einer römischen villa rustica klassischen Typus ergraben (Taf. 24 a). Sie wurde nach den keramischen Funden wahrscheinlich bereits im 2. Jahrh. erbaut, erbrachte aber noch Funde einwandfrei fränkischer Zeit. Damit ist auch hier Kontinuität der Besiedlung erwiesen. Das Gebäude am Ufer der Weschnitz, das Gaugraf Cancor im Jahre 763 zum Kloster stiftete (Codex Laureshamensis ed. K. GLÖCKNER, Bd. I S. 265), das bei früheren Untersuchungen nicht vollständig erfaßt und erst durch unsere Ausgrabungen herausgearbeitet wurde (Taf. 24b nach B E H N a. a. o. Plan 1), darf daher nunmehr
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mit hoher Wahrscheinlichkeit als römischer Bau angesprochen werden, wie bereits früher vermutet ( B E H N a. a. 0 . S. 17ff., 123 ff.); vielleicht war es ein Teil der römischen Siedlung, der sich bis an das Flüßchen erstreckte. Die Stiftungsurkunde Cancors spricht von keinem Neubau, sondern nur von der Übereignung eines bestehenden Baues zu anderer Zweckbestimmung. Es ließen sich bei den Ausgrabungen auch keinerlei Neubauten aus diesem Anlaß erkennen, es ist nicht einmal ausgeschlossen, daß das Kirchlein an der Südseite ebenfalls bereits vor 763 bestanden hat, als der Gutshof in ein Kloster umgewandelt wurde. Der Grundriß unterscheidet sich jedenfalls nicht im geringsten von dem der villa rustica, die neuerdings am Dünenfuße festgestellt werden konnte. Da nur noch die letzten Reste der Fundamentgruben vorhanden waren und Funde vollkommen fehlen, konnte die Frage durch die Grabung allein nicht gelöst werden. Der gleiche Vorgang mag sich noch an mancher anderen Stelle gleich oder ähnlich abgespielt haben. Daß der Klosterbau des Mittelalters, ein durch und durch ungermanischer Gedanke, bei dem gänzlichen Fehlen jeder einheimischen Bauüberlieferung auf mittelländische Architekturformen zurückgreifen mußte, ist selbstverständlich. Es ist sogar die Vermutung geäußert, daß die dem „altmittelländischen Palast" zugrunde liegenden Prinzipien selbst noch in Bauten wie dem Palas der Wartburg nachklingen (K. M. SWOBODA, Römische und romanische Paläste [1919] S . 200ff.).
Läßt sich das Phänomen des „fränkischen Gehöftes" sonach auch aus mittelländischen Grundformen herleiten und sein Auftreten in Mitteleuropa mit geschichtlichen Vorgängen verbinden, so muß den Franken doch das Verdienst zuerkannt werden, diese Bauform aus der Hinterlassenschaft der antiken Kultur gerettet und zu einem wesentlichen Teile ihres eigenen Wirtschaftslebens gemacht zu haben. Unter diesem Aspekt ist die herkömmliche Benennung berechtigt, wenn auch unter gebührender Berücksichtigung der weiteren Entwicklung und räumlichen Ausbreitung der Name „mitteldeutsches Gehöft" 4
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unzweifelhaft den Vorzug verdient. Es ist der vollendetste Typus eines Bauernhofes, es gestattet in einem allen anderen abgehenden Maße an Elastizität die funktionelle Aufteilung der einzelnen Bauten je nach dem Verhältnis von Ackerbau zu Viehhaltung in der Gesamtwirtschaft des Hofes. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn das „fränkische Gehöft" die Grenzen des fränkischen Siedelraumes nach allen Seiten weit überschreitet und noch heute ständig an Boden gewinnt, vor allem gegen das starre System des „Sachsenhauses" (s. o. S. 26). Der in Süddeutschland vorherrschende „Vierkanthof" ist nichts anderes als ein besonders lebenskräftiger Seitensproß des „mitteldeutschen" Gehöftes (vgl. F I E B I G E R a. a. 0 . ) . Auch in Mitteldeutschland finden sich nicht selten Übergangsformen, bei denen die Vorderfront nur zum Teil geschlossen ist, so daß die Zuteilung zu der Gruppe des Dreiseit- oder Vierkanthofes schlechterdings unmöglich ist (Taf. 15b, 16a).
V. Das ostdeutsche Haus In Ostdeutschland herrscht eine Form des Bauernhauses, deren typenbildendes Merkmal die V o r h a l l e ist. Der Begriff der Vorhalle ist jedoch nicht eindeutig und muß f ü r eine genetische Untersuchung zunächst mit größtmöglicher Schärfe umrissen werden, da er vielfach auf ganz heterogene Erscheinungen angewendet wird. Dabei scheiden zwei große Gruppen von vornherein aus. Die eine ist die Bauform, die wir nach Homer „Megaron" nennen: eine offene Vorhalle, gebildet aus den über eine der Schmalseiten (des immer viereckigen Baues) vorgezogenen Längswänden (vgl. 0 . VÖLCKERS in „Bauwelt" X X I X [1938]). Die Klassifikation des Baugedankens als „nordisch" ist nur insoweit berechtigt, als er im Süden undenkbar und nur in Gegenden daseinsberechtigt ist, wo ein kaltes Klima dazu zwingt, die Herdwärme des Innern möglichst zusammenzuhalten. Die ältesten Vertreter sind die Herrenhäuser in den endneolithischen Burgen von Dimini und Sesklo in Thessalien und der I. „ S t a d t " von Troja (C. W. B L E G E N , Troy I [1950] S. 91ff., Abb. 418ff.). In spätminoischer Zeit Mittelpunkt der komplizierten Paläste von Mykenae und Tiryns, wurde das Megaron im weiteren Verlaufe der Baugeschichte Keimzelle des griechischen Tempels und verschwindet aus der profanen Architektur. Es darf im Rahmen dieser Untersuchung darauf verzichtet werden, auf das sonstige Vorkommen megaronartiger Formen in anderen Ländern und Perioden näher einzugehen. Die zweite auszuscheidende Vorhallengruppe bilden die Bauten mit Kolonnaden (oder Galerien) an einer oder allen Seiten. Dieser ohne Zweifel im Süden beheimatete Baugedanke h a t im griechischen Peristyl und in der Architektur des Mittelalters weite Ausbildung erfahren. Mit der 4»
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Ausbreitung der italienischen Städtekultur kamen die Kolonnaden auch in die mitteleuropäischen Länder und haben Plätzen und Straßen vieler Städte nördlich der Alpen ihren malerischen Charakter gegeben. Das bäuerliche Bauwesen blieb von dieser Bewegung naturgemäß im ganzen unberührt. Aber möglicherweise machen sich doch auch hier Ausstrahlungen bemerkbar: man darf vielleicht das vor allem in der Lausitz beliebte „Umgebinde" als einen Schrumpfungsprozeß deuten, indem die (an städtischen Bauten freien) Kolonnaden gewissermaßen auf die Hauswand projiziert worden sind. Die formale Ausbildung des „Umgebindes" macht die übliche Erklärung aus statischen Beweggründen unwahrscheinlich, Verstärkung der Verbindung von Erd- und Obergeschoß oder Abfangen der Erschütterung des baulichen Gefüges durch den Webstuhl, da die Häuser mit „Umgebinde" nicht nur in Gegenden mit Hausweberei vorkommen und zudem meist bereits in älterer Zeit gebaut worden sind (vgl. M. SCHNELLE, Mitteldeutsche Blätter f ü r Volkskunde I X [1934] S. 80ff.). Für unsere Untersuchung kommt von allen Varianten der Vorhalle nur die der , , L a u b e " in Betracht, die ihrerseits wieder eine gewisse Variationsbreite aufweist (aus der umfangreichen Spezialliteratur: F. R A U D A in den Mitteil, des Landesverbandes f ü r sächs. Heimatschutz IV [1914] S. 101 ff.; E. K U L K E , „Die Laube als ostgerman. Baumerltmal" [1939]; H.FRANKE, „Die ostgerman. Gerichtslaube" [1938]; E.-O. T H I E L E , „Das märkische Vorhallenhaus" in „Haus und Hof im nordischen R a u m " Bd. I I [1937] S. 58ff.). Die Laube kann sowohl an der Lang- wie der Schmalseite des Hauses liegen, als nicht organisch bedingter Vorbau der Giebel- oder Traufseite angeklebt oder aus dem geschlossenen Baukörper herausgeschnitten sein. Die giebelseitige Vorhalle ist ein „Elementargedanke" und kommt überall vor. Die ursprüngliche Funktion der Laube ist in allen Fällen die Überdachung des Einganges. In der späteren Entwicklung geht jedoch dieser Charakter verloren und die Laube wird zur Veranda (Taf. 25a). Liegt sie wie beim märkischen „Löwing" an der Schmalseite, so ist sie meist zur Unter-
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fahrt ausgebildet, vor allem an ländlichen Gasthäusern und Dorfschmieden (Taf. 25b). Eine Sonderform ist die „Ecklaube" (Taf. 26): die Wandführung zweier aneinander stoßenden Seiten springt etwas nach innen zurück und bildet einen kleinen offenen Raum. Die Laubenarchitektur ist in Deutschland trotz mancher Bemühungen um ihre Erhaltung in ständigem Rückgang und droht in Bälde vollkommen zu erlöschen. Schon die zuweilen geradezu drakonischen Bauordnungen friderizianischer Zeit in den intensiver kultivierten neupreußischen Ostgebieten mit dem Streben nach äußerster Einfachheit und Sparsamkeit hatten schwerste Verluste zur Folge und brachten vor allem das „niederdeutsche" Haus zum Verschwinden. Weiter ostwärts dagegen h a t sich die Laube bis zum heutigen Tage erhalten. I n den Dörfern Ost-Galiziens fehlt selbst den ärmlichsten H ü t t e n nur selten der pfostengetragene Vorbau vor der Türe (Taf. 27 a). Hier ist die alte Funktion als Windfang noch deutlich gewahrt. Auch in die kleinen Landstädte ist diese Gattung der Laube, nun in Stein übersetzt, eingedrungen (Taf. 27 b). In den Außenbezirken selbst größerer Städte des Ostens begegnet sie fast wie ein unverzichtlicher Teil des Hauses, doch nicht mehr zum Schutz des Eingangs, sondern zur Veranda degradiert. Die Laube wurde bald als germanischer (speziell ostgermanischer) bald als slawischer Baugedanke in Anspruch genommen. Ein Blick auf die in den Ostgebieten festgestellten vorgeschichtlichen Häuser zeigt jedoch eindeutig, daß beide Hypothesen jeder Grundlage entbehren. Der Formenschatz der vorgeschichtlichen Laubenhäuser ist größer als derjenige der neuzeitlichen und wechselt in den einzelnen Perioden. Noch unentwickelt und atypisch ist das neolithische Haus von Trebus in der Mark Brandenburg (Taf. 28 c nach A. KIEKEBUSCH, Prähist. Zeitschr. V [1913] S. 356 Abb. 14): aus dem annähernd trapezförmigen Grundriß springt an einer der Ecken ein viereckiger Anbau vor. Man wird kaum fehlgehen, wenn man hier den Eingang des Hauses ansetzt. Die Lösung ist jedoch durchaus individuell und hat keine Entwicklung zum Typus eingeleitet. Allerdings steht der
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Befund bisher singulär, sonstige Analogien fehlen. Für die Bronzezeit fließt das Material um so reicher. Es sind vor allem zwei Siedlungen, die so gut wie vollständig ausgegraben werden konnten und uns in erfreulichem Umfange über das Bauwesen dieser Periode belehren. An der Spitze steht immer noch das von A. K I E K E B U S C H mit bewundernswerter Akribie erforschte Dorf von Buch bei Berlin (Prähist. Zeitschr. I I [1910] S. 371ff.). Bot auch der Ortskern das Bild einer unentwirrbaren Anhäufung von Pfostenlöchern, so ließen sich in den lockerer bebauten Randbezirken doch gegen hundert klare Grundrisse erkennen. Man wird K I E K E B U S C H (dem andere darin gefolgt sind) aber nicht zustimmen können, wenn er die durch eine innere Querwand geteilten Häuser als „Megara" bezeichnen will. Es sind nicht einmal „falsche", sondern überhaupt keine Megara, da ihnen das unabdingbare Kennzeichen der o f f e n e n Vorhalle fehlt. Wird diese nachträglich geschlossen (was auch in Buch scheinbar gelegentlich geschehen ist), so scheidet der Bau damit aus der Megaronfamilie aus. Eines der Bucher Häuser, Grundriß 87 (Taf. 28a unten) darf mit aller Sicherheit als Laubenhaus gedeutet werden. Durch die Erhaltung der untersten Schichten der Wände ist die Grundrißführung eindeutig bestimmt, die linke obere Ecke aber ist offen geblieben. Also eine „Ecklaube "in reinster Form. Wenn unter den noch erkennbaren Grundrissen nur dieser eine die Ecklaube hat, werden wir annehmen dürfen, daß sie auch in der ganzen Siedlung nicht der allgemein oder vorwiegend geübte Bautyp gewesen ist, sondern eine Ausnahmeerscheinung. Eine höchst erfreuliche Bestätigung und Ergänzung des Bucher Befundes erbrachte die von W. B Ö H M ausgegrabene Siedlung von Perleberg (Vorgesch. des Kr. West-Prignitz [1937] S. 60ff.). Sie ist der von Buch annähernd gleichzeitig, war aber offenbar nur kürzere Zeit belegt, so daß auch der wichtigste, in Buch nicht mehr erfaßte Teil, der Ortskern erkennbar wird (Taf. 29). Die Mehrzahl der Häuser hat einfach rechteckige Form, am Dorfplatz aber liegen drei Bauten, die sich betont aus der Masse herausheben. Zwei von ihnen sind volle Gegenstücke
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zu dem Bucher Grundriß, auch sie haben die Ecklaube, doch mit einer in Buch nicht beobachteten Einzelheit: der von der Laube nicht beanspruchte Teil der Schmalseite ist unterkellert. Auch im neuzeitlichen Bauwesen hat man den Kellereingang häufig unter den Hauseingang gelegt. Ein drittes Haus der Perleberger Dorfsiedlung zeigt etwas völlig Neues: die Laube ist nicht ein Teil des Hausblocks, sondern legt sich außen um eine Ecke herum. Sie dokumentiert sich damit als sekundäres Element, das nicht aus dem organischen Grundgedanken des Hauses herausgewachsen ist und ohne Schaden auch fehlen könnte. Trotzdem keineswegs ein eigenwilliger Architekteneinfall, sondern ein Typus, der im östlichen Mitteldeutschland, aber auch nur dort, noch Jahrhunderte später in mehreren Siedlungen wiederbegegnet. Aus Aken an der Elbe kennen wir ein Pfostenhaus fünfeckiger Form, das einmal unter unbedeutender Vergrößerung der Grundfläche, doch mit Beibehaltung des ursprünglichen Grundrisses erneuert worden ist (Taf.28 b nach Jahresschr. der sächs.-thür. Länder X I X [1931] S. lOff.). Um die Ecke des Baues der jüngeren Periode legt sich eine verhältnismäßig große Vorhalle ebenfalls fünfeckiger Form. Dasselbe Bild zeigt ein Haus der nur ganz wenig jüngeren Siedlung von Vehlow in der Ost-Prignitz (Taf. 30 nach P. QUENTE, Mannus-Bibl. 22 [1922] S. 67ff.), auch hier haben Hausblock und Vorbau die gleiche Form, nur ist es hier ein einigermaßen regelmäßiges Rechteck. Die seitlich überstehende Vorhalle findet sich ferner in der Siedlung von Kablow in der Mark Brandenburg (J. WERNER, Kreiskalender des Kreises Beeskow-Storkow 1931). Der Nachweis mehrerer Analogien für diese an sich ziemlich absurde Bauform spricht entschieden gegen den Vorschlag von 0. DOPPELFELD (Prähist. Zeitschr. X X V I I I / X X I X [1937/38) S. 307), den Grundriß von Vehlow anders zu ergänzen, wobei die außen vorgelegte Ecklaube zu einem Vorbau vor der Traufseite eines unwahrscheinlich großen Hauses würde. Spätere Belege für diese Vorhallenlösung sind nicht bekannt.
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Aus einer ganz anderen Baugesinnung stammt eine Gruppe von Bauernhäusern der spätkaiserzeitlichen Siedlung auf dem Bärhorst bei Nauen in der Mark Brandenburg (0. DOPPELFELD — G. BEHM, Prähist. Zeitschr. a. a. 0 . S. 284ff.). Der Typ erinnert lebhaft an das friesische Bauernhaus und ist gewiß aus gleichen wirtschaftlichen Forderungen entstanden: es ist ein Langhaus, die eine Hälfte Wohnteil, die andere Stall. Vor dem schmalen Mittelgang, aus dem man in die beiden Abteilungen gelangt, liegt eine breite, überdachte Vorhalle, die dem ohnehin wuchtigen Bau einen besonders stattlichen Charakter geben mußte. Diese Bauten liegen über die ganze Dorffläche verteilt. I n der burgundischen Dorfschaft von Carolath in NiederSchlesien (Taf. 31 nach Mannus, Erg.-Bd. V [1928] S. 59ff.) aus dem 1. Jahrh. nach Chr. begegnen wieder andere Formen. Ein Haus hat eine richtige Giebellaube in voller Breite der Schmalseite wie ein märkischer „Löwing", das älteste Beispiel dieses Motivs. Daneben stand ein Haus mit einem viereckigen Anbau in halber Breite der Traufseite, der allerdings nicht mit Sicherheit als Vorhalle gedeutet werden kann. Die vor- und frühgeschichtlichen Zeugnisse stammen in der Mehrzahl von Einzelhäusern oder Gehöften. Wo sie jedoch zu vollständig aufgedeckten Siedlungen gehören, zeigt sich, daß die Häuser mit Vorhalle oder Laube Ausnahmen und aus der großen Masse der sonstigen Bauten des Dorfes herausgehoben sind. Das wird besonders deutlich in Perleberg, wo die drei Vorhallenhäuser an bevorzugter Stelle der Siedlung stehen, unmittelbar am Dorfplatz. Der Schluß ist zwingend, daß sie Persönlichkeiten mit irgendeiner Ausnahmestellung innerhalb der Gemeinschaft gehört haben, dem Dorfoberhaupt oder Gutsherrn. Auch in Buchau am Federsee, das ja ziemlich gleich alt ist wie Buch und Perleberg, war das eine Gehöft durch einen Vorbau vor dem Eingang ausgezeichnet. Sehr viel stärker ist die soziale Differenzierung in Neuhäusel im Westerwald (s. o. S. 37ff.), ärmliche Kätnerhütten stehen um ein prunkvoll ausgebautes Gutshaus. Eine Ausnahme macht allein das Dorf von Nauen, die Vorhallen-
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häuser stehen verstreut im ganzen Dorf, bezeichnen aber ohne jeden Zweifel auch hier wohlhabendere Besitzverhältnisse (Plan Prähist. Zeitschr. a. a. 0 . S. 291 Abb. 5). Daß die Verbreitung des neuzeitlichen Laubenhauses sich weitgehend mit dem der vor- und frühgeschichtlichen Vorhallenhäuser aller Art deckt, kann nicht wohl Zufall sein, Zusammenhänge sind nicht zu leugnen. Die ursprüngliche Funktion dieses Baumotivs als Windfang ist bei den meisten, wenn auch nicht allen Spielarten noch deutlich erkennbar, in der späteren Entwicklung allerdings vielfach in Vergessenheit geraten, im weiteren Osten jedoch heute noch wirksam. Der Gedanke läßt sich mit Sicherheit bis in die Bronzezeit verfolgen (Buch, Perleberg), vielleicht aber reichen seine Wurzeln bis in die jüngere Steinzeit hinauf (Trebus). Dann aber kann auch das Laubenhaus kein stammlich gebundener Baugedanke sein, sondern ist ebenso wie das „niederdeutsche" und „fränkische" Haus älter als jede Stammesbildung und aus den klimatischen Bedingungen östlicher Binnenlandschaften entstanden. Weder Germanen noch Slawen haben das Laubenhaus geschaffen, sondern fanden es bei der Besitznahme der ostmitteleuropäischen Gebiete als bodenständige und den örtlichen Lebensverhältnissen am meisten entsprechende Form vor. Die gelegentlich angenommene Herkunft aus den Niederlanden ist unmöglich, dem Westen fehlt der Typus vollkommen.
VI. Das nordische Haus Wegen seiner nahen methodologischen Beziehung zu den bisher behandelten Bauernhaustypen sei hier das n o r d i s c h e angeschlossen, obwohl es in strengem Sinne nicht den deutschen Bauernhäusern zugerechnet werden kann und deren Bereiche nur am Rande berührt. Wir verstehen darunter die Bauform, die vorwiegend in Norwegen verbreitet ist und dort stolpebod, stolpestue oder bur genannt wird (vgl. H E N N I N G , Das deutsche Haus, S. 61ff.; vereinzelt auch in Nord-Schweden, Fataburen IV [1916] S. 29). Der Natur des Landes und dem verfügbaren Baustoff entsprechend sind es Blockhäuser, nächst den bekannten „Stabkirchen" die reizvollsten Vertreter nordischer Holzbaukunst. Ihr charakteristisches Kennzeichen ist der Aufbau auf einem System von senkrechten Pfählen als Träger der Unterzüge des Fußbodens. Ein Aufbau also dem gleichend, den man früher allgemein f ü r die vorgeschichtlichen Pfahlbauten glaubte annehmen zu dürfen. Der Sinn dieser Konstruktion ist offenkundig das Streben nach Isolierung des Hauses und seines Inhaltes gegen Bodenfeuchtigkeit und gegebenenfalls Hochwasser, wie vor allem gegen das Ungeziefer des Feldes. Der letztgenannte Zweck wird in den meisten Fällen noch unterstützt, indem hölzerne oder steinerne Platten (wie die Kapitelle antiker Säulen) zwischen Tragpfosten und Unterzug eingeschaltet werden und die von außen heraufführende Treppe um einen der Abwehr besonders der Mäuse angemessenen Abstand unterbrochen wird. Der Baugedanke ist in Norwegen sehr alt, die Freilichtmuseen auf Bygd0 bei Oslo und auf Maihaugn bei Lillehammer besitzen Exemplare aus mehreren Jahrhunderten, auf dem Gipfel des Holmenkollen bei Frogner-
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säteren oberhalb Oslo steht eine Gruppe noch in situ. Die ältesten stolpebod waren sowohl Wohnhäuser wie Speicher, beide Funktionen gehen im Norden vielfach ineinander über. Nicht selten standen auch zwei Bauten nebeneinander (Taf. 32a), der eine zum Aufenthalt der Menschen, der andere zur Aufbewahrung ihrer Besitztümer bestimmt (vgl. B R . SCHIER, Zur Lösung der Speicherfrage, in der Lauffer-Festschrift S. 133ff.). Entfiel der Zwang zu Schutzmaßnahmen, so wurde der ursprünglich offene untere Teil umbaut; wohlhabendere Bauernhäuser erhielten eine reichere architektonische Ausgestaltung, wie durch Galerien im Oberstock. In der Regel aber sind es kunstlose Zweckbauten, die oft sehr romantisch im Gelände stehen (Taf. 33a). In abgelegenen Fjordtälern werden sie heute noch gebaut (Taf. 32b). Die vorgeschichtlichen Parallelen liegen nicht in Skandinavien, sondern auf dem europäischen Festlande. Im Gebiet der Weichselmündung, der Landschaft Pommerellen, wurde um die Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends ein charakteristischer Grabbrauch geübt: der Leichenbrand wurde in tönernen Behältern geborgen. Aber diese „Hausurnen" unterscheiden sich von der mitteldeutschen Gruppe und ihren skandinavischen Verwandten in mehrfacher Hinsicht. Sie haben ausnahmslos viereckige Form, in den übrigen Gruppen seltenste Ausnahmen. Sie stehen ferner auf kurzen Füßen, man hat sie darum auch „Pfahlhausurnen" genannt (F. BEHN, Prähist. Zeitschr. X [1918] S. 65ff.; ders., Hausurnen = Vorgesch. Forschungen Bd. I [1924] S. 31 ff.; O. KUNKEL, Mannus, Erg.-Bd. VI [1928] S. 32ff.). Bei baugeschichtlicher Auswertung der Hausurnen darf grundsätzlich nur das f ü r die Hausform in Anspruch genommen werden, was nicht aus dem keramischen Charakter und der sepulkralen Zweckbestimmung als Aschenbehälter allein gedeutet werden kann. Das sind hier die Füße. Sie fehlen allen anderen Hausurnen und sind auch f ü r die Verwendung im Grabe nicht nötig, die pommerellischen Hausurnen standen ebenso wie die mitteldeutschen in Steinkisten, die Füße sind also unbedenklich als Bestandteile der Bauten anzunehmen, nach denen die Urnen
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geformt worden sind. Das wird durch eine andere Beobachtung zur Gewißheit erhoben: die kleinste Urne dieser Gruppe, die aus einem Grabe von Woedtke stammt, hat sechs Tragfüße, die sehr viel größere von Obliwitz deren nur vier. Diese ist am sorgfältigsten ausgeführt und zeigt eine Reihe von Einzelheiten, die den anderen fehlen (Taf. 34a). Die Tragfüße sind nicht einfach zylindrisch, sondern leicht nach oben verjüngt und tragen flache Scheiben wie die norwegischen stolpebod. Eingehend ist das Gefüge der Eck- und Mittelpfosten sowie das Fachwerk angegeben, während die übrigen Urnen in technischen Einzelheiten sehr summarisch sind. Dem im Römisch-Germanischen ZentralMuseum zu Mainz erstellten Modell (Taf. 34b) konnte daher weitgehend die Urne von Obliwitz zugrunde gelegt werden; f ü r Einzelheiten, die das Tongefäß nicht geben kann, wie die Außentreppe u. a., wurden die norwegischen Bauten als Vorbild genommen. Der Verschiedenheit des Baumaterials kommt kein Gewicht zu, im Norden mit seinen unermeßlichen Waldungen ist Blockbau ebenso selbstverständlich wie Fachwerk in weniger waldreichen Landschaften. Es kommt allein auf die Grundform an, und diese zeigt absolute Gleichheit. Die größte der pommerellischen Pfahlhaus-Urnen, die eine aus Woedtke, sieht fast aus wie eine unbeholfene Nachbildung eines Hauses in Äseral in Südwest-Norwegen (Taf. 35). Die Lebensdauer der PfahlhausUrnen ist ebenso beschränkt wie ihr Verbreitungsgebiet, später und außerhalb von Pommerellen kommen sie nicht vor. Bauten vom Typus der stolpebod finden sich auch in anderen Teilen Europas mit eigenartiger und f ü r die geschichtliche Einordnung richtungweisender Streuung. Es kann nicht überraschen, wenn finnische Speicherbauten zuweilen unter norwegischer Ausstrahlung den einen oder anderen Einzelzug übernommen haben. Den nordischen vollkommen identische Bauten aber finden sich in einem bestimmten Gebiete Polens (K. MOSZYNSKI, Kultura ludowa slowian I [1929] S. 481ff. Taf. X X I V 1; danach unsere Taf. 33 b), in Polesien und der Ukraine. Die typenbildenden Züge sind dieselben wie im Norden:
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Blockbau, Satteldach, die Tragpfähle mit den Zwischenscheiben und die unterbrochene Treppe zu der schmalen Hochbühne vor der Eingangsseite. Diese Bauten schließen sich mit den pommerellischen Hausurnen zu einer festumrissenen Hauslandschaft zusammen. Aber es sind Fremdlinge, die an keine bodenständige Tradition angeknüpft werden können. Die weiteren Belege f ü r diese Bauform liegen in größerer Entfernung und räumlicher Isolierung in zwei ganz verschiedenen Gebieten. Die eine Gruppe ist schon länger beachtet und nach ihrer entwicklungsgeschichtlichen Stellung im ganzen auch richtig beurteilt worden: die Pfahlspeicher im südschweizerischen Kanton Wallis (Taf. 36 und 37; vgl. „Das Bauernhaus in der Schweiz" [1903] S. 24ff. mit mehreren Tafeln). Die Konstruktion kehrt ohne wesentliche Variationen immer wieder: über den Schnittpunkten eines horizontal verlegten Spannringes aus kräftigen Vierkantbalken stehen senkrecht die „Stadelbeine", auf ihnen liegen zur Abwehr der Feldmäuse weit vorkragend kreisrunde Steinscheiben, die „Mausplatten" oder „Stadelplane". Auch sonst entspricht der Aufbau der Walliser Stadeln in allen Einzelheiten dem der nordischen. Auch bei ihnen ist der Unterbau zuweilen (sekundär) geschlossen, er übernimmt dann seinerseits die konstruktive Aufgabe des hölzernen Spannringes. Solche Bauten sind im Ober-Wallis noch bis zur letzten Jahrhundertwende errichtet worden. Sie stehen meist einzeln im Felde, manchmal auch in den Zug einer Dorfstraße eingereiht (Taf. 37 b). Heute dienen sie ausschließlich als Fruchtspeicher. Die Stadeln dieses Typs haben schon seit langem die Aufmerksamkeit der schweizerischen und anderen Volkskundler erregt und wurden häufig behandelt. Es herrscht volle Übereinstimmung darüber, daß sie auch in diesem Lande Fremdlinge sind, die sich von den untereinander doch irgendwie verwandten Bauernhausformen der Schweiz unverkennbar unterscheiden. Der Typus ist räumlich eng eingekreist, es ist das Wallis, insbesondere sein oberer Teil, sie werden also zu Recht als „Walliser Pfahlspeicher" bezeichnet. Von hier aus hat die eigenartige Form
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nach beiden Seiten hin ausgestrahlt, sie findet sich, doch nur vereinzelt, auch in den Nachbarkantonen Tessin und Bern (A. STUMPF, Die bernischen Speicher 1914), mit letzten Ausläufern nach Kärnten (0. M O S E R , Carinthia 132 [1942] S. 219ff.) und Savoyen. Mehrfach konnte der Nachweis geführt werden, daß sie dorthin durch Umsiedler aus dem Wallis eingeschleppt worden sind ( L . R Ü T I M E Y E R , Ur-Ethnographie der Schweiz = Schriften der Schweizer. Gesellschaft f ü r Volkskunde X V I [1924] S. 317ff.). Nur wenige Hausforscher haben den Versuch gemacht, die Walliser Pfahlspeicher aus bodenständiger Tradition zu deuten, als letzte Reste vorgeschichtlicher Pfahlbauweise ( R Ü T I M E Y E R a. a. 0 . : „ergologische Analogien"). Allgemein wird auf die ja nicht zu übersehende nahe Verwandtschaft mit den skandinavischen Erscheinungen hingewiesen, doch wird diese meist mit ihrer bloßen Feststellung abgetan ( R Ü T I M E Y E R a. a. 0 . S. 324; R H A M M , Urzeitliche Bauernhöfe, S. 325ff.; M O S E R a. a. 0 . S. 259ff.; H. P H L E P S , Deutsche Monatshefte in Norwegen I I [1941] S. 10FF.; K L . T H I E D E , Deutsche Arbeit X X X V I [1936] S . 260 u . a . ; SCHIER, LaufFer-Festschrift S . 138, der eine Erklärung aus „gemeinsamer alteuropäischer Pfahlbauüberlieferung" als unhaltbar zurückweist). Ein viertes Mal begegnet der eigenartige Typus des Pfahlhauses in Nordspanien. In seiner reinen, d. h. der bisher behandelten Form beschränkt er sich durchaus auf die Landschaften Asturien und Leon, strahlt aber nach Osten wie nach Westen, in die Biscaya wie nach Galicien einschließlich eines Teiles Portugals aus, mit Variationen und Angleichung an örtliche Formen (vgl. J. CARO B A R O J A , Los pueblos del Norte de la península ibérica [1943] S. 133ff.; ders., Los pueblos de España [1946] S. 279ff.; unsere Taf. 38). Die Bauform wird hier ausnahmslos nur noch für Speicher verwendet, wie allein schon die geläufigste Bezeichnung „hórreos" zeigt (andere Namen sind garaiche, panera, canastro, espigueiro u. a.). Diese asturischen Pfahlspeicher haben genau dieselben Merkmale wie die nordischen: die flachen Scheiben zwischen Pfosten und Boden und die unterbrochene
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Steintreppe. In der einheimischen Bauweise gibt es weder Vorformen noch Verwandte, auch die hórreos sind Fremdlinge aus einer anderen Welt. So hat die spanische Volkskunde sie auch stets empfunden, ohne der Frage nach ihrer Herkunft näherzutreten. Sie begnügt sich mit der Vermutung, daß sie vorrömisch sein müssen (CARO B A R O J A , LOS Pueblos del Norte S. 136: Respecto al origen de los hórreos de esta zona septentrional de España, cabe decir que ya en época prerromana tenían al uso actual más corriente) und erinnert an eine Überlieferung bei V A R R O (Rerum rustic. libr. I I I 57, 3): supra terram granaría in agro quídam sublimia faciunt, u t in Hispania citeriore et in Apulia quidam, quae non solum a lateribus per fenestras, sed etiam subtus a solo ventus refrigare possit. Diese ,,granaría sublimia" seien eben die hórreos (tatsächlich sind sie in Spanien mehrere Jahrhunderte jünger). Auf die skandinavischen Analogien wird hingewiesen, die wallisischen bleiben unerwähnt. Das Vorkommen der Bauten dieses Typus weist eindeutig ihren Wanderweg: Skandinavien, Pommerellen, Polen, Südschweiz, Nordspanien. Der Wunsch, den materiellen Besitz gegen alle vom Erdboden ausgehenden Anfechtungen zu schützen, ist ein elementarer Gedanke, frei von jeder örtlichen, zeitlichen und ethnischen Bindung. Das technische Problem, das zu schützende Bauwerk aus der direkten Berührung mit dem Boden zu isolieren, kann nur dadurch gelöst werden, daß man es auf Pfähle stellt. Die Zahl der Variationen dieses an sich höchst einfachen Grundmotivs ist nicht gering, begreiflicherweise sind vor allem Speicher so behandelt worden; auch die vorgeschichtlichen Pfahlbauten, soweit sie wirklich Wasserbauten waren, gehören in diesen Kreis (vielleicht auch die oben behandelten Pyxiden der Kykladenkultur). Wir haben also einen klassischen „Elementargedanken" vor uns, und das Aufsuchen genetischer oder anderer Zusammenhänge und Beeinflussungen erübrigt sich. Dagegen schließen sich die vorstehend behandelten Bauten vom Stolpebod-Typus doch deutlich zu einer Sondergruppe zusammen durch gemeinsame
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Merkmale, die nur sie aufweisen, die allen anderen Gruppen jedoch fehlen. Die eingeschalteten Platten und die unterbrochenen Außentreppen sind eine so originelle und individuelle Lösung, daß die Annahme einer gemeinsamen Wurzel nicht nur gestattet ist, sondern vielmehr gebieterisch gefordert wird. Die f ü r die übrigen Bauernhaustypen zutreffende Deutung aus Klima und Wirtschaft muß hier versagen, die Pfahlspeicher stehen in den Ländern ihres Vorkommens in grundverschiedener Umwelt. Wo immer auf dem Kontinent sie begegnen, überall sind sie Fremdkörper und in keinem einzigen Falle Verbindungen oder Kreuzungen mit örtlichen Erscheinungen eingegangen. Der Bautypus ist geformt und geprägt durch den ernsten Charakter der nordischen Landschaft, der er sich in wundervoller Harmonie einfügt, und dort ist er ja auch bis in die Gegenwart lebendig geblieben. Sein sporadisches Auftreten auf dem Festland kann daher nicht durch eine Kulturtrift, sondern allein durch Wanderungen nordischer Völkerschaften erklärt werden, die ihn auf ihren weiträumigen Wanderzügen mit sich genommen haben. Das erste Auftreten auf dem Festland in Gestalt der pommerellischen Hausurnen f ü g t sich vollkommen in das Bild der großen germanischen Expansion seit der Wende der beiden letzten vorchristlichen Jahrtausende ein, die um diese Zeit das fragliche Gebiet erreicht und dem bisher nur dünn besiedelten Raum ein reiches Kulturleben geschenkt hat (vgl. W. L A B A U M E , Atlas der ostund westpreuß. Landesgeschichte Teil I, Karte 6). Der germanische Charakter der hier entwickelten Steinkistenkultur ist niemals angezweifelt worden. Das Vorkommen des gleichen Haustypus in Polen darf in unmittelbarem Zusammenhange damit gesehen werden, die ,,Pfahlhaus-Urnen" setzen doch gleiche Bauten der Lebenden voraus. Das Auftreten solcher Bauten in den Alpen und in Spanien aber muß besonders erklärt werden. Der Schluß ist unabweisbar, daß diese nordische Bauform durch eine nordische Völkerschaft auch in diese Länder übertragen worden sein muß. Die Burgunden, an die man einmal gedacht hatte (F. B E H N , Hausurnen [1924] S. 103fF.) scheiden aus wie
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auch die Wandalen, diese haben den Alpenwall nicht überstiegen, und die Spuren ihres kurzen Aufenthalts in Spanien wie in Nordafrika sind mehr als dürftig (vgl. CHR. COURTOIS, Les Yandales et 1'Afrique 1955); in Spanien haben sie zudem offenbar die südlichen Landschaften bevorzugt, wo der Name Andalusien ( = Wandalusien) allein noch an sie erinnert. Es kommen einzig die G o t e n in Betracht, die sowohl in Norditalien wie in Nordspanien längere Zeit ansässig gewesen sind und in beiden Ländern umfangreiche Spuren hinterlassen haben. Asturien und Leon, in denen heute noch die hörreos stehen, waren ja das Kerngebiet des Gotenreiches in Spanien (vgl. A. H A U P T , Die älteste Kunst der Germanen, 2. Aufl. [1923] S. 192ff.). Auf die Goten als die Träger der hier behandelten Bauform wurde schon mehrfach hingewiesen ( H E N N I N G , Das deutsche Haus S. 121; R H A M M , Ethnogr. Beiträge zur german.-slaw. Altertumskunde II. Abt., 1. Teil [1908] S . 1028; SCHIER bei SPAMER, Deutsche Volkskunde I, S. 500ff.; K L . T H I E D E a. a. 0 . S. 260ff.; S C H I B E R , Zeitschr. des deutsch-österr. Alpenvereins X X I V [1903] S. 58ff.). In den italienischen Städten haben sie willig den klassischen Steinbau angenommen und in ihrem nordspanischen Reiche ebenfalls steinerne Paläste und Kirchen erbaut. Auf dem flachen Lande aber, wo sie ähnliche topographische Grundbedingungen und die erforderlichen Mengen an Bauholz vorfanden wie in ihrer skandinavischen Heimat, blieben sie der überkommenen Bauweise treu in Form und Material. Die einheimische Bevölkerung hat diese Bauweise eindeutig abgelehnt und ist von ihr durchaus unbeeinflußt geblieben. Es ist erstaunlich, daß trotzdem und nachdem das gotische Volkstum längst in die bodenständige Bevölkerung eingeschmolzen war, diese volklich bedingte Bauform bis auf den heutigen Tag erhalten blieb, ein eindrucksvolles Zeugnis f ü r den zähen Konservativismus des ländlichen Bauwesens Es ist zugleich das einzige Mal, daß es uns möglich ist, eine Bauform in einer solchen zeitlichen Tiefe und räumlichen Breite zu verfolgen. 5
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VII. Ergebnis Die Untersuchung der Quellen des deutschen Bauernhauses auf größtmöglicher Fundamentbreite führte in vielen Fragen zu völlig neuen Ergebnissen. Die einst von 0 . L A U F F E R f ü r das niederdeutsche Haus gewonnene Erkenntnis, daß es zwar von den Niedersachsen eindeutig bevorzugt und in manchen Punkten variiert und ausgebaut, aber nicht von ihnen geschaffen worden ist, hat sich auch f ü r andere Haustypen vollauf bestätigt erwiesen: das „fränkische" Gehöft ist keine Schöpfung des fränkischen Stammes, und das ostdeutsche Haus ist weder germanisch noch slawisch. Sie sind vielmehr alle erheblich älter und standen bereits voll ausgebildet da, als sich die Stämme herausbildeten, teilweise sogar bereits Jahrtausende früher. Die Stämme, die den Bauernhaustypen ihren Namen gegeben haben, waren lediglich Vermittler und Bewahrer uralter Siedlungsgedanken bis in die Gegenwart hinein. So wie (S. 26ff.) eine Erklärung dafür gesucht werden mußte, daß das Verbreitungsgebiet des niederdeutschen Bauernhauses mit dem eines altbronzezeitlichen Formenkreises annähernd zusammenfällt, so haben die Herrschaftsgebiete der drei großen Bauernhaustypen weitgehende Analogie zu den Verbreitungsgebieten der drei seit der Wende des vorletzten zum letzten vorchristlichen Jahrtausend immer deutlicher sich abhebenden Volkstümer der Germanen, Kelten und Illyrier, wenn sich die Grenzen auch nicht annähernd so scharf entsprechen (vgl. F. BEHN, Vor- und Frühgeschichte [1948] S. 61). Der Fall ist geopolitisch aufschlußreich. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, daß es nicht möglich ist, die Entstehung der Hausformen auf ethnographischem Wege zu erklären. Die Vorgeschichte hat sich längst von dem starren Dogma
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freigemacht, d a ß jeder Formenkreis eine ethnische Einheit bezeichnen müsse (vgl. E. WAHLE, Zur ethnischen D e u t u n g f r ü h geschichtlicher Kulturprovinzen 1941), u m d a f ü r ein ungleich reicheres u n d differenzierteres Lebensbild einzutauschen. Die E n t s p r e c h u n g der Hauslandschaften u n d der Siedlungsräume der genannten vorgeschichtlichen Volksgruppen ist ein unverkennbares Zeugnis d a f ü r , d a ß sich auch diese nicht aus ausschließlich machtpolitischen Gruppierungen herausgebildet haben, d a ß vielmehr geographische u n d wirtschaftliche Erwägungen sicherlich oft entscheidend mitgewirkt haben werden. Aber auch die Erkenntnis der Unabhängigkeit der H a u s t y p e n von ethnischen Bildungen verträgt keine Verallgemeinerung z u m starren Dogma. Wir haben oben (S. 29ff.) den Nachweis zu f ü h r e n versucht, d a ß das niederdeutsche u n d das friesische B a u e r n h a u s aus grundverschiedenen Wurzeln erwachsen sind u n d d a ß dieses nordischer H e r k u n f t ist wie auch die friesische Sprache. Eine völlige Parallelisierung beider Bewegungen wäre methodisch falsch, Sprache u n d Bauwesen gehorchen verschiedenen Gesetzen der Entwicklung u n d bedingen sich keineswegs. Beide sind zweifellos die gewichtigsten K o m p o n e n t e n der K u l t u r , u n d die Erkenntnis des gleichen Vorganges bei beiden m u ß daher, wenn auch mit allem Vorbehalt, bei der E r ö r t e r u n g der G r u n d fragen ihrer H e r k u n f t berücksichtigt werden. D a m i t ist jedoch die ethnische Frage keineswegs gelöst, wenn auch die A n n a h m e an Wahrscheinlichkeit gewinnt, d a ß die Ü b e r t r a g u n g der durchaus eigengesetzlichen Sprache wie auch der nicht minder individuellen H a u s f o r m aus der Zuwanderung einer neuen Volksgruppe in die bisher n u r h a u c h d ü n n besiedelten Küstengebiete verstanden werden darf oder sogar muß. Diese Z u w a n d e r u n g k a n n aber n u r in F o r m einer über längere Zeiträume verteilten Einsickerung vor sich gegangen sein. Der Anlaß k a n n in N a t u r k a t a s t r o p h e n bestanden haben, die nachweislich mehr als einmal im Norden auch größere Völkerverschiebungen ausgelöst haben u n d die von der Geschichtsschreibung n u r d a n n zur K e n n t n i s genommen worden sind, wenn sie den U m f a n g etwa des K i m b e r n 5»
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zuges annahmen und zu politischen Auseinandersetzungen führten. Die hierbei in Betracht kommenden nordischen Volksteile können keine machtvolle stammliche Organisation dargestellt haben und sind sicher nicht Friesen gewesen. Deren Namen kennen wir seit der Zeitenwende, friesische Sprache und friesisches Bauwesen aber sind an den Nordseeküsten nicht vor dem frühen Mittelalter nachweisbar. Die Ausdehnung des Friesennamens über die ganze Küstenzone von den Niederlanden bis hinauf nach Jütland kann dann gleichfalls nicht älter sein. Die Entstehung des „friesischen" Bauernhauses ist frei von allen ethnischen Akzenten, es ist aus wirtschaftlichen Bedürfnissen entstanden. Bei der Ausbreitung des Haustyps auf die südlicheren Küstenzonen scheinen aber doch stammliche Bewegungen im Spiel gewesen zu sein. Das nordische Bauernhaus stellt einen Sonderfall dar, der sich jeder schematischen Deutung entzieht. Der Wunsch, sei es das Wohnhaus, sei es den Speicher mit den Vorräten des Feldes vor Wasser oder Ungeziefer zu schützen, bedarf keiner Begründung durch geographische oder ethnische Momente. Lediglich die Art, wie dieses Bedürfnis erfüllt wurde, ist ausgesprochen individuell (s. oben S. 58ff.). Das Vorkommen in Norwegen, der Schweiz und Nordspanien weist den Typus als eine an gebirgige Umwelt gebundene und aus ihr entwickelte Sonderform aus. Im Flachland (Pommerellen, Polen) kann die Hausform nicht entstanden und nur im Gefolge einer Zuwanderung hereingebracht worden sein. Wir haben also ein gutes Recht, ihre Heimat in Skandinavien anzunehmen, wo sie bis zum heutigen Tag in Gebrauch ist, während sie sowohl in der Schweiz wie auch in Spanien als Fremdkörper wirkt. Wie oben (S. 63ff.) ausgeführt wurde, kommen aus geschichtlichen Erwägungen f ü r die Übertragung des nordischen Typus auf das Festland nur die Goten ernstlich in Frage. Hier ist somit im Gegensatz zu den großen Bauernhaustypen tatsächlich einmal eine reine Stammesform faßbar, die mit dem Stamme auf weltweite Wanderung gegangen ist und sich noch erhalten hat, nachdem der Stamm selbst
Die E n t s t e h u n g des deutschen B a u e r n h a u s e s
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längst von den einheimischen Bevölkerungen aufgesogen worden war. Es muß reizen, einmal gewissermaßen als Probe auf die Richtigkeit der These von der wirtschaftlichen Gebundenheit des Bauernhauses zu prüfen, ob etwa auch die D o r f t y p e n denselben Gesetzen unterliegen. Für vor- und frühgeschichtliche Zeit kommen dabei fast allein die Typen des Reihendorfes und des Rundlings in Frage. Die von Tacitus f ü r die Germanen überlieferte planlose Streulage: ut fons, ut campus, ut nemus placuit (Germania 16) ist bisher allein in der fränkischen Dorfschaft von Gladbach bei Neuwied archäologisch nachgewiesen (L. HUSSONG, H . MYLIUS, K . H . W A G N E R , Germania X X I I [1938] S . 180ff). Dieser Teil der Bodenforschung wird dadurch sehr erschwert, daß wir zwar eine erfreulich große Anzahl von Einzelbauten kennen, aber nur ganz wenige Siedlungen in extenso ausgegraben und erforscht werden konnten. Gruppensiedlung als solche ist ebenfalls wirtschaftlich bedingt und ist erst in der wirtschafte geschichtlichen Phase des Bauerntums zu erwarten bzw. in einem Gebiet, dessen Bodenart die natürlichen Voraussetzungen dafür bietet. In der Tat gehören auch die bisher festgestellten ältesten Dorfschaften dem jungsteinzeitlichen Kulturkreis an, den die Vorgeschichte als „donauländisch" bezeichnet, dessen Schwerpunkt und vielleicht auch Ausgangspunkt aber in den fruchtbaren Gebieten Südrußlands zu suchen ist, wo er dui'ch die glänzende „Tripolje-Kultur" repräsentiert wird (T. PASSEK, „Periodisierung der Tripolje-Kultur" = Materialy Bd. X [1949]). In diesem Raum, der sich durch seine äußerst fruchtbare Schwarzerde dem Menschen geradezu zum Bodenbau anbieten mußte, sind in den letzten Jahrzehnten höchst bedeutsame siedlungsgeschichtliche Entdeckungen gemacht worden. Das beste Bild gibt die in vollem Umfange ausgegrabene Siedlung von Kolomyszina am Dnjepr (Taf. 39b nach Materialien zur Archäol. der UdSSR X [1949] S. 133). Sie stellt sich als planmäßige Anlage dar: etwa 20 Einzelhäuser liegen radial um einen großen freien Platz, diesem ihre Eingangsfronten zukehrend; in
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FRIEDRICH
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der Mitte des Dorfplatzes steht ein größerer Bau, Sitz des Dorfoberhauptes oder Gemeindehaus (vgl. K. T A C K E N B E R G in Anthropos 49 [1954] S. 07ff.). Also ein Rundling reinster Art. Eine große Überraschung war die Aufdeckung einer geschlossenen Gruppe von Wohnbauten bei Avdeevo in der Ukraine (Taf. 39 a nach Materialien X X X I X [1953] S. 137). Sie ordnen sich ebenfalls im Kreise um einen unbebauten Platz, gehören aber noch der Altsteinzeit an! Die ovale Form des Platzes ist örtlich bedingt. Dieser Siedlungstyp ist sonach in den Gebieten nördlich des Schwarzen Meeres bodenständig und kann nicht als slawischer Kulturgedanke in Anspruch genommen werden (vgl. auch W . M A A S in Zeitschr. f ü r Volkskunde N F I [1930] S. 274fF.; W. E B E R T in Blätter f ü r deutsche Landesgeschichte 83 [1936] S. 25ff.). Hatten die Ausgrabungen von Kostjenki und Timonowka — beide ebenfalls altsteinzeitlich — schon das Dogma gesprengt, daß die Geschichte des festen Hausbaues erst in der bäuerlichen Umwelt des Neolithikums beginnt, so schiebt die Entdeckung von Avdeevo auch den Anfang des Baues geschlossener Siedlungen in die Zeiten hinauf, in denen noch allein die Sammelwirtschaft herrschte. Die weitere Entwicklung aber bestätigt auch hier 0 . L A U F F E R S These, daß die Völker wanderten, nicht aber die Hausformen. Die bäuerliche donauländische Kultur hat sich in breitem Strome westwärts ausgebreitet und der europäischen Menschheit das kostbare Geschenk des Bodenbaues vermittelt; letzte Ausläufer sind noch an der Atlantikküste der Bretagne spürbar. Es ist unmöglich, diese gewaltigste Expansion der frühen vorgeschichtlichen Zeit als bloße Kulturwelle zu deuten, man neigt vielmehr heute ziemlich allgemein zur Annahme eines Wanderbauerntums. Diese klassischen Vertreter der jungsteinzeitlichen Agrarwirtschaft haben aber die offenbar im Osten beheimatete Form des Rundlings nicht in ihre späteren mittel- und westeuropäischen Sitze mitgenommen, sondern eine ganz andere Wohnweise geübt. Wir kennen wenigstens eine vollständig ausgegrabene Siedlung, die von KölnLindental (W. B U T T L E R und W . H A B E R E Y , Die bandkeramische
Die E n t s t e h u n g des deutschen B a u e r n h a u s e s
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Siedlung bei K. = Vorgesch. Forschungen Band I I [1936]; danach unsere Taf. 40a). Es darf heute als sicher gelten, daß (abweichend von der durch die Ausgräber zuerst vertretenen Ansicht) nicht die unregelmäßigen Gruben, sondern die großen rechteckigen Pfostenbauten die Wohnhäuser der steinzeitlichen Bauern gewesen sind. Diese liegen nun aber nicht rings um einen freien Platz, sondern in streng eingehaltener Orientierung in sauberen Reihen und bilden richtige Dorfstraßen. Völlig gleich ist das Bild einer Dorfschaft derselben Kultur in der H a r t h bei Zwenkau (Taf. 40 b), dessen noch erhaltener Teil in den Jahren 1953 bis 1956 durch das Leipziger Institut f ü r Vor- und Frühgeschichte planmäßig erforscht werden konnte (H. Q Ü I T T A , „Das Steinzeitdorf in der H a r t h " , Diss. Leipzig 1957) sowie die Reste anderer Siedlungen der donauländischen Gruppe. Neuerdings fanden sich solche auch in Rumänien (Habasesti, in Cercetari privind istoria veche A. R. P. R. 1954) und in Holland (P. I. R. M O D D E R M A N N in „Berichten van de Rijksdienst voor het oudheidkundig Bodenonderzoek in Xederland" VI [1955] S. 13ff.). Diese grundsätzliche Verschiedenheit der Dorfform bei absoluter Gleichheit der Hausform innerhalb des gleichen Kulturkomplexes fordert eine Erklärung. Sie kann nicht in klimatischen Rücksichten gesucht werden, gegen die Härten des in Osteuropa herrschenden kontinentalen Klimas bietet die Kreislage der Häuser durchaus keinen höheren Schutz als die Reihenlage. Auch hier sind offenbar wirtschaftliche Forderungen bestimmend gewesen. Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, daß die Größe des Dorfplatzes in den meisten Rundlingen in keinem Verhältnis zu der geringen Zahl der Häuser, d. h. der Bewohner steht, daß er mehr zur Aufnahme der Viehherden als der Menschen dienen sollte. Der Rundling hat danach die Funktion eines Kraales. Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Häusern konnten sehr leicht gesperrt werden sowohl gegen das Ausbrechen der Tiere wie gegen das Eindringen menschlicher Feinde. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß in den Dorfschaften der donauländischen Kultur mit Reihenordnung der Ackerbau gegenüber
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FRIEDRICH
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der Viehwirtschaft bevorzugt gewesen sein müsse, die Frage ist hier nur anders gelöst. In dem Dorfe von Köln-Lindental waren die Behausungen der Menschen von dem Aufenthaltsort der Tiere räumlich getrennt, jene nehmen das „Norddorf", diese das „Süddorf" ein. Danach werden wir auch das Bild anderer nur in Ausschnitten noch bekannter Steinzeitdörfer ergänzen dürfen. Die im östlichen Europa schon in der älteren Steinzeit geschaffene Rundform der Siedlung hat sich über alle folgenden Zeitabschnitte und Völkerverschiebungen dort so eingebürgert, daß sie lange als speziell slawisch gelten konnte. Wir haben hier genau denselben Vorgang wie beim „fränkischen" Gehöft. Die Slawen haben den Rundling bei ihrer Westexpansion mitgenommen und bis in die Gegenwart hinein bewahrt, doch nur die Dorf-, nicht aber die Hausform. Dabei hat es geopolitisch höchst interressante Verschmelzungen gegeben. Der Rundlingstyp wurde im Mittelalter offenbar durchaus als slawischer Brauch empfunden, er hat die Grenzen der slawischen Landnahme nach dem Ende der Völkerwanderungszeit auch in ihrer größten Ausdehnung niemals überschritten (vgl. R. K Ö T Z S C H K E , Ländliche Siedlung in Sachsen = Forschungen zur deutschen Landeskunde 77 [1953] S. 195). Die Bauernhäuser aber gehören anderen Formkreisen an. In Mitteldeutschland hat mit der deutschen Kolonisation des Mittelalters das „fränkische" Gehöft siegreichen Einzug gehalten und sich mit dem ostischen Rundling zu einem reizvollen Siedlungsbild verbunden (R. K Ö T Z S C H K E a. a. 0 . S. 188; Taf. 41); im hannoverschen Wendland liegen die wuchtigen Höfe niederdeutscher Bauart im Kreise um den großen Dorfplatz (Taf. 42; vgl. W. P E S S L E R in „Die K u n d e " VII [1939] S. 5; M E I T Z E N a. a. 0 . I I I S. 314ff.). Die Hausform und Dorfform, die eine wie die andere unabhängig von Schicksalen und Wanderungen von Völkern und Stämmen gleicherweise aus wirtschaftlichen Grundbedingungen erwachsen, sind in ihrer weiteren Entwicklung getrennte Wege gegangen, Spiegelbild zugleich rassischer Assimilationsvorgänge (vgl. W. E B E R T , T H .
Die E n t s t e h u n g des deutschen B a u e r n h a u s e s
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a., „Kulturräume und Kulturströmungen im mitteldeutschen Osten" [1936] S. 94ff.). In der Bauernhausforschung wurde die anfangs betriebene ethnographische Methode schon bald durch die heute noch vorherrschende funktionalistische abgelöst. Die genetische, die den vorliegenden Untersuchungen zugrunde gelegt ist, beschreitet bisher kaum begangene Wege mit ausschließlich historischer Zielsetzung. Durch den Anschluß des deutschen Bauernhauses in all seinen Typen an vorgeschichtliche Grundformen rücken jene aus stammlicher und räumlicher Gebundenheit in den weiteren Rahmen ältesten Kulturerbes. Das bedeutet keine Minderung ihres kulturgeschichtlichen Wertes. Wurden die Formen auch geschaffen in Zeiten weit vor jeder Stammesbildung, so lag die Weiterbildung doch in den Händen der Stämme, nach denen man sie bisher eingeordnet und benannt hat, sie sind dadurch in hohem Maße zu deren stammlichem Eigenbesitz geworden. Diese Erkenntnis enthält die Verpflichtung, den durch erschreckend schnell voranschreitende Nivellierung und verständnislose Verstädterung schwer bedrohten Bestand alter deutscher Bauernhäuser pietätvoll zu bewahren und vor völligem Verschwinden zu retten. Mit ihm verlören wir ein unvergleichlich wertvolles und unersetzliches Stück kulturellen Ahnenerbes. „Die Wohnungen des Volkes sind die treuesten Verkörperungen seiner Seele" ( P . ROSF.GGER), und das Bauernhaus steht dem Lebensquell des Volkes näher als das Stadthaus. F R I N G S U.
NACHWEIS DER ABBILDUNGEN Tafel 1. a) Schema des niederdeutschen Bauernhauses b) Schema des „fränkischen" Bauernhauses Tafel 2. a) Bauernhaus in Mecklenburg. Aus K . THIEDE, Flurbild u n d Dorfbild in Deutschland 1944 b) Bauernhaus in Berghorn, Kr. Nienburg (Hannover). A u f n a h m e : Landesbildstelle Hannover Tafel 3. Aus Warf Ezinge, Prov. Groningen (Holland). Aus Germania X X 1936 Tafel 4. Hausgrundrisse aus Warf Ezinge. Ebendaher Tafel 5. a) Hausgrundriß aus Emden. Nach HAARNAGEL, Die frühgeschichtl. Handelssiedlung E m d e n 1955 b) Hausgrundriß aus Feddersen Wierde. Aus Germania 1956
XXXIX
c) Hausgrundriß aus Einswarden. Aus „Urgeschichtsforschung beiderseits der E l b e " 1939 Tafel 6. Hausgrundrisse aus Peddersen Wierde. Nach Germania X X X I X 1956 Tafel 7. F l e t t h a u s von Befort (Luxemburg). Aus Germania X X V I 1942 Tafel 8. Pfostenhäuser auf dem Goldberg (Württemb.). Nach storic migrations in Europe 1950
CHILDE,
Prehi-
Tafel 9. Verbreitungskarte. Nach X X X I . Bericht der Rom.-germ. Kommission 1941 Tafel 10. a) H a u s auf Amrum. Aus „ H a u s u n d Hof deutscher B a u e r n " I 1940 b) Grundriß eines uthländischen Bauernhauses. Nach Schlesw.Holst. J a h r b u c h 1922 Tafel 11. a) H a u s von Mariesminde (Jütland). Aus BRONDSTED, D a n m a r k s oldtiden I I I 1940 b) H a u s von Solbjerg (Jütland). Ebendaher c) H a u s von H a p p s t a (Uppland). Aus Upplands tidskrift VI 1912
Nachweis der Abbildungen
75
Tafel 12. H a u s von Tofting (Kr. Eiderstedt). Nach BANTELMANN, Tofting Tafel 13. Hausgrundrisse aus Hodorf (Dithmarschen). Aus Offa I I 1937 Tafel 14. a) Bauernhaus aus Bellheim (Rheinhessen). Aus „ D a s deutsche Bauernhaus" b) Straßenbild aus R h o d t (Rheinpfalz). Ebendaher Tafel 15. a) Hof im Odenwald. Aus HELBOK, H a u s u n d Siedlung b) Hof in Mettenheim (Rheinhessen), Modell. Aus WALBE, Siedlungs- u n d Hausformen in Hessen 1938 Tafel 16. a) Hof in Borsdorf bei Nidda (Oberhessen) Modell. Ebendaher b) Hof in Gosel, Modell im Schloß-Museum Altenburg. A u f n a h m e : Deutsche Akademie der Wissenschaften Tafel 17. Herrenhaus von Neuhäusel (Westerwald). Grundriß u n d Modell im Röm.-germ. Zentral-Museum Mainz. A u f n a h m e : Verfasser Tafel 18. Gehöft von Buchau a m Federsee, Grundriß u n d Grabung. Aus REINERTH, „Wasserburg B u c h a u " 1928 Tafel 19. Specksteindose der Kykladenkultur aus Melos. A u f n a h m e : Museum antiker Kleinkunst in München Tafel 20. a) Megalithbau Hagiar Kim auf Malta. Nach SCHUCHARDT, Altmittelländischer Palast 1914 . b) Gehöft von Babia Alta (Spanien). Aus pueblos de E s p a n a 1946
CARO BAROJA,
LOS
Tafel 21. a) Römische Luxusvilla, Wandgemälde aus Pompeji. Aus J a h r b u c h des Archäol. I n s t i t u t s X I X 1904 b) Luftbild der Villa von Centocelle bei R o m Tafel 22. a) Römische Villa rustica bei Stahl (Eifel). Aus VI. Bericht der Röm.-germ. Kommission 1910/11 b) Villa rustica auf Brioni. Ebendaher Tafel 23. Gehöfte aus England. Aus X X I . Bericht der Röm.-germ. Kommission 1931 Tafel
24.
a) Römische Villa rustica in Lorsch (Hessen). Nach W.
SELZER
b) Das Kloster Lorsch auf der Kreuzwiese v o n 763. Aus „ D a s karolingische Reichskloster Lorsch" 1934
BEHN,
76
Nachweis der Abbildungen
Tafel 25. a) Laubenhaus in Hünern bei Breslau. Aus „Das deutsche Bauernhaus" b) Laubenhaus in Lüdersdorf (Kr. Angermünde). Ebendaher Tafel 26. a) Laubenhaus in Aurith (Kr. Frankfurt a. d. 0.). Aus Laube 1939 b) Laubenhäuser in Polen. Aus
HENNING,
KULKE,
Die
Das deutsche Haus 1882
Tafel 27. Laubenhäuser aus Ost-Galizien. Aufnahmen: Verfasser Tafel 28. a) Hausgrundriß von Buch. Aus Prähist. Zeitschr. I I 1910 b) Haus von Aken a. d. Elbe. Aus Jahresschrift für die sächs.-thür. Länder X I X 1931 c) Haus von Trebus (Brandenburg). Aus Prähist. Zeitschr. V 1913 Tafel 29. Dorfplan von Perleberg. Nach Vorgeschichte des Kr. Westprignitz 1937 Tafel 30. Haus von Vehlow (Ostprignitz), Grundriß und Modell. Aus MannusBibliothek X X I I 1932 Tafel 31. Haus von Carolath (Niederschlesien), Grundriß und Idealbild. Aus Mannus, Erg.-Band V 1928 Tafel 32. a) Blockhäuser in Norwegen. Aus H E N N I N G , Das deutsche Haus 1882 b) Blockhaus in Norwegen. Aufnahme: Verfasser Tafel 33. a) Blockhäuser am Nordfjord (Norwegen). Nach Postkarte. b) Blockhaus in Polen. Aus M O S Z Y N S K I , Kultura ludowa slovian I 1929 Tafel 34. Hausurne von Obliwitz (Pommerellen), Abguß und Modell des Röm.-germ. Zentral-Museums in Mainz. Aufnahme: Verfasser Tafel 35. a) Hausurne von Woedtke (Pommerellen). Aufnahme: Museum Stettin b) Haus in Äseral (Norwegen). Aufnahme: Polke-Museum Bygde bei Oslo Tafel
36.
a) Walliser Blockspeicher. Aufnahme: J . C O R D O N N I E R , Mainz b) Dasselbe, Zeichnung von K. B L E C H E N
Tafel 37. a) Dorfstraße im Wallis. Aus „Bauernhaus in der Schweiz" 1903 b) Aufbau eines Walliser Pfahlspeichers. Ebendaher
Nachweis der Abbildungen Tafel 38. Pfahlspeicher in Asturien (Spanien). A u f n a h m e n : H .
77 OBERMÄIER
Tafel 39. a) Altsteinzeitlicher Rundling von Avdeevo (Ukraine). Aus Materialien zur Archäolog. der U d S S R X X X I X 1953 b) Jungsteinzeitlicher Rundling von Kolomyszina (Ukraine). Nach Materialien X 1949 Tafel
40.
a) P l a n des Steinzeitdorfes von Köln-Lindental. Nach B U T T L E R HABEREY, Die b a n d k e r a m . Siedlung Köln-L. 1936 b) Ausschnitt aus dem Plan des Steinzeitdorfes in der H a r t h bei Leipzig. Nach H . Q U I T T A .
Tafel 41. a) Werbellin (Sachsen-Anhalt), Luftbild. Nach HELBOK, H a u s u n d Siedlung b) Neuenmörbitz (Altenburg), Dorfplan 1813. Aus T H Ü M M E L , Topograph. K a r t e der Ämter Altenburg u n d Ronneburg (1813) Section I X Tafel 42. a) Rundling Lensian, K r . Lüchow (Hann.-Wendland). A u f n a h m e : Landesbildstelle Hannover b) Plan eines Rundlings im Hann.-Wendland. Aus M E I T Z E N , Siedlung u n d Agrarwesen I I I 1895
TAFEL 1
TAFEL 1
TAFEL 2
b) H a n n o v e r ( B e r g h o r n , K r . N i e n b u r g )
TA Fl ! L 3
K/.iiige (Holland). Häuser der Sehichtengmp])e IV
Ezinge. Hausgrundrisse
TAFEL 5
a) E m d e n
b) Feddersen Wierde
c) Einswarden
TAFEL 0
Feddersen Wierde
Befort (Luxemburg). Ansicht und Plan
TAFEL 8
46
-18
38
24
Goldberg, OA Xördliugon. Hausgrundrisse
T A F E L 10
•^IMB
a) Siiddoi'f (Amrum)
hr i n
b) Utbländiscbes Bauernhaus
T A F E L 11
a) Mariesmindc (Jutland)
'Il ' " " 11 rf b) Gindonip (Jutland)
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\o e) Happsta (Uppland)
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T A F E L 12
W O H N PIATI HAUS 1
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Totting (Kr. Eiderstedt). Ansicht und Plan
TAFEL 13
b) Haus aus Schicht I I
T A F E L 14
b) R h o d t (Rheinpfalz)
T A F E L 1.5
b) M e t t e n h e i m (Rheinhessen). Modell
TA F Ii L 1(>
b) Gosel (Altenburg). Modell
T A F E L 17
Neuhäusel (Westerwald). Plan und Modell
T A F K L 18
Jüngere Siedlung 0 Ältere Siedlung
1
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2 I
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I
I
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I
8 I
10 m
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B u c h a u am Federsee (Württemberg). P l a n und Ansicht
T A F E L 19
Melos (Kyklarten)
TAFEL 20
a) Hagiar Kim (Malta)
¡•'•"u!*",»«'. i«*"*. ' 0 "y. • vW1 •
b) Babia Alta, Prov. Leon (Spanien)
TAFEL
b) Villa bei Centocelle (Prov. Rom), Luftbild
T A F E L 22
- 13
a) Villa bei S t a h l (Eifel)
C
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b) Villa auf Brioni ( J u g o s l a w i e n )
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T A F E L 23
T A F E L 24
a) Lorsch, römische Villa rustica
• • ZZi
1. 2. 3.
Bauperiode
Oer
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10
20m
b) Lorsch, Kloster Altenmünster von 703
T A F E L 25
b) L ü d e r s d o r f , K r . A n g e r m ü n d e ( B r a n d e n b u r g )
T A F E L 2G
a) A u r i t h bei F r a n k f u r t a n der Oder
b) P o l e n
T A F E L 27
b) Brzczany (Galizien)
T A F E L 28
T A F E L 29
O £
B
PH
T A F E L 30
mm mm
Vehlow (Ost-Prignitz). Plan und Modell
T A F E L 31
''Mjto'i,
C a r o l a t h (Nieder-,Schlesien). P l a n u n d R e k o n s t r u k t i o n
T A F E L 32
b) Umgebung von Oslo
TA'FKL :i:>
Am N o r d f j o r d (Norwegen)
b) Polen
T A F E L 34
Obliwitz (Pommerellen). Hausurne und Modell
T A F E L S.")
a) AVoedtke (Pommerellen). H a u s u r n e
b) Aseral (Norwegen)
T A F E L 30
b) Zeichnung von K. Blechen
T A F KL 37
b) A u f h a u eines Walliser Pfahlspeichevs
T A F I í L :5S
Las Rosas bei Arriondas (Asturien)
T A F E L 39
b) Kolomyszina (Ukraine)
T A F KL 40
b) Zwenkau bei Leipzig. ¡Steinzeitdorf, Ausschnitt
T A F E L 42
r ,»*a«6«l j.l.U.. , Bill 'IMIt
a) Lensian, Kr. Lüchow (Hannov.-AVendland)
b) Witzeetze, K r . Lüneburg (Hannov.-Wendland)
BERICHTE ÜBER DIE VERHANDLUNGEN DER SÄCHSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU LEIPZIG PHILOLOGISCH-HISTORISCHE KLASSE B a n d 97 Helt 1 Prof. Dr. THEODOR F R I N G S , Antike und Christentum an der Wiege der deutschen Sprache. 36 Seiten - 8° - 1949 - DM 3 , - (vergriffen) Heft 2 Prof. Dr. F R I E D R I C H W E L L E R , Zum mongolischen Tanjur 36 Seiten - 8° - 1949 - DM 4,75 (vergriffen) Heft 3 Prof. Dr. WALTER B A E T K E , Die Götterlehre der Snorra-Edda Nachdruck - 68 Seiten - 8° - 1952 - DM 8,30 Heft 4 Prof. Dr. CARL BROCKELMANN, Abessinische Studien 60 Seiten - 8° - 1950 - DM 6 , - (uergriffen) Heft 5 Prof. Dr. W I L H E L M SCHUBART, Griechische literarische Papyri 108 Seiten - 8° - 1950 - DM 13,25 (vergriffen) Heft 6 Prof. Dr. FRANZ D O R N S E I F F , Verschmähtes zu Vergil, Horaz und Properz Nachdruck - 108 Seiten - 8° - 1951 - DM 11,50 (vergriffen) H e f t 7 Prof. Dr. W E R N E R KRAUSS, Altspanische Drucke im Besitz der außerspanischen Bibliotheken 112 Seiten - 8° - 1951 - DM 10,50 (vergriffen) Heft 8 Prof. Dr. MARTIN LINTZEL, Liebe und Tod bei Heinrich von Kleist 76 Seiten - 8° - 1950 - DM 3,50 (vergriffen) B a n d 98 Heft 1 Prof. Dr. F R I E D R I C H ZUCKER, Freundschaftsbewährung in der neuen attischen Komödie. Ein Kapitel hellenistischer Ethik und Humanität 38 Seiten - 8° - 1950 - DM 3,60 (vergriffen) Heft 2 Prof. Dr. F R I E D R I C H BEHN, Vorgeschichtliche Felsbilder in K a r d i e n und West-Sibirien 16 Seiten - 4 Tafeln - 8° - 1950 - DM 3,50 (vergriffen) Heft 3 Dr. JACOB JATZWAUK, Sorbische Bibliographie, 2. Auflage X X und 500 Seiten - 8° - 1952 - DM 1 6 , -
(vergriffen)
Heft 4 Prof. Dr. OTTO E I S S F E L D T , El im ugaritischen Pantheon 84 Seiten - 1 Tafel als Frontispicium - 8° - 1951 - DM 9 , - (vergriffen) Heft 5 Prof. Dr. PAUL T H I E M E , Studien zur indogermanischen Wortkunde und Religionsgeschichte , Nachdruck — 78 Seiten — 8° — 1952 - DM 9,50 Heft 6 Prof. Dr. WALTER B A E T K E , Christliches Lehngut in der Sagareligion. Das Svoldr-Problem
Nachdruck - 135 Seiten - 8° - 1952 - DM 5,50
B a n d 99 Heft 1 Prof. Dr. K A R L BARWICK, Caesars bellum civile (Tendenz, Abfassungszeit und Stil) 178 Seiten - 8° - 1951 - DM 11,70 - (vergriffen) Heft 2 Prof. Dr. MARTIN LINTZEL, Die Entstehung des Kurfürstenkollegs Nachdruck - 54 Selten - 8° - 1952 - DM 4,25 -
(vergriffen)
Heft 3 Prof. Dr. MARTIN J A H N , Die Abgrenzung von Kulturgruppen und Völkern in der Vorgeschichte Nachdruck — 27 Seiten — 4 Abbildungen Im Text und auf 3 Tafeln 8° - 1953 - DM 3,60 (vergriffen) B a n d 109 Heft 1 Prof. Dr. EDUARD E R K E S , Das Problem der Sklaverei in China Nachdruck - 30 Seiten - 8° - 1954 - DM 2,70 Heft 2 Prof. Dr. MARTIN LINTZEL, Miszellen zur Geschichte des zehnten Jahrhunderts 116 Seiten - 8° - 1953 - DM 6,50
Heft 3 Prof. Dr. EBERHARD HEMPEL, Nikolaus von Cues In seinen Beziehungen zur bildenden Kunst 42 Seiten - 1 Abbildung - 8° - 1953 - DM 2,80 Heft 4 Prof. Dr. EDUARD ERKES, Die Entwicklung der chinesischen Gesellschaft von der Urzeit bis zur Gegenwart 30 Seiten - 8° - 1953 - DM 2,90 (vergriffen) Heft 5 Prof. Dr. RUDOLF KÖTZSCHKE, Salhof und Siedelhof im älteren deutschen Agrarwesen 108 Seiten - 8° - 1953 - DM 4,50 (vergriffen) Heft 6 Prof. Dr. JOSEPH AISTLEITNER, Untersuchungen zur Grammatik des Ugaritischen 187 Seiten - 8° - 1954 - DM 15, - (vergriffen) Band 101 Heft 1 Prof. Dr. JULIUS LIPS, Die Erntevölker, eine wichtige Phase in der Entwicklung der menschlichen Wirtschaft 18 Seiten - 8° - 1953 - DM 1,35 Heft 2 Prof. Dr. FERDINAND JOSEF SCHNEIDER, Stilkritische Interpretationen als Wege zur Attribuierung anonymer deutscher Prosatexte 108 Seiten - 8° - 1954 - DM 4,50 (vergriffen) Heft 3 Prof. Dr. EDUARD ERKES, Neue Beiträge zur Geschichte des Choukönigs Yu 44 Seiten - 8° - 1954 - DM 5,50 (vergriffen) Heft 4 Prof. Dr. KARL BARWICK, Der Dialogus de oratoribus des Tacitus (Motive und Zeit seiner Entstehung) 42 Seiten - 8° - 1954 - DM 3 , Heft 5 Prof. Dr. ALBRECHT ALT, Der Stadtstaat Samaria 64 Seiten - 8° - 1954 - DM 3, - (vergriffen) Heft 6 Prof. Dr. ALBRECHT ALT, Die Herkunft der Hyksos in neuer Sicht 40 Seiten - 8° - 1954 - DM 2, - (vergriffen) Heft 7 Prof. Dr. FRIEDRICH ZUCKER, Isokrates' Panathenaikos 31 Seiten - 8° - 1955 - DM 1,50 Band 102 Heft 1 Prof. Dr. FRIEDRICH BEHN, Vorgeschichtliches Maskenbrauchtum 24 Seiten - 16 bebilderte Kunstdrucktafeln - 8° - 1955 - DM 3,60 (vergriffen) Heft 2 Prof. Dr. FRIEDRICH WELLER, Die Legende von Sunahsepa im Aitareyabrahmana und Sankhayanasrautasutra 91 Seiten — 8° — 1956 — DM 6, — Heft 3 Prof. Dr. MARTIN LINTZEL, Heinrich I. und die fränkische Königssalbung 56 Seiten - 8° - 1955 - D M 2 Heft 4 Rückläufiges Wörterbuch der griechischen Eigennamen. Im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften unter Leitung ihres ordentlichen Mitgliedes , Prof. Dr. FRANZ DORNSEIFF ausgearbeitet von Dr. BERNHARD HANSEN (In Vorbereitung) Heft 5 Prof. Dr. WALTER BAETKE, Über die Entstehung der Isländersagas 110 Seiten - 8° - 1956 - DM 5,50 Heft 6 Prof. Dr. KARL BISCHOFF, Zur Geschichte des Niederdeutschen südlich der lk Ich-Linie zwischen Harz und Saale 47 Seiten - 9 Abbildungen - 1 Ausschlagtafel - 8° - 1957 - DM 3,70 Band 103 Heft 1 (In Vorbereitung) Heft 2 Prof. Dr. HERBERT GRUNDMANN, Vom Ursprung der Universität im Mittelalter 66 Selten - 8° - 1967 - DM 2,70 Bettellungen durch eine Buchhandlung erbeten
AKADEMIE-VERLAG
• BERLIN W 8