Die Entstehung der Arten: Illustrierte Edition 3806235856, 9783806235852

Charles Darwins 'Die Entstehung der Arten' ist ein epochales Werk und gehört zu den berühmtesten und kontrover

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German Pages 544 [563] Year 2017

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Table of contents :
Front Cover
Titel
Impressum
Einführung
Inhalt
Einleitung
Erstes Kapitel Abänderung durch Domestikation
Zweites Kapitel Abänderung im Naturzustand
Drittes Kapitel Der Kampf ums Dasein
Viertes Kapitel Natürliche Züchtung
Fünftes Kapitel Gesetze der Abänderung
Sechstes Kapitel Schwierigkeiten der Theorie
Siebentes Kapitel Instinkt
Achtes Kapitel Bastardbildung
Neuntes Kapitel Unvollkommenheit der geologischen Überlieferungen
Zehntes Kapitel Geologische Aufeinanderfolge organischer Wesen
Elftes Kapitel Geographische Verbreitung
Zwölftes Kapitel Geographische Verbreitung. (Fortsetzung.)
Dreizehntes Kapitel Wechselseitige Verwandtschaft organischer Körper; Morphologie; Embryologie; Rudimentäre Organe
Vierzehntes Kapitel Allgemeine Wiederholung und Schluss
Anhang: Historische Skizze der Fortschritte in den Ansichten über den Ursprung der Arten
Glossar der wichtigsten Fachbegriffe in diesem Buch
Bildnachweis
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Über den Autor
Über Charles Darwin
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Die Entstehung der Arten: Illustrierte Edition
 3806235856, 9783806235852

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CHARLES DARWIN ENTSTEHUNGder ARTEN

Die

I L L U S T R I E R T E E D I T I O N

Titel der Englischen Originalausgabe: On the Origin of Species. The Illustrated Edition Copyright © 2008, 2011 by Sterling Publishing Co., Inc. Translation copyright © 2017 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Folgende Editionen werden in dieser Ausgabe zitiert: Über die Entstehung der Arten, 1. Auflage 1859, übers. von H.G. Bronn. Dieser Text wurde für die vorliegende Ausgabe geringfügig modifiziert, um sie an heutige sprachliche Gepflogenheiten anzupassen. Die Fahrt der Beagle, 2016, WBG, übers. von Eike Schönfeld. The Life and Letters of Charles Darwin, herausgegeben von Francis Darwin, 1. Auflage 1887, übers. von Heike Rosbach The Autobiography of Charles Darwin, die Originalfassung ist als Teil der 1. Ausgabe von The Life and Letters of Charles Darwin 1887 erschienen, übers. von Hanne Henninger Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. Der Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG. © 2017 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Lektorat: Verlagsservice Henninger GmbH, Würzburg Satz: Verlagsservice Henninger GmbH, Würzburg Einbandgestaltung: Vogelsang Design, Aachen Druck und Bindung in Deutschland Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-8062-3585-2 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich: eBook (PDF) 978-3-8062-3593-7 eBook (ePub) 978-3-8062-3594-4

Einführung



von David Quammen

Ü

ber die Entstehung der Arten« ist in vielerlei Hinsicht ein überraschendes, besonderes Werk, doch von all

seinen Besonderheiten ist diese meine liebste: Selten ist in der Geschichte der englischen Prosa so ein gefährliches, brisantes, folgenreiches Buch im Ton so bescheiden und leutselig gewesen. Und zwar, weil sein Autor, Charles Darwin, ein bescheidener und umgänglicher Mann war – scheu im Verhalten, aber selbstsicher bei seinen Ideen –, der weder wettern noch einschüchtern, sondern vielmehr überzeugen wollte.

Als ich an Bord des Königlichen Schiffs Beagle als Naturforscher Südamerika erreichte, ward ich überrascht von der Wahrnehmung gewisser Tatsachen in der Verteilung der Bewohner und in den geologischen Beziehungen zwischen der jetzigen und der früheren Bevölkerung dieses Weltteils. Diese Tatsachen schienen mir einiges Licht über die Entstehung der Arten zu verbreiten, diesem Geheimnis der Geheimnisse, wie es einer unserer größten Philosophen genannt hat.

Er klingt wie ein sanftmütiger Onkel, der sich höflich räuspert, um gleich zum Tee ein paar seltsame Beobachtungen und Vermutungen anzustellen.

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Der Philosoph, auf den Darwin da anspielt, war Sir John Herschel, dessen Buch über »Naturphilosophie«, wie man das damals nannte, Charles in seiner Studentenzeit in Cambridge beeindruckt hatte. Die Naturphilosophie war empirisch und induktiv, aber sie wandelte sich kaum merklich zur »Naturtheologie«, einer frommen Denkschule, welche die Wunder der Natur als Beweis für die Allmacht und Güte Gottes begriff. Was war der Ursprung der neuen Arten, die die alten ausgestorbenen ersetzten? Die Orthodoxie verordnete, jede Spezies sei ein besonderer göttlicher Schöpfungsakt. Herschel selbst mag vermutet haben, dass »Zwischenursachen« damit zu tun hatten; das hieß jedoch keineswegs, zu akzeptieren, dass Arten durch einen materialistischen evolutionären Prozess entstanden waren. Deshalb stellte die Frage, wann, wo und wie Gott Arten schuf, um die ausgestorbenen zu ersetzen, noch immer das »Geheimnis aller Geheimnisse« für Sir John dar. Darwin teilte nach der Beagle-Fahrt Herschels Interesse an dem Geheimnis, war aber zu einer anderen Lösung gelangt. Was die »Bewohner Südamerikas« anlangt, auf die Darwin gleichfalls anspielte, so zählten zu ihnen Armadillos, große flugunfähige Vögel namens Rheas, verschwundene Formen des Pferdes und ein ausgestorbenes Riesenfaultier mit der Gattungsbezeichnung Megatherium, die allesamt (neben der bekannteren Fauna der Galapagosinseln) sein Denken weiter in Richtung Evolutionstheorie trieben. Zu den bemerkenswertesten Dingen bei dieser Eingangsbehauptung in der »Entstehung« zählt, dass Darwin das Gewicht auf die Festlandspezies Südamerikas legt und die Galapagosinseln nicht einmal erwähnt. Diese – für ihn wichtigen, ja, aber nicht ganz so wichtigen, wie die Legende nahelegt – Inseln kommen erst weiter hinten im Buch zu ihrem Recht. Sein vertrauensvoller erster Absatz geht so weiter: Nachdem ich dies fünf Jahre lang getan hatte, getraute ich mich erst, eingehender über die Sache nachzusinnen und kurze Bemerkungen niederzuschreiben, die ich 1844 weiter ausführte, indem ich die Schlussfolgerungen hinzufügte, und seitdem war ich mit beharrlicher Verfolgung des Gegenstands beschäftigt.

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Es war ein stetiges – so stetig wie das Tempo einer Schildkröte in einem Labyrinth –, aber kein direktes, kein schnelles Bemühen, denkt man an die acht Jahre, in denen er ein vierbändiges Werk über die Taxonomie der Rankenfüßer schrieb. Andere wissenschaftliche wie private Ablenkungen waren ebenfalls hinzugekommen, etwa seine Heirat, ein Buch über Korallenriffe, eine Hausrenovierung, zwei Ausgaben seiner Fahrt der Beagle, lange Aufenthalte in einer Kaltwasseranstalt wegen einer unklaren Erkrankung, die Kopfschmerzen, Herzrasen und Brechreiz verursachte, plus die Zeugung von zehn Kindern und der Tod seines Lieblings, seiner Tochter Anne. Aber nun war Darwin wieder in der Spur und überreichte der Welt endlich (am 26. November 1859, dem Erscheinungstag der ersten Auflage) dieses Buch, das die Theorie der Evolution beschreibt, die er 21 Jahre zuvor als junger Mann entworfen hatte. Er setzt hinzu: Ich hoffe, dass man die Anführung der auf meine Person bezüglichen Einzelheiten entschuldigen wird: Sie sollen zeigen, dass ich nicht übereilt zu einem Entschluss gelangte. Hier trat zu seiner Bescheidenheit noch schüchternes Understatement. Die gewundene Geschichte hinter Darwins großem Buch zeigt, dass er bei der Publikation der »Entstehung der Arten« alles andere als hastig vorging.



Darwin kehrte am 2. Oktober 1836 von der langen Reise zurück – mit seinen Notizen und seinen gesammelten Proben sowie dem aufkeimenden Verdacht, dass die Theorie des besonderen Schöpfungsakts nicht richtig war. Er war 27 Jahre alt. Er fuhr eiligst nach Hause, um seine Familie wiederzusehen, ins Städtchen Shrewsbury in den Midlands, wo sein verwitweter Vater nach fünf Jahren einen ersten Blick auf ihn warf und zu Charles’ Schwestern sagte: »Nun ja, die Form seines Kopfes hat sich stark verändert.« Aber wahrscheinlich dachte er sich das bloß. Darwin mietete sich in London ein Haus. In den nächsten zwei Jahren lebte er als beschäftigter Junggeselle, ging nur wenig in Gesellschaft (nachdem das Novum der Dinnerpartys und das Flirten

mit heiratsfähigen jungen Frauen seinen Reiz verloren hatte) und konzentrierte sich entschlossen, aber insgeheim, auf die Frage, ob Arten unveränderlich waren (die vorherrschende Meinung) oder irgendwie veränderbar. Wenn Spezies änderungsfähig waren – wenn sie sich modifizierten, anpassten, zu neuen Formen entwickelten, wobei sie sich von einem gemeinsamen Vorfahr aus diversifizierten –, welcher Mechanismus rief dann diese Effekte hervor? Darwin wusste es nicht. Er hatte Ideen, wilde Thesen, aber keine Theorie – noch nicht. Er las viel. Er studierte die Proben von der Beagle. Er ging in den Zoo und beäugte den Orang-Utan. Er stopfte seine ausgewählten Tatsachen und einen Wirrwarr an Gedanken in kleine geheime Hefte, die er seine Transmutatios-Notizbücher nannte, da sie von der Veränderung der Arten handelten. Von »Evolution« sprach er erst später. Fast zwei Jahre lang tastete er erfolglos nach einer Erklärung, wie die Spezies sich verändern könnten. Dann, Ende September 1838, las er die »Abhandlung über das Bevölkerungsgesetz« von Thomas Malthus, die seine Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenkte, dass alle Spezies (auch der Homo sapiens) dazu neigen, sich in einer Rate fortzupflanzen, die zu Überbevölkerung führt, zu viel mehr Individuen, als vom Habitat und Nahrungsangebot her tragbar sind. Die Folge ist ein Kampf ums Überleben und um Möglichkeiten zur Fortpflanzung. Welche Individuen sind dabei erfolgreich? Jene, die durch kleine Abweichungen in der Anatomie, Physiologie oder im Verhalten für die physischen und sozialen Herausforderungen ihrer Lebensumstände am besten geeignet sind. Jetzt sah Darwin es. Er hielt seine Erleuchtung im aktuellen Notizbuch mit einer groben Analogie fest: Man könnte sagen, es existiert eine Kraft, wie wenn hunderttausend Keile versuchen, jede Art von adaptierter Struktur in die Lücken im Aufbau der Natur zu zwängen oder vielmehr Lücken zu bilden, indem sie die schwächeren hinauswerfen. Das Ergebnis des ganzen Zwängens, so erkannte er, »muss sein, die richtige Struktur auszuwählen und sie für die Veränderung passend zu machen«.

Das war die erste Feststellung – sehr grob noch, sehr geheim, bloß ein noch ungeschiedenes GedankenNugget – zu seiner Theorie der Evolution durch natürliche Zuchtwahl. Diese Analogie sollte dann in der »Entstehung« (siehe S. 80) in einem Kapitel auftauchen, in dem er den von ihm so genannten »Kampf ums Dasein« erklärte. Die Idee des Kampfes, sollte er hinzufügen, ist »die Lehre von Malthus mit verstärkter Kraft übertragen auf das ganze Tier- und Pflanzenreich«. Rund zwei Monate nach seiner Erleuchtung, am 27. November, kritzelte Darwin eine deutliche, aber plump unterstrichene Behauptung in das aktuelle Notizbuch, mit der er die Theorie klarer umriss: Drei Prinzipien, werden alles erklären 1. Enkel. Wie. Großväter 2. Tendenz zur kleinen Veränderung ... vor allem bei physischer Veränderung 3. Große Fruchtbarkeit im Verhältnis zur Hilfe der Eltern. Punkt drei bezog sich auf den Druck durch die Überbevölkerung, auf den Malthus ihn hingewiesen hatte. Punkt eins hielt die Grundtatsache des Erblichkeitsgesetzes fest – dass die Nachkommen dazu neigen, ihren nächsten Vorfahren sehr ähnlich zu sein. Und Punkt zwei erkannte die entscheidende Tatsache an, dass die Vererbung nicht exakt ist – dass in jeder Generation die Individuen sich durch willkürliche Abweichungen unterscheiden. Einige sind ein wenig größer oder kräftiger oder schneller oder haben einen längeren Hals oder ihr Gefieder ist in kräftigerem Rot oder Gelb als das der anderen. Solch eine Abweichung spiegelt sich auch in der Tatsache, dass selbst Geschwister (bis auf eineiige Zwillinge) nicht haargenau gleich sind. Doch nimmt man die drei Punkte zusammen, so erkannte Darwin, hat man einen funktionierenden Mechanismus, der über Generationen zur Anpassung führt. Das ist der Punkt, ab dem sich seine Theorie der Evolution am genauesten nachzeichnen lässt: 27. November 1838, Notizbuch E, S. 58. Beeilte er sich, das zu veröffentlichen? Nein. Warum nicht? Weil er mehr als nur eine radikale geniale Idee mit subversiven Implikationen anbieten wollte; er wollte ein ganzes Gebäude an Beweisen E IN FÜ H RU N G V ON DAVID QUAM M EN

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und logischer Argumentation zur Untermauerung dieser radikalen genialen Idee vorlegen. Einen Grund zur Eile sah er nicht (später dann schon). Nach außen hin führte er weiter das Leben eines konventionellen jungen Naturforschers und parallel insgeheim das des Evolutionsforschers; er sammelte mehr Material aus gedruckten Quellen, aus dem Briefwechsel mit Tier- und Pflanzenzüchtern sowie seinen eigenen Beobachtungen und Experimenten. Und er war zusehends mit anderen Aufgaben und Rollen ausgelastet. Er heiratete seine Cousine Emma Wedgwood, die Erbin des Porzellanherstellers und eine fromme Christin. Er teilte ihre tiefe Gläubigkeit nicht, und sie wusste das und sorgte sich um sein Seelenheil; aber egal, irgendwie schafften sie es, dass ihre Ehe funktionierte. Sie flohen aus London und zogen in ein marodes Haus in dem kleinen Dorf Down. Er beendete seine Arbeit als Herausgeber des fünfbändigen Kompendiums ›The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle‹, das auf seinen Spezimen von dieser Expedition basierte. Er richtete sich in seinem Arbeitszimmer ein, das ihm als Home-Office diente, in dem großen Haus mit einer wachsenden Familie (bis 1844 vier lebende Kinder und eine kleine Tochter auf dem Kirchhof) und der Dienerschaft und seiner beschützenden Ehefrau, fern vom lärmigen London. Und dann verstrich immer mehr Zeit. Und Darwin war stetig stärker eingebunden in seine Rollen als Ehemann, Vater, Landedelmann, öffentlichkeitsscheuer Verfasser von naturhistorischen Büchern und geachteter, wenn auch etwas langweiliger Wissenschaftler; und ihm war klar, wie haarsträubend und verwirrend seine Theorie wirken würde – auf Emma, seine wissenschaftlichen Freunde, die viktorianische Gesellschaft –, wenn er sie schließlich doch veröffentlichte. Er unternahm in jenen Jahren mehrere Anläufe, die Theorie auszuformulieren. 1842 erstellte er einen Entwurf seiner Ideen und Argumente, legte ihn dann aber beiseite. 1844 schrieb er eine längere Version, legte aber auch diese zur Seite, mit einer Notiz für Emma, sie solle sie »im Falle meines plötzlichen Todes« publizieren. Wenn seine Theorie richtig war (was er glaubte), sagte er Emma, und wenn auch nur ein kompetenter Richter sie akzeptieren würde, dann wäre sie »ein beträchtlicher Schritt für die

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Wissenschaft«. Da hatte er recht. Doch er war noch nicht bereit, diesen Schritt öffentlich zu gehen. In jenem Jahr erschien in London noch ein Buch mit dem Titel »Vestiges of the Natural History of Creation«. Provokant in seiner Aussage und sehr mysteriös, weil der Autor anonym zu bleiben entschied, verkauften sich die »Spuren« gut (vier Auflagen in einem Jahr) und sorgten mit ihren verträumten, wirren, unbewiesenen Thesen über einen kosmischen Prozess der evolutionären Veränderung beim Publikum für viel Aufsehen. Das Buch amüsierte die unkritischen Leser und stieß bei den vorsichtigen Wissenschaftlern auf Ablehnung, für die es ein Obstkuchen mit unechtem Zuckerwerk war. Darwin sah dies jedoch als Zeichen, dass die Zeit für einen Text zur Evolution noch nicht reif, ja wohl ungeeigneter denn je war. Er wollte nicht mit dem namenlosen Autor der »Vestiges« als Lieferant von bösen geistigen Kohlehydraten in einen Topf geworfen werden. Zehn Jahre vergingen. Darwin sezierte, skizzierte und beschrieb zahlreiche Rankenfußkrebse. Weitere fünf Kinder wurden geboren, nun tobten acht durchs Haus. Dann starb Annie mit zehn Jahren herzzerreißend an Tuberkulose, wie es scheint. Ihr Leiden und Sterben, das er an ihrem Bett miterlebte, entfernte Darwin noch weiter von den orthodoxen christlichen Trostsprüchen. Er war nie sonderlich fromm gewesen (obwohl er sich in Cambridge auf die anglikanische Priesterweihe vorbereitete, bevor ihn die Fahrt mit der Beagle von dieser Laufbahn abbrachte), und sein langsames Wegdriften vom Christentum war genauso stark mit intellektuellen Zweifeln verbunden wie mit persönlichen Gefühlen. Aber das Leid von Unschuldigen wie Annie und seine Skepsis hinsichtlich des besonderen Schöpfungsakts und anderer wundersamer Eingriffe sowie seine Ablehnung des Dogmas von der ewigen Verdammnis der Ungläubigen machten es ihm unmöglich, gläubig zu sein oder auch nur die Idee eines allmächtigen gütigen Gottes zu akzeptieren. Später sagte er: »Ich gab das Christentum nicht auf, bevor ich vierzig Jahre alt war.« Als Annie starb, war er zweiundvierzig. 1854, nach Beendigung des langen Umwegs über die Taxonomie der Rankenfußkrebse, zog Darwin

seine alten Notizen zur Transmutation wieder hervor und machte sich an die Evolutionstheorie als Vollzeitprojekt. Die nächsten zwei Jahre verbrachte Darwin erneut mit Lesen, Forschen, Experimentieren und Nachdenken. Er fügte seiner Theorie ein weiteres entscheidendes Element hinzu, das er »das Prinzip der Divergenz« nannte (siehe S. 124–139) und mit dem er nicht nur die Anpassung und Komplexität der Arten, sondern auch ihre Diversifikation von gemeinsamen Abstammungslinien – dem Ursprung der biologischen Diversität – erklären konnte. Dann fing er an zu schreiben. Bis zum Frühsommer 1858 hatte er eine Reihe von Kapiteln zu dem, was er »mein großes Buch« zu nennen begonnen hatte. Die Kapitel umfassten über eine Viertelmillion Wörter, doch er meinte, er habe erst die Hälfte. Da landete ein Brief in seiner Post. Er kam von einem jungen Engländer namens Alfred Russel Wallace, einem autodidaktischen Naturforscher und kommerziellen Sammler mit wenig Schulbildung und nicht vom selben gesellschaftlichen Status wie Darwin (wiewohl sie eine wissenschaftliche Brieffreundschaft pflegten). Wallace hatte vier Jahre lang die Inseln des Malaiischen Archipels (heute großenteils Indonesien) bereist und davor schon vier Jahre am Amazonas verbracht. Sein Brief war in einem Handelshafen im Norden der Molukken aufgegeben worden. Er enthielt ein Manuskript. Lieber Mr Darwin, stand in dem Brief, hier ist eine recht ungewöhnliche Theorie, die ich entwickelte; wenn Sie meinen, dass der beigelegte Aufsatz es verdient, würden Sie ihn bitte an eine Person mit Einfluss weiterleiten? Wallace beschrieb in dem Papier die Evolution durch natürliche Zuchtwahl – nicht in diesen Worten, aber mit Gedanken, die mit Darwins eigener Theorie fast identisch waren. Das ist die klassische Geschichte einer wissenschaftlichen Konvergenz, die bereits viele Male erzählt wurde; doch die grundlegenden Fakten verdienen es, noch einmal geschildert zu werden. Nach ein paar Tagen voller Panik und Verzweiflung vertraute Darwin die Sache seinen beiden engsten wissenschaftlichen Freunden an, dem Geologen Charles Lyell und dem Botaniker Joseph Hooker, die ihren Einfluss in der Wissenschaftsgemeinde nutzten (ohne Wallace darüber zu informieren),

die Entdeckung durch die beiden bekanntzugeben. Hooker stellte einige Auszüge von Darwins unveröffentlichten Schriften, die gerade mal zum Umreißen seiner Theorie reichten, zusammen. Dieser Abriss und Wallace’ Papier wurden bei einer Sitzung der Linnean Society am 1. Juli 1858 vorgetragen und die Urheberschaft der Idee wurde beiden zugesprochen, was immer dies bringen mochte. Tatsächlich hatte es eine Weile den Anschein, es brächte nur sehr wenig. Auf die Bekanntgabe kam so gut wie keine Reaktion von anderen Wissenschaftlern, von der breiten Öffentlichkeit ganz zu schweigen. Darwin selbst hatte die Sitzung der Linnean Society nicht besucht, und Wallace, immer noch drüben im Osten, wusste nicht einmal etwas davon. An den Anwesenden ging die Bedeutung des Gesagten fast völlig vorbei. Vorrangig hatte das Ereignis zur Folge, dass es Darwin anspornte, aktiv zu werden. Das Ganze zwang ihn zu der Erkenntnis, dass die Aussicht, obwohl er nach wie vor Bedenken wegen der öffentlichen Präsentation seiner Theorie hegte, das Rennen um den ersten Platz zu verlieren und jemand anderen als den Entdecker der Evolution durch natürliche Zuchtwahl anerkannt zu sehen, gefiel ihm noch weniger. Deshalb ließ er das halbfertige Buchmanuskript liegen und begann von Neuem zu schreiben, diesmal knapp und prägnant und – schnell. Die knappe Darlegung quälte ihn, da er so viele seiner Beweise ausließ, die er in mehr als zwanzig Jahren gesammelt hatte; er ließ Fußnoten und Quellenangaben weg, die, wie er dachte, notwendig gewesen wären, um dem Werk wissenschaftliche Glaubwürdigkeit zu verleihen. Er entschuldigte die Unterlassungen mit dem Hinweis in seinem neuen Manuskript, das dünne Buch sei nur ein »Auszug«, ein verkürzter Abriss des großen Buches, an dem er geschrieben hatte. Er jammerte mehrfach, in seiner Einleitung und an anderen Stellen, dass der fehlende »Platz« ihn daran hindere, sein gesamtes Material vorzulegen und all seine Quellen anzuführen. Das eigentliche Problem allerdings war die fehlende Zeit, da er schnell etwas veröffentlichen wollte, bevor er das Urheberrecht an der Theorie gänzlich verlor. Nach zehn Monaten hektischer Arbeit hatte er einen Entwurf fertig. Darwin wollte das Buch ›An Abstract of an Essay on the Origin of Species and Varieties through E IN FÜ HRU N G V ON DAVID QUAM M EN

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Natural Selection‹ nennen, doch sein Verleger John Murray überzeugte ihn, dass ›An Abstract‹ todlangweilig klinge. Dann musste Darwin die Druckfahnen korrigieren, die holprigeren Passagen umschreiben und ein Register erstellen. Im September 1859 hatte er von dem Ganzen die Nase voll. »So viel zu meinem grässlichen Buch«, schrieb er an einen Freund, »das mich so viel Mühe gekostet hat, dass ich es beinahe schon hasse.« Doch Anfang November, als er ein erstes gedrucktes Exemplar in Händen hielt, änderte sich seine Einstellung. »Ich bin unendlich froh und stolz«, sagte er zu John Murray, »über das Erscheinen meines Kindes.« Der endgültige Titel hatte (ein klein wenig) mehr Pep als die »Auszug«-Version, obwohl er noch immer im viktorianischen Stil lang und gewunden war: »On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle of Life«. Drei Wochen später teilte Murray Darwin die gute Nachricht mit: Die gesamte Auflage (1250 Exemplare abzüglich ein paar Dutzend für Werbezwecke) war am ersten Tag im Großhandel ausverkauft. Fünf weitere, jeweils von Darwin überarbeitete Auflagen sollten zu seinen Lebzeiten folgen. Für die dritte Auflage 1861 stellte er die ›Historische Skizze der Fortschritte in den Ansichten über den Ursprung der Arten‹ als eine Art Vorwort dazu. Diese Abhandlung (hier als Anhang auf S. 514–525) listet einige zuvor publizierte Thesen eines noch nicht gefestigten Gedankengebäudes zur Evolution (und sogar einige Vorwegnahmen der natürlichen Zuchtwahl) auf. Dass er die Ideen bis auf Aristoteles zurück und danach über Jean-Baptiste Lamarck, Alfred Wallace und andere nachzeichnete, war eine Reaktion auf die Kritik, Darwin habe mehr Originalität für sich beansprucht, als ihm zustehe. In der fünften Auflage 1869 fügte er die Wendung »Überleben des Tüchtigsten« ein, die er der Anschaulichkeit halber von dem Philosophen Herbert Spencer übernahm. In der sechsten Auflage 1872 ließ er im Titel »Über die« weg und vereinfachte ihn zu ›Entstehung der Arten‹. Darwin starb am 19. April 1882 mit 73 Jahren an einem Herzleiden. Aber das Buch lebte weiter. Die Rezeptionsgeschichte von Darwins Theorie nach ihrer ersten vollen Darlegung (1859), den späteren Bearbeitungen (die nicht alle

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Verbesserungen darstellten) und ihrer anschließenden Kommunikation, Übersetzung, Interpretation, Fehlinterpretation, Popularisierung, Vereinfachung und Verzerrung durch andere ist ein kompliziertes Thema, auf das ich hier nicht eingehen werde. Das gehört nicht nur zur Biographie von Charles Darwin und die Geschichte seines berühmtesten Buches, sondern zur Historie der Evolutionsbiologie in den letzten 150 Jahren. Sie können sie, wenn Sie möchten, in Büchern wie ›Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt‹ von Ernst Mayr oder in ›Die Entdeckung der Evolution‹ von Uwe Hoßfeld und Thomas Juncker sowie vielen anderen finden. Und Sie können in Ihrer nächstgelegenen Universitätsbibliothek ganze Regale voll zu dem Thema finden. Ich bezwecke hier etwas anderes: Ihre Aufmerksamkeit auf die tatsächlichen Worte, Sätze und Kapitel des einen Buches zu lenken, mit dem alles anfing.



Die Lektoren bei Sterling Publishing Co. und ich haben entschieden, Ihnen den Text der Erstausgabe vorzulegen, da er die frischeste, dramatischste, gewagteste und folgenreichste aller Versionen war, die Darwins Feder entsprangen. Es ist der Text, der im November 1859 in London in die Buchhandlungen kam und zu dem revolutionären Umdenken führte, wie wir Menschen unseren Platz im Universum und unsere Verwandtschaft mit allen Lebewesen auf der Erde sehen. Zweifelsohne haben Sie schon viele Bemerkungen über Phänomene gehört, die »darwinistisch« seien, und wurden Sie mit Gedankengebäuden konfrontiert, die »Darwinismus« darstellen sollen. Lassen Sie sich nicht von Ersatzspielern in die Irre führen. Geben Sie nichts auf Hörensagen. Wenn Sie wissen wollen, was Charles Darwin gesagt und gedacht, wofür er gestanden hat – dann lesen Sie dieses Buch. Die ›Entstehung der Arten‹ wurde nicht für Fachleute geschrieben. Es wurde für alle geschrieben, die lesen, nachdenken und Fragen stellen. Der Stil ist ab und an anstrengend, aber oft auch elegant; die Details sind spannend; die Logik ist luzide; und der Tonfall ist der eines leutseligen Gentleman. Doch Sie werden zwischen diesen beiden Buchdeckeln noch mehr finden als nur den Text

von Darwins großem Buch. Wir haben uns erlaubt, zu Ihrem Vergnügen und Ihrer Information dem Hauptgang einige literarische Beilagen und optische Aromen zur Seite zu stellen. Darwins Reise an Bord der Beagle, welche die Entwicklung seiner Theorie so stark beschleunigte, wird auf zweierlei Weise nachgezeichnet: mit Auszügen aus seinem Reisebericht (erschienen 1839 als ›Reise eines Naturforschers um die Welt‹ und später unter anderen Titeln, deren bekanntester ›Die Fahrt der Beagle‹ ist) sowie Bildern von den Orten, die er besuchte, den Geschöpfen, die er sah (und einigen, die er hätte sehen können, aber nicht gesehen hat), und vom Schiff selbst. Aus seinem sonstigen Leben servieren wir Ihnen Auszüge aus seiner Autobiographie, die er in ruhigen Augenblicken zwischen 1876 und 1881 entwarf und die für seine Familie gedacht war und erst nach seinem Tod publiziert wurde. Schließlich nahmen wir einige Gedanken und Briefe aus dem Band ›Leben und Briefe von Charles Darwin‹ auf, den sein Sohn Francis 1887, fünf Jahre nach Charles’ Tod, herausgab. Daneben haben wir eine Chronologie (S. 144–148) gestellt, die Darwins Leben bis zur Veröffentlichung der »Entstehung« nachzeichnet, und zahlreiche andere faszinierende, malerische und aussagekräftige Bilder mit einem Bezug zu ihm als Mensch und zur »Entstehung«. Das ist immerhin eine illustrierte Ausgabe von Darwins großem Werk – vielleicht die einzige im Augenblick. Die visuelle Komponente unseres Buches führt schon für sich genommen in die wissenschaftlichen Ideen der »Entstehung« und den historischen Hintergrund ihrer Veröffentlichung ein. Es ist eine reiche Galerie von Fotografien, Ölporträts, alten Holzschnitten, Skizzen und anderen Reproduktionen, darunter viele der wunderbaren kolorierten Lithographien (von Elizabeth Gould, der Ehefrau des Ornithologen John Gould, und anderen), die ursprünglich in den Bänden von ›The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle‹ erschienen. So finden Sie z. B. auf Seite 3 ein schönes Porträt von Erasmus Darwin, dem Großvater von Charles, der im 18. Jahrhundert selbst ein bekannter Intellektueller und früher Theoretiker über das Thema Evolution war. Die Seiten 12 und 13 zeigen Ihnen einen erstaunlichen Vogelfalter aus Neuguinea; andere lebendige Bilder sind u. a. das Wasserschwein im heutigen

Uruguay (S. 67), die Galapagos-Riesenschildkröte (S. 177) und weitere endemische Spezies des Archipels, die Lemuren auf Madagaskar (S. 184), die bizarr angepassten Baumkängurus in Australien und Neuseeland (S. 460) usw. Auf der historischen Ebene bieten wir Ihnen einen Blick auf die Länder, Institutionen und Schauplätze, die in Darwins Leben wichtig waren, und auf die Menschen, die ihm privat und wissenschaftlich nahestanden. Das Haus, in dem er aufwuchs (The Mount, S. 53), erinnert uns daran, dass er aus einer begüterten Familie stammte – ein entscheidender Umstand für Darwins berufliche Laufbahn, da er sich nie von der Forschung abwenden musste, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das Bild seines Studentenausweises (S. 76) der medizinischen Fakultät in Edinburgh, die er nach zwei Jahren angewidert verließ, erinnert uns daran, dass er als junger Mann – wie so viele junge Männer – verwirrt und unentschlossen war und den Weg zu seiner eigentlichen Berufung nicht auf Anhieb fand. Das sind beredte visuelle Artefakte. Dann sind da noch die Personen, die ihn unterstützten, die Männer (und ein paar Frauen), die ihm halfen, zu dem zu werden, der er war, und das zu tun, was er tat: Robert Fitzroy, der Kapitän der Beagle (der auf S. 20 so gebieterisch dreinblickt); John Stevens Henslow, sein großherziger Mentor in Cambridge (S. 95); Charles Lyell, der Modernisierer der Geologie und Darwins erster bedeutender wissenschaftlicher Freund und Gönner nach der Beagle-Reise (S. 178); die Bulldogge Thomas Huxley, der öffentlich für Darwins Theorie die Schlachten schlug, für die Darwin selbst zu schüchtern war (S. 317); sein engster akademischer Vertrauter Joseph Hooker (S. 322, auf einem wunderbaren Gemälde, das den stets jungen und geschmeidigen Verstand hinter dem grau werdenden Bart andeutet); und schließlich Darwins Ehefrau Emma (auf S. 212 zur Zeit ihrer Heirat und auf S. 485 in späteren Jahren). Eines dieser nachhallenden Bilder möchte ich Ihnen besonders ans Herz legen: Darwin selbst, gemalt von John Collier nach dem Tod des Forschers (S. 487). Der Künstler hat, wie ich finde, in diesen Augen etwas Wahres und Wichtiges eingefangen. Er erfasste den festen Blick eines sanften, aber grundehrlichen Mannes, eines Mannes, der die Welt nicht E IN FÜ HRU N G V ON DAVID QUAM M EN

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in Aufruhr versetzen wollte, aber auch nicht davor zurückschreckte zu sagen, was er über die Ursprünge der Anpassung, Diversität und Komplexität bei den Lebewesen auf unserer Erde für richtig hielt.



»Kulturelle Bildung« ist ein Begriff, mit dem u. a. anderen etwas vorgeschrieben wird, und unter diesem Banner sollte niemand angegangen oder herablassend behandelt werden. Niemand kann genau sagen, welche paar großartigen Bücher für die Selbstverwirklichung und Bildung anderer Menschen unbedingt notwendig sind. Wir müssen nicht alle dieselben Dinge wissen. Der Physiker und Romancier C. P. Snow, der glaubte, die heutige Ausbildung trenne zu stark zwischen Wissenschaft und Kunst und die Leute auf der Kunstseite neigten

zu Selbstgefälligkeit, argumentierte 1959 in seinem Vortrag »Die Zwei Kulturen« treffend, dass beispielsweise die völlige Unkenntnis des Zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik (der über die Entropie) eine nicht weniger eklatante Lücke darstellt wie die völlige Unkenntnis der Werke Shakespeares. Natürlich könnte man Snow als englischen Grantler abtun, und es ist heutzutage durchaus möglich, in Amerika (und wohl auch in Britannien oder Deutschland) sein Examen zu machen, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung von der Entropie und Hamlet zu haben. Dennoch, und auf die Gefahr hin, selbst als Grantler zu erscheinen, traue ich mich, anderen etwas vorzuschreiben: ›Die Entstehung der Arten‹ ist ein Buch, das jeder gebildete Mensch lesen sollte. Und genauso wichtig: Es ist ein Buch, das für jeden gebildeten Menschen ein Genuss ist.

 Weiterführende Literaturempfehlungen Charles Darwin: Voyaging von Janet Browne Charles Darwin: The Power of Place von Janet Browne Darwin’s Origin of Species: A Biography von Janet Browne Die Fahrt der Beagle von Charles Darwin Charles Darwin, Mein Leben: 1809–1822. Vollständige Ausgabe der »Autobiographie« hrsg. von Nora Barlow Der blinde Uhrmacher von Richard Dawkins

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Darwin: Discovering the Tree of Life von Niles Eldredge The Triumph of the Darwinian Method von Michael T. Ghiselin Darwin, His Daughter, and Human Evolution von Randall Keynes ... und Darwin hat doch recht von Ernst Mayr Charles Darwin: Der große Naturforscher und seine Theorie der Evolution von David Quammen

Die

der ARTEN ENTSTEHUNG  »Doch im Hinblick auf die stoffliche Welt können wir wenigstens so weit gehen, dass wir erkennen: Die Erscheinungen werden nicht durch isolierte Eingriffe der göttlichen Macht bewirkt, ausgeübt in jedem einzelnen Fall, sondern durch die Aufstellung allgemeiner Gesetze.« —W. Whewell: Bridgewater Treatise.



»Als Schlussfolgerung lasse man keinen aus einer schwachen Einbildung von Ernsthaftigkeit, oder aus falscher Bescheidenheit, denken oder behaupten, dass ein Mensch das Buch von Gottes Wort oder das Buch von Gottes Werken zu weit erforschen oder darin zu gut gebildet sein könne; in der Theologie oder Philosophie; sondern vielmehr lasse man die Menschen nach endlosem Fortschreiten oder Fertigkeiten in beidem streben.« —Bacon: Advancement of Learning.

Darwins Mutter Susannah stammte aus der wohlhabenden Familie Wegdwood, der die berühmte Porzellanmanufaktur gehörte. E IN FÜ HRU N G V ON DAV I D QUAM M EN

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Inhalt Einleitung ....................... 1

Erstes Kapitel

Abänderung durch Domestikation ......................14 Ursachen der Veränderlichkeit – Wirkungen der Gewohnheit – Wechselbeziehungen der Bildung – Erblichkeit – Charaktere kultivierter Varietäten – Schwierige Unterscheidung zwischen Varietäten und Arten – Entstehung kultivierter Varietäten von einer oder mehreren Arten – Zahme Tauben, ihre Verschiedenheiten und Entstehung – Frühere Züchtung und ihre Folgen – Planmäßige und unbewusste Züchtung – Unbekannter Ursprung unserer kultivierten Rassen – Günstige Umstände für das Züchtungsvermögen des Menschen.

Zweites Kapitel

Abänderung im Naturzustand .......................52 Variabilität – Individuelle Verschiedenheiten – Zweifelhafte Arten – Weit verbreitete, sehr zerstreute und gemeine Arten variieren am meisten – Arten größerer Sippen in einer Gegend beisammen variieren mehr, als die der kleinen Sippen – Viele Arten der großen Sippen gleichen den Varietäten darin, dass sie sehr nahe aber ungleich miteinander verwandt sind und beschränkte Verbreitungsbezirke haben.

Drittes Kapitel

Der Kampf ums Dasein ..........72 Stützt sich auf natürliche Züchtung – Der Ausdruck im weiteren Sinne gebraucht – Geometrische Zunahme – Rasche Vermehrung naturalisierter Pflanzen und Tiere – Natur der Hindernisse der Zunahme – Allgemeine Mitbewerbung. – Wirkungen des Klimas – Schutz durch die Zahl der Individuen – Verwickelte Beziehungen aller Tiere und Pflanzen in der ganzen Natur – Kampf auf Leben und Tod zwischen Einzelwesen und Varietäten einer Art, oft auch zwischen Arten einer Sippe – Beziehung von Organismus zu Organismus die wichtigste aller Beziehungen.

Viertes Kapitel

Natürliche Züchtung ........90 Natürliche Auswahl zur Nachzucht; ihre Gewalt im Vergleich zu der des Menschen; ihre Gewalt über Eigenschaften von geringer Wichtigkeit; ihre Gewalt in jedem Alter und über beide Geschlechter – Sexuelle Zuchtwahl – Über die Allgemeinheit der Kreuzung zwischen Individuen der nämlichen Art – Umstände günstig oder ungünstig für die natürliche Züchtung, insbesondere Kreuzung, Isolation und Individuenzahl – Langsame Wirkung Erlöschung durch natürliche Züchtung verursacht. – Divergenz des Charakters, in Bezug auf die Verschiedenheit der Bewohner einer kleinen Fläche und auf Naturalisation – Wirkung der natürlichen Züchtung auf die Abkömmlinge gemeinsamer Eltern durch Divergenz des Charakters und durch Unterdrückung – Erklärt die Gruppierung aller organischen Wesen.

Fünftes Kapitel

Gesetze der Abänderung ..142 Wirkungen äußerer Bedingungen – Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe in Verbindung mit natürlicher Züchtung; Flieg- und Sehorgane – Akklimatisierung – Wechselbeziehungen des Wachstums – Kompensation und Ökonomie der Entwicklung – Falsche Wechselbeziehungen – Vielfache, rudimentäre und wenig entwickelte Organisationen sind veränderlich – In ungewöhnlicher Weise entwickelte Teile sind sehr veränderlich; spezifische mehr als Sippencharaktere – Sekundäre Geschlechtscharaktere veränderlich – Zu einer Sippe gehörige Arten variieren auf analoge Weise – Rückkehr zu längst verlorenen Charakteren – Summarium.

Sechstes Kapitel

Schwierigkeiten der Theorie .........................174 Schwierigkeiten der Theorie einer abändernden Nachkommenschaft – Übergänge – Abwesenheit oder Seltenheit der Zwischenabänderungen – Übergänge in der Lebensweise – Differenzierte Gewohnheiten in einerlei Art – Arten mit Sitten weit abweichend von denen ihrer Verwandten – Organe von äußerster Vollkommenheit – Mittel der Übergänge – Schwierige Fälle – Natura non facit saltum – Organe von geringer Wichtigkeit – Organe nicht in allen Fällen absolut vollkommen – Das Gesetz von der Einheit des Typus und den Existenzbedingungen enthalten in der Theorie der natürlichen Züchtung.

Siebentes Kapitel

Instinkt ................................206 Instinkte vergleichbar mit Gewohnheiten, doch anderen Ursprungs – Abstufungen – Blattläuse und Ameisen – Instinkte veränderlich – Instinkte gezähmter Tiere und deren Entstehung – Natürliche Instinkte des Kuckucks, des Straußes und der parasitischen Bienen – Sklavenmachende Ameisen – Honigbienen und ihr Zellenbauinstinkt – Schwierigkeiten der Theorie natürlicher Züchtung in Bezug auf Instinkt – Geschlechtslose oder unfruchtbare Insekten – Zusammenfassung.

Achtes Kapitel

Bastardbildung ..................248 Unterschied zwischen der Unfruchtbarkeit bei der ersten Kreuzung und der Unfruchtbarkeit der Bastarde – Unfruchtbarkeit der Stufe nach veränderlich; nicht allgemein; durch Inzucht vermehrt und durch Zähmung vermindert – Gesetze für die Unfruchtbarkeit der Bastarde – Unfruchtbarkeit keine besondere Eigentümlichkeit, sondern mit anderen Verschiedenheiten zusammenfallend – Ursachen der Unfruchtbarkeit der ersten Kreuzung und der Bastarde – Parallelismus zwischen den Wirkungen der veränderten Lebensbedingungen und der Kreuzung – Fruchtbarkeit miteinander gekreuzter Varietäten und ihrer Blendlinge nicht allgemein – Bastarde und Blendlinge unabhängig von ihrer Fruchtbarkeit verglichen – Zusammenfassung.

Neuntes Kapitel

Unvollkommenheit der geologischen Überlieferungen 278 Mangel mittlerer Varietäten zwischen den heutigen Formen – Natur der erloschenen Mittelvarietäten und deren Zahl – Länge der Zeitperioden nach Maßgabe der Ablagerungen und Entblößungen – Armut unserer paläontologischen Sammlungen – Unterbrechung geologischer Formationen – Abwesenheit der Mittelvarietäten in allen Formationen – Plötzliche Erscheinung von Artengruppen – Ihr plötzliches Auftreten in den ältesten fossilführenden Schichten.

Zehntes Kapitel

Geologische Aufeinanderfolge organischer Wesen...308 Langsame und allmähliche Erscheinung neuer Arten – Ungleiches Maß ihrer Veränderung – Einmal untergegangene Arten kommen nicht wieder zum Vorschein – Artengruppen folgen denselben allgemeinen Regeln des Auftretens und Verschwindens, wie die einzelnen Arten – Erlöschen der Arten – Gleichzeitige Veränderungen der Lebensformen auf der ganzen Erdoberfläche – Verwandtschaft erloschener Arten mit anderen fossilen und mit lebenden Arten – Entwicklungsstufe aller Formen – Aufeinanderfolge derselben Typen im nämlichen Ländergebiet – Zusammenfassung des jetzigen mit früheren Abschnitten.

Elftes Kapitel

Geographische Verbreitung ..........................338 Die gegenwärtige Verbreitung der Organismen lässt sich nicht aus den natürlichen Lebensbedingungen erklären – Wichtigkeit der Verbreitungsschranken – Verwandtschaft der Erzeugnisse eines nämlichen Kontinentes – Schöpfungsmittelpunkte – Ursachen der Verbreitung sind Wechsel des Klimas, Schwankungen der Bodenhöhe und mitunter zufällige – Die Zerstreuung während der Eisperiode über die ganze Erdoberfläche erstreckt.

Zwölftes Kapitel

Geographische Verbreitung. (Fortsetzung.) ......................372 Verbreitung der Süßwasserbewohner – Bewohner der ozeanischen Inseln – Abwesenheit von Batrachiern und Landsäugetieren – Beziehungen zwischen den Bewohnern der Inseln und der nächsten Festländer – Über Ansiedlung aus den nächsten Quellen und nachherige Abänderung – Zusammenfassung der Folgerungen aus dem letzten und dem gegenwärtigen Kapitel.

Dreizehntes Kapitel

Wechselseitige Verwandtschaft organischer Körper; Morphologie; Embryologie; Rudimentäre Organe ...................................424 Klassifikation: Unterordnung der Gruppen – Natürliches System – Regeln und Schwierigkeiten der Klassifikation erklärt aus der Theorie der Fortpflanzung mit Abänderung – Klassifikation der Varietäten – Abstammung bei der Klassifikation gebraucht – Analoge oder Anpassungs-Charaktere – Verwandtschaften: allgemeine, verwickelte und strahlenförmige – Erlöschung trennt und begrenzt die Gruppen – Morphologie: zwischen Gliedern einer Klasse und zwischen Teilen eines Einzelwesens – Embryologie: deren Gesetze daraus erklärt, dass Abänderung nicht in allen Lebensaltern eintritt, aber in korrespondierendem Alter vererbt wird – Rudimentäre Organe: ihre Entstehung erklärt – Zusammenfassung.

Vierzehntes Kapitel

Allgemeine Wiederholung und Schluss ..........................482 Wiederholung der Schwierigkeiten der Theorie natürlicher Züchtung – Wiederholung der allgemeinen und besonderen Umstände, zu deren Gunsten – Ursachen des allgemeinen Glaubens an die Unveränderlichkeit der Arten – Wie weit die Theorie natürlicher Züchtung auszudehnen ist – Folgen ihrer Annahme für das Studium der Naturgeschichte – Schlussbemerkungen.

Anhang: Historische Skizze der Fortschritte in den Ansichten über den Ursprung der Arten ...............................514 Glossar der wichtigsten Fachbegriffe in diesem Buch ........................................526 Bildnachweis ........................................ 533 Register ................................................. 536



Einleitung

Joseph Hooker, Charles Lyell und Charles Darwin. Darwin besprach mit diesen beiden Freunden seine gefährlichsten Gedanken, bevor er sie veröffentlichte.

A

ls ich an Bord des Königlichen Schiffs »Beagle« als Naturforscher Südamerika erreichte, ward ich über-

rascht von der Wahrnehmung gewisser Tatsachen in der Verteilung der Bewohner und in den geologischen Beziehungen zwischen der jetzigen und der früheren Bevölkerung dieses Weltteils. Diese Tatsachen schienen mir einiges Licht über die Entstehung der Arten zu verbreiten, diesem Geheimnis der Geheimnisse, wie es einer unserer größten Philosophen genannt hat. Nach meiner Heimkehr im Jahre 1837 schien es mir, dass sich etwas über diese Frage müsse ermitteln lassen durch ein geduldiges Sammeln und Erwägen aller Arten von Tatsachen, welche möglicherweise etwas zu deren Aufklärung beitragen könnten. Nachdem ich dieses fünf Jahre lang getan hatte, getraute ich mich erst eingehender über die Sache nachzusinnen und einige kurze Bemerkungen darüber niederzuschreiben, welche ich im Jahre 1844 weiter ausführte, indem ich die Schlussfolgerungen hinzufügte, welche sich mir als wahrscheinlich ergaben, und von dieser Zeit an war ich mit beharrlicher Verfolgung des Gegenstandes beschäftigt. Ich hoffe, dass man die Anführung dieser auf meine Person bezüglichen Einzelheiten entschuldigen wird: Sie sollen zeigen, dass ich nicht übereilt zu einem Entschluss gelangt bin.

EINLEITUNG

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Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin

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ch hatte mir den ersten Band von Lyells ›Principles of Geology‹ mitgenommen, den ich aufmerksam studierte; und das Buch erwies mir in vielerlei Hinsicht die besten Dienste. Der erste Ort, den ich untersuchte, nämlich St. Jago auf den Kapverdischen Inseln, zeigte mir eindeutig die wunderbare Überlegenheit von Lyells Weise, die Geologie zu behandeln, verglichen mit jedem anderen Autor, dessen Werk ich dabeihatte oder jemals später las. Mein Werk ist nun nahezu vollendet; aber ich will mir noch zwei oder drei weitere Jahre Zeit lassen, um es zu ergänzen; und da meine Gesundheit keineswegs fest ist, so sah ich mich zur Veröffentlichung dieses Auszugs gedrängt. Ich sah mich noch umso mehr dazu veranlasst, als Herr Wallace, welcher jetzt die Naturgeschichte der malaiischen Inselwelt studiert, zu fast genau denselben allgemeinen Schlussfolgerungen über die Artenbildung gelangt ist. Letztes Jahr sandte er mir eine Abhandlung darüber mit der Bitte zu, sie Sir Charles Lyell zuzustellen, welcher sie der Linnéschen Gesellschaft übersandte, in deren Journal sie nun im dritten Bande abgedruckt worden ist. Sir C. Lyell sowohl als Dr. Hooker, welche beide meine Arbeit kennen (der Letzte hat meinen Entwurf von 1844 gelesen), beehrten mich, indem sie den Wunsch ausdrückten, ich möge einen kurzen Auszug aus meinen Handschriften zugleich mit Wallaces Abhandlung veröffentlichen. Dieser Auszug, welchen ich hiermit der Lesewelt vorlege, muss notwendig unvollkommen sein. Er kann keine Belege und Autoritäten für meine verschiedenen Feststellungen beibringen, und ich muss den Leser ansprechen, einiges Vertrauen in meine Genauigkeit zu setzen. Zweifelsohne mögen Irrtümer mir untergelaufen sein; doch glaube ich mich überall nur auf verlässliche Autoritäten berufen zu haben. Ich kann hier überall nur die allgemeinen Schlussfolgerungen anführen, zu welchen ich gelangt bin, in Begleitung von nur wenigen erläuternden Tatsachen, die aber, wie ich hoffe, in den meisten

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Fällen genügen werden. Niemand kann mehr als ich selber die Notwendigkeit fühlen, alle Tatsachen, auf welche meine Schlussfolgerungen sich stützen, mit ihren Einzelheiten bekannt zu machen, und ich hoffe, dies in einem künftigen Werk zu tun. Denn ich weiß wohl, dass kaum ein Punkt in diesem Buch zur Sprache kommt, zu welchem man nicht Tatsachen anführen könnte, die oft zu gerade entgegengesetzten Folgerungen zu führen scheinen. Ein richtiges Ergebnis lässt sich aber nur dadurch erlangen, dass man alle Erscheinungen und Gründe zusammenstellt, welche für und gegen jede einzelne Frage sprechen, und sie dann sorgfältig gegeneinander abwägt, und dies kann nicht wohl hier geschehen. Ich muss bedauern, nicht Raum zu finden, um so vielen Naturforschern meine Erkenntlichkeit für die Unterstützung auszudrücken, die sie mir, mitunter ihnen persönlich ganz unbekannt, in uneigennützigster Weise zuteilwerden ließen. Doch kann ich diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne wenigstens die große Verbindlichkeit anzuerkennen, welche ich Dr. Hooker dafür schulde, dass er mich in den letzten fünfzehn Jahren in jeder möglichen Weise durch seine reichen Kenntnisse und sein ausgezeichnetes Urteil unterstützt hat. Wenn ein Naturforscher über die Entstehung der Arten nachdenkt, so ist es wohl begreiflich, dass er in Erwägung der gegenseitigen Verwandtschaftsverhältnisse der Organismen, ihrer embryonalen Beziehungen, ihrer geographischen Verbreitung, ihrer geologischen Aufeinanderfolge und anderer solcher Tatsachen zu dem Schluss gelangen könne, dass jede Art nicht unabhängig von anderen erschaffen sei, sondern nach der Weise der Varietäten von anderen Arten abstamme. Dem ungeachtet dürfte eine solche Schlussfolgerung, selbst wenn sie richtig wäre, kein Genüge leisten, so lange nicht nachgewiesen werden kann, auf welche Weise die zahllosen Arten, welche jetzt unsere Erde bewohnen, so abgeändert worden seien, dass sie die jetzige Vollkommenheit des Baues und der Anpassung für ihre jedesmaligen Lebensverhältnisse erlangten, welche mit Recht unsere Bewunderung erregen. Die Naturforscher verweisen beständig auf

Rechts: Dr. Erasmus Darwin (1731–1802), Wissenschaftler, Dichter, Erfinder und Großvater väterlicherseits von Charles Darwin. Er hegte diffuse Ideen über die Evolution und verfasste erotische Verse über Pflanzen.

EINLEITUNG

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Erasmus Darwins zweiteilige Dichtung über die Vegetation. Teil II war der feurige.

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Tafeln aus The Botanic Garden.

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Erasmus Darwins Zoonomia, ein Prosawerk mit seinen Ideen zur Evolution. Sein Enkel Charles las es als junger Student, wurde davon aber nicht bewusst beeinflusst.

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die äußeren Bedingungen, wie Klima, Nahrung usw., als die einzig möglichen Ursachen ihrer Abänderung. In einem sehr beschränkten Sinne kann dies, wie wir später sehen werden, wahr sein. Aber es wäre verkehrt, lediglich äußeren Ursachen z. B. die Organisation des Spechtes, die Bildung seines Fußes, seines Schwanzes, seines Schnabels und seiner Zunge zuschreiben zu wollen, welche ihn so vorzüglich befähigen, Insekten unter der Rinde der Bäume hervorzuholen. Ebenso wäre es verkehrt, bei der Mistelpflanze, die ihre Nahrung aus gewissen Bäumen zieht, und deren Samen von gewissen Vögeln ausgestreut werden müssen, wie ihre Blüten, welche getrennten Geschlechtes sind, die Tätigkeit gewisser Insekten zur Übertragung des Pollens von der männlichen auf die weibliche Blüte voraussetzen, die organische Einrichtung dieses Parasiten mit seinen Beziehungen zu jenen verschiedenerlei organischen Wesen als eine Wirkung äußerer Ursachen oder der Gewohnheit oder des Willens der Pflanze selbst anzusehen.

Es ist daher von der größten Wichtigkeit, eine klare Einsicht in die Mittel zu gewinnen, durch welche solche Umänderungen und Anpassungen bewirkt werden. Beim Beginn meiner Beobachtungen schien es mir wahrscheinlich, dass ein sorgfältiges Studium der Haustiere und Kulturpflanzen die beste Aussicht auf Lösung dieser schwierigen Aufgabe gewähren würde. Und ich habe mich nicht getäuscht, sondern habe in diesem wie in allen anderen verwickelten Fällen immer gefunden, dass unsere Erfahrungen über die im gezähmten und angebauten Zustand erfolgenden Veränderungen der Lebewesen immer den besten und sichersten Aufschluss gewähren. Ich halte es für wichtig, meine Überzeugung von dem hohen Wert solcher von den Naturforschern gewöhnlich sehr vernachlässigten Studien auszudrücken. Aus diesem Grund widme ich denn auch das erste Kapitel dieses Auszugs der Abänderung durch Domestikation. Wir werden daraus ersehen, dass erbliche Abänderungen in großer Ausdehnung

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin.



Es ist stets interessant zu sehen, wie weit man die persönlichen Charakterzüge eines Menschen

zu seinen Vorfahren zurückverfolgen kann. Charles Darwin erbte die Körpergröße, jedoch nicht die stämmige Statur von Erasmus; aber seine Gesichtszüge haben keine erkennbare Ähnlichkeit mit jenen seines Großvaters. Auch, so scheint es, liebte Erasmus nicht die körperliche Betätigung und Sportarten im Freien, wie es für Charles Darwin als junger Mann so charakteristisch war, wenngleich er, wie sein Großvater, eine unbezähmbare Vorliebe für anstrengende geistige Arbeit hegte. Güte und Anteilnahme mit anderen und großer Charme waren beiden eigen. Charles Darwin besaß in höchstem Maße diese »Lebhaftigkeit der Phantasie«, die er als starken Charakterzug von Erasmus nennt und die diesen »zu seiner überwältigenden Neigung zu theoretisieren und zu verallgemeinern« veranlasste. Diese Neigung wurde bei Charles Darwin durch die Entschlossenheit in Schranken gewiesen, seine Theorien aufs Äußerste zu prüfen. Erasmus zeigte ein starkes Interesse für jede Art von Mechanismus, dem konnte Charles Darwin jedoch nichts abgewinnen. Auch hatte Charles Darwin nicht das buchstäbliche Temperament, das Erasmus zum Dichter wie zum Philosophen machte. Er schreibt über Erasmus (›Leben von Erasmus Darwin‹): »An all seinen Briefen hat mich seine Gleichgültigkeit gegenüber dem Ruhm erstaunt und das völlige Fehlen jeglicher Anzeichen für eine Überschätzung seiner eigenen Fähigkeiten oder des Erfolgs seiner Werke.« Dies scheinen tatsächlich auch Zeichen von Zügen zu sein, die seinen eigenen Charakter stark bestimmten. Dennoch finden wir keinen Beleg bei Erasmus für die große Bescheidenheit und Einfachheit, die Charles Darwins ganzes Wesen prägten. Doch die schnellen Wutausbrüche, die Erasmus angesichts von Unmenschlichkeit oder Ungerechtigkeit bekam, erinnern uns wieder an ihn.

EINLEITUNG

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wenigstens möglich sind, und, was nicht minder wichtig ist, dass das Vermögen des Menschen, geringe Abänderungen durch deren ausschließliche Auswahl zur Nachzucht, d. h. durch künstliche Züchtung zu häufen, sehr beträchtlich ist. Ich werde dann zur Veränderlichkeit der Lebewesen im Naturzustand übergehen; doch bin ich unglücklicherweise genötigt, diesen Gegenstand viel zu kurz abzutun, da er angemessen eigentlich nur durch Mitteilung langer Listen von Tatsachen behandelt werden kann. Wir werden dem ungeachtet im Stande sein zu erörtern, was für Umstände die Abänderung am meisten befördern. Im nächsten Abschnitt soll der Kampf ums Dasein unter den organischen Wesen der ganzen Welt abgehandelt werden, welcher unvermeidlich aus ihrem hoch geometrischen Zunahme-Vermögen hervorgeht. Es ist dies die Lehre von Malthus auf das ganze Tier- und Pflanzenreich angewendet. Da viel mehr Einzelwesen jeder Art geboren werden als fortleben können und demzufolge das Ringen um Existenz beständig wiederkehren muss, so folgt daraus, dass ein Wesen, welches in irgendeiner für dasselbe vorteilhaften Weise von den Übrigen auch nur etwas abweicht, unter mannigfachen und oft veränderlichen Lebensbedingungen mehr Aussicht auf Fortdauer hat und demnach bei der natürlichen Züchtung im Vorteil ist. Eine solche zur Nachzucht ausgewählte Varietät strebt dann nach dem strengen Erblichkeitsgesetz, jedes Mal seine neue und abgeänderte Form fortzupflanzen. Diese natürliche Züchtung ist ein Hauptgegenstand, welcher im vierten Kapitel etwas weitläufiger abgehandelt werden soll; und wir werden dann finden, wie die natürliche Züchtung gewöhnlich die unvermeidliche Veranlassung zum Erlöschen minder geeigneter Lebensformen wird und herbeiführt, was ich Divergenz des Charakters genannt habe. Im nächsten Abschnitt werden die zusammengesetzten und wenig bekannten Gesetze der Abänderung und der Wechselbeziehungen in der Entwicklung besprochen. In den vier folgenden Kapiteln sollen die auffälligsten und bedeutendsten Schwierigkeiten unserer Theorie angegeben werden, und zwar erstens die Schwierigkeiten der Übergänge, oder wie es zu begreifen ist, dass ein einfaches Wesen oder Organ verwandelt und in ein höher entwickeltes Wesen oder ein höher ausgebildetes Organ umgestaltet werden kann; zweitens der Instinkt oder die geistigen Fähigkeiten der Tiere; drit-

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tens die Bastardbildung oder die Unfruchtbarkeit der gekreuzten Spezies und die Fruchtbarkeit der gekreuzten Varietäten; und viertens die Unvollkommenheit der geologischen Urkunden. Im nächsten Abschnitt werde ich die geologische Aufeinanderfolge der Organismen in der Zeit betrachten; im elften und zwölften deren geographische Verbreitung im Raum; im dreizehnten ihre Klassifikation und gegenseitigen Verwandtschaften im reifen wie im Embryozustand. Im letzten Abschnitt endlich werde ich eine kurze Zusammenfassung des Inhaltes des ganzen Werkes mit einigen Schlussbemerkungen geben. Darüber, dass noch so vieles über die Entstehung der Arten und Varietäten unerklärt bleibt, wird sich niemand wundern, wenn er unsere tiefe Unwissenheit hinsichtlich der Wechselbeziehungen all der um uns her lebenden Wesen in Betracht zieht. Wie kann man erklären, dass eine Art in großer Anzahl und weiter Verbreitung vorkommt, während ihre nächste Verwandte selten und auf engen Raum beschränkt ist? Und doch sind diese Beziehungen von der höchsten Wichtigkeit, insofern sie die gegenwärtige Wohlfahrt und, wie ich glaube, das künftige Gedeihen und die Modifikation eines jeden Bewohners der Welt bedingen. Aber noch viel weniger Kenntnis haben wir von den Wechselbeziehungen der unzähligen Bewohner dieser Erde während der zahlreichen Perioden ihrer einstigen Bildungsgeschichte. Wenn daher auch noch vieles dunkel ist und noch lange dunkel bleiben wird, so zweifle ich nach den sorgfältigsten Studien und dem unbefangensten Urteil, deren ich fähig bin, doch nicht daran, dass die Meinung, welche die meisten Naturforscher hegen und auch ich lange gehabt habe, als wäre nämlich jede Spezies unabhängig von den übrigen erschaffen worden, eine irrtümliche sei. Ich bin vollkommen überzeugt, dass die Arten nicht unveränderlich sind; dass die zu einer sogenannten Sippe zusammengehörigen Arten in einer Linie von anderen gewöhnlich erloschenen Arten abstammen, in der nämlichen Weise, wie die anerkannten Varietäten einer Art Abkömmlinge dieser Spezies sind. Endlich bin ich überzeugt, dass natürliche Züchtung das hauptsächlichste, wenn auch nicht einzige Mittel zur Abänderung der Lebensformen gewesen ist.

Rechts: Carl Linnaeus (1707–1787), schwedischer Botaniker und Systematiker, oft auch der Vater der modernen Taxonomie genannt.

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Die Systema Naturae von Linnaeus. Die Erstausgabe 1735 bildete den Beginn der Modernisierung der biologischen Klassifikation, die schließlich eine wichtige Form der Beweisführung für Darwin wurde.

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Alphonse de Candolle (1806–1893), ein Schweizer Botaniker, zeigte schon früh Interesse dafür, welche Pflanzenarten wo lebten – und warum. War das eine besondere Schöpfung?

EINLEITUNG

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Vogelfalter in Papua-Neuguinea. Muster einer speziellen Verbreitung – also die Biogeographie – zählten zu Darwins entscheidenden Formen der Beweisführung.

E r s t e s Ka p i t e l



Abänderung durch Domestikation

Ursachen der Veränderlichkeit – Wirkungen der Gewohnheit – Wechselbeziehungen der Bildung – Erblichkeit – Charaktere kultivierter Varietäten – Schwierige Unterscheidung zwischen Varietäten und Arten – Entstehung kultivierter Varietäten von einer oder mehreren Arten – Zahme Tauben, ihre Verschiedenheiten und Entstehung – Frühere Züchtung und ihre Folgen – Planmäßige und unbewusste Züchtung – Unbekannter Ursprung unserer kultivierten Rassen – Günstige Umstände für das Züchtungsvermögen des Menschen.

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enn wir die Einzelwesen einer Varietät oder Untervarietät unserer alten Kulturpflanzen und -tiere

betrachten, so ist einer der Punkte, die uns zuerst auffallen, dass sie im Allgemeinen mehr voneinander abweichen als die Einzelwesen einer Art oder Varietät im Naturzustand. Erwägen wir nun die große Mannigfaltigkeit der Kulturpflanzen und -tiere, welche sich zu allen Zeiten unter den verschiedensten Klimaten und Behandlungsweisen abgeändert haben, so glaube ich, sind wir zum Schluss gedrängt, dass diese größere Veränderlichkeit unserer Kulturerzeugnisse die Wirkung minder einförmiger und von den natürlichen der Stammeltern etwas abweichender Lebensbedingungen ist. Auch hat, wie mir scheint, Andrew Knights Meinung, dass diese Veränderlichkeit zum Teil mit Überfluss an Nahrung zusammenhänge, einige Wahrscheinlichkeit für sich. Es scheint ferner ganz klar zu sein, dass die organischen Wesen einige Generationen hindurch neuen Lebensbedingungen ausgesetzt sein müssen, ehe ein bemerkliches Maß von Veränderung in ihnen hervortreten kann, und dass, wenn ihre Organisation einmal sich abzuändern begonnen hat, diese Abänderung gewöhnlich durch viele Generationen fortwährt. Man kennt keinen Fall, dass ein veränderliches Wesen im Kulturzustand aufgehört hätte, veränderlich zu sein. Unsere ältesten Kulturpflanzen, wie der Weizen z. B., geben oft noch neue Varietäten, und unsere ältesten Haustiere sind noch immer rascher Umänderung oder Veredelung fähig.

14 · ERS T E S K A P I T EL

Susannah Wedgwood (1765–1817), Darwins Mutter.

Man hat darüber gestritten, in welchem Lebensalter die Ursachen der Abänderungen, worin sie immer bestehen mögen, wirksam zu sein pflegen, ob in der ersten oder in der letzten Zeit der Entwicklung des Embryos, oder im Augenblick der Empfängnis. Geoffroy Saint-Hilaires Versuche ergeben, dass eine unnatürliche Behandlung des Embryos Monstrositäten erzeuge, und Monstrositäten können durch keinerlei scharfe Grenzlinie von Varietäten unterschieden werden. Doch bin ich sehr zu vermuten geneigt, dass die häufigste Ursache zur Abänderung in Einflüssen zu suchen ist, welche das männliche oder weibliche reproduktive Element schon vor dem Akt der Befruchtung erfahren hat. Ich habe verschiedene Gründe für diese Meinung; doch liegt der Hauptgrund in den bemerkenswerten Folgen, welche Einsperrung oder Anbau auf die Verrichtungen des reproduktiven Systems äußern, indem nämlich dieses System scheinbar viel empfänglicher für die Wirkung irgendeines Wechsels in den Lebensbedingungen ist als jeder andere Teil der Organisation. Nichts ist leichter, als ein Tier zu zähmen, und wenige Dinge sind schwieriger, als es in der Gefangenschaft zu einer freiwilligen Fortpflanzung zu veranlassen, in den zahlreichen Fällen sogar, wo man Männchen und Weibchen bis zur Paarung bringt. Wie viele Tiere wollen sich nicht fortpflanzen, obwohl sie schon lange in nicht sehr enger Gefangenschaft in ihrer Heimatgegend leben! Man schreibt dies gewöhnlich verdorbenen Naturtrieben zu; allein wie viele Kulturpflanzen gedeihen in der äußersten Kraftfülle, ohne jemals oder fast jemals Samen anzusetzen! In einigen wenigen solchen Fällen hat man herausgefunden, dass sehr unbedeutende Verhältnisse, wie etwas mehr oder weniger Wasser zu einer gewissen Zeit des Wachstums, für oder gegen die Samenbildung entscheidend wird. Ich kann hier nicht eingehen in die zahlreichen Einzelheiten, die ich über diese merkwürdige Frage gesammelt habe; um aber zu zeigen, wie eigentümlich die Gesetze sind, welche die Fortpflanzung der Tiere in Gefangenschaft bedingen, will ich nur anführen, dass Raubtiere selbst aus den Tropengegenden sich bei uns auch in Gefangenschaft ziemlich gerne fortpflanzen, doch mit Ausnahme der Sohlengänger oder der Bärenfamilie, während fleischfressende Vögel nur in den seltensten Fällen oder fast niemals fruchtbare Eier legen. Viele ausländische Pflanzen haben ganz wertlose Pollen genau

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in demselben Zustand, wie die meist unfruchtbaren Bastardpflanzen. Wenn wir auf der einen Seite Haustiere und Kulturpflanzen oft selbst in schwachem und krankem Zustand sich in der Gefangenschaft ganz freiwillig fortpflanzen sehen, während auf der anderen Seite jung eingefangene Individuen, vollkommen gezähmt, geschlechtsreif und kräftig (wovon ich viele Beispiele anführen kann), in ihrem Fortpflanzungssystem durch nicht wahrnehmbare Ursachen so angegriffen erscheinen, dass sie sich nicht zu befruchten vermögen, so dürfen wir uns umso weniger darüber wundern, wenn dieses System in der Gefangenschaft in nicht ganz regelmäßiger Weise wirkt und eine Nachkommenschaft erzeugt, welche den Eltern nicht vollkommen ähnlich oder welche veränderlich ist. Man hat Unfruchtbarkeit als den Untergang des Gartenbaus bezeichnet; aber Variabilität entsteht aus derselben Ursache wie Sterilität, und Variabilität ist die Quelle all der ausgesuchtesten Erzeugnisse unserer Gärten. Ich möchte hinzufügen, dass, wenn einige Organismen (wie die in Kästen gehaltenen Kaninchen und Frettchen) sich unter den unnatürlichsten Verhältnissen fortpflanzen, dies nur beweist, dass ihr Reproduktionssystem dadurch nicht angegriffen worden ist; und so widerstreben einige Tiere und Pflanzen der Veränderung durch Zähmung oder Kultur und erfahren nur sehr geringe Abänderung, vielleicht kaum eine stärkere als im Naturzustand.

Aus der Autobiographie von Charles Darwin

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eine Mutter starb im Juli 1817, als ich etwas über acht Jahre alt war, und es ist seltsam, dass ich mich kaum an etwas in Bezug auf sie erinnern kann, nur an ihr Totenbett, ihr schwarzes Samtgewand und an ihren eigenartig gebauten Arbeitstisch. Man könnte eine lange Liste von Spielpflanzen (Sporting plants) aufstellen, mit welchem Namen die Gärtner einzelne Knospen oder Sprossen bezeichnen,

Rechts: Dr. Robert Darwin (1768–1848), Charles’ beleibter gestrenger Vater. Anfangs skeptisch ob der Beagle-Reise, wollte er sehen, dass sein Sohn es zu etwas brachte.

Aus: „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin

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obert Waring Darwin heiratete [am 18. April 1796] Susannah, die Tochter von seines Vaters Freund Josiah Wedgwood, von Etruria, die zu der Zeit zweiunddreißig Jahre alt war. Wir haben eine Miniatur von ihr mit bemerkenswert süßem und glücklichem Gesicht, das eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Porträt hat, das Sir Joshua Reynolds von ihrem Vater malte, und die Miene eines sanften und mitfühlenden Wesens, das Miss Meteyard ihr zuschreibt ... Sie starb am 15. Juli 1817, einunddreißig Jahre vor ihrem Mann, der am 13. November 1849 dahinschied. welche plötzlich einen neuen und von der übrigen Pflanze oft sehr abweichenden Charakter annehmen. Solche Knospen kann man durch Pfropfen und oft mittels Samen fortpflanzen. Diese Spielpflanzen sind in der Natur außerordentlich selten, im Kulturzustand aber nichts Ungewöhnliches und wir sehen in diesem Fall, dass die abweichende Behandlung der Mutterpflanze die Knospe oder den Sprossen, nicht aber das Ei’chen oder den Pollen berührt hat. Die meisten Physiologen sind aber der Meinung, dass zwischen einer Knospe und einem Ei’chen auf ihrer ersten Bildungsstufe kein wesentlicher Unterschied ist, sodass die Spielpflanzen in der Tat meiner Meinung zur Stütze gereichen, dass die Veränderlichkeit großenteils von Einflüssen herzuleiten sei, welche die Behandlung der Mutterpflanze auf das Ei’chen oder den Pollen oder auf beide schon vor dem Befruchtungsakt ausgeübt hat. Diese Fälle zeigen dann auch, dass Abänderung nicht, wie einige Autoren angenommen, notwendig mit dem Generationsakt zusammenhängt. Sämlinge von derselben Frucht gezogen oder Junge von einem Wurf weichen oft weit voneinander ab, obwohl die Jungen und die Alten, wie Müller bemerkt, offenbar genau denselben Lebensbedingungen ausgesetzt waren; und es ergibt sich daraus, wie unerheblich die unmittelbaren Wirkungen der Lebensbedingungen im Vergleich zu den Gesetzen der Reproduktion, der Wechselbeziehungen des Wachstums und der Erblichkeit sind; denn wäre die Wirkung der

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Lebensbedingungen in dem Fall, wo nur ein Junges abändert, eine unmittelbare gewesen, so würden zweifelsohne alle Junge dieselben Abänderungen zeigen. Es ist sehr schwer zu beurteilen, wie viel bei einer solchen Abänderung dem unmittelbaren Einfluss der Wärme, der Feuchtigkeit, des Lichts und der Nahrung im Einzelnen zuzuschreiben sei; ich halte mich aber überzeugt, dass solche Kräfte bei Tieren nur sehr wenig unmittelbaren Erfolg haben können, während derselbe bei Pflanzen offenbar größer ist. In dieser Beziehung sind Buckmans neuere Versuche mit Pflanzen von großem Wert. Wenn alle oder fast alle Einzelwesen, welche den nämlichen Einflüssen ausgesetzt gewesen, auch auf dieselbe Weise abgeändert werden, so muss diese Wirkung anfangs scheinbar jenen Einflüssen unmittelbar zugeschrieben werden; es lässt sich aber in einigen Fällen nachweisen, dass ganz entgegengesetzte Bedingungen ähnliche Veränderungen des Baus bewirken können. Dem ungeachtet glaube ich, dass ein kleiner Betrag der stattfindenden Umänderung der unmittelbaren Einwirkung der Lebensbedingungen zugeschrieben werden kann, wie in einigen Fällen die veränderte Größe von der Nahrungsmenge, die Färbung von besonderen Arten der Nahrung und vom Licht und vielleicht die Dichte des Pelzes vom Klima ableitbar ist. Auch Gewöhnung hat einen entscheidenden Einfluss, wie die Versetzung von Pflanzen aus einem Klima ins andere deren Blütezeit ändert. Bei Tieren ist er bemerkbarer; ich habe bei der Hausente gefunden, dass die Flügelknochen leichter und die Beinknochen schwerer im Verhältnis zum ganzen Skelett sind als bei der wilden Ente; und ich glaube, dass man diese Veränderung getrost dem Umstand zuschreiben kann, dass die zahme Ente weniger fliegt und mehr geht, als es bei dieser Entenart im wilden Zustand der Fall ist. Die erbliche stärkere Entwicklung der Euter bei Kühen und Geißen in solchen Gegenden, wo sie regelmäßig gemolken werden, im Verhältnis zu anderen, wo es nicht der Fall ist, ist ein anderer Beleg dafür. Es gibt keine Art von Haussäugetieren, welche nicht in dieser oder jener Gegend hängende Ohren hätte, und so ist die Meinung, die irgendein Schriftsteller geäußert hat, dass dieses Hängendwerden der Ohren vom Nichtgebrauch der Ohrmuskeln herrühre, weil das Tier sich nicht mehr durch drohende Gefahren beunruhigt fühle, ganz wahrscheinlich.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Im Vorwort zur ersten Ausgabe dieser Arbeit

wie auch in der ›Zoologie der Fahrt der Beagle‹ habe ich geschrieben, ich hätte auf den von Kapitän Fitz Roy geäußerten Wunsch hin, einen Mann der Wissenschaft an Bord zu haben, verbunden mit dem Angebot, einen Teil seiner Unterkunft abzutreten, meine Dienste angeboten, was durch die Freundlichkeit des Hydrographen, Kapitän Beaufort, die Billigung der Admiralität erhalten habe. Da ich der Auffassung bin, dass die mir vergönnte Gelegenheit zum Studium der Naturgeschichte der verschiedenen Länder, die wir besuchten, gänzlich Kapitän Fitz Roy geschuldet ist, hoffe ich, es sei mir gestattet, meinen Ausdruck der Dankbarkeit gegen ihn zu wiederholen und hinzuzufügen, dass ich während der fünf Jahre, die wir zusammen waren, seine herzlichste Freundschaft und beständige Unterstützung erfahren habe.

Es gibt nun viele Gesetze, welche die Veränderungen regeln, von welchen einige wenige sich dunkel erkennen lassen, und die nachher noch kurz erwähnt werden sollen. Hier will ich nur anführen, was man Wechselbeziehung der Entwicklung nennen kann. Eine Veränderung in Embryo oder Larve wird sicherlich meistens auch Veränderungen im reifen Tier nach sich ziehen. Bei Monstrositäten sind die Wechselbeziehungen zwischen ganz verschiedenen Teilen des Körpers sehr sonderbar, und Isidore Geoffroy St.-Hilaire führt davon viele Belege in seinem großen Werk an. Viehzüchter glauben, dass verlängerte Beine gewöhnlich auch von einem verlängerten Kopf begleitet sind. Einige Beispiele erscheinen ganz wunderlicher Art; so, dass Katzen mit blauen Augen allezeit taub sind. Farbe und Eigentümlichkeiten der Konstitution sind miteinander in Verbindung, wovon sich viele merkwürdige Fälle bei Pflanzen und Tieren anführen lassen. Aus den von Heusinger gesammelten Tatsachen geht hervor, dass weiße Schafe und Schweine von gewissen Pflanzengiften ganz anders als die dunkelfarbigen berührt werden. Unbehaarte Hunde haben unvollkommene Zähne; lang- und grobhaarige Tiere sollen geneigter sein, lange und

Die HMS Beagle unter vollen Segeln, von achtern gesehen. viele Hörner zu bekommen; Tauben mit Federfüßen haben eine Haut zwischen ihren äußeren Zehen; kurzschnäbelige Tauben haben kleine Füße und die mit langen Schnäbeln auch lange Füße. Wenn man daher durch Auswahl geeigneter Individuen von Pflanzen und Tieren für die Nachzucht irgendeine Eigentümlichkeit derselben zu steigern gedenkt, so wird man gewiss meistens, ohne es zu wollen, diesen geheimnisvollen Wechselbeziehungen der Entwicklung gemäß noch andere Teile der Struktur mit abändern. Das Ergebnis der mancherlei entweder ganz unbekannten oder nur dunkel sichtbaren Gesetze der Variation ist außerordentlich zusammengesetzt und vielfältig. Es ist wohl der Mühe wert, die verschiedenen Abhandlungen über unsere alten Kulturpflanzen, wie Hyazinthen, Kartoffeln, Dahlien usw., sorgfältig zu studieren und von der endlosen Menge von Verschiedenheiten in Bau und Lebensäußerung Kenntnis zu nehmen, durch welche alle diese Varietäten und Subvarietäten voneinander abweichen. Ihre ganze Organisation scheint bildsam geworden zu sein, um bald in dieser und bald in AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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jener Richtung sich etwas von dem elterlichen Typus zu entfernen. Nichterbliche Abänderungen sind für uns ohne Bedeutung. Aber schon die Zahl und Mannigfaltigkeit der erblichen Abweichungen in dem Bau des Körpers, sei es von geringer oder von beträchtlicher physiologischer Wichtigkeit, ist endlos. Dr. Prosper Lucas’ Abhandlung in zwei starken Bänden ist das Beste und Vollständigste, was man darüber hat. Kein Viehzüchter ist darüber im Zweifel, dass die Neigung zur Vererbung sehr groß ist: Gleiches erzeugt Gleiches ist sein Grundglaube, und nur theoretische Schriftsteller haben dagegen Zweifel erhoben. Wenn irgendeine Abweichung öfters zum Vorschein kommt und wir sie in Vater und Kind sehen, so können wir nicht sagen, ob sie nicht etwa von einerlei Grundursache herrühre, die auf beide gewirkt habe. Wenn aber unter Einzelwesen einer Art, welche offenbar denselben Bedingungen ausgesetzt sind, irgendeine seltene Abänderung infolge eines außerordentlichen Zusammentreffens von Umständen an einem Vater zum Vorschein kommt – an einem unter mehreren Millionen – und dann am Kind wieder erscheint, so nötigt uns schon die Wahrscheinlichkeit, diese Wiederkehr aus der Erblichkeit zu erklären. Jedermann hat schon von Fällen gehört, wo so seltene Erscheinungen, wie Albinismus, Stachelhaut, ganz behaarter Körper u. dgl., bei mehreren Gliedern einer und der nämlichen Familie vorgekommen sind. Wenn aber so seltene und fremdartige Abweichungen der Körperbildung sich wirklich vererben, so werden minder fremdartige und ungewöhnliche Abänderungen umso mehr als erblich zugestanden werden müssen. Ja, vielleicht wäre die richtigste Art, die Sache anzusehen, die, dass man jedweden Charakter als erblich und die Nichterblichkeit als Ausnahme betrachtete. Die Gesetze, welche die Erblichkeit regeln, sind gänzlich unbekannt, und niemand vermag zu sagen, wie es komme, dass dieselbe Eigentümlichkeit in verschiedenen Individuen einer Art und in Einzelwesen verschiedener Arten zuweilen erblich ist und zuweilen nicht; wie es komme, dass das Kind zuweilen zu gewissen Charakteren des Großvaters oder der Großmutter oder noch früherer Vorfahren zurückkehre; wie es

Links: Robert Fitzroy (1805–1865), master and commander. Als junger Captain bot er dem zweiundzwanzig Jahre alten Charles Darwin an, ihn auf der Fahrt der Beagle als Reisegefährte zu begleiten.

komme, dass eine Eigentümlichkeit sich oft von einem Geschlecht auf beide Geschlechter überträgt oder sich auf eines, und zwar dasselbe Geschlecht beschränkt. Es ist eine Tatsache von nur geringer Wichtigkeit für uns, dass eigentümliche Merkmale, welche an den Männchen unserer Haustiere zum Vorschein kommen, ausschließlich oder doch vorzugsweise wieder nur auf männliche Nachkommen übergehen. Eine wichtigere und, wie ich glaube, verlässliche Erscheinung ist die, dass, in welcher Periode des Lebens sich die abweichende Bildung zeigen möge, sie auch in der Nachkommenschaft immer in dem entsprechenden Alter, oder zuweilen wohl früher, zum Vorschein kommt. In vielen Fällen ist dies nicht anders möglich, weil die erblichen Eigentümlichkeiten z. B. in den Hörnern des Rindviehs an den Nachkommen sich erst im reifen Alter zeigen können; und ebenso gibt es bekanntlich Eigentümlichkeiten des Seidenwurms, die nur den Raupen- oder den Puppenzustand betreffen. Aber erbliche Krankheiten und einige andere Tatsachen veranlassen mich zu glauben, dass die Regel eine weitere Ausdehnung hat, und dass selbst da, wo kein offenbarer Grund für das Erscheinen einer Abänderung in einem bestimmten Alter vorliegt, doch das Streben vorherrscht, auch am Nachkommen in dem gleichen Lebensabschnitt sich zu zeigen, wo sie an dem Vorfahren erstmals eingetreten ist. Ich glaube, dass diese Regel von der größten Wichtigkeit für die Erklärung der Gesetze der Embryologie ist. Diese Bemerkungen beziehen sich übrigens auf das erste Sichtbarwerden der Eigentümlichkeit, und nicht auf ihre erste Veranlassung, die vielleicht schon in dem männlichen oder weiblichen Zeugungsstoff liegen kann, in der Weise etwa, wie der aus der Kreuzung einer kurzhörnigen Kuh und eines langhörnigen Bullen hervorgegangene Sprössling die größere Länge seiner Hörner erst spät im Leben zeigen kann, obwohl die erste Ursache dazu schon im Zeugungsstoff des Vaters liegt. Ich habe den Fall der Rückkehr zur großelterlichen Bildung erwähnt und in dieser Beziehung noch anzuführen, dass die Naturforscher oft behaupten, unsere Haustierrassen nähmen, wenn sie verwilderten, zwar nur allmählich, aber doch gewiss, wieder den Charakter ihrer wilden Stammeltern an, woraus man dann geschlossen hat, dass Folgerungen von zahmen Rassen auf die Arten in ihrem Naturzustand AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Darwins Sextant bei der Fahrt der Beagle. Nach fünf Jahren fortwährender Seekrankheit setzte er danach nie wieder einen Fuß auf ein Segelschiff.

nicht zulässig seien. Ich habe jedoch vergeblich auszumitteln gestrebt, auf was für entscheidende Tatsachen sich jene so oft und so bestimmt wiederholte Behauptung stützte. Es möchte sehr schwer sein, ihre Richtigkeit nachzuweisen; denn wir können mit Sicherheit sagen, dass sehr viele der ausgeprägtesten zahmen Varietäten im wilden Zustand gar nicht leben könnten. In vielen Fällen kennen wir nicht einmal den Urstamm und vermögen uns daher noch weniger zu vergewissern, ob eine vollständige Rückkehr eingetreten ist oder nicht. Jedenfalls würde es, um die Folgen der Kreuzung zu vermeiden, nötig sein, dass nur eine einzelne Varietät in die Freiheit zurückversetzt werde. Ungeachtet aber unsere Varietäten gewiss in einzelnen Merkmalen zuweilen zu ihren Urformen zurückkehren, so scheint mir doch nicht unwahrscheinlich, dass, wenn man die verschiedenen Abarten des Kohls z. B. einige Generationen hindurch in einem ganz armen Boden zu naturalisieren fortführe (in welchem Falle dann allerdings ein Teil des Erfolges der unmittelbaren Wirkung des Bodens zuzuschreiben wäre), dieselben ganz oder fast ganz wieder ihre wilde Urform annehmen würden. Ob der Versuch nun gelinge oder nicht, ist für unsere Folgerungsreihe ohne große Erheblichkeit, weil durch den Versuch selber die Lebensbedingungen geändert werden. Ließe sich beweisen, dass unsere kultivierten Rassen eine starke Neigung zur Rückkehr, d. h. zur Ablegung der angenommenen Merkmale an den Tag legen, wenn sie unter unveränderten Bedingungen und in beträchtlichen Massen beisammen gehalten würden, sodass freie Kreuzung etwaige geringe Abweichungen der Struktur infolge ihrer Durcheinandermischung verhütete – in diesem Falle wollte ich zugeben, dass sich aus den zahmen Varietäten nichts hinsichtlich der Arten folgern lasse. Aber es ist nicht ein Schatten von Beweis zugunsten dieser Meinung vorhanden. Die Behauptung, dass sich unsere Wagenund Rassepferde, unsere lang- und kurzhörnigen Rinder, unsere mannigfaltigen Federviehsorten und Nahrungsgewächse nicht eine fast endlose Zahl von Generationen hindurch fortpflanzen lassen, wäre aller Erfahrung entgegen. Ich will noch hinzufügen, dass, wenn im Naturzustand die Lebensbedingungen wechseln, Abänderungen und Rückkehr des Charakters wahrscheinlich eintreten werden; aber die natürliche Züchtung würde, wie nachher gezeigt werden

soll, bestimmen, wie weit die hieraus hervorgehenden neuen Charaktere erhalten bleiben. Wenn wir die erblichen Varietäten oder Rassen unserer Haustiere und Kulturgewächse betrachten und dieselben miteinander nahe verwandten Arten vergleichen, so finden wir in jeder zahmeren Rasse, wie schon bemerkt wurde, eine geringere Übereinstimmung des Charakters als bei echten Arten. Auch haben zahme Rassen von derselben Tierart oft einen etwas monströsen Charakter, womit ich sagen will, dass, wenn sie sich auch voneinander und von den übrigen Arten derselben Sippe in mehren wichtigen Punkten unterscheiden, sie doch oft im äußersten Grad in irgendeinem einzelnen Teil sowohl von den anderen Varietäten als insbesondere von den übrigen nächstverwandten Arten derselben Sippe zurückweichen. Diese Fälle (und die der vollkommenen Fruchtbarkeit gekreuzter Varietäten einer Art, wovon nachher die Rede sein soll) ausgenommen, weichen die kultivierten Rassen einer und derselben Spezies in gleicher Weise, nur gewöhnlich in geringerem Grad, voneinander ab, wie die einander nächst verwandten Arten derselben Sippe im Naturzustand. Ich glaube, man wird dies zugeben, wenn man findet. dass es kaum irgendwelche gepflegten Rassen unter den Tieren wie unter den Pflanzen gibt, die nicht schon von einigen urteilsfähigen Richtern als wirkliche Varietäten und von anderen ebenfalls sachkundigen Beurteilern als Abkömmlinge einer ursprünglich verschiedenen Art erklärt worden wären. Gäbe es irgendeinen bestimmten Unterschied zwischen kultivierten Rassen und Arten, so könnten dergleichen Zweifel nicht so oft wiederkehren. Oft hat man versichert, dass gepflegte Rassen nicht in SippenCharakteren voneinander abweichen. Ich glaube zwar, dass sich diese Behauptung als irrig erweisen lässt; doch gehen die Meinungen der Naturforscher weit auseinander, wenn sie sagen sollen, worin SippenCharaktere bestehen, da alle solche Wertungen nur empirisch sind. Überdies werden wir nach der Ansicht von der Entstehung der Sippen, die ich jetzt aufstellen will, kein Recht haben zur Erwartung, bei unseren Kulturerzeugnissen oft auf Sippen-Verschiedenheiten zu stoßen. Wenn wir den Betrag der Struktur-Verschiedenheiten zwischen den gepflegten Rassen von einer Art zu schätzen versuchen, so werden wir bald dadurch in Zweifel versetzt, dass wir nicht wissen, ob dieselben von einer AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Darwins Bibel auf der Fahrt der Beagle. Er war in jenen Jahren auf konventionelle Weise religiös, jedoch nie strenggläubig. oder von mehreren elterlichen Arten abstammen. Es wäre von Interesse, wenn sich diese Frage aufklären ließe, wenn sich z. B. nachweisen ließe, ob das Windspiel, der Schweißhund, der Dachshund, der Jagdhund und der Bullenbeißer, welche sich so genau in ihrer Form fortpflanzen, Abkömmlinge von nur einer Stammart sind? Denn solche Tatsachen würden sehr geeignet sein, unsere Zweifel zu erregen über die Unveränderlichkeit der vielen einander sehr nahestehenden natürlichen Arten der Füchse z. B., die so ganz verschiedene Weltgegenden bewohnen. Ich glaube nicht, dass wir jetzt im Stande sind zu erkennen, ob alle unsere Hunde von einer wilden Stammart herkommen, obwohl dies bei einigen anderen Haustierrassen wahrscheinlich oder sogar genau nachweisbar ist. Es ist oft angenommen worden, der Mensch habe sich solche Pflanzen- und Tierarten zur Zähmung ausgewählt, welche ein angeborenes, außerordentlich starkes Vermögen, abzuändern und in verschiedenen Klimaten auszudauern, besäßen. Ich will nicht bestreiten, dass diese Fähigkeiten viel zum Wert unserer meisten Kulturerzeugnisse beigetragen haben. Aber wie vermochte ein Wilder zu wissen, als er ein Tier zu zähmen begann, ob dasselbe in folgenden Generationen zu variieren geneigt und in anderen Klimaten auszudauern vermögend sein werde? Oder hat die geringe Veränderlichkeit des Esels und des Perlhuhns, das geringe Ausdauerungsvermögen des

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Rentiers in der Wärme und des Kamels in der Kälte ihre Zähmung gehindert? Ich hege keinen Zweifel, dass, wenn man andere Pflanzen- und Tierarten in gleicher Anzahl wie unsere gepflegten Rassen und aus ebenso verschiedenen Klassen und Gegenden ihrem Naturzustand entnähme und eine gleich lange Reihe von Generationen hindurch im zahmen Zustande fortpflanzte, sie in gleichem Umfange variieren würden, wie es unsere jetzt schon kultivierten Arten tun. In Bezug auf die meisten unserer längst gepflegten Pflanzen- und Tierrassen halte ich es nicht für möglich, zu einem bestimmten Ergebnis darüber zu gelangen, ob sie von einer oder von mehreren Arten abstammen. Die Anhänger der Lehre von einem mehrfältigen Ursprung unserer Rassen berufen sich hauptsächlich darauf, dass schon die ältesten geschichtlichen Nachrichten und insbesondere die ägyptischen Denkmäler von einer großen Verschiedenheit der Rassen Zeugnis geben, und dass einige derselben mit unseren jetzigen bereits die größte Ähnlichkeit haben, wenn nicht gänzlich übereinstimmen. Wäre überdies die Tatsache auch besser begründet, als sie es zu sein scheint, so würde sie doch nichts anderes beweisen, als dass eine oder die andere unserer Rassen dort vor vier- bis fünftausend Jahren entstanden ist. Doch Horners Untersuchungen haben es einigermaßen wahrscheinlich gemacht, dass Menschen, schon hinreichend zivilisiert, um Töpferwaren zu fertigen, das Niltal seit bereits 13–14 tausend Jahren bewohnen; und wer möchte behaupten, dass nicht schon sehr lange vor dieser Zeit Wilde auf der Kulturstufe der jetzigen Feuerländer oder Australier, die ebenfalls einen halb-gezähmten Hund besitzen, in Ägypten gelebt haben können? Obwohl ich glaube, dass die ganze Frage unentschieden bleiben muss, so will ich doch, ohne auf Einzelheiten einzugehen, hier erklären, dass es mir nach geographischen und anderen Betrachtungen sehr wahrscheinlich ist, dass unser Haushund von mehreren wilden Arten abstammt. In Bezug auf Schaf und Ziege vermag ich mir keine Meinung zu bilden. Nach den mir von Blyth über die Lebensweise, Stimme, Konstitution usw. des Indischen Höckerochsen mitgeteilten Tatsachen sollte ich denken, dass er von einer anderen Art als unser europäisches Rind herstammen müsse, welches manche sachkundige Beurteiler von mehrfachen Stammarten ableiten wollen. Hinsichtlich

Sitzung der Lunar Society, eines Clubs fortschrittlicher und technikinteressierter Gentlemen in Birmingham Ende des 18. Jahrhunderts. Beide Großväter Darwins waren dort Mitglied. des Pferdes bin ich aus Gründen, die ich hier nicht entwickeln kann, mit einigen Zweifeln gegen die Meinung einiger Schriftsteller anzunehmen geneigt, dass alle seine Rassen nur von einem wilden Stamm herrühren. Blyth, dessen Meinung ich seiner reichen und mannigfaltigen Kenntnisse wegen in dieser Beziehung höher als fast eines jeden anderen anschlagen muss, glaubt, dass alle unsere Hühner-Varietäten vom gemeinen indischen Huhn (Gallus bankiva) herkommen. In Bezug auf Enten und Stallhasen, deren Rassen in ihrem Körperbau beträchtlich voneinander abweichen, zweifle ich nicht, dass sie alle von der gemeinen Wildente und dem wilden Kaninchen stammen. Die Lehre der Abstammung unserer verschiedenen Haustierrassen von verschiedenen wilden Stammarten ist von einigen Schriftstellern bis zu einem abgeschmackten Extrem getrieben worden. Sie glauben nämlich, dass jede wenn auch noch so wenig verschiedene Rasse, welche ihren unterscheidenden Charakter durch Inzucht bewahrt, auch ihre wilde Stammform gehabt habe. Dann müsste es eine ganze Menge wilder Rind-, viele Schaf- und einige Geißenarten in Europa und mehrere selbst schon innerhalb Großbritanniens gegeben haben. Ein Autor meint, es hätten ehedem elf

wilde und dem Lande eigentümliche Schafarten dort gelebt. Wenn wir nun erwägen, dass Britannien jetzt kaum eine ihm eigentümliche Säugetierart, Frankreich nur sehr wenige nicht auch in Deutschland vorkommende, und umgekehrt, besitze, dass es sich ebenso mit Ungarn, Spanien usw. verhalte, dass aber jedes dieser Königreiche mehrere ihm eigene Rassen von Rind, Schaf usw. darbiete, so müssen wir zugeben, dass in Europa viele Haustierstämme entstanden sind; denn von woher sollen alle gekommen sein, da keines dieser Länder so viele eigentümliche Arten als abweichende Stammrassen besitzt? Und so ist es auch in Ostindien. Selbst in Bezug auf die Haushunde der ganzen Welt kann ich, obwohl ich ihre Abstammung von mehreren verschiedenen Arten ganz wahrscheinlich finde, nicht in Zweifel ziehen, dass da ein unermesslicher Betrag vererblicher Abweichungen vorhanden gewesen ist. Denn wer kann glauben, dass Tiere nahezu übereinstimmend mit dem italienischen Windspiel, mit dem Schweißhund, mit dem Bullenbeißer, mit dem Blenheimer Jagdhund und so abweichend von allen wilden Caniden, jemals frei im Naturzustand gelebt hätten. Es ist oft hingeworfen worden, alle unsere Hunderassen seien durch Kreuzung einiger weniger Stammarten miteinander entstanden; aber Kreuzung AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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kann nur solche Formen liefern, welche mehr oder weniger das Mittel zwischen ihren Eltern halten, und gingen wir von dieser Erfahrung bei unseren zahmen Rassen aus, so müssten wir annehmen, dass einst die äußersten Formen des Windspiels, des Schweißhundes, des Bullenbeißers usw. im wilden Zustand gelebt hätten. Überdies ist die Möglichkeit, durch Kreuzung verschiedene Rassen zu bilden, sehr übertrieben worden. Wenn es auch keinem Zweifel unterliegt, dass eine Rasse durch gelegentliche Kreuzung mittels sorgfältiger Auswahl der Blendlinge, welche irgendeinen bezweckten Charakter darbieten, sich bedeutend modifizieren lässt, so kann ich doch kaum glauben, dass man eine nahezu das Mittel zwischen zwei weit verschiedenen Rassen oder Arten haltende Rasse zu züchten im Stande ist. Sir J. Sebright hat absichtliche Versuche in dieser Beziehung angestellt und keinen Erfolg erlangt. Die Nachkommenschaft aus der ersten Kreuzung zwischen zwei reinen Rassen ist erträglich und zuweilen, wie ich bei Tauben gefunden habe, außerordentlich einförmig, und alles scheint einfach genug zu sein. Werden aber diese Blendlinge einige Generationen hindurch untereinander gepaart, so werden kaum zwei ihrer Nachkommen mehr einander ähnlich ausfallen, und dann wird die äußerste Schwierigkeit oder vielmehr gänzliche Hoffnungslosigkeit des Erfolges klar. Gewiss kann eine Mittel-Rasse zwischen zwei sehr verschiedenen reinen Rassen nicht ohne die äußerste Sorgfalt und eine lang fortgesetzte Wahl der Zuchttiere gebildet werden, und ich finde nicht einen Fall berichtet, wo dadurch eine bleibende Rasse erzielt worden wäre. Züchtung der Haustauben. – Von der Ansicht ausgehend, dass es am zweckmäßigsten ist, irgendeine besondere Tiergruppe zum Gegenstand der Forschung zu machen, habe ich mir nach einiger Erwägung die Haustauben dazu ausersehen. Ich habe alle Rassen gehalten, die ich mir verschaffen konnte, und bin auf die freundlichste Weise mit Exemplaren aus verschiedenen Weltgegenden bedacht worden, insbesondere durch den ehrenwerten W. Elliot aus Ostindien und den ehrenwerten C. Murray aus Persien. Es sind viele Abhandlungen in verschiedenen Sprachen veröffentlicht worden und einige darunter durch ihr ansehnliches Alter von besonderer Wichtigkeit. Ich habe mich mit einigen ausgezeich-

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neten Taubenliebhabern verbunden und mich in zwei Londoner Tauben-Clubs aufnehmen lassen. Die Verschiedenheit der Rassen ist oft erstaunlich groß. Man vergleiche z. B. die englische Botentaube und den kurzstirnigen Purzler und betrachte die wunderbare Verschiedenheit in ihren Schnäbeln, welche entsprechende Verschiedenheiten in ihren Schädeln bedingt. Die englische Botentaube (Carrier) und insbesondere das Männchen ist noch bemerkenswert durch die wundervolle Entwicklung von Fleischlappen an der Kopfhaut, die mächtig verlängerten Augenlider, sehr weite äußere Nasenlöcher und einen weitklaffenden Mund. Der kurzstirnige Purzler hat einen Schnabel, im Profil fast wie beim Finken; und die gemeine Purzeltaube hat die eigentümliche und streng erbliche Gewohnheit, sich in dichten Gruppen zu ansehnlicher Höhe in die Luft zu erheben und dann kopfüber herabzupurzeln. Die Runt-Taube ist von beträchtlicher Größe mit langem massigem Schnabel und großen Füßen; einige Unterrassen derselben haben einen sehr langen Hals, andere sehr lange Schwingen und Schwanz, noch andere einen

Oben: Kropftaube. Die selektive Zucht von Haustauben stellte für Darwin eine wichtige Analogie zur Selektion und Anpassung in der freien Natur dar. Rechts: Carrier. Darwin wurde Taubenzüchter, um die Analogie zu studieren.

ganz eigentümlich kurzen Schwanz. Der »Barb« ist mit der Botentaube verwandt, hat aber, statt des sehr langen, einen sehr kurzen und breiten Schnabel. Der Kröpfer hat Körper, Flügel und Beine sehr verlängert, und sein ungeheuer entwickelter Kropf, den er sich aufzublähen gefällt, mag wohl Verwunderung und selbst Lachen erregen. Die Möventaube (Turbit) besitzt einen sehr kurzen kegelförmigen Schnabel, mit einer Reihe umgewendeter Federn auf der Brust, und hat die Sitte, den oberen Teil des Schlundes beständig etwas auszubreiten. Der Jakobiner oder die Perückentaube hat die Nackenfedern so aufgerichtet, dass sie eine Perücke bilden, und verhältnismäßig lange Schwung- und Schwanzfedern. Der Trompeter und die Trommeltaube rucksen, wie ihre Namen ausdrücken, auf eine ganz andere Weise als die anderen Rassen. Die Pfauentaube hat 30–40 statt der normalen 12–14 Schwanzfedern und trägt diese Federn in der Weise ausgebreitet und aufgerichtet, dass in guten Vögeln sich Kopf und Schwanz berühren; die Öldrüse ist gänzlich verkümmert. Noch blieben einige minder ausgezeichnete Rassen aufzuzählen übrig. Im Skelett der verschiedenen Rassen weicht die Entwicklung der Gesichtsknochen in Länge, Breite und Krümmung außerordentlich ab. Die Form sowohl als die Breite und Länge des Unterkieferastes ändern sich in sehr merkwürdiger Weise. Die Zahl der Heiligenbein- und Schwanzwirbel und der Rippen, die verhältnismäßige Breite und Anwesenheit ihrer Querfortsätze wechseln ebenfalls. Sehr veränderlich sind ferner die Größe und Form der Lücken im Brustbein sowie der Öffnungswinkel und die bezügliche Größe der zwei Schenkel des Gabelbeins. Die verglichene Weite des Mundspaltes, die verhältnismäßige Länge der Augenlider, der äußeren Nasenlöcher und der Zunge, welche sich nicht immer nach der des Schnabels richtet, die Größe des Kropfes und des oberen Teils des Schlundes, die Entwicklung oder Verkümmerung der Öldrüse, die Zahl der ersten Schwung- und der Schwanzfedern, die verglichene Länge von Flügeln und Schwanz gegeneinander und gegen die des Körpers, die des Laufs gegen die Zehen, die Zahl der Hornschuppen in der Zehenbekleidung sind alles abänderungsfähige Punkte im Körperbau. Auch die Periode, wo sich das vollkommene Gefieder einstellt, ist ebenso veränderlich als die Beschaffenheit des Flaums, womit die Nestlinge beim Ausschlüpfen

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aus dem Ei bekleidet sind. Form und Größe der Eier sind der Abänderung unterworfen. Die Art des Flugs ist ebenso merkwürdig verschieden, wie es bei manchen Rassen mit Stimme und Gemütsart der Fall ist. Endlich weichen bei gewissen Rassen die Männchen etwas von den Weibchen ab. So könnte man wenigstens eine ganze Menge von Tauben-Formen auswählen, die ein Ornithologe, wenn er überzeugt wäre, dass es wilde Vögel sind, unbedenklich für wohlbezeichnete Arten erklären würde. Ich glaube nicht einmal, dass irgendein Ornithologe die englische Botentaube, den kurzstirnigen Purzler, den Runt, den Barb, die Kropf- und die Pfauentaube in dieselbe Sippe zusammenstellen würde, zumal eine jede dieser Rassen wieder mehrere erbliche Unterrassen in sich enthält, die er für Arten nehmen könnte. Wie groß nun aber auch die Verschiedenheit zwischen den Taubenrassen sein mag, so bin ich doch überzeugt, dass die gewöhnliche Meinung der Naturforscher, dass alle von der Felstaube (Columba livia) abstammen, richtig ist, wenn man unter diesem Namen nämlich verschiedene geographische Rassen oder Unterarten mit begreift, welche nur in den untergeordnetsten Merkmalen voneinander abweichen. Da einige der Gründe, welche mich zu dieser Meinung bestimmt haben, mehr und weniger auch auf andere Fälle anwendbar sind, so will ich sie kurz angeben. Wären jene verschiedenen Rassen nicht Varietäten und nicht von der Felstaube entsprossen, so müssten sie von wenigstens 7–8 Stammarten herrühren; denn es wäre unmöglich, alle unsere zahmen Rassen durch Kreuzung einer geringeren Artenzahl miteinander zu erlangen. Wie wollte man z. B. die Kropftaube durch Paarung zweier Arten miteinander erzielen, wovon nicht wenigstens eine den ungeheuren Kropf besäße? Die unterstellten wilden Stammarten müssten sämtlich Felstauben gewesen sein, die nämlich nicht freiwillig auf Bäumen brüten oder sich auch nur darauf setzen. Doch außer der C. livia und ihren geographischen Unterarten kennt man nur noch 2–3 Arten Felstauben, welche aber nicht einen der Charaktere unserer zahmen Rassen besitzen. Daher müssten dann die angeblichen Urstämme entweder noch in den Gegenden ihrer ersten Zähmung vorhanden und den Ornithologen unbekannt geblieben sein, was wegen ihrer Größe, Lebensweise und merkwürdigen Eigenschaften sehr unwahrscheinlich ist; oder sie

Größere Flamingos vollführen das Paarungs-»Ballett« auf Rabida Island, Galapagos. müssten in wildem Zustand ausgestorben sein. Aber Vögel, welche an Felsabhängen nisten und gut fliegen, sind nicht leicht auszurotten, und unsere gemeine Felstaube, welche mit unseren zahmen Rassen gleiche Lebensweise besitzt, hat noch nicht einmal auf einigen der kleineren Britischen Inseln oder an den Küsten des Mittelmeeres ausgerottet werden können. Daher mir die angebliche Ausrottung so vieler Arten, die mit der Felstaube gleiche Lebensweise besitzen, eine sehr übereilte Annahme zu sein scheint. Überdies sind die oben genannten so abweichenden Rassen nach allen Weltgegenden verpflanzt worden und müssten daher wohl einige derselben in ihre Heimat zurückgelangt sein. Und doch ist nicht eine derselben

verwildert, obwohl die Feldtaube, d. i. die Felstaube in ihrer am wenigsten veränderten Form, in einigen Gegenden wieder wild geworden ist. Da nun alle neueren Versuche zeigen, dass es sehr schwer ist, ein wildes Tier zur Fortpflanzung im Zustand der Zähmung zu bringen, so wäre man durch die Hypothese eines mehrfältigen Ursprungs unserer Haustauben zur Annahme genötigt, es seien schon in alten Zeiten und von halbzivilisierten Menschen wenigstens 7–8 Arten so vollkommen gezähmt worden, dass sie jetzt in der Gefangenschaft ganz wohl gedeihen. Ein Beweisgrund, wie mir scheint, von großem Wert und auch anderweitiger Anwendbarkeit ist der, dass die oben aufgezählten Rassen, obwohl sie im AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Allgemeinen in organischer Tätigkeit, Lebensweise, Stimme, Färbung und den meisten Teilen ihres Körperbaus mit der Felstaube übereinkommen, doch in anderen Teilen dieses letzten gewiss sehr weit davon abweichen; und wir würden uns in der ganzen großen Familie der Columbiden vergeblich nach einem Schnabel, wie ihn die englische Botentaube oder der kurzstirnige Purzler oder der Barb besitzen – oder nach umgedrehten Federn, wie sie die Perückentaube hat – oder nach einem Kropf wie beim Kröpfer – oder nach einem Schwanz wie bei der Pfauentaube umsehen. Man müsste daher annehmen, dass der halbzivilisierte Mensch nicht allein bereits mehrere Arten vollständig gezähmt, sondern auch absichtlich oder zufällig außerordentlich abweichende Arten dazu erkoren habe, und dass diese Arten seitdem alle erloschen oder verschollen seien. Das Zusammentreffen so vieler seltsamer Zufälligkeiten scheint mir im höchsten Grad unwahrscheinlich. Noch möchten hier einige Tatsachen in Bezug auf die Färbung des Gefieders Berücksichtigung verdienen. Die Felstaube ist schieferblau mit weißem (bei der ostindischen Subspezies, C. intermedia Strickl., bläulichem) Hinterrücken, hat am Schwanze eine schwarze Endbinde und an den äußeren Federn desselben einen weißen äußeren Rand, und die Flügel haben zwei schwarze Binden; einige halb und andere anscheinend ganz wilde Unterrassen haben auch noch schwarze Flecken auf den Flügeln. Diese verschiedenen Merkmale kommen bei keiner anderen Art der ganzen Familie vereinigt vor. Nun treffen sich aber auch bei jeder unserer zahmen Rassen zuweilen und selbst unter den ganz ausgebildeten Vögeln derselben alle jene Merkmale gut entwickelt in Verbindung miteinander, selbst bis auf die weißen Ränder der äußeren Schwanzfedern. Ja sogar, wenn man zwei Vögel von verschiedenen Rassen, wovon keiner blau ist noch eines der erwähnten Merkmale besitzt, miteinander paart, sind die dadurch erzielten Blendlinge sehr geneigt, diese Charaktere plötzlich anzunehmen. So kreuzte ich z. B. einfarbig weiße Pfauentauben mit einfarbig schwarzen Barbtauben und erhielt eine braun und schwarz gefleckte Nachkommenschaft; und als ich diese durch Inzucht vermehrte, kam ein Enkel der rein weißen Pfauen- und der rein schwarzen Barbtaube mit

Links: Amsterdamer Bärtchentümmler.

schön blauem Gefieder, weißem Unterrücken, doppelter schwarzer Flügelbinde, schwarzer Schwanzbinde und weißen Seitenrändern der Steuerfedern, alles wie bei der wilden Felstaube, zum Vorschein. Man kann diese Tatsache aus dem wohlbekannten Prinzip der Rückkehr zu vorelterlichen Charakteren begreifen, wenn alle zahmen Rassen von der Felstaube abstammen. Wollten wir aber dieses leugnen, so müssten wir eine von den zwei folgenden sehr unwahrscheinlichen Unterstellungen machen. Entweder dass all die verschiedenen angenommenen Stammarten wie die Felstaube gefärbt und gezeichnet gewesen seien (obwohl keine andere lebende Art mehr so gefärbt und gezeichnet ist), sodass in dessen Folge noch bei allen Rassen eine Neigung, zu dieser anfänglichen Färbung und Zeichnung zurückzukehren, vorhanden wäre. Oder dass jede und auch die reinste Rasse seit etwa den letzten zwölf oder höchstens zwanzig Generationen einmal mit der Felstaube gekreuzt worden sei; ich sage: Höchstens zwanzig, denn wir kennen keine Tatsache zur Unterstützung der Meinung, dass ein Abkömmling nach einer noch längeren Reihe von Generationen sogar zu den Charakteren seiner Vorfahren zurückkehren könne. Wenn in einer Rasse nur einmal eine Kreuzung mit einer anderen stattgefunden hat. so wird die Neigung, zu einem Charakter dieser letzten zurückzukehren, natürlich umso kleiner und kleiner werden, je weniger Blut von derselben noch in jeder späteren Generation übrig ist. Hat aber eine Kreuzung mit fremder Rasse nicht stattgefunden und ist gleichwohl in beiden Eltern die Neigung der Rückkehr zu einem Charakter vorhanden, der schon seit mehreren Generationen verloren gegangen war, so ist trotz allem, was man Gegenteiliges sehen mag, die Annahme geboten, dass sich diese Neigung in ungeschwächtem Grade während einer unbestimmten Reihe von Generationen fortpflanzen könne. Diese zwei verschiedenen Fälle werden in Abhandlungen über Erblichkeit oft miteinander verwechselt. Endlich sind die Bastarde oder Blendlinge, welche durch die Kreuzung der verschiedenen Taubenrassen erzielt werden, alle vollkommen fruchtbar. Ich kann dies mittels meiner eigenen Versuche bestätigen, die ich absichtlich zwischen den allerverschiedensten Rassen angestellt habe. Dagegen wird es aber schwer und vielleicht unmöglich sein, einen Fall anzuführen, wo ein Bastard an zwei bestimmt verschiedenen Arten AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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schon selber vollkommen fruchtbar gewesen wäre. Einige Schriftsteller nehmen an, ein langdauernder Zustand der Zähmung beseitige allmählich diese Neigung zur Unfruchtbarkeit, und aus der Geschichte des Hundes zu schließen, scheint mir diese Hypothese einige Wahrscheinlichkeit zu haben, wenn sie auf einander sehr nahe verwandte Arten angewendet wird, obwohl sie noch durch keinen einzigen Versuch bestätigt worden ist. Aber eine Ausdehnung der Hypothese bis zu der Behauptung, dass Arten, die ursprünglich voneinander ebenso verschieden gewesen, wie es Botentaube, Purzler, Kröpfer und Pfauenschwanz jetzt sind, eine bei Inzucht vollkommen fruchtbare Nachkommenschaft liefern, scheint mir äußerst voreilig zu sein. Diese verschiedenen Gründe, und zwar: die Unwahrscheinlichkeit, dass der Mensch schon in früher Zeit sieben bis acht wilde Taubenarten zur Fortpflanzung in der Gefangenschaft vermocht habe, die wir weder im wilden noch im verwilderten Zustande kennen, ihre in manchen Beziehungen von der Bildung aller Columbiden mit Ausnahme der Felstaube ganz abweichenden Charaktere, das gelegentliche Wiedererscheinen der blauen Farbe und charakteristischen Zeichnung in allen Rassen sowohl im Falle der Inzucht als der Kreuzung, die vollkommene Fruchtbarkeit der Blendlinge; alle diese Gründe zusammengenommmen gestatten mir nicht zu zweifeln, dass alle unsere zahmen Taubenrassen von Columba livia und deren geographischen Unterarten abstammen. Zugunsten dieser Ansicht will ich noch ferner anführen: 1) dass die Felstaube, C. livia, in Europa wie in Indien zur Zähmung geeignet gefunden worden ist, und dass sie in ihren Gewohnheiten wie in vielen Strukturbeziehungen mit allen unseren zahmen Rassen übereinkommt. 2) Obwohl eine englische Botentaube oder ein kurzstirniger Purzler sich in gewissen Charakteren weit von der Felstaube entfernen, so ist es doch dadurch, dass man die verschiedenen Unterformen dieser Rassen, mit Einschluss der z. T. aus weit entfernten Gegenden abstammenden, mit in Vergleich zieht, möglich, fast ununterbrochene Übergangsreihen zwischen den am weitesten auseinanderliegenden Bildungen derselben herzustellen. 3) Diejenigen Charaktere, welche die verschiedenen Rassen hauptsächlich voneinander unterscheiden, wie

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die Fleischwarzen und der lange Schnabel der englischen Botentaube, der kurze Schnabel des Purzlers und die zahlreichen Schwanzfedern der Pfauentaube, sind in jeder Rasse doch äußerst veränderlich, und die Erklärung dieser Erscheinung wird uns erst möglich sein, wenn von der Züchtung die Rede sein wird. 4) Tauben sind bei vielen Völkern beobachtet und mit äußerster Sorgfalt und Liebhaberei gepflegt worden. Man hat sie schon vor Tausenden von Jahren in mehreren Weltgegenden gezähmt; die älteste Nachricht von ihnen stammt aus der Zeit der fünften ägyptischen Dynastie, etwa 3000 J. v. Chr., wie mir Professor Lepsius mitgeteilt hat; aber Birch benachrichtigt mich, dass Tauben schon auf einem Küchenzettel der vorangehenden Dynastie vorkommen. Von Plinius vernehmen wir, dass zur Zeit der Römer ungeheures Geld für Tauben ausgegeben worden ist; ja, es war dahin gekommen, dass man ihnen »Stammbaum und Rasse« nachrechnete. Gegen das Jahr 1600 schätzte sie Akber Khan in Indien so sehr, dass ihrer nicht weniger als 20 000 zur Hofhaltung gehörten. »Die Monarchen von Iran und Turan sandten einige sehr seltene Vögel heim und«, berichtet der Hof-Historiker weiter, »Ihre Majestät hat durch Kreuzung der Rassen, welche Methode früher nie angewendet worden war, dieselben in erstaunlicher Weise verbessert.« Um diese nämliche Zeit waren die Holländer ebenso sehr wie früher die Römer auf die Tauben erpicht. Die äußerste Wichtigkeit dieser Betrachtungen für die Erklärung der außerordentlichen Veränderungen, welche die Tauben erfahren haben, wird uns erst bei den späteren Erörterungen über die Züchtung deutlich werden. Wir werden dann auch sehen, woher es kommt, dass die Rassen so oft ein etwas monströses Aussehen haben. Endlich ist es ein sehr günstiger Umstand für die Erzeugung verschiedener Rassen, dass bei den Tauben ein Männchen mit einem Weibchen leicht lebenslänglich zusammengepaart werden kann, und dass verschiedene Rassen in einem und dem nämlichen Vogelhaus beisammen gehalten werden können. Ich habe die wahrscheinliche Entstehungsart der zahmen Taubenrassen mit einiger, wenn auch noch ganz ungenügender Ausführlichkeit besprochen, weil ich selbst zur Zeit, wo ich anfing, Tauben zu halten und ihre verschiedenen Formen zu beobachten, es für ganz ebenso schwer hielt zu glauben, dass alle ihre Rassen

Ein Paar Galapagos-Albatrosse, die nur im gleichnamigen Archipel vorkommen, beim Balztanz. jemals einem gemeinsamen Stammvater entsprossen sein könnten, als es einem Naturforscher schwerfallen würde, an die gemeinsame Abstammung aller Finken oder irgendeiner anderen großen Vogelfamilie im Naturzustand zu glauben. Insbesondere machte mich der Umstand sehr betroffen, dass alle Züchter von Haustieren und Kulturpflanzen, mit welchen ich je gesprochen oder deren Schriften ich gelesen habe, vollkommen überzeugt waren, dass die verschiedenen Rassen, welche ein jeder von ihnen erzogen habe, von ebenso vielen ursprünglich verschiedenen Arten herstammten. Fragt man, wie ich gefragt habe, irgendeinen berühmten Veredler der Hereford-Rindviehrasse, ob dieselbe nicht von der langhörnigen Rasse abstamme, so wird er spöttisch lächeln. Ich habe nie einen Tauben-, Hühner-, Enten- oder Kaninchenliebhaber gefunden, der nicht vollkommen überzeugt gewesen wäre, dass jede Hauptrasse von einer anderen Stammart herkomme. Van Mons zeigt in seinem Werk über die Äpfel und Birnen, wie wenig er zu glauben geneigt ist, dass die verschiedenen Sorten, wie z. B. der Ribston-Pippin,

der Codlin-Apfel u. a., je von Samen des nämlichen Baumes entsprungen sein können. Und so könnte ich unzählige andere Beispiele anführen. Dies lässt sich, wie ich glaube, einfach erklären. Infolge langjähriger Studien haben diese Leute einen tiefen Eindruck von den Unterschieden zwischen den verschiedenen Rassen in sich aufgenommen; und obgleich sie wohl wissen, dass jede Rasse etwas variiert, da sie eben durch die Züchtung solcher geringen Abänderungen ihre Preise gewinnen, so gehen sie doch nicht von allgemeineren Vernunftschlüssen aus und rechnen nicht den ganzen Betrag zusammen, der sich durch Häufung kleiner Abänderungen während vieler aufeinanderfolgender Generationen ergeben muss. Werden nicht jene Naturforscher, welche, obschon viel weniger als diese Züchter mit den Erblichkeitsgesetzen bekannt und nicht besser als sie über die Zwischenglieder in der langen Reihe der Abkommenschaft unterrichtet, doch annehmen, dass viele von unseren gehegten Rassen von gleichen Eltern abstammen, – werden sie nicht eine Lektion über Behutsamkeit zu gewärtigen haben, wenn sie über den Gedanken lachen, dass eine AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Der junge Robert Fitzroy. Später in seinem Leben, lange nach der Fahrt der Beagle, lehnte er Darwins Theorie ab.

Murray-Kanal, Beagle-Kanal, aus Fitzroys Narrative of the surveying voyages of His Majesty’s Ships Adventure and Beagle between the years 1826 and 1836.

Art im Naturzustand in gerader Linie von einer anderen Art abstammen könne? Züchtung. – Wir wollen jetzt kurz die Wege betrachten, auf welchen die gehegten Rassen jede von einer oder von mehreren einander nah verwandten Arten erzeugt worden sind. Ein kleiner Teil der Wirkung mag dabei vielleicht dem unmittelbaren Einfluss äußerer Lebensbedingungen und ein kleiner der Gewöhnung zuzuschreiben sein; es wäre aber töricht, solchen Kräften die Verschiedenheiten zwischen einem Karrengaul und einem Rassepferd, zwischen einem Windspiel und einem Schweißhund, einer Boten- und einer Purzeltaube zuschreiben zu wollen. Eine der merkwürdigsten Eigentümlichkeiten, die wir an unseren kultivierten Rassen wahrnehmen, ist ihre Anpassung nicht an der Pflanze oder des Tieres eigenen Vorteil, sondern an des Menschen Nutzen und Liebhaberei. Einige ihm nützliche Abänderungen sind zweifelsohne plötzlich oder auf einmal entstanden, wie z. B. manche Botaniker glauben, dass die Weber-Karde mit ihren Haken, welchen keine mechanische Vorrichtung an Brauchbarkeit gleichkommt, nur eine Varietät des wilden Dipsacus sei, und diese ganze Abänderung mag wohl plötzlich in irgendeinem Sämling dieses Letzteren zum Vorschein gekommen sein. So ist es wahrscheinlich auch mit der in England zum Drehen der Bratspieße gebrauchten Hunderasse der Fall, und es ist bekannt, dass ebenso das amerikanische Ancon-Schaf entstanden ist. Wenn wir aber das Rassepferd mit dem Karrengaul, das Dromedar mit dem Kamel, die für Kulturland tauglichen mit den für Bergweide passenden Schafrassen, deren Wollen sich zu ganz verschiedenen Zwecken eignen, wenn wir die mannigfaltigen Hunderassen vergleichen, deren jede dem Menschen in einer anderen Weise dient – wenn wir den im Kampf so ausdauernden Streithahn mit anderen friedfertigen und trägen Rassen, welche »immer legen und niemals zu brüten verlangen«, oder mit dem so kleinen und zierlichen Bantam-Huhn vergleichen – wenn wir endlich das Heer der Acker-, Obst-, Küchen- und Zierpflanzenrassen ins Auge fassen, welche dem Menschen jede zu anderem Zwecke und in anderer Jahreszeit so nützlich oder für seine Augen so angenehm ist, so müssen wir uns doch wohl weiter nach den Ursachen solcher Veränderlichkeit

Feier der Äquator-Überquerung an Bord der Beagle. umsehen. Wir können nicht annehmen, dass alle diese Varietäten auf einmal so vollkommen und so nutzbar entstanden seien, wie wir sie jetzt vor uns sehen, und kennen in der Tat von manchen ihre Geschichte genau genug, um zu wissen, dass dies nicht der Fall gewesen ist. Der Schlüssel liegt in dem akkumulativen Wahlvermögen des Menschen, d.h. in seinem Vermögen, durch jedesmalige Auswahl derjenigen Individuen zur Nachzucht, welche die ihm erwünschten Eigenschaften im höchsten Grad besitzen, diese Eigenschaften bei jeder Generation um einen wenn auch noch so unscheinbaren Betrag zu steigern. Die Natur liefert allmählich mancherlei Abänderungen; der Mensch befördert sie in gewissen ihm nützlichen Richtungen. In diesem Sinne kann man von ihm sagen, er schaffe sich nützliche Rassen. Die Macht dieses Züchtungsprinzips ist nicht hypothetisch; denn es ist gewiss, dass einige unserer ausgezeichnetsten Viehzüchter binnen einem Menschenalter mehrere Rind- und Schafrassen in beträchtlichem Umfang modifiziert haben. Um das, was sie geleistet haben, in seinem ganzen Umfang zu würdigen, muss man einige von den vielen diesem Zwecke gewidmeten Schriften lesen und die Tiere selber sehen. – Züchter sprechen gewöhnlich von eines Tieres Organisation wie von einer ganz bildsamen Sache, die sie meistens völlig nach ihrem Gefallen modeln könnten. Wenn es der Raum gestattete, so würde ich viele Stellen von den sachkundigsten Gewährsmännern als Belege anführen. Youatt, der wahrscheinlich besser als fast irgendein anderer mit AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Bahia, Brasilien, ungefähr zur Zeit Darwins den landwirtschaftlichen Werken bekannt und selbst ein sehr guter Beurteiler eines Tieres war, sagt von diesem Züchtungsprinzip, es sei »was den Landwirt befähige, den Charakter seiner Herde nicht allein zu modifizieren, sondern gänzlich zu ändern. Es ist der Zauberstab, mit dessen Hilfe er jede Form ins Leben ruft, die ihm gefällt.« Lord Somerville sagt in Bezug auf das, was die Züchter hinsichtlich der Schafrassen geleistet: »Es ist, als hätten sie eine in sich vollkommene Form an die Wand gezeichnet und dann belebt.« Der erfahrenste Züchter, Sir John Sebright, pflegte in Bezug auf die Tauben zu sagen: »Er wolle eine ihm aufgegebene Feder in drei Jahren hervorbringen, bedürfe aber sechs Jahre, um Kopf und Schnabel zu erlangen.« In Sachsen ist die Wichtigkeit jenes Prinzips für die Merinozucht so anerkannt, dass die Leute es gewerbsmäßig verfolgen. Die Schafe werden auf einen Tisch gelegt und studiert, wie der Kenner ein Gemälde studiert. Dies wird je nach Monatsfrist dreimal wiederholt, und die Schafe werden jedes Mal gezeichnet und klassifiziert, sodass nur die allerbesten zuletzt für die Nachzucht übrig bleiben.

Links: Der Fernando Noronha, vor der Küste Brasiliens, eine der ersten Stationen der Beagle. Darwin, zu der Zeit genauso sehr Geologe wie Biologe, fiel dessen phonolithisches Gestein auf.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Ihrer Majestät Schiff Beagle,eine Brigg mit zehn

Kanonen unter dem Kommando Kapitän Fitz Roys, lief am 27. Dezember 1831 von Devonport aus, nachdem sie von schweren Südweststürmen zweimal zurückgeworfen worden war. Ziel der Expedition war es, die Vermessung von Patagonien und Feuerland, die unter Kapitän King von 1826 bis 1830 begonnen worden war, abzuschließen – die Küsten Chiles, Perus und einiger Inseln im Pazifik zu vermessen – und eine Reihe chronometrischer Messungen um die ganze Welt durchzuführen. Am 6. Januar erreichten wir Teneriffa, wo uns indes aus Furcht, wir schleppten die Cholera ein, die Landung untersagt wurde; am folgenden Morgen sahen wir die Sonne über den zackigen Konturen der Großen Kanarischen Insel aufgehen und unversehens den Gipfel von Teneriffa erleuchten, während die tiefer gelegenen Landstriche in Schäfchenwolken gehüllt waren. Dies war der erste von vielen herrlichen Tagen, die unvergessen bleiben sollten. Am 16. Januar 1832 gingen wir vor Porto Praya auf St. Jago vor Anker, der Hauptinsel des Kapverdischen Archipels.

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Was englische Züchter bis jetzt schon geleistet haben, geht aus den ungeheuren Preisen hervor, die man für Tiere bezahlt, die einen guten Stammbaum aufzuweisen haben, und diese hat man jetzt nach fast allen Weltgegenden ausgeführt. Diese Veredelung rührt im Allgemeinen keineswegs davon her, dass man verschiedene Rassen miteinander gekreuzt hat. Alle die besten Züchter sprechen sich streng gegen dieses Verfahren aus, es sei denn etwa zwischen einander nahe verwandten Unterrassen. Und hat eine solche Kreuzung stattgefunden, so ist die sorgfältigste Auswahl weit notwendiger als selbst in gewöhnlichen Fällen. Handelte es sich bei der Wahl nur darum, irgendwelche sehr auffallende Abänderungen auszusondern und zur Nachzucht zu verwenden, so wäre das Prinzip so handgreiflich, dass es sich kaum der Mühe lohnte, davon zu sprechen. Aber seine Wichtigkeit besteht in dem großen Erfolg von Generation zu Generation fortgesetzter Häufung von dem ungeübten Auge ganz unkenntlichen Abänderungen in einer Richtung hin; Abänderungen, die ich, einfach genommen, vergebens wahrzunehmen gestrebt habe. Nicht ein Mensch unter tausend hat ein hinreichend scharfes Auge und Urteil, um ein ausgezeichneter Züchter zu werden. Ist er mit diesen Eigenschaften versehen, studiert seinen Gegenstand jahrelang und widmet ihm seine ganze Lebenszeit mit ungeschwächter Beharrlichkeit, so wird er Erfolg haben und große Verbesserungen bewirken. Ermangelt er aber jener Eigenschaften, so wird er sicher nichts ausrichten. Es haben wohl nur wenige davon eine Vorstellung, was für ein Grad von natürlicher Befähigung und wie viele Jahre Übung dazu gehören, um nur ein geschickter Taubenzüchter zu werden. Die nämlichen Grundsätze werden beim Gartenbau befolgt, aber die Abänderungen erfolgen oft plötzlicher. Doch glaubt niemand, dass unsere edelsten Gartenerzeugnisse durch eine einfache Abänderung unmittelbar aus der wilden Urform entstanden seien. In einigen Fällen können wir beweisen, dass dies nicht geschehen ist, indem genaue Protokolle darüber geführt worden sind; um aber ein sehr treffendes Beispiel anzuführen, können wir uns auf die stetig zunehmende Größe der Stachelbeeren beziehen. Wir nehmen eine erstaunliche Veredlung in manchen Zierblumen wahr, wenn man die heutigen Blumen mit Abbildungen vergleicht, die vor 20–30 Jahren

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davon gemacht worden sind. Wenn eine Pflanzenrasse einmal wohl ausgebildet worden ist, so entfernt der Samenzüchter nicht die besten Pflanzen, sondern diejenigen aus den Samenbeeten, welche am weitesten von ihrer eigentümlichen Form abweichen. Bei Tieren findet diese Art von Auswahl ebenfalls statt; denn kaum dürfte jemand so sorglos sein, seine schlechtesten Tiere zur Nachzucht zu verwenden. Bei den Pflanzen gibt es noch ein anderes Mittel, das Maß der Wirkungen der Zuchtwahl zu beobachten, nämlich die Vergleichung der Verschiedenheit der Blüten in den mancherlei Varietäten einer Art im Blumengarten; der Verschiedenheit der Blätter, Hülsen, Knollen oder was sonst für Teile in Betracht kommen, im Küchengarten, gegenüber den Blüten der nämlichen Varietäten; und der Verschiedenheit der Früchte bei den Varietäten einer Art im Obstgarten, gegenüber den Blättern und Blüten derselben Varietätenreihe. Wie verschieden sind die Blätter der Kohlsorten und wie ähnlich einander ihre Blüten! Wie unähnlich die Blüten des Jelängerjeliebers und wie ähnlich die Blätter! Wie sehr weichen die Früchte der verschiedenen Stachelbeersorten in Größe, Farbe, Gestalt und Behaarung voneinander ab, während an den Blüten nur ganz unbedeutende Verschiedenheiten zu bemerken sind! Nicht als ob die Varietäten, die in einer Beziehung weit auseinander, in anderen gar nicht verschieden wären: Dies ist schwerlich je und vielleicht niemals der Fall! Die Gesetze der Wechselbeziehungen des Wachstums, deren Wichtigkeit nie übersehen werden sollte, werden immer einige Verschiedenheiten veranlassen; im Allgemeinen aber kann ich nicht zweifeln, dass die fortgesetzte Auswahl geringer Abänderungen in den Blättern, in den Blüten oder in der Frucht solche Rassen erzeuge, welche hauptsächlich in diesen Teilen voneinander abweichen. Man könnte einwenden, das Prinzip der Zuchtwahl sei erst seit kaum drei Vierteln eines Jahrhunderts zu planmäßiger Anwendung gebracht worden; gewiss ist es erst seit den letzten Jahren mehr in Übung und sind viele Schriften darüber erschienen; die Ergebnisse sind in einem entsprechenden Grad immer rascher und erheblicher geworden. Es ist aber nicht entfernt wahr, dass dieses Prinzip eine neue Entdeckung sei. Ich kann mehrere Beweise anführen, aus welchen sich die volle Anerkennung seiner Wichtigkeit schon

Aus „Die Fahrt der Beagle“



Fernando de Noronha, 20. Februar 1832

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oweit ich es während der wenigen Stunden, die wir dort verbrachten, beobachten konnte, ist die Beschaffenheit der Insel vulkanisch, wahrscheinlich aber nicht jüngeren Datums. Das auffallendste Merkmal ist ein konischer Berg, ungefähr tausend Fuß hoch, dessen oberer Teil außerordentlich steil ist und an einer Seite über seinen Fuß überhängt. Der Stein ist Phonolit und in unregelmäßige Säulen geteilt. Bei Betrachtung einer dieser isolierten Massen neigt man zunächst zu der Ansicht, dass er jäh in halb flüssigem Zustand heraufgestoßen wurde. Auf St.Helena hingegen stellte ich fest, dass einige Spitzen mit ganz ähnlicher Gestalt und Beschaffenheit durch die Injektion geschmolzenen Steins in nachgiebige Schichten geformt worden waren, welche dadurch die Form für diese gigantischen Obelisken geschaffen hatten. Die gesamte Insel ist mit Wald bedeckt, doch aufgrund des trockenen Klimas gibt es keine Anzeichen üppigen Wuchses. Große Massen der steinernen Säulen auf halber Höhe des Berges, beschattet von lorbeerähnlichen Bäumen und geschmückt von anderen, mit schönen blassroten Blüten, aber ohne ein einziges Blatt bedeckten, verliehen der näheren Umgebung der Szenerie eine angenehme Wirkung. in sehr alten Schriften ergibt. Selbst in den rohen und barbarischen Zeiten der englischen Geschichte sind ausgesuchte Zuchttiere oft eingeführt und ist

ihre Ausfuhr gesetzlich verboten worden; auch war die Zerstörung der Pferde unter einer gewissen Größe angeordnet, was sich mit dem oben erwähnten Ausjäten der Pflanzen vergleichen lässt. Das Prinzip der Züchtung finde ich auch in einer alten chinesischen Enzyklopädie bestimmt angegeben. Bestimmte Regeln darüber sind bei einigen römischen Klassikern niedergelegt. Aus einigen Stellen in der Genesis erhellt, dass man schon in jener frühen Zeit der Farbe der Haustiere seine Aufmerksamkeit zugewendet hat. Wilde kreuzen noch jetzt zuweilen ihre Hunde mit wilden Hundearten, um die Rasse zu verbessern, wie es nach Plinius’ Zeugnis auch vormals geschehen ist. Die Wilden in Südafrika spannen ihre Zugochsen nach der Farbe zusammen, wie einige Eskimos ihre Zughunde. Livingstone berichtet, wie hoch gute Haustierrassen von den Negern im inneren Afrika, welche nie mit Europäern in Berührung gewesen sind, geschätzt werden. Einige der angeführten Tatsachen sind zwar keine Belege für wirkliche Züchtung; aber sie zeigen, dass die Zucht der Haustiere schon in älteren Zeiten ein Gegenstand der Bestrebung gewesen und es bei den rohesten Wilden noch jetzt ist. Es würde aber in der Tat doch befremden müssen, wenn sich bei der Züchtung die Aufmerksamkeit nicht sofort auf die Erblichkeit der so auffälligen guten und schlechten Eigenschaften gelenkt hätte. In jetziger Zeit versuchen es ausgezeichnete Züchter durch planmäßige Wahl, mit einem bestimmten Ziel im Auge, neue Stämme oder Unterrassen zu bilden, die alles bis jetzt bei uns Vorhandene übertreffen sollen. Für unseren Zweck jedoch ist diejenige Art von Züchtung wichtiger, welche man die unbewusste nennen kann

Katamaran bei Bahia AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



Bahia oder San Salvador, Brasilien, 29. Februar 1832

Ein entzückender Tag ist vergangen. Entzücken allein ist indes ein schwacher Begriff, um die

Empfindungen eines Naturforschers auszudrücken, der zum ersten Mal allein durch einen brasilianischen Wald gewandert ist. Die Eleganz der Gräser, die Neuheit der parasitischen Pflanzen, die Schönheit der Blumen, das schimmernde Grün des Laubes, vor allem aber die allgemeine Üppigkeit der Vegetation erfüllten mich mit Bewunderung. Ein höchst paradoxes Gemisch aus Geräusch und Stille durchdringt die schattigen Teile des Waldes. Der Insektenlärm ist so laut, dass er selbst noch von einem Schiff aus, das mehrere hundert Yard vor der Küste ankert, vernommen werden kann; in der Abgeschiedenheit des Waldes selbst scheint dagegen umfassende Stille zu herrschen. Einem, der die Naturgeschichte liebt, verschafft ein solcher Tag eine tiefere Freude, als er jemals wieder zu erfahren hoffen kann. Nachdem ich einige Stunden lang umhergewandert war, kehrte ich zum Landeplatz zurück, doch noch bevor ich dort anlangte, holte mich ein Tropensturm ein. Ich suchte unter einem Baum Schutz, der so dicht war, dass er von einem gewöhnlichen englischen Regen niemals durchdrungen worden wäre; hier jedoch floss schon nach wenigen Minuten ein kleiner Sturzbach den Stamm hinab. Dieser Gewalt des Regens ist das Grün am Boden des dichtesten Waldes zuzuschreiben: Wären die Schauer wie jene eines kälteren Klimas, würde der größere Teil aufgesogen oder wäre verdunstet, bevor er den Boden erreichte. Gegenwärtig will ich nicht versuchen, die grellbunte Szenerie dieser prächtigen Bucht zu beschreiben, weil wir ein zweites Mal auf unserer Heimreise hierher kamen, und dann werde ich Gelegenheit haben, mich dazu zu äußern. An der gesamten Küste Brasiliens auf einer Länge von wenigstens 2000 Meilen und gewiss noch eine beträchtliche Strecke landeinwärts gehört der massive Fels überall, wo er auftritt, zu einer Granitformation. Der Umstand, dass diese gewaltige Fläche sich aus Materialien zusammensetzt, die nach Ansicht der meisten Geologen durch Erhitzung unter Druck kristallisiert worden sind, gibt Anlass zu vielen merkwürdigen Überlegungen. Wurde dieser Effekt unter den Tiefen eines tiefen Ozeans erzeugt? Oder erstreckte sich darüber früher eine Decke aus Schichten, die seitdem entfernt worden ist? Können wir glauben, dass eine Kraft, die über eine fast ewige Zeit wirkte, den Granit auf so vielen tausend Quadratmeilen freilegen konnte? An einer Stelle nicht weit von der Stadt, wo sich ein Flüsschen ins Meer ergoss, entdeckte ich etwas, was mit einem von Humboldt erörterten Thema in Verbindung stand. Bei den Katarakten der großen Flüsse Orinoco, Nil und Kongo sind die syenitischen Felsen von einer schwarzen Substanz überzogen, die den Eindruck macht, als sei sie mit Graphit poliert worden. Die Schicht ist extrem dünn, und bei der Analyse durch Berzelius wurde entdeckt, dass sie aus den Oxiden von Mangan und Eisen bestand. Im Orinoco tritt sie auf den Felsen auf, die periodisch von den Fluten überspült werden, und ausschließlich an den Stellen, wo der Strom schnell fließt oder, wie die Indianer sagen: »Die Felsen sind da schwarz, wo der Fluss weiß ist.« Dort zeigt der Überzug ein tiefes Braun statt schwarzer Farbe und scheint allein aus einer eisenhaltigen Substanz zu bestehen. Gesteinsproben vermögen keine genaue Vorstellung von diesen braun gebrannten Steinen zu vermitteln, die in den Sonnenstrahlen glitzern. Sie treten ausschließlich innerhalb des Bereichs der Gezeitenwellen auf, und da das Flüsschen langsam rinnt, muss die Brandung die glättende Kraft der Katarakte in den großen Flüssen ersetzen. In gleicher Weise erklärt das Steigen und Fallen der Tide wahrscheinlich die periodischen Überschwemmungen; somit werden die gleichen Effekte unter vermeintlich verschiedenen, in Wahrheit aber ähnlichen Bedingungen erzeugt. Der Ursprung dieser Metalloxidhüllen, die wie auf den Fels zementiert erscheinen, ist jedoch nicht zu verstehen; und dass ihre Dicke immer gleich bleibt, dafür lässt sich, glaube ich, kein Grund nennen.

und welche ein jeder in Anwendung bringt, der von den besten Tieren zu besitzen und nachzuziehen strebt. So wird jemand, der einen guten Hühnerhund zu haben wünscht, zuerst möglichst gute Hunde zu erhalten suchen und hernach von den besten seiner eigenen Hunde Nachzucht zu bekommen streben, ohne die Absicht oder die Erwartung zu haben, die Rasse hierdurch bleibend zu ändern. Demungeachtet zweifle ich nicht daran, dass, wenn er dieses Verfahren einige Jahrhunderte lang fortsetzte, er seine Rasse ändern und veredeln würde, wie Bakewell, Collins u. a. durch ein gleiches und nur mehr planmäßiges Verfahren schon während ihrer eigenen Lebenszeit die Formen und Eigenschaften ihrer Rinderherden wesentlich verändert haben. Langsame und unmerkliche Veränderungen dieser Art lassen sich nicht erkennen, wenn nicht wirkliche Ausmessungen oder sorgfältige Zeichnungen der fraglichen Rassen von Anfang an gemacht worden sind, welche zur Vergleichung dienen können; zuweilen kann man jedoch noch unveredelte oder wenig veränderte Individuen in solchen Gegenden auffinden, wo die Veredelung derselben ursprünglichen Rasse noch nicht oder nur wenig fortgeschritten ist. So hat man Grund zu glauben, dass König Karls Jagdhunderasse seit der Zeit dieses Monarchen unbewussterweise beträchtlich verändert worden ist. Einige völlig sachkundige Gewährsmänner hegen die Überzeugung, dass der Spürhund in gerader Linie vom Jagdhund abstammt und wahrscheinlich durch langsame Veränderung aus demselben hervorgegangen ist. Es ist bekannt, dass der Vorstehhund im letzten Jahrhundert große Umänderung erfahren hat, und hier glaubt man, sei die Umänderung hauptsächlich durch Kreuzung mit dem Fuchshund bewirkt worden; aber was uns berührt, das ist, dass diese Umänderung unbewusst und langsam geschehen und dennoch so beträchtlich ist, dass, obwohl der alte Vorstehhund gewiss aus Spanien gekommen, Herr Borrow mir doch versichert hat, in ganz Spanien keine einheimische Hunderasse gesehen zu haben, die unserem Vorstehhund gliche. Durch ein gleiches Wahlverfahren und sorgfältige Aufzucht ist die ganze Masse der englischen Rassepferde dahin gelangt, in Schnelligkeit und Größe ihren arabischen Urstamm zu übertreffen, sodass dieser letzte bei den Bestimmungen über die Goodwood-Rennen hinsichtlich des zu tragenden Gewichtes begünstigt werden musste. Lord Spencer u. a. haben gezeigt, dass

Verkrustung von Muschelsand. in England das Rindvieh an Schwere und früher Reife gegen frühere Zeiten zugenommen hat. Vergleicht man die Nachrichten, welche in alten Taubenbüchern über die Boten- und Purzeltauben enthalten sind, mit diesen Rassen, wie sie jetzt in Britannien, Indien und Persien vorkommen, so kann man, scheint mir, deutlich die Stufen verfolgen, welche sie allmählich zu durchlaufen hatten, um endlich so weit von der Felstaube abzuweichen. Youatt gibt eine vortreffliche Erläuterung von den Wirkungen einer fortdauernden Züchtung, welche man insofern als unbewusste betrachten kann, als die Züchter nie das von ihnen erlangte Ergebnis selbst erwartet oder gewünscht haben können, nämlich die Erzielung zweier ganz verschiedener Stämme. Es sind die zweierlei Leicester-Schafherden, welche von Mr. Buckley und Mr. Burgess seit etwas über 50 Jahren lediglich aus dem Urstamm von Bakewell gezüchtet worden. Unter allen, welche mit der Sache bekannt sind, glaubt niemand von Ferne daran, dass die beiden Eigner dieser Herden dem reinen Bakewell’schen Stamm jemals fremdes Blut beigemischt hätten, und doch ist jetzt die Verschiedenheit zwischen deren Herden so groß, dass man glaubt, ganz verschiedene Rassen zu sehen. Gäbe es Wilde, die so barbarisch wären, dass sie keine Vermutung von der Erblichkeit des Charakters ihrer Haustiere hätten, so würden sie doch jedes ihnen zu einem besonderen Zweck vorzugsweise nützliche Tier während Hungersnot und anderen Unglücksfällen sorgfältig zu erhalten bedacht sein, und ein derartig auserwähltes Tier würde mithin mehr Nachkommenschaft als ein anderes von geringerem AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

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inmal sah ich amüsiert den Eigenarten eines Diodon antennatus zu, der gefangen wurde, als er in Strandnähe umherschwamm. Von diesem Fisch mit der schlaffen Haut weiß man wohl, dass er über die außergewöhnliche Fähigkeit verfügt, sich nahezu zu einer Kugelform aufzublähen. Nachdem man ihn für kurze Zeit aus dem Wasser genommen und dann wieder hineingetaucht hat, wird eine beträchtliche Menge Wasser und Luft durch den Mund und vielleicht ebenso durch die Kiemenöffnungen aufgenommen. Dieser Vorgang wird durch zwei Verfahren vollzogen: Die Luft wird verschluckt und sodann in die Körperhöhle gedrückt, wobei ihr Austritt durch eine Muskelkontraktion verhindert wird, welche äußerlich sichtbar ist: Das Wasser hingegen tritt in einem sanften Strom durch das Maul ein, das weit offen und regungslos gehalten wird; letztere Handlung muss daher von einer Saugwirkung abhängen. Die Haut um den Unterleib ist weit lockerer als auf dem Rücken; daher wird durch die Aufblähung die Unterseite weit mehr gedehnt als die obere, weswegen der Fisch mit dem Rücken nach unten dahintreibt. Cuvier bezweifelt, ob der Igelfisch in dieser Lage schwimmfähig ist, doch kann er sich so nicht nur in gerader Linie fortbewegen, er kann sich auch nach beiden Seiten wenden. Letztere Bewegung wird einzig mithilfe der Brustflossen bewerkstelligt, wobei der Schwanz eingeklappt und nicht benutzt wird. Indem der Körper mit so viel Luft emporgehoben wird, ragen die Kiemenöffnungen aus dem Wasser, allerdings fließt ein Wasserstrom, eingesogen durch das Maul, beständig durch sie hindurch. Nachdem der Fisch ein wenig in diesem aufgeblähten Zustand verblieben war, stieß er Luft wie auch Wasser mit beträchtlicher Kraft durch die Kiemenöffnungen und das Maul wieder aus. Er konnte nach Belieben eine bestimmte Wassermenge ausstoßen, weswegen es den Anschein hat, als nähme er diese Flüssigkeit teilweise deshalb auf, um sein spezifisches Gewicht zu regulieren. Dieser Diodon verfügte über mehrere Verteidigungsmittel. Er konnte fest zubeißen und Wasser über eine gute Entfernung aus dem Maul ausstoßen, wobei er vermöge der Bewegung seiner Kiefer ein eigenartiges Geräusch machte. Durch die Aufblähung seines Körpers richten sich die Papillen, womit die Haut bedeckt ist, auf und werden spitz. Das Merkwürdigste ist jedoch, dass er, wird er angefasst, durch die Haut am Bauch einen wunderschönen karmesinroten faserigen Stoff absondert, der Elfenbein und Papier auf so dauerhafte Weise färbt, dass sich die Tönung in all ihrer Leuchtkraft bis zum heutigen Tage hält: Natur und Nutzen dieses Sekrets sind mir vollkommen unbekannt. Von Dr. Allen aus Forres habe ich gehört, er habe häufig einen Diodon gefunden, der lebend und aufgebläht im Magen eines Hais schwamm, und mehrmals gehört, dass dieser sich nicht nur durch die Magenwand, sondern durch den Leib des Ungeheuers gefressen habe, welches dadurch getötet worden sei. Wer hätte sich je vorstellen können, dass ein kleiner weicher Fisch den großen und wilden Hai töten könnte?

Von der Beagle aus beobachtete Darwin besondere Formen von Planktonlarven.

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Langstacheligelfisch der Gattung Diodon (gestreckt und kontrahiert), den Darwin amüsant fand. Wert hinterlassen, sodass schon auf diese Weise eine Auswahl zur Züchtung stattfände. Welchen Wert selbst die Barbaren des Feuerlandes auf ihre Tiere legen, sehen wir, wenn sie in Zeiten der Not lieber ihre alten Weiber als ihre Hunde verzehren, weil ihnen diese nützlicher sind als jene. Bei den Pflanzen kann man dasselbe stufenweise Veredlungsverfahren in der gelegentlichen Erhaltung der besten Individuen wahrnehmen, mögen sie nun

hinreichend oder nicht genügend verschieden sein, um bei ihrem ersten Erscheinen schon als eine eigene Varietät zu gelten; mögen sie aus der Kreuzung von zwei oder mehr Rassen oder Arten hervorgegangen sein. Wir erkennen dies klar aus der zunehmenden Größe und Schönheit der Blumen von Jelängerjelieber, Dahlien, Pelargonien, Rosen u. a. Pflanzen im Vergleich zu den älteren Varietäten derselben Arten. Niemand wird erwarten, eine Jelängerjelieber oder Dahlie erster Qualität aus dem Samen einer wilden Pflanze zu erhalten, oder eine Schmelzbirne erster Sorte aus dem Samen einer wilden Birne zu erziehen, obwohl es von einem wildgewachsenen Sämling der Fall sein könnte, welcher von einer im Garten gebildeten Varietät entstammte. Die schon in der klassischen Zeit kultivierte Birne scheint nach Plinius’ Bericht eine Frucht von sehr untergeordneter Qualität gewesen zu sein. Ich habe in Gartenbauschriften den Ausdruck großen Erstaunens über die wunderbare Geschicklichkeit von Gärtnern gelesen, die aus dürftigem Material so glänzende Erfolge erzielt haben; aber ihre Kunst war ohne Zweifel einfach und, wenigstens in Bezug auf das Endergebnis, eine unbewusste. Sie bestand nur darin, dass sie die jederzeit beste Varietät wieder aussäten und, wenn dann zufällig eine neue etwas bessere Abänderung zum Vorschein kam, nun diese zur Nachzucht wählten usw. Aber die Gärtner der klassischen Zeit, welche die beste Birne, die sie erhalten konnten, nachzogen, dachten nie daran, was

Aus „Die Fahrt der Beagle“



18.März 1832

Wir verließen Bahia. Einige Tage später, wir waren nicht sehr weit von den Abrolhos-Inseln entfernt, wurde

meine Aufmerksamkeit auf eine rötlich-braune Erscheinung auf dem Meer gelenkt. Durch ein schwaches Glas schien die gesamte Wasseroberfläche wie von gehackten und an den Enden gezackten Stücken Heu bedeckt. Dabei handelt es sich um winzige zylindrische Confervae in Bündeln oder Flößen von jeweils zwanzig bis sechzig. Mr. Berkeley teilt mir mit, dass es sich dabei um dieselbe Art (Trichodesmium erythraeum) wie jene handelt, die auf weiten Flächen im Roten Meer angetroffen wird, woher sich auch der Name »Rotes Meer« ableitet.Ihre Zahl muss unendlich sein: Das Schiff glitt durch mehrere Streifen, wovon eine ungefähr zwölf Yard breit war und, nach der schlammähnlichen Farbe des Meeres zu urteilen, wenigstens zweieinhalb Meilen lang. Beinahe nach jeder langen Reise wird von diesen Confervae berichtet. Besonders heimisch scheinen sie im Meer nahe Australien zu sein, und vor Kap Leeuwin habe ich eine verwandte, aber kleinere und offenbar andere Spezies angetroffen. Kapitän Cook bemerkt auf seiner dritten Reise, die Seeleute hätten dieser Erscheinung den Namen See-Sägemehl gegeben.

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Botofogo Bay, Rio de Janeiro. für eine herrliche Frucht wir einst essen würden; und doch schulden wir dieses treffliche Obst in geringem Grade wenigstens dem Umstand, dass schon sie begonnen haben, die besten Varietäten auszuwählen und zu erhalten. Der große Umfang von Veränderungen, die sich in unseren Kulturpflanzen langsamer- und unbewussterweise angehäuft haben, erklärt die wohlbekannte Tatsache, dass wir in den meisten Fällen die wilde Mutterpflanze nicht wiedererkennen und daher nicht anzugeben vermögen, woher die am längsten in unseren Blumen- und Küchengärten angebauten Pflanzen abstammen. Wenn es aber Hunderte oder Tausende von Jahren bedurft hat, um unsere Kulturpflanzen bis auf deren jetzige dem Menschen so nützliche Stufe zu veredeln, so wird es uns auch begreiflich, warum weder Australien, noch das Kap der Guten Hoffnung oder irgendeine andere von ganz unzivilisierten Menschen bewohnte Gegend uns eine der Kultur werte Pflanze geboten hat. Nicht als ob diese an Pflanzen so reichen Gegenden infolge eines eigenen Zufalles gar nicht mit Urformen nützlicher Pflanzen von der Natur versehen worden wären; sondern ihre einheimischen Pflanzen sind nur nicht durch unausgesetzte Züchtung bis zu einem Grad veredelt worden, welcher mit dem der Pflanzen in den schon längst kultivierten Ländern vergleichbar wäre. Was die Haustiere nicht zivilisierter Völker betrifft, so darf man nicht übersehen, dass diese in der Regel, zu gewissen Jahreszeiten wenigstens, um ihre eigene Nahrung zu kämpfen haben. In zwei sehr verschieden beschaffenen Gegenden

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können Individuen von einerlei Organismenart aber zweierlei Bildung und Tätigkeit der Organe oft die einen in der ersten und die anderen in der zweiten Gegend besser fortkommen und dann durch eine Art natürlicher Züchtung, wie nachher weiter erklärt werden soll, zwei Unterrassen bilden. Dies erklärt vielleicht zum Teil, was einige Gewährsmänner von den Tierrassen der Wilden berichten, dass dieselben mehr die Charaktere besonderer Spezies an sich tragen als die bei zivilisierten Völkern gehaltenen Abänderungen. Nach der hier aufgestellten Ansicht von dem äußerst wichtigen Einfluss, den die Züchtung des Menschen geübt, erklärt es sich auch, wie es komme, dass unsere veredelten Rassen sich in Struktur und Lebensweise so an die Bedürfnisse und Launen des Menschen anpassen. Es lassen sich daraus ferner, wie ich glaube, der so oft abnorme Charakter unserer veredelten Rassen und die gewöhnlich äußerlich so großen, in inneren Teilen oder Organen aber verhältnismäßig so unbedeutenden Verschiedenheiten derselben begreifen. Denn der Mensch kann kaum oder nur sehr schwer andere als äußerlich sichtbare Abweichungen der Struktur bei seiner Auswahl beachten, und er bekümmert sich in der Tat nur selten um das Innere. Er kann durch Wahl nur auf solche Abänderungen verfallen, welche ihm von der Natur selbst in anfänglich schwachem Grad dargeboten werden. So würde niemals jemand ver-

Gans, Lithographie von Elizabeth Gould aus The Zoology of the Voyage of the H.M.S. Beagle.

Rio de Janeiro. suchen, eine Pfauentaube zu machen, wenn er nicht zuvor schon eine Taube mit einem in etwas unregelmäßiger Weise entwickelten Schwanz gesehen hätte, oder einen Kröpfer zu züchten, ehe er eine Taube mit einem größeren Kropf gefunden. Je eigentümlicher und ungewöhnlicher ein Charakter bei dessen erster Wahrnehmung erscheint, desto mehr wird derselbe die Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Doch wäre der Ausdruck »versuchen eine Pfauentaube zu machen« in den meisten Fällen äußerst unangemessen. Denn der, welcher zuerst eine Taube mit einem etwas stärkeren Schwanz zur Nachzucht ausgewählt, hat sich gewiss nicht träumen lassen, was aus den Nachkommen dieser Taube durch teils unbewusste und teils planmäßige Züchtung werden könne. Vielleicht hat der Stammvater aller Pfauentauben nur vierzehn etwas ausgebreitete Schwanzfedern gehabt, wie die jetzige javanische Pfauentaube oder wie Individuen von verschiedenen anderen Rassen, an welchen man bis zu 17 Schwanzfedern gezählt hat. Vielleicht hat die erste Kropftaube ihren Kropf nicht stärker aufgebläht, als es jetzt die Möventaube mit dem oberen Teil des Schlundes zu tun pflegt, eine Gewohnheit, welche bei allen Taubenliebhabern unbeachtet bleibt, weil sie keinen Gesichtspunkt für ihre Züchtung abgibt.

Es lässt sich nicht annehmen, dass es erst einer großen Abweichung in der Struktur bedürfe, um den Blick des Liebhabers auf sich zu ziehen; er nimmt äußerst kleine Verschiedenheiten wahr, und es ist in des Menschen Art begründet, auf eine wenn auch geringe Neuigkeit in seinem eigenen Besitz Wert zu legen. Auch ist der anfangs auf geringe individuelle Abweichungen bei einer Art gelegte Wert nicht mit demjenigen zu vergleichen, welcher denselben Verschiedenheiten beigelegt wird, wenn einmal mehrere reine Rassen dieser Art hergestellt sind. Manche geringen Abänderungen mögen unter solchen Tauben vorgekommen sein und noch vorkommen, welche als fehlerhafte Abweichungen vom vollkommenen Typus einer jeden Rasse zurückgeworfen worden. Die gemeine Gans hat keine auffallende Varietät geliefert, daher die Toulouse- und die gewöhnliche Rasse, welche nur in der Farbe als dem biegsamsten aller Charaktere verschieden sind, bei unseren Geflügelausstellungen für verschiedene Arten ausgegeben wurden. Diese Ansichten mögen ferner eine zuweilen gemachte Bemerkung erklären, dass wir nämlich nichts über die Entstehung oder Geschichte einer unserer veredelten Rassen wissen. Denn man kann AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

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m Verlaufe meines weiteren Aufenthalts in Rio wohnte ich in einem Häuschen in der Bucht von Botofogo. Es war unmöglich, sich etwas Herrlicheres zu wünschen, als so einige Wochen in einem solch großartigen Land zu verbringen. In England genießt jedermann, der sich für die Naturgeschichte interessiert, einen großen Vorteil bei seinen Wanderungen, indem er immer etwas hat, was seine Aufmerksamkeit reizt; in diesen fruchtbaren Klimaten dagegen, die von Leben nur so wimmeln, sind die Reize so zahlreich, dass er fast überhaupt nicht zum Wandern kommt. von einer Rasse, so wie von einem Sprachdialekt, in Wirklichkeit schwerlich sagen, dass sie einen bestimmten Anfang gehabt habe. Es pflegt jemand und gebraucht zur Züchtung irgendein Einzelwesen mit geringen Abweichungen des Körperbaues, oder er verwendet mehr Sorgfalt als gewöhnlich darauf, seine besten Tiere miteinander zu paaren; er verbessert dadurch seine Zucht und die verbesserten Tiere verbreiten sich unmittelbar in der Nachbarschaft. Da sie aber bis jetzt noch schwerlich einen besonderen Namen haben und sie noch nicht sonderlich geschätzt sind, so achtet niemand auf ihre Geschichte. Wenn sie dann durch dasselbe langsame und stufenweise Verfahren noch weiter veredelt worden, breiten sie sich immer weiter aus und werden jetzt als etwas Ausgezeichnetes und Wertvolles anerkannt und erhalten wahrscheinlich nun erst einen Provinzialnamen. In halbzivilisierten Gegenden mit

wenig freiem Verkehr mag die Ausbreitung und Anerkennung einer neuen Unterrasse ein langsamer Vorgang sein. Sobald aber die einzelnen wertvolleren Eigenschaften der neuen Unterrasse einmal vollständig anerkannt sind, wird das von mir sogenannte Prinzip der unbewussten Züchtung langsam und unaufhörlich – wenn auch mehr zu einer als zur anderen Zeit, je nachdem eine Rasse in der Mode steigt und fällt, und vielleicht mehr in einer Gegend als in der anderen, je nach der Zivilisationsstufe ihrer Bewohner – auf die Vervollkommnung der charakteristischen Eigenschaften der Rasse hinwirken, welcher Art sie nun sein mögen. Aber es ist unendlich wenig Aussicht vorhanden, einen geschichtlichen Bericht von solchen langsam wechselnden und unmerklichen Veränderungen zu erhalten. Ich habe nun einige Worte über die für die künstliche Züchtung günstigen oder ungünstigen Umstände zu sagen. Ein hoher Grad von Veränderlichkeit ist insofern offenbar günstig, als er ein reicheres Material zur Auswahl für die Züchtung liefert. Doch nicht, als ob bloß individuelle Verschiedenheiten nicht vollkommen genügten, um mit äußerster Sorgfalt durch Häufung endlich eine bedeutende Umänderung in fast jeder beliebigen Richtung zu erwirken. Da aber solche dem Menschen offenbar nützliche oder gefällige Variationen nur zufällig vorkommen, so muss die Aussicht auf deren Erscheinen mit der Anzahl der gepflegten Individuen zunehmen, und so wird eine Vielzahl dieser letzten von höchster Wichtigkeit für den Erfolg. Mit Rücksicht auf dieses Prinzip hat Marschall über die Schafe in einigen Teilen von Yorkshire gesagt, dass, weil sie gewöhnlich nur armen



Aus „Die Fahrt der Beagle“

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ch beobachtete häufig mit Interesse die Wolken, die, vom Meer hereinwallend, dicht unterhalb der höchsten Stelle des Corcovado eine Bank bilden. Dieser Berg scheint, solcherart eingehüllt, wie die meisten anderen auf eine weit erhabenere Höhe anzusteigen als auf die tatsächliche von 2300 Fuß. Mr. Daniell hat in seinen meteorologischen Essays bemerkt, dass eine Wolke zuweilen wie am Berggipfel befestigt erscheint, während der Wind weiterhin darüberweht. Das gleiche Phänomen bot hier eine etwas andere Erscheinung. In diesem Fall war deutlich zu sehen, wie die Wolke sich darüber hinwegringelte und rasch den Gipfel passierte, und dennoch nahm sie an Größe weder zu noch ab. Die Sonne ging unter, und ein leichter Südwind, der auf die Südseite des Felsens traf, vermischte seine Strömung mit der kälteren Luft darüber, wodurch der Dampf kondensierte: Doch indem die leichten Wolkenkringel über den Kamm gelangten und in den Einfluss der wärmeren Atmosphäre der abfallenden Bank im Norden kamen, wurden sie sogleich wieder aufgelöst.

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Im Landesinneren von Bahia, Brasilien, erhielt Darwin einen ersten Eindruck vom tropischen Regenwald.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Mehrmals genoss ich kurze, aber äußerst angenehme Exkursionen in die

umliegende Landschaft. An einem Tag besuchte ich den botanischen Garten, wo man viele für ihre große Nützlichkeit bekannte Pflanzen wachsen sehen konnte. Die Blätter von Kampfer, Pfeffer, Zimt und Nelkenbäumen waren herrlich aromatisch; und Brotfrucht, Jaca und Mango wetteiferten miteinander in der Pracht ihres Laubwerks. Die Landschaft in der Umgebung Bahias gewinnt beinahe ihren Charakter von den beiden letzteren Bäumen. Bevor ich sie sah, konnte ich mir nicht vorstellen, dass überhaupt ein Baum einen solch schwarzen Schatten auf den Boden werfen konnte. Beide stehen zu der immergrünen Vegetation dieser Klimaten im selben Verhältnis wie Lorbeer und Steineiche zum helleren Grün der Laubbäume Englands. Man kann beobachten, dass die Häuser in den Tropen von den wunderschönsten Vegetationsformen umgeben sind, weil viele gleichzeitig für den Menschen von größtem Nutzen sind. Wer kann bezweifeln, dass diese Eigenschaften in der Banane vereint sind, der Kokosnuss, den vielen Palmenarten, der Orange und dem Brotfruchtbaum?

Leuten gehören und meistens in kleine Lose verteilt sind, sie nie veredelt werden können. Auf der anderen Seite haben Handelsgärtner, welche alle Pflanzen in großen Massen erziehen, gewöhnlich mehr Erfolg als die bloßen Liebhaber in Bildung neuer und wertvoller Varietäten. Die Haltung einer großen Anzahl von Einzelwesen einer Art in einer Gegend verlangt, dass man diese Spezies in günstige Lebensbedingungen versetzt, sodass sie sich in dieser Gegend freiwillig fortpflanze. Sind nur wenige Individuen einer Art vorhanden, so werden sie gewöhnlich alle, wie auch ihre Beschaffenheit sein mag, zur Nachzucht verwendet, und dies hindert ihre Auswahl. Aber wahrscheinlich der wichtigste Punkt von allen ist, dass das Tier oder die Pflanze für den Besitzer so nützlich oder so hoch gewertet ist, dass er die genaueste Aufmerksamkeit auf jede auch die geringste Abänderung in den Eigenschaften und dem Körperbau eines jeden Individuums verwendet. Ist dies nicht der Fall, so ist auch nichts zu erwirken. Ich habe es als wesentlich hervorheben sehen, es sei ein sehr glücklicher Zufall gewesen, dass die Erdbeere gerade zu variieren begann, als Gärtner diese Pflanze näher zu beobachten anfingen. Zweifelsohne hatte die Erdbeere immer variiert, seitdem sie angepflanzt wurden; aber man hatte die geringen Abänderungen

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Maniok, in den Tropen immer noch ein Grundnahrungsmittel.

Die Palmettopalme, die so groß und schmal ist, fand der sprachlose Darwin von bizarrer Schönheit.

Darwins Papilio feronia, heute Ageronia feronia genannt.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

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ährend unseres Aufenthalts in Brasilien legte ich eine große Insektensammlung an. Einige allgemeine Beobachtungen über die relative Bedeutung der verschiedenen Ordnungen mögen für den englischen Entomologen von Interesse sein. Die großen und leuchtend bunten Lepidoptera zeugen von der Zone, die sie bewohnen, viel klarer als jede andere Tierrasse. Ich meine hier nur die Schmetterlinge, denn die Schwärmer treten anders, als man ob der Üppigkeit der Vegetation hätte erwarten können, doch in weit geringerer Zahl als in unseren gemäßigten Breiten auf. Höchst überrascht war ich über die Lebensweise des Papilio feronia. Dieser Schmetterling ist nicht selten und frequentiert gemeinhin die Orangenhaine. Obwohl ein Hochflieger, lässt er sich doch häufig auf Baumstämmen nieder. Dabei ist der Kopf durchweg nach unten gerichtet, und die Flügel sind in einer horizontalen Ebene ausgebreitet, statt vertikal eingefaltet zu sein, wie es ansonsten der Fall ist. Er ist der einzige Schmetterling, den ich je die Beine zum Laufen habe benutzen sehen. Dies war mir nicht bewusst, weswegen das Insekt mehr als einmal, als ich mich ihm vorsichtig mit der Zange näherte, zur Seite entkam, gerade als das Instrument sich schließen wollte. Weit eigenartiger jedoch ist die Fähigkeit dieser Art, Geräusche zu machen. Mehrmals, wenn ein Paar, vermutlich Männchen und Weibchen, einander in einem unregelmäßigen Fluge jagten, kamen sie bis auf wenige Yard an mir vorbei, und dabei vernahm ich ganz deutlich ein klackendes Geräusch ähnlich jenem, das von einem Zahnrad verursacht wird, wenn es sich unter einer Klinke dreht. Das Geräusch setzte sich in kurzen Abständen fort und konnte noch in einer Entfernung von zwanzig Yard ausgemacht werden: Ich bin mir sicher, dass bei dieser Beobachtung kein Irrtum vorliegt.

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vernachlässigt. Als jedoch Gärtner später die Pflanzen mit etwas größeren, früheren oder besseren Früchten heraushoben, Sämlinge davon erzogen und dann wieder die besten Sämlinge und deren Abkommen zur Nachzucht verwendeten, da lieferte diese, unterstützt durch die Kreuzung mit anderen Arten, die vielen bewundernswerten Varietäten, welche in den letzten 30–40 Jahren erzielt worden sind. Was Tiere getrennten Geschlechtes betrifft, so hat die Leichtigkeit, womit ihre Kreuzung gehindert werden kann, einen wichtigen Anteil an dem Erfolg in Bildung neuer Rassen, in einer Gegend wenigstens, welche bereits mit anderen Rassen besetzt ist. Dazu kann die Einschließung des Landes in Betracht kommen. Wandernde Wilde oder die Bewohner offener Ebenen besitzen selten mehr als eine Rasse derselben Art. Man kann zwei Tauben lebenslänglich zusammenpaaren, und dies ist eine große Bequemlichkeit für den Liebhaber, weil er viele Vollblutrassen im nämlichen Vogelhaus beisammen erziehen kann. Dieser Umstand hat gewiss die Bildung und Veredlung neuer Rassen sehr befördert. Ich will noch beifügen, dass man die Tauben sehr rasch und in großer Anzahl vermehren und die schlechten Vögel leicht beseitigen kann, weil sie getötet zur Speise dienen. Auf der anderen Seite lassen sich Katzen ihrer nächtlichen Wanderungen wegen nicht zusammenpaaren, daher sieht man auch, trotzdem dass Frauen und Kinder sie gerne haben, selten eine neue Rasse aufkommen; solche Rassen, wenn wir dergleichen jemals sehen, sind immer aus anderen Gegenden und zumal aus Inseln eingeführt. Obwohl ich nicht bezweifle, dass einige Haustiere weniger als andere variieren, so wird doch die Seltenheit oder der gänzliche Mangel verschiedener Rassen bei Katze, Esel, Perlhuhn, Gans usw. hauptsächlich davon herrühren, dass keine Züchtung bei ihnen in Anwendung gekommen ist: Bei Katzen, wegen der Schwierigkeit, sie zu paaren; bei Eseln, weil sie nur in geringer Anzahl von armen Leuten gehalten werden, welche auf ihre Züchtung wenig achten; bei Perlhühnern, weil sie nicht leicht aufzuziehen und eine große Zahl nicht beisammen gehalten wird; bei Gänsen, weil sie nur zu zwei Zwecken dienen mittels ihrer Federn und ihres Fleisches, welche noch nicht zur Züchtung neuer Rassen gereizt haben. Versuchen wir das über die Entstehung unserer Haustier- und Kulturpflanzenrassen Gesagte

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

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in andermal brach ich früh auf und wanderte zum Gavia, also Topsegelberg. Die Luft war herrlich kühl und duftig, und die Tautropfen glitzerten noch auf den Blättern der großen lilienartigen Pflanzen, welche die Bächlein voll klarem Wasser beschatteten. Ich setzte mich auf einen Granitblock und erfreute mich am Anblick der verschiedenartigen Insekten und Vögel, die vorüberflogen. Besonders der Kolibri scheint solche schattigen abgelegenen Stellen zu mögen. Immer wenn ich diese kleinen Geschöpfe um eine Blume herumsummen sah, die Flügel so rasch vibrierend, dass sie kaum sichtbar waren, musste ich an die Schwärmer denken: In ihren Bewegungen und der Lebensweise sind sie ihnen tatsächlich in vieler Hinsicht ähnlich. Einem Pfad folgend, schritt ich in einen stattlichen Wald, und auf einer Höhe von fünf- oder sechshundert Fuß bot sich mir eine jener großartigen Ansichten, wie sie auf jeder Seite Rios so üblich sind. Auf dieser Höhe erlangt die Landschaft ihre leuchtendste Farbe, und jede Form, jede Schattierung übertrifft an Pracht alles, was der Europäer je in seinem Land gesehen hat, so sehr, dass er nicht weiß, wie er seine Empfindungen ausdrücken soll. Die allgemeine Wirkung rief mir oftmals die heiterste Szenerie im Opernhaus oder in den großen Theatern in Erinnerung. Nie kehrte ich von diesen Exkursionen mit leeren Händen zurück.

zusammenzufassen. Ich glaube, dass die äußeren Lebensbedingungen wegen ihrer Einwirkung auf das Reproduktivsystem von der höchsten Wichtigkeit für die Entstehung von Abänderungen sind. Ich glaube aber nicht, dass Veränderlichkeit als eine inhärente und notwendige Eigenschaft allen organischen Wesen unter allen Umständen zukomme, wie einige Schriftsteller angenommen haben. Die Wirkungen der Veränderlichkeit werden in verschiedenem Grade modifiziert durch Vererblichkeit und Rückkehr. Sie wird durch viele unbekannte Gesetze geleitet, insbesondere aber durch das der Wechselbeziehungen des Wachstums. Einiges mag der direkten Einwirkung der äußeren Lebensbedingungen, manches dem Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe zuge-

schrieben werden. Dadurch wird das Endergebnis außerordentlich verwickelt. Ich bezweifle nicht, dass in einigen Fällen die Kreuzung ursprünglich verschiedener Arten einen wesentlichen Anteil an der Bildung unserer veredelten Erzeugnisse gehabt habe. Wenn in einer Gegend einmal mehre veredelte Rassen vorhanden gewesen sind, so hat ihre gelegentliche Kreuzung mit Hilfe der Wahl zweifelsohne mächtig zur Bildung neuer Rassen mitwirken können; aber die Wichtigkeit der Varietätenmischung ist, wie ich glaube, sehr übertrieben worden sowohl in Bezug auf die Tiere wie auf die Pflanzen, die sich aus Samen verjüngten. Bei solchen Pflanzen dagegen, welche zeitweise durch

Stecklinge, Knospen usw. fortgepflanzt werden, ist die Wichtigkeit der Kreuzung zwischen Arten wie Varietäten unermesslich, weil der Pflanzenzüchter hier die außerordentliche Veränderlichkeit sowohl der Bastarde als der Blendlinge ganz außer Acht lässt; doch haben die Fälle, wo Pflanzen nicht aus Samen fortgepflanzt werden, wenig Bedeutung für uns, weil ihre Dauer nur vorübergehend ist. Aber die über alle diese Änderungsursachen bei weitem vorherrschende Kraft ist nach meiner Überzeugung die fortdauernd anhäufende Züchtung, mag sie nun planmäßig und schnell, oder unbewusst und allmählicher aber wirksamer in Anwendung kommen.

Ameisen mit ihren Eiern. Wie hat sich das instinktive Sozialverhalten entwickelt?, fragte er sich. AB ÄN DE RU N G DU RCH DOM ES TIKATION

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Zwe i t e s K a p i t e l



Abänderung im Naturzustand

Variabilität – Individuelle Verschiedenheiten – Zweifelhafte Arten – Weit verbreitete, sehr zerstreute und gemeine Arten variieren am meisten – Arten größerer Sippen in einer Gegend beisammen variieren mehr als die der kleinen Sippen – Viele Arten der großen Sippen gleichen den Varietäten darin, dass sie sehr nahe, aber ungleich miteinander verwandt sind und beschränkte Verbreitungsbezirke haben.

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he wir von den Prinzipien, zu welchen wir im vorigen Kapitel gelangten, Anwendung auf die organischen

Wesen im Naturzustand machen, müssen wir kurz untersuchen, inwiefern diese letzten veränderlich sind oder nicht. Um diesen Gegenstand angemessen zu behandeln, müsste ich ein langes Verzeichnis trockener Tatsachen aufstellen; doch will ich diese für mein künftiges Werk versparen. Auch will ich nicht die verschiedenen Definitionen erörtern, welche man von dem Wort »Spezies« gegeben hat. Keine derselben hat bis jetzt alle Naturforscher befriedigt. Gewöhnlich schließt die Definition ein unbekanntes Element von einem besonderen Schöpfungsakt ein. Der Ausdruck »Varietät« ist ebenso schwer zu definieren; gemeinschaftliche Abstammung ist meistens mit einbedungen, obwohl so selten erweislich. Auch hat man von Monstrositäten gesprochen, die aber stufenweise in die Varietäten übergehen. Unter einer »Monstrosität« versteht man nach meiner Meinung irgendeine beträchtliche Abweichung der Struktur in einem einzelnen Teil, welche der Art entweder nachteilig oder doch nicht nützlich ist und sich gewöhnlich nicht vererbt. Einige Schriftsteller gebrauchen noch den Ausdruck »Variation« in einem technischen Sinne, um Abänderungen durch die unmittelbare Einwirkung äußerer Lebensbedingungen zu bezeichnen, und die Variationen dieser Art gelten nicht für erblich. Doch, wer kann behaupten, dass die zwergartige Beschaffenheit der Konchylien im Brackwasser des Baltischen Meeres oder die verringerte Größe der Pflanzen auf den Höhen der Alpen oder der dichtere Pelz eines Tieres in höheren Breiten nicht auf wenigstens einige Generationen vererblich sei? Und in diesem Falle würde man, glaube ich, die Form eine »Varietät« nennen.

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The Mount in Shrewsbury, wo Darwin 1809 zur Welt kam.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin

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r. Darwin lebte vor seiner Heirat zwei oder drei Jahre lang in St. John’s Hill, danach am Crescent, wo seine älteste Tochter Marianne geboren wurde; als Letztes in »The Mount«, in dem Frankwell genannten Teil von Shrewsbury, wo die anderen Kinder zur Welt kamen ... Es ist ein großes, viereckiges Haus aus roten Ziegeln, dessen anziehendstes Merkmal das hübsche Gewächshaus ist, das sich zum Morgensalon hin öffnet.

Dagegen gibt es manche geringe Verschiedenheiten, welche man als individuelle bezeichnen kann, da man von ihnen weiß, dass sie oft unter den Abkömmlingen von einerlei Eltern vorkommen, oder unter solchen, die wenigstens dafür gelten, weil sie zur nämlichen Art gehören und auf begrenztem Raum nahe beisammen wohnen. Niemand unterstellt, dass alle

Individuen einer Art genau nach demselben Modell gebildet seien. Diese individuellen Verschiedenheiten sind nun gerade sehr wichtig für uns, weil sie der natürlichen Züchtung Stoff zur Häufung liefern, wie der Mensch in seinen kultivierten Rassen individuelle Verschiedenheiten in gegebener Richtung zusammenhäuft. Diese individuellen Verschiedenheiten betreffen in der Regel nur die in den Augen des Naturforschers unwesentlichen Teile; ich könnte jedoch aus einer langen Liste von Tatsachen nachweisen, dass auch Teile, die man aus dem physiologischen wie aus dem klassifikatorischen Gesichtspunkt als wesentliche bezeichnen muss, zuweilen bei den Individuen von einerlei Art variieren. Ich bin überzeugt, dass die erfahrensten Naturforscher erstaunt sein würden über die Menge von Fällen möglicher Abänderungen sogar in wichtigen Teilen des Körpers, die ich im Laufe der Jahre nach guten Gewährsmännern zusammengetragen habe. Man muss sich aber auch dabei noch erinnern, dass Systematiker nicht erfreut sind, Veränderlichkeit in wichtigen Charakteren zu entdecken, und dass es nicht viele Leute gibt, die ein Vergnügen daran fänden, innere wichtige Organe sorgfältig zu untersuchen AB ÄN DE RU N G IM N ATURZUS TAND

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ren Zeiten gewesen zu sein. Diese Tatsachen nun und in vielen Exemplaren einer und der nämlichen scheinen insofern geeignet, Verwirrung zu bewirken, Art miteinander zu vergleichen. So hätte ich nimmer als sie zeigen, dass diese Art von Veränderlichkeit erwartet, dass die Verzweigungen des Hauptnerven unabhängig von den Lebensbedingungen ist. Ich dicht am großen Zentralnervenknoten eines Insektes bin zu vermuten geneigt, dass wir in diesen polyin der nämlichen Spezies abändern können, sonmorphen Sippen Veränderlichkeit nur in solchen dern hätte vielmehr gedacht, Veränderungen dieser Strukturverhältnissen begegnen, welche der Art Art könnten nur langsam und stufenweise eintreten. weder nützlich noch schädlich sind, und daher bei Und doch hat Mr. Lubbock kürzlich an Coccus einen der natürlichen Züchtung nicht berücksichtigt und Grad von Veränderlichkeit an diesen Hauptnerven befestigt worden sind, wie nachher erläutert werden nachgewiesen, welcher zumeist an die unregelmäßige soll. Verzweigung eines Baumstamms erinnert. Ebenso Diejenigen Formen, welche zwar einen schon etwas hat dieser ausgezeichnete Naturforscher ganz kürzmehr entwickelten Charakter einer Art besitzen, aber lich gezeigt, dass die Muskeln in den Larven gewisser anderen Formen so ähnlich oder durch Mittelstufen Insekten von Gleichförmigkeit weit entfernt sind. Die so eng verkettet sind, dass die Naturforscher sie Schriftsteller bewegen sich oft in einem Zirkelschluss, nicht als besondere Arten aufführen wollen, sind in wenn sie behaupten, dass wichtige Organe nicht mehreren Beziehungen die wichtigsten für uns. Wir variieren; denn dieselben Schriftsteller zählen prakhaben allen Grund zu glauben, dass viele von dietisch diejenigen Organe zu den wichtigen (wie einige wenige ehrlich genug sind zu gestehen), welche nicht variieren, und unter dieser Voraussetzung kann dann allerdings niemals ein Beispiel von einem variierenden wichtigen Organe angeführt werden; aber von einem anderen Gesichtspunkt aus lassen sich deren viele aufzählen. Mit den individuellen Verschiedenheiten steht noch ein anderer Punkt in Verbindung, der mir sehr verwirrend zu sein scheint; ich will nämlich von den Sippen reden, die man zuweilen »proteische« oder »polymorphe« genannt hat, weil deren Arten ein ungeordnetes Maß von Veränderlichkeit zeigen, so dass kaum zwei Naturforscher darüber einig werden können, welche Formen als Arten und welche als Varietäten zu betrachten seien. Man kann Rubus, Rosa, Hieracium unter den Pflanzen, mehre Insekten- und Brachiopoden-Sippen unter den Tieren als Beispiele anführen. In den meisten dieser polymorphen Sippen haben einige Arten feste und bestimmte Charaktere. Sippen, welche in einer Gegend polymorph sind, scheinen es mit einigen wenigen Ausnahmen auch in anderen Gegenden zu sein und, nach den Brachiopoden zu urteilen, in frühe- Charles Darwin und seine Schwester Catherine.

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Im Frühling desselben Jahres wurde ich in eine

Tagesschule in Shrewsbury geschickt; dort blieb ich ein Jahr. Man hat mir gesagt, dass ich viel langsamer gelernt habe als meine jüngere Schwester Catherine, und ich glaube, ich war in mancherlei Hinsicht auch ungezogen. sen zweifelhaften und eng verwandten Formen ihre Charaktere in ihrer Heimatgegend lange Zeit beharrlich behauptet haben, lang genug, um sie für gute und echte Spezies zu halten. Praktisch genommen pflegt ein Naturforscher, welcher zwei Formen durch Zwischenglieder miteinander verbinden kann, die eine als eine Varietät der anderen gewöhnlicheren oder zuerst beschriebenen zu behandeln. Zuweilen treten aber sehr schwierige Fälle, die ich hier nicht aufzählen will, bei Entscheidung der Frage ein, ob eine Form als Varietät der anderen anzusehen sei

oder nicht, sogar wenn beide durch Zwischenglieder eng miteinander verkettet sind; auch die gewöhnliche Annahme, dass diese Zwischenglieder Bastarde seien, will nicht immer genügen, um die Schwierigkeit zu beseitigen. In sehr vielen Fällen jedoch wird eine Form als eine Varietät der anderen erklärt, nicht weil die Zwischenglieder wirklich gefunden worden sind, sondern weil Analogie den Beobachter verleitet anzunehmen, entweder dass sie noch irgendwo vorhanden sind, oder dass sie früher vorhanden gewesen sind; und damit ist dann Zweifeln und Vermutungen eine weite Türe geöffnet. Wenn es sich daher um die Frage handelt, ob eine Form als Art oder als Varietät zu bestimmen sei, scheint die Meinung der Naturforscher von gesundem Urteil und reicher Erfahrung der einzige Führer zu bleiben. Gleichwohl können wir in vielen Fällen uns nur auf eine Majorität der Meinungen berufen; denn es lassen sich nur wenige wohlbezeichnete und wohlbekannte Varietäten namhaft machen, die nicht schon bei wenigstens einem oder dem anderen sachkundigen Richter als Spezies gegolten hätten.

Die Schule in Shrewsbury, die Darwin besuchte. AB ÄN DE RU N G IM N ATURZUS TAND

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Illustration eines Delphins aus The Zoology of the Voyage of the H.M.S. Beagle. Darwin gab dieses fünfbändige Werk heraus und hatte dabei die Leitung über die Arbeit anderer Fachleute inne.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



5.Juli 1832

Am Morgen setzten wir Segel und liefen aus

dem prächtigen Hafen Rio de Janeiros aus. Auf unserer Fahrt zum Plata sahen wir nichts Besonderes, nur einmal begegneten wir einem großen Schwarm Tümmler, viele hundert an der Zahl. An manchen Stellen war das ganze Meer von ihnen gefurcht, während sie zusammen in Sprüngen dahinzogen, wobei der ganze Körper herauskam und so das Wasser zerschnitt. Das Schiff fuhr neun Knoten schnell, diese Tiere aber konnten mit der größten Leichtigkeit vor unserem Bug hin und her kreuzen und dann uns voraus dahinjagen.

Dass Varietäten von so zweifelhafter Natur keineswegs selten sind, kann nicht in Abrede gestellt werden. Man vergleiche die von verschiedenen Botanikern geschriebenen Floren von Großbritannien, Frankreich oder den Vereinigten Staaten miteinander und sehe, was für eine erstaunliche Anzahl von Formen von dem einen Naturforscher als gute Arten und von dem anderen als bloße Varietäten angesehen werden. Herr H. C. Watson, welchem ich zur innigsten Erkenntlichkeit für Unterstützung aller Art verbunden bin, hat mir

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Patagonische bolas. 182 britische Pflanzen bezeichnet, welche gewöhnlich als Varietäten eingereiht werden, aber auch schon alle von Botanikern für Arten erklärt worden sind; dabei hat er noch manche leichtere, aber auch schon von einem oder dem anderen Botaniker als Art aufgenommene Varietät übergangen und einige sehr polymorphe Sippen gänzlich außer Acht gelassen. Unter Sippen, welche die am meisten polymorphen Formen enthalten, führt Babington 251, Bentham dagegen nur 112 Arten auf, ein Unterschied von 139

Reitsporen und Pfeife aus Patagonien.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

ine ihrer wesentlichen Beschäftigungen im Zelt ist es, zwei Steine so lange gegeneinander zu schlagen, bis sie rund sind, um sodann bolas daraus zu machen. Mit dieser wichtigen Waffe fängt der Indianer sein Wild und auch sein Pferd ein, das frei über die Ebene streift. Im Kampf versucht er als Erstes, mit den bolas das Pferd seines Widersachers niederzureißen und diesen dann, wenn er durch den Sturz eingeklemmt ist, mit dem chuzo zu töten. Erfassen die Kugeln nur Hals oder Leib eines Tiers, werden sie häufig fortgetragen und sind verloren. Da es eine Arbeit von zwei Tagen ist, die Steine rund zu machen, ist die Fertigung von Kugeln eine sehr gängige Beschäftigung. Mehrere der Männer und Frauen hatten das Gesicht rot bemalt, doch nie sah ich die horizontalen Streifen, welche unter den Feuerländern so gebräuchlich sind. Ihr Stolz besteht vornehmlich darin, alles aus Silber hergestellt zu haben; ich habe einen Cacique gesehen, dessen Sporen, Steigbügel, Messergriff und Zaumzeug aus diesem Metall gefertigt waren; Kopfstück und Zügel, beides aus Draht, waren nicht dicker als eine Peitschenschnur; und der Anblick eines feurigen Rosses, das unter dem Kommando einer so leichten Kette herumschwenkte, verlieh der Reitkunst eine bemerkenswerte Eleganz.

zweifelhaften Formen! Unter den Tieren, welche sich zu jeder Paarung vereinigen und sehr ortwechselnd sind, können dergleichen zweifelhafte zwischen Art und Varietät schwankende Formen nicht so leicht in einer Gegend beisammen vorkommen, sind aber in getrennten Gebieten nicht selten. Wie viele dieser nordamerikanischen und europäischen Insekten und Vögel sind von dem einen ausgezeichneten Naturforscher als unzweifelhafte Art und von dem anderen als Varietät oder sogenannte klimatische Rasse bezeichnet worden! Als ich vor vielen Jahren die Vögel von den einzelnen Inseln der Galapagos-Gruppe miteinander verglich und andere sie vergleichen sah, war ich sehr darüber erstaunt, wie gänzlich schwankend und willkürlich der Unterschied zwischen Art und Varietät ist. Auf den Inselchen der kleinen Madeira-Gruppe kommen viele Insekten vor, welche in Wollastons bewundernswürdigem Werke als Varietäten charakterisiert sind, die aber ohne allen Zweifel von vielen Entomologen als besondere Arten aufgestellt werden würden. Selbst Irland besitzt einige wenige jetzt allgemein als Varietäten angesehene Tiere, die aber von einigen Naturforschern für Arten erklärt worden sind. Einige sehr erfahrene Ornithologen betrachten unser britisches Rothuhn (Lagopus) nur als eine scharf bezeichnete Rasse der norwegischen Art, während die meisten solche für eine unzweifelhaft eigentümliche Art Großbritanniens erklären. Eine weite Entfernung zwischen der Heimat zweier zweifelhaften Formen bestimmt viele Naturforscher, dieselben für zwei Arten zu erklären; aber nun fragt es sich, welche Entfernung dazu genüge? Wenn die zwischen Europa und Amerika groß genug ist, kann dann auch jene zwischen ersterem Kontinent und den Azoren oder Madeira oder den Kanarischen Inseln oder Irland genügen? Man muss zugeben, dass viele von hochbefähigten Richtern als Varietäten betrachtete Formen so vollkommen den Charakter von Arten besitzen, dass sie von anderen hochbefähigten Beurteilern für gute echte Spezies erklärt werden. Aber es ist vergebene Arbeit, die Frage zu erörtern, ob es Arten oder Varietäten seien, solange noch keine Definition von dem Begriff dieser zwei Ausdrücke allgemein angenommen ist. AB ÄN DE RU N G IM N ATURZUS TAND

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Viele dieser stark ausgeprägten Varietäten oder zweifelhaften Arten verdienten wohl eine nähere Beachtung, weil man vielerlei interessante Beweismittel aus ihrer geographischen Verbreitung, ihren analogen Variationen, Bastardbildungen usw. herbeigeholt hat, um die ihnen gebührende Rangstufe festzustellen. Ich will hier nur ein Beispiel anführen, das von den zwei Formen der Schlüsselblumen, Primula veris und Pr. elatior. Diese zwei Pflanzen weichen bedeutend im Aussehen voneinander ab; jede hat einen anderen Geruch und Geschmack; sie blühen zu etwas verschiedener Zeit und wachsen an etwas verschiedenen Standorten; sie gehen an Bergen bis in verschiedene Höhen hinauf und haben eine verschiedene geographische Verbreitung; endlich lassen sie sich nach den vielen in den letzten Jahren

Illustration mit Reitgerten, Fußfesseln und Reitsporen aus Brasilien in Reise eines Naturforschers um die Welt.

Recado oder Gaucho-Sattelgurt aus Reise eines Naturforschers um die Welt, einer späteren Ausgabe von Darwins Reisetagebuch.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Über diese Länder sind so viele Werke verfasst worden, dass es beinahe überflüssig

ist, den lazo oder auch die bolas zu beschreiben. Der lazo besteht aus einem sehr kräftigen, aber dünnen, gut geflochtenen Seil aus ungegerbten Lederstreifen. Ein Ende ist an dem breiten Sattelgurt befestigt, der das komplizierte Geschirr des recado, des in den Pampas benutzten Sattels, zusammenhält; das andere läuft in einen kleinen Ring aus Eisen oder Messing aus, mit dem eine Schlinge gebildet werden kann. Will der Gaucho nun den lazo gebrauchen, so hält er in der Zügelhand eine kleine Rolle und in der anderen die Schlinge, die sehr groß gemacht ist und in der Regel einen Durchmesser von ungefähr acht Fuß hat. Diese wirbelt er um den Kopf, wobei er die Schlinge durch eine geschickte Bewegung des Handgelenks offenhält; dann wirft er es und lässt es auf jeden beliebigen ausgewählten Punkt fallen. Der lazo ist, wenn nicht gebraucht, als kleine Rolle am hinteren Ende des recado festgebunden.

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von einem äußerst sorgfältigen Beobachter, Gärtner, angestellten Versuchen nur sehr schwierig miteinander kreuzen. Man kann also schwerlich bessere Beweise dafür wünschen, dass beide Formen verschiedene Arten bilden. Auf der anderen Seite aber werden sie durch zahlreiche Zwischenglieder miteinander verkettet, und es ist sehr zweifelhaft, dass solches Bastarde sind; dies ist, wie mir scheint, ein überwiegendes Maß von Experimentalbeweis dafür, dass sie von gemeinsamen Eltern abstammen und mithin nur als Varietäten zu betrachten sind. Sorgfältige Forschung wird in den meisten Fällen die Naturforscher zur Verständigung darüber bringen, wofür die zweifelhaften Formen zu halten sind. Doch müssen wir bekennen, dass es gerade in den am besten bekannten Gegenden die meisten zweifelhaften Formen gibt. Ich war über die Tatsache erstaunt, dass von solchen Tieren und Pflanzen, welche dem Menschen in ihrem Naturzustand sehr nützlich sind oder aus irgendeiner anderen Ursache seine besondere Aufmerksamkeit erregen, fast überall Varietäten angeführt werden. Diese Varietäten werden jedoch oft von einem oder dem anderen

Autor als Arten bezeichnet. Wie sorgfältig ist die gemeine Eiche studiert worden! Nun macht aber ein deutscher Autor über ein Dutzend Arten aus den Formen, welche bis jetzt stets als Varietäten angesehen wurden; und in diesem Lande können unter den höchsten botanischen Gewährsmännern und vorzüglichsten Praktikern welche sowohl zugunsten der Meinung, dass die Trauben- und die Stieleiche gut unterschiedene Arten seien, wie auch andere für die gegenteilige Ansicht nachgewiesen werden. Wenn ein junger Naturforscher eine ihm ganz unbekannte Gruppe von Organismen zu studieren beginnt, so macht ihn anfangs die Frage verwirrt, was für Unterschiede die Arten bezeichnen, und welche von ihnen nur Varietäten angehören; denn er weiß noch nichts von der Art und der Größe der Abänderungen, deren die Gruppe fähig ist; und dies beweist eben wieder, wie allgemein wenigstens einige Variation ist. Wenn er aber seine Aufmerksamkeit auf eine Klasse in einer Gegend beschränkt, so wird er bald darüber im Klaren sein, wofür er diese zweifelhaften Formen anzuschlagen habe. Er wird im Allgemeinen geneigt sein, viele Arten zu machen,

El Carmen oder Patagones, Rio Negro, aus Reise eines Naturforschers um die Welt. AB ÄN DE RU N G IM N ATURZUS TAND

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Aus „Die Fahrt der Beagle“ ”



17. Dezember 1832

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achdem ich nun mit Patagonien und den Falklandinseln zu Ende bin, möchte ich unsere erste Ankunft in Feuerland beschreiben. Ein wenig nach Mittag umschifften wir Kap St. Diego und fuhren in die berühmte Straße von La Maire ein. Wir hielten uns dicht an die feuerländische Küste, dennoch zeichneten sich die Konturen der zerklüfteten, unwirtlichen Staaten-Insel zwischen den Wolken ab. Am Nachmittag ankerten wir in der Bahía Buen Suceso. Bei unserer Einfahrt wurden wir in einer Art und Weise begrüßt, die den Bewohnern dieses wilden Landes ziemte. Eine Gruppe Feuerländer, teilweise verborgen von dem wüsten Wald, hockten auf einer öden Spitze, die übers Meer hinausragte, und als wir vorüberglitten, sprangen sie auf, schwenkten ihre abgerissenen Umhänge und stießen ein lautes, volltönendes Gebrüll aus. Die Wilden folgten dem Schiff, und kurz vor Einbruch der Dunkelheit sahen wir ihr Feuer und hörten erneut das wilde Geschrei. Ihr Hafen besteht aus einem schönen Stück Wasser, das halb von niederen, gerundeten Bergen aus Tonschiefer umgeben ist, welche bis ans Wasser hin von einem einzigen dichten, düsteren Wald bedeckt sind. Ein Blick auf die Landschaft genügte, um mir zu zeigen, wie sehr sie sich von allem unterschied, was ich je erblickt hatte. Nachts blies ein Sturm, und von den Bergen fegten schwere Böen an uns vorüber. Auf See wäre es schlimm gewesen, und wir dürfen es, ebenso wie andere, die Bucht des Guten Erfolges nennen. Am Morgen sandte der Kapitän eine Gruppe aus, um Kontakt mit den Feuerländern aufzunehmen. Als wir auf Rufweite heran waren, trat einer der vier Eingeborenen vor, um uns zu empfangen, und hub in dem Wunsch, uns dahin zu leiten, wo wir landen sollten, ganz heftig zu schreien an. Als wir am Ufer waren, wirkte die Gruppe recht bestürzt, redete und gestikulierte jedoch mit großer Schnelligkeit weiter. Es war ausnahmslos das merkwürdigste und interessanteste Schauspiel, dessen ich je ansichtig wurde: Ich hätte nicht geglaubt, wie groß der Unterschied zwischen dem wildem und dem zivilisierten Menschen ist: Er ist größer als zwischen wildem und domestiziertem Tier insofern, als beim Menschen ein größeres Vermögen zur Besserung vorhanden ist. Der Hauptwortführer war alt und anscheinend das Oberhaupt der Familie; die drei anderen waren kräftige junge Männer, ungefähr sechs Fuß groß. Frauen und Kinder hatte man fortgeschickt. Diese Feuerländer unterscheiden sich erheblich von den verkümmerten, elenden Teufeln weiter westlich, und sie scheinen eng verwandt mit den berühmten Patagoniern an der Magellanstraße. Ihr einziges Kleidungsstück besteht aus einem aus Guanakofell gefertigten Umhang mit der Wolle nach außen; diesen tragen sie einfach über die Schultern geworfen, wobei ihre Gestalt ebenso häufig entblößt wie bedeckt ist. Ihre Haut ist von schmutzigkupferroter Farbe. Der alte Mann hatte ein Stirnband aus weißen Federn um den Kopf gebunden, das sein schwarzes, grobes, verfilztes Haar teilweise im Zaume hielt. Sein Gesicht war von zwei breiten, querlaufenden Balken durchkreuzt; der eine, leuchtend rot gemalt, reichte von einem Ohr zum anderen, wobei er die Oberlippe einschloss, der andere, weiß wie Kalk, verlief parallel überm ersten, sodass selbst die Augenlider mit eingefärbt waren. Die anderen beiden Männer waren mit Streifen aus schwarzem Pulver aus Holzkohle geschmückt. Die Gruppe glich insgesamt den Teufeln, die in Stücken wie Der Freischütz auf die Bühne kommen. Ihre Haltung war unterwürfig und ihr Gesichtsausdruck misstrauisch, überrascht und verschreckt. Nachdem wir ihnen etwas scharlachrotes Tuch überreicht hatten, das sie sich sogleich um den Hals banden, wurden sie gute Freunde. Das zeigte sich dadurch, dass der alte Mann uns auf die Brust tätschelte und dabei eine Art schnalzendes Geräusch machte, wie man es tut, wenn man Hühner füttert. Ich ging neben dem Alten, und dabei wurde diese Freundschaftsbekundung mehrmals wiederholt; sie wurde mit drei festen Schlägen besiegelt, die mir gleichzeitig auf Brust und Rücken verabreicht wurden. Sodann entblößte er seinen Busen, damit ich das Kompliment zurückgäbe, was geschah, worauf er hoch erfreut schien. Die Sprache dieser Leute verdient es nach unseren Vorstellungen kaum, artikuliert genannt zu werden. Kapitän Cook hat sie mit einem sich räuspernden Mann verglichen, gewiss aber hat dies noch kein Europäer mit so vielen heiseren, gutturalen und klackenden Lauten getan.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



21. Dezember 1832

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ie Beagle fuhr ab: Und am darauf folgenden Tag näherten wir uns, in ungewöhnlichem Maße von einem guten Ostwind begünstigt, den Barnevelts, und nachdem wir Deceit mit seinen Felsengipfeln passiert hatten, umschifften wir gegen drei Uhr das wetterumtoste Kap Hoorn. Der Abend war ruhig und hell, und wir genossen einen schönen Blick auf die umliegenden Inseln. Kap Hoorn jedoch forderte seinen Tribut und schickte uns noch vor der Nacht einen Sturm ins Gesicht. Wir lagen nach See zu und am zweiten Tag wieder landwärts, als wir luvseits voraus das berüchtigte Vorgebirge in seiner wahren Gestalt sahen – in Nebel gehüllt, die matten Konturen von einem Sturm aus Wind und Wasser umgeben. Große schwarze Wolken rollten über den Himmel, und Regengüsse, dazu Hagel, jagten mit solch extremer Wucht an uns vorbei, dass der Kapitän sich entschloss, in die Wigwam-Bucht fahren. Dies ist ein traulicher kleiner Hafen, nicht weit von Kap Hoorn, und hier ankerten wir am Heiligen Abend in ruhigem Wasser. Das Einzige, das uns an einen Sturm draußen erinnerte, war hin und wieder ein Stoß von den Bergen, wovon das Schiff an seinen Ankern zerrte.

Galapagos-Landleguan. Im Gegensatz zur Meerechse mit ihren Schwimmhäuten, vermerkte Darwin, sind die Füße dieser Art ans Graben angepasst.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



24.Juli 1833

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ie Beagle verließ Maldonado und erreichte am 3.August die Mündung des Rio Negro. Es ist der bedeutendste Fluss auf dem gesamten Küstenstreifen zwischen Magellanstraße und Plata. Er tritt ungefähr dreihundert Meilen südlich der Mündung des Plata ins Meer. Vor rund fünfzig Jahren wurde hier unter der alten spanischen Regierung eine kleine Ansiedlung gegründet, die noch heute die südlichste von zivilisierten Menschen bewohnte Position (41° S) an dieser Ostküste Amerikas ist. Das Land nahe der Flussmündung ist aufs Äußerste dürftig: Auf der Südseite beginnt ein langer Abschnitt lotrechter Kliffs, welche einen Teil der geologischen Natur des Landes bloßlegen. Die Schichten bestehen aus Sandstein, und ein Lager fiel insofern auf, als es aus einem fest zementierten Konglomerat aus Bimssteinkieseln bestand, die über vierhundert Meilen weit von den Anden hergewandert sein müssen. Die Oberfläche ist überall von einer dicken Geröllschicht bedeckt, die sich weit und breit über die offene Ebene erstreckt. Wasser ist äußerst rar und, wo angetroffen, stets brackig. Die Vegetation ist kärglich, und obgleich es vielerlei Büsche gibt, sind doch alle mit furchteinflößenden Dornen bewehrt, so als wollten sie den Fremden davor warnen, diese ungastliche Region zu betreten. Die Ansiedlung liegt achtzehn Meilen flussaufwärts. Die Straße folgt dem Fuß des Steilufers, welches die Nordgrenze des großen Tales bildet, worin der Rio Negro fließt. Unterwegs kamen wir an den Ruinen einiger schöner estancias vorbei, die einige Jahre zuvor von den Indianern zerstört worden waren. Sie widerstanden mehreren Attacken. Ein Mann, der bei einer zugegen war, gab mir eine lebhafte Beschreibung der Geschehnisse. Die Bewohner waren genügend lange vorgewarnt, um alle Rinder und Pferde in den Corral zu treiben, welcher das Haus umgab, auch, um eine kleine Kanone aufzustellen. Die Indianer waren Araukaner aus dem Süden Chiles, mehrere hundert an der Zahl und äußerst diszipliniert. Zunächst erschienen sie in zwei Gruppen auf einem nahegelegenen Hügel; nachdem sie dann abgestiegen und sich ihrer Fellumhänge entledigt hatten, rückten sie nackt zum Angriff vor. Die einzige Waffe des Indianers ist ein sehr langer Bambus oder chuzo, der mit Straußenfedern geschmückt und mit einer scharfen Speerspitze versehen ist. Mein Informant schien sich des Zitterns dieser chuzos, während sie heranflogen, mit dem größten Entsetzen zu erinnern. Als sie dicht davor waren, rief der Cacique Pincheira den Belagerten zu, sie sollten ihre Waffen übergeben, sonst werde er ihnen allen die Kehle durchschneiden. Da dies vermutlich unter allen Umständen das Ergebnis ihres Einmarschs gewesen wäre, erfolgte die Antwort mittels einer Salve aus Musketen. Die Indianer rückten mit großer Stetigkeit bis zum Zaun des Corrals vor: Doch zu ihrer Überraschung fanden sie die Pfosten statt mit Lederriemen mit Eisennägeln befestigt vor, weswegen sie natürlich vergebens versuchten, sie mit ihren Messern durchzuschneiden. Das rettete den Christen das Leben: Viele der verwundeten Indianer wurden von ihren Kameraden fortgetragen; und nachdem endlich einer der Unter-Caciques verwundet wurde, erscholl das Hornsignal zum Rückzug. Sie kehrten zu ihren Pferden zurück und hielten offenbar Kriegsrat. Das war eine schreckliche Pause für die Spanier, da ihre gesamte Munition bis auf einige wenige Patronen verbraucht war. Im Nu saßen die Indianer auf und galoppierten außer Sichtweite. Ein weiterer Angriff wurde noch schneller zurückgeschlagen. Ein kühler Franzose bediente die Kanone; er wartete, bis die Indianer nahe heran waren, dann bestrich er ihre Reihen mit Kartätschen: So streckte er neununddreißig von ihnen zu Boden, und ein solcher Schlag veranlasste natürlich die ganze Meute zur Flucht. Der Ort heißt gleichermaßen El Carmen oder Patagones. Er ist am Hang eines Felsens erbaut, der dem Fluss zugewandt ist, und viele Häuser sind sogar in den Sandstein gegraben. Der Fluss, ungefähr zwei- bis dreihundert Yard breit, ist tief und reißend. Die vielen Inseln mit ihren Weidenbäumen und die flachen Landzungen, die eine hinter der anderen an der Nordgrenze des breiten, grünen Tals zu sehen sind, bieten mithilfe der strahlenden Sonne einen beinahe pittoresken Anblick. Die Zahl der Einwohner geht nicht über ein paar Hundert hinaus. Diese spanischen Kolonien tragen nicht wie unsere britischen die Elemente des Wachstums in sich. Viele Indianer reinen Blutes leben hier: Der Stamm der Cacique Lucanee hat beständig seine toldos am Ortsrand stehen. Die örtliche Regierungspartei versorgt sie mit Nahrungsmitteln, indem sie ihnen die ganzen ausgemergelten Pferde gibt, und sie verdienen sich ein wenig mit der Fertigung von Pferdedecken und anderem Reitgerät. Diese Indianer werden als zivilisiert angesehen, doch was ihr Wesen durch ein geringeres Maß an Wildheit gewonnen haben mag, wird nahezu gänzlich von ihrer vollkommenen Unmoral aufgewogen. Einige der jüngeren Männer machen indes Fortschritte: Sie sind bereit zu arbeiten, und kurz davor fuhr eine Gesellschaft auf Robbenfahrt und hat sich sehr gut betragen. Sie genossen nun die Früchte ihrer Arbeit, indem sie sehr farbenfrohe, saubere Kleider trugen und sehr faul waren. Der Geschmack, den sie in ihrer Kleidung zeigten, war bewundernswert; hätte man einen dieser jungen Indianer in eine Bronzestatue verwandeln können, so wäre sein Gewand absolut würdevoll gewesen.

weil ihn, so wie die vorhin erwähnten Tauben- oder Hühnerfreunde das Maß der Abänderung in den seither von ihm studierten Formen betroffen macht, und weil er noch wenig allgemeine Kenntnis von analoger Abänderung in anderen Gruppen und anderen Gegenden zur Berichtigung jener zuerst empfangenen Eindrücke besitzt. Dehnt er nun den Kreis seiner Beobachtung weiter aus, so wird er noch auf andere Schwierigkeiten stoßen; er wird einer großen Anzahl nahe verwandter Formen begegnen. Erweitern sich seine Erfahrungen noch mehr, so wird er endlich in seinem eigenen Kopfe darüber einig werden, was Varietät und was Spezies zu nennen sei; aber er wird zu diesem Ziel nur gelangen, indem er viel Veränderlichkeit zugibt, und er wird die Richtigkeit seiner Annahme von anderen Naturforschern oft in Zweifel gezogen sehen. Wenn er nun überdies Gelegenheit erhält, verwandte Formen aus anderen nicht unmittelbar angrenzenden Ländern zu studieren, in welchem Falle er kaum hoffen darf, die Mittelglieder zwischen diesen zweifelhaften Formen zu finden, so wird er sich fast ganz auf Analogie verlassen müssen, und seine Schwierigkeiten werden sich bedeutend steigern. Eine bestimmte Grenzlinie ist bis jetzt sicherlich nicht gezogen worden, weder zwischen Arten und Unterarten, d. h. solchen Formen, welche nach der Meinung einiger Naturforscher den Rang einer Spezies nahezu, aber doch nicht gänzlich erreichen, noch zwischen Unterarten und ausgezeichneten Varietäten, noch endlich zwischen den geringeren Varietäten und individuellen Verschiedenheiten. Diese Verschiedenheiten greifen, in eine Reihe geordnet, unmerklich ineinander, und die Reihe weckt die Vorstellung von einem wirklichen Übergang. Daher werden die individuellen Abweichungen, welche für den Systematiker nur wenig Wert haben, für uns von großer Wichtigkeit, weil sie die erste Stufe zu denjenigen geringeren Varietäten bilden, welche man in naturgeschichtlichen Werken der Erwähnung wert zu halten pflegt. Ich sehe ferner diejenigen Abänderungen, welche etwas erheblicher und beständiger sind, als die nächste Stufe an, welche uns zu den mehr auffälligen und bleibenden Varietäten führt, wie uns diese zu den Subspezies und endlich Spezies leiten. Der Übergang von einer dieser Stufen in die andere nächsthöhere mag in

einigen Fällen lediglich von der langwährenden Einwirkung verschiedener natürlicher Bedingungen in zwei verschiedenen Gegenden herrühren; doch habe ich nicht viel Vertrauen zu dieser Ansicht und schreibe den Übergang von einer leichten Abänderung zu einer wesentlicher verschiedenen Varietät der Wirkung der natürlichen Züchtung mittels Anhäufung individueller Abweichungen der Struktur in gewisser steter Richtung zu, wie nachher näher auseinandergesetzt werden soll. Ich glaube daher, dass man eine gut ausgeprägte Varietät mit Recht eine beginnende Spezies nennen kann; ob sich aber dieser Glaube rechtfertigen lasse, muss aus dem allgemeinen Gewicht der in diesem Werk beigebrachten Tatsachen und Ansichten ermessen werden. Es ist nicht nötig zu unterstellen, dass alle Varietäten oder beginnenden Spezies sich wirklich zum Rang einer Art erheben. Sie können in diesem beginnenden Zustand wieder erlöschen; oder sie können als solche Varietäten lange Zeiträume durchlaufen, wie Wollaston von den Varietäten gewisser Landschneckenarten auf Madeira gezeigt hat. Gedeiht eine Varietät derartig, dass sie die elterliche Spezies in Zahl übertrifft, so sieht man sie für die Art und die Art für die Varietät an; sie kann die elterliche Art aber allmählich auch ganz ersetzen und überleben; oder beide können endlich wie unabhängige Arten nebeneinander fortbestehen. Doch wir werden nachher auf diesen Gegenstand zurückkommen. Aus diesen Bemerkungen geht hervor, dass ich den Kunstausdruck »Spezies« als einen nur willkürlich und der Bequemlichkeit halber auf eine Reihe von einander sehr ähnlichen Individuen angewendeten betrachte, und dass er von dem Kunstausdruck »Varietät« nicht wesentlich, sondern nur insofern verschieden ist, als dieser auf minder abweichende und noch mehr schwankende Formen Anwendung findet. Und ebenso ist die Unterscheidung zwischen »Varietät« und »individueller Abänderung« nur eine Sache der Willkür und Bequemlichkeit. Durch theoretische Betrachtungen geleitet, habe ich geglaubt, dass sich einige interessante Ergebnisse in Bezug auf die Natur und die Beziehungen der am meisten variierenden Arten darbieten würden, wenn man alle Varietäten aus verschiedenen wohlbearbeiteten Floren tabellarisch zusammenstellte. Anfangs AB ÄN DE RU N G IM N ATURZUS TAND

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Palmen, hatte Darwin das Gefühl, gaben doch jeder Landschaft ein tropisches Flair.

ohnedies schon erwarten lässt, weil sie verschiedenen schien mir dies eine einfache Sache zu sein. Aber physikalischen Einflüssen ausgesetzt sind und mit Herr H. C. Watson, dem ich für seine wertvollen anderen Gruppen von Organismen in Mitbewerbung Dienste und seine Hilfe in dieser Beziehung sehr kommen, was, wie sich nachher ergeben soll, von dankbar bin, überzeugte mich bald, dass dies mit noch viel größerer Wichtigkeit ist. Meine Tabellen vielen Schwierigkeiten verknüpft sei, was späterhin zeigen aber ferner, dass auch in einem beschränkten Dr. Hooker in noch bestimmterer Weise bestätigte. Gebiet die gemeinsten, d. h. die in den zahlreichsten Ich behalte mir daher für mein künftiges Werk die Individuen vorkommenden Arten und jene, welche Erörterung dieser Schwierigkeiten und die Tabellen über die Zahlenverhältnisse der variierenden Spezies vor. Dr. Hooker erlaubt mir noch beizufügen, dass, nachdem er meine handschriftlichen Aufzeichnungen und Tabellen sorgfältig durchgelesen, er die folgenden Feststellungen für vollkommen wohlbegründet halte. Der ganze Gegenstand aber, welcher hier notwendig nur sehr kurz abgehandelt werden muss, ist ziemlich verwickelt, zumal Bezugnahmen auf das »Ringen um Existenz«, auf die »Divergenz des Charakters« und andere erst später zu erörternde Fragen nicht vermieden werden können. Alphonse de Candolle u. a. Botaniker haben gezeigt, dass solche Pflanzen, die sehr weit ausgedehnte Verbreitungsbezirke besitzen, Halt an einer Pulperia in den Pampas, aus Darwins Reise eines gewöhnlich auch Varietäten darbieten, wie sich Naturforschers um die Welt.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

m folgenden Tag ritten wir zu dem Dorf Las Minas. Das Land war deutlich hügeliger, ansonsten jedoch wie zuvor; ein Bewohner der Pampas hätte es zweifellos als wahrhaft alpin betrachtet. Das Land ist so dünn besiedelt, dass wir den ganzen Tag lang kaum einem einzigen Menschen begegneten. Las Minas ist noch viel kleiner als Maldonado. Es liegt auf einer kleinen Ebene und ist von niedrigen Felsenhügeln umgeben. Es weist die übliche symmetrische Form auf und gibt mit seiner weiß getünchten Kirche in der Mitte ein recht hübsches Erscheinungsbild ab. Die Häuser am Dorfrand erhoben sich aus der Ebene wie isolierte Wesen, ohne die Begleitung von Garten oder Hof. Das ist auf dem Land so üblich, weswegen alle Häuser ein unbehagliches Aussehen haben. Nachts hielten wir an einer pulperia, also einem Trinkladen. Im Laufe des Abends kamen zahlreiche Gauchos herein, um Branntwein zu trinken und Zigarren zu rauchen; ihr Äußeres ist sehr auffallend; im Allgemeinen sind sie groß und gutaussehend, jedoch mit einem stolzen und zügellosen Gehabe. Häufig tragen sie einen Schnauzbart, und in ihrem Nacken ringelt sich langes schwarzes Haar. Mit ihrer bunten Kleidung, den großen Sporen, die an den Absätzen klirren, und dem Messer, das sie als Dolch an der Taille stecken haben (und als solchen oft gebrauchen), erscheinen sie als sehr andere Menschenrasse als diejenigen, welche man nach ihrem Namen Gaucho, also einfache Landleute, erwarten könnte. Ihre Höflichkeit ist außerordentlich; nie trinken sie ihren Branntwein, ohne zu erwarten, dass man davon kostet, doch während sie noch ihre überaus anmutige Verbeugung machen, scheinen sie ebenso bereit, sollte sich die Gelegenheit bieten, einem die Kehle durchzuschneiden.

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innerhalb ihrer eigenen Gegend am meisten verbreitet sind (was von »weiter Verbreitung« und in gewisser Weise von »Gemeinsein« wohl zu unterscheiden ist), oft zur Entstehung von hinreichend bezeichneten Varietäten Veranlassung geben, um sie in botanischen Werken aufgezählt zu finden. Es sind mithin die am üppigsten gedeihenden oder, wie man sie nennen kann, dominierenden Arten, nämlich die am weitesten über die Erdoberfläche ausgedehnten, die in ihrer eigenen Gegend am allgemeinsten verbreiteten, es sind die an Individuen reichsten Arten, welche am öftesten wohl ausgeprägte Varietäten oder, wie man sie nennen möchte, beginnende Spezies liefern. Und dies ist vielleicht vorauszusehen gewesen; denn so wie Varietäten, um einigermaßen bleibend zu werden, notwendig mit anderen Bewohnern der Gegend zu kämpfen haben, so werden auch die bereits herrschend gewordenen Arten am meisten geeignet sein, Nachkommen zu liefern, welche, mit einigen leichten Veränderungen, diejenigen Vorzüge noch weiter zu vererben im Stande sind, wodurch ihre Eltern über ihre Landesgenossen das Übergewicht errungen haben. Wenn man die eine Gegend bewohnenden und in einer Flora derselben beschriebenen Pflanzen in zwei gleiche Haufen teilt, wovon der eine alle Arten aus großen und der andere alle aus kleinen Sippen enthält, so wird man eine etwas größere Anzahl sehr gemeiner und sehr verbreiteter oder herrschender Arten auf Seiten der großen Sippen finden. Auch dies hat vorausgesehen werden können; denn schon die einfache Tatsache, dass viele Arten einer und der nämlichen Sippe eine Gegend bewohnen, zeigt etwas in der organischen oder unorganischen Beschaffenheit der Gegend für die Sippe Günstiges an, daher man erwarten durfte, in den größeren oder viele Arten enthaltenden Sippen auch eine verhältnismäßig große Anzahl herrschender Arten zu finden. Aber es gibt so viele Ursachen, welche dieses Ergebnis zu verhüllen streben, dass ich erstaunt bin, in meinen Tabellen doch noch ein kleines Übergewicht auf Seiten der großen Sippen zu finden. Ich will hier nur zwei Ursachen dieser Verhüllungen anführen. Süßwasser- und Salzpflanzen haben gewöhnlich weit ausgedehnte Bezirke und eine starke Verbreitung; dies scheint aber mit der Natur ihrer Standorte zusammenzuhängen und hat wenig oder gar keine

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Beziehung zu dem Artenreichtum der Sippen, wozu sie gehören. Ebenso sind Pflanzen von unvollkommenen Organisationsstufen gewöhnlich viel weiter als die hoch organisierten verbreitet und auch hier besteht keine nahe Beziehung zur Größe der Sippen. Die Ursache dieser letzten Erscheinung soll in unseren Kapiteln über die geographische Verbreitung erörtert werden. Indem ich die Arten nur als stark ausgeprägte und wohl umschriebene Varietäten betrachtete, war ich im Stande vorauszusagen, dass die Arten der größeren Sippen einer Gegend öfter, als die der kleineren Varietäten darbieten würden; denn wo immer sich viele einander nahe verwandte Arten (die der größeren Sippen) gebildet haben, werden sich im Allgemeinen auch viele Varietäten derselben oder beginnende Arten zu bilden geneigt sein – wie da, wo viele große Bäume wachsen, man viele junge Bäumchen aufkommen zu sehen erwarten darf. Wo viele Arten einer Sippe durch Variation entstanden sind, da sind die Umstände günstig für Variation gewesen und möchte man mithin auch erwarten, sie noch jetzt günstig zu finden. Wenn wir dagegen jede Art als einen besonderen Akt der Schöpfung betrachten, so ist kein Grund einzusehen, weshalb verhältnismäßig mehr Varietäten in einer artenreichen Gruppe als in einer solchen mit wenigen Arten vorkommen sollten. Um die Richtigkeit dieser Voraussagung zu beweisen, habe ich die Pflanzenarten in zwölf verschiedenen Ländern und die Käferarten in zwei verschiedenen Gebieten in je zwei einander fast gleiche Haufen geteilt, die Arten der großen Sippen auf der einen und die der kleinen auf der anderen Seite, und es hat sich beharrlich überall dasselbe Ergebnis gezeigt, dass eine verhältnismäßig größere Anzahl von Arten bei den großen Sippen Varietäten haben als bei den kleinen. Überdies bieten die Arten der großen Sippen, welche überhaupt Varietäten haben, eine verhältnismäßig größere Varietätenzahl dar als die der kleineren. Zu diesen beiden Ergebnissen gelangt man auch, wenn man die Einteilung anders macht und alle Sippen mit nur 1–4 Arten ganz aus den Tabellen ausschließt. Diese Tatsachen sind von klarer Bedeutung für die Ansicht, dass Arten nur streng ausgeprägte und bleibende Varietäten sind; denn wo immer viele Arten in einerlei Sippe gebildet worden

Hydrochaerus capybara oder Wasserschwein.

sind oder wo, wenn der Ausdruck erlaubt ist, die Artenfabrikation tätig betrieben worden ist, müssen wir gewöhnlich diese Fabrikation noch in Tätigkeit finden, zumal wir alle Ursache haben zu glauben, dass das Fabrikationsverfahren ein sehr langsames ist. Und dies ist sicherlich der Fall, wenn Varietäten als beginnende Arten zu betrachten sind; denn meine Tabellen zeigen deutlich ganz allgemein, dass, wo immer viele Arten einer Sippe gebildet worden sind, diese Arten eine den Durchschnitt übersteigende Anzahl von Varietäten oder beginnenden neuen Arten enthalten. Damit soll nicht gesagt werden, dass alle großen Sippen jetzt sehr variieren und in Vermehrung ihrer Artenzahl begriffen sind, oder dass keine kleine Sippe jetzt Varietäten bilde und wachse; denn dieser Fall wäre sehr verderblich für meine Theorie, zumal uns die Geologie klar beweist,



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Die Ordnung Rodentia ist hier mit sehr zahlreichen Arten vertreten: Allein an Mäusen erhielt ich

nicht weniger als acht verschiedene. Das größte Nagetier der Welt, das Hydrochaerus capybara (das Wasserschwein), ist hier ebenfalls heimisch. Eines, das ich in Montevideo schoss, wog 98 Pfund: Seine Länge von der Spitze der Schnauze bis zu seinem Stummelschwanz betrug drei Fuß und zwei Zoll, der Umfang drei Fuß und acht Zoll. Diese großen Nager frequentieren gelegentlich die Inseln in der Mündung des Plata, wo das Wasser recht salzig ist, sind aber weit häufiger an den Ufern von Süßwasserseen und Flüssen anzutreffen. Bei Maldonado leben im Allgemeinen drei bis vier zusammen. Am Tag liegen sie entweder zwischen den Wasserpflanzen oder fressen offen auf der Rasenebene. Aus der Ferne betrachtet, ähneln sie nach Gangart und Farbe Schweinen; hocken sie jedoch auf dem Hinterteil und betrachten mit einem Auge aufmerksam einen Gegenstand, nehmen sie wieder das Aussehen ihrer Artverwandten an, der Meerschweinchen und Kaninchen. Vorder- wie Seitenansicht ihres Kopfes bieten wegen ihres sehr tief liegenden Mauls einen lächerlichen Anblick. Bei Maldonado waren diese Tiere sehr zahm; mit einem behutsamen Gang näherte ich mich vier älteren bis auf fünf Yard. Diese Zahmheit kann möglicherweise damit erklärt werden, dass der Jaguar schon seit einigen Jahren vertrieben ist und der Gaucho es nicht lohnend findet, sie zu jagen. Während ich mich immer weiter näherte, machten sie häufig ihr eigentümliches Geräusch, ein leises, abruptes Grunzen, dem eigentlich kein tatsächlicher Ton eignet und das vielmehr durch die plötzlich ausgestoßene Luft entsteht: Das einzige vergleichbare Geräusch, das ich kenne, ist das erste heisere Bellen eines großen Hundes. Nachdem ich die vier mehrere Minuten lang nahezu auf Armeslänge beobachtet hatte (und sie mich), stürzten sie in vollem Galopp mit dem größten Ungestüm ins Wasser und stießen dazu ihr Bellen aus. Nachdem sie eine kurze Strecke getaucht waren, kamen sie wieder an die Oberfläche, wobei jedoch gerade noch der oberste Teil des Kopfs herausragte. Wenn das Weibchen im Wasser schwimmt und Junge hat, sollen diese auf ihrem Rücken sitzen. Diese Tiere werden leicht in großer Zahl getötet, doch ihr Fell ist von geringem Wert, und das Fleisch ist sehr mäßig. Auf den Inseln im Rio Parana sind sie außerordentlich zahlreich und stellen die gewöhnliche Beute des Jaguars.

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dass kleine Sippen im Laufe der Zeit oft sehr groß geworden, und dass große Sippen, nachdem sie ihr Maximum erreicht, wieder zurückgesunken und endlich verschwunden sind. Alles, was hier zu beweisen nötig ist, beschränkt sich darauf, dass da, wo viele Arten in einer Sippe gebildet worden, auch noch jetzt durchschnittlich viele in Bildung begriffen sind; und dies ist nachgewiesen. Es gibt aber noch andere beachtenswerte Beziehungen zwischen den Arten großer Sippen und den aufgeführt werdenden Varietäten derselben. Wir haben gesehen, dass es kein untrügliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Arten und stark ausgeprägten Varietäten gibt; und in jenen Fällen, wo Mittelglieder zwischen zweifelhaften Formen noch nicht gefunden wurden, sind die Naturforscher genötigt, ihre Bestimmungen von der Größe der Verschiedenheiten zwischen zwei Formen abhängig zu machen, indem sie nach der Analogie urteilen, ob deren Betrag genüge, um nur eine oder alle beide zum Range von Arten zu erheben. Der Betrag der Verschiedenheit ist mithin ein sehr wichtiges Merkmal bei der Bestimmung, ob zwei Formen für Arten oder für Varietäten gelten sollen. Nun haben Fries in Bezug auf die Pflanzen und Westwood hinsichtlich der Insekten die Bemerkung gemacht, dass in großen Sippen der Grad der Verschiedenheit zwischen den Arten oft außerordentlich klein ist. Ich habe dies in Zahlen-Durchschnitten zu prüfen gesucht und, so weit meine noch unvollkommenen Ergebnisse reichen, bestätigt gefunden. Ich habe mich deshalb auch bei einigen genauen und erfahrenen Beobachtern befragt und nach Auseinandersetzung der Sache gefunden, dass sie in derselben übereinstimmen. In dieser Hinsicht gleichen demnach die Arten der großen Sippen den Varietäten mehr als die Arten der kleinen. Nun kann man die Sache aber auch anders ausdrücken und sagen, dass in den größeren Sippen, wo eine den Durchschnitt übersteigende Anzahl von Varietäten oder beginnenden Spezies noch jetzt fabriziert wird, viele der bereits fertigen Arten doch bis zu einem gewissen Grad Varietäten gleichen, insofern sie durch ein weniger als gewöhnlich großes Maß an Verschiedenheit voneinander getrennt werden. Überdies stehen die Arten großer Sippen in derselben Beziehung wie die Varietäten einer Art

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zueinander. Kein Naturforscher glaubt, dass alle Arten einer Sippe in gleichem Grad voneinander verschieden sind; sie werden daher gewöhnlich noch in Subgenera, in Sektionen oder noch weiter untergeordnete Gruppen geteilt. Wie Fries bemerkt, sind diese kleinen Artengruppen gewöhnlich wie Satelliten um gewisse andere Arten geschart. Und was sind Varietäten anders als Formengruppen von ungleicher wechselseitiger Verwandtschaft um gewisse Formen versammelt, um die Stammarten nämlich? Unzweifelhaft ist ein größerer Unterschied zwischen Arten als zwischen Varietäten; insbesondere ist der Betrag der Verschiedenheit der Varietäten voneinander oder von ihren Stammarten kleiner als der zwischen den Arten derselben Sippe. Wenn wir aber zur Erörterung des Prinzips, wie ich es nenne, der »Divergenz des Charakters« kommen, so werden wir sehen, wie dies zu erklären ist, und wie die geringeren Verschiedenheiten zwischen Varietäten erwachsen zu den größeren Verschiedenheiten zwischen den Arten. Es gibt da noch einen anderen Punkt, welcher mir der Beachtung wert scheint. Varietäten haben gewöhnlich eine beschränktere Verbreitung, was schon aus dem Vorigen folgt; denn wäre eine Varietät weiter verbreitet als ihre angebliche Stammart, so müsste deren Bezeichnung umgekehrt werden. Es ist aber auch Grund vorhanden zu glauben, dass diejenigen Arten, welche sehr nahe mit anderen Arten verwandt sind und insofern Varietäten gleichen, oft engere Verbreitungsgrenzen haben. So hat mir z. B. Herr H. C. Watson in dem wohlgesichteten Londoner Pflanzenkatalog (vierte Ausgabe) 63 Pflanzen bemerkt, welche als Arten darin aufgeführt sind, die er aber für so nahe mit anderen Arten verwandt hält, dass ihr Rang zweifelhaft wird. Diese 63 geringwertigen Arten verbreiten sich im Mittel über 6,9 der Provinzen, in welche Watson Großbritannien eingeteilt hat. Nun sind im nämlichen Kataloge auch 53 anerkannte Varietäten aufgezählt, und diese erstrecken sich über 7,7 Provinzen, während die Arten, wozu diese Varietäten gehören, sich über 14,3 Provinzen ausdehnen. Daher denn die anerkannten Varietäten eine beinahe ebenso beschränkte mittlere Verbreitung besitzen als jene nahe verwandten Formen, welche Watson als zweifelhafte Arten bezeichnet hat, die aber von britischen Botanikern

Endemische Galapagosbussarde, ausgewachsener Vogel mit Jungem, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Galapagosbussard. gewöhnlich für gute und echte Arten genommen werden. Endlich haben dann Varietäten auch die nämlichen allgemeinen Charaktere wie Spezies; denn sie können von Arten nicht unterschieden werden, außer: Erstens, durch die Entdeckung von Mittelgliedern, und das Vorkommen solcher Glieder kann den wirklichen Charakter der Formen, welche sie verketten, nicht berühren – und außer: Zweitens, durch ein gewisses Maß von Verschiedenheit, indem zwei Formen, welche nur sehr wenig voneinander abweichen, allgemein nur als Varietäten angesehen werden, wenn auch verbindende Mittelglieder noch nicht entdeckt worden sind; aber dieser Betrag von Verschiedenheit, welcher zur Erhebung zweier Formen zum Artenrang nötig, ist ganz unbestimmt. In Sippen, welche mehr als die mittlere Artenzahl in einer Gegend haben, zeigen die Arten auch mehr als die Mittelzahl von Varietäten. In großen Sippen lassen sich die Arten nahe, aber in ungleichem Grade, miteinander verbinden zu kleinen, um gewisse Arten geordneten Gruppen. Sehr nahe miteinander verwandte Arten sind von offenbar beschränkter Verbreitung. In all diesen verschiede-

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nen Beziehungen zeigen die Arten großer Sippen eine strenge Analogie mit Varietäten. Und man kann diese Analogien klar begreifen, wenn Arten einst nur Varietäten gewesen und aus diesen hervorgegangen sind; wogegen diese Analogien ganz unverständlich sein würden, wenn jede Spezies von den anderen unabhängig erschaffen worden wäre. Wir haben nun gesehen, dass es die am besten gedeihende und herrschende Spezies größerer Sippen ist, die im Durchschnitt genommen am meisten variiert; und Varietäten haben, wie wir hernach finden werden, Neigung, in neue und unterschiedene Arten überzugehen. Dadurch neigen auch die großen Sippen zur Vergrößerung, und in der ganzen Natur streben die Lebensformen, welche jetzt herrschend sind, noch immer mehr herrschend zu werden durch Hinterlassung vieler abgeänderter und herrschender Abkömmlinge. Aber durch nachher zu erläuternde Abstufungen streben auch die größeren Sippen immer mehr in kleine auseinanderzutreten. Und so werden die Lebensformen auf der ganzen Erde in Gruppen und Untergruppen weiter abgeteilt.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

nzahl, Zahmheit und abstoßende Lebensweise der Aas fressenden Falken Südamerikas machen diese für jeden, der nur die Vögel Nordeuropas gewöhnt ist, ganz besonders auffallend. In dieser Liste können vier Arten des Caracara oder Polyborus aufgeführt werden, der Truthahngeier, der Gallinazo und der Kondor. Die Caracaras werden von ihrer Struktur her zu den Adlern gezählt: Wir werden bald sehen, wie schlecht ihnen ein so hoher Rang ansteht. Mit ihrer Lebensweise nehmen sie gut den Platz unserer Aaskrähen, Elstern und Raben ein, ein Vogeltribus, der in der übrigen Welt weit verbreitet ist, in Südamerika hingegen völlig fehlt. Um mit dem Polyborus brasiliensis zu beginnen: Es ist ein verbreiteter Vogel und hat eine große geografische Reichweite; auf den Grassavannen von La Plata (wo er den Namen Carrancha trägt) ist er stark vertreten und auf den gesamten unfruchtbaren Ebenen Patagoniens keineswegs selten. In der Wüste zwischen den Flüssen Negro und Colorado lauern sie beständig an der Straße, um die Kadaver der erschöpften Tiere zu fressen, die dort an Ermattung und Durst eingehen. Obwohl er in diesen trockenen und offenen Ländern gut vertreten ist, ebenso an den ariden Küsten des Pazifik, trifft man ihn doch auch in den feuchten, undurchdringlichen Wäldern von Westpatagonien und Feuerland an. Die Carranchas wie die Chimangos sind ständige Gäste der estancias und Schlachthöfe. Stirbt ein Tier auf der Ebene, beginnt der Gallinazo sein Festmahl, und danach picken die beiden Arten des Polyborus die Knochen sauber. Obwohl diese Vögel ständig zusammen fressen, sind sie doch keineswegs Freunde. Sitzt der Carrancha ruhig auf einem Ast oder auf der Erde, so fliegt der Chimango häufig lange noch in einem Halbkreis hin und her, auf und nieder, wobei er jedes Mal am unteren Ende des Halbkreise versucht, seinen größeren Verwandten zu packen. Der Carrancha nimmt wenig Notiz davon, wippt nur mit dem Kopf. Obwohl sich die Carranchas oftmals in großer Zahl versammeln, sind sie nicht gesellig; in Wüstengegenden trifft man sie einzeln an, häufiger aber noch als Paar. Der Carrancha soll sehr verschlagen sein und große Mengen Eier stehlen. Auch versucht er, zusammen mit dem Chimango, den Grind vom wunden Rücken der Pferde und Maultiere zu picken. Hier das arme Tier, die Ohren schlapp, der Rücken gekrümmt, und dort der über ihm schwebende Vogel, wie er aus einem Yard Entfernung den abstoßenden Leckerbissen beäugt: Das prägt ein Bild, welches von Kapitän Head mit der ihm eigenen Lebendigkeit und Genauigkeit beschrieben worden ist. Diese falschen Adler töten lebende Vögel oder Tiere nur äußerst selten; und ihre dem Geier ähnliche Aas fressende Lebensweise ist jedermann, der einmal auf den trostlosen Ebenen Patagoniens eingeschlafen ist, klar ersichtlich, denn wenn er erwacht, sieht er auf jedem Hügel in der Umgebung einen dieser Vögel sitzen und ihn geduldig mit einem bösen Blick fixieren: Das ist ein Merkmal der Landschaft dieser Länder, welches jeder wiedererkennt, der sie durchwandert hat. Zieht eine Gesellschaft mit Hunden und Pferden auf die Jagd, wird sie am Tage von mehreren dieser Gefährten begleitet. Nach dem Fressen ragt der entblößte Kropf hervor; dann, wie überhaupt allgemein, ist der Carrancha ein träger, zahmer und feiger Vogel. Sein Flug ist schwerfällig und langsam, wie jener der englischen Saatkrähe. Nur selten erhebt er sich; gleichwohl habe ich zwei Mal einen gesehen, wie er in großer Höhe mit schöner Leichtigkeit durch die Lüfte glitt. Er rennt (im Gegensatz zum Hüpfen), aber nicht ganz so schnell wie manche seiner Verwandten. Zuweilen ist der Carrancha geräuschvoll, nicht aber grundsätzlich: Sein Ruf ist laut, sehr rau und eigen, man könnte ihn mit dem Klang des spanischen gutturalen g vergleichen, gefolgt von einem rauen doppelten rr, und wenn er diesen Schrei ausstößt, hebt er den Kopf immer höher, bis er schließlich bei weit aufgesperrtem Schnabel beinahe das hintere Ende des Rückens berührt. Dieses Faktum, das man bezweifelt hat, ist absolut wahr; ich habe mehrmals welche mit zurückgebogenem Kopf in einer völlig verdrehten Haltung gesehen. Zu diesen Beobachtungen darf ich noch, mit dem großen Azara als Gewährsmann, hinzufügen, dass sich der Carrancha von Würmern, Muscheln, Schnecken, Grashüpfern und Fröschen ernährt, dass er junge Lämmer tötet, indem er ihnen die Nabelschnur zerreißt, und dass er dem Gallinazo so lange nachsetzt, bis dieser Vogel das Aas hervorwürgt, das er erst kurz davor verschlungen hat. Schließlich führt Araza aus, dass sich mehrere Carranchas, fünf oder sechs, zusammentun, um große Vögel zu jagen, selbst solche wie den Reiher. Das alles zeigt, dass es ein Vogel mit sehr vielseitigen Gewohnheiten und beträchtlicher Findigkeit ist.

Dr i t t e s K a p i t e l



Der Kampf ums Dasein

Stützt sich auf natürliche Züchtung – Der Ausdruck im weiteren Sinne gebraucht – Geometrische Zunahme – Rasche Vermehrung naturalisierter Pflanzen und Tiere – Natur der Hindernisse der Zunahme – Allgemeine Mitbewerbung – Wirkungen des Klimas – Schutz durch die Zahl der Individuen – Verwickelte Beziehungen aller Tiere und Pflanzen in der ganzen Natur – Kampf auf Leben und Tod zwischen Einzelwesen und Varietäten einer Art, oft auch zwischen Arten einer Sippe – Beziehung von Organismus zu Organismus die wichtigste aller Beziehungen.

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he wir auf den Gegenstand dieses Kapitels eingehen, muss ich einige Bemerkungen voraussenden, um zu

zeigen, wie das Ringen um das Dasein sich auf natürliche Züchtung stützt. Es ist im letzten Kapitel nachgewiesen worden, dass die Organismen im Naturzustand eine individuelle Variabilität besitzen, und ich wüsste in der Tat nicht, dass dies je bestritten worden wäre. Es ist für uns unwesentlich, ob eine Menge von zweifelhaften Formen Art, Unterart oder Varietät genannt werde; welchen Rang z. B. die 200–300 zweifelhaften Formen britischer Pflanzen einzunehmen berechtigt sind, wenn die Existenz ausgeprägter Varietäten zulässig ist. Aber das bloße Dasein einer individuellen Veränderlichkeit und einiger wohlbezeichneter Varietäten, wenn auch notwendig zur Begründung dieses Werkes, hilft uns nicht viel, um zu begreifen, wie Arten in der Natur entstehen. Wie sind alle diese vortrefflichen Anpassungen von einem Teil der Organisation an den anderen und an die äußeren Lebensbedingungen und von einem organischen Wesen an ein anderes bewirkt worden? Wir sehen diese schöne Anpassung am klarsten bei dem Specht und der Mistelpflanze und nur wenig minder deutlich am niedersten Parasiten, welcher sich an das Haar eines Säugtieres oder die Federn eines Vogels anklammert; am Bau des Käfers, welcher ins Wasser untertaucht; am befiederten Samen, der vom leichtesten Lüftchen getragen wird; kurz, wir sehen schöne Anpassungen überall und in jedem Teil der organischen Welt.

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Robert Grant (1793–1874), ein früher Evolutionist, der mit dem Medizinstudenten Darwin in Edinburgh Freundschaft schloss. Er hatte Ideen, aber keine Theorie.

Aus der Autobiographie von Charles Darwin

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a ich in der Schule nichts Rechtes zuwege brachte, ließ mich mein Vater klugerweise früher als üblich abgehen und schickte mich (im Oktober 1825) zu meinem Bruder auf die Universität Edinburgh, wo ich zwei Studienjahre lang blieb. Mein Bruder war dabei, sein Medizinstudium abzuschließen, obwohl ich nicht glaube, dass er je die wirkliche Absicht hatte zu praktizieren, und ich sollte mit diesem Studium anfangen. Aber nur wenig später gewann ich aus verschiedenen kleinen Umständen die Überzeugung, mein Vater werde mir so viel Vermögen hinterlassen, dass mein Auskommen gut gesichert sei, hätte mir aber nie träumen lassen, ein so wohlhabender Mann zu sein, wie ich es nun bin. Dennoch war meine Überzeugung stark genug, dass sie jede ernste Anstrengung, Medizin zu lernen, in Grenzen hielt. Mein Bruder blieb nur noch ein Jahr an der Universität, sodass ich im zweiten Jahr auf mich allein gestellt war; und das hatte Vorteile, weil ich auf diese Weise engeren Kontakt zu mehreren jungen Leuten bekam, die sich für Naturwissenschaften begeisterten. Einer von ihnen war Ainsworth, der später ein Buch über seine Reisen in Assyrien herausgab; er war ein Geologe aus der Werner-Schule, der auf vielen Gebieten ein wenig Bescheid wusste. Ganz anders Dr. Coldstream, fein, formell, sehr religiös und überaus gutherzig; er veröffentlichte später mehrere gute Aufsätze zur Zoologie. Ein dritter junger Mann war Hardie, der wohl ein guter Botaniker geworden wäre, aber jung in Indien starb. Schließlich Dr. Grant, mehrere Jahre älter als ich, aber wie es zu unserer Bekanntschaft kam, weiß ich nicht mehr; er publizierte mehrere erstklassige Abhandlungen über Zoologie, aber nachdem er als Professor ans University College London gekommen war, arbeitete er nicht mehr wissenschaftlich – eine Tatsache, die mir immer unerklärlich geblieben ist. Ich kannte ihn gut; er war trocken und formell in seinem Auftreten, aber mit viel Enthusiasmus unter der äußeren Schale. Als wir eines Tages zusammen spazieren gingen, brach er in hohe Bewunderung für Lamarck und dessen Ansichten zur Evolution aus. Ich hörte in schweigendem Erstaunen zu und dass es, soweit ich es beurteilen kann, einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen hätte. Zuvor hatte ich die ›Zoonomie‹ meines Großvater gelesen; er vertritt darin ähnliche Ansichten, aber auch sie hatten keine Wirkung auf mich. Trotzdem ist es wahrscheinlich, dass meine frühe Begegnung mit Menschen, die ich derartige Ansichten habe aufstellen und loben hören, mich doch darin bestärkt hat, sie in veränderter Form in meiner ›Entstehung der Arten‹ selbst zu vertreten. Damals bewunderte ich die ›Zoonomie‹ sehr; als ich das Buch aber zehn oder fünfzehn Jahre später wieder las, war ich sehr enttäuscht, weil es ein so großes Missverhältnis zwischen der Spekulation und den mitgeteilten Tatsachen enthielt. Die Doktoren Grant und Coldstream beschäftigten sich intensiv mit der Meereszoologie, und den Ersteren begleitete ich häufig, um Tiere in den Fluttümpeln zu sammeln, die ich dann, so gut es ging, sezierte. Außerdem freundete ich mich mit ein paar Fischern in Newhaven an und fuhr manchmal mit ihnen hinaus, wenn sie mit den großen Netzen Austern fischten, so fand ich viele Exemplare. Weil ich aber keine Übung im Sezieren hatte und nur ein schlechtes Mikroskop besaß, waren meine Versuche eher armselig. Trotzdem machte ich eine interessante kleine Entdeckung und stellte diese der Plinian Society Anfang 1826 in einem kurzen Vortrag vor. Sie bestand darin, dass sich die sogenannten Eier von Flustra mit Hilfe ihrer Wimpern selbstständig bewegen können und in Wirklichkeit Larven sind. In einem anderen kleinen Aufsatz wies ich nach, dass die kleinen kugeligen Körper, die man für die Alge Fucus loreus im Frühstadium gehalten hatte, nichts anderes waren als die Eikapseln eines wurmartigen Tieres, der Pontobdella muricata. Die Plinian Society wurde von Professor Jameson sehr gefördert und war, glaube ich, auch von ihm gegründet worden: Ihre Mitglieder waren Studenten; sie trafen sich in einem Kellerzimmer der Universität, um sich gegenseitig ihre Aufsätze zur Naturwissenschaft vorzulesen und darüber zu diskutieren. Ich nahm regelmäßig teil, und die Zusammenkünfte hatten einen guten Einfluss auf mich, indem sie meinen Eifer anspornten und mir Umgang mit Gleichgesinnten verschafften. Die Aufsätze, die in unserer kleinen Gesellschaft vorgelesen wurden, kamen nie zum Druck, sodass mir die Befriedigung, meine Abhandlung gedruckt zu sehen, nicht zuteilwurde; ich glaube aber, Dr. Grant erwähnte meine kleine Entdeckung in seiner ausgezeichneten Schrift über die Flustra … Dr. Grant nahm mich gelegentlich zu Sitzungen der Wernerian Society mit, wo verschiedene Abhandlungen über Naturgeschichte gelesen, diskutiert und später in den ›Transactions‹ veröffentlicht wurden. Ich habe dort einige interessante Vorträge von Audubon über die Lebensweise nordamerikanischer Vögel gehört, in denen er etwas ungerecht über Waterton spöttelte.

Dagegen kann man fragen, wie kommt es, dass die Varietäten, die ich beginnende Spezies genannt habe, sich zuletzt in gute und abweichende Spezies verwandeln, welche meistens unter sich viel mehr als die Varietäten der nämlichen Art verschieden sind? Wie entstehen diese Gruppen von Arten, welche als verschiedene Genera bezeichnet werden und mehr als die Arten dieser Genera voneinander abweichen? Alle diese Wirkungen erfolgen unvermeidlich, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, aus dem Ringen ums Dasein. In diesem Wettkampf wird jede Abänderung, wie gering und auf welche Weise immer sie entstanden sein mag, wenn sie nur einigermaßen vorteilhaft für das Individuum einer Spezies ist, in dessen unendlich verwickelten Beziehungen zu anderen Wesen und zur äußeren Natur mehr zur Erhaltung dieses Individuums mitwirken und sich gewöhnlich auf dessen Nachkommen übertragen. Ebenso wird der Nachkömmling mehr Aussicht haben, die vielen anderen Einzelwesen dieser Art, welche von Zeit zu Zeit geboren werden, von denen aber nur eine kleinere Zahl am Leben bleibt, zu überdauern. Ich habe dieses Prinzip, wodurch jede solche geringe, wenn nützliche Abänderung erhalten wird, mit dem Namen »natürliche Züchtung« belegt, um dessen Beziehung zur Züchtung des Menschen zu bezeichnen. Wir haben gesehen, dass der Mensch durch Auswahl zum Zwecke der Nachzucht große Erfolge sicher zu erzielen und organische Wesen seinen eigenen Bedürfnissen anzupassen im Stande ist durch die Häufung kleiner, aber nützlicher Abweichungen, die ihm durch die Hand der Natur dargeboten werden. Aber die natürliche Auswahl ist, wie wir nachher sehen werden, unaufhörlich tätig und des Menschen schwachen Bemühungen so unvergleichbar überlegen, wie es die Werke der Natur überhaupt denen der Kunst sind. Wir wollen nun den Kampf ums Dasein etwas mehr ins Einzelne erörtern. In meinem späteren Werke über diesen Gegenstand soll er, wie er es verdient, in größerem Umfang besprochen werden. Der ältere de Candolle und Lyell haben reichlich und in philosophischer Weise nachgewiesen, dass alle organischen Wesen im Verhältnis der Mitbewerbung zueinander stehen. In Bezug auf die Pflanzen hat niemand diesen Gegenstand mit mehr Geist und Geschicklichkeit behandelt als W. Herbert, der Dechant von Manchester, offenbar infolge seiner ausgezeichneten Gartenbaukenntnisse.

Aus der Autobiographie von Charles Darwin



In meinem zweiten Jahr in Edinburgh besuchte ich

Jamesons Vorlesungen über Geologie und Zoologie, aber sie waren unglaublich fad. Sie hinterließen bei mir als einzige Wirkung nur den Entschluss, mein Leben lang kein Buch über Geologie mehr anzurühren, noch sonst mich mit dieser Wissenschaft zu befassen. Dennoch bin ich mir sicher, dass ich für eine philosophische Behandlung des Gegenstandes empfänglich gewesen wäre; denn ein alter Mann aus Shropshire, Mr. Cotton, der viel über Gesteine wusste, hatte mich zwei oder drei Jahre zuvor auf einen bekannten Findling in Shrewsbury, der »bell-stone«, Glockenstein, genannt wurde, aufmerksam gemacht und mir gesagt, dass ein Gestein dieser Art nirgendwo in der Nähe zu finden sei, erst wieder in Cumberland oder Schottland, wobei er mir feierlich die Versicherung gab, dass die Welt eher untergehen würde, bevor irgendein Mensch erklären könnte, wie der Stein an den Ort gekommen sei, an dem er jetzt lag. Das beeindruckte mich tief, und ich dachte lange über diesen wunderbaren Stein nach. So war ich denn ganz begeistert, als ich zum ersten Mal las, dass Eisberge Findlingsblöcke mitführen können, und ich war stolz auf die Fortschritte in der Geologie. Nichts ist leichter, als in Worten die Wahrheit des allgemeinen Wettkampfes ums Dasein zuzugestehen, und nichts schwerer, als – wie ich wenigstens gefunden habe – dieselbe im Sinne zu behalten. Und bevor wir solche nicht dem Geist tief eingeprägt haben, bin ich überzeugt, dass wir den ganzen Haushalt der Natur, die Verteilungsweise, die Seltenheit und den Überfluss, das Erlöschen und Abändern in derselben nur dunkel oder ganz unrichtig begreifen werden. Wir sehen die Natur äußerlich in Heiterkeit strahlen, wir sehen bloß Überfluss an Nahrung; aber wir sehen nicht oder vergessen, dass die Vögel, welche um uns her sorglos ihren Gesang erschallen lassen, meistens von Insekten oder Samen leben und mithin beständig Leben vertilgen; oder wir vergessen, wie viele dieser Sänger oder ihrer Eier oder ihrer Nestlinge unaufhörlich von Raubvögeln und anderen Feinden zerstört werden; wir behalten nicht immer im Sinn, dass, wenn auch das Futter jetzt im Überfluss vorhanden, dies doch nicht zu allen Zeiten im Umlauf des Jahres der Fall ist. DE R KAMPF UM S DAS EIN

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Ich will voraussenden, dass ich den Ausdruck »Ringen ums Dasein« in einem weiten und metaphorischen Sinn gebrauche, in sich begreifend die Abhängigkeit der Wesen voneinander, und, was wichtiger ist, nicht allein das Leben des Individuums, sondern auch die Sicherung seiner Nachkommenschaft. Man kann mit Recht sagen, dass zwei Hunde in Zeiten des Mangels um Nahrung und Leben miteinander kämpfen. Aber man kann auch sagen, eine Pflanze ringe am Rande der Wüste um ihr Dasein mit der Trockenheit, obwohl es angemessener wäre zu sagen, sie sei von Feuchtigkeit abhängig. Von einer Pflanze, welche alljährlich tausend Samen erzeugt, unter welchen im Durchschnitt nur einer zur Entwicklung kommt, kann man noch richtiger sagen, sie ringe ums Dasein mit anderen Pflanzen derselben oder anderer Arten, welche bereits den Boden bekleiden. Die Mistel ist abhängig vom Apfelbaum und einigen anderen Baumarten; doch kann man nur in einem weit ausholenden Sinn sagen, sie ringe mit diesen Bäumen; denn wenn zu viele dieser Schmarotzer auf demselben Stamm wachsen, so wird er verkümmern und sterben. Wachsen aber mehrere Sämlinge derselben dicht auf einem Ast beisammen, so kann man in Wahrheit sagen, sie ringen miteinander. Da die Samen der Mistel von Vögeln ausgestreut werden, so hängt ihr Dasein mit von dem der Vögel ab, und man kann metaphorisch sagen, sie ringen mit anderen beerentragenden Pflanzen, damit die Vögel eher ihre Früchte verzehren und ihre Samen ausstreuen, als die der anderen. In diesen mancherlei Bedeutungen, welche ineinander übergehen, gebrauche ich der Bequemlichkeit halber den Ausdruck »ums Dasein ringen«. Ein Kampf ums Dasein folgt unvermeidlich aus der Neigung aller Organismen, sich in starkem Verhältnis zu vermehren. Jedes Wesen, das während seiner natürlichen Lebenszeit mehrere Eier oder Samen hervorbringt, muss während einer Periode seines Lebens oder zu gewisser Jahreszeit oder in einem zufälligen Jahr Zerstörung erfahren; sonst würde seine Zahl in geometrischer Progression rasch zu so außerordentlicher Größe anwachsen, dass keine Gegend das Erzeugnis zu ernähren im Stande wäre. Wenn daher mehr Individuen erzeugt werden als möglicherweise

Links: Charles Darwins Studentenausweis aus Edinburgh. Er fand das Medizinstudium langweilig und brach es nach zwei Jahren ab.

fortbestehen können, so muss jedenfalls ein Kampf um das Dasein entstehen, entweder zwischen den Individuen einer Art oder zwischen denen verschiedener Arten, oder zwischen ihnen und den äußeren Lebensbedingungen. Es ist die Lehre von Malthus, in verstärkter Kraft übertragen auf das gesamte Tier- und Pflanzenreich; denn in diesem Fall ist keine künstliche Vermehrung der Nahrungsmittel und keine vorsichtige Enthaltung vom Heiraten möglich. Obwohl daher einige Arten jetzt in mehr oder weniger rascher Zunahme begriffen sein mögen: Alle können es nicht zugleich, denn die Welt würde sie nicht fassen. Es gibt keine Ausnahme von der Regel, dass jedes organische Wesen sich auf natürliche Weise in dem Grade vermehrt, dass, wenn es nicht durch Zerstörung litte, die Erde bald von der Nachkommenschaft eines einzigen Paares bedeckt sein würde. Selbst der Mensch, welcher sich doch nur langsam vermehrt, verdoppelt seine Anzahl in fünfundzwanzig Jahren, und bei so fortschreitender Vervielfältigung würde die Welt schon nach einigen tausend Jahren keinen Raum mehr für seine Nachkommenschaft haben. Linné hat berechnet, dass, wenn eine einjährige Pflanze nur zwei Samen erzeugte (und es gibt keine Pflanze, die so wenig produktiv wäre) und ihre Sämlinge im nächsten Jahre wieder zwei gäben usw., sie in zwanzig Jahren schon eine Million Pflanzen liefern würde. Man sieht den Elefanten als das sich am langsamsten vermehrende von allen bekannten Tieren an. Ich habe das wahrscheinliche Minimum seiner natürlichen Vermehrung zu berechnen gesucht, unter der Voraussetzung, dass seine Fortpflanzung erst mit dreißig Jahren beginne und bis zum neunzigsten Jahr währe, und dass er in dieser Zeit nur drei Paar Junge zur Welt bringe. In diesem Falle würden nach fünfhundert Jahren schon fünfzehn Millionen Elefanten von dem ersten Paare vorhanden sein. Doch wir haben bessere Belege für diese Sache als bloß theoretische Berechnungen, namentlich in den oft berichteten Fällen von erstaunlich rascher Vermehrung verschiedener Tierarten im Naturzustand, wenn die natürlichen Bedingungen zwei oder drei Jahre lang dafür günstig gewesen sind. Noch schlagender sind die von unseren in verschiedenen Weltgegenden verwilderten Haustierarten hergenommenen Beweise, sodass, wenn die Behauptungen von der Zunahme der sich doch nur langsam vermehrenden Rinder und Pferde in Südamerika und neuerlich DE R KAMPF UM S DAS EIN

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in Australien nicht sehr wohl bestätigt wären, sie ganz unglaublich erscheinen müssten. Ebenso ist es mit den Pflanzen. Es lassen sich Fälle von eingeführten Pflanzen aufzählen, welche auf ganzen Inseln gemein geworden sind in weniger als zehn Jahren. Einige der Pflanzen, welche jetzt in solcher Zahl über die weiten Ebenen von La Plata verbreitet sind, dass sie alle anderen Pflanzen daselbst ausschließen, sind aus Europa eingebracht worden; und ebenso gibt es, wie ich von Dr. Falconer gehört habe, in Ostindien Pflanzen, welche jetzt vom Cap Comorin bis zum Himalaya reichen und seit der Entdeckung von Amerika von dorther eingeführt worden sind. In Fällen dieser Art, von welchen endlose Beispiele angeführt werden könnten, wird niemand unterstellen, dass die Fruchtbarkeit solcher Pflanzen und Tiere plötzlich und zeitweise in einem bemerklichen Grad zugenommen habe. Die handgreifliche Erklärung ist, dass die äußeren Lebensbedingungen sehr günstig, dass in dessen Folge die Zerstörung von Jung und Alt geringer und mithin fast alle Abkömmlinge im Stande gewesen sind, sich fortzupflanzen. In solchen Fällen genügt schon das geometrische Verhältnis der Zahlenvermehrung, dessen Resultat nie verfehlt, Erstaunen zu erregen, um einfach das außerordentliche Wachstum und die weite Verbreitung eingeführter Naturprodukte in ihrer neuen Heimat zu erklären. Im Naturzustand bringen fast alle Pflanzen jährlich Samen hervor, und unter den Tieren sind nur sehr

Darwin war fasziniert, als er in Argentinien Pferdefossilien fand, die er jenen von ausgestorbenen Tieren wie Toxodon platensis gegenüberstellte.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



Bahià Blanca

Die Beagle traf am 24. August [1833] hier ein und fuhr eine Woche später zum Plata ab. Mit Kapitän Fitz Roys

Einwilligung blieb ich zurück, um über Land nach Buenos Ayres zu reisen. Ich werde hier einige Beobachtungen einfügen, die während dieses Aufenthalts und bei einer früheren Gelegenheit gemacht wurden, als die Beagle mit der Vermessung des Hafens beschäftigt war … Bei Punta Alta haben wir einen Abschnitt einer jener später ausgebildeten kleinen Ebenen, der aufgrund der Anzahl und der außerordentlichen Merkmale von Überresten gigantischer Landtiere, die darin eingebettet sind, äußerst interessant ist. […] Ich werde hier nur eine grobe Skizze ihrer Beschaffenheit geben. Zunächst Teile dreier Schädel und anderer Knochen des Megatheriums, dessen gewaltige Ausmaße von seinem Namen ausgedrückt werden. Zweitens das Megalonyx, ein großes verwandtes Tier. Drittens das Skelidotherium, ebenfalls ein verwandtes Tier, wovon ich ein nahezu vollständiges Skelett erhielt. Es muss so groß wie ein Rhinozeros gewesen sein: Wegen der Struktur seines Schädels kommt es Mr. Owen zufolge dem Ameisenbären vom Kap am nächsten, in anderer Hinsicht nähert es sich hingegen dem Gürteltier an. Viertens das Mylodon darwinii, eine eng verwandte Gattung von etwas geringerer Größe. Fünftens ein weiterer gigantischer zahnloser Vierfüßer. Sechstens ein großes Tier mit einer knöchernen Haut in Segmenten, ganz ähnlich der des Gürteltiers. Siebtens eine ausgestorbene Pferdeart, auf die ich noch zurückkommen muss. Achtens der Zahn eines Dickhäuters, wahrscheinlich der gleiche wie das Macrauchenia, ein gewaltiges Tier mit einem langen Hals wie ein Kamel, auf das ich noch zurückkomme. Schließlich das Toxodon, vielleicht eines der seltsamsten Tiere, die jemals entdeckt wurden: An Größe kam es einem Elefanten oder Megatherium gleich, die Struktur seiner Zähne hingegen beweist unwiderlegbar, wie Mr. Owen anführt, dass es eng mit den Nagern verwandt war, jener Ordnung, zu der heute die meisten der kleinsten Vierfüßer gehören; in vielen Einzelheiten ist es mit den Pachydermata verwandt: Der Stellung von Augen, Ohren und Nüstern nach zu urteilen, lebte es wahrscheinlich im Wasser wie der Dugong oder Manati, mit dem es ebenfalls verwandt ist. Wie wunderbar diese verschiedenen Ordnungen, heutigentags so klar getrennt, an etlichen Punkten im Aufbau des Toxodons verschmelzen! wenige, die sich nicht jährlich paarten. Wir können daher mit Sicherheit behaupten, dass alle Pflanzen und Tiere sich in geometrischem Verhältnis vermehren, dass sie jede zu ihrer Ansiedelung geeignete Gegend sehr rasch zu bevölkern im Stande sind und dass das Streben zur geometrischen Vermehrung zu irgendeiner Zeit ihres Lebens beschränkt werden muss. Unsere genaue Bekanntschaft mit den größeren Haustieren könnte zwar unsere Meinung in dieser Beziehung irreleiten, da wir keine große Störung unter ihnen eintreten sehen; aber wir vergessen, dass Tausende jährlich zu unsrer Nahrung geschlachtet werden, und dass im Naturzustand wohl ebenso viele irgendwie beseitigt werden würden. Der einzige Unterschied zwischen den Organismen, welche jährlich Tausende von Eiern oder Samen hervorbringen, und jenen, welche deren nur sehr wenige liefern, besteht darin, dass diese unter günstigen Verhältnissen ein paar Jahre länger als jene zur Bevölkerung eines Bezirkes nötig haben, sei derselbe

auch noch so groß. Der Kondor legt zwei Eier und der Strauß deren zwanzig, und doch dürfte in einer und derselben Gegend der Kondor leicht der häufigere von beiden werden. Der Eissturmvogel (Procellaria glacialis) legt nur ein Ei, und doch glaubt man, er sei der zahlreichste Vogel in der Welt. Die eine Fliege legt hundert Eier und die andere wie z. B. Hippobosca deren nur eines; dies bedingt aber nicht die Menge der Individuen, die in einem Bezirk ihren Unterhalt finden können. Eine große Anzahl von Eiern ist von einiger Wichtigkeit für eine Art, deren Futtervorräte raschen Schwankungen unterworfen sind; denn diese muss ihre Vermehrung in kurzer Frist bewirken. Aber wesentliche Wichtigkeit erlangt eine große Zahl von Eiern oder Samen der Größe der Zerstörung gegenüber, welche zu irgendeiner Lebenszeit erfolgt, und diese Zeit des Lebens ist in der großen Mehrheit der Fälle eine sehr frühe. Kann ein Tier in irgendeiner Weise seine eigenen Eier und Jungen schützen, so wird es deren eine geringere Anzahl erzeugen und diese DE R KAMPF UM S DAS EIN

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Das Häuten von uji oder Wasserschlangen. ganze durchschnittliche Anzahl aufbringen; werden aber viele Eier oder Junge zerstört, so müssen deren viele erzeugt werden, wenn die Art nicht untergehen soll. Wird eine Baumart durchschnittlich tausend Jahre alt, so würde es zur Erhaltung ihrer vollen Anzahl genügen, wenn sie in tausend Jahren nur einen Samen hervorbrächte, vorausgesetzt dass dieser eine nie zerstört werden würde und auf einen sicheren für die Keimung geeigneten Platz gelangen könnte. So hängt in allen Fällen die mittlere Anzahl von Individuen einer Pflanzen- oder Tierart nur indirekt von der Zahl der Samen oder Eier ab, die sie liefert. Bei Betrachtung der Natur ist es nötig, diese Ergebnisse immer im Sinn zu behalten und nie zu vergessen, dass man von jedem einzelnen Organismus unserer Umgebung sagen kann, er strebe nach der äußersten Vermehrung seiner Anzahl, dass aber jeder in irgendeinem Zeitabschnitt seines Lebens in einem Kampf mit feindlichen Bedingungen begriffen ist, und dass große Zerstörung unvermeidlich über Jung oder

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Alt ergehe in jeder Generation oder in wiederkehrenden Perioden. Wird irgendein Hindernis beseitigt oder die Zerstörung noch so wenig gemindert, so wird in der Regel augenblicklich die Zahl der Individuen stärker anwachsen. Was für Hindernisse es sind, welche das natürliche Streben jeder Art nach Vermehrung ihrer Anzahl beschränken, ist meistens unklar. Betrachtet man die am kräftigsten gedeihenden Arten, so wird man finden, dass je größer ihre Zahl wird, desto mehr ihr Streben nach weiterer Vermehrung zunimmt. Wir wissen nicht einmal in einem einzelnen Fall genau, welches die Hindernisse der Vermehrung sind. Dies wird jedoch niemanden in Verwunderung setzen, der sich erinnert, wie unwissend wir in dieser Beziehung bei dem Menschen selbst sind, welcher doch ohne Vergleich besser bekannt ist als irgendeine andere Tierart. Doch ist dieser Gegenstand von mehreren Schriftstellern vortrefflich erörtert worden; ich werde in meinem späteren Werk über mehrere der Hindernisse mit einiger Ausführlichkeit handeln und insbesondere auf die Raubtiere Südamerikas etwas näher eingehen. Hier mögen nur einige wenige Bemerkungen Raum finden, nur um dem Leser einige Hauptpunkte ins Gedächtnis zu rufen. Eier und ganz junge Tiere scheinen am meisten zu leiden, doch ist dies nicht ganz ohne Ausnahme. Den Pflanzen wird zwar eine gewaltige Menge von Samen zerstört; aber nach einigen Beobachtungen scheint es mir, als litten die Sämlinge am meisten, wenn sie auf einem schon mit anderen Pflanzen dicht bestockten Boden wachsen. Auch die Sämlinge werden noch in großer Menge durch verschiedene Feinde vernichtet. So beobachtete ich auf einer locker umgegrabenen Bodenfläche von 3 Fuß Länge und 2 Fuß Breite 357 Sämlinge unserer verschiedenen Holzarten, wovon nicht weniger als 295 hauptsächlich durch Schnecken und Insekten zerstört wurden. Wenn man einen Rasen, der lang abgemäht wurde (und der Fall wird der nämliche bleiben, wenn er durch Säugetiere kurz abgeweidet wird), wachsen lässt, so werden die kräftigeren Pflanzen allmählich die minder kräftigen, wenn auch voll ausgewachsenen, töten; und in einem solchen Falle hat man von zwanzig auf einem nur 3 auf 4 Fuß großen Fleck beisammen wachsenden Arten neun zwischen den anderen nun üppiger aufwachsenden zugrunde gehen sehen.

Die für eine jede Art vorhandene Nahrungsmenge bestimmt die äußerste Grenze, bis zu welcher sie sich vermehren kann; aber in vielen Fällen wird die Vermehrung einer Tierart schon weit unter dieser Grenze dadurch gehemmt, dass sie selbst wieder einer anderen zur Beute wird. Es scheint daher wenig Zweifel unterworfen zu sein, dass der Bestand an Feld- und Haselhühnern, Hasen usw. großenteils hauptsächlich von der Zerstörung der kleinen Raubtiere abhängig ist. Wenn in England in den nächsten zwanzig Jahren kein Stück Wildbret geschossen, aber auch keine solchen Raubtiere zerstört würden, so würde nach aller Wahrscheinlichkeit der Wildbestand nachher geringer sein als jetzt, obwohl jetzt Hunderte und Tausende von Stücken Wildes erlegt werden. Andererseits gibt es aber auch einige Fälle, wo, wie bei Elefant und Nashorn, eine Zerstörung durch Raubtiere gar nicht stattfindet, und selbst der indische Tiger wagt es nur sehr selten einen jungen, von seiner Mutter geschützten Elefanten anzugreifen. Das Klima hat ferner einen wesentlichen Anteil an Bestimmung der durchschnittlichen Individuenzahl einer Art, und ich glaube, dass ein periodischer Eintritt von äußerst kalter oder trockener Jahreszeit zu den wirksamsten aller Hemmnisse gehört. Ich schätze, dass der Winter 1854–1855 auf meinen eigenen Jagdgründen vier Fünftel aller Vögel zerstört hat; und dies ist eine furchtbare Zerstörung, wenn wir berücksichtigen, dass bei dem Menschen eine durch Seuchen verursachte Sterblichkeit von zehn Prozent schon ganz außerordentlich stark ist. Die Wirkung des Klimas scheint beim ersten Anblick ganz unabhängig von dem Kampf um die Existenz zu sein; wenn aber das Klima hauptsächlich die Nahrung vermindert, veranlasst es den heftigsten Kampf zwischen den Einzelwesen, sei es nur einer oder sei es verschiedener Arten, welche von derselben Nahrung leben. Selbst wenn ein z. B. äußerst kaltes Klima unmittelbar wirkt, sind es die minderst kräftigen oder diejenigen Individuen, die beim vorrückenden Winter am wenigsten Futter bekommen haben, welche am meisten leiden. Wenn wir von Süden nach Norden oder aus einer feuchten in eine trockene Gegend wandern, werden wir stets einige Arten immer seltener und seltener werden und zuletzt gänzlich verschwinden sehen; und da der Wechsel des Klimas zu Tage liegt,

so werden wir am ehesten versucht sein, den ganzen Erfolg seiner direkten Einwirkung zuzuschreiben. Und doch ist dies eine falsche Ansicht; wir vergessen dabei, dass jede Art selbst da, wo sie am häufigsten ist, in irgendeiner Zeit ihres Lebens durch Feinde oder durch Mitbewerber um ihre Nahrung oder ihre Wohnstelle ungeheure Zerstörung erfährt; und wenn diese Feinde oder Mitbewerber nur im Mindesten durch irgendeinen Wechsel des Klimas begünstigt werden, so wachsen sie an Zahl, und da jede Fläche bereits vollständig mit Bewohnern besetzt ist, so muss die andere Art zurückweichen. Wenn wir auf dem Wege nach Süden eine Art in Abnahme begriffen sehen, so fühlen wir gewiss, dass die Ursache mehr in anderen begünstigten Arten liegt, als in dieser einen benachteiligten. Ebenso, wenn wir nordwärts gehen, obgleich in einem etwas geringeren Grad, weil die Zahl aller Arten und somit aller Mitbewerber gegen Norden hin abnimmt. Daher kommt es, dass, wenn wir nach Norden oder auf einen Berg hinauf gehen, wir weit öfters verkümmerten Formen begegnen, welche von unmittelbar schädlichen Einflüssen des Klimas herrühren, als wenn wir nach Süden oder bergab gehen. Erreichen wir endlich die arktischen Regionen oder die schneebedeckten Bergspitzen oder vollkommene Wüsten, so findet das Ringen ums Dasein hauptsächlich gegen die Elemente statt. Dass die Wirkung des Klimas vorzugsweise eine indirekte und durch Begünstigung anderer Arten vermittelt ist, ergibt sich klar aus der wunderbar großen Menge solcher Pflanzen in unseren Gärten, welche zwar vollkommen im Stande sind, unser Klima zu ertragen, aber niemals naturalisiert werden können, weil sie weder den Wettkampf mit anderen Pflanzen aushalten noch der Zerstörung durch unsere einheimischen Tiere widerstehen können. Wenn sich eine Art durch sehr günstige Umstände auf einem kleinen Raume zu außerordentlicher Anzahl vermehrt, so sind Seuchen (so ist es wenigstens bei unseren Haustieren gewöhnlich der Fall) oft die Folge davon, und hier haben wir ein vom Ringen ums Dasein unabhängiges Hemmnis. Doch scheint wenigstens ein Teil dieser sogenannten Epidemien von parasitischen Würmern herzurühren, welche durch irgendeine Ursache und vielleicht durch die Leichtigkeit der Verbreitung zwischen gekreuzten Rassen unverhältnismäßig begünstigt worden DE R KAMPF UM S DAS EIN

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Verschiedene Tintenfische und Kraken. sind, und so fände hier gewissermaßen ein Ringen zwischen den Würmern und ihren Nährtieren statt. Andererseits ist in vielen Fällen wieder ein großer Bestand von Individuen derselben Art unumgänglich für ihre Erhaltung nötig. Man kann daher leicht Getreide, Rapssaat usw. in Masse auf unseren Feldern erziehen, weil hier deren Samen in großem Übermaß gegenüber den Vögeln vorhanden sind, welche davon leben; und doch können diese Vögel, wenn sie auch mehr als nötig Futter in der einen Jahreszeit haben, nicht im Verhältnis zur Menge dieses Futters zunehmen, weil die ganze Anzahl im Winter nicht ihr Fortkommen fände. Dagegen weiß jeder, der es versucht hat, Samen aus Weizen oder anderen solchen Pflanzen im Garten zu erziehen, wie mühsam dies ist. Ich habe in solchen Fällen jedes Samenkorn verloren. Diese Anschauungsweise von der Notwendigkeit eines großen Bestandes einer Art für ihre Erhaltung erklärt, wie mir scheint, einige eigentümliche Fälle in der Natur wie z. B., dass sehr seltene Pflanzen zuweilen sehr zahlreich auf einem kleinen Fleck beisammen vorkommen; und dass manche gesellige Pflanzen

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gesellig oder in großer Zahl beisammen selbst auf der äußersten Grenze ihres Verbreitungsbezirkes gefunden werden. In solchen Verhältnissen kann man glauben, eine Pflanzenart vermöge nur da zu bestehen, wo die Lebensbedingungen so günstig sind, dass ihrer viele beisammen leben und so einander vor äußerster Zerstörung bewahren können. Ich möchte hinzufügen, dass die guten Folgen einer häufigen Kreuzung und die schlimmen einer reinen Inzucht wahrscheinlich in einigen dieser Fälle mit in Betracht kommen; doch will ich mich über diesen verwickelten Gegenstand hier nicht weiter verbreiten. Man berichtet viele Beispiele, aus denen sich ergibt, wie zusammengesetzt und wie unerwartet die gegenseitigen Beschränkungen und Beziehungen zwischen organischen Wesen sind, die in einerlei Gegend miteinander zu ringen haben. Ich will nur ein solches Beispiel anführen, das, wenn auch einfach, mich angesprochen hat. In Staffordshire auf einem Gut, über dessen Verhältnisse nachzuforschen ich in günstiger Lage war, befand sich eine große äußerst unfruchtbare Heide, die nie von eines Menschen Hand berührt

worden war. Doch waren einige hundert Acker derselben von genau gleicher Beschaffenheit mit dem Übrigen fünfundzwanzig Jahre zuvor eingezäunt und mit der schottischen Kiefer bepflanzt worden. Die Veränderung in der ursprünglichen Vegetation des bepflanzten Teiles war äußerst merkwürdig, mehr als man gewöhnlich wahrnimmt, wenn man auf einen ganz verschiedenen Boden übergeht. Nicht allein erschienen die Zahlenverhältnisse zwischen den Heidepflanzen gänzlich verändert, sondern es blühten auch in der Pflanzung noch zwölf solche Arten, Ried und andere Gräser ungerechnet, von welchen auf der Heide nichts zu finden war. Die Wirkung auf die Kerbtiere muss noch viel größer gewesen sein, da in der Pflanzung sechs Spezies insektenfressender Vögel sehr gemein waren, von welchen in der Heide nichts zu sehen gewesen, welche dagegen von zwei bis drei anderen Arten derselben besucht wurde. Wir bemerken hier, wie mächtig die Folgen der Einführung einer einzelnen Baumart gewesen, indem durchaus nichts sonst geschehen war, außer der Abhaltung des Wildes durch die Einfriedigung. Was für ein wichtiges Element aber die Einfriedigung sei, habe ich deutlich zu Farnham in Surrey erkannt. Hier waren ausgedehnte Heiden mit ein paar Gruppen alter Schottischer Kiefern auf den Rücken der entfernteren Hügel; in den letzten zehn Jahren waren ansehnliche Strecken eingefriedigt worden, und innerhalb dieser Einfriedigungen schoss infolge von Selbstbesamung eine Menge junger Kiefern auf, so dicht beisammen, dass nicht alle fortleben können. Nachdem ich erfahren, dass diese jungen Stämmchen nicht absichtlich gesät oder gepflanzt worden waren, war ich umso mehr erstaunt über deren Anzahl, als ich mich sofort nach mehreren Seiten wandte um Hunderte von Ackern der nicht eingefriedigten Heide zu untersuchen, wo ich jedoch außer den gepflanzten alten Gruppen buchstäblich genommen auch nicht eine Kiefer zu finden vermochte. Da ich mich jedoch genauer zwischen den Stämmen der freien Heide umsah, fand ich eine Menge Sämlinge und kleiner Bäumchen, welche aber fortwährend von den Rinderherden abgeweidet worden waren. Auf einem eine Elle im Quadrat messenden Fleck mehrere hundert Schritte von den alten Baumgruppen entfernt zählte ich 32 solcher abgeweideten Bäumchen, wovon eines, nach der Zahl seiner Jahresringe zu schließen, 26 Jahre lang gehindert worden war, sich über

die Heidepflanzen zu erheben, und dann zugrunde gegangen ist. Kein Wunder also, dass, sobald das Land eingefriedigt worden war, es dicht von kräftigen jungen Kiefern überzogen wurde. Und doch war die Heide so äußerst unfruchtbar und so ausgedehnt, dass niemand geglaubt hätte, dass das Rindvieh hier so dicht und so erfolgreich nach Futter gesucht habe. Wir sehen hier das Vorkommen der Schottischen Kiefer in Abhängigkeit vom Rind; in anderen Weltgegenden ist es von gewissen Insekten abhängig. Vielleicht bietet Paraguay das merkwürdigste Beispiel dar; denn hier sind niemals Rinder, Pferde oder Hunde verwildert, obwohl sie im Süden und Norden davon in verwildertem Zustand umherschwärmen. Azara und Rengger haben gezeigt, dass die Ursache dieser Erscheinung in Paraguay in dem häufigeren Vorkommen einer gewissen Fliege zu finden ist, welche ihre Eier in den Nabel der neugeborenen Jungen dieser Tierarten legt. Die Vermehrung dieser Fliege muss gewöhnlich durch irgendein Gegengewicht und vermutlich durch Vögel gehindert werden. Wenn daher gewisse insektenfressende Vögel, deren Zahl wieder durch Raubvögel und Fleischfresser geregelt werden mag, in Paraguay zunähme, so würden sich die Fliegen vermindern und Rind und Pferd verwildern, was dann wieder (wie ich in einigen Teilen Südamerikas wirklich beobachtet habe) eine bedeutende Veränderung in der Pflanzenwelt veranlassen würde. Dies müsste nun in hohem Grade auf die Insekten und hierdurch, wie wir in Staffordshire gesehen haben, auf die insektenfressenden Vögel wirken, und so fort in immer weiteren und verwickelteren Kreisen. Wir haben diese Belege mit insektenfressenden Vögeln begonnen und endigen damit. Doch sind in der Natur die Verhältnisse nicht immer so einfach wie hier. Kampf um Kampf mit veränderlichem Erfolg muss immer wiederkehren; aber in die Länge halten die Kräfte einander so genau das Gleichgewicht, dass die Natur auf weite Perioden hinaus immer ein gleiches Aussehen behält, obwohl gewiss oft die unbedeutendste Kleinigkeit genügen würde, einem organischen Wesen den Sieg über das andere zu verleihen. Demungeachtet ist unsere Unwissenheit so groß, dass wir uns verwundern, wenn wir von dem Erlöschen eines organischen Wesens vernehmen; und da wir die Ursache nicht sehen, so rufen wir Umwälzungen zu Hilfe, um die Welt zu verwüsten, oder erfinden Gesetze über die Dauer der Lebensformen. DE R KAMPF UM S DAS EIN

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Modell der HMS Beagle. Ich bin versucht, durch ein weiteres Beispiel nachzuweisen, wie solche Pflanzen und Tiere, welche auf der Stufenleiter der Natur am weitesten voneinander entfernt stehen, durch ein Gewebe von verwickelten Beziehungen miteinander verkettet werden. Ich werde nachher Gelegenheit haben zu zeigen, dass die ausländische Lobelia fulgens in diesem Teil von England niemals von Insekten besucht wird und daher nach ihrem eigentümlichen Blütenbau nie eine Frucht ansetzen kann. Viele unserer Orchideenpflanzen müssen unbedingt von Motten besucht werden, um ihre Pollenmassen wegzunehmen und sie zu befruchten. Auch habe ich Ursache zu glauben, dass Hummeln zur Befruchtung der Jelängerjelieber (Viola tricolor) nötig sind, indem andere Insekten sich nie auf dieser Blume einfinden. Durch angestellte Versuche habe ich gefunden, dass der Besuch der Bienen zur Befruchtung von mehreren unserer Kleearten notwendig ist. So lieferten mir hundert Stöcke weißen Klees (Trifolium repens) 2290 Samen, während 20 andere Pflanzen dieser Art, welche den Bienen unzugänglich gemacht waren, nicht einen Samen zur Entwicklung brachten. Und

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ebenso ergaben hundert Stöcke roten Klees (Trifolium pratense) 2700 Samen und die gleiche Anzahl gegen Bienen geschützter Stöcke nicht einen! Hummeln besuchen allein diesen roten Klee, indem andere Bienenarten den Nektar dieser Blume nicht erreichen können. Daher zweifle ich wenig daran, dass, wenn die ganze Sippe der Hummeln in England sehr selten oder ganz vertilgt würde, auch Jelängerjelieber und roter Klee selten werden oder ganz verschwinden müssten. Die Zahl der Hummeln steht großenteils in einem entgegengesetzten Verhältnis zu der der Feldmäuse in derselben Gegend, welche deren Nester und Waben aufsuchen. Herr H. Newman, welcher die Lebensweise der Hummeln lange beobachtet hat, glaubt, dass über zwei Drittel derselben durch ganz England zerstört werden. Nun findet aber, wie jedermann weiß, die Zahl der Mäuse ein großes Gegengewicht in der der Katzen, sodass Newman sagt, in der Nähe von Dörfern und Flecken habe er die Zahl der Hummelnester am größten gefunden, was er der reichlicheren Zerstörung der Mäuse durch die Katzen zuschreibt. Daher ist es denn wohl glaublich, dass die reichliche Anwesenheit

eines katzenartigen Tiers in irgendeinem Bezirk durch Vermittlung von Mäusen und Bienen auf die Menge gewisser Pflanzen daselbst von Einfluss sein kann! Bei jeder Spezies kommen wahrscheinlich verschiedene Arten Gegengewicht in Betracht, solche, die in verschiedenen Perioden des Lebens, und solche, die während verschiedener Jahreszeiten wirken. Eines oder einige derselben mögen mächtiger als die anderen sein; aber alle zusammen bedingen die Durchschnittszahl der Individuen oder selbst die Existenz der Art. In manchen Fällen lässt sich nachweisen, dass sehr verschiedene Gegengewichte in verschiedenen Gegenden auf eine Spezies einwirken. Wenn wir Büsche und Pflanzen betrachten, welche einen zerfallenen Wall überziehen, so sind wir geneigt, ihre Arten und deren Zahlenverhältnisse dem Zufall zuzuschreiben. Doch wie falsch ist diese Ansicht! Jedermann hat gehört, dass, wenn in Amerika ein Wald niedergehauen wird, eine ganz verschiedene Pflanzenwelt zum Vorschein kommt, und doch ist beobachtet worden, dass die Bäume, welche jetzt auf den alten Indianerwällen im Süden der Vereinigten Staaten wachsen, deren früherer Baumbestand abgetrieben worden war, jetzt wieder eben dieselbe bunte Mannigfaltigkeit und dasselbe Artenverhältnis wie die umgebenden jungfräulichen Haine darbieten. Welch ein Wettringen muss hier jahrhundertelang zwischen den verschiedenen Baumarten stattgefunden haben, deren jede ihre Samen jährlich zu Tausenden abwirft! Was für ein Kampf zwischen Insekten und Insekten und anderem Gewürm mit Vögeln und Raubtieren, welche alle sich zu vermehren strebten, alle sich voneinander oder von den Bäumen und ihren Samen und Sämlingen, oder von jenen anderen Pflanzen nährten, welche anfänglich den Grund überzogen und hierdurch das Aufkommen der Bäume gehindert hatten. Wirft man eine Handvoll Federn in die Lüfte, so müssen alle nach bestimmten Gesetzen zu Boden fallen; aber wie einfach ist dieses Problem im Vergleich zu der Wirkung und Rückwirkung der zahllosen Pflanzen und Tiere, die im Laufe von Jahrhunderten Arten und Zahlenverhältnis der Bäume bestimmt haben, welche jetzt auf den alten indianischen Ruinen wachsen! Abhängigkeit eines organischen Wesens von einem anderen, wie die des Parasiten von seinem Ernährer, findet in der Regel zwischen solchen Wesen statt, welche auf der Stufenleiter der Natur weit auseinander

sind. Dies ist oft bei solchen der Fall, von denen man ganz richtig sagen kann, sie kämpfen miteinander auch um ihr Dasein, wie grasfressende Säugetiere und Heuschrecken. Aber der meistens ununterbrochen fortdauernde Kampf wird der heftigste sein, der zwischen den Einzelwesen einer Art stattfindet, welche dieselben Bezirke bewohnen, dasselbe Futter verlangen und denselben Gefahren ausgesetzt sind. Bei Varietäten der nämlichen Art wird der Kampf meistens ebenso heftig sein, und zuweilen sehen wir den Streit schon in kurzer Zeit entschieden. So werden z. B., wenn wir verschiedene Weizenvarietäten durcheinander säen und ihren gemischten Samenertrag wieder säen, einige Varietäten, welche dem Klima und Boden am besten entsprechen oder von Natur die fruchtbarsten sind, die anderen überbieten und, indem sie mehr Samen liefern, schon nach wenigen Jahren gänzlich ersetzen. Um einen gemischten Stock von so äußerst nahe verwandten Varietäten aufzubringen, wie die verschiedenfarbigen Zuckererbsen sind, muss man sie jedes Jahr gesondert ernten und dann die Samen im erforderlichen Verhältnis jedes Mal aufs Neue mengen, wenn nicht die schwächeren Sorten von Jahr zu Jahr abnehmen und endlich ganz ausgehen sollen. So verhält es sich auch mit den Schafrassen. Man hat versichert, dass gewisse Gebirgsvarietäten derselben unter anderen Gebirgsvarietäten aussterben, sodass sie nicht durcheinander gehalten werden können. Zu demselben Ergebnis ist man gelangt, als man versuchte, verschiedene Abänderungen des medizinischen Blutegels durcheinander zu halten. Und ebenso ist zu bezweifeln, dass die Varietäten von irgendeiner unserer Kulturpflanzen oder Haustierarten so genau dieselbe Stärke, Gewohnheiten und Konstitution besitzen, dass sich die ursprünglichen Zahlenverhältnisse eines gemischten Bestandes derselben auch nur ein halbes Dutzend Generationen hindurch zu erhalten vermöchten, wenn sie wie die organischen Wesen im Naturzustand miteinander zu ringen veranlasst wären und der Samen oder die Jungen nicht alljährlich sortiert würden. Da die Arten einer Sippe gewöhnlich, doch keineswegs immer, einige Ähnlichkeit miteinander in Gewohnheiten und Konstitution und immer in der Struktur besitzen, so wird der Kampf zwischen Arten einer Sippe, welche in Mitbewerbung miteiDE R KAMPF UM S DAS EIN

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Gaucho jagt Nandus mit Hilfe von bolas.

Darwin sah in Argentinien zwei Nandu-Arten, die kleinere wurde später nach ihm benannt – Rhea darwinii.

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nander geraten, gewöhnlich ein härterer sein als zwischen Arten verschiedener Sippen. Wir sehen dies an der neuerlichen Ausbreitung einer Schwalbenart über einen Teil der Vereinigten Staaten, wo sie die Abnahme einer anderen Art veranlasst hat. Die Vermehrung der Misteldrossel in einigen Teilen von Schottland hat daselbst die Abnahme der Singdrossel zur Folge gehabt. Wie oft hören wir, dass eine Rattenart den Platz einer anderen eingenommen hat, in den verschiedensten Klimaten. In Russland hat die kleine asiatische Schabe (Blatta) ihren größeren Sippengenossen überall vor sich hergetrieben. Eine Art Ackersenf ist im Begriff, eine andere zu ersetzen, usw. Wir vermögen undeutlich zu erkennen, warum die Mitbewerbung zwischen den verwandtesten Formen am heftigsten ist, welche nahezu denselben Platz im Haushalt der Natur ausfüllen; aber wahrscheinlich

Der größere Nandu ähnelt einem Strauß.

werden wir in keinem einzigen Falle genauer anzugeben im Stande sein, wie es zugegangen ist, dass in dem großen Wettringen um das Dasein die eine den Sieg über die andere davongetragen hat. Aus den vorangehenden Bemerkungen lässt sich als Folgesatz von größter Wichtigkeit ableiten, dass die Struktur eines jeden organischen Wesens auf die innigste, aber oft verborgene Weise mit der aller anderen organischen Wesen zusammenhängt, mit welchen es in Mitbewerbung um Nahrung oder Wohnung in Beziehung steht, welche es zu vermeiden hat, und

A



Aus „Die Fahrt der Beagle“

ls ich am Rio Negro in Nordpatagonien war, hörte ich die Gauchos wiederholt von einem sehr seltenen Vogel erzählen, den sie Avestruz petise nannten. Sie beschrieben ihn als seltener als den gemeinen Strauß (welcher dort sehr verbreitet ist), doch mit einer sehr großen allgemeinen Ähnlichkeit. Sie sagten, er sei dunkel gefärbt und gesprenkelt und dass seine Beine kürzer seien und das Gefieder tiefer reiche als beim gemeinen Straußen. Er lasse sich mit den bolas leichter einfangen als die andere Art. Die wenigen Einwohner, die beide Arten gesehen hatten, bestätigten, sie aus großer Entfernung unterscheiden zu können. Die Eier der kleinen Art schienen jedoch bekannter, und mit Überraschung wurde angemerkt, dass sie nur sehr wenig kleiner als jene des Rhea seien, aber von etwas anderer Form und hellblau getönt. Diese Art ist auf den Ebenen, die an den Rio Negro grenzen, äußerst selten; eineinhalb Grad weiter südlich jedoch sind sie einigermaßen verbreitet. Als Mr. Martens in Port Desire in Patagonien war (48° S), schoss er einen Straußen; ich betrachtete ihn und vergaß in dem Augenblick auf eine höchst unerklärliche Weise das ganze Thema der Petises und dachte, es sei kein ausgewachsener Vogel von der gewöhnlichen Sorte. Noch bevor meine Erinnerung zurückkehrte, war er gebraten und verzehrt. Glücklicherweise waren Kopf, Hals, Flügel und viele der größeren Federn sowie ein Großteil der Haut aufbewahrt worden; daraus wurde ein nahezu vollkommenes Exemplar zusammengesetzt, das nun im Museum der Zoologischen Gesellschaft ausgestellt ist. Mr. Gould hat mir bei der Beschreibung dieser neuen Art die Ehre erwiesen, sie nach meinem Namen zu benennen. DE R KAMPF UM S DAS EIN

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von welchen es lebt. – Dies erhellt ebenso deutlich im Bau der Zähne und der Klauen des Tigers wie in der Bildung der Beine und Krallen des Parasiten, welcher an des Tigers Haaren hängt. Zwar an dem zierlich gefiederten Samen des Löwenzahns wie an den abgeplatteten und gewimperten Beinen des Wasserkäfers scheint anfänglich die Beziehung nur auf das Luft- und Wasserelement beschränkt. Aber der Vorteil des fiedergrannigen Löwenzahnsamens steht ohne Zweifel in der engsten Beziehung zu dem durch andere Pflanzen bereits dicht besetzten Lande, sodass er in der Luft erst weit umhertreiben muss, um auf einen noch freien Boden fallen zu können. Den Wasserkäfer dagegen befähigt die Bildung seiner Beine vortrefflich zum Untertauchen, wodurch er in den Stand gesetzt wird, mit anderen Wasserinsekten in Mitbewerbung zu treten, indem er nach seiner eigenen Beute jagt, und anderen Tieren zu entgehen, welche ihn zu ihrer Ernährung verfolgen. Der Vorrat von Nahrungsstoff, welcher in den Samen vieler Pflanzen niedergelegt ist, scheint anfänglich keine Art von Beziehung zu anderen Pflanzen zu haben. Aber aus dem lebhaften Wachstum der jungen Pflanzen, welche aus solchen Samen (wie Erbsen, Bohnen usw.) hervorgehen, wenn sie mitten in hohes Gras ausgestreut worden sind, vermute ich, dass jener Nahrungsvorrat hauptsächlich dazu bestimmt ist, das Wachstum des jungen Sämlings zu beschleunigen, welcher mit anderen Pflanzen von kräftigem Gedeihen rund um ihn her zu kämpfen hat. Warum verdoppelt oder vervierfacht eine Pflanze in der Mitte ihres Verbreitungsbezirkes nicht ihre Zahl? Wir wissen, dass sie recht gut etwas mehr oder weniger Hitze und Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit aushalten kann; denn anderwärts verbreitet sie sich in etwas wärmere oder kältere, feuchtere oder trockenere Bezirke. Wir sehen wohl ein, dass, wenn wir in Gedanken wünschten, der Pflanze das Vermögen noch weiterer Zunahme zu verleihen, wir ihr irgendeinen Vorteil über die anderen mit ihr werbenden Pflanzen oder über die sich von ihr nährenden Tiere gewähren müssten. An den Grenzen ihrer geographischen Verbreitung würde eine Veränderung ihrer Konstitution in Bezug auf das Klima offenbar von wesentlichem Vorteil für unsere Pflanze sein. Wir haben jedoch Grund zu glauben, dass nur wenige

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Pflanzen- oder Tierarten sich so weit verbreiten, dass sie durch die Strenge des Klimas allein zerstört werden. Nur wo wir die äußersten Grenzen des Lebens überhaupt erreichen, in den arktischen Regionen oder am Rande der dürrsten Wüste, da hört auch die Mitbewerbung auf. Mag das Land noch so kalt oder trocken sein, immer werden sich noch einige Arten oder noch die Individuen derselben Art um das wärmste oder feuchteste Fleckchen streiten. Daher sehen wir auch, dass, wenn eine Pflanzenoder eine Tierart in eine neue Gegend zwischen neue Mitbewohner versetzt wird, die äußeren Lebensbedingungen meistens wesentlich andere sind, wenn auch das Klima genau dasselbe wie in der alten Heimat bliebe. Wünschten wir das durchschnittliche Zahlenverhältnis dieser Art in ihrer neuen Heimat zu steigern, so müssten wir ihre Natur in einer anderen Weise modifizieren, als es hätte in ihrer alten Heimat geschehen müssen; denn sie bedarf eines Vorteils über eine andere Reihe von Mitbewerbern oder Feinden, als sie dort gehabt hat. Versuchten wir in unsrer Einbildungskraft, dieser oder jener Form einen Vorteil über eine andere zu verleihen, so wüssten wir wahrscheinlich in keinem einzigen Falle, was zu tun ist, um zu diesem Ziel zu gelangen. Wir würden die Überzeugung von unserer Unwissenheit über die Wechselbeziehungen zwischen allen organischen Wesen gewinnen: eine Überzeugung, welche ebenso notwendig ist, als sie schwer zu erlangen scheint. Alles, was wir tun können, ist: stets im Sinne zu behalten, dass jedes organische Wesen nach Zunahme in einem geometrischen Verhältnis strebt; dass jedes zu irgendeiner Zeit seines Lebens oder zu einer gewissen Jahreszeit, während seiner Fortpflanzung oder nach unregelmäßigen Zwischenräumen große Zerstörung zu erleiden hat. Wenn wir über diesen Kampf ums Dasein nachdenken, so mögen wir uns selbst trösten mit dem vollen Glauben, dass der Krieg der Natur nicht ununterbrochen ist, dass keine Furcht gefühlt wird, dass der Tod im Allgemeinen schnell ist und dass es der Kräftigere, der Gesundere und Geschicktere ist, welcher überlebt und sich vermehrt.

Rechts: Der Kasuar, ein flugunfähiger Vogel (mit dem Strauß verwandt) ist in Australien und Neuguinea zu finden. Warum schuf Gott Vögel mit fluguntauglichen Flügeln?

Vi e r t e s K a p i t e l



Natürliche Züchtung

Natürliche Auswahl zur Nachzucht; ihre Gewalt im Vergleich zu der des Menschen; ihre Gewalt über Eigenschaften von geringer Wichtigkeit; ihre Gewalt in jedem Alter und über beide Geschlechter – Sexuelle Zuchtwahl – Über die Allgemeinheit der Kreuzung zwischen Individuen der nämlichen Art – Umstände günstig oder ungünstig für die natürliche Züchtung, insbesondere Kreuzung, Isolation und Individuenzahl – Langsame Wirkung – Erlöschung durch natürliche Züchtung verursacht – Divergenz des Charakters, in Bezug auf die Verschiedenheit der Bewohner einer kleinen Fläche und auf Naturalisation – Wirkung der natürlichen Züchtung auf die Abkömmlinge gemeinsamer Eltern durch Divergenz des Charakters und durch Unterdrückung – Erklärt die Gruppierung aller organischen Wesen.

W

ie mag wohl der Kampf um das Dasein, welcher im letzten Kapitel allzu kurz abgehandelt wurde, in

Bezug auf Variation wirken? Kann das Prinzip der Auswahl für die Nachzucht, welche in des Menschen Hand so viel leistet, in der Natur angewendet werden? Ich glaube, wir werden sehen, dass ihre Tätigkeit eine äußerst wirksame ist. Erwägen wir in Gedanken, mit welch endloser Anzahl neuer Eigentümlichkeiten die Erzeugnisse unserer Züchtung und, in minderem Grade, die der Natur variieren und wie stark die Neigung zur Vererbung ist. Durch Zähmung und Kultivierung, kann man wohl sagen, wird die ganze Organisation in gewissem Grad bildsam. Erwägen wir ferner, wie unendlich verwickelt und wie genau anschließend die gegenseitigen Beziehungen aller organischen Wesen zueinander und zu den natürlichen Lebensbedingungen sind. Kann man es denn bei Erwägung, wie viele für den Menschen nützliche Abänderungen unzweifelhaft vorkommen, für unwahrscheinlich halten, dass auch andere mehr und weniger einem jeden Wesen selbst in dem großen und zusammengesetzten Kampf ums Leben dienliche Abänderungen im Laufe von Tausenden von Generationen zuweilen vorkommen werden? Wenn solche aber vorkommen, bleibt dann noch zu bezweifeln, dass (da offenbar viel mehr Individuen geboren werden als möglicherweise fortleben können) diejenigen Einzelwesen, welche irgendeinen,

Rechts: Christ’s College in Cambridge, das Darwin besuchte, nachdem er Edinburgh verlassen hatte. An dem College studierte man damals anglikanische Theologie; vielleicht würde aus ihm wenigstens ein Landpfarrer?



Aus der Autobiographie von Charles Darwin

Da es nun entschieden war, dass ich ein Geistlicher werden sollte, musste ich eine englische Universität besuchen

und einen akademischen Grad erwerben; nun hatte ich aber seit dem Ende meiner Schulzeit kein humanistisches Buch mehr in die Hand genommen und merkte mit Schrecken, dass ich in den zwei Jahren, die seitdem vergangen waren, wirklich fast alles wieder vergessen hatte, sogar viele griechische Buchstaben nicht mehr erkannte, so unglaublich das auch klingen mag. Deshalb fing ich nicht im Oktober, zum üblichen Studienbeginn, in Cambridge an, sondern arbeitete mit einem Privatlehrer in Shrewsbury und ging erst nach den Weihnachtsferien Anfang 1828 dorthin. Den Kenntnisstand meiner Schulzeit hatte ich bald wieder erreicht und konnte leichte griechische Bücher, Homer und das Neue Testament zum Beispiel, mit bescheidener Fertigkeit übersetzen. In akademischer Hinsicht waren meine drei Studienjahre in Cambridge vergeudete Zeit, ganz wie die Jahre in Edinburgh und die Schulzeit. Ich versuchte mich auch in Mathematik, ging sogar im Sommer 1828 mit einem Privatlehrer (er war todlangweilig) nach Barmouth, kam aber nur sehr langsam voran. Die Arbeit widerstrebte mir, vor allem deshalb, weil mir die Bedeutung der ersten Schritte in der Algebra nicht aufging. Meine Ungeduld war sehr töricht, und in späteren Jahren habe ich es tief bedauert, dass ich nicht weit genug gekommen war, um wenigstens etwas von den wichtigsten Grundlagen der Mathematik zu verstehen; denn Menschen, die dafür begabt sind, scheinen noch einen zusätzlichen Sinn zu besitzen. Doch glaube ich nicht, dass ich je über eine sehr niedrige Stufe hinausgekommen wäre. Was die humanistischen Studien anbelangt, schrieb ich mich nur für ein paar Pflichtvorlesungen ein, und dabei blieb es beinahe auch. Im zweiten Studienjahr musste ich einen oder zwei Monate lang arbeiten, um das Vorexamen (Little Go) zu bestehen, das fiel mir leicht. Im letzten Jahr bereitete ich mich dann mit Ernst und Eifer auf mein Schlussexamen für den Grad des Baccalaureus (B. A.) vor, frischte meine klassischen Sprachen auf, auch etwas Algebra und Euklid, der mir wieder viel Freude machte, wie schon in meiner Schulzeit. Um das BA-Examen zu bestehen, musste man auch Paleys ›Evidences of Christianity‹ und seine ›Moral Philosophy‹ kennen. Hier leistete ich gründliche Arbeit, und ich bin überzeugt, dass ich die ›Evidences‹ vollkommen korrekt und lückenlos hätte schriftlich wiedergeben können, wenn auch nicht in der klaren Sprache Paleys. Die Logik dieses Buches, und, wie ich hinzufügen möchte, auch die seiner ›Natürlichen Theologie‹, begeisterte mich genauso wie der Euklid. Das sorgfältige Studium dieser Werke, und zwar ohne den Versuch, etwas davon auswendig zu lernen, war der einzige Teil meines akademischen Studiums, der, wie ich damals fühlte und auch heute noch glaube, für die Erziehung meines Geistes vom geringsten Nutzen war. Ich beunruhigte mich damals nicht mit Paleys Voraussetzungen; und weil ich diese unbesehen hinnahm, war ich von der umständlichen Beweisführung entzückt und überzeugt. Da ich die Examensfragen aus Paley gut beantworten konnte, in Euklid gut bestand und in den klassischen Fächern nicht völlig versagte, errang ich mir einen guten Platz unter den »hoi polloi« oder der Masse der Studenten, die kein Examen mit Auszeichnung anstreben. Seltsamerweise kann ich mich nicht mehr erinnern, welchen Platz ich in der Rangliste einnahm; mein Gedächtnis schwankt zwischen der Annahme, dass mein Name der fünfte, zehnte oder zwölfte in der Liste war. An der Universität wurden zu Themen aus allen möglichen Bereichen öffentliche Vorlesungen gehalten, deren Besuch uns ganz frei stand; ich war aber von den Vorlesungen in Edinburgh noch so angewidert, dass ich nicht einmal zu Sedgwicks wortgewandten und interessanten Vorträgen ging. Hätte ich es getan, wäre ich wahrscheinlich früher Geologe geworden, als es tatsächlich der Fall war. Doch ich besuchte Henslows Vorlesungen über Botanik und schätzte sie sehr wegen ihrer außerordentlichen Klarheit und der wundervollen Illustrationen; aber Botanik studierte ich nicht. Henslow nahm seine Schüler, auch einige ältere Mitglieder der Universität, zu Fuß oder in

Kutschen mit auf Exkursionen an ferner gelegenen Orten oder auch in einem großen Boot flussabwärts und gab dann Vorlesungen über die seltenen Pflanzen und Tiere, die zur Beobachtung kamen. Diese Exkursionen waren wunderbar. Obwohl es, wie wir gleich sehen werden, einige entschädigende Momente in meinem Leben in Cambridge gab, so war meine Zeit dort doch auf traurige Weise vergeudet, und sogar schlimmer als vergeudet. Aufgrund meiner Leidenschaft für das Schießen und Jagen und, wenn das nicht ging für das Reiten über Land geriet ich in eine unternehmungslustige Gesellschaft, unter der sich einige liederliche, niedrig gesinnte junge Leute befanden. Wir speisten oft am Abend zusammen, wobei an diesen Mahlzeiten häufig auch Männer eines höheren Schlags teilnahmen, und manchmal tranken wir zu viel, sangen heitere Lieder und spielten danach Karten. Ich weiß wohl, dass ich mich schämen sollte, die Tage und Abende so unnütz verbracht zu haben; da aber einige meiner Freunde sehr angenehm und wir alle in Hochstimmung waren, kann ich nicht anders, als mit großem Vergnügen auf diese Zeiten zurückzublicken.

Eine Seite aus dem Sitzungsprotokoll der Edinburgh Plinian Society vom 27. März 1827.

Darwins Zimmer in Cambridge. wenn auch geringen Vorteil vor anderen voraus besitzen, die meiste Wahrscheinlichkeit haben, die anderen zu überdauern und wieder ihresgleichen hervorzubringen? Andererseits werden wir gewiss fühlen, dass eine im geringsten Grade nachteilige Abänderung in gleichem Verhältnisse mehr der Vertilgung ausgesetzt ist. Diese Erhaltung vorteilhafter und Zurücksetzung nachteiliger Abänderungen ist es, was ich »natürliche Auswahl oder Züchtung« nenne. Abänderungen, welche weder vorteilhaft noch nachtheilig sind, werden von der natürlichen Auswahl nicht berührt und bleiben ein schwankendes Element, wie wir es vielleicht in den sogenannten polymorphen Arten sehen. Wir werden den wahrscheinlichen Verlauf der natürlichen Zuchtwahl am besten verstehen, wenn wir den Fall annehmen, eine Gegend erfahre irgendeine physikalische Veränderung z. B. im Klima. Das Zahlenverhältnis seiner Bewohner wird dann unmittelbar ein anderes werden, und ein oder die andere Art wird gänzlich erlöschen. Wir dürfen ferner aus dem innigen Abhängigkeitsverhältnis der Bewohner einer Gegend voneinander schließen, dass, außer dem Klimawechsel an sich, die Änderung im Zahlenverhältnis eines Teiles ihrer Bewohner auch sehr wesentlich auf die anderen wirkt. Hat diese Gegend offene Grenzen, so werden gewiss neue Formen einwandern und das Verhältnis

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eines Teiles der alten Bewohner zueinander ernstlich stören; denn erinnern wir uns, wie folgenreich die Einführung einer einzigen Baum- oder Säugetierart in den früher mitgeteilten Beispielen gewesen ist. Handelte es sich dagegen um eine Insel oder um ein so umschränktes Land, dass neue und besser angepasste Formen nicht eindringen können, so werden sich Lücken im Hausstand der Natur ergeben, welche sicherlich besser dadurch ausgefüllt werden, dass einige der ursprünglichen Bewohner eine angemessene Abänderung erfahren; denn wäre das Land der Einwanderung geöffnet gewesen, so würden sich wohl Eindringlinge dieser Stellen bemächtigt haben. In diesem Fall würde daher jede geringe Abänderung, die sich im Lauf der Zeit entwickelt hat und irgendwie die Individuen einer oder der anderen Spezies durch bessere Anpassung an die geänderten Lebensbedingungen begünstigt, ihre Erhaltung zu gewärtigen haben und die natürliche Auswahl wird freien Spielraum für ihr Verbesserungswerk finden. Wie in dem ersten Kapitel gezeigt wurde, ist Grund zur Annahme vorhanden, dass eine solche Änderung in den Lebensbedingungen, welche insbesondere auf das Reproduktivsystem wirkt, Variabilität verursacht oder sie erhöht. In dem vorangehenden Fall ist eine Änderung der Lebensbedingungen unterstellt worden, und diese wird gewiss für die natürliche Züchtung insofern günstig gewesen sein, als mit ihr die Aussicht auf das Vorkommen nützlicher Abänderungen verbunden war; kommen nützliche Abänderungen nicht vor, so kann die Natur keine Auswahl zur Züchtung treffen. Nicht als ob dazu ein äußerstes Maß von Veränderlichkeit nötig wäre; denn wenn der Mensch große Erfolge durch Häufung bloß individueller Verschiedenheiten in einer und derselben Rücksicht erzielen kann, so vermag es die Natur in noch weit höherem Grade, da ihr unvergleichlich längere Zeiträume für ihre Pläne zu Gebote stehen. Auch glaube ich nicht, dass eben eine große klimatische oder andere Veränderung oder ein ungewöhnlicher Grad von Abschrankung gegen die Einwanderung nötig ist, um neue und noch unausgefüllte Stellen zu schaffen, damit die natürliche Zuchtwahl sie durch Abänderung und Verbesserung einiger variierender Bewohner der Gegend ausfüllen

Rechts: John Stevens Henslow (1796–1861), in Cambridge Darwins Mentor in Naturgeschichte.



Aus der Autobiographie von Charles Darwin

E

inen Umstand habe ich noch nicht erwähnt, obwohl er meine ganze Laufbahn mehr als alles andere beeinflusst hat. Das war meine Freundschaft mit Professor Henslow. Schon bevor ich nach Cambridge kam, hatte ich durch meinen Bruder von ihm gehört und wusste, dass er ein Mann war, der sich in allen Bereichen der Wissenschaften auskannte, dementsprechend war ich bereit, ihn zu verehren. Einmal jede Woche hatte er offenes Haus, wo sich alle Studenten und einige ältere Mitglieder der Universität, die Beziehungen zu Naturwissenschaften hatten, am Abend zu versammeln pflegten. Ich erhielt sehr bald durch Fox eine Einladung und ging regelmäßig hin. Es dauerte gar nicht lange, da war ich mit Henslow gut bekannt und machte während der letzten Hälfte meiner Zeit in Cambridge fast jeden Tag lange Spaziergänge mit ihm, sodass ich von einigen der Dons »der Mann, der mit Henslow spazieren geht« genannt wurde; abends lud er mich oft zum Essen im Familienkreis ein. Seine Kenntnisse in Botanik, Entomologie, Chemie, Mineralogie und Geologie waren überragend. Seine größte Vorliebe bestand darin, aus lange fortgesetzten minutiösen Beobachtungen Schlüsse zu ziehen. Er hatte ein ausgezeichnetes Urteilsvermögen und sein Denken war sehr ausgewogen; ich glaube aber nicht, dass jemand hätte sagen können, er besäße viel ursprüngliches Genie. Er war tief religiös und so orthodox, dass er mir eines Tages sagte, es würde ihn schmerzen, wenn auch nur ein einziges Wort in den Neununddreißig Artikeln geändert werden würde. Seine moralischen Fähigkeiten waren in jeder Hinsicht bewundernswert. Er war nicht die Spur eitel und völlig frei von anderen kleinlichen Gefühlen; und ich habe niemand sonst gesehen, der so wenig an sich selbst oder seine eigenen Belange dachte. Seine Stimmung war unerschütterlich gut, seine Umgangsformen waren höchst gewinnend und äußerst höflich; und doch konnte er sich, wie ich erlebt habe, durch irgendeine schlechte Tat zu glühendem Zorn und schnellstem Eingreifen hinreißen lassen.

könne. Denn da alle Bewohner einer jeden Gegend mit gegenseitig genau abgewogenen Kräften in beständigem Kampf miteinander liegen, so genügen oft schon äußerst geringe Modifikationen in der Bildung oder Lebensweise eines Bewohners, um ihm einen Vorteil über andere zu geben, und weitere Abänderungen in gleicher Richtung werden sein Übergewicht noch vergrößern. Es lässt sich keine Gegend bezeichnen, in welcher alle natürlichen Bewohner bereits so vollkommen aneinander und an die äußeren Bedingungen des Lebens angepasst wären, dass keine unter ihnen mehr einer Veredelung fähig wäre; denn in allen Gegenden sind die eingeborenen Arten so weit von naturalisierten Erzeugnissen überwunden worden, dass diese Fremdlinge im Stande gewesen sind, festen Besitz vom Land zu nehmen. Und da die Fremdlinge überall einige der Eingeborenen aus dem Felde geschlagen haben, so darf man wohl daraus schließen, dass, wenn diese mit mehr Vorzügen ausgestattet gewesen wären, sie solchen Eindringlingen mehr Widerstand geleistet haben würden. Da nun der Mensch durch methodisch oder unbewusst ausgeführte Wahl zum Zwecke der Nachzucht

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so große Erfolge erzielen kann und gewiss erzielt hat, was muss nicht die Natur leisten können? Der Mensch kann absichtlich nur auf äußerliche und sichtbare Charaktere wirken; die Natur fragt nicht nach dem Aussehen, außer wo es zu irgendeinem Zwecke nützlich sein kann. Sie kann auf jedes innere Organ, auf den geringsten Unterschied in der organischen Tätigkeit, auf die ganze Maschinerie des Lebens wirken. Der Mensch wählt nur zu seinem eigenen Nutzen; die Natur nur zum Nutzen des Wesens, das sie pflegt. Jeder von ihr ausgewählte Charakter wird daher in voller Tätigkeit erhalten und das Wesen in günstige Lebensbedingungen versetzt. Der Mensch dagegen hält die Eingeborenen aus vielerlei Klimaten in derselben Gegend beisammen und entwickelt selten irgendeinen Charakter in einer besonderen und ihm entsprechenden Weise fort. Er füttert eine lang- und eine kurzschnäbelige Taube auf dieselbe Weise; er beschäftigt einen langrückigen oder einen langbeinigen Vierfüßer nicht

Rechts: In Cambridge wurde Darwin zum eifrigen Sammler von Käfern, wenngleich er noch nicht die Frage stellte, woher eine derartige Diversität rührte.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Doch nichts wurde in Cambridge mit annähernd so viel Eifer verfolgt oder bereitete mir so viel Vergnügen

wie das Sammeln von Käfern. Es war nur eine Sammelleidenschaft, denn ich präparierte sie nicht und verglich ihr Aussehen kaum einmal mit Beschreibungen, fand aber irgendwie ihre Namen heraus. Ich will einen Beleg für meinen Eifer anführen: Eines Tages, als ich eine alte Rinde abzog, sah ich zwei seltene Käfer und nahm je einen in die Hände; dann sah ich einen dritten andersartigen, den ich nicht missen wollte, sodass ich den einen aus meiner rechten Hand in den Mund steckte. Aber ach, er sonderte eine starke säurehaltige Flüssigkeit ab, die mir die Zunge verbrannte, sodass ich den Käfer ausspucken musste und er verloren ging, genau wie der dritte. Ich war beim Sammeln sehr erfolgreich und erfand zwei neue Methoden. Ich beschäftigte einen Arbeiter, der im Winter Moos von alten Bäumen abkratzte und es in einen großen Sack legte, und auch den Abfall auf dem Boden der Kähne mit Schilf aus den Fens aufsammelte, und so kam ich zu einigen sehr seltenen Spezies. Kein Dichter freute sich jemals mehr über den Anblick seines ersten veröffentlichten Gedichts als ich, da ich in Stephens ›Illustrations of British Insects‹ die magischen Worte »gefangen von C. Darwin, Esq.« las. Ich wurde von meinem Cousin zweiten Grades W. Darwin Fox in die Entomologie eingeführt, einem klugen und überaus angenehmen Mann, der damals am Christ’s College war und mir dann sehr nahestand. Danach war ich gut bekannt mit Albert Way vom Trinity, der in späteren Jahren ein berühmter Archäologe wurde; auch mit H. Thompson vom selben College, künftig ein führender Landwirt, Vorsitzender einer großen Eisenbahngesellschaft und Mitglied des Parlaments. Wie es scheint, ist die Neigung zum Sammeln von Käfern ein Anzeichen für künftigen Erfolg im Leben! Mich überrascht, wie viele Käfer aus Cambridge mir im Gedächtnis blieben. Ich kann mich genau an bestimmte Pfosten, alte Bäume und Ufer erinnern, wo ich einen guten Fang machte. Der hübsche Panagaeus cruxmajor war damals eine Kostbarkeit, und hier in Down sah ich einen Käfer über einen Weg laufen, und als ich ihn aufhob, erkannte ich instinktiv, dass er sich ein wenig von P. cruxmajor unterschied, und es stellte sich heraus, es war ein P. quadripunctatus, der eine Varietät oder eng verwandte Spezies und nur sehr leicht in seinem Umriss anders ist. Ich hatte noch nie einen Licinus lebend gesehen, der sich für das nicht sachkundige Auge kaum von vielen schwarzen Laufkäfern unterscheidet; doch meine Söhne fanden hier einen, und ich erkannte sofort, dass er mir neu war, obwohl ich mir seit zwanzig Jahren nicht einen britischen Käfer angesehen hatte.

in einer besonderen Art; er setzt das lang- und das kurzwollige Schaf demselben Klima aus. Er veranlasst die kräftigeren Männchen nicht, um ihre Weibchen zu kämpfen. Er zerstört nicht mit Beharrlichkeit alle unvollkommenen Tiere, sondern schützt vielmehr alle diese Erzeugnisse, so viel in seiner Gewalt liegt, in jeder verschiedenen Jahreszeit. Oft beginnt er seine Auswahl mit einer halbmonströsen Form oder mindestens mit einer schon hinreichend vorragenden Abänderung, um sein Auge zu fesseln oder ihm offenbaren Nutzen zu versprechen. In der Natur dagegen kann schon die geringste Abweichung in Bau und organischer Tätigkeit das bisherige genaue Gleichgewicht zwischen den ringenden Formen aufheben und hierdurch ihre Erhaltung bewirken. Wie flüchtig sind die Wünsche und die Anstrengungen

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des Menschen! Wie kurz ist seine Zeit! Wie dürftig sind mithin seine Erzeugnisse denjenigen gegenüber, welche die Natur im Verlaufe ganzer geologischer Perioden anhäuft! Dürfen wir uns daher wundern, wenn die Naturprodukte einen weit »echteren« Charakter als die des Menschen haben, wenn sie den verwickeltsten Lebensbedingungen weit besser angepasst sind und das Gepräge einer weit höheren Meisterschaft an sich tragen? Man kann sagen, die natürliche Züchtung sei täglich und stündlich durch die ganze Welt beschäftigt, eine jede, auch die geringste Abänderung ausfindig zu machen, sie zurückzuwerfen, wenn sie schlecht, und sie zu erhalten und zu verbessern, wenn sie gut ist. Still und unmerkbar ist sie überall und allezeit, wo sich die Gelegenheit darbietet, mit der Vervollkommnung

eines jeden organischen Wesens in Bezug auf dessen organische und unorganische Lebensbedingungen beschäftigt. Wir sehen nichts von diesen langsam fortschreitenden Veränderungen, bis die Hand der Zeit auf eine abgelaufene Weltperiode hindeutet, und dann ist unsere Einsicht in die längst verflossenen Zeiten so unvollkommen, dass wir nur noch das eine wahrnehmen, dass die Lebensformen jetzt ganz andere sind als sie früher gewesen. Obwohl die natürliche Züchtung nur durch und für das Gute eines jeden Wesens wirken kann, so werden doch wohl auch Eigenschaften und Bildungen dadurch berührt, denen wir nur eine untergeordnete Wichtigkeit beilegen möchten. Wenn blätterfressende Insekten grün, rindenfressende graugefleckt, das Alpenschneehuhn im Winter weiß, die schottische Art heidenfarbig und der Birkhahn mit der Farbe der Moorerde erscheint, so haben wir zu vermuten Grund, dass solche Farben den genannten Vögeln und Insekten nützlich sind und sie vor Gefahren schützen. Wald- und Schneehühner würden sich, wenn sie nicht in irgendeiner Zeit ihres Lebens der Zerstörung ausgesetzt wären, in endloser Anzahl vermehren. Man weiß, dass sie sehr von Raubvögeln leiden, welche ihre Beute mit dem Auge entdecken; daher hält man in manchen Gegenden von Europa auch nicht gerne weiße Tauben, weil diese der Entdeckung und Zerstörung am meisten ausgesetzt sind. So finde ich keinen Grund zu zweifeln, dass es hauptsächlich die natürliche Züchtung ist, welche jeder Art von Waldund Schneehühnern die ihr eigentümliche Farbe verleiht und, wenn solche einmal hergestellt ist, dieselbe fortwährend erhält. Auch müssen wir nicht glauben, dass die zufällige Zerstörung eines Tieres von abweichender Färbung nur wenig Wirkung habe, sondern vielmehr uns erinnern, wie wesentlich es ist, aus einer weißen Schafherde jedes Lämmchen zu beseitigen, das die geringste Spur von Schwarz an sich hat. Bei den Pflanzen rechnen die Botaniker den flaumigen Überzug der Früchte und die Farbe ihres Fleisches mit zu den mindest wichtigen Merkmalen; und doch vernehmen wir von einem ausgezeichneten Gartenfreund, Downing, dass in den Vereinigten Staaten nackthäutige Früchte viel mehr durch einen Rüsselkäfer leiden als die flaumigen, und dass die purpurfarbenen Pflaumen von einer gewissen Krankheit viel mehr leiden als die gelben, während eine andere

Krankheit die gelbfleischigen Pfirsiche viel mehr angreift als die andersfarbigen. Wenn bei aller Hilfe der Kunst diese geringen Unterschiede zwischen den Varietäten schon einen großen Unterschied in deren Behandlung erheischen, so werden sich gewiss im Zustand der Natur, wo die Bäume mit anderen Bäumen und mit einer Menge von Feinden zu kämpfen haben, diejenigen Varietäten am sichersten behaupten, deren Früchte, mögen sie nun nackt oder behaart sein, ein gelbes oder ein purpurnes Fleisch haben, am besten gedeihen. Was endlich eine Menge von kleinen Verschiedenheiten zwischen Spezies betrifft, welche, so weit unsere Unkenntnis zu urteilen gestattet, ganz unwe-

Henslows Buch über Botanik von 1835. N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Henslows Mildtätigkeit war unbegrenzt, wie er durch viele hervorragende Einrichtungen für die Armen seiner Gemeinde bewiesen hat, als er in späteren Jahren die Pfarrstelle von Hitcham bekleidete. Meine innige Bekanntschaft mit einem solchen Mann sollte für mich doch von unschätzbarem Wert gewesen sein, und ich denke, das war auch so. Ich kann nicht umhin, einen unbedeutenden Vorfall zu erwähnen, der einen Beweis für seine liebenswürdige Rücksicht liefert. Als ich einmal einige Pollenkörner auf einer feuchten Unterlage untersuchte und sah, dass diese die Pollenschläuche vorstrecken, rannte ich sofort zu Henslow, um ihm meine überraschende Entdeckung mitzuteilen. Nun vermute ich, dass wohl kein anderer Professor der Botanik sein Lachen über die Eile, mit der ich gelaufen kam, um eine solche Mitteilung zu machen, hätte zurückhalten können. Er aber stimmte mir zu, wie interessant die Erscheinung sei, und erklärte mir ihre Bedeutung, gab mir allerdings auch deutlich zu verstehen, wie gut sie bereits bekannt war. Ich verließ ihn daher, ohne im Geringsten blamiert zu sein, sondern sehr erfreut, eine so merkwürdige Sache für mich allein entdeckt zu haben, entschloss mich aber, zukünftige Entdeckungen nicht wieder so übereilig mitzuteilen.

sentlich zu sein scheinen, so dürfen wir nicht vergessen, dass auch Klima, Nahrung usw. wohl einigen unmittelbaren Einfluss haben mögen. Weit nötiger ist es aber, noch im Gedächtnis zu behalten, dass es viele noch unbekannte Wechselbeziehungen des Wachstums gibt, welche, wenn ein Teil der Organisation durch Variation modifiziert und wenn diese Modifikationen durch natürliche Züchtung zum Besten des organischen Wesens gehäuft werden, dann wieder andere Modifikationen oft von der unerwartetsten Art veranlassen. Wie die Abänderungen, welche im Kulturzustand zu irgendeiner Zeit des Lebens hervorgetreten sind, auch beim Nachkömmling in der gleichen Lebensperiode wieder zu erscheinen geneigt sind: In den Samen vieler Küchen- und Ackergewächse, in den Raupen und Kokons der Seidenwurmvarietäten, in den Eiern des

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Hofgeflügels und in der Färbung des Daunenkleides seiner Jungen, in den Hörnern unserer Schafe und Rinder, wenn sie fast ausgewachsen sind, – so ist auch die Züchtung im Naturzustand fähig, in einem besonderen Alter auf die organischen Wesen zu wirken, für diese Lebenszeit nützliche Abänderung zu häufen und sie in einem entsprechenden Alter zu vererben. Wenn es für eine Pflanze von Nutzen ist, ihre Samen immer weiter und weiter mit dem Wind umherzustreuen, so ist für die Natur die Schwierigkeit, dies Vermögen durch Züchtung zu bewirken, nicht größer, als sie für den Baumwollpflanzer ist, durch Züchtung die Baumwolle in den Fruchtkapseln seiner Pflanzen zu vermehren und zu verbessern. Natürliche Züchtung kann die Larve eines Insektes modifizieren und zu zwanzigerlei Bedürfnissen geeignet anpassen, welche ganz verschieden sind von jenen, die das reife Tier betreffen. Diese Abänderungen in der Larve werden zweifelsohne nach den Gesetzen der Wechselbeziehungen auch auf die Struktur des reifen Insektes wirken, und wahrscheinlich ist bei solchen Insekten, welche im reifen Zustand nur wenige Stunden zu leben und keine Nahrung zu sich zu nehmen haben, ein großer Teil ihres Baus nur als ein korrelatives Ergebnis allmählicher Veränderungen in der Struktur ihrer Larven zu betrachten. So können aber wahrscheinlich auch umgekehrt gewisse Veränderungen im reifen Insekt oft die Struktur der Larve berühren, in allen Fällen aber nur unter der Bedingung, dass diejenige Modifikation, welche bloß die Folge einer Modifikation auf einer anderen Lebensstufe ist, durchaus nicht nachteiliger Art ist, weil sie dann das Erlöschen der Spezies zur Folge haben müsste. Natürliche Züchtung kann auch die Struktur des Jungen in Bezug zum Alten und die des Vaters derjenigen seiner Kinder gegenüber modifizieren. Bei Haustieren passt sie die Struktur eines jeden Einzelwesens den Zwecken der Gemeinde an, vorausgesetzt, dass auch ein jedes Einzelne bei dem so bewirkten Wechsel gewinne. Was die natürliche Züchtung nicht bewirken kann, das ist: Umänderung der Struktur einer Spezies, ohne Ersatz, zugunsten einer anderen Spezies; und obwohl in naturhistorischen Werken Beispiele dafür angeführt werden, so ist doch keines darunter, das eine Prüfung aushielte. Selbst ein organisches Gebilde, das nur einmal im



Aus der Autobiographie von Charles Darwin

In meinem letzten Jahr in Cambridge las ich aufmerksam und sehr angetan Humboldts Reisebeschreibung. Durch dieses Buch und Sir J. Herschels Einleitung in das Studium der Naturwissenschaft kam in mir der brennende Wunsch auf, einen Beitrag, und wenn auch nur den bescheidensten, für das erhabene Bauwerk der Naturwissenschaften zu liefern. Kein anderes Buch oder ein Dutzend anderer hatte auch nur annähernd einen solchen Einfluss auf mich wie diese beiden. einen zum großartigen Bauwerk der Naturwissenschaften beizutragen. Ich schrieb mir aus Humboldts ›Personal Narrative‹ lange Stellen über Teneriffa ab und las sie auf einer der oben erwähnten Exkursionen (ich glaube) Henslow, Ramsay und Dawes vor; denn ich hatte schon bei einer früheren Gelegenheit über die Schönheiten von Teneriffa gesprochen und einige aus der Gesellschaft erklärten, sie wollten versuchen, dorthin zu reisen; ich glaube aber, es war nicht ganz ernst gemeint. Mir war es jedoch ganz ernst damit; ich hatte auch schon eine Empfehlung an einen Kaufmann in London, um mich nach Schiffen erkundigen zu können; der ganze Plan erübrigte sich aber durch die Reise mit der Beagle.

Leben eines Tieres gebraucht wird, kann, wenn es ihm von großer Wichtigkeit ist, durch die natürliche Zuchtwahl bis zu jedem Betrag modifiziert werden, wie die großen Kinnladen einiger Insekten, welche nur zum Öffnen ihrer Kokons dienen, oder das zarte Spitzchen auf dem Ende des Schnabels junger Vögel, womit sie beim Ausschlüpfen die Eischale aufbrechen. Man hat versichert, dass von den besten kurzschnäbeligen Purzeltauben mehr im Ei zugrunde gehen als auszuschlüpfen im Stande sind, was Liebhaber mitunter veranlasst, bei Durchbrechung der Schale mitzuwirken. Wenn demnach die Natur den Schnabel einer Taube zu deren eignem Nutzen im ausgewachsenen Zustand sehr zu verkürzen hätte, so würde dieser Prozess sehr langsam vor sich gehen und müsste dabei zugleich eine sehr strenge Auswahl derjenigen jungen Vögel im Ei stattfinden, welche den stärksten und härtesten Schnabel besitzen, weil alle mit weichem Schnabel unvermeidlich zugrunde gehen würden; oder aber es müsste eine Auswahl der dünnsten und zerbrechlichsten Eischalen erfolgen, deren Dicke bekanntlich so wie jedes andere Gebilde variiert.

Humboldts Reisetagebuch war für Darwin eine Inspiration.

Sexuelle Zuchtwahl. – Wie im Kulturzustand Eigentümlichkeiten oft an einem Geschlecht zum Vorschein kommen und sich erblich an dieses Geschlecht heften, so wird es wohl auch im Naturzustand geschehen, und wenn dies der Fall, so muss die natürliche Züchtung fähig sein, ein Geschlecht in seinen funktionellen Beziehungen zum anderen zu modifizieren oder N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Ein Blaues Pfauenpaar (Pavo cristatus). ganz verschiedene Gewohnheiten des Lebens in beiden Geschlechtern zu bewirken, wie es bei Insekten zuweilen der Fall ist, – und dies veranlasst mich, einige Worte über das zu sagen, was ich sexuelle Zuchtwahl nennen will. Sie hängt nicht von einem Kampf ums Dasein ab, sondern von einem Kampf zwischen den Männchen um den Besitz der Weibchen, dessen Folgen für den Besiegten nicht in Tod und erfolgloser Mitbewerbung, sondern in einer spärlicheren oder ganz ausfallenden Nachkommenschaft bestehen. Diese geschlechtliche Auswahl ist daher minder verhängnisvoll als die natürliche. Im Allgemeinen werden die kräftigsten, die ihre Stelle in der Natur am besten ausfüllenden Männchen die meiste Nachkommenschaft hinterlassen. In manchen Fällen jedoch wird der Sieg nicht von der Stärke im Allgemeinen, sondern von besonderen, nur dem Männchen verliehenen Waffen abhängen. Ein geweihloser Hirsch und ein spornloser Hahn haben wenig Aussicht, Erben zu hinterlassen. Eine sexuelle Züchtung, welche stets dem Sieger die Fortpflanzung ermöglichen sollte, müsste ihm unzähmbaren Mut, lange Spornen und starke Flügel verleihen, um mit dem gespornten Lauf kämpfen zu können; wie denn der Kampfhahnzüchter seine Zucht durch sorgfältige Auswahl in dieser Beziehung sehr zu veredeln versteht.

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Wie weit hinab in der Stufenleiter der Natur dergleichen Kämpfe noch vorkommen, weiß ich nicht. Doch hat man männliche Alligatoren beschrieben, wie sie um den Besitz eines Weibchens kämpfen, brüllen und sich im Kreise drehen; männliche Salmen hat man tagelang miteinander streiten sehen; männliche Hirschkäfer haben oft Wunden von den mächtigen Kiefern anderer Männchen. Doch ist der Kampf am heftigsten zwischen den Männchen polygamer Tiere, und diese scheinen auch am gewöhnlichsten mit besonderen Waffen dazu versehen zu sein. Die Männchen der Raubsäugetiere sind schon an sich wohl bewehrt; doch pflegen ihnen u. e. a. durch sexuelle Züchtung noch besondere Waffen verliehen zu werden, wie dem Löwen seine Mähne, dem Eber seine Hauer, dem männlichen Salmen seine hakenförmige Kinnlade; und der Schild mag für den Sieg ebenso wichtig sein als das Schwert oder der Speer. Unter den Vögeln hat der Bewerbungskampf oft einen friedlicheren Charakter. Alle, welche diesen Gegenstand behandelt haben, glauben, die eifrigste Rivalität finde unter den Singvögeln statt, wo die Männchen durch Gesang die Weibchen anzuziehen suchen.

Rechts: Elizabeth Goulds Tafel mit einem der Darwinfinken aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Irreguläre Soldaten. Der Felshahn (Rupicola) in Guinea, die Paradiesvögel und einige andere scharen sich zusammen, und ein Männchen um das andere entfaltet sein prächtiges

Gefieder, um in theatralischen Stellungen vor den Weibchen zu paradieren, welche als Zuschauer dastehen und sich zuletzt den liebenswürdigsten Bewerber erkiesen. Sorgfältige Beobachter der in Gefangenschaft gehaltenen Vögel wissen sehr wohl, dass oft individuelle Bevorzugungen und Abneigungen stattfinden; so hat Herr R. Heron beschrieben, wie ein scheckiger Perlhahn außerordentlich anziehend für alle seine Hennen gewesen. Es mag kindisch aussehen, solchen anscheinend schwachen Mitteln irgendeine Wirkung zuzuschreiben, und ich kann hier nicht in Einzelheiten eingehen, um jene Ansicht zu unterstützen; wenn jedoch der Mensch im Stande ist, seinen Bantamhühnern in kurzer Zeit eine elegante Haltung und Schönheit je nach seinen Begriffen von Schönheit zu geben, so kann ich keinen genügenden Grund zum Zweifel finden, dass weibliche Vögel, indem sie Tausende von Generationen hindurch den melodiereichsten oder schönsten Männchen, je nach ihren Begriffen von Schönheit, bei der Wahl den Vorzug geben, nicht ebenfalls einen merklichen Effekt bewirken können. Ich habe starke Vermutung, dass einige wohlbekannte Gesetze in Betreff des Gefieders männlicher und weiblicher Vögel dem der jungen gegenüber sich aus der Ansicht erklären lassen, das Gefieder sei hauptsächlich durch die geschlechtliche

Aus „Die Fahrt der Beagle“



18. September 1833

Ich nahm einen Gaucho in Dienst, damit er mich auf meinem Ritt nach Buenos Ayres begleitete, was einigermaßen

schwierig war, da der Vater eines Mannes Angst hatte, ihn ziehen zu lassen, und ein anderer, der willig schien, wurde mir als so furchtsam beschrieben, dass ich Angst hatte, ihn mitzunehmen, denn man sagte mir, sähe er auch nur in der Ferne einen Strauß, so würde er ihn für einen Indianer halten und wie der Wind davongehen. Die Entfernung nach Buenos Ayres beträgt ungefähr vierhundert Meilen, und fast die ganze Strecke führt durch unbewohntes Gebiet. Wir brachen frühmorgens auf; nachdem wir einige hundert Fuß aus dem mit grünem Rasen bedeckten Becken, in dem Bahía Blanca liegt, aufgestiegen waren, gelangten wir auf eine weite, trostlose Ebene. Sie besteht aus einem bröckeligen ton- und kalkhaltigen Stein, der aufgrund des trockenen Klimas lediglich verstreute Büschel welken Grases trägt, ohne dass auch nur ein Busch oder Baum die monotone Einförmigkeit durchbräche. Das Wetter war gut, die Luft jedoch auffallend diesig; ich dachte, die Erscheinung kündige einen Sturm an, doch die Gauchos sagten, das komme daher, dass die Ebene in einer großen Entfernung im Innern in Flammen stehe. Nach einem langen Galopp, in dessen Verlauf wir zweimal die Pferde wechselten, erreichten wir den Rio Sauce: ein tiefer, schneller, kleiner Fluss, nicht über fünfundzwanzig Fuß breit. An seinem Ufer steht die zweite Posta auf dem Weg nach Buenos Ayres; ein wenig oberhalb davon ist eine Furt für Pferde, wo das Wasser den Pferden nicht bis an den Bauch reicht.

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Wahl modifiziert worden, welche im geschlechtsreifen Alter während der Jahreszeit wirkt, welche der Fortpflanzung gewidmet ist. Die dadurch erfolgten Abänderungen sind dann auf entsprechende Alter und Jahreszeiten wieder vererbt worden, entweder durch die Männchen allein oder durch Männchen und Weibchen; ich habe aber hier nicht Raum weiter auf diesen Gegenstand einzugehen. Wenn daher Männchen und Weibchen einer Tierart die nämliche allgemeine Lebensweise haben, aber in Bau, Farbe oder Verzierungen voneinander abweichen, so sind nach meiner Meinung diese Verschiedenheiten hauptsächlich durch die geschlechtliche Wahl bedingt; d. h. männliche Individuen haben in aufeinanderfolgenden Generationen einige kleine Vorteile über andere Männchen gehabt in Waffen, Verteidigungsmitteln oder Reizen und haben diese Vorteile auf ihre männlichen Nachkommen übertragen. Doch möchte ich nicht alle solche Geschlechtsverschiedenheiten aus dieser Quelle ableiten; denn wir sehen Eigentümlichkeiten entstehen und beim männlichen Geschlechte unserer Haustiere erblich werden, wie die Hautlappen bei den englischen Botentauben, die hornartigen Auswüchse bei den Männchen einiger Hühnervögel usw., von welchen wir nicht annehmen können, dass sie den Männchen im Kampf nützlich sind oder eine Anziehungskraft

auf die Weibchen ausüben. Analoge Fälle sehen wir auch in der Natur, wo z. B. der Haarbüschel auf der Brust des Puterhahns weder nützlich im Kampf noch eine Zierde für den Brautwerber sein kann; – und wirklich, hätte sich dieser Büschel erst im Zustand der Zähmung gebildet, wir würden ihn eine Monstrosität nennen. Beleuchtung der Wirkungsweise der natürlichen Züchtung. In der Absicht, die Art und Weise klarzumachen, wie nach meiner Meinung die natürliche Wahl wirke, muss ich um die Erlaubnis bitten, ein oder zwei erdachte Beispiele zur Erläuterung vorzutragen. Denken wir uns zunächst einen Wolf, der sich seine Beute an verschiedenen Tieren teils durch List, teils durch Stärke und teils durch Schnelligkeit verschafft, und nehmen wir an, seine schnellste Beute, der Hirsch z. B., hätte sich aus irgendeiner Ursache in einer Gegend sehr vervielfältigt, oder andere zu seiner Nahrung dienende Tiere hätten in der Jahreszeit, wo sich der Wolf seine Beute am schwersten verschaffen kann, sehr vermindert. Unter solchen Umständen kann ich keinen Grund zu zweifeln finden, dass die schlanksten und schnellsten Wölfe am meisten Aussicht auf Fortkommen und somit auf Erhaltung und Verwendung zur Nachzucht hätten, immerhin vorausgesetzt, dass sie dabei Stärke genug

Wölfe: Die Schnellsten haben die besten Überlebenschancen – vorausgesetzt sie sind stark genug, um zu töten. N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

Welch ein elendes Leben uns diese Männer

zu führen scheinen! Sie waren wenigstens zehn Wegstunden von der Posta Sauce entfernt und seit dem von den Indianern begangenen Mord zwanzig von einer weiteren. Die Indianer sollen ihren Angriff mitten in der Nacht unternommen haben, denn ganz früh am Morgen nach dem Mord hatte man zufällig gesehen, wie sie sich der Posta näherten. Die ganze Gruppe hier entkam allerdings, dazu die Schar Pferde; ein jeder griff sich ein Seil und führte so viele Pferde mit, wie er konnte.

Ein Gefangener wird zum Gefängnis gebracht. behielten, um sich ihrer Beute auch zu einer anderen Jahreszeit zu bemeistern, wo sie veranlasst sein könnten, auf andere Tiere auszugehen. Ich finde umso weniger Ursache, daran zu zweifeln, da ja der Mensch auch die Schnelligkeit seines Windhundes durch sorgfältige und planmäßige Auswahl oder durch jene unbewusste Wahl zu erhöhen im Stande ist, welche schon stattfindet, wenn nur jedermann den besten Hund zu haben strebt, ohne einen Gedanken an Veredelung der Rasse. So könnte auch ohne eine Veränderung in den Verhältniszahlen der Tiere, die dem Wolfe zur Beute dienen, ein junger Wolf zur Welt kommen mit angeborener Neigung, gewisse Arten von Beutetieren zu verfolgen. Auch dies ist nicht sehr unwahrscheinlich; denn wie oft nehmen wir große Unterschiede in den natürlichen Neigungen unserer Haustiere wahr! Eine Katze z. B. ist geneigt, Ratten und die andere Mäuse zu fangen. Eine Katze bringt nach Hrn. St. John geflügelte Beute nach Hause, die andere Hasen und Kaninchen, und die dritte jagt auf Marschland und meistens nächtlicher Weile nach Waldhühnern und Schnepfen. Man weiß, dass die Neigung Ratten statt Mäuse zu fangen, vererblich ist. Wenn nun eine angeborene schwache Veränderung in Gewohnheit oder Körperbau einen einzelnen Wolf begünstigt, so hat er

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am meisten Aussicht auszudauern und Nachkommen zu hinterlassen. Einige seiner Jungen werden dann vermutlich dieselbe Gewohnheit oder Körpereigenschaft erben, und so kann durch oftmalige Wiederholung dieses Vorgangs eine neue Varietät entstehen, welche die alte Stammform des Wolfes ersetzt oder zugleich mit ihr fortbesteht. Nun werden ferner Wölfe, welche Gebirgsgegenden bewohnen, und solche, die sich im Tiefland aufhalten, von Natur genötigt, auf verschiedene Beute auszugehen, und mithin bei fortdauernder Erhaltung der für jede der zwei Landstriche geeignetsten Individuen allmählich zwei Abänderungen bilden. Diese Varietäten müssen da, wo ihre Verbreitungsbezirke zusammenstoßen, sich vermischen und kreuzen; doch werden wir auf die Frage von der Kreuzung später zurückkommen. Hier will ich noch beifügen, dass nach Pierce im CatskillGebirge in den Vereinigten Staaten zwei Varietäten des Wolfes hausen, eine leichtere von Windspielform, welche Hirsche verfolgt, und eine andere schwerfälligere und mit kurzen Beinen, welche häufiger die Schafherden angreift. Nehmen wir nun einen zusammengesetzteren Fall an. Gewisse Pflanzen scheiden eine süße Flüssigkeit aus, wie es scheint, um irgendetwas Nachteiliges aus ihrem Saft zu entfernen. Dies wird bei manchen Schmetterlingsblütengewächsen durch Drüsen am Grunde der Stipulae und beim gemeinen Lorbeerbaum auf dem Rücken seiner Blätter bewirkt. Diese Flüssigkeit, wenn auch nur in geringer Menge zu finden, wird von Insekten begierig aufgesucht.

Nehmen wir nun an, es werde ein wenig solchen süßen Saftes oder Nektars an der inneren Basis der Kronenblätter einer Blume ausgesondert. In diesem Fall werden die Insekten, welche den Nektar aufsuchen, mit Pollen bestäubt werden und denselben gewiss oft von einer Blume auf das Stigma der anderen übertragen. Die Blumen zweier verschiedener Individuen einer Art werden dadurch gekreuzt, und die Kreuzung liefert (wie nachher ausführlicher gezeigt werden soll) vorzugsweise kräftige Sämlinge, welche mithin die beste Aussicht haben, auszudauern und sich fortzupflanzen. Einige dieser Sämlinge können wohl das Nektarabsonderungsvermögen erben, und diejenigen nektarabsondernden Blüten, welche die stärksten Drüsen besitzen und den meisten Nektar liefern, werden am öftesten von Insekten besucht und am öftesten mit anderen gekreuzt werden und so mit der Länge der Zeit allmählich die Oberhand gewinnen. Ebenso werden dieje-

Mate-Gefäße und Bombilla.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Ich erreichte den Ort unseres Biwaks bei

Sonnenuntergang und richtete mir bald, nachdem ich viel Maté getrunken und etliche Cigaritos geraucht hatte, mein Lager für die Nacht. Der Wind war sehr kräftig und kalt, doch nie schlief ich behaglicher.

nigen Blüten, deren Staubfäden und Staubwege so gestellt sind, dass sie je nach Größe und sonstigen Eigentümlichkeiten der sie besuchenden Insekten einigermaßen die Übertragung ihres Samenstaubs von Blüte zu Blüte erleichtern, gleicherweise begünstigt und zur Nachzucht geeigneter sind. Nehmen wir den Fall an, die zu den Blumen kommenden Insekten wollten Pollen statt Nektar einsammeln, so wäre zwar die Entführung des Pollens, der allein zur Befruchtung der Pflanze erzeugt wird, ein Verlust für dieselbe; wenn jedoch anfangs gelegentlich und nachher gewöhnlich ein wenig Pollen von den ihn einsammelnden Insekten entführt und von Blume zu Blume getragen wird, so wird die hierdurch bewirkte Kreuzung zum großen Vorteil der Pflanzen sein, mögen ihnen auch neun Zehntel der ganzen Pollenmasse zerstört werden; denn diejenige Pflanze, welche mehr und mehr Pollen erzeugt und immer größere Antheren bekommt, wird für die Nachzucht das Übergewicht haben. Wenn nun unsere Pflanze, welche auf diese Weise vor anderen erhalten und durch natürliche Wahl mit Blumen versehen worden ist, welche die Pollen verschleppenden Insekten immer mehr anziehen, so kann die Überführung des Pollens von einer Pflanze zur anderen endlich zur Regel werden, wie dies in vielen Fällen wirklich geschieht. Ich will nun einen nicht einmal sehr zutreffenden Fall als Beleg dafür anführen, welcher jedoch geeignet ist, zugleich als Beispiel eines ersten Schrittes zur Trennung der Geschlechter zu dienen, von welcher noch weiter die Rede sein wird. Einige Stechpalmenstämme bringen nur männliche Blüten hervor, welche vier nur wenig Pollen erzeugende Staubgefäße und ein verkümmertes Pistill enthalten; andere Stämme liefern nur weibliche Blüten, die ein vollständig entwickeltes Pistill und vier Staubfäden mit verschrumpften Antheren einschließen, in welchen nicht ein Pollenkörnchen bemerkt werden kann. Nachdem ich einen weiblichen Stamm genau 60 Ellen von einem männlichen entfernt gefunden habe, nehme ich die Stigmata aus zwanzig Blüten von verschiedenen Zweigen unter das Mikroskop und entdecke an allen ohne Ausnahme einige Pollenkörner und an einigen sogar eine übermäßige Menge desselben. Da der Wind schon einige Tage lang vom weiblichen gegen den männlichen Stamm hin geweht hatte, so kann er es nicht geweN ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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sen sein, der den Pollen dahin geführt. Das Wetter war schon einige Tage lang kalt und stürmisch und daher nicht günstig für die Bienen gewesen, und demungeachtet war jede von mir untersuchte weibliche Blüte durch den Pollen befruchtet worden, welchen die Bienen, von Blüte zu Blüte nach Nektar suchend, an ihren Haaren vom männlichen Stamm mit herübergebracht hatten. Doch kehren wir nun zu unserem ersonnenen Fall zurück. Sobald jene

Pflanze in solchem Grade anziehend für die Insekten geworden ist, dass sie den Pollen regelmäßig von einer Blüte zur anderen tragen, wird ein anderer Prozess beginnen. Kein Naturforscher zweifelt an dem Vorteil der sog. »physiologischen Teilung der Arbeit«; daher man glauben darf, es sei nützlich für eine Pflanzenart, in einer Blüte oder an einem ganzen Stock nur Staubgefäße und in der anderen Blüte oder auf dem anderen Stock nur Pistille

Aus „Die Fahrt der Beagle“



20. September 1833

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ir erreichten Buenos Ayres um die Tagesmitte. Die Vororte der Stadt wirkten recht hübsch mit ihren Agavenhecken und Olivenwäldchen und den Weiden, die alle gerade ihre frischen grünen Blätter austrieben. Ich ritt zum Hause Mr. Lumbs, eines englischen Kaufmanns, dem ich wegen seiner Gastfreundschaft während meines Aufenthalts zu großem Dank verpflichtet war.

Buenos Aires, Argentinien, 1835. Stich von Fortier nach Victor Marie Felix Danvin (1802–1842). Die Stadt Buenos Ayres ist groß und, wie ich sagen würde, eine der regelmäßigsten der Welt. Jede Straße liegt im rechten Winkel zu derjenigen, die sie kreuzt, und die parallelen verlaufen im selben Abstand; die Häuser sind in massige Blöcke gleichen Ausmaßes zusammengefasst, welche quadras heißen. Andererseits sind die Häuser selbst hohle Blöcke; alle Zimmer gehen auf einen hübschen kleinen Innenhof. Im Allgemeinen sind sie nur ein Stockwerk hoch und haben ein flaches Dach, das mit Sitzgelegenheiten versehen ist und von ihren Bewohnern sommers häufig aufgesucht wird. Im Zentrum der Stadt ist die Plaza, wo sich öffentliche Ämter, Festung, Kathedrale usw. befinden. Vor der Revolution hatten dort auch die alten Vizekönige ihre Paläste. Die allgemeine Ansammlung der Gebäude ist von beträchtlicher architektonischer Schönheit, obgleich sich keines als Einzelnes dieser rühmen kann.

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Ankunft in Buenos Aires. hervorzubringen. Bei kultivierten oder in neue Existenzbedingungen versetzten Pflanzen schlagen manchmal die männlichen und zuweilen die weiblichen Organe mehr oder weniger fehl. Nehmen wir aber an, dies geschehe auch in einem wenn noch so geringen Grade im Naturzustand derselben, so würden, da der Pollen schon regelmäßig von einer Blume zur anderen geführt wird und eine vollständige Trennung der Geschlechter unserer Pflanze ihr nach dem Prinzip der Arbeitsteilung vorteilhaft ist, Individuen mit einer mehr und mehr entwickelten Tendenz dazu fortwährend begünstigt und zur Nachzucht ausgewählt werden, bis endlich die Trennung der Geschlechter vollständig wäre. Kehren wir nun zu den von Nektar lebenden Insekten in unserem ersonnenen Fall zurück; nehmen wir an, die Pflanze mit durch andauernde Züchtung zunehmender Nektarbildung sei eine gemeine Art, und unterstellen wir, dass gewisse Insekten hauptsächlich auf deren Nektar als ihre Nahrung angewiesen sind. Ich könnte durch manche Beispiele nachweisen, wie sehr die Bienen bestrebt sind, Zeit zu ersparen. Ich will mich jedoch nur auf ihre Gewohnheit berufen, in den Grund gewisser Blumen Öffnungen zu machen, um durch diese den Nektar zu saugen, welchen sie mit ein bisschen mehr Weile durch die Mündung herausholen könnten. Dieser Tatsachen eingedenk, halte ich es nicht für gewagt anzunehmen, dass eine zufällige Abweichung in der Größe und Form ihres Körpers oder in der Länge und Krümmung ihres Rüssels, wenn auch viel zu unbedeutend für unsere Wahrnehmung, von

solchem Nutzen für eine Biene oder ein anderes Insekt sein könne, das sich mit deren Hilfe sein Futter leichter verschafft, dass es mehr Wahrscheinlichkeit der Fortdauer und der Fortpflanzung als andre Tiere seiner Art besitzt. Seine Nachkommen werden wahrscheinlich eine Neigung zu einer ähnlichen Abweichung des Organes erben. Die Röhren der Blumen-Kronen des roten und des Inkarnat-Klees (Trifolium pratense und Tr. incarnatum) scheinen bei flüchtiger Betrachtung nicht sehr an Länge auseinanderzuweichen; dem ungeachtet kann die Honig- oder Korbbiene (Apis mellifica) den Nektar leicht aus der ersten, aber nicht aus der letzten saugen, welche daher nur von Hummeln besucht wird, sodass ganze Felder roten Klees der Korbbiene vergebens einen Überschuss von köstlichem Nektar darbieten. Es würde daher für die Korbbiene von größtem Vorteil sein, einen etwas längeren oder abweichend gestalteten Rüssel zu haben. Auf der anderen Seite habe ich durch Versuche gefunden, dass die Fruchtbarkeit des roten Klees großenteils durch den Besuch der honigsuchenden Insekten bedingt ist, welche bei diesem Geschäft die Teile der Blumenkrone verschieben und dabei den Pollen auf die Oberfläche der Narbe wischen. Sollten dagegen die Hummeln in einer Gegend selten werden, so müsste eine kürzere oder tiefer geteilte Blumenkrone von größtem Nutzen für den roten Klee werden, damit die Honigbiene seine Blüten besuchen könne. Auf diese Weise begreife ich, wie eine Blüte und eine Biene nach und nach, sei es gleichzeitig oder eine nach der anderen, abgeändert und auf die vollkommenste Weise einander N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Riesendistel und Kardendistel, die südlich von Buenos Aires so hoch wie der Widerrist eines Pferdes werden.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



28. September 1833

Wir gelangten durch die kleine Stadt Luxan, wo

es eine Holzbrücke über den Fluss gibt – eine ganz ungewöhnliche Annehmlichkeit in diesem Land. Auch durch Areco kamen wir. Die Ebenen erschienen flach, waren es tatsächlich aber gar nicht, denn an verschiedenen Stellen war der Horizont fern. Die estancias liegen hier weit auseinander, denn es gibt wenig gutes Weideland, was daran liegt, dass das Land entweder von den Feldern eines scharfen Klees oder von großen Disteln überzogen ist. Letztere, aus Sir F. Heads lebhafter Beschreibung wohlbekannt, waren zu dieser Jahreszeit zu zwei Dritteln gewachsen; an manchen Stellen waren sie so hoch wie der Pferderücken, an anderen hingegen noch nicht aufgeschossen, und die Erde war kahl und staubig, wie auf einer Chaussee. Die Büschel trugen das leuchtendste Grün, und sie gaben ein angenehmes Miniatur-Abbild gefurchten Waldlands ab. Wenn die Disteln ausgewachsen sind, sind die großen Felder undurchdringlich mit Ausnahme einiger weniger Pfade, die dann verschlungen wie in einem Labyrinth sind. Sie sind nur Räubern bekannt, welche zu dieser Jahreszeit darin hausen und des Nachts daraus hervorbrechen, um ungestraft zu rauben und Kehlen durchzuschneiden. Auf die Frage in einem Haus, ob die Räuber zahlreich seien, sagte man mir: »Die Disteln stehen noch nicht hoch« – zunächst war die Bedeutung dieser Erwiderung nicht sehr einleuchtend. Es ist kaum interessant, diese Pfade aufzusuchen, denn bis auf die Viscacha und ihre Freundin, die Kanincheneule, leben dort nur wenige Tiere oder Vögel. angepasst werden könnten durch fortwährende Erhaltung von Einzelwesen mit beiderseits nur ein wenig günstigeren Abweichungen der Struktur. Ich weiß wohl, dass die durch die vorangehenden ersonnenen Beispiele erläuterte Lehre von der natürlichen Auswahl denselben Einwendungen ausgesetzt ist, welche man anfangs gegen Ch. Lyells großartige Ansichten in ›The Modern Changes of the Earth, as illustrative of Geology‹ vorgebracht hat; indessen hört man jetzt die Wirkung der Brandung z. B. in ihrer Anwendung auf die Aushöhlung riesiger Täler

oder auf die Bildung der längsten binnenländischen Klippenlinien selten mehr als eine unbedeutende und lächerliche Ursache bezeichnen. Die natürliche Züchtung kann nur durch Häufung unendlich kleiner vererbter Modifikationen wirken, deren jede für die Erhaltung des Wesens, dem sie angehört, günstig ist; und wie die neuere Geologie solche Ansichten, wie die Aushöhlung großer Täler durch eine einzige Diluvialwoge meistens verbannt hat, so wird auch die natürliche Züchtung, wenn sie ein wahres Prinzip ist, den Glauben an eine fortgesetzte Schöpfung neuer Organismen oder an eine große und plötzliche Modifikation ihrer Organisation verbannen. Über die Kreuzung der Individuen. – Ich muss hier mit einem kleinen Absprung beginnen. Es liegt vor Augen, dass bei Pflanzen und Tieren getrennten Geschlechtes jedes Mal zwei Individuen sich vereinigen müssen, um eine Geburt zu Stande zu bringen. Bei Hermaphroditen aber ist dies keineswegs klar. Demungeachtet bin ich stark geneigt zu glauben, dass bei allen Hermaphroditen zwei Individuen gewöhnlich oder ausnahmsweise zu jeder einzelnen Fortpflanzung ihrer Art zusammenwirken (die sonderbaren und noch nicht recht begriffenen Fälle von Parthenogenesis ausgenommen). Diese Ansicht hat zuerst Andrew Knight aufgestellt. Wir werden jetzt ihre Wichtigkeit erkennen. Zwar kann ich diese Frage nur in äußerster Kürze abhandeln; jedoch habe ich die Materialien für eine ausführlichere Erörterung vorbereitet. Alle Wirbeltiere, alle Insekten und noch einige andre große Tiergruppen paaren sich für jede Geburt. Neuere Untersuchungen haben die Anzahl der früher angenommenen Hermaphroditen sehr vermindert, und von den wirklichen Hermaphroditen paaren sich viele, d. h. zwei Individuen vereinigen sich zur Reproduktion; dies ist alles, was uns hier angeht. Doch gibt es noch viele andere zwitterige Tiere, welche gewiss sich gewöhnlich nicht paaren. Auch bei Weitem die größte Anzahl der Pflanzen sind Hermaphroditen. Man kann nun fragen, was ist in diesen Fällen für ein Grund zur Annahme vorhanden, dass jedes Mal zwei Individuen zur Reproduktion zusammenwirken? Da es hier nicht möglich ist, in Einzelheiten einzugehen, so muss ich mich auf einige allgemeine Betrachtungen beschränken. Fürs Erste habe ich eine große Masse von Tatsachen gesammelt, welche übereinstimmend mit der fast N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Rassezüchtungen von Federvieh, wie Tauben, lieferten den Beweis für Darwins Analogie zwischen domestizierter und natürlicher Zuchtwahl. Illustration (rechts) aus Das Variieren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication, 1868.

allgemeinen Überzeugung der Viehzüchter beweisen, dass bei Tieren wie bei Pflanzen eine Kreuzung zwischen Tieren verschiedener Varietäten, oder zwischen solchen verschiedener Stämme einer Varietät, der Nachkommenschaft Stärke und Fruchtbarkeit verleiht, während andererseits enge Inzucht Kraft und Fruchtbarkeit vermindert. Diese Tatsachen allein machen mich glauben, dass es ein allgemeines Naturgesetz ist (wie unwissend wir auch über die Bedeutung des Gesetzes sein mögen), dass kein organisches Wesen sich selbst für eine Ewigkeit von Generationen befruchten könne, dass daher eine Kreuzung mit einem anderen Individuum von Zeit zu Zeit und vielleicht nach langen Zwischenräumen einmal unentbehrlich ist. Von dem Glauben ausgehend, dass dies ein Naturgesetz ist, werden wir verschiedene große Klassen von Tatsachen verstehen, welche auf andere Weise unerklärlich sind. Jeder Blendlings-Getreidezüchter weiß, wie nachteilig es für die Befruchtung einer Blüte ist, wenn sie während derselben der Feuchtigkeit ausgesetzt wird. Und doch, was für eine Menge von Blumen haben Staubbeutel und Narben vollständig dem Wetter ausgesetzt! Wenn aber eine Kreuzung von Zeit zu Zeit nun doch unerlässlich, so erklärt sich jene Aussetzung aus der Notwendigkeit, dass die Blumen für den Eintritt fremden Pollens offen seien, und zwar umso mehr, als die zusammengehörigen Staubgefäße und Pistille einer Blume gewöhnlich so nahe beisammen stehen, dass Selbstbefruchtung unvermeidlich scheint. Andererseits aber haben viele Blumen ihre Befruchtungswerkzeuge sehr eng umschlossen, wie die Schmetterlingsblütler z. B.; aber in vielen und vielleicht in allen solchen Blumen ist eine sehr merkwürdige Anpassung zwischen dem Bau der Blume und der Art und Weise, wie die Bienen den Nektar daraus saugen, indem sie alsdann entweder den eigenen Pollen der Blume über ihre Narbe wischen oder fremden Pollen mitbringen. Zur Befruchtung der Schmetterlingsblütler ist der Besuch der Bienen so notwendig, dass, wie ich durch anderwärts veröffentlichte Versuche gefunden habe, ihre Fruchtbarkeit sehr abnimmt, wenn dieser Besuch verhindert wird. Nun ist es aber kaum möglich, dass Bienen von Blüte zu Blüte fliegen, ohne den Pollen der einen zur anderen zu bringen, wie ich überzeugt bin, zum großen Vorteil der Pflanze. Die Bienen wirken dabei

wie ein Kamelhaarpinsel, und es ist vollkommen zur Befruchtung genügend, wenn man mit einem und demselben Bürstchen zuerst das Staubgefäß der einen Blume und dann die Narbe der anderen berührt. Dabei ist aber nicht zu fürchten, dass die Bienen viele Bastarde zwischen verschiedenen Arten erzeugen; denn wenn man den eigenen Pollen und den einer anderen Pflanzenart zugleich mit demselben Pinsel auf die Narbe streicht, so hat der erste eine so überwiegende Wirkung, dass er, wie schon Gärtner gezeigt hat, jeden Einfluss des anderen gänzlich zerstört. Wenn die Staubgefäße einer Blume sich plötzlich gegen das Pistill schnellen oder sich eines nach dem anderen langsam gegen dasselbe neigt, so scheint diese Einrichtung nur auf Sicherung der Selbstbefruchtung berechnet, und ohne Zweifel ist sie auch dafür nützlich. Aber die Tätigkeit der Insekten ist oft notwendig, um die Staubfäden aufschnellen zu machen, wie Kölreuter beim Sauerdorn insbesondere gezeigt hat; und sonderbarerweise hat man gerade bei dieser Sippe (Berberis), welche so vorzüglich zur Selbstbefruchtung eingerichtet zu sein scheint, die Beobachtung gemacht, dass, wenn man nahe verwandte Formen oder Varietäten dicht nebeneinander pflanzt, es infolge der reichlichen Kreuzung kaum möglich ist, noch eine reine Rasse zu erhalten. In vielen anderen Fällen aber findet man, wie C. C. Sprengels Schriften und meine eigenen Erfahrungen lehren, statt der Einrichtungen zu Begünstigung der Selbstbefruchtung vielmehr solche, welche das Stigma hindern, den Samenstaub der nämlichen Blüte aufzunehmen. So ist bei Lobelia fulgens eine wirklich schöne und sorgfältig ausgearbeitete Einrichtung, wodurch jedes der unendlich zahlreichen Pollenkörnchen aus den verwachsenen Antheren einer jeden Blüte fortgeführt wird, ehe das Stigma derselben Blüte bereit ist, dieselben aufzunehmen. Da nun, wenigstens in meinem Garten, diese Blumen niemals von Insekten besucht werden, so haben sie auch niemals Samen angesetzt, bis ich auf künstlichem Wege den Pollen einer Blüte auf die Narbe der anderen übertrug und mich hierdurch auch in den Besitz zahlreicher Sämlinge zu setzen vermochte. Eine andere danebenstehende LobeliaArt, die von Bienen besucht wird, bildet von freien Stücken Samen. In sehr vielen anderen Fällen, wo keine besondere mechanische Einrichtung vorhanN ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Felis pajeros, eine südamerikanische Wildkatze, auch Pampaskatze genannt, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Ochsenkarren in Buenos Aires.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



27. September 1833

A

m Abend machte ich mich zu einer Exkursion nach Santa Fé auf, was nahezu dreihundert englische Meilen von Buenos Ayres entfernt am Ufer des Parana liegt. Die Straßen in der Umgebung der Stadt waren nach dem Regenwetter außerordentlich schlecht. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ein Ochsenkarren dort entlanggeschlichen wäre, jedenfalls erreichten sie kaum eine Meile in der Stunde, und dabei ging stets ein Mann voraus, um die beste Linie für die Unternehmung zu erkunden. Die Ochsen waren schrecklich abgeschunden: Es ist ein Fehler anzunehmen, mit verbesserten Straßen und einer gesteigerten Reisegeschwindigkeit nehme das Leid der Tiere in gleichem Maße zu. Auf der Straße nach Mendoza überholten wir einen Zug Karren und eine Herde Tiere. Die Entfernung beträgt ungefähr 580 geographische Meilen, und die Reise wird im Allgemeinen in fünfzig Tagen bewältigt. Diese Karren sind sehr lang, schmal und mit Schilf gedeckt; sie haben nur zwei Räder, deren Durchmesser in manchen Fällen bis zu zehn Fuß beträgt. Jeder wird von sechs Ochsen gezogen, die von einem mindestens zwanzig Fuß langen Stachelstock angetrieben werden; dieser ist unterm Dach aufgehängt; für die Deichselochsen gibt es einen kleineren, und für das mittlere Paar ragen im rechten Winkel Spitzen aus der Mitte des langen. Die ganze Vorrichtung sieht wie ein Kriegsgerät aus. den ist, um das Stigma einer Blume an der Aufnahme des eigenen Samenstaubs zu hindern, platzen entweder, wie sowohl C. C. Sprengel als ich selbst gefunden, die Staubbeutel schon, bevor die Narbe zur Befruchtung reif ist, oder das Stigma ist vor dem Pollen derselben Blüte reif, sodass diese Pflanzen in der Tat getrennte Geschlechter haben und sich fortwährend kreuzen. Wie wundersam erscheinen diese Tatsachen! Wie wundersam, dass der Pollen und die Oberfläche des Stigmas einer und derselben Blüte so nahe zusammengerückt sind, als sollte dadurch die Selbstbefruchtung unvermeidlich werden, und dass beide gerade in so vielen dieser Fälle völlig unnütz füreinander sind. Wie einfach sind dagegen diese Tatsachen zu erklären aus der Ansicht, dass

von Zeit zu Zeit eine Kreuzung mit einem anderen Individuum vorteilhaft oder sogar unentbehrlich ist? Wenn verschiedene Varietäten von Kohl, Radieschen, Lauch u. e. a. Pflanzen dicht nebeneinander zur Samenbildung gebracht werden, so liefern ihre Samen, wie ich gefunden, großenteils Blendlinge. So z. B. erzog ich 233 Kohlsämlinge aus dem Samen einiger Stöcke von verschiedenen Varietäten, die nahe beieinander gewachsen waren, und von diesen entsprachen nur 78 der Varietät des Stocks, von dem sie eingesammelt worden waren, und selbst diese nicht alle genau. Nun ist aber das Pistill einer jeden Kohlblüte nicht allein von deren eigenen sechs Staubgefäßen, sondern auch von denen aller übrigen Blüten derselben Pflanze nahe umgeben. Wie kommt es denn, dass sich eine so große Anzahl von Sämlingen als Blendlinge erwiesen? Ich muss vermuten, dass es davon herrührt, dass der Pollen einer fremden Varietät einen überwiegenden Einfluss auf das eigene Stigma habe, und zwar eben infolge des Naturgesetzes, dass die Kreuzung zwischen verschiedenen Individuen derselben Spezies für diese nützlich ist. Werden dagegen verschiedene Arten miteinander gekreuzt, so ist der Erfolg gerade umgekehrt, indem der Pollen einer Art einen über den der anderen überwiegenden Einfluss hat. Doch auf diesen Gegenstand werde ich in einem späteren Kapitel zurückkommen. Handelt es sich um mächtige mit zahllosen Blüten bedeckte Bäume, so kann man einwenden, dass deren Pollen nur selten von einem Stamm auf den anderen übertragen werden und meistens nur von einer Blüte auf eine andere Blüte desselben Stammes gelangen kann, dass aber verschiedene Blüten eines Baumes nur in einem beschränkten Sinne als Individuen angesehen werden können. Ich halte diese Einrede für triftig; doch hat die Natur in dieser Hinsicht vorgesorgt, indem sie den Bäumen ein Streben zur Bildung von Blüten getrennten Geschlechtes verliehen hat. Sind die Geschlechter getrennt, wenngleich männliche und weibliche Blüten auf einem Stamm vereinigt sind, so muss der Pollen regelmäßig von einer Blüte zur anderen geführt werden, was denn auch mehr Aussicht gewährt, dass er gelegentlich von einem Stamm zum anderen kommt. Ich finde, dass in unseren Gegenden die Bäume aller Pflanzenordnungen öfter als Sträucher und Kräuter getrennte Geschlechter haben, und tabellarische Zusammenstellungen der N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



29. und 30. September 1833

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ir ritten weiter über Ebenen vom selben Gepräge. In San Nicolas sah ich erstmals den stattlichen Fluss Parana. Am Fuße des Plateaus, auf dem die Stadt steht, lagen etliche große Fahrzeuge vor Anker. Bevor wir in Rosario anlangten, überquerten wie den Saladillo, einen Fluss mit schönem, klar fließenden Wasser, aber zum Trinken zu salzig. Rosario ist eine große Stadt, die auf einer völlig flachen Ebene gebaut ist, welche ein ungefähr sechzig Fuß über dem Parana gelegenes Plateau bildet. Der Fluss ist hier sehr breit und weist viele Inseln auf, die, ebenso wie das jenseitige Ufer, niedrig und bewaldet sind. Der Blick gliche dem auf einen großen See, wären nicht die länglich geformten Inselchen, welche allein schon eine Vorstellung von fließendem Wasser vermitteln. Die Steilhänge sind der pittoreskeste Teil; an manchen Stellen sind sie absolut senkrecht und von roter Farbe, dann sind sie wieder eine einzige zerklüftete Masse und mit Kakteen und Mimosenbäumen bestanden. Die wahre Pracht eines solch gewaltigen Flusses leitet sich indes aus der Überlegung ab, was für ein wichtiges Verkehrs- und Handelsmittel zwischen einer Nation und einer anderen er darstellt, über welche Entfernung er fließt und wie groß das Gebiet ist, aus dem er die gewaltige Menge Süßwasser zieht, die einem an den Füßen vorbeiströmt.

neuseeländischen Bäume, welche Dr. Hooker, und der Vereinigten Staaten, welche Asa Gray mir auf meine Bitte geliefert hatten, haben wie vorauszusehen zum nämlichen Ergebnis geführt. Doch andererseits hat mich Dr. Hooker neuerlich benachrichtigt, dass diese Regel nicht für Australien gelte, und ich habe daher diese wenigen Bemerkungen über die Geschlechtsverhältnisse der Bäume nur machen wollen, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Was die Tiere betrifft, so gibt es unter den Landbewohnern nur wenige Zwitter, wie Schnecken und Regenwürmer, und diese paaren sich alle. Ich habe noch kein Beispiel kennengelernt, wo ein Landtier sich selbst befruchtete. Man kann diese merkwürdige Tatsache, welche einen so schroffen Gegensatz zu

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Rosario. den Landpflanzen bildet, nach der Ansicht, dass eine Kreuzung von Zeit zu Zeit nötig sei, erklären, indem man das Medium, worin die Landtiere leben, und die Beschaffenheit des befruchtenden Elementes berücksichtigt; denn wir kennen keinen Weg, auf welchem, wie durch Insekten und Wind bei den Pflanzen, eine gelegentliche Kreuzung zwischen Landtieren anders bewirkt werden könnte, als durch die unmittelbare Zusammenwirkung der beiderlei Individuen. Bei den Wassertieren dagegen gibt es viele sich selbst befruchtende Hermaphroditen; hier liefern aber die Strömungen des Wassers ein handgreifliches Mittel für gelegentliche Kreuzungen. Und, wie bei den Pflanzen, so habe ich auch bei den Tieren, sogar nach Besprechung mit einer der ersten Autoritäten, mit Professor Huxley nämlich, vergebens gesucht, auch nur eine hermaphroditische Tierart zu finden, deren Geschlechtsorgane so vollständig im Körper eingeschlossen wären, dass dadurch der gelegentliche Einfluss eines anderen Einzelwesens physisch unmöglich gemacht würde. Die Cirripeden schienen mir zwar lange Zeit einen in dieser Beziehung sehr schwierigen Fall darzubieten; ich bin aber durch einen glücklichen Umstand in die Lage gesetzt gewesen, schon anderwärts zeigen zu können, dass zwei Individuen, wenn auch in der Regel sich selbst befruchtende Zwitter, sich doch zuweilen kreuzen. Es muss den meisten Naturforschern als eine sonderbare Ausnahme schon aufgefallen sein, dass bei

Gabelschwanzmöwe, Galapagosinseln.

Toxodon platensis (gefunden in Saladillo).

Mylodon, ein ausgestorbenes Riesenfaultier in Patagonien.

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den meisten Pflanzen und Tieren solche Arten in einer Familie und oft in einer Sippe beisammenstehen, welche, obwohl im größeren Teil ihrer übrigen Organisation unter sich nahe übereinstimmend, doch zum Teil Zwitter und zum Teil eingeschlechtig sind. Wenn aber auch alle Hermaphroditen sich von Zeit zu Zeit mit anderen Einzelwesen kreuzen, so wird der Unterschied zwischen hermaphroditischen und eingeschlechtigen Arten, was ihre Geschlechtsfunktionen betrifft, ein sehr kleiner. Nach diesen mancherlei Betrachtungen und den vielen einzelnen Fällen, die ich gesammelt habe, jedoch hier nicht mitteilen kann, bin ich sehr zur Vermutung geneigt, dass im Pflanzen- wie im Tierreich die von Zeit zu Zeit erfolgende Kreuzung mit einem fremden Einzelwesen ein Naturgesetz ist. Ich weiß wohl, dass es in dieser Beziehung viele schwierige Fälle gibt, unter welchen einige sind, worüber ich mit Forschungen beschäftigt bin. Als Endergebnis können wir folgern, dass in vielen organischen Wesen die Kreuzung zweier Individuen eine offenbare Notwendigkeit für jede Fortpflanzung ist; bei vielen anderen genügt es, wenn sie von Zeit zu Zeit wiederkehrt; dagegen vermute ich, dass Selbstbefruchtung allein nirgends für immer ausreichend ist. Für natürliche Züchtung günstige Verhältnisse. – Das ist ein sehr verwickelter Gegenstand. Eine große Summe von erblicher Veränderlichkeit ist dafür günstig; aber ich glaube, dass schon individuelle Verschiedenheiten genügen. Eine große Anzahl von Individuen bietet mehr Aussicht auch auf das Hervortreten nutzbarer Abänderungen in einem gegebenen Zeitraum, selbst bei geringerem Betrag schon vorhandener Veränderlichkeit derselben, und ist eine äußerst wichtige Bedingung des Erfolges. Obwohl die Natur lange Zeiträume auf die Züchtung verwendet, so braucht sie doch keine von unendlicher Länge; denn da alle organischen Wesen sozusagen streben, eine Stelle im Haushalt der Natur einzunehmen, so muss eine Art, welche nicht gleichen Schrittes mit ihren Mitbewerbern verändert und verbessert wird, bald erlöschen. Bei planmäßiger Züchtung wählt der Züchter stets bestimmte Objekte, und freie Kreuzung würde sein Werk gänzlich hemmen. Haben aber viele Menschen, ohne die Absicht, ihre Rasse zu veredeln, eine ungefähr gleiche Ansicht über

Vollkommenheit, und sind alle bestrebt, nur die besten und vollkommensten Tiere zur Nachzucht zu verwenden, so wird, wenn auch langsam, aus dieser unbewussten Züchtung gewiss schon viel Umänderung und Veredlung hervorgehen, wenn auch viel Kreuzung mit schlechteren Tieren zwischendurch läuft. So ist es auch in der Natur. Findet sich ein beschränktes Gebiet mit einer nicht ganz angemessen ausgefüllten Stelle in ihrer geselligen Zusammensetzung, so wird die natürliche Züchtung bestrebt sein, alle Individuen zu erhalten, die, wenn auch in verschiedenem Grade, doch in der angemessenen Richtung so variieren, dass sie die Stelle allmählich besser auszufüllen im Stande sind. Ist jenes Gebiet aber groß, so werden seine verschiedenen Bezirke gewiss ungleiche Lebensbedingungen darbieten; und wenn dann durch den Einfluss der natürlichen Züchtung irgendeine Spezies auf eine andere Weise in jedem Bezirk abgeändert wurde, so wird an den Grenzen dieser Bezirke eine Kreuzung zwischen den Individuen jener verschiedenen Abänderungen eintreten, und in diesem Fall kann die Wirkung der Kreuzung durch die der natürlichen Züchtung, welche bestrebt ist, alle Individuen eines jeden Bezirks genau in derselben Weise den Lebensbedingungen anzupassen, kaum aufgewogen werden, weil in einer zusammenhängenden Fläche die Lebensbedingungen des einen in die des anderen Bezirks allmählich übergehen. Die Kreuzung wird hauptsächlich diejenigen Tiere berühren, welche sich zu jeder Fortpflanzung paaren, viel wandern und sich nicht rasch vervielfältigen. Daher bei Tieren dieser Art, Vögeln z. B., die Abänderungen gewöhnlich auf getrennte Gegenden beschränkt sein müssen, wie es auch der Fall zu sein scheint. Bei Zwitterorganismen, welche sich nur von Zeit zu Zeit mit anderen kreuzen, sowie bei solchen Tieren, die zu jeder Verjüngung ihrer Art sich paaren, aber wenig wandern und sich sehr rasch vervielfältigen können, dürfte sich eine neue und verbesserte Varietät an irgendeiner Stelle rasch bilden und sich dort in Masse zusammenhalten, sodass alle Kreuzung, wie sie auch beschaffen sei, nur zwischen Einzeltieren derselben neuen Varietät erfolgt. Ist eine örtliche Varietät auf solche Weise einmal gebildet, so wird sie sich nachher nur langsam über andere Bezirke verbreiten. Nach dem obigen

Prinzip ziehen Pflanzschulenbesitzer es immer vor, Samen von einer großen Pflanzenmasse gleicher Varietät zu ziehen, weil hierdurch die Möglichkeit einer Kreuzung mit anderen Varietäten gemindert wird. Selbst bei Tieren mit langsamer Vermehrung, die sich zu jeder Fortpflanzung paaren dürfen wir die Wirkungen der Kreuzung auf Verzögerung der natürlichen Züchtung nicht überschätzen; denn ich kann eine lange Liste von Tatsachen beibringen, woraus sich ergibt, dass in einem Gebiet Varietäten der nämlichen Tierart lange unterschieden bleiben können, wenn sie verschiedene Stationen innehaben, in etwas verschiedener Jahreszeit sich fortpflanzen, oder im Falle nur einerlei Varietät sich untereinander paaren.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



1. Oktober 1833

Wir brachen bei Mondschein auf und erreichten bei

Sonnenaufgang den Rio Tercero. Der Fluss wird auch der Saladillo genannt, und diesen Namen verdient er wohl, denn das Wasser ist brackig. Ich blieb den größeren Teil des Tages dort und suchte nach fossilen Knochen. Neben dem vollständigen Zahn eines Toxodons und zahlreichen verstreuten Wetzsteinen fand ich dicht beieinander zwei gewaltige Skelette, die aus dem senkrechten Hang des Parana scharf hervorstanden. Allerdings waren sie so stark zerfallen, dass ich lediglich kleine Fragmente eines der großen Backenzähne mitnehmen konnte; diese genügen jedoch als Beweis, dass die Überreste zu einem Mastodon gehörten, wahrscheinlich zu derselben Art wie jene, die einstmals die Kordilleren im oberen Peru in so großer Zahl bewohnt haben dürften. Die Männer, die mich im Kanu mitnahmen, sagten, sie hätten schon lange von diesen Skeletten gewusst und sich häufig gefragt, wie sie dorthin gelangt seien; da ihnen die Notwendigkeit einer Theorie bewusst war, kamen sie zu dem Schluss, dass das Mastodon, ebenso wie die Viscacha, einmal ein Höhlentier gewesen sein muss! Am Abend ritten wir eine weitere Etappe und überquerten den Monge, einen weiteren brackigen Fluss, der die Reste der Erosion der Pampas mit sich führte.

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Gelbhaubenkakadu (Cacatua galerita), in Australien und Neuguinea heimisch. Kreuzung spielt in der Natur insofern eine große Rolle, als sie die Individuen einer Art oder einer Varietät rein und einförmig in ihrem Charakter erhält. Sie wird dies offenbar weit wirksamer zu tun vermögen bei solchen Tieren, die sich für jede Fortpflanzung paaren; aber ich habe schon vorher zu zeigen versucht, dass Ursache zur Vermutung vorliegt, dass bei allen Pflanzen und bei allen Tieren von Zeit zu Zeit Kreuzungen erfolgen; – und wenn dies auch nur nach langen Zwischenräumen wieder einmal erfolgt, so bin ich überzeugt, dass die hierbei erzielten Abkömmlinge die durch lange Selbstbefruchtung erzielte Nachkommenschaft an Stärke und Fruchtbarkeit so sehr übertreffen, dass sie mehr Aussicht haben, dieselben zu überleben und sich fortzupflanzen, und so wird in langen Zeiträumen der Einfluss der wenn auch nur seltenen Kreuzungen doch groß sein. Bei Organismen, die sich niemals kreuzen, kann eine Gleichförmigkeit des Charakters so lange währen, als ihre äußeren Lebensbedingungen die nämlichen bleiben, teils infolge der Vererbung und teils infolge der natürlichen Züchtung, welche jede zufällige Abweichung

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von dem eigenen Typus immer wieder zerstört; wenn aber die Lebensbedingungen sich ändern und jene Wesen dementsprechende Abänderungen erleiden, so kann ihre hiernach abgeänderte Nachkommenschaft nur dadurch Einförmigkeit des Charakters behaupten, dass natürliche Züchtung dieselbe vorteilhafte Varietät erhält. Abschließung ist eine wichtige Bedingung im Prozess der natürlichen Zuchtwahl. In einem umgrenzten oder vereinzelten Gebiet werden, wenn es nicht sehr groß ist, die unorganischen wie die organischen Lebensbedingungen gewöhnlich in hohem Grade einförmig sein; daher wird die natürliche Zuchtwahl streben, alle Individuen einer veränderlichen Art in gleicher Weise mit Hinsicht auf die gleichen Lebensbedingungen zu modifizieren. Auch Kreuzungen mit solchen Individuen derselben Art, welche die den Bezirk umgrenzenden und anders beschaffenen Gegenden bewohnen mögen, kommen da nicht vor. Isolierung wirkt aber vielleicht noch kräftiger, insofern sie nach irgendeinem physikalischen Wechsel im Klima, in der Höhe des Landes usw. die

Einwanderung hindert; und so bleiben die neuen Stellen im Naturhaushalt der Gegend offen für die Bewerbung der alten Bewohner, bis diese sich durch geeignete Veränderungen in organischer Bildung und Tätigkeit derselben angepasst haben. Abschließung wird endlich dadurch, dass sie Einwanderung und daher Mitbewerbung hemmt, Zeit geben zur Bildung neuer Varietäten, und dies kann mitunter von Wichtigkeit sein für die Hervorbringung neuer Arten. Wenn dagegen ein isoliertes Landgebiet sehr klein ist, so wird notwendig auch, entweder der es umgebenden Schranken halber oder infolge seiner ganz eigentümlichen Lebensbedingungen, die Gesamtzahl der darin vorhandenen Individuen sehr klein sein; und geringe Individuenzahl verzögert sehr die Bildung neuer Arten durch natürliche Züchtung, weil sie die Möglichkeit des Auftretens neuer angemessener Abänderungen vermindert. Wenden wir uns zur Bestätigung der Wahrheit dieser Bemerkungen an die Natur und sehen uns um nach irgendeinem kleinen abgeschlossenen Gebiet, nach einer ozeanischen Insel z. B., so werden wir finden, dass, obwohl die Gesamtzahl der es bewohnenden Arten nur klein ist, wie sich in dem Kapitel über geographische Verbreitung ergeben wird, doch eine verhältnismäßig große Zahl dieser Arten endemisch ist, d. h. hier an Ort und Stelle und nirgends anderwärts erzeugt worden ist. Auf den ersten Anblick scheint es demnach, es müsse eine ozeanische Insel sehr geeignet zur Hervorbringung neuer Arten gewesen sein; um jedoch tatsächlich zu ermitteln, ob ein kleines abgeschlossenes Gebiet oder eine weite offene

Fläche für die Erzeugung neuer organischer Formen mehr geeignet gewesen sei, müssten wir auch gleichlange Zeiträume dabei vergleichen können, und dies sind wir nicht im Stande zu tun. Obwohl ich nun nicht zweifle, dass Isolierung bei Erzeugung neuer Arten ein sehr wichtiger Umstand ist, so möchte ich doch im Ganzen genommen glauben, dass große Ausdehnung des Gebietes noch wichtiger insbesondere für die Hervorbringung solcher Arten ist, die sich einer langen Dauer und weiten Verbreitung fähig zeigen. Auf einer großen und offenen Fläche wird nicht nur die Aussicht auf vorteilhafte Abänderungen wegen der größeren Anzahl von Individuen einer Art günstiger, es werden auch die Lebensbedingungen wegen der großen Anzahl schon vorhandener Arten unendlich zusammengesetzter sein; und wenn einige von diesen zahlreichen Arten verändert oder verbessert werden, so müssen auch andere in entsprechendem Grade verbessert werden oder untergehen. Ebenso wird jede neue Form, sobald sie sich stark verbessert hat, fähig sein, sich über die offene und zusammenhängende Fläche auszubreiten, und wird hierdurch in Mitbewerbung mit vielen anderen treten. Es werden hiermit mehr neu zu besetzende Stellen entstehen, und die Mitbewerbung um deren Ausfüllung wird viel heftiger als auf einem kleinen und abgeschlossenen Gebiet werden. Außerdem aber mögen große Flächen, wenn sie jetzt auch zusammenhängend sind, infolge der Schwankungen ihrer Oberfläche, oft noch unlängst von unterbrochener Beschaffenheit gewesen sein, sodass sie an den guten Wirkungen der Isolierung wenigstens bis zu

Rio Parana. N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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einem gewissen Grad mit teilgenommen haben. Ich komme demnach zum Schluss, dass, wenn kleine abgeschlossene Gebiete auch in manchen Beziehungen wahrscheinlich sehr günstig für die Erzeugung neuer Arten gewesen sind, doch auf großen Flächen die Abänderungen im Allgemeinen rascher erfolgt sind und, was noch wichtiger ist, die auf den großen Flächen entstandenen neuen Formen, welche bereits den Sieg über viele Mitbewerber davongetragen, solche sind, die sich am weitesten verbreiten und die zahlreichsten neuen Varietäten und Arten liefern, mithin den wesentlichsten Anteil an den geschichtlichen Veränderungen der organischen Welt nehmen. Wir können von diesen Gesichtspunkten aus vielleicht einige Tatsachen verstehen, welche in unserem Kapitel über die geographische Verbreitung erörtert werden sollen; z. B. dass die Erzeugnisse des kleineren australischen Kontinentes früher vor denen der größeren europäisch-asiatischen Fläche gewichen und anscheinend noch jetzt im Weichen begriffen sind. Daher kommt es ferner, dass festländische Erzeugnisse allenthalben so reichlich auf Inseln naturalisiert worden sind. Auf einer kleinen Insel wird der Wettkampf ums Dasein viel weniger heftig, Erlöschung wird weniger und Abänderung geringer gewesen sein. Daher rührt es vielleicht auch, dass die Flora von Madeira nach Oswald Heer der erloschenen Tertiärflora Europas gleicht. Alle Süßwasserbecken zusammengenommen nehmen dem Meere wie dem trockenen Lande gegenüber nur eine kleine Fläche ein, und demgemäß wird die Mitbewerbung zwischen den Süßwassererzeugnissen minder heftig gewesen sein als anderwärts; neue Formen sind langsamer entstanden und alte langsamer erloschen. Im süßen Wasser finden wir sieben Sippen ganoider oder schmelzschuppiger Fische als übriggebliebene Vertreter einer einst vorherrschenden Ordnung dieser Klasse; und im süßen Wasser finden wir auch einige der anomalsten Wesen, welche auf der Erde bekannt sind, den Ornithorhynchus und den Lepidosiren, welche gleich fossilen Formen bis zu gewissem Grade solche Ordnungen miteinander verbinden, welche jetzt auf der natürlichen Stufenleiter weit voneinander entfernt sind. Man kann daher diese anomalen Formen immerhin »lebende Fossile« nennen. Sie haben ausgedauert bis auf den heutigen Tag, weil sie eine beschränkte Fläche bewohnt

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haben und in dessen Folge einer minder heftigen Mitbewerbung ausgesetzt gewesen sind. Fassen wir die der natürlichen Züchtung günstigen und ungünstigen Umstände schließlich zusammen, soweit die äußerst verwickelte Beschaffenheit solches gestattet. Ich gelange mit Hinsicht auf die Zukunft zu dem Schluss, dass für Landerzeugnisse eine weite Festlandfläche, welche wahrscheinlich noch vielfältige Höhenwechsel zu erfahren hat und sich daher lange Zeiträume hindurch in einem unterbrochenen Zustand befinden wird, für Hervorbringung vieler neuer, zu langer Dauer und weiter Verbreitung geeigneter Lebensformen die günstigsten Bedingungen darbieten wird. Eine solche Fläche kann zuerst ein Festland gewesen sein, dessen Bewohner in jener Zeit zahlreich an Arten und Individuen sehr lebhafter Mitbewerbung ausgesetzt gewesen sind. Ist sodann der Kontinent durch Senkung in große Inseln geschieden worden, so werden noch viele Individuen einer Art auf jeder Insel übrig sein, welche sich an den Grenzen ihrer Verbreitungsbezirke (der Inseln) miteinander zu kreuzen gehindert sind. Ebenso können nach irgendwelchen physikalischen Veränderungen keine Einwanderungen stattfinden, daher die neu entstehenden Stellen in der gesellschaftlichen Verbindung jeder Insel durch Abänderungen ihrer alten Bewohner ausgefüllt werden müssen. Um die Varietäten einer jeden zu diesem Zweck umzugestalten und zu vervollkommnen, wird lange Zeit nötig sein. Sollten durch eine neue Hebung die Inseln wieder in ein Festland zusammenfließen, so wird eine heftige Mitbewerbung erfolgen. Die am meisten begünstigten oder verbesserten Varietäten werden sich ausbreiten, viele minder vollkommene Formen erlöschen und die Verhältniszahlen des erneuerten Kontinents sich bedeutend ändern. Es wird daher der natürlichen Züchtung ein reiches Feld zur ferneren Verbesserung der Bewohner und zur Hervorbringung neuer Arten geboten sein. Ich gebe vollkommen zu, dass die natürliche Züchtung zuweilen mit äußerster Langsamkeit wirkt. Ihre Tätigkeit hängt davon ab, ob in dem gesellschaftlichen Verband der Natur Stellen vorhanden sind, welche dadurch besser besetzt werden könnten, dass einige Bewohner der Gegend irgendwelche Abänderung erführen. Das Vorhandensein solcher Stellen wird oft von gewöhnlich langsamen physika-

Evolution des Pferdes. Darwin fand Fossilien von ausgestorbenen Pferdeartigen in Südamerika. lischen Veränderungen und davon abhängen, ob die Einwanderung besser anpassender Formen gehindert ist. Aber die Tätigkeit der natürlichen Züchtung wird wahrscheinlich noch öfter davon bedingt sein, dass einige der Bewohner langsame Abänderungen erleiden, indem hierdurch die Wechselbeziehungen vieler alter Bewohner zueinander gestört werden. Nichts kann bewirkt werden, bevor nicht vorteilhafte Abänderungen vorkommen, und Abänderung selbst ist offenbar stets ein sehr langsamer Vorgang. Viele werden der Meinung sein, dass diese verschiedenen Ursachen ganz genügend seien, um die Tätigkeit der natürlichen Züchtung vollständig zu hindern; ich bin jedoch nicht dieser Ansicht. Auf der anderen Seite glaube ich, dass natürliche Züchtung immer sehr langsam wirkt, oft erst wieder nach langen Zeitzwischenräumen und gewöhnlich nur bei sehr wenigen Bewohnern einer Gegend zugleich. Ich glaube ferner, dass diese sehr langsame und aussetzende Tätigkeit der natürlichen Züchtung ganz gut demjenigen entspricht, was uns die Geologie in Bezug auf die Ordnung und Art der Veränderung lehrt, welche die Bewohner dieser Erde allmählich erfahren haben. Wie langsam aber auch der Prozess der Züchtung sein mag: Wenn der schwache Mensch in kurzer Zeit schon so viel durch seine künstliche Züchtung

tun kann, so vermag ich keine Grenze für den Umfang der Veränderungen, für die Schönheit und endlose Verflechtung der Anpassungen aller organischen Wesen aneinander und an ihre natürlichen Lebensbedingungen zu erkennen, welche die natürliche Züchtung im Verlauf unermesslicher Zeiträume zu bewirken im Stande ist. Erlöschen. – Dieser Gegenstand wird in unserem Abschnitt über Geologie vollständiger abzuhandeln sein; hier berühren wir ihn nur, insofern er mit der Züchtung zusammenhängt. Natürliche Züchtung wirkt nur durch Erhaltung vorteilhafter Abänderungen, welche die anderen zu überdauern vermögen. Wenn jedoch infolge des geometrischen Vervielfältigungsvermögens aller organischen Wesen jeder Bezirk schön genügend mit Bewohnern versorgt ist, so folgt, dass in demselben Grad, in welchem die ausgewählte und begünstigte Form an Menge zunimmt, die minder begünstigte allmählich abnehmen und seltener werden müsse. Seltenwerden ist, wie die Geologie uns lehrt, Anfang des Erlöschens. Man erkennt auch, dass eine nur durch wenige Individuen vertretene Form durch Schwankungen in den Jahreszeiten oder in der Zahl ihrer Feinde große Gefahr gänzlicher Vertilgung läuft. Doch können wir noch weiter gehen und sagen: N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



5. Oktober 1833

Wir überquerten den Parana nach Santa Fé

Bajada, einer Stadt am gegenüberliegenden Ufer. Die Überfahrt dauerte einige Stunden, da der Fluss hier aus einem Labyrinth kleiner Läufe bestand, die durch niedrige, bewaldete Inseln getrennt waren. Ich hatte ein Empfehlungsschreiben für einen alten katalonischen Spanier, der mich mit ganz ungewöhnlicher Gastfreundschaft behandelte. Bajada ist die Hauptstadt von Entre Rios. 1825 zählte die Stadt 6000 Einwohner und die Provinz 30 000; aber so wenig Einwohner es auch sind, hat doch keine Provinz mehr unter blutigen und verzweifelten Revolutionen gelitten. Man ist hier stolz auf Repräsentanten, Minister, ein stehendes Heer und Gouverneure: Es nimmt also nicht wunder, dass sie ihre Revolutionen haben. Eines künftigen Tages dürfte es eines der reichsten Länder La Platas sein. Sein Boden ist vielfältig und ergiebig, und seine nahezu inselartige Form gibt ihm durch die Flüsse Parana und Uruguay zwei großartige Verkehrsadern. Wenn neue Formen langsam, aber beständig erzeugt werden, so müssen andere unvermeidlich fortwährend erlöschen, wenn nicht die Zahl der spezifischen Formen beständig und fast unendlich anwachsen soll. Die Geologie zeigt uns deutlich, dass die Zahl der Artformen nicht ins Unbegrenzte gewachsen ist, und es lässt sich nicht einmal die Möglichkeit dafür einsehen, weil die Zahl der Stellen im Naturhaushalt nicht unendlich groß ist, wenn wir auch in keiner Weise zu behaupten beabsichtigen, dass irgendwelche Gegend bereits das mögliche Maximum ihrer Artenzahl besitze. Wahrscheinlich ist noch keine Gegend vollständig besetzt; denn obwohl am Kap der Guten Hoffnung z. B. mehr Arten als irgendwo sonst in der Welt zusammengedrängt sind, hat man doch noch einige fremde Pflanzen eingeführt, ohne, so viel bekannt, das Erlöschen irgendwelcher eingeborenen Arten zu veranlassen. Ferner haben diejenigen Arten, welche die zahlreichsten Individuen zählen, die meiste Wahrscheinlichkeit für sich, innerhalb einer gegebenen Zelt vorteilhafte Abänderungen hervorzubringen. Die im zweiten Kapitel mitgeteilten Tatsachen kön-

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nen zum Beweis dafür dienen, indem sie zeigen, dass gerade die gemeinsten Arten die größte Anzahl ausgezeichneter Varietäten oder anfangender Spezies liefern. Daher werden denn auch die selteneren Arten in einer gegebenen Periode weniger rasch umgeändert oder verbessert werden und demzufolge in dem Kampfe mit den umgeänderten Abkömmlingen der gemeineren Arten unterliegen. Aus diesen verschiedenen Betrachtungen scheint nun unvermeidlich zu folgen, dass in dem Maße, wie im Laufe der Zeit neue Arten durch natürliche Züchtung entstehen, andere seltener und seltener werden und endlich erlöschen müssen. Diejenigen Formen werden natürlich am meisten leiden, welche den umgeänderten und verbesserten am nächsten stehen. Und wir haben in dem Abschnitt vom Ringen ums Dasein gesehen, dass es die miteinander am nächsten verwandten Formenvarietäten der nämlichen Art und Arten der nämlichen oder einander zunächst verwandten Sippen sind, die, weil sie nahezu gleichen Bau, Konstitution und Lebensweise haben, meistens auch in die heftigste Mitbewerbung miteinander geraten. Wir sehen den nämlichen Prozess der Austilgung unter unseren Kulturerzeugnissen vor sich gehen, infolge der Züchtung verbesserter Formen durch den Menschen. Ich könnte mit vielen merkwürdigen Belegen zeigen, wie schnell neue Rassen von Rindern, Schafen und anderen Tieren oder neue Varietäten von Blumen die Stelle der früheren und unvollkommeneren einnehmen. In Yorkshire ist es geschichtlich bekannt, dass das alte schwarze Rindvieh durch die Langhornrasse verdrängt und dass diese, nach dem Ausdruck eines landwirtschaftlichen Schriftstellers, wie durch eine mörderische Seuche von den Kurzhörnern weggefegt worden ist. Divergenz des Charakters. – Das Prinzip, welches ich mit diesem Ausdruck bezeichne, ist von hoher Wichtigkeit für meine Theorie und erklärt nach meiner Meinung verschiedene wichtige Tatsachen. Erstens gibt es manche sehr ausgeprägte Varietäten, die, obwohl sie etwas vom Charakter der Spezies an sich haben, wie in vielen Fällen aus den hoffnungslosen Zweifeln über ihren Rang erhellt, doch gewiss viel weniger als gute und echte Arten voneinander abweichen. Dem ungeachtet sind nach meiner Anschauungsweise Varietäten eben anfangende Spezies. Auf welche Weise wächst

nun jene kleinere Verschiedenheit zur größeren spezifischen Verschiedenheit an? Dass dies allgemein geschehe, müssen wir aus den fast unzähligen in der ganzen Natur vorhandenen Arten mit wohl ausgeprägten Varietäten schließen, während Varietäten, die von uns unterstellten Prototypen und Eltern künftiger wohl unterschiedener Arten, nur geringe und schlecht ausgeprägte Unterschiede darbieten. Wenn es bloß der sogenannte Zufall wäre, der die Abweichung einer Varietät von ihren Eltern in einigen Beziehungen und dann die noch stärkere Abweichung des Nachkömmlings dieser Varietät von jenen Eltern in gleicher Richtung veranlasste, so würde dieser doch nicht genügen, ein so gewöhnliches und großes Maß von Verschiedenheit zu erklären, als zwischen Varietäten einer Art und zwischen Arten einer Sippe vorhanden ist. Wir wollen daher, wie ich es bis jetzt zu tun gewöhnt war, auch diesen Gegenstand mit Hilfe unserer Kulturerzeugnisse erläutern. Wir werden dabei etwas Analoges finden. Ein Liebhaber wird durch eine Taube mit merklich kürzerem und ein anderer durch eine solche mit viel längerem Schnabel erfreut, und da »Liebhaber Mittelmäßigkeiten nicht bewundern,

sondern Extreme lieben«, so machen sich beide daran (wie es mit Purzeltauben wirklich der Fall gewesen ist), zur Nachzucht Vögel mit immer kürzeren und kürzeren oder immer längeren und längeren Schnäbeln zu wählen. Ebenso können wir unterstellen, es habe jemand in früherer Zeit schlankere und ein anderer jemand stärkere und schwerere Pferde vorgezogen. Die ersten Unterschiede werden nur sehr gering gewesen sein; wenn nun aber im Laufe der Zeit einige Züchter fortwährend die schlankeren und andere ebenso die schwereren Pferde zur Nachzucht auswählen, so werden die Verschiedenheiten immer größer werden und Veranlassung geben, zwei Unterrassen zu unterscheiden, und nach Verlauf von Jahrhunderten können diese Unterrassen sich endlich zu zwei wohlbegründeten verschiedenen Rassen ausbilden. Da die Verschiedenheiten langsam zunehmen, so werden die unvollkommeneren Tiere von mittlerem Charakter, die weder sehr leicht noch sehr schwer sind, vernachlässigt werden und zum Erlöschen neigen. Daher sehen wir dann auch in diesen künstlichen Erzeugnissen des Menschen, dass infolge des Divergenzprinzips, wie man es nennen könnte, die anfangs kaum bemerkbaren Verschiedenheiten immer zunehmen und die

Riesen-Büschelbarsch (Cirrhitus rivulatus), Galapagosinseln. N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Darwins Diagramm der Divergenz der Taxa, aus dem vierten Kapitel der Entstehung der Arten.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



15. Oktober 1833

Wir lichteten den Anker und passierten Punta Gorda, wo sich eine Kolonie friedlicher Indianer

aus der Provinz Missiones befindet. Wir segelten schnell auf der Strömung hinab, doch noch vor Sonnenuntergang drehten wir aus einer törichten Furcht vor schlechtem Wetter in einem schmalen Arm des Flusses bei. Ich nahm das Boot und ruderte ein Stück den Bach hinauf. Er war sehr schmal, gewunden und tief; eine an jeder Seite dreißig bis vierzig Fuß hohe Wand aus Bäumen, die mit Schlingpflanzen verflochten waren, gaben dem Kanal ein eigentümlich düsteres Aussehen. Dort sah ich einen ganz ungewöhnlichen Vogel mit Namen Scherenschnabel (Rhynchops nigra). Er hat kurze Beine, Schwimmfüße, extrem lange, zugespitzte Flügel und ungefähr die Größe einer Seeschwalbe. Der Schnabel ist seitlich abgeflacht, das heißt, in einer Ebene im rechten Winkel zu jenem des Löffelreihers oder der Ente. Er ist flach und elastisch wie ein elfenbeinerner Brieföffner, und der untere Teil ist, anders als bei jedem anderen Vogel, eineinhalb Zoll länger als der obere. Auf einem See bei Maldonado, in dem das Wasser nahezu vollkommen versickert war und der folglich von Fischbrut nur so wimmelte, sah ich etliche dieser Vögel, zumeist in kleinen Schwärmen, dicht über der Oberfläche rasch hin und her fliegen. Sie hielten den Schnabel weit geöffnet, wobei der untere Teil halb im Wasser steckte. Wie sie so übers Wasser strichen, pflügten sie es dabei: Das Wasser war ganz glatt, und der Anblick eines Schwarms, in dem jeder Vogel sein schmales Kielwasser auf der spiegelgleichen Oberfläche hinterließ, war ein ganz wundersames Schauspiel. Mitten im Flug schnellen sie häufig mit äußerster Geschwindigkeit herum und vermögen mit dem vorstehenden unteren Teil geschickt kleine Fische aufzupflügen, die sodann mithilfe der oberen und kürzeren Hälfte des scherenartigen Schnabels festgehalten werden. Dies sah ich wiederholt, während sie, Schwalben gleich, dicht vor mir fortwährend hin und her flogen. Verließen sie gelegentlich einmal die Wasserfläche, war ihr Flug wild, unregelmäßig und schnell; dann stießen sie auch laute, raue Schreie aus. Wenn diese Vögel fischen, fällt der Vorteil der langen Hauptfedern ihrer Flügel, indem sie sie trocken halten, sofort ins Auge. Werden sie so benutzt, gleicht ihre Form dem Symbol, durch das viele Maler Seevögel darstellen. Der Schwanz findet bei der Steuerung ihres unregelmäßigen Kurses stark Verwendung. Diese Vögel sind entlang des Laufs des Rio Parana bis weit ins Landesinnere verbreitet; es heißt, sie bleiben das ganze Jahr über dort und brüten in den Marschen. Am Tage ruhen sie sich in Scharen in einiger Entfernung vom Wasser auf den Grasebenen aus. Wir lagen, wie ich schon sagte, in einem der tiefen Wasserläufe zwischen den Inseln des Parana vor Anker, der Abend neigte sich dem Ende zu, als unvermittelt einer der Scherenschnäbel erschien. Das Wasser war ganz unbewegt, und viele kleine Fische stiegen auf. Der Vogel flog lange Zeit in seiner wilden und unregelmäßigen Art dicht überm Wasser den schmalen Kanal auf und ab, der nun von der hereinbrechenden Nacht und den überhängenden Bäumen dunkel war. In Montevideo hatte ich beobachtet, dass manche große Schwärme den Tag über auf den Schlickbänken am Kopf der Hafenmole verweilten, so wie sie es auf den Grasebenen am Parana hielten, und jeden Abend flogen sie aufs Meer hinaus. Aufgrund dessen vermute ich, dass der Rhynchops im Allgemeinen bei Nacht fischt, wenn viele der niederen Tiere in größter Zahl an die Oberfläche kommen. M. Lesson schreibt, er habe gesehen, wie diese Vögel Muscheln der Mactrae öffneten, die in den Sandbänken an der Küste Chiles vergraben waren: Wegen ihres schwachen Schnabels, dessen unterer Teil so weit vorragt, und wegen ihrer kurzen Beine und langen Flügel ist es sehr unwahrscheinlich, dass das bei ihnen eine gängige Gewohnheit ist.

Rhynchops nigra, der Scherenschnabel (heute Trauerscherenschnabel genannt), den Darwin am Rio Parana sah. Rassen immer weiter unter sich wie von ihren gemeinsamen Stammeltern abweichen. Aber wie, kann man fragen, lässt sich ein solches Prinzip auf die Natur anwenden? Ich glaube, dass es schon durch den einfachen Umstand eine erfolgreiche Anwendung findet, dass, je weiter die Abkömmlinge einer Spezies in Bau, organischen Verrichtungen und Lebensweise auseinandergehen, sie umso besser geeignet sein werden, viele und sehr verschiedene Stellen im Haushalt der Natur einzunehmen und somit an Zahl zuzunehmen. Dies zeigt sich deutlich bei Tieren mit einfacher Lebensweise. Nehmen wir ein vierfüßiges Raubtier zum Beispiel, dessen Zahl in einer Gegend schon längst zu dem vollen Betrag angestiegen ist, welches die Gegend zu ernähren vermag. Hat das ihm innewohnende Vervielfältigungsvermögen freies Spiel, so kann dieselbe Tierart (vorausgesetzt, dass die Gegend keine Veränderung ihrer natürlichen Verhältnisse erfährt) nur dann noch weiter zunehmen, wenn ihre Nachkommen in der Weise abändern, dass sie allmählich solche Stellen einnehmen können, welche jetzt andere Tiere schon innehaben, wenn z. B. einige derselben geschickt werden, auf neue Arten von lebender oder toter Beute auszugehen, indem sie neue Standorte bewohnen, Bäume erklimmen, ins Wasser gehen oder auch einen

Teil ihrer Raubtiernatur aufgeben. Je mehr nun diese Nachkommen unseres Raubtiers in Organisation und Lebensweise auseinandergehen, desto mehr Stellen werden sie fähig sein in der Natur einzunehmen. Und was von einem Tier gilt, das gilt durch alle Zeiten von allen Tieren, vorausgesetzt, dass sie variieren; denn außerdem kann natürliche Züchtung nichts ausrichten. Und dasselbe gilt von den Pflanzen. Es ist durch Versuche dargetan worden, dass wenn man eine Strecke Landes mit Gräsern verschiedener Sippen besät, man eine größere Anzahl von Pflanzen erziehen und ein größeres Gewicht von Heu einbringen kann, als wenn man eine gleiche Strecke nur mit einer Grasart ansät. Zum nämlichen Ergebnis ist man gelangt, indem man zuerst eine Varietät und dann verschiedene gemischte Varietäten von Weizen auf zwei gleich große Grundstücke säte. Wenn daher eine Grasart in Varietäten auseinandergeht und diese Varietäten, unter sich in derselben Weise verschieden wie die Arten und Sippen der Gräser verschieden sind, immer wieder zur Nachzucht gewählt werden, so wird eine größere Anzahl einzelner Stöcke dieser Grasart mit Einschluss ihrer Varietäten auf gleicher Fläche wachsen können als zuvor. Bekanntlich streut jede Grasart und Varietät jährlich eine fast zahllose Menge von Samen aus, sodass man fast sagen könnte, ihr hauptsächlichstes Streben sei Vermehrung N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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ihrer Anzahl. Daher zweifle ich nicht daran, dass im Verlauf von vielen tausend Generationen gerade die am weitesten auseinandergehenden Varietäten einer Grasart immer am meisten Wahrscheinlichkeit des Erfolges durch Vermehrung ihrer Anzahl und durch Verdrängung der geringeren Abweichungen für sich haben; und sind diese Varietäten nun weit voneinander verschieden, so nehmen sie den Charakter der Arten an. Die Wahrheit des Prinzips, dass die größte Summe von Leben vermittelt werden kann durch die größte Differenzierung der Struktur, lässt sich unter vielerlei natürlichen Verhältnissen erkennen. Wir sehen auf ganz kleinen Räumen, zumal wenn sie der Einwanderung offen sind und mithin das Ringen der Arten miteinander heftig ist, stets eine große Mannigfaltigkeit von Bewohnern. So fand ich z. B. auf einem 3 Fuß langen und 4 Fuß breiten Stück Rasen, welches viele Jahre lang genau denselben Bedingungen ausgesetzt gewesen war, zwanzig Arten von Pflanzen aus achtzehn Sippen und acht Ordnungen beisammen, woraus sich ergibt, wie verschieden voneinander eben diese Pflanzen sind. So ist es auch mit den Pflanzen und Insekten auf kleinen einförmigen Inseln; und ebenso in kleinen Süßwasserbehältern. Die Landwirte wissen, dass sie bei einer Rotation mit Pflanzenarten aus den verschiedensten Ordnungen am meisten Futter erziehen können, und die Natur bietet, was man eine simultane Rotation nennen könnte. Die meisten Pflanzen und Tiere, welche rings um ein kleines Grundstück wohnen, würden auch auf diesem Grundstück (wenn es nicht in irgendeiner Beziehung von sehr abweichender Beschaffenheit ist) leben können und streben sozusagen in hohem Grade danach, da zu leben; wo sie aber in nächste Mitbewerbung miteinander kommen, da sehen wir, dass ihre aus der Differenzierung ihrer Organisation, Lebensweise und Konstitution sich ergebenden wechselseitigen Vorzüge bedingen, dass die am unmittelbarsten miteinander ringenden Bewohner im Allgemeinen verschiedenen Sippen und Ordnungen angehören. Dasselbe Prinzip erkennt man, wo der Mensch Pflanzen im fremden Land zu naturalisieren strebt. Man hätte erwarten dürfen, dass diejenigen Pflanzen, die mit Erfolg in einem Land naturalisiert werden können, im Allgemeinen nahe verwandt mit den Eingeborenen seien; denn diese betrachtet man

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gewöhnlich als besonders für ihre Heimat geschaffen und angepasst. Ebenso hätte man vielleicht erwartet, dass die naturalisierten Pflanzen zu einigen wenigen Gruppen gehörten, welche nur etwa gewissen Stationen entsprächen. Aber die Sache verhält sich ganz anders, und Alphonse de Candolle hat in seinem großen und vortrefflichen Werk ganz wohl gezeigt, dass die Floren durch Naturalisierung, der Anzahl der eingeborenen Sippen und Arten gegenüber, weit mehr an neuen Sippen als an neuen Arten gewinnen. Um nur ein Beispiel zu geben, so sind in Dr. Asa Grays ›Manual of the Flora of the Northern United States‹ 260 naturalisierte Pflanzenarten aus 162 Sippen aufgezählt. Wir sehen ferner, dass diese naturalisierten Pflanzen von sehr verschiedener Natur sind und auch von den eingeborenen insofern weit abweichen, als aus jenen 162 Sippen nicht weniger als 100 ganz fremdländisch sind, daher die eingeborene Flora verhältnismäßig mehr an Sippen als an Arten bereichert worden ist. Berücksichtigt man die Natur der Pflanzen und Tiere, welche der Reihe nach erfolgreich mit den eingeborenen einer Gegend gerungen haben und in dessen Folge naturalisiert worden sind, so kann man eine rohe Vorstellung davon gewinnen, wie etwa einige der eingeborenen hätten modifiziert werden müssen, um einen Vorteil über die anderen eingeborenen zu erlangen; wir können, wie ich glaube, wenigstens mit Sicherheit schließen, dass eine Differenzierung ihrer Struktur bis zu einem zur Bildung neuer Sippen genügenden Betrag für sie ersprießlich gewesen wäre. Der Vorteil einer Differenzierung der eingeborenen einer Gegend ist in der Tat derselbe, welcher für einen individuellen Organismus aus der physiologischen Teilung der Arbeit unter seine Organe entspringt, ein von Milne Edwards so trefflich erläuterter Gegenstand. Kein Physiologe zweifelt daran, dass ein Magen, welcher nur zur Verdauung von vegetabilischer oder von animalischer Materie allein geeignet ist, die meiste Nahrung aus diesen Stoffen zieht. So werden auch in dem großen Haushalt eines Landes umso mehr Individuen von Pflanzen und Tieren ihren Unterhalt zu finden im Stande sein, je mehr dieselben hinsichtlich ihrer Lebensweise differenziert sind. Eine Gesellschaft von Tieren mit nur wenig differenzierter Organisation kann schwerlich mit einer anderen von vollständiger differenziertem Bau wer-

Galapagos-Seelöwenweibchen mit Jungem auf einem roten Lavastrand. ben. So wird man z. B. bezweifeln müssen, dass die australischen Beuteltiere, welche nach Waterhouses u. a. Bemerkung, in weniger voneinander abweichende Gruppen unterschieden, unsere Raubtiere, Wiederkäuer und Nager vertreten, im Stande sein würden, mit diesen wohl ausgesprochenen Ordnungen zu werben. In den australischen Säugetieren erblicken wir den Prozess der Differenzierung auf einer noch frühen und unvollkommenen Entwicklungsstufe. Nach dieser vorangehenden Erörterung, die einer größeren Ausdehnung bedürfte, dürfen wir wohl annehmen, dass die abgeänderten Nachkommen einer Spezies umso mehr Erfolg haben werden, je mehr sie in ihrer Organisation differenziert und hierdurch geeignet sein werden, sich auf die bereits von anderen Wesen eingenommenen Stellen einzudrängen. Wir wollen nun zusehen, wie dieses nützliche, von der Divergenz des Charakters abgeleitete Prinzip in Verbindung mit den Prinzipien der natürlichen Züchtung und der Erlöschung zusammenwirkt. Das beigefügte Bild (S. 126–127) wird uns dienen, diese sehr verwickelte Frage besser zu begreifen.

Gesetzt, es bezeichnen die Buchstaben A bis L die Arten einer großen Sippe in ihrer Heimatgegend; diese Arten gleichen einander in verschiedenen Abstufungen, wie es eben in der Natur der Fall zu sein pflegt, und was durch verschiedene Entfernung jener Buchstaben voneinander ausgedrückt werden soll. Wir wählen eine große Sippe, weil wir schon im zweiten Kapitel gesehen haben, dass verhältnismäßig mehr Arten großer Sippen als kleiner variieren, und dass dieselben eine größere Anzahl von Varietäten darbieten. Wir haben ferner gesehen, dass die gemeinsten und am weitesten verbreiteten Arten mehr als die seltenen mit kleinen Wohnbezirken abändern. Es sei nun A eine gemeine weit verbreitete und abändernde Art einer großen Sippe in ihrer Heimatgegend; der kleine Fächer divergierender Punktlinien von ungleicher Länge, welche von A ausgehen, möge ihre variierende Nachkommenschaft darstellen. Es ist ferner angenommen, deren Abänderungen seien außerordentlich gering, aber von der mannigfaltigsten Beschaffenheit, nicht von gleichzeitiger, sondern oft durch lange Zwischenzeiten getrennter Erscheinung, und endlich N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Nachtlager, Buenos Aires. von ungleich langer Dauer. Nur jene Abänderungen, welche in irgendeiner Beziehung nützlich sind, werden erhalten und zur natürlichen Züchtung verwendet. Und hier ist es wichtig, dass das Prinzip der Nützlichkeit von der Divergenz des Charakters abgeleitet ist; denn dies wird meistens zu den am weitesten auseinandergehenden Abänderungen führen (welche durch unsere punktierten Linien dargestellt sind), wie sie durch natürliche Züchtung erhalten und gehäuft worden. Wenn nun in unserem Bild eine der punktierten Linien eine der waagerechten Linien erreicht und dort mit einem kleinen nummerierten Buchstaben bezeichnet erscheint, so ist angenommen, dass darin eine Summe von Abänderung gehäuft sei, genügend zur Bildung einer ganz wohlbezeichneten Varietät, wie wir sie der Aufnahme in ein systematisches Werk wert achten. Die Zwischenräume zwischen zwei waagerechten Linien des Bildes mögen je 1000 (besser wären 10 000) Generationen entsprechen. Nach 1000 Generationen hätte die Art A zwei ganz wohlausgeprägte Varietäten a1 und m1 hervorgebracht. Diese zwei Varietäten wer-

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den fortwährend denselben Bedingungen ausgesetzt, welche ihre Stammeltern zur Abänderung veranlassten, und das Streben nach Abänderung in ihnen ist erblich. Sie werden daher nach weiterer Abänderung und gewöhnlich in derselben Art und Richtung streben wie ihre Stammeltern. Überdies werden diese zwei Varietäten, als nur erst wenig modifizierte Formen, streben diejenigen Vorzüge weiter zu erwerben, welche ihren gemeinsamen Eltern A das nummerische Übergewicht über die meisten anderen Bewohner derselben Gegend verschafft haben; sie werden gleicherweise teilnehmen an denjenigen Vorteilen, welche die Sippe, wozu ihre Stammeltern gehörten, zur großen Sippe in ihrer Heimat erhoben. Und wir wissen, dass alle diese Umstände zur Hervorbringung neuer Varietäten günstig sind. Wenn nun diese zwei Varietäten ebenfalls veränderlich sind, so werden die divergentesten ihrer Abänderungen gewöhnlich in den nächsten 1000 Generationen fortbestehen. Nach dieser Zeit, ist in unserem Bilde angenommen, habe Varietät a1 die Varietät a2 hervorgebracht, die nach dem

Differenzierungsprinzip weiter als a1 von A verschieden ist. Varietät m1 hat zwei andere Varietäten m2 und s2 ergeben, welche unter sich und noch mehr von ihrer gemeinsamen Stammform A abweichen. So können wir den Vorgang lange Zeit von Stufe zu Stufe verfolgen und einige der Varietäten von je 1000 zu 1000 Generationen bald nur eine Abänderung von mehr und weniger abweichender Beschaffenheit, bald auch 2–3 derselben hervorbringen sehen, während andere keine neuen Formen darbieten. Doch werden gewöhnlich diese Varietäten oder abgeänderten Nachkommen eines gemeinsamen Stammvaters A im Ganzen immer zahlreicher werden und immer weiter auseinanderlaufen. In dem Bild ist der Vorgang bis zur zehntausendsten Generation – und in einer mehr verdichteten und vereinfachten Weise bis zur vierzehntausendsten Generation dargestellt. Doch muss ich hier bemerken, dass ich nicht der Meinung bin, dass der Prozess jemals so regelmäßig vor sich gehe, als er im Bild dargestellt ist, obwohl er auch da schon etwas unregelmäßig erscheint. Ebenso bin ich entfernt nicht der Meinung, dass die am weitesten differierenden Varietäten unabänderlich vorherrschen und sich vervielfältigen werden. Oft mag auch eine Mittelform von langer Dauer sein und entweder keine oder mehr als eine in ungleichem Grad abgeänderte Varietät hervorbringen; die natürliche Züchtung wird immer tätig sein, je nach der Beschaffenheit der noch gar nicht oder nur unvollständig von anderen Wesen eingenommenen Stellen; und dies wird von unendlich verwickelten Beziehungen abhängen. Doch werden der allgemeinen Regel zufolge die Abkömmlinge einer Art umso mehr geeignet sein, jene Stellen einzunehmen und ihre abgeänderte Nachkommenschaft zu vermehren, je weiter sie in ihrer Organisation differenziert sind. In unserem Bild ist die Sukzessionslinie in regelmäßigen Zwischenräumen unterbrochen durch kleine nummerierte Buchstaben, zur Bezeichnung der sukzessiven Formen, welche genügend unterschieden sind, um als Varietäten aufgeführt zu werden. Aber diese Unterbrechungen sind nur eingebildete und hätten anderwärts eingeschoben werden können nach hinlänglich langen Zwischenräumen für die Häufung eines ansehnlichen Betrags divergenter Abänderung. Da alle diese verschiedenartigen Abkömmlinge von einer gemeinsamen und weit verbreiteten Art einer

großen Sippe an den gemeinsamen Verbesserungen teilzunehmen streben, welche den Erfolg ihrer Stammeltern im Leben bedingt haben, so werden sie im Allgemeinen sowohl an Zahl als an Divergenz des Charakters zunehmen, und dies ist im Bild durch die verschiedenen von A ausgehenden Verzweigungen ausgedrückt. Die abgeänderten Nachkommen von den letzten und am meisten verbesserten Verzweigungen in den Nachkommenschaftslinien werden wahrscheinlich oft die Stelle der älteren und minder vervollkommneten einnehmen und sie verdrängen, und dies ist im Bild dadurch ausgedrückt, dass einige der unteren Zweige nicht bis zu den oberen Horizontallinien hinaufreichen. In einigen Fällen zweifle ich nicht, dass der Prozess der Abänderung auf eine einfache Linie der Deszendenz beschränkt bleiben und die Zahl der Nachkommen nicht vermehrt wird, wenn auch das Maß divergenter Modifikation in den aufeinanderfolgenden Generationen zugenommen hat. Dieser Fall würde in dem Bild dargestellt werden, wenn alle von A ausgehenden Linien bis auf die von a1 bis a10 beseitigt würden. Auf diese Weise sind z. B. die englischen Rassepferde und englischen Windspiele langsam vom Charakter ihrer Stammform abgewichen, ohne je eine neue Abzweigung oder Nebenrasse abgegeben zu haben. Es wird der Fall gesetzt, dass die Art A nach 10 000 Generationen drei Formen a10, f 10 und m10 hervorgebracht habe, welche infolge ihrer Charakterdivergenz in den aufeinanderfolgenden Generationen weit, doch in ungleichem Grad unter sich und von ihren Stammeltern verschieden sind. Nehmen wir nur einen äußerst kleinen Betrag von Veränderung zwischen je zwei Horizontalen unseres Bildes an, so werden unsere drei Formen nur bis zur Stufe wohl ausgeprägter Varietäten oder etwa zweifelhafter Unterarten gelangt sein; wir haben aber nur nötig, uns die Abstufungen im Änderungsprozess etwas größer zu denken, um diese Formen in gute Arten zu verwandeln; alsdann drückt das Bild die Stufen aus, auf welchen die kleinen nur Varietäten charakterisierenden Verschiedenheiten in größere schon Arten unterscheidende Unterschiede übergehen. Denkt man sich denselben Prozess in einer noch größeren Anzahl von Generationen fortwährend (wie es oben im Bild in zusammengezogener und vereinfachter Weise geschehen ist), so erhalten wir acht von A abstammende Arten, mit a14 bis m14 bezeichnet. N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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Galapagos-Kandelaberkaktus, der inmitten zerbrochener Lava wächst, Punta Moreno, Isabela Island, Galapagos.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



20. Oktober 1833

A

ls wir an der Mündung des Parana angelangt waren, ging ich, da mir sehr daran gelegen war, nach Buenos Ayres zu kommen, in Las Conchas an Land, um dorthin zu reiten. Am Landungsplatz stellte ich zu meiner großen Überraschung fest, dass ich in gewissem Maße Gefangener war. Eine heftige Revolution war ausgebrochen, und über alle Häfen war ein Embargo verhängt. Zu meinem Fahrzeug konnte ich nicht zurück, und über Land in die Stadt zu gelangen kam nicht in Betracht. Nach einer langen Unterredung mit dem Kommandanten erhielt ich die Erlaubnis, am nächsten Tag General Rolor aufzusuchen, der eine Abteilung Rebellen diesseits der Hauptstadt befehligte. Am Morgen ritt ich zu dem Lager. Der General, die Offiziere und die Soldaten erschienen mir allesamt als ausgemachte Schurken und waren es wohl auch. Der General war noch am Abend, bevor er die Stadt verließ, aus freien Stücken zum Gouverneur gegangen und hatte, die Hand auf dem Herzen, sein Ehrenwort gegeben, wenigstens er werde treu bis zum Letzten sein. Der General sagte mir, die Stadt sei in einem Zustand strenger Blockade, und das Einzige, was er tun könne, sei, mir einen Geleitbrief für den Oberbefehlshaber der Rebellen in Quilmes mitzugeben. Wir mussten daher einen großen Umweg um die Stadt nehmen, und nur unter großen Schwierigkeiten beschafften wir uns Pferde. Meine Aufnahme im Lager war recht höflich, doch beschied man mir, man könne mir unmöglich gestatten, die Stadt zu betreten. Daran lag mir allerdings sehr viel, da ich die Abreise der Beagle vom Rio Plata früher erwartete, als sie stattfand. Nachdem ich jedoch General Rosas’ zuvorkommende Freundlichkeit mir gegenüber am Colorado erwähnt hatte, hätte nicht einmal Zauberei die Sache schneller ändern können als dieses Gespräch. Sogleich sagte man mir, zwar könnten sie mir keinen Geleitbrief geben, doch wenn ich meinen Führer und die Pferde zurückließe, könnte ich ihre Posten passieren. Das nahm ich nur allzu gern an, worauf mir ein Offizier mitgegeben wurde, der dafür sorgen sollte, dass man mich nicht an der Brücke aufhielt. Die Straße war eine Wegstunde lang völlig verlassen. Ich begegnete einem Trupp Soldaten, die sich damit zufrieden gaben, ernst auf einen alten Passierschein zu blicken, und endlich war ich nicht wenig erfreut, mich wieder in der Stadt zu finden.

So werden, wie ich glaube, Arten vervielfältigt und Sippen gebildet. In einer großen Sippe variiert wohl mehr als eine Art. Im Bild habe ich angenommen, dass eine zweite Art I in analogen Abstufungen nach 10 000 Generationen entweder zwei wohlbezeichnete Varietäten w10 und z10, oder zwei Arten hervorgebracht habe, je nachdem man sich den Betrag der Veränderung, welcher zwischen zwei waagerechten Linien liegt, kleiner oder größer denkt. Nach 14 000 Generationen werden nach unserer Unterstellung sechs neue durch die Buchstaben n14 – z14 bezeichnete Arten entstanden sein. In jeder Sippe werden die bereits am weitesten in ihrem Charakter auseinandergegangenen Arten die größte Anzahl modifizierter Nachkommen hervorzubringen streben, indem diese die beste Aussicht haben, neue und weit voneinander verschiedene Stellen im Naturstaate einzunehmen; daher habe ich im Bild die extreme Art A und die fast

136 · V I E RT E S K A P IT EL

gleich extreme Art I als die am weitesten auseinandergelaufenen bezeichnet, welche auch zur Bildung neuer Varietäten und Arten Veranlassung gegeben haben. Die anderen neun mit großen Buchstaben (B–H, K, L) bezeichneten Arten unserer Stammsippe mögen sich noch lange Zeit ohne Veränderung fortpflanzen, was im Bild durch die punktierten Linien ausgedrückt ist, welche wegen mangelnden Raumes nicht weiter aufwärts verlängert sind. Inzwischen dürfte in dem auf unserem Bild dargestellten Umänderungsprozess noch ein anderes unserer Prinzipien, das der Erlöschung nämlich, eine wichtige Rolle gespielt haben. Da in jeder vollständig bevölkerten Gegend natürliche Züchtung notwendig durch Auswahl der Formen wirkt, welche in dem Kampf ums Dasein irgendeinen Vorteil vor den übrigen Formen voraus haben, so wird in den verbesserten Abkömmlingen einer Art ein beständiges Streben vorhanden sein, auf jeder ferneren

Stufe ihre Vorgänger und ihren Urstamm zu ersetzen und zu vertilgen. Denn man muss sich erinnern, dass der Kampf gewöhnlich am heftigsten zwischen solchen Formen ist, welche einander in Organisation, Konstitution und Lebensweise am nächsten stehen. Daher werden alle Zwischenformen zwischen den frühesten und spätesten, das ist zwischen den unvollkommensten und vollkommensten Stufen, sowie die Stammart selbst zum Erlöschen geneigt sein. Ebenso wird es sich wahrscheinlich mit vielen ganzen Seitenlinien verhalten, wenn sie durch spätere und vollkommenere Linien bekämpft werden. Wenn dagegen die abgeänderte Nachkommenschaft einer Art in einer besonderen Gegend aufkommt oder sich irgendeinem ganz neuen Standort rasch anpasst, wo Vater und Kind nicht in Mitbewerbung geraten, dann mögen beide fortbestehen. Nimmt man daher in unserem Bild an, dass es ein großes Maß von Abänderung vorstelle, so werden die Art A und alle früheren Abänderungen derselben erloschen und durch acht neue Arten a14 – m14 ersetzt sein, und an der Stelle von I werden sich sechs neue Arten n14 – z14 befinden. Doch gehen wir noch weiter. Wir haben angenommen, dass die ursprünglichen Arten unserer Sippe einander in ungleichem Grad ähnlich seien, wie das in der Natur gewöhnlich der Fall ist; dass die Art A näher mit B, C, D als mit den anderen verwandt sei und I mehr Beziehungen mit G, H, K, L als zu den Übrigen besitze; dass ferner diese zwei Arten A und I sehr gemein und weit verbreitet seien, indem sie schon anfangs einige Vorzüge vor den anderen Arten derselben Sippe voraus hatten. Ihre modifizierten Nachkommen, vierzehn an Zahl nach 14 000 Generationen, werden wahrscheinlich einige derselben Vorzüge geerbt haben; auch sind sie auf jeder weiteren Stufe der Fortpflanzung in einer divergenten Weise abgeändert und verbessert worden, sodass sie sich zur Besetzung vieler passenden Stellen im Naturhaushalt ihrer Gegend eignen. Es scheint mir daher äußerst wahrscheinlich, dass sie nicht allein ihre Eltern A und I ersetzt und vertilgt haben werden, sondern auch einige andere diesen zunächst verwandte ursprüngliche Spezies. Es werden daher nur sehr wenige der ursprünglichen Arten sich bis in die vierzehntausendste Generation fortgepflanzt haben. Wir nehmen an, dass nur eine von den zwei

mit den übrigen neun weniger nahe verwandten Arten, nämlich F, ihre Nachkommen bis zu dieser späten Generation erstreckt. Der neuen von den elf ursprünglichen Arten unseres Bildes abgeleiteten Spezies sind nun fünfzehn. Dem divergenten Streben der natürlichen Züchtung gemäß, muss der äußerste Betrag von Charakterverschiedenheit zwischen den Arten a14 und z14 viel größer als zwischen den unter sich verschiedensten der ursprünglichen elf Arten sein. Überdies werden die neuen Arten in sehr ungleichem Grad miteinander verwandt sein. Unter den acht Nachkommen von A mögen die drei a14, q14 und p14 näher beisammenstehen, weil sie sich erst spät von a10 abgezweigt haben, wogegen b14 und f 14 als alte Abzweigungen von a5 etwas mehr von jenen drei entfernt sind; und endlich mögen o14, e14 und m14 zwar unter sich nahe verwandt sein, aber als Seitenzweige seit dem ersten Beginn des Abänderungsprozesses weit von den anderen fünf Arten abstehen und eine besondere Untersippe oder sogar eine eigne Sippe bilden. Die sechs Nachkommen von I mögen zwei Subgenera oder selbst Genera bilden. Da aber die Stammart I weit von A entfernt, fast am anderen Ende der Artenreihe der ursprünglichen Sippe steht, so werden diese sechs Nachkommen durch Vererbung beträchtlich von den acht Nachkommen von A abweichen, indem überdies angenommen wurde, dass diese zwei Gruppen sich in auseinanderweichenden Richtungen verändert haben. Auch sind die mittleren Arten, welche A mit I verbunden (was sehr wichtig ist zu beachten), mit Ausnahme von F erloschen, ohne Nachkommenschaft zu hinterlassen. Daher dürften sich die sechs neuen von I entsprossenen und die acht von A abgeleiteten Spezies zu zwei sehr verschiedenen Sippen oder sogar Unterfamilien erhoben haben. So kommt es, wie ich meine, dass zwei oder mehr Sippen durch Abänderung aus zwei oder mehr Arten eines Genus entspringen können. Und von den zwei oder mehr Stammarten ist angenommen worden, dass sie von einer Art einer früheren Sippe herrühren. In unserem Bild ist dies durch die gebrochenen Linien unter den großen Buchstaben A – L angedeutet, welche abwärts gegen je einen Punkt konvergieren. Dieser Punkt stellt eine einzelne Spezies, die unterN ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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stellte Stammart aller unserer neuen Subgenera und Genera vor. Es ist der Mühe wert, einen Augenblick bei dem Charakter der neuen Art F14 zu verweilen, von welcher angenommen wird, dass sie ohne große Divergenz zu erfahren, die Form von F unverändert oder mit nur geringer Abänderung ererbt habe. Ihre Verwandtschaften zu den anderen vierzehn neuen Arten werden ganz sonderbar sein. Von einer zwischen den zwei Stammarten A und I stehenden Spezies abstammend, welche aber jetzt erloschen und unbekannt sind, wird sie einigermaßen das Mittel zwischen den zwei davon abgeleiteten Artengruppen halten. Da aber beide Gruppen in ihren Charakteren vom Typus ihrer Stammeltern auseinandergelaufen sind, so wird die neue Art F14 das Mittel nicht unmittelbar zwischen ihnen, sondern vielmehr zwischen den Typen beider Gruppen halten; und jeder Naturforscher dürfte im Stande sein, sich ein Beispiel dieser Art ins Gedächtnis zu rufen. In dem Bild entspricht nach unserer bisherigen Annahme jeder Abstand zwischen zwei Horizontalen tausend Generationen; lassen wir ihn jedoch für eine Million oder hundert Millionen von Generationen und zugleich einem entsprechenden Teil der Schichtenfolge unserer Erdrinde mit organischen Resten gelten! In unserem Kapitel über Geologie werden wir wieder auf diesen Gegenstand zurückkommen und werden dann hoffentlich finden, dass unser Bild geeignet ist, Licht über die Verwandtschaft erloschener Wesen zu verbreiten, die, wenn auch im Allgemeinen zu denselben Ordnungen, Familien oder Sippen wie ein Teil der jetzt lebenden gehörig, doch in ihrem Charakter oft in gewissem Grad das Mittel zwischen jetzigen Gruppen halten; und man wird diese Tatsache begreiflich finden, da die erloschenen Arten in sehr frühen Zeiten gelebt, wo die Verzweigungen der Nachkommenschaft noch wenig auseinandergegangen waren. Ich finde keinen Grund, den Verlauf der Abänderung, wie er bisher auseinandergesetzt wurde, bloß auf die Bildung der Sippen zu beschränken. Nehmen wir in unserem Bild den von jeder sukzessiven Gruppe auseinanderstrahlender Punktlinien dargestellten Betrag von Abänderung sehr hoch an, so werden die mit a14 bis p14, mit b14 bis f 14 und mit o14 bis m14 bezeichneten Formen drei sehr verschie-

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dene Genera darstellen. Wir werden dann zwei von I abgeleitete sehr verschiedene Sippen haben, und da diese zwei Sippen, infolge sowohl einer fortdauernden Divergenz des Charakters als der Beerbung zweier verschiedener Stammväter, sehr weit von den von A hergeleiteten drei Sippen abweichen, so werden die zwei kleinen Sippengruppen je nach dem Maß der vom Bild dargestellten divergenten Abänderung zwei verschiedene Familien oder selbst Ordnungen bilden. Und diese zwei neuen Familien oder Ordnungen leiten sich von zwei Arten einer Stammsippe her, die selbst wieder einer Spezies eines viel älteren und noch unbekannten Genus entsprossen sein dürfte. Wir haben gesehen, dass es in jeder Gegend die Arten der größeren Sippen sind, welche am öftesten Varietäten oder neue anfangende Arten bilden. Dies war in der Tat zu erwarten; denn wenn die natürliche Züchtung durch eine im Rassenkampf vor den anderen bevorzugte Form wirkt, so wird sie hauptsächlich auf diejenigen wirken, welche bereits einige Vorteile voraus haben; und die Größe einer Gruppe zeigt, dass ihre Arten von einem gemeinsamen Vorgänger einige Vorzüge gemeinschaftlich ererbt haben. Daher der Wettkampf in Erzeugung neuer und abgeänderter Sprösslinge hauptsächlich zwischen den größeren Gruppen stattfinden wird, welche sich alle an Zahl zu vergrößern streben. Eine große Gruppe wird nur langsam eine andere große Gruppe überwinden, deren Zahl verringern und so deren Aussicht auf künftige Abänderung und Verbesserung vermindern. Innerhalb einer und derselben großen Gruppe werden die neueren und höher vervollkommneten Untergruppen immer bestrebt sein, durch Verzweigung und durch Besetzung von möglichst vielen Stellen im Staate der Natur die früheren und minder vervollkommneten Untergruppen allmählich zu verdrängen. Kleine und unterbrochene Gruppen und Untergruppen neigen sich immer mehr dem gänzlichen Verschwinden zu. In Bezug auf die Zukunft kann man vorhersagen, dass diejenigen Gruppen organischer Wesen, welche jetzt groß und siegreich und am wenigsten durchbrochen sind, d. h. bis jetzt am wenigsten durch Erlöschung gelitten haben, noch auf lange Zeit hinaus zunehmen werden. Welche Gruppen aber zuletzt vorwalten werden, kann niemand vorhersagen; denn wir wissen, dass viele Gruppen von ehedem sehr ausgedehnter Entwicklung heutzutage erloschen sind. Blicken

wir noch weiter in die Zukunft hinaus, so lässt sich voraussehen, dass infolge der fortdauernden und steten Zunahme der großen Gruppen eine Menge kleiner gänzlich erlöschen wird, ohne abgeänderte Nachkommen zu hinterlassen, und dass demgemäß von den zu irgendeiner Zeit lebenden Arten nur äußerst wenige ihre Nachkommenschaft bis in eine ferne Zukunft erstrecken werden. Ich will in dem Kapitel über Klassifikation auf diesen Gegenstand zurückkommen und hier nur noch bemerken, dass nach der Ansicht, dass nur äußerst wenige der ältesten Spezies uns Abkömmlinge hinterlassen haben und die Abkömmlinge von einer und derselben Spezies heutzutage eine Klasse bilden, uns begreiflich werden muss, warum es in jeder Hauptabteilung des Pflanzenund Tierreiches nur sehr wenige Klassen gibt. Obwohl indessen nur äußerst wenige der ältesten Arten noch jetzt lebende veränderte Nachkommen hinterlassen haben, so mag doch die Erde in den ältesten geologischen Zeitabschnitten ebenso bevölkert gewesen sein mit zahlreichen Arten aus mannigfaltigen Sippen, Familien, Ordnungen und Klassen wie heutigen Tages. Zusammenfassung des Kapitels. – Wenn während einer langen Reihe von Zeitperioden und unter veränderten äußeren Lebensbedingungen die organischen Wesen in allen Teilen ihrer Organisation abändern, was, wie ich glaube, nicht bestritten werden kann; wenn ferner wegen ihres Vermögens geometrisch schneller Vermehrung alle Arten in jedem Alter, zu jeder Jahreszeit und in jedem Jahr einen ernsten Kampf um ihr Dasein zu kämpfen haben, was sicher nicht zu leugnen ist: Dann meine ich im Hinblick auf die unendliche Verwicklung der Beziehungen aller organischen Wesen zueinander und zu den äußeren Lebensbedingungen, welche eine endlose Verschiedenheit angemessener Organisationen, Konstitutionen und Lebensweisen erheischen, dass es ein ganz außerordentlicher Zufall sein würde, wenn nicht jeweils auch eine zu eines jeden Wesens eigener Wohlfahrt dienende Abänderung vorkäme, wie deren so viele vorgekommen sind, die dem Menschen vorteilhaft waren. Wenn aber solche für ein organisches Wesen nützliche Abänderungen wirklich vorkommen, so werden sicherlich die dadurch bezeichneten Individuen die meiste Aussicht haben, den Kampf

ums Dasein zu bestehen, und nach dem mächtigen Prinzip der Erblichkeit in ähnlicher Weise ausgezeichnete Nachkommen zu bilden streben. Dieses Prinzip der Erhaltung habe ich der Kürze wegen natürliche Züchtung genannt; es führt zur Vervollkommnung eines jeden Geschöpfs seinen organischen und unorganischen Lebensbedingungen gegenüber. Die natürliche Züchtung kann nach dem Prinzip der Vererbung einer Eigenschaft in entsprechenden Altern eben sowohl das Ei und den Samen oder das Junge wie das Erwachsene abändern machen. Bei vielen Tieren unterstützt geschlechtliche Auswahl noch die gewöhnliche Züchtung, indem sie den kräftigsten und geeignetsten Männchen die zahlreichste Nachkommenschaft sichert. Geschlechtliche Auswahl vermag auch solche Charaktere zu verleihen, welche den künftigen Männchen allein in ihren Kämpfen mit Männchen von gewöhnlicher Beschaffenheit den Sieg verschaffen. Ob nun aber die natürliche Züchtung zur Abänderung und Anpassung der verschiedenen Lebensformen an die mancherlei äußeren Bedingungen und Stationen wirklich mitgewirkt habe, muss nach Erwägung des Wertes der in den folgenden Kapiteln zu liefernden Beweise beurteilt werden. Doch erkennen wir bereits, dass dieselbe auch Austilgung verursacht, und die Geologie macht uns klar, in welch ausgedehntem Grad Austilgung bereits in die Geschichte der organischen Welt eingegriffen hat. Auch führt natürliche Züchtung zur Divergenz des Charakters; denn je mehr Wesen auf einer gegebenen Fläche ihren Unterhalt finden, desto mehr ändern sie in Organisation, organischer Tätigkeit und Lebensweise ab, wovon man die Beweise bei Betrachtung der Bewohner eines kleinen Landflecks oder der naturalisierten Erzeugnisse finden kann. Je mehr daher während der Umänderung der Nachkommen einer Art und während des beständigen Kampfes aller Arten um Vermehrung ihrer Individuen jene Nachkommen differenziert werden, desto besser ist ihre Aussicht auf Erfolg im Ringen ums Dasein. Auf diese Weise streben die kleinen Verschiedenheiten zwischen den Varietäten einer Spezies stets, größer zu werden, bis sie den größeren Verschiedenheiten zwischen den Arten einer Sippe oder selbst zwischen verschiedenen Sippen gleichkommen. Wir haben gesehen, dass es die gemeinen, die weit verbreiteten und allerwärts zerstreuten Arten N ATÜ RL ICHE ZÜCHTUNG

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großer Sippen sind, die am meisten abändern, und diese streben, auf ihre abgeänderten Nachkommen dieselbe Überlegenheit zu vererben, welche sie jetzt in ihrer Heimatgegend zu Herrschenden macht. Natürliche Züchtung führt, wie soeben bemerkt worden, zur Divergenz des Charakters und zu starker Austilgung der minder vollkommenen und der mittleren Lebensformen. Aus diesen Prinzipien lassen sich nach meiner Meinung die Rangverschiedenheiten zahlloser organischer Wesen in jeder Klasse auf der ganzen Erdoberfläche sowohl als die in der Natur ihrer Verwandtschaften miteinander erklären. Es ist eine wirklich wunderbare Tatsache, obwohl wir das Wunder aus Vertrautheit damit zu übersehen pflegen, dass Tiere und Pflanzen zu allen Zeiten und überall so miteinander verwandt sind, dass sie in Untergruppen abgeteilte Gruppen bilden, sodass nämlich, wie wir allerwärts erkennen, Varietäten einer Art einander am nächsten stehen, dass Arten einer Sippe weniger und ungleiche Verwandtschaft zeigen und Untersippen und Sektionen bilden, dass Arten verschiedener Sippen einander noch weniger nahe stehen, und dass Sippen mit verschiedenen Verwandtschaftsgraden zueinander Unterfamilien, Familien, Ordnungen, Unterklassen und Klassen zusammensetzen. Die verschiedenen einer Klasse untergeordneten Gruppen können nicht in eine Linie aneinandergereiht werden, sondern scheinen vielmehr um gewisse Punkte geschart und diese wieder um andere Mittelpunkte gesammelt zu sein, und so weiter in fast endlosen Kreisen. Aus der Ansicht, dass jede Art unabhängig von der anderen geschaffen worden sei, kann ich keine Erklärung dieser wichtigen Tatsache in der Klassifikation aller organischen Wesen entnehmen; sie ist aber nach meiner vollkommensten Überzeugung erklärlich aus der Erblichkeit und aus der zusammengesetzten Wirkungsweise der natürlichen Züchtung, welche Austilgung der Formen und Divergenz der Charaktere verursacht, wie mithilfe bildlicher Darstellung gezeigt worden ist. Die Verwandtschaften aller Wesen einer Klasse zueinander sind manchmal in Form eines großen Baumes dargestellt worden. Ich glaube, dieses Bild entspricht sehr der Wahrheit. Die grünen und knospenden Zweige stellen die jetzigen Arten und die in jedem vorangehenden Jahr entstandenen die lange Aufeinanderfolge erloschener Arten vor. In

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jeder Wachstumsperiode haben alle wachsenden Zweige nach allen Seiten hinaus zu treiben und die umgebenden Zweige und Äste zu überwachsen und zu unterdrücken gestrebt, ganz so wie Arten und Artengruppen andere Arten in dem großen Kampf ums Dasein zu überwältigen suchen. Die großen in Zweige geteilten und unterabgeteilten Äste waren zurzeit, wo der Stamm noch jung war, selbst knospende Zweige gewesen; und diese Verbindung der früheren mit den jetzigen Knospen durch unterabgeteilte Zweige mag ganz wohl die Klassifikation aller erloschenen und lebenden Arten in Gruppen und Untergruppen darstellen. Von den vielen Zweigen, die sich entwickelten, als der Baum noch ein Busch gewesen war, leben nur noch zwei oder drei, die jetzt als mächtige Äste alle anderen Verzweigungen abgeben; und so haben von den Arten, welche in längst vergangenen geologischen Zeiten gelebt haben, nur sehr wenige noch lebende und abgeänderte Nachkommen. Von der ersten Entwicklung eines Stammes an ist mancher Ast und mancher Zweig verdorrt und verschwunden, und diese verlorenen Äste von verschiedener Größe mögen jene ganzen Ordnungen, Familien und Sippen vorstellen, welche, uns nur im fossilen Zustande bekannt, keine lebenden Vertreter mehr haben. Wie wir hier und da einen vereinzelten dünnen Zweig aus einer Gabel tief unten am Stamm hervorkommen sehen, welcher durch Zufall begünstigt an seiner Spitze noch fortlebt, so sehen wir zuweilen ein Tier, wie Ornithorhynchus oder Lepidosiren, das durch seine Verwandtschaften gewissermaßen zwei große Zweige der Lebenwelt, zwischen denen es in der Mitte steht, miteinander verbindet und vor einer verderblichen Mitwerberschaft offenbar dadurch gerettet worden ist, dass es irgendeine geschützte Station bewohnte. Wie Knospen bei ihrer Entwicklung neue Knospen hervorbringen und wie auch diese wieder, wenn sie kräftig sind, nach allen Seiten ausbreiten und viele schwächere Zweige überwachsen, so ist es, wie ich glaube, durch Generation mit dem großen Baum des Lebens ergangen, der mit seinen toten und heruntergebrochenen Ästen die Erdrinde erfüllt und mit seinen herrlichen und sich noch immer weiter teilenden Verzweigungen ihre Oberfläche bekleidet.

Rechts: Darwins achromatisches Mikroskop. Er begann vor der Reise auf der HMS Beagle sie zu sammeln.

Fü n f t e s Ka p i t e l



Gesetze der Abänderung

Wirkungen äußerer Bedingungen – Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe in Verbindung mit natürlicher Züchtung; Flieg- und Sehorgane – Akklimatisierung – Wechselbeziehungen des Wachstums – Kompensation und Ökonomie der Entwicklung – Falsche Wechselbeziehungen – Vielfache, rudimentäre und wenig entwickelte Organisationen sind veränderlich – In ungewöhnlicher Weise entwickelte Teile sind sehr veränderlich: spezifische mehr als Sippencharaktere – Sekundäre Geschlechtscharaktere veränderlich – Zu einer Sippe gehörige Arten variieren auf analoge Weise – Rückkehr zu längst verlorenen Charakteren – Summarium.

I

ch habe bisher von den Abänderungen – die so gemein und mannigfaltig im Kulturstand der Organismen

und in etwas minderem Grad häufig in der freien Natur sind – zuweilen so gesprochen, als ob dieselben vom Zufall veranlasst wären. Dies ist aber eine ganz unrichtige Ausdrucksweise, welche nur geeignet ist, unsere gänzliche Unwissenheit über die Ursache jeder besonderen Abweichung zu beurkunden. Einige Schriftsteller sehen es mehr als die Aufgabe des Reproduktivsystems an, individuelle Verschiedenheiten oder ganz leichte Abweichungen des Baues hervorzubringen, als das Kind den Eltern gleichzumachen. Aber die viel größere Veränderlichkeit sowohl als die viel häufigeren Monstrositäten bei den der Kultur unterworfenen Organismen leiten mich zur Annahme, dass Abweichungen der Struktur in irgendeiner Weise von der Beschaffenheit der äußeren Lebensbedingungen, welchen die Eltern und deren Vorfahren mehrere Generationen lang ausgesetzt gewesen sind, abhängen. Ich habe im ersten Kapitel die Bemerkung gemacht – doch würde ein langes Verzeichnis von Tatsachen, welches hier nicht gegeben werden kann, dazu nötig sein, die Wahrheit dieser Bemerkung zu beweisen –, dass das Reproduktivsystem für Veränderungen in den äußeren Lebensbedingungen äußerst

142 · FÜ NF T E S K A P IT EL

Eine Seite aus Darwins ersten »Transmutations«-Notizbüchern (1837–1838), in denen er sich gedanklich zur Evolution durch natürliche Zuchtwahl vorarbeitete. empfindlich ist; daher schreibe ich dessen funktio-

einem Ei’chen nicht sehr wesentlich verschieden ist.

nellen Störungen in den Eltern hauptsächlich die

Dagegen sind wir in gänzlicher Unwissenheit darü-

veränderliche oder bildsame Beschaffenheit ihrer

ber, wie es komme, dass durch Störung des Repro-

Nachkommenschaft zus. Die männlichen und weib-

duktivsystems dieser oder jener Teil mehr oder weniger

lichen Elemente der Organisation scheinen davon

als ein anderer berührt werde. Demungeachtet gelingt

schon berührt zu sein vor deren Vereinigung zur

es uns hier und da, einen schwachen Lichtstrahl aufzu-

Bildung neuer Abkömmlinge der Spezies. Was die

fangen, und wir halten uns überzeugt, dass es für jede

Spielpflanzen anbelangt, so wird die Knospe allein

Abänderung irgendeine, wenn auch geringe Ursache

betroffen, die auf ihrer ersten Entwicklungsstufe von

geben müsse.

GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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Charles Darwin und „Die Entstehung der Arten“ in ihrer Zeit EINE CHRONOLOGIE

1809

1826

12. Februar: Charles Darwin wird in Shrewsbury, England, geboren. 12. Februar: Abraham Lincoln wird in Hodgenville, Kentucky, geboren.

Die Vereinigten Staaten erklären Großbritannien den Krieg; Napoleon marschiert in Russland ein.

Thomas Malthus publiziert die überarbeitete (sechste) Auflage seines einflussreichen Werks ›Eine Abhandlung über das Bevölkerungsgesetz‹, in der er die Aufmerksamkeit auf die inhärente Rate des Bevölkerungswachstums jeder Spezies lenkt, die zum exponentiellen Anstieg neigt, jedoch durch »Hindernisse« wie Konkurrenz und Tod ausgeglichen wird. Diese Malthus-Ausgabe wird Darwin lesen.

1817

1827

Juli: Darwins Mutter Susannah (Wedgwood) Darwin stirbt nach kurzer Krankheit. Er ist acht Jahre alt. Seine drei älteren Schwestern übernehmen, unter der Aufsicht seines anspruchsvollen Vaters, Dr. Robert Darwin, die sanfteren Seiten seiner Erziehung.

Sommer: Vom Medizinstudium gelangweilt, beschließt Darwin, nicht nach Edinburgh zurückzukehren. Herbst: Er besucht den Landsitz seiner WedgwoodCousins, einer seiner Lieblingsorte für die Vogeljagd. Um diese Zeit sagt sein Vater: »Dich interessieren nur Schießen, Hunde und Rattenfangen, und du wirst eine Schande für dich selbst und deine ganze Familie sein.«

1812

1818 September: Darwin kommt in Shrewsbury in die Schule. Er lebt dort im Internat, obgleich die Schule nur eine Meile vom Heim der Familie entfernt liegt.

1819 Alexandrina Victoria, Enkelin Königs George III., wird geboren – die spätere Queen Victoria.

1822 Darwin und sein älterer Bruder Erasmus richten sich ein Chemielabor in einem Schuppen im Garten ein.

1825 Oktober: Darwin, sechzehn Jahre alt, beginnt ein Medizinstudium an der Universität von Edinburgh, womit er in die Fußstapfen seines Vaters und Bruders tritt. Irgendwann in Edinburgh: Darwin wird Protegé von Robert Grant, einem Dozenten und Naturforscher, der an die »Transmutation« (Evolution) der Arten glaubt, aber keine Theorie hat, wie das vonstattengehen könnte. Unter dem Einfluss von Grant fängt Darwin mit ernsthaften Studien der Zoologie an.

144 · FÜ NF T E S K A P IT EL

1828 Januar: Darwin studiert in Cambridge Theologie, um sich auf die Ordination als anglikanischer Geistlicher vorzubereiten. Er ist nicht strenggläubig, doch dies erscheint ihm ersprießlicher als Medizin oder Jura.

1829 Die Hydropathie, eine neue Behandlung von Kranken – mit kaltem Wasser –, wird von einem schlesischen Bauern namens Vincenz Prießnitz entwickelt.

1830 Der Duke of Clarence wird als William IV. König von England. Sieben Jahre später wird, da er keine lebenden legitimen (wenngleich neun illegitime) Kinder hat, seine Nichte Victoria den Thron besteigen.

1831 April: Darwin macht Examen in Cambridge. Die Abschlussfeier kostet ihn £ 15, und er sagt zu einer seiner Schwestern: »Das ist Geldverschwendung.« August: Er enthält das Angebot, auf dem britischen Vermessungsschiff HMS Beagle nach Südamerika und vielleicht rund um die Welt mitzufahren – als eine Art inoffizieller Naturforscher und Dinnergast des Kapitäns. Sein Vater findet das schrecklich, wieder nur eine Zerstreuung für einen jungen Tunichtgut, bis ihn Charles’ Onkel Josiah Wedgwood vom Gegenteil überzeugt. Dezember: Die Beagle läuft mit Darwin an Bord aus. Er wird auf der Stelle seekrank.

1832 April: In Rio de Janeiro geht der Schiffsarzt und Naturforscher Robert McCormick in einem Anfall von Eifersucht von Bord und überlässt es Darwin, die Natur zu erforschen und Spezimen zu sammeln.

Die HMS Beagle. Längsschnitt durchs Schiff und Sicht aufs Oberdeck, 1832. GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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November: In Montevideo erhält Darwin mit seiner Post den zweiten Band von Charles Lyells revolutionärem neuem Buch ›Principles of Geology‹. In dem Band wird Jean Baptiste Lamarcks Theorie der Arten-Transmutation diskutiert, zu der die Idee gehört, dass erworbene Merkmale vererbt werden können. Lyell findet die Theorie nicht überzeugend, und genauso wenig tut dies Darwin.

1832–1835 Während die Beagle ihrer Vermessungsaufgabe entlang der Ost- und Westküste Südamerikas nachkommt, reift Darwin zu einem genau hinsehenden, bedachten und methodischen Naturforscher heran.

1835

Eine Royal Medal für Darwin.

September bis Oktober: Auf dem Heimweg, für den sie die Umsegelungsroute wählen und den Pazifik überqueren, legt die Beagle eine Pause zur Proviantaufnahme auf den Galapagosinseln ein. Darwin fallen die speziellen Formen der Vögel und Reptilien auf, ohne dass er recht weiß, was er davon halten soll.

September: Er erwähnt in einem Brief, dass er sich nicht wohl fühlt. Diese mysteriöse Krankheit mit Herzrasen, Übelkeit und anderen unerklärten Symptomen, wird fast sein ganzes weiteres Leben andauern, ihn immer wieder schwächen und ihn Wochen, Monate, Jahre kosten, in denen er sonst produktiv hätte arbeiten können.

1836

1838

Januar: Die Beagle macht Halt in Australien. Darwin sieht entenschnabelige Schnabeltiere, die in einem Teich herumtollen. Oktober: Darwin verlässt in England die Beagle. Länge seiner Reise: vier Jahre, neun Monate und fünf Tage. Darwins Vater sagt, als er den Sohn wiedersieht: »Nun ja, die Form seines Kopfes hat sich stark verändert.«

Darwin führt ein abgeschiedenes Leben und arbeitet weiter an seinem Beagle-Buch und seinen Transmutations-Notizbüchern, von denen es am Ende mindestens vier geben wird. September: Er liest die sechste Auflage von Malthus’ Abhandlung. Bald darauf skizziert er im Notizbuch »D« das Prinzip der Evolution durch natürliche Zuchtwahl. Aber er hat es nicht eilig, diese dunkle subversive Idee zu veröffentlichen. November: Er macht seiner Cousine Emma Wedgwood zu deren Überraschung einen Heiratsantrag.

1837 Januar: Darwin beginnt sein Beagle-Tagebuch zu einem, wie er hofft, publizierbaren Buch umzuschreiben. März: Er gründet einen Junggesellenhaushalt in London, in der Nähe der wissenschaftlichen Gesellschaften und Museen. Er hat sich nun einem Leben für die Wissenschaft verschrieben. Sein ängstlicher, aber wohlmeinender Vater Dr. Robert Darwin unterstützt ihn großzügig finanziell. Darwin hegt inzwischen den Verdacht, dass die Transmutation der Arten, entgegen der orthodoxen Meinung, tatsächlich stattfindet; doch er hat keine Ahnung, wie. Juli: Er beginnt mit seinem ersten geheimen Notizbuch zum Thema Transmutation.

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1839 Januar: Darwin und Emma haben geheiratet. Sommer: Sein Beagle-Buch erscheint und ist ein voller Erfolg. Bei späteren Editionen wird es ›Die Fahrt der Beagle‹ heißen. Dezember: Darwins und Emmas erstes Kind, William, kommt zur Welt. Neun weitere werden folgen, wenngleich nur sieben (inkl. William) das Erwachsenenalter erreichen.

1840 Königin Victoria heiratet den jungen deutschen Prinzen Albert von Sachsen-Coburg-Gotha. Wie Darwin und Emma sind Victoria und Albert Cousin und Cousine ersten Grades. In Amerika tobt die Begeisterung fürs Kegeln, aus dem schließlich Bowling wird.

Oktober: Er beginnt mit der Arbeit an dem, was er sich als kleines Projekt vorstellt – der Beschreibung und Klassifikation einiger Rankenfüßer.

1847 Rankenfüßer.

1841

1848

März: Darwin und Emmas erste Tochter Anne Elizabeth wird geboren. Sie ist ein bezauberndes Kind und wird Darwins Liebling werden.

Rankenfüßer. Seine wiederkehrende Krankheit verschlimmert sich.

1842 Frühsommer: Neben anderen Buchprojekten und wissenschaftlichen Aufgaben schreibt Darwin einen konzisen Entwurf seiner Artentheorie. Er stopft ihn in die Ablage. Spätsommer: In Großbritannien kommt es unter dem Banner des Chartismus, einer Bewegung für demokratische Reformen, zum politischen Aufruhr. In London stehen bewaffnete Truppen den Demonstranten gegenüber. September: Darwin flüchtet mit seiner Familie aus London und zieht in ein großes altes Haus in dem kleinen Dorf Down, im Südosten der Stadt. Down House, wie sie es nennen, wird für den Rest seines Lebens sein Heim und seine Zufluchtsstätte. Sie leben von beider Familienvermögen; Darwin hat keine Anstellung und wird auch nie eine haben.

1849 Rankenfüßer. Auf der Suche nach Linderung der rätselhaften Krankheit unternimmt er den ersten Besuch eines hydropathischen Spa in Malvern, wo die Bediensteten ihn mit kaltem Wasser abbrausen und in nasse Tücher wickeln.

1851 Rankenfüßer. Inzwischen hat seine geliebte Tochter Annie ebenfalls ein unerklärliches Gesundheitsproblem entwickelt. Darwin nimmt sie zur Wasserkur mit nach Malvern. 23. April: Annie Darwin stirbt in Malvern.

1844 Darwin schreibt einen längeren Entwurf der Theorie. Wieder legt er ihn beiseite. Diesmal mit einem Brief an Emma mit der Anweisung, ihn »im Falle meines plötzlichen Todes« zu veröffentlichen. Oktober: ›Spuren der Naturgeschichte der Schöpfung‹, ein schludrig gemachtes, aber lebendiges Buch mit einer wirren Version des evolutionären Gedankenguts, wird anonym in England veröffentlicht. Obwohl viele Wissenschaftler es für schändlichen Mist halten, wird es ein Bestseller. Darwin erschaudert und hält mit seiner eigenen Theorie weiter hinterm Berg.

1846 Herbst: Darwin beendet den letzten seiner BeagleBände. »Wie viel Zeit ist doch durch Krankheit verloren!«, schreibt er in sein Tagebuch.

John Murray Publishers, ein ehrwürdiges Verlagshaus, das die meisten von Darwins Büchern veröffentlichte. GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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1852 Frankreich: Louis Napoleon ruft sich zum Kaiser aus. Amerika: Harriet Beecher Stowe veröffentlicht ›Onkel Toms Hütte‹. England: Der Herzog von Wellington stirbt. Afrika: David Livingstone erkundet das Landesinnere. Darwin: Rankenfüßer.

1853 Nachdem er sieben Jahre lang an seinem Schreibtisch saß und Rankenfüßer präparierte und beschrieb, hat Darwin eine Royal Medal für diese Arbeit erhalten und 33 Pfund verdient.

1854 Oktober: Nachdem er vier Bände über die Taxonomie der Rankenfüßer verfasst hat, packt er seine Exemplare weg und wendet sich wieder dem Thema Evolution zu.

1856 Darwin befasst sich mit experimentellen Arbeiten, diversen Lektüren, Korrespondenz und anderer Forschung zur Idee der Evolution durch natürliche Zuchtwahl, sammelt weiter Fakten und feilt an seiner Logik. Dann beginnt er erneut zu schreiben.

1857 Er macht weiter mit, wie er es nennt, »mein großes Buch« über Arten. Es wird recht lang.

1858 März: Darwins Entwurf des großen Buches mit einer Viertelmillion Wörtern ist zu zwei Dritteln fertig. Juni: Er erhält einen Brief von dem jungen britischen Naturforscher Alfred Russel Wallace mit einem Manuskript, in dem dieser (nicht buchstäblich, aber im Wesentlichen) eine Theorie der Evolution durch natürliche Zuchtwahl vorstellt. Wallace ist unabhängig darauf gekommen, ohne von Darwins geheimer Arbeit zu wissen, und bittet nun Mr Darwin, ihm zu helfen, dass seine Idee zur Kenntnis genommen wird. Juli: Darwin gestattet seinen mächtigen wissenschaftlichen Freunden, dem Geologen Charles Lyell und dem Botaniker Joseph Hooker, die gemeinsame Verkündung der Theorie bei einer Sitzung der Linnean Society in London zu arrangieren, wo er und Wallace sich die Anerkennung teilen. Die Sitzung

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findet statt, die Aufsätze werden vorgetragen, ohne dass sie auf viel Aufmerksamkeit stoßen. Darwin gibt daraufhin sein großes Manuskript auf und beginnt eine stromlinienförmige Version zu schreiben, einen »Abriss« seiner Theorie, der schnellstmöglich veröffentlicht werden soll.

1859 November: Sein »Abriss« erscheint in einer Auflage von 1250 Exemplaren. Der volle Titel: ›Über die Entstehung der Arten im Tier- und Pflanzenreich durch natürliche Zuchtwahl oder Erhaltung der vervollkommneten Rassen im Kampf ums Dasein‹. Die Auflage ist am ersten Tag ausverkauft. Fünf weitere Auflagen erscheinen noch zu Darwins Lebzeiten und viele weitere danach, am Ende mit dem Kurztitel ›Die Entstehung der Arten‹.

1861 4. März: Abraham Lincoln wird Präsident der Vereinigten Staaten. Wie Charles Darwin ist er 52 Jahre und 20 Tage alt. Von den beiden Männern wird nur Darwin einen langen ruhigen Lebensabend haben.

Wie viel unmittelbaren Einfluss Verschiedenheiten in Klima, Nahrung usw. auf irgendein Wesen auszuüben vermögen, ist äußerst zweifelhaft. Ich bin überzeugt, dass bei Tieren die Wirkung äußerst gering, bei Pflanzen vielleicht etwas größer ist. Man kann wenigstens mit Sicherheit sagen, dass diese Einflüsse nicht die vielen trefflichen und zusammengesetzten Anpassungen der Organisation eines Wesens ans andere hervorgebracht haben können, welche wir in der Natur überall erblicken. Einige kleine Wirkungen mag man dem Klima, der Nahrung usw. zuschreiben, wie z. B. Edward Forbes sich mit Bestimmtheit darüber ausspricht, dass eine Konchylien-Art in wärmeren Gegenden und seichtem Wasser glänzendere Farben als in ihren kälteren Verbreitungsbezirken annehmen kann. Gould glaubt, dass Vögel derselben Art in einer stets heiteren Atmosphäre glänzender gefärbt sind,

Der zweite Band von Charles Lyells Principles of Geology war das Buch, das Darwin dazu brachte, über die Evolution nachzudenken.

als auf einer Insel oder an der Küste. So glaubt auch Wollaston, dass der Aufenthalt in der Nähe des Meeres die Farben der Insekten angreife. Moquin-Tandon gibt eine Liste von Pflanzen, welche an der Seeküste mehr und weniger fleischige Blätter bekommen, wenn sie auch landeinwärts nicht fleischig sind. Und so ließen sich noch manche ähnliche Beispiele anführen. Die Tatsache, dass Varietäten einer Art, wenn sie in die Verbreitungszone einer anderen Art hinüberreichen, in geringem Grade etwas von deren Charakteren annehmen, stimmt mit unserer Ansicht überein, dass Spezies aller Arten nur ausgeprägtere bleibende Varietäten sind. So haben die Konchylien-Arten seichter tropischer Meeresgegenden gewöhnlich glänzendere Farben als die in tiefen und kalten Gewässern wohnenden. So sind die Vogelarten der Binnenländer nach Gould lebhafter als die der Inseln gefärbt. So sind die Insektenarten, welche auf die Küsten beschränkt sind, oft bronzeartig und trüb von Aussehen, wie jeder Sammler weiß. Pflanzenarten, welche nur längs dem Meere fortkommen, sind sehr oft mit fleischigen Blättern versehen. Wer an die besondere Erschaffung einer jeden einzelnen Spezies glaubt, wird daher sagen müssen, dass z. B. diese Konchylien für ein wärmeres Meer mit glänzenderen Farben geschaffen worden sind, während jene anderen die lebhaftere Färbung erst durch Abänderung angenommen haben, als sie in die seichteren und wärmeren Gewässer übersiedelten. Wenn eine Abänderung für ein Wesen von geringstem Nutzen ist, vermögen wir nicht zu sagen, wie viel davon von der häufenden Tätigkeit der natürlichen Züchtung und wie viel von dem Einfluss äußerer Lebensbedingungen herzuleiten ist. So ist es den Pelzhändlern wohl bekannt, dass Tiere einer Art um so dichtere und bessere Pelze besitzen, in je kälterem Klima sie gelebt haben. Aber wer vermöchte zu sagen, wie viel von diesem Unterschied davon herrührt, dass die am wärmsten gekleideten Einzelwesen durch natürliche Züchtung viele Generationen hindurch begünstigt und erhalten worden sind, und wie viel von dem direkten Einfluss des strengen Klimas? Denn es scheint wohl, dass das Klima einige unmittelbare Wirkung auf die Beschaffenheit des Haares unserer Haustiere ausübt. Man kann Beispiele anführen, dass dieselbe Varietät unter den allerverschiedensten Lebensbedingungen GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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Ein kugelförmiger gelber Pilz, der eigenartig aussieht, aber essbar ist; Darwin fand ihn in Tierra del Fuego, wo er von Buchen herabhing. Heute heißt er Cyttaria darwinii. entstanden ist, während andererseits verschiedene Varietäten einer Spezies unter gleichen Bedingungen zum Vorschein kommen. Diese Tatsachen zeigen, wie mittelbar die Lebensbedingungen wirken. So sind jedem Naturforscher auch zahllose Beispiele von sich echt erhaltenden Arten ohne alle Varietäten bekannt, obwohl dieselben in den entgegengesetztesten Klimaten leben. Derartige Betrachtungen veranlassen mich, nur ein sehr geringes Gewicht auf den direkten Einfluss der Lebensbedingungen zu legen. Indirekt scheinen sie, wie schon gesagt worden, einen wichtigen Anteil an der Störung des Reproduktivsystems zu nehmen und hierdurch Veränderlichkeit herbeizuführen, und natürliche Züchtung spart dann alle nützliche, wenn auch geringe Abänderung zusammen, bis solche vollständig entwickelt und für uns wahrnehmbar wird. Wirkungen von Gebrauch und Nichtgebrauch. – Die im ersten Kapitel angeführten Tatsachen lassen wenig Zweifel bei unseren Haustieren übrig, dass Gebrauch gewisse Teile stärkt und ausdehnt und Nichtgebrauch sie schwächt, und dass solche Abänderungen vererblich sind. In der freien Natur hat man keinen Maßstab zur Vergleichung der Wirkungen lang fortgesetzten Gebrauchs oder Nichtgebrauchs, weil wir die elterlichen Formen nicht kennen; doch tragen manche Tiere Bildungen an sich, die sich als Folge

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des Nichtgebrauchs erklären lassen. Professor R. Owen hat bemerkt, dass es eine große Anomalie in der Natur ist, dass ein Vogel nicht fliegen könne, und doch sind mehre in dieser Lage. Die südamerikanische Dickkopfente kann nur über der Oberfläche des Wassers hinflattern und hat Flügel von fast der nämlichen Beschaffenheit wie die Aylesburger Hausentenrasse. Da die großen Bodenvögel selten zu anderen Zwecken fliegen, als um einer Gefahr zu entgehen, so glaube ich, dass die fast ungeflügelte Beschaffenheit verschiedener Vogelarten, welche einige Inseln des Großen Ozeans jetzt bewohnen oder einst bewohnt haben, wo sie keine Verfolgung von Raubtieren zu gewärtigen haben, vom Nichtgebrauch ihrer Flügel herrührt. Der Strauß bewohnt zwar Kontinente und ist von Gefahren bedroht, denen er nicht durch Flug entgehen kann; aber er kann sich selbst durch Ausschlagen mit den Füßen gegen seine Feinde so gut verteidigen wie einige der kleineren Vierfüßer. Man kann sich vorstellen, dass der Urvater des Straußes eine Lebensweise etwa wie der Trappe gehabt, und dass er infolge natürlicher Züchtung in einer langen Generationenreihe immer größer und schwerer geworden sei, seine Beine mehr und seine Flügel weniger gebraucht habe, bis er endlich ganz unfähig geworden sei zu fliegen. Kirby hat bemerkt (und ich habe dieselbe Tatsache beobachtet), dass die Vordertarsen vieler männlichen Kotkäfer oft abgebrochen sind; er untersuchte siebenzehn Musterstücke seiner Sammlung und fand in keinem eine Spur mehr davon. Onites Apelles hat seine Tarsen so gewöhnlich verloren, dass man dieses Insekt beschrieben hat, als fehlten sie ihm gänzlich. In einigen anderen Sippen sind sie nur in verkümmertem Zustand vorhanden. Dem Ateuchus oder heiligen Käfer der Ägypter fehlen sie gänzlich. Doch ist kein genügender Nachweis vorhanden, dass Verstümmelungen immer erblich sind, und ich möchte den gänzlichen Mangel der Vordertarsen des Ateuchus und ihren verkümmerten Zustand in einigen anderen Sippen lieber der lang fortgesetzten Wirkung ihres Nichtgebrauchs bei deren Stammvätern zuschreiben; denn da die Tarsen vieler Kotkäfer meistens fehlen, so müssen sie schon

Rechts: Ernst Haeckel (1834–1919), ein extravaganter deutscher Biologe, der nach der »Entstehung« ein großer Förderer von Darwins Theorie wurde.

früh im Leben verlorengehen und können daher bei diesen Insekten nicht viel gebraucht werden. In einigen Fällen möchten wir leicht dem Nichtgebrauch gewisse Abänderungen der Organisation zuschreiben, welche jedoch gänzlich oder hauptsächlich von natürlicher Züchtung herrühren. Wollaston hat die merkwürdige Tatsache entdeckt, dass von den 550 Käferarten, welche Madeira bewohnen, 200 so unvollkommene Flügel haben, dass sie nicht fliegen können, und dass von den 29 der Insel ausschließlich angehörigen Sippen nicht weniger als 23 lauter solche Arten enthalten. Manche Tatsachen, wie unter anderen, dass in vielen Teilen der Welt fliegende Käfer beständig ins Meer geweht werden und zugrunde gehen, dass die Käfer auf Madeira nach Wollastons Beobachtung meistens verborgen liegen, bis der Wind ruht und die Sonne scheint, dass die Zahl der flügellosen Käfer an den ausgesetzten kahlen Felsklippen verhältnismäßig größer als in Madeira selbst ist, und zumal die außeror-

Haarkämme der Damen, Banda Oriental.

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dentliche Tatsache, worauf Wollaston so beharrlich fußt, dass gewisse große, anderwärts sehr zahlreiche Käfergruppen, welche durch ihre Lebensweise viel zu fliegen genötigt sind, auf Madeira gänzlich fehlen, – diese mancherlei Gründe machen mich glauben, dass die ungeflügelte Beschaffenheit so vieler Käfer dieser Insel hauptsächlich von natürlicher Züchtung, doch wahrscheinlich in Verbindung mit Nichtgebrauch herrührt. Denn während tausend aufeinanderfolgender Generationen wird jeder einzelne Käfer, der am wenigsten fliegt, entweder weil seine Flügel am wenigsten entwickelt sind oder weil er der indolenteste ist, die meiste Aussicht haben, alle anderen zu überleben, weil er nicht ins Meer geweht wird; und auf der anderen Seite werden diejenigen Käfer, welche am liebsten fliegen, am öftesten in die See getrieben und vernichtet werden. Diejenigen Insekten auf Madeira dagegen, welche sich nicht am Boden aufhalten und, wie die an Blumen lebenden Käfer und Schmetterlinge, von ihren Flügeln gewöhnlich Gebrauch machen müssen, um ihren Unterhalt zu gewinnen, haben nach Wollastons Vermutung keineswegs verkümmerte, sondern vielmehr stärker entwickelte Flügel. Dies ist ganz verträglich mit der Tätigkeit der natürlichen Züchtung. Denn wenn ein neues Insekt zuerst auf die Insel kommt, wird das Streben der natürlichen Züchtung, die Flügel zu verkleinern oder zu vergrößern. davon abhängen, ob eine größere Anzahl von Individuen durch erfolgreiches Ankämpfen gegen die Winde oder durch mehr und weniger häufigen Verzicht auf diesen Versuch sich rettet. Es ist derselbe Fall wie bei den Matrosen eines in der Nähe der Küste gestrandeten Schiffes; für diejenigen, welche gut schwimmen, ist es umso besser, je besser sie schwimmen könnten, um ihr Heil im Weiterschwimmen zu versuchen, während es für die schlechten Schwimmer am besten wäre, wenn sie gar nicht schwimmen könnten und sich daher auf dem Wrack Rettung suchten. Die Augen der Maulwürfe und einiger wühlenden Nager sind an Größe verkümmert und in manchen Fällen ganz von Haut und Pelz bedeckt. Dieser Zustand der Augen rührt wahrscheinlich von fortwährendem Nichtgebrauch her, dessen Wirkung vielleicht durch natürliche Züchtung unterstützt wird. Ein südamerikanischer Nager, Ctenomys, hat eine noch mehr unterirdische Lebensweise als der Maulwurf,

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

m Abend ritten wir weiter auf der Straße Richtung Mercedes am Rio Negro. Nachts baten wir auf einer estancia, an der wir gerade anlangten, um Erlaubnis, dort zu schlafen. Es war ein sehr großes Gut, zehn Wegstunden im Quadrat, und der Besitzer ist einer der größten Grundbesitzer im ganzen Land. Sein Neffe war mit der Leitung betraut, und bei ihm war ein Hauptmann der Armee, der unlängst aus Buenos Ayres geflüchtet war. In Anbetracht ihres Standes war ihre Unterhaltung recht amüsant. Sie äußerten, wie es üblich war, grenzenloses Erstaunen darüber, dass die Erde rund sei, und konnten kaum glauben, dass ein Loch, wäre es tief genug, an der anderen Seite wieder herauskäme. Sie waren begierig, den Preis und Zustand von Pferden und Rindern in England zu erfahren. Als sie hörten, dass wir unsere Tiere nicht mit dem lazo einfingen, riefen sie aus: »Ah, dann verwenden Sie ausschließlich die bolas.« Die Vorstellung von einem eingefriedeten Land war ihnen völlig neu. Endlich sagte der Hauptmann, er habe mir eine Frage zu stellen, für deren wahrheitsgemäße Beantwortung er mir sehr verbunden wäre. Ich erzitterte bei dem Gedanken, wie tiefgründig und wissenschaftlich sie wohl sein würde; sie lautete: »Ob die Damen von Buenos Ayres nicht die hübschesten auf der Welt seien.« Ich versetzte ganz wie ein Abtrünniger: »Auf eine bezaubernde Weise.« Er fügte hinzu: »Eine weitere Frage habe ich: Tragen Damen in anderen Teilen der Welt auch so große Kämme?« Ich versicherte ihm feierlich, dass dem nicht so sei. Sie waren aufs äußerste erfreut. Der Hauptmann rief aus: »Sieh an!, ein Mann, der die halbe Welt gesehen hat, sagt, dass dem so ist; das haben wir uns immer gedacht, aber nun wissen wir es.« Mein hervorragendes Urteilsvermögen bei Kämmen und Schönheit verschaffte mir eine höchst gastfreundliche Aufnahme; der Hauptmann zwang mich, sein Bett zu nehmen, er selbst wollte auf dem recado schlafen.

und ein Spanier, welcher oft dergleichen gefangen, versicherte mir, dass solcher oft ganz blind sei; einer, den ich lebend bekommen, war es gewiss, und zwar, wie die Sektion ergab, infolge einer Entzündung der Nickhaut. Da häufige Augenentzündungen einem jeden Tier nachteilig werden müssen und da für unterirdische Tiere die Augen gewiss nicht unentbehrlich sind, so wird eine Verminderung ihrer Größe, die Verwachsung des Augenlides damit und die Überziehung derselben mit dem Fell für sie von Nutzen sein; und wenn dies der Fall ist, so wird natürliche Züchtung die Wirkung des Nichtgebrauchs beständig unterstützen. Es ist wohl bekannt, dass mehrere Tiere aus den verschiedensten Klassen, welche die Höhlen in der Steiermark und in Kentucky bewohnen, blind sind. In einigen Krabben ist der Augenstiel noch vorhanden, obwohl das Auge verloren ist: Das Teleskopgestell ist geblieben, obwohl das Teleskop mit seinem Glas fehlt. Da wohl nicht anzunehmen, dass Augen, wenn auch unnütz, den in Dunkelheit lebenden Tieren schädlich werden sollten, so schreibe ich ihren Verlust gänzlich auf Rechnung des Nichtgebrauchs. Bei einem der blin-

den Tiere, insbesondere bei der Höhlenratte, haben die Augen eine ungeheure Größe; und Professor Silliman war der Meinung, dass dasselbe, nachdem es einige Tage im Licht gelebt, ein schwaches Sehvermögen wiedererlangte. Wie auf Madeira die Flügel einiger Insekten durch natürliche Züchtung, von Gebrauch und Nichtgebrauch unterstützt, allmählich teils vergrößert und teils verkleinert wurden, so scheint dieselbe Züchtung bei der Höhlenratte mit dem Mangel des Lichtes gekämpft und die Augen vergrößert zu haben, während bei allen anderen blinden Höhlenbewohnern Nichtgebrauch allein gewirkt haben mag. Es ist schwer, sich ähnlichere Lebensbedingungen vorzustellen als tiefe Kalksteinhöhlen in nahezu ähnlichem Klima, sodass, wenn man von der gewöhnlichen Ansicht ausgeht, dass die blinden Tiere für die amerikanischen und für die europäischen Höhlen besonders erschaffen worden seien, auch eine große Ähnlichkeit derselben in Organisation und Verwandtschaft zu erwarten stünde. Diese findet aber nach Schiödtes u. a. Beobachtung nicht statt; und die Höhleninsekten der zwei Kontinente sind nicht GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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Maihueniopsis darwinii, ein argentinischer Kaktus. näher miteinander verwandt, als sich schon nach der großen Ähnlichkeit zwischen den anderen Bewohnern Nordamerikas und Europas erwarten lässt. Nach meiner Meinung muss man annehmen, dass amerikanische Tiere mit gewöhnlichem Sehvermögen in nacheinander folgenden Generationen immer tiefer und tiefer in die entferntesten Schlupfwinkel der Kentuckyer Höhle eingedrungen sind, wie es europäische in den Höhlen der Steiermark getan haben. Und wir haben einigen Beweis für diese stufenweise Veränderung des Aufenthalts; denn Schiödte bemerkt: Wir betrachten demnach diese unterirdischen Faunen als kleine in die Erde eingedrungene Abzweigungen der geographisch begrenzten Faunen der nächsten Umgegenden, welche in dem Grad, als sie sich weiter in die Dunkelheit ausbreiteten, an die sie umgebenden Verhältnisse gewöhnt wurden; Tiere, von gewöhnlichen Formen nicht sehr entfernt, bereiten den Übergang vom Tag zur Dunkelheit vor; dann folgen die fürs Zwielicht gebildeten und endlich die fürs gänzliche Dunkel bestimmten. Während der Zeit, in welcher ein Tier nach zahllosen Generationen die hintersten Teile der Höhle erreicht, wird hiernach Nichtgebrauch die Augen mehr oder weniger vollständig unterdrückt und natürliche Züchtung oft andere Veränderungen erwirkt haben, die, wie verlängerte Fühler und Fressspitzen, einigermaßen das Gesicht ersetzen. Ungeachtet dieser Modifikationen werden wir erwarten, noch Verwandtschaften der Höhlentiere Amerikas mit den anderen Bewohnern dieses Kontinents und der Höhlenbewohner Europas

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mit den übrigen europäischen Tieren zu sehen. Und dies ist bei einigen amerikanischen Höhlentieren der Fall, wie ich von Professor Dana höre; und einige europäische Höhleninsekten stehen manchen in der Umgegend der Höhle wohnenden Arten ganz nahe. Es dürfte sehr schwer sein, eine vernünftige Erklärung von der Verwandtschaft der blinden Höhlentiere mit den anderen Bewohnern der beiden Kontinente aus dem gewöhnlichen Gesichtspunkt einer unabhängigen Erschaffung zu geben. Dass einige von den Höhlenbewohnern der Alten und der Neuen Welt in naher Beziehung zueinander stehen, lässt sich aus den wohlbekannten Verwandtschaftsverhältnissen ihrer meisten übrigen Erzeugnisse zueinander erwarten. Zwar gehören einige der den Höhlen beider Hemisphären gemeinsamen Insekten zu solchen Sippen, welche bis jetzt allerdings nur in Höhlen gefunden wurden, aber früher wohl eine weite oberflächliche Verbreitung gehabt haben mögen. Blinde Arten der Sippe Adelops wohnen jetzt in Höhlen und werden außer denselben an dunkeln Orten unter Moos usw. gefunden. Fern davon, mich darüber zu wundern, dass einige der Höhlentiere von sehr anomaler Beschaffenheit sind, wie Agassiz von dem blinden Fische Amblyopsis in Amerika bemerkt, und wie es mit dem blinden Reptil Proteus in Europa der Fall ist, bin ich vielmehr erstaunt, dass sich darin nicht mehr Wracks der alten Lebensformen erhalten haben, da solche in diesen dunklen Abgründen wohl einer minder strengen Mitbewerbung ausgesetzt gewesen sein würden. Akklimatisierung. – Gewohnheit ist bei Pflanzen erblich in Bezug auf Blütezeit, nötige Regenmenge für den Keimungsprozess, Schlaf usw., und dies veranlasst mich, hier noch einiges über Akklimatisierung zu sagen. Es ist sehr gewöhnlich, dass Arten von einerlei Sippe sehr heiße sowie sehr kalte Gegenden bewohnen; und da ich glaube, dass alle Arten einer Sippe von einem gemeinsamen Urvater abstammen, so muss, wenn dies richtig ist, Akklimatisierung während einer langen Fortpflanzung leicht bewirkt werden können. Es ist bekannt, dass jede Art dem Klima ihrer eigenen Heimat angepasst ist; Arten einer arktischen oder auch nur einer gemäßigten Gegend können in einem tropischen Klima nicht ausdauern, und umgekehrt. So können auch manche Fettpflanzen nicht in

feuchtem Klima fortkommen. Doch ist der Grad der Anpassung der Arten an das Klima, worin sie leben, oft überschätzt worden. Wir können dies schon aus unserer oftmaligen Unfähigkeit vorauszusagen, ob eine eingeführte Pflanze unser Klima ausdauern werde oder nicht, sowie aus der großen Anzahl von Pflanzen und Tieren entnehmen, welche aus wärmerem Klima zu uns verpflanzt hier ganz wohl gedeihen. Wir haben Grund anzunehmen, dass im Naturstand Arten durch die Mitbewerbung anderer organischer Wesen ebenso sehr oder noch stärker in ihrer Verbreitung beschränkt werden als durch ihre Anpassung an besondere Klimate. Mag aber die Anpassung im Allgemeinen eine sehr genaue sein oder nicht: Wir haben bei einigen wenigen Pflanzenarten Beweise, dass dieselben schon von der Natur in gewissem Grad an ungleiche Temperaturen gewöhnt oder akklimatisiert werden. So zeigen die von Dr. Hooker aus Samen von verschiedenen Höhen am Himalaya erzogenen Pinus- und Rhododendron-Arten auch ein verschiedenes Vermögen, der Kälte zu widerstehen. Herr Twaites berichtet mir, dass er ähnliche Tatsachen auf Ceylon beobachtet habe, und Herr H. C. Watson hat ähnliche Erfahrungen mit Pflanzen gemacht, die von den Azoren nach England gebracht worden sind. In Bezug auf Tiere ließen sich manche wohl beglaubigte Fälle anführen, dass Arten derselben binnen geschichtlicher Zeit ihre Verbreitung weit aus wärmeren nach kälteren Zonen oder umgekehrt ausgedehnt haben; jedoch wissen wir nicht mit Bestimmtheit, ob diese Tiere einst ihrem heimatlichen Klima eng angepasst gewesen, obwohl wir dies in allen gewöhnlichen Fällen voraussetzen, – und ob demzufolge sie erst einer Akklimatisierung in ihrer neuen Heimat bedurft haben, oder nicht. Da ich glaube, dass unsere Haustiere ursprünglich von noch unzivilisierten Menschen gezähmt worden sind, weil sie ihnen nützlich und in der Gefangenschaft leicht fortzupflanzen waren, und nicht wegen ihrer erst später erkundeten Tauglichkeit zu weit ausgedehnter Verpflanzung, so kann nach meiner Meinung das gewöhnlich außerordentliche Vermögen unserer Haustiere, die verschiedensten Klimate auszuhalten und sich darin (ein viel gewichtigeres Zeugnis) fortzupflanzen, zur Schlussfolgerung dienen, dass auch eine verhältnismäßig große Anzahl anderer Tiere, die

sich jetzt noch im Naturzustand befinden, leicht dazu gebracht werden könnte, sehr verschiedene Klimate zu ertragen. Wir dürfen jedoch die vorangehende Folgerung nicht zu weit treiben, weil einige unserer Haustiere von verschiedenen wilden Stämmen herrühren können, wie z. B. in unseren Haushundrassen das Blut eines tropischen und eines arktischen Wolfes oder wilden Hundes gemischt sein könnte. Ratten und Mäuse dürfen nicht als Haustiere angesehen werden; und doch sind sie vom Menschen in viele Teile der Welt überführt worden und besitzen jetzt eine weitere Verbreitung als irgendein anderes Nagetier, indem sie frei unter dem kalten Himmel der Faröer im Norden und der Falklandinseln im Süden sowie auf vielen Inseln der Tropenzone leben. Daher bin ich geneigt, die Anpassung an ein besonderes Klima als eine leicht auf eine angeborene weite Biegsamkeit der Konstitution, welche den meisten Tieren eigen ist, gepfropfte Eigenschaft zu betrachten. Dieser Ansicht zufolge hat man die Fähigkeit des Menschen und seiner meisten Haustiere, die verschiedensten Klimate zu ertragen, und solche Tatsachen, wie das Vorkommen einstiger Elefanten- und Rhinozerosarten in einem Eisklima, während deren jetzt lebenden Arten alle eine tropische oder subtropische Heimat haben, nicht als Gesetzwidrigkeiten zu

Trochilus forficatus, ein Kolibri, den Darwin in Chile sah. GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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Danaus gilippus, im Englischen Königinfalter genannt und eng mit dem Monarchfalter verwandt, Galapagosinseln. betrachten, sondern lediglich als Beispiele einer sehr gewöhnlichen Biegsamkeit der Konstitution anzusehen, welche nur unter besonderen Umständen mehr zur Geltung gelangt ist. Wie viel von der Akklimatisierung der Arten an ein besonderes Klima bloß Gewohnheitssache sei, wie viel von der natürlichen Züchtung von Varietäten mit verschiedenen Körperverfassungen abhänge oder wie weit beide Ursachen zusammenwirken, ist eine sehr schwierige Frage. Dass Gewohnheit und Übung einigen Einfluss habe, will ich sowohl nach der Analogie als nach den ununterbrochenen Warnungen wohl glauben, welche in unseren landwirtschaftlichen Werken und selbst in alten chinesischen Enzyklopädien enthalten sind, recht vorsichtig bei Versetzung von Tieren aus einer Gegend in die andere zu sein. Denn es ist nicht wahrscheinlich, dass man durch Züchtung so viele Rassen und Unterrassen mit ebenso vielen verschiedenen Gegenden angepassten Konstitutionen gebildet habe; das Ergebnis rührt vielmehr von Gewöhnung her. Andererseits sehe ich auch keinen Grund zu zweifeln, dass natürliche Züchtung beständig diejenigen Individuen zu erhalten strebe, welche mit den für ihre Heimatgegenden am besten geeigneten

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Körperverfassungen geboren sind. In Schriften über verschiedene Sorten kultivierter Pflanzen heißt es von gewissen Varietäten, dass sie dieses oder jenes Klima besser als andere vertragen. Dies ergibt sich sehr schlagend aus den in den Vereinigten Staaten erschienenen Werken über Obstbaumzucht, worin gewöhnlich diese Varietäten für die nördlichen und jene für die südlichen Staaten empfohlen werden; und da die meisten dieser Abarten noch neuen Ursprungs sind, so kann man die Verschiedenheit ihrer Konstitutionen in dieser Beziehung nicht der Gewöhnung zuschreiben. Man hat die Jerusalem-Artischocke, welche sich nicht aus Samen fortpflanzt und daher niemals neue Varietäten geliefert hat, angeführt als Beweis, dass es nicht möglich sei, eine Akklimatisierung zu bewirken, weil sie noch immer so empfindlich sei, wie sie jederzeit gewesen; zu gleichem Zwecke hat man sich oft auf die Schminkbohne, und zwar mit viel größerem Nachdrucke berufen. So lange aber, als nicht jemand einige Dutzend Generationen hindurch seine Schminkbohnen so frühzeitig aussät, dass ein sehr großer Teil derselben durch Frost zerstört wird, und dann, mit der gehörigen Vorsicht zur Vermeidung von Kreuzungen, seine Samen von den wenigen über-

lebenden Stöcken nimmt und von deren Sämlingen mit gleicher Vorsicht abermals seine Samen erzieht, so lange wird man nicht sagen können, dass der Versuch angestellt worden sei. Auch kann man nicht unterstellen, dass nicht zuweilen Verschiedenheiten in der Konstitution dieser verschiedenen Bohnensämlinge zum Vorschein kommen; denn es ist bereits ein Bericht darüber erschienen, wie viel härter ein Teil dieser Sämlinge gegenüber den anderen ist. Im Ganzen kann man, glaube ich, schließen, dass Gewöhnung, Gebrauch und Nichtgebrauch in manchen Fällen einen beträchtlichen Einfluss auf die Änderung der Konstitution und den Bau verschiedener Organe ausgeübt haben; dass jedoch diese Wirkungen des Gebrauchs und Nichtgebrauchs oft in ansehnlichem Grad vermehrt und mitunter noch überboten worden sind durch natürliche Züchtung mittels angeborener Abänderungen. Wechselbeziehungen der Bildung. – Ich will mit diesem Ausdruck sagen, dass die ganze Organisation der natürlichen Wesen so unter sich verkettet ist, dass, wenn während der Entwicklung und dem Wachstum des einen Teils eine geringe Abänderung erfolgt und von der natürlichen Züchtung gehäuft wird, auch andere Teile geändert werden müssen. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, aber noch wenig begriffen. Der gewöhnlichste Fall ist der, dass Abänderungen, welche nur zum Nutzen der Larve oder des Jungen gehäuft werden, zweifelsohne auch die Organisation des Erwachsenen berühren; ebenso wie eine Missbildung, welche den frühesten Embryo betrifft, auch die ganze Organisation des Alten ernstlich berühren wird. Die mehrzähligen homologen und in der frühesten Embryonalzeit einander noch ähnlichen Teile des Körpers scheinen in verwandter Weise zu variieren geneigt; daher die rechte und linke Seite des Körpers in gleicher Weise abzuändern pflegen, die vorderen Gliedmaßen in gleicher Weise wie die hinteren, und sogar in gleicher Weise wie die Kinnladen, da man ja den Unterkiefer für ein Homologon der Gliedmaßen hält. Diese Neigungen können, wie ich nicht bezweifle, durch natürliche Züchtung mehr und weniger beherrscht werden; so hat es früher eine Hirschfamilie mit einem Augspross nur an einem Geweih gegeben, und wäre diese Eigenheit von irgendeinem größeren Nutzen gewesen, so würde

sie durch natürliche Züchtung vermutlich bleibend geworden sein. Homologe Teile streben, wie einige Autoren bemerkt haben, zusammenzuhängen, man sieht dies oft in monströsen Pflanzen; und nichts ist gewöhnlicher als die Vereinigung homologer Teile zu normalen Bildungen, wie z. B. die Vereinigung der Kronenblätter zu einer Röhre. Harte Teile scheinen auf die Form anliegender weicher einzuwirken, und einige Autoren sind der Meinung, dass die Verschiedenheit in der Form des Beckens der Vögel den merkwürdigen Unterschied in der Form ihrer Nieren verursache. Andere glauben, dass beim Menschen die Gestalt des Beckens der Mutter durch Druck auf die Schädelform des Kindes wirke. Bei Schlangen bedingen nach Schlegel die Form des Körpers und die Art des Schlingens die Lage einiger der wichtigsten Eingeweide. Die Beschaffenheit des Bandes der Wechselbeziehung ist sehr oft ganz dunkel. Isidore Geoffroy Saint-Hilaire hat auf nachdrückliche Weise hervorgehoben, dass gewisse Missbildungen sehr häufig und andere sehr selten zusammen vorkommen, ohne dass wir den Grund anzugeben vermöchten. Was kann eigentümlicher sein, als die Beziehung zwischen den blauen Augen und der Taubheit der Katzen oder die der Farbe des Panzers mit dem weiblichen Geschlecht der Schildkröten; die Beziehung zwischen den gefiederten Füßen und der Spannhaut zwischen den äußeren Zehen der Tauben oder die zwischen der Anwesenheit von mehr oder weniger Flaum an den eben ausschlüpfenden Vögeln mit der künftigen Farbe ihres Gefieders; oder endlich zwischen Behaarung und Zahnbildung des nackten türkischen Hundes, obschon hier wohl Homologie mit ins Spiel kommt. Mit Bezug auf diesen letzten Fall von Wechselbeziehung scheint es mir kaum zufällig zu sein, dass diejenigen zwei Säugetierordnungen, welche am abnormsten in ihrer Bekleidung, auch am abweichendsten in der Zahnbildung sind; nämlich die Cetaceen (Wale) und die Edentaten (Schuppentiere, Gürteltiere usw.). Ich kenne keinen Fall, der besser geeignet wäre, die Wesenheit der Gesetze der Wechselbeziehung bei Abänderung wichtiger Gebilde unabhängig von deren Nützlichkeit und somit auch von der natürlichen Züchtung darzutun, als es die Verschiedenheit der äußeren und inneren Blüten im Blütenstand einiger Kompositen und Umbelliferen ist. Jedermann kennt den Unterschied zwischen den mittleren und GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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den Randblüten z. B. des Gänseblümchens (Bellis), und diese Verschiedenheit ist oft verbunden mit der Verkümmerung einzelner Blumenteile. Aber in einigen Kompositen unterscheiden sich auch die Früchte der beiderlei Blüten in Größe und Skulptur, und selbst die Ovarien mit einigen Nebenteilen weichen ab, wie Cassini nachgewiesen hat. Diese Unterschiede sind von einigen Botanikern dem Druck zugeschrieben worden, und die Fruchtformen in den Strahlenblumen der Kompositen unterstützen diese Ansicht; keineswegs aber trifft es bei den Umbelliferen zu, dass die Arten mit den dichtesten Umbellen die größte Verschiedenheit zwischen den inneren und äußeren Blüten wahrnehmen ließen. Man hätte denken können, dass die stärkere Entwicklung der im Rande des Blütenstands befindlichen Kronenblätter die Verkümmerung anderer Blütenteile veranlasst habe, indem sie ihnen Nahrung entzogen; aber bei einigen Kompositen zeigt sich ein Unterschied in der Größe der Früchte der inneren und der Strahlenblüten, ohne vorgängige Verschiedenheit der Krone. Möglich, dass diese mancherlei Unterschiede mit irgendeinem Unterschied in dem Zufluss der Säfte zu den mittel- und den randständigen Blüten zusammenhängt; wir wissen wenigstens, dass bei unregelmäßig geformten Blüten die der Achse zunächst stehenden am öftesten der Pelorienbildung unterworfen sind und regelmäßig werden. Ich will als Beispiel dieses und zugleich als treffenden Fall von Wechselbeziehung der Entwicklung anführen, wie ich kürzlich in einigen Garten-Pelargonien beobachtete, dass die mittleren Blüten der Dolde oft die dunkleren Flecken an den zwei oberen Kronenblättern verlieren und dass, wenn dies der Fall ist, das anhängende Nektarium gänzlich verkümmert; fehlt der Fleck nur an einem der zwei oberen Kronenblätter, so wird das Nektarium nur stark verkürzt. Hinsichtlich der Verschiedenheiten der Blumenkronen der mittleren und randstehenden Blumen einer Dolde oder eines Blütenköpfchens, so halte ich C. C. Sprengels Einfall, dass die Strahlenblumen zur Anziehung der Insekten bestimmt seien, deren Bewegungen die Befruchtung der Pflanzen jener zwei Ordnungen befördere, nicht für so weit hergeholt, als er beim ersten Blick scheinen mag; und wenn es wirklich von Nutzen, so kann natürliche Züchtung mit in Betracht kommen. Dagegen scheint es kaum möglich, dass die Verschiedenheit zwischen dem

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Bau der äußeren und der inneren Früchte, welche in keiner Wechselbeziehung mit irgendeiner verschiedenen Bildung der Blüten steht, irgendwie den Pflanzen von Nutzen sein kann. Jedoch erscheinen bei den Doldenpflanzen die Unterschiede von so auffallender Wichtigkeit (da in mehreren Fällen nach Tausch die Früchte der äußeren Blüten orthosperm und die der mittelständigen coelosperm sind), dass der ältere de Candolle seine Hauptabteilungen in dieser Pflanzenordnung auf analoge Verschiedenheiten gründete. Wir sehen daher, dass Abänderungen der Struktur von gänzlich unbekannten Gesetzen in den Wechselbeziehungen der Entwicklung bedingt sein können, und zwar ohne selbst den geringsten erkennbaren Vorteil für die Spezies darzubieten. Wir mögen irrigerweise den Wechselbeziehungen der Entwicklung oft solche Bildungen zuschreiben, welche ganzen Artengruppen gemein sind, aber in Wahrheit ganz einfach von Erblichkeit abhängen. Denn ein alter Stammvater z. B. mag durch natürliche Züchtung irgendeine Eigentümlichkeit seiner Struktur und nach tausend Generationen irgendeine andere davon unabhängige Abänderung erlangt haben, und wenn dann beide Modifikationen miteinander auf eine ganze Gruppe von Nachkommen mit verschiedener Lebensweise übertragen worden sind, so wird man natürlich glauben, sie stünden in einer notwendigen Wechselbeziehung miteinander. So zweifle ich auch nicht daran, dass einige anscheinende Wechselbeziehungen, welche in ganzen Ordnungen des Systems vorkommen, lediglich nur von der möglichen Wirkungsweise der Züchtung bedingt sind. Wenn z. B. Alphonse de Candolle bemerkt, dass geflügelte Samen nie in Früchten vorkommen, die sich nicht öffnen, so möchte ich diese Regel durch die Tatsache erklären, dass Samen nicht durch natürliche Züchtung allmählich beflügelt werden können, außer in Früchten, die sich öffnen; sodass individuelle Pflanzen mit Samen, welche etwas beflügelt und daher mehr zur weiten Fortführung geeignet sind, vor anderen schlecht beflügelten hinsichtlich ihrer Aussicht auf Erhaltung im Vorteil sind, und dieser Vorgang kann nicht wohl mit solchen Früchten vorkommen, welche nicht aufspringen. Der ältere Geoffroy und Goethe haben ihr Gesetz von der Kompensation der Entwicklung fast gleichzeitig aufgestellt, wonach, wie Goethe sich ausdrückt,

Aus „Die Fahrt der Beagle“



6. Dezember 1833

D

ie Beagle verließ den Rio Plata, um niemals wieder seine trüben Wasser zu befahren. Wir nahmen Kurs auf Port Desire an der Küste Patagoniens. Bevor ich fortfahre, möchte ich hier einige Beobachtungen zusammenfassen, die ich auf See gemacht habe. Mehrmals, wenn das Schiff einige Meilen vor der Mündung des Plata war, und auch andere Male vor der Küste Nordpatagoniens waren wir von Insekten umgeben. Eines Abends, als wir ungefähr zehn Meilen vor der Bucht von San Blas lagen, waren wir inmitten einer riesigen Menge Schmetterlinge, Scharen oder Schwärme unendlicher Myriaden, so weit das Auge reichte. Selbst mithilfe eines Teleskops vermochte man unmöglich einen von Schmetterlingen freien Raum zu sehen. Die Seeleute riefen: »Es schneit Schmetterlinge«, und so wirkte es tatsächlich auch. Es waren mehr als eine Art, der überwiegende Teil gehörte indes zu einer, die der gemeinen englischen Colias edusa sehr ähnlich, allerdings nicht identisch mit ihr war. Begleitet wurden die Schmetterlinge von einigen Nachtfaltern und Hautflüglern, und auch ein schöner Käfer (Calosoma) flog an Bord. Es gibt noch weitere Fälle, dass dieser Käfer weit draußen auf See gefangen wurde, was desto bemerkenswerter ist, als die überwiegende Zahl der Carabidae nur selten oder nie fliegen. Der Tag war schön und ruhig gewesen, und der davor ebenso, der Wind war leicht und wechselnd. Daher können wir nicht annehmen, dass die Insekten vom Land her geweht worden waren, vielmehr müssen wir folgern, dass die Insekten freiwillig flogen. Die großen Scharen Colias scheinen zunächst einen Fall gleich jenen zu liefern, die von der Wanderung eines anderen Schmetterlings belegt sind, Vanessa cardui, doch dass auch noch andere Insekten da waren, macht den Fall einzigartig und noch weniger begreifbar. Vor Sonnenuntergang kam von Nord eine kräftige Brise auf, die für Zehntausende von Schmetterlingen und anderen Insekten den Tod bedeutet haben muss.

die Natur genötigt ist, auf der einen Seite zu ersparen, was sie auf der anderen mehr gibt. Dies passt in gewisser Ausdehnung, wie mir scheint, ganz gut auf unsere Kulturerzeugnisse; denn wenn einem Teil oder Organ Nahrung im Überfluss zuströmt, so kann sie nicht, oder wenigstens nicht im Überfluss, auch einem anderen zuteilwerden, daher man eine Kuh z. B. nicht zwingen kann, viel Milch zu geben und zugleich fett zu werden. Ein und dieselbe Kohlvarietät kann nicht eine reichliche Menge nahrhafter Blätter und zugleich einen guten Ertrag von Ölsamen liefern. Wenn in unserem Obst die Samen verkümmern, gewinnt die Frucht selbst an Größe und Güte. Bei unseren Hühnern ist einer großen Federhaube auf dem Kopf gewöhnlich ein kleinerer Kamm beigesellt, und ist ein großer Federbart mit kleinen Bartlappen verbunden. Dagegen ist kaum anzunehmen, dass dieses Gesetz auch auf Arten im Naturzustand allgemein anwendbar sei, obwohl viele gute Beobachter und namentlich Botaniker an seine Wahrheit glauben. Ich will jedoch hier keine Beispiele anführen; denn ich kann schwer ein Mittel finden, zu unterscheiden einerseits zwischen der durch natürliche Züchtung bewirkten ansehnlichen Vergrößerung eines Teils und der durch gleiche Ursache oder durch Nichtgebrauch veranlassten Verminderung eines anderen nahe dabei befindlichen Organs, und andererseits der Verkümmerung eines Organs durch Nahrungseinbuße infolge exzessiver Entwicklung eines anderen nahe dabei befindlichen Teils. Ich vermute auch, dass einige der Fälle, die man als Beweise der Kompensation vorgebracht, sich mit einigen anderen Tatsachen unter ein allgemeineres Prinzip zusammenfassen lassen, das Prinzip nämlich, dass natürliche Züchtung fortwährend bestrebt ist, in jedem Teil der Organisation zu sparen. Wenn unter veränderten Lebensverhältnissen eine bisher nützliche Vorrichtung weniger nützlich wird, so dürfte wohl eine wenngleich nur unbedeutende Verminderung ihrer Größe durch die natürliche Züchtung erstrebt werden, indem es für das Individuum ja vorteilhaft ist, wenn es seine Säfte nicht zur Ausbildung nutzloser Organe verschwendet. Nur auf diese Weise kann ich eine Tatsache begreiflich finden, welche mich, als ich mit der Untersuchung über die Cirripeden beschäftigt war, überraschte, nämlich dass, wenn ein Cirripede in anderen Organismen als Schmarotzer lebt und daher geschützt ist, er mehr oder weniger seine GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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Schmetterlinge und Falter – eine Bildtafel aus dem Dictionary of Butterflies and Moths in Colour (1975).

eigene Kalkschale verliert. Dies ist mit dem Männchen von Ibla und in außerordentlich hohem Grade mit Proteolepas der Fall; denn während der Panzer aller anderen Cirripeden aus den drei hochwichtigen Vordersegmenten des ungeheuer entwickelten Kopfes besteht und mit starken Nerven und Muskeln versehen ist, erscheint an dem parasitischen und geschützten Proteolepas der ganze Vorderteil des Kopfes als ein bloßes an die Basen der Rankenfüße befestigtes Rudiment. Nun dürfte die Ersparung eines großen und zusammengesetzten Gebildes, wenn es, wie hier durch die parasitische Lebensweise des Proteolepas, überflüssig wird, obgleich nur stufenweise voranschreitend, ein entschiedener Vorteil für jedes spätere Individuum der Spezies sein, weil im Kampfe ums Dasein, welchen das Tier zu kämpfen hat, jeder einzelne Proteolepas umso mehr Aussicht sich zu behaupten erlangt, je weniger Nährstoff zur Entwicklung eines nutzlos gewordenen Organes verloren geht. Danach, glaube ich, wird es der natürlichen Züchtung in die Länge immer gelingen, jeden Teil der Organisation zu verringern und zu ersparen, sobald er überflüssig geworden ist, ohne deshalb gerade einen anderen Teil in entsprechendem Grade stärker auszubilden. Und ebenso dürfte sie, umgekehrt, vollkommen im Stande sein, ein Organ stärker auszubilden, ohne die Verminderung eines anderen benachbarten Teiles als notwendige Kompensation zu verlangen. Nach Isidore Geoffroy Saint-Hilaires Wahrnehmung scheint es bei Varietäten wie bei Arten Regel zu sein, dass, wenn ein Teil oder ein Organ oftmals im Baue eines Individuums vorkommt, wie der Wirbel in den Schlangen und die Staubgefäße in den polyandrischen Blüten, dessen Zahl veränderlich wird, während die Zahl desselben Organs oder Teils beständig bleibt, falls er sich weniger oft wiederholen muss. Derselbe Zoologe sowie einige Botaniker haben ferner die Bemerkung gemacht, dass sehr vielzählige Teile auch größeren Veränderungen im inneren Bau ausgesetzt sind. Zumal nun diese vegetativen Wiederholungen, wie R. Owen sie nennt, ein Anzeigen niedriger Organisation sind, so scheint die vorangehende Bemerkung mit der sehr allgemeinen Ansicht der Naturforscher zusammenzuhängen, dass solche Wesen, welche tief auf der Stufenleiter der Natur stehen, veränderlicher als die höheren sind. Ich verstehe unter tiefer Organisation in diesem Falle eine geringe Differenzierung der

Organe für verschiedene besondere Verrichtungen; denn solange ein und dasselbe Organ verschiedene Arbeiten zu verrichten hat, lässt sich ein Grund für seine Veränderlichkeit vielleicht darin finden, dass natürliche Züchtung jede kleine Abweichung der Form weniger sorgfältig erhält oder unterdrückt, als wenn dasselbe Organ nur zu einem besonderen Zweck allein bestimmt wäre. So mögen Messer, welche allerlei Dinge zu schneiden bestimmt sind, im Ganzen so ziemlich von einerlei Form sein, während ein nur zu einerlei Gebrauch bestimmtes Werkzeug für jeden anderen Gebrauch auch eine andere Form haben muss. Auch unvollkommen ausgebildete, rudimentäre Organe sind nach der Bemerkung einiger Schriftsteller, die mir richtig zu sein scheint, sehr zur Veränderlichkeit geneigt. Ich verweise in dieser Hinsicht auf die Erörterung der rudimentären und abortiven Organe im Allgemeinen und will hier nur beifügen, dass ihre Veränderlichkeit durch ihre Gebrauchslosigkeit bedingt zu sein scheint, indem in diesem Fall natürliche Züchtung nichts vermag, um Abweichungen ihres Baues zu verhindern. Daher rudimentäre Teile dem freien Einfluss der verschiedenen Wachstumsgesetze, den Wirkungen lange fortgesetzten Nichtgebrauchs und dem Streben zur Rückkehr preisgegeben sind. Ein in außerordentlicher Stärke oder Weise in irgendeiner Spezies entwickelter Teil hat, in Vergleich mit demselben Teil in anderen Arten, eine große Neigung zur Veränderlichkeit. – Vor einigen Jahren wurde ich durch eine ähnliche von Waterhouse veröffentlichte Äußerung überrascht. Auch schließe ich aus einer Bemerkung des Professors R. Owen über die Länge der Arme des Orang-Utan, dass er zur nämlichen Ansicht gelangt sei. Es ist keine Hoffnung vorhanden, jemanden von der Wahrheit dieser Behauptung zu überzeugen, ohne die Aufzählung der langen Reihe von Tatsachen, die ich gesammelt habe, aber hier nicht mitteilen kann. Ich vermag nur meine Überzeugung auszusprechen, dass es eine sehr allgemeine Regel ist. Ich kenne zwar mehrere Ursachen, welche zu Irrtum in dieser Hinsicht Veranlassung geben können, hoffe aber, sie genügend berücksichtigt zu haben. Vor allem ist zu bemerken, dass diese Regel auf keinen, wenn auch an sich noch so ungewöhnlich entwickelten Teil Anwendung finden soll, sofern er nicht auch demselben Teil bei nahe verwandten Arten gegenüber ungewöhnlich ausgebildet ist. So abnorm GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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Patagonier in Gregory Bay, 1831



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Bei unserem vorigen Besuch (im Januar) hatten wir am Kap Gregory ein Gespräch mit den berühm-

ten so genannten riesigen Patagoniern, die uns einen herzlichen Empfang bereiteten. Wegen ihrer weiten Guanako-Umhänge, ihres langen, wehenden Haares und ihrer allgemeinen Gestalt wirken sie größer, als sie tatsächlich sind: Im Durchschnitt sind sie ungefähr sechs Fuß groß, wobei manche Männer größer und nur wenige kleiner sind; auch die Frauen sind groß. Im Ganzen sind sie gewiss die größte Rasse, die wir überhaupt irgendwo sahen. In den Gesichtszügen ähneln sie auffallend den nördlicheren Indianern, die ich bei Rosas sah, doch haben sie ein wilderes und furchterregenderes Aussehen; ihre Gesichter waren stark mit Rot und Schwarz bemalt, und ein Mann war mit Weiß geringelt und gepunktet wie ein Feuerländer. Kapitän Fitz Roy bot ihnen an, beliebige drei an Bord zu nehmen, und alle schienen sie entschlossen, einer der drei zu sein. Es dauerte lange, bis wir das Boot frei bekamen; endlich gingen wir mit unseren drei Riesen an Bord, wo sie mit dem Kapitän speisten und sich ganz wie Herren benahmen und sich mit Messer, Gabel und Löffel bedienten: Nichts wurde so sehr genossen wie Zucker. Dieser Stamm hat so viel Kontakt zu Robben- und Walfängern gehabt, dass die meisten Männer ein wenig Spanisch oder Englisch sprechen, und sie sind halb zivilisiert und im Verhältnis dazu entsittlicht.

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daher auch die Flügelbildung der Fledermäuse in der Klasse der Säugetiere ist, so bezieht sich doch jene Regel nicht darauf, weil diese Bildung einer ganzen Ordnung zukommt; sie würde nur anwendbar sein, wenn die Flügel einer Fledermausart in merkwürdigem Verhältnisse gegen die Flügel anderer Arten derselben Sippe vergrößert wären. Diese Regel entspricht sehr gut den ungewöhnlich verwickelten »sekundären Sexual-Charaktern«, mit welchem Ausdruck Hunter diejenigen Merkmale bezeichnete, welche nur dem Männchen oder dem Weibchen allein zukommen, aber mit dem Fortpflanzungsakt nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Die Regel findet sowohl auf Männchen wie auf Weibchen Anwendung, doch mehr auf die ersten, weil auffallende Charaktere dieser Art bei Weibchen überhaupt selten sind. Die vollkommene Anwendbarkeit der Regel auf diese letzten Fälle dürfte mit der großen und nicht zu bezweifelnden Veränderlichkeit dieser Charaktere überhaupt, mögen sie viel oder wenig entwickelt sein, zusammenhängen. Dass sich aber unsere Regel in der Tat nicht auf die sekundären Charaktere dieser Art allein bezieht, erhellt aus den hermaphroditischen Cirripeden; und ich will hier beifügen, dass ich bei der Untersuchung dieser Ordnung Herrn Waterhouses Bemerkung besondere Beachtung zugewandt habe und vollkommen von der fast unveränderlichen Anwendbarkeit dieser Regel auf die Cirripeden überzeugt bin. In meinem späteren Werke werde ich eine vollständigere Liste der einzelnen Fälle geben; hier aber will ich nur einen anführen, welcher die Regel in ihrer ausgedehntesten Anwendbarkeit erläutert. Die Deckelklappen der sitzenden Cirripeden (Balaniden) sind in jedem Sinne des Wortes sehr wichtige Gebilde und variieren selbst von einer Sippe zur anderen nur wenig. Nur in den verschiedenen Arten von Pyrgoma allein bieten diese Klappen einen wundersamen Grad von Differenzierung dar. Die homologen Klappen sind in verschiedenen Arten zuweilen ganz unähnlich in Form, und der Betrag möglicher Abweichung zwischen den Individuen einiger Arten ist so groß, dass man ohne Übertreibung behaupten darf, ihre Varietäten weichen in den Merkmalen dieser wichtigen Klappen weiter auseinander als sonst Arten verschiedener Sippen. Da Vögel innerhalb einer und derselben Gegend außerordentlich wenig variieren, so habe ich auch sie in dieser Hinsicht näher geprüft und die Regel

auch in dieser Klasse sehr gut bewährt gefunden. Ich kann nicht nachweisen, dass sie sich auch bei den Pflanzen so verhalte, und mein Vertrauen auf ihre Allgemeinheit würde hierdurch sehr erschüttert worden sein, wenn nicht eben die große Veränderlichkeit der Pflanzen überhaupt es sehr schwierig machte, die bezüglichen Veränderlichkeitsgrade beider miteinander zu vergleichen. Wenn wir bei irgendeiner Spezies einen Teil oder ein Organ in merkwürdiger Höhe oder Weise entwickelt sehen, so läge es am nächsten anzunehmen, dass dasselbe dieser Art von großer Wichtigkeit sein müsse, und doch ist der Teil in diesem Falle außerordentlich veränderlich. Wie kommt dies? Aus der Ansicht, dass jede Art mit allen ihren Teilen, wie wir sie jetzt sehen, unabhängig erschaffen worden sei, können wir keine Erklärung schöpfen. Dagegen scheint mir die Annahme, dass Artengruppen eine gemeinsame Abstammung von anderen Arten haben und nur durch natürliche Züchtung modifiziert worden sind, einiges Licht über die Frage zu verbreiten. Wenn bei unseren Haustieren ein einzelner Teil oder das ganze Tier vernachlässigt und ohne Züchtung fortgepflanzt wird, so wird ein solcher Teil (wie z. B. der Kamm bei den Dorking-Hühnern) oder die ganze Rasse aufhören, einen einförmigen Charakter zu bewahren. Man wird dann sagen, sie sei ausgeartet. In rudimentären und solchen Organen, welche nur wenig für einen besonderen Zweck differenziert worden sind, sowie in polymorphen Gruppen, sehen wir einen fast gleichlaufenden Fall in der Natur; denn hier kann die natürliche Züchtung nicht oder nur wenig zur Geltung kommen und die Organisation bleibt in einem schwankenden Zustand. Was uns aber hier näher angeht, das ist, dass eben bei unseren Haustieren diejenigen Charaktere, welche durch fortgesetzte Züchtung so rascher Abänderung unterliegen, ebenso rasch in hohem Grade zu variieren geneigt werden. Man vergleiche einmal die Taubenrassen; was für ein wunderbar großes Maß von Veränderung zeigt sich nur in den Schnäbeln der Purzeltauben, in den Schnäbeln und roten Lappen der verschiedenen Botentauben (Cyprianer), in Haltung und Schwanz der Pfauentaube, weil die englischen Liebhaber auf diese Punkte wenig achten. Schon die Unterrassen wie die kurzstirnigen Purzler sind bekanntlich schwer vollkommen zu finden, und oft kommen dabei einGE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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zelne Tiere zum Vorschein, welche weit von dem Musterbild abweichen. Man kann daher mit Wahrheit sagen, es finde ein beständiger Kampf statt zwischen einerseits einem Streben zur Rückkehr in eine minder differenzierte Beschaffenheit und einer angeborenen Neigung zu weiterer Veränderung aller Art und anderseits dem Vermögen fortwährender Züchtung zur Reinerhaltung der Rasse. Bei langer Dauer gewinnt Züchtung den Sieg, und wir fürchten nicht mehr, so weit vom Ziele abzuweichen, dass wir von einem guten kurzstirnigen Stamm nur einen gemeinen Purzler erhielten. Solange aber die Züchtung noch in raschem Fortschritt begriffen ist, wird immer eine große Unbeständigkeit in dem der Veränderung unterliegenden Gebilde zu erwarten sein. Es verdient ferner bemerkt zu werden, dass diese durch künstliche Züchtung erzeugten veränderlichen Charaktere aus uns ganz unbekannten Ursachen sich zuweilen mehr an das eine als an das andere Geschlecht knüpfen, und zwar gewöhnlich an das männliche, wie die Fleischwarzen der englischen Botentaube und der mächtige Kropf des Kröpfers. Doch kehren wir zur Natur zurück. Ist ein Teil in irgendeiner Spezies den anderen Arten derselben Sippe gegenüber auf außergewöhnliche Weise vergrößert, so können wir annehmen, derselbe habe seit ihrer Abzweigung von dem gemeinsamen Stamm einen ungewöhnlichen Betrag von Abänderung erfahren. Diese Zeit der Abzweigung wird selten außerordentlich weit zurückliegen, da Arten nur selten länger als eine geologische Periode dauern. Ein ungewöhnlicher Betrag von Verschiedenheit setzt ein ungewöhnlich langes und ausgedehntes Maß von Veränderlichkeit voraus, deren Produkt durch Züchtung zum Besten der Spezies fortwährend gehäuft worden ist. Da aber die Veränderlichkeit des außerordentlich entwickelten Teils oder Organs in einer nicht sehr weit zurückreichenden Zeit so groß und andauernd gewesen ist, so möchten wir auch jetzt noch in der Regel mehr Veränderlichkeit in solchen als in anderen Teilen der Organisation, welche schon seit viel längerer Zeit beständig geworden sind, anzutreffen erwarten. Und diese findet nach meiner Überzeugung statt. Dass aber der Kampf zwischen natürlicher Züchtung einerseits und der Neigung zur Rückkehr und zur weiteren Abänderung anderseits mit der Zeit aufhören und auch die am abnormsten gebildeten Organe beständig

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werden können, ist kein Grund vorhanden zu bezweifeln. Wenn daher ein Organ, wie regelwidrig es auch sein mag, in ungefähr gleicher Beschaffenheit auf viele bereits abändernde Nachkommen übertragen wird, wie dies mit dem Flügel der Fledermaus der Fall ist, so muss es meiner Theorie zufolge schon eine unermessliche Zeit hindurch in dem gleichen Zustand vorhanden gewesen und in dessen Folge jetzt nicht mehr veränderlicher als irgendein anderes Organ sein. Nur in denjenigen Fällen, wo die Modifikation noch verhältnismäßig jung und außerordentlich groß ist, werden wir daher die »generative Veränderlichkeit«, wie wir sie nennen wollen, noch in hohem Grad fortdauernd finden. Denn in diesem Fall wird die Veränderlichkeit nur selten schon durch ununterbrochene Züchtung der in irgendeiner beabsichtigten Weise und Stufe variierenden und durch fortwährende Verdrängung der zur Rückkehr geneigten Individuen zu einem festen Ziel gelangt sein. Das in diesen Bemerkungen enthaltene Prinzip ist noch einer Ausdehnung fähig. Es ist nämlich bekannt, dass die spezifischen mehr als die Sippencharaktere abzuändern geneigt sind. Ich will mit einem einfachen Beispiel erklären, was ich meine. Wenn in einer großen Pflanzensippe einige Arten blaue Blüten haben und andere haben rote, so wird die Farbe nur ein Artcharakter sein und daher auch niemand überrascht werden, wenn eine blau blühende Art zu Rot übergeht oder umgekehrt. Wenn aber alle Arten blaue Blumen haben, so wird die Farbe zum Sippencharakter, und ihre Veränderung wird schon eine ungewöhnliche Erscheinung sein. Ich habe gerade dieses Beispiel gewählt, weil eine Erklärung, welche die meisten Naturforscher sonst beizubringen geneigt sein würden, darauf nicht anwendbar ist, dass nämlich spezifische Charaktere deshalb weniger als generische veränderlich erscheinen, weil sie von Teilen entlehnt sind, die eine mindere physiologische Wichtigkeit besitzen, als diejenigen, welche gewöhnlich zur Klassifikation der Sippen dienen. Ich glaube zwar, dass diese Erklärung teilweise, wenn auch nur indirekt, richtig ist, kann jedoch erst in dem Abschnitt über Klassifikation darauf zurückkommen. Es dürfte ganz überflüssig sein, Beispiele zur Unterstützung der obigen Behauptung anzuführen, dass Artencharaktere veränderlicher als Sippencharaktere sind; ich habe aber aus naturhistorischen Werken wiederholt entnommen, dass, wenn

ein Schriftsteller durch die Wahrnehmung überrascht war, dass irgendein wichtigeres Organ, welches sonst in ganzen großen Artengruppen beständig zu sein pflegt, in nahe verwandten Arten ansehnlich abändere, dasselbe dann auch in den Individuen einiger der Arten variierte. Diese Tatsache zeigt, dass ein Charakter, der gewöhnlich von generischem Wert ist, wenn er zu spezifischem Wert herabsinkt, oft veränderlich wird, wenn auch seine physiologische Wichtigkeit die nämliche bleibt. Etwas Ähnliches findet auch auf Monstrositäten Anwendung; wenigstens scheint Isidore Geoffroy Saint-Hilaire keinen Zweifel darüber zu hegen, dass ein Organ umso mehr individuellen Anomalien unterliege, je mehr es in den verschiedenen Arten derselben Gruppe verschieden ist. Wie wäre es nach der gewöhnlichen Meinung, dass jede Art unabhängig erschaffen worden sei, zu erklären, dass derjenige Teil der Organisation, welcher von demselben Teil in anderen unabhängig erschaffenen Arten derselben Sippe mehr abweicht, auch veränderlicher ist als jene Teile, welche in den verschiedenen Arten einer Sippe nahezu übereinstimmen. Ich sehe keine Möglichkeit ein, dies zu erklären. Wenn wir aber von der Ansicht ausgehen, dass Arten nur wohl unterschiedene und ständig gewordene Varietäten sind, so werden wir sicher auch erwarten dürfen zu sehen, dass dieselben noch jetzt oft fortfahren, in denjenigen Teilen ihrer Organisation abzuändern, welche erst in verhältnismäßig neuer Zeit infolge ihres Variierens von der gewöhnlicheren Bildung zurückgewichen sind. Oder, um den Fall in einer anderen Weise darzustellen: Die Merkmale, worin alle Arten einer Sippe einander gleichen, und worin dieselben von allen Arten einer anderen Sippe abweichen, heißen generische, und diese Merkmale zusammengenommen leite ich mittels Vererbung von einem gemeinschaftlichen Stammvater ab; denn nur selten kann es der Zufall gewollt haben, dass natürliche Züchtung verschiedene, an mehr oder weniger abweichende Lebensweisen angepasste Arten genau auf dieselbe Weise modifiziert hat; und da diese sogenannten generischen Charaktere schon von sehr frühe her, seit der Zeit nämlich, wo sie sich von ihrer gemeinsamen Stammart abgezweigt haben, vererbt worden sind und sie sich später nicht mehr oder nur noch wenig verändert haben, so ist es nicht wahrscheinlich, dass sie noch heutigen Tages abändern. Andererseits

nennt man die Punkte, wodurch sich Arten von anderen Arten derselben Sippe unterscheiden, spezifische Charaktere, und da diese seit der Zeit der Abzweigung der Arten von der gemeinsamen Stammart abgeändert haben, so ist es wahrscheinlich, dass dieselben noch jetzt oft einigermaßen veränderlich sind, veränderlicher wenigstens als diejenigen Teile der Organisation, welche während einer sehr langen Zeitdauer sich als beständig erwiesen haben. Im Zusammenhang mit diesem Gegenstand will ich noch zwei andere Bemerkungen machen. – Ohne dass ich nötig habe, darüber auf Einzelheiten einzugehen, wird man mir zugeben, dass sekundäre Sexual-Charaktere sehr veränderlich sind; man wird mir wohl auch ferner zugeben, dass die zu einerlei Gruppe gehörigen Arten hinsichtlich dieser Charaktere weiter als in anderen Teilen ihrer Organisation auseinandergehen können. Vergleicht man beispielsweise die Größe der Verschiedenheit zwischen den Männchen der hühnerartigen Vögel, bei welchen diese Art von Charakteren vorzugsweise stark entwickelt sind, mit der Größe der Verschiedenheit zwischen ihren Weibchen, so wird die Wahrheit jener Behauptung eingeräumt werden. Die Ursache der ursprünglichen Veränderlichkeit der sekundären Sexual-Charaktere ist nicht nachgewiesen; doch lässt sich begreifen, wie es komme, dass dieselben nicht ebenso einförmig und beständig geworden sind als andere Teile der Organisation; denn die sekundären Sexual-Charaktere sind durch geschlechtliche

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Züchtung gehäuft worden, welche weniger streng in ihrer Tätigkeit als die gewöhnliche ist, indem sie die minder begünstigten Männchen nicht zerstört, sondern bloß mit weniger Nachkommenschaft versieht. Welches aber immer die Ursache der Veränderlichkeit dieser sekundären Sexual-Charaktere sein mag; da sie nun einmal sehr veränderlich sind, so hat die natürliche Züchtung darin einen weiten Spielraum für ihre Tätigkeit gefunden und somit den Arten einer Gruppe leicht einen größeren Betrag von Verschiedenheit in ihren Sexual-Charakteren als in anderen Teilen ihrer Organisation verleihen können. Es ist eine merkwürdige Tatsache, dass die sekundären Sexual-Verschiedenheiten zwischen beiden Geschlechtern einer Art sich gewöhnlich genau in denselben Teilen der Organisation entfalten, in denen auch die verschiedenen Arten einer Sippe voneinander abweichen. Um dies zu erläutern, will ich nur zwei Beispiele anführen, welche zufällig die ersten auf meiner Liste stehen; und da die Verschiedenheiten in diesen Fällen von sehr ungewöhnlicher Art sind, so kann die Beziehung kaum zufällig sein. Sehr große Gruppen von Käfern haben eine gleiche Anzahl von Tarsalgliedern miteinander gemein; nur in der Familie der Engidae ändert nach Westwoods Beobachtung diese Zahl sehr ab, sogar in den zwei Geschlechtern einer Art. Ebenso ist bei den grabenden Hymenopteren der Verlauf der Flügeladern ein Charakter von höchster Wichtigkeit, weil er sich in großen Gruppen gleich bleibt; in einigen Sippen jedoch ändert er von Art zu Art und dann gleicherweise auch oft in den zwei Geschlechtern der nämlichen Art ab. Diese Beziehung hat eine klare Bedeutung in meiner Anschauungsweise. Ich betrachte nämlich mit Bestimmtheit alle Arten einer Sippe als Abkömmlinge von demselben Stammvater, wie die zwei Geschlechter in jeder Art. Folglich: Was immer für ein Teil der Organisation des gemeinsamen Stammvaters oder seiner ersten Nachkommen veränderlich geworden ist, so werden höchstwahrscheinlich Abänderungen dieser Teile durch natürliche und geschlechtliche Züchtung begünstigt worden sein, um die verschiedenen Arten verschiedenen Stellen im Haushalt der Natur anzupassen und ebenso um die zwei Geschlechter einer nämlichen Spezies für einander geschickt zu machen, oder auch, um Männchen und Weibchen zu verschiedenen Lebensweisen zu eignen oder endlich die Männchen in den Stand zu

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setzen, mit anderen Männchen um die Weibchen zu kämpfen. Endlich gelange ich also zu dem Schluss, dass die größere Veränderlichkeit der spezifischen Charaktere, wodurch sich Art von Art unterscheidet, gegenüber den generischen Merkmalen, welche die Arten einer Sippe gemein haben, – dass die oft äußerste Veränderlichkeit des in irgendeiner einzelnen Art ganz ungewöhnlich entwickelten Teils gegenüber der geringen Veränderlichkeit eines, wenn auch außerordentlich entwickelten, aber einer ganzen Gruppe von Arten gemeinsamen Teils, – dass die große Unbeständigkeit sekundärer Sexual-Charaktere und das große Maß von Verschiedenheit in denselben Merkmalen zwischen einander nahe verwandten Arten, – dass die Entwicklung sekundärer Sexual- und gewöhnlicher Art-Charaktere gewöhnlich in einerlei Teilen der Organisation – alles eng untereinander verkettete Prinzipien sind. Alle entspringen hauptsächlich daher, dass die zu einer Gruppe gehörigen Arten von einem gemeinsamen Stammvater herrühren, von welchem sie vieles gemeinsam ererbt haben; – dass Teile, welche erst neuerlich noch starke Umänderungen erlitten, leichter zu variieren geneigt sind als solche, welche sich schon seit langer Zeit ohne alle Veränderung fortgeerbt haben; – dass die sexuelle Züchtung weniger streng als die gewöhnliche ist; – endlich, dass Abänderungen in einerlei Organen durch natürliche und durch sexuelle Züchtung gehäuft und für sekundäre Sexual- und gewöhnliche spezifische Zwecke angepasst worden sind. Verschiedene Arten zeigen analoge Abänderungen; und die Varietät einer Spezies nimmt oft einige von den Charakteren einer verwandten Spezies an, oder sie kehrt zu einigen von den Merkmalen der Stammart zurück. – Diese Behauptungen versteht man am leichtesten durch Betrachtung der Haustierrassen. Die verschiedensten Taubenrassen bieten in weit auseinandergelegenen Gegenden Untervarietäten mit umgewendeten Federn am Kopf und mit Federn an den Füßen dar, Merkmale, welche die ursprüngliche Felstaube nicht besitzt; dies sind also analoge Abänderungen in zwei oder mehren verschiedenen Rassen. Die häufige Anwesenheit von vierzehn bis sechzehn Schwanzfedern im Kröpfer kann man als eine die Normalbildung einer anderen Abart, der Pfauentaube nämlich, vertretende

Kuhnasenrochen (Rhinopteros steindachneri) im Flachwasser. Abweichung betrachten. Ich unterstelle, dass niemand daran zweifeln wird, dass alle solchen analogen Abänderungen davon herrühren, dass die verschiedenen Taubenrassen die gleiche Konstitution und daher unter denselben unbekannten Einflüssen die gleiche Neigung zu variieren geerbt haben. Im Pflanzenreich zeigt sich ein Fall von analoger Abänderung in dem verdickten Strunk (gewöhnlich wird er die Wurzel genannt) der Schwedischen Rüben (Turnipses) und der Steckrüben (Rutabaga), Pflanzen, welche mehrere Botaniker nur als durch die Kultur hervorgebrachte Varietäten einer Art ansehen. Wäre dies aber nicht richtig, so hätten wir einen Fall analoger Abänderung in zwei sogenannten Arten, und diesen kann noch die gemeine Rübe (Turnips) als dritte beigezählt werden. Nach der gewöhnlichen Ansicht, dass jede Art unabhängig geschaffen worden sei, würden wir diese Ähnlichkeit der drei Pflanzen in ihrem verdickten Stängel nicht der wahren Ursache ihrer gemeinsamen Abstammung und einer daraus folgenden Neigung in ähnlicher Weise zu variieren zuzuschreiben haben, sondern drei verschiedenen, aber eng unter sich verwandten Schöpfungsakten. Bei den Tauben haben wir noch einen anderen Fall, nämlich das in allen Rassen gelegentliche Zumvorscheinkommen von schieferblauen Vögeln mit zwei schwarzen Flügelbinden,

einem weißen Steiß, einer Querbinde auf dem Ende des Schwanzes und einem weißen äußeren Rand am Grunde der äußeren Schwanzfedern. Da alle diese Merkmale für die Stammart bezeichnend sind, so glaube ich, wird niemand bezweifeln, dass es sich hier um eine Rückkehr zum Ur-Charakter und nicht um eine analoge Abänderung in verschiedenen Rassen handle. Wir werden dieser Folgerung umso mehr vertrauen können, als, wie wir bereits gesehen, diese Farben-Charaktere sehr gerne in den Blendlingen zweier ganz verschieden gefärbter Rassen zum Vorschein kommen; und in diesem Fall ist auch in den äußeren Lebensbedingungen nichts zu finden, was das Wiedererscheinen der schieferblauen Farbe mit den übrigen Farbenabzeichen erklären könnte, als der Einfluss des Kreuzungsaktes auf die Erblichkeitsgesetze. Es ist in der Tat eine staunenerregende Tatsache, dass seit vielen und vielleicht Hunderten von Generationen verlorene Merkmale wieder zum Vorschein kommen. Wenn jedoch eine Rasse nur einmal mit einer anderen Rasse gekreuzt worden ist, so zeigt der Blendling die Neigung, gelegentlich zum Charakter der fremden Rasse zurückzukehren, noch einige, man sagt 12–20, Generationen lang. Nun ist zwar nach 12 Generationen, nach der gewöhnGE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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lichen Ausdrucksweise, das Blut des einen fremden Vorfahren nur noch 1 in 2048, und doch genügt nach der allgemeinen Annahme dieser äußerst geringe Bruchteil fremden Blutes noch, um eine Neigung zur Rückkehr in jenen Urstamm zu unterhalten. In einer Rasse, welche nicht gekreuzt worden, sondern worin beide Eltern einige von den Charakteren ihrer gemeinsamen Stammart eingebüßt, dürfte die stärkere oder schwächere Neigung den verlorenen Charakter wiederherzustellen, wie schon früher bemerkt worden, trotz allem, was man Gegenteiliges sehen mag, sich noch eine Reihe von Generationen hindurch erhalten. Wenn ein Charakter, der in einer Rasse verloren gegangen, nach einer großen Anzahl von Generationen wiederkehrt, so ist die wahrscheinlichste Hypothese nicht die, dass der Abkömmling jetzt erst plötzlich nach einem mehre hundert Generationen älteren Vorgänger zurückstrebt, sondern die, dass in jeder der aufeinanderfolgenden Generationen noch ein Streben zur Wiederherstellung des fraglichen Charakters vorhanden gewesen, welches nun endlich unter unbekannten günstigen Verhältnissen zum Durchbruch gelangt. So ist z. B. wahrscheinlich, dass in jeder Generation der Barbtaube, welche nur sehr selten einen blauen Vogel mit schwarzen Binden hervorbringt, das Streben, diese Färbung anzunehmen, vorhanden sei. Diese Ansicht ist hypothetisch, kann jedoch durch einige Tatsachen unterstützt werden; und ich kann an und für sich keine größere Unwahrscheinlichkeit in der Unterstellung einer Neigung sehen, einen durch eine endlose Zahl von Generationen fortgeerbt gewesenen Charakter wieder anzunehmen, als in der Vererbung eines tatsächlich ganz unnützen oder rudimentären Organes. Und doch können wir zuweilen ein solches Streben, ein ererbtes Rudiment hervorzubringen, wahrnehmen, wie sich z. B. in dem gemeinen Löwenmaul (Antirrhinum) das Rudiment eines fünften Staubgefäßes so oft zeigt, dass dieser Pflanze eine Neigung, es hervorzubringen, angeerbt sein muss. Da nach meiner Theorie alle Arten einer Sippe gemeinsamer Abstammung sind, so ist zu erwarten, dass sie zuweilen in analoger Weise variieren, sodass eine Varietät der einen Art in einigen ihrer Charaktere einer anderen Art gleicht, welche ja nach meiner Meinung selbst nur eine ausgebildete und bleibend gewordene Abart ist. Doch dürften die hierdurch

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erlangten Charaktere nur unwesentlicher Art sein; denn die Anwesenheit aller wesentlichen Charaktere wird durch natürliche Züchtung in Übereinstimmung mit den verschiedenen Lebensweisen der Art geleitet und bleibt nicht der wechselseitigen Tätigkeit der Lebensbedingungen und einer ähnlichen ererbten Konstitution überlassen. Es wird ferner zu erwarten sein, dass die Arten einer nämlichen Sippe zuweilen eine Neigung zur Rückkehr zu den Charakteren alter Vorfahren zeigen. Da wir jedoch niemals den genauen Charakter des gemeinsamen Stammvaters einer Gruppe kennen, so vermögen wir diese zwei Fälle nicht zu unterscheiden. Wenn wir z. B. nicht wüssten, dass die Felstaube nicht mit Federfüßen oder mit umgewendeten Federn versehen ist, so hätten wir nicht sagen können, ob diese Charaktere in unseren Haustaubenrassen Erscheinungen der Rückkehr zur Stammform oder bloß analoge Abänderungen seien; wohl aber hätten wir unterstellen dürfen, dass die blaue Färbung ein Beispiel von Rückkehr sei, wegen der Zahl der anderen Zeichnungen, welche mit der blauen Färbung zugleich wieder zum Vorschein kommen und wahrscheinlich doch nicht bloß infolge einfacher Abänderung damit zusammentreffen. Und noch mehr würden wir darauf geschlossen haben, weil die blaue Farbe und anderen Zeichnungen so oft wiedererscheinen, wenn verschiedene Rassen von abweichender Färbung miteinander gekreuzt werden. Obwohl es daher in der freien Natur gewöhnlich zweifelhaft bleibt, welche Fälle als Rückkehr zu alten Stammcharakteren und welche als neue analoge Abänderungen zu betrachten sind, so müssen wir doch nach meiner Theorie zuweilen finden, dass die abändernden Nachkommen einer Art (sei es nun durch Rückkehr oder durch analoge Variation) Charaktere annehmen, welche schon in einigen anderen Gliedern derselben Gruppe vorhanden sind. Das ist zweifelsohne in der Natur der Fall. Ein großer Teil der Schwierigkeit, eine veränderliche Art in unseren systematischen Werken wiederzuerkennen, rührt davon her, dass ihre Varietäten gleichsam einige der anderen Arten der nämlichen Sippe nachahmen. Auch könnte man ein ansehnliches Verzeichnis von Formen geben, welche das Mittel zwischen zwei anderen Formen halten, von welchen es zweifelhaft ist, ob sie als Arten oder als Varietäten anzusehen sind; und daraus ergibt sich, wenn man nicht alle diese

Formen als unabhängig erschaffene Arten ansehen will, dass die eine durch Abänderung die Charaktere der anderen so weit angenommen hat, um hierdurch eine Mittelform zu bilden. Aber der beste Beweis bietet sich dar, indem Teile oder Organe von wesentlicher und einförmiger Beschaffenheit zuweilen so abändern, dass sie einigermaßen den Charakter desselben Organs oder Teils in einer verwandten Art annehmen. Ich habe ein langes Verzeichnis von solchen Fällen zusammengebracht, kann solches aber leider hier nicht mitteilen, sondern bloß wiederholen, dass solche Fälle vorkommen und mir sehr merkwürdig zu sein scheinen. Ich will jedoch einen eigentümlichen und zusammengesetzten Fall anführen, der zwar keinen wichtigen Charakter betrifft, aber in verschiedenen Arten einer Sippe teils im Natur- und teils im gezähmten Zustand vorkommt. Es ist offenbar ein Fall von Rückkehr. Der Esel hat manchmal sehr deutliche Querbinden auf seinen Beinen, wie das Zebra. Man hat versichert, dass diese beim Füllen am deutlichsten zu sehen sind, und meine Nachforschungen scheinen solches zu bestätigen. Auch hat man versichert, der Streifen an der Schulter sei zuweilen doppelt. Der Schulterstreifen ist jedenfalls sehr veränderlich in Länge und Umriss. Man hat auch einen weißen Esel, der kein Albino ist, ohne Rücken- und Schulterstreifen beschrieben; und diese Streifen sind auch bei dunkelfarbigen Tieren zuweilen sehr undeutlich oder gar nicht zu sehen. Der Kulan von Pallas soll mit einem doppelten Schulterstreifen gesehen worden sein. Der Hemionus hat keinen Schulterstreifen; doch kommen nach Blyths u. a. Versicherung zuweilen Spuren davon vor, und Colonel Poole hat mich benachrichtigt, dass die Füllen dieser Art zuweilen an den Beinen und schwach an der Schulter gestreift sind. Das Quagga, obwohl am Körper ebenso deutlich gestreift als das Zebra, ist ohne Binden an den Beinen; doch hat Dr. Gray ein Individuum mit sehr deutlichen denen des Zebras ähnlichen Binden an den Beinen abgebildet. Was das Pferd betrifft, so habe ich in England Fälle vom Vorkommen des Rückenstreifens bei den verschiedensten Rassen und allen Farben gesammelt. Beispiele von Querbinden auf den Beinen sind nicht selten bei Braunen, Mäusebraunen und einmal bei einem Kastanienbraunen vorgekommen.

Auch ein schwacher Schulterstreifen tritt zuweilen bei Braunen auf, und eine Spur davon habe ich an einem Beerbraunen gefunden. Mein Sohn hat mir eine sorgfältige Untersuchung und Zeichnung von einem braunen belgischen Karrenpferd mitgeteilt mit einem doppelten Streifen auf der Schulter und mit Streifen an den Beinen; und ein Mann, auf welchen ich vollkommen vertrauen kann, hat für mich ein kleines braunes Walliser Pony mit drei kurzen gleichlaufenden Streifen auf jeder Schulter untersucht. Im nordwestlichen Teil Ostindiens ist die KattywarPferderasse so allgemein gestreift, dass, wie ich von Colonel Poole vernehme, welcher dieselbe im Auftrag der Regierung untersuchte, ein Pferd ohne Streifen nicht für Vollblut angesehen wird. Das Rückgrat ist immer gestreift; die Streifen auf den Beinen sind wie der Schulterstreifen, welcher zuweilen doppelt

Macrocystis pyrifera oder Riesentang, aus Darwins Reise eines Naturforschers um die Welt. GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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und selbst dreifach ist, gewöhnlich vorhanden; überdies sind die Seiten des Gesichts zuweilen gestreift. Die Streifen sind beim Füllen am deutlichsten und verschwinden zuweilen im Alter. Poole hat ganz junge sowohl graue als beerbraune Füllen gestreift gefunden. Auch habe ich nach Mitteilungen, welche ich Herrn W. W. Edwards verdanke, Grund zu vermuten, dass an englischen Rennpferden der Rückenstreifen häufiger an Füllen als an alten Pferden vorkommt. Ohne hier in Einzelheiten noch weiter einzugehen, will ich anführen, dass ich Fälle von Bein- und Schulterstreifen bei Pferden von ganz verschiedenen Rassen in verschiedenen Gegenden gesammelt habe von England bis Ost-China und von Norwegen im Norden bis zum Malaiischen Archipel im Süden. In allen Teilen der Welt kommen diese Streifen weitaus am öftesten an Braunen und Mäusebraunen vor. Unter Braunen schlechthin (»Dan«) begreife ich hier Pferde mit einer langen Reihe von Farbenabstufungen, von Schwarzbraun an bis fast zum Rahmfarbigen.

Ich weiß, dass Colonel Hamilton Smith, der über diesen Gegenstand geschrieben hat, annimmt, unsere verschiedenen Pferderassen rührten von verschiedenen Stammarten her, wovon eine, die des Braunen, gestreift gewesen, und alle oben beschriebenen Streifungen seien Folge früherer Kreuzung mit dem Braunen-Stamm. Jedoch fühle ich mich durch diese Theorie in keiner Weise befriedigt und möchte sie nicht auf so verschiedene Rassen in Anwendung bringen, wie das belgische Karrenpferd, das Walliser Pony, der Renner, die schlanke Kattywar-Rasse u. a., die in den verschiedensten Teilen der Welt zerstreut sind. Wenden wir uns nun zu den Folgen der Kreuzung zwischen den verschiedenen Arten der Pferdesippe zu: Rollin versichert, dass der gemeine Maulesel, von Esel und Pferd, sehr oft Querstreifen auf den Beinen hat, und nach Gosse kommt dies in den Vereinigten Staaten in zehn Fällen neunmal vor. Ich sah einst einen Maulesel mit so stark gestreiften Beinen, dass jedermann geneigt gewesen sein würde, ihn vom Zebra



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Wenden wir uns vom Land zum Meer, so werden wir Letzteres ebenso überreich mit Lebewesen ausgestattet

sehen, wie Ersteres arm daran ist. In allen Teilen der Welt ernährt eine felsige und teilweise geschützte Küste in einem beliebigen Raum vielleicht eine größere Anzahl einzelner Tiere als jeder andere Standort. Ein Meereserzeugnis gibt es jedoch, das aufgrund seiner Bedeutung einer eigenen Geschichte würdig ist. Das ist der Kelp oder Macrocystis pyrifera. Diese Pflanze wächst auf jedem Felsen von der Niedrigwassermarke bis in große Tiefen, an der Außenküste ebenso wie in den Kanälen. Ich glaube, auf den Fahrten von Adventure und Beagle sah man keinen Felsen nahe der Oberfläche, der nicht von diesem treibenden Unkraut markiert war. Der gute Dienst, den es dadurch den Fahrzeugen leistet, die nahe diesem stürmischen Land navigieren, liegt auf der Hand, und gewiss hat es manch eines vor Schiffbruch bewahrt. Ich kenne wenige Dinge, die so überraschend sind wie der Anblick dieser Pflanze, die inmitten der großen Brecher des westlichen Ozeans wächst und gedeiht, der keine Steinmasse, und sei sie noch so hart, lange widerstehen kann. Der Stängel ist rund, schleimig und glatt, und sein Durchmesser beträgt selten mehr als einen Zoll. Ein paar zusammengenommen sind stark genug, um das Gewicht der großen losen Steine zu tragen, an denen sie in den Binnenkanälen festwachsen. Dabei waren einige dieser Steine so schwer, dass sie sich, als sie an die Oberfläche gezogen waren, kaum von einem Mann ins Boot hieven ließen. Kapitän Cook sagt auf seiner zweiten Fahrt, auf den Kerguelen steige diese Pflanze aus größerer Tiefe als vierundzwanzig Faden auf, »und da sie nicht in senkrechter Richtung wächst, sondern einen sehr spitzen Winkel zum Boden beschreibt und ein Großteil davon sich noch viele Faden auf der Meeresoberfläche ausbreitet, darf ich mit einiger Berechtigung sagen, dass sie in Teilen bis zu einer Länge von sechzig Faden und noch länger wächst«. Ich glaube nicht, dass der Stamm irgendeiner anderen Pflanze eine so große Länge wie dreihundertsechzig Fuß erreicht, wie Kapitän Cook angibt. Überdies fand Kapitän Fitz Roy, dass sie aus einer größeren Tiefe als fünfundvierzig Fuß emporwuchs. Die Felder dieses Seetangs geben, selbst wenn sie nicht von großer Breite sind, einen hervorragenden natürlichen Wellenbrecher ab.

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abzuleiten; und Herr W. C. Martin hat in seinem vorzüglichen Werk über das Pferd die Abbildung von einem ähnlichen Maulesel mitgeteilt. In vier in Farben ausgeführten Bildern von Bastarden des Esels mit dem Zebra fand ich die Beine viel deutlicher gestreift als den übrigen Körper, und in einem derselben war ein doppelter Schulterstreifen vorhanden. An Lord Mortons berühmtem Bastard von einem Quagga-Hengst und einer kastanienbraunen Stute sowie an einem nachher erzielten reinen Füllen von derselben Stute mit einem schwarzen Araber waren die Beine viel deutlicher quergestreift, als selbst beim reinen Quagga. Kürzlich, und dies ist ein anderer sehr merkwürdiger Fall, hat Dr. Gray (dem noch ein zweites Beispiel dieser Art bekannt ist) einen Bastard von Esel und Hemionus abgebildet, an welchem Bastard, obwohl der Esel selten und der Hemionus niemals Streifen auf den Beinen und letzter nicht einmal einen Schulterstreifen hat, alle vier Beine quergestreift und auch die Schulter mit drei Streifen wie bei einem braunen Walliser Pony versehen ist, und sogar einige Streifen wie beim Zebra an den Seiten des Gesichts vorhanden sind. Diese letzte Tatsache hat mich überzeugt, dass nicht einmal ein Farbstreifen durch sogenannten Zufall entsteht, daher ich allein durch diese Erscheinung an einem Bastard von Esel und Hemionus veranlasst wurde, Colonel Poole zu fragen, ob solche Gesichtsstreifen jemals bei der stark gestreiften Kattywar-Pferderasse vorkommen, was er, wie wir oben gesehen, bejahte. Was bleibt uns nun zu diesen verschiedenen Tatsachen noch zu sagen? Wir sehen mehrere wesentlich verschiedene Arten der Pferdesippe durch einfache Abänderung Streifen an den Beinen wie beim Zebra oder an der Schulter wie beim Esel erlangen. Beim Pferd sehen wir diese Neigung stark hervortreten, sooft eine der natürlichen Pferdefarben zum Vorschein kommt. Das Aussehen der Streifen ist von keiner Veränderung der Form und von keinem neuen Charakter begleitet. Wir sehen diese Neigung, streifig zu werden, sich am meisten bei Bastarden zwischen mehreren der voneinander verschiedensten Arten entwickeln. Vergleichen wir damit den vorhergehenden Fall von den Tauben: Sie rühren von einer Stammart (mit 2–3 geographischen Varietäten oder Unterarten) her, welche bläulich von Farbe und mit einigen bestimmten Band-Zeichnungen versehen ist, und nehmen, wenn eine ihrer Rassen infolge einfacher Abänderung wieder einmal eine

Schokoladen-Seestern (Nidorellia armata). blaue Brut liefert, unfehlbar auch jene Bänder der Stammform wieder an, doch ohne irgendeine andere Veränderung des Rassecharakters. Wenn man die ältesten und echtesten Rassen von verschiedener Färbung miteinander kreuzt, so tritt in den Blendlingen eine starke Neigung hervor, die ursprüngliche schieferblaue Farbe mit den schwarzen und weißen Binden und Streifen wieder anzunehmen. Ich habe behauptet, die wahrscheinlichste Hypothese zur Erklärung des Wiedererscheinens sehr alter Charaktere sei die Annahme einer »Tendenz« in den Jungen einer jeden neuen Generation, den längst verlorenen Charakter wieder hervorzuholen, welche Tendenz infolge unbekannter Ursachen zuweilen zum Durchbruch komme. Dann haben wir gesehen, dass in verschiedenen Arten des Pferdegeschlechts die Streifen bei den Jungen deutlicher oder gewöhnlicher als bei den Alten sind. Wollte man nun die Taubenrassen, deren einige schon jahrhundertelang durch reine Inzucht fortgepflanzt worden, als Spezies bezeichnen, so wäre die Erscheinung genau dieselbe wie bei der Pferdesippe. Über Tausende und Tausende von Generationen rückwärts schauend erkenne ich mit Zuversicht ein wie ein Zebra gestreiftes, aber sonst vielleicht sehr abweichend davon gebautes Tier als den gemeinsamen Stammvater des (rühre es nun von einem oder von mehreren wilden Stämmen her) Hauspferdes, des Esels, des Hemionus, des Quaggas und des Zebras. GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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Wer an die unabhängige Erschaffung der einzelnen Pferdespezies glaubt, wird vermutlich sagen, dass einer jeden Art die Neigung, im freien wie im gezähmten Zustand auf so eigentümliche Weise zu variieren, anerschaffen worden sei, derzufolge sie oft wie andere Arten derselben Sippe gestreift erscheint; und dass einer jeden derselben eine starke Neigung anerschaffen sei bei einer Kreuzung mit Arten aus den entferntesten Weltgegenden Bastarde zu liefern, welche in der Streifung nicht ihren eigenen Eltern, sondern anderen Arten derselben Sippe gleichen. Sich zu dieser Ansicht bekennen heißt nach meiner Meinung, eine tatsächliche für eine nicht tatsächliche oder wenigstens unbekannte Ursache aufgeben. Sie macht aus den Werken Gottes nur Täuschung und Nachäfferei; – und ich wollte fast ebenso gerne mit den alten und unwissenden Kosmogonisten annehmen, dass die fossilen Schalen nie einem lebenden Tier angehört, sondern im Gesteine erschaffen worden sind, um die jetzt an der Seeküste lebenden Schaltiere nachzuahmen. Zusammenfassung. – Wir sind in tiefer Unwissenheit über die Gesetze, wonach Abänderungen erfolgen. Nicht in einem von hundert Fällen dürfen wir behaupten, den Grund zu kennen, warum dieser oder jener Teil eines Organismus von dem gleichen Teil bei seinen Eltern mehr oder weniger abweicht. Doch wo immer wir die Mittel haben, eine Vergleichung anzustellen, da scheinen in Erzeugung geringerer Abweichungen zwischen Varietäten derselben Art wie in Hervorbringung größerer Unterschiede zwischen Arten einer Sippe die nämlichen Gesetze gewirkt zu haben. Die äußeren Lebensbedingungen, wie Klima, Nahrung u. dgl., haben wohl nur einige geringe Abänderungen bedingt. Wesentlichere Folgen dürften Angewöhnung auf die Körperkonstitution, Gebrauch der Organe auf ihre Verstärkung, Nichtgebrauch auf ihre Schwächung und Verkleinerung gehabt haben. Homologe Teile sind geneigt, auf gleiche Weise abzuändern, und streben unter sich zusammenzuhängen. Abänderungen in den harten und in den äußeren Teilen berühren zuweilen weichere und innere Organe. Wenn sich ein Teil stark entwickelt, strebt er vielleicht, anderen benachbarten Teilen Nahrung zu entziehen; – und jeder Teil des organischen Baues, welcher ohne Nachteil für das Individuum fortbestehen kann, wird erhalten.

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Eine Veränderung der Organisation in frühem Alter berührt auch die sich später entwickelnden Teile; dann gibt es aber noch viele Wechselbeziehungen der Entwicklung, deren Natur wir durchaus nicht im Stande sind zu begreifen. Vielzählige Teile sind veränderlicher in Zahl und Struktur, vielleicht deshalb, weil dieselben durch natürliche Züchtung für einzelne Verrichtungen noch nicht genug angepasst und differenziert sind. Aus demselben Grund werden wahrscheinlich auch die auf tiefer Organisationsstufe stehenden Organismen veränderlicher sein als die höher entwickelten und in allen Beziehungen mehr differenzierten. Rudimentäre Organe bleiben ihrer Nutzlosigkeit wegen von der natürlichen Züchtung unbeachtet und sind wahrscheinlich deshalb veränderlich. Spezifische Charaktere, solche nämlich, welche erst seit der Abzweigung der verschiedenen Arten einer Sippe von einem gemeinsamen Stammvater auseinandergelaufen, sind veränderlicher als generische Merkmale, welche sich schon lange als solche vererbt haben, ohne in dieser Zeit eine Abänderung zu erleiden. Wir haben hier nur auf die einzelnen noch veränderlichen Teile und Organe Bezug genommen, weil sie erst neuerlich variiert haben und einander unähnlich geworden sind; wir haben jedoch schon im zweiten Kapitel gesehen, dass das nämliche Prinzip auch auf das ganze Tier anwendbar ist; denn in einem Bezirk, wo viele Arten einer Sippe gefunden werden, d. h. wo früher viel Abänderung und Differenzierung stattgefunden und die Fabrikation neuer Artenformen lebhaft betrieben worden ist, da finden wir jetzt durchschnittlich auch die meisten Varietäten oder anfangenden Arten. – Sekundäre Geschlechtscharaktere sind sehr veränderlich, und solche Charaktere weichen am meisten in den Arten einer nämlichen Gruppe ab. Veränderlichkeit in denselben Teilen der Organisation hat gewöhnlich die sekundären Sexualverschiedenheiten für die zwei Geschlechter einer Spezies wie die Artenverschiedenheiten für die mancherlei Arten der nämlichen Sippe geliefert. Ein in außerordentlicher Größe oder Weise entwickeltes Glied oder Organ – nämlich vergleichsweise mit der Entwicklung desselben Glieds oder Organs in den nächstverwandten Arten genommen – muss seit dem Auftreten der Sippe ein außerordentliches Maß von Abänderung durchlaufen haben, woraus wir dann auch begreiflich finden, warum dasselbe noch jetzt

Modell der HMS Beagle. Das Schiff wurde für die Fahrt von 1831 überholt und mit moderner neuer Technik ausgerüstet – unter anderem mit Messingkanonen, die den Kompass nicht so sehr störten wie jene aus Eisen. in höherem Grade als andere Teile Veränderungen unterliegt; denn Abänderung ist ein langsamer und langwährender Prozess, und die natürliche Züchtung wird in solchen Fällen noch nicht die Zeit gehabt haben, das Streben nach fernerer Veränderung und nach der Rückkehr zu einem weniger modifizierten Zustand zu überwinden. Wenn aber eine Art mit irgendeinem außerordentlich entwickelten Organ Stamm vieler abgeänderter Nachkommen geworden ist – was nach meiner Ansicht ein sehr langsamer und daher viel Zeit erheischender Vorgang ist –, dann mag auch die natürliche Züchtung im Stande gewesen sein, dem Organ, wie außerordentlich es auch entwickelt sein mag, schon ein festes Gepräge aufzudrücken. Haben Arten nahezu die nämliche Konstitution von einem Stammvater geerbt und sind sie ähnlichen Einflüssen ausgesetzt gewesen, so werden sie natürlich

auch geneigt sein, analoge Abänderungen zu bilden und werden zuweilen zu einigen der Charaktere ihrer frühesten Ahnen zurückkehren. Obwohl neue und wichtige Modifikationen aus dieser Umkehr und jenen analogen Abänderungen nicht hervorgehen werden, so tragen solche Modifikationen doch zur Schönheit und harmonischen Mannigfaltigkeit der Natur bei. Was aber auch die Ursache des ersten kleinen Unterschieds zwischen Eltern und Nachkommen sein mag, und eine Ursache muss dafür da sein, so ist es doch nur die stete Häufung solcher für das Individuum nützlichen Unterschiede durch die natürliche Züchtung, welche alle wichtigeren Abänderungen der Struktur hervorbringt, durch welche die zahllosen Wesen unserer Erdoberfläche in den Stand gesetzt werden, miteinander um das Dasein zu ringen und wodurch das hierzu am besten ausgestattete die anderen überlebt. GE SE TZ E DE R ABÄNDERUNG

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S ec h s t e s Ka p i t e l



S c h w i e r i g k e i t e n d e r Th e o r i e

Schwierigkeiten der Theorie einer abändernden Nachkommenschaft – Übergänge – Abwesenheit oder Seltenheit der Zwischenabänderungen – Übergänge in der Lebensweise – Differenzierte Gewohnheiten in einerlei Art – Arten mit Sitten weit abweichend von denen ihrer Verwandten – Organe von äußerster Vollkommenheit – Mittel der Übergänge – Schwierige Fälle – Natura non facit saltum – Organe von geringer Wichtigkeit – Organe nicht in allen Fällen absolut vollkommen – Das Gesetz von der Einheit des Typus und den Existenzbedingungen enthalten in der Theorie der natürlichen Züchtung.

S

chon lange bevor der Leser zu diesem Teil meines Buches gelangt ist, mag sich ihm eine Menge von

Schwierigkeiten dargeboten haben. Einige derselben sind von solchem Gewicht, dass ich nicht an sie denken kann, ohne wankend zu werden; aber nach meinem besten Wissen sind die meisten von ihnen nur scheinbare, und diejenigen welche in Wahrheit beruhen, dürften meiner Theorie nicht verderblich werden. Diese Schwierigkeiten und Einwendungen lassen sich in folgende Rubriken zusammenfassen: Erstens: Wenn Arten aus anderen Arten durch unmerkbar kleine Abstufungen entstanden sind, warum sehen wir nicht überall unzählige Übergangsformen? Warum bietet nicht die ganze Natur ein Mischmasch von Formen statt der wohl begrenzt scheinenden Arten dar? Zweitens: Ist es möglich, dass ein Tier z. B. mit der Organisation und Lebensweise einer Fledermaus durch Umbildung irgendeines anderen Tieres mit ganz verschiedener Lebensweise entstanden ist? Ist es glaublich, dass natürliche Züchtung einerseits Organe von so unbedeutender Wesenheit, wie z. B. den Schwanz einer Giraffe, welcher als Fliegenwedel dient, und andererseits Organe von so wundervoller Struktur wie das Auge hervorbringen kann, dessen unnachahmliche Vollkommenheit wir noch kaum ganz begreifen?

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Während der ersten Jahre ihrer Ehe lebten Darwin und Emma in London in einem kleinen Haus an der Upper Gower Street. Drittens: Können Instinkte durch natürliche Züchtung erlangt und abgeändert werden. Was sollen wir z. B. zu einem so wunderbaren Instinkt sagen, wie der ist, welcher die Biene veranlasst, Zellen zu bilden, durch welche die Entdeckungen tiefsinniger Mathematiker praktisch vorweggenommen sind? Viertens: Wie ist es zu begreifen, dass Spezies bei der Kreuzung miteinander unfruchtbar sind oder unfruchtbare Nachkommen geben, während die Fruchtbarkeit gekreuzter Varietäten ungeschwächt bleibt? Die zwei ersten dieser Hauptfragen sollen hier und die letzten, Instinkt und Bastardbildung nämlich, in besonderen Kapiteln erörtert werden. Mangel oder Seltenheit vermittelnder Varietäten. – Da natürliche Züchtung nur durch Erhaltung nützlicher Abänderungen wirkt, so wird jede neue Form in einer schon vollständig bevölkerten Gegend streben, ihre eigenen minder vervollkommneten Eltern sowie alle anderen minder vervollkommnete Formen, mit welchen sie in Bewerbung kommt, zu ersetzen und endlich zu vertilgen. Natürliche Züchtung geht, wie wir gesehen haben, mit dieser Verrichtung Hand in Hand. Wenn

wir daher jede Spezies als Abkömmling von irgendeiner anderen unbekannten Form betrachten, so werden Urstamm und Übergangsformen gewöhnlich schon durch den Bildungs- und Vervollkommnungsprozess der neuen Form vertilgt sein. Wenn nun aber dieser Theorie zufolge zahllose Übergangsformen existiert haben müssen, warum finden wir sie nicht in unendlicher Menge eingebettet in den Schichten der Erdrinde? Es wird angemessener sein, diese Frage in dem Kapitel von der Unvollständigkeit der geologischen Urkunden zu erörtern. Hier will ich nur anführen, dass ich die Antwort hauptsächlich darin zu finden glaube, dass jene Urkunden unvergleichlich minder vollständig sind, als man gewöhnlich annimmt, und dass jene Unvollständigkeit der geologischen Urkunden hauptsächlich davon herrührt, dass organische Wesen keine sehr großen Tiefen des Meeres bewohnen, daher ihre Reste nur von solchen Sedimentmassen umschlossen und für künftige Zeiten erhalten werden konnten, welche hinreichend dick und ausgedehnt gewesen, um einem ungeheuren Maß späterer Zerstörung zu entgehen. Und solche Fossilien-führende Massen können sich nur da ansammeln, wo viele Niederschläge SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin

A

m 7. März 1837 mietete ich mich in der Great Marlborough Street in London ein und blieb dort nahezu zwei Jahre, bis ich mich verheiratete. In diesen beiden Jahren beendete ich meine Reisebeschreibung, las mehrere Aufsätze vor der Geologischen Gesellschaft, fing die Vorbereitung des Manuskripts für meine ›Geologischen Beobachtungen‹ an und traf Vorkehrungen für die Herausgabe der ›Zoology of the Voyage of the Beagle‹. Im Juli begann ich mir mein erstes Notizbuch für Tatsachen in Bezug auf die ›Entstehung der Arten‹, worüber ich lange nachgedacht hatte, und arbeitete in den folgenden zwanzig Jahren unablässig daran weiter. Während dieser zwei Jahre nahm ich auch etwas am geselligen Leben teil und war als einer der Ehrensekretäre der Geologischen Gesellschaft tätig. Lyell sah ich sehr häufig. Charakteristisch für ihn war seine Teilnahme an den Arbeiten anderer, und ich war ebenso erstaunt wie erfreut über sein Interesse, das er zeigte, als ich ihm bei meiner Rückkehr nach England meine Ansichten über Korallenriffe auseinandersetzte. Dies ermutigte mich außerordentlich, und sein Rat und sein Beispiel hatten großen Einfluss auf mich. In dieser Zeit hatte ich ziemlich viel Kontakt zu Robert Brown; ich besuchte ihn häufig an Sonntagen morgens und leistete ihm beim Frühstück Gesellschaft, während er mich dann mit einem Schatz an merkwürdigen Beobachtungen und scharfsinnigen Bemerkungen überschüttete; sie bezogen sich aber fast immer auf kleinere Punkte, und er hat mit mir niemals große oder allgemeine wissenschaftliche Fragen erörtert. Während dieser beiden Jahre machte ich mehrere kurze Exkursionen zur Erholung und eine längere zu den Parallelstraßen des Glen Roy, über welche ich einen Bericht in den ›Philosophical Transactions‹ veröffentlicht habe. Diese Abhandlung war sehr verfehlt und ich schäme mich ihrer. Weil ich so tief beeindruckt von der Anhebung des Landes gewesen war, die ich in Südamerika gesehen hatte, schrieb ich auch die Parallelstraßen der Wirkung des Meeres zu; aber ich musste diese Ansicht aufgeben, als Agassiz seine Gletschertheorie bekannt machte. Weil aber nach unserem damaligen Kenntnisstand keine andere Erklärung möglich war, folgerte ich zugunsten der Wirkung des Meeres; mein Irrtum war mir eine gute Lehre gewesen, sich in der Wissenschaft niemals auf den Grundsatz des Ausschlusses zu verlassen. Da ich nicht den ganzen Tag naturwissenschaftlich arbeiten konnte, las ich in diesen zwei Jahren viel zu allen möglichen Themen, darunter auch einige metaphysische Bücher, aber derartige Studien lagen mir gar nicht. Um diese Zeit hatte ich auch große Freude an der Dichtkunst von Wordsworth und Coleridge; und ich kann mich damit brüsten, dass ich ›The Excursion‹ zweimal durchgelesen habe. Zuvor war Miltons ›Paradise Lost‹ meine Lieblingslektüre gewesen, und wenn ich auf meinen Exkursionen während der Reise mit der Beagle nur einen einzigen Band mitnehmen konnte, wählte ich immer Milton.

in seichten Meeren während langsamer Senkung des Bodens abgelagert werden. Diese Zufälligkeiten werden nur selten und nur nach außerordentlich langen Zwischenzeiten zusammentreffen. Während der Meeresboden in Ruhe oder in Hebung begriffen ist oder nur schwache Niederschläge stattfinden, bleiben die Blätter unserer geologischen Geschichtsbücher unbeschrieben. Die Erdrinde ist ein weites Museum, dessen naturgeschichtliche Sammlungen aber nur in einzelnen Zeitabschnitten eingebracht worden sind, die unendlich weit auseinanderliegen. Man kann zwar einwenden, dass, wenn einige nahe verwandte Arten jetzt in einerlei Gegend bei-

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sammen wohnen, man gewiss viele Zwischenformen finden müsste. Nehmen wir einen einfachen Fall an. Wenn man einen Kontinent von Norden nach Süden durchreist, so trifft man gewöhnlich von Zeit zu Zeit auf andere einander nahe verwandte oder stellvertretende Arten, welche offenbar ungefähr dieselbe Stelle in dem Naturhaushalt des Landes einnehmen. Diese stellvertretenden Arten grenzen oft aneinander oder greifen in ihr Gebiet gegenseitig ein, und wie die einen seltener und seltener, so werden die anderen immer häufiger, bis sie einander ersetzen. Vergleichen wir diese Arten da, wo sie sich mengen, miteinander, so sind sie in allen Teilen ihres

Die auf Galapagos endemischen Arten stapeln sich. Baues gewöhnlich noch ebenso vollkommen voneinander unterschieden als wie die aus der Mitte des Verbreitungsbezirks einer jeden entnommenen Muster. Nun sind aber nach meiner Theorie alle diese Arten von einem gemeinsamen Stammvater ausgegangen und ist jede derselben erst durch den Modifikationsprozess den Lebensbedingungen ihrer Gegend angepasst worden, hat dort ihren Urstamm sowohl als alle Mittelstufen zwischen ihrer ersten und jetzigen Form ersetzt und verdrängt, sodass wir jetzt nicht mehr erwarten dürfen, in jeder Gegend noch zahlreiche Übergangsformen zu finden, obwohl dieselben existiert haben müssen und ihre Reste wohl auch in die Erdschichten aufgenommen worden sein mögen. Aber warum finden wir in den Zwischengegenden, wo doch die äußeren Lebensbedingungen einen Übergang von denen

des einen in die des anderen Bezirkes bilden, nicht auch nahe verwandte Übergangsvarietäten? Diese Schwierigkeit hat mir lange Zeit viel Kopfzerbrechen verursacht; indessen glaube ich jetzt, sie lasse sich großenteils erklären. Vor allem sollten wir sehr vorsichtig mit der Annahme sein, dass eine Gegend, weil sie jetzt zusammenhängend ist, auch schon seit langer Zeit zusammenhängend gewesen sei. Die Geologie veranlasst uns zu glauben, dass fast jeder Kontinent noch in der letzten Tertiärzeit in viele Inseln geteilt gewesen sei; und auf solchen Inseln getrennt können sich verschiedene Arten gebildet haben, ohne die Möglichkeit, Mittelformen in den Zwischengegenden zu liefern. Infolge der Veränderungen der Landform und des Klimas mögen auch die jetzt zusammenhängenden Meeresgebiete noch in verhältnismäßig später Zeit weniger zusamSCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin

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on Lyell habe ich sowohl vor als auch nach meiner Heirat mehr gesehen als von irgendeinem anderen Mann. Wie mir schien, war sein Geist durch Klarheit, Vorsicht, gesundes Urteilsvermögen und viel Originalität geprägt. Wenn ich ihm gegenüber eine beliebige Bemerkung über Geologie äußerte, ruhte er nicht eher, bis er den ganzen Sachverhalt klar übersah, und bewirkte damit oft, dass ich es selbst klarer sah als zuvor. Er brachte alle möglichen Einwürfe gegen meine Vermutungen vor und gab selbst dann, wenn sie alle erschöpft waren, seine Zweifel noch lange nicht auf. Ein zweites Charaktermerkmal war seine herzliche Sympathie mit den Arbeiten anderer Wissenschaftler. Nach meiner Rückkehr von der Reise mit der Beagle legte ich ihm meine Ansichten über Korallenriffe dar, die sich von seinen unterschieden, und war ungemein überrascht und ermutigt durch das lebhafte Interesse, das er an den Tag legte. Seine Begeisterung für die Wissenschaft war leidenschaftlich und er fühlte das lebhafteste Interesse am zukünftigen Fortschritt der Menschheit. Er war sehr gutherzig und durchaus liberal in seinen religiösen Glaubensoder vielmehr Unglaubens-Ansichten; er war aber ein strenger Theist. Seine Aufrichtigkeit war höchst bemerkenswert. Das zeigte er, indem er sich zur Deszendenztheorie bekehrte, und zwar erst im Alter und obschon er als Gegner von Lamarcks Ansichten große Berühmtheit erlangt hatte. Er erinnerte mich einmal daran, dass ich vor vielen Jahren, als wir die Opposition der Geologen alter Schule gegen seine neueren Ansichten besprachen, zu ihm gesagt hatte: »Wie gut wäre es doch, wenn jeder Wissenschaftler im Alter von sechzig Jahren stürbe, da er später ganz sicher allen neuen Lehren widersprechen würde.« Er hoffe aber, dass ihm nun doch das Weiterleben gestattet sei. Die Wissenschaft der Geologie verdankt Lyell ungeheuer viel – ich glaube, mehr als irgendwem sonst, der je gelebt hat. Als ich mich zur Abreise mit der Beagle rüstete, riet mir der kluge Henslow, der wie alle anderen Geologen damals an aufeinanderfolgende Umwälzungen glaubte, ich solle mir den kurz zuvor veröffentlichten Band der ›Principles‹ anschaffen und studieren, aber unter keinen Umständen die darin vertretenen Ansichten übernehmen. Wie anders würde man heute von den ›Principles‹ sprechen! Ich bin stolz darauf, mich dessen zu erinnern, dass gleich der erste Ort, den ich geologisch untersuchte, nämlich St. Jago im Kapverdischen Archipel, mich von der unendlichen Überlegenheit der Ansichten Lyells gegenüber denjenigen, die in mir sonst bekannten Werken vertreten wurden, überzeugte. menhängend und einförmig gewesen sein. Doch will ich von diesem Mittel, der Schwierigkeit zu entkommen, absehen; denn ich glaube, dass viele vollkommen unterschiedene Arten auf ganz zusammenhängenden Gebieten entstanden sind, wenn ich auch nicht daran zweifle, dass die früher unterbrochene Beschaffenheit jetzt zusammenhängender Gebiete einen wesentlichen Anteil an der Bildung neuer Arten zumal frei wandernder und sich kreuzender Tiere gehabt habe. Hinsichtlich der jetzigen Verbreitung der Arten über weite Flächen finden wir, dass sie gewöhnlich ziemlich zahlreich auf einem großen Teil derselben vorkommen, dann aber ziemlich rasch gegen die Grenzen hin immer seltener werden und endlich ganz verschwinden; daher ist das neutrale Gebiet zwischen zwei stellvertretenden Arten gewöhnlich nur schmal

Links: Charles Lyell (1797–1875), der große Geologe, der in London Darwins erster mächtiger Freund aus der Wissenschaft wurde.

im Verhältnis zu demjenigen, welches eine jede von ihnen eigentümlich bewohnt. Wir machen dieselbe Bemerkung auch, wenn wir an Gebirgen emporsteigen, und zuweilen ist es sehr auffällig, wie plötzlich, nach Alphonse de Candolles Beobachtung, eine gemeine Art in den Alpen verschwindet. Edw. Forbes hat dieselbe Wahrnehmung gemacht, als er die Bewohner des Seegrundes mit dem Schleppnetz herauffischte. Diese Tatsache muss alle diejenigen in Verlegenheit setzen, welche die äußeren Lebensbedingungen, wie Klima und Höhe, als die allmächtigen Ursachen der Verbreitung der Organismenformen betrachten, indem der Wechsel von Klima und Höhe oder Tiefe überall ein allmählicher ist. Wenn wir uns aber erinnern, dass fast jede Art, mitten in ihrer Heimat sogar, zu unermesslicher Zahl anwachsen würde, wenn sie nicht in Mitbewerbung mit anderen Arten stünde, – dass fast alle von anderen Arten leben oder ihnen zur Nahrung dienen – kurz, dass jedes organische Wesen SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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mittelbar oder unmittelbar in innigster Beziehung zu anderen Organismen steht, so müssen wir erkennen, dass die Verbreitung der Bewohner einer Gegend keineswegs allein von der unmerklichen Veränderung physikalischer Bedingungen, sondern großenteils von der Anwesenheit oder Abwesenheit anderer Arten abhängt, von welchen sie leben, durch welche sie zerstört werden oder mit welchen sie in Mitbewerbung stehen; und da diese Arten bereits eine bestimmte Begrenzung haben und nicht mehr unmerklich ineinander übergehen, so muss die Verbreitung einer Spezies, welche von der einen oder anderen abhängt, scharf umgrenzt werden. Überdies muss jede Art an den Grenzen ihres Verbreitungsbezirks, wo ihre Anzahl ohnedies geringer wird, durch Schwankungen in der Menge ihrer Feinde oder ihrer Beute oder in den Jahreszeiten sehr oft einer gänzlichen Zerstörung ausgesetzt sein, und es mag auch hierdurch die schärfere Umschreibung ihrer geographischen Verbreitung mit bedingt werden. Wenn meine Meinung richtig ist, dass verwandte oder stellvertretende Arten, welche ein zusammenhängendes Gebiet bewohnen, gewöhnlich so verteilt sind, dass jede von ihnen eine weite Strecke einnimmt, und dass diese Strecken durch verhältnismäßig enge neutrale Zwischenräume getrennt werden, in welchen jede Art rasch an Menge abnimmt, – dann wird diese Regel, da Varietäten nicht wesentlich von Arten verschieden sind, wohl auf die einen wie auf die anderen Anwendung finden; und wenn wir in Gedanken eine veränderliche Spezies einem sehr großen Gebiete anpassen, so werden wir zwei Varietäten jenen zwei großen Untergebieten und eine dritte Varietät dem schmalen Zwischengebiet anzupassen haben. Diese Zwischenvarietät wird, weil sie einen geringeren Raum bewohnt, auch in geringerer Anzahl vorhanden sein; und in Wirklichkeit genommen, passt diese Regel, so viel ich ermitteln kann, ganz gut auf Varietäten im Naturzustand. Ich habe triftige Belege für diese Regel in Varietäten von Balanus-Arten gefunden, welche zwischen ausgeprägteren Varietäten derselben das Mittel halten. Und ebenso scheint es nach den Belehrungen, die ich den Herren Watson, Asa Gray und Wollaston verdanke, dass gewöhnlich, wenn Mittelvarietäten zwischen zwei anderen Formen vorkommen, sie der Zahl nach weit hinter jenen zurückstehen, die sie verbinden. Wenn

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wir nun diese Tatsachen und Belege als richtig annehmen und daraus folgern, dass Varietäten, welche zwei andere Varietäten miteinander verbinden, gewöhnlich in geringerer Anzahl als diese letzten vorhanden waren, so dürfte man daraus auch begreifen, warum Zwischenvarietäten keine lange Dauer haben und der allgemeinen Regel zufolge früher vertilgt werden und verschwinden müssen als diejenigen Formen, welche sie ursprünglich miteinander verketten. Denn eine in geringerer Anzahl vorhandene Form wird, wie schon früher bemerkt worden, überhaupt mehr als die in reichlicher Menge verbreiteten in Gefahr sein, ausgetilgt zu werden; und in diesem besonderen Falle dürfte die Zwischenform vorzugsweise den Angriffen der zwei nahe verwandten Formen zu ihren beiden Seiten ausgesetzt sein. Aber eine weit wichtigere Betrachtung scheint mir die zu sein, dass während des Prozesses weiterer Umbildung, wodurch nach meiner Theorie zwei Varietäten zu zwei ganz verschiedenen Spezies erhoben werden, diese zwei Varietäten, sofern sie größere Flächen bewohnen, auch in größerer Anzahl vorhanden sind und daher in großem Vorteile gegen die mittlere Varietät stehen, welche in kleinerer Anzahl nur einen schmalen Zwischenraum bewohnt. Denn Formen, welche in größerer Zahl bestehen, haben immer eine bessere Aussicht als die geringzähligen, innerhalb einer gegebenen Periode noch andere nützliche Abänderungen zur natürlichen Züchtung darzubieten. Daher in dem Kampfe ums Dasein die gemeineren Formen streben werden, die selteneren zu verdrängen und zu ersetzen, welche sich nur langsam abzuändern und zu vervollkommnen vermögen. Es scheint mir dasselbe Prinzip zu sein, wonach, wie im zweiten Kapitel gezeigt worden, die gemeinen Arten einer Gegend durchschnittlich auch eine größere Anzahl von Varietäten darbieten als die selteneren. Ich will nun, um meine Meinung besser zu erläutern, einmal annehmen, es handle sich um drei Schafvarietäten, von welchen eine für eine ausgedehnte Gebirgsgegend, die zweite nur für einen verhältnismäßig schmalen Hügelstreifen und die dritte für weite Ebenen an deren Fuß geeignet sei; ich will ferner annehmen, die Bewohner seien alle mit gleichem Schick und Eifer bestrebt, ihre Rassen durch Züchtung zu verbessern, so wird in diesem Fall die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs ganz auf Seiten der großen Herdenbesitzer im Gebirge und in

der Ebene sein, weil diese ihre Rassen schneller als die kleinen in der schmalen hügeligen Zwischenzone veredeln, sodass die verbesserte Rasse des Gebirges oder der Ebene bald die Stelle der minder verbesserten Hügellandrasse einnehmen wird; und so werden die zwei Rassen, welche anfänglich in großer Anzahl existiert haben, in unmittelbare Berührung miteinander kommen ohne fernere Einschaltung der Zwischenrasse. In Summe glaube ich, dass Arten leidlich gut umschrieben sein können, ohne zu irgendeiner Zeit ein unentwirrbares Chaos veränderlicher und vermittelnder Formen darzubieten: Erstens, weil sich neue Varietäten nur sehr langsam bilden, indem Abänderung ein äußerst träger Vorgang ist und natürliche Züchtung so lange nichts auszurichten vermag, als nicht günstige Abweichungen vorkommen und nicht ein Platz im Naturhaushalt der Gegend durch Modifikation eines oder des anderen ihrer Bewohner besser ausgefüllt werden kann. Und solche neuen Stellen werden von langsamen Veränderungen des Klimas oder der zufälligen Einwanderung neuer Bewohner und, in wahrscheinlich viel höherem Grade, davon abhängen, dass einige von den alten Bewohnern langsam abgeändert werden, während jene neu hervorgebrachten und eingewanderten Formen mit einigen alten in Wechselwirkung geraten; daher bekommen wir in jeder Gegend und zu jeder Zeit nur wenige Arten zu sehen, welche geringe einigermaßen bleibende Modifikationen der Organisation darbieten. Und dies sehen wir auch sicherlich so. Zweitens: Viele jetzt zusammenhängende Bezirke der Erdoberfläche müssen noch in der jetzigen Erdperiode in verschiedene Teile getrennt gewesen sein, worin viele Formen zumal sich paarender und wandernder Tiere ganz voneinander geschieden sich weit genug zu differenzieren vermochten, um als Spezies gelten zu können. Zwischenvarietäten zwischen diesen Spezies und ihrer gemeinsamen Stammform müssen wohl vordem in jedem dieser Bruchteile des Bezirkes gewesen sein, sind aber später durch natürliche Züchtung ersetzt und ausgetilgt worden, sodass sie lebend nicht mehr vorhanden sind. Drittens: Wenn zwei oder mehrere Varietäten in den verschiedenen Teilen eines zusammenhängenden Bezirks gebildet worden sind, so werden wahrscheinlich auch Zwischenvarietäten in den

schmalen Zwischenzonen entstanden sein, aber nicht lange gewährt haben. Denn diese Zwischenvarietäten werden aus schon entwickelten Gründen (und namentlich, was wir über die jetzige Verbreitung einander nahe verwandter Arten und ausgebildeter Varietäten wissen) in den Zwischenzonen in geringerer Anzahl als die Hauptvarietäten, die sie verbinden, in deren eigenen Bezirken vorhanden sein. Schon aus diesem Grund allein werden die Zwischenvarietäten gelegentlicher Vertilgung ausgesetzt sein, werden aber zuverlässig während des Prozesses weiterer Modifikation von den Formen, welche sie miteinander verketten, meistens deshalb verdrängt und ersetzt werden, weil diese ihrer größeren Anzahl wegen mehr abändern und daher leichter durch natürliche Züchtung noch weiter verbessert und dadurch gesichert werden können. Letztens müssen, nicht bloß zu einer, sondern zu allen Zeiten, wenn meine Theorie richtig ist, gewiss auch zahllose Zwischenvarietäten zur Verbindung der Arten einer nämlichen Gruppe miteinander existiert haben, aber auch gerade der Prozess der natürlichen Züchtung fortwährend tätig gewesen sein, sowohl deren Stammformen als die Mittelglieder selbst zu vertilgen. Daher ein Beweis ihrer früheren Existenz höchstens noch unter den Fossil-Resten der Erdrinde gefunden werden könnte, welche aber diese Urkunden früherer Zeiten, wie in einem späteren Abschnitt gezeigt werden soll, nur in sehr unvollkommener und unzusammenhängender Weise aufzubewahren geeignet ist. Entstehung und Übergänge von Organismen mit eigentümlicher Lebensweise und Organisation. – Gegner meiner Ansichten haben mir die Frage entgegengehalten, wie denn z. B. ein Landraubtier in ein Wasserraubtier habe verwandelt werden können, da ein Tier in einem Zwischenzustand wohl nicht zu bestehen vermocht hätte? Es würde leicht sein zu zeigen, dass innerhalb derselben Raubtiergruppe Tiere vorhanden sind, welche jede Mittelstufe zwischen einfachen Land- und echten Wassertieren einnehmen und daher durch ihre verschiedene Lebensweise wohl geeignet sind, in dem Kampf mit anderen ums Dasein ihre Stelle zu behaupten. So hat z. B. der nordamerikanische Mink (Mustela vison) eine Schwimmhaut zwischen den Zehen und gleicht dem Fischotter in Pelz, kurzen Beinen und Form des Schwanzes. Den Sommer SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Angehobene Strände in Patagonien. hindurch taucht dieses Tier ins Wasser und nährt sich von Fischen; während des langen Winters aber verlässt es die gefrorenen Gewässer und lebt gleich anderen Iltissen von Mäusen und Landtieren. Hätte man einen anderen Fall gewählt und mir die Frage gestellt, auf welche Weise ein insektenfressender Vierfüßer in eine fliegende Fledermaus verwandelt worden sei, so wäre der Fall weit schwieriger und würde ich eine Antwort nicht zu geben gewusst haben. Doch haben nach meiner Meinung solche einzelnen Schwierigkeiten kein allzu großes Gewicht. Hier wie in anderen Fällen befinde ich mich in dem großen Nachteil, aus den vielen treffenden Belegen, die ich gesammelt habe, nur ein oder zwei Beispiele von einem Übergang der Lebensweise und Organisation zwischen nahe verwandten Arten einer Sippe und von vorübergehend oder bleibend veränderten Gewohnheiten einer nämlichen Spezies anführen zu können. Und es scheint mir selbst, dass nichts weniger als ein langes Verzeichnis solcher Beispiele genügend sei, die Schwierigkeiten der Erklärung eines so eigentümlichen Falles zu beseitigen, wie der von der Fledermaus ist.

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Sehen wir uns in der Familie der Eichhörnchen um, so finden wir da die erste schwache Übergangsstufe zu den sogen. fliegenden Fledermäusen angedeutet in dem zweizeilig abgeplatteten Schwanz der einen und, nach J. Richardsons Bemerkung, in dem verbreiterten Hinterteil und der volleren Haut an den Seiten des Körpers der anderen Arten; denn bei Flughörnchen sind die Hintergliedmaßen und selbst der Anfang des Schwanzes durch eine ansehnliche Ausbreitung der Haut miteinander verbunden, welche als Fallschirm dient und diese Tiere befähigt, auf erstaunliche Entfernungen von einem Baum zum anderen durch die Luft zu gleiten. Es ist kein Zweifel, dass jeder Art von Eichhörnchen in deren Heimat jeder Teil dieser eigentümlichen Organisation nützlich ist, indem er sie in den Stand setzt, den Verfolgungen der Raubvögel oder anderer Raubtiere zu entgehen, reichlichere Nahrung einzusammeln und zweifelsohne auch die Gefahr jeweiligen Fallens zu vermindern. Daraus folgt aber noch nicht, dass die Organisation eines jeden Eichhörnchens auch die bestmögliche für alle natürlichen Verhältnisse ist. Gesetzt, Klima und Vegetation verändern sich,

Aus „Die Fahrt der Beagle“



13. April 1834

D

ie Beagle ankerte in der Mündung des Santa Cruz. Der Fluss liegt ungefähr sechzig Meilen südlich von Port St. Julian. Auf seiner letzten Reise fuhr Kapitän Stokes ihn dreißig Meilen hinauf, sah sich dann aber aus Mangel an Proviant genötigt umzukehren. Mit Ausnahme dessen, was damals entdeckt wurde, war über diesen großen Fluss kaum etwas bekannt. Kapitän Fitz Roy beschloss nun, seinem Lauf zu folgen, soweit die Zeit es gestattete. Am 18. liefen drei Walboote aus, an Bord Proviant für drei Wochen; die Gruppe bestand aus fünfundzwanzig Seelen – eine Streitmacht, die wohl genügt hätte, einen Haufen Indianer abzuschrecken. Bei starker Flut und einem schönen Tag kamen wir gut voran, tranken bald von dem Süßwasser und waren am Abend schon beinahe oberhalb des Tidebereichs. Der Fluss gewann hier eine Größe und Erscheinung, die sich noch an der höchsten Stelle, die wir schließlich erreichten, kaum verringerte. Er war durchschnittlich drei- bis vierhundert Yard breit und in der Mitte ungefähr siebzehn Fuß tief. Die Geschwindigkeit der Strömung, die auf dem ganzen Lauf zwischen vier und sechs Knoten beträgt, ist vielleicht sein auffallendstes Merkmal. Das Wasser ist von schöner blauer Farbe, jedoch mit einer leicht milchigen Tönung und nicht so durchsichtig, wie man es auf den ersten Blick erwartet hätte. Es fließt über ein Bett aus Kieseln ähnlich jenen, die den Strand und die umliegenden Ebenen bilden. Der Fluss verläuft auf gewundener Bahn durch ein Tal, welches sich in gerader Linie nach Westen erstreckt. Dieses Tal wechselt in der Breite zwischen fünf und zehn Meilen; es wird von stufenartigen Terrassen umgrenzt, die sich an den meisten Stellen, eine über der anderen, auf eine Höhe von fünfhundert Fuß erheben und auf der gegenüberliegenden Seite eine bemerkenswerte Entsprechung finden.



19. April 1834

Gegen eine so starke Strömung zu rudern oder zu segeln war natürlich völlig unmöglich: Folglich wurden die

drei Boote Bug an Heck gebunden, in jedem zwei Matrosen belassen, und die Übrigen kamen an Land, um zu schleppen. Da die allgemeinen Vorkehrungen, die Kapitän Fitz Roy traf, die Arbeit aller sehr erleichterten und da alle Mann ihren Teil dazu beitrugen, will ich das System beschreiben. Unsere Gruppe, die alle einschloss, wurde in zwei Schichten aufgeteilt, die jeweils abwechselnd eineinhalb Stunden an der Schleppleine zogen. Die Offiziere eines jeden Bootes lebten mit ihrer Mannschaft, aßen das gleiche Essen und schliefen im selben Zelt, sodass ein jedes Boot von den anderen gänzlich unabhängig war. Nach Sonnenuntergang wurde die erste ebene Stelle, wo auch Büsche wuchsen, als Nachtlager ausgewählt. Ein jeder aus der Mannschaft gab reihum den Koch. Kaum war das Boot herausgezogen, machte der Koch sein Feuer, zwei andere bauten das Zelt auf, der Steuermann reichte die Sachen aus dem Boot, die Übrigen trugen sie zu den Zelten und sammelten Brennholz. Durch diese Aufteilung war nach einer halben Stunde alles für die Nacht bereit. Stets gab es eine Wache aus zwei Matrosen und einem Offizier; ihre Pflicht war es, die Boote im Auge zu behalten, das Feuer nicht ausgehen zu lassen und auf Indianer zu achten. Jeder der Gruppe wachte jede Nacht seine eine Stunde.

neue Nagetiere treten als Mitwerber auf, und neue Raubtiere wandern ein oder alte erfahren eine Abänderung, so müssten wir aller Analogie nach auch vermuten, dass wenigstens einige der Eichhörnchen sich an Zahl vermindern oder ganz aussterben werden, wenn ihre Organisation nicht ebenfalls in entsprechender Weise abgeändert und verbessert wird. Daher finde ich, zumal bei einem Wechsel der

äußeren Lebensbedingungen, keine Schwierigkeit für die Annahme, dass Individuen mit immer vollerer Seitenhaut vorzugsweise dürften erhalten werden, weil dieser Charakter erblich und jede Verstärkung desselben nützlich ist, bis durch Häufung aller einzelnen Effekte dieses Prozesses natürlicher Züchtung aus dem Eichhörnchen endlich ein Flughörnchen geworden ist. SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Sehen wir nun den fliegenden Lemur oder den Galeopithecus an, welcher vordem irrigerweise zu den Fledermäusen versetzt worden ist. Er hat eine sehr breite Seitenhaut, welche sich von den Hinterenden der Kinnladen bis zum Schwanz erstreckt, die Beine und verlängerten Finger einschließt, auch mit einem Ausbreitermuskel versehen ist. Obwohl jetzt keine vermittelnden Zwischenstufen zwischen den gewöhnlichen Lemuren (Lemuridae) und dem durch die Luft gleitenden Galeopithecus vorhanden sind, so sehe ich doch keine Schwierigkeiten für die Annahme, dass solche Zwischenglieder einmal existiert und sich auf ähnliche Art von Stufe zu Stufe entwickelt haben, wie oben die zwischen den Eich- und Flughörnchen, indem jeder weitere Schritt zur Verbesserung der Organisation in dieser Richtung für den Besitzer von Nutzen war. Auch kann ich keine unüberwindliche Schwierigkeit erblicken, weiter zu unterstellen, dass sowohl der Vorderarm als die durch die Flughaut verbundenen Finger des Galeopithecus sich infolge natürlicher Züchtung allmählich verlängert haben, und dies würde genügen, denselben, was die Flugwerkzeuge betrifft, in eine Fledermaus zu verwandeln. Bei jenen Fledermäusen, deren Flughaut nur von der Schulter bis, unter Einschluss der Hinterbeine, zum Schwanze geht, sehen wir vielleicht noch die Spuren einer Vorrichtung, welche ursprünglich mehr dazu gemacht war, durch die Luft zu gleiten, als zu fliegen. Wenn etwa ein Dutzend eigentümlich gebildeter Vogelsippen erloschen oder uns unbekannt geblieben wären, wie hätten wir nur die Vermutung wagen dürfen, dass es jemals Vögel gegeben habe, welche gleich der Dickkopfente (Micropterus Eyton’s) ihre Flügel nur wie Klappen zum Flattern über dem Wasserspiegel hin oder gleich den Fettgänsen wie Ruder im Meer und wie Vorderbeine auf dem Land oder wie der Strauß als Segel zur Beförderung des Laufes gebraucht oder welche endlich gleich dem Apteryx funktionell zwecklose Flügel besessen hätten? Und doch ist die Organisation eines jeden dieser Vögel, unter den Lebensbedingungen, worin er sich befindet und um sein Dasein kämpft, für ihn vorteilhaft, wenn auch nicht notwendig die beste unter allen möglichen Einrichtungen. Aus diesen Bemerkungen soll übrigens nicht gefolgert werden, dass irgendeine der eben angeführten Abstufungen der Flügelbildungen, die vielleicht alle nur Folge des Nichtgebrauches

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sind, einer natürlichen Stufenreihe angehöre, auf welcher emporsteigend die Vögel das vollkommene Flugvermögen erlangt haben; aber sie können wenigstens zu zeigen dienen, was für mancherlei Wege des Übergangs möglich sind. Wenn man sieht, dass eine kleine Anzahl Tiere aus den wasseratmenden Klassen der Kruster und Mollusken zum Leben auf dem Land geschickt sind; wenn man sieht, dass es fliegende Vögel, fliegende Säugtiere, fliegende Insekten von den verschiedenartigsten Typen gibt und vordem auch fliegende Reptilien gegeben hat, so wird es auch begreiflich, dass fliegende Fische, welche jetzt mit Hilfe ihrer flatternden Brustflossen sich in schiefer Richtung über den Seespiegel erheben und in weitem Bogen durch die Luft gleiten, allmählich zu vollkommen beflügelten Tieren umgewandelt werden können. Und wäre dies einmal bewirkt, wer würde sich dann je einbilden, dass sie in einer früheren Zeit Bewohner des offenen Meeres gewesen seien und ihre beginnenden Flugorgane, wie uns jetzt bekannt, bloß dazu gebraucht haben, dem Rachen anderer Fische zu entgehen. Wenn wir ein Organ zu irgendeinem besonderen Zweck hoch ausgebildet sehen, wie eben die Flügel des Vogels zum Flug, so müssen wir bedenken, dass solche Tiere auf der ersten Anfangsstufe dieser Bildung stehend selten die Aussicht hatten, sich bis auf unsere Tage zu erhalten, eben weil sie durch den Vervollkommnungsprozess der natürlichen Züchtung immer wieder von anderen weiter fortgeschrittenen Formen ersetzt worden sein müssen. Wir werden ferner bedenken, dass Übergangsstufen zwischen zu ganz verschiedenen Lebensweisen dienenden Bildungen in früherer Zeit selten in großer Anzahl und mit mancherlei untergeordneten Formen ausgebildet worden sein mögen. Doch um zu unserem fliegenden Fisch zurückzukehren, so scheint es nicht sehr glaublich, dass zu wirklichem Flug befähigte Fische in vielerlei untergeordneten Formen zum Erhaschen von mancherlei Beute auf mancherlei Wegen, zu Wasser und Land entwickelt worden sind, bis dieselben ein entschiedenes Übergewicht über andere Tiere im Kampf ums Dasein erlangten. Daher wird die Wahrscheinlichkeit, Arten auf Übergangsstufen der Organisation noch im

Rechts: Kronenmaki, Madagaskar. Da es eine große, seit alters her isolierte Insel ist, hat Madagaskar viele einzigartige Spezies.

Basaltschlucht, Santa Cruz. fossilen Zustand zu entdecken, immer nur gering sein, weil sie in geringerer Anzahl als die Arten mit völlig entwickelten Bildungen existiert haben. Ich will nun zwei oder drei Beispiele abgeänderter und auseinandergelaufener Lebensweisen bei Individuen einer nämlichen Art anführen. Vorkommenden Falles wird es der natürlichen Züchtung leicht sein, ein Tier durch irgendeine Abänderung seines Baues für seine veränderte Lebensweise oder ausschließlich für nur eine seiner verschiedenen Gewohnheiten geschickt zu machen. Es ist aber schwer und für uns unwesentlich zu sagen, ob im Allgemeinen zuerst die Gewohnheiten und dann die Organisation sich ändern oder ob geringe Modifikationen des Baues zu einer Änderung der Gewohnheiten führen; wahrscheinlich ändern beide gleichzeitig ab. Was Änderung der Gewohnheiten betrifft, so würde es genügen, auf die Menge britischer Insektenarten zu verweisen, welche jetzt von ausländischen Pflanzen oder ganz ausschließlich von Kunsterzeugnissen leben. Vom Auseinandergehen der Gewohnheiten ließen sich zahllose Beispiele anführen. Ich habe oft eine südamerikanische Würgerart (Saurophagus sulphuratus) beobachtet, als sie wie ein Turmfalke über einem Fleck und dann wieder über einem anderen schwebte und ein andermal steif am

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Rande des Wassers stand und dann plötzlich wie ein Eisvogel auf einen Fisch hinabstürzte. In unserer eigenen Gegend sieht man die Kohlmeise (Parus major) bald fast wie einen Baumläufer an den Zweigen herumklimmen, bald nach Art des Würgers kleine Vögel durch Hiebe auf den Kopf töten; oft habe ich sie die Samen des Eibenbaumes auf einem Zweig aufhämmern und dann wieder sie wie ein Nusshacker aufbrechen sehen. In Nordamerika schwimmt nach Hearnes Beobachtung der schwarze Bär bis vier Stunden lang mit weit geöffnetem Mund im Wasser umher, um fast nach Art der Wale Wasserinsekten zu fangen. Da wir zuweilen Individuen Gewohnheiten befolgen sehen, welche von denen anderer Individuen ihrer Art und anderer Arten ihrer Sippe weit abweichen, so hätten wir nach meiner Theorie zu erwarten, dass solche Individuen mitunter zur Entstehung neuer Arten mit abweichenden Sitten und einer mehr oder weniger modifizierten Organisation Veranlassung geben. Und solche Fälle kommen in der Natur vor. Kann es ein treffenderes Beispiel von Anpassung geben als den Specht, welcher an Bäumen umherklettert, um Insekten in den Rissen der Rinde aufzusuchen? Und doch gibt es in Amerika Spechte, welche großenteils von Früchten leben, und andere mit verlängerten

Aus „Die Fahrt der Beagle“



26.April 1834

An diesem Tag stießen wir auf eine merkliche Veränderung im geologischen Aufbau der Ebene. Von unserem Aufbruch an

hatte ich das Geröll im Fluss sehr sorgfältig untersucht, und während der ersten beiden Tage waren mir einige wenige kleine Kiesel eines sehr blasigen Basalts aufgefallen. Diese nahmen allmählich an Zahl und Größe zu, keiner jedoch war so groß wie ein Männerschädel. Heute Morgen dagegen wurden Kiesel desselben Gesteins, aber dichter, plötzlich sehr häufig, und im Verlauf einer halben Stunde sahen wir in einer Entfernung von fünf oder sechs Meilen den kantigen Rand einer großen Basaltterrasse. Als wir ihren Fuß erreichten, sahen wir, dass der Fluss zwischen den herabgefallenen Blöcken sprudelte. Auf den folgenden achtundzwanzig Meilen war der Flusslauf von diesen Basaltmassen behindert. Jenseits davon waren gewaltige Trümmer Urgestein, die von der Geschiebeformation in der Umgebung stammten, ebenso zahlreich vorhanden. Keines der Trümmer von nennenswerter Größe war weiter als drei oder vier Meilen unterhalb ihres Ausgangsorts den Fluss hinabgespült worden: Angesichts der außerordentlichen Geschwindigkeit der großen Wassermassen des Santa Cruz und dessen, dass an keiner Stelle ruhige Abschnitte auftreten, ist dies ein äußerst verblüffendes Beispiel dafür, wie wenig Flüsse in der Lage sind, auch nur mäßig große Bruchstücke zu transportieren. Der Basalt ist nur Lava, welcher unter Meerwasser geflossen ist; die Eruptionen hingegen dürften größten Ausmaßes gewesen sein. An der Stelle, wo wir als Erstes auf diese Formation stießen, betrug ihre Stärke 120 Fuß; indem sie dem Flusslauf aufwärts folgte, hob sich die Fläche unmerklich an, und die Masse wurde stärker, bis sie bei vierzig Meilen oberhalb des ersten Rastorts 320 Fuß stark war. Wie stark sie nahe den Kordilleren sein mag, vermag ich nicht zu ermessen, doch erreicht die Terrasse dort eine Höhe von ungefähr dreitausend Fuß überm Meeresspiegel: Daher müssen wir ihren Ursprung bei den Bergen dieser großen Kette suchen, und eines solchen Ursprungs sind Ströme würdig, die über den sanft geneigten Meeresgrund auf einer Entfernung von hundert Meilen geflossen sind. Der erste Blick auf die Basalthänge auf der anderen Seite des Tales zeigte, dass die Schichten einstmals vereint waren. Welche Kraft hat also eine feste Masse sehr harten Gesteins mit einer durchschnittlichen Stärke von nahezu dreihundert Fuß und einer Breite, die von deutlich unter zwei Meilen bis zu vier variierte, über ein ganzes Land hinweggeschafft? Der Fluss könnte, obgleich er zu geringe Kraft hat, um selbst unbeträchtliche Fragmente zu transportieren, im Laufe der Zeit durch allmähliche Erosion doch eine Wirkung ausüben, deren Tragweite schwierig abzuschätzen ist. In diesem Falle jedoch können, unabhängig von der Geringfügigkeit einer solchen Einwirkung, gute Gründe für die Annahme vorgebracht werden, dass dieses Tal früher einmal von einem Meeresarm ausgefüllt war. Es ist in dieser Arbeit unnötig, die Argumente, die zu dieser Schlussfolgerung führen, näher zu erläutern; sie ergeben sich aus der Form und Beschaffenheit der treppenförmigen Terrassen zu beiden Seiten des Tales, aus der Art und Weise, in welcher der Talboden sich nahe der Anden zu einer großen, buchtartigen Fläche mit Sandhügeln darauf weitet, sowie daraus, dass im Flussbett Seemuscheln vorhanden sind. Hätte ich genügend Raum, so könnte ich beweisen, dass Südamerika hier einstmals von einer Meeresstraße durchtrennt war, welche, ähnlich der Magellanstraße, den Atlantischen und den Pazifischen Ozean verband. Dennoch bleibt die Frage bestehen, wie wurde dieser dichte Basalt entfernt? Früher hätten Geologen die heftige Wirkung einer gewaltigen Mure ins Spiel gebracht; hier jedoch wäre eine solche Annahme vollkommen unzulässig, weil die gleichen stufenartigen Ebenen, auf denen sich heute noch lebende Seemuscheln finden und welche bis an die lange Küstenlinie Patagoniens gehen, zu beiden Seiten des Tales des Santa Cruz aufsteigen. Keine mögliche Einwirkung einer Flut hätte das Land so formen können, sei’s im Tal oder an der offenen Küste, und durch die Bildung solch stufiger Ebenen oder Terrassen wurde dann das Tal ausgehöhlt. Obwohl wir wissen, dass es Gezeitenströme gibt, die in der Enge der Magellanstraße mit einer Geschwindigkeit von acht Knoten fließen, müssen wir doch gestehen, dass uns beinahe schwindelig wird, wenn wir die Zahl der Jahre bedenken, welche die Gezeiten Jahrhundert um Jahrhundert, ohne Unterstützung durch eine starke Brandung, gebraucht haben dürften, um ein so gewaltiges Gebiet massiger Basaltlava von solcher Stärke zu zerfressen. Gleichwohl müssen wir annehmen, dass die vom Wasser unterhöhlten Schichten dieser alten Meerenge zu riesigen Trümmern zerbrochen und diese, als sie verstreut am Strand lagen, erst zu kleineren Blöcken, dann zu Kieseln und endlich zu kaum mehr fassbarem Schlamm zerkleinert wurden, welchen die Gezeiten weit in den östlichen oder westlichen Ozean hinausgetragen haben.

Flügeln, welche Insekten im Flug haschen; und auf den Ebenen von La Plata, wo nicht ein Baum wächst, gibt es einen Specht, welcher in allen Teilen seiner Organisation und selbst in seiner Färbung, seiner harten Stimme und seinem wellenförmigen Flug die nahe Blutsverwandtschaft mit unseren gewöhnlichen Arten verrät; aber es ist ein Specht, der in diesen Ebenen nie klettern kann. Sturmvögel sind unter allen Vögeln diejenigen, die am besten fliegen und am meisten an das hohe Meer gebunden sind; und doch gibt es in den ruhigen stillen Meerengen des Feuerlandes eine Art, Puffinuria beradi, die nach ihrer Lebensweise im Allgemeinen, nach ihrer erstaunlichen Fähigkeit zu tauchen, nach ihrer Art zu schwimmen und zu fliegen, wenn sie gegen ihren Willen zu fliegen genötigt wird, von jedem für einen Alk oder Lappentaucher (Colymbus) gehalten werden würde; sie ist aber ihrem Wesen nach ein Sturmvogel nur mit einigen tief eindringenden Änderungen der Organisation. Auf der anderen Seite würde man bei der genauesten Untersuchung des Körpers der Wasseramsel (Cinclus) nicht die mindeste Spur von ihrer ans Wasser gebundenen Lebensweise zu entdecken im Stande sein. Und doch verschafft

Galapagoshai (Carcharhinus galapagensis).

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sich dieses so abweichende Glied der Drosselfamilie seinen ganzen Unterhalt nur durch Tauchen, durch Aufscharren des Gerölles mit seinen Füßen und durch Anwendung seiner Flügel unter Wasser. Wer glaubt, dass jedes Wesen so geschaffen worden sei, wie wir es jetzt erblicken, muss schon manchmal überrascht gewesen sein, ein Tier zu finden, dessen Organisation und Lebensweise durchaus nicht miteinander in Einklang standen. Was kann klarer sein, als dass die Füße der Enten und Gänse mit der großen Haut zwischen den Zehen zum Schwimmen gemacht sind? und doch gibt es Gänse mit solchen Schwimmfüßen, welche selten oder nie ins Wasser gehen; – und außer Audubon hat noch niemand den Fregattvogel, dessen vier Zehen durch eine Schwimmhaut verbunden sind, sich auf den Spiegel des Meeres niederlassen sehen. Andererseits sind Lappentaucher und Wasserhühner ausgezeichnete Wasservögel, und doch sind ihre Zehen nur mit einer Schwimmhaut gesäumt. Was scheint klarer zu sein, als dass die langen Zehen der Sumpfvögel ihnen dazu gegeben sind, damit sie über Sumpfboden und schwimmende Wasserpflanzen hinwegschreiten können, und doch ist das Rohrhuhn (Ortygometra)

fast ebenso sehr Wasservogel als das Wasserhuhn und die Ralle fast ebenso sehr Landvogel als die Wachtel oder das Feldhuhn. Man kann sagen, der Schwimmfuß sei verkümmert in seiner Verrichtung, aber nicht in seiner Form. Beim Fregattvogel dagegen zeigt der tiefe Ausschnitt der Schwimmhaut zwischen den Zehen, dass eine Veränderung der Fußbildung begonnen hat. Wer an zahllose getrennte Schöpfungsakte glaubt, wird sagen, dass es in diesen Fällen dem Schöpfer gefallen hat, ein Wesen von dem einen Typus für den Platz eines Wesens von dem anderen Typus zu bestimmen. Dies scheint mir aber wieder dieselbe Sache, nur in einer würdevolleren Fassung. Wer an den Kampf ums Dasein und an das Prinzip der natürlichen Züchtung glaubt, der wird anerkennen, dass jedes organische Wesen beständig nach Vermehrung seiner Anzahl strebt und dass, wenn es in Organisation oder Gewohnheiten auch noch so wenig variiert, aber hierdurch einen Vorteil über irgendeinen anderen Bewohner der Gegend erlangt, es dessen Stelle einnehmen kann, wie verschieden dieselbe auch von seiner eigenen bisherigen Stelle sein mag. Er wird deshalb nicht darüber erstaunt sein, Gänse und Fregattvögel mit Schwimmfüßen zu sehen, wovon die einen auf dem trockenen Lande leben und die anderen sich nur sehr selten aufs Wasser niederlassen, oder langzehige Rohrhühner (Crex) zu finden, welche auf Wiesen statt in Sümpfen wohnen; oder dass es Spechte gibt, wo keine Bäume sind, dass Drosseln unters Wasser tauchen und Sturmvögel wie Alke leben. Organe von äußerster Vollkommenheit und Zusammengesetztheit. – Die Annahme, dass sogar das Auge mit allen seinen der Nachahmung unerreichbaren Vorrichtungen, um den Fokus den mannigfaltigsten Entfernungen anzupassen, verschiedene Lichtmengen zuzulassen und die sphärische und chromatische Abweichung zu verbessern, nur durch natürliche Züchtung zu dem geworden sei, was es ist, scheint, ich will es offen gestehen, im höchsten möglichen Grade absurd zu sein. Und doch sagt mir die Vernunft, dass, wenn zahlreiche Abstufungen von einem vollkommenen und zusammengesetzten bis zu einem ganz einfachen und unvollkommenen Auge alle nützlich für ihren Besitzer, vorhanden sind, – wenn das Auge

etwas zu variieren geneigt ist und seine Abänderungen erblich sind, was sicher der Fall ist, – wenn eine mehr und weniger beträchtliche Abänderung eines Organes immer nützlich ist für ein Tier, dessen äußere Lebensbedingungen sich ändern: Dann scheint der Annahme, dass ein vollkommenes und zusammengesetztes Auge durch natürliche Züchtung gebildet werden könne, doch keine wesentliche Schwierigkeit mehr entgegenzustehen, wie schwierig auch die Vorstellung davon für unsere Einbildungskraft sein mag. Die Frage, wie ein Nerv für Licht empfindlich werde, beunruhigt uns schwerlich mehr als die, wie das Leben selbst ursprünglich entstehe. Jedoch will ich bemerken, dass verschiedene Tatsachen mich zur Vermutung bringen, dass jeder sensitive Nerv für Licht und ebenso für jene gröberen Schwingungen der Luft empfindlich gemacht werden könne, welche den Ton hervorbringen. Was die Abstufungen betrifft, mittels welcher ein Organ in irgendeiner Spezies vervollkommnet worden ist, so sollten wir dieselbe allerdings nur in gerader Linie bei ihren Vorgängern aufsuchen. Dies ist aber schwerlich jemals möglich, und wir sind jedenfalls genötigt, uns unter den Arten derselben Gruppe, d. h. bei den Seitenverwandten von gleicher Abstammung mit der ersten, umzusehen, um zu erkennen, was für Abstufungen möglich sind, und ob es wahrscheinlich ist, dass irgendwelche Abstufungen von den ersten Stammeltern an ohne alle oder mit nur geringer Abänderung auf die jetzigen Nachkommen übertragen worden seien. Unter den jetzt lebenden Wirbeltieren finden wir nur eine geringe Abstufung in der Bildung des Auges (obwohl der Fisch Amphioxus ein sehr einfaches Auge ohne Linse besitzt), und an fossilen Wesen lässt sich keine Untersuchung mehr darüber anstellen. Wir hätten wahrscheinlich weit vor die untersten Fossilien-führenden Schichten zurückzugehen, um die ersten Stufen der Vervollkommnung des Auges in diesem Kreis des Tierreichs zu entdecken. Im Unterreich der Kerbtiere kann man von einem einfach mit Pigment überzogenen Sehnerven ausgehen, der oft eine Art Pupille bildet, aber ohne Kristall-Linse und sonstige optische Vorrichtung ist. Von diesem Augenrudiment, welches etwa Licht von Dunkelheit, aber nichts weiter zu unterscheiden im Stande ist, schreitet die Vervollkommnung in zwei SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Richtungen fort, welche J. Müller von Grund aus verschieden glaubt; sie führt nämlich entweder 1) zu Stemmata oder sogen. »einfachen Augen« mit Kristall-Linse und Hornhaut versehen oder 2) zu »zusammengesetzten Augen«, welche allein oder hauptsächlich nur dadurch wirken, dass sie alle Strahlen, welche von irgendeinem Punkt des gesehenen Gegenstandes kommen, bis auf denjenigen Strahlenbüschel ausschließen, welcher senkrecht auf die konvexe Netzhaut fällt. Diesen zusammengesetzten Augen nun mit Verschiedenheiten ohne Ende in Form, Verhältnis, Zahl und Stellung der durchsichtigen mit Pigment überzogenen Kegel, welche nur durch Ausschließung wirken, gesellt sich bald noch eine mehr oder weniger vollkommene Konzentrierungsvorrichtung bei, indem in den Augen der Meloe z. B. die Facetten der Cornea außen und innen etwas konvex, mithin linsenförmig werden. Viele Kruster haben eine doppelte Cornea, eine äußere glatte und eine innere in Facetten geteilte, in deren Substanz nach Milne Edwards »renflemens lenticulaires paraissent s’être développés«, und zuweilen lassen sich diese Linsen als eine besondere Schicht von der Cornea ablösen. Die durchsichtigen, mit Pigment überzogenen Kegel, von welchen Müller angenommen, dass sie nur durch Ausschließung divergenter Lichtstrahlenbüschel wirken, hängen gewöhnlich an

der Cornea an, sind aber auch nicht selten davon abgesondert und zeigen eine konvexe äußere Fläche; sie müssen nach meiner Meinung in diesem Fall wie konvergierende Linsen wirken. Dabei ist die Struktur der zusammengesetzten Augen so mannigfaltig, dass Müller drei Hauptklassen derselben mit nicht weniger als sieben Unterabteilungen nach ihrer Struktur annimmt. Er bildet eine vierte Hauptklasse aus den »zusammengehäuften Augen« oder Gruppen von Stemmata, welche nach seiner Erklärung den Übergang bilden von den mosaikartig »zusammengesetzten Augen« ohne Konzentrationsvorrichtung zu den Gesichtsorganen mit einer solchen. Wenn ich diese hier nur allzu kurz und unvollständig angedeuteten Tatsachen, welche zeigen, dass es schon unter den jetzt lebenden Kerbtieren viele stufenweise Verschiedenheiten der Augenbildung gibt, erwäge und ferner bedenke, wie klein die Anzahl lebender Arten im Vergleich zu den bereits erloschenen ist, so kann ich (wenn auch mehr als in anderen Bildungen) doch keine allzu große Schwierigkeit für die Annahme finden, dass der einfache Apparat eines von Pigment umgebenen und von durchsichtiger Haut bedeckten Sehnerven durch natürliche Züchtung in ein so vollkommenes optisches Werkzeug umgewandelt worden sei, wie es bei den vollkommensten Kerbtieren gefunden wird.

Berkeley Sound, Falklandinseln, aus Darwins Reise eines Naturforschers um die Welt.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

m 1. März 1833 und dann wieder am 16. März 1834 ankerte die Beagle im Berkeley Sound an der östlichen Falklandinsel. Dieser Archipel liegt auf nahezu derselben Breite wie die Einmündung der Magellanstraße; er bedeckt eine Fläche von einhundertzwanzig auf sechzig geographische Meilen und ist wenig mehr als halb so groß wie Irland. Nachdem der Besitz dieser elenden Inseln von Frankreich, Spanien und England beansprucht worden war, blieben sie unbewohnt. Daraufhin verkaufte die Regierung von Buenos Ayres sie an eine Privatperson, nutzte sie aber gleichzeitig, wie das alte Spanien es getan hatte, als Strafkolonie. England machte sein Recht geltend und nahm sie in Besitz. Der Engländer, in dessen Obhut die Fahne zurückblieb, wurde daraufhin ermordet. Als Nächster wurde ein britischer Offizier ohne Unterstützung durch jedwede Macht hingeschickt, und als wir hinkamen, trafen wir ihn als Oberhaupt einer Einwohnerschaft an, wovon über die Hälfte entflohene Rebellen und Mörder waren. Das Theater ist der Szenen wert, die darin gespielt werden. Das gewellte Land mit seinem trostlosen und erbärmlichen Aussehen ist überall von Torfboden und hartem Gras bedeckt, alles in einem monotonen Braun. Hier und da durchbricht eine Spitze oder ein Grat grauen Quarzsteins die weiche Oberfläche. Jedermann hat vom Klima dieser Regionen gehört; es lässt sich mit jenem vergleichen, das man in einer Höhe zwischen ein- und zweitausend Fuß auf den Bergen von Nordwales hat, dabei jedoch weniger Sonnenschein und weniger Frost, aber mehr Wind und Regen. Wer nun weiter gehen will, wenn er beim Durchlesen dieses Buches findet, dass sich durch die Deszendenz-Theorie eine große Menge von anderweitig unerklärbaren Tatsachen begreifen lasse, braucht kein Bedenken gegen die weitere Annahme zu haben, dass durch natürliche Züchtung zuletzt auch ein so vollkommenes Gebilde, als das Adlerauge ist, hergestellt werden könne, wenn ihm auch die Zwischenstufen in diesem Fall gänzlich unbekannt sind. Sein Verstand muss seine Einbildungskraft überwinden. Doch habe ich selbst die Schwierigkeit viel zu

gut gefühlt, als dass ich mich einigermaßen darüber wundern könnte, wenn jemand es gewagt findet, die Theorie der natürlichen Züchtung bis zu einer so erstaunlichen Weite auszudehnen. Man kann kaum vermeiden, das Auge mit einem Teleskop zu vergleichen. Wir wissen, dass dieses Werkzeug durch lang fortgesetzte Anstrengungen der höchsten menschlichen Intelligenz verbessert worden ist, und folgern natürlich daraus, dass das Auge seine Vollkommenheit durch einen etwas ähnlichen Prozess erlangt habe. Sollte aber diese Vorstellung nicht bloß in der Einbildung beruhen? Haben wir ein Recht anzunehmen, der Schöpfer wirke vermöge intellektueller Kräfte ähnlich denen des Menschen? Wollten wir das Auge einem optischen Instrumente vergleichen, so müssten wir in Gedanken eine dicke Schicht eines durchsichtigen Gewebes annehmen, getränkt mit Flüssigkeit und mit einem für Licht empfänglichen Nerven darunter, und dann unterstellen, dass jeder Teil dieser Schicht langsam, aber unausgesetzt seine Dichte verändere, sodass verschiedene Lagen von verschiedener Dichte übereinander und in ungleichen Entfernungen voneinander entstehen, und dass auch die Oberfläche einer jeden Lage langsam ihre Form ändere. Wir müssten ferner unterstellen, dass eine Kraft (die natürliche Züchtung) vorhanden sei, welche beständig eine jede geringe zufällige Veränderung in den durchsichtigen Lagen genau beobachte und jede Abänderung sorgfältig auswähle, die unter veränderten Umständen in irgendeiner Weise oder in irgendeinem Grad ein deutlicheres Bild hervorzubringen geschickt wäre. Wir müssten unterstellen, jeder neue Zustand des Instrumentes werde mit einer Million vervielfältigt, und jeder werde so lange erhalten, bis ein besserer hervorgebracht sei, dann aber zerstört. Bei lebenden Körpern bringt Variation jene geringen Verschiedenheiten hervor, Generation vervielfältigt sie ins Unendliche und natürliche Züchtung findet mit nie irrendem Takt jede Verbesserung zum Zweck weiterer Vervollkommnung heraus. Denkt man sich nun diesen Prozess Millionen und Millionen Jahre lang und jedes Jahr an Millionen Individuen der mannigfaltigsten Art fortgesetzt: Sollte man da nicht erwarten, dass das lebende optische Instrument endlich in demselben Grad vollkommener als das gläserne werden müsse, wie des Schöpfers Werke überhaupt vollkommener sind als die des Menschen? SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Vultur gryphus, der Andenkondor. Ließe sich irgendein zusammengesetztes Organ nachweisen, dessen Vollendung nicht durch zahllose kleine aufeinanderfolgende Modifikationen erfolgen könnte, so müsste meine Theorie unbedingt zusammenbrechen. Ich vermag jedoch keinen solchen Fall aufzufinden. Zweifelsohne bestehen viele Organe, deren Vervollkommnungsstufen wir nicht kennen, insbesondere bei sehr vereinzelt stehenden Arten, deren verwandten Formen nach meiner Theorie in weitem Umkreis erloschen sind. So muss auch, wo es sich um ein allen Gliedern eines Unterreichs gemeinsames Organ handelt, dieses Organ schon in einer sehr frühen Vorzeit gebildet worden sein, weil sich nachher erst alle Glieder dieses Unterreichs entwickelt haben; und wenn wir die frühesten Übergangsstufen entdecken wollten, welche das Organ zu durchlaufen hatte, so müssten wir uns bei den frühesten Anfangsformen umsehen, welche jetzt schon längst wieder erloschen sind. Wir müssen uns wohl bedenken zu behaupten, ein Organ habe nicht durch stufenweise Veränderungen

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irgendeiner Art gebildet werden können. Man könnte zahlreiche Fälle anführen, wie bei den niederen Tieren ein und dasselbe Organ ganz verschiedene Verrichtungen besorgt; atmet doch und verdaut und exzerniert der Nahrungskanal in der Larve der Drachenfliege wie in dem Fische Cobitis. Wendet man die Hydra wie einen Handschuh um, das Innere nach außen, so verdaut die äußere Oberfläche und die innere atmet. In solchen Fällen hätte durch die natürliche Züchtung ganz leicht ein Teil oder Organ, welches bisher zweierlei Verrichtungen gehabt hat, ausschließlich nur für einen der beiden Zwecke ausgebildet und die ganze Natur des Tieres allmählich umgeändert werden können, wenn dies für dasselbe von Anfang an nützlich gewesen wäre. Gewisse Pflanzen, wie namentlich einige Hülsengewächse, Violaceen u. a. bringen zwei Arten von Blüten, die einen mit der ihrer Ordnung zustehenden Bildung, die anderen verkümmert, aber zuweilen fruchtbarer als die ersten. Unterließe nun eine solche Pflanze mehrere Jahre lang, Blüten der ersten Art zu bringen, wie es ein in Frankreich eingeführtes Exemplar von Aspicarpa wirklich getan, so würde in der Tat eine große und plötzliche Umwandlung in der Natur der Pflanze eintreten. Zwei verschiedene Organe verrichten zuweilen miteinander einerlei Dienste in demselben Individuum, wie es z. B. Fische gibt mit Kiemen, womit sie die im Wasser verteilte Luft einatmen, während sie zu gleicher Zeit atmosphärische Luft mit ihrer Schwimmblase zu atmen im Stande sind, welche zu dem Ende durch einen Luftgang mit dem Schlund verbunden und innerlich von sehr gefäßreichen Zwischenwänden durchzogen ist (Lepidosiren). In diesem Fall kann leicht eines von beiden Organen verändert und so vervollkommnet werden, dass es immer mehr die ganze Arbeit allein übernimmt, während das andere entweder zu einer neuen Bestimmung übergeht oder gänzlich verkümmert. Das Beispiel von der Schwimmblase der Fische ist sehr belehrend, weil es uns die hochwichtige Tatsache zeigt, wie ein ursprünglich zu einem besonderen Zweck, zum Schwimmen nämlich, gebildetes Organ für eine ganz andere Verrichtung umgeändert werden kann, und zwar für die Atmung. Auch ist die Schwimmblase als ein Nebenbestandteil für das Gehörorgan mancher Fische mitverarbeitet worden, oder es ist (ich weiß nicht, welche Deutungsweise jetzt

Aus „Die Fahrt der Beagle“



27. April 1834

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as Flussbett wurde deutlich schmaler und mithin die Strömung schneller. Ihre Geschwindigkeit betrug hier sechs Knoten. Deswegen und aufgrund der zahlreichen großen kantigen Trümmer wurde das Schleppen der Boote gefährlich und mühsam. Heute habe ich einen Kondor geschossen. Er maß von einer Flügelspitze zur anderen achteinhalb Fuß, von Schnabel zu Schwanz vier. Es ist bekannt, dass dieser Vogel eine große geographische Verbreitung hat, da er an der Westküste Südamerikas von der Magellanstraße die Kordilleren entlang bis auf 8° nördlich des Äquators angetroffen wird. Der Steilhang nahe der Mündung des Rio Negro ist seine Nordgrenze an der patagonischen Küste, wohin sie von der großen zentralen Linie ihres Wohnraums in den Anden ungefähr vierhundert Meilen weit gewandert sind. Weiter südlich, zwischen den jähen Steilwänden an der Spitze von Port Desire, ist der Kondor nicht selten, allerdings suchen nur wenige Versprengte gelegentlich die Meeresküste auf. Häufiger besucht wird von diesen Vögeln eine Klifflinie nahe der Mündung des Santa Cruz, und ungefähr achtzig Meilen flussaufwärts, wo die Talseiten von steilen Basaltwänden gebildet werden, treten sie wieder auf. Demnach benötigt der Kondor offenbar steil abfallende Kliffs. In Chile durchstreifen sie im überwiegenden Teil des Jahres das tiefer gelegene Land nahe der Pazifikküste, und nachts schlafen mehrere von ihnen zusammen auf einem Baum; im Frühsommer hingegen ziehen sie sich in die unzugänglichsten Teile der inneren Kordilleren zurück, um dort in Frieden zu brüten. Hinsichtlich ihrer Fortpflanzung sagten mir Landleute in Chile, der Kondor baue keinerlei Nest, lege aber in den Monaten November und Dezember zwei große weiße Eier auf einem nackten Felsvorsprung ab. Es heißt, die jungen Kondore könnten ein volles Jahr nicht fliegen, und noch lange, nachdem sie es beherrschten, schliefen sie nachts und jagten am Tage mit ihren Eltern. Die alten Vögel leben im Allgemeinen als Paar, doch fand ich unter den Basaltwänden im Hinterland des Santa Cruz eine Stelle, wo sie zu Dutzenden verkehren müssen. Als ich unvermittelt an die Kante des Steilhangs trat, war es ein großartiges Schauspiel zu beobachten, wie zwischen zwanzig und dreißig dieser großen Vögel schwerfällig von ihrem Ruheplatz abflogen und in majestätischen Kreisen davonsegelten. Der Menge des Dungs auf diesen Felsen nach zu urteilen, müssen sie diese Wand lange schon zum Schlafen und Brüten genutzt haben. Wenn sie sich unten auf den Ebenen mit Aas vollgefressen haben, ziehen sie sich auf diese ihre Lieblingsfelsen zurück, um ihr Mahl zu verdauen. Demnach muss der Kondor wie auch der Gallinazo bis zu einem gewissen Grad als geselliger Vogel angesehen werden. In diesem Landstrich leben sie ausschließlich von den Guanakos, die eines natürlichen Todes gestorben oder, was häufiger vorkommt, von einem Puma getötet worden sind. Nach dem, was ich in Patagonien gesehen habe, glaube ich, dass sie ihre täglichen Ausflüge für gewöhnlich nicht auf größere Entfernung von ihrem üblichen Schlafplatz ausdehnen. Man kann die Kondore häufig in großer Höhe sehen, wie sie in den anmutigsten Kreisen über einem bestimmten Punkt aufsteigen. Manchmal tun sie dies gewiss nur zum Vergnügen, manchmal beobachten sie aber auch, wie der chilenische Landsmann einem erzählt, ein verendendes Tier oder den Puma, wie er seine Beute verzehrt. Wenn die Kondore abwärts gleiten und dann unversehens alle zusammen aufsteigen, dann weiß der Chilene, dass der Puma, der den Kadaver beobachtet hat, hervorgesprungen ist, um die Räuber zu vertreiben. Die Kondore fressen nicht nur Aas, sondern greifen häufig auch junge Ziegen und Lämmer an, weswegen die Schäferhunde abgerichtet sind, wenn sie über ihnen fliegen, hervorzulaufen, hinaufzublicken und heftig zu bellen. Die Chilenen töten und fangen sie in großer Zahl. Dabei geht man nach zwei Methoden vor; die eine ist, ein Aas in ein Gehege aus Stöcken mit einer Öffnung auf ebener Erde zu legen und, wenn die Kondore sich satt gefressen haben, zu Pferde zum Eingang zu galoppieren und sie so einzusperren: Denn wenn der Vogel keinen Platz zum Laufen hat, kann er seinem Körper nicht genügend Schwung geben, um sich von der Erde zu erheben. Die zweite Methode ist, die Bäume zu bezeichnen, auf denen sie, oftmals bis zu fünfen oder sechsen, zusammen schlafen, und dann nachts hinaufzuklettern und sie mit einer Schlinge zu fangen. Sie haben einen solch tiefen Schlaf, wie ich selbst schon gesehen habe, dass dies keine schwierige Aufgabe ist. In Valparaíso habe ich gesehen, wie ein lebender Kondor für sechs Pence verkauft wurde, der übliche Preis beträgt jedoch acht oder zehn Shilling. Einen hat man gebracht, der war mit einem Strick zusammengebunden und stark verletzt, doch kaum war die Schnur, womit sein Schnabel gesichert war, durchtrennt, machte er sich, obgleich Leute darum standen, gierig über ein Stück Aas her. In einem Garten in derselben Stadt wurden zwischen zwanzig und dreißig lebendig gehalten. Sie wurden nur einmal die Woche gefüttert, aber sie erschienen mir bei recht guter Gesundheit. Die chilenischen Landsleute behaupten, der Kondor lebe zwischen fünf und sechs Wochen ohne Nahrung und behalte noch seine Kraft. Ich kann nicht bestätigen, ob das wahr ist, doch es ist ein grausames Experiment, das sehr wahrscheinlich durchgeführt worden ist.

am allgemeinsten angenommen wird) ein Teil des Gehörorgans zur Ergänzung der Schwimmblase verwendet worden. Alle Physiologen geben zu, dass die Schwimmblase in Lage und Struktur »homolog« oder »ideal gleich« den Lungen höherer Wirbeltiere sei; daher die Annahme, natürliche Züchtung habe eine Schwimmblase in eine Lunge oder ein ausschließliches Atemorgan verwandelt, keinem großen Bedenken zu unterliegen scheint. Ich kann in der Tat kaum bezweifeln, dass alle Wirbeltiere mit echten Lungen auf dem gewöhnlichen Fortpflanzungsweg von einem alten unbekannten Urbild mit einem Schwimmapparat oder einer Schwimmblase herstammen. So mag man sich, wie ich aus Professor Owens interessanter Beschreibung dieser Teile entnehme, die sonderbare Tatsache erklären, wie es komme, dass jedes Teilchen von Speise und Trank, die wir zu uns nehmen, über die Mündung der Luftröhre weggleiten muss mit einiger Gefahr, in die Lungen zu fallen, der sinnreichen Einrichtung ungeachtet, wodurch der Kehldeckel geschlossen wird. Bei den höheren Wirbeltieren sind die Kiemen gänzlich verschwunden, aber die Spalten an den Seiten des Halses und der schlingenförmige Verlauf der Arterien scheinen in dem Embryo des Menschen noch ihre frühere Stelle anzudeuten. Doch wäre es begreiflich gewesen, wenn die jetzt gänzlich verschwundenen Kiemen durch natürliche Züchtung zu einem ganz anderen Zweck umgearbeitet worden wären; wie nach der Ansicht einiger Naturforscher, dass die Kiemen und Rückenschuppen gewisser Ringelwürmer mit den Flügeln und Flügeldecken der sechsfüßigen Insekten homolog sind, es wahrscheinlich wäre, dass Organe, die in sehr alter Zeit zur Atmung gedient haben, jetzt zu Flugorganen umgewandelt sind. Was den Übergang der Organe zu anderen Funktionen betrifft, ist es so wichtig, sich mit der Möglichkeit desselben vertraut zu machen, dass ich noch ein weiteres Beispiel anführen will. Die gestielten Rankenfüßer (Cirripedes) haben zwei kleine Hautfalten, von mir Eierzügel genannt, welche bestimmt sind, mittels einer klebrigen Absonderung die Eier zurückzuhalten, solange sie im Eiersack ausgebrütet werden. Diese Rankenfüßer haben keine Kiemen, indem die ganze Oberfläche des Körpers und Sackes mit Einschluss der kleinen Zügel zur Atmung dient. Die Balaniden oder sitzenden Cirripeden dagegen haben

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keine solchen Zügel, indem die Eier lose auf dem Grunde des Sackes in der wohl geschlossenen Schale liegen; aber sie haben große faltige Kiemen. Nun denke ich, wird niemand bestreiten, dass die Eierzügel der einen Familie homolog mit den Kiemen der anderen sind, wie sie denn auch in der Tat stufenweise ineinander übergehen. Daher bezweifle ich nicht, dass kleine Hautfalten, welche hier anfangs als Eierzügel gedient und in geringem Grad schon bei der Atmung mitgewirkt haben, durch natürliche Züchtung stufenweise in Kiemen verwandelt worden sind bloß durch Vermehrung ihrer Größe bei gleichzeitiger Verkümmerung der ihnen anhängenden Drüsen. Wären alle gestielten Cirripeden erloschen (und sie haben bereits mehr Vertilgung erfahren als die sitzenden): Wie hätten wir uns je denken können, dass die Atmungsorgane der Balaniden ursprünglich den Zweck gehabt hätten, die zu frühzeitige Ausführung der Eier aus dem Eiersack zu verhindern? Obwohl ich gemahnt habe, vorsichtig bei der Annahme zu sein, dass ein Organ nicht möglicherweise durch ganz allmähliche Übergänge gebildet worden sein könne, so gebe ich doch gerne zu, dass sehr schwierige Fälle vorkommen mögen, deren einige ich in meinem größeren Werk zu erörtern gedenke. Einen der schwierigsten bilden die geschlechtslosen Kerbtiere, die oft sehr abweichend sowohl von den Männchen als den fruchtbaren Weibchen ihrer Spezies gebildet sind, auf welchen Fall ich jedoch im nächsten Kapitel zurückkommen will. Die elektrischen Organe der Fische bieten einen anderen Fall von eigentümlicher Schwierigkeit dar; es ist unbegreiflich, durch welche Abstufungen die Bildung dieser wundersamen Organe bewirkt worden sein mag. Doch gleicht nach R. Owens u. a. Bemerkung ihre innerste Struktur ganz derjenigen gewöhnlicher Muskeln, und da unlängst gezeigt worden, dass Rochen ein dem elektrischen Apparat ganz analoges Organ besitzen, aber nach Matteuccis Versicherung keine Elektrizität entladen, so müssen wir gestehen, dass wir viel zu unwissend sind, um behaupten zu dürfen, dass kein Übergang irgendeiner Art möglich sei. Die elektrischen Organe bieten aber noch andere sehr ernstliche Schwierigkeiten dar. Wenn ein und dasselbe Organ in verschiedenen Gliedern einer Klasse und zumal mit sehr auseinandergehenden Gewohnheiten auftritt, so mag man seine Anwesenheit

in diesen Gliedern durch Erbschaft von einem gemeinsamen Stammvater und seine Abwesenheit in anderen durch Verlust infolge von Nichtgebrauch oder natürlicher Züchtung erklären. Hätte sich aber das elektrische Organ von einem alten damit versehen gewesenen Vorgänger auf jene Fische vererbt, so dürften wir erwarten, dass alle noch elektrischen Fische auch sonst in näherer Weise miteinander verwandt sind. Nun gibt aber die Paläontologie durchaus keine Veranlassung zu glauben, dass vordem die meisten Fische mit elektrischen Organen versehen gewesen seien, welche fast alle ihre Nachkommen eingebüßt hätten. Die Anwesenheit leuchtender Organe in einigen wenigen Insekten aus den mannigfaltigsten Familien und Ordnungen bietet einen damit gleichlaufenden schwierigen Fall dar. Man könnte deren noch mehr anführen, wie denn z. B. im Pflanzenreich die ganz eigentümliche Entwicklung einer Masse von

Pollenkörnern auf einem Fußgestell mit einer klebrigen Drüse an dessen Ende bei Orchis und bei Asclepias, zweien unter den Blütenpflanzen möglichst weit auseinanderstehenden Sippen, ganz die nämliche ist. Doch kann man bemerken, dass in solchen Fällen, wo zwei sehr verschiedene Arten mit anscheinend demselben anomalen Organ versehen sind, doch gewöhnlich einige Grundverschiedenheiten sich daran entdecken lassen. Ich möchte glauben, dass fast in gleicher Weise, wie zwei Menschen zuweilen unabhängig voneinander auf genau die nämliche Entdeckung verfallen sind, so habe auch die natürliche Züchtung, zum Besten eines jeden Wesens wirkend und von allen analogen Abänderungen Vorteil ziehend, zuweilen zwei Teile auf fast ganz gleiche Weise in zwei organischen Wesen modifiziert, welche ihrer Abstammung von einem nämlichen Stammvater nur wenig Gemeinsames in ihrer Organisation verdanken.

Falklandfuchs, eine endemische Art. Zutraulich und neugierig, als Darwin dort zu Besuch weilte, ist die Spezies heute ausgestorben. Aus The Zoology of the Voyage of the H.M.S. Beagle. SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

er einzige auf der Insel heimische Vierfüßer ist ein großer wolfartiger Fuchs (Canis antarcticus), der auf Ostwie West-Falkland vorkommt. Ich zweifle nicht daran, dass er eine eigene Art und auf diesen Archipel beschränkt ist, denn viele Robbenfänger, Gauchos und Indianer, welche diese Inseln besucht haben, versichern allesamt, ein solches Tier gebe es nirgendwo in Südamerika. Molina glaubte aufgrund einer Ähnlichkeit der Lebensweise, er sei mit seinem cul-peu identisch, aber ich habe beide gesehen, und sie sind völlig verschieden. Diese Wölfe sind nach Byrons Schilderung wegen ihrer Zahmheit und Neugierde, welche die Seeleute, die vor ihnen ins Wasser rannten, mit Wildheit verwechselten, gut bekannt. Bis zum heutigen Tage ist ihr Benehmen gleich geblieben. Man hat beobachtet, wie sie in ein Zelt gelaufen sind und einem schlafenden Seemann sogar ein Stück Fleisch unterm Kopf hervorgezogen haben. Die Gauchos haben sie auch häufig am Abend getötet, indem sie ihnen mit einer Hand ein Stück Fleisch hinhielten und in der anderen ein Messer bereit hatten, um gleich zuzustechen. Soweit mir bekannt ist, gibt es nirgendwo auf der Welt ein weiteres Beispiel einer so kleinen zerklüfteten Landmasse, fern von jedem Kontinent, die einen so großen, ganz eigenen heimischen Vierfüßer aufweist. Ihre Zahl hat rapide abgenommen; schon sind sie von jener Hälfte der Insel verschwunden, die östlich der Landenge zwischen St. Salvador Bay und Berkeley Sound liegt. Binnen sehr weniger Jahre, wenn diese Inseln regelrecht besiedelt sind, wird dieser Fuchs aller Wahrscheinlichkeit nach genau wie der Dodo als ein Tier eingestuft werden, das vom Angesicht der Erde verschwunden ist. Obwohl es in vielen Fällen sehr schwer zu erraten ist, durch welche Übergänge die Organe zu ihrer jetzigen Beschaffenheit gelangt sind, so bin ich doch, in Betracht der sehr geringen Anzahl noch lebender und bekannter gegenüber den untergegangenen und unbekannten Formen, sehr darüber erstaunt gewesen zu finden, wie selten ein Organ vorkommt, zu welchem nicht einige Übergangsstufen führten. Die Wahrheit dieser Bemerkung ist schon in der alten obwohl etwas übertriebenen naturgeschichtlichen Regel »Natura non facit saltum« anerkannt. Wir finden dies in den Schriften fast aller erfahrener Naturforscher angenommen; Milne Edwards hat es mit den Worten ausgedrückt: Die Natur ist verschwenderisch in Abänderungen, aber geizig in Neuerungen. Wie sollte es nach der Schöpfungstheorie damit zugehen? Woher sollte es kommen, dass alle Teile und Organe so vieler unabhängiger Wesen, wenn jedes derselben für seinen eigenen Platz in der Natur erschaffen worden, doch durch ganz allmähliche Übergänge miteinander verkettet sind? Warum hätte die Natur nicht einen Sprung von der einen Organisation zur anderen gemacht? Nach der Theorie natürlicher Züchtung dagegen können wir es klar begreifen, weil diese sich nur ganz kleine allmähliche Abänderungen zu Nutzen macht; sie kann nie einen Sprung machen, sondern muss mit kürzesten und langsamsten Schritten voranschreiten.

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Organe von anscheinend geringer Wichtigkeit. – Da natürliche Züchtung auf Leben und Tod arbeitet, indem sie nämlich Individuen mit vorteilhaften Abänderungen erhält und solche mit ungünstigen Abweichungen der Organisation unterdrückt, so schien mir manchmal die Entstehung einfacher Teile sehr schwer zu begreifen, deren Wichtigkeit nicht genügend erscheint, um die Erhaltung immer weiter abändernder Individuen zu begründen. Diese Schwierigkeit, obwohl von ganz anderer Art, schien mir manchmal ebenso groß zu sein als die hinsichtlich so vollkommener und zusammengesetzter Organe wie die Augen. Erstens aber wissen wir viel zu wenig von dem ganzen Haushalt eines organischen Wesens, um sagen zu können, welche geringen Modifikationen für dasselbe wichtig sein können, und ich habe in einem früheren Kapitel Beispiele von sehr geringen Charakteren wie den Flaum der Früchte und die Farbe ihres Fleisches angeführt, welche, insofern als sie auf die Angriffe der Insekten von Einfluss sind oder mit der Empfindlichkeit der Wesen für äußere Einflüsse in Zusammenhang stehen, bei der natürlichen Züchtung gewiss mit in Betracht kommen. Der Schwanz der Giraffe sieht wie ein künstlich gemachter Fliegenwedel aus, und es scheint anfangs unglaublich, dass derselbe durch kleine aufeinanderfolgende Verbesserungen allmählich zur unbedeutenden

Bestimmung eines solchen Instrumentes hergerichtet worden sein solle. Doch hüten wir uns gerade in diesem Fall, uns allzu bestimmt auszusprechen, indem wir ja wissen, dass Dasein und Verbreitungsweise des Rindes und anderer Tiere in Südamerika unbedingt von deren Vermögen abhängt, den Angriffen der Insekten zu widerstehen; daher Individuen, welche einigermaßen mit Mitteln zur Verteidigung gegen diese kleinen Feinde versehen sind, geschickt wären, sich mit großem Vorteil über neue Weideplätze zu verbreiten. Nicht als ob große Säugetiere (einige seltene Fälle ausgenommen) jetzt durch Fliegen vertilgt würden; aber sie werden von ihnen so unausgesetzt ermüdet und geschwächt, dass sie Krankheiten, gelegentlichem Futtermangel und den Nachstellungen der Raubtiere in weit größerer Anzahl erliegen. Organe von jetzt unwesentlicher Bedeutung können den ersten Stammeltern zuweilen von hohem Wert gewesen und nach früherer langsamer Vervollkommnung in ungefähr demselben Zustand auf deren Nachkommen vererbt worden sein, obwohl deren nunmehriger Nutzen nur noch unbedeutend ist, während schädliche Abweichungen

von dem früheren Baue durch natürliche Züchtung fortdauernd gehindert werden. Wenn man beobachtet, was für ein wichtiges Organ des Ortswechsels der Schwanz für die meisten Wassertiere ist, so lässt sich seine allgemeine Anwesenheit und Verwendung zu mancherlei Zwecken bei so vielen Landtieren, welche durch modifizierte Schwimmblasen oder Lungen ihre Abstammung aus dem Wasser verraten, ganz wohl begreifen. Nachdem ein Wassertier einmal mit einem wohlentwickelten Steuerschwanz ausgestattet ist, kann derselbe später zu den mannigfaltigsten Zwecken umgearbeitet werden, zu einem Fliegenwedel, zu einem Greifwerkzeug oder zu einem Mittel schneller Wendung des Laufes, wie es beim Hund der Fall ist, obwohl dieses Hilfsmittel nur schwach sein mag, indem ja der Hase, fast ganz ohne Schwanz, sich rasch genug zu wenden im Stande ist. Zweitens: Dürften wir mitunter Charakteren eine große Wichtigkeit zutrauen, die ihnen in Wahrheit nicht zukommt, und welche von ganz sekundären Ursachen unabhängig von natürlicher Züchtung herrühren. Erinnern wir uns, dass Klima, Nahrung usw. wahrscheinlich einigen kleinen Einfluss auf die

Wieselkatze, besser bekannt als Jaguarundi, aus The Zoology of the Voyage of the H.M.S. Beagle. SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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Organisation haben; dass ältere Charaktere nach dem Gesetz der Rückkehr wieder zum Vorschein kommen; dass Wechselbeziehungen in der Entwicklung einen oft bedeutenden Einfluss auf die Abänderung verschiedener Gebilde äußern und endlich dass sexuelle Zuchtwahl oft wesentlich auf solche äußere Charaktere einer Tierart eingewirkt hat, welche dem mit anderen kämpfenden Männchen eine bessere Waffe oder einen besonderen Reiz in den Augen des Weibchens verliehen. Überdies mag eine aus den genannten Ursachen hervorgegangene Abänderung der Struktur anfangs oft ohne Wert für die Art gewesen sein, späterhin aber bei deren unter neue Lebensbedingungen versetzten und mit neuen Gewohnheiten versehenen Nachkommen an Bedeutung gewonnen haben. Ich will einige Beispiele zur Erläuterung dieser letzten Bemerkung anführen. Wenn es nur grüne Spechte gäbe und wir wüssten von schwarzen und bunten nichts, so würde ich mir zu sagen erlauben, dass die grüne Farbe eine schöne Anpassung und dazu bestimmt sei, diese an den Bäumen herumkletternden Vögel vor den Augen ihrer Feinde zu verbergen, dass es mithin ein für die Spezies wichtiger und durch natürliche Züchtung erlangter Charakter sei; so aber, wie sich die Sache verhält, rührt die Färbung zweifelsohne von einer ganz anderen Ursache und wahrscheinlich von geschlechtlicher Zuchtwahl her. Eine kletternde Bambusart im Malaiischen Archipel steigt bis zu den höchsten Baumgipfeln empor mit Hilfe ausgezeichneter Ranken, welche büschelweise an den Enden der Zweige befestigt sind, und diese Einrichtung ist zweifelsohne für die Pflanze von größtem Nutzen. Da wir jedoch fast ähnliche Ranken an vielen Pflanzen sehen, welche nicht klettern, so mögen dieselben auch beim Bambus von unbekannten Wachstumsgesetzen herrühren und von der Pflanze erst später, als sie noch sonstige Abänderung erfuhr und ein Kletterer wurde, zu ihrem Vorteil benützt und weiterentwickelt worden sein. Die nackte Haut am Kopf des Geiers wird gewöhnlich als eine unmittelbare Anbequemung des oft in faulen Kadavern damit wühlenden Tieres betrachtet; inzwischen müssen wir vorsichtig sein mit dieser Deutung, da ja auch die Kopfhaut des ganz säuberlich fressenden Truthahns nackt ist. Die Nähte an den Schädeln junger Säugetiere sind als eine schöne Anpassung zur

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Erleichterung der Geburt dargestellt worden, und ohne Zweifel begünstigen sie dieselbe oder sind sogar unentbehrlich; da aber auch solche Nähte an den Schädeln junger Vögel und Reptilien vorkommen, welche nur aus einem zerbrochenen Ei zu schlüpfen nötig haben, so dürfen wir schließen, dass diese Bildungsweise von den Wachstumsgesetzen herrühre und den höheren Wirbeltieren dann nur gelegentlich auf jene Weise nütze. Wir wissen ganz und gar nichts über die Ursachen, welche die kleinen Abänderungen veranlassen, und fühlen dies am meisten, wenn wir über die Verschiedenheiten unserer Haustierrassen in anderen Gegenden und zumal bei minder zivilisierten Völkern nachdenken, welche sich nicht mit planmäßiger Züchtung befassen. Sorgfältige Beobachter sind der Überzeugung, dass ein feuchtes Klima den Haarwuchs befördere und dass Horn mit Haar in gleicher Beziehung stehe. Gebirgsrassen sind überall von Niederungsrassen verschieden, und Gebirgsgegenden werden wahrscheinlich auf die Hinterbeine und allenfalls auf das Becken wirken, sofern diese daselbst mehr in Anspruch genommen werden; nach dem Gesetz homologer Variation werden dann auch die vorderen Gliedmaßen und wahrscheinlich der Kopf mit betroffen werden. Auch dürfte die Form des Beckens der Mutter durch Druck auf die Kopfform des Jungen in ihrem Leibe wirken. Wahrscheinlich vermehrt auch die schwierigere Atmung in hohen Gebirgen die Weite des Brustkastens, und dies nicht ohne Einfluss auf noch andere Teile. In verschiedenen Gegenden haben auch die von Wilden gehaltenen Haustiere um ihr eignes Dasein zu kämpfen und mögen daher bis zu gewissem Grad noch natürlicher Züchtung unterliegen. Daher denn Individuen mit abweichender Konstitution in anderen Klimaten besser fortkommen werden; nun dürften aber Konstitution und Färbung in Wechselbeziehung miteinander stehen. Ein guter Beobachter versichert, dass der Grad, in welchem das Rind von Fliegen leidet, sowie der Gefahr seiner Vergiftung durch gewisse Pflanzen von dessen Färbung abhänge; daher denn Färbung den Einfluss natürlicher Züchtung unterstützt. Wir haben aber viel zu wenig Erfahrung, um über die vergleichungsweise Wichtigkeit der verschiedenen bekannten und unbekannten Abänderungsgesetze Betrachtungen

Bildtafel mit zwei verschiedenen Nagetieren, aus The Zoology of the Voyage of the H.M.S. Beagle.

anzustellen, und ich habe hier deren nur erwähnt um zu zeigen, dass, wenn wir nicht im Stande sind, die charakteristischen Verschiedenheiten unserer kultivierteren Rassen zu erklären, welche doch allgemeiner Annahme zufolge durch gewöhnliche Fortpflanzung entstanden sind, wir auch unsere Unwissenheit über die genaue Ursache geringer analoger Verschiedenheiten zwischen Arten nicht zu hoch anschlagen dürfen. Ich möchte in dieser Beziehung die so scharf ausgeprägten Unterschiede zwischen den Menschenrassen anführen, über deren Entstehung sich vielleicht einiges Licht verbreiten ließe durch die Annahme einer sexuellen Züchtung eigener Art; doch würde es unnütz sein, dabei zu verweilen, indem ich mich hier nicht auf die zur Erläuterung nötigen Einzelheiten einlassen kann. Die voranstehenden Bemerkungen veranlassen mich auch, einige Worte über die neuerlich von mehreren Naturforschern eingelegte Verwahrung gegen die Nützlichkeitslehre zu sagen, nach welcher nämlich alle Einzelheiten der Bildung zum Vorteil ihres Besitzers da sein sollen. Dieselben sind der Meinung, dass sehr viele organische Gebilde nur der Mannigfaltigkeit wegen vorhanden seien oder um die Augen des Menschen zu ergötzen. Wäre diese Lehre richtig, so müsste sie meiner Theorie unbedingt verderblich werden. Doch gebe ich vollkommen zu, dass manche Bildungen von keinem unmittelbaren Nutzen für deren Besitzer sind. Die natürlichen Lebensbedingungen haben wahrscheinlich einigen geringen Einfluss auf die Organisation,

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

och so arm Patagonien in mancher Hinsicht ist, weist es vielleicht einen größeren Bestand an kleinen Nagern auf als jedes andere Land auf der Welt. Mehrere Mäusearten sind äußerlich von großen, dünnen Ohren und einem sehr feinen Fell gekennzeichnet. Diese kleinen Tiere schwärmen im Dickicht der Täler umher, wo sie monatelang außer dem Tau keinen Tropfen Wasser bekommen. Sie scheinen alle Kannibalen zu sein, denn kaum war eine Maus in eine meiner Fallen geraten, wurde sie sogleich von anderen gefressen.

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möge diese zu irgendetwas nützen oder nicht. Wechselbeziehungen in der Entwicklung haben zweifelsohne ebenfalls einen sehr großen Anteil, und die nützliche Abänderung eines Organs hat oft nutzlose Veränderungen auch in anderen Teilen veranlasst. So können auch Charaktere, welche vordem nützlich gewesen, oder welche durch Wechselbeziehung in der früheren Entwicklung oder durch ganz unbekannte Ursache entstanden, nach den Gesetzen der Rückkehr wieder zum Vorschein kommen, wenngleich sie keinen unmittelbaren Nutzen haben. Die Wirkungen der geschlechtlichen Züchtung, sofern sie in das Weibchen fesselnden Reizen beruhen, können nur in einem mehr gezwungenen Sinne nützlich genannt werden. Aber bei weitem die wichtigste Erwägung ist die, dass der Hauptteil der Organisation eines jeden Wesens einfach durch Erbschaft erworben ist, daher denn auch, obschon zweifelsohne jedes Wesen für seinen Platz im Haushalt der Natur ganz wohl gemacht sein mag, viele Bildungen keine unmittelbaren Beziehungen mehr zur Lebensweise der gegenwärtigen Spezies haben. So können wir kaum glauben, dass der Schwimmfuß des Fregattvogels oder der Landgans (Chloephaga maghellanica) diesen Vögeln von speziellem Nutzen sei; und wir können nicht annehmen, dass die nämlichen Knochen im Arme des Affen, im Vorderfuß des Pferdes, im Flügel der Fledermaus und im Ruder des Seehundes allen diesen Tieren einen speziellen Nutzen bringen. Wir mögen diese Bildungen getrost als Erbschaft ansehen; denn zweifelsohne sind Schwimmfüße dem Stammvater jener Gans und des Fregattvogels ebenso nützlich gewesen, als sie den meisten jetzt lebenden Wasservögeln sind. So dürfen wir vermuten, dass der Stammvater des Seehunds nicht einen Ruderfuß, sondern einen fünfzehigen Geh- oder Greiffuß besessen hat; wir dürfen ferner vermuten, dass die einzelnen von einem Stammvater ererbten Knochen in den Beinen des Affen, des Pferdes, der Fledermaus ihrem gemeinsamen Stammvater oder ihren Stammvätern vordem nützlicher gewesen sind, als sie jetzt diesen in ihrer Lebensweise so weit auseinandergehenden Tieren sind. Wir können daher annehmen, diese verschiedenen Knochen seien durch natürliche Züchtung entstanden, welche früher so wie jetzt den Gesetzen der Erblichkeit, der Rückkehr, der Wechselbeziehung in der Entwicklung usw. unter-

Manuskriptseite aus Darwins »Skizze« von 1842, seinem ersten Entwurf zur Evolutionstheorie. Er legte sie beiseite und veröffentlichte sie erst sechzehn Jahre später.

lagen. Daher man von jeder Einzelheit der Struktur in jedem lebenden Geschöpf (außer einigen geringen Zugeständnissen an den Einfluss der natürlichen äußeren Bedingungen) annehmen darf, sie sei einmal einem Vorfahren der Spezies von besonderem Nutzen gewesen, oder sie sei jetzt, entweder direkt oder durch verwickelte Wachstumsgesetze indirekt, ein besonderer Vorteil für die Abkömmlinge dieser Vorfahren. Natürliche Züchtung kann nicht wohl irgendeine Abänderung in einer Spezies bewirken, welche nur einer anderen Art zum ausschließlichen Vorteil gereichte, obwohl in der ganzen Natur eine Spezies ohne Unterlass von der Organisation einer anderen Nutzen zieht. Aber natürliche Züchtung kann auch oft hervorbringen und bringt oft in Wirklichkeit solche Gebilde hervor, die einer anderen Art zum unmittelbaren Nachteil gereichen, wie wir im Giftzahn der Otter und in der Legeröhre des Ichneumon sehen, welcher mit deren Hilfe seine Eier in den Körper anderer lebenden Insekten einführt. Ließe sich beweisen, dass irgendein Teil der Organisation einer Spezies zum ausschließlichen Besten einer anderen Spezies gebildet worden sei, so wäre meine Theorie vernichtet, weil eine solche Bildung nicht durch natürliche Züchtung bewirkt werden kann. Obwohl in naturhistorischen Schriften vielerlei Behauptungen in dieser Hinsicht aufgestellt werden, so kann ich doch keine darunter von einigem Gewichte finden. So gesteht man zu, dass die Klapperschlange einen Giftzahn zu ihrer eigenen Verteidigung und zur Tötung ihrer Beute besitze; aber einige Autoren unterstellen auch, dass sie ihre Klapper zu ihrem eigenen Nachteile erhalten habe, nämlich um ihre Beute zu warnen und zur Flucht zu veranlassen. Man könnte jedoch ebenso gut behaupten, die Katze mache die Wellenkrümmungen mit dem Ende ihres Schwanzes, wenn sie im Begriff einzuspringen ist, in der Absicht, um die bereits zum Tode verurteilte Maus zu warnen. Doch ich habe hier nicht Raum auf diese und andere Fälle noch weiter einzugehen. Natürliche Züchtung kann in keiner Spezies irgendetwas für dieselbe Schädliches erzeugen, indem sie ausschließlich nur durch und zu deren Vorteil wirkt. Kein Organ kann, wie Paley bemerkt, gebildet werden, um seinem Besitzer Qual und Schaden zu bringen.

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Eine genaue Abwägung zwischen dem Nutzen und Schaden, welchen ein jeder Teil verursacht, wird immer zeigen, dass er im Ganzen genommen vorteilhaft ist. Wird etwa in späterer Zeit bei wechselnden Lebensbedingungen ein Teil schädlich, so wird er entweder verändert, oder die Art geht zugrunde, wie ihrer Myriaden zugrunde gegangen sind. Natürliche Züchtung strebt jedes organische Wesen ebenso vollkommen oder ein wenig vollkommener als die übrigen Bewohner derselben Gegend zu machen, mit welchen dieselbe um sein Dasein zu ringen hat. Und wir sehen. dass dies der Grad von Vollkommenheit ist, welchen die Natur erstrebt. Die Neuseeland eigentümlichen Naturerzeugnisse sind vollkommen, eines mit den anderen verglichen; aber sie weichen jetzt rasch zurück vor den vordringenden Legionen aus Europa eingeführter Pflanzen und Tiere. Natürliche Züchtung wird keine absolute Vollkommenheit herstellen; auch begegnen wir, so viel sich beurteilen lässt, einer so hohen Stufe nirgends in der Natur. Die Verbesserung für die Abweichung des Lichtes ist, wie ein ausgezeichneter Gewährsmann erklärt, selbst in dem vollkommensten aller Organe, dem Auge, noch nicht vollständig. Wenn uns unsere Vernunft zu begeisterter Bewunderung einer Menge unnachahmlicher Einrichtungen in der Natur auffordert, so lehrt uns auch diese nämliche Vernunft, dass wir leicht nach beiden Seiten irren können, indem andere Einrichtungen weniger vollkommen sind. Wir können nie den Stachel der Wespe oder Biene als vollkommen betrachten, der, wenn er einmal gegen die Angriffe von mancherlei Tieren angewandt worden, den unvermeidlichen Tod seines Besitzers bewirken muss, weil er seiner Widerhaken wegen nicht mehr aus der Wunde, die er gemacht hat, zurückgezogen werden kann, ohne die Eingeweide des Insekts nach sich zu ziehen. Nehmen wir an, der Stachel der Biene habe bei einer sehr frühen Stammform bereits als Bohr- und Sägewerkzeug bestanden, wie es häufig bei anderen Gliedern der Hymenopteren-Ordnung vorkommt, und sei für seine gegenwärtige Bestimmung mit dem ursprünglich zur Hervorbringung von GallenAuswüchsen bestimmten Gift umgeändert, aber nicht zugleich verbessert worden, so können wir vielleicht begreifen, warum der Gebrauch dieses Stachels so oft des Insektes eigenen Tod veranlasst; denn wenn das

Vermögen zu stechen der ganzen Bienengemeinde nützlich ist, so mag er allen Anforderungen der natürlichen Züchtung entsprechen, obwohl seine Beschaffenheit den Tod der einzelnen Individuen veranlasst, die ihn anwenden. Wenn wir über das wirklich wunderbar scharfe Witterungsvermögen erstaunen, mit dessen Hilfe manche Männchen ihre Weibchen ausfindig zu machen im Stande sind, können wir dann auch die für diesen einen Zweck bestimmte Hervorbringung von Tausenden von Drohnen bewundern, welche, der Gemeinde für jeden anderen Zweck gänzlich nutzlos, bestimmt sind, zuletzt von ihren arbeitenden, aber unfruchtbaren Schwestern umgebracht zu werden? Es mag schwer sein, aber wir müssen den wilden instinktmäßigen Hass der Bienenkönigin bewundern, welcher sie beständig drängt, die jungen Königinnen, ihre Töchter, augenblicklich nach ihrer Geburt zu töten oder selbst in dem Kampf zugrunde zu gehen; denn unzweifelhaft ist dies zum Besten der Gemeinde, und mütterliche Liebe oder mütterlicher Hass, obwohl dieser letzte glücklicherweise viel seltener ist, gilt dem unerbittlichen Prinzip natürlicher Züchtung völlig gleich. Wenn wir die verschiedenen sinnreichen Einrichtungen vergleichen, vermöge welcher die Blüten der Orchideen und mancher anderen Pflanzen vermittels Insektentätigkeit befruchtet werden, wie können wir dann die Anordnung bei unseren Nadelhölzern als gleich vollkommene ansehen, vermöge welcher große und dichte Staubwolken von Pollen hervorgebracht werden müssen, damit einige Körnchen davon durch einen günstigen Lufthauch dem Ei’chen zugeführt werden mögen? Zusammenfassung des Kapitels. – Wir haben in diesem Kapitel gewisse Schwierigkeiten und Einwendungen erörtert, welche sich meiner Theorie entgegenstellen. Einige derselben sind sehr ernster Art; doch glaube ich, dass durch ihre Erörterung einiges Licht über mehrere Tatsachen verbreitet worden ist, welche dagegen nach der Theorie der unabhängigen Schöpfungsakte ganz dunkel bleiben würden. Wir haben gesehen, dass Arten zu irgendwelcher Zeit nicht ins Endlose abändern können und nicht durch zahllose Übergangsformen untereinander zusammenhängen, teils weil der Prozess natürlicher Züchtung immer sehr langsam ist und jederzeit nur auf sehr wenige Formen wirkt, und teils weil gerade

der Prozess natürlicher Züchtung auch meistens die fortwährende Ersetzung und Erlöschung vorhergehender und mittlerer Abstufungen schon in sich schließt. Nahe verwandte Arten, welche jetzt auf einer zusammenhängenden Fläche wohnen, mögen oft gebildet worden sein, als die Fläche noch nicht zusammenhängend war und die Lebensbedingungen nicht unmerkbar von einer Stelle zur anderen abänderten. Wenn zwei Varietäten an zwei Stellen eines zusammenhängenden Gebietes sich bildeten, so wird oft auch eine mittlere Varietät für eine mittlere Zone entstanden sein; aber aus angegebenen Gründen wird die mittlere Varietät gewöhnlich in geringerer Anzahl als die zwei durch sie verbundenen Abänderungen vorhanden gewesen sein, welche mithin im Verlaufe weiterer Umbildung sich durch ihre größere Anzahl in entschiedenem Vorteil vor den anderen befanden und mithin gewöhnlich auch im Stande waren, sie zu ersetzen und zu vertilgen. Wir haben in diesem Kapitel gesehen, wie vorsichtig man sein muss zu schließen, dass die verschiedenartigsten Gewohnheiten des Lebens nicht ineinander übergehen können, dass eine Fledermaus z. B. nicht etwa auf dem Weg natürlicher Züchtung entstanden sein könne von einem Tier, welches bloß durch die Luft zu gleiten im Stande war. Wir haben gesehen, dass eine Art unter veränderten Lebensbedingungen ihre Gewohnheiten ändern oder vervielfältigen und manche Sitten annehmen kann, die von denen ihrer nächsten Verwandten abweichen. Daraus können wir begreifen, wenn wir uns zugleich erinnern, dass jedes organische Wesen gedrängt wird zu leben, wo es immer leben kann, wie es zugegangen ist, dass es Landgänse mit Schwimmfüßen, am Boden lebende Spechte, tauchende Drosseln und Sturmvögel mit den Sitten der Alke gibt. Obwohl die Meinung, dass ein so vollkommenes Organ, als das Auge ist, durch natürliche Züchtung hervorgebracht werden könne, mehr als genügt, um jeden wankend zu machen, so ist doch keine logische Unmöglichkeit vorhanden, dass irgendein Organ unter veränderlichen Lebensbedingungen durch eine lange Reihe von Abstufungen in seiner Zusammensetzung, deren jede dem Besitzer nützlich ist, endlich jeden begreiflichen Grad von Vollkommenheit auf dem Weg natürlicher Züchtung erlange. In Fällen, wo wir keine Zwischenzustände kennen, müssen wir uns SCH WIE RIGKE ITE N DER THEORIE

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wohl zu schließen hüten, dass solche niemals bestanden hatten; denn die Homologien vieler Organe und ihre Zwischenstufen zeigen, dass wunderbare Veränderungen in ihren Verrichtungen wenigstens möglich sind. So ist z. B. eine Schwimmblase offenbar in eine luftatmende Lunge verwandelt worden. Übergänge müssen namentlich oft in hohem Grade erleichtert worden sein da, wo ein und dasselbe Organ mehrere sehr verschiedene Verrichtungen zugleich zu besorgen hatte und dann nur für eine von beiden Verrichtungen allein noch besser hergestellt zu werden brauchte, und da, wo gleichzeitig zwei sehr verschiedene Organe an derselben Funktion teilnahmen und das eine mit Unterstützung des anderen sich weiter vervollkommnen konnte. Wir sind in Bezug auf die meisten Fälle viel zu unwissend, um behaupten zu dürfen, dass ein Teil oder Organ für das Gedeihen einer Art unwesentlich sei, und dass Abänderungen seiner Bildung nicht durch natürliche Züchtung mittels langsamer Häufung haben bewirkt werden können. Doch dürfen wir zuversichtlich annehmen, dass viele Abänderungen gänzlich nur von den Wachstumsgesetzen veranlasst und, anfänglich ohne allen Nutzen für die Art, später zum Vorteil weiter umgeänderter Nachkommen dieser Art verwendet worden sind. Wir dürfen ferner glauben, dass ein für frühere Formen hochwichtiger Teil auch von späteren Formen (wie der Schwanz eines Wassertieres von den davon abstammenden Landtieren) beibehalten worden ist, obwohl er für dieselben so unwichtig erscheint, dass er in seinem jetzigen Zustand nicht durch natürliche Züchtung erworben sein könnte, indem diese Kraft nur auf die Erhaltung solcher Abänderungen gerichtet ist, welche im Kampf ums Dasein nützlich sind. Natürliche Züchtung erzeugt bei keiner Spezies etwas, das zum ausschließlichen Nutzen oder Schaden einer anderen wäre; obwohl sie Teile, Organe und Exkretionen herstellen kann, die, wenn auch für andere sehr nützlich und sogar unentbehrlich oder in hohem Grade verderblich, doch in allen Fällen zugleich nützlich für den Besitzer sind. Natürliche Züchtung muss in jeder wohlbevölkerten Gegend infolge hauptsächlich der Mitbewerbung der Bewohner untereinander notwendig auf Verbesserung oder Kräftigung für den Kampf ums Dasein hinwirken, doch lediglich nach dem für diese Gegend gültigen Maßstab. Daher die

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Bewohner einer, und zwar gewöhnlich der kleineren, Gegend oft vor denen einer anderen und gemeiniglich größeren zurückweichen müssen. Denn in der größeren Gegend werden mehr Individuen und mehr differenzierte Formen existiert haben, wird die Mitbewerbung stärker gewesen und mithin das Ziel der Vervollkommnung höher gesteckt gewesen sein. Natürliche Züchtung wird nicht notwendig absolute Vollkommenheit hervorbringen, und diese ist auch, so viel wir mit unseren beschränkten Fähigkeiten zu beurteilen vermögen, nirgends zu finden. Nach der Theorie der natürlichen Züchtung lässt sich die ganze Bedeutung des alten Glaubenssatzes in der Naturgeschichte »Natura non facit saltum« verstehen. Dieser Satz ist, wenn wir nur die jetzigen Bewohner der Erde berücksichtigen, nicht ganz richtig, muss aber nach meiner Theorie vollkommen wahr sein, wenn wir alle Wesen vergangener Zeiten mit einschließen. Es ist allgemein anerkannt, dass alle organischen Wesen nach zwei großen Gesetzen gebildet worden sind: Einheit des Typus und Anpassung an die Existenzbedingungen. Unter Einheit des Typus begreift man die Übereinstimmung im Grundplan des Baues, wie wir ihn bei den Wesen eines Unterreiches finden, und welcher ganz unabhängig von ihrer Lebensweise ist. Nach meiner Theorie erklärt sich die Einheit des Typus aus der Einheit der Abstammung. Die Anpassung an die Lebensbedingungen, so oft von dem berühmten Cuvier in Anwendung gebracht, ist in meinem Prinzip der natürlichen Züchtung vollständig mit inbegriffen. Denn die natürliche Züchtung wirkt nur insofern, als sie die veränderlichen Teile eines jeden Wesens seinen organischen und unorganischen Lebensbedingungen entweder jetzt anpasst oder in längst vergangenen Zeitperioden angepasst hat. Diese Anpassungen können in manchen Fällen durch Gebrauch und Nichtgebrauch unterstützt, durch direkte Einwirkung äußerer Lebensbedingungen modifiziert werden und sind in allen Fällen den verschiedenen Entwicklungsgesetzen unterworfen. Daher ist denn auch das Gesetz der Anpassung an die Lebensbedingungen in der Tat das höhere, indem es vermöge der Erblichkeit früherer Anpassungen das der Einheit des Typus mit in sich begreift.

Captain Fitzroys Bericht über die Fahrt der Beagle. Jener von Darwin, voller großäugiger Beobachtungen, verkaufte sich besser.

S i e be n t e s Ka p i t e l



Instinkt

Instinkte vergleichbar mit Gewohnheiten, doch anderen Ursprungs – Abstufungen – Blattläuse und Ameisen – Instinkte veränderlich – Instinkte gezähmter Tiere und deren Entstehung – Natürliche Instinkte des Kuckucks, des Straußes und der parasitischen Bienen – Sklavenmachende Ameisen – Honigbienen und ihr Zellenbauinstinkt – Schwierigkeiten der Theorie natürlicher Züchtung in Bezug auf Instinkt – Geschlechtslose oder unfruchtbare Insekten – Zusammenfassung.

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er Instinkt hätte wohl noch in den vorigen Kapiteln mit abgehandelt werden sollen; doch habe ich

es für angemessener erachtet, den Gegenstand abgesondert zu behandeln, zumal ein so wunderbarer Instinkt, wie es der der zellenbauenden Bienen ist, wohl manchem Leser eine genügende Schwierigkeit geschienen haben mag, um meine Theorie über den Haufen zu werfen. Ich muss vorausschicken, dass ich nichts mit dem Ursprung der geistigen Grundkräfte noch mit dem des Lebens selbst zu schaffen habe. Wir haben es nur mit der Verschiedenheit des Instinkts und der übrigen geistigen Fähigkeiten der Tiere in einer und der nämlichen Klasse zu tun. Ich will keine Definition des Wortes zu geben versuchen. Es würde leicht sein zu zeigen, dass gewöhnlich ganz verschiedene geistige Fähigkeiten unter diesem Namen begriffen werden. Doch weiß jeder, was damit gemeint ist, wenn ich sage, der Instinkt veranlasse den Kuckuck, zu wandern und seine Eier in fremde Nester zu legen. Wenn eine Handlung, zu deren Vollziehung selbst von unserer Seite Erfahrung vorausgesetzt wird, von Seiten eines Tieres und besonders eines sehr jungen Tieres noch ohne alle Erfahrung ausgeübt wird, und wenn sie auf gleiche Weise von vielen Tieren erfolgt, ohne dass diese ihren Zweck kennen, so wird sie gewöhnlich eine instinktive Handlung genannt. Ich könnte jedoch zeigen, dass keiner von diesen Charakteren des Instinkts allgemein ist. Eine kleine Dosis von Urteil oder Verstand, wie Pierre Huber es ausdrückt, kommt oft mit ins Spiel, selbst bei Tieren, welche sehr tief auf der Stufenleiter der Natur stehen.

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Georges Cuvier (1769–1832). französischer Zoologe und Paläontologe, bei einem Vortrag im Muséum National d’Histoire Naturelle. Er war kein Evolutionist, führte aber eine wichtige Idee ein: dass Arten aussterben können und dass dies bereits vielen widerfahren war.

Cuvier schrieb in seinem Discours über globale Umwälzungen das Artensterben Katastrophen zu, eine Ansicht, die sich von Lyells und Darwins Gradualismus unterschied.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin, text von Francis

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ch werde hier aus seinem ersten Notizbuch zitieren, das von Juli 1837 bis Februar 1838 geht. Dies ist umso lehrreicher, als es uns einen Einblick in den Stand von Charles [Darwins] Denken gibt, bevor er Malthus gelesen hat.

»Cuvier widerspricht der Vermehrung von Arten, indem er sagt, warum wurden bei Paläotherium, Megalonyx, Mastodon und den heute lebenden Spezies keine Zwischenformen entdeckt? Nun, meiner Ansicht nach dürfte der Urahn aller Armadillos ([Gürteltiere] in S.-Amerika) der Bruder von Megatherium sein – Onkel nun tot.« »Die Gegner werden behaupten – ›zeigen Sie sie mir‹. Ich werde antworten: Ja, wenn Sie mir jeden Schritt zwischen Bulldogge und Windhund zeigen.« »Es ist eine wunderbare Tatsache, dass Pferd, Elefant und Mastodon ungefähr zur gleichen Zeit in so unterschiedlichen Gegenden ausgestorben sind.« »Wird Mr Lyell sagen, dass irgendein (ein und derselbe?) Umstand es über ein Gebiet von Spanien bis Südamerika vernichtete? – (Niemals.)« »Sie sterben, ohne dass sie sich verändern, wie GoldenPippin-Äpfel; eine GENERATION VON ARTEN ist wie eine Generation von INDIVIDUEN.«

Frédéric Cuvier und verschiedene ältere Metaphysiker haben Instinkt mit Gewohnheit verglichen. Diese Vergleichung scheint mir eine sehr genaue Nachweisung von den Schranken des Geistes zu geben, innerhalb welcher die Handlung vollzogen wird, aber nicht von ihrem Ursprung. Wie unbewusst werden manche unserer Handlungen vollzogen, ja nicht selten in geradem Gegensatz mit unserem bewussten Willen! Doch können sie durch den Willen oder Verstand abgeändert werden. Gewohnheiten verbinden sich leicht mit anderen Gewohnheiten oder mit gewissen Zeitabschnitten und Zuständen

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»Warum stirbt das Individuum? Um bestimmte Besonderheiten fortbestehen zu lassen (folglich Anpassung) und zufällige Varietäten auszulöschen und sich selbst an die Veränderung zu gewöhnen (denn natürlich ist die Veränderung, sogar bei Varietäten, Gewöhnung). Jetzt gilt dieses Argument für Arten.« »Wenn das Individuum sich nicht fortpflanzen kann, hat es keine Nachkommen – genauso die Arten.« »Wenn SPEZIES andere SPEZIES hervorbringen, ist ihre Rasse nicht völlig dahin – wie die Golden-Pippin-Äpfel, wenn sie aus Samen hervorgehen, weiter wachsen –, anderenfalls sterben alle ab.« »Das urzeitliche Pferd brachte, in Südafrika, das Zebra hervor – und bestand, obwohl dann dort ausgestorben, in Amerika fort.« »Alle Tiere derselben Spezies sind genau wie die Knospen von Pflanzen, die zu ein und derselben Zeit sterben, obwohl sie früher oder später erzeugt wurden, aneinander gebunden. Weise nach, dass Tiere wie Pflanzen sind – zeichne die Abstufung zwischen assoziierten und nichtassoziierten Tieren nach –, und die Geschichte wird zu Ende sein.«

des Körpers. Einmal angenommen, erhalten sie sich oft lebenslänglich. Es ließen sich noch manche andere Ähnlichkeiten zwischen Instinkten und Gewohnheiten nachweisen. Wie bei Wiederholung eines wohlbekannten Gesangs, so folgt auch beim Instinkt eine Handlung auf die andere durch eine Art Rhythmus. Wenn jemand beim Gesang oder bei Hersagung auswendig gelernter Worte unterbrochen wird, so ist er gewöhnlich genötigt, wieder etwas zurückzugehen, um den Gedankengang wiederzufinden. So sah es P. Huber auch bei einer Raupenart, wenn sie beschäftigt war, ihr sehr zusammengesetztes

Gewebe zu fertigen; nahm er sie heraus, nachdem dieselbe z. B. das letzte Sechstel vollendet hatte, und setzte er sie in ein anderes nur bis zum dritten Sechstel vollendetes, so fertigte sie einfach den dritten, vierten und fünften Teil nochmals mit dem sechsten an. Nahm er sie aber aus einem z. B. bis zum dritten Teil vollendeten Gewebe und setzte sie in ein bis zum sechsten Teil fertiges, sodass sie ihre Arbeit schon größtenteils getan fand, so war sie sehr entfernt, diesen Vorteil zu fühlen, und fing in großer Befangenheit über diesen Stand der Sache die Arbeit nochmals vom dritten Stadium an, da, wo sie solche in ihrem eigenen Gewebe verlassen hatte, und suchte von da aus, das schon fertige Werk zu Ende zu führen. Wenn sich nun, wie ich in einigen Fällen es zu können glaube, nachweisen ließe, dass eine durch Gewohnheit angenommene Handlungsweise auch auf die Nachkommen vererblich sei, so würde das, was ursprünglich Gewohnheit war, von Instinkt nicht mehr unterscheidbar sein. Wenn Mozart, statt in einem Alter von drei Jahren das Pianoforte mit wundervoller kleiner Fertigkeit zu spielen, ohne alle vorgängige Übung eine Melodie angestimmt hätte, so könnte man mit Wahrheit sagen, er habe dies instinktmäßig getan. Es würde aber ein sehr ernster Irrtum sein,

anzunehmen, dass die Mehrzahl der Instinkte durch Gewohnheit schon während einer Generation erworben und dann auf die nachfolgenden Generationen vererbt worden sei. Es lässt sich genau nachweisen, dass die wunderbarsten Instinkte, die wir kennen, wie die der Korbbienen und vieler Ameisen, unmöglich in solcher Frist erworben worden sein können. Man gibt allgemein zu, dass für das Gedeihen einer jeden Spezies in ihren jetzigen Existenzverhältnissen Instinkte ebenso wichtig sind als die Körperbildung. Ändern sich die Lebensbedingungen einer Spezies, so ist es wenigstens möglich, dass auch geringe Änderungen in ihrem Instinkt für sie nützlich sein würden. Wenn sich nun nachweisen lässt, dass Instinkte, wenn auch noch so wenig, variieren, dann kann ich keine Schwierigkeit für die Annahme sehen, dass natürliche Züchtung auch geringe Abänderungen des Instinkts erhalte und durch beständige Häufung bis zu einem vorteilhaften Grad vermehre. So dürften, wie ich glaube, alle und auch die zusammengesetztesten und wunderbarsten Instinkte entstanden sein. Wie Abänderungen im Körperbau durch Gebrauch und Gewohnheit veranlasst und verstärkt, dagegen durch Nichtgebrauch verringert und ganz eingebüßt werden können, so ist es zweifelsohne auch mit den

Seelöwen beim Sonnenbaden am Strand von Santa Fe, einer Galapagosinsel. INS TINKT

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Instinkten. Ich glaube aber, dass die Wirkungen der Gewohnheit von ganz untergeordneter Bedeutung sind gegenüber den Wirkungen natürlicher Züchtung auf sogenannte zufällige Abänderungen des Instinkts, d. h. auf Abänderungen infolge unbekannter Ursachen, welche geringe Abweichungen in der Körperbildung veranlassen. Kein zusammengesetzter Instinkt kann durch natürliche Züchtung anders als durch langsame und stufenweise Häufung vieler geringer und nutzbarer Abänderungen hervorgebracht werden. Hier müssten wir, wie bei der Körperbildung, in der Natur zwar nicht die wirklichen Übergangsstufen, die der zusammengesetzte Instinkt bis zu seiner jetzigen Vollkommenheit durchlaufen hat und welche bei jeder Art nur in ihrem Vorgänger gerader Linie zu entdecken sein würden, wohl aber einige Spuren solcher Abstufungen in den Seitenlinien von gleicher Abstammung finden, oder wenigstens nachweisen können, dass irgendwelche Abstufungen möglich sind; und dazu sind wir gewiss im Stande. Obwohl indessen die Instinkte fast nur in Europa und Nordamerika lebender Tiere näher beobachtet worden und die der untergegangenen Tiere uns ganz unbekannt sind, so war ich doch erstaunt zu finden, wie ganz allgemein sich Abstufungen bis zu den Instinkten der zusammengesetztesten Art entdecken lassen. Instinktänderungen mögen zuweilen dadurch erleichtert werden, dass eine und dieselbe Spezies verschiedene Instinkte in verschiedenen Lebensperioden oder Jahreszeiten besitzt oder dass sie unter andere äußere Lebensbedingungen versetzt wird, in welchen Fällen dann wohl entweder nur der eine oder nur der andere durch natürliche Züchtung erhalten werden wird. Beispiele von solcher Verschiedenheit des Instinktes lassen sich in der Natur nachweisen. Nun ist, wie bei der Körperbildung, auch meiner Theorie gemäß der Instinkt einer jeden Art nützlich für diese und, so viel wir wissen, niemals zum ausschließlichen Nutzen anderer Arten vorhanden. Eines der triftigsten Beispiele, die ich kenne, von Tieren, welche anscheinend zum bloßen Besten anderer etwas tun, liefern die Blattläuse, indem sie freiwillig den Ameisen ihre süßen Exkretionen überlassen. Dass sie dies freiwillig tun, geht aus folgenden Tatsachen hervor. Ich entfernte alle Ameisen

210 · SIE BE NT E S K AP IT EL

von einer Gruppe von etwa zwölf Aphiden auf einer Ampfer-Pflanze und hinderte ihr Zusammenkommen einige Stunden lang. Nach dieser Zeit nahm ich wahr, dass die Blattläuse das Bedürfnis der Exkretion hatten. Ich beobachtete sie eine Zeitlang durch eine Lupe: aber nicht eine gab eine Exkretion von sich. Darauf streichelte und kitzelte ich sie mit einem Haare auf dieselbe Weise, wie es die Ameisen mit ihren Fühlern machen, aber keine Exkretion erfolgte. Nun ließ ich eine Ameise zu, und aus ihrem Widerstreben, sich von den Blattläusen zurücktreiben zu lassen, schien hervorzugehen, dass sie augenblicklich erkannt hatte, welch ein reicher Genuss ihrer harre. Sie begann dann mit ihren Fühlern den Hinterleib erst einer und dann einer anderen Blattlaus zu betasten, deren jede, sowie sie die Berührung des Fühlers empfand, sofort den Hinterleib in die Höhe richtete und einen klaren Tropfen süßer Flüssigkeit ausschied, der alsbald von der Ameise eingesogen wurde. Selbst ganz junge Blattläuse, auf diese Weise behandelt, zeigten, dass ihr Verhalten ein instinktives und nicht die Folge der Erfahrung war. Da aber die Aussonderung außerordentlich klebrig ist, so ist es wahrscheinlich für die Aphiden von Nutzen, dass sie entfernt werde; und so ist es denn auch mit dieser Exkretion wohl nicht auf den ausschließlichen Vorteil der Ameisen abgesehen. Obwohl ich nicht glaube, dass irgendein Tier in der Welt etwas zum ausschließlichen Nutzen einer anderen Art tut, so sucht doch jede Art Vorteil von den Instinkten anderer zu ziehen und hat Vorteil von der schwächeren Körperbeschaffenheit anderer. So können dann auch in einigen wenigen Fällen gewisse Instinkte nicht als ganz vollkommen betrachtet werden; was ich aber bis ins Einzelne auseinanderzusetzen hier unterlassen muss. Es sollten wohl möglich viele Beispiele angeführt werden, um zu zeigen, wie im Naturzustand ein gewisser Grad von Abänderung in den Instinkten und die Erblichkeit solcher Abänderungen zur Tätigkeit der natürlichen Züchtung unerlässlich ist; aber Mangel an Raum hindert mich, es zu tun. Ich kann bloß versichern, dass Instinkte gewiss variieren, wie z. B. der Wanderinstinkt nach Ausdehnung und

Rechts: Darwin mit einunddreißig Jahren. Er hatte jüngst geheiratet und war ein respektierter junger Naturforscher mit einer geheimen Theorie über die Evolution.



Aus der Autobiographie von Charles Darwin Von meiner Hochzeit am 29. Januar 1839 und der Zeit in der Upper Gower Street bis zu unserem Weggang aus London und unserem Einzug in Down am 14. September 1842.

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ährend der drei Jahre und acht Monate, in denen wir in London wohnten, schaffte ich weniger wissenschaftliche Arbeit als jemals sonst in einem vergleichbar langen Zeitabschnitt meines Lebens, obwohl ich so angestrengt wie nur irgend möglich gearbeitet habe. Dies war die Folge häufig wiederkehrenden Unwohlseins und einer langen schweren Krankheit. Den größten Teil meiner Zeit, die ich überhaupt zum Arbeiten nutzen konnte, widmete ich meinem Band über Korallenriffe, den ich vor meiner Heirat angefangen hatte und von dem der letzte Druckbogen am 6. Mai 1842 korrigiert wurde. Es war zwar ein kleines Buch, kostete mich aber zwanzig Monate harter Arbeit, weil ich alle Werke über die Inseln des Pazifiks zu lesen und viele Seekarten zu studieren hatte. Wissenschaftler haben sehr anerkennend darüber geurteilt und ich glaube, die darin aufgestellte Theorie ist jetzt sicher begründet. Kein anderes meiner Bücher ist in einem so planmäßig deduktiven Sinn begonnen worden, denn ich hatte mir die ganze Theorie schon an der Westküste Südamerikas ausgedacht, noch ehe ich ein echtes Korallenriff gesehen hatte. Daher blieb mir nur, meine Ansichten durch eine gründliche Untersuchung lebender Riffe zu verifizieren und auszudehnen. Dabei muss ich aber bemerken, dass ich während der zwei vorausgehenden Jahre meine Aufmerksamkeit unablässig auf die Wirkungen der intermittierenden Erhebung des Landes, in Verbindung mit Denudation und der Ablagerung von Sedimenten, auf die Küsten von Südamerika gerichtet hatte. Dies brachte mich zwangsläufig dazu, viel über die Wirkungen einer Senkung nachzudenken, und es war dann leicht, in der Phantasie die fortdauernde Ablagerung von Sedimenten durch das Emporwachsen der Korallen zu ersetzen. Indem ich das tat, formte ich meine Theorie von der Bildung der Barriereriffe und Atolle aus. Neben der Ausarbeitung meines Werks über Korallenriffe las ich während meines Aufenthalts in London vor der Geologischen Gesellschaft Aufsätze über die erratischen Findlingsblöcke von Südamerika, über Erdbeben und über die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Regenwürmer. Zudem setzte ich die Aufsicht über die Veröffentlichung der ›Zoology of the Voyage of the Beagle‹ fort. Auch habe ich niemals das Sammeln von Tatsachen, die für die Entstehung der Arten bedeutsam waren, unterbrochen; und ich konnte zuweilen daran arbeiten, wenn ich aus Krankheitsgründen nichts anderes tun konnte. Im Sommer 1842 war ich kräftiger als längere Zeit zuvor und machte für mich allein eine kleine Tour in Nordwales, um die Wirkungen der alten Gletscher zu beobachten, welche früher sämtliche größere Täler erfüllt hatten. Von dem, was ich gesehen hatte, habe ich eine kurze Schilderung im ›Philosophical Magazine‹ veröffentlicht. Dieser Ausflug war für mich von großem Interesse, und es war das letzte Mal, dass ich mich überhaupt stark genug fühlte, Berge zu ersteigen oder lange Wege zu gehen, wie es eben bei geologischen Arbeiten notwendig ist. Während der ersten Zeit unseres Lebens in London war ich kräftig genug, auch an allgemeiner Geselligkeit teilzunehmen, und sah da häufig mehrere Wissenschaftler und andere mehr oder weniger bedeutende Persönlichkeiten. Ich will meine Eindrücke von der einen oder anderen Begegnung schildern, obwohl ich nur wenig Mitteilenswertes zu sagen habe.

Richtung variieren oder auch ganz aufhören kann. So ist es mit den Nestern der Vögel, welche teils je nach der dafür gewählten Stelle, nach den Naturund Wärmeverhältnissen der bewohnten Gegend, aber auch oft aus ganz unbekannten Ursachen abändern. So hat Audubon einige sehr merkwürdige

Links: Emma (Wedgwood) Darwin (1808–1896) um die Zeit ihrer Eheschließung mit Charles, ihrem Cousin ersten Grades.

Fälle von Verschiedenheiten in den Nestern derselben Vogelarten, je nachdem sie im Norden oder im Süden der Vereinigten Staaten leben, mitgeteilt. Furcht vor irgendeinem besonderen Feind ist gewiss eine instinktive Eigenschaft, wie man bei den noch im Nest sitzenden Vögeln zu erkennen Gelegenheit hat, obwohl sie durch Erfahrung und durch die Wahrnehmung von Furcht vor demselben Feind bei anderen Tieren noch verstärkt wird. Tiere auf abgeleINS TINKT

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genen kleinen Eilanden fürchten sich nicht vor den Menschen und lernen, wie ich anderwärts gezeigt habe, ihn nur langsam fürchten; und so nehmen wir auch in England selbst wahr, dass die großen Vögel, weil sie von Menschen mehr verfolgt werden, sich viel mehr vor ihm fürchten als die kleinen. Wir können die stärkere Scheu großer Vögel getrost dieser Ursache zuschreiben, denn auf von Menschen unbewohnten Inseln sind die großen nicht scheuer als die kleinen; und die Elster, so furchtsam in England, ist in Norwegen ebenso zahm als die Krähe (Corvus cornix) in Ägypten. Dass die Gemütsart der Individuen einer Spezies im Allgemeinen, auch wenn sie in der freien Natur geboren sind, äußerst mannigfaltig ist, kann mit vielen Tatsachen belegt werden. Auch ließen sich bei einigen Arten Beispiele von zufälligen und fremdartigen Gewohnheiten anführen, die, wenn sie der Art nützlich wären, durch natürliche Züchtung zu ganz neuen Instinkten Veranlassung werden könnten. Ich weiß wohl, dass diese allgemeinen Behauptungen, ohne einzelne Tatsachen zum Belege, nur einen schwachen Eindruck auf den Geist des Lesers machen werden, kann jedoch nur meine Versicherung wiederholen, dass ich nicht ohne gute Beweise so spreche. Die Möglichkeit oder sogar Wahrscheinlichkeit, Abänderungen des Instinktes im Naturzustand zu vererben, wird durch Betrachtung einiger Fälle bei gezähmten Tieren noch stärker hervortreten. Wir werden dadurch auch zu sehen in den Stand gesetzt, welchen vergleichungsweisen Einfluss Gewöhnung und die Züchtung sogenannter zufälliger Abweichungen auf die Abänderung der Geistesfähigkeiten unserer Haustiere ausgeübt haben. Es lässt sich eine Anzahl sonderbarer und verbürgter Beispiele anführen von der Vererblichkeit aller Abschattungen der Gemütsart, des Geschmacks oder der Neigung zu den sonderbarsten Streichen in Verbindung mit Zeichen von Geist oder mit gewissen periodischen Bedingungen. Bekannte Belege dafür liefern uns die verschiedenen Hunderassen. So unterliegt es keinem Zweifel (und ich habe selbst einen schlagenden Fall der Art gesehen), dass junge Vorstehhunde zuweilen vor anderen Hunden anziehen, wenn sie das erste Mal mit hinausgenommen werden. So ist das Aufstöbern der Feldhühner gewiss oft erblich bei Hunden der vorzugsweise dazu gebrauchten Rasse, wie junge Schäferhunde geneigt

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sind, die Herde zu umkreisen, statt nebenherzulaufen. Ich kann nicht sehen, dass diese Handlungen wesentlich von denen des Instinktes verschieden sind; denn die jungen Hunde handeln ohne Erfahrung, einer fast wie der andere in derselben Rasse, und ohne den Zweck des Handelns zu kennen. Denn der junge Vorstehhund weiß noch ebenso wenig, dass er durch sein Stehen den Absichten seines Herrn dient, als der Kohlschmetterling weiß, warum er seine Eier auf ein Kohlblatt legt. Wenn wir eine Art Wolf sähen, welcher noch jung und ohne Abrichtung bei Witterung seiner Beute bewegungslos wie eine Bildsäule stehen bliebe und dann mit eigentümlicher Haltung langsam auf sie hinschliche, oder eine andere Art Wolf, welche, statt auf ein Rudel Hirsche zuzuspringen, dasselbe umkreiste und so nach einem entfernten Punkte triebe, so würden wir dieses Verhalten gewiss dem Instinkte zuschreiben. Zahme Instinkte, wie man sie nennen könnte, sind gewiss viel weniger fest und unveränderlich als die natürlichen; denn sie sind durch viel minder strenge Züchtung ausgeprägt und eine bei weitem kürzere Zeit hindurch unter minder steten Lebensbedingungen vererbt worden. Wie streng diese »zahmen Instinkte«, Gewohnheiten und Neigungen vererbt werden und wie wundersam sie sich zuweilen mischen, zeigt sich ganz wohl, wenn verschiedene Hunderassen miteinander gekreuzt werden. So ist eine Kreuzung mit Bullbeißern auf viele Generationen hinaus auf den Mut und die Beharrlichkeit des Windhundes von Einfluss gewesen; und eine Kreuzung mit dem Windhund hat auf eine ganze Familie von Schäferhunden die Neigung übertragen, Hasen zu verfolgen. Diese zahmen Instinkte, auf solche Art durch Kreuzung erprobt, gleichen natürlichen Instinkten, welche sich in ähnlicher Weise sonderbar miteinander verbinden, sodass sich auf lange Zeit hinaus Spuren des Instinkts beider Eltern erhalten. So beschreibt Le Roy einen Hund, dessen Großvater ein Wolf war; dieser Hund verriet die Spuren seiner wilden Abstammung nur auf eine Weise, indem er nämlich, wenn er von seinem Herrn gerufen wurde, nie in gerader Richtung auf ihn zukam. Zahme Instinkte werden zuweilen bezeichnet als Handlungen, welche bloß durch eine lang fortgesetzte und erzwungene Gewohnheit erblich werden; ich glaube aber, dass dies nicht richtig ist. Gewiss hat niemals jemand daran gedacht oder versucht,

St. Peter’s Church in Staffordshire, wo Charles und Emma am 29. Januar 1839 getraut wurden. der Purzeltaube das Purzeln zu lehren, was meines Wissens auch schon junge Tauben tun, welche nie andere purzeln gesehen haben. Man kann sich denken, dass einmal eine einzelne Taube Neigung zu dieser sonderbaren Bewegungsweise gezeigt habe und dass dann infolge sorgfältiger und lang fortgesetzter Züchtung aus ihr die Purzler allmählich das geworden, was sie jetzt sind; und wie ich von Herrn Brent vernehme, gibt es bei Glasgow Hauspurzler, welche nicht 18 Zoll weit fliegen können, ohne sich einmal kopfüber zu bewegen. Ebenso ist es sehr zu bezweifeln, ob jemals irgendjemand daran gedacht habe, einen Hund zum Vorstehen abzurichten, hätte nicht etwa ein Individuum von selbst eine Neigung verraten, es zu tun, und man weiß, dass dies zuweilen vorkommt, wie ich selbst einmal an einem Dachshund beobachtete; das »Stehen« ist wohl, wie manche gedacht haben, nur eine verstärkte Pause eines Tieres, das sich in Bereitschaft setzt, auf seine Beute einzuspringen. Hatte sich ein erster Anfang des Stehens einmal gezeigt, so mögen methodische Züchtung und die erbliche Wirkung zwangsweiser Abrichtung in

jeder nachfolgenden Generation das Werk bald vollendet haben; und unbewusste Züchtung ist immer in Tätigkeit, da jedermann, wenn auch ohne die Absicht, eine verbesserte Rasse zu bilden, sich gerne die Hunde verschafft, welche am besten vorstehen und jagen. Andererseits hat auch Gewohnheit in einigen Fällen genügt. Kein Tier ist schwerer zu zähmen als das Junge des wilden Kaninchens, und kein Tier zahmer als das Junge des zahmen Kaninchens; und doch glaube ich nicht, dass die Hauskaninchen jemals auf Zahmheit gezüchtet worden sind, sondern vermute vielmehr, dass wir die gesamte erbliche Veränderung von äußerster Wildheit bis zur äußersten Zahmheit einzig der Gewohnheit und lange fortgesetzten engen Gefangenschaft zuzuschreiben haben. Natürliche Instinkte gehen in der Gefangenschaft verloren; ein merkwürdiges Beispiel davon sieht man bei denjenigen Geflügelrassen, welche selten oder nie »brütig« werden, d. h. nie auf ihren Eiern zu sitzen verlangen. Die tägliche Gewöhnung daran allein verhindert uns zu sehen, in wie hohem Grade und wie allgemein die geistigen Fähigkeiten unserer Haustiere INS TINKT

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durch Zähmung verändert worden sind. Man kann kaum daran zweifeln, dass die Liebe des Menschen als Instinkt auf den Hund übergegangen ist. Alle Wölfe, Füchse, Schakale und Katzenarten sind, wenn man sie gezähmt hält, sehr begierig, Geflügel, Schafe und Schweine anzugreifen, und dieselbe Neigung hat sich unheilbar auch bei solchen Hunden gezeigt, welche man jung aus Gegenden zu uns gebracht hat, wo wie im Feuerland und in Australien die Wilden jene Haustiere nicht halten. Und wie selten ist es auf der anderen Seite nötig, unseren zivilisierten Hunden, selbst wenn sie noch jung sind, die Angriffe auf jene Tiere abzugewöhnen. Allerdings machen sie manchmal einen solchen Angriff und werden dann geschlagen und, wenn das nicht hilft, endlich weggeschafft – sodass Gewohnheit und wahrscheinlich einige Züchtung zusammengewirkt haben, unseren Hunden ihre erbliche Zivilisation beizubringen. Andererseits haben junge Hühnchen, ganz infolge von Gewöhnung, die Furcht vor Hunden und Katzen verloren, welche sie zweifelsohne nach ihrem ursprünglichen Instinkt besessen haben, während sich dieser Instinkt noch so offenbar bei jungen Fasanen zeigt, selbst wenn sie von gewöhnlichen Hennen ausgebrütet worden sind. Und doch haben die Hühnchen keineswegs alle Furcht verloren, sondern nur die Furcht vor Hunden und Katzen; denn sobald die Henne ihnen durch Glucken

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Charles Darwin an W. D. Fox am 24. Oktober 1839

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ir führen ein Leben in allergrößter Ruhe; sogar Delamare, das Du als so abgeschiedenen Ort schilderst, ist, dafür verbürge ich mich, im Vergleich zur Gower Street recht zügellos. Wir haben alle Gesellschaften aufgegeben, denn sie sagen keinem von uns zu; und wenn man in London ruhig lebt, so geht nichts über dessen Ruhe – es ist etwas Grandioses an den rauchigen Nebeln und den gedämpften fernen Geräuschen der Droschken und Kutschen; tatsächlich könntest Du bemerken, dass ich zum waschechten Londoner werde, und ich bin froh, dass ich die nächsten sechs Monate hier verbringe.«

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eine Gefahr anmeldet, laufen alle (zumal junge Truthühner), um sich unter ihren Schutz zu begeben oder um sich im Gras und Dickicht umher zu verbergen, Letztes offenbar in der instinktiven Absicht, wie wir bei wilden Bodenvögeln sehen, um es ihrer Mutter möglich zu machen, davonzufliegen. Freilich ist dieser bei unseren jungen Hühnchen zurückgebliebene Instinkt im gezähmten Zustand ganz nutzlos, weil die Mutterhenne das Flugvermögen durch Nichtgebrauch gewöhnlich eingebüßt hat. Daraus lässt sich schließen, dass zahme Instinkte erworben worden und wilde Instinkte verloren gegangen sind, teils durch eigene Gewohnheit und teils durch die Einwirkung des Menschen, welcher viele aufeinanderfolgende Generationen hindurch eigentümliche geistige Neigungen und Fähigkeiten, die uns in unserer Unwissenheit anfangs nur ein sogenannter Zufall geschienen, durch Züchtung gehäuft und gesteigert hat. In einigen Fällen hat erzwungene Gewöhnung genügt, um solche erbliche Veränderung geistiger Eigenschaften zu bewirken; in anderen ist durch Zwangszucht nichts ausgerichtet und alles nur durch unbewusste oder methodische Züchtung bewirkt worden; in den meisten Fällen aber haben beide wahrscheinlich zusammengewirkt. Nähere Betrachtung einiger weniger Beispiele wird vielleicht am besten geeignet sein, es begreiflich zu machen, wie Instinkte im Naturzustand durch Züchtung modifiziert worden sind. Ich will aus der großen Anzahl derjenigen, welche ich gesammelt und in meinem späteren Werk zu erörtern haben werde, nur drei Fälle hervorheben, nämlich den Instinkt, welcher den Kuckuck treibt, seine Eier in fremde Nester zu legen, den Instinkt der Ameisen, Sklaven zu machen, und den Zellenbautrieb der Honigbienen; die zwei zuletzt genannten sind von den Naturforschern wohl mit Recht als die zwei wunderbarsten aller bekannten Instinkte bezeichnet worden. Man nimmt jetzt gewöhnlich an, die unmittelbare und die Grundursache für den Instinkt des Kuckucks, seine Eier in fremde Nester zu legen, beruhe darin, dass dieselben der Reihe nach nicht täglich, sondern erst jeden zweiten oder dritten Tag zur Reife kommen, sodass, wenn der Kuckuck sein eigenes Nest zu bauen und auf seinen eigenen Eiern zu sitzen hätte, die ersten Eier entweder eine Zeitlang unbebrütet bleiben oder Eier und junge Vögel von verschiedenem Alter

Tropenvogel, Galapagosinseln. im nämlichen Nest zusammenkommen müssten. Wäre dies so der Fall, so müssten allerdings die Prozesse des Legens und Ausschlüpfens unangemessen lang währen, und die zuerst ausgeschlüpften jungen Vögel wahrscheinlich vom Männchen allein aufgefüttert werden. Allein der amerikanische Kuckuck findet sich in derselben Lage, und doch macht er sein eigenes Nest und legt seine Eier nacheinander hinein, und seine Jungen schlüpfen gleichzeitig aus. Man hat zwar versichert, auch der amerikanische Kuckuck lege zuweilen seine Eier in fremde Nester, aber nach Dr. Brewers verlässiger Gewährschaft in diesen Dingen ist es ein Irrtum. Demungeachtet könnte ich noch mehrere andere Beispiele von Vögeln anführen, die ihre Eier zuweilen in fremde Nester legen. Nehmen wir nun an, der Stammvater unseres europäischen Kuckucks habe die Gewohnheiten des amerikanischen gehabt, doch zuweilen ein Ei in das Nest eines anderen Vogels gelegt. Wenn der alte Vogel von diesem gelegentlichen Brauch Vorteil hatte oder der junge durch den fehlgreifenden Instinkt einer fremden Mutter kräftiger wurde, als er unter der Sorge seiner eigenen Mutter geworden sein würde, weil diese mit der gleichzeitigen

Sorge für Eier und Junge von verschiedenem Alter überladen gewesen wäre, so gewann entweder der alte oder das auf fremde Kosten gepflegte Junge dabei. Der Analogie nach möchte ich dann glauben, dass als Folge der Erblichkeit das so aufgeätzte Junge mehr geneigt sei, die zufällige und abweichende Handlungsweise seiner Mutter nachzuahmen, auch seine Eier in fremde Nester zu legen und so kräftigere Nachkommen zu erlangen. Durch einen fortgesetzten Prozess dieser Art könnte nach meiner Meinung der wunderliche Instinkt des Kuckucks entstanden sein. Ich will jedoch noch beifügen, dass nach Dr. Gray und einigen anderen Beobachtern der europäische Kuckuck doch keineswegs alle mütterliche Liebe und Sorge für seine eigenen Sprösslinge verloren hat. Der Brauch, seine Eier gelegentlich in fremde Nester von derselben oder einer anderen Spezies zu legen, ist unter den hühnerartigen Vögeln nicht ganz ungewöhnlich; und dies erklärt vielleicht die Entstehung eines eigentümlichen Instinkts in der benachbarten Gruppe der straußartigen Vögel. Denn mehrere Straußhennen wenigstens von der amerikanischen Art vereinigen sich, um zuerst einige Eier in ein Nest und dann in ein anderes zu legen; und diese werden von den Männchen ausgebrütet. Man wird zu Erklärung dieser Gewohnheit wahrscheinlich die Tatsache mit in Betracht ziehen, dass diese Hennen eine große Anzahl von Eiern, und zwar in Zwischenräumen von zwei bis drei Tagen legen. Jedoch ist jene Gewohnheit beim amerikanischen Strauß noch nicht sehr entwickelt; denn es liegt dort auch noch eine so erstaunliche Menge von Eiern über die Ebene zerstreut, dass ich auf der Jagd an einem Tag nicht weniger als 20 verlassene und verdorbene Eier aufzunehmen im Stande war. Manche Bienen schmarotzen und legen ihre Eier in Nester anderer Bienenarten. Dies ist noch merkwürdiger als beim Kuckuck; denn diese Bienen haben nicht allein ihren Magellan-Flora aus Instinkt, sondern auch ihren Bau in Darwins Reise eines Übereinstimmung mit ihrer parasitiNaturforschers um die Welt. schen Lebensweise geändert, indem INS TINKT

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sie nämlich nicht die Vorrichtung zur Einsammlung des Pollens besitzen, deren sie bedürften, wenn sie Nahrung für ihre eigene Brut vorrätig aufhäufen müssten. Einige Insektenarten schmarotzen nach der Weise der Sphegiden bei anderen Arten, und Herr Fabre hat neulich guten Grund nachgewiesen zu glauben, dass, obwohl Tachytes nigra gewöhnlich ihre eigene Höhle macht und darin noch lebende, aber gelähmte Beute zur Nahrung ihrer eigenen Larve im Vorrat niederlegt, dieselbe doch, wenn sie eine schon fertige und mit Vorräten versehene Höhle einer anderen Grabwespe (Sphex) findet, davon Besitz ergreift und infolge dieser Gelegenheit Parasit wird. In diesem Fall wie in dem angenommenen Beispiel von dem Kuckuck liegt kein Hindernis für die natürliche Züchtung vor, aus dem gelegentlichen Brauch einen beständigen zu machen, wenn er für die Art nützlich ist und wenn nicht infolgedessen die andere Insektenart, deren Nest und Futtervorräte sie sich verräterischerweise aneignet, dadurch vertilgt wird. Instinkt, Sklaven zu machen. – Dieser Naturtrieb wurde zuerst bei Formica (Polyergus) rufescens von Pierre Huber beobachtet, einem noch besseren Beobachter, als sein berühmter Vater gewesen war. Diese Ameise ist unbedingt von ihren Sklaven abhängig, ohne deren Hilfe die Art schon in einem Jahr gänzlich zugrundegehen müsste. Die Männchen und fruchtbaren Weibchen arbeiten nicht. Die arbeitenden oder unfruchtbaren Weibchen dagegen, obgleich sehr mutig und tatkräftig beim Sklavenfangen, tun nichts anderes. Sie sind unfähig, ihre eigenen Nester zu machen oder ihre eigenen Jungen zu füttern. Wenn das alte Nest unpassend befunden und eine Auswanderung nötig wird, entscheiden die Sklaven darüber und schleppen dann ihre Meister zwischen den Kinnladen fort. Diese letzten sind so äußerst hilflos, dass, als Huber deren dreißig ohne Sklaven, aber mit einer reichlichen Menge des besten Futters und zugleich mit ihren Larven und Puppen, um sie zur Tätigkeit anzuspornen, zusammensperrte, sie nicht einmal sich selbst fütterten und großenteils hungers starben. Huber brachte dann einen einzigen Sklaven (Formica fusca) dazu, der sich unverzüglich ans Werk begab und die noch überlebenden fütterte und rettete, einige Zellen machte, die Larven pflegte und alles in Ordnung brachte. Was kann es Außerordentlicheres geben

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als diese wohl verbürgten Tatsachen? Hätte man nicht noch von einigen anderen sklavenmachenden Ameisen Kenntnis, so würde es ein hoffnungsloser Versuch gewesen sein, sich eine Vorstellung davon zu machen, wie ein so wunderbarer Instinkt zu solcher Vollkommenheit gedeihen könne. Eine andere Ameisenart, Formica sanguinea, wurde gleichfalls zuerst von Huber als Sklavenmacherin erkannt. Sie kommt im südlichen Teil von England vor, wo ihre Gewohnheiten von H. F. Smith vom Britischen Museum beobachtet worden sind, dem ich für seine Mitteilungen über diesen und andere Gegenstände sehr verbunden bin. Wenn auch volles Vertrauen in die Versicherungen der zwei genannten Naturforscher setzend, vermochte ich doch nicht ohne einigen Zweifel an die Sache zu gehen, und es mag wohl zu entschuldigen sein, wenn jemand an einen so außerordentlichen und hässlichen Instinkt,

Korb und Waffen aus Bein auf Feuerland.

wie der ist, Sklaven zu machen, nicht unmittelbar glauben kann. Ich will daher dasjenige, was ich selbst beobachtet habe, mit einigen Einzelheiten erzählen. Ich öffnete vierzehn Nesthaufen der Formica sanguinea und fand in allen einige Sklaven. Männchen und fruchtbare Weibchen der Sklavenart (F. fusca) kommen nur in ihrer eigenen Gemeinde vor und sind nie in den Haufen der F. sanguinea gefunden worden. Die Sklaven sind schwarz und von nicht mehr als der halben Größe ihrer Herrn, sodass der Gegensatz in ihrer Erscheinung sogleich auffällt. Wird der Haufe nur wenig gestört, so kommen die Sklaven zuweilen heraus und zeigen sich gleich ihren Meistern sehr beunruhigt und zur Verteidigung bereit. Wird aber der Haufe so zerrüttet, dass Larven und Puppen frei zu liegen kommen, so sind die Sklaven mit ihren Meistern zugleich lebhaft bemüht, dieselben nach einem sicheren Platz zu schleppen. Daraus ist klar, dass sich die Sklaven ganz heimisch fühlen. Während der Monate Juni und Juli habe ich in drei aufeinanderfolgenden Jahren in den Grafschaften Surrey und Sussex mehrere solcher Ameisenhaufen stundenlang beobachtet und nie einen Sklaven aus- oder eingehen sehen. Da während dieser Monate der Sklaven nur wenige sind, so dachte ich, sie würden sich anders benehmen, wenn sie in größerer Anzahl wären; aber auch Hr. Smith teilt mir mit, dass er die Nester zu verschiedenen Stunden während der Monate Mai, Juni und August in Surrey wie in Hampshire beobachtet hat und, obwohl die Sklaven im August zahlreich sind, nie einen derselben aus- oder eingehen gesehen hat. Er betrachtet sie daher lediglich als Haussklaven. Dagegen sieht man ihre Herren beständig Nestbaustoffe und Futter aller Art herbeischleppen. Im jetzigen Jahr jedoch kam ich im Juli zu einer Gemeinde mit einem ungewöhnlich starken Sklavenstand und sah einige wenige Sklaven unter ihre Meister gemengt das Nest verlassen und mit ihnen den nämlichen Weg zu einer Schottischen Kiefer, 25 Yard entfernt, einschlagen und am Stamm hinauflaufen, wahrscheinlich um nach Blatt- oder Schildläusen zu suchen. Nach Huber, welcher reichlich Gelegenheit zur Beobachtung gehabt hat, arbeiten in der Schweiz die Sklaven gewöhnlich mit ihren Herren an der Aufführung des Nestes, und sie allein öffnen und schließen die Tore in den Morgen- und Abendstunden; jedoch ist, wie Huber ausdrücklich versichert, ihr Hauptgeschäft, nach Blattläusen zu

suchen. Dieser Unterschied in den herrschenden Gewohnheiten von Herren und Sklaven in zweierlei Gegenden mag lediglich davon abhängen, dass in der Schweiz die Sklaven zahlreicher einzufangen sind als in England. Eines Tages bemerkte ich glücklicherweise eine Wanderung der F. sanguinea von einem Haufen zum anderen, und es war ein sehr interessanter Anblick, wie die Herren ihre Sklaven sorgfältig zwischen ihren Kinnladen davonschleppten, anstatt selbst von ihnen getragen zu werden, wie es bei F. rufescens der Fall ist. Eines anderen Tages wurde meine Aufmerksamkeit von etwa zwei Dutzend Ameisen der sklavenmachenden Art in Anspruch genommen, welche dieselbe Stelle besuchten, doch offenbar nicht des Futters wegen. Bei ihrer Annäherung wurden sie von einer unabhängigen Kolonie der sklavengebenden Art, F. fusca, zurückgetrieben, sodass zuweilen bis drei dieser letzten an den Beinen einer F. sanguinea hingen. Diese letzte tötete ihre kleineren Gegner ohne Erbarmen und schleppte deren Leichen als Nahrung in ihr 29 Yard entferntes Nest; aber sie wurde verhindert, Puppen wegzunehmen, um sie zu Sklaven aufzuziehen. Ich entnahm dann aus einem anderen Haufen der F. fusca eine geringe Anzahl Puppen und legte sie auf eine kahle Stelle nächst dem Kampfplatz nieder. Diese wurden begierig von den Tyrannen ergriffen und fortgetragen, die sich vielleicht einbildeten, doch endlich Sieger in dem letzten Kampf gewesen zu sein. Gleichzeitig legte ich an derselben Stelle eine Partie Puppen der Formica flava mit einigen wenigen reifen Ameisen dieser gelben Art nieder, welche noch an Bruchstücken ihres Nestes hingen. Auch diese Art wird zuweilen, doch selten zu Sklaven gemacht, wie Hr. Smith beschrieben hat. Obwohl klein, so ist diese Art sehr mutig, und ich habe sie mit wildem Ungestüm andere Ameisen angreifen sehen. Einmal fand ich zu meinem Erstaunen unter einem Stein eine unabhängige Kolonie der Formica flava noch unterhalb einem Nest der sklavenmachenden F. sanguinea; und da ich zufällig beide Nester gestört hatte, so griff die kleine Art ihre große Nachbarin mit erstaunlichem Mut an. Ich war nun neugierig zu erfahren, ob F. sanguinea im Stande sei, die Puppen der F. fusca, welche sie gewöhnlich zur Sklavenzucht verwendet, von denen der kleinen wütenden F. flava zu unterscheiden, welche sie nur selten in Gefangenschaft führt, und es ergab sich INS TINKT

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bald, dass sie dieses Unterscheidungsvermögen besaß; denn ich sah sie begierig und augenblicklich über die Puppen der F. fusca herfallen, während sie sehr erschrocken schien, wenn sie auf die Puppen oder auch nur auf die Erde aus dem Neste der F. flava stieß, und rasch davonrannte. Aber nach einer Viertelstunde etwa, kurz nachdem alle kleinen gelben Ameisen die Stelle verlassen hatten, bekamen sie Mut und griffen auch diese Puppen auf. Eines Abends besuchte ich eine andere Gemeinde der F. sanguinea und fand eine Anzahl derselben auf dem Heimweg und beim Eingang in ihr Nest, Leichen und viele Puppen der F. fusca mit sich schleppend, also nicht auf bloßer Wanderung begriffen. Ich verfolgte eine 40 Yard lange Reihe mit Beute beladener Ameisen bis zu einem dichten Heidegebüsch, wo ich das letzte Individuum der F. sanguinea mit einer Puppe belastet herauskommen sah; aber das zerstörte Nest konnte ich in der dichten Heide nicht finden, obwohl es nicht mehr fern gewesen sein kann, indem zwei oder drei Individuen der F. fusca in der größten Aufregung umherrannten und eines bewegungslos an der Spitze eines Heidezweigs hing: alle mit ihren eigenen Puppen im Maul, ein Bild der Verzweiflung über ihre zerstörte Heimat. Dies sind die Tatsachen, welche ich, obwohl sie meiner Bestätigung nicht erst bedurft hätten, über den wundersamen Sklavenmacherinstinkt berichten kann. Zuerst ist der große Gegensatz zwischen den instinktiven Gewohnheiten der F. sanguinea und der kontinentalen F. rufescens zu bemerken. Diese letzte baut nicht selbst ihr Nest, bestimmt nicht ihre eigenen Wanderungen, sammelt nicht das Futter für sich und ihre Brut und kann nicht einmal allein fressen; sie ist absolut abhängig von ihren zahlreichen Sklaven. Die F. sanguinea dagegen hält viel weniger und zumal im ersten Teil des Sommers sehr wenige Sklaven; die Herren bestimmen, wann und wo ein neues Nest gebaut werden soll; und wenn sie wandern, schleppen die Herren die Sklaven. In der Schweiz wie in England scheinen die Sklaven ausschließlich mit der Sorge für die Brut beauftragt zu sein, und die Herren allein gehen auf den Sklavenfang aus. In der Schweiz arbeiten Herren und Sklaven miteinander, um Nestbaumaterialien herbeizuschaffen; beide und doch vorzugsweise die Sklaven besuchen und melken, wie man es nennen könnte, ihre Aphiden, und

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beide sammeln Nahrung für die Gemeinschaft ein. In England verlassen die Herren gewöhnlich allein das Nest, um Baustoffe und Futter für sich, ihre Larven und Sklaven einzusammeln, sodass dieselben hier von ihren Sklaven viel weniger Dienste empfangen, als in der Schweiz. Ich will mich nicht vermessen zu erraten, auf welchem Wege der Instinkt der F. sanguinea sich entwickelt hat. Da jedoch Ameisen, welche keine Sklavenmacher sind, wie wir gesehen haben, zufällig um ihr Nest zerstreute Puppen anderer Arten heimschleppen, vielleicht um sie als Nahrung zu verwenden, so können sich solche Puppen dort auch noch zuweilen entwickeln, und die auf solche Weise absichtslos im Haus erzogenen Fremdlinge mögen dann ihren eigenen Instinkten folgen und arbeiten, was sie können. Erweist sich ihre Anwesenheit nützlich für die Art, welche sie aufgenommen hat, und sagt es dieser letzten mehr zu, Arbeiter zu fangen als zu erziehen, so kann der ursprünglich zufällige Brauch, fremde Puppen zur Nahrung einzusammeln, durch natürliche Züchtung verstärkt und endlich zu dem ganz verschiedenen Zweck, Sklaven zu erziehen, bleibend befestigt werden. Wenn dieser Naturtrieb zurzeit seines Ursprungs in einem noch viel minderen Grade als bei unserer F. sanguinea entwickelt war, welche noch jetzt von ihren Sklaven weniger Hilfe in England als in der Schweiz empfängt, so finde ich kein Bedenken anzunehmen, natürliche Züchtung habe dann diesen Instinkt verstärkt und, immer vorausgesetzt, dass jede Abänderung der Spezies nützlich gewesen sei, allmählich so weit abgeändert, dass endlich eine Ameisenart in so verächtlicher Abhängigkeit von ihren eigenen Sklaven entstand, wie es F. rufescens ist. Zellenbauinstinkt der Korbbienen. – Ich beabsichtige nicht, über diesen Gegenstand in kleine Einzelheiten einzugehen, sondern will mich beschränken, eine Skizze von den Ergebnissen zu liefern, zu welchen ich gelangt bin. Es müsste ein beschränkter Mensch sein, welcher bei Untersuchung des ausgezeichneten Baues einer Bienenwabe, die ihrem Zwecke so wundersam angepasst ist, nicht in begeisterte Verwunderung geriete. Wir hören von Mathematikern, dass die Bienen praktisch ein schwieriges Problem gelöst und ihre Zellen in derjenigen Form, welche die größtmögliche Menge von Honig aufnehmen kann, mit

York Minster, einer von drei Feuerländern, die Fitzroy bei einer früheren Fahrt als Geiseln genommen hatte. Die drei wurden eine Zeitlang in England erzogen, bis sie an Bord der Beagle nach Tierra del Fuego zurückkehrten.

Jemmy Button, ein anderer von Fitzroys verschleppten, christlich getauften und zurückgesandten Feuerländern. Das Experiment fand letztlich keiner gut.

dem geringstmöglichen Aufwand des kostspieligen Baumaterials, des Wachses nämlich, hergestellt haben. Man hat bemerkt, dass es einem geschickten Arbeiter mit passenden Maßen und Werkzeugen sehr schwer fallen würde, regelmäßig sechseckige Wachszellen zu machen, obwohl dies eine wimmelnde Menge von Bienen in dunklem Korbe mit größter Genauigkeit vollführt. Was für einen Instinkt man auch annehmen mag, so scheint es doch anfangs ganz unbegreiflich, wie derselbe solle alle nötigen Winkel und Flächen berechnen oder auch nur beurteilen können, ob sie richtig gemacht sind. Inzwischen ist doch die Schwierigkeit nicht so groß, wie sie anfangs scheint; denn all dies schöne Werk lässt sich von einigen wenigen sehr einfachen Naturtrieben herleiten. Ich war, diesen Gegenstand zu verfolgen, durch Herrn Waterhouse veranlasst worden, welcher gezeigt hat, dass die Form der Zellen in enger Beziehung zur Anwesenheit von Nachbarzellen steht, und die folgende Ansicht ist vielleicht nur eine Modifikation seiner Theorie. Wenden wir uns zu dem großen Abstufungsprinzip und sehen wir zu, ob uns die Natur nicht ihre Methode zu wirken enthülle. Am einen Ende der kurzen Stufenreihe sehen wir die Hummelbiene, welche ihre alten Kokons zur Aufnahme von Honig verwendet, indem sie ihnen zuweilen kurze Wachsröhren anfügt und ebenso auch einzeln abgesonderte und sehr unregelmäßig abgerundete Zellen von Wachs anfertigt. Am anderen Ende der Reihe haben wir die Zellen der Korbbiene, eine doppelte Schicht bildend; jede Zelle ist bekanntlich ein sechsseitiges Prisma, dessen Basalränder so zugeschrägt sind, dass sie an eine stumpf dreiseitige Pyramide von drei Rautenflächen gebildet passen. Diese Rhomben haben gewisse Winkel, und die drei, welche die pyramidale Basis einer Zelle in der einen Zellenschicht der Scheibe bilden, gehen auch in die Bildung der Basalenden von drei anstoßenden Zellen der entgegengesetzten Schicht ein. Als Zwischenstufe zwischen der äußersten Vervollkommnung im Zellenbau der Korbbiene und der äußersten Einfachheit in dem der Hummelbiene haben wir dann die Zellen der mexikanischen Melipona domestica, welche P. Huber gleichfalls sorgfältig beschrieben und abgebildet hat. Diese Biene selbst steht in ihrer Körperbildung zwischen unserer Honigbiene und der Hummel in der Mitte, doch der letzten näher; sie bildet einen fast



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Bis jetzt habe ich noch nicht die Feuerländer

erwähnt, die wir an Bord hatten. Auf der früheren Fahrt von Adventure und Beagle von 1826 bis 1830 nahm Kapitän Fitz Roy eine Gruppe Eingeborener als Geiseln für den Verlust eines Bootes, das zur großen Gefährdung einer mit Vermessungen beschäftigten Gruppe gestohlen worden war, und einige dieser Eingeborenen, darunter auch ein Kind, welches er für einen Perlenknopf gekauft hatte, nahm er mit nach England in dem Vorsatz, sie auf eigene Kosten zu erziehen und in der Religion zu unterweisen. Diese Eingeborenen in ihrem eigenen Land anzusiedeln war ein Hauptanlass für Kapitän Fitz Roy, die gegenwärtige Fahrt zu unternehmen, und noch bevor die Admiralität den Beschluss gefasst hatte, diese Expedition zu entsenden, war Kapitän Fitz Roy so großzügig gewesen, ein Fahrzeug zu chartern, auf dem er sie selbst zurückgebracht hätte. Die Eingeborenen waren in Begleitung eines Missionars, R. Matthews, über den wie auch über die Eingeborenen Kapitän Fitz Roy einen umfassenden und hervorragenden Bericht verfasst hat. Es waren zwei Männer, wovon einer dann in England an den Pocken starb, ein Junge und ein kleines Mädchen mitgenommen worden, sodass wir nun York Minster, Jemmy Button (dessen Name seinen Kaufpreis beinhaltet) und Fuegia Basket an Bord hatten. York Minster war ein ausgewachsener, kleiner, dicker, kräftiger Mann; sein Wesen war zurückhaltend, wortkarg, mürrisch und, wenn erregt, hitzig und leidenschaftlich; seine Zuneigung war weitgehend einigen Freunden an Bord vorbehalten; sein Intellekt gut. Jemmy Button war der Liebling aller, aber ebenfalls leidenschaftlich; sein Gesichtsausdruck zeigte sogleich sein freundliches Gemüt. Er war fröhlich, lachte oft und war bemerkenswert mitfühlend mit allen, die Schmerzen litten: War das Meer rau, so war ich gern ein wenig seekrank, und dann kam er zu mir und sagte mit klagender Stimme: »Armer, armer Kerl!«, doch nach seinem Leben auf dem Wasser war die Vorstellung eines seekranken Mannes zu lächerlich, und oftmals (Fortsetzung auf nächster Seite) INS TINKT

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(Fortsetzung von Vorseite) musste er sich abwenden, um ein Lächeln oder Lachen zu verbergen, und dann wiederholte er sein »Armer, armer Kerl!« Er war patriotisch gesinnt, und er rühmte gern seinen Stamm und sein Land, wo es, wie er wahrheitsgemäß sagte, »viele Bäume« gebe, und beschimpfte alle anderen Stämme: Hartnäckig erklärte er, in seinem Land gebe es keinen Teufel. Jemmy war klein, dick und fett, aber eitel, was sein Äußeres betraf; stets trug er Handschuhe, hatte die Haare ordentlich geschnitten und geriet in Verzweiflung, wenn seine fein polierten Schuhe schmutzig wurden. Gern bewunderte er sich im Spiegel, was ein kleiner Indianerjunge mit lustigem Gesicht vom Rio Negro, den wir einige Monate an Bord hatten, bald merkte und ihn dann aufzog: Jemmy, der immer eifersüchtig auf die Aufmerksamkeit war, die diesem kleinen Jungen erwiesen wurde, gefiel das überhaupt nicht, und er sagte immer mit einem verächtlichen Drehen des Kopfes: »Zu viel Unfug« Dennoch erscheint es mir, wenn ich an seine vielen guten Eigenschaften denke, ganz wunderbar, dass er derselben Rasse angehörte und zweifellos dasselbe Wesen hatte wie die elenden, erniedrigten Wilden, denen wir hier zuerst begegnet waren. Fuegia Basket schließlich war ein hübsches, bescheidenes, zurückhaltendes junges Mädchen mit einem recht angenehmen, manchmal jedoch grämlichen Ausdruck und sehr schnell darin, alles zu lernen, besonders Sprachen. Dies bewies sie, indem sie etwas Portugiesisch und Spanisch aufschnappte, als sie in Rio de Janeiro und Monte Video nur für kurze Zeit an Land gelassen worden war, und mit ihren Kenntnissen des Englischen. York Minster war auf jede Aufmerksamkeit, die ihr erwiesen wurde, sehr neidisch, denn es war klar, dass er entschlossen war, sie zu heiraten, sobald sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten. Obgleich alle drei recht ordentlich Englisch sprachen und auch verstanden, war es doch ungemein schwierig, viele Informationen, die Lebensweise ihrer Landsleute betreffend, von ihnen zu erhalten; dies war teilweise ihrer offenkundigen Schwierigkeit geschuldet, die einfachste Alternative zu verstehen. Jeder, der sehr kleine Kinder gewohnt ist, weiß, wie selten man eine Antwort selbst auf eine so einfache Frage erhält, ob etwas schwarz oder weiß ist; die Vorstellung von Schwarz oder Weiß scheint abwechselnd ihre Gedanken zu beherrschen. So war es auch bei diesen Feuerländern, weswegen es im Allgemeinen auch unmöglich war, durch Nachfragen herauszubekommen, ob man etwas, was sie behauptet hatten, auch richtig verstanden hatte. Ihr Sehvermögen war bemerkenswert scharf: Es ist weithin bekannt, dass Seeleute durch lange Übung einen entfernten Gegenstand besser als eine Landratte erkennen können, doch York und Jemmy waren jedem Seemann an Bord weit überlegen; mehrmals haben sie erklärt, was ein entfernter Gegenstand gewesen ist, und obgleich alle es bezweifelten, behielten sie Recht, als es durch ein Fernrohr überprüft wurde. Dieser Fähigkeit waren sie sich durchaus bewusst, und wenn Jemmy einen Streit mit dem wachhabenden Offizier hatte, sagte er: »Ich seh Schiff, ich nicht sag.« Es war interessant, das Verhalten der Wilden, als wir an Land gingen, gegenüber Jemmy Button zu beobachten: Sogleich erkannten sie den Unterschied zwischen ihm und uns und erörterten das Thema ausführlich untereinander. Der alte Mann richtete einen langen Wortschwall an Jemmy, womit er ihn offenbar einladen wollte, bei ihnen zu bleiben. Doch Jemmy verstand sehr wenig von ihrer Sprache und schämte sich überdies seiner Landsleute. Als dann auch noch York Minster an Land kam, nahmen sie ihn in gleicher Weise wahr, und sie forderten ihn auf, sich zu rasieren, dabei hatte er keine zwanzig kümmerlichen Haare im Gesicht, während wir alle ungestutzte Bärte trugen. Sie untersuchten seine Hautfarbe und verglichen sie mit der unseren. Als einer einen Arm entblößte, bekundeten sie die lebhafteste Überraschung und Bewunderung darüber, wie weiß er war, ganz so, wie ich es den Orang-Utan im Zoologischen Garten habe tun sehen. Wir glaubten, sie hielten zwei oder drei unserer Offiziere, die deutlicher kleiner und blonder waren, wenn auch mit langen Bärten geziert, für die Damen unserer Gesellschaft. Der größte unter den Feuerländern war offenkundig erfreut darüber, dass wir seine Größe zur Kenntnis nahmen. Rücken an Rücken an den größten der Bootsmannschaft gestellt, versuchte er alles, um auf eine höhere Stelle zu rücken und auf Zehenspitzen zu stehen. Er öffnete den Mund, um seine weißen Zähne zu zeigen, und drehte den Kopf zu einer Seitenansicht, und das alles geschah mit solcher Munterkeit, dass ich wohl sagen darf, er empfand sich als den bestaussehenden Mann von ganz Feuerland. Nachdem unser erstes tiefes Erstaunen abgeklungen war, konnte nichts lächerlicher sein als die wunderliche Mischung aus Überraschung und Nachahmung, welche diese Wilden jeden Augenblick zur Schau stellten.

in zwei parallelen Ebenen liegen, und das Zentrum regelmäßigen wächsernen Zellenkuchen mit zylindeines jeden Kreises um Radius X √2 oder Radius X rischen Zellen, worin die Jungen gepflegt werden, und 1,41421 (oder weniger) von den Mittelpunkten der überdies mit einigen großen Zellen zur Aufnahme von sechs umgebenden Kreise in derselben Schicht, und Honig. Diese Letzten sind von ihrer freien Seite geseebenso weit von den Zentren der angrenzenden Kreise hen fast kreisförmig und von nahezu gleicher Größe, in der anderen parallelen Schicht entfernt ist, und in eine unregelmäßige Masse zusammengefügt; am wenn alsdann Durchschneidungsflächen zwischen wichtigsten aber ist daran zu bemerken, dass sie so den verschiedenen Kreisen beider Schichten gebildet nahe aneinandergerückt sind, dass alle kreisförmigen werden, so muss sich eine doppelte Lage sechsseiWände, wenn sie auch da, wo die Zellen aneinander tiger Prismen ergeben, welche von aus drei Rauten stoßen, ihre Kreise fortsetzten, einander schneiden gebildeten dreiseitig-pyramidalen Basen verbunden oder durchsetzen müssten; daher sind die Wände werden, und diese Rauten- sowie die Seitenflächen an den aneinanderliegenden Stellen eben abgeplatder sechsseitigen Prismen werden in allen Winkeln tet. Jede dieser im Ganzen genommen kreisrunden aufs Genaueste übereinstimmen, wie sie an den Zellen hat mithin doch 2–3 oder mehr vollkommen Wachsscheiben der Bienen nach den sorgfältigsten ebene Seitenflächen, je nachdem sie an 2–3 oder Messungen vorkommen. Wir können daher verlässmehr andere Zellen seitlich angrenzt. Kommt eine lich schließen, dass, wenn wir die jetzigen noch nicht Zelle in Berührung mit drei anderen Zellen, was, da sehr ausgezeichneten Instinkte der Melipona etwas zu alle von fast gleicher Größe sind, notwendig sehr oft verbessern im Stande wären, diese einen Bau ebenso geschieht, so vereinigen sich die drei ebenen Flächen wunderbar vollkommen zu liefern vermöchte als die zu einer dreiseitigen Pyramide, welche, nach Hubers Korbbiene. Stellen wir uns also vor, die Melipona Bemerkung, offenbar der dreiseitigen Pyramide an mache ihre Zellen ganz kreisrund und gleich groß, der Basis der Zellen unserer Korbbiene zu vergleichen was nicht zum Verwundern sein würde, da sie es schon ist. Wie in den Zellen der Honigbiene, so nehmen in gewissem Grade tut und viele Insekten sich vollkomauch hier die drei ebenen Flächen einer Zelle an men zylindrische Zellen in Holz aushöhlen, indem der Zusammensetzung dreier anderer anstoßender sie anscheinend sich um einen festen Punkt drehen. Zellen teil. Es ist offenbar, dass die Melipona bei dieser Bildungsweise Wachs erspart; denn die Wände sind da, wo mehrere solche Zellen aneinandergrenzen, nicht doppelt und nur von der Dicke wie die kreisförmigen Teile, und jedes flache Stück Zwischenwand nimmt an der Zusammensetzung zweier aneinanderstoßender Zellen Anteil. Indem ich über diesen Fall nachdachte, kam es mir vor, als ob, wenn die Melipona ihre kugeligen Zellen von gleicher Größe in einer gegebenen gleichen Entfernung voneinander gefertigt und symmetrisch in eine doppelte Schicht geordnet hätte, der dadurch erzielte Bau so vollkommen als der der Korbbiene geworden sein würde. Demzufolge schrieb ich an Professor Miller in Cambridge, und dieser Geometer bezeichnet die folgende seiner Belehrung entnommene Darstellung als richtig. Wenn eine Anzahl unter sich gleicher Kreise so beschrieben wird, dass ihre Mittelpunkte Port Famine in der Magellanstraße. INS TINKT

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Stellen wir uns ferner vor, die Melipona ordne ihre Zellen in ebenen Lagen, wie sie es bereits mit ihren zylindrischen Zellen tut. Nehmen wir ferner an (und dies ist die größte Schwierigkeit), sie vermöge irgendwie genau zu beurteilen, in welchem Abstand von ihren gleichzeitig beschäftigten Mitarbeiterinnen sie ihre sphärischen Zellen beginnen müsse; wir sahen sie ja bereits Entfernungen hinreichend bemessen, um alle ihre Kugeln so zu beschreiben, dass sie einander stark schneiden, und sahen sie dann die Schneidungspunkte durch vollkommen ebene Wände miteinander verbinden. Unterstellen wir endlich, was keiner Schwierigkeit unterliegt, dass, wenn die sechsseitigen Prismen durch Schneidung in der nämlichen Schicht aneinanderliegender Kugeln gebildet sind, sie deren Sechsecke bis zu genügender Ausdehnung verlängern könne, um den Honigvorrat aufzunehmen, wie die Hummel den runden Mündungen ihrer alten Kokons noch Wachszylinder ansetzt. Dies sind die nicht sehr wunderbaren Modifikationen dieses Instinktes (wenigstens nicht wunderbarer als jene, die den Vogel bei seinem Nestbau leiten), durch welche, wie ich glaube, die Korbbiene auf dem Wege natürlicher Züchtung zu ihrer unnachahmlichen architektonischen Geschicklichkeit gelangt ist. Doch diese Theorie lässt sich durch Versuche bewähren. Nach Herrn Tegetmeiers Vorgang trennte ich zwei Bienenwaben und fügte einen langen dicken viereckigen Streifen Wachs dazwischen. Die Bienen begannen sogleich, kleine kreisrunde Grübchen darin

auszuhöhlen, die sie immer mehr erweiterten, je tiefer sie wurden, bis flache Becken daraus entstanden, die genau kreisrund und vom Durchmesser der gewöhnlichen Zellen waren. Es war sehr ansprechend für mich zu beobachten, dass überall, wo mehre Bienen zugleich nebeneinander solche Aushöhlungen zu machen begannen, sie genau die richtigen Entfernungen einhielten, dass jene Becken mit der Zeit vollkommen die erwähnte Weite einer gewöhnlichen Zelle erlangten, sodass, als sie den sechsten Teil des Durchmessers des Kreises, wovon sie einen Teil bildeten, erreicht hatten, sie einander schneiden mussten. Sobald dies der Fall war, hielten die Bienen mit der weiteren Austiefung ein und begannen auf den Schneidungslinien zwischen den Becken ebene Wände von Wachs senkrecht aufzuführen, sodass jede sechsseitige Zelle auf den unebenen Rand eines glatten Beckens statt auf die geraden Ränder einer dreiseitigen Pyramide zu stehen kam, wie bei den gewöhnlichen Bienenzellen. Ich brachte dann statt eines dicken viereckigen Stückes Wachs einen schmalen und nur messerrückendicken Wachsstreifen, mit Koschenille gefärbt, in den Korb. Die Bienen begannen sogleich, von zwei Seiten her kleine Becken nahe beieinander darin auszuhöhlen wie zuvor; aber der Wachsstreifen war so dünn, dass die Böden der Becken bei gleichtiefer Aushöhlung wie vorhin von zwei entgegengesetzten Seiten her hätte ineinander brechen müssen. Dazu ließen es aber die Bienen nicht kommen, sondern

Die HMS Beagle in der Magellanstraße, in der Ferne der Sarmiento.

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Schlechtwetter, Magellanstraße. hörten beizeiten mit der Vertiefung auf, sodass die Becken, sobald sie etwas vertieft waren, ebene Böden bekamen; und diese ebenen Böden, aus dünnen Plättchen des rotgefärbten Wachses bestehend, die nicht weiter ausgenagt wurden, kamen, soweit das Auge unterscheiden konnte, genau längs den eingebildeten Schneidungsebenen zwischen den Becken der zwei entgegengesetzten Seiten des Wachsstreifens zu liegen. Stellenweise waren kleine Anfänge, an anderen Stellen größere Teile rhombischer Tafeln zwischen den einander entgegenstehenden Becken übrig geblieben; aber das Werk wurde infolge der unnatürlichen Lage der Dinge nicht zierlich ausgeführt. Die Bienen müssen in ungefähr gleichem Verhältnis auf beiden Seiten des roten Wachsstreifens gearbeitet haben, als sie die kreisrunden Vertiefungen von beiden Seiten her ausnagten, um bei Einstellung der Arbeit die ebenen Bodenplättchen auf der Zwischenwand übrig lassen zu können. Berücksichtigt man, wie biegsam dieses Wachs ist, so sehe ich keine Schwierigkeit für die Bienen ein, es von beiden Seiten her wahrzunehmen, wenn sie das Wachs bis zur angemessenen Dünne weggenagt haben, um dann ihre Arbeit einzustellen. In gewöhnlichen Bienenwaben schien mir, dass es den Bienen nicht immer gelinge, genau gleichen Schrittes von beiden Seiten her zu arbeiten. Denn ich habe halb vollendete Rauten am Grunde einer eben begonnenen Zelle bemerkt, die an einer Seite etwas konkav waren, wo nach meiner Vermutung die Bienen ein wenig zu rasch vorgedrungen waren, und auf der

anderen Seite konvex erschienen, wo sie träger in der Arbeit gewesen. In einem sehr ausgezeichneten Fall der Art brachte ich die Wabe in den Korb zurück, ließ die Bienen kurze Zeit daran arbeiten und nahm sie darauf wieder heraus, um die Zellen aufs Neue zu untersuchen. Ich fand dann die rautenförmigen Platten ergänzt und von beiden Seiten vollkommen eben. Es war aber bei der außerordentlichen Dünne der rhombischen Plättchen unmöglich gewesen, dies durch ein weiteres Benagen von der konvexen Seite her zu bewirken, und ich vermute, dass die Bienen in solchen Fällen von den entgegengesetzten Zellen aus das biegsame und warme Wachs (was nach einem Versuch leicht geschehen kann) in die gehörige mittlere Ebene gedrückt und gebogen haben, bis es flach wurde. Aus dem Versuch mit dem rotgefärbten Streifen ist klar zu ersehen, dass, wenn die Bienen eine dünne Wachswand zur Bearbeitung vor sich haben, sie ihre Zellen von angemessener Form machen können, indem sie sich in richtigen Entfernungen voneinander halten, gleichen Schritts mit der Austiefung vorrücken und gleiche runde Höhlen machen, ohne jedoch deren Zwischenwände zu durchbrechen. Nun machen die Bienen, wie man bei Untersuchung des Randes einer in umfänglicher Zunahme begriffenen Honigwabe deutlich erkennt, eine raue Einfassung oder Wand rund um die Wabe und nagen darin von den entgegengesetzten Seiten her ihre Zellen aus, indem sie mit deren Vertiefung auch den kreisrunden Umfang erweitern. Sie machen nie die ganze dreiseitige Pyramide des Bodens einer Zelle auf einmal, sondern nur die eine der drei rhombischen Platten, welche dem äußersten in Zunahme begriffenen Rande entspricht, oder auch die zwei Platten, wie es die Lage mit sich bringt. Auch ergänzen sie nie die oberen Ränder der rhombischen Platten, als bis die sechsseitige Zellenwand angefangen wird. Einige dieser Angaben weichen von denen des mit Recht berühmten älteren Huber ab, aber ich bin überzeugt, dass sie richtig sind; und wenn es der Raum gestattete, so würde ich zeigen, dass sie so mit meiner Theorie in Einklang stehen. Hubers Behauptung, dass die allererste Zelle in einer nicht vollkommen parallelseitigen Wachswand ausgehöhlt wird, ist, soviel ich gesehen, nicht ganz richtig: Der erste Anfang war immer eine kleine INS TINKT

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Feuerländer und Wigwams.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Der feuerländische Wigwam ähnelt in

Größe und Ausmaßen einem Heuschober. Er besteht lediglich aus ein paar abgebrochenen Stöcken, die in die Erde gesteckt und an einer Seite sehr unvollkommen mit einigen wenigen Grasbüscheln und Binsen abgedeckt sind. Das Ganze kann nicht die Arbeit einer Stunde sein und wird nur einige Tage lang benutzt. Bei den Goeree Roads sah ich eine Stelle, wo einer dieser nackten Männer geschlafen hatte, sie war nicht größer als der Abdruck eines Hasen. Der Mann lebte offensichtlich allein, und York Minster sagte, er sei ein »sehr schlechter Mensch« und dass er wahrscheinlich etwas gestohlen habe. An der Westküste hingegen sind die Wigwams deutlich besser, denn sie sind mit Robbenfellen bedeckt. Das schlechte Wetter hielt uns hier mehrere Tage fest. Das Klima ist gewiss erbärmlich: Die Sommersonnenwende war nun vorüber, doch jeden Tag fiel Schnee auf die Berge, und in den Tälern gab es Regen, begleitet von Graupeln. Das Thermometer stand im Allgemeinen bei 7°, fiel nachts aber auf 3° oder 5°. Wegen des feuchten und aufgewühlten Zustands der Luft, die von keinem Sonnenstrahl aufgeheitert war, empfand man das Klima als noch schlimmer, als es tatsächlich war.

Haube von Wachs; doch will ich in diese Einzelheiten hier nicht eingehen. Wir sehen, was für einen wichtigen Anteil die Aushöhlung an der Zellenbildung hat; doch wäre es ein großer Fehler anzunehmen, die Bienen könnten auf eine raue Wachswand nicht in geeigneter Lage, d. h. längs der Durchschnittsebene zwischen zwei aneinandergrenzenden Kreisen, bauen. Ich habe verschiedene Musterstücke, welche beweisen, dass sie dies können. Selbst in dem rohen umfänglichen Wachsrand rund um eine in Zunahme begriffene Wabe beobachtet man zuweilen Krümmungen, welche ihrer Lage nach den Ebenen der rautenförmigen Grundplatten künftiger Zellen entsprechen. Aber in allen Fällen muss die raue Wachswand durch Wegnagung ansehnlicher Teile derselben von beiden Seiten her ausgearbeitet werden. Die Art, wie die Bienen bauen, ist sonderbar. Sie machen immer die erste rohe Wand zehn- bis zwanzigmal dicker als die äußerst feine Scheidewand, die zuletzt zwischen den Zellen übrig bleiben soll. Wir werden besser verstehen, wie sie zu Werk gehen, wenn wir uns denken, Maurer häuften zuerst einen breiten Zementwall auf, begännen dann, am Boden denselben von zwei Seiten her gleichen Schrittes, bis noch eine dünne Wand in der Mitte übrig bliebe, wegzuhauen, und häuften das Weggehauene mit neuem Zement immer wieder auf dem Rücken des Walles an. Wir haben dann eine dünne stetig in die Höhe wachsende Wand, die aber stets noch überragt ist von einem dicken rohen Wall.

Wollaston Island, Tierra del Fuego.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

Als wir einmal bei Wollaston Island an Land gingen, fuhren wir längsseits eines Kanus mit sechs Feuerländern

darin. Es waren die erbärmlichsten und elendigsten Wesen, die ich jemals erblickt hatte. An der Ostküste tragen die Eingeborenen, wie wir gesehen haben, Guanako-Umhänge, an der Westküste besitzen sie Robbenfelle. Bei diesen zentralen Stämmen haben die Männer im Allgemeinen Otterhäute oder einen kleinen Fetzen so groß wie ein Taschentuch, was kaum ausreicht, um den Rücken bis zu den Lenden hinab zu bedecken. Es wird mit Schnüren über der Brust befestigt und je nachdem, wie der Wind weht, von einer Seite zur anderen geschoben. Die Feuerländer in dem Kanu waren jedoch ganz nackt, und selbst eine erwachsene Frau war völlig unbekleidet. Es regnete stark, und das Süßwasser wie auch die Gischt rannen ihr den Körper hinab. In einem anderen, nicht weit entfernten Hafen kam eine Frau, die gerade ihr Neugeborenes säugte, ans Fahrzeug und blieb dort aus reiner Neugier, während der Schneeregen ihr auf den nackten Busen und dem Säugling auf die nackte Haut fiel und dort schmolz! Diese armen Teufel waren im Wachstum verkümmert, ihre hässlichen Gesichter mit weißer Farbe beschmiert, die Haut verdreckt und schmierig, die Haare verfilzt, die Stimme misstönend und die Gebärden gewalttätig. Angesichts solcher Männer vermag man sich kaum einzureden, dass dies Mitmenschen und Bewohner ein und derselben Welt sind. Es ist ein verbreiteter Gegenstand der Vermutung, welche Freude am Leben manche der niederen Tiere genießen können: Um wie viel berechtigter kann dieselbe Frage hinsichtlich dieser Barbaren gestellt werden! Nachts schlafen fünf oder sechs Menschen, nackt und kaum vor Wind und Regen dieses stürmischen Klimas geschützt, auf der nassen Erde, eingerollt wie Tiere. Bei jedem Niedrigwasser, winters wie sommers, Nacht wie Tag, müssen sie aufstehen, um Schalentiere von den Felsen zu pflücken, und die Frauen tauchen entweder, um Seeigel zu sammeln, oder sitzen geduldig im Kanu und fischen mit einer Haarschnur mit Köder, aber ohne Haken daran, kleine Fische heraus. Wird ein Seehund erlegt oder ein verwesender Wal entdeckt, so ist dies ein Fest, und dies klägliche Essen wird durch wenige geschmacklose Beeren und Pilze bereichert. Oft leiden sie Hunger. Ich hörte Mr. Low, einen Robbenfänger, der mit den Eingeborenen dieses Landes eng vertraut ist, einen wunderlichen Bericht vom Zustand einer Gruppe aus einhundertfünfzig Eingeborenen an der Westküste geben, die sehr dünn und in großer Not waren. Eine Folge von Stürmen hinderte die Frauen daran, Schalentiere auf den Felsen zu sammeln, auch konnten sie nicht in ihren Kanus hinaus, um Seehunde zu fangen. Eines Morgens brach eine kleine Gruppe dieser Männer auf, und die anderen Indianer erklärten ihm, sie machten sich auf eine viertägige Suche nach Nahrung; bei ihrer Rückkehr ging Low zu ihnen und traf sie äußerst erschöpft an. Jeder trug ein großes viereckiges Stück fauligen Walspecks mit einem Loch in der Mitte, durch das sie den Kopf gesteckt hatten, so wie die Gauchos es mit ihren Ponchos oder Umhängen tun. War der Speck in einen Wigwam gebracht, schnitt ein alter Mann dünne Scheiben davon ab, kochte sie brabbelnd eine kurze Weile und verteilte sie dann an die hungernde Gruppe, die während dieser Zeit in tiefes Schweigen gehüllt war. Mr. Low glaubt, dass die Eingeborenen jedes Mal, wenn ein Wal an den Strand getrieben wird, große Stücke davon als Notration für Hungerzeiten im Sand vergraben, und ein Eingeborenenjunge, den er an Bord hatte, fand einmal solch ein vergrabenes Lager. Die verschiedenen Stämme sind, wenn sie Krieg führen, Kannibalen. Aufgrund der übereinstimmenden, aber völlig unabhängigen Aussagen des Jungen, den Mr. Low dabeihatte, und Jemmy Buttons ist es sicherlich wahr, dass sie, wenn der Hunger im Winter übermächtig wird, ihre alten Frauen töten und aufessen, bevor sie ihre Hunde töten; der Junge, von Mr. Low gefragt, warum sie das täten, antwortete: »Hunde fangen Otter, alte Frauen nicht.« Der Junge beschrieb die Art und Weise, wie man sie tötet, indem man sie nämlich über Rauch hält und so erstickt; er ahmte im Scherz ihre Schreie nach und nannte die Teile ihres Körpers, die als besonders schmackhaft gelten. So grausig ein solcher Tod von der Hand der eigenen Freunde und Verwandten sein mag, ist doch die Vorstellung der Angst der alten Frauen, wenn der Hunger zunimmt, noch schmerzvoller. Man sagte uns, sie flüchteten häufig in die Berge, würden aber von den Männern verfolgt und zurück zum Schlachthaus an ihr eigenes Feuer gebracht!

Da alle Zellen, die erst angefangenen sowohl als die schon fertigen, auf diese Weise von einer starken Wachsmasse gekrönt sind, so können sich die Bienen auf der Wabe zusammenhäufen und herumtummeln, ohne die zarten sechseckigen Zellenwände zu beschädigen, welche nur 1/400 Zoll dick sind; die Platten an der Grundpyramide sind doppelt so dick. Durch diese eigentümliche Weise zu bauen erhält die Wabe fortwährend die erforderliche Stärke mit der größtmöglichen Ersparung von Wachs. Anfangs scheint die Schwierigkeit, die Anfertigungsweise der Zellen zu begreifen, noch dadurch vermehrt zu werden, dass eine Menge von Bienen gemeinsam arbeiten, indem jede, wenn sie eine Zeitlang an einer Zelle gearbeitet hat, an eine andere geht, sodass, wie Huber bemerkt, ein oder zwei Dutzend Individuen sogar am Anfang der ersten Zelle sich beteiligen. Es ist mir möglich gewesen, diese Tatsache zu bestätigen, indem ich die Ränder der sechsseitigen Wand einer einzelnen Zelle oder den äußersten Rand der Umfassungswand einer im Wachstum begriffenen Wabe mit einer äußerst dünnen Schicht flüssigen rotgefärbten Wachses überzog und dann jedes Mal fand, dass die Bienen diese Farbe auf die zarteste Weise, wie es kein Maler zarter mit seinem Pinsel vermocht hätte, verteilten, indem sie

Falsches Kap Hoorn am Kap Hoorn.

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Atome des gefärbten Wachses von ihrer Stelle entnahmen und ringsum in die zunehmenden Zellenränder verarbeiteten. Diese Art zu bauen kommt mir vor wie ein Wetteifer zwischen vielen Bienen, einander das Gleichgewicht zu halten, indem alle instinktgemäß in gleichen Entfernungen voneinander stehen, und alle gleiche Kreise um sich zu beschreiben suchen, dann aber die Durchschnittsebenen zwischen diesen Kreisen entweder aufzubauen oder unbenagt zu lassen. Es war in der Tat eigentümlich anzusehen, wie manchmal in schwierigen Fällen, wenn z. B. zwei Stücke einer Wabe unter irgendeinem Winkel aneinanderstießen, die Bienen dieselbe Zelle wieder niederrissen und in anderer Art herstellten, mitunter auch zu einer Form zurückkehrten, die sie schon einmal verworfen hatten. Wenn Bienen einen Platz haben, wo sie in zur Arbeit angemessener Haltung stehen können – z. B. auf einem Holzstückchen gerade unter der Mitte einer abwärts wachsenden Wabe, sodass die Wabe über eine Seite des Holzes gebaut werden muss, – so können sie den Grund zu einer Wand eines neuen Sechsecks legen, sodass es genau am gehörigen Platz unter den anderen fertigen Zellen vorragt. Es genügt, dass die Bienen im Stande sind, in geeigneter Entfernung voneinander und von den Wänden der zuletzt vollendeten Zellen zu stehen, und dann

Suppenschildkröte (Chelonia mydas), Galapagosinseln. können sie, nach Maßgabe der eingebildeten Kreise, eine Zwischenwand zwischen zwei benachbarten Zellen aufführen; aber soviel ich gesehen habe, arbeiten sie niemals die Ecken einer Zelle scharf aus, als bis ein großer Teil sowohl dieser als der anstoßenden Zellen fertig ist. Dieses Vermögen der Bienen, unter gewissen Verhältnissen an angemessener Stelle zwischen zwei soeben angefangenen Zellen eine raue Wand zu bilden, ist wichtig, weil es eine Tatsache erklärt, welche anfänglich die vorangehende Theorie mit gänzlichem Umsturz bedrohte, nämlich dass die Zellen auf der äußersten Kante einer Bienenwabe zuweilen genau sechseckig sind; inzwischen habe ich hier nicht Raum, auf diesen Gegenstand einzugehen. Dann scheint es mir auch keine große Schwierigkeit mehr darzubieten, dass ein einzelnes Insekt (wie es bei der Bienenkönigin z. B. der Fall ist) sechskantige Zellen baut, wenn es nämlich abwechselnd an der Außen- und der Innenseite von zwei oder drei gleichzeitig angefangenen Zellen arbeitet und dabei immer in der angemessenen Entfernung von den Teilen der eben begonnenen Zellen steht, Kreise um sich beschreibt und in den Schneidungsebenen Zwischenwände aufführt. Auch ist es zu begreifen, dass ein Insekt, indem es seinen Platz am

Anfangspunkt einer Zelle einnimmt und sich von da auswärts zuerst nach einem und dann nach fünf anderen Punkten in angemessenen Entfernungen voneinander und vom Mittelpunkt wendet, der Richtung der Schneidungsebenen folgt und so ein einzelnes Sechseck zuwege bringt; doch ist mir nicht bekannt, dass ein Fall dieser Art beobachtet worden wäre, wie denn auch aus der Erbauung einer einzeln stehenden sechseckigen Zelle dem Insekt kein Vorteil entspränge, indem dieselbe mehr Baumaterial als ein Zylinder erheischen würde. Da natürliche Züchtung nur durch Häufung geringer Abweichungen des Baues oder Instinkts wirkt, welche alle dem Individuum in seinen Lebensverhältnissen nützlich sind, so mag man vernünftigerweise fragen, welchen Nutzen eine lange und stufenweise Reihenfolge von Abänderungen des Bautriebes in der zu seiner jetzigen Vollkommenheit führenden Richtung der Stammform unserer Honigbienen habe bringen können? Ich glaube, die Antwort ist nicht schwer. Es ist bekannt, dass Bienen oft in großer Not sind, genügenden Nektar aufzutreiben; und ich habe von Herrn Tegetmeier erfahren, dass er durch Versuche ermittelt habe, dass nicht weniger als 12–15 Pfund trockenen Zuckers zur Sekretion INS TINKT

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von jedem Pfund Wachs in einem Bienenkorb verbraucht werden, daher muss eine überschwängliche Menge flüssigen Honigs eingesammelt und von den Bienen eines Stockes verzehrt werden, um das zur Erbauung ihrer Waben nötige Wachs zu erhalten. Überdies muss eine große Anzahl Bienen während des Sekretionsprozesses viele Tage lang unbeschäftigt bleiben. Ein großer Honigvorrat ist ferner nötig für den Unterhalt eines starken Stockes über Winter, und es ist bekannt, dass die Sicherheit desselben hauptsächlich gerade von seiner Stärke abhängt. Daher ist eine Ersparnis von Wachs, die eine große Ersparnis von Honig veranlasst, eine wesentliche Bedingung des Gedeihens einer Bienenfamilie. Für gewöhnlich mag der Erfolg einer Bienenart von der Zahl ihrer Parasiten und anderer Feinde oder von ganz anderen Ursachen bedingt und insofern von der Menge des Honigs unabhängig sein, welche die Bienen einsammeln können. Nehmen wir aber an, dieser letzte Umstand sei doch wirklich der Fall, wie in der Tat oft die Menge der Hummelbienen in einer Gegend davon bedingt ist, und nehmen wir ferner an (was in Wirklichkeit nicht so ist), ihre Gemeinde durchlebe den Winter und verlange mithin einen Honigvorrat, so wäre es in diesem Falle für unsere Hummelbienen gewiss ein Vorteil, wenn eine geringe Veränderung ihres Instinktes sie veranlasste,

Eyre Sound.

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ihre Wachszellen etwas näher aneinander zu machen, sodass sich deren kreisrunde Wände etwas schnitten; denn eine jede zweien aneinanderstoßenden Zellen gemeinsam dienende Zwischenwand müsste etwas Wachs ersparen. Es würde daher ein zunehmender Vorteil für unsere Hummeln sein, wenn sie ihre Zellen immer regelmäßiger machten, immer näher zusammenrückten und immer mehr zu einer Masse vereinigten, wie Melipona, weil alsdann ein

Gletscher im Golf von Penas.

D



Aus „Die Fahrt der Beagle“

er Abfall der Gletscher zum Meer dürfte im Wesentlichen von der Niedrigkeit der Grenze des ewigen Schnees an steilen Bergen in Küstennähe abhängen (Voraussetzung ist natürlich ein ordentlicher Schneevorrat in den oberen Regionen). Da die Schneegrenze in Feuerland so niedrig ist, hätten wir erwarten können, dass viele Gletscher das Meer erreichten. Gleichwohl war ich erstaunt, als ich erstmals eine lediglich 3000 bis 4000 Fuß hohe Bergkette auf der Breite von Cumberland sah, wo jedes Tal mit Eisströmen angefüllt war, die bis zur Meeresküste hinabgingen. Nahezu jeder Meeresarm, der zu der inneren, höheren Kette vordringt, nicht nur in Feuerland, sondern auch an der Küste auf 650 Meilen nach Norden, findet sein Ende an »gewaltigen und erstaunlichen Gletschern«, wie einer der Offiziere sie bei der Vermessung beschrieb. Von diesen Eiskliffen fallen häufig große Eismassen herab, und der Aufprall hallt wie die Breitseite eines Kriegsschiffs durch die einsamen Kanäle. Solche Abstürze erzeugen, wie im vorigen Kapitel ausgeführt, große Wellen, die sich an den umliegenden Küsten brechen. Man weiß, dass Erdbeben häufig dazu führen, dass Erdmassen von Meereskliffen fallen: Wie fürchterlich wäre demnach die Wirkung einer starken Erschütterung (und solche geschehen hier) auf einen Körper wie den Gletscher, der schon in Bewegung und von Spalten durchzogen ist! Ich kann mir gut vorstellen, dass das Wasser ziemlich weit aus dem tiefsten Kanal zurückgedrängt und danach, mit überwältigender Macht zurückkehrend, riesige Gesteinsmassen wie Spreu umherwirbeln würde. Im Eyre’s Sound, auf der Breite von Paris, gibt es gewaltige Gletscher, und dennoch ist der höchste Berg in der Umgebung nur 6200 Fuß hoch. In diesem Sund wurden einmal gleichzeitig ungefähr fünfzig Eisberge gesichtet, die auswärts trieben, und einer soll mindestens 168 Fuß Gesamthöhe betragen haben. Einige davon waren mit beachtlichen Brocken aus Granit und anderem Gestein beladen, das sich von dem Tonschiefer der umliegenden Berge unterschied. Der am weitesten vom Pol entfernte Gletscher, der auf den Fahrten von Adventure und Beagle vermessen wurde, liegt auf 46° 50’ S im Golf von Penas. Er ist 15 Meilen lang und an einer Stelle 7 breit und reicht bis zur Meeresküste hinab. Doch noch einige Meilen nördlich dieses Gletschers, in der Laguna de San Rafael, trafen spanische Missionare auf »viele Eisberge, einige klein, einige groß, andere wiederum von mittlerer Größe«, und das am 22. des Monats, der unserem Juni, und auf einer Breite, die jener des Genfer Sees entspricht! In Europa findet man den südlichsten Gletscher, der bis hinab zum Meer kommt, Von Buch zufolge an der Küste Norwegens auf einer Breite von 67°. Das sind nun über 20° Breite, oder 1230 Meilen, näher dem Pol als die Laguna de San Rafael. Die Position der Gletscher dort und im Golf von Penas kann in eine noch auffallendere Perspektive gesetzt werden, denn sie gehen zur Meeresküste in einer Entfernung von 7,5° Breite oder 450 Meilen von einem Hafen hinab, wo drei Arten Oliva, eine Voluta und eine Terebra die verbreitetsten Muscheln sind, weniger als 9° von einer Gegend, wo Palmen wachsen, in 4,5° Abstand von einem Gebiet, in dem Jaguar und Puma über die Ebene ziehen, weniger als 2,5° entfernt von baumartigen Gräsern und (wenn wir nach Westen auf derselben Hemisphäre blicken) weniger als 2° von orchideenartigen Parasiten und nur einen einzigen Grad von Baumfarnen entfernt!

großer Teil der eine jede Zelle begrenzenden Wand auch anderen Zellen zur Begrenzung dienen und viel Wachs erspart werden würde. Aus gleichem Grund würde es für die Melipona vorteilhaft sein, wenn sie ihre Zellen noch näher zusammenrückte und noch regelmäßiger als jetzt machte, weil dann, wie wir gesehen haben, die kugelförmigen Wände gänzlich verschwinden und durch ebene Zwischenwände ersetzt werden müssten, wo dann die Melipona eine so vollkommene Wabe als die Honigbiene liefern würde. Aber über diese Stufe hinaus kann natürliche

Züchtung den Bautrieb nicht mehr vervollkommnen, weil die Wabe der Honigbiene, soviel wir einsehen können, hinsichtlich der Wachsersparnis unbedingt vollkommen ist. So kann nach meiner Meinung der wunderbarste aller bekannten Instinkte, der der Honigbiene, durch die Annahme erklärt werden, natürliche Züchtung habe allmählich eine Menge kleiner Abänderungen einfacherer Naturtriebe benützt; sie habe auf langsamen Stufen die Bienen geleitet, in einer doppelten Schicht gleiche Kugeln in gegebenen Entfernungen INS TINKT

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voneinander zu ziehen und das Wachs längs ihrer Durchschnittsebenen aufzuschichten und auszuhöhlen, wenn auch die Bienen selbst von den bestimmten Abständen ihrer Kugeln voneinander ebenso wenig als von den Winkeln ihrer Sechsecke und den Rautenflächen am Boden ein Bewusstsein haben. Die treibende Ursache des Prozesses der natürlichen Züchtung war Ersparnis an Wachs. Der einzelne Schwarm, welcher am wenigsten Honig zur Sekretion von Wachs bedurfte, gedieh am besten und vererbte seinen neuerworbenen Ersparnistrieb auf spätere Schwärme, welche dann ihrerseits wieder die meiste Wahrscheinlichkeit des Erfolges in dem Kampf ums Dasein hatten. Ohne Zweifel ließen sich noch viele schwer erklärbare Instinkte meiner Theorie natürlicher Züchtung entgegenhalten: Fälle, wo sich die Veranlassung zur Entstehung eines Instinktes nicht einsehen lässt; Fälle, wo keine Zwischenstufen bekannt sind; Fälle von anscheinend so unwichtigen Instinkten, dass kaum abzusehen ist, wie sich die natürliche Züchtung an ihnen beteiligt haben könne; Fälle von fast gleichen Instinkten bei Tieren, welche auf der Stufenleiter der Natur so weit auseinanderstehen, dass sich deren Übereinstimmung nicht durch Ererbung von einer gemeinsamen Stammform erklären lässt, sondern voneinander unabhängigen Züchtungstätigkeiten zugeschrieben werden muss. Ich will hier nicht auf diese mancherlei Fälle eingehen, sondern nur bei einer besonderen Schwierigkeit stehen bleiben, welche mir anfangs unübersteiglich und meiner ganzen Theorie verderblich zu sein schien. Ich will von den geschlechtslosen Individuen oder unfruchtbaren Weibchen der Insektenkolonien sprechen; denn diese Geschlechtslosen weichen sowohl von den Männchen als den fruchtbaren Weibchen in Bau und Instinkt oft sehr weit ab und können doch, weil sie steril sind, ihre eigentümliche Beschaffenheit nicht selbst durch Fortpflanzung weiter übertragen. Dieser Gegenstand würde sich zu einer weitläufigen Erörterung eignen; doch will ich hier nur einen einzelnen Fall herausheben, die Arbeits-Ameisen. Anzugeben, wie diese Arbeiter steril geworden sind, ist eine große Schwierigkeit, doch nicht größer als bei anderen auffälligen Abänderungen in der Organisation auch. Denn es lässt sich nachweisen, dass einige Sechsfüßer und andere Kerbtiere im Naturzustand

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zuweilen unfruchtbar werden; und falls dies nun bei gesellig lebenden Arten vorgekommen und es der Gemeinde vorteilhaft gewesen ist, dass jährlich eine Anzahl zur Arbeit geschickter, aber zur Fortpflanzung untauglicher Individuen unter ihnen geboren werde, so dürfte keine große Schwierigkeit für die natürliche Züchtung mehr stattgefunden haben, jenen Zufall zur weiteren Entwicklung dieser Anlage zu benützen. Doch muss ich über dieses vorläufige Bedenken hinweggehen. Die Größe der Schwierigkeit liegt darin, dass diese Arbeiter sowohl von den männlichen wie von den weiblichen Ameisen auch in ihrem übrigen Bau, in der Form des Bruststückes, in dem Mangel der Flügel und zuweilen der Augen sowie in ihren Instinkten weit abweichen. Was den Instinkt allein betrifft, so hätte sich die wunderbare Verschiedenheit, welche sich in dieser Hinsicht zwischen den Arbeiterinnen und den fruchtbaren Weibchen ergibt, noch weit besser bei den Honigbienen nachweisen lassen. Wäre eine Arbeits-Ameise oder ein anderes geschlechtsloses Insekt ein Tier in seinem gewöhnlichen Zustand, so würde ich unbedenklich angenommen haben, dass alle seine Charaktere durch natürliche Züchtung entwickelt worden seien, und dass namentlich, wenn ein Individuum mit irgendeiner kleinen nutzbringenden Abweichung des Baues geboren worden wäre, sich diese Abweichung auf dessen Nachkommen vererbt habe, welche dann ebenfalls variierten und bei weiterer Züchtung voranstanden. In der Arbeits-Ameise aber haben wir ein von seinen Eltern weit abweichendes Insekt, unbedingt unfruchtbar, welches daher zufällige Abänderungen des Baues nie ererbt haben noch auf eine Nachkommenschaft weiter vererben kann. Man muss daher fragen, wie es möglich sei, diesen Fall mit der Theorie natürlicher Züchtung in Einklang zu bringen? Erstens können wir mit unzähligen Beispielen sowohl unter unseren kultivierten als unter den natürlichen Erzeugnissen belegen, dass Strukturverschiedenheiten aller Arten mit gewissen Altern oder mit nur einem der zwei Geschlechter in eine feste Wechselbeziehung getreten sind. Wir haben Abänderungen, die in solcher Wechselbeziehung nicht allein mit nur dem einen Geschlecht, sondern sogar mit bloß der kurzen Jahreszeit stehen, wo das Reproduktivsystem tätig ist, wie das hochzeitliche Kleid vieler Vögel und der hakenförmige Unterkiefer

Von Darwin gesammelte Gottesanbeterinnen. des Salmen. Wir haben auch geringe Unterschiede in den Hörnern einiger Rinderrassen, welche mit einem künstlich unvollkommenen Zustand des männlichen Geschlechts stehen; denn die Ochsen haben in manchen Rassen längere Hörner als in anderen, im Vergleich zu denen ihrer Bullen oder Kühe. Ich finde daher keine wesentliche Schwierigkeit darin, dass ein Charakter mit dem unfruchtbaren Zustand gewisser Mitglieder von Insektengemeinden in Korrelation steht; die Schwierigkeit liegt nur darin zu begreifen, wie solche in Wechselbeziehung stehende Abänderungen des Baues durch natürliche Züchtung langsam gehäuft werden konnten. Diese anscheinend unüberwindliche Schwierigkeit wird aber bedeutend geringer oder verschwindet, wie ich glaube, gänzlich, wenn wir bedenken, dass Züchtung ebenso wohl bei der Familie als bei den Individuen anwendbar ist und daher zum erwünschten Ziel führen

kann. So wird eine wohlschmeckende Gemüsesorte gekocht, und dies Individuum ist zerstört; aber der Gärtner sät Samen vom nämlichen Stock und erwartet mit Zuversicht, wieder nahezu dieselbe Varietät zu ernten. Rindviehzüchter wünschen das Fleisch vom Fett gut durchwachsen. Das Tier ist geschlachtet worden, aber der Züchter wendet sich mit Vertrauen wieder zur nämlichen Familie. Ich habe solchen Glauben an die Macht der Züchtung, dass ich nicht bezweifle, dass eine Rinderrasse, welche stets Ochsen mit außerordentlich langen Hörnern liefert, langsam gezüchtet werden könne durch sorgfältige Anwendung von solchen Bullen und Kühen, die, miteinander gepaart, Ochsen mit den längsten Hörnern geben, obwohl nie ein Ochse selbst diese Eigenschaft auf Nachkommen zu übertragen im Stande ist. So mag es wohl auch mit geselligen Insekten gewesen sein; eine kleine Abänderung im Bau oder Instinkt, welche mit der INS TINKT

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unfruchtbaren Beschaffenheit gewisser Mitglieder der Gemeinde in Zusammenhang steht, hat sich für die Gemeinde nützlich erwiesen, infolgedessen die fruchtbaren Männchen und Weibchen derselben besser gediehen und auf ihre fruchtbaren Nachkommen eine Neigung übertrugen, unfruchtbare Glieder mit gleicher Abänderung hervorzubringen. Und ich glaube, dass dieser Vorgang oft genug wiederholt worden ist, bis diese Verschiedenheit zwischen den fruchtbaren und unfruchtbaren Weibchen einer Spezies zu der wunderbaren Höhe gedieh, wie wir sie jetzt bei vielen gesellig lebenden Insekten wahrnehmen. Aber die Schwierigkeit hat noch eine höhere Stufe, die wir noch nicht berührt haben, da nämlich die Geschlechtslosen bei mehren Ameisenarten nicht allein von den fruchtbaren Männchen und Weibchen, sondern auch noch untereinander, zuweilen selbst in oft unglaublichem Grad, abweichen und danach in 2–3 Kasten geteilt werden. Diese Kasten gehen in der Regel nicht ineinander über, sondern sind vollkommen getrennt, sie sind so verschieden voneinander, wie es sonst zwei Arten einer Sippe oder zwei Sippen einer Familie zu sein pflegen. So kommen bei Eciton arbeitende und kämpfende Individuen mit außerordentlich verschiedenen Kinnladen und Instinkten vor; bei Cryptocerus tragen die Arbeiter der einen Kaste allein eine wunderbare Art von Schild an ihrem Kopf, dessen Zweck ganz unbekannt ist. Bei den mexikanischen Myrmecocystus verlassen die Arbeiter der einen Kaste niemals das Nest; sie werden durch die Arbeiter einer anderen Kaste gefüttert und haben ein ungeheuer entwickeltes Abdomen, das eine Art Honig absondert, der die Stelle desjenigen vertritt, welchen unsere Ameisen durch das Melken der Blattläuse erlangen; die mexikanischen gewinnen ihn von Individuen ihrer eigenen Art, die sie als »Kühe« im Hause eingestellt halten. Man mag in der Tat denken, dass ich ein übermäßiges Vertrauen in das Prinzip der natürlichen Züchtung setze, wenn ich nicht zugebe, dass so wunderbare und wohlbegründete Tatsachen meine Theorie auf einmal gänzlich vernichten. In dem einfacheren Fall, wo geschlechtslose Ameisen nur von einer Kaste vorkommen, die nach meiner Meinung durch natürliche Züchtung ganz leicht von den fruchtbaren Männchen und Weibchen abgetrennt worden sein können, in

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diesem Fall dürfen wir aus der Analogie mit gewöhnlichen Abänderungen zuversichtlich schließen, dass jede geringe nützliche spätere Abweichung nicht alsbald an allen geschlechtslosen Individuen eines Nestes zugleich, sondern nur an einigen wenigen zum Vorschein kam, und dass erst infolge lang fortgesetzter Züchtung fruchtbarer Eltern, welche die meisten Geschlechtslosen mit der nutzbaren Abänderung erzeugen konnten, die Geschlechtslosen endlich alle diesen gewünschten Charakter erlangten. Nach dieser Ansicht müsste man auch im nämlichen Neste zuweilen noch geschlechtslose Individuen derselben Insektenart finden, welche Zwischenstufen der Körperbildung darstellen; und diese findet man in der Tat, und zwar, wenn man berücksichtigt, wie selten in Europa diese Geschlechtslosen näher untersucht werden, oft genug. Herr F. Smith hat gezeigt, wie erstaunlich dieselben bei den verschiedenen englischen Ameisenarten in der Größe und mitunter in der Form variieren, und dass selbst die äußersten Formen zuweilen vollständig durch aus demselben Nest entnommene Individuen untereinander verkettet werden können. Ich selbst habe vollkommene Stufenreihen dieser Art miteinander vergleichen können. Oft geschieht es, dass die größeren oder die kleineren Arbeiter die zahlreicheren sind, oft auch sind beide gleich zahlreich mit einer mittleren Abstufung. Formica flava hat größere und kleinere Arbeiter mit einigen von mittlerer Größe; und bei dieser Art haben nach Herrn Smiths Beobachtung die größeren Arbeiter einfache Augen (Ocelli), welche, wenn auch klein, doch deutlich zu beobachten sind, während die Ocellen der kleineren nur rudimentär erscheinen. Nachdem ich verschiedene Individuen dieser Arbeiter sorgfältig zerlegt habe, kann ich versichern, dass die Ocellen der letzten weit rudimentärer sind, als nach ihrer Größe allein zu erwarten gewesen wäre, und ich glaube fest, wenn ich es auch nicht für gewiss zu behaupten wage, dass die Arbeiter von mittlerer Größe auch Ocellen von mittlerem Vollkommenheitsgrad besitzen. Es gibt daher zwei Gruppen steriler Arbeiter in einem Nest, welche nicht allein in der Größe, sondern auch in den Gesichtsorganen voneinander abweichen und durch einige wenige Glieder von mittlerer Beschaffenheit miteinander verbunden werden. Ich könnte nun noch weiter gehen und sagen, dass wenn die kleine-

Jemmy Button, wieder in Tierra del Fuego, legte den englischen Stil ab und wurde von Neuem zum Feuerländer.

S



Aus „Die Fahrt der Beagle“

chon in der Nacht hatte sich die Nachricht verbreitet, und am frühen Morgen (23.) traf dann die frische Gruppe ein, die zu den Tekenika gehörte, also Jemmys Stamm. Einige waren so schnell gerannt, dass sie aus der Nase bluteten und Schaum vor dem Mund hatten, weil sie so schnell redeten, und mit ihren nackten Leibern, die ganz mit Schwarz, Weiß und Rot beschmiert waren, sahen sie aus wie Dämonen, die gekämpft hatten. Sodann fuhren wir (in Begleitung von zwölf Kanus mit jeweils vier bis fünf Leuten darin) durch den Ponsonby-Sund bis zu der Stelle, wo der arme Jemmy seine Mutter und seine Verwandten zu finden hoffte. Er hatte schon gehört, dass sein Vater tot war, doch da er diesbezüglich einen »Traum im Kopf« gehabt hatte, schien ihn das nicht weiter zu kümmern, und er tröstete sich wiederholt mit der natürlichen Überlegung – »Ich nicht kann ändern«. Einzelheiten über den Tod seines Vaters vermochte er nicht in Erfahrung zu bringen, da seine Verwandten nicht darüber sprechen wollten. Jemmy war nun in einer Gegend, die ihm wohlvertraut war, und lenkte die Boote zu einer recht hübschen Bucht namens Woollya, die von kleinen Inseln umgeben war, wovon jede wie auch jede Spitze ihren korrekten angestammten Namen hatte. Dort trafen wir eine Familie von Jemmys Stamm an, die aber nicht mit ihm verwandt war; wir freundeten uns mit ihnen an, und am Abend schickten sie ein Kanu aus, um Jemmys Mutter und Brüder zu informieren. Die Bucht war von einigen Hektar guten, abschüssigen Landes umgeben und nicht (wie anderswo) von Torf oder Waldbäumen bedeckt. Kapitän Fitz Roys ursprüngliche Absicht war es, wie schon bemerkt, York Minster und Fuegia zu ihrem Stamm an der Westküste zu bringen, doch da sie den Wunsch bekundeten, hier zu bleiben, und die Stelle ausnehmend günstig war, beschloss Kapitän Fitz Roy, die ganze Gruppe hier anzusiedeln, darunter auch Matthews, den Missionar. Fünf Tage wurden damit verbracht, ihnen drei große Wigwams zu bauen, ihre Güter an Land zu bringen, zwei Gärten anzulegen und Saat auszubringen. Am Morgen nach unserer Ankunft (24.) begannen die Feuerländer herbeizuströmen, und auch Jemmys Mutter und Brüder trafen ein. Jemmy erkannte die Stentorstimme eines seiner Brüder schon aus erstaunlicher Entfernung. Die Begegnung war weniger interessant als zwischen einem Pferd, das aufs Feld gelassen wird, mit seinem alten Gefährten. Es gab keinerlei Bekundung von Zuneigung; sie starrten einander nur eine Weile an, dann ging die Mutter sogleich nach ihrem Kanu sehen. Allerdings erfuhren wir durch York, dass die Mutter wegen des Verlustes Jemmys untröstlich gewesen war und überall nach ihm gesucht hatte in der Hoffnung, er sei vielleicht doch zurückgelassen worden, nachdem man ihn ins Boot gebracht hatte. Die Frauen schenkten Fuegia große Beachtung und waren sehr freundlich zu ihr. Wir hatten schon bemerkt, dass Jemmy seine eigene Sprache fast vergessen hatte. Ich würde sagen, dass es kaum einen zweiten Menschen mit einem so geringen Sprachschatz gab, denn auch sein Englisch war sehr unvollkommen. Es war lachhaft, aber auch mitleiderregend, wie er mit seinem wilden Bruder Englisch redete und ihn dann auf Spanisch fragte (»no sabe?«), ob er ihn nicht verstehe. Während der folgenden drei Tage, als die Gärten angelegt und die Wigwams gebaut wurden, verlief alles friedlich. Wir schätzten die Zahl der Eingeborenen auf ungefähr einhundertzwanzig. Die Frauen arbeiteten hart, während die Männer den ganzen Tag herumlümmelten und zusahen. Sie baten um alles, was sie sahen, und stahlen, was sie konnten. Sie erfreuten sich an unseren Tänzen und Gesängen, und besonders interessierte es sie, wie wir uns in einem nahe gelegenen Bach wuschen; andere Dinge beachteten sie kaum, nicht einmal unsere Boote.

ren die nützlicheren für den Haushalt der Gemeinde gewesen wären und demzufolge immer diejenigen Männchen und Weibchen, welche die kleineren Arbeiter liefern, bei der Züchtung das Übergewicht gewonnen hätten, bis alle Arbeiter einerlei Beschaffenheit erlangten, wir eine Ameisenart haben müssten, deren Geschlechtslose fast wie bei Myrmica

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beschaffen wären. Denn die Arbeiter von Myrmica haben nicht einmal Augenrudimente, obwohl deren Männchen und Weibchen wohl entwickelte Ocellen besitzen. Ich will noch ein anderes Beispiel anführen. Ich erwartete so zuversichtlich, Abstufungen in wesentlichen Teilen des Körperbaus zwischen den

verschiedenen Kasten der Geschlechtslosen in einer nämlichen Art zu finden, dass ich mir gern Hrn. F. Smiths Anerbieten zahlreicher Exemplare der Treiberameise (Anomma) aus Westafrika zunutze machte. Der Leser wird vielleicht die Größe des Unterschieds zwischen deren Arbeitern am besten bemessen, wenn ich ihm nicht die wirklichen Ausmessungen, sondern eine streng genaue Vergleichung mitteile. Die Verschiedenheit ist ebenso groß, als ob wir eine Reihe von Arbeitsleuten ein Haus bauen sähen, von welchen viele nur fünf Fuß vier Zoll hoch und viele andere bis sechzehn Fuß groß wären (1:3); dann müssten wir aber noch unterstellen, dass die größeren vier- statt dreimal so große Köpfe als die kleineren und fast fünfmal so große Kinnladen hätten. Überdies ändern die Kinnladen dieser Arbeiter wunderbar in Form, in Größe und in der Zahl der Zähne ab. Aber die für uns wichtigste Tatsache ist, dass, obwohl man diese Arbeiter in Kasten von verschiedener Größe unterscheiden kann, sie doch unmerklich ineinander übergehen, wie es auch mit der so weit auseinanderweichenden Bildung ihrer Kinnladen der Fall ist. Ich kann mit Zuversicht über diesen letzten Punkt sprechen; da Hr. Lubbock Zeichnungen dieser Kinnladen mit der Camera lucida für mich angefertigt hat, welche ich von den Arbeitern verschiedener Größe abgelöst hatte.

Mit diesen Tatsachen vor mir glaube ich, dass natürliche Züchtung auf die fruchtbaren Eltern wirkend, Arten zu bilden im Stande ist, welche regelmäßig auch ungeschlechtliche Individuen hervorbringen, die entweder alle eine ansehnliche Größe und gleichbeschaffene Kinnladen haben, oder welche alle klein und mit Kinnladen von sehr veränderlicher Bildung versehen sind, oder welche endlich (und dies ist die Hauptschwierigkeit) zwei Gruppen von verschiedener Beschaffenheit darstellen, wovon die eine von gleicher Größe und Bildung und die andere in beiderlei Hinsicht veränderlich ist, beide aus einer anfänglichen Stufenreihe wie bei Anomma hervorgegangen, wovon aber die zwei äußersten Formen, sofern sie für die Gemeinde die nützlichsten sind, durch natürliche Züchtung der sie erzeugenden Eltern immer zahlreicher überwiegend werden, bis die Zwischenstufen gänzlich verschwinden. So ist nach meiner Meinung die wunderbare Erscheinung von zwei streng begrenzten Kasten unfruchtbarer Arbeiter in einerlei Nest zu erklären, welche beide weit voneinander und von ihren Eltern verschieden sind. Es lässt sich annehmen, dass ihre Hervorbringung für eine soziale Insektengemeinde nach gleichem Prinzip, wie die Teilung der Arbeit für die zivilisierten Menschen, nützlich gewesen sei. Da die Ameisen mit ererbten Instinkten und mit ererbten

Feuerländer in Woollya, im Hintergrund Fitzroys Expeditionscamp. INS TINKT

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Organen und Werkzeugen und nicht mit erworbenen Kenntnissen und fabriziertem Gerät arbeiten, so ließ sich eine vollständige Teilung der Arbeit unter denselben nur mittels steriler Arbeiter erzielen; denn wären sie fruchtbar gewesen, so würden sie durch Kreuzung ihre Instinkte und Werkzeuge mit denen der anderen gemischt und verdorben haben. Und die Natur hat, wie ich glaube, diese bewundernswürdige Arbeitsteilung in den Ameisengemeinden durch Züchtung bewirkt. Aber ich bin zu bekennen genötigt, dass ich bei allem Vertrauen in dieses Prinzip doch, ohne die vorliegenden Tatsachen zu kennen, nie geahnt haben würde, dass natürliche Züchtung sich in so hohem Grad wirksam erweisen

könne. Ich habe deshalb auch diesen Gegenstand mit etwas größerer, obwohl noch ganz ungenügender Ausführlichkeit abgehandelt, um daran die Macht natürlicher Züchtung zu zeigen und weil er in der Tat die ernsteste spezielle Schwierigkeit für meine Theorie darbietet. Auch ist der Fall darum sehr interessant, weil er zeigt, dass sowohl bei Tieren als bei Pflanzen jeder Betrag von Abänderung in der Struktur durch Häufung vieler kleiner und anscheinend zufälliger Abweichungen von irgendwelcher Nützlichkeit, ohne alle Unterstützung durch Übung und Gewohnheit, bewirkt werden kann. Denn keinerlei Grad von Übung, Gewohnheit und Willen in den gänzlich unfruchtbaren Gliedern einer Gemeinde

Aus „Die Fahrt der Beagle“ ” 6. Februar 1833



Wir langten in Woollya an. Matthews gab einen so schlimmen Bericht vom Verhalten der Feuerländer, dass

Kapitän Fitz Roy entschied, ihn wieder mit zur Beagle zu nehmen, und schließlich ließ man ihn in Neuseeland zurück, wo sein Bruder Missionar war. Gleich nach unserer Abfahrt hatte ein geradezu systematisches Plündern begonnen; ständig trafen neue Gruppen von Eingeborenen ein: York und Jemmy verloren viele Gegenstände und Matthews fast alles, was er nicht in der Erde versteckt hatte. Jeder Gegenstand schien zerrissen und unter den Eingeborenen verteilt worden zu sein. Matthews schilderte die Wache, die er stets halten musste, als äußerst zermürbend; Nacht und Tag war er von den Eingeborenen umgeben, die ihn zu ermüden suchten, indem sie dicht an seinem Kopf unaufhörlich Lärm machten. Einmal forderte Matthews einen alten Mann auf, seinen Wigwam zu verlassen, worauf dieser sogleich mit einem großen Stein in der Hand zurückkehrte; ein andermal kam eine ganze mit Steinen und Stöcken bewaffnete Gruppe, und einige der jüngeren Männer und Jemmy weinten: Matthews ging ihnen mit Geschenken entgegen. Eine andere Gruppe machte ihm mit Gesten deutlich, dass sie ihn nackt ausziehen und ihm alle Haare aus Gesicht und Körper reißen wolle. Ich glaube, wir kamen gerade rechtzeitig, um ihm das Leben zu retten. Jemmys Verwandte waren so eitel und töricht gewesen, Fremden ihre Beute zu zeigen und wie sie dazu gekommen waren. Es war ganz betrüblich, die drei Feuerländer bei ihren wilden Landsleuten zurückzulassen, doch war es ein großer Trost, dass sie keine Angst um sich hatten. York, ein kräftiger, entschlossener Mann, würde mit seiner Frau Fuegia bestimmt gut zurechtkommen. Der arme Jemmy schaute recht verzweifelt drein und wäre, dessen bin ich mir sicher, gern mit uns zurückgekehrt. Sein eigener Bruder hatte ihm viele Dinge gestohlen, und indem er bemerkte: »Was für Art das«, beschimpfte er seine Landsleute, »alles böse Männer, sabe (wissen) nichts!« und, obgleich ich ihn nie hatte fluchen hören: »verdammte Narren«. Unsere drei Feuerländer hätten, obgleich sie nur drei Jahre unter zivilisierten Menschen gewesen waren, gewiss gern ihre neue Lebensweise beibehalten, das aber war offensichtlich unmöglich. Ich fürchte, es ist mehr als zweifelhaft, ob ihr Besuch ihnen überhaupt etwas genützt hat. Am Abend brachen wir, mit Matthews an Bord, zurück zum Schiff auf, nicht durch den Beagle-Kanal, sondern die Südküste entlang. Die Boote waren schwer beladen und die See rau, und es war eine gefährliche Fahrt. Am Abend des 7. waren wir nach einer Abwesenheit von zwanzig Tagen, in denen wir dreihundert Meilen in offenen Booten zurückgelegt hatten, wieder an Bord der Beagle. Am 11. besuchte Kapitän Fitz Roy die Feuerländer allein und fand, dass sie gut zurechtkamen und nur noch sehr wenige Dinge verloren hatten.

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Die HMS Beagle im Murray-Kanal umgeben von den Inseln Feuerlands.

Conrad Martens’ berühmtes Aquarell der Beagle im Murray-Kanal. Martens fuhr ein Stück weit auf dem Schiff mit.

A



Aus „Die Fahrt der Beagle“

m letzten Februartag des folgenden Jahres (1834) ankerte die Beagle in einer schönen kleinen Bucht an der östlichen Einfahrt zum Beagle-Kanal. Kapitän Fitz Roy entschloss sich zu dem kühnen und, wie sich herausstellte, erfolgreichen Versuch, gegen den Westwind auf derselben Route zu kreuzen, der wir in den Booten zur Ansiedlung Woollya gefolgt waren. Wir sahen nicht viele Eingeborene, bis wir dann in der Nähe des Ponsonby-Sund waren, wo uns zehn bis zwölf Kanus folgten. Die Eingeborenen verstanden den Grund unseres Lavierens überhaupt nicht, und statt uns bei jedem Schlag zu begegnen, mühten sie sich vergebens, uns auf unserem Zickzackkurs zu folgen. Mich belustigte die Erkenntnis, welchen Unterschied der Umstand, dass wir an Kraft deutlich überlegen waren, bei der Betrachtung dieser Wilden ausmachte. Im Boot war mir zunehmend allein schon der Klang ihrer Stimmen zuwider, so viel Ärger hatten sie uns bereitet. Das erste und letzte Wort war immer »Jammerschoner«. Wenn wir in eine ruhige kleine Bucht einliefen, uns umsahen und gedachten, eine ruhige Nacht zu verbringen, schrillte das widerwärtige Wort »Jammerschoner« aus einem düsteren Winkel, und dann ringelte sich das kleine Rauchsignal empor, um die Nachricht weit und breit zu verkünden. Fuhren wir irgendwo ab, sagten wir zueinander: »Dem Himmel sei Dank, endlich haben wir diese Wichte hinter uns gelassen!«, als erneut ein schwaches Hallo von einer allmächtigen Stimme, aus einer großen Entfernung vernommen, an unser Ohr drang, und deutlich konnten wir wieder »Jammerschoner« ausmachen. Nun jedoch war es desto lustiger, je mehr Feuerländer es waren, und wie lustig es dann war! Beide Seiten lachten, staunten, gafften einander an; wir bedauerten sie, dass sie uns gute Fische und Krabben gegen Lumpen usw. gaben, sie wiederum ergriffen die Gelegenheit, auf Leute zu treffen, die so dumm waren, dass sie solch prachtvolle Ornamente gegen ein gutes Mahl eintauschten. Es war höchst amüsant, das unverhohlen befriedigte Grinsen bei einer jungen Frau zu sehen, deren Gesicht schwarz bemalt war, während sie sich einige Fetzen rotes Tuch mit Binsen um den Kopf schnürte. Ihr Mann, der das in diesem Land sehr gängige Privileg genoss, zwei Ehefrauen zu besitzen, wurde offensichtlich neidisch auf die große Aufmerksamkeit, die seiner jungen Frau erwiesen wurde, und ließ sich nach einer Unterredung mit seinen nackten Schönen von ihnen davonpaddeln. Einige der Feuerländer zeigten deutlich, dass sie eine passable Vorstellung vom Feilschen hatten. Ich gab einem Mann einen großen Nagel (ein äußerst wertvolles Geschenk), ohne die Geste eines Gegengeschenks zu machen; er jedoch hob sogleich zwei Fische auf und reichte sie mir an der Spitze seines Speers herauf. Fiel ein Geschenk, das einem Kanu galt, in die Nähe eines anderen, so wurde es stets dem richtigen Besitzer übergeben. Der feuerländische Junge, den Mr. Low an Bord hatte, zeigte durch einen heftigen Wutanfall, dass er den Tadel, einen Lügner genannt zu werden, denn das war er auch, durchaus verstand. Jetzt wie auch bei allen früheren Anlässen waren wir sehr überrascht über die geringe oder vielmehr völlig fehlende Aufmerksamkeit, die sie vielen Dingen schenkten, deren Verwendung den Eingeborenen bekannt gewesen sein musste. Einfache Umstände – wie die Schönheit eines scharlachroten Tuches oder blauer Perlen, das Fehlen von Frauen, die Sorgfalt, mit der wir uns wuschen – erregten ihre Bewunderung weit mehr als jeder großartige oder komplizierte Gegenstand wie etwa unser Schiff. Bougainville hat über diese Leute wohl bemerkt, sie behandelten die »chef-d’œuvres de l’industrie humaine comme ils traitent les loix de la nature et ses phénomènes«. Am 5. März ankerten wir in der Bucht von Woollya, doch sahen wir dort keine Menschenseele. Das bestürzte uns, denn die Eingeborenen vom Ponsonby-Sund hatten durch Gebärden angezeigt, dass es Kämpfe gegeben hatte, und später erfuhren wir, dass die gefürchteten Oens-Männer eingefallen waren. Bald darauf näherte sich uns ein Kanu, in dem eine Fahne flatterte, und einer der Männer darin wusch sich gerade die Farbe vom Gesicht. Dieser Mann war der arme Jemmy – nun ein dünner, hagerer Wilder mit langem, wirrem Haar und bis auf den Fetzen einer Decke um die Hüften nackt. Wir erkannten ihn erst, als er nahe bei uns war, denn er schämte sich und drehte dem Schiff den Rücken zu. Als wir ihn zurückgelassen hatten, war er rundlich, dick, sauber und gut gekleidet – nie habe ich eine solch vollständige und schlimme Verwandlung gesehen. Sobald er aber mit Kleidung versehen war

und die erste Aufregung sich gelegt hatte, sah alles schon wieder besser aus. Er speiste mit Kapitän Fitz Roy, und er aß sein Mahl so reinlich wie zuvor. Er sagte uns, er habe »zu viel« (was genug bedeutete) zu essen, dass ihm nicht kalt sei, dass seine Verwandten gute Menschen seien und dass er nicht zurück nach England wolle: Am Abend entdeckten wir dann die Ursache des großen Wandels von Jemmys Haltung, als nämlich seine junge und hübsche Frau eintraf. Mit seiner üblichen Empfindsamkeit brachte er zweien seiner besten Freunde zwei schöne Otterfelle und dem Kapitän eigenhändig gefertigte Speerspitzen und Pfeile. Er sagte, er habe sich selbst ein Kanu gebaut, und brüstete sich, er könne schon etwas in seiner eigenen Sprache sprechen! Ganz ungewöhnlich ist aber, dass er seinem Stamm anscheinend etwas Englisch beigebracht hat: Ein alter Mann kündigte spontan »Jemmy Buttons Frau« an. Jemmy habe alles Hab und Gut verloren. Er erzählte uns, York Minster habe ein Kanu gebaut und sei mit seiner Frau Fuegia mehrere Monate zuvor auf sein eigenes Land gezogen und habe sich mit einer ausgemachten Schurkerei verabschiedet; er habe Jemmy und seine Mutter überredet mitzukommen und sie dann unterwegs bei Nacht verlassen und dabei ihr gesamtes Eigentum gestohlen. Jemmy ging zum Schlafen an Land und kehrte am Morgen zurück an Bord, bis das Schiff den Anker lichtete, was seine Frau ängstigte, worauf sie so lange heftig weinte, bis er in sein Kanu stieg. Beladen mit wertvollen Gütern kehrte er zurück. Jede Seele an Bord war von Herzen traurig, ihm zum letzten Mal die Hand zu geben. Heute zweifle ich nicht mehr daran, dass er so glücklich sein wird, vielleicht glücklicher, als wenn er nie sein Land verlassen hätte. Jeder muss aufrichtig hoffen, dass des Kapitäns edle Hoffnung in Erfüllung gehe, er möge für die zahlreichen großzügigen Opfer, die er diesen Feuerländern gebracht hatte, belohnt werden, indem einmal ein schiffbrüchiger Seemann von den Nachfahren Jemmy Buttons und seines Stammes beschützt werde! Als Jemmy das Ufer erreichte, entzündete er ein Signallicht, und der Rauch stieg auf und sagte uns ein letztes und langes Lebewohl, während das Schiff Kurs aufs offene Meer nahm.

vermöchte die Bildung oder Instinkte der fruchtbaren Glieder, welche allein die Nachkommenschaft liefern, zu beeinflussen. Ich bin erstaunt, dass noch niemand den lehrreichen Fall der geschlechtslosen Insekten der wohlbekannten Theorie Lamarcks entgegengesetzt hat. Zusammenfassung. – Ich habe in diesem Kapitel kurz zu zeigen versucht, dass die Geistesfähigkeiten unserer Haustiere abändern, und dass diese Abänderungen vererblich sind. Und in noch kürzerer Weise habe ich darzutun gestrebt, dass Instinkte im Naturzustand etwas abändern. Niemand wird bestreiten, dass Instinkte von der höchsten Wichtigkeit für jedes Tier sind. Ich sehe daher keine Schwierigkeit, warum unter veränderten Lebensbedingungen natürliche Züchtung nicht auch im Stande gewesen sein sollte, kleine Abänderungen des Instinkts in einer nützlichen Richtung bis zu jedem Betrag zu häufen. In einigen Fällen haben Gewohnheit, Gebrauch und Nichtgebrauch wahrscheinlich mitgewirkt. Ich glaube nicht, durch die in diesem Abschnitt mitgeteilten Tatsachen meine Theorie in irgendeiner Weise zu stützen; doch ist nach meiner besten Überzeugung

auch keine dieser Schwierigkeiten im Stande, sie umzustoßen. Auf der anderen Seite aber eignen sich die Tatsachen, dass Instinkte nicht immer vollkommen und noch Missdeutungen unterworfen sind, – dass kein Instinkt zum ausschließlichen Vorteil eines anderen Tiers vorhanden ist, wenn auch jedes Tier von Instinkten anderer Nutzen zieht, – dass der naturhistorische Glaubenssatz »Natura non facit saltum« ebenso wohl auf Instinkte als auf körperliche Bildungen anwendbar und aus den vorgetragenen Ansichten ebenso erklärlich als auf andere Weise unerklärbar ist: Alle diese Tatsachen eignen sich, die Theorie der natürlichen Züchtung zu befestigen. Diese Theorie wird noch durch einige andere Erscheinungen hinsichtlich der Instinkte bestärkt. So durch die gemeine Beobachtung, dass einander nah verwandte, aber sicherlich verschiedene Spezies, wenn sie voneinander entfernte Weltteile bewohnen und unter beträchtlich verschiedenen Existenzbedingungen leben, doch oft fast dieselben Instinkte beibehalten. So z. B. lässt sich aus dem Erblichkeitsprinzip erklären, wie es kommt, dass die südamerikanische Drossel ihr Nest mit Schlamm auskleidet ganz in derselben Weise, wie INS TINKT

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Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Kapitel V: Über die Aufnahme der ›Entstehung der Arten‹ Professor Huxley

Hinsichtlich der ›Philosophie Zoologique‹ ist es kein Vorwurf gegen Lamarck zu sagen, dass die Diskussion der Arten-Frage in diesem Werk, was immer man 1809 dazu gesagt haben mag, sich elendiglich unter dem Kenntnisstand ein halbes Jahrhundert später befand. In dieser Zeitspanne hatte die Erklärung zum Aufbau der niederen Tiere und Pflanzen zu ganz neuen Vorstellungen über deren Beziehungen geführt; Histologie und Embryologie im heutigen Sinne wurden geschaffen; die Physiologie wurde eigenständig; die Tatsachen der geologischen und geographischen Verbreitung wurden ungeheuer vervielfacht und in eine Ordnung gebracht. Jedem Biologen, dessen Studien ihn über die reinen Mutmaßungen zu den Arten hinausführten, erschien 1850 die eine Hälfte von Lamarcks Überlegungen obsolet und die andere falsch, oder unzulänglich, da sie die verschiedenen Klassen von Beweisen, die seit seiner Zeit ans Licht gekommen waren, außer Acht ließen. Mehr noch, sein eigener Vorschlag zum Grund für die allmähliche Abänderung der Arten – ein Bemühen, das durch eine Wandlung der Bedingungen ausgelöst wurde – war augenscheinlich auf die ganze Pflanzenwelt nicht anwendbar. Ich glaube nicht, dass ein unparteiischer Richter, der jetzt die ›Philosophie Zoologique‹ liest und anschließend zu Lyells präziser und wirksamer Kritik greift, bereit sein wird, Lamarck einen höheren Platz bei der Einführung der biologischen Evolution zuzubilligen denn den, den Bacon sich selbst in Bezug auf die physikalische Wissenschaft im Allgemeinen zuweist – buccinator tantum.

es unsere europäische Drossel tut; – wie es kommt, dass die Männchen des ostindischen und des afrikanischen Nashornvogels, welche zu zwei verschiedenen Untersippen von Buceros gehören, beide dieselben eigentümlichen Instinkte besitzen, ihre in Baumhöhlen brütenden Weibchen mit Sand so einzumauern, dass nur noch ein kleines Loch offen bleibt, durch welches sie das Weibchen und später auch die Jungen mit Nahrung versehen; – wie es kommt, dass das Männchen des amerikanischen Zaunkönigs (Troglodytes) ein besonderes Nest für sich baut, ganz wie das Männchen unserer einheimischen Art: Alles Sitten, die bei anderen Vögeln gar nicht vorkommen. Endlich mag es wohl keine logisch richtige Folgerung sein, es entspricht aber meiner Vorstellungsart weit besser, solche Instinkte wie die des jungen Kuckucks, der seine Nährbrüder aus dem Neste stößt, – wie die der Ameisen, welche Sklaven machen, – oder die der Ichneumoniden, welche ihre Eier in lebende Raupen legen, nicht als eigentümlich anerschaffene

Links: Jean-Baptiste Lamarck (1744–1829), französischer Naturforscher. Seine Theorie der Evolution ging jener Darwins voraus, war jedoch nicht so logisch, überzeugend und von so langem Bestand.

Instinkte, sondern nur als geringe Ausflüsse eines allgemeinen Gesetzes zu betrachten, welches allen organischen Wesen zum Vorteil gereicht, nämlich: Vermehrung und Abänderung macht die Stärksten siegen und die Schwächsten erliegen.

Kap Hoorn. INS TINKT

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Eine andere Ansicht von Kap Hoorn.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



1. Juni 1834

W

ir ankerten in der schönen Bucht von Port Famine. Es war nun Anfang Winter, und nie habe ich etwas Freudloseres gesehen; die düsteren Wälder, vom Schnee gescheckt, waren durch eine nie-selige, diesige Luft nur undeutlich zu erkennen. Allerdings hatten wir das Glück zweier schöner Tage. An einem davon bot uns der Sarmiento, ein ferner Berg von 6800 Fuß Höhe, ein ganz herrliches Schauspiel. In der Szenerie Feuerlands überraschte mich häufig die vermeintlich geringe Erhebung tatsächlich hoher Berge. Vermutlich verdankt sich dies einer Ursache, an die man zunächst nicht denkt, nämlich dass man die ganze Masse vom Gipfel bis zum Wasserrand zumeist vollständig vor Augen hat. Ich erinnere mich, einen Berg gesehen zu haben, erst vom Beagle-Kanal aus, wo man die gesamte Weite vom Gipfel bis zum Fuß vollständig im Blick hatte, und dann vom Ponsonby-Sund über mehrere aufeinander folgende Kämme hinweg; in letzterem Falle war es dabei eigenartig zu beobachten, wie der Berg, indem jeder neue Kamm einen neuen Anhaltspunkt zur Abschätzung der Distanz gewährte, an Höhe gewann.



10. Juni 1834

A

m Morgen fuhren wir dann so schnell es ging in den offenen Pazifik hinaus. Die Westküste besteht allgemein aus niederen, gerundeten, ganz unfruchtbaren Hügeln aus Granit und Grünstein. Sir J.Narborough nannte einen Abschnitt South Desolation, weil es sich »als so trostloses Land darbietet«, womit er wahrlich Recht hat. Vor den Hauptinseln liegen zahllose verstreute Felsen, an denen die lange Dünung des offenen Ozeans unablässig wütet. Wir gelangten durch die East und West Furies hinaus, und ein wenig weiter nördlich sind so viele Brecher, dass das Meer dort Milchstraße genannt wird. Der Anblick einer solchen Küste genügt, dass eine Landratte eine Woche lang von Wracks, Gefahr und Tod träumt, und mit diesem Anblick sagten wir Feuerland auf immer Lebewohl.

246 · SIE BE NT E S K AP IT EL

Darwins Stammbaum.

INS TINKT

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A c h t e s Ka p i t e l



Bastardbildung

Unterschied zwischen der Unfruchtbarkeit bei der ersten Kreuzung und der Unfruchtbarkeit der Bastarde – Unfruchtbarkeit der Stufe nach veränderlich; nicht allgemein; durch Inzucht vermehrt und durch Zähmung vermindert – Gesetze für die Unfruchtbarkeit der Bastarde – Unfruchtbarkeit keine besondere Eigentümlichkeit, sondern mit anderen Verschiedenheiten zusammenfallend – Ursachen der Unfruchtbarkeit der ersten Kreuzung und der Bastarde – Parallelismus zwischen den Wirkungen der veränderten Lebensbedingungen und der Kreuzung – Fruchtbarkeit miteinander gekreuzter Varietäten und ihrer Blendlinge nicht allgemein – Bastarde und Blendlinge unabhängig von ihrer Fruchtbarkeit verglichen – Zusammenfassung.

D

ie allgemeine Meinung der Naturforscher geht dahin, dass Arten im Falle der Kreuzung von sich aus

unfruchtbar sind, um die Verschmelzung aller organischen Formen miteinander zu verhindern. Diese Meinung hat anfangs gewiss große Wahrscheinlichkeit für sich; denn in derselben Gegend beisammenlebende Arten würden sich, wenn freie Kreuzung möglich wäre, kaum getrennt erhalten können. Die Wichtigkeit der Tatsache, dass Bastarde sehr allgemein steril sind, ist nach meiner Ansicht von einigen neueren Schriftstellern sehr unterschätzt worden. Nach der Theorie der natürlichen Züchtung ist der Fall umso mehr von spezieller Wichtigkeit, als die Unfruchtbarkeit der Bastarde wohl nicht vorteilhaft für sie sein und auch deshalb nicht durch fortgesetzte Erhaltung aufeinanderfolgender nützlicher Abstufungen der Sterilität erworben sein kann. Ich hoffe jedoch zeigen zu können, dass Unfruchtbarkeit nicht eine speziell erworbene oder für sich angeborene Eigenschaft ist, sondern mit anderen erworbenen Verschiedenheiten zusammenhängt. Bei Behandlung dieses Gegenstandes hat man zwei Klassen von Tatsachen, welche von Grund aus weit verschieden sind, gewöhnlich miteinander verwechselt, nämlich die Unfruchtbarkeit zweier Arten bei ihrer ersten Kreuzung und die Unfruchtbarkeit der von ihnen erhaltenen Bastarde.

Rechts: Down House von außen, 1998.

248 · ACH T E S K A P I T EL

Down House vom Garten aus gesehen.



Aus der Autobiographie von Charles Darwin

Nach mehrfach vergeblichem Suchen in Surrey und anderswo fanden wir dieses Haus und kauften es. Mir

gefiel das breit gefächerte Erscheinungsbild der einer Kreidegegend eigenen Vegetation hier und wie verschieden sie war von dem, was ich aus den Midlands kannte; und noch mehr gefiel mir die außerordentliche Ruhe und Ländlichkeit des Ortes. Allerdings ist er nicht ganz so abgelegen, wie ihn der Verfasser eines Artikels in einer deutschen Zeitschrift beschreibt, dass man mein Haus nur auf einem Maultierpfad erreichen könnte! Dass wir uns gerade hier niedergelassen haben, erwies sich in einer Hinsicht, die wir nicht voraussehen konnten, als besonders vorteilhaft, nämlich dass der Ort sehr günstig für häufige Besuche unserer Kinder gelegen ist. Es können nur wenige Personen zurückgezogener gelebt haben als wir hier. Außer kurzen Besuchen bei Verwandten und gelegentlichen Ausflügen an die Meeresküste oder andere Orte sind wir nirgends hingegangen. In der ersten Zeit unseres hiesigen Aufenthalts sind wir ein wenig in Gesellschaft gegangen und haben einige Freunde bei uns empfangen; aber meine Gesundheit litt immer an den Folgen der Aufregung, weil dadurch heftiger Schüttelfrost und Anfälle von Erbrechen ausgelöst wurden. Ich bin daher für viele Jahre gezwungen gewesen, alle Essensgesellschaften aufzugeben; und das war für mich ein herber Verlust, weil solche Zusammenkünfte mich immer in sehr gute Stimmung brachten. Aus demselben Grund konnte ich auch nur wenige meiner wissenschaftlichen Bekannten hierher einladen. Mein ganzes Leben lang war die wissenschaftliche Arbeit meine hauptsächlichste Freude und meine einzige Beschäftigung; und die Anregung, die ich durch diese Arbeit gewinne, lässt mich mein tägliches Unbehagen zeitweilig vergessen oder verdrängt es wohl auch ganz. Aus meinem noch übrigen Leben habe ich daher nichts mehr zu berichten, mit Ausnahme der Veröffentlichung meiner verschiedenen Bücher. Vielleicht sind ein paar Einzelheiten darüber, wie sie entstanden sind, mitteilenswert.

250 · ACH T E S K A P I T EL

Reine Arten haben regelmäßig Fortpflanzungsorgane von vollkommener Beschaffenheit, liefern aber, wenn sie miteinander gekreuzt werden, nur wenige oder gar keine Nachkommen. Bastarde dagegen haben Reproduktionsorgane, welche zur Dienstleistung unfähig sind, wie man aus dem Zustand des männlichen Elements bei Pflanzen und Tieren erkennt, während die Organe selbst ihrer Bildung nach vollkommen sind, wie die mikroskopische Untersuchung ergibt. Im ersten Fall sind die zweierlei geschlechtlichen Elemente, welche den Embryo liefern sollen, vollkommen; im anderen sind sie entweder gar nicht oder nur sehr unvollständig entwickelt. Diese Unterscheidung ist wesentlich, wenn die Ursache der in beiden Fällen stattfindenden Sterilität in Betracht gezogen werden soll. Der Unterschied ist wahrscheinlich übersehen worden, weil man die Unfruchtbarkeit in beiden Fällen als eine besondere Eigentümlichkeit betrachtet hat, deren Beurteilung außer dem Bereich unserer Kräfte liegt. Die Fruchtbarkeit der Varietäten oder derjenigen Formen, welche als von gemeinsamen Eltern abstammend bekannt sind oder doch als so entstanden angesehen werden, bei deren Kreuzung und ebenso die ihrer Blendlinge ist in Bezug auf meine Theorie von gleicher Wichtigkeit mit der Unfruchtbarkeit der Spezies untereinander; denn es scheint sich daraus ein klarer und weiter Unterschied zwischen Arten und Varietäten zu ergeben. Erstens: Die Unfruchtbarkeit miteinander gekreuzter Arten und ihrer Bastarde. Man kann unmöglich die verschiedenen Werke und Abhandlungen der zwei gewissenhaften und bewundernswerten Beobachter Kölreuter und Gärtner, welche fast ihr ganzes Leben diesem Gegenstand gewidmet haben, durchlesen, ohne einen tiefen Eindruck von der Allgemeinheit eines höheren oder geringeren Grades der Unfruchtbarkeit gekreuzter Arten in sich aufzunehmen. Kölreuter macht es zur allgemeinen Regel; aber er durchhaut den Knoten, indem er in zehn Fällen, wo zwei fast allgemein für verschiedene Arten geltende Formen ganz fruchtbar miteinander sind, dieselben unbedenklich für bloße Varietäten erklärt. Auch Gärtner macht die Regel zur allgemeinen und bestreitet die zehn Fälle gänzlicher Fruchtbarkeit bei Kölreuter. Doch ist Gärtner in diesen wie in vielen anderen Fällen genötigt, die erzielten Samen sorgfältig zu zählen um zu bewei-

sen, dass doch einige Verminderung der Fruchtbarkeit stattfindet. Er vergleicht immer die höchste Anzahl der von zwei gekreuzten Arten oder ihren Bastarden erzielten Samen mit deren Durchschnittszahl bei den zwei reinen elterlichen Arten in ihrem Naturzustand. Doch scheint mir dabei noch eine Ursache ernsten Irrtums mit unterzulaufen. Eine Pflanze, deren Unfruchtbarkeit bewiesen werden soll, muss kastriert und, was oft noch wichtiger ist, eingeschlossen werden, damit ihr kein Pollen von anderen Pflanzen durch Insekten zugeführt werden kann. Fast alle Pflanzen, die zu Gärtners Versuchen gedient haben, waren in Töpfe gepflanzt und, wie es scheint, in einem Zimmer seines Hauses untergebracht. Dass aber ein solches Verfahren die Fruchtbarkeit der Pflanzen oft beeinträchtigt, lässt sich nicht in Abrede stellen. Denn Gärtner selbst führt in seiner Tabelle etwa zwanzig Fälle an, wo er die Pflanzen kastrierte und dann mit ihrem eigenen Pollen künstlich befruchtete; aber die Leguminosen und andere solche Fälle, wo die Manipulation anerkanntermaßen schwierig ist, ganz bei Seite gesetzt, zeigte die Hälfte jener zwanzig Pflanzen eine mehr und weniger verminderte Fruchtbarkeit. Da nun überdies Gärtner einige Jahre hintereinander die Primula officinalis und Pr. elatior, welche wir mit gutem Grund nur für Varietäten einer Art halten, miteinander kreuzte und doch nur ein oder zweimal fruchtbaren Samen erhielt, – da er Anagallis arvensis und A. coerulea, welche die besten Botaniker nur als Varietäten betrachten, durchaus unfruchtbar miteinander fand und noch in mehren analogen Fällen zu gleichem Ergebnis gelangte; so scheint mir wohl zu zweifeln erlaubt, ob viele andere Spezies wirklich so steril bei der Kreuzung sind, wie Gärtner behauptet. Einerseits ist es gewiss, dass die Unfruchtbarkeit mancher Arten bei gegenseitiger Kreuzung so ungleich an Stärke ist und so mannigfaltige Abstufungen darbietet, – und dass anderseits die Fruchtbarkeit echter Spezies so leicht durch mancherlei Umstände berührt wird, dass es für die meisten praktischen Zwecke schwierig ist zu sagen, wo die vollkommene Fruchtbarkeit aufhöre und wo die Unfruchtbarkeit beginne. Ich glaube, man kann keinen besseren Beweis dafür verlangen, als der ist, dass die erfahrensten zwei Beobachter, die es je gegeben, nämlich Kölreuter und Gärtner, hinsichtlich einerlei Spezies zu schnurstracks entgegengesetzten Ergebnissen gelangt sind. Auch ist es B ASTARDBILDUNG

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Mein erstes Kind wurde am 27. Dezember 1839

geboren, und ich fing da sofort an, mir über die ersten Anzeichen der verschiedenen Ausdrucksformen, die der Knabe zeigte, Notizen zu machen; denn ich fühlte mich überzeugt, selbst schon in dieser frühen Zeit, dass die komplexesten und feinsten Abstufungen des Ausdrucks alle einen allmählichen und natürlichen Ursprung gehabt haben müssen. Im Sommer des folgenden Jahres, 1840, las ich Sir Ch. Bells wunderbares Werk über den Ausdruck, und dies steigerte mein Interesse am Thema noch mehr, obgleich ich durchaus nicht mit der Ansicht übereinstimmen konnte, dass verschiedene Muskeln speziell zum Zweck des Ausdrucks geschaffen sein sollen. Von dieser Zeit an befasste ich mich immer wieder mit diesem Thema, sowohl in Bezug auf den Menschen als auch auf die domestizierten Tiere. Mein Buch fand guten Absatz; allein am Tag des Erscheinens wurden 5267 Exemplare verkauft.

Darwins Tochter Annie, sein Liebling. Ihr Tod im Alter von zehn Jahren entfernte ihn noch weiter vom christlichen Glauben. sehr belehrend, die von unseren besten Botanikern vorgebrachten Argumente über die Frage, ob diese oder jene zweifelhafte Form als Art oder als Varietät zu betrachten sei, mit dem aus der Fruchtbarkeit oder Unfruchtbarkeit nach den Berichten verschiedener Bastardzüchter oder den mehrjährigen Versuchen der Verfasser selbst entnommenen Beweise zu vergleichen. Es lässt sich daraus dartun, dass weder Fruchtbarkeit noch Unfruchtbarkeit einen klaren Unterschied zwischen Arten und Varietäten liefert, indem der darauf gestützte Beweis stufenweise verschwindet und mithin so, wie die übrigen von der organischen Bildung und Tätigkeit hergenommenen Beweise, zweifelhaft bleibt. Was die Unfruchtbarkeit der Bastarde auf dem Wege der Inzucht betrifft, so hat Gärtner zwar einige

Links: Darwin und sein ältester Sohn William 1842. Noch neun Kinder sollten das Licht der Welt erblicken. Umseitig: Down House auf einem Aquarell von 1880, gegen Ende von Darwins Leben. Es war vierzig Jahre lang sein Rückzugsort.

Versuche angestellt und die Inzucht während 6–7 und in einem Falle sogar 10 Generationen vor aller Kreuzung mit einer der zwei Stammarten geschützt, versichert aber ausdrücklich, dass ihre Fruchtbarkeit nie zugenommen, sondern vielmehr stark abgenommen habe. Ich zweifle nicht daran, dass dies gewöhnlich der Fall ist und die Fruchtbarkeit in den ersten Generationen oft plötzlich abnimmt. Demungeachtet aber glaube ich, dass bei allen diesen Versuchen die Fruchtbarkeit durch eine unabhängige Ursache vermindert worden ist, nämlich durch die allzu strenge Inzucht. Ich habe eine große Menge von Tatsachen gesammelt, welche zeigen, dass eine allzu strenge Inzucht die Fruchtbarkeit vermindert, während dagegen die jeweilige Kreuzung mit einem anderen Individuum oder einer anderen Varietät die Fruchtbarkeit vermehrt, daher kann ich an der Richtigkeit dieser unter den Züchtern fast allgemein verbreiteten Meinung nicht zweifeln. Bastarde werden selten in größerer Anzahl zu Versuchen erzogen, und da die elterlichen Arten oder andere nahe verwandte Arten gewöhnlich im nämlichen Garten wachsen, so müssen die Besuche der Insekten während der B ASTARDBILDUNG

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Blütezeit sorgfältig verhütet werden; daher werden Bastarde, wenn sie sich selbst überlassen werden, für jede Generation gewöhnlich durch ihren eigenen Pollen befruchtet werden; und ich bin überzeugt, dass dies ihre Fruchtbarkeit beeinträchtigt, welche durch ihre Bastardnatur schon ohnedies geschwächt ist. In dieser Überzeugung bestärkt mich noch eine von Gärtner mehrmals wiederholte Versicherung, dass nämlich die minder fruchtbaren Bastarde sogar, wenn sie mit gleichartigem Bastardpollen künstlich befruchtet werden, ungeachtet des oft schlechten Erfolges der Behandlung, doch zuweilen entschieden an Fruchtbarkeit weiter und weiter zunehmen. Nun wird bei künstlicher Befruchtung der Pollen oft zufällig (wie ich aus meinen eigenen Versuchen weiß) von Antheren einer anderen als der zu befruchtenden Blume genommen, sodass hierdurch eine Kreuzung zwischen zwei Blumen, doch gewöhnlich derselben Pflanze, bewirkt wird. Wenn nun ferner ein so sorgfältiger Beobachter wie Gärtner im Verlauf seiner zusammengesetzten Versuche seine Bastarde kastriert hätte, so würde dies bei jeder Generation eine Kreuzung mit dem Pollen einer anderen Blume entweder von derselben oder von einer anderen Pflanze von gleicher Bastardbeschaffenheit nötig gemacht haben. Und so kann die befremdende Erscheinung, dass die Fruchtbarkeit in aufeinanderfolgenden Generationen von künstlich befruchteten Bastarden zugenommen hat, wie ich glaube, dadurch erklärt werden, dass allzu enge Inzucht vermieden worden ist. Wenden wir uns jetzt zu den Ergebnissen, welche sich durch die Versuche des dritten der erfahrensten Bastardzüchter, des ehrenwerten und hochwürdigen W. Herbert, herausgestellt haben. Er versichert ebenso ausdrücklich, dass manche Bastarde vollkommen fruchtbar und nicht minder züchtbar als jede der Stammarten für sich seien, wie Kölreuter und Gärtner einen gewissen Grad von Sterilität bei Kreuzung verschiedener Spezies miteinander für ein allgemeines Naturgesetz erklären. Seine Versuche bezogen sich auf einige derselben Arten, welche auch zu den Experimenten Gärtners gedient hatten. Die Verschiedenheit der Ergebnisse, zu welchen beide gelangt sind, lässt sich, wie ich glaube, zum Teil aus Herberts großer Erfahrung in der Blumenzucht ableiten und zum Teil davon, dass er Warmhäuser zu seiner Verfügung hatte. Von seinen vielen wichti-

256 · ACH T E S K A P I T EL

gen Ergebnissen will ich hier nur eines beispielsweise hervorheben, dass nämlich »jedes mit Crinum revolutum befruchtete Ei’chen an einem Stock von Crinum capense auch eine Pflanze lieferte, was ich (sagt er) bei natürlicher Befruchtung nie wahrgenommen habe«. Wir haben mithin hier den Fall vollkommener und selbst mehr als vollkommener Fruchtbarkeit bei der Kreuzung zweier verschiedener Arten. Dieser Fall mit Crinum führt mich zu einer ganz eigentümlichen Tatsache, dass es nämlich bei einigen Arten von Lobelia und mehreren anderen Sippen einzelne Pflanzen gibt, welche viel leichter mit dem Pollen einer verschiedenen anderen Art als mit ihrer eigenen befruchtet werden können; und gleicherweise scheint es sich auch mit sämtlichen Individuen fast aller Hippeastrum-Arten zu verhalten. Denn man hat gefunden, dass diese Pflanzen Samen ansetzen, sobald sie mit dem Pollen einer anderen Spezies befruchtet wurden, aber mit ihrem eigenen Pollen ganz unfruchtbar sind, obwohl derselbe vollkommen gut und im Stande ist, wieder andere Arten zu befruchten. So können mithin gewisse einzelne Pflanzen und alle Individuen gewisser Spezies viel leichter zur Bastardzucht dienen als durch sich selbst befruchtet werden. Eine Zwiebel von Hippeastrum aulicum z. B. brachte vier Blumen; drei davon wurden mit ihrem eigenen Pollen und die vierte hierauf mit dem Pollen eines aus drei anderen verschiedenen Arten gezüchteten Bastards befruchtet, und das Resultat war, dass »die Ovarien der drei ersten Blumen bald zu wachsen aufhörten und nach einigen Tagen gänzlich verdarben, während das Ovarium der mit dem Bastardpollen versehenen Blume rasch zunahm, reifte und gute Samen lieferte, welche kräftig gediehen«. Im Jahr 1839 schrieb mir Herbert, dass er den Versuch fünf Jahre lang fortgesetzt habe und jedes Jahr mit gleichem Erfolg. Denselben Erfolg hatten auch andere Beobachter bei Hippeastrum und dessen Untersippen sowie bei einigen anderen Geschlechtern, nämlich Lobelia, Passiflora und Verbascum. Obwohl diese Pflanzen bei den Versuchen ganz gesund erschienen und sowohl Ei’chen als Samenstaub einer und der nämlichen Blume sich bei der Befruchtung mit anderen Arten vollkommen gut erwiesen, so waren sie doch zur gegenseitigen Selbstbefruchtung funktionell ungenügend, und wir müssen daher schließen, dass sich die Pflanzen in einem unnatürlichen Zustand befanden. Jedenfalls

zeigen diese Erscheinungen, von was für geringen und geheimnisvollen Ursachen die größere oder geringere Fruchtbarkeit der Arten bei der Kreuzung, gegenüber der Selbstbefruchtung, zuweilen abhängt. Die praktischen Versuche der Gartenfreunde, wenn auch nicht mit wissenschaftlicher Genauigkeit ausgeführt, verdienen gleichfalls einige Beachtung. Es ist bekannt, in welch verwickelter Weise die Arten von Pelargonium, Fuchsia, Calceolaria, Petunia, Rhododendron u. a. gekreuzt worden sind, und doch setzen viele dieser Bastarde Samen an. So versichert Herbert, dass ein Bastard von Calceolaria integrifolia und C. plumbaginea, zwei in ihrer allgemeinen Beschaffenheit sehr unähnlichen Arten, »sich selbst so vollkommen aus Samen verjüngte, als ob er einer natürlichen Spezies aus den Bergen Chiles angehört hätte«. Ich habe mir einige Mühe gegeben, den Grund der Fruchtbarkeit bei einigen durch mehrseitige Kreuzung erzielten

Rhododendren kennenzulernen, und die Gewissheit erlangt, dass mehrere derselben vollkommen fruchtbar sind. Herr C. Noble z. B. berichtet mir, dass er zur Gewinnung von Reisern zum Propfen Stöcke eines Bastards von Rhododendron Ponticum und Rh. Catawbiense erzieht, und dass dieser Bastard »so reichlichen Samen ansetzt, als man sich nur denken kann«. Nähme bei richtiger Behandlung die Fruchtbarkeit der Bastarde in aufeinanderfolgenden Generationen in der Weise ab, wie Gärtner versichert, so müsste diese Tatsache unseren Plantagebesitzern bekannt sein. Gartenfreunde erziehen große Beete voll der nämlichen Bastarde; und diese allein erfreuen sich einer richtigen Behandlung; denn hier allein können die verschiedenen Individuen einer nämlichen Bastardform durch die Tätigkeit der Insekten sich untereinander kreuzen und den schädlichen Einflüssen zu enger Inzucht entgehen. Von der Wirkung der Insektentätigkeit kann

Der Garten von Down House, 1998. B ASTARDBILDUNG

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Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin; text von Francis



Das Haus steht eine Viertelmeile außerhalb des Dorfes und ist, wie so viele Häuser des letzten Jahrhunderts, so

nah wie möglich an die Straße gebaut – einen schmalen gewundenen Feldweg, der von der Straße nach Westerham abzweigt. 1842 war es recht glanzlos und unattraktiv; ein viereckiges Backsteingebäude mit drei Geschossen, bedeckt mit ärmlichem Kalkanstrich und herabhängenden Dachziegeln. Der Garten besaß noch nicht die Sträucher oder Wände, die nun Schutz bieten; er war vom Feldweg aus einzusehen und offen, kahl und trostlos. Eine der ersten Taten meines Vaters war es, den Feldweg rund zwei Fuß tiefer zu legen und an dem Teil, wo er an den Garten grenzte, eine Flintsteinmauer zu errichten. Die dabei ausgehobene Erde wurde dazu benutzt, Wälle und Hügel rund um den Rasen aufzuschütten; diese wurde mit immergrünen Gewächsen bepflanzt, die dem Garten heute seinen abgeschiedenen und geschützten Charakter verleihen. Das Haus erhielt ein ansprechenderes Aussehen durch einen Verputz, doch die wichtigste Verbesserung, die bewirkt wurde, war die Errichtung eines großen Erkers, der über die drei Geschosse ging. Dieser Erker wurde mit einem Gewirr von Kletterpflanzen versehen und brachte in die Südseite des Hauses eine angenehme Abwechslung. Das Wohnzimmer mit seiner in den Garten führenden Veranda wie auch das Arbeitszimmer, in dem [Darwin] in seinen späteren Lebensjahren arbeitete, wurden zu verschiedenen Zeitpunkten angebaut. Achtzehn Acres Land wurden mit dem Haus erworben, von denen zwölf Acres an der Südseite des Hauses ein angenehmes Feld bildeten, auf dem verstreut größere Eichen und Eschen standen. Von diesem Feld wurde ein Streifen abgetrennt und in einen Gemüsegarten umgewandelt, in dem sich das Experimentierfeld befand, und auf dem schließlich die Gewächshäuser aufgestellt wurden. Der folgende Brief an Mr Fox (28. März 1843) gibt unter anderem [Darwins] erste Eindrücke von Down wieder: »Ich will Dir alle belanglosen Einzelheiten von mir mitteilen, die mir nur einfallen. Wir waren nun zunehmend beschäftigt, nachdem gestern der erste Stein für einen Anbau unseres Hauses gelegt wurde; damit, mit beinahe der Anlage eines neuen Gemüsegartens und allerhand anderen geplanten Dingen, waren meine Tage sehr angefüllt. Ich finde das alles sehr schlecht für die Geologie, aber ich komme mit einem Buch, oder vielmehr Aufsatz, über die vulkanischen Inseln, die wir besuchten, nur sehr langsam voran. Ich schaffe nur ein paar Stunden am Tag, und das nicht sehr regelmäßig. Es ist eine mühselige Arbeit, Bücher zu schreiben, deren Veröffentlichung Geld kostet und die nicht einmal von Geologen gelesen werden. Ich habe vergessen, ob ich jemals diesen Ort beschrieben habe: Es ist ein gutes, sehr hässliches Haus mit 18 Acres, auf einer Kreideebene gelegen. 560 Fuß über dem Meer. Es gibt Blicke auf weit entferntes Land und die Landschaft ist mäßig schön: Ihr größter Vorzug ist ihre extreme Ländlichkeit. Ich glaube, ich war noch nie in einem noch ruhigeren Landstrich. Drei Meilen südlich scheidet uns die große Kreideböschung vom Tiefland Kents, und zwischen uns und dem Abhang gibt es nicht ein Dorf oder Herrenhaus, sondern nur große Wälder und Äcker (Letztere leider in überwiegender Menge), sodass wir uns absolut am Ende der Welt befinden. Die ganze Landschaft ist von Fußwegen durchzogen; doch die Oberfläche über dem Kalkstein ist lehmig und klebrig, was an unserem Kauf das Schlimmste ist. Die Schluchten und Böschungen erinnern mich oft an Cambridgeshire und die Spaziergänge mit Dir nach Cherry Hinton und anderen Orten, wenngleich das Aussehen des Landes allgemein sehr anders ist. Ich habe mir meine Sammlung angesehen (das einzige Überbleibsel, das ich von all meinen englischen Insekten aufbewahrt habe) und Panagaeus cruxmajor bewundert: Die lebhafte Weise, in der dieses Insekt in meinem Kopf das Bild von Dir wachruft, da die kleine Fan hinterhertrottete, als ich Dir erstmals vorgestellt wurde, ist seltsam. Diese entomologischen Tage waren sehr angenehm. Ich bin körperlich SEHR viel kräftiger, aber kaum besser darin, der geistigen Erschöpfung, oder vielmehr Aufregung, standzuhalten, sodass ich nicht außer Haus zu speisen oder Besucher zu empfangen im Stande bin, ausgenommen Verwandte, mit denen ich nach dem Dinner etwas Zeit in Schweigen zubringen kann.«

jeder sich selbst überzeugen, wenn er die Blumen der sterileren Rhododendronformen, welche keine Pollen bilden, untersucht; denn er wird ihre Narben ganz mit Samenstaub bedeckt finden, der von anderen Blumen hergetragen worden ist. Was die Tiere betrifft, so sind der genauen Versuche viel weniger mit ihnen veranstaltet worden. Wenn unsere systematischen Anordnungen Vertrauen verdienen, d. h. wenn die Sippen der Tiere ebenso verschieden voneinander als die der Pflanzen sind, dann können wir behaupten, dass viel weiter auf der Stufenleiter der Natur auseinanderstehende Tiere noch gekreuzt werden können, als es bei den Pflanzen der Fall ist; dagegen scheinen die Bastarde unfruchtbarer zu sein. Ich bezweifle, ob auch nur eine Angabe von einem ganz fruchtbaren Tierbastard als vollkommen beglaubigt angesehen werden darf. Man darf jedoch nicht vergessen, dass sich nur wenige Tiere in der Gefangenschaft reichlich fortpflanzen und daher nur wenige richtige Versuche mit ihnen angestellt werden können. So hat man z. B. den Kanarienvogel mit neun anderen Finkenarten gekreuzt, da sich aber keine dieser neun Arten in der Gefangenschaft gut fortpflanzt, so haben wir kein Recht zu erwarten, dass die ersten Bastarde von ihnen und dem Kanarienvogel vollkommen fruchtbar sein sollen. Ebenso, was die Fruchtbarkeit der vergleichsweise fruchtbaren Bastarde in späteren Generationen betrifft, so kenne ich wohl kaum ein Beispiel, dass zwei Familien gleicher Bastarde gleichzeitig von verschiedenen Eltern erzogen worden wären, um die üblen Folgen allzu strenger Inzucht vermeiden zu können. Im Gegenteil hat man in jeder nachfolgenden Generation, die beständig wiederholten Mahnungen aller Züchter nicht beachtend, gewöhnlich Brüder und Schwestern miteinander gepaart. Und so ist es durchaus nicht überraschend, dass die vererbliche Sterilität der Bastarde mit jeder Generation zunahm. Wenn wir in der Absicht, darauf hinzuwirken, immer Brüder und Schwestern reiner Spezies miteinander paarten, in welchen aus irgendeiner Ursache bereits eine noch so geringe Neigung zur Unfruchtbarkeit vorhanden wäre, so würde die Rasse gewiss nach wenigen Generationen aussterben. Obwohl ich keinen wohlbeglaubigten Fall vollkommen fruchtbarer Tierbastarde kenne, so habe ich doch einige Ursache anzunehmen, dass die Bastarde von Cervulus vaginalis und C. Reevesi, von Phasianus

Colchicus und Ph. torquatus oder auch Ph. versicolor vollkommen fruchtbar sind. Es unterliegt insbesondere keinem Zweifel, dass diese drei Fasanenarten, nämlich der gemeine, der ringhalsige und der japanische, sich in den Wäldern einiger Teile von England kreuzen und Nachkommen liefern. Die Bastarde der gemeinen und der Schwanengans (Anser cygnoides), zweier so verschiedener Arten, dass man sie in zwei verschiedene Sippen zu stellen pflegt, haben hierzulande oft Nachkommen mit einer der reinen Stammarten und in einem Falle sogar unter sich geliefert. Dies ist durch Herrn Eyton bewirkt worden, der zwei Bastarde von gleichen Eltern, aber verschiedenen Bruten erzog und dann von beiden zusammen nicht weniger als acht Nachkommen aus einem Nest erhielt. In Indien dagegen müssen die durch Kreuzung gewonnenen Gänse weit fruchtbarer sein, indem zwei ausgezeichnet befähigte Beurteiler, nämlich Hr. Blyth und Capt. Hutton, mir versichert haben, dass dort in verschiedenen Landesgegenden ganze Herden dieser Bastardgans gehalten werden; und da dies des Nutzens wegen geschieht, wo die reinen Stammarten gar nicht existieren, so müssen sie notwendig sehr fruchtbar sein. Neuere Naturforscher haben großenteils eine von Pallas ausgegangene Lehre angenommen, dass nämlich die meisten unserer Haustiere von je zwei oder mehr wilden Arten abstammten, welche sich seither durch Kreuzung vermischt hätten. Hiernach müssten also entweder die Stammarten gleich anfangs ganz fruchtbare Bastarde geliefert haben oder die Bastarde erst in späteren Generationen in zahmem Zustand ganz fruchtbar geworden sein. Diese letzte Alternative scheint mir die wahrscheinlichere, und ich bin geneigt, an deren Richtigkeit zu glauben, obwohl sie auf keinem direkten Beweise beruht. Ich nehme z. B. an, dass unsere Hunde von mehreren wilden Arten herrühren, und doch sind vielleicht mit Ausnahme gewisser in Südamerika gehaltener Haushunde alle vollkommen fruchtbar miteinander; aber die Analogie erweckt große Zweifel in mir, dass die verschiedenen Stammarten derselben sich anfangs freiwillig miteinander gepaart und sogleich ganz fruchtbare Bastarde geliefert haben sollen. So liegt auch Grund zur Annahme vor, dass unser europäischer und der indische Büffelochse fruchtbar miteinander sind, obwohl ich sie nach den von Blyth mir mitgeteilten Tatsachen für zwei verschiedene Arten halten muss. B ASTARDBILDUNG

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Bei dieser Ansicht von der Entstehung vieler unserer Haustiere müssen wir entweder den Glauben an die fast allgemeine Unfruchtbarkeit einer Paarung verschiedener Tierarten miteinander aufgeben oder aber die Sterilität nicht als eine unzerstörbare, sondern als eine durch Zähmung zu beseitigende Folge einer solchen Kreuzung betrachten. Überblicken wir endlich alle über die Kreuzung von Pflanzen- und Tierarten festgestellten Tatsachen, so gelangen wir zum Schluss, dass ein gewisser Grad von Unfruchtbarkeit bei der ersten Kreuzung und den daraus entspringenden Bastarden zwar eine äußerst gewöhnliche Erscheinung ist, aber nach dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse nicht als unbedingt allgemein betrachtet werden darf. Gesetze, welche die Unfruchtbarkeit der ersten Kreuzung und der Bastarde regeln. – Wir wollen nun die Umstände und die Regeln etwas näher betrachten, welche die vergleichungsweise Unfruchtbarkeit der ersten Kreuzung und der Bastarde bestimmen. Unsere Hauptaufgabe wird sein zu erfahren, ob sich nach diesen Regeln ergibt, dass die Arten besonders mit dieser Eigenschaft begabt sind, um eine Kreuzung der Arten bis zur äußersten Verschmelzung der Formen zu verhüten oder nicht. Die nachstehenden Regeln und Folgerungen sind hauptsächlich aus Gärtners bewundernswertem Werk über die Bastarderzeugung bei den Pflanzen entnommen. Ich habe mir viel Mühe gegeben zu erfahren, inwiefern diese Regeln auch auf Tiere Anwendung finden, und obwohl unsere Erfahrungen über Bastardtiere sehr dürftig sind, so war ich doch erstaunt zu sehen, in wie ausgedehntem Grad dieselben Regeln für beide Reiche gelten. Es ist bereits bemerkt worden, dass sich die Fruchtbarkeit sowohl der ersten Kreuzung als der daraus entspringenden Bastarde von Zero an bis zur Vollkommenheit abstuft. Es ist erstaunlich, auf wie mancherlei eigentümliche Weise sich diese Abstufung dartun lässt; doch können hier nur die nacktesten Umrisse der Tatsachen geliefert werden. Wenn Pollen einer Pflanze von der einen Familie auf die Narbe einer Pflanze von anderer Familie gebracht wird, so hat er nicht mehr Wirkung, als ebenso viel unorganischer Staub. Wenn man aber Samenstaub von Arten einer Sippe auf das Stigma einer Spezies derselben Sippe bringt,

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so wird der Erfolg ein günstigerer, aber bei verschiedenen Arten doch wieder so ungleich, dass sich mittelst der Anzahl der jedes Mal erzeugten Samen alle Abstufungen von jenem Zero an bis zur vollständigen Fruchtbarkeit und, wie wir gesehen haben, in einigen abnormen Fällen sogar über das bei Selbstbefruchtung gewöhnliche Maß hinaus ergeben. So gibt es auch unter den Bastarden selber einige, welche sogar mit dem Pollen von einer der zwei reinen Stammarten nie auch nur einen fruchtbaren Samen hervorgebracht haben noch wahrscheinlich jemals hervorbringen werden. Doch hat sich in einigen dieser Fälle eine erste Spur von der Wirkung eines solchen Pollens insofern gezeigt, als er ein frühzeitigeres Abwelken der Blume der Bastardpflanze veranlasste, worauf er gebracht worden war; und rasches Abwelken einer Blüte ist bekanntlich ein Zeichen beginnender Befruchtung. An diesen äußersten Grad der Unfruchtbarkeit reihen sich dann Bastarde an, die durch Selbstbefruchtung eine immer größere Anzahl von Samen bis zur vollständigen Fruchtbarkeit hervorbringen. Bastarde von solchen zwei Arten erzielt, welche sehr schwer zu kreuzen sind und nur selten einen Nachkommen liefern, pflegen selber sehr unfruchtbar zu sein. Aber der Parallelismus zwischen der Schwierigkeit, eine erste Kreuzung zu Stande zu bringen, und der, einen daraus entsprungenen Bastard zu befruchten – zwei sehr gewöhnlich miteinander verwechselte Klassen von Tatsachen –, ist keineswegs streng. Denn es gibt viele Fälle, wo zwei reine Arten mit ungewöhnlicher Leichtigkeit miteinander gepaart werden und zahlreiche Bastarde liefern können, welche aber äußerst unfruchtbar sind. Andererseits gibt es Arten, welche nur selten oder äußerst schwierig zu kreuzen sind, aber ihre Bastarde, wenn sie einmal vorhanden, sind sehr fruchtbar. Und diese zwei so entgegengesetzten Fälle können selbst innerhalb derselben Sippe vorkommen, wie z. B. bei Dianthus. Die Fruchtbarkeit sowohl der ersten Kreuzungen als der Bastarde wird leichter als die der reinen Arten durch ungünstige Bedingungen gefährdet. Aber der Grad der Fruchtbarkeit ist gleicherweise an sich veränderlich; denn der Erfolg ist nicht immer der nämliche, wenn man dieselben zwei Arten unter denselben äußeren Umständen kreuzt, sondern hängt zum Teil von der Verfassung der zwei zufällig für den Versuch ausgewählten Individuen ab. So ist es auch mit den

Bastarden, indem sich der Grad der Fruchtbarkeit in verschiedenen aus Samen einer Kapsel erzogenen und denselben Bedingungen ausgesetzten Individuen oft ganz verschieden erweist. Mit dem Ausdruck systematische Affinität soll die Ähnlichkeit verschiedener Arten in organischer Bildung und Tätigkeit zumal solcher Teile bezeichnet werden, welche eine große physiologische Bedeutung haben und in verwandten Arten nur wenig voneinander abweichen. Nun ist die Fruchtbarkeit der ersten Kreuzung zweier Spezies und der daraus hervorgehenden Bastarde in reichem Maß abhängig von dieser »systematischen Verwandtschaft«. Dies geht deutlich schon daraus hervor, dass man noch niemals Bastarde von zwei Arten erzielt hat, welche die Systematiker in verschiedene Familien stellen, während es dagegen gewöhnlich leicht ist, nahe verwandte Arten miteinander zu paaren. Doch ist die Beziehung zwischen systematischer Verwandtschaft und Leichtigkeit der Kreuzung keineswegs eine strenge. Denn es ließen sich eine Menge Fälle von sehr nahe verwandten Arten anführen, die gar nicht oder nur mit größter Mühe

Großer Fregattvogel, Galapagosinseln.

zur Paarung gebracht werden können, während mitunter auch sehr verschiedene Arten sich mit größter Leichtigkeit kreuzen lassen. In einer nämlichen Familie können zwei Sippen beisammenstehen, wovon die eine wie Dianthus viele solche Arten enthält, die sehr leicht zu kreuzen sind, während die der anderen, z. B. Silene, den beharrlichsten Versuchen, eine Kreuzung zu bewirken, in dem Grad widerstehen, dass man auch noch nicht einen Bastard zwischen den einander am nächsten verwandten Arten derselben zu erzielen vermochte. Ja, selbst innerhalb der Grenzen einer und derselben Sippe zeigt sich ein solcher Unterschied. So sind z. B. die zahlreichen Nicotiana-Arten mehr untereinander gekreuzt worden als die der meisten übrigen Sippen, und Gärtner hat gefunden, dass N. acuminata, die keineswegs eine besonders abweichende Art ist, beharrlich allen Befruchtungsversuchen widerstand, sodass von acht anderen Nicotiana-Arten keine weder sie befruchten noch von ihr befruchtet werden konnte. Und analoge Tatsachen ließen sich noch viele anführen. Noch niemand hat auszumitteln vermocht, welche Art oder welcher Grad von Verschiedenheit in irgendeinem erkennbaren Charakter genügt, um die Kreuzung zweier Spezies zu hindern. Es lässt sich nachweisen, dass Pflanzen, welche in Lebensweise und allgemeiner Tracht am weitesten auseinandergehen, welche in allen Teilen ihrer Blüten sogar bis zum Pollen oder in der Frucht oder in den Kotyledonen sehr scharfe Unterschiede zeigen, miteinander gekreuzt werden können. Einjährige und ausdauernde Gewächsarten, winterkahle und immergrüne Bäume, Pflanzen für die abweichendsten Standorte und die entgegengesetztesten Klimate gemacht, können oft leicht miteinander gekreuzt werden. Unter wechselseitiger Kreuzung zweier Arten verstehe ich den Fall, wo z. B. ein Pferdehengst mit einer Eselin und dann ein Eselhengst mit einer Pferdestute gepaart wird; man kann dann sagen, diese zwei Arten seien wechselseitig gekreuzt worden. In der Leichtigkeit einer wechselseitigen Kreuzung findet oft der möglich größte Unterschied statt. Solche Fälle sind höchst wichtig, weil sie beweisen, dass die Empfänglichkeit für die Kreuzung zwischen irgend zwei Arten von ihrer systematischen Verwandtschaft oder von irgendwelchem kennbaren Unterschied in ihrer ganzen Organisation oft ganz unabhängig ist. Dagegen zeigen diese Fälle auch deutlich, dass jene B ASTARDBILDUNG

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Empfänglichkeit mit Unterschieden in der Verfassung des Körpers zusammenhängt, welche für uns nicht wahrnehmbar sind und sich auf das Reproduktivsystem beschränken. Diese Verschiedenheit der Ergebnisse aus wechselseitigen Kreuzungen zwischen je zwei Arten war schon längst von Kölreuter beobachtet worden. So kann, um ein Beispiel anzuführen, Mirabilis jalapa leicht durch den Samenstaub der M. longiflora befruchtet werden, und die daraus entspringenden Bastarde sind genügend fruchtbar; aber mehr als zweihundert Mal versuchte es Kölreuter im Verlauf von acht Jahren vergebens, die M. longiflora nun auch mit Pollen der M. jalapa zu befruchten. Und so ließen sich noch einige andere Beispiele geben. Thuret hat dieselbe Entdeckung an einigen Seepflanzen gemacht, und Gärtner noch überdies gefunden, dass diese Erscheinung in einem geringeren Grade außerordentlich gemein ist. Er hat sie selbst zwischen Formen wahrgenommen, welche viele Botaniker nur als Varietäten einer nämlichen Art betrachten, wie Matthiolia annua und M. glabra. Ebenso ist es eine bemerkenswerte Tatsache, dass die beiderlei aus wechselseitiger Kreuzung hervorgegangenen Bastarde, wenn auch von denselben zwei Stammarten herrüh-

Blick auf Valparaiso, Chile, 1888.

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rend, hinsichtlich ihrer Fruchtbarkeit gewöhnlich in einem geringen, zuweilen aber auch in hohem Grad voneinander abweichen. Es lassen sich noch manche andere eigentümliche Regeln aus Gärtner entnehmen, wie z. B. dass manche Arten sich überhaupt sehr leicht zur Kreuzung mit anderen verwenden lassen, während anderen Arten derselben Sippe das Vermögen innewohnt, den Bastarden eine große Ähnlichkeit mit ihnen aufzuprägen; doch stehen beiderlei Fähigkeiten nicht in notwendiger Beziehung zueinander. Es gibt Bastarde, welche, statt wie gewöhnlich das Mittel zwischen ihren zwei elterlichen Arten zu halten, stets nur einer derselben sehr ähnlich sind; und gerade diese, äußerlich der einen Stammart so ähnlichen Bastarde sind mit seltener Ausnahme äußerst unfruchtbar. Dagegen kommen aber auch unter denjenigen Bastarden, welche zwischen ihren Eltern das Mittel zu halten pflegen, zuweilen abnorme Individuen vor, die einer der reinen Stammarten außerordentlich gleichen; und diese Bastarde sind dann gewöhnlich auch äußerst steril, obwohl die mit ihnen aus gleicher Fruchtkapsel entsprungenen Mittelformen sehr fruchtbar zu sein pflegen. Aus

Aus „Die Fahrt der Beagle“



23. Juli 1834

D

ie Beagle ankerte spätnachts in der Bucht von Valparaíso, dem wichtigsten Seehafen Chiles. Als der Morgen kam, sah alles herrlich aus. Nach Feuerland erschien das Klima ganz köstlich – die Luft so trocken und der Himmel so klar und blau im leuchtenden Sonnenschein, dass die ganze Natur voller Leben funkelte. Der Blick vom Ankerplatz ist sehr einnehmend. Die Stadt ist dicht am Fuße einer ungefähr 1600 Fuß hohen und recht steilen Hügelkette erbaut. Ihrer Lage nach besteht sie aus einer einzigen langen, gewundenen Straße, die parallel zum Strand verläuft, und wo eine Schlucht herabkommt, sind die Häuser beiderseits davon übereinander getürmt. In die gerundeten Hügel, nur teilweise von einer sehr kargen Vegetation geschützt, sind zahllose kleine Wasserfurchen eingekerbt, die eine eigentümlich rote Erde freilegen. Deswegen und wegen der niederen, weiß getünchten Häuser mit Ziegeldächern erinnerte mich der Blick an St. Cruz auf Teneriffa. In nordöstlicher Richtung eröffnen sich schöne Blicke auf die Anden; dieses Gebirge erscheint jedoch noch prachtvoller, wenn man sie von den umliegenden Hügeln aus betrachtet; dann lässt sich die große Entfernung, in der sie liegen, noch schneller erkennen. Besonders großartig ist der Vulkan Aconcagua. Diese gewaltige, unregelmäßig konische Masse erhebt sich höher als der Chimborazo; Messungen zufolge, welche die Offiziere der Beagle durchgeführt haben, ist er nicht weniger als 23 000 Fuß hoch. Die Kordilleren, von dieser Stelle aus gesehen, verdanken ihre Schönheit indes überwiegend der Luft, durch welche man sie sieht. Als die Sonne im Pazifik versank, war es eine Pracht zu beobachten, wie klar ihre rauen Konturen sich voneinander abhoben und wie vielgestaltig und zart die Farbabstufungen dennoch waren. diesen Erscheinungen geht hervor, wie ganz unabhängig die Fruchtbarkeit der Bastarde vom Grade ihrer Ähnlichkeit mit ihren beiden Stammeltern ist. Aus den bis daher gegebenen Regeln über die Fruchtbarkeit der ersten Kreuzungen und der dadurch erzielten Bastarde ergibt sich, dass, wenn man Formen, die als gute und verschiedene Arten angesehen werden müssen, miteinander paart, ihre Fruchtbarkeit in allen Abstufungen von Zero an bis selbst über das unter gewöhnlichen Bedingungen stattfindende Maß vollkommener Fruchtbarkeit hinaus wechseln kann. Ferner ist ihre Fruchtbarkeit nicht nur äußerst empfindlich für günstige und ungünstige Bedingungen, sondern auch an und für sich veränderlich. Die Fruchtbarkeit verhält sich nicht immer an Stärke gleich bei der ersten Kreuzung und bei den daraus erzielten Bastarden. Die Fruchtbarkeit dieser letzten steht in keinem Verhältnis zu deren äußerer Ähnlichkeit mit ihren beiden Eltern. Die Leichtigkeit einer ersten Kreuzung zwischen zwei Arten ist nicht von deren systematischer Affinität noch von ihrer Ähnlichkeit miteinander abhängig. Dieses letzte Ergebnis ist hauptsächlich aus den Wechselkreuzungen zweier nämlicher Arten erweis-

bar, wo die Paarung gewöhnlich etwas, mitunter aber auch viel leichter oder schwerer erfolgt, je nachdem man den Vater von der einen oder von der anderen der zwei gekreuzten Arten nimmt. Endlich sind die zweierlei durch Wechselkreuzung erzielten Bastarde oft in ihrer Fruchtbarkeit verschieden. Nun fragt es sich, ob aus diesen eigentümlich verwickelten Regeln hervorgeht, dass die vergleichsweise Unfruchtbarkeit der Arten bei deren Kreuzung den Zweck hat, ihre Vermischung im Naturzustand zu verhüten? Ich glaube nicht. Denn warum wäre in diesem Fall der Grad der Unfruchtbarkeit so außerordentlich verschieden, da wir doch annehmen müssen, diese Verhütung sei gleich wichtig bei allen? Warum wäre sogar schon eine angeborene Verschiedenheit zwischen Individuen einer nämlichen Art vorhanden? Zu welchem Ende sollten manche Arten so leicht zu kreuzen sein und doch sehr sterile Bastarde erzeugen, während andere sich nur sehr schwierig paaren lassen und vollkommen fruchtbare Bastarde liefern? Wozu sollte es dienen, dass die zweierlei Produkte einer Wechselkreuzung zwischen den nämlichen Arten sich oft so sehr abweichend verhalten? Wozu, kann man sogar fragen, soll überhaupt die Möglichkeit, B ASTARDBILDUNG

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Schnabeltier mit entenartigem Schnabel. In Australien, gegen Ende seiner Reise, sah Darwin mehrere in einem Teich. Bastarde zu liefern, dienen? Es scheint doch eine wunderliche Anordnung zu sein, dass die Arten das Vermögen haben, Bastarde zu bilden, deren weitere Fortpflanzung aber durch verschiedene Grade von Sterilität gehemmt ist, welche in keiner Beziehung zur Leichtigkeit der ersten Kreuzung zweier Eltern verschiedener Spezies miteinander stehen. Die voranstehenden Regeln und Tatsachen scheinen mir dagegen deutlich zu beweisen, dass die Unfruchtbarkeit sowohl der ersten Kreuzungen als der Bastarde von unbekannten Verhältnissen hauptsächlich im Fortpflanzungssystem der gekreuzten Arten abhängt. Die Verschiedenheiten sind von so eigentümlicher und beschränkter Natur, dass bei wechselseitigen Kreuzungen zwischen zwei Arten oft das männliche Element der einen von üppiger Wirkung auf das weibliche der anderen ist, während bei der Kreuzung in der anderen Richtung das Gegenteil eintritt. Es wird angemessen sein, durch ein Beispiel etwas vollständiger auseinanderzusetzen, was ich unter der Bemerkung verstehe, dass Sterilität mit anderen Ursachen zusammenhänge und nicht eine spezielle Eigentümlichkeit für sich bilde. Die Fähigkeit einer Pflanze, sich auf eine andere zweigen oder nicht zweigen und okulieren zu lassen, ist für deren Gedeihen im Naturzustand

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so gänzlich gleichgültig, dass wohl niemand diese Fähigkeit für eine spezielle Anordnung der Natur halten, sondern jedermann wohl annehmen wird, sie falle mit Verschiedenheiten in den Wachstumsgesetzen der zwei Pflanzen zusammen. Den Grund davon, dass eine Art auf der anderen etwa nicht anschlagen will, kann man zuweilen in abweichender Wachstumsweise, Härte des Holzes, Natur des Saftes, Zeit der Blüte u. dgl. finden; in sehr vielen Fällen aber lässt sich gar keine Ursache dafür ergeben. Denn selbst sehr bedeutende Verschiedenheiten in der Größe der zwei Pflanzen oder in holziger und krautartiger, immergrüner und sommergrüner Beschaffenheit und selbst ihre Anpassung an ganz verschiedene Klimate bilden nicht immer ein Hindernis ihrer Aufeinanderpfropfung. Wie bei der Bastardbildung so ist auch beim Pfropfen die Fähigkeit durch systematische Affinität beschränkt; denn es ist noch nie gelungen, Holzarten aus ganz verschiedenen Familien aufeinanderzusetzen, während dagegen nahe verwandte Arten einer Sippe und Varietäten einer Art gewöhnlich, aber nicht immer, leicht aufeinandergepfropft werden können. Doch ist auch dieses Vermögen ebenso wenig als das der Bastardbildung durch systematische Verwandtschaft in absoluter Weise bedingt. Denn wenn es auch gelungen

ist, viele verschiedene Sippen einer Familie aufeinanderzupfropfen, so nehmen doch wieder in anderen Fällen sogar Arten einer nämlichen Sippe einander nicht an. Der Birnbaum kann viel leichter auf den Quittenbaum, den man zu einem eigenen Genus erhoben hat, als auf den Apfelbaum gezweigt werden, der mit ihm zur nämlichen Sippe gehört. Selbst verschiedene Varietäten der Birne schlagen nicht mit gleicher Leichtigkeit auf dem Quittenbaum an, und ebenso verhalten sich verschiedene Aprikosen- und Pfirsichvarietäten dem Pflaumenbaum gegenüber. Wie nach Gärtner zuweilen eine angeborene Verschiedenheit im Verhalten der Individuen zweier zu kreuzender Arten vorhanden ist, so glaubt Sagaret auch an eine angeborene Verschiedenheit im Verhalten der Individuen zweier aufeinanderzupfropfender Arten. Wie bei Wechselkreuzungen die Leichtigkeit der zweierlei Paarungen oft sehr ungleich ist, so verhält es sich oft auch bei dem wechselseitigen Pfropfen. So kann die gemeine Stachelbeere z. B. auf den Johannisbeerstrauch gezweigt werden, dieser wird aber nur schwer auf dem Stachelbeerstrauch anschlagen. Wir haben gesehen, dass die Unfruchtbarkeit der Bastarde, deren Reproduktionsorgane von unvollkommener Beschaffenheit sind, eine ganz andere Sache ist als die Schwierigkeit, zwei reine Arten mit vollständigen Organen miteinander zu paaren; doch laufen beide Fälle bis zu gewissem Grade miteinander parallel. Etwas Ähnliches kommt auch beim Pfropfen vor; denn Thouin hat gefunden, dass die drei RobiniaArten, welche auf eigener Wurzel reichlichen Samen gebildet hatten und sich leicht aufeinanderzweigen ließen, durch die Aufeinanderimpfung unfruchtbar gemacht wurden; während dagegen gewisse SorbusArten, eine auf die andere gesetzt, doppelt so viel Früchte als auf eigener Wurzel lieferten. Dies erinnert uns an die oben erwähnten außerordentlichen Fälle bei Hippeastrum, Lobelia u. dgl., welche viel reichlicher fruktifizieren, wenn sie mit Pollen einer anderen Art als wenn sie mit ihrem eignen Pollen versehen werden. Wir sehen daher, dass, wenn auch ein klarer und gründlicher Unterschied zwischen der bloßen Adhäsion aufeinandergepfropfter Stöcke und der Zusammenwirkung männlicher und weiblicher Urstoffe zum Zweck der Fortpflanzung stattfindet, sich doch ein gewisser Parallelismus zwischen den Wirkungen der Impfung und der Befruchtung ver-

schiedener Arten miteinander kundgibt. Wenn wir die sonderbaren und verwickelten Regeln, welche die Leichtigkeit der Pfropfung bedingen, als mit unbekannten Verschiedenheiten in den vegetativen Organen zusammenhängend betrachten, so müssen wir nach meiner Meinung auch die viel zusammengesetzteren für die Leichtigkeit der ersten Kreuzungen mit unbekannten Verschiedenheiten in ihrem Reproduktivsystem im Zusammenhang stehend ansehen. Diese Verschiedenheiten folgen, wie sich erwarten lässt, bis zu einem gewissen Grade der systematischen Affinität, durch welche Bezeichnung jede Art von Ähnlichkeit und Unähnlichkeit zwischen organischen Wesen ausgedrückt werden soll. Die Tatsachen scheinen mir in keiner Weise anzuzeigen, dass die größere oder geringere Schwierigkeit verschiedene Arten auf- und miteinander zu pfropfen und zu kreuzen, eine besondere Eigentümlichkeit ist, obwohl dieselbe beim Kreuzen für die Dauer und Stetigkeit der Artformen ebenso wichtig wie sie beim Pfropfen unwesentlich für deren Gedeihen ist. Ursachen der Unfruchtbarkeit der ersten Kreuzungen und der Bastarde. – Sehen wir uns nun etwas näher um nach den wahrscheinlichen Ursachen der Sterilität der ersten Kreuzungen und der Bastarde. Diese zwei Fälle sind von Grund aus verschieden, da, wie oben bemerkt wurde, die männlichen und die weiblichen

Hacienda, Kondor, Kaktus. B ASTARDBILDUNG

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



14. August 1834

I

ch unternahm eine Exkursion zu Pferde, um die Basaltregionen der Anden, die lediglich zu dieser Jahreszeit nicht unter Winterschnee liegen, geologisch zu untersuchen. Unser erster Tagesritt ging nach Norden, die Küste entlang. Nach Einbruch der Dunkelheit erreichten wir die hacienda von Quintero, jenes Gut, das einstmals Lord Cochrane gehörte. Ich hatte die Absicht, mir die großen Muschelfelder anzusehen, die einige Yards über dem Meeresspiegel liegen und zu Kalk gebrannt werden. Die Beweise für die Erhebung dieses ganzen Küstenstreifens sind unzweideutig: In einer Höhe von einigen hundert Fuß kommen alt wirkende Muscheln reichlich vor, und auch auf 1300 Fuß fand ich welche. Diese Muscheln liegen entweder lose auf der Erde oder sind in einen rötlich-schwarzen Pflanzenhumus eingebettet. Ich war äußerst überrascht, als ich unterm Mikroskop entdeckte, dass es sich bei diesem Pflanzenhumus tatsächlich um Meerschlick handelt, der voller winziger Partikel organischer Substanzen ist.

Die Kordilleren von Santiago de Chile aus.

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Geschlechtsteile bei Paarung zweier reiner Arten vollkommen, bei Bastarden aber unvollkommen sind. Selbst bei ersten Kreuzungen hängt die größere oder geringere Schwierigkeit, eine Paarung zu bewirken, anscheinend von mehreren verschiedenen Ursachen ab. Oft liegt sie in der physischen Unmöglichkeit für das männliche Element, bis zum Ei’chen zu gelangen, wie es bei solchen Pflanzen zutrifft, deren Pistill so lang ist, dass die Pollenschläuche nicht bis ins Ovarium hinabreichen können. So ist auch beobachtet worden, dass wenn der Pollen einer Art auf das Stigma einer nur entfernt damit verwandten Art gebracht wird, die Pollenschläuche zwar hervortreten, aber nicht in die Oberfläche des Stigmas eindringen. In anderen Fällen kann das männliche Element zwar das weibliche erreichen, ist aber unfähig, die Entwicklung des Embryos zu bewirken, wie das aus einigen Versuchen Thurets mit Seetangen hervorzugehen scheint. Wir können diese Tatsachen ebenso wenig erklären, wie warum gewisse Holzarten nicht auf andere gepfropft werden können. Endlich kann es auch vorkommen, dass ein Embryo sich zwar zu entwickeln beginnt, aber schon in der nächsten Zeit zugrunde geht. Diese letzte Möglichkeit ist nicht genügend aufgeklärt worden; doch glaube ich nach den von Hrn. Hewitt erhaltenen Mitteilungen, welcher große Erfahrung in der Bastardzüchtung der hühnerartigen Vögel besessen hat, dass

der frühzeitige Tod des Embryos eine sehr häufige Ursache des Fehlschlagens der ersten Kreuzungen ist. Ich war anfangs sehr wenig geneigt, daran zu glauben, weil Bastarde, wenn sie einmal geboren sind, sehr kräftig und langlebend zu sein pflegen, wie Maultier und Maulesel zeigen. Überdies befinden sich Bastarde vor und nach der Geburt unter ganz verschiedenen Verhältnissen. In einer Gegend geboren und lebend, wo auch ihre beiden Eltern leben, mögen ihnen die Lebensbedingungen wohl zusagen. Aber ein Bastard hat nur halb an der organischen Bildung und Tätigkeit seiner Mutter Anteil und mag mithin vor der Geburt, so lange als er sich noch im Mutterleibe oder in den von der Mutter hervorgebrachten Eiern und Samen befindet, einigermaßen ungünstigeren Bedingungen ausgesetzt und demzufolge in der ersten Zeit geneigt sein, leichter zugrunde zu gehen, zumal alle sehr jungen Wesen gegen schädliche und unnatürliche Lebensverhältnisse außerordentlich empfindlich sind. Hinsichtlich der Sterilität der Bastarde, deren Sexualorgane unvollkommen entwickelt sind, verhält sich die Sache ganz anders. Ich habe schon mehrmals angeführt, dass ich eine große Menge von Tatsachen gesammelt habe, welche zeigen, dass, wenn Pflanzen und Tiere aus ihren natürlichen Verhältnissen geris-

sen werden, es vorzugsweise die Fortpflanzungsorgane sind, welche dabei angegriffen werden. Dies ist in der Tat die große Schranke für die Zähmung der Tiere. Zwischen der dadurch veranlassten Unfruchtbarkeit derselben und der der Bastarde sind manche Ähnlichkeiten. In beiden Fällen ist die Sterilität unabhängig von der Gesundheit im Allgemeinen und oft begleitet von vermehrter Größe und Üppigkeit. In beiden Fällen kommt die Unfruchtbarkeit in vielerlei Abstufungen vor; in beiden leidet das männliche Element am meisten, zuweilen aber das Weibchen doch noch mehr als das Männchen. In beiden geht die Fruchtbarkeit bis zu gewisser Stufe gleichen Schritts mit der systematischen Verwandtschaft; denn ganze Gruppen von Pflanzen und Tieren werden durch dieselben unnatürlichen Bedingungen impotent, und gleiche Gruppen von Arten neigen zur Hervorbringung unfruchtbarer Bastarde. Dagegen widersteht zuweilen eine einzelne Art in einer Gruppe großen Veränderungen in den äußeren Bedingungen mit ungeschwächter Fruchtbarkeit, und gewisse Arten einer Gruppe liefern ungewöhnlich fruchtbare Bastarde. Niemand kann, ehe er es versucht hat, voraussagen, ob dieses oder jenes Tier in der Gefangenschaft und ob diese oder jene ausländische



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Chile ist, wie man auf den Karten erkennen kann, ein schmaler Streifen Land zwischen Kordilleren und

Pazifik, und dieser Streifen wird selbst wieder von mehreren Gebirgslinien durchzogen, die parallel zu der großen Kette verlaufen. Zwischen diesen äußeren Linien und den eigentlichen Kordilleren erstreckt sich bis weit in den Süden eine Abfolge von ebenen Becken, die oft durch schmale Durchgänge ineinander übergehen; in diesen liegen die wichtigsten Städte wie San Felipe, Santiago, San Fernando. Diese Becken oder Ebenen sind, zusammen mit den querlaufenden flachen Tälern (wie jenes von Quillota), welche sie mit der Küste verbinden, zweifellos die Böden alter Meeresarme und tiefer Buchten, wie sie heute jeden Teil Feuerlands und der Westküste durchschneiden. Mit der Gestalt von Land und Wasser letzteren Landes muss Chile einstmals Ähnlichkeit gehabt haben. Diese zeigte sich hin und wieder ganz auffallend, wenn eine flache Nebelbank wie mit einem Mantel alle tieferen Teile des Landes bedeckte: Der weiße Dunst wallte in die Schluchten und bildete aufs schönste kleine und große Buchten; hier und da lugte ein einsamer Hügel heraus, womit er anzeigte, dass er einstmals als Eiland dort gestanden hatte. Der Kontrast dieser flachen Täler und Becken mit den unregelmäßigen Bergen verlieh der Landschaft ein Gepräge, das mir neu und sehr interessant war. Durch die natürliche Neigung der Ebenen zum Meer hin sind diese sehr leicht zu bewässern und folglich ungemein fruchtbar. Ohne dieses Verfahren würde das Land kaum etwas hervorbringen, denn den ganzen Sommer hindurch ist der Himmel wolkenlos. Die Berge und Hügel sind mit Büschen und niederen Bäumen gesprenkelt, und von diesen abgesehen ist die Vegetation sehr karg.

B ASTARDBILDUNG

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Pflanze während ihres Anbaues sich gut fortpflanzen wird, noch ob irgendwelche zwei Arten einer Sippe mehr oder weniger sterile Bastarde miteinander hervorbringen werden. Endlich, wenn organische Wesen während mehrerer Generationen in für sie unnatürliche Verhältnisse versetzt werden, so sind sie außerordentlich zu variieren geneigt, was, wie ich glaube, davon herrührt, dass ihre Reproduktivsysteme vorzugsweise angegriffen sind, obwohl in minderem Grade, als wenn gänzliche Unfruchtbarkeit folgt. Ebenso ist es mit Bastarden; denn Bastarde sind in aufeinanderfolgenden Generationen sehr zu variieren geneigt, wie es jeder Züchter erfahren hat. So sehen wir denn, dass, wenn organische Wesen in neue und unnatürliche Verhältnisse versetzt und wenn Bastarde durch unnatürliche Kreuzung zweier Arten erzeugt werden, das Reproduktivsystem ganz unabhängig von der allgemeinen Gesundheit in ganz eigentümlicher Weise von Unfruchtbarkeit betroffen wird. In dem einen Fall sind die Lebensbedingungen gestört worden, obwohl oft nur in einem für uns nicht wahrnehmbaren Grad; in dem anderen, bei den Bastarden nämlich, sind jene Verhältnisse unverändert geblieben, aber die Organisation ist dadurch gestört worden, dass zweierlei Bau und Verfassung des Körpers miteinander vermischt worden sind. Denn es ist kaum möglich, dass zwei Organisationen in eine verbunden werden, ohne einige Störung in der Entwicklung oder in der periodischen Tätigkeit

Hide Bridge – Lederbrücke, Santiago de Chile.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



5. September 1834

Um die Mitte des Tages langten wir an einer der

aus Häuten gefertigten Hängebrücken an, welche den Maypu überspannt, ein großer, aufgewühlter Fluss einige Wegstunden südlich von Santiago. Diese Brücken sind recht armselige Geschichten. Der Weg, welcher dem Bogen der Hängeseile folgt, besteht aus dicht aneinander gefügten Stockbündeln. Er war voller Löcher und schwankte recht beängstigend, allein schon unter dem Gewicht eines Mannes, der sein Pferd führt.

oder in den Wechselbeziehungen der verschiedenen Teile und Organe zueinander oder endlich in den Lebensbedingungen zu veranlassen. Wenn Bastarde fähig sind, sich unter sich fortzupflanzen, so übertragen sie von Generation zu Generation auf ihre Abkommen dieselbe Vereinigung zweier Organisationen, und wir dürfen daher nicht erstaunen, ihre Unfruchtbarkeit, wenn auch einigem Schwanken unterworfen, selten abnehmen zu sehen. Wir müssen jedoch bekennen, dass wir, von haltlosen Hypothesen abgesehen, nicht im Stande sind, gewisse Tatsachen in Bezug auf die Unfruchtbarkeit der Bastarde zu begreifen, wie z. B. die ungleiche Fruchtbarkeit der zweierlei Bastarde aus der Wechselkreuzung oder die zunehmende Unfruchtbarkeit derjenigen Bastarde, welche zufällig oder ausnahmsweise einem ihrer beiden Eltern sehr ähnlich sind. Auch bilde ich mir nicht ein, durch die vorangehenden Bemerkungen der Sache auf den Grund zu kommen; denn wir haben keine Erklärung dafür, warum ein Organismus unter unnatürlichen Lebensbedingungen unfruchtbar wird. Alles, was ich habe zeigen wollen, ist, dass in zwei in mancher Beziehung einander ähnlichen Fällen Unfruchtbarkeit das gleiche Resultat ist, in dem einen Fall, weil die äußeren Lebensbedingungen, und in dem anderen, weil durch Verbindung zweier Bildungen in eine die Organisation selbst gestört worden sind. Es mag wunderlich scheinen, aber ich vermute, dass ein gleicher Parallelismus noch in einer anderen, zwar verwandten, doch an sich sehr verschiedenen Reihe von Tatsachen besteht. Es ist ein alter und fast allgemeiner Glaube, welcher meines Wissens auf

einer Masse von Erfahrungen beruht, dass leichte Veränderungen in den äußeren Lebensbedingungen für alle Lebewesen wohltätig sind. Wir sehen daher Landwirte und Gärtner beständig ihre Samen, Knollen usw. austauschen, sie aus einem Boden und Klima ins andere und endlich wohl auch wieder zurück versetzen. Während der Wiedergenesung von Tieren sehen wir sie oft großen Vorteil aus diesem oder jenem Wechsel in ihrer Lebensweise ziehen. So sind auch bei Pflanzen und Tieren reichliche Beweise vorhanden, dass eine Kreuzung zwischen sehr verschiedenen Individuen einer Art, nämlich zwischen solchen von verschiedenen Stämmen oder Unterrassen, der Nachzucht Kraft und Fruchtbarkeit verleihen. Ich glaube in der Tat, nach den im vierten Kapitel angeführten Tatsachen, dass ein gewisses Maß von Kreuzung selbst für Hermaphroditen unentbehrlich ist, und dass enge Inzucht zwischen den nächsten Verwandten einige Generationen lang fortgesetzt, zumal wenn dieselben unter gleichen Lebensbedingungen gehalten werden, endlich schwache und unfruchtbare Sprösslinge liefert. So scheint es mir denn, dass einerseits geringe Wechsel der Lebensbedingungen allen organischen Wesen vorteilhaft sind, und dass andererseits schwache Kreuzungen, nämlich zwischen verschiedenen Stämmen und geringen Varietäten einer Art, der Nachkommenschaft Kraft und Stärke verleihen. Dagegen haben wir aber auch gesehen, dass stär-

kere Wechsel der Verhältnisse und zumal solche von gewisser Art die Organismen oft in gewissem Grad unfruchtbar machen können, wie auch stärkere Kreuzungen, nämlich zwischen sehr verschiedenen oder in gewissen Beziehungen voneinander abweichenden Männchen und Weibchen, Bastarde hervorbringen, die gewöhnlich einigermaßen unfruchtbar sind. Ich vermag mich nicht zu überreden, dass dieser Parallelismus auf einem bloßen Zufall oder einer Täuschung beruhen solle. Beide Reihen von Tatsachen scheinen durch ein gemeinsames, aber unbekanntes Band miteinander verkettet, welches mit dem Lebensprinzip wesentlich zusammenhängt. Fruchtbarkeit gekreuzter Varietäten und ihrer Blendlinge. – Man mag uns als einen sehr kräftigen Beweisgrund entgegenhalten, es müsse irgendein wesentlicher Unterschied zwischen Arten und Varietäten sein und sich irgendein Irrtum durch alle vorangehenden Bemerkungen hindurchziehen, da ja Varietäten, wenn sie in ihrer äußeren Erscheinung auch noch so sehr auseinandergehen, sich doch leicht kreuzen und vollkommen fruchtbare Nachkommen liefern. Ich gebe vollkommen zu, dass dies meistens unabänderlich so ist, dass dieser Fall eine große Schwierigkeit darbiete und hier vermutlich irgendetwas unerklärt bleibe. Wenn wir aber die in der Natur vorkommenden Varietäten betrachten, so werden wir unmittelbar in hoffnungslose

Ein Festlandsfuchs aus Chile, der sich von der Falklandspezies unterscheidet, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle. B ASTARDBILDUNG

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Schwierigkeiten eingehüllt; denn sobald zwei bisher als Varietäten angesehene Formen sich einigermaßen steril miteinander zeigen, so werden sie von den meisten Naturforschern zu Arten erhoben. So sind z. B. die rote und die blaue Anagallis, die hell- und dunkelgelbe Schlüsselblume, welche die meisten unserer besten Botaniker für bloße Varietäten halten, nach Gärtner bei der Kreuzung nicht vollkommen fruchtbar und werden deshalb von ihm als unzweifelhafte Arten bezeichnet. Wenn wir daraus im Chilenischer Minenarbeiter. Zirkel schließen, so muss die Fruchtbarkeit aller natürlich entstandenen Varietäten als erwiesen angesehen werden.

Auch wenn wir uns zu den erwiesenermaßen oder vermutlich im Kulturzustand erzeugten Varietäten wenden, sehen wir uns noch in Zweifel verwickelt. Denn wenn es z. B. feststeht, dass der deutsche Spitzhund sich leichter als andere Hunderassen mit dem Fuchs paart, oder dass gewisse in Südamerika einheimische Haushunde sich nicht wirklich mit europäischen Hunden kreuzen, so ist die Erklärung, welche jedem einfallen wird und wahrscheinlich auch die richtige ist, die, dass diese Hunde von verschiedenen wilden Arten abstammen. Dem ungeachtet ist die vollkommene Fruchtbarkeit so vieler gepflegter Varietäten, die in ihrem äußeren Ansehen so weit voneinander verschieden sind, wie die der Tauben und des Kohles, eine merkwürdige Tatsache, besonders wenn wir erwägen, wie zahlreiche Arten es gibt, die äußerlich einander sehr ähnlich, doch bei der Kreuzung ganz unfruchtbar miteinander sind. Verschiedene Betrachtungen jedoch lassen die Fruchtbarkeit der gepflegten Varietäten weniger merkwürdig erscheinen, als es anfänglich der Fall ist. Denn erstens müssen wir uns erinnern, wie wenig wir über die wahre Ursache der Unfruchtbarkeit sowohl der miteinander gekreuzten als der ihren natürlichen Lebensbedingungen entfrem-



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Nun weiß man, dass die chilenische Methode des Bergbaus die billigste ist. Mein Gastgeber sagte, die zwei

wichtigsten, von Ausländern eingeführten Verbesserungen seien gewesen erstens, durch vorheriges Rösten den Kupferkies zu reduzieren – welcher zum Erstaunen der englischen Bergleute anfangs, da er in Cornwall das gängige Erz ist, als nutzlos weggeworfen wurde; zweitens das Zerstampfen und Auswaschen der Schlacke aus den alten Hochöfen – wodurch Metallpartikel in reichem Maße gerettet werden. Ich habe selbst gesehen, wie Maultiere eine Ladung solcher Zinder zum Weitertransport nach England an die Küste trugen. Der erste Fall ist jedoch der bei weitem seltsamste. Die chilenischen Bergleute waren so überzeugt davon, dass Kupferkies keine Kupferpartikel enthält, dass sie die Engländer ob ihrer Unwissenheit auslachten, die ihrerseits lachten und die ergiebigsten Adern für wenige Dollar kauften. Es ist sehr eigenartig, dass in einem Land, in dem Bergbau viele Jahre lang intensiv betrieben wurde, ein so einfacher Prozess wie das sanfte Rösten des Erzes zur Austreibung des Schwefels vor dem Schmelzen nie entdeckt worden war. Auch bei manchen der einfachen Maschinen wurden Verbesserungen eingeführt, doch noch bis zum heutigen Tage wird das Wasser aus einigen Minen entfernt, indem die Männer es in Ledereimern den Schacht hinauftragen! Die Männer arbeiten sehr hart. Sie haben nur wenig Zeit für ihre Mahlzeiten, und sommers wie winters fangen sie an, wenn es hell wird, und hören in der Dunkelheit auf. Als Lohn erhalten sie monatlich ein Pfund Sterling, dazu noch das Essen: Dies besteht beim Frühstück aus sechzehn Feigen und zwei kleinen Laiben Brot; zum Mittagessen gibt es gekochte Bohnen, zum Abendessen zerstampfte geröstete Weizenkörner. Fleisch gibt es kaum, und mit den £ 12 im Jahr müssen sie sich kleiden und die Familie ernähren. Die Bergleute, die in der Mine selbst arbeiten, erhalten 25 Shilling im Monat und ein wenig charqui. Diese Männer aber kommen von ihren trübseligen Behausungen nur alle vierzehn Tage oder drei Wochen herab.

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Ein rosafarbener Flamingo sucht im Wasser auf Rabida Island im Galapagos-Archipel nach Futter. deten Arten wissen. Hinsichtlich dieses letzten Punktes hat mir der Raum nicht gestattet, die vielen merkwürdigen Tatsachen aufzuzählen, die ich gesammelt habe; was die Unfruchtbarkeit betrifft, so spiegelt sie sich in der Verschiedenheit der beiderlei Bastarde der Wechselkreuzung sowie in den eigentümlichen Fällen ab, wo eine Pflanze leichter durch fremden als durch ihren eigenen Samenstaub befruchtet werden kann. Wenn wir über diese und andere Fälle, wie über den nachher zu berichtenden von den verschieden gefärbten Varietäten der Verbascum thapsus, nachdenken, so müssen wir fühlen, wie groß unsere Unwissenheit und wie klein für uns die Wahrscheinlichkeit ist, zu begreifen, woher es kommt, dass bei der Kreuzung gewisse Formen fruchtbar und andere unfruchtbar sind. Es lässt

sich zweitens klar nachweisen, dass die bloße äußere Unähnlichkeit zwischen zwei Arten deren größere oder geringere Unfruchtbarkeit im Fall einer Kreuzung nicht bedingt; und dieselbe Regel wird auch auf die gepflegten Varietäten anzuwenden sein. Drittens glauben einige ausgezeichnete Naturforscher, dass ein lang andauernder Zähmungs- oder Kulturzustand geeignet sei, die Unfruchtbarkeit der Bastarde, welche anfangs nur wenig steril gewesen sind, in aufeinanderfolgenden Generationen mehr und mehr zu verwischen; und wenn dies der Fall ist, so werden wir gewiss nicht erwarten dürfen, Sterilität unter dem Einfluss von nahezu den nämlichen Lebensbedingungen erscheinen und verschwinden zu sehen. Endlich, und dies scheint mir bei Weitem die wichtigste Betrachtung zu sein, B ASTARDBILDUNG

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bringt der Mensch neue Pflanzen- und Tierrassen im Kulturzustand durch die Kraft planmäßiger oder unbewusster Züchtung zu eigenem Nutzen und Vergnügen hervor; er will nicht und kann nicht die kleinen Verschiedenheiten im Reproduktivsystem oder andere mit dem Reproduktivsystem in Wechselbeziehung stehende Unterschiede zum Gegenstand seiner Züchtung machen. Die Erzeugnisse der Kultur und Zähmung sind dem Klima und anderen physischen Lebensbedingungen viel minder vollkommen als die der Natur angepasst. Der Mensch versieht diese verschiedenen Abänderungen mit der nämlichen Nahrung, behandelt sie fast auf dieselbe Weise und will ihre allgemeine Lebensweise nicht ändern. Die Natur wirkt einförmig und langsam während unermesslicher Zeitperioden auf die gesamte Organisation der Geschöpfe in einer Weise, die zu deren eigenem Besten dient; und so mag sie unmittelbar, oder wahrscheinlicher mittelbar, durch Korrelation auch das Reproduktivsystem in den mancherlei Abkömmlingen einer nämlichen Art abändern. Wenn man diese Verschiedenheit im Züchtungsverfahren von Seiten des Menschen und der Natur berücksichtigt, wird man sich nicht mehr wundern können, dass sich einiger Unterschied auch in den Ergebnissen zeigt. Ich habe bis jetzt so gesprochen, als seien die Varietäten einer nämlichen Art bei der Kreuzung alle stets fruchtbar. Es scheint mir aber unmöglich, sich dem Beweis von dem Dasein eines gewissen Maßes an Unfruchtbarkeit in einigen wenigen Fällen zu verschließen, von denen ich kurz berichten will. Der Beweis ist wenigstens ebenso gut als derjenige, welcher uns an die Unfruchtbarkeit einer Menge von Arten glauben macht, und ist von gegnerischen Zeugen entlehnt, die in allen anderen Fällen Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit als sichere Beweise spezifischer Verschiedenheit betrachten. Gärtner hielt einige Jahre lang eine Sorte Zwergmais mit gelbem und eine große Varietät mit rotem Samen, welche nahe beisammen in seinem Garten wuchsen; und obwohl diese Pflanzen getrennten Geschlechtes sind, so kreuzen sie sich doch nie von selbst miteinander. Er befruchtete dann dreizehn Blütenähren des einen mit dem Pollen des anderen; aber nur ein einziger Stock gab einige Samen, und zwar nur fünf Körner. Die Behandlungsweise kann in diesem Falle nicht schädlich gewesen sein, indem die Pflanzen getrennte Geschlechter haben. Noch nie-

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mand hat meines Wissens diese zwei Maissorten für verschiedene Arten angesehen; und es ist wesentlich zu bemerken, dass die aus ihnen erzogenen Blendlinge vollkommen fruchtbar waren, sodass auch Gärtner selbst nicht wagte, jene Sorten für zwei verschiedene Arten zu erklären. Girou de Buzareingues kreuzte drei Varietäten von Gurken miteinander, welche wie der Mais getrennten Geschlechtes sind, und versichert, ihre gegenseitige Befruchtung sei umso schwieriger, je größer ihre Verschiedenheit ist. Inwieweit dieser Versuch Vertrauen verdient, weiß ich nicht; aber die drei zu denselben benützten Formen sind von Sagaret, welcher sich bei seiner Unterscheidung der Arten hauptsächlich auf ihre Unfruchtbarkeit stützt, als Varietäten aufgestellt worden. Weit merkwürdiger und anfangs fast unglaublich erscheint der folgende Fall; jedoch ist er das Resultat einer Menge viele Jahre lang an neun Verbascum-Arten fortgesetzter Versuche, welche hier noch umso höher in Anschlag zu bringen sind, als sie von Gärtner herrühren, der ein ebenso vortrefflicher Beobachter als entschiedener Gegner der Meinung ist, dass die gelben und die weißen Varietäten der nämlichen Verbascum-Arten bei der Kreuzung miteinander weniger Samen geben, als jede derselben liefert, wenn sie mit Pollen aus Blüten von ihrer eigenen Farbe befruchtet werden. Er erklärt nun, dass, wenn gelbe und weiße Varietäten einer Art mit gelben und weißen Varietäten einer anderen Art gekreuzt werden, man mehr Samen erhält, wenn man die gleichfarbigen, als wenn man die ungleichfarbigen Varietäten miteinander paart. Und doch ist zwischen diesen Varietäten von Verbascum kein anderer Unterschied als in der Farbe ihrer Blüten, und die eine Farbe entspringt zuweilen aus Samen der andersfarbigen Varietät. Nach Versuchen, die ich mit gewissen Varietäten der Rosen-Malve angestellt habe, möchte ich vermuten, dass sie ähnliche Erscheinungen darbieten. Kölreuter, dessen Genauigkeit durch jeden späteren Beobachter bestätigt worden ist, hat die merkwürdige Tatsache bewiesen, dass eine Varietät des Tabaks, wenn sie mit einer ganz anderen ihr weit entfernt stehenden Art gekreuzt wird, fruchtbarer ist als mit Varietäten der nämlichen Art. Er machte mit fünf Formen Versuche, die allgemein für Varietäten gelten, was er auch durch die strengste Probe, näm-

Down House ist heute ein Denkmal – für Darwins vierzig Jahre währende abgeschiedene Häuslichkeit und tiefe Konzentration. lich durch Wechselkreuzungen, bewies, welche lauter ganz fruchtbare Blendlinge lieferten. Doch gab eine dieser fünf Varietäten, mochte sie nun als Vater oder Mutter mit ins Spiel kommen, bei der Kreuzung mit Nicotiana glutinosa stets minder unfruchtbare Bastarde als die vier anderen Varietäten. Es muss daher das Reproduktivsystem dieser einen Varietät in irgendeiner Weise weniger modifiziert worden sein. Bei der großen Schwierigkeit, die Unfruchtbarkeit der Varietäten im Naturzustand zu bestätigen, weil jede bei der Kreuzung etwas unfruchtbare Varietät alsbald allgemein für eine Spezies erklärt werden würde, sowie infolge des Umstands, dass der Mensch bei seinen künstlichen Züchtungen nur auf die äußeren Charaktere sieht und nicht verborgene und funktionelle Verschiedenheiten im Reproduktivsystem hervorzubringen beabsichtigt, glaube ich mich aus der Zusammenstellung aller Tatsachen zu folgern berechtigt, dass die Fruchtbarkeit der Varietäten untereinander keineswegs eine allgemeine Regel und mithin auch nicht geeignet ist, eine Grundlage zur Unterscheidung von Varietäten und Arten abzugeben. Die gewöhnlich stattfindende Fruchtbarkeit der Varietäten untereinander scheint mir nicht genügend, um meine Ansicht über die sehr allgemeine,

aber nicht beständige Unfruchtbarkeit der ersten Kreuzungen und der Bastarde umzustoßen, dass dieselbe nämlich keine besondere Eigenschaft für sich darstellt, sondern mit anderen langsam entwickelten Modifikationen zumal im Reproduktivsystem der miteinander gekreuzten Formen zusammenhängt. Bastarde und Blendlinge unabhängig von ihrer Fruchtbarkeit verglichen. – Die Nachkommenschaft der untereinander gekreuzten Arten und die der Varietäten lassen sich unabhängig von der Frage der Fruchtbarkeit noch in mehreren Beziehungen miteinander vergleichen. Gärtner, dessen beharrlicher Wunsch es war, eine scharfe Unterscheidungslinie zwischen Arten und Varietäten zu ziehen, konnte nur sehr wenige und, wie es scheint, nur ganz unwesentliche Unterschiede zwischen den sogenannten Bastarden der Arten und den Blendlingen der Varietäten entdecken, wogegen sie sich in vielen anderen wesentlichen Beziehungen vollkommen gleichen. Hier kann ich diesen Gegenstand nur ganz kurz erörtern. Als wichtigster Unterschied hat sich ergeben, dass in der ersten Generation Blendlinge veränderlicher als Bastarde sind; doch gibt Gärtner zu, dass Bastarde von bereits lange kultivierten Arten oft schon B ASTARDBILDUNG

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in erster Generation sehr veränderlich sind, und ich selbst habe sehr treffende Belege für diese Tatsache. Gärtner gibt ferner zu, dass Bastarde zwischen sehr nahe verwandten Arten veränderlicher sind als die von weit auseinanderstehenden; und daraus ergibt sich, dass der im Grad der Veränderlichkeit gesuchte Unterschied stufenweise abnimmt. Wenn Blendlinge oder fruchtbarere Bastarde einige Generationen lang in sich fortgepflanzt werden, so nimmt anerkanntermaßen die Veränderlichkeit ihrer Nachkommen bis zu einem außerordentlichen Maß zu; dagegen lassen sich einige wenige Fälle anführen, wo Bastarde sowohl als Blendlinge ihren einförmigen Charakter lange Zeit behauptet haben. Doch ist die Veränderlichkeit in den aufeinanderfolgenden Generationen der Blendlinge vielleicht größer als bei den Bastarden. Diese größere Veränderlichkeit der Blendlinge den Bastarden gegenüber scheint mir in keiner Weise überraschend. Denn die Eltern der Blendlinge sind Varietäten und meistens zahme und kultivierte Varietäten (da nur sehr wenige Versuche mit wilden Varietäten angestellt worden sind), weshalb als Regel anzunehmen ist, dass ihre Veränderlichkeit noch eine neue ist, daher denn auch zu erwarten steht, dass dieselbe oft noch fortdauern und die schon aus der Kreuzung entspringende Veränderlichkeit verstärken wird. Der geringere Grad von Variabilität bei Bastarden aus erster Kreuzung oder aus erster Generation im Gegensatz zu ihrer außerordentlichen Veränderlichkeit in späteren Generationen ist eine eigentümliche und Beachtung verdienende Tatsache; denn sie führt zu der Ansicht, die ich mir über die Ursache der gewöhnlichen Variabilität gebildet habe, und unterstützt dieselbe, dass diese letzte nämlich aus dem Reproduktionssystem herrührt, welches für jede Veränderung in den Lebensbedingungen so empfindlich ist, dass es hierdurch oft ganz unvermögend oder wenigstens für seine eigentliche Funktion, mit der elterlichen Form übereinstimmende Nachkommen zu erzeugen, unfähig gemacht wird. Nun rühren die in erster Generation gebildeten Bastarde alle von Arten her, deren Reproduktivsysteme, außer bei schon lange kultivierten Arten, in keiner Weise leidend gewesen waren und sind nicht veränderlich; aber Bastarde selber haben ein ernstlich angegriffenes Reproduktivsystem, und ihre Nachkommen sind sehr veränderlich. Doch kehren wir zur Vergleichung zwischen Blendlingen und Bastarden zurück. Gärtner behaup-

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tet, dass Blendlinge mehr als Bastarde geneigt seien, wieder in eine der elterlichen Formen zurückzuschlagen; doch ist dieser Unterschied, wenn er richtig ist, gewiss nur ein stufenweiser. Gärtner legt ferner Nachdruck darauf, dass, wenn zwei obgleich nahe miteinander verwandte Arten mit einer dritten gekreuzt werden, deren Bastarde doch weit auseinanderweichen, während wenn zwei sehr verschiedene Varietäten einer Art mit einer anderen Art gekreuzt werden, deren Blendlinge unter sich nicht sehr verschieden sind. Dieses Ergebnis ist jedoch, so viel ich zu ersehen im Stande bin, nur auf einen einzigen Versuch gegründet und scheint den Erfahrungen geradezu entgegengesetzt zu sein, welche Kölreuter bei mehreren Versuchen gemacht hat. Dies allein sind die an sich unwesentlichen Verschiedenheiten, welche Gärtner zwischen Bastarden und Blendlingen der Pflanzen auszumitteln im Stande gewesen ist. Aber auch die Ähnlichkeit der Bastarde und Blendlinge und insbesondere die von nahe verwandten Arten entsprungenen Bastarden mit ihren Eltern, folgt nach Gärtner den nämlichen Gesetzen. Wenn zwei Arten gekreuzt werden, so zeigt zuweilen eine derselben ein überwiegendes Vermögen, eine Ähnlichkeit mit ihr dem Bastard aufzuprägen, und so ist es, wie ich glaube, auch mit Pflanzenvarietäten. Bei Tieren besitzt gewiss oft eine Varietät dieses überwiegende Vermögen über eine andere. Die beiderlei Bastardpflanzen aus einer Wechselkreuzung gleichen einander gewöhnlich sehr, und so ist es auch mit den zweierlei Blendlingen aus Wechselkreuzungen. Bastarde sowohl als Blendlinge können wieder in jede der zwei elterlichen Formen zurückgeführt werden, wenn man sie in aufeinanderfolgenden Generationen wiederholt mit der einen ihrer Stammformen kreuzt. Diese verschiedenen Bemerkungen lassen sich offenbar auch auf Tiere anwenden; doch wird hier der Gegenstand außerordentlich verwickelt, teils infolge vorhandener sekundärer Sexual-Charaktere und teils insbesondere infolge des gewöhnlich bei einem von beiden Geschlechtern überwiegenden Vermögens, sein Bild dem Nachkommen aufzuprägen, sowohl wo Arten mit Arten als wo Varietäten mit Varietäten gekreuzt werden. So glaube ich z. B., dass diejenigen Schriftsteller recht haben, welche behaupten, der Esel besitze ein solches Übergewicht über das Pferd, in dessen Folge sowohl Maulesel als Maultier mehr

dem Esel als dem Pferde glichen; dass jedoch dieses Übergewicht noch mehr bei dem männlichen als dem weiblichen Esel hervortrete, daher der Maulesel als der Bastard von Eselhengst und Pferdestute dem Esel mehr als das Maultier gleiche, welches das Pferd zum Vater und eine Eselin zur Mutter hat. Einige Schriftsteller haben viel Gewicht darauf gelegt, dass es unter den Tieren nur bei Blendlingen vorkomme, dass solche einem ihrer Eltern außerordentlich ähnlich seien; doch lässt sich nachweisen, dass solches auch bei Bastarden, wenngleich seltener als bei Blendlingen, der Fall ist. Was die von mir gesammelten Fälle von einer Kreuzung entsprungenen Tieren betrifft, die einem der zwei Eltern sehr ähnlich gewesen sind, so scheint sich diese Ähnlichkeit vorzugsweise auf in ihrer Art monströse und plötzlich aufgetretene Charaktere zu beschränken, wie Albinismus, Melanismus, Mangel der Hörner, Fehlen des Schwanzes und Überzahl der Finger und Zehen, und stehen daher in keinem Zusammenhang mit den durch Züchtung langsam entwickelten Merkmalen. Demzufolge werden auch Fälle plötzlicher Rückkehr zu einem der zwei elterlichen Typen bei Blendlingen vorkommen, welche von oft plötzlich entstandenen und ihrem Charakter nach halbmonströsen Varietäten abstammen, als bei Bastarden, die von langsam und auf natürliche Weise gebildeten Arten herrühren. Im Ganzen aber bin ich der Meinung von Dr. Prosper Lucas, welcher nach der Musterung einer ungeheueren Menge von Tatsachen bei den Tieren zu dem Schluss gelangt, dass die Gesetze der Ähnlichkeit zwischen Kindern und Eltern die nämlichen sind, ob beide Eltern mehr oder ob sie weniger voneinander abweichen, ob sie einer oder ob sie verschiedenen Varietäten oder ganz verschiedenen Arten angehören. Von der Frage über Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit abgesehen, scheint sich in allen anderen Beziehungen eine große Ähnlichkeit des Verhaltens zwischen Bastarden und Blendlingen zu ergeben. Bei der Annahme, dass die Arten einzeln erschaffen und die Varietäten erst durch sekundäre Gesetze entwickelt worden sind, müsste ein solches ähnliches Verhalten als eine äußerst befremdende Tatsache erscheinen. Geht man aber von der Ansicht aus, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen Arten und Varietäten gar nicht vorhanden ist, so steht es vollkommen mit derselben in Einklang.

Zusammenfassung des Kapitels. – Erste Kreuzungen sowohl zwischen genügend unterschiedenen Formen, um für Varietäten zu gelten, wie zwischen ihren Bastarden sind sehr oft, aber nicht immer unfruchtbar. Diese Unfruchtbarkeit findet in allen Abstufungen statt und ist oft so unbedeutend, dass die zwei erfahrensten Experimentatoren, welche jemals gelebt haben, zu mitunter schnurstracks entgegengesetzten Folgerungen gelangten, als sie die Formen danach ordnen wollten. Die Unfruchtbarkeit ist von angeborener Veränderlichkeit bei Individuen einer nämlichen Art und für günstige und ungünstige Einflüsse außerordentlich empfänglich. Der Grad der Unfruchtbarkeit richtet sich nicht genau nach systematischer Affinität, sondern ist von einigen eigentümlichen und verwickelten Gesetzen abhängig. Er ist gewöhnlich ungleich und oft sehr ungleich bei Wechselkreuzung der nämlichen zwei Arten. Er ist nicht immer von gleicher Stärke bei einer ersten Kreuzung und den daraus entspringenden Nachkommen. In derselben Weise wie beim Zweigen der Bäume die Fähigkeit einer Art oder Varietät, bei anderen anzuschlagen, mit meistens ganz unbekannten Verschiedenheiten in ihren vegetativen Systemen zusammenhängt, so ist bei Kreuzungen die größere oder geringere Leichtigkeit einer Art, sich mit der anderen zu befruchten, von unbekannten Verschiedenheiten in ihren Reproduktionssystemen veranlasst. Es ist daher nicht mehr Grund vorhanden,

Chilenischer Steigbügel mit Sporen. B ASTARDBILDUNG

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anzunehmen, dass von der Natur einer jeden Art ein verschiedener Grad von Sterilität in der Absicht, ihr gegenseitiges Durchkreuzen und Ineinanderlaufen zu verhüten, besonders eingebunden worden sei, als anzunehmen, dass jeder Holzart ein verschiedener und etwas analoger Grad von Schwierigkeit, beim Verpfropfen auf anderen Arten anzuschlagen, eingebunden worden sei, um zu verhüten, dass sich nicht alle in unseren Wäldern aufeinanderpfropfen. Die Sterilität der ersten Kreuzungen zwischen reinen Arten mit vollkommenen Reproduktivsystemen scheint von verschiedenen Ursachen abzuhängen: in einigen Fällen vor allem vom frühzeitigen Verderben des Embryos. Die Unfruchtbarkeit der Bastarde mit unvollkommenem Reproduktionssystem und derjenigen, wo dieses System sowie die ganze Organisation durch Verschmelzung zweier Arten in eine gestört worden ist, scheint nahe übereinzukommen mit derjenigen Sterilität, welche so oft auch reine Spezies befällt, wenn ihre natürlichen Lebensbedingungen gestört worden sind. Diese Betrachtungsweise wird noch durch einen

Parallelismus anderer Art unterstützt, indem nämlich die Kreuzung von nur wenig voneinander abweichenden Formen die Kraft und Fruchtbarkeit der Nachkommenschaft befördert sowie geringe Veränderungen in den äußeren Lebensbedingungen für Gesundheit und Fruchtbarkeit aller organischen Wesen vorteilhaft sind. Es ist nicht überraschend, dass der Grad der Schwierigkeit, zwei Arten miteinander zu befruchten, und der Grad der Unfruchtbarkeit ihrer Bastarde einander im Allgemeinen entsprechen, obwohl sie von verschiedenen Ursachen herrühren; denn beide hängen von dem Maß irgendwelcher Verschiedenheit zwischen den gekreuzten Arten ab. Ebenso ist es nicht überraschend, dass die Leichtigkeit eine erste Kreuzung zu bewirken, die Fruchtbarkeit der daraus entsprungenen Bastarde und die Fähigkeit wechselseitiger Aufeinanderpfropfung, obwohl diese letzte offenbar von weit verschiedenen Ursachen abhängt, alle bis zu einem gewissen Grad parallel gehen mit der systematischen Verwandtschaft der Formen, welche bei den Versuchen in Anwendung gekommen sind; denn »systematische Affinität« bezweckt, alle Sorten von Ähnlichkeiten zwischen den Spezies auszudrücken. Erste Kreuzungen zwischen Formen, die als Varietäten gelten oder doch genügend voneinander verschieden sind, um dafür zu gehen, und ihre Blendlinge sind zwar gewöhnlich, aber nicht ohne Ausnahme fruchtbar. Doch ist diese gewöhnliche und vollkommene Fruchtbarkeit nicht befremdend, wenn wir uns erinnern, wie leicht wir hinsichtlich der Varietäten im Naturzustand in einen Zirkelschluss geraten, und wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, dass die größere Anzahl der Varietäten durch Kultur mittels Züchtung bloß nach äußeren Verschiedenheiten und nicht nach solchen im Reproduktivsystem hervorgebracht worden sind. In allen anderen Beziehungen, außer der Fruchtbarkeit, besteht eine allgemein sehr große Ähnlichkeit zwischen Bastarden und Blendlingen. Endlich scheinen mir die in diesem Kapitel kürzlich aufgezählten Tatsachen nicht im Widerspruch, sondern vielmehr im Einklang zu stehen mit der Ansicht, dass es keinen gründlichen Unterschied zwischen Arten und Varietäten gibt.

Fünfzig Jahre nach der Veröffentlichung von Entstehung der Arten hielt die Cambridge University es für ausreichend sicher, Darwin und sein Werk zu feiern.

Die »Skizze« von 1842. Sie blieb bis nach Darwins Tod unveröffentlicht, stieß dann aber als eines der »Fundamente« seiner Theorie auf großes Interesse.

N e u n t e s Ka p i t e l

Unvollkommenheit der geologischen Überlieferungen



Mangel mittlerer Varietäten zwischen den heutigen Formen – Natur der erloschenen Mittelvarietäten und deren Zahl – Länge der Zeitperioden nach Maßgabe der Ablagerungen und Entblößungen – Armut unserer paläontologischen Sammlungen – Unterbrechung geologischer Formationen – Abwesenheit der Mittelvarietäten in allen Formationen – Plötzliche Erscheinung von Artengruppen – Ihr plötzliches Auftreten in den ältesten fossilführenden Schichten.

I

m sechsten Kapitel habe ich die Haupteinreden aufgezählt, welche man gegen die in diesem Band auf-

gestellten Ansichten erheben könnte. Die meisten derselben sind jetzt bereits erörtert worden. Darunter ist eine allerdings von handgreiflicher Schwierigkeit: die der Verschiedenheit der Artformen ohne wesentliche Verkettung durch zahllose Übergangsformen. Ich habe die Ursachen nachgewiesen, warum solche Glieder heutzutage unter den anscheinend für ihr Dasein günstigsten Umständen, namentlich auf ausgedehnten und zusammenhängenden Flächen mit allmählich abgestuften physikalischen Bedingungen nicht gewöhnlich zu finden sind. Ich versuchte zu zeigen, dass das Leben einer jeden Art noch wesentlicher abhängt von der Anwesenheit gewisser anderer organischer Formen als vom Klima, und dass daher die wesentlich leitenden Lebensbedingungen sich nicht so allmählich abstufen wie Wärme und Feuchtigkeit. Ich versuchte ferner zu zeigen, dass mittlere Varietäten deswegen, weil sie in geringerer Anzahl als die von ihnen verketteten Formen vorkommen, im Verlaufe weiterer Veränderung und Vervollkommnung dieser letzten bald verdrängt werden. Die Hauptursache jedoch, warum nicht in der ganzen Natur jetzt noch zahllose solche Zwischenglieder vorkommen, liegt im Prozess der natürlichen Züchtung, wodurch neue Varietäten fortwährend die Stelle der Stammformen einnehmen und dieselben vertilgen. Aber gerade in dem Verhältnis, wie dieser Prozess der Vertilgung in ungeheurem Maß tätig gewesen ist, so muss auch die Anzahl der Zwischenvarietäten, welche vordem auf der Erde vorhanden waren, eine wahrhaft ungeheure gewesen sein. Doch woher kommt es dann, dass nicht jede Formation und jede Gesteinsschicht voll von solchen Zwischenformen ist? Die Geologie enthüllt uns sicherlich nicht eine

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solche fein abgestufte Organismenreihe; und dies ist vielleicht die handgreiflichste und gewichtigste Einrede, die man meiner Theorie entgegenhalten kann. Die Erklärung liegt aber, wie ich glaube, in der äußersten Unvollständigkeit der geologischen Überlieferungen. Zuerst muss man sich erinnern, was für Zwischenformen meiner Theorie zufolge vordem bestanden haben müssten. Ich habe es schwierig gefunden, wenn ich irgendwelche zwei Arten betrachtete, mir unmittelbare Zwischenformen zwischen denselben in Gedanken auszumalen. Es ist dies aber auch eine ganz falsche Ansicht; denn man hat sich vielmehr nach Formen umzusehen, welche zwischen jeder der zwei Spezies und einem gemeinsamen, aber unbekannten Stammvater das Mittel halten; und dieser Stammvater wird gewöhnlich von allen seinen Nachkommen einigermaßen verschieden gewesen

sein. Ich will dies mit einem einfachen Beispiel erläutern. Die Pfauentaube und der Kröpfer leiten beide ihren Ursprung von der Felstaube (C. livia) her; aber eine unmittelbare Zwischenvarietät zwischen Pfauentaube und Kropftaube wird es nicht geben, keine z. B., die einen etwas ausgebreiteteren Schwanz mit einem nur mäßig erweiterten Kropf verbände, worin doch eben die bezeichnenden Merkmale jener zwei Rassen liegen. Diese beiden Rassen sind überdies so sehr modifiziert worden, dass, wenn wir keinen historischen oder indirekten Beweis über ihren Ursprung hätten, wir unmöglich im Stande gewesen sein würden, durch bloße Vergleichung ihrer Struktur zu bestimmen, ob sie aus der Felstaube oder einer anderen ihr verwandten Art, wie z. B. Columba oenas, entstanden seien. So verhält es sich auch mit den natürlichen Arten. Wenn wir uns nach sehr verschiedenen Formen umse-

Vestiges of the Natural History of Creation, die 1844 anonym veröffentlicht wurden, ließen die Idee der Evolution spannend, aber noch unausgegoren erscheinen.

William Whewell, ein Wissenschaftsphilosoph und anglikanischer Priester, stand für die alte Tradition der Naturwissenschaft.

U N V O L L KO MME N HE IT DE R GE OL OGISCHE N Ü B E RLIEFERUNGEN

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hen, wie z. B. Pferd und Tapir, so finden wir keinen Grund zu unterstellen, dass es jemals unmittelbare Zwischenglieder zwischen denselben gegeben habe, wohl aber zwischen jedem von beiden und irgendeinem unbekannten Stammvater. Dieser gemeinsame Stammvater wird in seiner ganzen Organisation viele allgemeine Ähnlichkeit mit dem Tapir sowie mit dem Pferd besessen haben; doch in einer und der anderen Hinsicht auch von beiden beträchtlich verschieden gewesen sein, vielleicht in noch höherem Grade, als beide jetzt unter sich sind. Daher würden wir in allen solchen Fällen nicht im Stande sein, die elterliche Form für irgendwelche zwei oder drei sich nahestehende Arten auszumitteln, selbst dann nicht, wenn wir den Bau des Stammvaters genau mit dem seiner abgeänderten Nachkommen vergleichen, es sei denn, dass wir eine nahezu vollständige Kette von Zwischengliedern dabei hätten. Es wäre nach meiner Theorie allerdings möglich, dass von zwei noch lebenden Formen die eine von der anderen abstammte, wie z. B. das Pferd vom Tapir, und in diesem Fall müsste es unmittelbare Zwischenglieder zwischen denselben Alfred Russel Wallace (1823–1913), Darwins Co-Entdecker der Evolution durch natürliche Zuchtwahl. gegeben haben. Ein solcher Fall würde jedoch voraussetzen, dass die eine der zwei immer weiter rückwärts, bis endlich alle in einem Arten (der Tapir) sich eine sehr lange Zeit hindurch gemeinsamen Vorgänger einer ganzen Ordnung oder unverändert erhalten habe, während ein Teil ihrer Klasse zusammentreffen. So muss daher die Anzahl Nachkommen sehr ansehnliche Veränderungen der Zwischen- und Übergangsglieder zwischen allen erfuhr. Aber das Prinzip der Mitbewerbung zwischen lebenden und erloschenen Arten ganz unbegreiflich Organismus und Organismus, zwischen Vater und groß gewesen sein. Aber wenn diese Theorie richtig Sohn, wird diesen Fall nur sehr selten aufkommen ist, haben sie gewiss auf dieser Erde gelebt. lassen; denn in allen Fällen streben die neuen und verbesserten Lebensformen, die alten und unpassenÜber die Zeitdauer. – Unabhängig von der aus dem deren zu ersetzen. Mangel jener endlosen Anzahl von Zwischengliedern Nach der Theorie der natürlichen Züchtung stehen hergenommenen Einrede könnte man mir ferner alle lebenden Arten mit einer Stammart ihrer Sippe entgegenhalten, dass die Zeit nicht hingereicht habe, durch Charaktere in Verbindung, deren Unterschiede ein so ungeheures Maß organischer Veränderungen nicht größer sind, als wir sie heutzutage zwischen durchzuführen, weil alle Abänderungen nur sehr Varietäten einer Art sehen; diese jetzt gewöhnlich langsam durch natürliche Züchtung bewirkt worden erloschenen Stammarten waren ihrerseits wieder in seien. Es würde mir kaum möglich sein, demjeniähnlicher Weise mit älteren Arten verkettet; und so

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gen Leser, welcher kein praktischer Geologe ist, alle Tatsachen vorzuführen, welche uns einigermaßen die unermessliche Länge der verflossenen Zeiträume zu erfassen in den Stand setzen. Wer Sir Charles Lyells großes Werk ›The Principles of Geology‹, welchem spätere Historiker die Anerkennung, eine große Umwälzung in den Naturwissenschaften bewirkt zu haben, nicht versagen werden, lesen kann und nicht sofort die unbegreifliche Länge der verflossenen Erdperioden zugesteht, der mag dieses Buch nur schließen. Nicht als ob es genüge, die ›Principles of Geology‹ zu studieren oder die Spezialabhandlungen verschiedener Beobachter über einzelne Formationen zu lesen, deren jeder bestrebt ist, einen ungenügenden Begriff von der Entstehungsdauer einer jeden Formation oder sogar jeder einzelnen Schicht zu geben. Jeder muss vielmehr erst jahrelang für sich selbst diese ungeheuren Stöße übereinandergelagerter Schichten untersuchen und die See bei der Arbeit, wie sie alle Gesteinsschichten unterwühlt und zertrümmert und neue Ablagerungen daraus bildet, beobachtet haben, ehe er hoffen kann, nur einigermaßen die

Länge der Zeit zu begreifen, deren Denkmäler wir um uns her erblicken. Es ist gut, den Seeküsten entlangzuwandern, welche aus mäßig harten Felsschichten aufgebaut sind, und den Zerstörungsprozess zu beobachten. Die Gezeiten erreichen diese Felswände gewöhnlich nur auf kurze Zeit zweimal im Tag, und die Wogen nagen sie nur aus, wenn sie mit Sand und Geschieben beladen sind; denn es ist leicht zu beweisen, dass reines Wasser Gesteine jeder Art nicht oder nur wenig angreift. Zuletzt wird der Fuß der Felswände unterwaschen, mächtige Massen brechen zusammen, und die nun fest liegen bleiben werden Atom um Atom zerrieben, bis sie klein genug geworden sind, dass die Wellen sie zu rollen und vollends in Geschiebe und Sand und Schlamm zu verarbeiten vermögen. Aber wie oft sehen wir längs dem Fuß sich zurückziehender Klippen gerundete Blöcke liegen, alle dick überzogen mit Meereserzeugnissen, welche beweisen, wie wenig sie durch Abreibung leiden und wie selten sie umhergerollt werden! Überdies, wenn wir einige Meilen weit eine derartige Küstenwand verfolgen, welche der Zerstörung unterliegt, so finden wir, dass es nur hier und da, auf kurzen Strecken oder etwa um ein Vorgebirge herum der Fall ist, dass die Klippen jetzt leiden. Die Beschaffenheit ihrer Oberfläche und der auf ihnen erscheinende Pflanzenwuchs beweisen, dass allenthalben Jahre verflossen sind, seitdem die Wasser deren Fuß gewaschen haben. Wer die Tätigkeit des Meeres an unseren Küsten näher studiert hat, der muss einen tiefen Eindruck in sich aufgenommen haben von der Langsamkeit ihrer Zerstörung. Die trefflichen Beobachtungen von Hugh Miller und von Smith von Jordanhill sind vorzugsweise geeignet, diese Überzeugung zu gewähren. Von ihr durchdrungen möge jeder die viele tausend Fuß mächtigen Konglomerat-Schichten untersuchen, welche, obschon wahrscheinlich in rascherem Verhältnisse als so viele andere Ablagerungen gebildet, doch nun an jedem der zahllosen abgeriebenen und gerundeten Geschiebe, woraus sie bestehen, den Stempel einer langen Zeit tragen und vortrefflich zu zeigen geeignet sind, wie langsam diese Massen zusammengehäuft worden sein müssen. In den

Ein herrlicher Fregattvogel mit aufgeblasenem Kehlsack zwecks Betörung der Weibchen, Galapagosinseln. U N V O L L KO MME N HE IT DE R GE OL OGISCHE N Ü B E RLIEFERUNGEN

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Anfang des Jahres 1856 riet mir Lyell, meine

Ansichten ziemlich ausführlich niederzuschreiben, und ich fing auch sofort an, dies in einem drei- oder viermal ausführlicherem Ausmaß zu tun, als ich es später in meiner ›Entstehung der Arten‹ veröffentlicht habe; und doch war dies nur ein Auszug aus den Materialien, die ich gesammelt hatte; ich kam mit diesem Ausmaß etwa durch die Hälfte des Werkes. Meine Pläne wurden aber umgestürzt, denn zeitig im Sommer 1858 schickte mir Mr. Wallace, der sich damals in dem Malaiischen Archipel befand, eine Abhandlung »über die Neigung der Varietäten, sich unbegrenzt vom ursprünglichen Typus zu entfernen« (On The Tendency of Varieties to depart indefinitely from the Original Type); und diese Abhandlung enthielt genau dieselbe Theorie wie meine. Mr. Wallace drückte den Wunsch aus, seine Arbeit, wenn sie mir gut erschiene, an Lyell zum Durchlesen zu schicken. Die Umstände, unter welchen ich auf Lyells und Hookers Bitten einwilligte, dass ein Auszug aus meinem Mauskript mit einem Brief an Asa Gray, datiert vom 5. September 1857, gleichzeitig mit Wallaces Abhandlung veröffentlicht würde, sind im ›Journal of the Proceedings of the Linnean Society‹, 1858, S. 45, aufgeführt. Zuerst wollte ich durchaus meine Zustimmung verweigern, da ich dachte, Mr. Wallace könnte dies für nicht vertretbar halten, denn ich wusste damals noch nicht, wie großmütig und nobel seine Gesinnung ist. Der Auszug aus meinem Manuskript und der Brief an Asa Gray waren beide nicht für eine Veröffentlichung bestimmt gewesen und nicht gut geschrieben. Auf der anderen Seite ist Mr. Wallaces Abhandlung wundervoll im Ausdruck und vollkommen klar. Trotzdem erregten unsere gemeinsamen Darstellungen sehr wenig Aufmerksamkeit, und ich kann mich nur an eine veröffentlichte Bemerkung dazu erinnern, die von Professor Haughton in Dublin stammte und von der Aussage her dahin ging, dass alles Neue darin falsch und alles Richtige alt sei. Dies beweist, wie notwendig es ist, dass jede neue Ansicht recht ausführlich dargelegt wird, damit sie die öffentliche Aufmerksamkeit erweckt.

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Kordilleren habe ich einen Stoß solcher KonglomeratSchichten zu zehntausend Fuß Mächtigkeit geschätzt. Nun mag sich der Beobachter der wohlbegründeten Bemerkung Lyells erinnern, dass die Dicke und Ausdehnung der Sedimentformationen Ergebnis und Maßstab der Abtragungen sind, welche die Erdrinde an anderen Stellen erlitten hat. Und was für ungeheure Abtragungen werden durch die Sedimentablagerungen mancher Gegenden vorausgesetzt! Professor Ramsay hat mir, meistens nach wirklichen Messungen und geringenteils nach Schätzungen, die Maße der größten unserer Formationen aus verschiedenen Teilen Großbritanniens in folgender Weise angegeben: Fuß Paläozoische Schichten (ohne die vulkanischen Schichten) . 57 154 Sekundärschichten ...............................13 190 Tertiäre Schichten..................................2 240 – zusammen 72 584 Fuß, d. i. beinahe 13 ¾ englische Meilen. Einige dieser Formationen, welche in England nur durch dünne Lagen vertreten sind, haben auf dem Kontinent Tausende von Fuß Mächtigkeit. Überdies sollen nach der Meinung der meisten Geologen zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Formationen immer unermesslich lange leere Perioden fallen. Wenn somit selbst jener ungeheure Stoß von Sedimentschichten in Britannien nur eine unvollkommene Vorstellung von der Zeit gewährt, wie lang muss diese Zeit gewesen sein! Gute Beobachter haben die Sedimentablagerungen des großen MississippiStromes nur auf 600 Fuß Mächtigkeit in 100 000 Jahren berechnet. Diese Berechnung macht keinen Anspruch auf große Genauigkeit. Wenn wir aber nun berücksichtigen, wie außerordentlich weit ganz feine Sedimente von den Seeströmungen fortgetragen werden, so muss der Prozess ihrer Anhäufung über irgendwelche Erstreckung des Seebodens äußerst langsam sein. Doch scheint das Maß der Entblößung, welche die Schichten mancher Gegenden erlitten, unabhängig von dem Verhältnis der Anhäufung der zertrümmerten Massen, die besten Beweise für die Länge der Zeiten zu liefern. Ich erinnere mich, von dem Beweis der Entblößungen in hohem Grade betroffen gewesen zu sein, als ich vulkanische Inseln sah, welche rundum von den Wellen so abgewaschen waren, dass

Darwins Notizbuch »L« der TransmutationsReihe, 1839 beendet. Es enthält vier kurze Zeilen, in denen er erstmals die Theorie festhielt. sie in 1000–2000 Fuß hohen Felswänden senkrecht emporragten, während sich aus dem schwachen Fallwinkel, mit welchem sich die Lavaströme einst in ihrem flüssigen Zustand herabgesenkt haben, auf den ersten Blick ermessen ließ, wie weit einst die harten Felslagen in den offenen Ozean hinausgereicht haben müssen. Dieselbe Geschichte ergibt sich oft noch deutlicher durch die mächtigen Rücken, jene großen Gebirgsspalten, längs deren die Schichten bis zu Tausenden von Fuß an einer Seite emporgestiegen oder an der anderen Seite hinabgesunken sind; denn seit dieser senkrechten Verschiebung ist die Oberfläche des Bodens durch die Tätigkeit des Meeres wieder so vollkommen ausgeebnet worden, dass keine Spur von dieser ungeheuren Verwerfung mehr äußerlich zu erkennen ist. So erstreckt sich z. B. der Craven-Rücken 30 englische Meilen weit, und auf dieser ganzen Strecke sind die von beiden Seiten her zusammenstoßenden Schichten um 600–3000 Fuß senkrechter Höhe verworfen. Professor Ramsay hat eine Senkung von 2300 Fuß in Anglesea beschrieben und benachrichtigt mich, dass er sich überzeugt halte, dass in Merionetshire eine von 12 000 Fuß vorhanden sei. Und doch verrät in diesen Fällen die Oberfläche des Bodens nichts von solchen wunderbaren Bewegungen, indem die ganze

anfangs auf der einen Seite höher emporragende Schichtenreihe bis zur Einebnung der Oberfläche weggespült worden ist. Die Betrachtung dieser Tatsachen macht auf mich denselben Eindruck wie das vergebliche Ringen des Geistes, um den Gedanken der Ewigkeit zu erfassen. Ich habe diese wenigen Bemerkungen gemacht, weil es für uns von höchster Wichtigkeit ist, eine, wenn auch unvollkommene Vorstellung von der Länge verflossener Erdperioden zu haben. Und jedes Jahr während der ganzen Dauer dieser Perioden war die Erdoberfläche, waren Land und Wasser von Scharen lebender Formen bevölkert. Was für eine endlose, dem Geist unfassliche Anzahl von Generationen muss, seitdem die Erde bewohnt ist, schon aufeinander gefolgt sein! Und sieht man nun unsere reichsten geologischen Sammlungen an – welche armselige Schaustellung davon! Armut paläontologischer Sammlungen. – Jedermann gibt die außerordentliche Unvollständigkeit unserer paläontologischen Sammlungen zu. Überdies sollte man die Bemerkung des vortrefflichen Paläontologen, des verstorbenen Edward Forbes, nicht vergessen, dass eine Menge unserer fossilen Arten nur nach einem einzigen oft zerbrochenen Exemplar oder

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nur wenigen auf einem kleinen Fleck beisammen gefundenen Individuen bekannt und benannt sind. Nur ein kleiner Teil der Erdoberfläche ist geologisch untersucht und noch keiner mit erschöpfender Genauigkeit erforscht, wie die noch jährlich in Europa aufeinanderfolgenden wichtigen Entdeckungen beweisen. Kein ganz weicher Organismus ist erhaltungsfähig. Selbst Schalen und Knochen zerfallen und verschwinden auf dem Boden des Meeres, wo sich keine Sedimente anhäufen. Ich glaube, dass wir beständig in einem großen Irrtum begriffen sind, wenn wir uns der stillen Ansicht überlassen, dass sich Niederschläge fortwährend auf fast der ganzen Erstreckung des Seegrundes in genügendem Maß bilden, um die zu Boden sinkenden organischen Stoffe zu umhüllen und zu erhalten. Auf eine ungeheure Ausdehnung des Ozeans spricht die klar blaue Farbe seines Wassers für dessen Reinheit. Die vielen Berichte von mehreren in gleichförmiger Lagerung aufeinanderfolgenden Formationen, von denen keine auch nur Spuren aufrichtender, zerreißender oder abwaschender Tätigkeit an sich trägt, scheinen nur durch die Ansicht erklärbar, dass der Boden des Meeres oft eine unermessliche Zeit in völlig unveränderter Lage bleibt. Die Reste, welche in Sand und Kies eingebettet wurden, werden gewöhnlich von kohlensäurehaltigen Tagwässern wieder aufgelöst, welche den Boden nach seiner Emporhebung über den Meeresspiegel zu durchsinken beginnen. Einige von den vielen Tierarten, welche zwischen Ebbe- und Flutstand des Meeres am Strand leben, scheinen sich nur selten fossil zu erhalten. So z. B. überziehen in aller Welt zahllose Chthamalinen (eine Familie der sitzenden Cirripeden) die dort gelegenen Klippen. Alle sind im strengen Sinne litoral, mit Ausnahme einer einzigen mittelmeerischen Art, welche dem tiefen Wasser angehört und auch in Sizilien fossil gefunden worden ist, während man fast noch keine tertiäre Art kennt und aus der Kreidezeit noch keine Spur davon vorliegt. Die Mollusken-Sippe Chiton bietet ein teilweise analoges Beispiel dar. Hinsichtlich der Landbewohner, welche in der paläolithischen und sekundären Zeit gelebt haben, ist es überflüssig darzutun, dass unsere Kenntnisse höchst fragmentarisch sind. So ist z. B. nicht eine Landschnecke aus einer dieser langen Perioden

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bekannt, mit Ausnahme der von Sir Ch. Lyell und Dr. Dawson in den Kohlenschichten Nordamerikas entdeckten Art, wovon jetzt mehre Exemplare gesammelt sind. Was die Säugetierreste betrifft, so ergibt ein Blick auf die Tabelle im Supplement zu Lyells Handbuch weit besser, wie zufällig und selten ihre Erhaltung ist, als seitenlange Einzelheiten, und doch kann ihre Seltenheit keine Verwunderung erregen, wenn wir uns erinnern, was für ein großer Teil der tertiären Reste derselben aus Knochenhöhlen und Süßwasserablagerungen herrühren, während nicht eine Knochenhöhle und echte Süßwasserschicht vom Alter unserer paläolithischen und sekundären Formationen bekannt ist. Aber die Unvollständigkeit der geologischen Nachrichten rührt hauptsächlich von einer anderen und weit wichtigeren Ursache her, als irgendeine der vorhin angegebenen ist, dass nämlich die verschiedenen Formationen durch lange Zeiträume voneinander getrennt sind. Wenn wir die Formationen in wissenschaftlichen Werken in Tabellen geordnet finden, oder wenn wir sie in der Natur verfolgen, so können wir uns nicht wohl der Überzeugung verschließen, dass sie nicht unmittelbar aufeinander gefolgt sind. So wissen wir z. B. aus Sir R. Murchisons großem Werk über Russland, dass daselbst weite Lücken zwischen den aufeinanderliegenden Formationen bestehen; und so ist es auch in Nordamerika und vielen anderen Weltgegenden. Und doch würde der beste Geologe, wenn er sich nur mit einem dieser weiten Ländergebiete allein beschäftigt hätte, nimmer vermutet haben, dass während dieser langen Perioden, aus welchen in seiner eigenen Gegend kein Denkmal übrig ist, sich große Schichtenstöße voll neuer und eigentümlicher Lebensformen anderweitig aufeinandergehäuft haben. Und wenn man sich in jeder einzelnen Gegend kaum eine Vorstellung von der Länge der Zwischenzeiten zu machen im Stande ist, so wird man glauben, dass dies nirgends möglich sei. Die häufigen und großen Veränderungen in der mineralogischen Zusammensetzung aufeinanderfolgender Formationen, welche gewöhnlich auch große Veränderungen in der geographischen Beschaffenheit des umgebenden Landes unterstellen lassen, aus

Rechts: Evolutionsbaum. Heute kann so etwas ganz präzise mithilfe der Molekulargenetik erstellt werden.

welchem das Material zu diesen Niederschlägen entnommen ist, stimmt mit der Annahme langer zwischen den einzelnen Formationen verflossener Zeiträume überein. Doch kann man, wie ich glaube, leicht einsehen, warum die geologischen Formationen jeder Gegend fast unabänderlich überall unterbrochen sind, d. h. sich nicht ohne Zwischenpausen abgelagert haben. Kaum hat eine Tatsache bei Untersuchung viele hundert Meilen langer Strecken der südamerikanischen Küsten, die in der jetzigen Periode einige hundert Fuß hoch emporgehoben worden sind, einen lebhafteren Eindruck auf mich gemacht als die Abwesenheit

Darwins Baum des Lebens aus Notizbuch »B«. Entscheidend war, dass Spezies und Gattungen von gemeinsamen Abstammungslinien abzweigen.

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aller neueren Ablagerungen von hinreichender Entwicklung, um auch nur für eine kurze geologische Periode zu gelten. Längs der ganzen Westküste, die von einer eigentümlichen Meeresfauna bewohnt wird, sind die Tertiärschichten so spärlich entwickelt, dass wahrscheinlich kein Denkmal von verschiedenen aufeinanderfolgenden Meeresfaunen für spätere Zeilen erhalten bleiben wird. Ein wenig Nachdenken erklärt es uns, warum längs der fortwährend höher steigenden Westküste Südamerikas keine ausgedehnten Formationen mit neuen oder mit tertiären Resten irgendwo zu finden sind, obwohl, nach den ungeheuren Abtragungen der Küstenwände und den schlammreichen Flüssen zu urteilen, die sich dort in das Meer ergießen, die Zuführung von Sedimenten lange Perioden hindurch eine sehr große gewesen sein muss. Die Erklärung liegt ohne Zweifel darin, dass die litoralen und sublitoralen Ablagerungen beständig wieder weggewaschen werden, sobald sie durch die langsame oder stufenweise Hebung des Landes in den Bereich der zerstörenden Brandung gelangen. Wir dürfen wohl mit Sicherheit schließen, dass Sediment in ungeheuer dicken harten und ausgedehnten Massen angehäuft worden sein muss, um während der ersten Emporhebung und der späteren Schwankungen des Niveaus der ununterbrochenen Tätigkeit der Wogen zu widerstehen. Solche dicken und ausgedehnten Sedimentablagerungen können auf zweierlei Weise gebildet werden; entweder in großen Tiefen des Meeres, in welchem Falle wir nach den Untersuchungen von E. Forbes annehmen müssen, dass der Seegrund nur von sehr wenigen Tieren bewohnt gewesen sei und die Massen nach ihrer Emporhebung folglich nur eine sehr unvollkommene Vorstellung von den einst dort vorhandenen Lebensformen gewähren können; – oder die Sedimente werden über einen seichten Grund zu einiger Dicke und Ausdehnung angehäuft, wenn er in langsamer Senkung begriffen ist. In diesem letzten Fall bleibt das Meer so lange seicht und dem Tierleben günstig, als Senkung des Bodens und Zufuhr der Niederschläge einander nahezu das Gleichgewicht halten; sodass auf diese Weise eine hinreichend dicke an Fossilien reiche Formation entstehen kann, um bei ihrer späteren Emporhebung jedem Grad von Zerstörung zu widerstehen.

Ich bin demgemäß überzeugt, dass alle unsere alten Formationen, welche reich an fossilen Resten sind, bei andauernder Senkung abgelagert worden sind. Seitdem ich im Jahr 1845 meine Ansichten in dieser Beziehung bekannt gemacht habe, habe ich die Fortschritte der Geologie verfolgt und mit Überraschung wahrgenommen, wie ein Schriftsteller nach dem anderen bei Beschreibung dieser oder jener großen Formation zum Schluss gelangt ist, dass sie sich während der Senkung des Bodens gebildet habe. Ich will hinzufügen, dass die einzige alte Tertiärformation an der Westküste Südamerikas, die mächtig genug war, um der bisherigen Zerstörung noch zu widerstehen, aber wohl schwerlich bis zu fernen geologischen Zeiten auszudauern im Stande ist, sich gewiss während der Senkung des Bodens gebildet und so eine ansehnliche Mächtigkeit erlangt hat. Alle geologischen Tatsachen zeigen uns deutlich, dass jedes Gebiet der Erdoberfläche viele langsame Niveauschwankungen durchzumachen hatte, und alle diese Schwankungen sind zweifelsohne von weiter Erstreckung gewesen. Demzufolge müssen fossilienreiche und genügend entwickelte Bildungen, um späteren Abtragungen zu widerstehen, während der Senkungsperioden über weit ausgedehnte Flächen entstanden sein, doch nur so lange, als die Zufuhr von Materialien stark genug war, um die See seicht zu erhalten und die fossilen Reste schnell genug einzuschichten und zu schützen, ehe sie Zeit hatten, zu zerfallen. Dagegen konnten sich mächtige Schichten auf seichtem und dem Leben günstigem Grund so lange nicht bilden, als derselbe stet blieb. Viel weniger konnte dies während wechselnder Perioden von Hebung und Senkung geschehen, oder, um mich genauer auszudrücken, die Schichten, welche während solcher Senkungen abgelagert wurden, müssen bei nachfolgender Hebung wieder in den Bereich der Brandung versetzt und so zerstört worden sein. So muss denn notwendig der geologische Schöpfungsbericht überall unterbrochen erscheinen. Ich setze umso größeres Vertrauen in die Wahrheit dieser Ansichten, als sie mit den von Sir Ch. Lyell eindringlich gelehrten Prinzipien genau übereinstimmen und auch Edw. Forbes davon unabhängig zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt ist. Eine Bemerkung ist hier noch der Erwähnung wert. Während der Erhebungszeiten wird die Aus-

dehnung des Landes und der angrenzenden seichten Meeresstrecken vergrößert und werden oft neue Arten von Wohnorten gebildet. Alles für die Bildung neuer Arten und Varietäten, wie früher bemerkt worden, günstige Umstände; aber gerade während diesen Perioden bleiben Lücken im geologischen Bericht. Während der Senkung dagegen nimmt die bewohnbare Fläche und die Anzahl der Bewohner ab (die der Küstenbewohner etwa in dem Falle ausgenommen, dass ein Kontinent in Inselgruppen zerfällt wird), daher während der Senkung nicht nur mehr Arten erlöschen, sondern auch wenige Varietäten und Arten entstehen; und gerade während solcher Senkungszeiten sind unsere großen an Fossilien reichen Schichtenmassen abgelagert worden. Man möchte sagen, die Natur habe die häufige Entdeckung der Übergangs- und verkettenden Formen erschweren wollen. Nach den vorangehenden Betrachtungen ist es nicht zu bezweifeln, dass der geologische Schöpfungsbericht im Ganzen genommen außerordentlich unvollständig ist; wenn wir aber dann unsere Aufmerksamkeit auf irgendeine einzelne Formation beschränken, so ist es noch schwerer zu begreifen, warum wir nicht eng aneinandergereihte Abstufungen zwischen denjenigen Arten finden, welche am Anfang und am Ende ihrer Bildung gelebt haben. Es wird zwar von einigen Fällen berichtet, wo eine Art in anderen Varietäten in den oberen als in den unteren Teilen derselben Formation auftritt; doch mögen sie hier übergangen werden, da ihrer nur wenige sind. Obwohl nun jede Formation ohne allen Zweifel eine lange Reihe von Jahren zu ihrer Ablagerung bedurft hat, so glaube ich doch, verschiedene Gründe zu erkennen, warum sich solche Stufenreihen zwischen den zuerst und den zuletzt lebenden Arten nicht darin vorfinden; doch kann ich kaum hoffen, den folgenden Betrachtungen die ihnen gebührende Berücksichtigung zuzuwenden. Obwohl jede Formation einer sehr langen Reihe von Jahren entspricht, so ist doch jede kurz im Vergleich mit der zur Umänderung einer Art in die andere erforderlichen Zeit. Nun weiß ich wohl, dass zwei Paläontologen, deren Meinungen wohl der Beachtung wert sind, nämlich Bronn und Woodward, zum Schluss gelangt sind, dass die mittlere Dauer einer jeden Formation zwei- bis dreimal so lang als die mittlere Dauer einer Artform ist. Indessen hindern uns, wie

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mir scheint, unübersteigliche Schwierigkeiten, in dieser Hinsicht zu einem richtigen Schluss zu gelangen. Wenn wir eine Art in der Mitte einer Formation zum ersten Mal auftreten sehen, so würde es äußerst übereilt sein zu schließen, dass sie nicht irgendwo anders schon länger existiert haben könne. Ebenso, wenn wir eine Art schon vor den letzten Schichten einer Formation verschwinden sehen, würde es übereilt sein anzunehmen, dass sie schon völlig erloschen sei. Wir vergessen, wie klein die Ausdehnung Europas im Vergleich zur übrigen Welt ist; auch sind die verschiedenen Stöcke der einzelnen Formationen noch nicht durch ganz Europa mit vollkommener Genauigkeit parallelisiert worden. Bei allen Sorten von Seetieren können wir getrost annehmen, dass infolge von klimatischen und anderen Veränderungen massenhafte und ausgedehnte Wanderungen stattgefunden haben; und wenn wir eine Art zum ersten Mal in einer Formation auftreten sehen, so liegt die Wahrscheinlichkeit vor, dass sie eben da erst von einer anderen Gegend her eingewandert ist. So ist es z. B. wohlbekannt, dass einige Tierarten in den paläolithischen Bildungen Nordamerikas etwas früher als in den europäischen auftreten, indem sie zweifelsohne Zeit nötig hatten, um die Wanderung von Amerika nach Europa zu machen. Bei Untersuchungen der neuesten Ablagerungen in verschiedenen Weltgegenden ist überall die Wahr-

Ceratophrys ornata, der argentinische Hornfrosch. Wenn Gott alle Frösche erschaffen hatte, fragte sich Darwin, warum hat Er dann keinen auf abgelegene Meeresinseln gesetzt?

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nehmung gemacht worden, dass einige wenige noch lebende Arten in diesen Ablagerungen häufig, aber in den unmittelbar umgebenden Meeren verschwunden sind, oder dass umgekehrt einige jetzt in den benachbarten Meeren häufige Arten und jener Ablagerungen noch selten oder gar nicht zu finden sind. Es ist sehr lehrreich, über den erwiesenen Umfang der Wanderungen europäischer Tiere während der Eiszeit nachzudenken, welche doch nur einen kleinen Teil der ganzen geologischen Zeitdauer ausmacht, sowie die großen Niveauveränderungen, die außergewöhnlich großen Klimawechsel, die unermessliche Länge der Zeiträume in Erwägung zu ziehen, welche alle mit dieser Eisperiode zusammenfallen. Dann dürfte zu bezweifeln sein, dass sich in irgendeinem Teil der Welt Sedimentablagerungen, welche fossile Reste enthalten, auf dem gleichen Gebiet während der ganzen Dauer dieser Periode abgelagert haben. So ist es z. B. nicht wahrscheinlich, dass während der ganzen Dauer der Eisperiode Sedimentschichten an der Mündung des Mississippi innerhalb derjenigen Tiefe, worin Tiere noch reichlich leben können, abgelagert worden sind; denn wir wissen, was für ausgedehnte geographische Veränderungen während dieser Zeit in anderen Teilen von Amerika erfolgt sind. Würden solche während der Eisperiode in seichtem Wasser an der Mississippi-Mündung abgelagerte Schichten einmal über den Seespiegel gehoben werden, so würden organische Reste wahrscheinlich in verschiedenen Niveaus derselben zuerst erscheinen und wieder verschwinden, je nach den stattgefundenen Wanderungen der Arten und den geographischen Veränderungen des Landes. Und wenn in ferner Zukunft ein Geologe diese Schichten untersucht, so möchte er zu schließen geneigt sein, dass die mittlere Lebensdauer der dort eingebetteten Organismenarten kürzer als die Eisperiode gewesen sei, obwohl sie in der Tat viel länger war, indem sie vor dieser begonnen und bis in unsere Tage gewährt hat. Um nun eine vollständige Stufenreihe zwischen zwei Formen in den unteren und oberen Teilen einer Formation darbieten zu können, müsste deren Ablagerung sehr lange Zeit fortgedauert haben, um dem langsamen Prozess der Variation Zeit zu lassen; die Schichtenmasse müsste daher von sehr ansehnlicher Mächtigkeit sein; die in Abänderung begriffenen Spezies müssten während der ganzen Zeit

Darwins Arbeitszimmer in Down House, in dem Zustand restauriert, wie er es hinterlassen hat. da gelebt haben. Wir haben jedoch gesehen, dass die organische Reste enthaltenden Schichten sich nur während einer Periode der Senkung ansammeln; damit nun die Tiefe sich nahezu gleich bleibe und dieselben Tiere fortdauernd an derselben Stelle wohnen können, wäre ferner notwendig, dass die Zufuhr von Sedimenten die Senkung fortwährend wieder ausgleicht. Aber eben diese senkende Bewegung wird oft auch die Nachbargegend mit berühren, aus welcher jene Zufuhr erfolgt, und eben dadurch die Zufuhr selbst vermindern. Eine solche nahezu genaue Ausgleichung zwischen der Stärke der stattfindenden Senkung und dem Betrag der zugeführten Sedimente mag in der Tat nur selten vorkommen; denn mehr als ein Paläontologe hat beobachtet, dass sehr dicke Ablagerungen außer an ihren oberen und unteren Grenzen gewöhnlich leer an Versteinerungen sind. Wahrscheinlich ist die Bildung einer jeden einzelnen Formation gewöhnlich ebenso wie die der ganzen Formationenreihe einer Gegend mit Unterbrechungen vor sich gegangen. Wenn wir, wie es oft der Fall, eine Formation aus Schichten von verschiedener Mineralbeschaffenheit zusammengesetzt sehen,

so müssen wir vernünftigerweise vermuten, dass der Ablagerungsprozess sehr unterbrochen gewesen sei, indem eine Veränderung in den Seeströmungen und eine Änderung in der Beschaffenheit der zugeführten Sedimente gewöhnlich von geographischen Bewegungen, welche viel Zeit kosten, veranlasst worden sein mag. Nun wird auch die genaueste Untersuchung einer Formation keinen Maßstab liefern, um die Länge der Zeit zu messen, welche über ihrer Ablagerung vergangen ist. Man könnte viele Beispiele anführen, wo eine einzelne nur wenige Fuß dicke Schicht eine ganze Formation vertritt, die in anderen Gegenden Tausende von Fuß mächtig ist und mithin eine ungeheure Länge der Zeit zu ihrer Bildung bedurft hat; und doch würde niemand, der dies nicht weiß, auch nur geahnt haben, welch eine unermessliche Zeit über der Entstehung jener dünnen Schicht verflossen ist. So ließen sich auch viele Fälle anführen, wo die unteren Schichten einer Formation emporgehoben, entblößt, wieder versenkt und dann von den oberen Schichten der nämlichen Formation bedeckt worden sind, Tatsachen, welche beweisen, dass weite leicht zu übersehende Zwischenräume

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Galapagos-Seelöwe während der Ablagerung vorhanden gewesen sind. In anderen Fällen liefert uns eine Anzahl großer fossilisierter und noch auf ihrem natürlichen Boden aufrecht stehender Bäume den klaren Beweis von mehreren langen Pausen und wiederholten Höhenwechseln während des Ablagerungsprozesses, wie man sie außerdem nie hätte vermuten können. So fanden Lyell und Dawson in einem 1400 Fuß mächtigen Kohlengebirge Neu-Schottlands noch alle von Baumwurzeln durchzogenen Bodenschichten, eine über der anderen in nicht weniger als 68 verschiedenen Höhen. Wenn daher die nämliche Art unten, mitten und oben in der Formation vorkommt, so ist Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass sie nicht während der ganzen Ablagerungszeit immer an dieser Stelle gelebt hat, sondern während derselben, vielleicht mehrmals, dort verschwunden und wieder erschienen ist. Wenn daher eine solche Spezies im Verlauf einer geologischen Periode beträchtliche Umänderungen erfahren hat, so würde ein Durchschnitt durch jene Schichtenreihe wahrschein-

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lich nicht alle die feinen Abstufungen zutage fördern, welche nach meiner Theorie die Anfangs- mit der Endform jener Art verkettet haben müssen; man würde vielmehr sprungweise, wenn auch vielleicht nur kleine, Veränderungen zu sehen bekommen. Es ist nun äußerst wichtig, sich zu erinnern, dass die Naturforscher keine goldene Regel haben, um mit deren Hilfe Arten von Varietäten zu unterscheiden. Sie gestehen jeder Art einige Veränderlichkeit zu; wenn sie aber etwas größere Unterschiede zwischen zwei Formen wahrnehmen, so machen sie Arten daraus, sofern sie nicht etwa im Stande sind, dieselben durch Zwischenstufen miteinander zu verketten. Und diese dürfen wir nach den zuletzt angegebenen Gründen selten hoffen, in einem geologischen Durchschnitt zu finden. Nehmen wir an, B und C seien zwei Arten, und eine dritte A werde in einer tieferliegenden Schicht gefunden. Hielte nun A genau das Mittel zwischen B und C, so würde man sie wohl einfach als eine weitere dritte Art ansehen, wenn nicht ihre Verkettung mit einer von beiden oder mit beiden anderen durch

Zwischenglieder nachgewiesen werden kann. Nun muss man nicht vergessen, dass, wie vorhin erläutert wurde, wenn A auch der wirkliche Stammvater von B und C ist, derselbe doch nicht in allen Punkten der Organisation notwendig das Mittel zwischen beiden halten muss. So könnten wir denn sowohl die Stammart als auch die von ihr durch Umwandlung abgeleiteten Formen aus den unteren und oberen Schichten einer Formation erhalten und doch vielleicht in Ermangelung zahlreicher Übergangsstufen ihre Beziehungen zueinander nicht erkennen, sondern alle für eigentümliche Arten ansehen. Es ist eine bekannte Sache, auf was für äußerst kleine Unterschiede manche Paläontologen ihre

Arten gründen, und sie können dies auch umso leichter tun, wenn ihre wenig verschiedenen Exemplare aus verschiedenen Stöcken einer Formation herrühren. Einige erfahrene Paläontologen setzen jetzt viele von den schönen Arten d’Orbignys und anderer zum Rang bloßer Varietäten herunter, und darin finden wir eine Art von Beweis für die Abänderungsweise, welche nach meiner Theorie stattfinden muss. Wenn wir überdies größere Zeitunterschiede, wie die aufeinanderfolgenden Stöcke einer nämlichen großen Formation, berücksichtigen, so finden wir, dass die ihnen angehörigen Fossil-Reste, wenn auch gewöhnlich allgemein als verschiedene Arten betrachtet, doch immerhin näher miteinander verwandt zu sein

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin, Text von Francis Darwin



Projekte in den Jahren 1842 bis 1854.

D

ie Arbeit in diesen Jahren lässt sich grob unterteilen in eine Periode der Geologie von 1842 bis 1846 und eine Zeit der Zoologie ab 1846.

»Beobachtungen über den Bau etc. der Gattung Sagitta«, Ann. Nat. Hist., Bd. 13, 1844, S. 1–6.

Ich habe aus seinen Tagebuchaufzeichnungen aus der Zeit, als er sich mit seinen geologischen Publikationen beschäftigte, und aus seiner »Reise« eine Auswahl getroffen.

»Kurze Beschreibungen mehrerer Land-Planarien etc.«, Ann. Nat. Hist., Bd. 14, 1844, S. 241–251.

»Vulkanische Inseln«. Sommer 1842 bis Januar 1844. »Geologie Süd-Amerikas«. Juli 1844 bis April 1845. Zweite Auflage der »Reise«, Oktober 1845 bis Oktober 1846. Die Zeit zwischen Oktober 1846 und Oktober 1854 wurde praktisch vollständig den Cirripedien (Rankenfüßern) gewidmet. Die Ergebnisse wurden von der Ray Society 1851 und 1854 in zwei Bänden veröffentlicht. Bücher über die fossilen Cirripedien wurden 1851 und 1854 von der Palaeontographical Society publiziert.

»Bericht über den feinen Staub, der im Atlantischen Ozean oftmals auf Schiffe fällt«, Geol. Soc. Journ., Bd. 2, 1846, S. 26-30. »Über die Geologie der Falklandinseln«, Geol. Soc. Journ., Bd. 4, 1848, S. 315-323. Der Artikel »Geologie« im Admiralty Manual of Scientific Enquiry (1849), S. 156–195. Dieser wurde im Frühjahr 1848 geschrieben. »Über britische fossile Lepadidae«, Geol. Soc. Journ., Bd. 6, 1850, S. 439–440. »Analogie der Struktur einiger Vulkangesteine mit jener von Gletschern«, Edin. Roy. Soc. Proc., Bd. 2, 1851, S. 17–18.

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pflegen, als die in weit getrennten Formationen enthaltenen Arten; doch werde ich auf diesen Gegenstand im folgenden Abschnitt zurückkommen. So ist auch noch eine andere schon früher gemachte Bemerkung zu berücksichtigen, dass nämlich die Varietäten von Pflanzen wie von Tieren, welche sich rasch vervielfältigen, aber ihre Stelle nicht viel ändern können, anfangs gewöhnlich lokal sein werden, und dass solche örtliche Varietäten sich nicht weit verbreiten und ihre Stammformen erst ersetzen, wenn sie sich in einem etwas größeren Maß verändert und vervollkommnet haben. Nach dieser Annahme ist die Aussicht, die früheren Übergangsstufen zwischen irgendwelchen zwei Arten einer Formation auf einer Stelle in übereinander folgenden Schichten zu finden nur klein, weil vorauszusetzen ist, dass die einzelnen Übergangsstufen als Lokalformen je eine andere örtliche Verbreitung gehabt haben. Die meisten Seetiere besitzen eine weite Verbreitung; und da wir gesehen haben, dass diejenigen Arten unter den Pflanzen, welche am weitesten verbreitet sind, auch am öftesten Varietäten darbieten, so wird es sich mit Mollusken und anderen Seetieren wohl ähnlich verhalten, und es werden diejenigen unter ihnen, welche sich vordem am weitesten bis über die Grenzen Europas hinaus erstreckten, auch am öftesten die Bildung neuer anfangs lokaler Varietäten und später Arten veranlasst haben. Auch dadurch muss die Wahrscheinlichkeit, in irgendwelcher Formation die Reihenfolge der Übergangsstufen aufzufinden, außerordentlich vermindert werden. Man muss nicht vergessen, dass man heutigen Tages, selbst wenn man vollständige Exemplare vor sich hat, selten zwei Varietäten durch Zwischenstufen verbinden und so deren Zusammengehörigkeit zu einer Art beweisen kann, bis man viele Exemplare von mancherlei Örtlichkeiten zusammengebracht hat; und bei fossilen Arten ist der Paläontologe selten im Stande, dies zu tun. Man wird vielleicht am besten begreifen, wie wenig wir in der Lage sein können, Arten durch zahllose feine, fossil gefundene Zwischenglieder zu verketten, wenn wir uns selbst fragen, ob z. B. Paläontologen späterer Zeiten im Stande sein würden zu beweisen, dass unsere verschiedenen Rinder-, Schaf-, Pferde- und Hunderassen von einem

Links: Charles Darwin mit 45 Jahren, während seiner achtjährigen Ablenkung, als er die Taxonomie der Rankenfüßer überarbeitete.

oder von mehren Stämmen herkommen, – oder ob gewisse Seekonchylien der nordamerikanischen Küsten, welche von einigen Konchyliologen als von ihren europäischen Vertretern abweichende Arten und von anderen Konchyliologen als bloße Varietäten angesehen werden, nur wirkliche Varietäten oder sogenannte eigene Arten sind. Dies könnte künftigen Geologen nur gelingen, wenn sie viele fossile Zwischenstufen entdeckten, was jedoch im höchsten Grad unwahrscheinlich ist. Wenn geologische Forschungen auch eine Menge von Arten aus lebenden und erloschenen Sippen zu unserer Kenntnis gebracht und manche Lücken zwischen einigen Lebensformen kleiner gemacht haben, so haben sie doch kaum etwas dazu beigetragen, Unterschiede zwischen den Arten durch Einschiebung zahlreicher und fein abgestufter Zwischenglieder zu verringern; und dass sie dies nicht bewirkt haben, ist zweifelsohne einer der ersten und gewichtigsten Einwände, die man gegen meine Ansichten vorbringen mag. Daher wird es angemessen sein, die vorangehenden Bemerkungen zur Erläuterung eines ersonnenen Falles zusammenzulassen. Der Malaiische Archipel ist etwa von der Größe Europas vom Nordkap bis zum Mittelmeer und von Britannien bis Russland, entspricht mithin der Ausdehnung desjenigen Teiles der Erdoberfläche, auf welchem, Nordamerika ausgenommen, alle geologischen Formationen am sorgfältigsten und zusammenhängendsten untersucht worden sind. Ich stimme mit Hrn. Godwin-Austen in der Meinung

Der Sandweg bei Down House, Darwins Strecke, um beim Spazierengehen nachzudenken.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



30. November 1834

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onntag frühmorgens erreichten wir Castro, die alte Hauptstadt Chiloés, jetzt aber ein ganz einsamer und verlassener Ort. Man konnte das übliche viereckige Arrangement spanischer Städte erkennen, doch waren die Straßen und der Platz mit feinem grünem Rasen überzogen, auf welchem Schafe grasten. Die Kirche, die in der Mitte steht, ist gänzlich aus Brettern erbaut und hat ein malerisches und ehrwürdiges Erscheinungsbild. Die Armut des Ortes kann man daran ermessen, dass er zwar rund hundert Einwohner zählte, einer aus unserer Gruppe jedoch außerstande war, irgendwo ein Pfund Zucker oder ein gewöhnliches Messer zu erwerben. Kein Einziger besaß eine Taschen- oder Standuhr, und ein alter Mann, von dem es hieß, er habe ein gutes Zeitgefühl, war angestellt, die Kirchenglocke nach Gutdünken zu schlagen. Die Ankunft unserer Boote war in diesem stillen, abgeschiedenen Erdenwinkel ein seltenes Ereignis, und so kamen beinahe sämtliche Einwohner an den Strand, um zuzusehen, wie wir unsere Zelte aufschlugen. Sie waren sehr zuvorkommend und boten uns ein Haus an, und einer schickte uns sogar ein Fässchen Apfelwein als Geschenk. Am Abend machten wir dem Gouverneur unsere Aufwartung – ein stiller alter Mann, der nach Erscheinung und Lebensweise kaum einem englischen Häusler überlegen war. Nachts setzte heftiger Regen ein, der jedoch kaum genügte, den weiten Kreis der Zuschauer von unseren Zelten zu vertreiben. Eine Indianerfamilie, die gekommen war, um ein Kanu aus Caylen einzutauschen, biwakierte in unserer Nähe. Sie hatten keinen Schutz gegen den Regen. Am Morgen fragte ich einen jungen Indianer, der nass bis auf die Haut war, wie er die Nacht verbracht habe. Er wirkte vollkommen zufrieden und antwortete: »Muy bien, señor.«

vollkommen überein, dass der jetzige Zustand des Malaiischen Archipels mit seinen zahlreichen durch breite und seichte Meeresarme getrennten Inseln wahrscheinlich der früheren Beschaffenheit Europas, während noch die meisten unserer Formationen in Ablagerung begriffen waren, entspricht. Der Malaiische Archipel ist eine der an Organismen reichsten Gegenden der ganzen Erdoberfläche; aber wenn man auch alle Arten sammelte, welche jemals da gelebt haben, wie unvollständig würden sie die Naturgeschichte der ganzen Erdoberfläche vertreten! Indessen haben wir alle Ursache zu glauben, dass die Überreste der Landbewohner dieses Archipels nur äußerst unvollständig in die Formationen übergehen dürften, die sich unserer Annahme gemäß dort noch ablagern werden. Ich vermute selbst, dass nicht viele der eigentlichen Küstenbewohner und der auf kahlen untermeerischen Felsen wohnenden Tiere in die neuen Schichten eingeschlossen werden würden; und die etwa in Kies und Sand eingeschlossenen dürften keiner späten Nachwelt überliefert werden. Da wo sich aber keine Niederschläge auf dem Meeresboden bil-

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deten oder sich nicht in genügender Masse anhäuften, um organische Einflüsse gegen Zerstörung zu schützen, da würden auch gar keine organischen Überreste erhalten werden können. Ich glaube, dass fossilführende und hinreichend mächtige Formationen, um bis zu einer ebenso weit in der Zukunft entfernten Zeit zu reichen, wie die Sekundärformationen bereits hinter uns liegen, nur während Perioden der Senkung in dem Archipel entstehen könnten. Diese Perioden würden dann durch unermessliche Zwischenzeiten der Hebung oder Ruhe voneinander getrennt werden; denn während der Hebung würden alle fossilführenden Formationen in dem Maß, als sie entstünden, durch die ununterbrochene Tätigkeit der Brandung wieder zerstört werden, wie wir es jetzt an den Küsten Südamerikas gesehen haben. Während der Senkungszeiten würden viele Lebensformen zugrunde gehen, während der Hebungsperioden dagegen sich die Formen am meisten durch Abänderung entfalten, aber die geologischen Denkmäler würden der Folgezeit wenig Nachricht davon überliefern.

Es wäre zu bezweifeln, dass die Dauer irgendeiner großen Periode einer sich über den ganzen Archipel erstreckenden Senkung mit entsprechender gleichzeitiger Sedimentablagerung die mittlere Dauer der alsdann vorhandenen spezifischen Formen übertreffen würde; und doch würde diese Bedingung unerlässlich notwendig sein für die Erhaltung aller Übergangsstufen zwischen irgendwelchen zwei oder mehr voneinander abstammenden Arten. Wo diese Zwischenstufen aber nicht vollständig erhalten sind, da werden die durch sie verkettet gewesenen Varietäten als ebenso viele verschiedene Spezies erscheinen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass während so langer Senkungsperioden auch wieder Höhenschwankungen eintreten und kleine klimatische Veränderungen erfolgen werden, welche die Bewohner des Archipels zu Wanderungen veranlassen, sodass kein genau zusammenhängender Bericht über deren Abänderungsgang in einer der dortigen Formationen niedergelegt werden kann. Sehr viele der jetzigen Meeresbewohner jenes Archipels wohnen gegenwärtig noch Tausende von englischen Meilen weit über seine Grenzen hinaus, und die Analogie veranlasst mich zu glauben, dass diese weitverbreiteten Arten hauptsächlich zur Erzeugung neuer Varietäten geeignet sein würden. Diese Varietäten dürften anfangs gewöhnlich nur eine örtliche Verbreitung besitzen, jedoch, wenn sie als solche irgendeinen Vorteil voraushaben oder wenn sie erst noch weiter abgeändert und verbessert sind,

sich allmählich ausbreiten und ihre Stammeltern ersetzen. Kehrte dann eine solche Varietät in ihre alte Heimat zurück, so würde sie, vielleicht zwar nur wenig, aber doch einförmig von ihrer früheren Beschaffenheit abweichend, nach den Grundsätzen der meisten Paläontologen als eine neue und verschiedene Art aufgeführt werden müssen. Wenn daher diese Bemerkungen einigermaßen begründet sind, so sind wir nicht berechtigt zu erwarten, dass wir in unseren geologischen Formationen eine endlose Anzahl solcher feinen Übergangsformen finden werden, welche nach meiner Betrachtungsweise sicher einmal alle früheren und jetzigen Arten einer Gruppe zu einer langen und verzweigten Kette von Lebensformen verbunden haben. Wir werden nur erwarten dürfen, einige wenige Zwischenglieder zu sehen, von welchen die einen fester und die anderen loser miteinander vereinigt sind; und diese Glieder, grenzten sie auch noch so nahe aneinander, werden von den meisten Paläontologen für verschiedene Arten erklärt werden, sobald sie in verschiedene Stöcke einer Formation verteilt sind. Jedoch gestehe ich ein, dass ich nie geglaubt haben würde, welch dürftige Nachricht von der Veränderung der einstigen Lebensformen uns auch das beste geologische Profil gewährte, hätte nicht die Schwierigkeit, die zahllosen Mittelglieder zwischen den zu Anfang und am Ende einer Formation vorhandenen Arten aufzufinden, meine Theorie so sehr ins Gedränge gebracht.

Panorama der Küste, Chiloé. U N V O L L KO MME N HE IT DE R GE OL OGISCHE N Ü B E RLIEFERUNGEN

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



10. November 1834

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ie Beagle fuhr von Valparaíso aus nach Süden, um den südlichen Teil Chiles, die Insel Chiloé und das zerrissene Land namens Chonos-Archipel zu vermessen, das bis zur Halbinsel Tres Montes reicht. Am 21. ankerten wir in der Bucht von San Carlos, der Hauptstadt Chiloés. Die Insel ist ungefähr neunzig Meilen lang bei einer Breite von weniger als dreißig. Das Land ist hügelig, aber nicht bergig, und von einem großen Wald bedeckt außer um die strohgedeckten Häuschen herum, wo einige freie grüne Flecken geschaffen wurden. Von fern ähnelt der Blick ein wenig Feuerland, doch kommt man näher, sind die Wälder ungleich schöner. Hier treten viele Arten immergrüner Bäume und Pflanzen mit tropischem Charakter an die Stelle der düsteren Buche der südlichen Gestade. Winters ist das Klima abscheulich, sommers nur wenig besser. Ich würde meinen, es gibt nur wenige Orte auf der Welt in den gemäßigten Breiten, wo so viel Regen fällt. Die Winde sind sehr stürmisch, und der Himmel ist beinahe ständig bewölkt: Eine Woche schönes Wetter ist etwas ganz Wunderbares. Es ist sogar schwierig, auch nur die Kordilleren zu erkennen: Während unseres ersten Besuches zeichnete sich der Vulkan Osorno nur einmal in klaren Konturen ab, und das war vor Sonnenaufgang; es war merkwürdig zu beobachten, wie sich die Umrisse allmählich im grellen Schein des östlichen Himmels auflösten. Die Einwohner scheinen, nach ihrer Hautfarbe und dem niederen Wuchs zu urteilen, zu drei Vierteln Indianerblut in den Adern zu haben. Sie sind eine demütige, stille, fleißige Gesellschaft. Obgleich die fruchtbare Erde, die sich aus der Zersetzung des Vulkangesteins ergibt, eine üppige Vegetation fördert, ist das Klima für Erzeugnisse, die zur Reifung viel Sonne brauchen, dennoch nicht günstig. Es gibt sehr wenig Weideland für die größeren Vierfüßer; folglich sind die Hauptnahrungsmittel Schweine, Kartoffeln und Fisch. Die Menschen tragen alle kräftige, wollene Kleidung, welche jede Familie selbst herstellt und mit Indigo von dunkelblauer Tönung färbt. Die Künste dagegen sind im rohsten Zustand – wie man an ihrer seltsamen Form des Pflügens, ihrer Methode des Spinnens, des Getreidemahlens und an der Bauweise ihrer Boote erkennen kann. Die Wälder sind so undurchdringlich, dass das Land ausschließlich nahe der Küste und auf den angrenzenden Inseln urbar gemacht ist. Selbst da, wo es Pfade gibt, sind sie wegen des weichen und sumpfigen Bodens kaum passierbar. Die Einwohner sind wie jene von Feuerland hauptsächlich am Strand oder im Boot unterwegs. Obgleich es genügend zu essen gibt, sind die Leute sehr arm: Es gibt keinen Bedarf an Arbeit, folglich können die unteren Schichten kaum genügend Geld zusammenkratzen, um selbst die kleinsten Luxusgegenstände zu erwerben. Auch herrscht großer Mangel an Zahlungsmitteln. Ich habe gesehen, wie ein Mann auf dem Rücken einen Sack Holzkohle daherschleppte, um damit eine Kleinigkeit zu kaufen, und einen anderen mit einer Bootsplanke als Tausch gegen eine Flasche Wein. Daher muss jeder Händler auch Kaufmann sein und die Güter wieder verkaufen, die er im Tausch entgegennimmt.

Plötzliches Auftreten ganzer Gruppen verwandter Arten. – Das plötzliche Erscheinen ganzer Gruppen neuer Arten in gewissen Formationen ist von mehreren Paläontologen, wie Agassiz, Pictet und am eindringlichsten von Sedgwick, zur Widerlegung des Glaubens an eine allmähliche Umgestaltung der Arten hervorgehoben worden. Wären wirklich viele Arten von einerlei Sippe oder Familie auf einmal plötzlich ins Leben getreten, so müsste dies freilich meiner Theorie einer

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langsamen Abänderung durch natürliche Züchtung verderblich werden. Denn die Entwicklung einer Gruppe von Formen, die alle von einem Stammvater herrühren, muss nicht nur selbst ein sehr langsamer Prozess gewesen sein, sondern auch die Stammform muss schon sehr lange vor ihren abgeänderten Nachkommen existiert haben. Aber wir überschätzen fortwährend die Vollständigkeit der geologischen Berichte und unterstellen irrtümlich dass, weil gewisse



Aus „Die Fahrt der Beagle“

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ährend der folgenden vier Tage segelten wir immer weiter nach Süden. Das allgemeine Gepräge des Landes blieb unverändert, doch war es viel weniger dicht besiedelt. Auf der großen Insel Tanqui gab es kaum ein gerodetes Fleckchen, und an allen Seiten reckten die Bäume ihre Äste über den Meeresstrand. Einmal sah ich auf den Sandstein-Kliffen einige sehr schöne Exemplare des Nesselschirms (Gunnera scabra) wachsen; sie ähnelt etwas dem Rhabarber in riesigem Maßstab. Die Einwohner essen die Stängel, welche säuerlich sind, gerben mit den Wurzeln Leder und bereiten daraus eine schwarze Farbe. Das Blatt ist nahezu kreisrund, am Rand jedoch tief eingekerbt. Ich vermaß eines, das beinahe acht Fuß im Durchmesser hatte und mithin nicht weniger als vierundzwanzig im Umfang! Der Stängel ist etwas über ein Yard lang, und jede Pflanze treibt vier oder fünf dieser enormen Blätter aus, die zusammen ein sehr prächtiges Bild abgeben.

Sippen oder Familien noch nicht unterhalb einer gewissen geologischen Gesichtsebene gefunden wurden, sie auch tiefer noch nicht existiert haben. Wir vergessen fortwährend, wie groß die Welt der kleinen Fläche gegenüber ist, über die sich unsere genauere Untersuchung geologischer Formationen erstreckt; wir vergessen, dass Artengruppen anderwärts schon lange vertreten gewesen und sich langsam vervielfältigt haben können, bevor sie in die alten Archipele Europas und der Vereinigten Staaten eingedrungen sind. Wir bringen die Länge der Zeiträume nicht genug in Anschlag, welche wahrscheinlich zwischen der Ablagerung unserer unmittelbar aufeinandergelagerten Formationen verflossen und vermutlich meistens länger als diejenigen gewesen sind, die zur Ablagerung einer Formation erforderlich waren. Diese Zwischenräume werden lange genug für die Vervielfältigung der Arten von einer oder von einigen wenigen Stammformen aus gewesen sein, sodass dann solche Arten in der jeweils nachfolgenden Formation

so auftreten konnten, als ob sie erst plötzlich und gleichzeitig geschaffen worden seien. Ich will hier an eine schon früher gemachte Bemerkung erinnern, dass nämlich wohl eine ganze Reihe von Weltperioden dazu gehören dürfte, bis ein Organismus sich einer ganz neuen Lebensweise anpasst, wie z. B. durch die Luft zu fliegen; dass aber, wenn dies einmal geschehen ist und nur einmal eine geringe Anzahl hierdurch einen großen Vorteil vor anderen Organismen erworben hat, nur noch eine verhältnismäßig kurze Zeit dazu erforderlich ist, um viele auseinanderweichende Formen hervorzubringen, welche dann geeignet sind, sich schnell und weit über die Erdoberfläche zu verbreiten. Ich will nun einige wenige Beispiele zur Erläuterung dieser Bemerkungen und insbesondere zum Nachweis darüber mitteilen, wie leicht wir uns in der Meinung, dass ganze Artengruppen auf einmal geschaffen worden seien, irren können. Ich will zuerst an die wohlbekannte Tatsache erinnern, dass nach den noch vor wenigen Jahren erschienenen Lehrbüchern der Geologie die große Klasse der Säugetiere ganz plötzlich am Anfang der Tertiärperiode aufgetreten sein sollte. Und nun zeigt sich eine der, im Verhältnis ihrer Dicke, reichsten Lagerstätten fossiler Säugetierreste mitten in der Sekundärreihe, und ein echtes Säugetier ist in den ältesten Schichten des New red Sandstone entdeckt worden. Cuvier pflegte Nachdruck darauf zu legen, dass noch kein Affe in irgendeiner Tertiärschicht

Alte Kirche in Castro, Chiloé.

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gefunden worden sei; jetzt aber kennt man fossile Arten von Vierhändern in Ostindien, in Südamerika und selbst in Europa, sogar schon aus der eozänen Periode. Hätte uns nicht ein seltener Zufall die zahlreichen Fährten im New red Sandstone der Vereinigten Staaten aufbewahrt, wie würden wir anzunehmen gewagt haben, dass außer Reptilien auch schon nicht weniger als dreißig Vogelarten von riesiger Größe in so früher Zeit existiert hätten, zumal noch nicht ein Stückchen Knochen in jenen Schichten gefunden worden ist. Obwohl nun die Anzahl der Füße, Zehen und verschiedenen Zehenglieder in jenen fossilen Eindrücken vollkommen mit denen unserer jetzigen Vögel übereinstimmen, so zweifeln doch noch einige Schriftsteller daran, ob jene Fährten wirklich von Vögeln herrühren. So konnten also bis vor ganz kurzer Zeit dieselben Autoren behaupten und haben einige derselben wirklich behauptet, dass die ganze Klasse der Vögel plötzlich erst im Anfang der Tertiärperiode aufgetreten sei; doch können wir uns jetzt auf die Versicherung Professor Owens (in Lyells ›Manual‹) berufen, dass ein Vogel gewiss schon zur Zeit gelebt habe, als der obere Grünsand sich ablagerte. Ich will als ein anderes Beispiel anführen, was mir in einer Abhandlung über fossile sitzende Cirripeden selber passiert ist. Nachdem ich nachgewiesen habe, dass es eine Menge von lebenden und von erloschenen tertiären Arten gibt, so schloss ich aus dem außerordentlichen Reichtum vieler BalanidenArten an Individuen, aus ihrer Verbreitung über die ganze Erde von den arktischen Regionen an bis zum Äquator und von der oberen Flutgrenze an bis zu 50 Faden Tiefe hinab, aus der vollkommenen Erhaltungsweise ihrer Reste in den ältesten Tertiärschichten, aus der Leichtigkeit, selbst einzelne Klappen zu erkennen und zu bestimmen: Aus allen diesen Umständen schloss ich, dass, wenn es in der sekundären Periode sitzende Cirripeden gegeben hätte, solche gewiss erhalten und wieder entdeckt worden sein würden; da jedoch noch keine Schale einer Spezies in Schichten dieses Alters gefunden worden ist, so müsse sich diese große Gruppe erst im Beginn der Tertiärzeit plötzlich entwickelt haben. Es war eine große Verlegenheit für mich, selbst noch ein weiteres Beispiel vom plötzlichen Auftreten einer großen Artengruppe bestätigen zu müssen. Kaum

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war jedoch mein Werk erschienen, als ein bewährter Paläontologe, Hr. Bosquet, mir eine Zeichnung von einem vollständigen Exemplar eines unverkennbaren Balaniden sandte, welchen er selbst aus dem belgischen Kreidegebirge entnommen hatte. Und um den Fall so treffend als möglich zu machen, so ist der entdeckte Balanide ein Chthamalus, eine sehr gemeine und überall weitverbreitete Sippe, wovon sogar in tertiären Schichten bis jetzt noch keine Spur gefunden worden war. Wir wissen daher jetzt mit Sicherheit, dass es auch in der Sekundärzeit schon sitzende Cirripeden gegeben hat, welche möglicherweise die Stammeltern unserer vielen tertiären und noch lebenden Arten gewesen sein können. Der Fall von plötzlichem Auftreten einer ganzen Artengruppe, worauf sich die Paläontologen am öftesten berufen, ist die Erscheinung der echten Knochenfische oder Teleostier erst in den unteren Schichten der Kreideperiode. Diese Gruppe enthält bei Weitem die größte Anzahl der jetzigen Fische. Inzwischen hat Professor Pictet neuerlich ihre erste Erscheinung schon wieder um einen Stock tiefer nachgewiesen und glauben andere Paläontologen, dass viele ältere Fische, deren Verwandtschaften bis jetzt noch nicht genau bekannt sind, wirkliche Teleostier seien. Nähme man mit Agassiz an, dass deren ganze Gruppe wirklich erst zu Anfang der Kreidezeit erschienen sei, so wäre diese Tatsache freilich höchst merkwürdig; aber auch in ihr vermöchte ich noch keine unübersteigliche Schwierigkeit für meine Theorie zu erkennen, bis auch erwiesen wäre, dass in der Tat die Arten dieser Gruppe auf der ganzen Erde gleichzeitig in jener Frist aufgetreten sind. Es ist fast überflüssig zu bemerken, dass ja noch kaum ein fossiler Fisch von der Südseite des Äquators bekannt ist und nach Pictets Paläontologie selbst in einigen Gegenden Europas erst sehr wenige Arten gefunden worden sind. Einige wenige Fischfamilien haben jetzt enge Verbreitungsgrenzen, und so könnte es auch mit den Teleostier der Fall gewesen sein, dass sie erst dann, nachdem sie sich in diesem oder jenem Meer sehr vervielfältigt haben, sich weit verbreitet hätten. Auch sind wir nicht anzunehmen berechtigt, dass die Weltmeere von Norden nach Süden allezeit so offen wie jetzt gewesen sind. Selbst heutigen Tages könnte der tropische Teil des Indischen Ozeans durch eine Hebung des Malaiischen Archipels über den

Die Insel Chiloé, San Carlos.

Der Chonos-Archipel. Meeresspiegel in ein großes geschlossenes Becken verwandelt werden, worin sich irgendwelche große Seetiergruppen zu entwickeln und vervielfältigen vermöchten; und da würden sie dann eingeschlossen bleiben, bis einige der Arten für ein kühleres Klima geeignet und in Stand gesetzt worden wären, die Südkaps von Afrika und Australien zu umwandern und so in andere ferne Meere zu gelangen. Aus diesen und ähnlichen Betrachtungen, aber hauptsächlich in Berücksichtigung unserer Unkunde über die geologischen Verhältnisse anderer Weltgegenden außerhalb Europas und Nordamerikas, endlich nach dem Umschwung, welchen unsere paläontologischen Vorstellungen durch die Entdeckungen während des letzten Jahrzehnts erlitten, glaube ich folgern zu dürfen, dass wir ebenso übereilt handeln würden, die bei uns bekannt gewordene Art der Aufeinanderfolge der Organismen auf die ganze Erd-

oberfläche zu übertragen, als ein Naturforscher täte, welcher nach einer Landung von fünf Minuten an irgendeiner armen Küste Australiens auf die Zahl und Verbreitung seiner Organismen schließen wollte. Plötzliches Erscheinen ganzer Gruppen verwandter Arten in den untersten fossilienführenden Schichten. – Größer ist eine andere Schwierigkeit; ich meine das plötzliche Auftreten vieler Arten einer Gruppe in den untersten fossilienführenden Gebirgen. Die meisten der Gründe, welche mich zur Überzeugung geführt haben, dass alle lebenden Arten einer Gruppe von einem gemeinsamen Urvater herrühren, sind mit fast gleicher Stärke auch auf die ältesten fossilen Arten anwendbar. So kann ich z. B. nicht daran zweifeln, dass alle silurischen Trilobiten von irgendeinem Kruster herkommen, welcher von allen jetzt lebenden Krustern sehr verschieden war. Einige der

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



7. Januar 1835

Nachdem wir die Küste hinaufgefahren waren, ankerten wir nahe dem Nordende des Chonos-

Archipels in Lows Hafen, wo wir eine Woche blieben. Die Inseln hier bestanden, wie Chiloé, aus einer geschichteten, weichen Küstenablagerung, und folglich war die Vegetation schön und üppig. Die Wälder gingen bis an den Strand hinab, ganz wie immergrünes Buschwerk über einen Kiesweg. Auch bot sich uns vom Ankerplatz aus ein prächtiger Blick auf vier große, schneebedeckte Kegel der Kordilleren, darunter el famoso Corcovado; die Kette selbst hatte auf dieser Breite eine so geringe Höhe, dass nur wenige Stellen die Gipfel der umliegenden Inseln zu überragen schienen. Wir stießen hier auf eine Gruppe von fünf Männern aus Caylen, el fin del Cristiandad, die das Stück offenes Meer, das Chonos von Chiloé trennt, in ihrem erbärmlichen Kanu überquert hatten, um hier zu fischen. Diese Inseln werden wohl bald ähnlich jenen vor der Küste Chiloés besiedelt werden. Auf diesen Inseln wächst die wilde Kartoffel auf dem Muschelsandboden nahe dem Meeresstrand in Hülle und Fülle. Die höchste Pflanze maß vier Fuß. Die Knollen waren im Allgemeinen klein, eine aber hatte eine ovale Form und betrug zwei Zoll im Durchmesser; sie glichen in jeder Hinsicht der englischen Kartoffel und rochen auch so, wurden sie jedoch gekocht, schrumpften sie stark und waren wässrig und fad ohne jeden bitteren Geschmack. Sie sind hier zweifellos heimisch: Mr. Low zufolge wachsen sie bis zu der Breite von 50° und werden von den wilden Indianern dort aquinas genannt; die Indianer von Chiloé haben einen anderen Namen dafür. Professor Henslow, der die getrockneten Exemplare, die ich nach Hause brachte, untersucht hat, meint, es seien die gleichen, die Mr. Sabine aus Valparaíso beschrieb, dass sie jedoch eine Varietät bildeten, die manche Botaniker als eigene Art erachteten. Es ist bemerkenswert, dass die gleiche Pflanze in den unfruchtbaren Bergen Zentralchiles, wo über ein halbes Jahr lang kein Tropfen Regen fällt, wie auch in den feuchten Wäldern dieser südlichen Inseln anzutreffen ist. In den Zentralregionen des Chonos-Archipels (45° S) hat der Wald weitgehend das gleiche Gepräge wie jener an der gesamten Westküste auf 600 Meilen nach Süden bis Kap Hoorn. Das Baumgras Chiloés findet sich hier nicht, wohingegen die Buche Feuerlands auf ordentliche Größe wächst und einen beträchtlichen Anteil des Waldes stellt, jedoch nicht in derselben Ausschließlichkeit wie weiter südlich. Sporenpflanzen haben hier ein äußerst förderliches Klima. In der Magellanstraße erscheint das Land, wie schon bemerkt, zu kalt und nass, um ihre vollkommene Ausprägung zu gestatten; auf diesen Inseln hingegen ist die Anzahl der Arten und die große Fülle von Moosen, Flechten und kleinen Farnen innerhalb des Waldes ganz außerordentlich. In Feuerland wachsen Bäume nur an Berghängen; jedes ebene Stück Land ist durchweg von einer dicken Torfschicht bedeckt. Auf Chiloé dagegen trägt das Flachland die üppigsten Bäume. Hier, im Chonos-Archipel, nähert sich die Natur des Klimas mehr jenem in Feuerland als dem Nord-Chiloés an, denn jeder Flecken ebenen Bodens ist von zwei Pflanzenarten bedeckt (Astelia pumila und Donatia magellanica), welche durch ihr vereintes Absterben eine dicke Schicht nachgiebigen Torfes bildent.

ältesten silurischen Tiere sind zwar nicht sehr von noch jetzt lebenden Arten verschieden, wie Lingula, Nautilus u. a., und man kann nach meiner Theorie nicht annehmen, dass diese alten Arten die Erzeuger aller Arten der Ordnungen gewesen sind, wozu sie

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gehören, indem sie in keiner Weise Mittelformen zwischen denselben darbieten. Und wären sie deren Stammeltern gewesen, so würden sie jetzt gewiss längst durch ihre vervollkommneten Nachfolger ersetzt und ausgetilgt sein.

Wenn meine Theorie richtig ist, so müssten unbestreitbar schon vor Ablagerung der ältesten silurischen Schichten ebenso lange oder noch längere Zeiträume wie nachher verflossen und müsste die Erdoberfläche während dieser ganz unbekannten Zeiträume von lebenden Geschöpfen bewohnt gewesen sein. Was nun die Frage betrifft, warum wir aus diesen weiten Primordialperioden keine Denkmäler mehr finden, so kann ich darauf keine genügende Antwort geben. Mehrere der ausgezeichnetsten Geologen mit Sir R. Murchison an der Spitze sind überzeugt, in diesen untersten Silurschichten die Wiege des Lebens auf unserem Planeten zu erblicken. Andere hochbewährte Beurteiler, wie Ch. Lyell und der verstorbene Edw. Forbes, bestreiten diese Behauptung. Und wir müssen nicht vergessen, dass nur ein geringer Teil unserer Erdoberfläche mit einiger Genauigkeit erforscht ist. Erst unlängst hat Hr. Barrande dem silurischen System noch einen anderen älteren Stock angefügt, der reich an neuen und eigentümlichen Arten ist. Spuren einstigen

Gunnera scabra, der Edel-»Rhabarber« von Chiloé Island.

Lebens sind auch noch in den Long-Mynd-Schichten entdeckt worden unterhalb Barrandes sogenannter Primordialzone. Die Anwesenheit phosphatehaltiger Nieren und bituminöser Materien in einigen der untersten azoischen Schichten deutet wahrscheinlich auf ein ehemaliges noch früheres Leben hin. Aber dann ist die Schwierigkeit noch größer, das gänzliche Fehlen der mächtigen Stöße fossilienführender Schichten zu begreifen, die meiner Theorie zufolge sich gewiss irgendwo aufgehäuft hatten. Wären diese ältesten Schichten durch Entblößungen ganz und gar weggewaschen oder durch Metamorphismus ganz und gar unkenntlich gemacht worden, so würden wir wohl auch nur noch ganz kleine Überreste der nächstjüngeren Formationen entdecken, und diese müssten sich meistens in einem metamorphischen Zustand befinden. Aber die Beschreibungen, welche wir jetzt von den silurischen Ablagerungen in den unermesslichen Ländergebieten in Russland und Nordamerika besitzen, sind nicht zugunsten der Meinung, dass je älter eine Formation, desto mehr sie durch Entblößung und Metamorphismus gelitten haben müsse. Diese Tatsache muss vorerst unerklärt bleiben und wird mit Recht als eine wesentliche Einrede gegen die hier entwickelten Ansichten hervorgehoben werden. Ich will jedoch folgende Hypothese aufstellen, um zu zeigen, dass doch vielleicht einige Erklärung möglich ist. Aus der Natur der in den verschiedenen Formationen Europas und der Vereinigten Staaten vertretenen organischen Wesen, welche keine großen Tiefen bewohnt zu haben scheinen, und aus der ungeheuren Masse der meilendicken Niederschläge, woraus diese Formationen bestehen, können wir zwar schließen, dass von Anfang bis zu Ende große Inseln oder Landstriche, aus welchen die Sedimente herbeigeführt wurden, in der Nähe der jetzigen Kontinente von Europa und Nordamerika existiert haben müssen. Aber vom Zustand der Dinge in den langen Perioden, welche zwischen der Bildung dieser Formationen verflossen sind, wissen wir nichts; wir vermögen nicht zu sagen, ob während derselben Europa und die Vereinigten Staaten als trockene Länderstrecken oder als untermeerische Küstenflächen, auf welchen inzwischen keine Ablagerungen erfolgten, oder endlich als unergründlicher Meeresboden eines offenen und unergründlichen Ozeans vorhanden waren.

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Riesenschildkröten, Galapagosinseln. Betrachten wir die jetzigen Weltmeere, welche dreimal so viel Fläche als das trockene Land einnehmen, so finden wir sie mit zahlreichen Inseln besät, von welchen aber auch nicht eine bis jetzt einen Überrest von paläolithischen und sekundären Formationen geliefert hat. Man kann daraus vielleicht schließen, dass während der paläolithischen und Sekundärzeit weder Kontinente noch kontinentale Inseln da existiert haben, wo sich jetzt der Ozean ausdehnt; denn wären solche vorhanden gewesen, so würden sich nach aller Wahrscheinlichkeit aus dem von ihnen herbeigeführten Schutt auch paläolithische und sekundäre Schichten gebildet haben, und es würden dann infolge der Niveauschwankungen, welche während dieser ungeheuer langen Zeiträume jedenfalls stattgefunden haben müssen, wenigstens teilweise Emporhebungen trockenen Landes haben erfolgen können. Wenn wir also aus diesen Tatsachen irgendeinen Schluss ziehen wollen, so können wir sagen, dass da, wo sich jetzt unsere Weltmeere ausdehnen, solche schon seit den ältesten Zeiten, von denen wir Kunde besitzen, bestanden haben, und dass da, wo jetzt Kontinente sind, große Landstrecken existiert haben, welche von der frühesten Silurzeit an zweifelsohne großem Niveauwechsel unterworfen gewesen sind. Die kolorierte Karte, welche meinem Werk über die Korallenriffe beigegeben ist, führte

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mich zum Schluss, dass die großen Weltmeere noch jetzt hauptsächlich Senkungsfelder, die großen Archipele noch jetzt schwankende Gebiete und die Kontinente noch jetzt in Hebung begriffen sind. Aber haben wir ein Recht anzunehmen, dass diese Dinge sich seit dem Beginn dieser Welt gleich geblieben sind? Unsere Festländer scheinen hauptsächlich durch vorherrschende Hebung während vielfacher Höhenschwankungen entstanden zu sein. Aber können nicht die Felder vorwaltender Hebungen und Senkungen ihre Rollen vor noch längerer Zeit umgetauscht haben? In einer unermesslich früheren Zeit vor der silurischen Periode können Kontinente da existiert haben, wo sich jetzt die Weltmeere ausbreiten, und können offene Weltmeere gewesen sein, wo jetzt die Festländer emporragen. Und doch würde man noch nicht anzunehmen berechtigt sein, dass z. B. das Bett des Stillen Ozeans, wenn es jetzt in ein Festland verwandelt würde, uns ältere als silurische Schichten darbieten müsse, vorausgesetzt selbst, dass sich solche einst dort gebildet haben; denn es wäre möglich, dass Schichten, welche dem Mittelpunkt der Erde um einige Meilen näher gerückt und von dem ungeheuren Gewicht darüber stehender Wasser zusammengedrückt gewesen, stärkere metamorphische Einwirkungen erfahren haben als jene, welche näher an der Oberfläche verweilten.

Die in einigen Weltgegenden wie z. B. in Südamerika vorhandenen unermesslichen Strecken bloß metamorphischen Gebirges, welche hohen Graden von Druck und Hitze ausgesetzt gewesen sein müssen, haben mir einer besonderen Erklärung zu bedürfen geschienen; und vielleicht darf man annehmen, dass sie uns die zahlreichen schon lange vor der silurischen Zeit abgesetzten Formationen in einem völlig metamorphischen Zustande darbieten. Die mancherlei hier erörterten Schwierigkeiten, welche namentlich daraus entspringen, dass wir in der Reihe der aufeinanderfolgenden Formationen die unzähligen Zwischenglieder zwischen den vielen früheren und jetzigen Arten nicht finden, – dass ganze Gruppen verwandter Arten in unseren europäischen Formationen oft plötzlich zum Vorschein kommen, – dass, so viel bis jetzt bekannt, ältere fossilienführende Formationen noch unter den silurischen Schichten gänzlich fehlen, – alle diese Schwierigkeiten sind zweifelsohne von größtem Gewicht. Wir ersehen dies am deutlichsten aus der Tatsache, dass die ausgezeichnetsten Paläontologen wie Cuvier, Agassiz, Barrande, Falconer, Edw. Forbes und andere, sowie unsere größten Geologen Lyell, Murchison, Sedgwick etc. die Unveränderlichkeit der Arten einstimmig und oft mit großer Heftigkeit verteidigt haben. Inzwischen habe ich Grund anzunehmen, dass eine große Autorität, Sir Ch. Lyell, infolge fernerer Erwägungen sehr zweifelhaft in dieser Beziehung geworden ist. Ich fühle wohl, wie

bedenklich es ist, von diesen Gewährsmännern, denen wir mit anderen alle unsre Kenntnisse verdanken, abzuweichen. Alle, die den geologischen Schöpfungsbericht für einigermaßen vollständig halten und nicht viel Gewicht auf andere in diesem Bande mitgeteilten Tatsachen und Schlussfolgerungen legen, werden zweifelsohne meine ganze Theorie auf einmal verwerfen. Ich für meinen Teil betrachte (um Lyells bildlichen Ausdruck durchzuführen) den natürlichen Schöpfungsbericht als eine Geschichte der Erde, unvollständig erhalten und in wechselnden Dialekten geschrieben, – wovon aber nur der letzte, bloß auf einige Teile der Erdoberfläche sich beziehende Band bis auf uns gekommen ist. Doch auch von diesem Band ist nun hier und da ein kurzes Kapitel erhalten, und von jeder Seite sind nur da und dort einige Zeilen übrig. Jedes Wort der langsam wechselnden Sprache dieser Beschreibung, mehr und weniger verschieden in der unterbrochenen Reihenfolge der einzelnen Abschnitte, mag den anscheinend plötzlich wechselnden Lebensformen entsprechen, welche in den unmittelbar aufeinanderliegenden Schichten unserer weit voneinander getrennten Formationen begraben liegen.

Der Antuco-Vulkan bei Talcahuano. U N V O L L KO MME N HE IT DE R GE OL OGISCHE N Ü B E RLIEFERUNGEN

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



4.März 1835

Wir liefen in den Hafen von Concepción ein. Während das Schiff zum Ankerplatz aufkreuzte, landete ich auf der

Insel Quiriquina. Der Verwalter des Gutes kam rasch herangeritten, um mir die schrecklichen Folgen des großen Erdbebens vom 20. zu berichten: »Dass in Concepción und Talcahuano (dem Hafen) kein Haus mehr stehe, dass siebzig Dörfer zerstört seien und dass eine große Welle die Ruinen von Talcahuano nahezu hinweggespült habe.« Für letztere Erklärung sah ich bald reichlich Beweise – die ganze Küste war mit Balken und Möbeln übersät, so als seien tausend Schiffe zerschellt. Neben Stühlen, Tischen, Bücherregalen usw. in großer Zahl sah man auch mehrere Hausdächer, die nahezu vollständig fortgerissen worden waren. Die Lagerhäuser in Talcahuano waren aufgebrochen, und große Ballen Baumwolle, yerba und anderes wertvolles Gut lag am Ufer verstreut. Auf meinem Gang um die Insel beobachtete ich, dass zahlreiche Felsbrocken, welche, den Meeresprodukten zufolge, die daran hingen, bis vor kurzem noch im tiefen Wasser gelegen haben mussten, weit den Strand hinaufgeschleudert worden waren; einer davon war sechs Fuß lang, drei breit und zwei dick. Die Insel selbst zeigte die überwältigende Kraft des Erdbebens ebenso deutlich wie der Strand jene der darauf folgenden großen Welle. Der Boden war an vielen Stellen in Nord-Süd-Richtung aufgerissen, was vielleicht daher rührte, dass die parallelen, steilen Seiten dieser schmalen Insel nachgegeben hatten. Manche Risse nahe den Kliffs waren ein Yard breit. Viele gewaltige Massen waren schon auf den Strand gefallen, und die Bewohner glaubten, wenn der Regen einsetze, würden noch weit größere abrutschen. Noch eigenartiger war die Wirkung der Erschütterung auf den harten Primärschiefer, welcher das Fundament der Insel bildet: Die oberflächlichen Teile einiger schmaler Grate waren so gründlich zerschmettert, als wären sie mit Pulver gesprengt worden. Diese Wirkung, die sich an den frischen Brüchen und dem verschobenen Erdreich so deutlich zeigte, muss auf die oberflächennahen Teile beschränkt gewesen sein, denn sonst gäbe es in ganz Chile keinen massiven Gesteinsblock mehr, und das ist auch nicht unwahrscheinlich, da, wie man weiß, die Oberfläche eines vibrierenden Körpers anders als der mittlere Teil betroffen ist. Vielleicht ist eben das der Grund, dass Erdbeben in tiefen Bergwerken nicht ganz so schreckliche Verwüstungen anrichten, wie man es erwarten würde. Ich glaube, diese Erdstöße haben mehr dazu beigetragen, die Insel Quiriquina zu verkleinern, als die gewöhnliche Abnutzung durch Meer und Wetter im Lauf eines ganzen Jahrhunderts. Am folgenden Tag landete ich in Talcahuano und ritt anschließend nach Concepción. Beide Städte boten das schrecklichste und dabei auch interessanteste Schauspiel, das ich je gesehen hatte. Für einen, der sie vorher gekannt hatte, mochte es womöglich noch eindrucksvoller gewesen sein, denn die Ruinen waren so durcheinander geworfen und die ganze Szenerie hatte so wenig von der Atmosphäre eines bewohnbaren Ortes, dass sein voriger Zustand kaum noch vorstellbar war. Das Erdbeben begann um halb zwölf Uhr am Vormittag. Hätte es sich mitten in der Nacht ereignet, so dürfte statt weniger als einhundert die überwiegende Zahl der Bewohner (welche in dieser einen Provinz viele tausend beträgt) umgekommen sein, so aber rettete sie allein der übliche Brauch, beim ersten Erzittern der Erde ins Freie zu stürzen. In Concepción stand jedes Haus, jede Häuserreihe als Trümmerhaufen oder -reihe da. In Talcahuano hingegen ließ sich wegen der großen Welle kaum mehr als eine Schicht Backsteine, Ziegel und Balken, zwischen der hier und da noch ein Teil einer Wand stehen geblieben war, erkennen. Deswegen war Concepción, wenngleich nicht so stark verwüstet, ein schrecklicherer und, wenn ich das so sagen darf, malerischerer Anblick. Die erste Erschütterung kam völlig unvermittelt. Der Verwalter von Quiriquina sagte mir, das Erste, was er davon bemerkt habe, sei gewesen, dass er sich samt dem Pferd, auf dem er gerade ritt, auf der Erde wälzte. Kaum sei er wieder aufgestanden, sei er erneut umgeworfen worden. Weiterhin sagte er mir, einige Kühe, die auf dem steilen Hang der Insel gestanden hätten, seien ins Meer hinausgerissen worden. Die große Welle verursachte den Tod vieler Rinder; auf einer niedrigen Insel nahe dem Ende der Bucht wurden siebzig Tiere hinweggeschwemmt und ertranken. Es herrscht die allgemeine Ansicht, dass es das schlimmste Erdbeben war, das je in Chile aufgezeichnet wurde, doch da die sehr schweren nur in großen Intervallen auftreten, kann man das nicht leicht wissen, auch hätte eine viel stärkere Erschütterung die Sache nicht sehr verschlimmert, denn die Zerstörung war nun vollkommen. Zahllose kleine Nachbeben folgten dem großen; innerhalb der ersten zwölf Tage wurden

nicht weniger als dreihundert gezählt. Nachdem ich Concepción gesehen habe, kann ich nicht begreifen, wie der überwiegende Teil der Bewohner unverletzt davongekommen ist. Vielerorts fielen die Häuser nach außen, wodurch sie mitten auf den Straßen kleine Schutt- und Backsteinhügel bildeten. Mr. Rouse, der englische Konsul, sagte uns, er habe gerade beim Frühstück gesessen, als die erste Bewegung ihm bedeutet habe hinauszulaufen. Er habe kaum die Mitte des Hofes erreicht, als auch schon eine Seite des Hauses donnernd niedergebrochen sei. Er habe sich die Geistesgegenwart bewahrt zu bedenken, dass er in Sicherheit sei, wenn er auf den Teil gelange, der schon eingefallen sei. Da er wegen der Bewegung des Bodens nicht habe stehen können, sei er auf Händen und Knien gekrochen, und kaum habe er die kleine Erhebung erreicht, sei auch schon die andere Seite des Hauses eingefallen, und die großen Balken seien dicht an seinem Kopf vorbei-gesaust. Die Augen geblendet und den Mund voller Staub, der selbst die Sonne verdunkelte, habe er dann endlich die Straße erreicht. Da im Abstand weniger Minuten Stoß auf Stoß gefolgt sei, habe sich niemand an die zerschmetterten Ruinen gewagt, und niemand habe gewusst, ob seine liebsten Freunde und Verwandten mangels Hilfe nicht im Sterben lagen. Wer etwas Besitz gerettet habe, der habe unablässig Wache halten müssen, da Diebe umherschlichen, die sich bei jedem kleinen Zittern mit einer Hand auf die Brust geschlagen und »misericordia!« geschrien und dann mit der anderen aus den Ruinen stibitzt hätten, was sie nur finden konnten. Die Strohdächer seien auf die Feuer gefallen, und allerorts seien Brände aufgeflammt. Hunderte wüssten sich zugrunde gerichtet, und nur wenige hätten die Mittel, sich Essen für den Tag zu beschaffen. Erdbeben allein genügen, um den Wohlstand eines Landes zu vernichten. Sollten unter England die nun trägen unterirdischen Kräfte eine solche Gewalt ausüben, wie sie es in früheren geologischen Zeitaltern ganz unzweifelhaft getan haben, wie vollständig würde sich die gesamte Lage des Landes verändern! Was würde mit den hohen Häusern geschehen, mit den dicht gepackten Städten, den großen Fabriken, den schönen öffentlichen und privaten Gebäuden? Begänne die neue Zeit der Störungen zunächst mit einem großen Erdbeben mitten in der Nacht, wie furchtbar das Blutbad wäre! England wäre auf einen Schlag bankrott; alle Papiere, Aufzeichnungen und Berichte wären augenblicklich verloren. Die Regierung könnte die Steuern nicht mehr eintreiben und ihre Autorität nicht mehr geltend machen, und folglich herrschten uneingeschränkt Gewalt und Raub. In jeder größeren Stadt bräche eine Hungersnot aus, der Pest und Tod auf dem Fuße folgen würden. Kurz nach der Erschütterung sah man mitten in der Bucht in einer Entfernung von drei, vier Meilen eine große Welle mit glatten Umrissen nahen; dennoch riss sie die Küste entlang Häuser und Bäume nieder, als sie mit unwiderstehlicher Gewalt dahinraste. Am Ende der Bucht brach sie sich in einer fürchterlichen Linie weißer Sturzseen, die sich bis auf eine Höhe von 23 vertikalen Fuß über die höchsten Springtiden auftürmten. Ihre Gewalt muss ungeheuer gewesen sein, denn am Fort wurde eine Kanone samt Lafette, deren geschätztes Gewicht bei vier Tonnen lag, 15 Fuß weiter geschoben. 200 Yard vom Strand entfernt blieb ein Schoner inmitten der Trümmer liegen. Der ersten Welle folgten zwei weitere, welche beim Zurückweichen ein riesiges Wrack aus treibenden Gegenständen davontrugen. In einem Teil der Bucht wurde ein Schiff auf den Strand geworfen, fortgetragen, wieder auf den Strand geworfen und abermals fortgetragen. In einem anderen wurden zwei große Fahrzeuge, die nebeneinander vor Anker lagen, umhergewirbelt, sodass ihre Trossen drei Mal umeinander geschlungen waren; obwohl sie auf einer Tiefe von 36 Fuß ankerten, lagen sie einige Minuten lang auf Grund. Die große Welle muss langsam gewesen sein, denn die Einwohner von Talcahuano hatten noch Zeit, die Berge hinter der Stadt hinaufzulaufen, und einige Seeleute ruderten aufs Meer hinaus in dem glücklichen Vertrauen darauf, dass ihr Boot sicher über die Woge fuhr, wenn sie sie erreichten, bevor sie brach. Eine alte Frau mit einem kleinen Knaben, vier oder fünf Jahre alt, rannte in ein Boot, doch niemand war da, es hinauszurudern: Folglich wurde das Boot gegen einen Anker geschmettert und entzweigerissen; die alte Frau ertrank, das Kind jedoch wurde einige Stunden später, als es sich noch an das Wrack klammerte, gerettet. Zwischen den Hausruinen standen noch Lachen Salzwasser, und Kinder, die aus alten Tischen und Stühlen Boote machten, waren so fröhlich wie ihre Eltern elend. Dabei war es außerordentlich interessant zu beobachten, wie viel aktiver und froher alle erschienen, als erwartet werden musste. Es hieß sehr zu Recht, dass, da die Zerstörung allumfassend war, kein Einzelner mehr als der andere gedemütigt war oder seine Freunde der Kälte verdächtigen konnte – jenes bitterste Ergebnis des Verlustes von Reichtum. Mr. Rouse und eine große Gruppe, die er freundlicherweise bei sich aufnahm, hausten in der ersten Woche in einem Garten unter Apfelbäumen. Anfangs waren sie heiter wie bei einem Picknick, doch bald darauf führte starker Regen zu viel Verdruss, denn sie waren ohne jeden Schutz.

Die Erstausgabe von 1859. Darwin nannte sie sein »grässliches Buch« beim Schreiben, doch bei der Veröffentlichung wurde sie dann »mein Kind«.

Z e h n t e s Ka p i t e l

Geologische Aufeinanderfolge organischer Wesen



Langsame und allmähliche Erscheinung neuer Arten – Ungleiches Maß ihrer Veränderung – Einmal untergegangene Arten kommen nicht wieder zum Vorschein – Artengruppen folgen denselben allgemeinen Regeln des Auftretens und Verschwindens wie die einzelnen Arten – Erlöschen der Arten – Gleichzeitige Veränderungen der Lebensformen auf der ganzen Erdoberfläche – Verwandtschaft erloschener Arten mit anderen fossilen und mit lebenden Arten – Entwicklungsstufe aller Formen – Aufeinanderfolge derselben Typen im nämlichen Ländergebiet – Zusammenfassung des jetzigen mit früheren Abschnitten.

S

ehen wir nun zu, ob die verschiedenen Tatsachen und Regeln hinsichtlich der geologischen

Aufeinanderfolge der organischen Wesen besser mit der gewöhnlichen Ansicht von der Unabänderlichkeit der Arten oder mit der Theorie einer langsamen und stufenweisen Abänderung der Nachkommenschaft durch natürliche Züchtung übereinstimmen. Neue Arten sind im Wasser wie auf dem Lande nur sehr langsam, eine nach der anderen zum Vorschein gekommen. Lyell hat gezeigt, dass es kaum möglich ist, sich den in den verschiedenen Tertiärschichten niedergelegten Beweisen in dieser Hinsicht zu verschließen, und jedes Jahr strebt, die noch vorhandenen Lücken mehr auszufüllen und das Prozentverhältnis der noch lebend vorhandenen zu den ganz ausgestorbenen Arten mehr und mehr abzustufen. In einigen der neuesten, wenn auch in Jahren ausgedrückt gewiss sehr alten Schichten kommen nur noch 1–2 ausgestorbene Arten vor, und nur je eine oder zwei überhaupt oder für die Örtlichkeit neue Formen gesellen sich den früheren bei. Wenn wir den Beobachtungen Philippis in Sizilien vertrauen dürfen, so ist die stufenweise Ersetzung der früheren Meeresbewohner bei dieser Insel durch andere Arten eine äußerst langsame gewesen. Die Sekundärformationen sind mehr unterbrochen; aber in jeder einzelnen Formation hat, wie Bronn bemerkt hat, weder das Auftreten noch das Verschwinden ihrer vielen jetzt erloschenen Arten gleichzeitig stattgefunden.

Rechts: Ein Porträt des Autors als Rankenfüßerexperte, 1854.

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Arten verschiedener Sippen und Klassen haben weder gleichen Schrittes noch in gleichem Verhältnis gewechselt. In den ältesten Tertiärschichten liegen die wenigen lebenden Arten mitten zwischen einer Menge erloschener Formen. Falconer hat ein schlagendes Beispiel der Art berichtet, nämlich von einem Krokodil noch lebender Art, welches mit einer Menge fremder und untergegangener Säugetiere und Reptilien in Schichten des Subhimalaya beisammen lagert. Die silurischen Lingula-Arten weichen nur sehr wenig von den lebenden Spezies dieser Sippe ab, während die meisten der übrigen silurischen Mollusken und alle Kruster großen Veränderungen unterlegen sind. Die Landbewohner scheinen schnelleren Schrittes als die Meeresbewohner zu wechseln, wovon ein treffender Beleg kürzlich aus der Schweiz berichtet worden ist. Es scheint einiger Grund zur Annahme vorhanden, dass solche Organismen, welche auf höherer Organisationsstufe stehen, rascher als die unvollkommen entwickelten wechseln; doch gibt es Ausnahmen von dieser Regel. Das Maß organischer Veränderung entspricht nach Pictets Bemerkung nicht genau der Aufeinanderfolge unserer geologischen Formationen, sodass sich zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Bildungen die Lebensformen genau in gleichem Grad änderten. Wenn wir aber irgendwelche, seien es auch nur zwei einander zunächst verwandte, Formationen miteinander vergleichen, so finden wir, dass alle Arten einige Veränderungen erfahren haben. Ist eine Art einmal von der Erdoberfläche verschwunden, so haben wir einigen Grund zu vermuten, dass dieselbe Art nie wieder zum Vorschein kommen werde. Die anscheinend auffallendsten Ausnahmen von dieser Regel bilden Barrandes sogenannte »Kolonien« von Arten, welche sich eine Zeitlang mitten in ältere Formationen einschieben und dann später wieder erscheinen; doch halte ich Lyells Erklärung, sie seien durch Wanderungen aus einer geographischen Provinz in die andere bedingt, für vollkommen genügend. Diese verschiedenen Tatsachen vertragen sich wohl mit meiner Theorie. Ich glaube an kein festes Entwicklungsgesetz, welches alle Bewohner einer Gegend veranlasste, sich plötzlich oder gleichzeitig oder gleichmäßig zu ändern. Der Abänderungsprozess muss ein sehr langsamer sein. Die Veränderlichkeit jeder Art ist ganz unabhängig von der der ande-

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ren Arten. Ob sich die natürliche Züchtung solche Veränderlichkeit zu Nutzen macht, und ob die in größerem oder geringerem Maß gehäuften Abänderungen stärkere oder schwächere Modifikationen in den sich ändernden Arten veranlassen, dies hängt von vielen verwickelten Bedingungen ab: Von der Nützlichkeit der Veränderung, von der Wirkung der Kreuzung, von dem Maß der Züchtung, vom allmählichen Wechsel in der natürlichen Beschaffenheit der Gegend und zumal von der Beschaffenheit der übrigen Organismen, welche mit den sich ändernden Arten in Mitbewerbung kommen; daher ist es keineswegs überraschend, wenn eine Art ihre Form unverändert bewahrt, während andere sie wechseln, oder wenn sie solche in geringerem Grad wechselt als diese. Wir beobachten dasselbe in der geographischen Verbreitung z. B. auf Madeira, wo die Landschnecken und Käfer in beträchtlichem Maß von ihren nächsten Verwandten in Europa abgewichen, während Vögel und Seemollusken die nämlichen geblieben sind. Man kann vielleicht die anscheinend raschere Veränderung in den Landbewohnern und den höher organisierten Formen gegenüber derjenigen der marinen und der tieferstehenden Arten aus den zusammengesetzteren Beziehungen der vollkommeneren Wesen zu ihren organischen und unorganischen Lebensbedingungen, wie sie in einem früheren Abschnitt auseinandergesetzt worden sind, herleiten. Wenn viele von den Bewohnern einer Gegend abgeändert und vervollkommnet worden sind, so begreift man aus dem Prinzip der Mitbewerbung und aus den höchst wichtigen Beziehungen von Organismus zu Organismus, dass eine Form, welche gar keine Änderung und Vervollkommnung erfährt, der Austilgung preisgegeben ist. Daraus ergibt sich dann, dass alle Arten einer Gegend zuletzt, wenn wir nämlich hinreichend lange Zeiträume dafür zugestehen, entweder abändern oder zugrunde gehen müssen. Bei Gliedern einer Klasse mag das Maß der Änderung während langer und gleicher Zeitperioden im Mittel vielleicht nahezu gleich sein. Da jedoch die Anhäufung lange dauernder Fossilreste-führender Formationen davon bedingt ist, ob große Sedimentmassen während einer Senkungsperiode abgesetzt werden, so müssen sich unsere Formationen notwendig meistens mit langen und unregelmäßigen Zwischenpausen gebildet haben; daher denn auch der

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin

Mein lieber Darwin,

Charles Lyell an Charles Darwin, 3. Oktober 1859

ich habe soeben Ihr Buch beendet und bin richtig froh, dass ich mich mit Hooker nach Kräften mühte, Sie zu überreden, es zu veröffentlichen, ohne bis zu dem Zeitpunkt zu warten, der wohl nie gekommen wäre, selbst wenn Sie hundert Jahre alt würden, bis Sie all Ihre Fakten beisammen hätten, auf die Sie so viele große Verallgemeinerungen gründen. Es ist ein glänzendes Beispiel für logisches Folgern und eine lange substantielle Beweisführung über so viele Seiten; die Verdichtung ist immens, zu stark vielleicht für Nichteingeweihte, jedoch eine wirkungsvolle bedeutende einleitende Darlegung, die, sogar noch bevor Ihre detaillierten Beweise erscheinen, vereinzelte nützliche Exemplifizierungen erlaubt, wie Ihre Tauben und Cirripedien, von denen Sie so hervorragend Gebrauch machen. Ich meine, dass Sie, wenn, wie ich durchaus erwarte, bald nach einer Neuauflage verlangt wird, hie und da einen wahren Fall einfügen, um die riesengroße Zahl an abstrakten Behauptungen zu verringern. Was mich anbelangt, so bin ich so sehr bereit, die angegebenen Tatsachen als erwiesen zu akzeptieren, sodass ich nicht denke, die »pieces justificatives« werden, wenn sie publiziert werden, viel ändern; und ich habe schon lange äußerst klar erkannt, dass wenn ein Zugeständnis gemacht wird, alles, was Sie auf Ihren abschließenden Seiten behaupten, wie von selbst folgen wird. Genau dies hat mich so lange zögern lassen, da ich stets das Gefühl hatte, dass der Fall vom Menschen und seinen Rassen sowie jener der anderen Tiere und jener der Pflanzen ein und derselbe ist und dass, so dem einen eine »vera causa« zugestanden wird, anstatt einer völlig unbekannten und imaginierten wie das Wort »Schöpfung«, alle Konsequenzen sich ergeben müssen. Ich fürchte, ich habe heute keine Zeit, denn ich bin im Begriff, diesen Ort zu verlassen, eine Vielzahl von Kommentaren zu machen und zu sagen, wie sehr erfreut ich über Ozeanische Inseln – Rudimentäre Organe – Embryologie – den genealogischen Schlüssel zum natürlichen System, die geographische Verbreitung war, und wenn ich damit fortführe, müsste ich die Überschriften all Ihrer Kapitel nennen. Aber ich werde ein Wort zur Zusammenfassung sagen, falls eine leichte Abänderung, oder zumindest die Auslassung von ein oder zwei Worten, darin noch möglich ist. Als Erstes kann auf S. 480 nicht mit Sicherheit behauptet werden, dass die renommiertesten Naturforscher die Ansicht der Veränderlichkeit von Arten abgelehnt haben. Sie wollen doch nicht G. Saint-Hilaire und Lamarck ignorieren. Was Letzteren angeht, mögen Sie sagen, dass Sie in Bezug auf die Tiere die natürliche Zuchtwahl in einem beträchtlichen Grade an die Stelle des Willens setzen, aber in seiner Theorie der Veränderungen von Pflanzen konnte er den Willen nicht einführen; er mag zweifelsohne ein unangemessen starkes Gewicht auf die Veränderungen der natürlichen Bedingungen gelegt haben und zu wenig auf jene der konkurrierenden Organismen. Zumindest war er für die universelle Veränderlichkeit der Arten und für eine genealogische Verbindung zwischen den ersten und den gegenwärtigen. Die Vertreter seiner Schule beriefen sich auch auf domestizierte Varietäten. Die erste Seite dieser äußerst wichtigen Zusammenfassung vermittelt dem Gegner einen Vorteil, da sie so abrupt und plump solch ein erstaunlichen Einwurf wie die Bildung »des Auges« vorbringt, nicht durch Mittel, die dem Verstand des Menschen analog sind, oder vielmehr durch eine Macht, die dem menschlichen Verstand unermesslich überlegen ist, sondern durch eine aufgepfropfte Abänderung wie jener, der sich ein Viehzüchter befleißigt. Somit wären ganze Seiten nötig, um einen derartigen Einwand darzulegen und zu entkräften. Lassen Sie Sätze weg und bringen Sie das in einer künftigen Auflage umfassender. Zwischen dem Hinwerfen solch eines Steins des Anstoßes in den Weg des Lesers und der Passage zu den Arbeitsameisen, auf Seite 460, sind noch Seiten erforderlich; und diese Ameisen sind ein Bathos für ihn, bevor er sich von dem Schreck erholt hat, dass er zu glauben aufgerufen ist, das Auge sei von einem Zustand der Blindheit oder Schwachsichtigkeit durch derartige Abänderungen, wie wir sie beobachten, zur Perfektion gebracht worden … Doch das sind Kleinigkeiten, nur kleine Flecken auf der Sonne. Ihr Vergleich der in den Wörtern beibehaltenen Buchstaben, wenn sie für die Aussprache nicht länger gebraucht werden, mit rudimentären Organen ist hervorragend, da beides wahrlich genealogisch ist. Das Fehlen nur dort heimischer Vögel auf Madeira ist eine größere Schwierigkeit, als, wie mir scheint, zugegeben wird. Ich könnte Passagen zitieren, wo Sie zeigen, dass Abänderungen durch die neuen Bedingungen neuer Kolonisten induziert sind, die es erfordern würden, dass einige Vögel Madeiras, wie jene auf den Galapagos, nur dort vorkommen. Im Falle von Madeira und Porto Santo ist reichlich Zeit gewesen ... Sie stecken Ihre Blätter in altes Manuskript, sodass die Post sie zu Recht als Briefe mit 2 Pence extra berechnet. Ich wünschte, all deren Gebühren auf Manuskript wären so viel wert. Ich zahlte 4 Shilling 6 Pence neulich für solch ein leeres Gerede aus Paris, von einem Mann, der 300 Überflutungen im Tal der Seine beweisen kann. Mit meinen herzlichsten Glückwünschen für Sie zu Ihrem großartigen Werk, glauben Sie mir, Ihnen immer herzlichst zugetan Ihr, Chas. Lyell.

Grad organischer Veränderung, welchen die in den Erdschichten abgelagerten organischen Reste an sich tragen, in aufeinanderfolgenden Formationen nicht gleich ist. Jede Formation bezeichnet nach dieser Anschauungsweise nicht einen neuen und vollständigen Akt der Schöpfung, sondern nur eine meistens ganz nach Zufall herausgerissene Szene aus einem langsam vor sich gehenden Drama. Man begreift leicht, dass eine einmal zugrunde gegangene Art nicht wieder zum Vorschein kommen kann, selbst wenn die nämlichen unorganischen und organischen Lebensbedingungen nochmals eintreten. Denn obwohl die Nachkommenschaft einer Art so hergerichtet werden kann (und gewiss in unzähligen Fällen hergerichtet worden ist), dass sie den Platz einer anderen Art im Haushalt der Natur genau ausfüllt und sie ersetzt, so können doch beide Formen, die alte und die neue, nicht identisch die nämlichen sein, weil beide gewiss von ihren verschiedenen Stammvätern auch verschiedene Charaktere mitgeerbt haben. So könnten z. B., wenn unsere Pfauentauben aussterben würden, Taubenliebhaber durch lange Zeit fortgesetzte und auf denselben Punkt gerichtete Bemühungen wohl eine neue von unserer jetzigen Pfauentaube kaum unterscheidbare Rasse zu Stande bringen. Wäre aber auch deren Urform, unsere Felstaube im Naturzustand, wo die Stammform gewöhnlich durch ihre vervollkommnete Nachkommenschaft ersetzt und vertilgt wird, zerstört worden, so müsste es doch ganz unglaubhaft erscheinen, dass ein Pfauenschwanz, mit unserer jetzigen Rasse identisch, von irgendeiner anderen Taubenart oder einer anderen guten Varietät unserer Haustauben gezogen werden könne, weil die neugebildete Pfauentaube von ihrem neuen Stammvater fast gewiss einige, wenn auch nur leichte Unterscheidungsmerkmale beibehalten würde. Artengruppen, wie es Sippen und Familien sind, folgen in ihrem Auftreten und Verschwinden denselben allgemeinen Regeln wie die einzelnen Arten selbst, indem sie mehr oder weniger schnell, in größerem oder geringerem Grad wechseln. Eine Gruppe erscheint nicht wieder, wenn sie einmal untergegangen ist; ihr Dasein ist abgeschnitten. Ich weiß wohl, dass es einige anscheinende Ausnahmen von dieser

Links: Eine Manuskriptseite von der Entstehung. Nach jahrzehntelanger Verzögerung schrieb Darwin sie dann sehr rasch nieder.

Darwins Widmungsseite in der Entstehung. Er zitierte Whewell und erinnerte damit die Kreationisten daran, dass die Natur durch feststehende Gesetze regiert wird und nicht durch eine Laune Gottes. Regel gibt; allein es sind deren so erstaunlich wenig, dass Edw. Forbes, Pictet und Woodward (obwohl dieselben alle diese von mir verteidigten Ansichten sonst bestreiten) deren Richtigkeit zugestehen, und diese Regel entspricht vollkommen meiner Theorie. Denn wenn alle Arten einer Gruppe von nur einer Stammart herkommen, dann ist es klar, dass, so lange als noch irgendeine Art der Gruppe in der langen Reihenfolge der geologischen Perioden zum Vorschein kommt, so lange auch noch Glieder derselben Gruppe in ununterbrochener Reihenfolge existiert haben müssen, um allmählich veränderte und neue oder noch die alten und unveränderten Formen hervorbringen zu können. So müssen also Arten der Sippe Lingula seit deren Erscheinen in den untersten Schichten bis zum heutigen Tage ununterbrochen vorhanden gewesen sein. Wir haben im letzten Kapitel gesehen, dass es zuweilen aussieht, als seien die Arten einer Gruppe ganz plötzlich aufgetreten, und ich habe versucht, diese Tatsache zu erklären, welche, wenn sie sich richtig verhielte, meiner Theorie verderblich sein würde. Aber derartige Fälle sind gewiss nur als Ausnahmen zu betrachten; nach der allgemeinen Regel wächst

GE OL OGISCHE AU FE IN AN DE RFO L GE O RGAN ISCHER WES EN

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die Artenzahl jeder Gruppe allmählich bis zu ihrem Maximum an und nimmt dann früher oder später wieder langsam ab. Wenn man die Artenzahl einer Sippe oder die Sippenzahl einer Familie durch eine Vertikallinie ausdrückt, welche die übereinanderfolgenden Formationen mit einer nach Maßgabe der in jeder derselben enthaltenen Artenzahl veränderlichen Dicke durchsetzt, so kann es manchmal scheinen, als beginne dieselbe unten breit, statt mit scharfer Spitze; sie nimmt dann aufwärts noch weiter an Breite zu, hält darauf zuweilen eine Zeitlang gleiche Stärke ein und läuft dann in den oberen Schichten, der Abnahme und dem Erlöschen der Arten entsprechend, allmählich spitz aus. Diese allmähliche Zunahme einer Gruppe steht mit meiner Theorie vollkommen im Einklang, da die Arten einer Sippe und die Sippen einer Familie nur langsam und allmählich an Zahl wachsen können, weil der Vorgang der Umwandlung und der Entwicklung einer Anzahl verwandter Formen nur ein langsamer sein kann, da eine Art anfänglich nur eine oder zwei Varietäten liefert, welche sich allmählich in Arten verwandeln, die ihrerseits mit gleicher Langsamkeit wieder andere Arten hervorbringen und so weiter (wie ein großer Baum sich allmählich verzweigt), bis die Gruppe groß wird. Erlöschen. – Wir haben bis jetzt nur gelegentlich von dem Verschwinden der Arten und Artengruppen gesprochen. Nach der Theorie der natürlichen Züchtung sind jedoch das Erlöschen alter und die Bildung neuer verbesserter Formen aufs Innigste miteinander verbunden. Die alte Meinung, dass von Zeit zu Zeit sämtliche Bewohner der Erde durch große Umwälzungen von der Oberfläche weggefegt worden seien, ist jetzt ziemlich allgemein und selbst von solchen Geologen, wie Elie de Beaumont, Murchison, Barrande und anderen, aufgegeben, deren allgemeinere Anschauungsweise sie auf dieselbe hinlenken müsste. Wir haben vielmehr nach den über die Tertiärformationen angestellten Studien allen Grund zur Annahme, dass Arten und Artengruppen ganz allmählich eine nach der anderen verschwinden, zuerst an einer Stelle, dann an einer anderen und endlich überall. Einzelne Arten sowohl als Artengruppen haben sehr ungleich lange Zeiten gedauert, einige Gruppen, wie wir gesehen, von der ersten Wiegenzeit des Lebens an bis zum heutigen Tag, während andere nicht einmal den Schluss der

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paläolithischen Zeit erreicht haben. Es scheint kein bestimmtes Gesetz zu geben, welches die Länge der Dauer einer Art oder Sippe bestimmt. Doch scheint Grund zur Annahme vorhanden, dass das gänzliche Erlöschen der Arten einer Gruppe gewöhnlich ein langsamerer Vorgang als selbst ihre Entstehung ist. Wenn man das Erscheinen und Verschwinden der Arten einer Gruppe ebenso wie im vorigen Fall durch eine Vertikallinie von veränderlicher Dicke ausdrückt, so pflegt sich dieselbe weit allmählicher an ihrem oberen dem Erlöschen entsprechenden als am unteren die Entwicklung darstellenden Ende zuzuspitzen. Doch ist in einigen Fällen das Erlöschen ganzer Gruppen von Wesen, wie das der Ammoniten am Ende der Sekundärzeit, wunderbar rasch vor sich gegangen. Die ganze Frage vom Erlöschen der Arten ist in das geheimnisvollste Dunkel gehüllt gewesen. Einige Schriftsteller haben sogar angenommen, dass Arten geradeso wie Individuen eine regelmäßige Lebensdauer haben. Durch das Verschwinden der Arten ist wohl niemand mehr in Verwunderung gesetzt worden, als es mit mir der Fall gewesen ist. Als ich im La-Plata-Staat einen Pferdezahn in einerlei Schicht mit Resten von Mastodon, Megatherium, Toxodon und anderen Ungeheuern zusammenliegend fand, welche sämtlich noch in später geologischer Zeit mit noch jetzt lebenden Konchylienarten zusammen gelebt haben, war ich mit Erstaunen erfüllt. Denn da die von den Spaniern in Südamerika eingeführten Pferde sich wild über das ganze Land verbreitet und zu unermesslicher Anzahl vermehrt haben, so musste ich mich bei jener Entdeckung selber fragen, was in verhältnismäßig noch so neuer Zeit das frühere Pferd unter Lebensbedingungen zu vertilgen vermocht habe, welche sich der Vervielfältigung des spanischen Pferdes so außerordentlich günstig erwiesen haben? Aber wie ganz unbegründet war mein Erstaunen! Professor Owen erkannte bald, dass der Zahn, wenn auch denen der lebenden Arten sehr ähnlich, doch von einer ganz anderen nun erloschenen Art herrühre. Wäre diese Art noch jetzt, wenn auch schon etwas selten, vorhanden, so würde sich kein Naturforscher im Mindesten über deren Seltenheit wundern, da es viele seltene Arten aller Klassen in allen Gegenden gibt. Fragen wir uns selbst, warum diese oder jene Art selten ist, so antworten wir, es müsse irgendetwas in den vorhandenen Lebensbedingungen ungünstig sein, obwohl

Flugunfähiger Kormoran (Nannopterum harrisi), Galapagosinseln.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



T. H. Huxley an Charles Darwin 23. November 1859

Mein lieber Darwin, ich habe Ihr Buch gestern beendet, eine Prüfung hat mir glücklicherweise einige freie Stunden am Stück beschert. Seit ich, vor neun Jahren, von Baers [Karl Ernst von Baer] Aufsätze las, hat kein Werk über die wissenschaftliche Naturgeschichte, das mir begegnet ist, einen so großen Eindruck auf mich gemacht, und ich danke Ihnen ganz herzlich für den großen Haufen neuer Ansichten, die Sie mir vermittelten. Nichts, so denke ich, kann besser sein als der Ton des Buches, er beeindruckt jene, die über das Thema nichts wissen. Was Ihre Lehre anbelangt, so bin ich bereit, mich wenn nötig kreuzigen zu lassen für Kapitel IX und die meisten Teile der Kapitel X, XI, XII, und Kapitel XIII enthält vieles, das höchst bewundernswert ist, doch bei ein oder zwei Punkten lege ich Einspruch ein, bis ich in alle Seiten der Frage einen tieferen Einblick habe. Was die ersten vier Kapitel betrifft, so stimme ich voll und ganz all den Grundsätzen zu, die darin dargelegt sind. Ich denke, Sie haben eine wahre Ursache für die Erzeugung von Arten aufgezeigt und das onus probandi, dass Arten nicht so entstehen, wie Sie behaupten, Ihren Gegnern hingeschoben. Aber ich habe das Gefühl, ich habe noch keineswegs vollauf den Gehalt der höchst bemerkenswerten und originellen Kapitel III, IV und V erfasst, und werde jetzt nicht mehr darüber schreiben. Die einzigen Einwände, die mir einfielen: 1. dass Sie sich eine unnötige Schwierigkeit aufgeladen haben, als Sie Natura non facit saltum so vorbehaltlos übernahmen ... und 2. ist mir nicht klar, warum es, wenn die kontinuierlichen physikalischen Bedingungen so wenig Einfluss haben, wie Sie behaupten, überhaupt zu einer Abänderung kommen sollte. Doch ich muss das Buch noch zwei oder drei Mal lesen, bevor ich wahrscheinlich herumzukritteln beginne. Ich vertraue darauf, dass Sie sich von den beträchtlichen Beschimpfungen und Fehlinterpretationen, die, wenn ich mich nicht sehr irre, auf Sie zukommen werden, in keiner Weise ärgern oder verstören lassen. Seien Sie gewiss, Sie haben sich die dauerhafte Dankbarkeit aller denkenden Menschen verdient. Und was die Köter anlangt, die bellen und aufjaulen werden, so müssen Sie daran denken, dass einige Ihrer Freunde auf jeden Fall mit viel Kampfbereitschaft ausgestattet sind, die Ihnen (auch wenn Sie dies oft und zu Recht abgelehnt haben) vielleicht sehr zustatten kommt. Ich wetze schon einmal meine Krallen und meinen Schnabel. Wenn ich meinen Brief nochmals lese, so bringt er wirklich alles, was ich von Ihnen und Ihrem noblen Buch halte, so schwach zum Ausdruck, dass ich mich fast schäme; doch Sie werden verstehen, dass ich wie der Papagei in der Geschichte »umso mehr denke«. Immer voller Hochachtung der Ihre, T.H. Huxley.

Rechts: Thomas Henry Huxley (1825–1895), Darwins Freund und großer öffentlicher Fürsprecher.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Charles Darwin an Thomas Henry Huxley 28. Dezember 1859

M ein lieber Huxley, gestern Abend, als ich die »Times« vom Vortag las, fand ich zu meinem Erstaunen eine hervorragende Abhandlung und Besprechung über mich. Wer kann der Verfasser sein? Ich bin zutiefst neugierig. Sie enthielt eine Eloge auf mich, die mich ziemlich rührte, obgleich ich nicht so eitel bin zu meinen, ich hätte sie verdient. Der Autor ist ein belesener Mann und deutscher Gelehrter. Er hat mein Buch sehr aufmerksam gelesen; aber, und das ist bemerkenswert, es scheint, er ist auch ein großer Naturforscher. Er kennt mein Rankenfüßer-Buch und schätzt es sehr. Schließlich schreibt und denkt er mit recht unüblicher Kraft und Klarheit; und was sogar noch rarer ist, sein Stil ist mit überaus angenehmem Witz gespickt. Wir haben alle herzlichst über einige der Sätze gelacht. Mich bezauberten diese unvernünftigen Sterblichen, die alles wissen und es alle für passend erachten, sich auf eine Seite zu schlagen. (Der Rezensent schlägt vor, die orthodoxe Sicht zu übergehen, nach der die Phänomene der organischen Welt »das unmittelbare Ergebnis eines schöpferischen fiat und demzufolge völlig außerhalb des Reichs der Wissenschaft sind«. Und er tut dies »mit umso geringerem Zögern, da, wie es sich erwies, jene Personen, die praktisch mit den Fakten des Falles vertraut sind (offenkundig ein erheblicher Vorteil), es stets passend erachtet haben, sich« in die Kategorie jener »zu stellen«, die die »Ansichten [vertreten], die zugegeben allein auf wissenschaftlicher Grundlage beruhen, und folglich den sich ergebenden Konsequenzen zugänglich sind«.) Wer kann das sein? Bestimmt hätte ich sagen sollen, dass es in England nur einen Mann gibt, der diesen Artikel geschrieben haben könnte, und dass SIE dieser Mann sind. Doch ich denke, ich irre mich, und es gibt da ein verborgenes Genie von großem Kaliber. Denn wie könnten Sie Jupiter Olympius beeinflussen und ihn dazu bringen, der reinen Wissenschaft dreieinhalb Spalten einzuräumen? Die alten Käuze werden denken, das ist der Weltuntergang. Wer auch immer der Mann ist, er hat jedenfalls der Sache einen großen Dienst erwiesen, einen weitaus höheren als ein Dutzend Kritiken in normalen Zeitschriften. Die großartige Art und Weise, wie er sich über die verbreiteten religiösen Vorurteile emporschwingt, und die Zulassung solcher Ansichten in der ›Times‹ halte ich für von allergrößter Bedeutung, unabhängig von der reinen Frage der Arten. Falls Sie zufällig mit dem Autor BEKANNT sind, verraten Sie mir um Himmels willen, wer er ist? Mein lieber Huxley, aufrichtigst der Ihre, C. Darwin. wir dieses Etwas nicht leicht näher zu bezeichnen wissen. Existierte das fossile Pferd noch jetzt als eine seltene Art, so würden wir in Berücksichtigung der Analogie mit allen anderen Säugetierarten und selbst mit dem sich nur langsam fortpflanzenden Elefanten und der Vermehrungsgeschichte des in Südamerika verwilderten Hauspferdes fühlen, dass jene fossile Art unter günstigeren Verhältnissen binnen wenigen Jahren im Stande gewesen sein müsse, den ganzen Kontinent zu bevölkern. Aber wir können nicht sagen,

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welche ungünstigen Bedingungen es sind, die dessen Vermehrung hindern, ob deren nur eine oder ob ihrer mehrere seien, und in welcher Lebensperiode und in welchem Grad jede derselben ungünstig wirkt. Verschlimmerten sich aber jene Bedingungen allmählich, so würden wir die Tatsache sicher nicht bemerken, obschon jene (fossile) Pferdeart gewiss immer seltener und seltener werden und zuletzt erlöschen würde; denn ihr Platz ist bereits von einem anderen siegreichen Mitbewerber eingenommen.

Man hat viele Schwierigkeiten, sich immer zu erinnern, dass die Zunahme eines jeden lebenden Wesens durch unbemerkbare schädliche Agenzien fortwährend aufgehalten wird, und dass dieselben unbemerkbaren Agenzien vollkommen genügen können, um eine fortdauernde Verminderung und endliche Vertilgung zu bewirken. Wir sehen in den neueren Tertiärbildungen viele Beispiele, dass Seltenwerden dem gänzlichen Verschwinden vorangeht, und wir wissen, dass es derselbe Fall bei denjenigen Tierarten gewesen ist, welche durch den Einfluss des Menschen örtlich oder überall von der Erde verschwunden sind. Ich will hier wiederholen, was ich im Jahr 1845 drucken ließ: Zugeben, dass Arten gewöhnlich selten werden, ehe sie erlöschen, und sich über das Seltenwerden einer Art nicht wundern, aber dann doch hoch erstaunen, wenn sie endlich zugrunde geht – heißt dasselbe, wie: Zugeben, dass bei Individuen Krankheit dem Tode vorangeht, und sich über das Erkranken eines Individuums nicht befremdet fühlen, aber sich wundern, wenn der kranke Mensch stirbt, und seinen Tod irgendeiner unbekannten Gewalt zuschreiben. Die Theorie der natürlichen Züchtung beruht auf der Annahme, dass jede neue Varietät und zuletzt jede neue Art dadurch gebildet und erhalten worden ist, dass sie irgendeinen Vorzug vor den mitbewerbenden Arten an sich habe, infolgedessen die nicht bevorteilten Arten meistens unvermeidlich erlöschen. Es verhält sich ebenso mit unseren Kulturerzeugnissen. Ist eine neue etwas vervollkommnete Varietät gebildet worden, so ersetzt sie anfangs die minder vollkommenen Varietäten in der Nachbarschaft; ist sie mehr verbessert, so breitet sie sich in Nähe und Ferne aus, wie es unsere kurzhörnigen Rinder getan haben, und nimmt die Stelle der anderen Rassen in anderen Gegenden ein. So sind die Erscheinungen neuer und das Verschwinden alter Formen, natürlicher wie künstlicher, eng miteinander verknüpft. In manchen wohl gedeihenden Gruppen ist die Anzahl der in einer gegebenen Zeit gebildeten neuen Artformen größer als die alten erloschenen; da wir aber wissen, dass gleichwohl die Artenzahl wenigstens in den letzten geologischen Perioden nicht unbeschränkt zugenommen hat, so dürfen wir annehmen, dass eben die Hervorbringung neuer Formen das Erlöschen einer ungefähr gleichen Anzahl alter veranlasst hat.

Die Mitbewerbung wird gewöhnlich, wie schon früher erklärt und durch Beispiele erläutert worden ist, zwischen denjenigen Formen am ernstesten sein, welche sich in allen Beziehungen am ähnlichsten sind. Daher werden die abgeänderten und verbesserten Nachkommen gewöhnlich die Austilgung ihrer Stammart veranlassen; und wenn viele neue Formen von irgendeiner einzelnen Art entstanden sind, so werden die nächsten Verwandten dieser Art, das heißt die mit ihr zu einer Sippe gehörenden, der Vertilgung am meisten ausgesetzt sein. Und so muss, wie ich mir vorstelle, eine Anzahl neuer von einer Stammart entsprossener Spezies, d. h. eine neue Sippe, eine alte Sippe der nämlichen Familie ersetzen. Aber es muss sich auch oft zutragen, dass eine neue Art aus dieser oder jener Gruppe den Platz einer Art aus einer anderen Gruppe einnimmt und somit deren Erlöschen veranlasst; wenn sich dann von dem siegreichen Eindringling viele verwandte Formen entwickeln, so werden auch viele diesen ihre Plätze überlassen müssen, und es werden gewöhnlich verwandte Arten sein, die infolge eines gemeinschaftlich ererbten Nachteils den anderen gegenüber unterliegen. Mögen jedoch die unterliegenden Arten zu einer oder zu verschiedenen Klassen gehören, so kann doch öfter einer oder der andere von ihnen infolge einer Befähigung zu einer etwas abweichenderen Lebensweise, oder seines abgelegenen Wohnortes wegen, eine minder strenge Mitbewerbung zu befahren haben und sich so noch längere Zeit erhalten. So überlebt z. B. nur noch eine einzige Trigonia in dem australischen Meer dieser in der Sekundärzeit zahlreich gewesenen Arten dieser Sippe, und eine geringe Zahl von Arten der einst reichen Gruppe der Ganoidenfische kommt noch in unseren Süßwassern vor. Und so ist dann das gänzliche Erlöschen einer Gruppe gewöhnlich ein langsamerer Vorgang als ihre Entwicklung. Was das anscheinend plötzliche Aussterben ganzer Familien und Ordnungen betrifft, wie das der Trilobiten am Ende der paläolithischen und der Ammoniten am Ende der mesolithischen Zeitperiode, so müssen wir uns zunächst dessen erinnern, was schon oben über die sehr langen Zwischenräume zwischen unseren verschiedenen Formationen gesagt worden ist, während welcher viele Formen langsam erloschen sein können. Wenn ferner durch plötzliche Einwanderung oder ungewöhnlich rasche

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Entwicklung viele Arten einer neuen Gruppe von einem neuen Gebiet Besitz nehmen, so können sie auch in entsprechend rascher Weise viele der alten Bewohner verdrängen; und die Formen, welche ihnen ihre Stelle überlassen, werden gewöhnlich miteinander verwandte Teilnehmer an irgendeinem ihnen gemeinsamen Nachteil der Organisation sein. So scheint mir die Weise, wie einzelne Arten und ganze Artengruppen erlöschen, gut mit der Theorie der natürlichen Züchtung übereinzustimmen. Das Erlöschen kann uns nicht wundernehmen; was uns eher wundern müsste, ist vielmehr unsere einen Augenblick lang genährte Anmaßung, die vielen verwickelten Bedingungen zu begreifen, von welchen das Dasein jeder Spezies abhängig ist. Wenn wir einen Augenblick vergessen, dass jede Art auf ungeregelte Weise zuzunehmen strebt und irgendeine wenn auch ganz selten wahrgenommene Gegenwirkung immer in Tätigkeit ist, so muss uns der ganze Haushalt der Natur allerdings sehr dunkel erscheinen. Nur wenn wir genau anzugeben wüssten, warum diese Art reicher an Individuen als jene ist, warum diese und nicht eine andere in einer angedeuteten Gegend naturalisiert werden kann, dann und nur dann hätten wir Ursache, uns zu wundern, warum wir uns von dem Erlöschen dieser oder jener einzelnen Spezies oder Artengruppe keine Rechenschaft zu geben im Stande sind. Über das fast gleichzeitige Wechseln der Lebensformen auf der ganzen Erdoberfläche. – Kaum ist irgendeine andere paläontologische Entdeckung so überraschend als die Tatsache, dass die Lebensformen einem auf fast der ganzen Erdoberfläche gleichzeitigen Wechsel unterliegen. So kann unsere europäische Kreideformation in vielen entfernten Weltgegenden und in den verschiedensten Klimaten wiedererkannt werden, wo nicht ein Stückchen Kreide selbst zu entdecken ist. So namentlich in Nord- und im tropischen Südamerika, im Feuerland, am Kap der Guten Hoffnung und auf der Ostindischen Halbinsel, weil an diesen entfernten Punkten der Erdoberfläche die organischen Reste gewisser Schichten eine unverkennbare Ähnlichkeit mit denen unserer Kreide besitzen. Nicht als ob es überall die nämlichen Arten wären; denn manche dieser Örtlichkeiten haben nicht eine Art miteinander gemein; – aber sie gehören zu einerlei Familie, Sippe, Untersippe und ähneln sich oft bis auf die gleichen

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Skulpturen der Oberfläche. Ferner fehlen andere Formen, welche in Europa nicht in, sondern über oder unter der Kreideformation vorkommen, der genannten Formation auch in jenen fernen Gegenden. In den aufeinanderfolgenden paläozoischen Formationen Russlands, Westeuropas und Nordamerikas ist ein ähnlicher Parallelismus im Auftreten der Lebensformen von mehreren Autoren wahrgenommen worden, und ebenso in dem europäischen und nordamerikanischen Tertiärgebirge nach Lyell. Selbst wenn wir die wenigen Arten ganz aus dem Auge lassen, welche die Alte und die Neue Welt miteinander gemein haben, so steht der allgemeine Parallelismus der aufeinanderfolgenden Lebensformen in den verschiedenen Stöcken der so weit auseinander gelegenen paläolithischen und tertiären Gebilde so fest, dass sich diese Formationen leicht Glied um Glied miteinander vergleichen lassen. Diese Beobachtungen jedoch beziehen sich nur auf die Meeresbewohner der verschiedenen Weltgegenden, und wir haben nicht genügende Nachweisungen um zu beurteilen, ob die Erzeugnisse des Landes und der Süßwasser an so entfernten Punkten einander gleichfalls in paralleler Weise ablösen. Man möchte daran zweifeln, ob es der Fall ist; denn wenn das Megatherium, der Mylodon und Toxodon und die Macrauchenia aus dem La-Plata-Gebiet nach Europa gebracht worden wären ohne alle Nachweisung über ihre geologische Lagerstätte, so würde wohl niemand vermutet haben, dass sie mit noch jetzt lebend vorkommenden Mollusken gleichzeitig existierten; da jedoch diese monströsen Wesen mit Mastodon und Pferd zusammengelagert sind, so lässt sich daraus wenigstens schließen, dass sie in einem der letzten Stadien der Tertiärperiode gelebt haben müssen. Wenn vorhin von dem gleichzeitigen Wechsel der Meeresbewohner auf der ganzen Erdoberfläche gesprochen worden, so handelt es sich dabei nicht um die nämlichen tausend oder hunderttausend Jahre oder auch nur um eine strenge Gleichzeitigkeit im geologischen Sinn des Wortes. Denn wenn alle Meerestiere, welche jetzt in Europa leben, und alle, welche in der pleistozänen Periode (eine, in Jahren ausgedrückt, ungeheuer entfernt liegende Periode, indem sie die Eiszeit mit in sich begreift) da gelebt haben, mit den jetzt in Südamerika oder in Australien lebenden verglichen würden, so dürfte der erfahrenste Naturforscher schwerlich zu sagen im Stande sein, ob

die jetzt lebenden oder die pleistozänen Bewohner Europas mit denen der südlichen Halbkugel näher übereinstimmen. Ebenso glauben mehrere der sachkundigsten Beobachter, dass die jetzige Lebenswelt in den Vereinigten Staaten mit derjenigen Bevölkerung näher verwandt sei, welche während einiger der letzten Stadien der Tertiärzeit in Europa existiert hat, als mit der noch jetzt da wohnenden; und wenn dies so ist, so würde man offenbar die fossilienführenden Schichten, welche jetzt an den nordamerikanischen Küsten abgelagert werden, in einer späteren Zeit eher mit etwas älteren europäischen Schichten zusammenstellen. Dem ungeachtet kann, wie ich glaube, kaum ein Zweifel sein, dass man in einer sehr fernen Zukunft doch alle neueren marinen Bildungen, namentlich die oberen pliozänen, die pleistozänen und die jetztzeitigen Schichten Europas, Nord- und Südamerikas und Australiens – weil sie Reste in gewissem Grad miteinander verwandter Organismen enthalten und weil sie nicht auch diejenigen Arten, welche allein den tieferliegenden älteren Ablagerungen angehören, in sich einschließen –, ganz richtig als gleich alt in geologischem Sinne bezeichnen würde.

Die Tatsache, dass die Lebensformen gleichzeitig miteinander, in dem obigen weiten Sinne des Wortes, selbst in entfernten Teilen der Welt wechseln, hat die vortrefflichen Beobachter de Verneuil und d’Archiac sehr betroffen gemacht. Nachdem sie über den Parallelismus der paläolithischen Lebensformen in verschiedenen Teilen von Europa berichtet, sagen sie weiter: »Wenden wir unsere Aufmerksamkeit nun nach Nordamerika, so entdecken wir dort eine Reihe analoger Tatsachen und scheint es gewiss zu sein, dass alle diese Abänderungen der Arten, ihr Erlöschen und das Auftreten neuer nicht bloßen Veränderungen in den Meeresströmungen oder anderen mehr und weniger örtlichen und vorübergehenden Ursachen zugeschrieben werden können, sondern von allgemeinen Gesetzen abhängen, welche das ganze Tierreich betreffen.« Auch Barrande hat ähnliche Wahrnehmungen gemacht und nachdrücklich hervorgehoben. Es ist in der Tat ganz ohne Nutzen, die Ursache dieser großen Veränderungen in den Lebensformen der ganzen Erdoberfläche und in den verschiedensten Klimaten im Wechsel der Seeströmungen, des Klimas oder anderer natürlicher

Modell der HMS Beagle. Darwin schlief achtern direkt unter Deck in einer Kabine mit zwei Mitbewohnern und einem Kartentisch. GE OL OGISCHE AU FE IN AN DE RFO L GE O RGAN ISCHER WES EN

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Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Charles Darwin an J.D. Hooker 14. Dezember 1859

Mein lieber Hooker, Ihr Gutheißen meines Buches ist für mich, aus vielen Gründen, eine tiefe Befriedigung, doch ein wenig muss ich das auch auf Ihre Freundlichkeit und Zuneigung schieben. Jeder mit normalen Fähigkeiten, so er über ausreichend GEDULD und sehr viel Zeit verfügte, hätte mein Buch schreiben können. Sie ahnen nicht, wie sehr ich Ihre und Lyells großzügige und selbstlose Anteilnahme schätze. Ich glaube nicht, dass einer von Ihnen beiden sich so viele Sorgen über sein eigenes Buch gemacht hätte. Mein Buch ist schon jetzt weitaus erfolgreicher, als ich es mir je hätte träumen lassen. Wir werden bald ein schöner Haufen von arbeitenden Leuten sein und, davon bin ich überzeugt, alle jungen und aufsteigenden Naturforscher auf unserer Seite haben. Es würde mich sehr interessieren zu hören, ob mein Buch irgendeine Wirkung auf Asa Grey zeigt; nach dem, was ich von Lyell hörte, nehme ich an, Ihre Korrespondenz hat ihn bereits ein Stück weit herumgebracht. Ich fürchte, es besteht keine Chance, dass es Bentham ins Wanken bringt. Wird er mein Buch lesen? Hat er ein Exemplar? Ich würde ihm eines von den nachgedruckten zukommen lassen, so er keines hat. Der alte J. E. Gray [John Edward Gray (1800–1875)] hat mich fein attackiert: »Sie haben nur die Lehre Lamarcks wiedergegeben und sonst nichts, und hierin haben Lyell und andere ihn seit zwanzig Jahren angegriffen, und da SIE (mit spöttischem Blick und Lachen) genau dasselbe sagen, kommen sie nun alle herum; das ist lächerlichster Wankelmut etc., etc.« Sie müssen sehr froh sein, sich in Ihrem Haus eingerichtet zu haben, und ich hoffe, alle Verbesserungen stellen Sie zufrieden. Nach meiner Erfahrung führen Verbesserungen nie zur Perfektion. Es tut mir sehr leid zu hören, dass Sie immer noch so sehr beschäftigt sind und so viel Arbeit haben. Und nun zum eigentlichen Grund meines Schreibens, nämlich Sie und Mrs Hooker (die ich wirklich seit ewiger Zeit nicht mehr gesehen habe) und all Ihre Kinder zu fragen und zu bitten, wenn Sie möchten, für eine Woche herzukommen. Es wäre für mich und meine Frau eine große Freude ... Soweit wir es überblicken, sind wir den ganzen Winter zu Hause; und jeder Zeitpunkt wäre uns recht; aber schieben Sie es, wenn möglich, nicht zu lange hinaus, damit es nicht vergessen wird. Denken Sie darüber nach und überreden Sie Mrs Hooker, seien Sie ein guter Mann und kommen Sie. Leben Sie wohl, mein lieber und teurer Freund, herzlichst der Ihre, C. Darwin. PS: Ich bin sehr neugierig, was Sie von meiner Besprechung der Klassifikation in Kapitel XIII halten; Ich glaube, Huxley hat bei dem Ganzen Bedenken, und er sagt, er habe seine Fahne an den Mast genagelt, und ich würde lieber sterben, als aufzugeben; sodass wir in der schönen geistigen Verfassung sind, die Sache wie zwei fromme Eiferer zu diskutieren. Die Embryologie ist mein Lieblingsstück in meinem Buch, und, zum Teufel mit meinen Freunden, nicht einer hat dazu mir gegenüber etwas angemerkt.

Links: Der loyale Joseph Hooker (1817–1911), Darwins engster Freund und wichtigster wissenschaftlicher Vertrauter.

Lebensbedingungen aufsuchen zu wollen; wir müssen uns, wie schon Barrande bemerkt, nach einem besonderen Gesetz dafür umsehen. Wir werden dies deutlicher erkennen, wenn von der gegenwärtigen Verteilung der organischen Wesen die Rede sein wird; wir werden dann finden, wie gering die Beziehungen zwischen den natürlichen Lebensbedingungen verschiedener Länder und der Natur ihrer Bewohner ist. Diese große Tatsache von der parallelen Aufeinanderfolge der Lebensformen auf der ganzen Erde ist aus der Theorie der natürlichen Züchtung erklärbar. Neue Arten entstehen aus neuen Varietäten, welche einige Vorzüge von älteren Formen an sich tragen, und diejenigen Formen, welche bereits der Zahl nach vorherrschen oder irgendeinen Vorteil vor anderen Formen voraushaben, werden natürlich am öftesten die Entstehung neuer Varietäten oder beginnender Arten veranlassen; denn diese letzten werden in noch höherem Grad siegreich gegen andere bestehen und sie überleben. Wir finden einen bestimmten Beweis dafür in den herrschenden, d. h. in ihrer Heimat gemeinsten und am weitesten verbreiteten Pflanzenarten, indem diese die größte Anzahl neuer Varietäten gebildet haben. Ebenso ist es natürlich, dass die herrschenden veränderlichen und weit verbreiteten Arten, die bis zu einem gewissen Grad bereits in die Gebiete anderer Arten eingedrungen sind, auch bessere Aussicht als andere zu noch weiterer Ausbreitung und zur Bildung fernerer Varietäten und Arten in den neuen Gegenden haben. Dieser Vorgang der Verbreitung mag oft ein sehr langsamer sein, indem er von klimatischen und geographischen Veränderungen und zufälligen Ereignissen abhängt; doch mit der Zeit wird die Verbreitung der herrschenden Formen gewöhnlich durchgreifen. Sie wird bei Landbewohnern geschiedener Kontinente wahrscheinlich langsamer vor sich gehen als bei den Organismen zusammenhängender Meere. Wir werden daher einen minder genauen Grad paralleler Aufeinanderfolge in den Land- als in den Meereserzeugnissen zu finden erwarten dürfen, wie es auch in der Tat der Fall ist. Wenn herrschende Arten sich von einer Gegend aus verbreiten, so werden sie mitunter auf noch herrschendere Arten stoßen, und dann wird ihr Siegeslauf und selbst ihre Existenz aufhören. Wir wissen durchaus nicht genau, welches alle die günstigsten Bedingungen für die Vermehrung neuer

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und herrschender Arten sind; doch das können wir, glaube ich, klar erkennen, dass eine große Anzahl von Individuen, insofern sie mehr Aussicht auf die Hervorbringung vorteilhafter Abänderungen hat, und dass eine strenge Mitbewerbung mittelst vieler schon bestehender Formen im höchsten Grade vorteilhaft sein müsse, sowie das Vermögen, sich in neue Gebiete zu verbreiten. Ein gewisser Grad von Isolierung, nach langen Zwischenzeiten zuweilen wiederkehrend, dürfte, wie früher erläutert worden ist, wohl gleichfalls förderlich sein. Ein Teil der Erdoberfläche mag für die Hervorbringung neuer und herrschender Arten des Landes und ein anderer für solche des Meeres günstiger sein. Wenn zwei große Gegenden sehr lange Zeiten hindurch zur Hervorbringung herrschender Arten in gleichem Grad geeignet gewesen sind, so wird der Kampf ihrer Einwohner miteinander, wann immer sie zusammentreffen mögen, ein langer und harter werden und werden einige von der einen und einige von der anderen Geburtsstätte aus siegreich vordringen. Aber im Lauf der Zeit werden die im höchsten Grad herrschenden Formen, auf welcher von beiden Seiten sie auch entstanden sein mögen, überall das Übergewicht erlangen. In dem Maß, als sie überwiegen, werden sie das Erlöschen anderer unvollkommenerer Formen bedingen; und da oft ganze unter sich verwandte Gruppen die gleiche Unvollkommenheit gemeinsam ererbt haben, so werden solche Gruppen sich allmählich ganz zum Erlöschen neigen, wenn auch da und dort ein einzelnes Glied sich noch eine Zeitlang durchbringen mag. So, scheint mir, stimmt die parallele und, in einem weiten Sinn genommen, gleichzeitige Aufeinanderfolge der nämlichen Lebensformen auf der ganzen Erde wohl mit dem Prinzip überein, dass neue Arten durch sich weit verbreitende und sehr veränderliche herrschende Spezies gebildet werden; die so erzeugten neuen Arten werden, infolge von Vererbung und weil sie bereits einige Vorteile über ihre Eltern und über andere Arten besitzen, selber herrschend; auch diese breiten sich nun aus, variieren und bilden wieder neue Spezies. Diejenigen Formen, welche verdrängt werden und ihre Stellen den neuen siegreichen Formen überlassen, werden gewöhnlich gruppenweise verwandt sein, weil sie irgendeine Unvollkommenheit gemeinsam ererbt haben; daher müssen in dem Maß, als sich die neuen und vollkommeneren Gruppen

Die Beagle wird zur Überholung an Land gezogen, im Hintergrund die Anden.

über die Erde verbreiten, alte Gruppen vor ihnen verschwinden. Diese Aufeinanderfolge der Formen auf beiden Wegen wird sich überall zu entsprechen geneigt sein. Noch bleibt eine Bemerkung über diesen Gegenstand zu machen übrig. Ich habe die Gründe angeführt, weshalb ich glaube, dass jede unserer großen fossilresteführenden Formationen in Perioden fortdauernder Senkung abgesetzt worden sind, dass aber diese Ablagerungen durch lange Zwischenräume getrennt gewesen sind, wo der Meeresboden stet oder in Hebung begriffen war, oder wo die Anschüttungen nicht rasch genug erfolgten, um die organischen Reste einzuhüllen und gegen Zerstörung zu bewahren. Während dieser langen leeren Zwischenzeiten nun haben nach meiner Annahme die Bewohner jeder Gegend viele Abänderungen erfahren und viel durch Erlöschen gelitten und haben große Wanderungen von einem Teil der Erde zum anderen stattgefunden. Da nun Grund zur Annahme vorhanden ist, dass weite Felder die gleichen Bewegungen durchgemacht haben, so haben gewiss auch oft genau gleichzeitige Formationen über sehr weiten Räumen einer Weltgegend abgesetzt werden können; doch sind wir hieraus nicht zu schließen berechtigt, dass dies unabänderlich der Fall gewesen oder dass weite Felder unabänderlich von gleichen Bewegungen betroffen worden sind. Sind zwei Formationen in zwei Gegenden zu beinahe, aber nicht genau, gleicher Zeit entstanden, so werden wir in beiden aus schon oben auseinandergesetzten Gründen im Allgemeinen die nämliche Aufeinanderfolge der Lebensformen erkennen; aber die Arten werden sich nicht genau entsprechen, weil sie in der einen Gegend etwas mehr und in der anderen etwas weniger Zeit gehabt haben, abzuändern, zu wandern und zu erlöschen. Ich vermute, dass Fälle dieser Art in Europa selbst vorkommen. Prestwich ist in seiner vortrefflichen Abhandlung über die Eozänschichten in England und Frankreich im Stande, einen im Allgemeinen genauen Parallelismus zwischen den aufeinanderfolgenden Stöcken beider Gegenden nachzuweisen. Obwohl sich nun bei Vergleichung gewisser Stöcke in England mit denen in Frankreich eine merkwürdige Übereinstimmung beider in den zu einerlei Sippen gehörigen Arten ergibt, so weichen doch diese Arten selber in einer bei der geringen Entfernung beider

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



7. März 1835

W

ir blieben noch drei Tage in Concepción und segelten dann nach Valparaíso. Da der Wind aus Norden kam, erreichten wir die Mündung des Hafens von Concepción erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit. Da wir dem Land sehr nahe waren und Nebel aufkam, wurde der Anker geworfen. Am 11. ankerten wir vor Valparaíso, und zwei Tage danach machte ich mich auf, die Kordilleren zu überqueren. Gebiete schwer zu erklärenden Weise voneinander ab, wenn man nicht annehmen will, dass eine Landenge zwei benachbarte Meere getrennt habe, welche von gleichzeitig verschiedenen Faunen bewohnt gewesen seien. Lyell hat ähnliche Beobachtungen über einige der späteren Tertiärformationen gemacht, und ebenso hat Barrande gezeigt, dass zwischen den aufeinanderfolgenden Silurschichten Böhmens und Skandinaviens im Allgemeinen ein genauer Parallelismus herrsche, dem ungeachtet aber eine erstaunliche Verschiedenheit zwischen den Arten bestehe. Wären aber nun die verschiedenen Formationen dieser Gegenden nicht genau während der gleichen Periode abgesetzt worden, indem etwa die Ablagerung in der einen Gegend mit einer Pause in der anderen zusammenfiele, – und hätten in beiden Gegenden die Arten sowohl während der Anhäufung der Schichten als während der langen Pausen dazwischen langsame Veränderungen erfahren, so würden die verschiedenen Formationen beider Gegenden auf gleiche Weise und in Übereinstimmung mit der allgemeinen Aufeinanderfolge der Lebensformen geordnet erscheinen und ihre Ordnung sogar genau parallel scheinen (ohne es zu sein); dem ungeachtet würden in den einzelnen einander anscheinend entsprechenden Stöcken beider Gegenden nicht alle Arten übereinstimmen. Verwandtschaft erloschener Arten unter sich und mit den lebenden Formen. – Werfen wir nun einen Blick auf die gegenseitigen Verwandtschaften erloschener und lebender Formen. Alle fallen in ein großes Natursystem,

was sich aus dem Prinzip gemeinsamer Abstammung erklärt. Je älter eine Form, desto mehr weicht sie der allgemeinen Regel zufolge von den lebenden Formen ab. Doch können, wie Buckland schon längst bemerkt hat, alle fossilen Formen in noch lebende Gruppen eingeteilt oder zwischen sie eingeschoben werden. Es ist nicht zu bestreiten, dass die erloschenen Formen weite Lücken zwischen den jetzt noch bestehenden Sippen, Familien und Ordnungen ausfüllen helfen. Denn wenn wir unsere Aufmerksamkeit entweder auf die lebenden oder auf die erloschenen Formen allein richten, so ist die Reihe viel minder vollkommen, als wenn wir beide in ein gemeinsames System zusammenfassen. Hinsichtlich der Wirbeltiere ließen sich viele Seiten mit den trefflichen Erläuterungen unseres großen Paläontologen Owen über die Verbindung lebender Tiergruppen durch fossile Formen anfüllen. Nachdem Cuvier die Wiederkäuer (Ruminanten) und die Pachydermen (Dickhäuter) als zwei der allerverschiedensten Säugetierordnungen betrachtet hat, hat Owen so viele fossile Zwischenglieder entdeckt, dass er die ganze Klassifikation dieser zwei Ordnungen zu ändern genötigt war und gewisse Pachydermen in gleiche Unterordnung mit Ruminanten versetzte. So z. B. füllt er die weite Lücke zwischen Kamel und Schwein

Südamerikanisches Gebiss.

mit kleinen Zwischenstufen aus. Was die Wirbellosen betrifft, so versichert Barrande, gewiss die erste Autorität in dieser Beziehung, wie er jeden Tag deutlicher erkenne, dass die paläolithischen Tiere, wenn sie auch in einerlei Ordnungen, Familien und Sippen mit den jetzt lebenden gehörig sind, doch noch nicht in so bestimmte Gruppen geschieden waren wie diese letzten. Einige Schriftsteller haben sich gegen die Meinung erklärt, dass eine erloschene Art oder Artengruppe zwischen lebenden Arten oder Gruppen in der Mitte stehe. Wenn damit gesagt werden sollte, dass die erloschene Form in allen ihren Charakteren genau das Mittel zwischen zwei lebenden Formen halte, so wäre die Einwendung vermutlich begründet. Aber ich erkenne, dass in einer vollkommen natürlichen Klassifikation viele fossile Arten zwischen lebenden Arten, und manche erloschene Sippen zwischen lebenden Sippen oder sogar zwischen Sippen verschiedener Familien, ihre Stellen einzunehmen haben. Der gewöhnlichste Fall zumal bei sehr ausgezeichneten Gruppen, wie Fische und Reptilien sind, scheint mir der zu sein, dass da, wo dieselben heutigen Tages z. B. durch ein Dutzend Charaktere voneinander abweichen, die alten Glieder der nämlichen zwei Gruppen in einer etwas geringeren Anzahl von Merkmalen unterschieden waren, sodass beide Gruppen vordem, wenn auch schon völlig verschieden, doch einander etwas näher standen als jetzt. Es ist eine gewöhnliche Meinung, dass eine Form je älter, umso mehr geeignet sei, mittels einiger ihrer Charaktere jetzt weit getrennte Gruppen zu verknüpfen. Diese Bemerkung muss ohne Zweifel auf solche Gruppen beschränkt werden, die im Verlauf geologischer Zeiten große Veränderungen erfahren haben, und es möchte schwer sein, die Wahrheit zu beweisen; denn hier und da wird auch noch ein lebendes Tier wie der Lepidosiren entdeckt, das mit sehr verschiedenen Gruppen zugleich verwandt ist. Wenn wir jedoch die älteren Reptilien und Batrachier (Amphibien), die alten Fische, die alten Cephalopoden (Kopffüßer) und die eozänen Säugetiere mit den neueren Gliedern derselben Klassen vergleichen, so müssen wir einige Wahrheit in der Bemerkung zugestehen. Wir wollen nun zusehen, inwiefern diese verschiedenen Tatsachen und Schlüsse mit der Theorie abändernder Nachkommenschaft übereinstimmen. Da

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der Gegenstand etwas verwickelt ist, so muss ich den Leser bitten, sich nochmals nach dem Bild in Kapitel vier umzusehen. Nehmen wir an, die nummerierten Buchstaben stellen Sippen und die von ihnen ausstrahlenden Punktreihen die dazugehörigen Arten vor. Das Bild ist insofern zu einfach, als zu wenige Sippen und Arten darauf angenommen sind; doch ist das unwesentlich für uns. Die waagerechten Linien mögen die aufeinanderfolgenden geologischen Formationen vorstellen und alle Formen unter der obersten dieser Linien als erloschene gelten. Die drei lebenden Sippen a14, q14, p14 mögen eine kleine Familie bilden; b14 und f 14 eine nahe verwandte oder eine Unterfamilie und o14, e14, m14 eine dritte Familie vertreten. Diese drei Familien mit den vielen erloschenen Sippen auf den verschiedenen von der Stammform A auslaufenden Verzweigungslinien bilden eine Ordnung; denn alle werden von ihrem alten und gemeinschaftlichen Stammvater auch etwas Gemeinsames ererbt haben. Nach dem Prinzip fortdauernder Divergenz des Charakters, zu dessen Erläuterung jenes Bild bestimmt war, muss jede Form je neuer, umso stärker von ihrem ersten Stammvater abweichen. Daraus erklärt sich eben auch die Regel, dass die ältesten fossilen am meisten von den jetzt lebenden Formen verschieden sind. Doch dürfen wir nicht glauben, dass Divergenz des Charakters eine notwendige Eigenschaft ist; sie hängt allein davon ab, ob die Nachkommen einer Art befähigt sind, viele und verschiedenartige Plätze im Haushalt der Natur einzunehmen. Daher ist es auch ganz wohl möglich, wie wir bei einigen silurischen Fossilien gesehen haben, dass eine Art bei nur geringer, nur wenig veränderten Lebensbedingungen entsprechender Modifikation fortbestehen und während langer Perioden stets dieselben allgemeinen Charaktere beibehalten kann. Dies wird in dem Bild durch den Buchstaben f 14 ausgedrückt. All die vielerlei von A abstammenden Formen, erloschene wie noch lebende, bilden nach unserer Annahme zusammen eine Ordnung, und diese Ordnung ist infolge fortwährenden Erlöschens der Formen und Divergenz der Charaktere allmählich in Familien und Unterfamilien geteilt worden, von welchen einige in früheren Perioden zugrunde gegangen sind und andere bis auf den heutigen Tag währen. Das Bild zeigt uns ferner, dass, wenn eine Anzahl der schon früher erloschenen und in die aufeinander-

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S



Aus „Die Fahrt der Beagle“

ie ist eine alte rüstige Stute mit einem Glöckchen um den Hals; wohin sie auch geht, die Maultiere folgen ihr wie brave Kinder. Die Zuneigung dieser Tiere für ihre madrina erspart unendlich Ärger. Werden mehrere große Herden zum Grasen aufs Feld geführt, dann müssen die Maultiertreiber am Morgen die madrinas nur ein Stückchen beiseite führen und mit den Glöckchen klingeln, und auch wenn es insgesamt zwei- oder dreihundert sind, erkennt doch jedes Maultier sogleich das Glöckchen seiner madrina und läuft zu ihr hin. Es ist nahezu unmöglich, ein altes Maultier zu verlieren, denn selbst wenn es mehrere Stunden lang gewaltsam festgehalten wird, spürt es vermöge des Geruchssinns gleich einem Hund seine Gefährten oder vielmehr die madrina auf, ist sie doch, dem Maultiertreiber zufolge, das wichtigste Objekt seiner Zuneigung. Dieses Gefühl jedoch ist kein individuelles, denn ich glaube, ich kann mit einigem Recht behaupten, dass jedes Tier mit einem Glöckchen als madrina dienen kann. In einer Herde trägt jedes Tier auf ebener Strecke eine Fracht, welche 416 Pfund wiegt, im Bergland dagegen hundert Pfund weniger, doch auf welch zarten schmalen Beinen ohne jede entsprechende Muskelmasse tragen diese Tiere eine so große Last! Das Maultier erscheint mir stets als ein höchst verblüffendes Tier. Dass ein Hybride mehr Verstand, Gedächtnis, Starrsinn, gesellige Zuneigung, ausdauernde Muskelkraft und Lebensdauer als jedes seiner Eltern besitzt, scheint darauf hinzudeuten, dass in diesem Falle die Kunst die Natur übertroffen hat. Von unseren zehn Tieren waren sechs zum Reiten und vier zum Lasttragen vorgesehen, und immer wurde abgewechselt. Wir führten eine erkleckliche Menge Lebensmittel mit, falls wir eingeschneit würden, da es für eine Überquerung des Portillo schon recht spät im Jahr war.

folgenden Formationen eingeschlossenen Formen an verschiedenen Stellen tief unten in der Reihe wieder entdeckt würden, die drei noch lebenden Familien auf der obersten Linie mehr unter sich verkettet scheinen

Komodo-»Drache« auf der Insel Komodo, Indonesien. Riesenwuchs bei Inselreptilien gibt es nicht nur auf Galapagos. müssten. Wären z. B. die Sippen a1, a5, a10, f 8, m3, m6, m9 wieder ausgegraben worden, so würden die drei Familien so eng miteinander verkettet erscheinen, dass man sie wahrscheinlich in eine große Familie vereinigen würde, etwa so wie es mit den Wiederkäuern und Dickhäutern geschehen ist. Wer nun gegen die Bezeichnung jener die drei lebenden Familien verbindenden Sippen als »intermediäre dem Charakter nach« Verwahrung einlegen wollte, würde in der Tat insofern recht haben, als sie nicht direkt, sondern nur auf einem durch viele sehr abweichende Formen hergestellten Umweg sich zwischen jene anderen einschieben. Wären viele erloschene Formen über einer der mittleren Horizontallinien oder Formationen, wie z. B. Nr. VI –, aber keine unterhalb dieser Linie gefunden worden, so würde man nur die zwei auf der linken Seite stehenden Familien – nämlich a14 etc. und b14 etc. – in eine große Familie vereinigen, und die zwei anderen a14–f 14 mit fünf und o14–m14 mit drei Sippen würden dann davon getrennt bleiben. Doch würden diese zwei Familien weniger voneinander verschieden erscheinen als vor Entdeckung der fossilen Reste. Wenn wir z. B. annehmen, die noch bestehenden Sippen der zwei Familien wichen in einem Dutzend Merkmale voneinander ab, so müssen die-

selben in der früheren mit VI bezeichneten Periode weniger Unterschiede gezeigt haben, weil sie auf jener Fortbildungsstufe von dem gemeinsamen Stammvater der Ordnung im Charakter noch nicht so stark wie späterhin divergierten. So geschieht es dann, dass alte und erloschene Sippen oft einigermaßen zwischen ihren abgeänderten Nachkommen oder zwischen ihren Seitenverwandten das Mittel halten. In der Natur wird der Fall weit zusammengesetzter sein, als ihn unser Bild darstellt; denn die Gruppen sind viel zahlreicher, ihre Dauer ist von außerordentlich ungleicher Länge, und die Abänderungen haben mannigfaltige Abstufungen erreicht. Da wir nur den letzten Band des geologischen Berichts mit vielfältig unterbrochenem Zusammenhang besitzen, so haben wir, einige sehr seltene Fälle ausgenommen, kein Recht, die Ausfüllung großer Lücken im Natursystem und die Verbindung getrennter Familien und Ordnungen zu erwarten. Alles, was wir hoffen dürfen, ist, diejenigen Gruppen, welche erst in der bekannten geologischen Zeit große Veränderungen erfahren, in den frühesten Formationen etwas näher aneinandergerückt zu finden, sodass die älteren Glieder in einigen ihrer Charaktere etwas weniger weit auseinandergehen als die jetzigen Glieder derselben Gruppen;

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und dies scheint nach dem einstimmigen Zeugnis unserer besten Paläontologen oft der Fall zu sein. So scheinen sich mir nach der Theorie gemeinsamer Abstammung mit fortschreitender Modifikation die wichtigsten Tatsachen hinsichtlich der wechselseitigen Verwandtschaft der erloschenen Lebensformen zu einander und zu den noch bestehenden Formen in genügender Weise zu erklären. Nach jeder anderen Betrachtungsweise sind sie völlig unerklärbar. Aus der nämlichen Theorie erhellt, dass die Fauna einer großen Periode in der Erdgeschichte in ihrem allgemeinen Charakter das Mittel halten müsse zwischen der zunächst vorangehenden und nachfolgenden. So sind die Arten, welche im sechsten großen Schichtenstock unseres Bildes vorkommen, die abgeänderten Nachkommen derjenigen, welche schon im fünften vorhanden gewesen, und sind die Eltern der noch weiter abgeänderten im siebenten; sie können daher nicht wohl anders, als nahezu das Mittel zwischen beiden halten. Wir müssen jedoch hierbei im Auge behalten das gänzliche Erlöschen einiger früherer Formen, die Einwanderung neuer Formen aus anderen Gegenden und die beträchtliche Umänderung der Formen während der langen Lücke zwischen zwei aufeinanderfolgenden Formationen. Diese Zugeständnisse berücksichtigt, muss die Fauna jeder großen geologischen Periode zweifelsohne genau das Mittel einnehmen zwischen der vorhergehenden und der folgenden. Ich brauche nur als Beispiel anzuführen, wie die Fossilreste des Devonsystems die Paläontologen zu dessen Aufstellung veranlasst haben, als sie deren mittleren Charakter zwischen denen des darunterliegenden Silur- und des darauffolgenden Steinkohlensystems erkannten. Aber nicht jede Fauna muss dieses Mittel genau einhalten, weil die zwischen aufeinanderfolgenden Formationen verflossenen Zeiträume ungleich lang sein können. Es ist kein wesentlicher Einwand gegen die Wahrheit der Behauptung, dass die Fauna jeder Periode im Ganzen genommen ungefähr das Mittel zwischen der vorigen und der folgenden Fauna halten müsse, darin zu finden, dass manche Sippen Ausnahmen von dieser Regel bilden. So stimmen z. B., wenn man Mastodonten und Elefanten nach Dr. Falconer zuerst nach ihrer gegenseitigen Verwandtschaft und

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Inkas-Brücke, Uspallata-Pass. dann nach ihrer geologischen Aufeinanderfolge in zwei Reihen ordnet, beide Reihen nicht miteinander überein. Die in ihren Charakteren am weitesten abweichenden Arten sind weder die ältesten noch die jüngsten, noch sind die von mittlerem Charakter auch von mittlerem Alter. Nehmen wir aber für einen Augenblick an, unsere Kenntnis von den Zeitpunkten des Erscheinens und Verschwindens der Arten sei in diesem und ähnlichen Fällen vollkommen genau, so haben wir doch noch kein Recht zu glauben, dass die nacheinander auftretenden Formen notwendig auch gleich lang bestehen müssen; eine sehr alte Form kann zufällig eine längere Dauer als eine irgendwo später entwickelte Form haben, was insbesondere von solchen Landbewohnern gilt, welche in ganz getrennten Bezirken zu Hause sind. Kleines mit Großem vergleichend wollen wir die Tauben als Beispiel wählen. Wenn man die lebenden und erloschenen Hauptrassen unserer Haustauben so gut als möglich nach ihren Verwandtschaften in Reihen ordnete, so würde diese Anordnungsweise nicht genau überein-

stimmen weder mit der Zeitfolge ihrer Entstehung und noch weniger mit der ihres Untergangs. Denn die stammelterliche Felstaube lebt noch, und viele Zwischenvarietäten zwischen ihr und der Botentaube sind erloschen, und Botentauben, welche in der Länge des Schnabels das Äußerste bieten, sind früher entstanden als die kurzschnäbeligen Purzler, welche das entgegengesetzte Ende der auf die Schnabellänge gegründeten Reihenfolge bilden. Mit der Behauptung, dass die organischen Reste einer mittleren Formation auch einen nahezu mittleren Charakter besitzen, steht die Tatsache, worauf alle Paläontologen bestehen, in nahem Zusammenhang, dass nämlich die fossilen aus zwei aufeinanderfolgenden Formationen viel näher als die aus entfernten miteinander verwandt sind. Pictet führt als ein wohlbekanntes Beispiel die allgemeine Ähnlichkeit der organischen Reste aus den verschiedenen Stöcken der Kreideformation an, obwohl die Arten in allen Stöcken verschieden sind. Diese Tatsache allein scheint ihrer Allgemeinheit wegen Professor Pictet in seinem festen Glauben an die Unveränderlichkeit

Aus „Die Fahrt der Beagle“



4. April 1835

Vom Rio de las Vacas nach Puente del Incas, eine

halbe Tagesreise. Da es dort Gras für die Maultiere und Geologie für mich gab, biwakierten wir die Nacht über. Wenn man von einer natürlichen Brücke hört, stellt man sich eine tiefe, enge Schlucht vor, durch die eine ordentliche Masse Gestein gefallen ist, oder einen großen Bogen, der ausgehöhlt ist wie ein Höhlengewölbe. Stattdessen besteht die Inkasbrücke aus einer Kruste geschichteten Kieses, der von den Ablagerungen der benachbarten heißen Quellen verkittet ist. Es hat den Anschein, als habe der Strom an einer Seite einen Kanal ausgeschaufelt und dabei eine überhängende Kante geschaffen, auf die Erde und Steine von dem gegenüberliegenden Abhang gefallen sind. Jedenfalls war eine schräge Verbindung, wie in einem solchen Falle üblich, auf der einen Seite sehr ausgeprägt. Die Brücke der Inkas ist die großen Monarchen, deren Namen sie trägt, keineswegs wert.

der Arten wankend gemacht zu haben. Wohlbekannt mit der Verteilungsweise der jetzt lebenden Arten über die Erdoberfläche, wagt er doch nicht eine Erklärung über die große Ähnlichkeit verschiedener Spezies in nahe aufeinanderfolgenden Formationen aus der Annahme herzuleiten, dass die physikalischen Bedingungen der alten Ländergebiete sich fast gleich geblieben seien. Erinnern wir uns, dass die Lebensformen wenigstens des Meeres auf der ganzen Erde und mithin unter den allerverschiedensten Klimaten und andere Bedingungen fast gleichzeitig gewechselt haben; – und bedenken wir, welchen unbedeutenden Einfluss die wunderbarsten klimatischen Veränderungen während der die ganze Eiszeit umschließenden Pleistozänperiode auf die spezifischen Formen der Meeresbewohner ausgeübt haben! Nach der Theorie der gemeinsamen Abstammung ist die volle Bedeutung der Tatsache klar, dass fossile Reste aus unmittelbar aufeinanderfolgenden Formationen, wenn auch als Arten verschieden, nahe miteinander verwandt sind. Da die Ablagerung jeder Formation oft unterbrochen worden ist und lange Pausen zwischen der Absetzung verschiedener Formationen stattgefunden haben, so dürfen wir, wie ich im letzten Kapitel zu zeigen versucht habe, nicht erwarten, in irgendeiner oder zwei Formationen alle Zwischenvarietäten zwischen den Arten zu finden, welche am Anfang und am Ende dieser Formationen gelebt haben; wohl aber müssten wir nach mehr oder weniger großen Zwischenräumen (sehr lang, in Jahren ausgedrückt, aber mäßig lang in geologischem Sinne) nahe verwandte Formen oder, wie manche Schriftsteller sie genannt haben, »stellvertretende Arten« finden, und diese finden wir in der Tat. Kurz, wir entdecken diejenigen Beweise einer langsamen und fast unmerkbaren Umänderung spezifischer Formen, wie wir sie zu erwarten berechtigt sind. Über die Entwicklungsstufe alter gegenüber den noch lebenden Formen. – Wir haben im vierten Kapitel gesehen, dass der Grad der Differenzierung und Spezialisierung der Teile aller organischen Wesen in ihrem reifen Alter den besten bis jetzt versuchten Maßstab zur Bemessung der Vollkommenheits- oder Höhenstufe derselben abgibt. Wir haben auch gesehen, dass, insofern Spezialisierung der Teile und Organe ein Vorteil für jedes Wesen ist, die natürliche Züchtung

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beständig streben wird, die Organisation eines jeden Wesens immer mehr zu spezialisieren und somit, in diesem Sinne genommen, vollkommener zu machen; was jedoch nicht ausschließt, dass noch immer viele Geschöpfe, für einfachere Lebensbedingungen bestimmt, auch ihre Organisation einfach und unverbessert behalten. Auch in einem anderen und allgemeineren Sinn ergibt sich, dass nach der Theorie der natürlichen Züchtung die neueren Formen höher als ihre Vorfahren streben; denn jede neue Art hat sich allmählich entwickelt, weil sie im Kampfe ums Dasein stets einen Vorzug vor anderen und älteren Formen besaß. Wenn in einem nahezu ähnlichen Klima die eozänen Bewohner einer Weltgegend zur Bewerbung mit den jetzigen Bewohnern derselben oder einer anderen Weltgegend berufen würden, so müsste die eozäne Fauna oder Flora gewiss unterliegen und vertilgt werden, wie eine sekundäre Fauna von der eozänen und eine paläolithische von der sekundären überwunden werden würde. – Der Theorie der natürlichen Züchtung gemäß müssten demnach die neuen Formen ihre höhere Stellung den alten gegenüber nicht nur durch ihren Sieg im Kampf ums Dasein, sondern auch durch eine weiter gediehene Spezialisierung der Organe bewähren. Ist dies aber wirklich der Fall? Eine große Mehrzahl der Geologen würde dies zweifelsohne bejahen. Aber mein unvollkommenes Urteil vermag ihnen, nachdem ich die Erörterungen von Lyell in dieser Beziehung gelesen und Hookers Meinung in Bezug auf die Pflanzen kennengelernt habe, nur bis zu einem beschränkten Grad beizupflichten. Dem ungeachtet dürfte der entscheidende Beweis erst noch durch spätere geologische Forschungen zu liefern sein. Die Aufgabe ist in vieler Hinsicht außerordentlich verwickelt. Der geologische Schöpfungsbericht, schon zu allen Zeiten unvollständig, reicht nach meiner Meinung nicht weit genug zurück, um mit unverkennbarer Klarheit zu zeigen, dass innerhalb der bekannten Geschichte der Erde die Organisation große Fortschritte gemacht hat. Sind doch selbst heutzutage noch die Naturforscher oft nicht einstimmig, welche Tiere einer Klasse die höheren sind. So sehen einige die Haie wegen einiger wichtigen Beziehungen ihrer Organisation zu der der Reptilien als die höchsten Fische an, während andere die Knochenfische als solche betrachten. Die Ganoiden stehen in der Mitte

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



18. März 1835

Wir brachen zum Portillo-Pass auf. Nachdem

wir Santiago verlassen hatten, durchquerten wir die weite, verbrannte Ebene, auf der die Stadt steht, und erreichten am Nachmittag den Maypu, einen der Hauptflüsse Chiles. Das Tal ist da, wo es in die ersten Kordilleren eintritt, an allen Seiten von hohen, kahlen Bergen umschlossen, und obwohl nicht breit, ist es doch sehr fruchtbar. Zahlreiche Häuschen waren von Weinstöcken und Gärten mit Apfel-, Nektarinen- und Pfirsichbäumen umgeben. Am Abend passierten wir das Zollhaus, wo man unser Gepäck durchsuchte. Die Grenze Chiles ist von den Kordilleren besser bewacht als von den Wassern des Meeres. Es gibt sehr wenige Täler, die bis zu den zentralen Ketten reichen, und an den anderen Stellen sind die Berge für Lasttiere völlig unpassierbar. Die Zollbeamten sind sehr höflich, was sich teilweise vielleicht dem Pass verdankte, den mir der Präsident der Republik ausgehändigt hatte, doch muss ich meine Bewunderung über die natürliche Höflichkeit nahezu jedes Chileno zum Ausdruck bringen. In diesem Falle war der Kontrast zur selben Menschenschicht in den meisten anderen Ländern stark ausgeprägt. Ich darf eine Anekdote erwähnen, welche mir damals sehr gefiel: Nahe Mendoza trafen wir auf eine kleine und sehr dicke Negerin, die rittlings auf einem Maultier ritt. Sie hatte einen solch gewaltigen Kropf, dass man kaum umhinkonnte, sie einen Augenblick anzustarren, doch meine beiden Begleiter entboten ihr, als Entschuldigung, fast auf der Stelle den üblichen Landesgruß, indem sie den Hut lüfteten. Wo in Europa hätte einer aus der niederen oder höheren Schicht eine so mitfühlende Höflichkeit einem armen und elenden Ding aus einer erniedrigten Rasse bezeigt?

zwischen den Haien und Knochenfischen. Heutzutage sind diese letzten an Zahl weit vorwaltend, während es vordem nur Haie und Ganoiden gegeben hat; und in diesem Fall wird man sagen, die Fische seien in

Chilenos. ihrer Organisation vorwärts geschritten oder zurückgegangen, je nachdem man sie mit einem anderen Maßstab misst. Aber es ist ein hoffnungsloser Versuch, die Höhe von Gliedern ganz verschiedener Typen gegeneinander abzumessen. Wer vermöchte zu sagen, ob ein Tintenfisch (Sepia) höher als die Biene stehe: als dieses Insekt, von dem der große Naturforscher v. Baer sagt, dass es in der Tat höher als ein Fisch organisiert sei, wenn auch nach einem anderen Typus. In dem verwickelten Kampf ums Dasein ist es ganz glaublich, dass solche Kruster z. B., welche in ihrer eigenen Klasse nicht sehr hoch stehen, die Cephalopoden oder vollkommensten Weichtiere überwinden würden; und diese Kruster, obwohl nicht hoch entwickelt, müssen doch sehr hoch auf der Stufenleiter der wirbellosen Tiere stehen, wenn man nach dem entscheidendsten aller Kriterien, dem Gesetz des Wettkampfes ums Dasein urteilt.

Abgesehen von der Schwierigkeit, die es an und für sich hat zu entscheiden, welche Formen der Organisation nach die höchsten sind, haben wir nicht allein die höchsten Glieder einer Klasse in zwei verschiedenen Perioden (obwohl dies gewiss eines der wichtigsten oder vielleicht das wichtigste Element bei der Abwägung ist), sondern wir haben alle Glieder, hoch und nieder, miteinander zu vergleichen. In alter Zeit wimmelte es von vollkommensten sowohl als unvollkommensten Weichtieren, von Cephalopoden und Brachiopoden nämlich; während heutzutage diese beiden Ordnungen sehr zurückgegangen und die zwischen ihnen in der Mitte stehenden Klassen mächtig angewachsen sind. Demgemäß haben einige Naturforscher geschlossen, dass die Mollusken vordem höher entwickelt gewesen sind als jetzt; während andere sich auf die gegenwärtige beträchtliche Verminderung der unvollkommensten Mollusken umso mehr beriefen, als auch die noch vorhandenen Cephalopoden, obgleich weniger an Zahl, doch höher als ihre alten Stellvertreter organisiert seien. Wir müssen daher die Proportionalzahlen der oberen und der unteren Klassen der Bevölkerung der Erde in zwei verschiedenen Perioden miteinander vergleichen. Wenn es z. B. jetzt 50 000 Arten Wirbeltiere gäbe und wir dürften deren Anzahl in irgendeiner früheren Periode nur auf 10 000 schätzen, so müssten wir diese Zunahme der obersten Klassen, welche zugleich eine große Verdrängung tieferer Formen aus ihrer Stelle bedingte, als einen entschiedenen Fortschritt in der organischen Bildung betrachten, gleichviel ob es die höheren oder die tieferen Wirbeltiere wären, welche dabei sehr zugenommen hätten. Man ersieht hieraus, wie gering allem Anschein nach die Hoffnung ist, unter so äußerst verwickelten Beziehungen jemals in vollkommen richtiger Weise die relative Organisationsstufe unvollkommen bekannter Faunen nacheinander folgender Perioden in der Erdgeschichte zu beurteilen. Von einem anderen wichtigen Gesichtspunkt aus werden wir diese Schwierigkeit umso richtiger würdigen, wenn wir gewisse jetzt vorhandene Faunen und Floren ins Auge fassen. Nach der ganz außergewöhnlichen Art zu schließen, wie sich in neuerer Zeit aus Europa eingeführte Erzeugnisse über Neuseeland verbreitet und Plätze eingenommen haben, welche doch schon vorher besetzt gewesen, würde sich wohl, wenn man alle Pflanzen und Tiere Großbritanniens

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dort frei aussetzte, eine Menge britischer Formen mit der Zeit vollständig daselbst naturalisieren und viele der eingeborenen vertilgen. Dagegen dürfte das, was wir jetzt in Neuseeland sich zutragen sehen, und die Tatsache, dass noch kaum ein Bewohner der südlichen Hemisphäre in irgendeinem Teil Europas verwildert ist, uns zu zweifeln veranlassen, ob, wenn alle Naturerzeugnisse Neuseelands in Großbritannien frei ausgesetzt würden, eine etwas größere Anzahl derselben vermögend wäre, sich jetzt von eingeborenen Pflanzen und Tieren schon besetzte Stellen zu erobern. Von diesem Gesichtspunkt aus kann man sagen, dass die Produkte Großbritanniens höher als die neuseeländischen stehen. Und doch hätte der tüchtigste Naturforscher nach der sorgfältigsten Untersuchung der Arten beider Gegenden dieses Resultat nicht voraussehen können. Agassiz hebt hervor, dass die alten Tiere in gewissen Beziehungen den Embryonen neuer Tiere derselben Klasse gleichen oder dass die geologische Aufeinanderfolge erloschener Formen gewissermaßen der embryonischen Entwicklung neuer Formen parallel läuft. Ich muss jedoch Pictets und Huxleys Meinung beipflichten, dass diese Lehre von Ferne nicht erwiesen ist. Doch bin ich ganz der Erwartung, sie sich später wenigstens hinsichtlich solcher untergeordneter Gruppen bestätigen zu sehen, die sich erst in neuerer Zeit voneinander abgezweigt haben. Denn diese Lehre von Agassiz stimmt wohl mit der Theorie der natürlichen Züchtung überein. In einem späteren Kapitel werde ich zu zeigen versuchen, dass die Alten von ihren Embryonen infolge von Abänderungen abweichen, welche nicht in der frühesten Jugend erfolgen und auch erst auf ein entsprechendes späteres Alter vererbt werden. Während dieser Prozess den Embryo fast unverändert lässt, häuft er im Laufe aufeinanderfolgender Generationen immer mehr Verschiedenheit im Alten zusammen. So erscheint der Embryo gleichsam wie ein von der Natur aufbewahrtes Porträt des früheren und noch nicht sehr modifizierten Zustands eines jeden Tieres. Diese Ansicht mag wahr sein, ist jedoch nie eines vollkommenen Beweises fähig. Denn fänden wir auch, dass z. B. die ältesten bekannten Formen der Säugetiere, der Reptilien und der Fische zwar genau diesen Klassen entsprächen, aber doch einander etwas näher stünden als die jetzigen typischen Vertreter

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dieser Klassen, so würden wir uns doch so lange vergebens nach Tieren umsehen, welche noch den gemeinsamen Embryocharakter der Vertebraten an sich trügen, als wir nicht fossilienführende Schichten noch tief unter den silurischen entdeckten, wozu in der Tat sehr wenig Aussicht vorhanden ist. Aufeinanderfolge derselben Typen innerhalb gleicher Gebiete während der späteren Tertiärperioden. – Clift hat vor vielen Jahren gezeigt, dass die fossilen Säugetiere aus den Knochenhöhlen Neuhollands sehr nahe mit den noch jetzt dort lebenden Beuteltieren verwandt gewesen sind. In Südamerika hat sich eine ähnliche Beziehung selbst für das ungeübte Auge ergeben in den gürteltierähnlichen Panzerstücken von riesiger Größe, welche in verschiedenen Teilen von La Plata gefunden worden sind; und Professor Owen hat aufs Triftigste bewiesen, dass die meisten der dort so zahlreich fossil gefundenen Tiere südamerikanischen Typen angehören. Diese Beziehung ist noch deutlicher in den wundervollen Sammlungen fossiler Knochen zu erkennen, welche Lund und Clausen aus den brasilianischen Höhlen mitgebracht haben. Diese Tatsachen machten einen solchen Eindruck auf mich, dass ich in den Jahren 1839 und 1845 dieses »Gesetz der Sukzession gleicher Typen«, diese »wunderbare Beziehung zwischen dem Toten und Lebenden in einerlei Kontinent« sehr nachdrücklich hervorhob. Professor Owen hat später dieselbe Verallgemeinerung auch auf die Säugetiere der Alten Welt ausgedehnt. Wir finden dasselbe Gesetz wieder in den von ihm restaurierten Riesenvögeln Neuseelands. Wir sehen es auch in den Vögeln der brasilianischen Höhlen. Woodward hat gezeigt, dass dasselbe Gesetz auch auf die Seekonchylien anwendbar ist, obwohl er es der weiten Verbreitung der meisten Mollusken-Sippen wegen nicht gut entwickelt hat. Es ließen sich noch andere Beispiele anführen, wie die Beziehungen zwischen den erloschenen und lebenden Landschnecken auf Madeira und zwischen den alten und jetzigen Brackwasserkonchylien des Aral-Kaspischen Meeres. Doch was bedeutet dieses merkwürdige Gesetz der Aufeinanderfolge gleicher Typen in gleichen Ländergebieten? Vergleicht man das jetzige Klima Neuhollands und der unter gleicher Breite damit gelegenen Teile Südamerikas miteinander, so würde es als ein törichtes Unternehmen erscheinen, einerseits aus

Tuatara im Nga-Manu-Naturschutzgebiet, Neuseeland. der Unähnlichkeit der natürlichen Bedingungen die Unähnlichkeit der Bewohner dieser zwei Kontinente und andererseits aus der Ähnlichkeit der Verhältnisse das Gleichbleiben der Typen in jedem derselben während der späteren Tertiärperioden erklären zu wollen. Auch lässt sich nicht behaupten, dass einem unveränderlichen Gesetz zufolge Beuteltiere hauptsächlich oder allein nur in Neuholland oder Edentaten (Zahnarme) und andere der jetzigen amerikanischen Typen nur in Amerika hervorgebracht werden können. Denn es ist bekannt, dass Europa in alten Zeiten von zahlreichen Beuteltieren bevölkert war, und ich habe in den oben angeführten Schriften gezeigt, dass in Amerika das Verbreitungsgesetz für die Landsäugetiere früher ein anderes war als es jetzt ist. Nordamerika beteiligte sich früher sehr an dem jetzigen Charakter der südlichen Hälfte des Kontinents, und die südliche Hälfte war früher mehr als jetzt mit der nördlichen verwandt. Durch Falconers und Cautleys Entdeckungen wissen wir, dass Nordindien hinsichtlich seiner Säugetiere früher in näherer Beziehung als jetzt mit Afrika stand. Analoge Tatsachen ließen sich auch von der Verbreitung der Seetiere mitteilen. Nach der Theorie gemeinsamer Abstammung mit fortschreitender Abänderung erklärt sich das große Gesetz langwährender, aber nicht unveränderlicher Aufeinanderfolge gleicher Typen auf einem und

demselben Felde unmittelbar. Denn die Bewohner eines jeden Teils der Welt werden offenbar streben, in diesem Teil während der nächsten Zeitperiode nahe verwandte, doch etwas abgeänderte Nachkommen zu hinterlassen. Sind die Bewohner eines Kontinents früher von denen eines anderen Festlands sehr verschieden gewesen, so werden ihre abgeänderten Nachkommen auch jetzt noch in fast gleicher Art und Stufe voneinander abweichen. Aber nach sehr langen Zeiträumen und sehr große Wechselwanderungen gestattenden geographischen Veränderungen werden die schwächeren den herrschenden Formen weichen, und so ist nichts unveränderlich in Verbreitungsgesetzen früherer und jetziger Zeit. Vielleicht fragt man mich im Spott, ob ich glaube, dass das Megatherium und die anderen ihm verwandten Ungetüme in Südamerika das Faultier, das Gürteltier und die Ameisenfresser als abgeänderte Nachkommen hinterlassen haben. Dies kann man keinen Augenblick zugeben. Jene großen Tiere sind völlig erloschen, ohne eine Nachkommenschaft zu hinterlassen. Aber in den Höhlen Brasiliens sind viele ausgestorbene Arten, in Größe und anderen Merkmalen nahe verwandt mit den noch jetzt in Südamerika lebenden Spezies, und einige der fossilen mögen wirklich die Erzeuger noch jetzt dort lebender Arten sein. Man darf nicht vergessen, dass nach meiner Theorie alle Arten einer Sippe von

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einer und der nämlichen Spezies abstammen, sodass, wenn von sechs Sippen jede acht Arten in einerlei geologischer Formation enthält und in der nächstfolgenden Formation wieder sechs andere verwandte oder stellvertretende Sippen mit gleicher Artenzahl vorkommen, wir dann schließen dürfen, dass nur eine Art von jeder der sechs älteren Sippen modifizierte Nachkommen hinterlassen habe, welche die sechs neueren Sippen bildeten. Die anderen sieben Arten der alten Genera sind alle ausgestorben, ohne Erben zu hinterlassen. Doch möchte es wohl weit öfter vorkommen, dass zwei oder drei Arten von nur zwei oder drei der alten Sippen die Eltern der sechs neuen Genera gewesen und die anderen alten Arten und sämtliche übrigen alten Sippen gänzlich erloschen sind. In untergehenden Ordnungen mit abnehmender Sippen- und Artenzahl, wie es offenbar die Edentaten Südamerikas sind, werden weniger Genera und Spezies abgeänderte Nachkommen in gerader Linie hinterlassen. Zusammenstellung des vorigen und jetzigen Kapitels. – Ich habe zu zeigen gesucht, dass die geologische Schöpfungsurkunde äußerst unvollkommen ist; dass erst nur ein kleiner Teil der Erdoberfläche sorgfältig untersucht worden ist; dass nur gewisse Klassen organischer Wesen zahlreich in fossilem Zustande erhalten sind; dass die Anzahl der in unseren Museen aufbewahrten Individuen und Arten gar nichts bedeutet im Vergleich mit der unberechenbaren Zahl von Generationen, die nur während einer Formationszeit aufeinandergefolgt sein müssen; dass ungeheure Zeiträume zwischen je zwei aufeinanderfolgenden Generationen verflossen sein müssen, weil fossilienführende Formationen hinreichend mächtig, um künftiger Zerstörung zu widerstehen, sich nur während Senkungsperioden ablagern können; dass mithin wahrscheinlich während der Senkungszeiten mehr Aussterben und während der Hebungszeiten mehr Abändern organischer Formen stattgefunden hat; dass der Schöpfungsbericht aus diesen letzten Perioden am unvollkommensten erhalten ist; dass jede einzelne Formation nicht in ununterbrochenem Zusammenhang abgelagert worden ist; dass die Dauer jeder Formation vielleicht kurz ist im Vergleich zur mittleren Dauer der Artenformen; dass Einwanderungen einen großen Anteil am ersten Auftreten neuer Formen in der Formation einer

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Gegend gehabt haben; dass die am weitesten verbreiteten Arten auch am meisten variiert und am öftesten Veranlassung zur Entstehung neuer Arten gegeben haben; und dass Varietäten anfangs oft nur örtlich gewesen sind. Alle diese Ursachen zusammengenommen müssen die geologische Urkunde äußerst unvollständig machen und können es großenteils erklären, warum wir keine endlosen Varietätenreihen die erloschenen und lebenden Formen in den feinsten Abstufungen miteinander verketten sehen. Wer diese Ansichten von der Beschaffenheit des geologischen Berichts verwerfen will, muss auch meine ganze Theorie verwerfen. Denn vergebens wird er dann fragen, wo die zahllosen Übergangsglieder geblieben sind, welche die nächst verwandten oder stellvertretenden Arten einst miteinander verkettet haben müssen, die man in den verschiedenen Stöcken einer großen Formation übereinander findet. Er wird nicht an die unermesslichen Zwischenzeiten glauben, welche zwischen unseren aufeinanderfolgenden Formationen verflossen sind; er wird übersehen, welchen wesentlichen Anteil die Wanderungen seit dem ersten Erscheinen der Organismen in den Formationen einer großen Weltgegend wie Europa für sich allein betrachtet gehabt haben; er wird sich auf das anscheinend, aber oft nur anscheinend, plötzliche Auftreten ganzer Artengruppen berufen. Wenn er fragen sollte, wo denn die Reste jener unendlich zahlreichen Organismen geblieben sind, welche lange vor der Bildung der ältesten Silurschichten abgelagert worden sein müssen, so kann ich nur hypothetisch darauf antworten, dass, so viel noch zu sehen, unsere Ozeane sich schon seit unermesslichen Zeiträumen an ihren jetzigen Stellen befunden haben, und dass da, wo unsere Kontinente jetzt stehen, sie sicher seit der Silurzeit gestanden sind; dass aber die Erdoberfläche lange vor dieser Periode ein ganz anderes Aussehen gehabt haben dürfte, und dass die alten Kontinente aus Formationen noch viel älter als die silurische bestehend sich bereits alle in metamorphischem Zustande befinden oder tief unter den Ozean versenkt liegen. Doch sehen wir von diesen Schwierigkeiten ab, so scheinen mir alle anderen großen und leitenden Tatsachen in der Paläontologie einfach aus der Theorie der Abstammung von gemeinsamen Ureltern mit fortschreitender Abänderung durch natürliche Züchtung zu folgen. Es erklärt sich daraus, warum

neue Arten nur langsam nacheinander auftreten; warum Arten verschiedener Klassen nicht notwendig in gleichem Verhältnis oder gleichem Grad miteinander wechseln, sondern alle nur im Verlauf langer Perioden Veränderungen unterliegen. Das Erlöschen alter Formen ist die unvermeidlichste Folge vom Entstehen neuer. Es erklärt sich, warum eine Spezies, wenn einmal verschwunden, nie wieder erscheint. Artengruppen (Sippen usw.) wachsen nur langsam an Zahl und dauern ungleich lange Perioden aus; denn der Prozess der Abänderung ist notwendig ein langsamer und von vielerlei verwickelten Zufällen abhängig. Die herrschenden Arten der größeren herrschenden Gruppen streben, viele abgeänderte Nachkommen zu hinterlassen, und so werden wieder neue Untergruppen und Gruppen gebildet. Im Verhältnis, als diese entstehen, neigen sich die Arten minder kräftiger Gruppen infolge ihrer gemeinsam ererbten Unvollkommenheit dem gemeinsamen Erlöschen zu, ohne irgendwo auf der Erdoberfläche eine abgeänderte Nachkommenschaft zu hinterlassen. Aber das gänzliche Erlöschen einer ganzen Artengruppe mag oft ein sehr langsamer Prozess sein, wenn einzelne Arten in geschützten oder abgeschlossenen Standorten kümmernd noch eine Zeitlang fortleben können. Ist eine Gruppe einmal untergegangen, so kann sie nie wieder erscheinen, weil ein Glied aus der Generationenreihe zerbrochen ist. So ist es begreiflich, dass die Ausbreitung herrschender Lebensformen, welche eben am öftesten variieren, mit der Länge der Zeit die Erde mit nahe verwandten, jedoch modifizierten Formen bevölkern, denen es sodann gewöhnlich gelingt, die Plätze jener Artengruppen einzunehmen, welche ihnen im Kampf ums Dasein unterliegen. Daher wird es denn nach langen Zwischenzeiten aussehen, als hätten die Bewohner der Erdoberfläche überall gleichzeitig gewechselt. So ist es ferner begreiflich, woher es kommt, dass die alten und neuen Lebensformen ein großes System miteinander bilden, da sie alle durch Zeugung miteinander verbunden sind. Es ist aus der fortgesetzten Neigung zur Divergenz des Charakters begreiflich, warum die fossilen Formen umso mehr von den jetzt lebenden abweichen, je älter sie sind; warum alte und erloschene Formen oft Lücken zwischen lebenden auszufüllen geeignet sind und zuweilen zwei Gruppen miteinander vereinigen, welche zuvor getrennt aufge-

stellt worden waren, obwohl sie solche in der Regel einander nur etwas näher rücken. Je älter eine Form ist, umso öfter scheint sie Charaktere zu entwickeln, welche zwischen jetzt getrennten Gruppen mehr und weniger das Mittel halten; denn je älter eine Form ist, desto näher verwandt und mithin ähnlicher wird sie dem gemeinsamen Stammvater solcher Gruppen sein, welche seither weit auseinandergegangen sind. Erloschene Formen halten selten genau das Mittel zwischen lebenden, sondern stehen in deren Mitte nur infolge einer weitläufigen Verkettung durch viele erloschene und abweichende Formen. Wir ersehen deutlich, warum die organischen Reste dicht aufeinanderfolgender Formationen einander ähnlicher sein müssen als die weit voneinander entfernten; denn jene Formen stehen in näherer Blutsverwandtschaft als diese miteinander. Wir vermögen endlich einzusehen, warum die organischen Reste mittlerer Formationen auch das Mittel in ihren Charakteren halten. Die Erdbewohner einer jeden späteren Periode haben die früheren im Kampf ums Dasein besiegt und müssen insofern auf einer höheren Vollkommenheitsstufe als diese stehen, und es mag sich aus dem unbestimmten und missdeuteten Gefühl davon erklären, dass viele Paläontologen an einen Fortschritt der Organisation im Ganzen glauben. Sollte sich später ergeben, dass alte Tierformen in gewissem Grad den Embryonen neuer aus der nämlichen Klasse gleichen, so würde auch dies zu begreifen sein. Die Aufeinanderfolge gleicher Organisationstypen auf gleichem Gebiet während der letzten geologischen Perioden hört auf, geheimnisvoll zu sein, und ist eine einfache Folge der Vererbung. Wenn daher die geologische Schöpfungsurkunde so unvollständig ist, als ich es glaube (und es lässt sich wenigstens behaupten, dass das Gegenteil nicht erweisbar ist), so werden sich die Haupteinwände gegen die Theorie der natürlichen Züchtung in hohem Grad vermindern oder gänzlich verschwinden. Dagegen scheinen mir die Hauptgesetze der Paläontologie deutlich zu beweisen, dass die Arten durch gewöhnliche Zeugung entstanden sind. Frühere Lebensformen sind durch die noch fortwährend um uns her tätigen Variationsgesetze entstandene und durch natürliche Züchtung erhaltene vollkommenere Formen ersetzt worden.

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Elftes Kapitel



Geographische Verbreitung

Die gegenwärtige Verbreitung der Organismen lässt sich nicht aus den natürlichen Lebensbedingungen erklären – Wichtigkeit der Verbreitungsschranken – Verwandtschaft der Erzeugnisse eines nämlichen Kontinentes – Schöpfungsmittelpunkte – Ursachen der Verbreitung sind Wechsel des Klimas, Schwankungen der Bodenhöhe und mitunter zufällige – Die Zerstreuung während der Eisperiode über die ganze Erdoberfläche erstreckt.

B

ei Betrachtung der Verbreitungsweise der organischen Wesen über die Erdoberfläche besteht die erste

wichtige Tatsache, welche uns in die Augen fällt, darin, dass weder die Ähnlichkeit noch die Unähnlichkeit der Bewohner verschiedener Gegenden aus klimatischen u. a. physikalischen Bedingungen erklärbar ist. Alle, welche diesen Gegenstand studiert haben, sind endlich zu dem nämlichen Ergebnis gelangt. Das Beispiel Amerikas würde schon allein genügen, dies zu beweisen. Denn alle Autoren stimmen darin überein, dass, mit Ausschluss des nördlichen um den Pol her ziemlich zusammenhängenden Teiles, die Trennung der Alten von der Neuen Welt eine der ersten Grundlagen der geographischen Verteilung der Organismen bildet. Wenn wir aber den weiten amerikanischen Kontinent von den mittleren Teilen der Vereinigten Staaten an bis zu seinem südlichsten Punkt durchwandern, so begegnen wir den allerverschiedenartigsten Lebensbedingungen, den feuchtesten Strichen und den trockensten Wüsten, hohen Gebirgen und grasigen Ebenen, Wäldern und Marschen, Seen und Strömen mit fast jeder Temperatur. Es gibt kaum ein Klima oder eine Bedingung in der Alten Welt, wozu sich nicht eine Parallele in der Neuen fände, so ähnlich wenigstens, als dies zum Fortkommen der nämlichen Arten erforderlich wäre; denn es ist ein äußerst seltener Fall, irgendeine Organismengruppe auf einen kleinen Fleck mit etwas eigentümlichen Lebensbedingungen beschränkt zu finden. So z. B. gibt es in der Alten Welt wohl einige kleine Stellen, heißer als irgendwelche in der neuen; und doch haben diese keine eigentümliche Fauna oder Flora. Aber ungeachtet dieses Parallelismus in den Lebensbedingungen der Alten und der Neuen Welt, wie weit sind ihre lebenden Bewohner verschieden!

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Wenn wir in der südlichen Halbkugel große Landstriche in Australien, Südafrika und Westsüdamerika zwischen 25°–35° S. Br. miteinander vergleichen, so werden wir manche in allen ihren natürlichen Verhältnissen einander äußerst ähnliche Teile finden, und doch würde es nicht möglich sein, drei einander unähnlichere Faunen und Floren ausfindig zu machen. Oder wenn wir die Naturprodukte Südamerikas im Süden vom 35° Br. und im Norden vom 25° Br. miteinander vergleichen, die mithin ein sehr verschiedenes Klima bewohnen, so zeigen sich dieselben einander weit näher verwandt, als die in Australien und Afrika in fast einerlei Klima lebenden sind. Und analoge Tatsachen lassen sich auch in Bezug auf die Meerestiere nachweisen. Als zweite allgemeine Tatsache fällt uns auf, dass Schranken verschiedener Art oder Hindernisse freier Wanderung mit den Verschiedenheiten zwischen

Die erste amerikanische Ausgabe erschien 1860.

Bevölkerungen verschiedener Gegenden in engem und wesentlichem Zusammenhang stehen. So die große Verschiedenheit fast aller Landbewohner der Alten und der Neuen Welt mit Ausnahme der nördlichen Teile, wo sich beide nahezu berühren und vordem bei einem nur wenig abweichenden Klima die Wanderungen der Bewohner der nördlichen gemäßigten Zone in ähnlicher Weise möglich gewesen sein dürften, wie sie noch jetzt von Seiten der arktischen Bevölkerung stattfinden. Wir erkennen dieselbe Tatsache in der großen Verschiedenheit zwischen den Bewohnern von Australien, Afrika und Südamerika wieder; denn diese Gegenden sind fast so vollständig voneinander geschieden, als es nur immer möglich ist. Auch auf jedem Festland sehen wir die nämliche Erscheinung; denn auf den entgegengesetzten Seiten hoher und zusammenhängender Gebirgsketten, großer Wüsten und mitunter sogar nur großer Ströme finden wir verschiedene Erzeugnisse. Da jedoch Gebirgsketten, Wüsten usw. nicht ganz unüberschreitbar sind oder noch nicht so lange als die zwischen den Festländern gelegenen Weltmeere bestehen, so sind diese Verschiedenheiten dem Grad nach viel kleiner als die in verschiedenen Kontinenten. Wenden wir uns nach dem Meer, so finden wir das nämliche Gesetz. Keine anderen zwei Meeresfaunen sind so verschieden voneinander als die an den östlichen und den westlichen Küsten Süd- und Mittelamerikas. Da ist fast kein Fisch, keine Schnecke, keine Krabbe gemeinsam. Und doch sind diese großen Faunen nur durch die schmale Landenge von Panama voneinander getrennt. Westwärts von den amerikanischen Gestaden erstreckt sich ein weiter und offener Ozean mit nicht einer Insel zum Ruheplatz für Auswanderer; hier haben wir eine Schranke anderer Art, und sobald diese überschritten ist, treffen wir auf den östlichen Inseln des Stillen Meeres auf eine neue und ganz verschiedene Fauna. Es erstrecken sich also drei Meeresfaunen nicht weit voneinander in parallelen Linien weit nach Norden und Süden in sich entsprechenden Klimaten. Da sie aber durch unübersteigliche Schranken von Land oder offenem Meer voneinander getrennt sind, so bleiben sie völlig voneinander verschieden. Gehen wir aber von den östlichen Inseln im tropischen Teil des Stillen Meeres noch weiter nach Westen, GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



A. Sedgwick (Reverend Adam Sedgwick, 1785–1873, Woodwardian Professor der Geologie an der Universität Cambridge) an Charles Darwin 24. Dezember 1859

Mein lieber Darwin, ich schreibe, um Ihnen für Ihr Werk über die ›Entstehung der Arten‹ zu danken. Es kam, denke ich, Ende letzter Woche; doch es KANN auch einige Tage früher gekommen und unter meinen Buchpaketen übersehen worden sein, die oftmals ungeöffnet bleiben, wenn ich faul oder mit einer Arbeit beschäftigt bin. Sobald ich es öffnete, begann ich es zu lesen, und ich beendete es, nach vielen Unterbrechungen, am Dienstag. Gestern war ich damit beschäftigt – 1. meine Vorlesung vorzubereiten; 2. eine Sitzung meiner Mit-Fellows zu besuchen, um die letzten Vorschläge der parlamentarischen Kommissare zu diskutieren; 3. die Vorlesung zu halten; 4. den Schluss der Besprechung und die College-Antwort zu hören, wobei wir, in Übereinstimmung mit meinen eigenen Wünschen, den Plan der Kommissare annahmen; 5. mit einem alten Freund vom Clare College zu Abend zu essen; 6. das wöchentliche Treffen des Ray Clubs zu besuchen, von dem ich um 10 Uhr abends zurückkehrte, hundemüde und fast nicht imstande, meine Treppe hochzugehen. Und schließlich damit, in der ›Times‹ nachzulesen, was draußen in der geschäftigen Welt vor sich ging. Ich erzähle das nicht, um den Platz zu füllen (wiewohl ich glaube, die Natur verabscheut das Vakuum), sondern um zu zeigen, dass meine Antwort und mein Dank zum ersten freien Zeitpunkt an Sie abgehen, den ich habe, auch wenn die Gelegenheit nur sehr kurz ist. Wenn ich Sie nicht für einen gutmütigen und wahrheitsliebenden Mann halten würde, würde ich Ihnen das nicht sagen (trotz des großen Wissens, der Menge an Fakten, der famosen Ansichten zur Korrelation der verschiedenen Teile der organischen Natur, bewundernswerter Hinweise zur Ausbreitung vieler verwandter Organismen in weite Regionen, etc. etc.). Ich habe Ihr Buch mit mehr Qual denn Vergnügen gelesen. Teile davon schätzte ich zutiefst, über Teile lachte ich, bis mir die Seiten wehtaten; andere Teile las ich voller Kummer, denn ich halte sie für völlig falsch und schmerzlich unheilstiftend. Sie haben – nachdem Sie auf der Bahn der ganz soliden wissenschaftlichen Wahrheit begannen – die wahre Methode der Induktion VERLASSEN und uns auf eine, denke ich, so wilde Maschine gesetzt wie Bischof Wilkins’ Lokomotive, die uns auf den Mond bringen sollte. Viele Ihrer weitgehenden Schlussfolgerungen beruhen auf Annahmen, die weder zu belegen noch zu widerlegen sind, warum sie dann also in der Sprache und Anordnung der philosophischen Induktion äußern? Was Ihr grandioses Prinzip – die NATÜRLICHE ZUCHTWAHL – betrifft, was ist dies anderes als eine nachgeordnete Folge vermuteter, oder bekannter, primärer Tatsachen! Entwicklung ist ein besseres Wort, da näher an der Ursache der Tatsache? Denn Sie leugnen ja das Kausalitätsprinzip nicht. Ich nenne (im Abstrakten) das Verursacherprinzip den Willen Gottes; und ich kann beweisen, dass Er zum Wohle Seiner Kreaturen handelt. Er handelt auch nach Gesetzen, die wir studieren und verstehen können. Das Handeln nach Gesetzen und nach dem, was erste Ursachen genannt wird, umfasst, glaube ich, Ihr ganzes Prinzip. Sie schreiben von »natürlicher Zuchtwahl«, als würde diese merkwürdigerweise von einem auswählenden Agens getroffen. Sie ist nur eine Folge der vorausgesetzten Entwicklung und des nachfolgenden Kampfs ums Dasein. Diese Sicht der Natur haben Sie bewundernswert dargelegt, wenn sie auch von allen

Naturforschern eingeräumt und von keinem, der bei Verstand ist, bestritten wird. Wir alle sehen die Entwicklung als eine Tatsache der Geschichte: Aber wie kam es dazu? Hier, in der Sprache, und noch mehr in der Logik, sind wir offen uneins. Es gibt genauso einen moralischen oder metaphysischen Teil der Natur wie einen stofflichen. Wer das leugnet, steckt tief im Sumpf der Torheit. Es ist die Krone und der Ruhm der organischen Wissenschaft, dass sie TATSÄCHLICH durch die ENDURSACHE Materie und Moral miteinander verbindet; und dennoch es uns NICHT erlaubt, sie in unserer ersten Idee von den Gesetzen, und unserer Klassifikation solcher Gesetze, zu vermengen, ob wir nun die eine Seite der Natur betrachten oder die andere. Sie haben diese Verbindung ignoriert; und wenn ich Ihre Meinung nicht falsch verstehe, haben Sie in ein oder zwei bedeutsamen Fällen Ihr Möglichstes getan, sie zu zerbrechen. Wäre es möglich (was es Gott sei Dank nicht ist), sie zu zerbrechen, würde die Menschheit meiner Ansicht nach einen Schaden erleiden, der sie verrohen könnte und die menschliche Rasse auf eine niedrigere Stufe der Degradation absinken ließe als jede, auf die sie gefallen ist, seit die schriftlichen Aufzeichnungen uns unsere Geschichte erzählen. Nehmen Sie nur den Fall der Bienenzellen. Wenn Ihre Entwicklung zur schrittweisen Abänderung der Biene und ihrer Zellen führen würde (was kein Sterblicher beweisen kann), wäre die Endursache die richtungweisende Ursache, nach welcher die aufeinanderfolgenden Generationen handelten und sich allmählich verbesserten. Einige Passagen in Ihrem Buch, wie jene, auf die ich anspielte (und es gibt weitere, die beinah genauso schlecht sind), haben mein moralisches Empfinden stark verletzt. Ich denke, bei der Spekulation über die organische Abstammung ÜBERschätzen Sie die Beweise der Geologie und Sie UNTERschätzen sie, wenn Sie über die zerbrochenen Zwischenglieder Ihres natürlichen Stammbaums sprechen: Doch das Blatt ist fast voll und ich muss in den Hörsaal. Als Letztes also missfällt mir das Schlusskapitel sehr – nicht als Zusammenfassung, denn in diesem Lichte wirkt es gut –, sondern mir gefällt der Tonfall der siegesgewissen Zuversicht nicht, in dem Sie an die nachwachsende Generation appellieren (in einem Tonfall, den ich beim Verfasser der ›Vestiges‹ verurteilte) und Dinge prophezeien, die noch nicht im Schoß der Zeit liegen und auch wohl (wenn wir der gesamten Erfahrung des menschlichen Verstands und den Schlüssen seiner Logik trauen dürfen) nie irgendwo anders finden werden als im fruchtbaren Schoß der menschlichen Phantasie. Und um noch ein Wort über einen Sohn des Affen und einen Ihrer alten Freunde zu sagen: Mir geht es besser, viel besser, als letztes Jahr. Ich halte an drei Tagen die Woche Vorlesung (vormals sechs Mal in der Woche) ohne große Ermüdung, doch ich finde, nach der Verringerung an Aktivitäten und meines Gedächtnisses und aller produktiven Kräfte zu schließen, neigt mein Körper sich langsam der Erde zu. Aber ich habe Visionen für die Zukunft. Sie sind genauso sehr ein Teil meiner selbst wie mein Magen und mein Herz, und diese Visionen sollen ihr Gegenbild in der kraftvollen Erfüllung dessen haben, was das Beste und Größte ist. Aber lediglich unter einer Bedingung – dass ich demütig Gottes Offenbarung Seiner selbst in Seinen Werken und in Seinem Wort akzeptiere und mein Bestes gebe, dem Wissen gemäß zu handeln, das nur Er mir geben kann und nach dem nur Er mich bei diesem Tun erhalten kann. Wenn Sie und ich all dies tun, werden wir uns im Himmel wiederbegegnen. Ich habe in Eile geschrieben, und im Geiste brüderlicher Liebe, vergeben Sie mir also jeden Satz, der Ihnen etwa missfällt; und glauben Sie mir, dass ich, trotz meines Widerspruches in manchen Punkten des tiefsten moralischen Interesses, Ihr aufrichtiger alter Freund bin, A. Sedgwick.

so finden wir keine unüberschreitbaren Schranken mehr; unzählige Inseln oder zusammenhängende Küsten bieten sich als Ruheplätze dar, bis wir nach Umwanderung einer Hemisphäre zu den Küsten Afrikas gelangen; aber in diese weiten Flächen teilen sich keine wohlcharakterisierten verschiedenen Meeresfaunen mehr. Obwohl kaum eine Schnecke, eine Krabbe oder ein Fisch jenen drei Faunen an der Ost- und der Westküste Amerikas und im östlichen Teil des Stillen Ozeans gemeinsam ist, so reichen doch viele Fischarten vom Stillen bis zum Indischen Ozean und sind viele Weichtiere den östlichen Inseln der Südsee und den östlichen Küsten Afrikas unter sich fast genau entgegenstehenden Meridianen gemein. Eine dritte große Tatsache, schon zum Teil in den vorigen mitbegriffen, ist die Verwandtschaft zwischen den Erzeugnissen eines nämlichen Festlandes oder Weltmeeres, obwohl die Arten verschiedener Teile und Standorte desselben verschieden sind. Es ist dies ein Gesetz von der größten Allgemeinheit, und jeder Kontinent bietet unzählige Belege dafür. Dem ungeachtet fühlt sich der Naturforscher auf seinem Weg von Norden nach Süden unfehlbar betroffen von der Art und Weise, wie Gruppen von Organismen der Reihe nach einander ersetzen, die in den Arten verschieden, aber offenbar verwandt sind. Er hört von nahe verwandten, aber doch verschiedenen Vögeln ähnliche Gesänge, sieht ihre ähnlich gebauten Nester mit ähnlich gefärbten Eiern. Die Ebenen der Magellanstraße sind von einem Nandu (Rhea americana) bewohnt, und im Norden der La-Plata-Ebene wohnt eine andere Art derselben Sippe, doch kein echter Strauß (Struthio) oder Emu (Dromaius), welche in Afrika und beziehungsweise in Neuholland unter gleichen Breiten vorkommen. In denselben La-Plata-Ebenen finden wir das Aguti (Dasyprocta) und die Hasenmaus (Lagidium), zwei Nagetiere von der Lebensweise unserer Hasen und Kaninchen und mit ihnen in die gleiche Ordnung gehörig, aber einen rein amerikanischen Organisationstypus bildend. Steigen wir zu dem Hochgebirge der Kordilleren hinan, so treffen

Links: Elizabeth Goulds Illustration des Rhea darwinii aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle. Umseitig: Urbina Bay, Isabela Island, Galapagos.

wir die Berg-Hasenmaus (Lagidium); sehen wir uns am Wasser um, so finden wir zwei andere südamerikanische Typen, den Coypu (Myopotamus) und Capybara (Hydrochoerus) statt des Bibers und der Bisamratte. So ließen sich zahllose andere Beispiele anführen. Wie sehr auch die Inseln an den amerikanischen Küsten in ihrem geologischen Bau abweichen mögen, ihre Bewohner sind wesentlich amerikanisch, wenn auch von eigentümlichen Arten. Schauen wir zurück nach nächst früheren Zeitperioden, wie sie im letzten Kapitel erörtert wurden, so finden wir auch da noch amerikanische Typen vorherrschend auf dem amerikanischen Festland wie in amerikanischen Meeren. Wir erkennen in diesen Tatsachen ein tiefliegendes organisches Band, in Zeit und Raum vorherrschend über gegebene Land- und Wasserflächen, unabhängig von ihrer natürlichen Beschaffenheit. Der Naturforscher müsste nicht sehr wissbegierig sein, der sich nicht versucht fühlte, näher nach diesem Band zu forschen. Dieses Band besteht nach meiner Theorie lediglich in der Vererbung, derjenigen Ursache, welche allein, soweit wir Sicheres wissen, gleiche oder ähnliche Organismen, wie es die Varietäten sind, hervorbringt. Die Unähnlichkeit der Bewohner verschiedener Gegenden wird der Umgestaltung durch natürliche Züchtung und, in einem ganz untergeordneten Grad, dem unmittelbaren Einfluss äußerer Lebensbedingungen zuzuschreiben sein. Der Grad der Unähnlichkeit hängt davon ab, ob die Wanderung der stärker herrschenden Lebensformen aus der einen Gegend in die andere rascher oder langsamer in späterer oder früherer Zeit vor sich gegangen; er hängt von der Natur und Zahl der früheren Einwanderer, von deren Wirkung und Rückwirkung im gegenseitigen Kampf ums Dasein ab, indem, wie ich schon oft bemerkt habe, die Beziehung von Organismus zu Organismus die wichtigste aller Beziehungen ist. Bei den Wanderungen kommen die oben erwähnten Schranken wesentlich in Betracht, wie die Zeit bei dem langsamen Prozess der natürlichen Züchtung. Weitverbreitete und an Individuen reiche Arten, welche schon über viele Mitbewerber in ihrer eigenen ausgedehnten Heimat gesiegt haben, werden beim Vordringen in neuen Gegenden die beste Aussicht haben, neue Plätze zu gewinnen. Unter den neuen Lebensbedingungen GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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Darwins Schreibtisch in Down House. ihrer späteren Heimat werden sie häufig neue Abänderungen und Verbesserungen erfahren; sie werden den anderen noch überlegener werden und Gruppen abändernder Nachkommen erzeugen. Aus diesem Prinzip fortschreitender Vererbung mit Abänderung ergibt sich, wie es zugeht, dass Untersippen, Sippen und selbst ganze Familien, wie es so gewohnter- und anerkanntermaßen der Fall ist, auf gewisse Flächen beschränkt erscheinen. Wie schon im letzten Kapitel bemerkt wurde, so glaube ich an kein Gesetz notwendiger Vervollkommnung; so wie die Veränderlichkeit der Arten eine unabhängige Eigenschaft ist und von der natürlichen Züchtung nur so weit ausgebeutet wird, als es den Individuen in ihrem vielseitigen Kampf ums Dasein zum Vorteil gereicht, so besteht auch für die Modifikation der verschiedenen Spezies kein gleiches Maß. Wenn z. B. eine Anzahl von Arten, die miteinander in unmittelbarer Mitbewerbung stehen, in Masse nach einer neuen und nachher isolierten Gegend auswandern, so werden sie wenig Modifikation erfahren, indem weder die Wanderung noch die Isolierung an sich etwas dabei tun. Jene Prinzipien kommen hauptsächlich nur in Betracht, wenn man Organismen in neue Beziehungen unter-

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einander, weniger wenn man sie in Berührung mit neuen Lebensbedingungen bringt. Wie wir im letzten Kapitel gesehen haben, dass einige Formen ihren Charakter seit ungeheuer weit zurückgelegenen geologischen Perioden fast unverändert behauptet haben, so sind auch manche Arten über weite Räume gewandert, ohne große Veränderungen zu erleiden. Nach diesen Ansichten liegt es auf der Hand, dass verschiedene Arten einer Sippe, wenn sie auch die entferntesten Teile der Welt bewohnen, doch ursprünglich aus gleicher Quelle entsprungen, vom nämlichen Stammvater entstanden sein müssen. Was diese Arten betrifft, welche im Verlauf ganzer geologischer Perioden sich nur wenig verändert haben, so hat es keine Schwierigkeit anzunehmen, dass sie aus einerlei Gegend hergewandert sind; denn während der großen geographischen und klimatischen Veränderungen, welche seit alten Zeiten vor sich gegangen, sind Wanderungen auf jede Entfernung möglich gewesen. In vielen anderen Fällen aber, wo wir Grund haben zu glauben, dass die Arten einer Sippe erst in vergleichsweise neuer Zeit entstanden sind, ist die Schwierigkeit weit größer. Ebenso ist es einleuchtend, dass Individuen einer Art, wenn sie jetzt auch weit auseinander und abgesondert gelegene

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Charles Darwin an W.B. Carpenter 6. Januar 1860 [?]

Mein lieber Carpenter, ich habe soeben Ihren hervorragenden Artikel im »National« gelesen. Er wird sehr viel Gutes bewirken; vor allem wenn bekannt wird, dass er von Ihnen stammt. Er scheint mir eine exzellente klare Darstellung der Ansichten von Mr Wallace und mir zu geben. Wie grandios Sie die Reihen der theologischen Gegner aufgerollt, indem Sie ihnen solche Männer wie Bentham und die philosophischeren der Systematiker gegenüberstellen! Ich danke Ihnen aufrichtig für die ÄUSSERST ehrenvolle Weise, in der Sie mich erwähnen. Ich hätte gerne einige Kritik oder Bemerkungen zur Embryologie gesehen, auf deren Feld Sie so gut unterrichtet sind. Ich denke nicht, dass eine unvoreingenommene Person Ihren Artikel lesen kann, ohne stark davon beeindruckt zu sein. Die alte Lehre von der Unveränderlichkeit spezifischer Formen wird gewiss, aber langsam absterben. Es ist schändlich, Ihnen Umstände zu bereiten, aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir sagen könnten, wo die unterschiedlich gefärbten Eier der Kuckuck-Individuen beschrieben worden sind, und dass sie in siebenundzwanzig Arten von Nestern gelegt wurden. Des Weiteren, wissen Sie aus eigener Beobachtung, dass die Gliedmaßen von nach Westindien importierten Schafen die Farbe ändern? Ich hatte detaillierte Informationen über den Verlust der Wolle; aber meine Berichte stellen die Veränderung langsamer dar, als Sie sie beschreiben. Mit herzlichem Dank und voller Hochachtung, glauben Sie mir, lieber Carpenter, Ihr aufrichtig ergebener CH. Darwin.

Gegenden bewohnen, von einer Stelle ausgegangen sein müssen, wo ihre Eltern zuerst erstanden sind; denn so, wie es im letzten Abschnitt erläutert wurde, ist es unglaublich, dass spezifisch gleiche Individuen von verschiedenen Stammarten abstammen können. So wären wir denn bei der neuerlich oft von Naturforschern erörterten Frage angelangt, ob Arten je an einer oder an mehreren Stellen der Erdoberfläche erzeugt worden sind. Zweifelsohne mag es da sehr viele Fälle geben, wo es äußerst schwer zu begreifen ist, wie die gleiche Art von einem Punkt aus nach den verschiedenen entfernten und abgesonderten Gegenden gewandert sein soll, wo sie nun gefunden wird. Dem ungeachtet drängt sich die Vorstellung, dass jede Art nur von einem ursprünglichen Geburtsort ausgegangen sein müsse, durch ihre Einfachheit dem Geist auf. Und wer sie verwirft, verwirft die vera causa, die gewöhnliche Zeugung mit nachfolgender Wanderung, um zu einem Wunder seine Zuflucht zu nehmen. Es wird allgemein zugestanden, dass die von einer Art bewohnte Gegend in der Regel zusammenhängend ist; und wenn eine Pflanzen- oder Tierart zwei voneinander so weit entfernte oder durch solche Schranken getrennte Punkte bewohnt, dass sie nicht leicht von einem zum anderen gewandert sein kann, so betrachtet man dies als etwas Merkwürdiges und Ausnahmsweises. Die Fähigkeit, über Meer zu wandern, ist bei Landsäugetieren vielleicht mehr als bei irgendeinem anderen organischen Wesen beschränkt; und wir finden damit übereinstimmend auch keinen unerklärbaren Fall, wo dieselbe Säugetierart sehr entfernte Punkte der Erde bewohnte. Kein Geologe findet eine Schwierigkeit darin anzunehmen, dass Großbritannien ehedem mit dem europäischen Kontinent zusammengehangen sei und mithin die nämlichen Säugetiere besessen habe. Wenn aber dieselbe Art an zwei entfernten Punkten der Welt erzeugt werden kann, warum finden wir nicht eine einzige Europa und Australien oder Südamerika gemeinsam angehörige Säugetierart? Die Lebensbedingungen sind nahezu die nämlichen, sodass eine Menge europäischer Pflanzen und Tiere in Amerika und Australien naturalisiert worden sind, und sogar einige der ureinheimischen Pflanzenarten sind genau dieselben an diesen zwei so entfernten Punkten der nördlichen und der südlichen Hemisphäre! Die Antwort liegt, wie ich GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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glaube, darin, dass Säugetiere nicht fähig sind, die Wanderung zu machen, während einige Pflanzen mit ihren mannigfaltigen Verbreitungsmitteln diesen weiten und unterbrochenen Zwischenraum zu überschreiten vermochten. Der mächtige Einfluss, welchen geographische Schranken aller Art auf die Verbreitungsweise geübt, wird nur unter der Voraussetzung begreiflich, dass weitaus der größte Teil der Spezies nur auf einer Seite derselben erzeugt worden ist und Mittel zur Wanderung nach der anderen Seite nicht besessen hat. Einige wenige Familien, viele Unterfamilien, sehr viele Sippen und eine noch größere Anzahl von Untersippen sind nur auf je eine einzelne Gegend beschränkt, und mehrere Naturforscher haben die Bemerkung gemacht, dass die meisten natürlichen Sippen, diejenigen nämlich, deren Arten alle am nächsten miteinander verwandt sind, örtlich oder auf eine Gegend angewiesen zu sein pflegen. Was für eine wunderliche Anomalie würde es nun sein, wenn eine Stufe tiefer unten in der Reihe die Individuen einer Art sich geradezu entgegengesetzt verhielten und die Arten nicht örtlich, sondern in zwei oder mehr ganz verschiedenen Gegenden erzeugt worden wären! Daher scheint mir, wie so vielen anderen Naturforschern, die Ansicht die wahrscheinlichere zu sein, dass jede Art nur in einer einzigen Gegend entstanden, aber nachher von da aus so weit gewandert ist, als es Mittel und Subsistenz unter früheren und gegenwärtigen Bedingungen gestatteten. Es kommen unzweifelhaft auch jetzt noch viele Fälle vor, wo sich nicht erklären lässt, auf welche Weise diese oder jene Art von einer Stelle zur anderen gelangt ist. Aber geographische und klimatische Veränderungen, welche sich in den neuen geologischen Zeiten zuverlässig ereignet, müssen den früher bestandenen Zusammenhang der Verbreitungsflächen vieler Arten unterbrochen haben. So gelangen wir zur Erwägung, ob diese Ausnahmen von der Ununterbrochenheit der Verbreitungsbezirke so zahlreich und so gewichtiger Natur sind, dass wir die durch die vorangehenden Betrachtungen wahrscheinlich gemachte Meinung, dass jede Art nur auf einem Feld entstanden und von da so weit als möglich gewandert sei, aufzugeben genötigt werden? Es würde zum Verzweifeln langweilig sein, alle Ausnahmefälle aufzuzählen und zu erörtern, wo eine und dieselbe Art jetzt an

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verschiedenen weit voneinander entfernten Orten lebt; auch will ich keinen Augenblick behaupten, für viele dieser Fälle eine genügende Erklärung wirklich geben zu können. Doch möchte ich nach einigen vorläufigen Bemerkungen die wichtigsten Klassen solcher Tatsachen erörtern, wie insbesondere das Vorkommen von einerlei Art auf den Spitzen weit voneinander gelegener Bergketten oder im arktischen und antarktischen Kreis zugleich; dann, zweitens (im folgenden Kapitel) die weite Verbreitung der Süßwasserbewohner, und drittens das Vorkommen von einerlei Landtierarten auf Festland und Inseln, welche durch Hunderte von Meilen offenen Meeres voneinander getrennt sind. Wenn das Vorkommen von einer und der nämlichen Art an entfernten und vereinzelten Fundstätten der Erdoberfläche sich in vielen Fällen durch die Voraussetzung erklären lässt, dass diese Art von ihrer Geburtsstätte aus dahin gewandert ist, dann scheint mir in Anbetracht unserer gänzlichen Unbekanntschaft mit den früheren geographischen und klimatischen Veränderungen sowie mit manchen zufälligen Transportmitteln die Annahme, dass dies die allgemeine Regel gewesen sei, bei Weitem die richtigste zu sein. Bei Erörterung dieses Gegenstandes werden wir Gelegenheit haben, noch einen anderen für uns gleich wichtigen Punkt in Betracht zu ziehen, ob nämlich die mancherlei verschiedenen Arten einer Sippe, welche meiner Theorie zufolge einen gemeinsamen Stammvater hatten, von der Wohnstätte ihres Stammvaters ausgegangen sein (und unterwegs sich etwa noch weiter angemessen entwickelt haben) können. Kann gezeigt werden, dass eine Gegend, deren meiste Bewohner eng verwandt oder aus gleichen Sippen mit den Arten einer zweiten Gegend sind, in früherer Zeit wahrscheinlich einmal Einwanderer aus dieser letzten erhalten hat, so wird dies zur Bestätigung meiner Theorie beitragen; denn wir begreifen dann aus dem Modifikationsprinzip deutlich, warum die Bewohner der einen Gegend denen der anderen verwandt sind, da sie aus ihr stammen. Eine vulkanische Insel z. B., welche einige Hundert Meilen von einem Kontinent entfernt emporstieg, würde wahrscheinlich im Lauf der Zeit einige Kolonisten erhalten, deren Nachkommen, wenn auch etwas abändernd, doch ihre Verwandtschaft mit den Bewohnern des Kontinents auf ihre Nachkommen

vererben würden. Fälle dieser Art sind gewöhnlich und, wie wir nachher ersehen werden, nach der Theorie unabhängiger Schöpfung unerklärlich. Diese Ansicht über die Verwandtschaft der Arten einer Gegend zu denen einer anderen ist (wenn wir nun das Wort Varietät statt Art anwenden) nicht sehr von der durch Hrn. Wallace aufgestellten verschieden, wonach »jede Art entstanden ist in Zeit und Raum zusammentreffend mit einer früher vorhandenen nahe verwandten Art«. Ich weiß nun aus seiner Korrespondenz, dass er dieses »Zusammentreffen« der Generation mit Abänderung zuschreibt und dafür eine lange geologische Zeitperiode zugesteht. Die vorangehenden Bemerkungen über ein- oder mehrfältige Schöpfungsmittelpunkte führen nicht unmittelbar zu einer anderen verwandten Frage, ob nämlich alle Individuen einer Art von einem einzigen Paar oder einem Hermaphroditen abstammen oder ob, wie einige Autoren annehmen, von vielen gleichzeitig entstandenen Individuen einer Art? Bei solchen Organismen, welche sich niemals kreuzen (wenn dergleichen überhaupt existieren), muss nach meiner Theorie die Art von einer Reihenfolge vervollkommneter Varietäten herrühren, die sich nie mit anderen Individuen oder Varietäten gekreuzt, sondern einfach einander ersetzt haben, sodass auf jeder der aufeinanderfolgenden Umänderungs- oder Verbesserungsstufen alle Individuen von einerlei Varietät auch von einerlei Stammvater herrühren müssen. In der Mehrzahl der Fälle jedoch und namentlich bei allen Organismen, welche sich zu jeder einzelnen Fortpflanzung paaren oder sich oft mit anderen kreuzen, glaube ich, dass während des langsamen Modifikationsprozesses die Individuen der Spezies bei der Kreuzung sich nahezu gleichförmig erhalten haben, sodass viele derselben sich gleichzeitig abänderten und der ganze Betrag der Abänderung auf jeder Stufe nicht von der Abstammung von einem gemeinsamen Stammvater herrührt. Um zu erläutern, was ich meine, will ich anführen, dass unsere englischen Rassepferde nur wenig von den Pferden jeder anderen Züchtung abweichen, aber ihre Verschiedenheit und Vollkommenheit nicht davon haben, dass sie von einem einzigen Paar abstammen, sondern dieselbe der während vieler Generationen angewendeten Sorgfalt bei Auswahl und Erziehung vieler Individuen verdanken.

Ehe ich auf nähere Erörterung über diejenigen drei Klassen von Tatsachen eingehe, welche der Theorie von den »einzigen Schöpfungsmittelpunkten« die meisten Schwierigkeiten darbieten, muss ich den Verbreitungsmitteln noch einige Worte widmen. Verbreitungsmittel. – Sir Ch. Lyell und andere Autoren haben diesen Gegenstand sehr angemessen erörtert. Ich kann hier nur einen kurzen Auszug von den wichtigsten Tatsachen liefern. Klimawechsel mag auf Wanderung der Organismen vom größten Einfluss gewesen sein. Eine Gegend mit änderndem Klima kann eine Hochstraße der Auswanderung gewesen und jetzt ungangbar sein; ich muss daher diesen Gegenstand zunächst mit einigem Detail behandeln. Höhenwechsel des Landes kommt dabei wesentlich in Betracht. Eine schmale Landenge trennt jetzt zwei Meeresfaunen; taucht sie unter oder ist sie früher untergetaucht, so werden beide Faunen zusammenfließen oder vordem untergeflossen sein. Wo dagegen sich jetzt die See ausbreitet, da mag vormals trockenes Land Inseln oder selbst Kontinente

Asa Gray (1810–1888), der Botaniker von Harvard, der Darwins wichtigster Brieffreund in Amerika war. GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Asa Gray an J. D. Hooker 5. Januar 1860

Mein lieber Hooker, Ihr letzter Brief, der mich unmittelbar vor Weihnachten erreichte, wurde während des Räumens in meinem Arbeitszimmer verlegt, das um diese Jahreszeit stattfindet, und bislang nicht wieder gefunden. Es täte mir sehr leid, ihn zu verlieren, denn darin befanden sich einige botanische Vermerke, die ich noch nicht festgehalten hatte ... Der Hauptteil Ihres Briefes war ein hohes Loblied auf Darwins Buch. Nun ja, das Buch ist zu mir gelangt, und ich beendete seine sorgfältige Lektüre vor vier Tagen; und ich sage frei heraus, Ihr Lob ist nicht fehl am Platz. Es ist auf MEISTERHAFTE WEISE ausgeführt. Es zu schreiben, könnte sehr gut zwanzig Jahre gedauert haben. Es ist vollgepackt mit höchst interessantem Stoff – sorgsam durchdacht – gut ausgedrückt – knapp, überzeugend und ergibt als System genommen eine bessere Sache, als ich für möglich gehalten hätte ... Agassiz, als ich ihn letztens sah, hatte nur einen Teil davon gelesen. Er sagt, es ist SCHLECHT – SEHR SCHLECHT!! (entre nous). Tatsache [ist], er ist sehr verärgert darüber, ... und das wundert mich nicht. Alle IDEELLEN Systeme ins Reich der Wissenschaft zu bringen und gute physikalische oder natürliche Erklärungen für all seine Hauptpunkte zu liefern ist genauso schlecht, wie wenn Forbes das ganze Gletschermaterial genommen ... und eine wissenschaftliche Erklärung für all die Phänomene gegeben hätte. Sagen Sie all das Darwin. Ich werde ihm schreiben, sobald ich die Möglichkeit dazu bekomme. Wie ich versprochen habe, sollen ihm und Ihnen hier Fairness zuteilwerden ... Ich muss selbst für die nächste (März-)Nummer von ›Silliman’s Journal‹ eine Kritik zu Darwins Buch schreiben (dies umso mehr, da ich erwarte, dass Agassiz sich dazu äußern wird), und ich mache mich jetzt daran (wo ich doch jede Sekunde an den Expl[oring] Expedition Compositae arbeiten sollte, über die ich viel mehr weiß). Und es ist wirklich keine leichte Aufgabe, wie Sie sich wohl vorstellen können. Ich bezweifle, dass ich Ihnen voll und ganz gefallen werde. Ich weiß, Agassiz werde ich überhaupt nicht gefallen. Ich höre, eine weitere Ausgabe ist im Druck, und das Buch wird hier viel Aufmerksamkeit erregen, und so manche Debatte ...

miteinander verbunden und so Landbewohner in den Stand gesetzt haben, von einer Seite zur anderen zu wandern. Kein Geologe bestreitet, dass große Veränderungen der Bodenhöhen während der Periode der jetzt lebenden Organismenarten stattgefunden haben, und Edw. Forbes behauptet, alle Inseln des Atlantischen Meeres müssten noch unlängst mit Afrika oder Europa wie gleicherweise Europa mit Amerika zusammengehangen haben. Andere Schriftsteller haben hypothetisch der Reihe nach jeden Ozean überbrückt und fast jede Insel mit dem nächsten Festland verbunden. Und wenn

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sich die Argumente von Forbes bestätigen ließen, so müsste man gestehen, dass es kaum irgendeine Insel gäbe, welche nicht noch neuerlich mit einem Kontinent zusammenhing. Diese Ansicht zerhaut den gordischen Knoten der Verbreitung einer Art bis zu den entlegensten Punkten und beseitigt eine Menge von Schwierigkeiten. Aber nach meiner besten Überzeugung sind wir nicht berechtigt, so ungeheure Veränderungen innerhalb der Periode der noch jetzt

Rechts: Louis Agassiz (1807–1873), Harvard-Professor und Kritiker Darwins.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Mein lieber Darwin,

Asa Gray an Charles Darwin 23. Januar 1860

Sie haben meinen hastigen Brief erhalten, in dem ich Ihnen das Eintreffen des Restes der Bogen vom Neudruck mitteilte sowie den Aufstand, den ich für eine Ausgabe in Boston veranstaltet habe. Nun, alles sah sehr gut aus, als, siehe da!, wir feststellten, dass ein zweiter New Yorker Verlag eine Ausgabe angekündigt hatte! Ich schrieb den beiden New Yorker Verlagen und bat sie, dem AUTOR und seiner überarbeiteten Auflage den Vortritt zu lassen. Von den Harpers erhielt ich die Antwort, dass sie ihre zurückzogen – von den Appletons, dass sie das Buch HERAUSGEBRACHT hatten (und am nächsten Tag sah ich ein Exemplar); aber dass, »so das Werk höhere Verkaufszahlen erreicht, wir sicherlich bereit sein werden, den Verfasser angemessen und reichlich zu entlohnen«. Die Appletons haben ihre Ausgabe also draußen, der Bostoner Verlag lehnte es ab, weiterzumachen. Deshalb schrieb ich den Appletons und nahm sie beim Wort und bot meine Hilfe bei einer Neuauflage an, ihnen die Verwendung der Änderungen in der Londoner Ausgabe zu geben, sobald ich weiß, wie sie aussehen etc. etc. Und ich sandte ihnen den ersten Bogen und bat sie, in der künftigen Auflage auch den Text von Butler (ein Zitat aus Butlers »Analogy« zum Gebrauch des Wortes »natürlich«, das in der 2. Auflage mit denen von Whewell und Bacon auf Seite II steht, gegenüber der Titelseite) einzufügen, da es genau das Richtige ist. So steht die Sache. Wenn Sie irgendwelches Material noch vor der 3. Londoner Auflage liefern, werde ich sie dafür bezahlen lassen. Ich bekomme vielleicht etwas für Sie. Alles ist eindeutig ein Gewinn; doch es wird nicht viel sein, vermute ich. So kleine Notizen in den Zeitungen hier, wie sie bislang erschienen, sind recht hübsch und wohlüberlegt. Ich hoffe, nächste Woche die Fahnen meiner Rezension aus New Haven zu erhalten, und schicke [sie] Ihnen mit der Bitte, sie an Dr. Hooker weiterzugeben. Zur Bitte, Ihnen zu sagen, was ich für den schwächsten und den besten Teil Ihres Buches halte. Aber das ist nicht einfach und nicht mit ein oder zwei Worten getan. Der BESTE TEIL, denke ich, ist das GANZE, d.h., sein PLAN und die AUSFÜHRUNG, die Unmenge an Tatsachen und scharfsinnigen Schlussfolgerungen, die Sie behandeln, als wären Sie ein Meister darin. Ich glaube nicht, dass 20 Jahre Arbeit für so ein Buch zu viel sind. Der Stil [ist] klar und gut, erfordert aber hie und da eine Überarbeitung von Kleinigkeiten. Sodann ist Ihre Ehrlichkeit überaus wertvoll. Es ist erfrischend, jemanden mit einer neuen Theorie zu sehen, der zugibt, dass er noch unüberwindbare Schwierigkeiten hat. Ich kenne einige Leute, die Schwierigkeiten nie ansprechen. Sobald ich Ihre Prämissen verstand, war ich sicher, dass Sie wirklich eine Grundlage haben, an die Sie sich halten können. Wenn jemand Ihre Prämissen anerkennt, sehe ich nicht, wie er sich Ihren Schlussfolgerungen verschließen sollte, zumindest als einer guten Hypothese. Es ist wohl klar, dass meine Rezension Ihres Buches nicht annähernd den Eindruck, den es bei mir hinterließ, wiedergibt. Ich vermute, unter diesen Umständen tue ich Ihrer Theorie hier mehr Gutes, wenn ich eine gerechte und günstige Betrachtung zu erreichen suche und nicht so voll und ganz hinter den Schlüssen stehe, wie ich es sollte, wenn ich mich zum Bekehrten erklärte; auch könnte ich Letzteres nicht aufrichtig behaupten. Nun gut, der schwächste Punkt in dem Buch scheint mir der Versuch, die Bildung von Organen, die Entstehung der Augen etc., durch natürliche Zuchtwahl zu erklären. Einiges davon liest sich ganz wie bei Lamarck. Das Kapitel über die BASTARDBILDUNG ist kein SCHWACHES, sondern ein STARKES Kapitel. Hier haben Sie Wunder gewirkt. Aber noch immer haben Sie nicht erklärt, und das wird man Ihnen vorwerfen, wie die Divergenz bis zu einem gewissen Grad eine größere Fruchtbarkeit der Kreuzungen hervorruft, jedoch, einen kurzen, kaum merklichen Schritt weitergeführt, Sterilität entstehen lässt oder die Neigung umkehrt. Sehr wahrscheinlich sind Sie auf der richtigen Spur; doch in diesem Abschnitt ist noch einiges zu tun. Genug für den Augenblick ... Ich bin für Ihre Komplimente nicht unempfänglich, auch für das große Kompliment, das Sie mir machen, indem Sie meine Meinung schätzen. Sie halten offenbar mehr davon als ich selbst, wiewohl man das aus der Art, wie ich [an] Sie und vor allem Hooker schreibe, nach der Lektüre meiner Briefe nicht schließen könnte. Ich bin so frei zu sagen, dass ich noch nie von einem Buch so viel gelernt habe wie von Ihrem, es gibt noch tausend Dinge, die ich gerne darüber sagen würde. Stets der Ihre, Asa Gray.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Mein lieber Gray,

Charles Darwin an Asa Grey 28. Januar 1860

Hooker hat an mich Ihren Brief an ihn weitergeleitet; und ich kann nicht mit Worten ausdrücken, wie zutiefst dankbar er mich gemacht hat. Die Zustimmung eines Mannes zu erhalten, den man schon so lange aufrichtig respektiert. Und dessen Urteil und Wissen allseits anerkannt sind, das ist der höchste Lohn, den sich ein Autor nur wünschen kann; und ich danke Ihnen von Herzen für Ihre äußerst freundlichen Worte. Ich war einige Tage fort von zu Hause und konnte deshalb Ihren Brief an mich vom 10. Januar nicht eher beantworten. Sie waren äußerst freundlich, so viel Mühe und Interesse für die Ausgabe aufzuwenden. Es war ein Fehler meines Verlegers, nicht daran zu denken, Ihnen die Fahnen zu schicken. Ich hatte Ihr Angebot völlig vergessen, die Korrekturfahnen zu empfangen, sobald sie ausgedruckt sind. Doch darf ich dafür die Schuld nicht meinem Verleger geben, denn hätte ich an Ihr höchst freundliches Angebot gedacht, so hätte ich, da bin ich ganz sicher, davon nicht Gebrauch gemacht; denn ich hätte mir nicht träumen lassen, dass mein Buch beim allgemeinen Publikum so erfolgreich sein würde; ich glaube, über den Gedanken, die Fahnen nach Amerika zu schicken, hätte ich gelacht. Nach reiflicher Überlegung und auf den starken Rat von Lyell und anderen hin habe ich beschlossen, das Buch so zu lassen, wie es ist (bis auf die Korrektur von Druckfehlern oder hie und da den Einschub kurzer Sätze), und all meine Kraft, DIE NUR GERING IST, darein zu setzen, den ersten Teil (als eigenen Band mit Register etc.) der drei Bände herauszubringen, die mein größeres Werk ausmachen werden; sodass ich nur äußerst ungern Zeit auf die Korrektur einer amerikanischen Ausgabe verwenden würde. Ich lege die Liste der wenigen Korrekturen in der zweiten Auflage bei, die Sie bis dahin komplett erhalten haben werden, und ich könnte vier oder fünf Korrekturen oder Zusätze genauso minderer Bedeutung, oder vielmehr genauso großer Kürze, schicken. Auch habe ich vor, ein KURZES Vorwort mit einer knappen Geschichte des Themas zu schreiben. Daran werde ich mich machen, da sie eines Tages getan werden müssen, und ich werde Sie Ihnen in Kürze zusenden – die paar Korrekturen zuerst, und das Vorwort danach, so ich nicht höre, dass Sie die ganze Idee einer separaten Ausgabe aufgegeben haben. Dann werden Sie beurteilen können, ob es sich lohnt, die neue Ausgabe mit IHRER VORANGESTELLTEN REZENSION zu haben. Wie auch immer Ihre Rezension ausfallen wird, ich versichere Ihnen, ich würde es als GROSSE Ehre empfinden, wenn mein Buch damit eingeleitet würde ...

lebenden Arten anzunehmen. Es scheint mir, dass wir genug Beweise von großen Schwankungen des Bodens in unserem Kontinent besitzen, doch nicht von Bewegungen so ausgedehnt und in solcher Richtung, dass sich mittelst derselben eine Verbindung Europas mit Amerika und den dazwischen gelegenen atlantischen Inseln noch in der jetzigen Erdperiode ergäbe. Dagegen gestehe ich gerne die vormalige Existenz mancher jetzt im Meere begrabener Inseln

zu, welche vielen Pflanzen- und Tierarten bei ihren Wanderungen als Ruhepunkte dienen konnten. In den Korallenmeeren erkennt man, nach meiner Meinung, solche versunkene Inseln noch jetzt mittels der auf ihnen stehenden Korallenringe oder Atolls. Wenn es einmal vollständig eingeräumt sein wird, wie es eines Tages vermutlich noch geschehen wird, dass jede Art nur eine Geburtsstätte gehabt, und wenn wir im Lauf der Zeit etwas Bestimmteres über GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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die Verbreitungsmittel erkennen, so werden wir im Stande sein, die frühere Ausdehnung des Landes mit einiger Sicherheit zu berechnen. Dagegen glaube ich nicht, dass es je zu beweisen sein wird, dass jetzt vollständig getrennte Kontinente noch in neuerer Zeit wirklich oder nahezu miteinander und mit den vielen noch vorhandenen ozeanischen Inseln zusammenhingen. Manche Tatsachen in der Verteilung, wie die große Verschiedenheit der Meeresfaunen an den entgegengesetzten Seiten fast jedes großen Kontinentes und ein gewisser Grad von Beziehungen (wovon nachher die Rede sein wird) zwischen der Verbreitung der Säugetiere und der Tiefe des Meeres: Diese und noch manche andere scheinen mir sich der Annahme solcher ungeheuren geographischen Umwälzungen in der neuesten Periode zu widersetzen, wie sie durch die von E. Forbes aufgestellten und von vielen Nachfolgern angenommenen Ansichten nötig werden. Die Natur und Zahlenverhältnisse der Bewohner ozeanischer Inseln scheinen mir gleicherweise die Annahme eines früheren Zusammenhangs mit den Festländern zu widerstreben. Ebenso wenig ist ihre meist vulkanische Zusammensetzung der Annahme günstig, dass sie bloße Trümmer versunkener Kontinente seien; denn wären es ursprüngliche Spitzen von Bergketten des Festlandes gewesen, so würden doch wenigstens einige derselben gleich anderen Gebirgshöhen aus Graniten, metamorphischen Schiefern, alten, organische Reste führenden Schichten u. dgl. statt immer nur aus Kegeln vulkanischer Massen bestehen. Ich habe nun noch einige Worte von den sogenannten »zufälligen« Verbreitungsmitteln zu sprechen, die man besser »gelegentliche« nennen würde. Doch will ich mich hier auf die Pflanzen beschränken. In botanischen Werken findet man bemerkt, dass diese oder jene Pflanze für weite Aussaat nicht gut geeignet ist. Aber was den Transport derselben durch das Meer betrifft, so lässt sich behaupten, dass es bei den meisten derselben noch ganz unbekannt ist, wie es mit der Möglichkeit desselben steht. Bis zur Zeit, wo ich mit Hrn. Berkeleys Hilfe einige wenige Versuche darüber angestellt habe, war nicht einmal bekannt, inwieweit Samen dem schädlichen

Links: Meerechse (Amblyrhynchus cristatus), Galapagosinseln.

Einfluss des Salzwassers zu widerstehen vermögen. Zu meiner Verwunderung fand ich, dass von 87 Arten 64 noch keimten, nachdem sie 28 Tage lang in Seewasser gelegen; und einige wenige taten es sogar nach 137 Tagen noch. Es ist beachtenswert, dass gewisse Ordnungen viel stärker als andere vom Salzwasser angegriffen werden. So gingen von neun Leguminosen acht zu Grunde, und sieben Arten der untereinander verwandten Ordnungen der Hydrophyllaceae (Wasserblattgewächse) und Polemoniaceae (Sperrkrautgewächse) waren nach einem Monate tot. Der Bequemlichkeit wegen wählte ich meistens nur kleine Samen ohne Fruchthülle, und da alle schon nach wenigen Tagen untersanken, so können sie natürlich keine weiten Räume des Meeres durchschiffen, mögen sie nun ihre Keimkraft im Salzwasser bewahren oder nicht. Nachher wählte ich größere Früchte mit Kapseln usw., und von diesen blieben einige lange Zeit schwimmend. Es ist wohl bekannt, wie verschieden die Schwimmfähigkeit einer Holzart im grünen und im trockenen Zustand ist. Ich dachte mir daher, dass Fluten wohl Pflanzen oder deren Zweige forttragen und dann ans Ufer werfen könnten, wo der Strom, wenn sie erst ausgetrocknet wären, sie aufs Neue ergreifen und dem Meer zuführen könnte; daher nahm ich von 94 Pflanzenarten trockene Stängel und Zweige mit reifen Früchten daran und legte sie ins Wasser. Die Mehrzahl versank sogleich; doch einige, welche grün nur sehr kurze Zeit an der Oberfläche geblieben waren, hielten sich nun länger. So sanken reife Haselnüsse unmittelbar unter, schwammen aber, wenn sie vorher ausgetrocknet waren, 90 Tage lang und keimten dann noch, wenn sie gepflanzt wurden. Eine Spargelpflanze mit reifen Beeren schwamm 23 Tage, nach vorherigem Austrocknen aber 85 Tage, und ihre Samen keimten noch. Die reifen Früchte von Helosciadium (Sumpfsellerie) sanken in zwei Tagen, schwammen aber nach vorgängigem Trocknen 90 Tage und keimten hierauf. Im Ganzen schwammen von den 94 getrockneten Pflanzen 18 Arten 28 Tage lang und einige davon sogar noch viel länger. Es keimten also 64/ = 0,74 der Samenarten nach einer Eintauchung 87 von 28 Tagen und schwammen 18/94 = 0,19 der getrockneten Pflanzenarten mit reifen Samen (doch z. T. andere Arten als die vorigen) noch über 28 Tage; und würden daher, so viel man aus diesen Tatsachen GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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schließen darf, die Samen von 0,14 der Pflanzenarten einer Gegend ohne Nachteil für ihre Keimkraft 28 Tage lang von Seeströmungen fortgetragen werden können. In Johnstons physikalischem Atlas ist die mittlere Geschwindigkeit der atlantischen Ströme auf 33 Seemeilen im Tag (manche laufen 60 M. weit) angegeben; und somit könnten jene Samen bei diesem Mittel 924 Seemeilen weit fortgeführt werden und, wenn sie dann strandeten und vom Winde sofort auf eine passende Stelle weiter landeinwärts getrieben würden, noch keimen. Nach mir stellte Martens ähnliche Versuche, doch in besserer Weise an, indem er Kistchen mit Samen ins wirkliche Meer versenkte, sodass sie abwechselnd feucht und wieder der Luft ausgesetzt wurden, wie wirklich schwimmende Pflanzen. Er versuchte es mit 98 Samenarten, meistens verschieden von den meinigen und darunter manche große Früchte und auch Samen von solchen Pflanzen, welche in der Nähe des Meeres wachsen, was wohl dazu beitrug, die mittlere Länge der Zeit, während welcher sie sich schwimmend zu halten und der schädlichen Wirkung des Salzwassers zu widerstehen vermochten, etwas zu vermehren. Andererseits aber trocknete er nicht vorher die Früchte mit den Zweigen oder Stängeln, was einige derselben befähigt haben würde, länger zu schwimmen. Das Ergebnis war, dass 18/98 = 0,185 Samenarten 42 Tage lang schwammen und dann noch keimten. Ich bezweifle jedoch nicht, dass Pflanzen, die mit den Wogen treiben, sich länger schwimmend erhalten als jene, welche so wie in unseren Versuchen gegen jede Bewegung geschützt sind. Daher wäre es vielleicht sicherer anzunehmen, dass die Samen von etwa 0,10 Arten einer Flora nach dem Austrocknen noch eine 900 Meilen weite Strecke des Meeres durchschwimmen und dann keimen können. Die Tatsache, dass die größeren Früchte länger als die kleinen schwimmen, ist interessant, weil große Samen oder Früchte nicht wohl anders als schwimmend aus einer Gegend in die andere versetzt werden können; daher, wie Alph. de Candolle gezeigt hat, solche Pflanzen beschränkte Verbreitungsbezirke besitzen. Doch können Samen gelegentlich auch auf andere Weise fortgeführt werden. So gelangt Treibholz zu den meisten Inseln in der Mitte des weitesten Ozeans; und die Eingeborenen der Koralleninseln des Stillen Meeres verschaffen sich härtere Steine für ihr Geräte

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fast nur von den Wurzeln der Treibholzstämme; die Taxen für diese Steine bilden ein erhebliches Einkommen ihrer Könige. Wenn nun unregelmäßig geformte Steine zwischen die Wurzeln der Bäume fest eingewachsen sind, so sind auch zuweilen noch kleine Partien Erde dahinter eingeschlossen, mitunter so genau, dass nicht das Geringste davon während des längsten Transportes weggewaschen werden könnte. Und nun kenne ich einen Fall genau, wo aus einer solchen vollständig eingeschlossenen Partie Erde zwischen den Wurzeln einer 50jährigen Eiche drei Dikotyledonensamen gekeimt haben. So kann ich ferner nachweisen, dass zuweilen tote Vögel lange auf dem Meere treiben, ohne verschlungen zu werden, und dass in ihrem Kropfe enthaltene Samen lange ihre Keimkraft behalten; Erbsen und Wicken z. B., welche sonst schon zugrunde gehen, wenn sie nur wenige Tage im Wasser liegen, zeigten sich zu meinem großen Erstaunen noch keimfähig, als ich sie aus dem Kropfe einer Taube nahm, welche schon 30 Tage lang auf künstlich bereitetem Salzwasser geschwommen hatte. Lebende Vögel haben unfehlbar einen großen Anteil am Transport lebender Samen. Ich könnte viele Falle anführen, um zu beweisen, wie oft Vögel von mancherlei Art durch Stürme weit über den Ozean verschlagen werden. Wir dürfen wohl als gewiss annehmen, dass unter solchen Umständen ihre Schnelligkeit oft 35 engl. Meilen in der Stunde betragen mag, und manche Schriftsteller haben sie viel höher angeschlagen. Ich habe nie eine nahrhafte Samenart durch die Eingeweide eines Vogels passieren sehen, wogegen harte Samen und Früchte unangegriffen selbst durch die Gedärme des Truthuhns gehen. Im Laufe von zwei Monaten sammelte ich in meinem Garten aus den Exkrementen kleiner Vögel 12 Arten Samen, welche alle noch gut zu sein schienen, und einige von ihnen, die ich probierte, haben wirklich gekeimt. Wichtiger ist jedoch folgende Tatsache. Der Kropf der Vögel sondert keinen Magensaft aus und benachteiligt nach meinen Versuchen die Keimkraft der Samen nicht im Mindesten. Nun sagt man, dass, wenn ein Vogel eine große Menge Samen gefunden und gefressen hat, die Körner nicht vor 12–18 Stunden in den Magen gelangen. In dieser Zeit aber kann ein Vogel leicht 500 Meilen weit fortgetrieben werden; und wenn Falken,

wie sie es gerne tun, auf den ermüdeten Vogel Jagd machen, so kann dann der Inhalt seines Kropfes bald umhergestreut sein. Hr. Brent benachrichtigt mich, dass ein Freund von ihm es aufgegeben hat, Botentauben von Frankreich nach England fliegen zu lassen, weil die Falken deren zu viele bei ihrer Ankunft an der englischen Küste vertilgten. Nun verschlingen einige Falken und Eulen ihre Beute ganz und brechen nach 12–20 Stunden Ballen unverdauter Federn wieder aus, die, wie ich aus Versuchen in den zoologischen Gärten weiß, oft noch keimfähige Samen enthalten. Einige Samen von Hafer, Weizen, Hirse, Kanariengras, Hanf, Klee und Mangold keimten noch, nachdem sie 12–20 Stunden in den Magen verschiedener Raubvögel verweilt hatten, und zwei Mangoldsamen wuchsen sogar, nachdem sie zwei Tage und vierzehn Stunden dort gewesen waren. Süßwasserfische verschlingen Samen verschiedener Land- und Wasserpflanzen; Fische werden oft von Vögeln verzehrt, und so können jene Samen von Ort zu Ort ausgestreut werden. Ich brachte mancherlei Samenarten in den Magen toter Fische und gab diese sodann Pelikanen, Störchen und Fischadlern zu fressen; diese Vögel gaben einige Stunden später die Samen in ihren Exkrementen wieder von sich oder brachen sie in Gewöllballen aus. Mehrere dieser Samen besaßen alsdann noch ihre Keimkraft; andere dagegen verloren sie jederzeit durch diesen Prozess. Obwohl Schnäbel und Füße der Vögel gewöhnlich ganz rein sind, so hängen doch oft auch Erdteile daran. In einem Falle trennte ich 22 Gran toniger Erde von dem Fuß eines Feldhuhns, und in dieser Erde befand sich ein Steinchen so groß wie ein Wickensamen. Daher mögen auf dieselbe Art auch Samen zuweilen auf große Entfernungen fortgeführt werden, indem sich nachweisen lässt, dass der Ackerboden überall voll von Sämereien steckt. Erwägt man, wie viele Millionen Wachteln jährlich das Mittelmeer überfliegen, so wird man die Möglichkeit nicht bezweifeln, dass wohl auch einmal ein paar kleine Samen an ihren Füßen mit herüber oder hinüber gelangen. Doch werde ich auf diesen Gegenstand noch zurückkommen. Bekanntlich sind Eisberge oft mit Steinen und Erde beladen; auch Buschholz, Knochen und selbst einmal ein Vogelnest hat man darauf gefunden; daher wohl nicht zu zweifeln ist, dass sie mitunter auch, wie

Lyell bereits angenommen, Samen von einem zum anderen Teil der arktischen oder antarktischen Zone und in der Eiszeit sogar von einem Teil der jetzigen gemäßigten Zonen zum anderen geführt haben. Da auf den Azoren eine im Verhältnis zu den übrigen zum Teil dem Festland näher gelegenen Inseln des Atlantischen Meeres große Anzahl europäischer Pflanzen und (wie Hr. H. C. Watson bemerkt) insbesondere solcher Arten vorkommt, die einen etwas nördlicheren Charakter haben, als der Lage entspricht, so vermutete ich, dass ein Teil derselben mit Eisbergen in der Eiszeit dahin gelangt sei. Auf meine Bitte fragte Sir Ch. Lyell Hrn. Hartung, ob er erratische Blöcke auf diesen Inseln gefunden habe, und erhielt zur Antwort, dass große Blöcke von Granit und anderen nicht auf den Inseln anstehenden Gesteinen dort vorkommen. Wir dürfen daher getrost folgern, dass Eisberge vordem ihre Bürden an der Küste dieser mittelozeanischen Inseln abgesetzt haben, und so ist es wenigstens möglich, dass auch einige Samen nordischer Pflanzen mit dahin gelangt sind. In Berücksichtigung, dass manche der oben erwähnten und andere wohl später zu entdeckende Transportmittel ganze Jahrhunderte und Jahrtausende alljährlich in Tätigkeit gewesen, würde es nach meiner Ansicht eine wunderbare Tatsache sein, wenn nicht auf diesen Wegen viele Pflanzen mitunter in weite Fernen versetzt worden wären. Diese Transportmittel werden zuweilen zufällige genannt, was nicht ganz richtig ist, indem weder die Seeströmungen noch die vorwaltende Richtung der Stürme zufällig sind. Indessen ist von diesen Mitteln wohl keines im Stande, keimfähige Samen in sehr große Fernen zu versetzen, indem die Samen weder ihre Keimfähigkeit im Seewasser lange behalten noch in Kropf und Eingeweiden der Vögel weit transportiert werden können. Wohl aber genügen sie, um dieselben gelegentlich über einige hundert Meilen breite Seestriche hinwegzuführen und so von Kontinent zu Insel, oder von Insel zu Insel, aber nicht von einem Kontinent zum anderen zu fördern. Die Floren entfernter Kontinente werden auf diese Weise mithin nicht in hohem Grade gemengt werden, sondern so weit getrennt bleiben, als wir sie jetzt finden. Die Ströme würden ihrer Richtung nach niemals Samen von Nordamerika nach Britannien bringen können, wie sie deren von Westindien aus an GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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unsere Küsten spülen, wo sie aber, selbst wenn sie auf diesem langen Wege noch ihre Lebenskraft bewahrt haben, nicht das Klima zu ertragen vermögen. Fast jedes Jahr werden 1–2 Landvögel durch Stürme von Nordamerika über den ganzen Atlantischen Ozean bis an die irischen und englischen Küsten getrieben; Samen aber könnten diese Wanderer nur auf eine Weise mit sich bringen, nämlich in dem zufällig an ihren Füßen hängenden Schmutz, was doch immer an sich schon ein seltener Zufall ist. Und wie gering wäre selbst in diesem Fall die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Same in einen günstigen Boden gelange, keime und zur Reife komme. Doch wäre es ein großer Irrtum zu folgern, dass, weil eine schon wohlbevölkerte Insel, wie es Großbritannien ist, in den paar letzten Jahrhunderten (was übrigens doch schwer zu beweisen steht) durch diese gelegentlichen Transportmittel keine Einwanderer aus Europa oder einem anderen Kontinent aufgenommen hat, auch sparsam bevölkerte Inseln selbst in noch größeren Entfernungen vom Festland keine Kolonisten auf solchen Wegen erhalten könnten. Ich zweifle nicht, dass aus 20 zu einer Insel verschlagenen Samen- oder Tierarten, auch wenn sie viel weniger bevölkert wäre als Britannien, kaum mehr als eine so für diese neue Heimat geeignet sein würde, um nun dort naturalisiert zu werden. Doch ist dies, wie mir scheint, kein bedeutender Einwand hinsichtlich dessen, was durch solche gelegentliche Transportmittel im langen Verlauf der geologischen Zeiten geschehen konnte, während der Hebung und Bildung einer Insel und bevor sie mit Ansiedlern vollständig besetzt war. Auf einem fast noch öden Land, wo noch keine oder nur wenige Insekten und Vögel jedem neu ankommenden Samenkorn nachstellen, wird dasselbe leicht zum Keimen und Fortleben gelangen, wenn es anders für dieses Klima passt. Zerstreuung während der Eiszeit. – Die Übereinstimmung so vieler Pflanzen- und Tierarten auf Bergeshöhen, welche Hunderte von Meilen weit durch Tiefländer voneinander getrennt sind, wo die Alpenbewohner nicht fortkommen können, ist eines der schlagendsten Beispiele des Vorkommens gleicher Arten auf voneinander entlegenen Punkten, ohne anscheinende Möglichkeit einer Wanderung von einem derselben zum anderen. Es ist in der Tat merkwürdig,

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so viele Pflanzenarten in den Schneegegenden der Alpen oder Pyrenäen und wieder in den nördlichsten Teilen Europas zu sehen; aber noch merkwürdiger ist es, dass die Pflanzenarten der Weißen Berge in den Vereinigten Staaten Amerikas alle die nämlichen wie in Labrador und ferner nach Asa Grays Versicherung die nämlichen wie auf den höchsten Bergen Europas sind. Schon vor langer Zeit, im Jahre 1747, veranlassten ähnliche Tatsachen Gmelin zu schließen, dass einerlei Spezies an verschiedenen Orten unabhängig voneinander geschaffen worden sein müssen, und wir würden dieser Meinung vielleicht noch zugetan geblieben sein, hätten nicht Agassiz und sonstige unsere Aufmerksamkeit auf die Eiszeit gelenkt, die, wie wir sofort sehen werden, diese Tatsachen sehr einfach erklärt. Wir haben Beweise fast jeder möglichen Art, organische und unorganische, dass in einer sehr jungen geologischen Periode Zentraleuropa und Nordamerika unter einem arktischen Klima litten. Die Ruinen eines abgebrannten Hauses erzählen ihre Geschichte nicht so verständlich, wie die schottischen Gebirge und die von Wales mit ihren geschrammten Seiten, polierten Flächen, schwebenden Blöcken von den Eisströmen berichten, womit ihre Täler noch in später Zeit ausgefüllt gewesen sind. So sehr war das Klima in Europa verschieden, dass in Norditalien riesige Moränen von einstigen Gletschern herrührend jetzt mit Mais und Wein bepflanzt sind. Durch einen großen Teil der Vereinigten Staaten bezeugen erratische Blöcke und von treibenden Eisbergen und Küsteneis geschrammte Felsen mit Bestimmtheit eine frühere Periode großer Kälte. Der frühere Einfluss des Eisklimas auf die Verteilung der Bewohner Europas, wie ihn Edw. Forbes so klar dargestellt hat, ist im Wesentlichen folgender. Doch wir werden die Veränderungen rascher verfolgen können, wenn wir annehmen, eine neue Eiszeit rücke langsam an und verlaufe dann und verschwinde so, wie es früher geschehen ist. In dem Grad, wie bei zunehmender Kälte jede weiter südlich gelegene Zone der Reihe nach für arktische Wesen geeigneter wird und ihren bisherigen Bewohnern nicht mehr zusagen kann, werden arktische Ansiedler die Stelle der bisherigen einnehmen. Zur gleichen Zeit werden auch ihrerseits diese Bewohner der gemäßigten Gegenden südwärts wandern, wenn ihnen der Weg nicht versperrt ist, in welchem Falle

sie zugrunde gehen müssten. Die Berge werden sich mit Schnee und Eis bedecken, und die früheren Alpenbewohner werden in die Ebene herabsteigen. Erreicht mit der Zeit die Kälte ihr Maximum, so bedeckt eine einförmige arktische Flora und Fauna den mittleren Teil Europas bis im Süden der Alpen und Pyrenäen und bis nach Spanien hinein. Auch die gegenwärtig gemäßigten Gegenden der Vereinigten Staaten bevölkern sich mit arktischen Pflanzen und Tieren, und zwar nahezu mit den nämlichen Arten wie Europa; denn die jetzigen Bewohner der Polarländer, von welchen soeben angenommen worden, dass sie überall nach Süden gewandert sind, sind rund um den Pol merkwürdig einförmig. Nimmt man an, dass die Eiszeit in Nordamerika etwas früher oder später als in Europa angefangen hat, so wird auch die Auswanderung nach Süden etwas früher oder später beginnen, was jedoch im Endergebnis keinen Unterschied macht. Wenn nun die Wärme zurückkehrt, so ziehen sich die arktischen Formen wieder nach Norden zurück und die Bewohner der gemäßigteren Gegenden rücken ihnen unmittelbar nach. Wenn der Schnee am Fuß der Gebirge schmilzt, werden die arktischen Formen von dem entblößten und aufgetauten Boden Besitz nehmen; sie werden immer höher und höher hinansteigen, wie die Wärme zunimmt, und ihre Brüder in der Ebene den Rückzug nach Norden hin fortsetzen. Ist daher die Wärme vollständig wiederhergestellt, so werden die nämlichen arktischen Arten, welche bisher in Masse beisammen in den Tiefländern der Alten und der Neuen Welt gelebt haben, nur noch auf abgesonderten Berghöhen und in der arktischen Zone beider Hemisphären übrig sein. Auf diese Weise begreift sich die Übereinstimmung so vieler Pflanzenarten an so unermesslich weit voneinander entlegenen Stellen, als die Gebirge der Vereinigten Staaten und Europas sind. So begreift sich ferner die Tatsache, dass die Alpenpflanzen jeder Gebirgskette mit den gerade oder fast gerade nördlich von ihnen lebenden Arten in nächster Beziehung stehen; die Wanderung bei Eintritt der Kälte und die Rückwanderung bei Wiederkehr der Wärme wird im Allgemeinen eine gerade südliche und nördliche gewesen sein. Denn die Alpenpflanzen Schottlands z. B. sind nach H. C. Watsons Bemerkung und die

der Pyrenäen nach Ramond spezieller mit denen Skandinaviens verwandt, wie die der Vereinigten Staaten und die Sibirischen mehr mit den im Norden dieser Länder lebenden Arten übereinstimmen. Diese Ansicht, gegründet auf den zuverlässig bestätigten Verlauf einer früheren Eiszeit, scheint mir in so genügender Weise die gegenwärtige Verteilung der alpinen und arktischen Arten in Europa und Nordamerika zu erklären, dass, wenn wir in noch anderen Regionen gleiche Spezies auf entfernten Gebirgshöhen zerstreut finden, wir auch ohne einen weiteren Beweis schließen dürfen, dass ein kälteres Klima ihnen vordem durch zwischengelegene Tiefländer zu wandern gestattet habe, welche seitdem zu warm für dieselben geworden sind. Wenn das Klima seit der Eiszeit je einigermaßen wärmer als jetzt gewesen wäre (wie einige Geologen aus der Verbreitung der fossilen GnathodonMuscheln in den Vereinigten Staaten geschlossen haben), dann würden die Bewohner der gemäßigten und der kalten Zone noch in sehr später Zeit etwas nach Norden vorgerückt sein, um sich noch später wieder in ihre jetzige Heimat zurückzuziehen; doch habe ich keinen genügenden Beweis für eine solche wärmere Periode, die nach der Eiszeit eingeschaltet gewesen wäre. Die arktischen Formen werden während ihrer südlichen Wanderung und Rückkehr nach Norden nahezu dem nämlichen Klima ausgesetzt gewesen und, was gleichfalls zu bemerken, in Masse beisammen geblieben sein; daher sie denn auch in ihren gegenseitigen Beziehungen nicht sonderlich gestört und mithin, nach den in diesem Band verteidigten Prinzipien, nicht allzu großer Umänderung ausgesetzt worden wären. Etwas anders würde es sich jedoch mit unseren Alpenbewohnern verhalten, welche bei rückkehrender Wärme sich vom Fuß der Gebirge immer höher an deren Seiten bis zu den Gipfeln hinan geflüchtet haben. Denn es ist nicht wahrscheinlich, dass alle dieselben arktischen Arten auf weit getrennten Gebirgsketten zurückgeblieben sind und dort seither fortgelebt haben. Auch werden die zurückgebliebenen aller Wahrscheinlichkeit nach sich mit alten Alpenpflanzen gemengt haben, welche schon vor der Eiszeit die Gebirge bewohnten und für die Dauer der kältesten Periode in die Ebene herabgetrieben wurden; sie werden ferner einem GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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etwas abweichenden klimatischen Einfluss ausgesetzt gewesen sein. Ihre gegenseitigen Beziehungen können hierdurch etwas gestört und sie selbst mithin zur Abänderung geneigt geworden sein; und so ist es wirklich der Fall. Denn, wenn wir die gegenwärtigen Alpenpflanzen und -tiere der verschiedenen großen europäischen Gebirgsketten vergleichen, so finden wir zwar im Ganzen viele identische Arten, von welchen aber manche als Varietäten auftreten, andere als zweifelhafte Formen schwanken, und einige wenige als verschiedene doch nahe verwandte oder stellvertretende Arten erscheinen. Bei Erläuterung dessen, was sich nach meiner Meinung während der Eisperiode wirklich zugetragen hat, unterstellte ich, dass bei deren Beginn die arktischen Organismen rund um den Pol so einförmig wie heutigen Tages gewesen seien. Aber die vorangehenden Bemerkungen beziehen sich nicht allein auf die strengen arktischen Formen, sondern auch auf viele subarktische und auf einige Formen der nördlich gemäßigten Zone; denn manche von diesen Arten sind ebenfalls übereinstimmend auf den niedrigeren Bergen und in den Ebenen Nordamerikas und Europas, und man kann mit Grund fragen, wie ich denn die Übereinstimmung der Formen, welche in der subarktischen und der nördlich gemäßigten Zone rund um die Erde am Anhang der Eisperiode

Coquimbo, Chile.

360 · EL F T E S K A P I T EL

stattgefunden haben muss, erkläre? Heutzutage sind die Formen der subarktischen und nördlich-gemäßigten Gegenden der Alten und der Neuen Welt voneinander getrennt durch den Atlantischen und den nördlichsten Teil des Stillen Ozeans. Als während der Eiszeit die Bewohner der Alten und der Neuen Welt weiter südwärts als jetzt lebten, müssen sie auch durch weitere Räume des Ozeans vollständiger voneinander geschieden gewesen sein. Ich glaube, dass die oben erwähnte Schwierigkeit zu umgehen ist, wenn man sich nach noch früheren Klimawechseln in einem entgegengesetzten Sinne umsieht. Wir haben nämlich guten Grund zu glauben, dass während der neueren Pliozänperiode vor der Eiszeit, wo schon die Mehrzahl der Erdbewohner mit den jetzigen von gleichen Arten gewesen, das Klima wärmer war als jetzt. Wir dürfen daher annehmen, dass Organismen, welche jetzt unter dem 60. Breitengrad leben, in der Pliozänperiode weiter nördlich am Polarkreis unter dem 66°–67° Br. wohnten, und dass die eigentlich arktischen Wesen auf die unterbrochenen Landstriche näher bei den Polen beschränkt waren. Wenn wir nun einen Globus ansehen, so werden wir finden, dass unter dem Polarkreis meist zusammenhängendes Land von Westeuropa an durch Sibirien bis Ostamerika vorhanden ist. Und diesem Zusammenhang des Zirkumpolarlandes und

der ihm entsprechenden freien Wanderung in einem schon günstigeren Klima schreibe ich den notwendigen Grad von Einförmigkeit in den Bewohnern der subarktischen und nördlich-gemäßigten Zone der Alten und Neuen Welt vor der Eiszeit zu. Von dem Glauben ausgehend, dass, wie schon oben gesagt, unsere Kontinente lange Zeit in fast nahezu der nämlichen Lage gegeneinander geblieben sind, wenn sie auch teilweise beträchtlichen Höhenschwankungen unterworfen waren, habe ich große Neigung, die erwähnte Ansicht noch weiter auszudehnen und zu unterstellen, dass in einer noch früheren und wärmeren Zeit, in der älteren Pliozänzeit nämlich, eine große Anzahl der nämlichen Pflanzen- und Tierarten das fast zusammenhängende Zirkumpolarland bewohnt habe, und dass diese

Pflanzen und Tiere sowohl in der Alten als in der Neuen Welt langsam südwärts zu wandern anfingen, wie das Klima kühler wurde, lange vor Anfang der Eisperiode. Wir sehen nun ihre Nachkommen, wie ich glaube, meistens in einem abgeänderten Zustand die Zentralteile von Europa und den Vereinigten Staaten bewohnen. Von dieser Annahme ausgehend begreift man dann die Verwandtschaft, bei sehr geringer Gleichheit, der Arten von Nordamerika und Europa, eine Verwandtschaft, welche bei der großen Entfernung beider Gegenden und ihrer Trennung durch das Atlantische Meer äußerst merkwürdig ist. Man begreift ferner die von einigen Beobachtern wahrgenommene sonderbare Tatsache, dass die Naturerzeugnisse Europas und Nordamerikas während der letzten Abschnitte der Tertiärzeit näher

Aus „Die Fahrt der Beagle“



27. April 1835

Ich brach zu einer Reise nach Coquimbo auf und von dort weiter über Guasco nach Copiapó, wo Kapitän

Fitz Roy mich freundlicherweise mit der Beagle wieder aufnehmen wollte. Die Entfernung in Luftlinie nach Norden die Küste entlang beträgt nur 420 Meilen; doch meine Art der Fortbewegung machte eine sehr lange Reise daraus. Ich kaufte vier Pferde und zwei Maultiere; Letztere trugen im Tageswechsel das Gepäck. Die sechs Tiere kosteten zusammen nur den Gegenwert von fünfundzwanzig Pfund Sterling, und in Copiapó verkaufte ich sie wieder für dreiundzwanzig. Wir reisten in der gleichen unabhängigen Weise wie zuvor, kochten uns unsere Mahlzeiten selbst und schliefen im Freien. Als wir auf Viño del Mar zuritten, warf ich einen Abschiedsblick auf Valparaíso und bewunderte sein malerisches Erscheinungsbild. Zu geologischen Zwecken machte ich einen Umweg von der Chaussee zum Fuße der Glocke von Quillota. Wir gelangten durch ein alluviales Gebiet, das reich an Gold war, in die Umgebung von Limache, wo wir schliefen. Das Auswaschen von Gold ernährt die Bewohner zahlreicher Hütten, die an den Ufern eines jeden kleinen Flüsschens entlang verstreut sind, doch wie alle, deren Ertrag unsicher ist, sind sie in ihrer Lebensweise nicht sehr haushälterisch und folglich arm.



14. Mai 1835

W

ir erreichten Coquimbo, wo wir einige Tage blieben. Das einzige Besondere an dieser Stadt ist ihre äußerste Stille. Sie soll zwischen 6000 und 8000 Menschen beherbergen. Am Morgen des 17. regnete es leicht, zum ersten Mal im Jahr, ungefähr fünf Stunden lang. Die Bauern, die nahe der Küste, wo die Luft feuchter ist, Getreide anbauen, nutzten diesen Schauer, um das Erdreich aufzubrechen; nach einem zweiten säen sie, und sollte dann noch ein dritter fallen, bringen sie im Frühjahr eine gute Ernte ein. Es war interessant, die Wirkung dieser unbedeutenden Menge Feuchtigkeit zu beobachten. Zwölf Stunden danach erschien der Boden so trocken wie zuvor, doch nach weiteren zehn Tagen waren alle Hügel schwach mit grünen Flecken eingefärbt; das Gras wuchs spärlich in haarähnlichen Fasern von der Länge eines vollen Zolls. Vor diesem Schauer war jede Stelle des Bodens kahl wie auf einer Straße gewesen.

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miteinander verwandt sind, als sie es in der vorangehenden Zeit waren; denn in dieser wärmeren Zeit sind die nördlichen Teile der Alten und der Neuen Welt durch Zwischenländer in zusammenhängenderer Weise miteinander verbunden gewesen, die aber seither durch Kälte zur Auswanderung unbrauchbar gemacht worden sind. Sobald während der langsamen Temperaturabnahme in der Pliozänperiode die gemeinsam ausgewanderten Bewohner der Alten und Neuen Welt südwärts vom Polarkreis angelangt waren, wurden sie vollständig voneinander abgeschnitten. Diese Trennung trug sich, was die Bewohner der gemäßigteren Gegenden betrifft, vor langen, langen Zeiten zu. Und als damals die Pflanzen- und Tierarten südwärts wanderten, werden sie sich mit den Eingeborenen der niedrigeren Breiten gemengt und in der einen Gegend amerikanische und in der anderen europäische Arten zu neuen Mitbewerbern bekommen haben. Hier ist demnach alles zu reich-

licher Abänderung der Arten angetan, weit mehr als es hinsichtlich der auf südlichen Alpenhöhen abgeschnitten zurückgelassenen Polarbewohner beider Weltteile der Fall gewesen ist. Davon rührt es her, dass, wenn wir die jetzt lebenden Erzeugnisse gemäßigterer Gegenden der Alten und der Neuen Welt miteinander vergleichen, wir nur sehr wenige identische Arten finden (obwohl Asa Gray kürzlich gezeigt hat, dass deren Anzahl größer ist, als man bisher angenommen hatte); aber wir finden in jeder großen Klasse viele Formen, welche ein Teil der Naturforscher als geographische Rassen und ein anderer als unterschiedene Arten betrachten, zusammen mit einem Heer nahe verwandter oder stellvertretender Formen, die bei allen Naturforschern für eigene Arten gelten. Wie auf dem Land, so kann auch in der See eine langsame südliche Wanderung der Fauna, welche während oder etwas vor der Pliozänperiode längs der zusammenhängenden Küsten des Polarkreises sehr

Eine Vampirfledermaus. Während eines Ritts in Brasilien hatte Darwin das »Glück« zu beobachten, wie eine an einem Pferd Blut saugte.

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einförmig gewesen ist, nach der Abänderungstheorie zur Erklärung der vielen nahe verwandten Formen dienen, welche jetzt in ganz gesonderten Gebieten leben. Mit ihrer Hilfe lässt sich, wie ich glaube, das Dasein einer Menge noch lebender und tertiärer stellvertretender Arten an den östlichen und westlichen Küsten des gemäßigteren Teiles von Nordamerika erklären, so wie die bei Weitem auffallendere Erscheinung vieler nahe verwandter Kruster (in Danas ausgezeichnetem Werk beschrieben), einiger Fische und anderer Seetiere im Japanischen und im Mittelmeer zugleich, in Gegenden mithin, welche jetzt durch einen großen Kontinent und fast eine ganze Hemisphäre von äquatorialen Meeren voneinander getrennt sind. Diese Fälle von Verwandtschaft, ohne Identität, zwischen den Bewohnern jetzt getrennter Meere wie zwischen den früheren und jetzigen Bewohnern der gemäßigten Länder Nordamerikas und Europas sind aus der Schöpfungstheorie unerklärbar. Wir können nicht sagen, sie seien ähnlich geschaffen zur Anpassung an die ähnlichen Naturbedingungen der beiderlei Gegenden; denn wenn wir z. B. gewisse Teile Südamerikas mit den südlichen Kontinenten der Alten Welt vergleichen, so finden wir Striche in beiden, die sich hinsichtlich ihrer Naturbeschaffenheit einander genau entsprechen, aber in ihren Bewohnern sich ganz unähnlich sind. Wir müssen jedoch zu unserer unmittelbaren Aufgabe zurückkehren, nämlich zur Eiszeit. Ich bin überzeugt, dass Edw. Fobbes’ Theorie einer großen Erweiterung fähig ist. In Europa haben wir die deutlichsten Beweise einer Kälteperiode von den Westküsten Britanniens ostwärts bis zur Uralkette und südwärts bis zu den Pyrenäen. Aus den im Eis eingefrorenen Säugetieren und der Beschaffenheit der Gebirgsvegetation zu schließen, war Sibirien auf ähnliche Weise betroffen gewesen. Längs dem Himalaya habe Gletscher an 900 engl. Meilen voneinander entlegenen Punkten Spuren ihrer ehemaligen weiten Erstreckung nach der Tiefe hinterlassen; und in Sikkim sah Dr. Hooker Mais wachsen auf alten Riesenmoränen. Im Süden des Äquators haben wir einige unmittelbare Beweise früherer Eistätigkeit in Neuseeland, und das Wiedererscheinen derselben Pflanzenarten auf weit voneinander getrennten Bergen dieser Insel spricht für die gleiche Geschichte.

Wenn sich ein bereits veröffentlichter Bericht bestätigt, so liegen direkte Beweise solcher Tätigkeit auch in der südöstlichen Spitze Neuhollands vor. Sehen wir uns in Amerika um. In der nördlichen Hälfte sind von Eis transportierte Felstrümmer beobachtet worden an der Ostseite abwärts bis zum 36° Br. und an der Küste des Stillen Meeres, wo das Klima jetzt so verschieden ist, bis zum 46° nördlicher Breite; auch in den Rocky Mountains sind erratische Blöcke gesehen worden. In den Kordilleren des äquatorialen Südamerikas haben sich Gletscher ehedem weit über ihre jetzige Grenze herabbewegt. In Zentralchile war ich betroffen von der Struktur eines DetritusHaufwerks, welches 800 Fuß hoch ein Andes-Tal quer durchsetzt, und dies war, wie ich jetzt überzeugt bin, eine riesige Moräne tief unter jedem noch jetzt dort vorkommenden Gletscher. Weiter südwärts an beiden Seiten des Kontinents, von 41° Br. bis zur südlichsten Spitze, finden wir die klarsten Beweise früherer Gletschertätigkeit in mächtigen von ihrer Geburtsstätte weit entführten Blöcken. Wir wissen nicht, ob die Eiszeit an allen diesen Punkten auf ganz entgegengesetzten Seiten der Erde genau gleichzeitig gewesen ist; doch fiel sie, in fast allen Fällen wohl erweislich, in die letzte geologische Periode. Ebenso haben wir vortreffliche Beweise, dass sie überall, in Jahren ausgedrückt, von ungeheurer Dauer war. Sie kann an einer Stelle der Erde früher begonnen oder früher aufgehört haben als an der anderen; da sie aber überall lange gewährt hat und wenigstens in geologischem Sinne überall gleichzeitig war, so ist es mir wahrscheinlich, dass jedenfalls ein Teil der Glazialereignisse an allen diesen Orten über die ganze Erde hin der Zeit nach genau zusammenfiel. So lange wir nicht irgendeinen bestimmten Beweis für das Gegenteil haben, dürfen wir daher unterstellen, dass die Glazialtätigkeit eine gleichzeitige gewesen ist an der Ost- und WestSeite Nordamerikas, in den Kordilleren des Äquators und der wärmer-gemäßigten Zone wie zu beiden Seiten der südlichen Spitze dieses Weltteiles. Ist dies anzunehmen erlaubt, so wird man auch annehmen müssen, dass die Temperatur der ganzen Erde in dieser Periode gleichzeitig kühler gewesen ist; doch wird es für meinen Zweck genügen, wenn die Temperatur nur auf gewissen breiten von Norden nach Süden ziehenden Strecken der Erde gleichzeitig niedriger war. GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



19. Juli 1835

Wir ankerten in der Bucht von Callao, dem Hafen Limas, der Hauptstadt Perus. Hier blieben wir sechs

Wochen, doch aufgrund der Wirren im öffentlichen Leben sah ich vom Land sehr wenig. Während unseres gesamten Aufenthalts war das Klima nicht annähernd so wunderbar, wie es gemeinhin dargestellt wird. Beständig hing eine trübe, schwere Wolkenbank überm Land, sodass ich während der ersten sechzehn Tage nur einmal einen Blick auf die Kordilleren hinter Lima erhielt. Diese Berge boten, in Stufen gesehen, einer hinter dem anderen durch eine Öffnung in den Wolken, ein ganz prachtvolles Bild. Es ist fast schon sprichwörtlich, dass im unteren Teil Perus nie Regen fällt. Doch das kann kaum als zutreffend gelten, denn an beinahe jedem Tag unseres Besuches gab es einen dicken, nieseligen Nebel, der genügte, um die Straßen matschig und die Kleidung feucht zu machen: Dies nennen die Leute gern den peruanischen Tau. Dass nicht viel Regen fällt, steht sicher fest, denn die Häuser sind nur mit flachen Dächern aus gehärtetem Ton gedeckt, und auf der Mole waren Schiffsladungen Weizen aufgestapelt, und so bleiben sie wochenlang ohne jeden Schutz. Ich kann nicht behaupten, dass mir das sehr wenige, was ich von Peru gesehen habe, gefallen hat: Im Sommer soll das Klima jedoch weit angenehmer sein. Zu allen Jahreszeiten leiden Einheimische wie Ausländer an heftigen Fieberanfällen. Diese Krankheit ist an der ganzen peruanischen Küste verbreitet, im Landesinnern hingegen unbekannt. Die Krankheitsanfälle, die von Miasma herrühren, erscheinen stets vollkommen rätselhaft. Vom Erscheinungsbild eines Landes zu beurteilen, ob es gesund ist oder nicht, ist so schwierig, dass einer, hätte man ihm gesagt, er solle sich innerhalb der Tropen eine Gegend wählen, die seiner Gesundheit förderlich ist, sehr wahrscheinlich diese Küste genannt hätte. Die Ebene um Callao herum ist spärlich mit sehr grobem Gras bewachsen, und an manchen Stellen finden sich einige stehende, wenn auch sehr kleine Wassertümpel. Das Miasma kommt aller Wahrscheinlichkeit nach daraus, denn die Stadt Arica war ähnlich betroffen, und ihre Gesundheit besserte sich stark, nachdem man einige dieser kleinen Tümpel entleert hatte. Miasma wird nicht immer von einer üppigen Vegetation in einem heißen Klima erzeugt, denn viele Gegenden Brasiliens, selbst wo es Marschen und eine wuchernde Vegetation gibt, sind viel gesünder als diese unfruchtbare Küste Perus. Die dichtesten Wälder in einem gemäßigten Klima wie auf Chiloé scheinen die Gesundheit der Luft nicht im Mindesten zu berühren. … Lima liegt auf der Ebene eines Tals, das sich während des allmählichen Zurückweichens des Meeres bildete. Die Stadt ist sieben Meilen von Callao entfernt, doch da das Gefälle sehr flach ist, erscheint die Straße als absolut eben, sodass man, hat man Lima erreicht, kaum glauben mag, dass man auch nur hundert Fuß erklommen hat. Humboldt hat auf diesen außerordentlich trügerischen Umstand hingewiesen. Steile, karge Berge erheben sich wie Inseln aus der Ebene, die mittels gerader Erdwälle in große grüne Felder aufgeteilt ist. Auf diesen wächst kaum ein Baum, von einigen wenigen Weiden und gelegentlich einem Grüppchen Bananen- oder Orangenbäume abgesehen. Lima befindet sich jetzt in einem jämmerlichen Zustand des Verfalls: Die Straßen sind nahezu ungepflastert, und an allen Ecken und Enden türmt sich Unrat, aus dem die schwarzen Gallinazos, zahm wie Hühner, Kadaverfetzen herauszerren. Die Häuser haben zumeist ein Obergeschoss, das wegen der Erdbeben aus vergipstem Holzwerk gebaut ist; manche alten jedoch, die nun von mehreren Familien genutzt werden, sind ungeheuer groß und würden mit ihren Gemächern überall mit den prächtigsten wetteifern. Lima, die Stadt der Könige, muss einst eine herrliche Stadt gewesen sein. Die außerordentliche Zahl an Kirchen verleiht ihr noch heute ein besonderes und auffallendes Gepräge, zumal wenn man von nahem darauf blickt.

Lima und San Lorenzo. Von dieser Voraussetzung ausgehend, dass die Erde oder wenigstens breite Meridianstreifen derselben von einem Pol zum anderen gleichzeitig kälter geworden sind, lässt sich viel Licht über die jetzige Verteilung identischer und verwandter Arten verbreiten. Dr. Hooker hat gezeigt, dass in Amerika 40–50 Blütenpflanzen des Feuerlandes, welche keinen unbeträchtlichen Teil der dortigen kleinen Flora bilden, trotz der ungeheuren Entfernung beider Punkte, mit europäischen Arten übereinstimmen; außerdem gibt es viele nahe verwandte Arten. Auf den hochragenden Gebirgen des tropischen Amerikas kommt eine Menge besonderer Arten aus europäischen Sippen vor. Auf den höchsten Bergen Brasiliens sind einige wenige europäische Sippen von Gardener gefunden worden, welche in den weitgedehnten warmen Zwischenländern nicht fortkommen. An der Silla von Caracas fand Al. von Humboldt schon vor langer Zeit Sippen, welche für die Kordilleren bezeichnend sind. Auf den abessinischen Gebirgen kommen verschiedene europäische Formen und einige wenige stellvertretende Arten der eigentümlichen Flora des Kaps der Guten Hoffnung vor. Am Kap sind einige wenige europäische Arten, die man nicht für eingeführt hält, und auf den Bergen einige wenige stellvertretende Formen europäischer Arten gefunden worden, dergleichen man in den tropischen Ländern Afrikas noch nicht entdeckt hat. Am

Himalaya und auf den vereinzelten Bergketten der Indischen Halbinsel, auf den Höhen von Ceylon und den vulkanischen Kegeln Javas treten viele Pflanzen auf, welche entweder der Art nach miteinander übereinstimmen, oder sich wechselseitig vertreten und zugleich für europäische Formen vikariieren, aber in den dazwischen gelegenen warmen Tiefländern nicht gefunden werden. Ein Verzeichnis der auf den luftigen Bergspitzen Javas gesammelten Sippen liefert ein Bild wie von einer auf europäischen Gebirgen gemachten Sammlung. Noch viel schlagender ist die Tatsache, dass die südaustralischen Formen offenbar durch Pflanzen repräsentiert werden, welche auf den Berghöhen von Borneo wachsen. Einige dieser australischen (neuholländischen) Formen erstrecken sich nach Dr. Hooker längs der Höhen der Halbinsel Malakka und sind dünne zerstreut einerseits über Indien und andererseits nordwärts bis Japan. Auf den südlichen Gebirgen Neuhollands hat Dr. F. Müller mehrere europäische Arten entdeckt; andere nicht von Menschen eingeführte Spezies kommen in den Niederungen vor, und wie mir Dr. Hooker sagt, könnte noch eine lange Liste von europäischen Sippen aufgestellt werden, die sich in Neuholland, aber nicht in den heißen Zwischenländern finden. In der vortrefflichen Einleitung zur Flora Neuseelands liefert Dr. Hooker noch andere analoge und schlagende Beispiele hinsichtlich der Pflanzen dieser großen Insel. Wir sehen daher, dass über der ganzen Erdoberfläche einesteils die auf den höheren Bergen wachsenden Pflanzen wie anderenteils die in den gemäßigten Tiefländern der nördlichen und der südlichen Hemisphäre verbreiteten zuweilen von gleicher Art sind; noch öfter aber erscheinen sie spezifisch verschieden, obwohl in merkwürdiger Weise miteinander verwandt. Dieser kurze Umriss bezieht sich nur auf Pflanzen allein; aber genau analoge Tatsachen lassen sich auch über die Verteilung der Landtiere anführen. Auch bei den Seetieren kommen ähnliche Fälle vor. Ich will als Beleg die Bemerkung eines der besten Gewährsmänner, nämlich des Professors Dana anführen, »dass es gewiss eine wunderbare Tatsache ist, dass Neuseeland hinsichtlich seiner Kruster eine GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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größere Verwandtschaft mit seinem Antipoden Großbritannien als mit irgendeinem anderen Teil der Welt zeigt«. Ebenso spricht Sir J. Richardson von dem Wiedererscheinen nordischer Fischformen an den Küsten von Neuseeland, Tasmanien usw. Dr. Hooker sagt mir, dass Neuseeland 25 Algenarten mit Europa gemein hat, die in den tropischen Zwischenmeeren noch nicht gefunden worden sind. Es ist zu bemerken, dass die in den südlichen Teilen der südlichen Halbkugel und auf den tropischen Hochgebirgen gefundenen nördlichen Arten und Formen keine arktischen sind, sondern dem nördlichen Teil der gemäßigten Zone entsprechen. Hr. H. C. Watson hat neulich bemerkt, »je weiter man von den polaren gegen die tropischen Breiten voranschreitet, desto weniger arktisch werden die alpinen oder gebirgigen Formen der Organismen«.

Als er über die Diversität der Galapagos-Finken nachsann, hielt Darwin einige zunächst fälschlicherweise für Kernbeißer.

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Viele der auf den Gebirgen wärmerer Gegenden der Erde und in der südlichen Hemisphäre lebenden Arten sind von so zweifelhaftem Wert, dass sie von einigen Naturforschern als wesentlich verschieden und von anderen als bloße Varietäten bezeichnet werden. Wir wollen nun zusehen, welche Aufschlüsse die vorangehenden Tatsachen über die durch eine Menge geologischer Beweise unterstützte Annahme gewähren können, dass die ganze Erdoberfläche oder wenigstens ein großer Teil derselben während der Eisperiode gleichzeitig viel kälter als jetzt gewesen sei. Die Eisperiode muss, in Jahren ausgedrückt, sehr lang gewesen sein; und wenn wir berücksichtigen, über welch weite Flächen einige naturalisierte Pflanzen und Tiere in wenigen Jahrhunderten sich ausgebreitet haben, so hat diese Periode für jede noch so weite Wanderung ausreichen können. Da die Kälte nur langsam zunahm, so werden alle tropischen Pflanzen und Tiere sich von beiden Seiten her gegen den Äquator zurückgezogen haben, gefolgt von den Bewohnern gemäßigter Gegenden, welchen die der Polarzonen nachrückten; doch haben wir es mit den letzten in diesem Augenblick nicht zu tun. Viele der Tropenpflanzen erloschen dabei ohne Zweifel; wie viele, kann niemand sagen. Vielleicht waren vordem die Tropengegenden ebenso reich an Arten wie jetzt das Kap der Guten Hoffnung und einige gemäßigte Teile Neuhollands. Da wir wissen, dass viele tropische Pflanzen und Tiere einen ziemlichen Grad von Kälte aushalten können, so mögen manche derselben der Zerstörung durch eine mäßige Temperaturabnahme entgangen sein, zumal wenn sie in die tiefsten geschütztesten und wärmsten Bezirke zu entkommen vermochten. Aber was man hauptsächlich nicht vergessen darf, das ist, dass doch alle Tropenerzeugnisse mehr oder weniger gelitten haben müssen. Die Bewohner gemäßigter Gegenden, welche näher an den Äquator heranrücken konnten, wurden in einigermaßen neue Verhältnisse versetzt, litten aber weniger. Auch ist es gewiss, dass viele Pflanzen gemäßigter Gegenden, wenn sie gegen Mitbewerbung geschützt sind, ein viel wärmeres als ihr eigentliches Klima ertragen können. Daher scheint es mir möglich, dass, da die Tropenerzeugnisse in leidendem Zustand waren und den Eindringlingen keinen ernsten Widerstand zu leisten vermochten,

eine gewisse Anzahl der kräftigsten und herrschendsten Formen der gemäßigten Zone in die Reihen der Eingeborenen eingedrungen sind und den Äquator erreicht und selbst noch überschritten haben. Der Einfall wurde in der Regel durch Hochländer und vielleicht ein trockenes Klima noch begünstigt; denn Dr. Falconer sagt mir, dass es die mit der Hitze der Tropenländer verbundene Feuchtigkeit ist, welche den perennierenden Gewächsen aus gemäßigteren Gegenden so verderblich wird. Dagegen werden die feuchtesten und wärmsten Bezirke den Eingeborenen der Tropen als Zufluchtsstätte gedient haben. Die Gebirgsketten im Nordwesten des Himalaya und die lange Kordilleren-Reihe scheinen zwei große Invasionslinien gebildet zu haben; und es ist eine schlagende Tatsache, dass nach Dr. Hookers letzter Mitteilung die 46 Blütenpflanzen, welche Feuerland mit Europa gemein hat, alle auch in Nordamerika vorkommen, das auf ihrer Marschroute gelegen haben muss. Doch zweifle ich nicht daran, dass auch einige Bewohner der gemäßigten Zonen sogar in die Tiefländer der Tropen eingedrungen sind und diese überschritten haben, als zur Zeit der größten Kälte arktische Formen von ihrer Heimat aus 25 Breitengrade südwärts vordrangen und das Land am Fuß der Pyrenäen bedeckten. In dieser Zeit der größten Kälte dürfte dann das Klima unter dem Äquator im Niveau des Meeresspiegels ungefähr das nämliche gewesen sein, wie es jetzt dort in 6000–7000 Fuß Seehöhe herrscht. In dieser Zeit der größten Kälte waren meiner Meinung nach weite Räume in den tropischen Tiefländern mit einer Vegetation bedeckt, aus Formen tropischer und gemäßigter Gegenden zusammengesetzt und derjenigen vergleichbar, welche sich nach Hookers lebendiger Beschreibung in wunderbarer Üppigkeit am Fuß des Himalaya entfaltet. So sind, glaube ich, während der Eisperiode beträchtlich viele Pflanzen, einige Landtiere und verschiedene Meeresbewohner von beiden gemäßigten Zonen aus in die Tropengegenden eingedrungen und haben manche sogar den Äquator überschritten. Als die Wärme zurückkehrte, stiegen die den gemäßigten Klimaten entstammten Formen natürlich an den Bergen hinan



Aus „Die Fahrt der Beagle“

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inmal ging ich mit einigen Kaufleuten in der unmittelbaren Umgebung der Stadt auf die Jagd. Unsere Ausbeute war sehr mager, allerdings hatte ich Gelegenheit, die Ruinen eines der alten Indianerdörfer zu sehen, dessen Grabhügel sich gleich einem natürlichen Berg in der Mitte erhob. Die über diese Ebene verstreuten Überreste von Häusern, Einfriedungen, Bewässerungsgräben und Grabhügeln vermitteln einem durchaus eine klare Vorstellung von Zustand und Anzahl der alten Bevölkerung. Betrachtet man ihr irdenes Geschirr, ihre Wollkleidung, die Gerätschaften mit ihrer anmutigen Form, aus dem härtesten Stein geschnitten, ihre Werkzeuge aus Kupfer, den Schmuck aus Edelsteinen, die Paläste und hydraulischen Werke, kann man nicht umhin, den beträchtlichen Fortschritt zu respektieren, den sie in den Künsten der Zivilisation gemacht haben. Die Grabhügel, genannt Huacas, sind wahrhaft stupend, auch wenn sie mancherorts wie umschlossene und gestaltete natürliche Hügel erscheinen.

Tongefäße aus peruanischen Grabhügeln. GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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Die Embryologie war eine wichtige Kategorie der Beweisführung. Ein menschlicher Embryo (oben) ähnelt dem Embryo eines Hundes (unten), wie in Darwins späterem Buch Die Abstammung des Menschen gezeigt wird.

und verschwanden aus den Tiefebenen; diejenigen, welche den Äquator nicht erreicht hatten, kehrten nord- und südwärts in ihre frühere Heimat zurück; jene hauptsächlich nordischen Formen aber, welche den Äquator schon überschritten, wanderten weiter in die gemäßigten Breiten der entgegengesetzten Hemisphäre. Obwohl sich aus geologischen Forschungen ergibt, dass die ganze Masse der arktischen Konchylien auf ihrer langen Wanderung nach Süden und ihrer Rückwanderung nach Norden kaum irgendeine wesentliche Modifikation erfahren habe, so ist das Verhältnis doch ein ganz anderes hinsichtlich der eingedrungenen Formen, welche sich auf den tropischen Gebirgen und in der südlichen Hemisphäre festsetzten. Von Fremdlingen umgeben gerieten sie mit vielen neuen Lebensformen in Mitbewerbung; und es ist wahrscheinlich, dass Abänderungen in Struktur organischer Tätigkeit und Lebensweise davon die Folge waren und durch natürliche Züchtung fortgebildet wurden. So leben nun viele von diesen Wanderern, wenn auch offenbar noch verwandt mit ihren Brüdern in der anderen Hemisphäre, in ihrer neuen Heimat als ausgezeichnete Varietäten oder eigene Spezies fort. Es ist eine merkwürdige Tatsache, worauf Hooker hinsichtlich Amerikas und Alphonse de Candolle hinsichtlich Australiens bestehen, dass offenbar viel mehr identische und verwandte Pflanzen von Norden nach Süden als in umgekehrter Richtung gewandert sind. Wir sehen daher nur wenige südliche Pflanzenformen auf den Bergen von Borneo und Abessinien. Ich vermute, dass diese überwiegende Wanderung von Norden nach Süden der größeren Ausdehnung des Landes im Norden und der zahlreicheren Existenz der nordischen Formen in ihrer Heimat zuzuschreiben ist, in deren Folge sie durch natürliche Züchtung und mannigfaltigere Mitbewerbung bereits zu höherer Vollkommenheit und Herrschaftsfähigkeit als die südlicheren Formen gelangt waren. Und als nun beide während der Eisperiode sich durcheinandermengten, waren die nördlichen Formen besser geeignet, die südlichen zu überwinden – so wie wir heutzutage noch europäische Einwanderer den Boden von La Plata und seit 30–40 Jahren auch von Neuholland bedecken sehen. Etwas Ähnliches muss sich auch in den tropischen Gebirgen zugetragen haben, welche zweifelsohne

schon vor der Eiszeit mit ihren eigentümlichen Alpenbewohnern bevölkert gewesen sind. Auf vielen Inseln sind die eingeborenen Erzeugnisse durch die naturalisierten bereits an Menge erreicht oder überboten; und wenn jene ersten jetzt auch noch nicht verdrängt sind, so hat ihre Anzahl doch schon sehr abgenommen, und dies ist der erste Schritt zum Untergang. Ein Gebirge ist eine Insel auf dem Lande, und die tropischen Gebirge vor der Eiszeit müssen vollständig isoliert gewesen sein. Ich glaube, dass die Erzeugnisse dieser Inseln auf dem Lande vor denen der größeren nordischen Länderstrecken ganz in derselben Weise zurückgewichen sind, wie die Erzeugnisse der Inseln im Meer zuletzt überall von den durch den Menschen daselbst naturalisierten verdrängt wurden. Ich bin fern davon zu glauben, dass durch die hier aufgestellte Ansicht über die Ausbreitung und die Beziehungen der verwandten Arten, welche in der nördlichen und der südlichen gemäßigten Zone und auf den Gebirgen der Tropengegenden wohnen, bereits alle Schwierigkeiten ausgeglichen sind. Sehr viele bleiben noch zu überwinden. Ich behaupte nicht, die Richtungen und Mittel der Wanderungen oder die Ursachen genau nachweisen zu können, warum die einen und nicht die anderen Arten gewandert sind, oder warum gewisse Spezies Abänderung erfahren haben und zur Bildung neuer Formengruppen verwendet worden, während andere unverändert geblieben sind. Wir können nicht hoffen, solche Verhältnisse zu erklären, solange wir nicht zu sagen vermögen, warum eine Art und nicht die andere durch menschliche Tätigkeit in fremden Landen naturalisiert werden kann, oder warum die eine zwei- oder dreimal so weit verbreitet, zwei- oder dreimal so gemein als die andere Art in der gemeinsamen Heimat ist. Ich habe gesagt, dass viele Schwierigkeiten noch zu überwinden bleiben. Einige der merkwürdigsten hat Dr. Hooker in seinen botanischen Werken über die antarktischen Regionen mit bewundernswerter Klarheit auseinandergesetzt. Diese können hier nicht erörtert werden. Nur das will ich bemerken, dass, wenn es sich um das Vorkommen einer Spezies an so ungeheuer voneinander entfernten Punkten handelt, wie es Kerguelen-Land, Neuseeland und Feuerland sind, nach meiner Meinung (wie auch GE OGRAP H ISCH E VERBREITUNG

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Lyell annimmt) Eisberge gegen das Ende der Eiszeit hin sich reichlich an deren Verbreitung beteiligt haben dürften. Aber das Vorkommen einiger völlig verschiedener Arten aus ganz südlichen Sippen an diesem oder jenem entlegenen Punkt der südlichen Halbkugel ist nach meiner Theorie der Fortpflanzung mit Abänderung ein weit merkwürdigeres schwieriges Beispiel. Denn einige dieser Arten sind so abweichend, dass sich nicht annehmen lässt, die Zeit von Anbeginn der Eisperiode bis jetzt könne zu ihrer Wanderung und nachherigen Abänderung bis zur erforderlichen Stufe hingereicht haben. Diese Tatsachen scheinen mir anzuzeigen, dass sehr verschiedene eigentümliche Arten in strahlenförmiger Richtung von irgendeinem gemeinsamen Zentrum ausgegangen sind; und ich bin geneigt, mich auch in der südlichen sowie in der nördlichen Halbkugel um eine wärmere Periode vor der Eiszeit umzusehen, wo die jetzt mit Eis bedeckten antarktischen Länder eine ganz eigentümliche und abgesonderte Flora besessen haben. Ich vermute, dass schon vor der Vertilgung dieser Flora durch die Eisperiode sich einige wenige Formen derselben durch gelegentliche Transportmittel bis zu verschiedenen weit entlegenen Punkten der südlichen Halbkugel verbreitet hatten. Dabei mögen ihnen einige entweder noch vorhandene oder bereits versunkene Inseln als Ruheplätze gedient haben. Und so, glaube ich, haben die südlichen Küsten von Amerika, Neuholland und Neuseeland eine ähnliche Färbung durch gleiche eigentümliche Formen des Pflanzenlebens erhalten. Sir Ch. Lyell hat sich in einer der meinen fast ähnlichen Weise in Vermutungen ergangen über die Einflüsse großer Schwankungen des Klimas auf die geographische Verbreitung der Lebensformen. Ich glaube also, dass die Erdoberfläche noch unlängst einen von diesen großen Kreisläufen erfahren hat, und dass durch diese Unterstellung in Verbindung mit der Annahme der Abänderung durch natürliche Züchtung eine Menge von Tatsachen in der gegenwärtigen Verteilung von identischen sowohl als verwandten Lebensformen sich erklären lässt. Man könnte sagen, die Ströme des Lebens seien eine kurze Zeit von Norden und von Süden her geflossen und hätten den Äquator gekreuzt; aber die von Norden her seien so viel stärker gewesen, dass sie den Süden überschwemmt hätten. Wie die Gezeiten

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ihren Beitrieb in waagerechten Linien abgesetzt am Strande zurücklassen, jedoch an verschiedenen Küsten zu verschiedenen Höhen ansteigen, so haben auch jene Lebensströme ihr lebendiges Drift auf unseren Berghöhen hinterlassen in einer von den arktischen Tiefländern bis zu großen Äquatorialhöhen langsam ansteigenden Linie. Die verschiedenen auf dem Strande zurückgelassenen Lebewesen kann man mit wilden Menschenrassen vergleichen, die fast allerwärts zurückgedrängt sich noch in Bergfesten erhalten als interessante Überreste der ehemaligen Bevölkerung umgebender Flachländer.

Leicht spöttelnde Karikatur aus dem Punch, 1887. Der Backenbart lässt eher an Huxley denken.

Zwölftes Kapitel

Geographische Verbreitung (Fortsetzung)



Verbreitung der Süßwasserbewohner – Bewohner der ozeanischen Inseln – Abwesenheit von Batrachiern und Landsäugetieren – Beziehungen zwischen den Bewohnern der Inseln und der nächsten Festländer – Über Ansiedlung aus den nächsten Quellen und nachherige Abänderung – Zusammenfassung der Folgerungen aus dem letzten und dem gegenwärtigen Kapitel.

D

a Seen und Flusssysteme durch Schranken von Trockenland voneinander getrennt werden,

so möchte man glauben, dass Süßwasserbewohner nicht im Stande seien, sich aus einer Gegend in weite Ferne zu verbreiten. Und doch verhält sich die Sache gerade entgegengesetzt. Nicht allein haben viele Süßwasserbewohner aus ganz verschiedenen Klassen selbst eine ungeheure Verbreitung, sondern einander nahe verwandte Formen herrschen auch in auffallender Weise über die ganze Erdoberfläche vor. Ich besinne mich noch wohl der Überraschung, die ich fühlte, als ich zum ersten Mal in Brasilien Süßwassererzeugnisse sammelte und die Süßwasserschalen- und -kerbtiere mitten in einer ganz verschiedenen Bevölkerung des Trockenlandes den britischen so ähnlich fand. Doch kann dieses Vermögen weiter Verbreitung bei den Süßwasserbewohnern, wie unerwartet es auch sein

mag, in den meisten Fällen, wie ich glaube, daraus erklärt werden, dass sie in einer für sie sehr nützlichen Weise fähig sind, von Sumpf zu Sumpf und von Strom zu Strom zu wandern; woraus sich denn die Neigung zu weiter Verbreitung als eine notwendige Folge ergeben dürfte. Doch können wir hier nur wenige Fälle in Betracht ziehen. Was die Fische betrifft, so glaube ich, dass eine und dieselbe Spezies niemals in den Süßwassern weit voneinander entfernter Kontinente vorkommt; wohl aber verbreitet sie sich in einem nämlichen Festland oft weit und in anscheinend launischer Weise, sodass zwei Flusssysteme einen Teil ihrer Fische miteinander gemein haben, während andere Arten jedem derselben eigentümlich sind. Einige wenige Tatsachen scheinen

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Pinnacle Rock, die Felsnadel auf Bartolomé, Galapagos.



Aus der Autobiographie von Charles Darwin

A

ls ich aber merkte, dass viele Naturforscher die Lehre von der Entwicklung der Spezies vollständig angenommen hatten, schien es mir ratsam zu sein, auch die Notizen, die ich besaß, auszuarbeiten und eine spezielle Abhandlung über den Ursprung des Menschen herauszugeben. Ich freute mich umso mehr darauf, da es mir die Gelegenheit gab, die geschlechtliche Zuchtwahl ausführlich zu erörtern – ein Thema, das mich immer in hohem Maße interessiert hatte. Dieses Kapitel und diejenigen über das Abändern unserer domestizierten Naturprodukte zusammen mit den Ursachen und Gesetzen der Abänderung, Vererbung und das Kreuzen von Pflanzen sind die einzigen Abschnitte, über die ich ausführlich schreiben konnte, sodass ich das ganze gesammelte Material benutzt habe. Ich brauchte drei Jahre, um die »Abstammung des Menschen« niederzuschreiben, dabei wurde aber wie üblich ein Teil dieser Zeit durch Krankheit verloren, etwas Zeit wurde auch auf die Vorbereitung neuer Ausgaben und auf andere kleinere Arbeiten verwendet. Eine zweite und stark verbesserte Auflage der »Abstammung« erschien im Jahr 1874.

GE OGRAP H ISCH E V E RB RE ITU N G ( FORTS ETZUNG)

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Ein Diorama von Australopithecus afarensis im American Museum of Natural History in New York.

Noch eine Karikatur aus dem Punch, 1861. Man beachte das groteske Echo des Anti-Sklaverei-Slogans, der in Erasmus Darwins Buch auf dem Frontispiz (Seite 5) abgebildet ist.

Die zeitgenössische Karikaturen neigten dazu, sich auf die Evolution zu konzentrieren, vor allem nach der Veröffentlichung von Darwins Abstammung des Menschen. Eine wahrlich schaurige Idee.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Charles Darwin an A. R. Wallace 30. Januar 1871

Mein lieber Wallace, Ihr Brief hat mir großes Vergnügen gemacht, vorrangig weil ich so darauf bedacht war, Sie nicht mit der geringsten Missachtung zu behandeln, und es ist so schwer, fair zu sprechen, wenn man anderer Meinung ist. Wenn ich Sie gekränkt hätte, hätte mich das mehr betrübt, als Sie wohl glauben würden. Zweitens bin ich sehr erfreut zu hören, dass Band I Sie interessiert; ich bin des Ganzen so überdrüssig, dass ich an jedwedem Wert irgendeines Teils zweifelte. Ich beabsichtigte, als ich davon sprach, dass Weibchen nicht speziell zum Schutz abgeändert wurden, mit einzuschließen, dass die Charaktere, die das Männchen erwarb, nicht auf das Weibchen übertragen werden; doch ich sehe nun, es wäre besser gewesen, »spezielle Wirkung« oder dergleichen zu sagen. Möglicherweise wird meine Absicht in Band II klarer. Lassen Sie mich sagen, dass meine Schlüsse in erster Linie auf der Betrachtung aller Tiere als Ganzes gründen, wobei ich bedachte, wie verbreitet die Regeln der geschlechtlichen Unterschiede in allen Klassen scheint’s sind. Die erste Fassung des Kapitels über die Lepidoptera stimmte sehr eng mit Ihnen überein. Dann arbeitete ich weiter, kehrte zu den Lepidoptera zurück und sah mich gezwungen, sie zu ändern – beendete die geschlechtliche Zuchtwahl und ging ein letztes Mal über die Lepidoptera und fühlte mich von Neuem genötigt, sie zu ändern. Ich hoffe bei Gott, in Band II steht nichts für Sie Unangenehmes und habe ich über Ihre Ansichten fair gesprochen; ich hege deswegen Bedenken, denn ich habe gerade (aber nicht mit genug Sorgfalt) Mivarts Buch [›The Genesis of Species‹, 1871] gelesen, und ich bin ABSOLUT SICHER, dass er fair zu sein meinte (aber er war von theologischem Eifer getrieben); doch ich denke nicht, dass er sehr fair war ... Der Teil, der, wie ich meine, den größten Einfluss haben wird, ist jener, wo er die ganze Reihe von Fällen wie den des Walknochens anführt, bei dem wir die Zwischenschritte nicht erklären können; aber solche Fälle haben für meine Ansicht kein Gewicht – wenn einige Fische ausgerottet wurden, wer um alles in der Welt hätte dann auch nur zu spekulieren gewagt, dass Lungen aus einer Schwimmblase entstanden sind? Bei einem Fall wie dem Beutelwolf, denke ich, hätte er sagen müssen, dass die Ähnlichkeit des Kiefers mit dem des Hundes oberflächlich ist; da Anzahl, Entsprechung und Entwicklung der Zähne ganz verschieden ist. Zudem meine ich, wenn er von der Notwendigkeit spricht, eine Reihe von Charakteren ganz zu ändern, hätte er bedenken müssen, dass der Mensch durch Zuchtwahl die Macht hat, viele Punkte gleichzeitig oder fast gleichzeitig zu verändern, wie beim Züchten eines Windspiels oder Pferdes – wie in meinen »Domestizierten Tieren« breit ausgeführt ist. Mivart erbost mein »Moralgefühl« oder er schätzt es gering, und Ihnen wird es wohl genauso gehen. Es ist mir äußerst angenehm, dass er, SOWEIT ES DIE TIERISCHE NATUR BETRIFFT, meiner Position des Menschen in der Reihe beipflichtet; oder dass er, wenn überhaupt, meint, ich habe mich geirrt, als ich ihn allzu anders darstellte. Vergeben Sie mir mein langatmiges Gekritzel. Sie haben mich in sehr gute Stimmung versetzt; ich habe so gefürchtet, dass ich Ihren Ansichten gegenüber unabsichtlich unfair gewesen wäre. Ich hoffe sehr, der zweite Band wird das auch vermeiden. Es kümmert mich jetzt kaum, was andere sagen. Was unsere nicht vollständige Übereinstimmung angeht, so ist es bei so komplexen Dingen fast unmöglich, dass zwei Menschen, die unabhängig zu ihren Schlüssen gelangen, völlig einer Meinung sind; das wäre unnatürlich. Stets, ganz aufrichtig, der Ihre CH. Darwin.

Darwins Buch über die Kletterpflanzen, 1875 nachgedruckt, lieferte dem Punch erneut eine Gelegenheit zum selbstgefälligen Glucksen.

Bischof Samuel Wilberforce (1805–1873), der bekanntlich mit Huxley bei einer wissenschaftlichen Tagung 1860 über die Entstehung stritt. Darwin war nicht anwesend.

ihre gelegentliche Versetzung aus einem Fluss in den anderen zu erläutern, wie deren in Ostindien schon öfters von Wirbelwinden bewirkte Entführung durch die Luft, wonach sie als Fischregen wieder zur Erde gelangten, und wie die Zählebigkeit ihrer aus dem Wasser entnommenen Eier. Doch bin ich geneigt, die Verbreitung der Süßwasserfische vorzugsweise geringen Höhenwechseln des Landes während der gegenwärtigen Periode zuzuschreiben, wodurch manche Flüsse veranlasst worden sind, sich in anderer Weise miteinander zu verbinden. Auch lassen sich Beispiele anführen, dass dies ohne Veränderungen in den wechselseitigen Höhen durch Fluten bewirkt worden ist. Der Löss des Rheines bietet uns Belege für ansehnliche Veränderungen der Bodenhöhe in einer ganz neuen geologischen Zeit dar, wo die Oberfläche schon mit ihren jetzigen Arten von Binnenmollusken bevölkert war. Die große Verschiedenheit zwischen den Fischen auf den entgegengesetzten Seiten von Gebirgsketten, die schon seit früher Zeit die Wasserscheide der Gegend gebildet und die Ineinandermündung der beiderseitigen Flusssysteme gehindert haben müssen, scheint mir zum nämlichen Schluss zu führen. Was das Vorkommen verwandter Arten von

Samuel Wilberforce.

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Süßwasserfischen an sehr entfernten Punkten der Erdoberfläche betrifft, so gibt es zweifelsohne viele Fälle, welche zurzeit nicht erklärt werden können. Inzwischen stammen einige Süßwasserfische von sehr alten Formen ab, welche mithin während großer geographischer Veränderungen Zeit und Mittel gefunden haben, sich durch weite Wanderungen zu verbreiten. Zweitens können Salzwasserfische bei sorgfältigem Verfahren langsam ans Leben im Süßwasser gewöhnt werden, und nach Valenciennes gibt es kaum eine gänzlich aufs Süßwasser beschränkte Fischgruppe, sodass wir uns vorstellen können, ein Meeresbewohner aus einer übrigens dem Süßwasser angehörigen Gruppe wandere der Seeküste entlang und werde demzufolge abgeändert und endlich in Süßwassern eines entlegenen Landes zu leben befähigt. Einige Arten von Süßwasserkonchylien haben eine sehr weite Verbreitung, und verwandte Arten, die nach meiner Theorie von gemeinsamen Eltern abstammen und mithin aus einer einzigen Quelle hervorgegangen sind, walten über die ganze Erdoberfläche vor. Ihre Verbreitung setzte mich anfangs in Verlegenheit, da ihre Eier nicht zur Fortführung durch Vögel geeignet sind und wie die Tiere selbst durch Seewasser getötet werden. Ich konnte daher nicht begreifen, wie es komme, dass einige naturalisierte Arten sich rasch durch eine ganze Gegend verbreitet haben. Doch haben zwei von mir beobachtete Tatsachen – und viele andere bleiben zweifelsohne noch fernerer Beobachtung anheimgegeben – einiges Licht über diesen Gegenstand verbreitet. Wenn eine Ente sich plötzlich aus einem mit Wasserlinsen bedeckten Teich erhebt, so bleiben oft, wie ich zweimal gesehen habe, welche von diesen kleinen Pflanzen an ihrem Rücken hängen, und es ist mir geschehen, dass, wenn ich einige Wasserlinsen aus einem Aquarium ins andere versetzte, ich ganz absichtslos das letzte mit Süßwassermollusken des ersten bevölkerte. Doch ist ein anderer Umstand vielleicht noch wirksamer. Im Betracht, dass Wasservögel mitunter in Sümpfen schlafen, hängte ich einen Entenfuß in einem Aquarium auf, wo viele Eier von Süßwasserschnecken auszukriechen im Begriff waren, und fand, dass bald eine große Menge der äußerst kleinen eben ausgeschlüpften Schnecken an dem Fuß umherkrochen und sich so fest anklebten, dass sie

Karikatur im Punch, 1881. Huxley hatte eine ganze Reihe von Positionen inne, auch die des Fischerei-Inspektors.

Huxley liebte Kontroversen genauso sehr, wie sie Darwin zuwider waren.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Charles Darwin an T. H. Huxley 30. September 1871

Mein lieber Huxley, Sie haben sehr gut daran getan, mir die Korrekturfahnen zu schicken, denn ich war SEHR begierig, Ihren Artikel zu lesen. Er hat mich gefreut. Wie Sie Mivarts Theorie zerschmettern; er ist fast wie Ihr Artikel gegen Comte – der unübertroffen ist ... Aber ich bin unsagbar froh, Ihre Darlegung über Metaphysik zu lesen, vor allem über die Vernunft und seine Definition dazu. Ich hatte das sichere Gefühl, dass er falsch lag, aber da ich mich nur auf allgemeine Beobachtung und das Gefühl verlassen konnte, wusste ich nicht, was ich in der zweiten Auflage meiner »Abstammung« sagen sollte. Nun werden eine Fußnote und ein Verweis auf Sie diese Aufgabe erfüllen ... Für mich ist dies einer der WICHTIGSTEN Teile der Rezension. Doch zum VERGNÜGEN, ich bin ganz besonders froh gewesen, dass meine wenigen Worte zur Unterscheidung, wenn man es so nennen kann, zwischen Mivarts zwei Formen der Moral Ihre Aufmerksamkeit erregten. Ich finde es so schön, dass Sie derselben Ansicht sind und Autoritäten dafür anführen; ich durchsuchte Mill aber vergebens zu dieser Sache. Wie gut Sie in dem ganzen Fall argumentieren. Ich steige von Höhepunkt zu Höhepunkt; denn schließlich geht, meiner Ansicht nach, in Ihrer ganzen Besprechung nichts über Ihre Argumente gegen Wallace zum Geist der Wilden. Ich muss Ihnen mitteilen, was Hooker vor einigen Jahren zu mir sagte. »Wenn ich Huxley lese, komme ich mir geistig wie ein Kind vor.« Bei Zeus, wie wahr das ist, habe ich in Ihrer ganzen Rezension gespürt. Was sind Sie doch für ein Mann. Da sind haufenweise hervorragende Passagen und lebhafte Blitze von Witz. Ich bin mehr als nur angetan vom Schluss Ihrer Rezension, und dies umso mehr, muss ich bekennen, als ich mich durch die Bezichtigung der Bigotterie, Arroganz etc. im »Quarterley Review« gekränkt fühlte. Aber ich versichere Ihnen, er kann das Schlimmste schreiben, er wird mich nie wieder kränken. Mein lieber Huxley, mit ganz herzlichem Dank der Ihre Charles Darwin.

von dem herausgenommenen Fuß nicht abgeschabt werden konnten, obwohl sie in einem etwas mehr vorgeschrittenen Alter freiwillig davon abließen. Diese frisch ausgeschlüpften Weichtiere, obschon zum Wohnen im Wasser bestimmt, lebten an dem Entenfuß in feuchter Luft wohl 12–20 Stunden lang, und während dieser Zeit kann eine Ente oder ein Reiher wenigstens 600–700 englische (140 deutsche) Meilen weit fliegen und sich dann wieder in einem Sumpf oder Bach niederlassen, vielleicht auf einer ozeanischen Insel, wenn ein Sturm denselben erfasst und übers Meer hin verschlagen hatte. Auch hat mich Sir Ch. Lyell benachrichtigt, dass man einen Wasserkäfer (Dyticus) mit einer ihm fest ansitzenden Süßwasser-Napfschnecke (Ancylus) gefangen hat; und

ein anderer Wasserkäfer aus der Sippe Colymbetes kam einst an Bord der Beagle geflogen, als diese 45 englische Meilen vom nächsten Land entfernt war; wie viel weiter er aber mit einem günstigen Winde noch gekommen sein würde, das vermag niemand zu sagen. Was die Pflanzen betrifft, so ist es längst bekannt, was für eine ungeheure Ausbreitung manche Süßwasser- und selbst Sumpfgewächse auf den Festländern und bis zu den entferntesten Inseln des Weltmeeres besitzen. Dies ist nach Alph. de Candolles Wahrnehmung am deutlichsten in solchen großen Gruppen von Landpflanzen zu ersehen, aus welchen nur einige Glieder an Süßwassern leben; denn diese letzten pflegen sofort eine viel größere Verbreitung

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als die übrigen zu erlangen. Ich glaube, dass die günstigeren Verbreitungsmittel diese Erscheinung erklären können. Ich habe vorhin der Erdteilchen erwähnt, welche, wenn auch nur selten und zufällig einmal, an Schnäbeln und Füßen der Vögel hängen bleiben. Sumpfvögel, welche die schlammigen Ränder der Sümpfe aufsuchen, werden meistens schmutzige Füße haben, wenn sie plötzlich aufgescheucht werden. Nun lässt sich nachweisen, dass gerade Vögel dieser Ordnung die größten Wanderer sind und zuweilen auf den entferntesten und ödesten Inseln des offenen Weltmeeres angetroffen werden. Sie können sich nicht auf der Oberfläche des Meeres niederlassen, wo der noch an ihren Füßen hängende Schlamm abgewaschen werden könnte; und wenn sie ans Land kommen, werden sie gewiss alsbald ihre gewöhnlichen Aufenthaltsorte an den Süßwassern aufsuchen. Ich glaube kaum, dass die Botaniker wissen, wie beladen der Schlamm der Sümpfe mit

Pflanzensamen ist; ich habe jedoch einige kleine Beobachtungen darüber gemacht, deren zutreffendste Ergebnisse ich hier mitteilen will. Ich nahm im Februar drei Esslöffel voll Schlamm von drei verschiedenen Stellen unter Wasser, am Rand eines kleinen Sumpfes. Dieser Schlamm getrocknet wog 6 ¾ Unzen. Ich bewahrte ihn sodann in meinem Arbeitszimmer bedeckt 6 Monate lang auf und zählte und riss jedes aufkeimende Pflänzchen aus. Diese Pflänzchen waren von mancherlei Art und 537 im Ganzen; und doch war all dieser zähe Schlamm in einer einzigen Untertasse enthalten. Diesen Tatsachen gegenüber würde es nun geradezu unerklärbar sein, wenn es nicht mitunter vorkäme, dass Wasservögel die Samen von Süßwasserpflanzen in weite Fernen verschleppten und so zur immer weiteren Ausbreitung derselben beitrügen. Und derselbe Zufall mag hinsichtlich der Eier einiger kleiner Süßwassertiere in Betracht kommen.

Karikatur von Darwin und Émile Littré (1801–1981), einem französischen Lexikographen und Philosophen. Littré wurde wegen seiner materialistischen Grundposition abgelehnt, doch das Band zu Darwin war schwach.

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Sehr geehrter Herr,

Charles Darwin an den Marquis de Saporta 8. April 1872

ich danke Ihnen aufrichtig und fühle mich sehr geehrt durch die Mühe, die Sie auf sich nahmen, um mir Ihre Gedanken über die Entstehung des Menschen mitzuteilen. Es befriedigt mich zutiefst, dass einige Teile meines Werkes Sie interessierten und dass wir über die Hauptfolgerung der Abkunft des Menschen aus einer niederen Form übereinstimmen. Ich werde über das, was Sie gesagt haben, nachdenken, doch ich kann im Augenblick meinen Glauben an die enge Verwandtschaft des Menschen mit den höheren Simiae nicht aufgeben. Ich setze nicht viel Vertrauen in irgendeinen einzelnen Charakter, nicht einmal in den der Zähne; doch ich hege den größten Glauben in die Ähnlichkeiten in vielen Teilen der gesamten Organisation, denn ich kann nicht glauben, dass solche Ähnlichkeiten einer anderen Ursache geschuldet sind als naher Blutsverwandtschaft. Dass der Mensch eng mit den höheren Simiae verwandt ist, beweist die Klassifikation des Linnaeus, der Affinitäten so gut zu beurteilen wusste. Der Mann, der in England am meisten über den Körperbau der Simiae weiß, nämlich Mr Mivart, und der meine Lehren über die Herkunft der Geisteskräfte erbittert ablehnt, hat doch öffentlich eingeräumt, dass ich den Menschen, was den Körperbau anlangt, nicht zu nah zu den höheren Simiae stellte. Ich denke nicht, dass das Fehlen von Reversionen im Bau des Menschen von großem Gewicht ist; C. Vogt behauptet freilich, dass mikrocephale Idioten ein solcher Rückschlag wären. Niemand, der an die Evolution glaubt, wird bezweifeln, dass die Seehunde von einem LandRaubtier abstammen. Dennoch würde niemand erwarten, bei ihnen auf solch einen Rückschlag zu stoßen. Die geringere Abweichung des Charakters bei den Rassen des Menschen im Vergleich zu den Arten der Simiadae ist vielleicht damit zu erklären, dass der Mensch sich zu einer viel späteren Zeit auf der Erde ausbreitete als die Menschenaffen. Ich bin vollauf bereit, das hohe Alter des Menschen einzuräumen; aber wir haben auch, beim Dryopethicus, Beweise für das hohe Alter der anthropomorphen Simiae. Es freut mich zu hören, dass Sie an Ihren fossilen Pflanzen arbeiten, die in den letzten Jahren ein so reiches Feld für Entdeckungen ergaben. Mit bestem Dank für Ihre große Freundlichkeit und hoher Achtung verbleibe ich, mein lieber Herr, vertrauensvoll Ihr Charles Darwin.

Auch noch andere und mitunter unbekannte Kräfte mögen dabei ihren Teil haben. Ich habe oben gesagt, dass Süßwasserfische manche Arten Sämereien fressen, obwohl sie andere Arten, nachdem sie solche verschlungen haben, wieder auswerfen; selbst kleine Fische verschlingen Samen von mäßiger Größe, wie die der gelben Wasserlilie und des Potamogeton (Schwimmendes Laichkraut). Hunderte und abermals Hunderte von Reihern und anderen Vögeln gehen täglich auf den Fischfang aus; wenn

sie sich erheben, suchen sie oft andere Wasser auf oder werden auch zufällig übers Meer getrieben; und wir haben gesehen, dass Samen oft ihre Keimkraft noch besitzen, wenn sie in Gewölle, in Exkrementen u. dgl. einige Stunden später wieder ausgeworfen werden. Als ich die großen Samen der herrlichen Wasserlilie, Nelumbium, sah und mich dessen erinnerte, was Alphonse de Candolle über diese Pflanze gesagt hat, so meinte ich, ihre Verbreitung müsse ganz unerklärbar sein. Doch Audubon versicherte, Samen GE OGRAP H ISCH E V E RB RE ITU N G ( FORTS ETZUNG)

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Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin

Mein lieber Innes,

Charles Darwin an John Brodie Innes [Reverend J. Brodie Innes, vormals Vikar von Down] 29. Mai 1871

ich habe mich sehr über Ihren netten Brief gefreut, denn um die Wahrheit zu sagen, ich habe mich manchmal gefragt, ob Sie mich nach der Veröffentlichung meines letzten Buches [die ›Abstammung‹] nicht für einen Ausgestoßenen und Verworfenen halten. Es wundert mich überhaupt nicht, dass Sie mir nicht beipflichten, denn ziemlich viele ausgewiesene Naturforscher tun dies nicht. Doch wenn ich sehe, wie außerordentlich das Urteil der Naturforscher sich geändert hat, seit ich die ›Entstehung‹ publizierte, bin ich überzeugt, dass in zehn Jahren genauso viel Einigkeit über den Menschen herrschen wird, was seinen Körperbau anlangt ... C. D.

Die Familienwerte widerlegten, nach dem Punch, die Vorstellung von der Evolution: Mamas Baby konnte nicht von anderen Primaten abstammen.

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Rote Klippenkrabbe, Galapagosinseln. der großen südlichen Wasserlilie (nach Dr. Hooker wahrscheinlich das Nelumbium speciosum) im Magen eines Reihers gefunden zu haben, und, obwohl es mir als Tatsache nicht bekannt ist, so schließe ich doch aus der Analogie, dass, wenn ein Reiher in solchem Fall nach einem anderen Sumpf flöge und dort eine herzhafte Fischmahlzeit zu sich nähme, er wahrscheinlich aus seinem Magen wieder einen Ballen mit noch unverdautem Nelumbium-Samen auswerfen würde; oder der Vogel kann diese Samen verlieren, wenn er seine Jungen füttert, wie er bekanntlich zuweilen einen Fisch fallen lässt. Bei Betrachtung dieser verschiedenen Verbreitungsmittel muss man sich noch erinnern, dass, wenn ein Sumpf oder Fluss z. B. auf einer neuen Insel eben erst entsteht, er noch nicht bevölkert ist und ein einzelnes Sämchen oder Ei’chen gute Aussicht auf Fortkommen hat. Auch wenn ein Kampf ums Dasein zwischen den Individuen der wenigen Arten, die in einem Sumpfe beisammen leben, bereits begonnen hat, so wird in Betracht, dass die Zahl der Arten gegen die auf dem Lande doch geringer ist, der Wettkampf auch wohl minder heftig als der zwischen den Landbewohnern sein; ein neuer Eindringling, aus der Fremde angelangt, würde mithin auch mehr Aussicht haben, eine Stelle zu erobern, als ein neuer Kolonist auf dem trocknen Land. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass

einige und vielleicht viele Süßwasserbewohner tief auf der Stufenleiter der Natur stehen und wir mit Grund annehmen können, dass solche tief organisierte Wesen langsamer als die höher ausgebildeten abändern, demzufolge dann ein und die nämliche Art wasserbewohnender Organismen längere Zeit wandern kann als die Arten des trockenen Landes. Endlich müssen wir der Möglichkeit gedenken, dass viele süßwasserbewohnende Spezies, nachdem sie sich über ungeheure Flächen verbreitet haben, in den mittleren Gegenden derselben wieder erloschen sein können. Aber die weite Verbreitung der Pflanzen und niederen Tiere des Süßwassers, mögen sie nun ihre ursprüngliche Form unverändert bewahren oder in gewissem Grad verändern, hängt nach meiner Meinung hauptsächlich von der Leichtigkeit ab, womit ihre Samen und Eier durch andere Tiere und zumal höchst flugfertige Süßwasservögel von einem Gewässer zum anderen oft sehr entfernt gelegenen verschleppt werden können. Die Natur hat wie ein sorgfältiger Gärtner ihre Samen von einem Beet von besonderer Beschaffenheit genommen und sie in ein anderes gleichfalls angemessen zubereitetes verpflanzt. Bewohner der ozeanischen Inseln. – Wir kommen nun zur letzten der drei Klassen von Tatsachen, welche ich als diejenigen bezeichnet habe, welche die

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Leguan auf den Galapagosinseln. Thomas Bell (1792–1880), ein Zahnarzt und Zoologe, verfasste die Beschreibungen der Reptilien für The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle. größten Schwierigkeiten für die Ansicht darbieten, dass, weil alle Individuen sowohl der nämlichen Art als auch nahe verwandter Arten von einem gemeinsamen Stammvater herkommen, sich auch alle von gemeinsamer Geburtsstätte aus über die entferntesten Teile der Erdoberfläche, deren Bewohner sie jetzt sind, verbreitet haben müssen. Ich habe bereits erklärt, dass ich nicht wohl mit der Forbes’schen Ansicht übereinstimmen kann, wonach alle Inseln des Atlantischen Ozeans noch in der gegenwärtigen neuesten Periode mit einem der zwei Kontinente ganz oder fast ganz zusammengehangen haben sollen. Diese Ansicht würde zwar allerdings einige Schwierigkeiten beseitigen, dürfte aber keineswegs alle Erscheinungen hinsichtlich der Inselbevölkerung erklären. In den nachfolgenden Bemerkungen werde ich mich nicht auf die bloße Frage von der Verteilung der Arten beschränken, sondern auch einige andere Tatsachen erläutern, welche sich auf die zwei Theorien, die

Links: Blaufußtölpel (Sula nebouxii), auf Galapagos heimisch, aber auch andernorts zu finden.

der selbstständigen Schöpfung der Arten und die ihrer Abstammung voneinander mit fortwährender Abänderung beziehen. Nur wenige Arten aller Klassen bewohnen ozeanische Inseln, im Vergleich zu gleich großen Flächen festen Landes, wie Alphonse de Candolle in Bezug auf die Pflanzen und Wollaston hinsichtlich der Insekten behaupten. Betrachten wir die erhebliche Größe und die mannigfaltigen Standorte Neuseelands, das über 780 englische Meilen Breite hat, und vergleichen die Arten seiner Blütenpflanzen, nur 750 an der Zahl, mit denen einer gleich großen Fläche am Kap der Guten Hoffnung oder in Neuholland, so müssen wir, glaube ich, zugestehen, dass etwas von den physikalischen Bedingungen ganz Unabhängiges die große Verschiedenheit der Artenzahlen veranlasst hat. Selbst die einförmige Umgegend von Cambridge zählt 847 und das kleine Eiland Anglesea 764 Pflanzenarten; doch sind auch einige Farne und einige eingeführte Arten in diesen Zahlen mitbegriffen und ist die Vergleichung auch in einigen anderen Beziehungen nicht ganz richtig. Wir haben Beweise, dass das kahle Eiland Ascension bei seiner Entdeckung nicht ein

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Darwin war der Mann des Tages, mit oder ohne diesen anzüglichen Blick.

»Ein ehrwürdiger Orang-Utan« aus The Hornet, 1872.

Weitere Karikatur aus The London Sketch Book, 1874.

»Entwicklung des Menschen aus den Säugetieren« aus La Creation Naturelle et les Etres Vivants von Dr. Jules Rengade, 1883. Nicht nur haben wir uns aus den Säugetieren entwickelt, wir sind selbst Säugetiere. halbes Dutzend Blütenpflanzen besaß; jetzt sind viele dort naturalisiert, wie es eben auch auf Neuseeland und auf allen anderen ozeanischen Inseln der Fall ist. Auf St. Helena nimmt man mit Grund an, dass die naturalisierten Pflanzen und Tiere schon viele einheimische Naturerzeugnisse gänzlich oder fast gänzlich vertilgt haben. Wer also der Lehre von der selbstständigen Erschaffung aller einzelnen Arten beipflichtet, der wird zugestehen müssen, dass auf den ozeanischen Inseln keine hinreichende Anzahl bestens angepasster Pflanzen und Tiere geschaffen worden ist, indem der Mensch diese Inseln ganz absichtslos aus verschiedenen Quellen viel besser und vollständiger als die Natur bevölkert hat. Obwohl auf ozeanischen Inseln die Artenzahl der Bewohner im Ganzen dürftig ist, so ist doch das Verhältnis der endemischen, d. h. sonst nirgends vorkommenden Arten oft außerordentlich groß. Dies ergibt sich, wenn man z. B. die Anzahl der endemischen Landschnecken auf Madeira oder der endemischen Vögel im Galapagos-Archipel mit der auf irgendeinem Kontinente gefundenen Zahl vergleicht und dann

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auch die beiderseitige Flächenausdehnung gegeneinander hält. Dieses war nach meiner Theorie zu erwarten; denn wie bereits erklärt worden, sind Arten, welche nach langen Zwischenzeiten gelegentlich in einen neuen und abgeschlossenen Bezirk kommen und dort mit neuen Genossen zu kämpfen haben, in ausgezeichnetem Grade abzuändern geneigt und bringen oft Gruppen modifizierter Nachkommen hervor. Daraus folgt aber keineswegs, dass, weil auf einer Insel fast alle Arten einer Klasse eigentümlich sind, auch die der übrigen Klassen oder auch nur einer besonderen Sektion derselben Klasse eigentümlich sein müsse; und dieser Unterschied scheint teils davon herzurühren, dass diejenigen Arten, welche nicht abänderten, leicht und gemeinsam eingewandert sind, sodass ihre gegenseitigen Beziehungen nicht viel gestört wurden, teils kann er aber auch von der häufigen Ankunft unveränderter Einwanderer aus dem Mutterland und der nachherigen Kreuzung mit vorigen bedingt sein. Hinsichtlich der Wirkung einer solchen Kreuzung ist zu bemerken, dass die aus derselben entspringenden Nachkommen gewiss sehr kräftig werden müssen,

Die endemische Galapagos-Subspezies (Asio flammeus galapagoensis) der Zwergohreule aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Satellitenaufnahme der Galapagosinseln. indem selbst eine zufällige Kreuzung wirksamer zu sein pflegt, als man voraus erwarten möchte. Ich will einige Beispiele anführen. Auf den Galapagos-Eilanden gibt

Der Galapagos-Archipel mit den alten britischen Namen zu Darwins Zeit.

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es 26 Landvögel, wovon 21 (oder vielleicht 23) endemisch sind, während von den 11 Seevögeln ihnen nur zwei eigentümlich angehören, und es liegt auf der Hand, dass Seevögel leichter als Landvögel nach diesen Eilanden gelangen können. Bermuda dagegen, welches ungefähr ebenso weit von Nordamerika wie die Galapagos von Südamerika entfernt liegt und einen eigentümlichen Boden besitzt, hat nicht eine endemische Art von Landvögeln, und wir wissen aus Herrn J. M. Jones’ trefflichem Bericht über Bermuda, dass sehr viele nordamerikanische Vögel auf ihren großen jährlichen Zügen diese Insel teils regelmäßig und teils auch einmal zufällig berühren. Madeira besitzt nicht eine eigentümliche Vogelspezies, und viele europäische und afrikanische Vögel werden, wie mir Hr. E. V. Harcourt gesagt hat, alljährlich dahin verschlagen. So sind diese beiden Inseln Bermuda und Madeira mit Vogelarten besetzt worden, welche schon seit langen Zeiten in ihrer früheren Heimat miteinander gekämpft haben und einander angepasst worden sind. Nachdem sie sich nun in ihrer neuen Heimat angesiedelt haben, hat jede Art den anderen gegenüber ihre alte Stelle und Lebensweise behauptet und mithin keine neuen Modifikationen erfahren. Auch

ist jede Neigung zur Abänderung durch die Kreuzung mit den fortwährend aus dem Mutterland unverändert nachkommenden neuen Einwanderern gehemmt worden. Madeira ist ferner von einer wundersamen Anzahl eigentümlicher Landschneckenarten bewohnt, während nicht eine einzige Art von Weichtieren auf seine Küsten beschränkt ist. Obwohl wir nun nicht wissen, auf welche Weise die marinen Schalentiere sich verbreiten, so lässt sich doch einsehen, dass ihre Eier oder Larven vielleicht an Seetang und Treibholz ansitzend oder an den Füßen der Watvögel hängend weit leichter als Landmollusken 300–400 Meilen weit über die offene See fortgeführt werden können. Die verschiedenen Insektenklassen auf Madeira scheinen analoge Tatsachen darzubieten. Ozeanische Inseln sind zuweilen unvollständig in gewissen Klassen, deren Stellen anscheinend durch andere Einwohner derselben eingenommen wer-

den. So vertreten auf den Galapagos Reptilien und auf Neuseeland flügellose Riesenvögel die Stelle der Säugetiere. Was die Pflanzen der Galapagos betrifft, so hat Dr. Hooker gezeigt, dass das Zahlenverhältnis zwischen den verschiedenen Ordnungen ein ganz anderes als sonst allerwärts ist. Solche Erscheinungen setzt man gewöhnlich auf Rechnung der physikalischen Bedingungen der Inseln; aber diese Erklärung dünkt mir etwas zweifelhaft zu sein. Leichtigkeit der Einwanderung ist, wie mir scheint, wenigstens ebenso wichtig als die Natur der Lebensbedingungen gewesen. Rücksichtlich der Bewohner abgelegener Inseln lassen sich viele merkwürdige kleine Erscheinungen anführen. So haben z. B. auf gewissen nicht mit Säugetieren besetzten Eilanden einige endemische Pflanzen prächtig mit Häkchen versehene Samen; und doch gibt es nicht viele Beziehungen, die augenfälliger wären, als die Eignung mit Haken besetzter Samen

Aus „Die Fahrt der Beagle“



15. September 1835

Dieser Archipel besteht aus zehn Hauptinseln, wovon fünf deutlich größer als die anderen sind. Sie

liegen unterhalb des Äquators und fünf- bis sechshundert Meilen westlich der amerikanischen Küste. Sie bestehen allesamt aus Vulkangestein; einige Fragmente merkwürdig geglätteten und von der Wärme veränderten Granits können kaum als Ausnahme betrachtet werden. Einige der Krater, die auf den größeren Inseln aufragen, sind von beträchtlicher Größe und erheben sich bis auf eine Höhe von drei- bis viertausend Fuß. Ihre Flanken sind von zahllosen kleineren Öffnungen durchsetzt. Ich zögere kaum zu behaupten, dass es auf dem ganzen Archipel wenigstens zweitausend Krater gibt. Diese bestehen entweder aus Lava, Schlacke oder einem fein geschichteten, sandsteinartigen Tuff. Letztere sind überwiegend schön symmetrisch; sie verdanken ihren Ursprung den Eruptionen vulkanischen Schlamms ohne jede Lava: Es ist bemerkenswert, dass bei jedem einzelnen der achtundzwanzig Tuffkrater, die wir untersuchten, die Südseite entweder viel niedriger als die anderen oder ganz niedergebrochen und abgetragen war. Da alle diese Krater offenbar geformt wurden, als sie im Meer standen, und da die Wellen vom Passatwind und der Dünung aus dem offenen Pazifik ihre Kräfte hier an der Südküste aller Inseln bündeln, lässt sich diese einzigartige Gleichförmigkeit der niedergebrochenen Krater, die ja aus dem weichen und nachgiebigen Tuff bestehen, leicht erklären. Angesichts dessen, dass diese Inseln unmittelbar unter dem Äquator liegen, ist das Klima keineswegs übermäßig heiß; das scheint in der Hauptsache an der auffallend niedrigen Temperatur des sie umgebenden Wassers zu liegen, das von dem großen Südpolarstrom hierher geführt wird. Bis auf eine kurze Zeit fällt nur sehr wenig Regen, und selbst dann ist er unregelmäßig; allerdings hängen die Wolken meistens tief. Während die tieferen Bereiche der Inseln sehr karg sind, herrscht daher in den oberen ab einer Höhe von tausend Fuß und darüber ein feuchtes Klima und eine leidlich üppige Vegetation. Das gilt insbesondere für die nach Luv liegenden Seiten der Inseln, welche die Feuchtigkeit aus der Luft als erste empfangen und kondensieren.

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für den Transport durch die Haare und Wolle der Säugetiere. Dieser Fall bietet nach meiner Meinung keine Schwierigkeit dar, indem hakenreiche Samen leicht noch durch andere Mittel von Insel zu Insel geführt werden können, wo dann die Pflanze etwas verändert, aber ihre widerhakenigen Samen behaltend eine endemische Form bildet, für welche diese Haken nun einen ebenso unnützen Anhang bilden, wie es rudimentäre Organe, z. B. die runzeligen Flügel unter den zusammengewachsenen Flügeldecken mancher insularen Käfer, sind. Auch besitzen Inseln oft Bäume oder Büsche aus Ordnungen, welche anderwärts nur Kräuter darbieten; nun aber haben Bäume, wie Alph. de Candolle gezeigt hat, gewöhnlich nur beschränkte Verbreitungsgebiete, was immer die Ursache dieser Erscheinung sein mag. Daher ergibt sich dann ferner, dass Baumarten wenig geeignet sind, entlegene organische Inseln zu erreichen; und eine krautartige Pflanze, wenn sie auch keine Aussicht auf Erfolg im Wettkampf mit einem schon vollständig entwickelten Baum hat, kann, wenn sie bei ihrer ersten Ansiedelung auf einer Insel nur mit anderen krautartigen Pflanzen allein in Mitbewerbung tritt, leicht durch immer höher strebenden Wuchs ein Übergewicht über dieselben erlangen. Ist dies der Fall, so mag natürliche Züchtung den Wuchs krautartiger Pflanzen, die auf einer ozeanischen Insel wachsen, aus welcher Ordnung sie immer sein mögen, oft etwas zu verstärken und dieselben erst in Büsche und endlich in Bäume zu verwandeln geneigt sein.

Die Galapagos-Riesenschildkröte (Geochelone elephantopus) existierte in mehreren Unterarten auf verschiedenen Inseln, wo sie an der Form ihrer Panzer unterscheidbar waren. Diese Subspezies, G. e. abingdoni, ist heute in der freien Natur ausgestorben.

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Was die Abwesenheit ganzer Organismenordnungen auf ozeanischen Inseln betrifft, so hat Bory de St. Vincent schon längst bemerkt, dass Batrachier (Frösche, Kröten und Molche) nie auf einer der vielen Inseln gefunden worden sind, womit der große Ozean besät ist. Ich habe mich bemüht, diese Behauptung zu prüfen, und habe sie genau richtig befunden. Wohl hat man mir versichert, dass ein Frosch auf den Bergen der großen Insel Neuseeland lebe; aber ich vermute (wenn die Angabe richtig ist), dass sich diese Ausnahme durch Glazialtätigkeit erklären lasse. Dieser allgemeine Mangel an Fröschen, Kröten und Molchen auf so vielen ozeanischen Inseln lässt sich nicht aus ihrer natürlichen Beschaffenheit erklären, indem es vielmehr scheint, dass dieselben recht gut für diese Tiere geeignet wären; denn Frösche sind auf Madeira, den Azoren und auf Mauritius eingeführt worden, um sie als Nahrungsmittel zu vervielfältigen. Da aber bekanntlich diese Tiere sowie ihr Laich durch Seewasser unmittelbar getötet werden, so ist leicht zu ersehen, dass deren Transport über Meer sehr schwierig ist und sie aus diesem Grunde auf keiner ozeanischen Insel existieren. Dagegen würde es nach der Schöpfungstheorie sehr schwer sein zu erklären, weshalb sie auf diesen Inseln nicht erschaffen worden sind. Säugetiere bieten einen anderen Fall ähnlicher Art dar. Ich habe die ältesten Reisewerke sorgfältig durchgangen und zwar meine Arbeit noch nicht beendigt, aber bis jetzt noch kein unzweifelhaftes Beispiel gefunden, dass ein Landsäugetier (von den gezähmten Haustieren der Eingeborenen abgesehen) irgendeine über 300 engl. Meilen weit von einem Festland oder einer Kontinentalinsel entlegene Insel bewohnt habe; und viele Inseln in viel geringeren Abständen entbehren derselben ebenfalls gänzlich. Die Falklandinseln, welche von einem wolfartigen Fuchs bewohnt sind, scheinen zunächst eine Ausnahme zu machen, können aber nicht als ozeanisch gelten, da sie auf einer mit dem Festland zusammenhängenden Bank liegen; und da schwimmende Eisberge Felsblöcke an ihren westlichen Küsten abgesetzt, so könnten dieselben auch wohl einmal Füchse mitgebracht haben, wie das jetzt in den arktischen Gegenden oft vorkommt. Doch kann man nicht behaupten, dass kleine Inseln nicht auch kleine Säugetiere ernähren können; denn es ist dies in der Tat mit sehr kleinen Inseln der Fall, wenn sie dicht an einem Kontinent

Darwin folgte einer Schildkröte, die eine Höchstgeschwindigkeit von sechs Yard in der Minute schaffte.

Riesenschildkröten auf Galapagos besetzen eine ökologische Nische, die andernorts von großen pflanzenfressenden Säugetieren eingenommen wird.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

ie Beagle umsegelte Chatham Island und ankerte in mehreren Buchten. Eine Nacht verbrachte ich an der Küste eines Inselabschnitts, wo es außerordentlich viele schwarze abgestumpfte Kegel gab; von einer kleinen Erhebung aus zählte ich deren sechzig, allesamt gekrönt von mehr oder minder voll ausgebildeten Kratern. Die meisten bestanden lediglich aus einem Ring aus roter Schlacke, die zusammengebacken war, und ihre Höhe über der Lavaebene betrug nicht mehr als fünfzig bis hundert Fuß; keiner war in letzter Zeit aktiv gewesen. Die gesamte Fläche dieses Inselteils scheint, gleich einem Sieb, von den unterirdischen Dämpfen durchdrungen: Hier und da wurde die Lava, als sie noch weich war, zu großen Blasen aufgeworfen; an anderen Stellen sind die Decken ähnlich geformter Höhlen eingefallen, wobei kreisrunde Gruben mit steilen Rändern entstanden sind. Mit ihrer regelmäßigen Form verliehen diese Krater dem Land etwas Künstliches, was mich lebhaft an jene Gegenden in Staffordshire erinnerte, in denen die großen Eisengießereien am zahlreichsten sind. Der Tag war glühend heiß, und sich den Weg über die raue Oberfläche und durch die verworrenen Dickichte zu bahnen war sehr ermüdend, doch wurde ich durch die eigenartige, zyklopische Szenerie reich belohnt. Als ich so dahinging, stieß ich auf zwei große Schildkröten, die jeweils mindestens 200 Pfund gewogen haben müssen: Eine fraß ein Stück von einem Kaktus, und als ich mich ihr näherte, starrte sie mich an und stapfte langsam davon; die andere gab ein tiefes Zischen von sich und zog den Kopf ein. Diese riesigen Reptilien, umgeben von der schwarzen Lava, den blattlosen Büschen und großen Kakteen, erschienen meiner Phantasie wie vorsintflutliche Wesen. Die wenigen dunkel gefärbten Vögel beachteten mich nicht mehr als die großen Schildkröten.

Die Galapagos-Meerechse, Amblyrhynchus cristatus, die Darwin »scheußlich«, aber faszinierend fand. liegen; und schwerlich lässt sich eine Insel bezeichnen, auf der unsere kleinen Säugetiere sich nicht naturalisiert und vermehrt hätten. Nach der gewöhnlichen Ansicht von der Schöpfung könnte man sagen, dass nicht Zeit zur Schöpfung von Säugetieren gewesen sei; viele vulkanische Inseln sind zwar alt genug, wie sich teils aus der ungeheuren Zerstörung, die sie bereits erfahren, und teils aus dem Vorkommen tertiärer Schichten auf ihnen ergibt; auch ist Zeit gewesen zur Hervorbringung endemischer Arten aus anderen Klassen; und auf Kontinenten, nimmt man

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an, erscheinen und verschwinden Säugetiere in rascherem Wechsel als die anderen tieferstehenden Tiere. Aber wenn auch Landsäugetiere auf ozeanischen Inseln nicht vorhanden sind, so finden sich doch fliegende Säugetiere fast auf jeder Insel ein. Neuseeland besitzt zwei Fledermäuse, die sonst nirgends in der Welt vorkommen; die Norfolkinsel, der Viti-Archipel, die Bonin-Inseln, die Marianen- und Karolinen-Gruppen und Mauritius: alle besitzen ihre eigentümlichen Fledermausarten. Warum, kann man nun fragen, hat die angebliche Schöpfungskraft auf diesen entlegenen Inseln nur Fledermäuse und keine anderen Säugetiere hervorgebracht? Nach meiner Anschauungsweise lässt sich diese Frage leicht beantworten, da kein Landsäugetier über so weite Meeresstrecken hinwegkommen kann, welche Fledermäuse noch zu überfliegen im Stande sind. Man hat Fledermäuse bei Tag weit über den Atlantischen Ozean ziehen sehen und zwei nordamerikanische Arten derselben besuchen die Bermuda-Insel, 600 engl. Meilen vom Festland, regelmäßig oder zufällig. Ich höre von Mr. Tomes, welcher diese Familie näher studiert hat, dass viele Arten derselben einzeln genommen eine ungeheure Verbreitung besitzen und sowohl auf Kontinenten als weit entlegenen Inseln zugleich

Elizabeth Goulds Illustration eines Galapagos-Finken aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Elizabeth Goulds Illustration eines Paars Kaktusfinken aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Elizabeth Goulds Illustration eines vegetarischen Finken aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Elizabeth Goulds Illustration von Grundammern aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

vorkommen. Wir brauchen daher nur zu unterstellen, dass solche wandernde Arten durch natürliche Züchtung der Bedingungen ihrer neuen Heimat angemessen modifiziert worden sind, und wir werden das Vorkommen von Fledermäusen auf solchen Inseln begreifen, wo sonst keine Landsäugetiere vorhanden sind. Neben der Abwesenheit der Landsäugetiere auf Inseln, welche von Kontinenten entlegen sind, ist noch eine andere Beziehung in einer bis zu gewissem Grad davon unabhängigen Weise zu berücksichtigen, die Beziehung nämlich zwischen der Tiefe des eine Insel vom Festland trennenden Meeres und dem Vorkommen gleicher oder verwandter Säugetierarten auf beiden. Hr. Windsor Earl hat einige treffende Beobachtungen in dieser Hinsicht über den großen Malaiischen Archipel gemacht, welcher in der Nähe von Celebes von einem Streifen sehr tiefen Meeres durchschnitten wird, der zwei ganz verschiedene Säugetierfaunen trennt. Auf der einen Seite desselben liegen die Inseln auf mäßig tiefen untermeerischen Bänken und sind voneinander nahe verwandten oder ganz identischen Säugetierarten bewohnt. Allerdings kommen auch in dieser Inselgruppe einige wenige Anomalien vor und ist es in einigen Fällen ziemlich schwer zu beurteilen, inwiefern die Verbreitung gewisser Säugetiere durch Naturalisierung von Seiten des Menschen bedingt ist; inzwischen werden die eifrigen Forschungen des Hrn. Wallace bald mehr Licht auf die Naturgeschichte dieser Inseln werfen. Ich habe bisher nicht Zeit gefunden, diesem Gegenstand auch in anderen Weltgegenden nachzuforschen; so weit ich aber damit gekommen bin, bleiben die Beziehungen sich gleich. Wir sehen Britannien durch einen schmalen Kanal vom europäischen Festland getrennt, und die Säugetierarten sind auf beiden Seiten die nämlichen. Ähnlich verhält es sich mit vielen nur durch schmale Meerengen von Neuholland geschiedenen Eilanden. Die Westindischen Inseln stehen auf einer fast 1000 Faden tief untergetauchten Bank; und hier finden wir zwar amerikanische Formen, aber von denen des Festlandes verschiedene Arten und Sippen. Da das Maß der Abänderung überall in gewissem Grade von der Zeitdauer abhängt und es eher anzunehmen ist, dass durch seichte Meerengen abgesonderte Inseln länger als die durch tiefe Kanäle geschiedenen mit dem Festland in Zusammenhang geblieben

Illustration aus der Abstammung des Menschen, die auch das Thema der geschlechtlichen Zuchtwahl und größeren männlichen Schönheit bei anderen Tieren umfasste. sind, so vermag man den Grund einer oftmaligen Beziehung zwischen der Tiefe des Meeres und dem Verwandtschaftsgrad einzusehen, der zwischen der Säugetierbevölkerung einer Insel und derjenigen des benachbarten Festlandes besteht, eine Beziehung ist, welche bei Annahme einer selbstständigen Schöpfung jeder Spezies ganz unerklärbar bleibt. Alle vorangehenden Wahrnehmungen über die Bewohner ozeanischer Eilande, insbesondere die Spärlichkeit der Arten, die Menge endemischer Formen in einzelnen Klassen oder deren Unterabteilungen, das Fehlen ganzer Gruppen wie der Batrachier und der am Boden lebenden Säugetiere trotz der Anwesenheit fliegender Fledermäuse, die eigentümlichen Zahlenverhältnisse in manchen

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

An Landvögeln sammelte ich sechsundzwanzig Arten, allesamt der Gruppe angehörig und nirgendwo

sonst anzutreffen; eine Ausnahme bildet ein großer, lerchenähnlicher Fink aus Nordamerika (Dolichonyx oryzivorus), der auf diesem Kontinent bis auf 54° N verbreitet ist und vorzugsweise Marschen bewohnt. Zu den anderen fünfundzwanzig Vögeln, gehört zunächst ein Falke, der in seiner Struktur ganz eigentümlich zwischen dem Bussard und der amerikanischen Gruppe des Aas fressenden Polybon steht; am meisten gleicht er jenen Vögeln in seinen Lebensgewohnheiten und sogar in der Stimme. Sodann zwei Eulen, welche für die kurzohrige und weiße Schleiereule Europas stehen. Drittens ein Zaunkönig, drei Tyrannen (zwei davon von der Art Pyrocephalus, wovon einer oder gar beide von manchen Ornithologen als einzige Varietät bezeichnet würden) und eine Taube – allesamt analog zu, aber verschieden von amerikanischen Arten. Viertens eine Schwalbe, die, obgleich sie sich von der Progne purpurea Nord- und Südamerikas nur dadurch unterscheidet, dass sie deutlich dunkler, kleiner und schmaler ist, von Mr. Gould als spezifisch gesondert betrachtet wird. Fünftens gibt es drei Arten der Spottdrossel – eine Art, die für Amerika äußerst typisch ist. Die verbleibenden Landvögel bilden eine ganz eigentümliche Gruppe Finken, von Mr. Gould in drei Untergruppen unterteilt, die durch die Form des Schnabels, des kurzen Schwanzes sowie Körper und Gefieder miteinander verwandt sind: Es gibt dreizehn Arten, die Mr. Gould in vier Untergruppen eingeteilt hat. Alle diese Arten sind auf diesen Archipel beschränkt, ebenso die gesamte Gruppe mit Ausnahme einer Art der Untergruppe Cactornis, die unlängst von der Bow-Insel des Low-Archipels eingeführt wurde. Die beiden Arten der Catornis sieht man häufig auf den Blumen der großen Kaktusbäume umherklettern; alle anderen Arten dieser Finkengruppe, die in Scharen auftreten, finden ihre Nahrung auf dem trockenen, unfruchtbaren Boden der unteren Regionen. Die Männchen von allen oder jedenfalls der überwiegenden Zahl sind rabenschwarz, die Weibchen (vielleicht mit einer oder zwei Ausnahmen) braun. Das Merkwürdigste ist die vollkommene Abstufung der Schnabelgröße bei den verschiedenen Arten des Geospiza, von einem, der groß ist wie der des Kernbeißers, bis zu dem des Buchfinken und (wenn Mr. Gould Recht damit hat, seine Untergruppe Certhidea der Hauptgruppe zuzurechnen) selbst dem der Grasmücke. Der größte Schnabel in der Gattung Geospiza wird in Abb. 1 gezeigt, der kleinste in Abb. 3, doch statt dass es nur eine mittlere Art mit einem Schnabel von der in Abb. 2 gezeigten Größe gibt, finden sich nicht weniger als sechs Arten mit unmerklich abgestuften Schnäbeln (siehe S. 414). Der Schnabel der Untergruppe Certhidea gleicht etwas dem des Staren, und jener der vierten Untergruppe, Camarhynchus, ist leicht papageienförmig. Wenn man diese Abstufung und strukturelle Vielfalt bei einer kleinen, eng verwandten Vogelgruppe sieht, möchte man wirklich glauben, dass von einer ursprünglich geringen Zahl an Vögeln auf diesem Archipel eine Art ausgewählt und für verschiedene Zwecke modifiziert wurde. Entsprechend könnte man meinen, dass ein Vogel, der ursprünglich ein Bussard war, hier eingeführt wurde, um die Funktion des Aas fressenden Polybon vom amerikanischen Kontinent auszufüllen. An Wat- und Wasservögeln sah ich nur elf verschiedene, und davon sind lediglich drei (darunter eine Ralle, die sich auf die feuchten Gipfel der Inseln beschränkt) neue Arten. Angesichts der umherziehenden Lebensweise der Möwen war ich überrascht, dass die Art, die diese Inseln bewohnt, eine eigenständige, aber mit einer aus den südlichen Regionen Südamerikas verwandt ist. Die weit größere Eigenständigkeit der Landvögel im Vergleich zu den Wat- und schwimmfüßigen Vögeln, denn von sechsundzwanzig sind fünfundzwanzig neue Arten oder wenigstens neue Rassen, hängt mit der größeren Reichweite dieser letzteren Ordnungen in allen Teilen der Welt zusammen. Hiernach werden wir dieses Gesetz, dass Wasserspezies, ob nun Salz- oder Südwasser, an jedem Ort auf der Erdoberfläche weniger eigentümlich sind als die Landspezies derselben Klassen, bei den Muscheln und in geringerem Maße bei den Insekten

dieses Archipels eindrucksvoll illustriert sehen. Zwei der Watvögel sind deutlich kleiner als die gleiche Art, die von anderswoher kam: Auch die Schwalbe ist kleiner, obwohl Zweifel bestehen, ob sie sich von ihrer Entsprechung unterscheidet oder nicht. Die zwei Eulen, die beiden Tyrannen (Pyrocephalus) und die Taube sind ebenfalls kleiner als die analoge, aber verschiedene Art, mit der sie am nächsten verwandt sind; die Möwe hingegen ist größer. Die zwei Eulen, die Schwalbe, alle drei Arten der Spottdrossel, die Taube in ihren jeweiligen Farben, allerdings nicht beim ganzen Gefieder, der Totanus und die Möwe sind ebenfalls dunkler getönt als ihre analoge Art. Mit Ausnahme eines Zaunkönigs mit schöner gelber Brust und eines Tyrannen mit scharlachroter Haube und Brust ist keiner der Vögel bunt gefärbt, wie man es in einer äquatorialen Region hätte erwarten können. Daher würde es als möglich erscheinen, dass dieselben Ursachen, welche die Einwanderer einiger Arten hier kleiner machen, die meisten der besonderen galapagischen Arten ebenfalls kleiner machen wie auch in den allermeisten Fällen dunkler färben. Alle Pflanzen geben ein erbärmliches, dürftiges Bild ab, und ich habe keine einzige schöne Blume gesehen. Auch die Insekten sind klein und dunkelfarben, und wie Mr. Waterhouse mir mitteilt, gibt es an ihrer allgemeinen Erscheinung nichts, was ihn zu der Annahme verleitet hätte, sie kämen aus der Nähe des Äquators. Die Vögel, Pflanzen und Insekten haben einen Wüstencharakter und sind nicht leuchtender gefärbt als jene in Südpatagonien; wir können daher schließen, dass die übliche prächtige Färbung der inter-tropischen Tiere und Pflanzen zwischen den Wendekreisen nicht an die Wärme oder das Licht dieser Zonen geknüpft ist, sondern an etwas anderes, vielleicht daran, dass die Existenzbedingungen das Leben dort allgemein begünstigen.

Ansichten verschiedener Galapagosinseln.

Pflanzenordnungen, die Verwandlung krautartiger Pflanzenformen in Bäume, alle scheinen sich mit der Ansicht, dass im Verlauf langer Zeiträume gelegentliche Transportmittel viel zur Verbreitung der Organismen mitgewirkt haben, besser als mit der Meinung zu vertragen, dass alle unsere ozeanischen Inseln vordem in unmittelbarem Zusammenhang mit dem nächsten Festland gestanden seien; denn in diesem letzten Falle würde die Einwanderung wohl vollständig gewesen sein und müssten, wenn man Abänderung zulassen will, alle Lebensformen in gleicherer Weise, der äußersten Wichtigkeit der Beziehung von Organismus zu Organismus entsprechend, modifiziert worden sein. Ich will nicht leugnen, dass da noch viele und große Schwierigkeiten vorliegen zu erklären, auf welche Weise manche Bewohner vereinzelter Inseln, mögen sie nun ihre anfängliche Form beibehalten oder seit ihrer Ankunft abgeändert haben, bis zu ihrer gegenwärtigen Heimat gelangt seien. Ich will nur ein Beispiel dieser Art anführen. Fast alle und selbst die abgelegensten und kleinsten ozeanischen

Inseln sind von Landschnecken bewohnt, und zwar meistens von endemischen, doch zuweilen auch von anderwärts vorkommenden Arten. Dr. Aug. A. Gould hat einige interessante Fälle von Landschnecken auf den Inseln des Stillen Meeres mitgeteilt. Nun ist es eine anerkannte Tatsache, dass Landschnecken durch Salz sehr leicht zu töten sind, und ihre Eier (oder wenigstens diejenigen, womit ich Versuche angestellt habe) sinken im Seewasser unter und verderben. Und doch muss es meiner Meinung nach irgendein unbekanntes, aber höchst wirksames Verbreitungsmittel für dieselben geben. Sollten vielleicht die jungen eben dem Ei entschlüpften Schneckchen an den Füßen irgendeines am Boden ausruhenden Vogels emporkriechen und dann von ihm weitergetragen werden? Es kam mir vor, als ob Landschnecken, im Zustand des Winterschlafs begriffen und mit einem Winterdeckel auf ihrer Schalenmündung versehen, in Spalten von Treibholz über ziemlich breite See-Arme müssten geführt werden können, ohne zu leiden. Ich fand sodann, dass verschiedene Arten in diesem Zustand ohne Nachteil sieben Tage lang im Seewasser

Aus „Die Fahrt der Beagle“



23. September

Die Beagle fuhr weiter zu Charles Island. Dieser Archipel wird schon seit langem besucht, anfangs von Freibeutern,

später dann von Walfängern, aber erst während der letzten sechs Jahre hat sich hier eine Kolonie angesiedelt. Die Einwohner zählen zwischen zwei- und dreihundert: Es handelt sich dabei nahezu ausschließlich um Farbige, die von der Republik Ecuador, deren Hauptstadt Quito ist, wegen politischer Verbrechen verbannt wurden. Die Siedlung ist ungefähr viereinhalb Meilen landeinwärts in einer Höhe von wohl tausend Fuß angelegt. Auf dem ersten Teil der Reise gelangten wir durch blattlose Dickichte wie auf Chatham Island. Je höher wir kamen, desto grüner wurden die Wälder: Und sobald wir den Kamm der Insel überschritten hatten, wurden wir von einer schönen südlichen Brise abgekühlt und unser Auge von grüner, blühender Vegetation erfrischt. In dieser oberen Region überwiegen grobe Gräser und Farne, Baumfarne gibt es aber keine: Nirgendwo sah ich ein Mitglied der Palmenfamilie, was desto auffallender ist, als die Kokosinsel 360 Meilen weiter nördlich ihren Namen von den zahlreichen Kokosnüssen erhalten hat. Die Häuser sind unregelmäßig über eine flache Ebene verstreut, auf der Süßkartoffeln und Bananen angebaut werden. Man kann es sich nur schwer vorstellen, wie angenehm uns der Anblick schwarzer Erde war, nachdem wir so lange die ausgedörrte Erde Perus und Nordchiles gewohnt waren. Die Einwohner klagen zwar über ihre Armut, können jedoch ohne großen Aufwand für ihren Lebensunterhalt sorgen. In den Wäldern gibt es viele Wildschweine und Ziegen; hauptsächlich jedoch besteht ihre tierische Nahrung aus Schildkröten. Natürlich wurde deren Zahl auf der Insel stark dezimiert, doch noch immer zählen die Leute darauf, dass zwei Tage Jagd ihnen das Essen für den Rest der Woche liefern. Früher soll ein einziges Schiff bis zu siebenhundert erbeutet haben, und vor Jahren einmal soll die Besatzung einer Fregatte an einem Tag zweihundert Schildkröten an den Strand gebracht haben.

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liegen bleiben können. Eine dieser Arten war Helix pomatia (Weinbergschnecke), die ich nach längerer Winterruhe noch zwanzig Tage lang in Seewasser legte, worauf sie sich wieder vollständig erholte. Da diese Art einen dicken kalkigen Deckel besitzt, so nahm ich ihn ab, und als sich hierauf wieder ein neuer häutiger Deckel gebildet hatte, tauchte ich sie noch vierzehn Tage in Seewasser, worauf sie wieder vollkommen zu sich kam und davonkroch; indessen weitere Versuche in dieser Beziehung fehlen noch. Die triftigste und für uns wichtigste Tatsache hinsichtlich der Inselbewohner ist ihre Verwandtschaft mit den Bewohnern des nächsten Festlandes, ohne mit denselben von gleichen Arten zu sein. Davon ließen sich zahllose Beispiele anführen. Ich will mich jedoch auf ein einziges beschränken, auf das der Galapagosinseln, welche 500–600 engl. Meilen von der Küste Südamerikas liegen. Hier trägt fast jedes Land- wie Wasserprodukt ein unverkennbares kontinental-amerikanisches Gepräge. Dabei befinden sich 26 Arten Landvögel, von welchen 21 oder vielleicht 23 als eigentümliche und hier geschaffene Arten angesehen werden; und doch ist die nahe Verwandtschaft der meisten dieser Vögel mit amerikanischen Arten in jedem ihrer Charaktere, in Lebensweise, Betragen und Ton der Stimme offenbar. So ist es auch mit anderen Tieren und, wie Dr. Hooker in seinem ausgezeichneten Werke über die Flora dieser Inselgruppe gezeigt hat, mit fast allen Pflanzen. Der Naturforscher, welcher

Riesengroßer baumartiger Feigenkaktus auf Galapagos. die Bewohner dieser vulkanischen Inseln des Stillen Meeres betrachtet, fühlt, dass er auf amerikanischem Boden steht, obwohl er noch einige hundert Meilen von dem Festland entfernt ist. Wie mag dies kommen? Woher sollten die, angeblich nur im GalapagosArchipel und sonst nirgends erschaffenen Arten diesen so deutlichen Stempel der Verwandtschaft mit den in Amerika geschaffenen haben? Es ist nichts in den Lebensbedingungen, nichts in der geologischen Beschaffenheit, nichts in der Höhe oder dem Klima dieser Inseln noch in dem Zahlenverhältnis der verschiedenen hier zusammengesellten Klassen, was den Lebensbedingungen auf den südamerikanischen Küsten sehr ähnlich wäre; ja es ist sogar ein

Eine weitere Ansicht von Bartolomé im Galapagos-Archipel. GE OGRAP H ISCH E V E RB RE ITU N G ( FORTS ETZUNG)

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Mus darwinii, wie sie in The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle dargestellt ist. Es war eine von achtundzwanzig neuen Mäuse-Spezies, die anhand von Darwins Sammlung identifiziert wurde. großer Unterschied in allen Beziehungen vorhanden. Andererseits aber ist eine große Ähnlichkeit zwischen der vulkanischen Natur des Bodens, dem Klima und der Größe und Höhe der Inseln der Galapagos einer- und der Kapverdischen Gruppe andererseits. Aber welche unbedingte und gänzliche Verschiedenheit in ihren Bewohnern! Die der Inseln des grünen Vorgebirges stehen zu Afrika im nämlichen Verhältnis wie die der Galapagos zu Amerika. Ich glaube, diese bedeutende Tatsache hat von der gewöhnlichen Annahme einer unabhängigen Schöpfung der Arten keine Erklärung zu erwarten, während nach der hier aufgestellten Ansicht es offenbar ist, dass die Galapagos entweder durch gelegentliche Transportmittel oder infolge eines früheren unmittelbaren Zusammenhangs mit Amerika von diesem Weltteil, wie die Kapverdischen Inseln von Afrika aus, bevölkert worden sind, und dass, obwohl diese Kolonisten Abänderungen erfahren haben, sie doch ihre erste Geburtsstätte durch das Vererblichkeitsprinzip verraten.

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Und so ließen sich noch viele analoge Fälle anführen; denn es ist in der Tat eine fast allgemeine Regel, dass die endemischen Erzeugnisse der Inseln mit denen der nächsten Festländer oder anderer benachbarter Inseln in Beziehung stehen. Ausnahmen sind selten und gewöhnlich leicht erklärbar. So sind die Pflanzen von Kerguelen-Land, obwohl dieses näher bei Afrika als bei Amerika liegt, nach Dr. Hookers Bericht sehr eng mit denen der amerikanischen Flora verwandt; doch erklärt sich diese Abweichung durch die Annahme, dass die genannte Insel hauptsächlich durch strandende Eisberge bevölkert worden sei, welche den vorherrschenden Seeströmungen folgend Steine und Erde voll Samen mit sich geführt haben. Neuseeland ist hinsichtlich seiner endemischen Pflanzen mit Neuholland als dem nächsten Kontinent näher als mit irgendeiner anderen Gegend verwandt, wie es zu erwarten ist; es hat aber auch offenbare Verwandtschaft mit Südamerika, das, wenn auch das zweitnächste Festland, so ungeheuer entfernt ist, dass

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

ie Naturgeschichte dieser Inseln ist äußerst merkwürdig und verdient sehr wohl Aufmerksamkeit. Die meisten organischen Erzeugnisse sind heimische Geschöpfe, die nirgendwo sonst zu finden sind; sogar zwischen den Bewohnern der verschiedenen Inseln gibt es Unterschiede, doch alle zeigen eine ausgeprägte Verwandtschaft mit denen Amerikas, obgleich sie von diesem Kontinent durch einen freien Ozean von 500 bis 600 Meilen Breite getrennt sind. Der Archipel ist eine kleine Welt für sich oder vielmehr ein an Amerika angegliederter Satellit, woher vereinzelte Kolonisten stammen und er das allgemeine Gepräge seiner heimischen Erzeugnisse erhalten hat. Angesichts der geringen Größe dieser Inseln sind wir desto erstaunter über die Zahl ihrer ursprünglichen Lebewesen und deren begrenzter Ausbreitung. Da jede Anhöhe von einem Krater gekrönt und die Begrenzungen der meisten Lavaströme noch deutlich zu sehen sind, gelangen wir zu der Annahme, dass der durchgängige Ozean in einer geologisch jungen Zeit hier ausgebreitet war. Daher scheint es, als seien wir, sowohl in Zeit wie Raum, einigermaßen nahe jenem großen Faktum gebracht – jenem Rätsel aller Rätsel –, dem ersten Erscheinen neuer Lebewesen auf dieser Erde. An Landsäugetieren gibt es nur eines, das als heimisch angesehen werden muss, nämlich eine Maus (Mus galapagoensis), die, soweit ich feststellen konnte, auf Chatham Island, die östlichste Insel der Gruppe, beschränkt ist. Sie gehört, wie Mr. Waterhouse mir mitteilt, zu einer Untergruppe jener Mäusefamilie, die charakteristisch für Amerika ist. Auf James Island lebt eine Ratte, die sich von der gewöhnlichen Art hinreichend unterscheidet, sodass sie von Mr. Waterhouse benannt und beschrieben wurde, doch da sie der altweltlichen Untergruppe der Familie angehört und da diese Insel während der letzten einhundertfünfzig Jahre von Schiffen besucht worden ist, habe ich kaum Zweifel, dass diese Ratte lediglich eine Variante ist, hervorgebracht von dem neuen und besonderen Klima, dem Boden und der anderen Nahrung, denen sie ausgesetzt ist. Auch wenn niemand das Recht hat, ohne klare Fakten zu spekulieren, sollte doch hinsichtlich der Chatham-Insel-Maus bedacht werden, dass es sich möglicherweise um eine aus Amerika eingeführte Art handelt, denn ich habe in einem sehr dünn besiedelten Teil der Pampas eine einheimische Maus gesehen, die im Dach einer neu gebauten Hütte lebte, und daher ist ihr Transport mit einem Fahrzeug nicht unwahrscheinlich: Analoge Fakten wurden von Dr. Richardson in Nordamerika beobachtet.

die Tatsache als eine Anomalie erscheint. Doch auch diese Schwierigkeit verschwindet größtenteils unter der Voraussetzung, dass Neuseeland, Südamerika und andere südliche Länder vor langen Zeiten teilweise von einem entfernt gelegenen Mittelpunkt, nämlich von den antarktischen Inseln aus, bevölkert worden sind, vor dem Anfang der Eisperiode. Die, wenn auch nur schwache, aber nach Dr. Hooker doch tatsächliche Verwandtschaft zwischen den Floren der südwestlichen Spitzen Australiens und des Kaps der Guten Hoffnung ist ein viel merkwürdigerer Fall und für jetzt unerklärlich; doch ist dieselbe auf die Pflanzen beschränkt und wird auch ihrerseits sich gewiss eines Tages noch aufklären lassen. Das Gesetz, vermöge dessen die Bewohner eines Archipels, wenn auch in den Arten verschieden, zumeist mit denen des nächsten Festlandes übereinstimmen, wiederholt sich zuweilen in kleinerem Maßstab, aber

in sehr interessanter Weise innerhalb einer und der nämlichen Inselgruppe. Namentlich haben ganz wunderbarerweise die verschiedenen Inseln des nur kleinen Galapagos-Archipels, wie schon anderwärts gezeigt worden, ihre eigentümlichen Bewohner, sodass fast auf jeder derselben andere Arten vorkommen, welche aber in unvergleichbar näherer Verwandtschaft zueinander stehen als die irgendeines anderen Teiles der Welt. Und dies ist nach meiner Anschauungsweise zu erwarten gewesen, da die Inseln so nahe beisammen liegen, dass alle zuverlässig ihre Einwanderer entweder aus gleicher Urquelle oder eine von der anderen erhalten haben müssen. Aber man könnte gerade die Verschiedenheit zwischen den endemischen Bewohnern der einzelnen Inseln als Argument gegen meine Ansicht gebrauchen; denn man könnte fragen, wie es komme, dass auf diesen verschiedenen Inseln, welche einander in Sicht liegen und die nämliche

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

Wir wollen uns nun der Landspezies (A. demarlii) zuwenden; sie hat einen runden Schwanz und

keine Schwimmhäute an den Zehen. Diese Echse lebt nicht wie die andere auf allen Inseln, sondern ist auf den mittleren Teil des Archipels beschränkt, also auf die Inseln Albemarle, James, Barrington und Indefatigable. Südlich davon, auf Charles, Hood und Chatham, wie auch im Norden auf Towers, Bindloes und Abingdon habe ich sie weder gesehen noch gehört. Es hat den Anschein, als sei sie in der Mitte des Archipels erschaffen worden und habe sich von dort nur auf eine bestimmte Entfernung ausgebreitet. Einige dieser Echsen halten sich in den höher gelegenen, feuchten Teilen der Inseln auf, sind aber weit zahlreicher in den unteren, unfruchtbaren nahe der Küste. Ich kann keinen schlagenderen Beweis für ihre Zahl geben als zu erklären, dass wir, als wir auf James Island zurückgelassen wurden, eine Zeit lang keine Stelle für unser Zelt finden konnten, die frei von ihren Bauen war. Wie ihre Schwestern, die Meer-Variante, sind es hässliche Tiere, unten gelblich orange gefärbt, oben mit einem bräunlichen Rot: Wegen ihres niedrigen Gesichtswinkels machen sie einen ungeheuer dummen Eindruck. Sie mögen von deutlich geringerer Größe als die Meerspezies sein, aber einige wogen zwischen 10 und 15 Pfund. In ihren Bewegungen sind sie faul und halb starr. Wenn sie keine Angst haben, kriechen sie langsam dahin, wobei Schwanz und Bauch über den Boden schleifen. Sie halten häufig inne und dösen ein Weilchen mit geschlossenen Augen, die Hinterbeine auf der ausgedörrten Erde ausgestreckt. Sie bewohnen Baue, welche sie zuweilen zwischen Lavabrocken machen, überwiegend jedoch auf ebenen Flächen des weichen sandsteinartigen Tuffs. Die Löcher scheinen nicht sehr tief zu sein, und sie dringen in spitzem Winkel in den Boden, sodass die Erde, geht man über diese Echsenbaue, beständig nachgibt, sehr zum Verdruss des müden Wanderers. Dieses Tier setzt, wenn es seinen Bau gräbt, im Wechsel jeweils eine Seite seines Körpers ein. Ein Vorderbein kratzt kurze Zeit die Erde auf und schleudert sie zum Hinterbein zurück, das so gut platziert ist, dass es sie über die Öffnung des Lochs hinaushebt. Ist diese Körperseite müde, übernimmt die andere die Arbeit und so abwechselnd weiter. Ich beobachtete eine über eine längere Zeit, bis ihr Leib zur Hälfte vergraben war; sodann ging ich hin und zog sie am Schwanz, worüber sie sich sehr verwunderte und sich sogleich herausdrückte, um nachzusehen, was da los war; sie starrte mir ins Gesicht, so als wollte sie mich fragen: »Wie kommst du dazu, mich am Schwanz zu ziehen?« Sie fressen bei Tage und schweifen nicht weit von ihrem Bau: Wenn sie Angst haben, eilen sie mit einem höchst plumpen Gang dorthin. Außer wenn sie bergab rennen, sind sie nicht sehr schnell, offenbar wegen der seitlichen Lage ihrer Beine. Sie sind keineswegs furchtsam: Wenn sie einen aufmerksam beobachten, rollen sie den Schwanz auf, richten sich auf den Vorderbeinen auf und machen rasche vertikale Nickbewegungen, wobei sie versuchen, sehr wild dreinzuschauen, was sie aber gar nicht sind; stampft man auch nur auf die Erde, nehmen sie den Schwanz herunter und hasten so schnell wie möglich davon. Ich habe häufig kleine Fliegen fressende Echsen beobachtet, wie sie, wenn sie etwas beobachten, in genau der gleichen Weise nicken, aber zu welchem Zweck, das weiß ich nicht. Hält man diese Amblyrhynchus fest und plagt sie mit einem Stock, beißen sie fest hinein; gleichwohl habe ich viele am Schwanz gepackt, und nie haben sie versucht, mich zu beißen. Legt man zwei auf die Erde und hält sie fest beieinander, kämpfen sie und beißen einander, bis Blut fließt. Die Tiere, die das Unterland bewohnen, und das ist die überwiegende Zahl, bekommen das ganze Jahr über kaum einen Tropfen Wasser, doch verzehren

sie viel saftigen Kaktus, dessen Äste häufig vom Wind abgebrochen werden. Mehrmals warf ich zweien oder dreien, wenn sie zusammen waren, ein Stück zu, und es war recht amüsant, mit anzusehen, wie sie versuchten, es zu packen und fortzutragen, ganz wie Hunde mit einem Knochen. Sie fressen sehr bedächtig, kauen ihr Mahl aber nicht. Die kleinen Vögel wissen, wie harmlos diese Wesen sind: Ich habe gesehen, wie einer der dickschnabeligen Finken am einen Ende eines Stücks Kaktus pickte, während eine Echse am anderen Ende fraß, und später hüpfte der kleine Vogel mit äußerstem Gleichmut dem Reptil auf den Rücken. Ich öffnete mehreren den Magen und fand sie voller Gemüsefasern und Blättern verschiedener Bäume, besonders der Akazie. Im Oberland leben sie vorwiegend von den sauren und adstringierenden Beeren des Guyavita, unter dessen Bäumen ich diese Echsen zusammen mit riesigen Schildkröten habe fressen sehen. Um die Akazienblätter zu erreichen, erklimmen sie die niedrigen, verkümmerten Bäume, und es ist nicht ungewöhnlich, ein Paar mehrere Fuß über dem Erdboden auf einem Ast sitzend fressen zu sehen. Gekocht liefern diese Echsen ein weißes Fleisch, das diejenigen mögen, deren Magen sich über alle Vorurteile erhebt. Humboldt hat bemerkt, dass im intertropischen Südamerika alle Echsen, die in trockenen Regionen leben, als Delikatesse geschätzt sind. Die Einwohner geben an, dass diejenigen, die in den oberen, feuchten Gebieten leben, Wasser trinken, dass die anderen jedoch nicht, wie die Schildkröten, von dem unfruchtbaren Unterland zum Saufen hinaufwandern. Zur Zeit unseres Besuches hatten die Weibchen zahlreiche große, längliche Eier im Körper, die sie in ihrem Bau ablegen: Die Einwohner suchen sie als Nahrung.

geologische Beschaffenheit, dieselbe Höhe und das gleiche Klima besitzen, so viele Einwanderer auf jeder in einer anderen und doch nur wenig verschiedenen Weise modifiziert worden sind? Dies ist auch mir lange Zeit als eine große Schwierigkeit erschienen, was aber hauptsächlich von dem tief eingewurzelten Irrtum herrührt, die physischen Bedingungen einer Gegend als das Wichtigste für deren Bewohner zu betrachten, während doch nicht in Abrede gestellt werden kann, dass die Natur der übrigen Organismen, mit welchen sie selbst zu kämpfen haben, wenigstens ebenso hoch anzuschlagen und gewöhnlich eine noch wichtigere Bedingung ihres Gedeihens ist. Wenn wir nun diejenigen Bewohner der Galapagos, welche als nämliche Spezies auch in anderen Gegenden der Erde noch vorkommen (wobei für einen Augenblick die endemischen Arten außer Betracht bleiben müssen, weil wir die seit der Ankunft dieser Organismen auf den genannten Inseln erfolgten Umänderungen untersuchen wollen), so finden wir einen großen Unterschied zwischen den einzelnen Inseln selbst. Diese Verschiedenheit wäre aus der Annahme erklärlich, dass die Inseln durch gelegentliche Transportmittel bestockt worden sind, sodass z. B. der Same einer Pflanzenart zu einer und der einer anderen zu einer anderen Insel gelangt wäre. Wenn daher in früherer Zeit ein Einwanderer sich auf einer oder mehreren der Inseln angesiedelt oder sich später von einer zu der anderen Insel verbreitet hätte, so würde er zweifelsohne auf den verschiedenen Inseln verschiedenen Lebensbedingungen ausgesetzt gewesen sein; denn er hätte auf jeder Insel mit anderen Organismen zu werben gehabt. Eine Pflanze z. B. hätte den für sie am meisten geeigneten Grund auf der einen Insel schon vollständiger von anderen Pflanzen eingenommen gefunden als auf der anderen und wäre den Angriffen etwas verschiedener Feinde ausgesetzt gewesen. Wenn sie nun abänderte, so wird die natürliche Züchtung wahrscheinlich auf verschiedenen Inseln verschiedene Varietäten begünstigt haben. Einzelne Arten jedoch werden sich über die ganze Gruppe verbreitet und überall den nämlichen Charakter beibehalten haben, wie wir auch auf Festländern manche weit verbreitete Spezies überall unverändert bleiben sehen. Doch die wahrhaft überraschende Tatsache auf den Galapagos wie in minderem Grade in einigen anderen Fällen besteht darin, dass sich die neu gebildeten GE OGRAP H ISCH E V E RB RE ITU N G ( FORTS ETZUNG)

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Meerechse und Darwinfink, Galapagosinseln. Die beiden endemischen Leguane, die zu Darwins Zeit gemeinsam in die Gattung Amblyrhynchus gesteckt wurden, sind heute verschiedene Gattungen.

Landechse und Darwinfink, Galapagosinseln.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

ie beiden Arten des Amblyrhynchus haben die allgemeine Struktur und viele Lebensgewohnheiten gemein. Beiden fehlen die schnellen Bewegungen, die für die Gattungen Lacerta und Iguana so charakteristisch sind. Beide sind sie Pflanzenfresser, obwohl die Pflanzen, von denen sie sich ernähren, sehr unterschiedlich sind. Mr. Bell hat die Gattung nach der Kürze der Schnauze benannt; ja, die Form des Mauls lässt sich beinahe mit jenem der Schildkröte vergleichen: Man möchte meinen, dass dies eine Anpassung an ihren Appetit auf Pflanzen ist. Es ist daher äußerst interessant, auf eine gut beschriebene Gattung zu stoßen, die eine im Wasser und eine an Land lebende Art hat und auf einen so kleinen Flecken der Welt begrenzt ist. Die Wasserart ist die bei weitem bemerkenswertere, weil sie die einzig existierende Echse ist, die von pflanzlichen Meeresprodukten lebt. Wie ich schon bemerkt habe, ist das Besondere dieser Inseln weniger die Anzahl der Reptilienarten als vielmehr die der Einzeltiere; wenn wir an die ausgetretenen Pfade erinnern, die von Tausenden riesiger Schildkröten gebahnt wurden – an die vielen Meerschildkröten – die großen Baue des an Land lebenden Amblyrhynchus – und die Gruppen der Meerspezies, die auf jeder dieser Inseln auf die Küstenfelsen klatschen –, müssen wir zugeben, dass es keine andere Gegend auf der Welt gibt, wo diese Ordnung die Pflanzen fressenden Säugetiere in so außerordentlicher Weise ersetzt. Der Geologe, der davon hört, wird wohl an die Sekundärepochen denken, als Echsen, manche Pflanzen, manche Fleisch fressend und von Ausmaßen, wie sie nur mit unseren heutigen Walen vergleichbar sind, in Scharen an Land und im Meer lebten. Daher ist seine Beobachtung verdienstvoll, dass dieser Archipel, statt über ein feuchtes Klima und eine üppige Vegetation zu verfügen, nicht anders als extrem arid und, für eine äquatoriale Region, auffallend gemäßigt betrachtet werden kann.

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Arten nicht über die ganze Inselgruppe ausgebreitet haben. Aber die einzelnen Inseln, wenn auch in Sicht voneinander gelegen, sind durch tiefe Meeresarme, meistens breiter als der britische Kanal, voneinander geschieden, und es liegt kein Grund zur Annahme vor, dass sie früher unmittelbar miteinander vereinigt gewesen seien. Die Seeströmungen sind heftig und gehen quer durch den Archipel hindurch, und heftige Windstöße sind außerordentlich selten, sodass die Inseln tatsächlich stärker voneinander geschieden sind, als dies beim Ansehen einer Karte scheinen mag. Dem ungeachtet sind doch ziemlich viele Arten, sowohl anderwärts vorkommende wie dem Archipel eigentümlich angehörende, mehreren Inseln gemeinsam, und einige Verhältnisse führen zur Vermutung, dass diese sich wahrscheinlich von einem Eiland aus zu den anderen verbreitet haben. Aber wir bilden uns, wie ich glaube, oft eine irrige Meinung über die Wahrscheinlichkeit, dass nahe verwandte Arten bei freiem Verkehr ins Gebiet der anderen vordringen werden. Es unterliegt zwar keinem Zweifel, dass, wenn eine Art irgendeinen Vorteil über eine andere hat, sie dieselbe in kurzer Zeit mehr oder weniger ersetzen wird; wenn aber beide gleich gut für ihre Stellen in der Natur gemacht sind, so werden sie wahrscheinlich ihre eigenen Plätze behaupten und für alle Zeit behalten. Wenn wir wissen, dass viele von Menschen einmal naturalisierte Arten sich mit erstaunlicher Schnelligkeit über neue Gegenden verbreitet haben, so sind wir wohl zu glauben geneigt, dass die meisten Arten es ebenso machen würden; aber wir müssen bedenken, dass die in neuen Gegenden naturalisierten Formen gewöhnlich keine nahen Verwandten der Ureinwohner, sondern eigentümliche Arten

sind, welche nach Alph. de Candolle verhältnismäßig sehr oft auch besonderen Sippen angehören. Auf den Galapagos sind sogar viele Vögel, welche ganz wohl im Stande wären, von Insel zu Insel zu fliegen, voneinander verschieden, wie z. B. drei einander nahestehende Arten von Spottdrosseln jede auf ein besonderes Eiland beschränkt sind. Nehmen wir nun an, die Spottdrossel von Chatham Island werde durch einen Sturm nach Charles Island verschlagen, das schon seine eigene Spottdrossel hat, wie sollte sie dazu gelangen, sich hier festzusetzen? Wir dürfen mit Gewissheit annehmen, dass Charles Island mit ihrer eigenen Art wohl besetzt ist, indem jährlich mehr Eier dort gelegt werden als auskommen können, und wir dürfen ferner annehmen, dass die Art von Charles

Darwin fügte diese Abbildung 1845 in die zweite Auflage seiner Fahrt der Beagle ein, als er die Bedeutung der Galapagos-Finken besser verstand.

Darwin versah seine Exemplare der Galapagos-Finken mit Etiketten, unterließ es aber zu notieren, welches von welcher Insel stammte. Später bereute er dies.

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Elizabeth Goulds Illustration eines Paars kleiner Baumfinken, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Island für diese ihre Heimat wenigstens ebenso gut geeignet ist als der neue Ankömmling. Sir Ch. Lyell und Hr. Wollaston haben mir eine merkwürdige zur Erläuterung dieser Verhältnisse dienende Tatsache mitgeteilt, dass nämlich Madeira und das dicht dabei gelegene Porto Santo viele einander vertretende Landschnecken besitzen, von welchen einige in Felsspalten leben; und obwohl große Steinmassen jährlich von Porto Santo nach Madeira gebracht werden, so ist doch diese letzte Insel noch nicht mit den Arten von Porto Santo bevölkert worden; aber auf beiden Inseln haben sich europäische Arten angesiedelt, weil sie zweifelsohne irgendeinen Vorteil vor den eingeborenen voraushatten. Hiernach werden wir uns nicht mehr sehr darüber wundern dürfen, dass die endemischen und die stellvertretenden Arten, welche die verschiedenen Galapagosinseln bewohnen, sich noch nicht von Insel zu Insel verbreitet haben. In vielen anderen Fällen, wie in den verschiedenen Bezirken eines Kontinents, mag die frühere Besitzergreifung durch eine Art wesentlich dazu beigetragen haben, die Vermischung von Arten unter gleichen Lebensbedingungen zu hindern. So haben die südöstliche und südwestliche Ecke Neuhollands eine nahezu gleiche physikalische Beschaffenheit und sind durch zusammenhängendes Land miteinander verkettet, aber gleichwohl durch eine große Anzahl verschiedener Säugetier-, Vogel- und Pflanzenarten bewohnt. Das Prinzip, welches den allgemeinen Charakter der Fauna und Flora der ozeanischen Inseln bestimmt, dass nämlich deren Bewohner, wenn nicht genau die nämlichen Arten, doch offenbar mit den Bewohnern derjenigen Gegenden am nächsten verwandt sind, von welchen aus die Kolonisierung am leichtesten stattfinden konnte, und dass die Kolonisten nachher abgeändert und für ihre neue Heimat geschickter gemacht worden sind: dieses Prinzip ist von der weitesten Anwendbarkeit in der ganzen Natur. Wir sehen dies an jedem Berg, in jedem See, in jedem Marschland. Denn die alpinen Arten, mit Ausnahme der durch die Glazialereignisse weithin verbreiteten Formen hauptsächlich von Pflanzen, sind mit denen der umgebenden Tiefländer verwandt; und so haben wir in Südamerika alpine Kolibris, alpine Nager, alpine Pflanzen, aber alle von streng amerikanischen Formen; und es liegt nahe, dass ein Gebirge während

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seiner allmählichen Emporhebung aus den benachbarten Tiefländern auf natürliche Weise kolonisiert worden ist. So ist es auch mit den Bewohnern der Seen und Marschen, soweit nicht durch große Leichtigkeit der Überführung aus einer Gegend in die andere die ganze Erdoberfläche mit den nämlichen allgemeinen Formen versehen worden ist. Wir sehen dasselbe Prinzip bei den blinden Höhlentieren Europas und Amerikas sowie in manchen anderen Fällen. Es wird sich nach meiner Meinung überall bestätigen, dass, wo immer in zwei sehr voneinander entfernten Gegenden viele nah verwandte oder stellvertretende Arten vorkommen, auch einige identische Arten vorhanden sind, welche in Übereinstimmung mit der vorangehenden Ansicht zeigen, dass in irgendeiner früheren Periode ein Verkehr oder eine Wanderung zwischen beiden Gegenden stattgefunden hat. Und wo immer nahe verwandte Arten vorkommen, da werden auch viele Formen sein, welche einige Naturforscher als besondere Arten und andere nur als Varietäten betrachten. Diese zweifelhaften Formen drücken uns die Stufen in der fortschreitenden Abänderung aus. Diese Beziehung zwischen Wanderungsvermögen und Ausdehnung einer Art (sei es in jetziger Zeit oder in einer früheren Periode unter verschiedenen natürlichen Bedingungen) und dem Vorkommen anderer verwandter Arten in entfernten Teilen der Erde ergibt sich in einer noch allgemeineren Weise. Hr. Gould sagte mir vor langer Zeit, dass in denjenigen Vogelsippen, welche sich über die ganze Erde erstrecken, auch viele Arten eine weite Verbreitung besitzen. Ich vermag kaum zu bezweifeln, dass diese Regel allgemein richtig ist, obwohl dies schwer zu beweisen sein dürfte. Unter den Säugetieren finden wir sie scharf bei den Fledermäusen und in schwächerem Grade bei den hunde- und katzenartigen Tieren ausgesprochen. Wir sehen sie in der Verbreitung der Schmetterlinge und Käfer. Und so ist es auch bei den meisten Süßwassertieren, unter welchen so viele Sippen über die ganze Erde reichen und viele einzelne Arten eine ungeheure Verbreitung besitzen. Es soll nicht behauptet werden, dass in den weitverbreiteten Sippen alle Arten in weiter Ausdehnung vorkommen oder auch nur eine durchschnittlich große Ausbreitung besitzen, sondern nur, dass es mit einzelnen Arten der Fall ist; denn die Leichtigkeit, womit weitverbreitete Spezies variieren und zur

Bildung neuer Formen Veranlassung geben, bestimmt ihre durchschnittliche Verbreitung in genügender Weise. So können zwei Varietäten einer Art die eine Europa und die andere Amerika bewohnen, und die Art hat dann eine unermessliche Verbreitung; ist aber die Abänderung etwas weiter gediehen, so werden die zwei Varietäten als zwei verschiedene Arten gelten und die Verbreitung einer jeden wird sehr beschränkt erscheinen. Noch weniger soll gesagt werden, dass eine Art, welche offenbar das Vermögen besitzt, Schranken zu überschreiten und sich weit auszubreiten, wie mancher langschwingige Vogel sich auch weit ausbreiten muss; denn wir dürfen nicht vergessen, dass zur weiten Verbreitung nicht allein das Vermögen, Schranken zu überschreiten, sondern auch noch das bei Weitem wichtigere Vermögen gehört, in fernen Landen den Kampf ums Dasein mit den neuen Genossen siegreich zu bestehen. Aber nach der Annahme, dass alle Arten einer Sippe, wenngleich jetzt über die entferntesten Teile der Erde zerstreut, von einem gemeinsamen Stammvater abstammen, müssten (und dies ist, glaube ich, der Fall) wenigstens einige Arten eine weite Verbreitung besitzen; denn es ist notwendig, dass der noch unveränderte Ahne sich unter fortwährender Abänderung weit verbreite und unter verschiedenartigen Lebensbedingungen eine günstige Stellung für die Umgestaltung seiner Nachkommen zuerst in neue Varietäten und endlich in neue Arten gewinne. Bei Betrachtung der weiten Verbreitung mancher Sippen dürfen wir nicht vergessen, dass viele derselben außerordentlich alt sind und von einem gemeinsamen

Stammvater in einer sehr frühen Periode abstammen müssen; daher war in solchen Fällen genügend Zeit sowohl für große klimatische und geographische Veränderungen als für die Verpflanzung-vermittelnde Zufälle, folglich auch für die Wanderung der Arten nach allen Teilen der Welt, wo sie dann in einer den neuen Verhältnissen angemessenen Weise abgeändert worden sind. Ebenso scheint sich aus geologischen Nachweisungen zu ergeben, dass in jeder Hauptklasse die tiefstehenden Organismen gewöhnlich langsamer als die höheren Formen abändern; daher sind die tieferen Formen mehr in der Lage gewesen, ihre spezifischen Merkmale lange zu behaupten und sich damit weit zu verbreiten. Diese Tatsache in Verbindung mit dem Umstand, dass die Samen und Eier vieler tiefstehenden Formen sich durch ihre außerordentliche Kleinheit zur weiten Fortführung vorzugsweise eignen, erklärt wahrscheinlich zur Genüge ein Gesetz, welches schon längst bekannt und erst unlängst von Alph. de Candolle in Bezug auf die Pflanzen vortrefflich erläutert worden ist: dass nämlich jede Gruppe von Organismen sich zu einer umso weiteren Verbreitung eigne, je tiefer sie steht. Die soeben erörterten Beziehungen, dass nämlich unvollkommene und sich langsam abändernde Organismen sich weiter als die vollkommenen verbreiten, – dass einige Arten weit ausgebreiteter Sippen selbst eine große Verbreitung besitzen, – dass Alpen-, Sumpf- und Marschbewohner (mit den angedeuteten Ausnahmen) ungeachtet der Verschiedenheit der Standorte mit denen der umgebenden Tief- und

Elizabeth Goulds Illustration einer Ralle, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle. GE OGRAP H ISCH E V E RB RE ITU N G ( FORTS ETZUNG)

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

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ie Verbreitung der Bewohner dieses Archipels wäre nicht annähernd so wunderbar, wenn beispielsweise eine Insel eine Spottdrossel aufwiese und eine zweite eine gänzlich andere Gattung – wenn eine Insel ihre Echsengattung aufwiese und eine zweite Insel eine weitere andersartige Gattung oder auch gar keine –, oder wenn auf den verschiedenen Inseln nicht repräsentative Arten derselben Pflanzengattungen heimisch wären, sondern vollkommen verschiedene, was in gewissem Maße zutrifft, denn, um ein Beispiel zu geben, ein großer Beeren tragender Baum auf James Island hat keine entsprechende Art auf Chatham Island. Mich aber erstaunt nun, dass mehrere der Inseln ihre eigene Art der Schildkröte, der Spottdrossel, des Finken sowie etlicher Pflanzen aufweisen, wobei diese Arten dieselbe allgemeine Lebensweise haben, in analogen Verhältnissen leben und offensichtlich den gleichen Platz in der natürlichen Ökonomie des Archipels einnehmen. Man könnte nun argwöhnen, dass einige dieser entsprechenden Arten, zumindest im Falle der Schildkröte und einiger Vögel, sich hiernach nur als gut bezeichnete Rassen erweisen, das aber wäre von ebenso großem Interesse für den philosophischen Naturforscher. Ich habe gesagt, dass die meisten dieser Inseln in Sichtweite voneinander liegen. Ich darf spezifizieren, dass Charles Island fünfzig Meilen vom nächsten Punkt auf Chatham Island und dreiunddreißig Meilen vom nächsten auf Albemarle Island entfernt liegt. Chatham Island liegt sechzig Meilen vom nächsten Punkt auf James Island entfernt, doch dazwischen liegen noch zwei Inseln, die ich nicht besucht habe. James Island ist nur zehn Meilen vom nächsten Punkt auf Albemarle Island entfernt, die zwei Orte aber, an denen die Sammlungen erfolgten, liegen zweiunddreißig Meilen auseinander. Ich muss wiederholen, dass weder die Beschaffenheit des Bodens noch die Höhe des Landes noch das Klima und auch nicht der allgemeine Charakter der assoziierten Lebewesen und mithin auch nicht ihr Wirken aufeinander sich auf den verschiedenen Inseln stark unterscheiden können. Sollte es denn einen merklichen Unterschied im Klima geben, so zwischen der dem Wind zugewandten Gruppe (also Charles und Chatham Island) und jener vom Wind abgewandten, doch scheint es in den Erzeugnissen dieser beiden Archipelhälften keinen entsprechenden Unterschied zu geben. Das einzige Licht, das ich auf diesen bemerkenswerten Unterschied bei den Bewohnern der verschiedenen Inseln werfen kann, ist, dass sehr starke Meeresströmungen in westlicher und westnordwestlicher Richtung die südlichen von den nördlichen Inseln trennen, soweit es den Transport mit dem Meer betrifft, und zwischen diesen nördlichen Inseln wurde eine starke Nordwestströmung beobachtet, welche die Inseln James und Albemarle effektiv trennt. Da der Archipel in einem ganz bemerkenswerten Maße frei von Stürmen ist, würden Vögel, Insekten oder leichtere Samen nicht von Insel zu Insel geweht. Und schließlich macht es die große Tiefe des Ozeans zwischen den Inseln sowie ihr offensichtlich junger (im geologischen Sinne) vulkanischer Ursprung äußerst unwahrscheinlich, dass sie jemals vereint waren; und dies ist wahrscheinlich eine weit wichtigere Erwägung als jede andere hinsichtlich der geographischen Verbreitung ihrer Bewohner. Beim Blick auf die hier genannten Fakten ist man erstaunt über die Menge der Schöpfungskraft, wenn ein solcher Begriff Anwendung finden darf, die sich auf diesen kleinen, kargen und felsigen Inseln offenbart, und desto mehr über ihre unterschiedliche und dennoch analoge Wirkung auf so nahe beieinanderliegende Orte. Ich habe gesagt, man könnte den Galapagos-Archipel einen an Amerika angegliederten Satelliten nennen, viel eher aber sollte man ihn eine Satellitengruppe nennen, die physisch ähnlich, organisch verschieden und dennoch eng untereinander und alle in einem deutlichen, wenn auch viel geringeren Maße mit dem großen amerikanischen Kontinent verwandt sind.

Rechts: Darwin-Stich von C.H. Jeens (aus den 1870ern).

Trockenländer verwandt sind, – dann die sehr enge Beziehung zwischen den verschiedenen Arten, welche die einzelnen Eilande einer Inselgruppe bewohnen, – und insbesondere die auffallende Verwandtschaft der Bewohner einer ganzen Inselgruppe mit denen des nächsten Festlandes: Alle diese Verhältnisse sind nach meiner Meinung nach der gewöhnlichen Annahme einer unabhängigen Schöpfung der einzelnen Arten völlig unverständlich, dagegen leicht zu erklären durch die Unterstellung stattgefundener Besiedelung aus der nächsten oder gelegensten Quelle mit nachfolgender Abänderung und besserer Anpassung der Ansiedler an ihre neue Heimat. Zusammenfassung des letzten und des jetzigen Kapitels. – In diesen zwei Kapiteln habe ich nachzuweisen gestrebt, dass, wenn wir unsere Unwissenheit über alle Folgen der klimatischen und Niveauveränderungen der Länder, welche in der laufenden Periode gewiss vorgekommen sind, und noch anderer Veränderungen, die in derselben Zeit stattgefunden haben mögen, gebührend eingestehen und unsere tiefe Unkenntnis der mannigfaltigen gelegentlichen Transportmittel (worüber kaum jemals angemessene Versuche veranstaltet worden sind) anerkennen, und wenn wir erwägen, wie oft eine oder die andere Art sich über ein zusammenhängendes weites Gebiet ausgebreitet haben mag, um sofort in den mittleren Teilen desselben zu erlöschen, so scheinen mir die Schwierigkeiten der Annahme, dass alle Individuen einer Spezies wo immer deren Wiege gestanden, von gemeinsamen Eltern abstammen, nicht unübersteiglich zu sein; und so leiten uns schließlich Betrachtungen allgemeiner Art insbesondere über die Wichtigkeit der natürlichen Schranken und die analoge Verteilung von Untersippen, Sippen und Familien zur Annahme dessen, was viele Naturforscher als einzelne Schöpfungsmittelpunkte bezeichnet haben. Was die verschiedenen Arten einer nämlichen Sippe betrifft, die nach meiner Theorie von einer Geburtsstätte ausgegangen sein sollen, so halte ich, wenn wir unsere Unwissenheit so wie vorhin eingestehen und bedenken, dass manche Lebensformen nur sehr langsam abändern und mithin ungeheuer langer Zeiträume für ihre Wanderungen bedurften, die

Links: Darwin mit zweiundsiebzig Jahren, etwa ein Jahr vor seinem Tod, öffentlichkeitsscheu und der Debatten überdrüssig.

Schwierigkeiten nicht für unüberwindlich, obgleich sie in diesem Fall so wie hinsichtlich der Individuen einer nämlichen Art oft außerordentlich groß sind. Um die Wirkungen des Klimawechsels auf die Verteilung der Organismen durch Beispiele zu erläutern, habe ich die Wichtigkeit des Einflusses der Eiszeit nachzuweisen gesucht, welche nach meiner vollen Überzeugung sich gleichzeitig über die ganze Erdoberfläche oder wenigstens über große meridionale Striche derselben erstreckt hat. Und um zu zeigen, wie mannigfaltig die gelegentlichen Transportmittel sind, habe ich die Ausbreitungsweise der Süßwasserbewohner etwas ausführlicher auseinandergesetzt. Wenn sich die Schwierigkeiten der Annahme, dass im Verlauf langer Zeiten die Einzelwesen einer Art ebenso wie die verwandten Arten von einer gemeinsamen Quelle ausgegangen sind, sich nicht unübersteiglich erweisen, dann glaube ich, dass alle leitenden Erscheinungen der geographischen Verbreitung mittels der Theorie der Wanderung (hauptsächlich der herrschenderen Lebensformen) und darauffolgender Abänderung und Vermehrung der neuen Formen erklärbar sind. Man vermag alsdann die große Bedeutung der natürlichen Schranken – Wasser oder Land – zwischen den verschiedenen botanischen wie zoologischen Provinzen zu erkennen. Man vermag dann die örtliche Beschränkung von Untersippen, Sippen und Familien zu begreifen, und woher es komme, dass in verschiedenen geographischen Breiten, wie z. B. in Südamerika, die Bewohner der Ebenen und Berge, der Wälder, Marschen und Wüsten in so geheimnisvoller Weise durch Verwandtschaft miteinander wie mit den erloschenen Wesen verkettet sind, welche ehedem denselben Weltteil bewohnt haben. Indem wir erwägen, dass die gegenseitigen Beziehungen von Organismus zu Organismus von höchster Wichtigkeit sind, vermögen wir einzusehen, warum zwei Gebiete mit beinahe den gleichen physikalischen Bedingungen von verschiedenen Lebensformen bewohnt sind. Denn je nach der Länge der seit der Ankunft der neuen Bewohner in einer Gegend verflossenen Zeit, – je nach der Natur des Verkehrs, welcher gewissen Formen gestattete und anderen wehrte, sich in größerer oder geringerer Anzahl einzudrängen, – je nachdem diese Eindringlinge in mehr oder weniger unmittelbare

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Bewerbung miteinander und mit den Urbewohnern gerieten oder nicht, – und je nachdem dieselben mehr oder weniger rasch zu variieren fähig waren, müssen in verschiedenen Gegenden, ganz unabhängig von ihren physikalischen Verhältnissen, unendlich vervielfältigte Lebensbedingungen entstanden sein, – muss ein fast endloser Betrag von organischer Wirkung und Gegenwirkung sich entwickelt haben, – und müssen, wie es wirklich der Fall ist, einige Gruppen von Wesen in hohem und andere nur in geringem Grad abgeändert, müssen einige zu großem Übergewicht entwickelt und andere nur in geringer Anzahl in den verschiedenen großen geographischen Provinzen der Erde vorhanden sein. Nach diesen nämlichen Prinzipien ist es, wie ich nachzuweisen versucht habe, auch zu begreifen, warum ozeanische Inseln nur wenige, aber der Mehrzahl nach endemische oder eigentümliche Bewohner haben, und warum daselbst in Übereinstimmung mit den Wanderungsmitteln eine Gruppe von Wesen lauter endemische und die andere Gruppe, sogar in der nämlichen Klasse, lauter weltbürgerliche Arten darbietet. Es lässt sich einsehen, warum ganze Gruppen von Organismen, wie Batrachier und Bodensäugetiere, auf den ozeanischen Inseln fehlen, während die meisten vereinzelt liegenden Inseln ihre eigentümlichen Arten von Luftsäugetieren oder Fledermäusen besitzen. Es lässt sich die Ursache einer gewissen Beziehung erkennen zwischen der Anwesenheit von Säugetieren von mehr oder weniger abgeänderter Beschaffenheit und der Tiefe der die Inseln vom Festland trennenden Kanäle. Es ergibt sich deutlich, warum alle Bewohner einer Inselgruppe, wenn auch auf jedem der Eilande von anderer Art, doch innig miteinander und, in minderem Grad, mit denen des nächsten Festlandes oder des sonst wahrscheinlichen Stammlandes verwandt sind. Wir sehen endlich ein, warum in zwei, wenn auch weit voneinander entfernten, Ländergebieten eine gewisse Wechselbeziehung in der Anwesenheit von identischen Arten, von Varietäten, von zweifelhaften Arten und von verschiedenen, aber stellvertretenden Spezies zu erkennen ist. Wie der verstorbene Edward Forbes oft behauptet: Es besteht ein strenger Parallelismus in den Gesetzen des Lebens durch Zeit und Raum. Die Gesetze, welche die Aufeinanderfolge der Formen in vergangenen Zeiten geleitet, sind fast die nämlichen, wovon in

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der laufenden Periode deren Unterschiede in verschiedenen Ländergebieten abhängen. Wir erkennen dies aus vielen Tatsachen. Die Erscheinung jeder Art und Artengruppe ist zusammenhängend in der Zeit; denn der Ausnahmen von dieser Regel sind so wenige, dass sie wohl am richtigsten daraus erklärt werden, dass wir deren in den mittleren Schichten vorkommende Reste nur noch nicht entdeckt haben; – sie ist zusammenhängend im Raum, indem die allerdings nicht seltenen Ausnahmen sich dadurch erklären, dass jene Arten in einer früheren Zeit unter abweichenden Verhältnissen in regelmäßiger Weise oder mittels gelegentlichen Transports über weite Flächen gewandert, aber dann in den mittleren Gegenden derselben erloschen sind. Arten und Artengruppen haben ein Maximum der Entwicklung in der Zeit wie im Raum. Artengruppen, welche in einen gewissen Zeitabschnitt oder in einen gewissen Raumbezirk zusammengehören, sind oft durch besondere auffallende Merkmale in Skulptur oder Farbe usw. charakterisiert. Wenn wir die lange Reihe verflossener Zeitabschnitte mit den mehr und weniger weit über die Erdoberfläche verteilten zoologischen und botanischen Provinzen vergleichen, so finden wir hier wie dort, dass einige Organismen nur wenig differieren, während andere aus anderen Klassen, Ordnungen oder auch nur Familien weit abweichen. In Zeit und Raum ändern die tieferen Glieder jeder Klasse gewöhnlich minder als die höheren ab; doch kommen in beiden auffallende Ausnahmen von dieser Regel vor. Nach meiner Theorie sind diese verschiedenen Beziehungen durch Zeit und Raum ganz begreiflich; denn sowohl die Lebensformen, welche in aufeinanderfolgenden Zeitaltern innerhalb derselben Teile der Erdoberfläche gewechselt, als jene, welche erst im Verhältnis ihrer Wanderungen nach anderen Weltgegenden sich abgeändert haben, beiderlei Formen sind in jeder Klasse durch das nämliche Band der Generation miteinander verkettet; und je näher zwei Formen in Blutsverwandtschaft zueinander stehen, desto näher werden sie sich gewöhnlich auch in Zeit und Raum stehen. In beiden Fällen sind die Gesetze der Abänderung die nämlichen gewesen und sind Modifikationen durch die nämliche Kraft der natürlichen Züchtung gehäuft worden.

Der Galapagospinguin, eine weitere endemische Art und eine weitere kraftvolle Anomalie, ist der einzige Pinguin, der nur in den Tropen nistet.

D r e i ze h n t e s Ka p i t e l

Wechselseitige Verwandtschaft organischer Körper; Morphologie; Embryologie; Rudimentäre Organe



Klassifikation: Unterordnung der Gruppe – Natürliches System – Regeln und Schwierigkeiten der Klassifikation erklärt aus der Theorie der Fortpflanzung mit Abänderung – Klassifikation der Varietäten – Abstammung bei der Klassifikation gebraucht – Analoge oder Anpassungs-Charaktere – Verwandtschaften: allgemeine, verwickelte und strahlenförmige – Erlöschung trennt und begrenzt die Gruppen – Morphologie: zwischen Gliedern einer Klasse und zwischen Teilen eines Einzelwesens – Embryologie: deren Gesetze daraus erklärt, dass Abänderung nicht in allen Lebensaltern eintritt, aber in korrespondierendem Alter vererbt wird – Rudimentäre Organe: ihre Entstehung erklärt – Zusammenfassung.

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on der ersten Stufe des Lebens an gleichen alle organischen Wesen einander in immer weiter abneh-

mendem Grade, sodass man sie in Gruppen und Untergruppen klassifizieren kann. Diese Gruppierung ist offenbar nicht willkürlich, wie die der Sterne zu Gestirnen. Das Dasein von Gruppen würde eine vielfache Bedeutung haben, wenn eine Gruppe ausschließlich für die Land- und eine andere für die Wasserbewohner, eine für die Fleisch-, eine andere für die Pflanzenfresser usw. bestimmt wäre; in der Natur aber verhält sich die Sache sehr abweichend, indem es bekannt ist, wie oft sogar Glieder einer nämlichen Untergruppe verschiedene Lebensweisen besitzen. Im zweiten und vierten Kapitel, von Abänderung und natürlicher Züchtung handelnd, habe ich zu zeigen versucht, dass es die weitverbreiteten, die überall gemeinen und die herrschenden Arten großer Sippen sind, die am meisten variieren. Die so gebildeten Varietäten oder beginnenden Arten gehen, wie ich glaube, allmählich in neue und verschiedene Arten über, welche nach dem Vererbungsprinzip geneigt sind, andere neue und herrschende Arten zu erzeugen. Demzufolge streben die Gruppen, welche jetzt groß sind und gewöhnlich viele herrschende Arten in sich einschließen, ohne Ende, an Umfang zuzunehmen. Ich habe weiter nachzuweisen gesucht, dass aus dem Streben der abändernden Nachkommen einer Art, so viele und verschiedene Stellen als möglich im Haushalt der Natur einzunehmen, eine beständige Neigung zur

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Eine Bildtafel aus Darwins Buch Der Ausdruck der Gemütsbewegungen beim Menschen und bei den Tieren von 1872. Fotografien als Illustration zu nutzen war eine Innovation.

Divergenz der Charaktere entspringt. Diese Folgerung war unterstützt worden durch die Betrachtung der großen Mannigfaltigkeit von Lebensformen, die auf den kleinsten Feldern in Mitbewerbung zueinander geraten, und durch die Wahrnehmung gewisser Tatsachen bei der Naturalisierung. Ich habe weiter darzutun versucht, dass bei den in Zahl und in Divergenz des Charakters zunehmenden Formen ein fortwährendes Streben vorhanden ist, die früheren minder divergenten und minder verbesserten Formen zu unterdrücken und zu ersetzen. Ich ersuche den Leser, nochmals das Bild (S. 126 bis 127) anzusehen, welches bestimmt gewesen ist, diese verschiedenen Prinzipien zu erläutern, und er wird finden, dass die einem gemeinsamen Stammvater entsprossenen abgeänderten Nachkommen unvermeidlich immer weiter in unterbrochenen Gruppen und Untergruppen auseinanderlaufen müssen. In dem genannten Bild mag jeder Buchstabe der obersten Linie eine Sippe bezeichnen, welche mehrere Arten enthält, und alle Sippen dieser Linie bilden miteinander eine Klasse, indem alle von einem gemeinsamen alten, aber unsichtbaren Stammvater entspringen und mithin irgendetwas Gemeinsames ererbt haben. Aber die drei Sippen auf der linken Seite haben diesem nämlichen Prinzip zufolge mehr miteinander gemein und bilden eine Unterfamilie verschieden von derjenigen, welche die zwei rechts zunächst folgenden einschließt, die auf der fünften Abstammungsstufe einem ihnen und jenem gemeinsamen Stammvater entsprungen sind. Diese fünf Genera haben auch noch manches, doch weniger als vorhin miteinander gemein und bilden miteinander eine Familie, verschieden von der die nächsten drei Sippen weiter rechts umfassenden, welche sich in einer noch früheren Periode von den vorigen abgezweigt hat. Und alle diese von A entsprungenen Sippen bilden eine von der aus I entsprossenen verschiedene Ordnung. So haben wir hier viele Arten von gemeinsamer Abstammung in mehrere Genera verteilt, und diese Genera bilden, indem sie zu immer größeren Gruppen zusammentreten, erst Unterfamilien und Familien und dann Ordnungen miteinander, welche zu einer Klasse gehören. So erklärt sich nach meiner Ansicht in der Naturgeschichte die große Erscheinung der Unterabteilung der Gruppen, die uns freilich infolge

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Mein Buch über den ›Ausdruck der

Gemütsbewegungen beim Menschen und bei den Tieren‹ erschien im Herbst 1872. Ich hatte zuerst beabsichtigt, diesem Thema nur ein Kapitel in der ›Abstammung des Menschen‹ zu widmen; sobald ich aber anfing, meine Notizen zusammenzustellen, sah ich, dass es eine gesonderte Abhandlung erforderte. unserer Gewöhnung daran nicht mehr sehr aufzufallen pflegt. Die Naturforscher bemühen sich, die Arten, Familien und Sippen jeder Klasse in ein sogenanntes natürliches System zu ordnen. Aber was ist dies für ein System? Einige Schriftsteller betrachten es nur als ein Fachwerk, worin die einander ähnlichsten Lebewesen zusammengeordnet und die unähnlichsten auseinandergehalten werden, – oder als ein künstliches Mittel, um allgemeine Beschreibungen so kurz wie möglich auszudrücken, sodass, wenn man z. B. in einem Satz (Diagnose) die allen Säugetieren, in einem anderen die allen Raubsäugetieren und in einem dritten die allen hundeartigen Raubsäugetieren gemeinsamen Merkmale zusammengefasst hat, man endlich im Stande ist, schon durch Beifügung noch eines ferneren Satzes eine vollständige Beschreibung jeder beliebigen Hundeart zu liefern. Das Sinnreiche und Nützliche dieses Systems ist unbestreitbar; doch glauben einige Naturforscher, dass das natürliche System noch eine weitere Bestimmung habe, nämlich die, den Plan des Schöpfers zu enthüllen; solange als es aber keine Ordnung weder im Raum noch in der Zeit nachweist und als nicht näher bezeichnet wird, was mit dem »Plan des Schöpfers« gemeint ist, scheint mir damit für unsere Kenntnisse nichts gewonnen zu sein. Solche Ausdrücke, wie die berühmten Linné’schen, die wir oft in mancherlei Einkleidungen versteckt wiederfinden, dass nämlich die Charaktere nicht die Sippe machen, sondern die Sippe die Charaktere geben müsse, scheinen mir zugleich andeuten zu sollen, dass unsere Klassifikation noch etwas mehr als bloße Ähnlichkeit zu berücksichtigen habe. Und ich glaube in der Tat, dass es so der Fall ist, und dass die auf gemeinschaftlicher Abstammung beruhende Blutsverwandtschaft die einzige bekannte

Gewächshaus von Down House. Ursache der Ähnlichkeit organischer Wesen, das durch mancherlei Modifikationsstufen verborgene Band ist, welches durch natürliche Klassifikation teilweise enthüllt werden kann. Betrachten wir nun die bei der Klassifikation befolgten Regeln und die dabei vorkommenden Schwierigkeiten von der Annahme ausgehend, als ob die Klassifikation entweder einen unbekannten Schöpfungsplan darstellen oder auch nur ein Mittel bieten solle, um das Verwandte zusammenzustellen und dadurch die allgemeinen Beschreibungen abzukürzen. Man könnte annehmen und es ist in älteren Zeiten angenommen worden, dass diejenigen Teile der Organisation, welche die Lebensweise und im Allgemeinen den Platz bestimmen, welchen jedes Wesen im Haushalt der Natur einnimmt, von erster Wichtigkeit seien. Und doch kann nichts unrichtiger sein. Niemand legt mehr der äußeren Ähnlichkeit der Maus mit der Spitzmaus, des Dugongs mit dem Wal und des Wals mit dem Fisch einige Wichtigkeit bei. Diese Ähnlichkeiten, wenn auch in innigstem Zusammenhang mit dem ganzen Leben des Tieres stehend, werden als bloße »analoge oder Anpassungs-

Charaktere« bezeichnet; doch werden wir auf die Betrachtung dieser Ähnlichkeiten später zurückkommen. Man kann es sogar als eine allgemeine Regel ansehen, dass, je weniger ein Teil der Organisation für Spezialzwecke bestimmt ist, desto wichtiger ist er für die Klassifikation. So z. B. sagt R. Owen, indem er vom Dugong spricht: »Ich habe die Generationsorgane, insofern als sie mit Lebens- und Ernährungsweise der Tiere in wenigst naher Beziehung stehen, immer als solche betrachtet, welche die klarsten Andeutungen über die wahren [tieferen] Verwandtschaften derselben zu liefern vermögen. Wir sind am wenigsten der Gefahr ausgesetzt, in ihren Modifikationen einen bloß adaptiven für einen wesentlichen Charakter zu nehmen.« So ist es auch mit den Pflanzen. Wie merkwürdig ist es nicht, dass die Vegetationsorgane, von welchen ihr Leben überhaupt abhängig ist, außer für die ersten Hauptabteilungen, so wenig zu bedeuten haben, während die Reproduktionswerkzeuge und deren Erzeugnis, der Same, von oberster Bedeutung sind. Wir dürfen uns daher bei der Klassifikation nicht auf Ähnlichkeiten zwischen Teilen der Organisation

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Darwins Buch Insektenfressende Pflanzen von 1872 enthielt einen Abschnitt über die Venusfliegenfalle. »Diese Pflanze«, schrieb er, »ist eine der wunderbarsten in der Welt.« verlassen, wie bedeutend sie auch für das Gedeihen des Wesens in seinen Beziehungen zur äußeren Welt sein mögen. Daher rührt es vielleicht auch zum Teil, dass fast alle Naturforscher die größte Wichtigkeit auf die Ähnlichkeit solcher Organe legen, welche in physiologischer Hinsicht von hoher Bedeutung sind. Das ist auch wohl im Allgemeinen, aber nicht in allen Fällen richtig. Jedoch hängt die Wichtigkeit der Organe für die Klassifikation nach meiner Meinung hauptsächlich von der Beständigkeit ihrer Charaktere in großen Artengruppen ab, und diese Beständigkeit findet sich gerade bei solchen Organismen, welche zur Anpassung an äußere Lebensbedingungen weniger abgeändert werden. Dass aber auch die physiologische Wichtigkeit eines Organes seine Bedeutung für die Klassifikation nicht allein bestimmt, ergibt sich deutlich schon aus der Tatsache allein, dass der klassifikatorische Wert eines Organes in verwandten Gruppen, wo doch eine gleiche physiologische Bedeutung desselben unterstellt werden darf, oft weit verschieden ist. Kein Naturforscher kann sich mit einer Gruppe näher

Links: In seinen letzten Lebensjahren überließ Darwin anderen die lauten Kämpfe und konzentrierte sich bei seiner Arbeit auf Regenwürmer und Pflanzen.

beschäftigt haben, ohne dass ihm dies aufgefallen wäre, was auch in den Schriften fast aller Autoren vollkommen anerkannt wird. Es wird genügen, wenn ich Robert Brown als den höchsten Gewährsmann zitiere, indem er bei Erwähnung gewisser Organe bei den Proteaceen sagt: Ihre generische Wichtigkeit »ist so wie die aller ihrer Teile nicht allein in dieser, sondern nach meiner Erfahrung in allen natürlichen Familien sehr ungleich und scheint mir in einigen Fällen ganz

Sonnentau, der auf Darwins experimentelles Füttern reagiert, aus Insektenfressende Pflanzen.

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verloren zu gehen«. Ebenso sagt er in einem anderen Werk: Die Genera der Connaraceae »unterscheiden sich durch die Ein- oder Mehrzahl ihrer Ovarien, durch Anwesenheit oder Mangel des Eiweißes und durch die schuppige oder klappenartige Ästivation. Ein jedes einzelne dieser Merkmale ist oft von mehr als generischer Wichtigkeit; hier aber erscheinen alle zusammen genommen unzureichend, um nur die Sippe Cnestis von Connarus zu unterscheiden.« Ich will noch ein Beispiel von den Insekten entlehnen, wo in der Klasse der Hymenopteren (Hautflügler) nach Westwoods Beobachtung die Fühler in einer Hauptabteilung von sehr beständiger Bildung sind, während sie in anderen Abteilungen sehr abändern und die Abweichungen oft von ganz untergeordnetem Wert für die Klassifikation sind; und doch wird niemand behaupten wollen, dass die Fühler in diesen

zwei Gruppen von ungleichem physiologischem Wert seien. So ließen sich noch viele Beispiele von der veränderlichen Wichtigkeit eines wesentlichen Organes für die Klassifikation innerhalb derselben Gruppe von Organismen anführen. Es wird niemand behaupten, rudimentäre oder verkümmerte Organe seien von hoher physiologischer Wichtigkeit, und doch gibt es ohne Zweifel Organe, welche in diesem Zustand für die Klassifikation einen großen Wert haben. So bestreitet niemand, dass die Zahnrudimente im Oberkiefer junger Wiederkäuer sowie gewisse Knochenrudimente in den Füßen sehr nützlich sind, um die nahe Verwandtschaft der Wiederkäuer mit den Dickhäutern zu beweisen. Und so bestand auch Robert Brown streng auf der hohen Bedeutung, welche verkümmerte Blumen der Gräser für ihre Klassifikation hätten.

Aus „Leben und Briefe von Charles Darwin“, hrsg. von seinem Sohn Francis Darwin



Charles Darwin an Asa Gray 5. Juni 1874

Mein lieber Gray, ich habe nun Ihren Artikel in »Nature« gelesen, und die letzten beiden Absätze waren in der zuvor gesandten Fahne nicht enthalten. Ich schrieb gestern und kann mich nicht genau erinnern, was ich sagte, und finde nun keine Ruhe, wenn ich Ihnen nicht nochmals sage, wie tief befriedigt ich bin. Jeder, vermute ich, denkt gelegentlich, dass er vergebens gearbeitet habe, und wenn einer dieser Anfälle mich erfasst, werde ich an Ihren Artikel denken, und wenn dies den bösen Geist nicht vertreibt, dann werde ich wissen, dass ich ein wenig verrückt bin, wie wir es alle hin und wieder sind. Was Sie über die Teleologie sagen, gefällt mir besonders, und ich denke nicht, dass jemand diesen Punkt je bemerkt hat. Ich habe immer gesagt, Sie treffen den Nagel auf den Kopf. Ihr dankbarer und Ihnen ergebener CH. Darwin.

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Huxley führte die Diskussion fort, die Darwin begonnen hatte. Rechts: Darwins Gewächshaus, Down House, 1882.

Aus Huxleys Man’s Place in Nature, das die gemeinsamen Ursprünge behandelt, die sich in der Fortführung der Form widerspiegeln. Dagegen lässt sich eine Menge von Fällen nachweisen, wo Charaktere an Organen von ganz zweifelhafter physiologischer Wichtigkeit sind, aber allgemein für sehr nützlich zur Bestimmung ganzer Gruppen gelten. So ist z. B. der offene Durchgang von den Nasenlöchern in die Mundhöhle nach R. Owen der einzige unbedingte Unterschied zwischen Reptilien und Fischen; und ebenso wichtig ist die Einbiegung des hinteren Unterrandes des Unterkiefers bei den Beuteltieren, die verschiedene Zusammenfaltungsweise der Flügel bei den Insekten, die blasse Farbe bei gewissen Algen, die Behaarung gewisser Blütenteile bei den Gräsern, das Haar- und Federkleid bei den zwei oberen Wirbeltierklassen. Hätte der Ornithorhynchus ein Feder- statt ein Haargewand, so würde dieser äußere unwesentlich scheinende Charakter vielleicht von manchen Naturforschern als ein wichtiges Hilfsmittel zur Bestimmung des Verwandtschaftsgrades dieses sonderbaren Geschöpfes den Vögeln und den Reptilien gegenüber, welchen es sich in einigen wesentlicheren inneren Strukturverhältnissen nähert, angesehen werden. Die Wichtigkeit an sich gleichgültiger Charaktere für die Klassifikation hängt hauptsächlich von ihrer Wechselbeziehung zu manchen anderen mehr und weniger wichtigen Merkmalen ab. In der Tat ist der

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Wert untereinander zusammenhängender Charaktere in der Naturgeschichte sehr augenscheinlich. Daher kann sich, wie oft bemerkt worden ist, eine Art in mehren einzelnen Charakteren von hoher physiologischer Wichtigkeit wie von allgemeiner Verbreitung weit von ihren Verwandten entfernen und uns doch nicht in Zweifel darüber lassen, wohin sie gehört. Daher hat sich auch oft genug eine bloß auf ein einziges Merkmal, wenngleich von höchster Bedeutung, gegründete Klassifikation als mangelhaft erwiesen; denn kein Teil der Organisation ist allgemein beständig. Die Wichtigkeit einer Verkettung von Charakteren, wenn auch keiner davon wesentlich ist, erklärt nach meiner Meinung allein den Ausspruch Linnés, dass die Charaktere nicht das Genus machen, sondern dieses die Charaktere gibt; denn dieser Ausspruch scheint gegründet auf eine Würdigung vieler untergeordneter Ähnlichkeitsbeziehungen, welche für die Definition zu gering sind. Gewisse zu den Malpighiaceae gehörige Pflanzen bringen vollkommene und verkümmerte Blüten zugleich hervor; die letzten verlieren nach A. de Jussieus Bemerkung »die Mehrzahl der Art-, Sippen-, Familien- und selbst Klassencharaktere und spotten mithin unserer Klassifikation«. Als aber die in Frankreich eingeführte Aspicarpa mehrere Jahre lang nur verkümmerte Blüten lieferte, welche in einer

Die Abänderung bei Individuen innerhalb einer Population, erkannte Darwin, ist der Ausgangspunkt, von dem aus die Selektion funktioniert – bei domestizierten Arten wie in der freien Natur.

Darwins Buch Über die verschiedenen Einrichtungen zur Befruchtung britischer und ausländischer Orchideen durch Insekten, das erstmals kurz nach der Entstehung erschien, enthielt eine implizite Botschaft: Co-Evolution und Anpassung.

Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Jetzt, im Herbst 1876, werde ich ein Werk

herausgeben über ›Die Wirkungen der Kreuz- und Selbstbefruchtung im Pflanzenreich‹. Dieses Buch wird ein Komplement zu jenem über die Befruchtung der Orchideen bilden, in welchem ich gezeigt habe, wie vollkommen dort die Mittel für eine Kreuzbefruchtung sind; hier werde ich zeigen, wie bedeutungsvoll die Resultate einer solchen sind. Ich war durch eine rein zufällige Beobachtung dazu gekommen, dass ich elf Jahre lang die zahlreichen Experimente durchführte, über die ich in dem Buch berichte; und dieser Zufall musste sich sogar noch einmal wiederholen, bis ich auf die merkwürdige Tatsache aufmerksam wurde, dass die durch Selbstbefruchtung entstandenen Sämlinge bereits in der ersten Generation den Sämlingen aus Kreuzbefruchtung an Höhe und Lebenskraft nachstehen. Ich hoffe auch, eine durchgesehene Ausgabe meines Buches über Orchideen herausgeben zu können, ebenso später meine Abhandlungen über dimorphe und trimorphe Pflanzen zusammen mit einigen weiteren Beobachtungen über verwandte Punkte, die ich bis jetzt aus Zeitmangel noch nicht geordnet habe. Meine Kraft wird dann wahrscheinlich erschöpft sein, und ich werde dann bereit sein, das »Nunc dimittis« auszurufen. Anzahl der wichtigsten Punkte der Organisation so wunderbar von dem eigentlichen Typus der Ordnung abwichen, da erkannte Richard scharfsichtig genug, wie Jussieu bemerkt, dass diese Sippe unter den Malpighiazeen zurückbehalten werden müsse. Dieser Fall scheint mir den Geist wohl zu bezeichnen, in welchem unsere Klassifikationen zuweilen notwendig gegründet sind. In der Praxis bekümmern sich die Naturforscher nicht viel um den physiologischen Wert des Charakters, dessen sie sich zur Definition einer Gruppe oder bei Einordnung einer Spezies bedienen. Wenn sie einen nahezu einförmigen und einer großen Anzahl von Formen gemeinsamen Charakter finden, der bei anderen nicht vorkommt, so betrachten sie ihn als sehr wertvoll; kommt er bei einer geringeren Anzahl vor,

so ist er von geringerem Wert. Zu diesem Grundsatze haben sich einige Naturforscher offen als zu dem einzig richtigen bekannt, und keiner entschiedener als der vortreffliche Botaniker August St.-Hilaire. Wenn gewisse Charaktere immer in Wechselbeziehung miteinander erscheinen, mag auch ein bedingendes Band zwischen ihnen nicht zu entdecken sein, so wird ihnen besonderer Wert beigelegt. Da in den meisten Säugetiergruppen wesentliche Organe, wie die zur Bewegung des Blutes, zur Atmung, zur Fortpflanzung bestimmten, nahezu von gleicher Beschaffenheit sind, so werden sie bei deren Klassifikation hoch gewertet; wogegen wieder in anderen Gruppen alle diese wichtigsten Lebenswerkzeuge nur Charaktere von ganz untergeordnetem Wert darbieten. Vom Embryo entnommene Charaktere erweisen sich von gleicher Wichtigkeit wie die der ausgewachsenen Tiere, indem unsere Klassifikationen die Arten in allen ihren Lebensaltern umfassen. Doch scheint es sich aus der gewöhnlichen Anschauungsweise keineswegs zu rechtfertigen, dass man die Struktur des Embryos für diesen Zweck höher in Anschlag bringe als die des erwachsenen Tieres, welches doch nur allein vollen Anteil am Haushalt der Natur nimmt. Nun haben die großen Naturforscher Milne Edwards und L. Agassiz scharf hervorgehoben, dass embryonische Charaktere von allen die wichtigsten für die Klassifikation sind, und diese Behauptung ist fast allgemein als richtig aufgenommen worden. Sie entspricht auch den Blütenpflanzen ganz gut, deren zwei Hauptabteilungen nur auf embryonische Charaktere gegründet sind, nämlich auf die Zahl und Stellung der Blätter des Embryos oder der Kotyledonen und auf die Entwicklungsweise der Plumula und Radicula. In unseren embryologischen Erörterungen werden wir den Grund einsehen, weshalb diese Charaktere so wertvoll sind, indem nämlich die auf dieselben gegründete Klassifikationsweise stillschweigend die Vorstellung von der gemeinsamen Abstammung der Arten anerkennt. Unsere Klassifikationen stehen oft offenbar unter dem Einfluss verwandtschaftlicher Verkettungen. Es ist nichts leichter, als eine Anzahl allen Vögeln gemeinsamer Charaktere zu bezeichnen, während dies hinsichtlich der Kruster noch nicht möglich gewesen ist. Es gibt Kruster an den beiden Enden der Reihe, welche kaum einen Charakter miteinander

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gemein haben; aber da die an den zwei Enden stehenden Arten offenbar mit anderen und diese wieder mit anderen Krustern usw. verwandt sind, so ergibt sich ganz unzweideutig, dass sie alle zu dieser und zu keiner anderen Klasse der Kerbtiere gehören. Auch die geographische Verbreitung ist oft, wenngleich vielleicht nicht logischerweise, zur Klassifikation mitbenützt worden, zumal in sehr großen Gruppen einander nahe verwandter Formen. Temminck besteht auf der Nützlichkeit und selbst Notwendigkeit dieser Übung bei gewissen Vogelgruppen; wie sie denn auch von einigen Entomologen und Botanikern in Anwendung gekommen ist. Was endlich die verglichenen Werte der verschiedenen Artengruppen, wie Ordnungen und Unterordnungen, Familien und Unterfamilien, Sippen usw. betrifft, so scheinen sie wenigstens bis jetzt ganz willkürlich zu sein. Einige der besten Botaniker, wie Bentham u. a., sind beharrlich auf ihrer Meinung von

Darwin veröffentlichte viele Bücher, einige waren umstrittener als andere.

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deren willkürlichem Wert geblieben. Man könnte bei den Pflanzen wie bei den Insekten Beispiele anführen von Artengruppen, die von geübten Naturforschern erst nur als Sippen aufgestellt und dann allmählich zum Rang von Unterfamilien und Familien erhoben worden sind, und zwar nicht deshalb, weil durch spätere Forschungen neue wesentliche Unterschiede in ihrer Organisation ausgemittelt worden wären, sondern nur infolge späterer Entdeckung vieler verwandter Arten mit nur schwach abgestuften Unterschieden.

Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Im Herbst 1976 wurden ›Die Wirkungen der

Kreuz- und Selbstbefruchtung im Pflanzenreich‹ herausgegeben; die Resultate, zu denen ich darin gelangt bin, erklären, wie ich glaube, die endlosen und wunderbaren Einrichtungen für den Transport des Pollens von einer Pflanze zu einer anderen derselben Art. Ich glaube indessen jetzt, hauptsächlich nach den Beobachtungen von Hermann Müller, dass ich noch stärker, als ich es getan habe, die vielen Anpassungen zur Selbstbefruchtung hätte betonen sollen, die ich wohl wahrgenommen hatte. Eine bedeutend erweiterte Ausgabe meiner ›Befruchtung der Orchideen‹ erschien im Jahr 1877. Im selben Jahr erschien ›Die verschiedenen Blütenformen an Pflanzen der nämlichen Art‹ und dasselbe 1880 in einer zweiten Auflage. Dieses Buch besteht hauptsächlich aus einigen Aufsätzen über verschiedengriffelige Pflanzen, die ursprünglich von der Linnean Society herausgegeben worden waren, in einer korrigierten und um viel neues Material erweiterten Form zusammen mit Beobachtungen über einige andere Fälle, in denen ein und dieselbe Pflanze zwei Arten von Blüten trägt. Dass ich herausbekam, was die verschiedengriffeligen Blüten bedeuten, hat mir, wie ich schon früher bemerkt habe, so viel Freude gemacht wie sonst keine meiner anderen kleinen Entdeckungen. Die Resultate einer Kreuzung derartiger Blüten in einer illegitimen Weise halte ich für sehr bedeutungsvoll, da sie auch Bezug haben auf die Frage von der Unfruchtbarkeit der Bastarde, wenngleich diese Resultate nur von wenigen Personen beachtet worden sind.

Illustration einer Nachtschattenranke (Solanum jasminoides) aus Darwins Die Bewegungen und Lebensweise der kletternden Pflanzen.

Links: Richard Owen (1804–1892), einem brillanten Anatom aus London, missfiel die Idee der Darwin’schen Evolution, weil er nicht selbst darauf gekommen war. Oben: Darwin war nicht der einzige Wissenschaftler, den der Punch (1884) amüsant fand.

Alle voranstehenden Regeln, Behelfe und Schwierigkeiten der Klassifikation erklären sich, wenn ich mich nicht sehr täusche, durch die Annahme, dass das natürliche System auf Fortpflanzung unter fortwährender Abänderung beruhe, dass diejenigen Charaktere, welche nach der Ansicht der Naturforscher eine echte Verwandtschaft zwischen zwei oder mehr Arten dartun, von einem gemeinsamen Ahnen ererbt sind und insofern alle echte Klassifikation eine genealogische ist; – dass gemeinsame Abstammung das unsichtbare Band ist, wonach alle Naturforscher unbewusst gesucht haben, nicht aber ein unbekannter Schöpfungsplan oder eine bequeme Form für allgemeine Beschreibung, oder eine angemessene Methode, die Naturgegenstände nach den Graden ihrer Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zu sortieren. Doch ich muss meine Ansicht vollständiger auseinandersetzen. Ich glaube, dass die Anordnung der Gruppen in jeder Klasse, ihre gegenseitige Nebenordnung und Unterordnung streng genealogisch sein muss, wenn sie natürlich sein soll; dass aber das Maß der Verschiedenheit zwischen den verschiedenen Gruppen oder Verzweigungen, obschon sie alle in gleicher Blutsverwandtschaft mit ihrem gemeinsamen Stammvater stehen, sehr ungleich sein kann, indem dieselbe von den verschiedenen Graden erlittener Abänderung abhängig ist; und dies findet seinen Ausdruck darin, dass die Formen in verschiedene Sippen, Familien, Sektionen und Ordnungen gruppiert werden. Der Leser wird meine Meinung am besten verstehen, wenn er sich nochmals nach dem Bild S. 126–127 umsehen will. Nehmen wir an, die Buchstaben A bis L stellen verwandte Sippen vor, welche in der silurischen Zeit gelebt haben und selber von einer Art abstammen, die in einer unbekannten früheren Periode existiert hat. Arten von dreien dieser Genera (A, F und I) haben sich in abgeänderten Nachkommen bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt, welche durch die fünfzehn Sippen a14 bis z14 der obersten Reihe ausgedrückt sind. Nun sind aber alle diese abgeänderten Nachkommen einer einzelnen Art in gleichem Grad blutsverwandt zueinander; man könnte sie bildlich als Vettern im gleichen millionsten Grad bezeichnen; und doch sind sie weit und in ungleichem Grad voneinander verschieden. Die von A herstammenden Formen, welche nun in 2–3 Familien geschieden sind, bilden eine andere Ordnung als die

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zwei von I entsprossenen. Auch können die von A abgeleiteten jetzt lebenden Formen ebenso wenig in eine Sippe mit ihrem Ahnen A als die von I herkommenden in eine mit ihrem Stammvater I zusammengestellt werden. Die noch jetzt lebende Sippe F 14 dagegen mag man als nur wenig modifiziert betrachten und demnach mit deren Stammsippe F vereinigen, wie es ja in der Tat noch jetzt einige Genera gibt, welche mit silurischen übereinstimmen. So kommt es, dass das Maß oder der Wert der Verschiedenheiten zwischen organischen Wesen, die alle in gleichem Grade miteinander blutsverwandt sind, doch so außerordentlich ungleich erscheint. Dem ungeachtet aber bleibt ihre genealogische Anordnungsweise vollkommen richtig nicht allein in der jetzigen, sondern auch in allen künftigen Perioden der Fortstammung. Alle abgeänderten Nachkommen von A haben etwas Gemeinsames von ihrem gemeinsamen Ahnen geerbt, wie die des I von dem ihrigen, und so wird es sich auch mit jedem untergeordneten Zweig der Nachkommenschaft in jeder späteren Periode verhalten. Unterstellen wir dagegen, einer der Nachkommen von A oder I sei so sehr modifiziert worden, dass er die Spuren seiner Abkunft von demselben mehr oder weniger eingebüßt habe, so wird er im natürlichen System nur eine mehr und weniger abgesonderte Stelle einnehmen können, wie dies bei einigen noch lebenden Formen wirklich der Fall zu sein scheint. Von allen Nachkommen der Sippe F ist der ganzen Reihe nach angenommen, dass sie nur wenig modifiziert wurden und daher gegenwärtig nur ein einzelnes Genus bilden. Aber dieses Genus wird, sehr vereinzelt, eine eigene Zwischenstelle einnehmen; denn F hielt ursprünglich seinem Charakter nach das Mittel zwischen A und I, und die verschiedenen von diesen zwei Genera herstammenden Sippen werden jedes von seiner Stammsippe etwas Gemeinsames geerbt haben. Diese natürliche Anordnung ist, so viel es auf dem Papiere möglich, nur in viel zu einfacher Weise, bildlich dargestellt. Hätte ich, statt der verzweigten Darstellung, nur die Namen der Gruppen in eine lineare Reihe schreiben wollen, so würde es noch viel weniger möglich geworden sein, ein Bild von der natürlichen Anordnung zu geben, da

Rechts: Rotes Känguru mit einem Jungen im Beutel in Australien. Beuteltiere, fiel Darwin auf, stellen eine eigene Linie der Säugetier-Evolution dar, die nicht so divers ist wie Karnivoren oder Nagetiere.

Darwin zeichnete die Bewegungen der Pflanzen nach, wie ein Astronom die Bahnen von Planeten nachzeichnen würde.

Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Im Jahr 1880 veröffentlichte ich mit Unterstützung

Aus Die verschiedenen Blütenformen an Pflanzen der nämlichen Art, 1877 veröffentlicht. es anerkanntermaßen unmöglich ist, in einer Linie oder auf einer Fläche die Verwandtschaften zwischen den verschiedenen Wesen einer Gruppe darzustellen. So ist nach meiner Ansicht das Natursystem genealogisch in seiner Anordnung wie ein Stammbaum, aber die Abstufungen der Modifikationen, welche die verschiedenen Gruppen durchlaufen haben, müssen durch Einteilung derselben in verschiedene sogenannte Sippen, Unterfamilien, Familien, Sektionen, Ordnungen und Klassen ausgedrückt werden. Zur Erläuterung dieser meiner Ansicht von der Klassifikation mag ein Vergleich mit den Sprachen angemessen sein. Wenn wir einen vollständigen Stammbaum des Menschen besäßen, so würde eine genealogische Anordnung der Menschenrassen die beste Klassifikation aller jetzt auf der ganzen Erde gesprochenen Sprachen abgeben; und könnte man alle erloschenen und mittleren Sprachen und alle langsam abändernden Dialekte mit aufnehmen, so würde diese Anordnung, glaube ich, die einzig mögliche sein. Da könnte nun der Fall eintreten, dass irgendeine sehr alte Sprache nur wenig abgeändert und zur Bildung nur weniger neuen Sprachen gedient hätte, während andere (infolge der Ausbreitung und späteren Isolierung und Zivilisationsstufen einiger

meines Sohnes Frank unser Buch über das ›Bewegungsvermögen der Pflanzen‹. Das war ein hartes Stück Arbeit. Dieses Buch steht so ziemlich in derselben Beziehung zu meinem kleinen Buch über ›Kletternde Pflanzen‹ wie die ›Kreuzbefruchtung‹ zur ›Befruchtung der Orchideen‹ stand; denn mit dem Grundsatz der Entwicklung war es unmöglich zu erklären, dass sich kletternde Pflanzen in so vielen ganz verschiedenen Pflanzengruppen entwickelt haben, wenn nicht alle Arten von Pflanzen irgendein geringes Bewegungsvermögen einer analogen Form besitzen. Ich wies nach, dass dies der Fall ist, und wurde noch außerdem zu einer ziemlich weiten Verallgemeinerung geführt, dass nämlich die großen und bedeutungsvollen Bewegungsklassen, die durch das Licht, die Anziehung der Schwerkraft usw. hervorgerufen werden, sämtlich modifizierte Formen der fundamentalen Bewegung der Zirkumnutation sind. Es hat mir immer Freude gemacht, die Pflanzen in der Rangordnung organisierter Wesen höher zu stufen; daher hat es mir besonders gefallen, dass ich zeigen konnte, wie viele und wie wunderbar gut angepasste Bewegungen die Spitze einer Wurzel besitzt.

von gemeinsamem Stamm entsprossener Rassen) sich sehr veränderten und die Entstehung vieler neuer Sprachen und Dialekte veranlassten. Die Ungleichheit der Abstufungen in der Verschiedenheit der Sprachen eines Sprachstammes müsste durch Unterordnung der Gruppen untereinander ausgedrückt werden; aber die eigentliche oder eben allein mögliche Anordnung könnte nur genealogisch sein; und dies wäre streng naturgemäß, indem auf diese Weise alle lebenden wie erloschenen Sprachen je nach ihren Verwandtschaftsstufen miteinander verkettet und der Ursprung und der Entwicklungsgang einer jeden einzelnen nachgewiesen werden würde. Wir wollen nun, zur Bestätigung dieser Ansicht, einen Blick auf die Klassifikation der Varietäten werfen, von welchen man annimmt oder weiß, dass sie von einer Art abstammen. Diese werden unter die

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Arten eingereiht und selbst in Untervarietäten weiter geschieden; und bei unseren Kulturerzeugnissen werden noch manche andere Unterscheidungsstufen angenommen, wie wir bei den Tauben gesehen haben. Das Verhältnis der Gruppen zu den Untergruppen ist dasselbe wie das der Arten zu den Varietäten; es ist verwandte Abstammung mit verschiedenen Abänderungsstufen. Bei Klassifikation der Varietäten werden fast die nämlichen Regeln wie bei den Arten befolgt. Manche Schriftsteller haben auf der Notwendigkeit bestanden, die Varietäten nach einem natürlichen statt künstlichen System zu klassifizieren; wir sind z. B. so vorsichtig, nicht zwei Kiefervarietäten zusammenzuordnen, weil bloß ihre Frucht, obgleich der wesentlichste Teil, zufällig nahezu übereinstimmt. Niemand stellt den schwedischen mit dem gemeinen Turnips oder Rübsen zusammen, obwohl deren verdickter essbarer Stiel so ähnlich ist. Der beständigste Teil, welcher es immer sein mag, wird zur Klassifikation der Varietäten benützt; aber der große Landwirt Marshall sagt, die Hörner des Rindviehs seien für diesen Zweck sehr nützlich, weil sie weniger als die Form oder Farbe des Körpers veränderlich seien, während sie bei den Schafen ihrer Veränderlichkeit wegen viel weniger brauchbar seien. Ich stelle mir vor, dass, wenn man einen wirklichen Stammbaum hätte, eine genealogische Klassifikation der Varietäten allgemein vorgezogen werden würde, und einige Autoren haben in der Tat eine solche versucht. Denn mag ihre Abänderung groß oder klein sein, so werden wir uns doch überzeugt halten, dass das Vererbungsprinzip diejenigen Formen

Eine Zikade.

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zusammenhalte, welche in den meisten Beziehungen miteinander verwandt sind. So werden alle PurzelTauben, obschon einige Untervarietäten in der Länge des Schnabels weit voneinander abweichen, doch durch die gemeinsame Sitte zu purzeln unter sich zusammengehalten, aber der kurzschnäbelige Stock hat diese Gewohnheit beinahe abgelegt. Dem ungeachtet hält man diese Purzler, ohne über die Sache nachzudenken oder zu urteilen, in einer Gruppe beisammen, weil sie einander durch Abstammung verwandt und in manchen anderen Beziehungen ähnlich sind. Ließe sich nachweisen, dass der Hottentotte vom Neger abstammt, so würde man ihn, wie ich glaube, unter den Negern einreihen, wie weit er auch in Farbe und anderen wichtigen Beziehungen davon verschieden sein mag. Was dann die Arten in ihrem Naturzustand betrifft, so hat jeder Naturforscher die Abstammung bei der Klassifikation mit in Betracht gezogen, indem er in seine unterste Gruppe, die Spezies nämlich, beide Geschlechter aufnahm, und wie ungeheuer diese zuweilen sogar in den wesentlichsten Charakteren voneinander abweichen, ist jedem Naturforscher bekannt; so haben Männchen und Hermaphroditen gewisser Cirripeden im reifen Alter kaum ein Merkmal miteinander gemein, und doch träumt niemand davon, sie zu trennen. Der Naturforscher schließt in eine Spezies die verschiedenen Larvenzustände des nämlichen Individuums ein, wie weit dieselben auch unter sich und von dem erwachsenen Tier verschieden sein mögen, wie er auch die von Steenstrup so genannten Wechselgenerationen mit einbegreift, die man nur in einem technischen Sinne noch als zum nämlichen Individuum gehörig betrachten kann. Er schließt Missgeburten, er schließt Varietäten mit ein, nicht allein weil sie der elterlichen Form nahezu gleichen, sondern weil sie von derselben abstammen. Wer glaubt, dass die große hellgelbe Schlüsselblume (Primula elatior) von der gewöhnlicheren kleinen und dunkelgelben (Pr. veris) abstamme, oder umgekehrt, stellt sie in eine Art zusammen und gibt eine gemeinsame Definition derselben. Sobald man wahrnahm, dass drei ehedem als ebenso viele Sippen aufgeführte Orchideenformen (Monochanthus, Myanthus und Catasetum) zuweilen an der näm-

Der Punch hatte in einem Punkt recht: Darwin saß im Zentrum einer sich entwickelnden Geschichte.

Darwins letztes Buch Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer wurde 1881 veröffentlicht. Es ist noch immer eine gute Lektüre.

lichen Blüten-Ähre beisammensitzen, verband man sie unmittelbar zu einer einzigen Spezies. Da die Abstammung bei Klassifikation der Individuen einer Art trotz der oft außerordentlichen Verschiedenheit zwischen Männchen, Weibchen und Larven allgemein maßgebend ist, und da dieselbe bei Klassifikation von Varietäten, welche ein gewisses und mitunter ansehnliches Maß von Abänderung erfahren haben, in Betracht gezogen wird: Mag es dann nicht auch vorgekommen sein, dass man das nämliche Element ganz unbewusst bei Zusammenstellung der Arten in Sippen und der Sippen in höhere Gruppen angewendet hat, obwohl hier die Unterschiede beträchtlicher sind und eine längere Zeit zu ihrer Entwicklung bedurft haben? Ich glaube, dass es allerdings so geschehen ist; und nur so vermag ich die verschiedenen Regeln und Vorschriften zu verstehen, welche von unseren besten Systematikern befolgt worden sind. Wir haben keine geschriebenen Stammbäume, sondern ermitteln die gemeinschaftliche Abstammung nur vermittelst der Ähnlichkeiten irgendwelcher Art. Daher wählen wir Charaktere aus, die, so viel wir beurteilen können, durch die Beziehungen zu den äußeren Lebensbedingungen, welchen jede Art in der laufenden Periode ausgesetzt gewesen ist, am wenigsten verändert worden sind. Rudimentäre Gebilde sind in dieser Hinsicht ebenso gut und zuweilen noch besser, als andere. Mag ein Charakter noch so unwesentlich erscheinen, sei es ein eingebogener Unterkieferrand oder die Faltungsweise eines Insektenflügels, sei es das Haar- oder Federgewand des Körpers: wenn sich derselbe durch viele und verschiedenartige Spezies erhält, durch solche zumal, welche sehr ungleiche Lebensweisen haben, so nimmt er einen hohen Wert an; denn wir können seine Anwesenheit in so vielerlei Formen und mit so mannigfaltigen Lebensweisen nur durch seine Ererbung von einem gemeinsamen Stammvater erklären. Wir können uns dabei hinsichtlich einzelner Punkte der Organisation irren; wenn aber verschiedene noch so unwesentliche Charaktere durch eine ganze große Gruppe von Wesen mit verschiedener Lebensweise gemeinschaftlich andauern, so werden wir nach der Theorie der Abstammung fest überzeugt sein können, dass diese Gemeinschaft von Charakteren von einem gemeinsamen Vorfahren ererbt ist. Und wir wissen, dass solche in Wechselbeziehung zueinander vorkommende Charaktere bei der

Aus der Autobiographie von Charles Darwin



I ch habe jetzt (1. Mai 1881) das Manuskript eines

kleinen Buches über die ›Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer‹ in die Druckerei geschickt. Dieses Thema ist nur von geringer Bedeutung und ich weiß nicht, ob es irgendwelche Leser interessieren wird; mich aber hat es interessiert. Es ist die Vervollständigung eines kurzen Aufsatzes, den ich vor mehr als vierzig Jahren vor der Geologischen Gesellschaft gelesen habe, und der in mir alte geologische Gedanken wieder neu belebt hat. Klassifikation von großem Wert sind. Es wird begreiflich, warum eine Art oder eine ganze Gruppe von Arten in einigen ihrer wesentlichsten Charaktere von ihren Verwandten abweichen und doch ganz wohl mit ihnen zusammen klassifiziert werden kann. Man kann dies getrost tun und hat es oft getan, solange als noch eine genügende Anzahl von wenn auch unbedeutenden Charakteren das verborgene Band gemeinsamer Abstammung verrät. Denn sogar wenn zwei Formen nicht einen einzigen Charakter gemeinsam besitzen, aber diese extremen Formen noch durch eine Reihe vermittelnder Gruppen miteinander verkettet sind, dürfen wir noch auf eine gemeinsame Abstammung schließen und sie alle zusammen in eine Klasse stellen. Da Charaktere von hoher physiologischer Wichtigkeit, solche die zur Erhaltung des Lebens unter den verschiedensten Existenzbedingungen dienen, gewöhnlich am beständigsten sind, so legen wir ihnen großen Wert bei; wenn aber diese Organe in einer anderen Gruppe oder Gruppenabteilung sehr abweichen, so schätzen wir sie hier auch bei der Klassifikation geringer. Wir werden hiernach, wie ich glaube, klar einsehen, warum embryonische Merkmale eine so hohe klassifikatorische Wichtigkeit besitzen. Die geographische Verbreitung mag bei der Klassifikation großer und weitverbreiteter

Umseitig Links: Thomas Bell (1892–1880) stieg vom Zahnarzt zum Präsidenten der Linnean Society auf und stand ihr auch an jenem Abend vor, als die Gesellschaft erstmals die Darwin-Wallace-Theorie zu hören bekam. Umseitig Rechts: Robert Chambers (1802–1871), der anonyme Verfasser der Vestiges of the Natural History of Creation.

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Sippen zuweilen mit Nutzen angewendet werden, weil alle Arten einer solchen Sippe, welche eine eigentümliche und abgesonderte Gegend bewohnen, höchst wahrscheinlich von gleichen Eltern abstammen. Aus diesem Gesichtspunkt wird es begreiflich, wie wesentlich es ist, zwischen wirklicher Verwandtschaft und analoger oder Anpassungs-Ähnlichkeit zu unterscheiden. Lamarck hat zuerst die Aufmerksamkeit auf diesen Unterschied gelenkt, und Macleay und andere sind ihm darin glücklich gefolgt. Die Ähnlichkeit, welche zwischen dem Dugong, einem den Pachydermen verwandten Tier, und den Walen in der Form des Körpers und der Bildung der vorderen ruderförmigen Gliedmaßen, und jene, welche zwischen diesen beiderlei Tieren und den Fischen besteht, ist Analogie. Bei den Insekten finden sich unzählige Beispiele dieser Art; daher hat Linné, durch äußeren Anschein verleitet, wirklich ein homopteres Insekt unter die Motten gestellt. Wir sehen etwas Ähnliches auch bei unseren kultivierten Pflanzen in den verdickten Stämmen des gemeinen und des schwedischen RutabagaTurnips. Die Ähnlichkeit zwischen dem Windhund und dem englischen Wettrenner ist schwerlich eine mehr eingebildete als andere von einigen Autoren zwischen einander sehr entfernt stehenden Tieren aufgesuchte Analogien. Nach meiner Ansicht, dass Charaktere nur insofern von wesentlicher Wichtigkeit für die Klassifikation sind, als sie die gemeinsame Abstammung ausdrücken, lernen wir deutlicher einsehen, warum analoge oder Anpassungs-Charaktere wenn auch vom höchsten Wert für das Gedeihen der Wesen, doch für den Systematiker fast wertlos sind. Denn zwei Tiere von ganz verschiedener Abstammung können wohl ganz ähnlichen Lebensbedingungen angepasst und sich daher äußerlich sehr ähnlich sein; aber solche Ähnlichkeiten verraten keine Blutsverwandtschaft, sondern sind vielmehr geeignet, die wahren verwandtschaftlichen Beziehungen infolge gemeinsamer Abstammung zu verbergen. Wir begreifen ferner das anscheinende Paradoxon, dass die nämlichen Charaktere analoge sein können, wenn eine Klasse oder Ordnung mit der anderen verglichen wird, aber für echte Verwandtschaft zeugen, sofern es sich um die Vergleichung von Gliedern der nämlichen Klasse oder Ordnung untereinander handelt. So beweisen Körperform und Ruderfüße der Wale nur eine Analogie mit den Fischen, indem solche in

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beiden Klassen nur eine Anpassung des Tieres zum Schwimmen im Wasser bezwecken; aber beiderlei Charaktere beweisen auch die nahe Verwandtschaft zwischen den Gliedern der Walfamilie selbst; denn diese Wale stimmen in so vielen großen und kleinen Charakteren miteinander überein, dass wir nicht an der Ererbung ihrer allgemeinen Körperform und ihrer Ruderfüße von einem gemeinsamen Vorfahren zweifeln können. Und ebenso ist es mit den Fischen. Da Glieder verschiedener Klassen oft durch zahlreich aufeinanderfolgende geringe Abänderungen einer Lebensweise unter nahezu ähnlichen Verhältnissen angepasst werden, um z. B. auf dem Boden, in der Luft oder im Wasser zu leben, so werden wir vielleicht verstehen, woher es kommt, dass man zuweilen einen Zahlenparallelismus zwischen Untergruppen verschiedener Klassen bemerkt hat. Ein Naturforscher kann unter dem Eindruck, den dieser Parallelismus in einer Klasse auf ihn macht, demselben dadurch, dass er den Wert der Gruppen in anderen Klassen etwas höher oder tiefer setzt (und alle unsere Erfahrung zeigt, dass Schätzungen dieser Art noch immer sehr willkürlich sind), leicht eine große Ausdehnung geben; und so sind wohl unsere sieben-, fünf-, vier- und dreigliedrigen Systeme entstanden. Da die abgeänderten Nachkommen herrschender Arten großer Sippen diejenigen Vorzüge, welche die Gruppen, wozu sie gehören, groß und ihre Eltern herrschend gemacht haben, zu vererben streben, so sind sie meistens sicher, sich weit auszubreiten und mehr oder weniger Stellen im Haushalt der Natur einzunehmen. So streben die großen und herrschenden Gruppen nach immer weiterer Vergrößerung und ersetzen demnach viele kleinere und schwächere Gruppen. So erklärt sich auch die Tatsache, dass alle erloschenen wie noch lebenden Organismen einige wenige große Ordnungen in noch wenigeren Klassen bilden, die alle in einem großen Natursystem enthalten sind. Um zu zeigen, wie wenige an Zahl die oberen Gruppen und wie weit sie in der Welt verbreitet sind, ist die Tatsache zutreffend, dass die Entdeckung Neuhollands nicht ein Insekt aus einer neuen Klasse geliefert hat, und dass im Pflanzenreich, wie ich von Dr. Hooker vernehme, nur eine oder zwei kleine Ordnungen hinzugekommen sind. Im Kapitel über die geologische Aufeinanderfolge habe ich nach dem Prinzip, dass im Allgemeinen jede

Gruppe während des lang dauernden Modifikationsprozesses in ihrem Charakter sehr auseinandergelaufen ist, zu zeigen mich bemüht, woher es kommt, dass die älteren Lebensformen oft einigermaßen mittlere Charaktere zwischen denen der jetzigen Gruppen darbieten. Einige wenige solcher alten und mittleren Stammformen, welche sich zuweilen in nur wenig abgeänderten Nachkommen bis zum heutigen Tage erhalten haben, geben zur Bildung unserer sogenannten schwankenden oder aberranten Gruppen Veranlassung. Je abirrender eine Form ist, desto größer muss die Zahl verkettender Glieder sein, welche gänzlich vertilgt worden und verloren gegangen sind. Auch dafür, dass die aberranten Formen sehr durch Erlöschen gelitten, haben wir einige Belege; denn sie sind gewöhnlich nur durch einige wenige Arten vertreten, und auch diese Arten sind gewöhnlich sehr verschieden voneinander, was gleichfalls auf Erlöschung hinweist. Die Sippen Ornithorhynchus und Lepidosiren z. B. würden nicht weniger aberrant sein, wenn sie jede durch ein Dutzend statt nur eine oder zwei Arten vertreten wären; aber solcher Artenreichtum ist, wie ich nach mancherlei Nachforschungen finde, den aberranten Sippen gewöhnlich nicht zuteilgeworden. Wir können, glaube ich, diese Erscheinung nur erklären, indem wir die aberranten Formen als Gruppen betrachten, welche, im Kampf mit siegreichen Mitbewerbern unterliegend, nur noch wenige Glieder infolge eines ungewöhnlichen Zusammentreffens günstiger Umstände bis heute erhalten haben. Hr. Waterhouse hat bemerkt, dass, wenn ein Glied aus einer Tiergruppe Verwandtschaft mit einer sehr verschiedenen anderen Gruppe zeigt, diese Verwandtschaft in den meisten Fällen eine Sippenund nicht eine Artverwandtschaft ist. So ist nach Waterhouse von allen Nagern die Viscacha am nächsten mit den Beuteltieren (Marsupialia) verwandt; aber die Charaktere, worin sie sich den Marsupialen am meisten nähert, haben eine allgemeine Beziehung zu den Beuteltieren und nicht zu dieser oder jener Art im Besonderen. Da diese Verwandtschaftsbeziehungen der Viscacha zu den Beuteltieren für wesentlich gelten und nicht Folge bloßer Anpassung sind, so rühren sie nach meiner Theorie von gemeinschaftlicher Ererbung her. Daher wir dann auch unterstellen müssen, entweder dass alle Nager einschließlich der Viscacha von einem sehr alten Marsupialen abgezweigt

sind, der einen einigermaßen mittleren Charakter zwischen denen aller jetzigen Beuteltiere besessen, oder dass sowohl Nager wie Beuteltiere von einem gemeinsamen Stammvater herrühren und beide Gruppen durch starke Abänderung seitdem in verschiedenen Richtungen auseinander gegangen sind. Nach beiderlei Ansicht müssen wir annehmen, dass die Viscacha mehr von den erblichen Charakteren des

Die Fatahua-Fälle, Tahiti. Die Beagle legte auf dem Rückweg auf Tahiti einen Zwischenstopp ein.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



20. Oktober 1835

Nach Abschluss der Untersuchung des Galapagos-Archipels nehmen wir Kurs auf Tahiti und begannen unsere lange

Passage über 3200 Meilen. Im Laufe weniger Tage ließen wir das düstere und wolkige Ozeangebiet, das sich winters weit von der Küste Südamerikas erstreckt, hinter uns. Danach hatten wir schönes, klares Wetter und fuhren mit einer Geschwindigkeit von 150 bis 160 Meilen am Tag vor dem steten Passatwind angenehm dahin. Die Temperatur in diesem mittleren Teil des Pazifiks ist höher als nahe der amerikanischen Küste. Das Thermometer in der Achterhütte stand bei Nacht wie bei Tag zwischen 27° und 28°C, was sehr angenehm ist, doch bei einem oder zwei Grad höher wird die Hitze drückend. Wir gelangten durch den Low- oder Gefährlichen Archipel und sahen mehrere jener höchst merkwürdigen Ringe aus knapp über den Meeresspiegel ragendem Korallenland, welche Laguneninseln genannt werden. Ein langer, strahlend weißer Strand ist von einem Saum grüner Vegetation bedeckt, der Streifen dünnt sich in beide Richtungen hin rasch aus und versinkt unterm Horizont. Von der Mastspitze aus kann man innerhalb dieses Ringes eine riesige Weite glatten Wassers erkennen. Diese niedrigen, hohlen Koralleninseln stehen in keinem Verhältnis zu dem riesigen Ozean, aus dem sie sich jäh erheben, und es erscheint wunderbar, dass solch schwache Eindringlinge von den allmächtigen und nie ermattenden Wellen des großen Meeres, fälschlicherweise Pazifik genannt, nicht begraben werden.



15. November 1835

Bei Tagesanbruch war Tahiti in Sicht, eine Insel, die dem Reisenden in der Südsee auf immer klassisch erscheinen

muss. Aus der Entfernung war der Anblick nicht sehr reizvoll. Die üppige Vegetation der unteren Region war noch nicht zu sehen, und als die Wolken fortzogen, zeigten sich zur Inselmitte hin die wildesten und steilsten Gipfel. Kaum ankerten wir in der Matavaibucht, waren wir von Kanus umringt. Für uns war es Sonntag, auf Tahiti jedoch Montag: Wäre es umgekehrt gewesen, wäre kein einziger Besucher gekommen, denn das Verbot, am Sabbat ein Kanu zu Wasser zu bringen, wird streng befolgt. Nach dem Mahl fuhren wir an Land und genossen all die Freuden, welche die ersten Eindrücke eines neuen Landes bieten, und dieses Land war das reizende Tahiti. Eine Menge aus Männern, Frauen und Kindern hatte sich am denkwürdigen Point Venus eingefunden, um uns mit lachenden, fröhlichen Gesichtern zu empfangen. Sie geleiteten uns zum Hause Mr. Wilsons, des Missionars dieses Bezirks, der uns schon auf der Straße einen sehr freundlichen Empfang bereitete. Nachdem wir kurze Zeit in seinem Haus gesessen hatten, trennten wir uns, um Rundgänge zu machen, kehrten am Abend jedoch zurück. Das kultivierbare Land ist an kaum einer Stelle mehr als ein Saum flachen Schwemmlands, das sich um den Fuß der Berge herum angesammelt hat und vor den Wellen des Meeres von einem Korallenriff geschützt ist, welches die gesamte Küstenlinie umringt. Innerhalb des Riffs ist weites, glattes Wasser wie das eines Sees, das die Kanus der Einheimischen sicher befahren und wo Schiffe ankern können. Das Flachland, das bis an den Strand aus Korallensand heranreicht, ist von den wunderschönsten Erzeugnissen der intertropischen Regionen bewachsen. Zwischen Bananen-, Orangen-, Kokosnussund Brotfruchtbäumen sind Flächen gerodet, auf denen Süßkartoffeln, Zuckerrohr und Ananas angebaut werden. Selbst das Unterholz ist ein eingeführter Obstbaum, nämlich die Guave, die wegen ihrer Überfülle so lästig wie Unkraut geworden ist. In Brasilien habe ich oft die mannigfaltige Schönheit der Bananenbäume, Palmen und Orangenbäume bewundert, wie sie im Kontrast zueinander stehen, und hier haben wir auch noch den Brotfruchtbaum, der mit seinen großen, glänzenden und tief eingeschnittenen Blättern auffällt. Es ist bewundernswert, Haine eines Baumes zu erblicken, der seine Äste, beladen mit großen und höchst nahrhaften Früchten, mit der Kraft der englischen Eiche ausschickt. So selten die Nützlichkeit eines Gegenstandes auch das Vergnügen an seiner Betrachtung erklären kann, im Falle dieser schönen Wälder hat das Wissen um ihre hohe Produktivität zweifellos großen Einfluss auf unsere Bewunderung. Die kleinen gewundenen Pfade führten uns durch kühlenden Schatten zu verstreuten Häusern, deren Besitzer uns überall fröhliche und höchst gastfreundliche Aufnahme gewährten.

Fossa, eine Raubtierspezies, die nur auf Madagaskar vorkommt. alten Stammvaters an sich behalten habe als sämtliche anderen Nager; und deshalb zeigt sie keine besonderen Beziehungen zu diesem oder jenem noch vorhandenen Beutler, sondern nur indirekte zu allen oder fast allen Marsupialen überhaupt, indem sie sich einen Teil des Charakters des gemeinsamen Urvaters oder eines früheren Gliedes dieser Gruppe erhalten hat. Andererseits besitzt nach Waterhouses Bemerkung unter allen Beuteltieren der Phascolomys (Wombat) am meisten Ähnlichkeit, nicht zu einer einzelnen Art, sondern zur ganzen Ordnung der Nager überhaupt. In diesem Fall jedoch ist sehr zu erwarten, dass die Ähnlichkeit nur eine Analogie ist, indem der Phascolomys sich einer Lebensweise anpasste, wie sie Nager besitzen. Der ältere de Candolle hat ziemlich ähnliche Bemerkungen hinsichtlich der allgemeinen Natur der Verwandtschaft zwischen den verschiedenen Pflanzenordnungen gemacht. Nach dem Prinzip der Vermehrung und der stufenweisen Divergenz des Charakters der von einem gemeinsamen Ahnen abstammenden Arten in Verbindung mit der erblichen Erhaltung eines Teils des gemeinsamen Charakters erklären sich die außerordentlich verwickelten und strahlenförmig auseinandergehenden Verwandtschaften, wodurch alle Glieder einer Familie oder höheren Gruppe miteinander verkettet werden. Denn der gemeinsame Stammvater einer ganzen Familie von Arten, welche

jetzt durch Erlöschung in verschiedene Gruppen und Untergruppen gespalten ist, wird einige seiner Charaktere in verschiedener Art und Abstufung modifiziert allen gemeinsam mitgeteilt haben, und die verschiedenen Arten werden demnach nur durch Verwandtschaftslinien von verschiedener Länge miteinander verbunden sein, welche in weit älteren Vorgängern ihren Vereinigungspunkt finden, wie es das frühere Bild in Kapitel vier darstellt. Wie es schwer ist, die Blutsverwandtschaft zwischen den zahlreichen Angehörigen einer alten adeligen Familie sogar mit Hilfe eines Stammbaums zu zeigen, und fast unmöglich, es ohne dieses Hilfsmittel zu tun, so begreift man auch die mannigfaltigen Schwierigkeiten, auf welche Naturforscher ohne die Hilfe einer bildlichen Skizze stoßen, wenn sie die verschiedenen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den vielen lebenden und erloschenen Gliedern einer großen natürlichen Klasse nachweisen wollen. Erlöschen hat, wie wir im vierten Kapitel gesehen, einen großen Anteil an der Bildung und Erweiterung der Lücken zwischen den verschiedenen Gruppen in jeder Klasse. Wir können dies ebenso wie die Trennung ganzer Klassen voneinander, wie z. B. die der Vögel von allen anderen Wirbeltieren, durch die Annahme erklären, dass viele alte Lebensformen ganz ausgegangen sind, durch welche die ersten Stammeltern der Vögel vordem mit den ersten Stammeltern der

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Tahitianer.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Nichts erfreute mich mehr als die Bewohner. In ihrem Gesichtsausdruck liegt eine Milde, welche sogleich

den Gedanken an Wilde verbietet, und eine Intelligenz, die zeigt, dass sie in der Zivilisation vorankommen. Die gemeinen Leute belassen den oberen Teil ihres Körpers bei der Arbeit ganz nackt, und gerade dann zeigen sich die Tahitianer zu ihrem Vorteil. Sie sind sehr groß, breitschultrig, athletisch und wohlproportioniert. Man sagt, es erfordere wenig Gewöhnung, um eine dunkle Haut für das Auge des Europäers angenehmer und natürlicher zu machen als seine eigene Farbe. Ein Weißer, der neben einem Tahitianer bade, sei wie eine durch des Gärtners Kunst gebleichte Pflanze verglichen mit einer schönen dunkelgrünen, die kraftvoll auf freiem Felde wächst. Die meisten Männer sind tätowiert, und die Ornamente folgen dem Schwung des Körpers so anmutig, dass der Effekt sehr elegant ist. Ein verbreitetes Muster, das in den Einzelheiten variiert, ähnelt der Krone einer Palme. Sie entspringt aus der Mittellinie des Rückens und schlingt sich anmutig um beide Seiten. Der Vergleich mag wunderlich sein, aber ich fand, der Körper eines solchermaßen geschmückten Mannes war wie der Stamm eines edlen, von einer Kletterpflanze umfassten Baumes. Bei vielen der Älteren waren die Füße von kleinen Figuren bedeckt, die so angeordnet waren, dass sie einer Socke glichen. Diese Mode ist jedoch schon teilweise verschwunden und durch andere ersetzt. Hier muss ein jeder, auch wenn die Mode keineswegs unveränderlich ist, an jener festhalten, die in seiner Jugend vorherrschte. Einem alten Mann ist daher auf immer sein Alter auf den Leib gestempelt, und er kann sich nicht das Ansehen eines jungen Stutzers geben. Die Frauen sind ähnlich wie die Männer tätowiert, sehr häufig an den Fingern. Eine unschöne Mode ist nun fast überall verbreitet: Es wird nämlich das Haar von der Spitze des Kopfes in kreisrunder Form abrasiert, sodass nur noch ein äußerer Ring bleibt. Die Missionare haben versucht, die Leute zu überreden, diese Gewohnheit zu ändern, doch es ist eben die Mode, und das genügt als Antwort auf Tahiti ebenso wie in Paris. Vom Erscheinungsbild der Frauen war ich sehr enttäuscht: Sie sind den Männern in jeder Hinsicht weit unterlegen. Der Brauch, am Hinterkopf oder durch ein kleines Loch im Ohr eine weiße oder scharlachrote Blume zu tragen, ist hübsch. Eine Krone aus geflochtenen Kokosblättern wird auch als Schutz für die Augen getragen. Die Frauen scheinen ein kleidsames Kostüm nötiger zu haben als selbst die Männer. Fast alle Einheimischen verstehen ein wenig Englisch – das heißt, sie kennen den Namen gemeiner Dinge, und mit deren Hilfe sowie mit Zeichen ließ sich eine leidliche Unterhaltung führen. Als wir am Abend zum Boot zurückkehrten, blieben wir noch stehen, um Zeuge einer sehr hübschen Szene zu werden. Zahlreiche Kinder spielten am Strand und hatten Feuer angezündet, welche das ruhige Meer und die umliegenden Bäume erleuchteten; andere standen im Kreis und sangen tahitianische Verse. Wir setzten uns in den Sand und nahmen an dem Fest teil. Die Lieder waren improvisiert und hingen, wie ich glaube, mit unserem Eintreffen zusammen: Ein kleines Mädchen sang eine Zeile, welche die übrigen teilweise aufnahmen, wodurch ein sehr hübscher Chor entstand. Die ganze Szenerie machte uns unzweideutig bewusst, dass wir am Gestade einer Insel in der weithin berühmten Südsee saßen.

übrigen Wirbeltierklassen verkettet gewesen sind. Dagegen sind nur wenige solche Lebensformen erloschen, welche einst die Fische mit den Batrachiern verbanden. In noch geringerem Grad ist dies in einigen anderen Klassen, wie z. B. bei den Krustern, der Fall gewesen, wo die wundersamst verschiedenen Formen noch durch eine lange, aber unterbrochene Verwandtschaftskette zusammengehalten werden. Erlöschung hat die Gruppen nur getrennt, nicht gemacht. Denn wenn alle Formen, welche jemals auf

dieser Erde gelebt haben, plötzlich wieder erscheinen könnten, so würde es ganz unmöglich sein, die Gruppen durch Definitionen voneinander zu unterscheiden, weil alle durch ebenso feine Abstufungen, wie die zwischen den geringsten lebenden Varietäten sind, ineinander übergehen würden; dem ungeachtet würde eine natürliche Klassifikation oder wenigstens eine natürliche Anordnung möglich sein. Wir können dies aus unserem Bild ersehen. Nehmen wir an, die Buchstaben A bis L stellen 11 silurische

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Sippen dar, wovon einige große Gruppen abgeänderter Nachkommen hinterlassen. Jedes Mittelglied zwischen diesen 11 Sippen und deren Urvater sowie jedes Mittelglied in allen Ästen und Zweigen ihrer Nachkommenschaft sei noch am Leben, und diese Glieder seien so fein wie die zwischen den feinsten Varietäten abgestuft. In diesem Fall würde es ganz unmöglich sein, die vielfachen Glieder der verschiedenen Gruppen von ihren mehr unmittelbaren Eltern oder diese Eltern von ihren alten unbekannten Stammvätern durch Definitionen zu unterscheiden. Und doch würde die in dem Bild gegebene natürliche Anordnung ganz gut passen und würden nach dem Vererbungsprinzip alle von A sowie alle von I herkommenden Formen unter sich etwas gemein haben. An einem Baum kann man diesen und jenen Zweig unterscheiden, obwohl sich beide in einer Gabel vereinigen und ineinanderfließen. Wir könnten, wie gesagt, die verschiedenen Gruppen nicht definieren; aber wir könnten Typen oder solche Formen hervorheben, welche die meisten Charaktere jeder Gruppe, groß oder klein, in sich vereinigten, und so eine allgemeine Vorstellung vom Wert der Verschiedenheiten zwischen denselben geben. Dies wäre, was wir tun müssten, wenn wir je dahin gelangten, alle Formen einer Klasse, die in Zeit und Raum vorhanden gewesen sind, zusammenzubringen. Wir werden zwar gewiss nie im Stande sein, eine solche Sammlung zu machen, dem ungeachtet aber bei gewissen Klassen in die Lage kommen, jene Methode zu versuchen; und Milne Edwards hat noch unlängst in einer vortrefflichen Abhandlung auf der großen Wichtigkeit bestanden, sich an Typen zu halten, gleichviel ob wir im Stande sind oder nicht, die Gruppen zu trennen und zu umschreiben, zu welchen diese Typen gehören. Endlich haben wir gesehen, dass natürliche Züchtung, welche aus dem Kampf ums Dasein hervorgeht und mit Erlöschung und mit Divergenz des Charakters in den vielen Nachkommen einer herrschenden Stammart fast untrennbar verbunden ist, jene großen und allgemeinen Züge in der Verwandtschaft aller organischen Wesen und namentlich ihre Sonderung in Gruppen und Untergruppen erklärt. Wir benützen das Element der Abstammung bei Klassifikation der Individuen beider Geschlechter und aller Altersabstufungen in einer Art, wenn sie auch nur wenige Charaktere miteinander gemein

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haben; wir benützen die Abstammung bei der Einordnung anerkannter Varietäten, wie sehr sie auch von ihrer Stammart abweichen mögen; und ich glaube, dass dieses Element der Abstammung das geheime Band ist, welches alle Naturforscher unter dem Namen des natürlichen Systems gesucht haben. Da nach dieser Vorstellung das natürliche System, soweit es ausgeführt werden kann, genealogisch geordnet ist und es die Verschiedenheitsstufen zwischen den Nachkommen gemeinsamer Eltern durch die Ausdrücke Sippen, Familien, Ordnungen usw. bezeichnet, so begreifen wir die Regeln, welche wir bei unserer Klassifikation zu befolgen veranlasst sind. Wir begreifen, warum wir manche Ähnlichkeit weit höher als andere zu werten haben; warum wir mitunter rudimentäre oder nutzlose oder andere physiologisch unbedeutende Organe anwenden dürfen; warum wir bei Vergleichung der einen mit der anderen Gruppe analoge oder Anpassungs-Charaktere verwerfen, obwohl wir dieselben innerhalb der nämlichen Gruppe gebrauchen. Es wird uns klar, warum wir alle lebenden und erloschenen Formen in ein großes System zusammenordnen können, und warum die verschiedenen Glieder jeder Klasse in der verwickeltsten und nach allen Richtungen verzweigten Weise miteinander verkettet sind. Wir werden wahrscheinlich niemals das verwickelte Verwandtschaftsgewebe zwischen den Gliedern einer Klasse entwirren; wenn wir jedoch einen einzelnen Gegenstand ins Auge fassen und nicht nach irgendeinem unbekannten Schöpfungsplan ausschauen, so dürfen wir hoffen, sichere, aber langsame Fortschritte zu machen. Morphologie. – Wir haben gesehen, dass die Glieder einer Klasse, unabhängig von ihrer Lebensweise, einander im allgemeinen Plan ihrer Organisation gleichen. Diese Übereinstimmung wird oft mit dem Ausdruck »Einheit des Typus« bezeichnet; oder man sagt, die verschiedenen Teile und Organe der verschiedenen Spezies einer Klasse seien einander homolog. Der ganze Gegenstand wird unter dem Namen Morphologie zusammen begriffen. Dies ist der interessanteste Teil der Naturgeschichte und kann deren wahre Seele genannt werden. Was kann es Sonderbareres geben, als dass die Greifhand des Menschen, der Grabfuß des Maulwurfs, das Rennbein des Pferdes, die Ruderflosse der Seeschildkröte und



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Von dem höchsten Punkt, den ich erreichte,

bot sich ein guter Blick auf die ferne Insel Eimeo, die demselben Souverän unterstellt ist wie Tahiti. Auf den hohen, gebrochenen Spitzen türmten sich Wolkenmassen, die eine Insel in dem blauen Himmel bildeten, ganz wie Eimeo im blauen Ozean. Die Insel ist mit Ausnahme einer kleinen Durchfahrt vollständig von einem Riff umringt. Aus dieser Entfernung war lediglich eine schmale, aber klar definierte weiße Linie sichtbar, wo die Wellen auf die Korallenwand trafen. Die Berge ragten jäh aus der gläsernen Weite der Lagune auf, umschlossen von der weißen Linie, vor welcher die Wasser des Ozeans dunkel wogten. Der Blick war eindrucksvoll: Er lässt sich gut mit einem gerahmten Kupferstich vergleichen, wobei der Rahmen für die Brecher steht, das Passepartout für die glatte Lagune und die Zeichnung für die eigentliche Insel. Als ich am Abend von dem Berg herabstieg, kam ein Mann heran, den ich mit einem unbedeutenden Geschenk erfreut hatte, und brachte mir warme geröstete Bananen, eine Ananas und Kokosnüsse.

Kava (Piper methysticum), das bevorzugte Rauschmittel der Tahitianer. Darwin kaute ein Stückchen, wurde davon aber nicht high.

Tahiti. WECHSELSEITIGE VERWANDTSCHAFT ORGANISCHER KÖRPER; MORPHOLOGIE; EMBRYOLOGIE …

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der Flügel der Fledermaus nach demselben Modell gearbeitet sind und gleiche Knochen in der nämlichen gegenseitigen Lage enthalten. Geoffroy Saint-Hilaire hat beharrlich an der großen Wichtigkeit der wechselseitigen Verbindung der Teile in homologen Organen festgehalten; die Teile mögen in fast allen Abstufungen der Form und Größe abändern, aber sie bleiben fest in derselben Weise miteinander verbunden. So finden wir z. B. die Knochen des Ober- und des Vorderarms oder des Ober- und Unterschenkels nie aus ihrer Verbindung gerissen. Daher kann man dem homologen Knochen in weit verschiedenen Tieren denselben Namen geben. Dasselbe große Gesetz tritt in der Mundbildung der Insekten hervor. Was kann verschiedener sein als die unermesslich lange spirale Saugröhre eines Abendschmetterlings, der sonderbar zurückgebrochene Rüssel einer Wanze und die großen Hörner eines Hirschkäfers? Und doch werden alle diese zu so ungleichen Zwecken dienenden Organe durch unendlich zahlreiche Modifikationen der Oberlippe, der Kinnbacken und zweier Paare Kinnladen gebildet. Analoge Gesetze herrschen in der Zusammensetzung des Mundes und der Glieder der Kruster. Und ebenso ist es mit den Blüten der Pflanzen. Nichts hat weniger Aussicht auf Erfolg als ein Versuch, diese Ähnlichkeit des Bauplanes in den Gliedern einer Klasse mit Hilfe der Nützlichkeitstheorie oder der Lehre von den endlichen Ursachen zu erklären. Die Hoffnungslosigkeit eines solchen Versuches ist von Owen in seinem äußerst interessanten Werk ›Nature of limbs‹ ausdrücklich anerkannt worden. Nach der gewöhnlichen Ansicht von der selbstständigen Schöpfung einer jeden Spezies lässt sich nur sagen, dass es so ist, und dass es dem Schöpfer gefallen hat, jedes Tier und jede Pflanze so zu machen. Dagegen ist die Erklärung handgreiflich nach der Theorie der natürlichen Züchtung durch Häufung aufeinanderfolgender geringer Abänderungen, deren jede der abgeänderten Form einigermaßen nützlich ist, welche aber infolge der Wechselbeziehungen des Wachstums oft auch andere Teile der Organisation mit berühren. Bei Abänderungen dieser Art wird sich nur wenig oder gar keine Neigung zu Änderung des ursprünglichen Bauplans oder zu Versetzung der Teile zeigen. Die Knochen eines Beins können in jeder Größe verlängert oder verkürzt, sie können

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stufenweise in dicke Häute eingehüllt werden, um ein Ruder zu bilden; oder ein mit einer Bindehaut zwischen den Zehen versehener Fuß (Schwimmfuß) kann alle seine Knochen oder gewisse Knochen bis zu irgendeinem Maß verlängern und die Bindehaut in gleichem Verhältnis vergrößern, sodass er als Flügel zu dienen im Stande ist; und doch ist ungeachtet aller so bedeutender Abänderungen keine Neigung zu einer Änderung der Knochenbestandteile an sich oder zu einer anderen Zusammenfügung derselben vorhanden. Wenn wir unterstellen, dass der alte Stammvater oder Urtypus, wie man ihn nennen kann, aller Säugetiere seine Beine, zu welchem Zwecke sie auch bestimmt gewesen sein mögen, nach dem vorhandenen allgemeinen Plan gebildet hatte, so werden wir sofort die klare Bedeutung der homologen Bildung der Beine in der ganzen Klasse begreifen. Wenn wir ferner hinsichtlich des Mundes der Insekten einfach unterstellen, dass ihr gemeinsamer Stammvater eine Oberlippe, Kinnbacken und zwei Paar Unterkiefer vielleicht von sehr einfacher Form besessen, so wird natürliche Züchtung auf irgendeine ursprünglich erschaffene Form wirkend vollkommen zur Erklärung der unendlichen Verschiedenheit in den Bildungen und Verrichtungen des Mundes der Insekten genügen. Dem ungeachtet ist es begreiflich, dass das ursprünglich gemeinsame Muster eines Organes allmählich ganz verloren gehen kann, sei es durch Atrophie und endliche vollständige Resorption gewisser Bestandteile, oder durch Verwachsung einiger Teile, oder durch Verdoppelung oder Vervielfältigung anderer: Abänderungen, die nach unserer Erfahrung alle in den Grenzen der Möglichkeit liegen. Nur in den Ruderfüßen gewisser ausgestorbener Eidechsen (Ichthyosaurus) und in den Teilen des Saugmundes gewisser Kruster scheint der gemeinsame Grundplan bis zu einem gewissen Grad verwischt zu sein. Ein anderer Zweig der Morphologie beschäftigt sich mit der Vergleichung, nicht des nämlichen Teiles in verschiedenen Gliedern einer Klasse, sondern der verschiedenen Teile oder Organe eines nämlichen Individuums. Die meisten Physiologen glauben, dass die Knochen des Schädels homolog – d. h. in Zahl und beziehungsweiser Lage übereinstimmend – seien mit den Knochenelementen einer gewissen Anzahl Wirbel. Die vorderen und die hinteren Gliedmaßen eines jeden Tiers in den Kreisen der Wirbel- und

der Kerbtiere sind offenbar homolog zueinander. Dasselbe Gesetz bewährt sich auch bei Vergleichung der wunderbar zusammengesetzten Kinnladen mit den Beinen der Kruster. Fast jedermann weiß, dass in einer Blume die gegenseitige Stellung der Kelch- und der Kronenblätter und der Staubfäden und Staubwege zueinander ebenso wie deren innere Struktur aus der Annahme erklärbar werden, dass es metamorphosierte spiralständige Blätter seien. Bei monströsen Pflanzen sehen wir nicht selten den direkten Beweis von der Möglichkeit der Umbildung eines dieser Organe ins andere. Auch bei embryonischen Krustazeen und anderen Tieren erkennen wir so wie bei den Blüten, dass Organe, die im reifen Zustand äußerst verschieden voneinander sind, auf ihren ersten Entwicklungsstufen einander außerordentlich gleichen. Wie unerklärbar sind diese Erscheinungen nach der gewöhnlichen Ansicht von der Schöpfung! Warum ist doch das Gehirn in einen aus so vielen und so außergewöhnlich geordneten Knochenstücken zusammengesetzten Kasten eingeschlossen! Wie Owen bemerkt, kann der Vorteil, welcher aus einer der Trennung der Teile entsprechenden Nachgiebigkeit des Schädels für den Geburtsakt bei den Säugetieren entspringt, keinesfalls die nämliche Bildungsweise desselben bei den Vögeln erklären. Oder warum sind den Fledermäusen dieselben Knochen wie den übrigen Säugetieren zu Bildung ihrer Flügel anerschaffen worden, da sie dieselben doch zu gänzlich verschiedenen Zwecken gebrauchen? Und warum haben Kruster mit einem aus zahlreicheren Organenpaaren zusammengesetzten Munde in gleichem Verhältnis weniger Beine oder umgekehrt die mit mehr Beinen versehenen weniger Mundteile? Endlich, warum sind die Kelch- und Kronenblätter, die Staubgefäße und Staubwege einer Blüte, trotz ihrer Bestimmung zu so gänzlich verschiedenen Zwecken, alle nach demselben Muster gebildet? Nach der Theorie der natürlichen Züchtung können wir alle diese Fragen genügend beantworten. Bei den Wirbeltieren sehen wir eine Reihe innerer Wirbel gewisse Fortsätze und Anhänge entwickeln; bei den Kerbtieren ist der Körper in eine Reihe Segmente mit äußeren Anhängen geschieden; und bei den Pflanzen sehen wir die Blätter auf eine Anzahl übereinander folgender Umgänge einer Spirale regelmäßig verteilt.

Eine unbegrenzte Wiederholung desselben Teiles oder Organes ist, wie Owen bemerkt hat, das gemeinsame Attribut aller niedrig oder wenig modifizierten Formen; daher wir leicht annehmen können, der unbekannte Stammvater aller Wirbeltiere habe viele Wirbel besessen, der aller Kerbtiere viele Körpersegmente und der der Blütenpflanzen viele Blattspiralen. Wir haben ferner gesehen, dass Teile, die sich oft wiederholen, sehr geneigt sind, in Zahl und Struktur zu variieren; daher es ganz wahrscheinlich ist, dass natürliche Züchtung mittels lange fortgesetzter Abänderung eine gewisse Anzahl der sich oft wiederholenden ähnlichen Bestandteile des Skeletts ganz verschiedenen Bestimmungen angepasst habe. Und da das ganze Maß der Abänderung nur in unmerklichen Abstufungen bewirkt worden ist, so dürfen wir uns nicht wundern, in solchen Teilen oder Organen noch einen gewissen Grad fundamentaler Ähnlichkeit nach dem strengen Erblichkeitsprinzip zurückbehalten zu finden. In der großen Klasse der Mollusken lassen sich zwar Homologien zwischen Teilen verschiedener Spezies, aber nur wenige Reihenhomologien nachweisen, d. h., wir sind selten im Stande zu sagen, dass ein Teil oder Organ mit einem anderen im nämlichen Individuum homolog sei. Dies lässt sich wohl erklären, weil wir nicht einmal bei den untersten Gliedern des Weichtierkreises solche unbegrenzte Wiederholung einzelner Teile wie in den übrigen großen Klassen des Tier- und Pflanzenreiches finden. Die Naturforscher stellen die Schädel oft als eine Reihe metamorphosierter Wirbel, die Kinnladen der Krabben als metamorphosierte Beine, die Staubgefäße und Staubwege der Blumen als metamorphosierte Blätter dar; doch würde es, wie Prof. Huxley bemerkt hat, wahrscheinlich richtiger sein zu sagen, Schädel wie Wirbel, Kinnladen wie Beine usw. seien nicht eines aus dem anderen, sondern beide aus einem gemeinsamen Element entstanden. Inzwischen gebrauchen die Naturforscher jenen Ausdruck nur in bildlicher Weise, indem sie weit von der Meinung entfernt sind, dass Primordialorgane irgendwelcher Art – Wirbel im einen und Beine im anderen Fall – während einer langen Reihe von Generationen wirklich in Schädel und Kinnladen umgebildet worden seien. Und doch ist der Anschein, dass eine derartige Modifikation stattgefunden habe, so vollkommen, dass dieselben Naturforscher schwer vermeiden können, eine die-

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Baumkänguru, Australien. Wie erwirbt ein Känguru die Gewohnheiten und Werkzeuge eines Affen? sem letzten Sinne entsprechende Ausdrucksweise zu gebrauchen. Nach meiner eigenen Anschauungsweise aber sind jene Ausdrücke in der Tat nur wörtlich zu nehmen, um die wunderbare Erscheinung zu erklären, dass die Kinnladen z. B. einer Krabbe zahlreiche Merkmale an sich tragen, welche dieselben wahrscheinlich geerbt haben müssten, sofern sie wirklich während einer langen Generationenreihe durch allmähliche Metamorphose aus Beinen oder sonstigen einfachen Anhängen entstanden wären. Embryologie. – Es ist schon gelegentlich bemerkt worden, dass gewisse Organe, welche im reifen Alter der Tiere sehr verschieden gebildet und zu ganz abweichenden Diensten bestimmt sind, sich im Embryo ganz ähnlich sehen. Ebenso sind die Embryonen verschiedener Tiere derselben Klasse einander oft sehr ähnlich, wofür sich ein besserer Beweis nicht anführen lässt als die Versicherung von Baers, die Embryonen von Säugetieren, Vögeln, Eidechsen, Schlangen und wahrscheinlich auch Schildkröten seien sich in der ersten Zeit im Ganzen sowohl als in der Bildung ihrer einzelnen Teile so ähnlich, dass man sie nur an ihrer Größe unterscheiden könne. Ich besitze zwei Embryonen in Weingeist aufbewahrt, deren Namen ich beizuschrei-

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ben vergessen habe, und nun bin ich ganz außer Stand zu sagen, zu welcher Klasse sie gehören. Es können Eidechsen oder kleine Vögel oder sehr junge Säugetiere sein, so vollständig ist die Ähnlichkeit in der Bildungsweise von Kopf und Rumpf dieser Tiere, und die Extremitäten fehlen noch. Aber auch wenn sie vorhanden wären, so würden sie auf ihrer ersten Entwicklungsstufe nichts beweisen; denn die Beine der Eidechsen und Säugetiere, die Flügel und Beine der Vögel nicht weniger als die Hände und Füße des Menschen: Alle entspringen aus der nämlichen Grundform. – Die wurmförmigen Larven der Motten, Fliegen, Käfer usw. gleichen einander viel mehr als die reifen Insekten. In den Larven verrät sich noch die Einförmigkeit des Embryos; das reife Insekt ist den speziellen Lebensbedingungen angepasst. Zuweilen geht eine Spur der embryonischen Ähnlichkeit noch in ein späteres Alter über; so gleichen Vögel derselben Sippe oder nahe verwandter Genera einander oft in ihrem ersten und zweiten Jugendkleid: alle Drosseln z. B. in ihrem gefleckten Gefieder. In der Katzenfamilie sind die meisten Arten gestreift oder streifenweise gefleckt; und solche Streifen sind auch noch am neugeborenen Jungen des Löwen vorhanden. Wir sehen zuweilen, aber selten, auch etwas der

Aus „Die Fahrt der Beagle“



19. Dezember 1835

Am Abend sahen wir in der Ferne Neuseeland. Wir dürfen nun sagen, dass wir den Pazifik fast

ganz überquert haben. Es ist nötig, über diesen großen Ozean zu segeln, um seine gewaltige Weite zu begreifen. Wochen am Stück fahren wir schnell voran und begegnen doch nichts als demselben blauen, abgrundtiefen Ozean. Selbst von den Archipelen sind die Inseln nur Körnchen und weit entfernt voneinander. Gewöhnt daran, Karten mit kleinem Maßstab zu betrachten, urteilen wir nicht richtig, wie unendlich klein der Anteil trockenen Landes im Vergleich zum Wasser in dieser großen Weite ist. Der Meridian der Antipoden ist ebenfalls passiert, und nun war jede Wegstunde, wie wir voller Freude dachten, eine Wegstunde näher Richtung England. Die Antipoden rufen alte Erinnerungen an kindliches Zweifeln und Staunen wach. Erst neulich freute ich mich auf diese luftige Barriere als festen Punkt auf unserer Heimfahrt, nun aber meine ich, dass sie wie alle solche Rastorte für die Phantasie nichts als Schatten sind, welche der Mensch, der vorandrängt, nicht einfangen kann. Ein mehrere Tage währender Sturm gab uns unlängst viel Muße, die künftigen Stationen auf unserer langen Heimfahrt zu ermessen und aufs tiefste ihr Ende zu ersehnen.

Hippah, Neuseeland. WECHSELSEITIGE VERWANDTSCHAFT ORGANISCHER KÖRPER; MORPHOLOGIE; EMBRYOLOGIE …

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Art bei Pflanzen. So sind die Embryonal-Blätter des Ulex und die ersten Blätter der neuholländischen Akazien, welche später nur noch Phyllodien hervorbringen, zusammengesetzt oder gefiedert wie die gewöhnlichen Leguminosen-Blätter. Diejenigen Punkte der Organisation, worin die Embryonen ganz verschiedener Tiere einer und derselben Klasse sich gegenseitig gleichen, haben oft keine unmittelbare Beziehung zu ihren Existenzbedingungen. Wir können z. B. nicht annehmen, dass in den Embryonen der Wirbeltiere der eigentümliche schleifenartige Verlauf der Arterien nächst den Kiemenschlitzen des Halses mit der Ähnlichkeit der Lebensbedingungen in Zusammenhang stehe im jungen Säugetier, das im Mutterleibe ernährt wird, wie im Vogel, welcher dem Ei entschlüpft, und im Frosch, der sich im Laich unter Wasser entwickelt. Wir haben nicht mehr Grund, an einen solchen Zusammenhang zu glauben, als anzunehmen, dass die Übereinstimmung der Knochen in der Hand des Menschen, im Flügel einer Fledermaus und im Ruderfuß einer Schildkröte mit einer Übereinstimmung der äußeren Lebensbedingungen in Verbindung stehe. Niemand denkt, dass die Streifen an dem jungen Löwen oder die Flecken an der jungen Schwarzdrossel (Amsel) diesen Tieren nützen oder mit den Lebensbedingungen im Zusammenhang stehen, welchen sie ausgesetzt sind. Anders verhält sich jedoch die Sache, wenn ein Tier während eines Teiles seiner Embryo-Laufbahn tätig ist und für sich selbst zu sorgen hat. Die Periode dieser Tätigkeit kann früher oder kann später im Leben kommen; doch wann immer sie kommen mag, die Anpassung der Larve an ihre Lebensbedingungen ist ebenso vollkommen und schön wie die des reifen Tieres an die seinige. Durch derartige eigentümliche Anpassungen wird dann auch zuweilen die Ähnlichkeit der tätigen Larven oder Embryonen einander verwandter Tiere schon sehr verdunkelt; und es ließen sich Beispiele anführen, wo die Larven zweier Arten und sogar Artengruppen ebenso sehr oder noch mehr voneinander verschieden sind als ihre reifen Eltern. In den meisten Fällen jedoch gehorchen auch die tätigen Larven noch mehr und weniger dem Gesetze der embryonalen Ähnlichkeit. Die Cirripeden liefern einen guten Beleg dafür: Selbst der berühmte Cuvier erkannte nicht, dass dieselben Kruster sind; aber schon ein Blick auf ihre Larven verrät dies in

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unverkennbarer Weise. Und ebenso haben die zwei Hauptabteilungen der Cirripeden, die gestielten und die sitzenden, welche in ihrem äußeren Ansehen so sehr voneinander abweichen, Larven, die in allen ihren Entwicklungsstufen kaum unterscheidbar sind. Während des Verlaufes seiner Entwicklung steigt der Embryo gewöhnlich in der Organisation; ich gebrauche diesen Ausdruck, obwohl ich weiß, dass es kaum möglich ist, genau anzugeben, was unter höherer oder tieferer Organisation zu verstehen sei. Niemand wird wohl bestreiten, dass der Schmetterling höher organisiert ist als die Raupe. In einigen Fällen jedoch, wie bei parasitischen Krustern, sieht man allgemein das reife Tier für tieferstehend als die Larve an. Ich beziehe mich wieder auf die Cirripeden. Auf ihrer ersten Stufe hat die Larve drei Paar Füße, ein sehr einfaches Auge und einen rüsselförmigen Mund, womit sie reichliche Nahrung aufnimmt; denn sie wächst schnell an Größe zu. Auf der zweiten Stufe, dem Raupenstand des Schmetterlings entsprechend, hat sie sechs Paar schön gebauter Schwimmfüße, ein Paar herrlich zusammengesetzter Augen und äußerst zusammengesetzte Fühler, aber einen geschlossenen Mund, der keine Nahrung aufnehmen kann; ihre Verrichtung auf dieser Stufe ist, einen zur Befestigung und zur letzten Metamorphose geeigneten Platz mittels ihres wohlentwickelten Sinnesorganes zu suchen und mit ihren mächtigen Schwimmwerkzeugen zu erreichen. Wenn diese Aufgabe erfüllt ist, so bleibt das Tier lebenslänglich an seiner Stelle befestigt; seine Beine verwandeln sich in Greiforgane; es bildet sich ein wohl zusammengesetzter Mund aus; aber es hat keine Fühler, und seine beiden Augen haben sich jetzt wieder in

Sydney, Australien, wie es aussah, als die Beagle dort festmachte.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



12. Januar 1836

A

m frühen Morgen trug uns ein lindes Lüftchen zur Einfahrt von Port Jackson. Statt dass wir grünes Land erblickten, gesprenkelt mit schönen Häusern, erinnerte uns ein gerader, gelblicher Kliffstreifen an die Küste Patagoniens. Einzig ein allein stehender Leuchtturm aus weißem Stein sagte uns, dass wir uns nahe einer großen und volkreichen Stadt befanden. In den Hafen eingefahren, erscheint er uns schön und geräumig, eingefasst von Steilküsten aus horizontal geschichtetem Sandstein. Das nahezu ebene Land ist mit dünnen, mickrigen Bäumen bestanden, die vom Fluch der Unfruchtbarkeit künden. Kommt man weiter landeinwärts, wird das Land besser: Hier und da sind schöne Villen und hübsche Häuschen den Strand entlang verstreut. In der Ferne wiesen uns Steinhäuser, zwei, drei Stockwerke hoch, und Windmühlen am Rande eines Ufers auf die Nähe der Hauptstadt Australiens hin. Endlich ankerten wir in der Sydney Cove. Das kleine Becken war schon von vielen großen Schiffen belegt und von Speichern umsäumt. Am Abend spazierte ich durch die Stadt und kehrte voller Bewunderung für den ganzen Ort zurück. Er ist ein ganz außerordentliches Zeugnis für die Kraft der britischen Nation. Hier, in einem weniger verheißungsvollen Land, haben einige Dutzend Jahre um ein Vielfaches mehr bewirkt als eine gleiche Zahl von Jahrhunderten in Südamerika. Meine erste Regung war, mich dazu zu beglückwünschen, dass ich als Engländer geboren wurde. Als ich dann später mehr von der Stadt sah, sank meine Bewunderung ein wenig, dennoch ist es eine schöne Stadt. Die Straßen sind regelmäßig, breit, sauber und hervorragend in Ordnung gehalten, die Häuser von beträchtlicher Größe und die Geschäfte gut ausgestattet. Sie kann gut und gern mit den großen Vororten verglichen werden, die sich von London und einigen weiteren großen Städten Englands aus erstrecken, doch nicht einmal London oder Birmingham geben den Eindruck eines solch schnellen Wachstums. Die Zahl der kürzlich fertig gestellten großen Häuser und anderer Gebäude war wahrhaft verblüffend, gleichwohl klagte jedermann über hohe Mieten und die Schwierigkeit, sich ein Haus zu beschaffen. Von Südamerika her kommend, wo in den Städten ein jeder mit Vermögen bekannt ist, überraschte mich nichts mehr, als nicht sogleich in Erfahrung bringen zu können, wem diese oder jene Kutsche gehörte.

einen kleinen und ganz einfachen Augenfleck verwandelt. In diesem letzten und vollständigen Zustand kann man die Cirripeden als höher oder als tiefer organisiert betrachten, als sie im Larvenstand gewesen sind. In einigen ihrer Sippen jedoch entwickeln sich die Larven entweder zu Hermaphroditen von der gewöhnlichen Bildung oder zu (von mir so genannten) komplementären Männchen; und in diesen letzten ist die Entwicklung gewiss zurückgeschritten, denn sie bestehen in einem bloßen Sack mit kurzer Lebensfrist, ohne Mund, Magen oder anderes wichtiges Organ, das der Reproduktion ausgenommen. Wir sind so sehr gewöhnt, Strukturverschiedenheiten zwischen Embryonen und erwachsenen Organismen zu sehen und ebenso eine große Ähnlichkeit zwischen den Embryonen weit verschiedener Tiere derselben Klasse zu finden, dass man sich versucht fühlt, diese Erscheinungen als notwendig in gewisser Weise zusammentreffend mit der Entwicklung zu betrachten.

Inzwischen ist doch kein Grund einzusehen, warum der Plan z. B. zum Flügel der Fledermaus oder zum Ruder der Seeschildkröte nach allen ihren Teilen in angemessener Proportion nicht schon im Embryo entworfen worden sein soll, sobald nur irgendeine Struktur in demselben sichtbar wurde. Und in einigen ganzen Tiergruppen sowohl als in gewissen Gliedern anderer Gruppen weicht der Embryo zu keiner Zeit seines Lebens weit vom Erwachsenen ab; – daher Owen in Bezug auf die Sepien bemerkt hat: »da ist keine Metamorphose; der Cephalopoden-Charakter ist deutlich schon weit früher als die Teile des Embryos vollständig sind«, und in Bezug auf die Spinnen: »Da ist nichts, was die Benennung Metamorphose verdiente.« Die Insektenlarven, mögen sie nun tätig und den verschiedenartigsten Diensten angepasst oder untätig von

Umseitig: Die HMS Beagle im Hafen von Sydney, Januar 1836.

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Eine Illustration von Scorpaena histrio (Spielender Drachenkopf) von Waterhouse Hawkins, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

Eine Illustration von Caranx torvus (Großäugige Bastardmakrele) von Waterhouse Hawkins, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

ihren Eltern gefüttert oder mitten in die ihnen angemessene Nahrung hineingesetzt werden, so haben doch alle eine ähnliche wurmförmige Entwicklungsstufe zu durchlaufen; nur in einigen wenigen Fällen ist, wie bei Aphis nach den herrlichen Zeichnungen Huxleys zu urteilen, keine Spur eines wurmförmigen Zustandes zu finden. Wie sind aber dann diese verschiedenen Erscheinungen der Embryologie zu erklären? – namentlich die sehr gewöhnliche, wenn auch nicht allgemeine Verschiedenheit der Organisation des Embryos und des Erwachsenen? – die außerordentlich weit auseinanderlaufende Bildung und Verrichtung von anfangs ganz ähnlichen Teilen eines und desselben Embryos? – die fast allgemeine, obschon nicht ausnahmslose Ähnlichkeit zwischen Embryonen verschiedener Spezies einer Klasse? – die besondere Anpassung der Struktur des Embryos an seine Existenzbedingungen bloß in dem Fall, dass er zu irgendeiner Zeit tätig ist und für sich selbst zu sorgen hat? – die zuweilen anscheinend höhere Organisation des Embryos als des reifen Tieres, in welches er übergeht? Ich glaube, dass sich alle diese Erscheinungen auf folgende Weise aus der Annahme einer Abstammung mit Abänderung erklären lassen. Gewöhnlich unterstellt man, vielleicht weil Monstrositäten sich oft schon sehr früh am Embryo zu zeigen beginnen, dass geringe Abänderungen notwendig in einer gleichmäßig frühen Periode des Embryos zum Vorschein kommen. Doch haben wir dafür wenig Beweise, und der Anschein spricht sogar für das Gegenteil; denn es ist bekannt, dass die Züchter von Rindern, Pferden und verschiedenen Tieren der Liebhaberei erst eine gewisse Zeit nach der Geburt des jungen Tieres zu sagen im Stande sind, welche Form oder Vorzüge es schließlich zeigen wird. Wir sehen dies deutlich bei unseren Kindern; wir können nicht immer sagen, ob die Kinder von schlanker oder gedrungener Figur sein oder wie sonst genau aussehen werden. Die Frage ist nicht: in welcher Lebensperiode eine Abänderung verursacht, sondern in welcher sie vollkommen entwickelt sein wird. Die Ursache kann schon gewirkt haben und hat nach meiner Meinung gewöhnlich gewirkt, ehe sich der Embryo gebildet hat; und die Abänderung kann davon herkommen, dass das männliche oder das weibliche Element durch die Lebensbedingungen berührt worden ist, welchen

die Eltern oder deren Vorgänger ausgesetzt gewesen sind. Dem ungeachtet kann die so in sehr früher Zeit und selbst vor der Bildung des Embryos veranlasste Wirkung erst spät im Leben hervortreten, wie z. B. auch eine erbliche Krankheit, die dem Alter angehört, von dem reproduktiven Element eines der Eltern auf die Nachkommen übertragen oder die Hörnerform eines Blendlings aus einer lang- und einer kurzhörnigen Rasse von den Hörnern der beiden Eltern bedingt wird. Für das Wohl eines sehr jungen Tieres, solange es noch im Mutterleib oder im Ei eingeschlossen ist oder von seinen Eltern genährt und geschützt wird, muss es hinsichtlich der meisten Charaktere ganz unwesentlich sein, ob es dieselben etwas früher oder später im Leben erlangt. Es würde z. B. für einen Vogel, der sich sein Futter am besten mit einem langen Schnabel verschaffte, gleichgültig sein, ob er die entsprechende Schnabellänge schon bekommt, solange er noch von seinen Eltern gefüttert wird, oder nicht. Daher, schließe ich, ist es ganz möglich, dass jede der vielen nacheinander folgenden Modifikationen, wodurch eine Art ihre gegenwärtige Bildung erlangt hat, in einer nicht sehr frühen Lebenszeit eingetreten sei; und einige direkte Belege von unseren Haustieren unterstützen diese Ansicht. In anderen Fällen aber ist es ebenso möglich, dass alle oder die meisten dieser Umbildungen in einer sehr frühen Zeit hervorgetreten sind.

Australische Waffen und Wurfstöcke.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

Bei Sonnenuntergang kam uns eine Gruppe von

rund zwanzig Aborigines entgegen, ein jeder, wie bei ihnen üblich, mit einem Bündel Speere und anderen Waffen ausgerüstet. Indem wir einem jungen Anführer einen Shilling gaben, waren sie leicht zurückgehalten und warfen zu meiner Belustigung ihre Speere. Sie waren alle teilweise bekleidet, und einige sprachen ein wenig Englisch: Ihre Gesichter waren gutmütig und angenehm, und sie erschienen mir keineswegs als jene zutiefst entwürdigten Wesen, als die sie immer dargestellt werden. In ihren Künsten leisten sie Hervorragendes. Eine Mütze, in dreißig Yard Entfernung angebracht, durchbohrten sie mit dem Speer, vom Wurfstock mit der Schnelligkeit eines Pfeils vom Bogen eines geübten Schützen abgeschossen. Beim Aufspüren von Tieren oder Menschen legten sie einen ganz wunderbaren Scharfsinn an den Tag, und mehrere ihrer Bemerkungen bewiesen mir beträchtliche Klugheit. Allerdings bestellen sie nicht das Land oder bauen Häuser und bleiben sesshaft oder machen sich auch nur die Mühe, eine Schafherde zu hüten, wenn man ihnen eine gibt. Im Ganzen scheinen sie mir auf der Zivilisationsleiter einige Stufen höher zu stehen als die Feuerländer.

Ich habe im ersten Kapitel behauptet, dass einige Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, dass eine Abänderung, die in irgendwelcher Lebenszeit der Eltern zum Vorschein gekommen ist, sich auch in gleichem Alter wieder beim Jungen zeige. Gewisse Abänderungen können nur in sich entsprechenden Altern wieder erscheinen, wie z. B. die Eigentümlichkeiten der Raupe oder der Puppe des Seidenschmetterlings, oder der Hörner des fast ausgewachsenen Rindes. Aber auch außerdem möchten, soviel zu ersehen, Abänderungen, welche einmal früher oder später im Leben eingetreten sind, zum Wiedererscheinen im entsprechenden Alter des Nachkommen geneigt sein. Ich bin weit entfernt zu glauben, dass dies unabänderlich der Fall ist, und könnte selbst eine gute Anzahl von Beispielen anführen, wo Abänderungen (im weitesten Sinne des Wortes genommen) im Kind früher als in den Eltern eingetreten sind.

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Diese zwei Prinzipien, ihre Richtigkeit zugestanden, werden alle oben aufgezählten Haupterscheinungen in der Embryologie erklären. Doch, sehen wir uns zuerst nach einigen analogen Fällen bei unseren Haustiervarietäten um. Einige Autoren, die über den Hund geschrieben, behaupten, der Windhund und der Bullenbeißer seien, wenn auch noch so verschieden von Aussehen, in der Tat sehr nahe verwandte Varietäten, wahrscheinlich vom nämlichen wilden Stamm entsprossen. Ich war daher begierig zu erfahren, wie weit ihre neugeworfenen Jungen voneinander abweichen. Züchter sagten mir, dass sie beinahe ebenso verschieden seien wie ihre Eltern; und nach dem Augenschein war dies auch ziemlich der Fall. Aber bei wirklicher Ausmessung der alten Hunde und der 6 Tage alten Jungen fand ich, dass diese letzten noch nicht ganz die abweichenden Maßverhältnisse angenommen hatten. Ebenso vernahm ich, dass die Füllen des Karren- und des Rennpferdes ebenso sehr wie die ausgewachsenen Tiere voneinander abweichen, was mich höchlich wunderte, da es mir wahrscheinlich gewesen, dass die Verschiedenheit zwischen diesen zwei Rassen lediglich eine Folge der Züchtung im Zähmungszustand sei. Als ich demnach sorgfältige Ausmessungen an der Mutter und dem drei Tage alten Füllen eines Renners und eines Karrengauls vornahm, so fand ich, dass die Füllen noch keineswegs die ganze Verschiedenheit in ihren Maßverhältnissen besaßen. Da es mir erwiesen scheint, dass die verschiedenen Haustaubenrassen von nur einer wilden Art herstammen, so verglich ich junge Tauben verschiedener Rassen 12 Stunden nach dem Ausschlüpfen miteinander; ich maß die Verhältnisse (wovon ich die Einzelheiten hier nicht mitteilen will) zwischen dem Schnabel, der Weite des Mundes, der Länge der Nasenlöcher und des Augenlids, der Läufe und Zehen sowohl beim wilden Stamm als bei Kröpfern, Pfauentauben, Runt- und Barbtauben, Drachenund Botentauben und Purzlern. Einige von diesen Vögeln weichen im reifen Zustand so außerordentlich in der Länge und Form des Schnabels voneinander ab, dass man sie, wären sie natürliche Erzeugnisse, zweifelsohne in ganz verschiedene Genera bringen würde. Wenn man aber die Nestlinge dieser verschiedenen Rassen in eine Reihe ordnet, so erscheinen die Verschiedenheiten ihrer Proportionen in den genannten Beziehungen, obwohl man die meisten

derselben noch voneinander unterscheiden kann, unvergleichbar geringer, als in den ausgewachsenen Vögeln. Einige charakteristische Differenzpunkte der Alten, wie z. B. die Weite des Mundspaltes, sind an den Jungen noch kaum zu entdecken. Es war nur eine merkwürdige Ausnahme von dieser Regel, indem die Jungen des kurzstirnigen Purzlers von den Jungen der wilden Felstaube und der anderen Rassen in allen Maßverhältnissen fast genau ebenso verschieden waren wie im erwachsenen Zustand. Die zwei oben aufgestellten Prinzipien scheinen mir diese Tatsachen in Bezug auf die letzten Embryozustände unserer zahmen Varietäten zu erklären. Liebhaber wählen ihre Pferde, Hunde und Tauben zur Nachzucht aus, wenn sie nahezu ausgewachsen sind. Es ist ihnen gleichgültig, ob die verlangten Bildungen und Eigenschaften früher oder später im Leben zum Vorschein kommen, wenn nur das ausgewachsene Tier sie besitzt. Und die eben mitgeteilten Beispiele insbesondere von den Tauben scheinen zu zeigen, dass die charakteristischen Verschiedenheiten, welche den Wert einer jeden Rasse bedingen und durch künstliche Züchtung gehäuft worden sind, gewöhnlich nicht in früher Lebensperiode zum Vorschein gekommen und somit auch erst in einem entsprechenden späteren Lebensalter auf den Nachkommen übergingen. Aber

der Fall mit dem kurzstirnigen Purzler, welcher schon in einem Alter von zwölf Stunden seine eigentümlichen Maßverhältnisse besitzt, beweist, dass dies keine allgemeine Regel ist; denn hier müssen die charakteristischen Unterschiede entweder in einer früheren Periode als gewöhnlich erschienen sein, oder wenn nicht, so müssen die Unterschiede statt in dem entsprechenden in einem früheren Alter vererbt worden sein. Wenden wir nun diese Erscheinungen und die zwei obigen Prinzipien, die, wenn auch noch nicht erwiesen, doch einigermaßen wahrscheinlich sind, auf die Arten im Naturzustand an. Nehmen wir eine Vogelsippe an, die nach meiner Theorie von irgendeiner gemeinsamen Stammart herkommt, und deren verschiedenen neuen Arten durch natürliche Züchtung in Übereinstimmung mit ihren verschiedenen Lebensweisen modifiziert worden sind. Dann werden infolge der vielen sukzessiven kleinen Abänderungsstufen, welche in späterem Alter eingetreten sind und sich in entsprechendem Alter weitervererbt haben, die Jungen aller neuen Arten unserer unterstellten Sippe sich einander offenbar mehr zu gleichen geneigt sein, als es bei den Alten der Fall ist, gerade so, wie wir es bei den Tauben gesehen haben. Dehnen wir diese Ansicht auf ganze Familien oder selbst Klassen aus. Die vorderen

Hobart Town und der Mount Wellington in Van Diemen’s Land, dem heutigen Tasmanien. Darwin stieg durch einen großartigen Eukalyptuswald auf den Berg und bewunderte die Aussicht. WECHSELSEITIGE VERWANDTSCHAFT ORGANISCHER KÖRPER; MORPHOLOGIE; EMBRYOLOGIE …

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Aus „Die Fahrt der Beagle“



30. Januar 1836

D

ie Beagle fuhr nach Hobart Town auf Van Diemen’s Land. Am 5. Februar, nach einer sechstägigen Passage, deren erster Teil schön war und der letzte sehr kalt und böig, liefen wir in die Storm Bay ein: das Wetter rechtfertigte diesen fürchterlichen Namen. Die Bucht sollte eher Flussmündung genannt werden, da sie an ihrem Ende das Wasser des Derwent empfängt. Nahe der Öffnung sind ausgedehnte Basaltterrassen zu sehen, in größerer Höhe wird das Land jedoch gebirgig und ist von einem lockeren Wald bedeckt. Die unteren Bereiche der Berge, welche die Bucht umsäumen, sind gerodet, und die hellgelben Kornfelder und dunkelgrünen mit Kartoffeln wirkten sehr üppig. Am Abend ankerten wir in der ruhigen Bucht, an deren Ufer die Hauptstadt von Tasmanien liegt. Der erste Eindruck des Ortes war dem Sydneys deutlich unterlegen; dies ließe sich eine Stadt nennen, jener nur ein Dorf. Es liegt am Fuße des Mount Wellington, einem 3100 Fuß hohen Berg, aber von geringer malerischer Schönheit: Von dort wird es jedoch gut mit Wasser versorgt. Die Bucht entlang stehen einige stattliche Speicher und an einer Seite ein kleines Fort. Nach den spanischen Siedlungen, wo auf die Befestigung allgemein so große Sorgfalt verwandt wird, erschienen die Verteidigungsanlagen in diesen Kolonien sehr verachtenswert. Beim Vergleich der Kleinstadt mit Sydney fiel mir hauptsächlich die geringe Anzahl großer Häuser auf, seien sie gebaut oder im Bau befindlich. Hobart Town hat nach dem Zensus von 1835 13 826 Einwohner, ganz Tasmanien 36 505. Alle Ureinwohner wurden zu einer Insel in der Bass Strait verbracht, sodass Van Diemen’s Land den großen Vorteil genießt, von einer einheimischen Bevölkerung frei zu sein. Dieser äußerst grausame Schritt scheint als das einzige Mittel, eine fürchterliche Abfolge von Raub, Brandschatzung und Mord, von den Schwarzen begangen, zu beenden, ganz unvermeidlich gewesen zu sein, da sie andernfalls früher oder später zu ihrer völligen Ausrottung geführt hätte. Ich fürchte, es steht außer Zweifel, dass diese Abfolge von Übeltaten und ihre Folgen auf das schändliche Verhalten einiger unserer Landsleute zurückzuführen sind. Dreißig Jahre sind eine kurze Zeit, um den letzten Ureinwohner aus seinem Heimatland vertrieben zu haben – und diese Insel ist beinahe so groß wie Irland. Die Korrespondenz über dieses Thema, die zwischen der Regierung Großbritanniens und jener von Van Diemen’s Land stattfand, ist sehr interessant. Obgleich etliche Eingeborene in den Scharmützeln, die mit Unterbrechungen über sieben Jahre gingen, erschossen und gefangen genommen wurden, schien nichts sie bewegt zu haben, unsere überwältigende Übermacht anzuerkennen, bis das ganze Land 1830 unter Kriegsrecht gestellt und die gesamte Bevölkerung per Erlass angewiesen wurde, in dem großen Versuch mitzuwirken, die ganze Rasse zu erhalten. Der gefasste Plan glich praktisch dem der großen Treibpartien in Indien: Eine Linie wurde gebildet, die über die ganze Insel reichte und mit der die Einheimischen in eine Sackgasse auf der Tasmanhalbinsel getrieben werden sollten. Der Versuch schlug fehl; eines Nachts stahlen sich die Einheimischen, nachdem sie ihre Hunde angebunden hatten, durch die Linien. Das ist keineswegs überraschend, wenn man ihre geübten Sinne und ihre gängige Art bedenkt, sich an wilde Tiere anzuschleichen. Man hat mir versichert, sie könnten sich auf nahezu kahlem Boden verbergen, was man kaum glauben kann, wenn man es nicht selbst gesehen hat; ihre dunklen Körper lassen sich leicht mit den verkohlten Stümpfen verwechseln, die übers ganze Land verstreut sind. Man erzählte mir von einer Probe zwischen einer Gruppe Engländer und einem Einheimischen, der sich vor aller Augen auf einen kahlen Berghang stellen sollte; wenn die Engländer für weniger als eine Minute die Augen schlossen, wollte er sich hinhocken, und dann würden sie ihn nicht mehr von den

umliegenden Stümpfen unterscheiden können. Aber um zu der Jagdpartie zurückzukehren: Die Einheimischen, die diese Form der Kriegführung kannten, waren furchtbar bestürzt, denn sie erkannten sogleich die Macht und Anzahl der Weißen. Kurze Zeit danach kam eine Gruppe von dreizehn Männern, die zwei Stämmen angehörten, und lieferten sich, da sie um ihre ungeschützte Lage wussten, in ihrer Verzweiflung an uns aus. Daraufhin wurden durch die furchtlosen Bemühungen Mr. Robinsons, eines tätigen und gütigen Mannes, der selbst die feindseligsten Eingeborenen allein aufsuchte, alle bewegt, diesem Beispiel zu folgen. Anschließend wurden sie auf eine Insel verbracht, wo man ihnen Nahrung und Kleidung bereitstellte. Graf Strzelecki gibt an, dass »zur Zeit ihrer Deportation 1835 die Zahl der Eingeborenen 210 betrug. 1842, also sieben Jahre später, waren es nur noch vierundfünfzig Personen, und während jede Familie aus dem Innern von New South Wales, unbefleckt vom Kontakt mit den Weißen, Massen von Kindern hat, hatten jene auf Flinders Island im Laufe von acht Jahren einen Zuwachs von lediglich vierzehn an der Zahl!« Die Beagle blieb hier zehn Tage, und während dieser Zeit unternahm ich mehrere kleine Exkursionen, hauptsächlich mit dem Ziel, den geologischen Aufbau der unmittelbaren Umgebung zu untersuchen. Die interessantesten Besonderheiten bestehen zunächst aus stark fossiliferen Schichten, die dem Devon oder Karbon angehören, zweitens aus Beweisen für eine späte geringe Erhebung des Landes und schließlich aus einem einzelnen, oberflächlichen Stück gelblichen Kalksteins oder Travertins, das zahlreiche Eindrücke von Baum blättern sowie von Landmuscheln enthält, die heute nicht mehr existieren. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieser eine kleine Steinbruch das einzige verbliebene Zeugnis der Vegetation auf Van Diemen’s Land während einer früheren Epoche enthält.

Gliedmaßen z. B., welche der Stammart als Beine gedient, mögen infolge langwährender Modifikation bei einem Nachkommen zu den Diensten der Hand, bei einem anderen zu denen des Ruders und bei einem Dritten zu solchen des Flügels angepasst worden sein; so werden nach den zwei obigen Prinzipien, dass nämlich jede der sukzessiven Modifikationen in einem späteren Alter entstand und sich auch erst in einem entsprechenden späteren Alter vererbte, die vorderen Gliedmaßen in den Embryonen der verschiedenen Nachkommen der Stammart einander noch sehr ähnlich sein; denn sie sind von den Modifikationen nicht betroffen worden. Nun werden aber in jeder unserer neuen Arten die embryonischen Vordergliedmaßen sehr von denen des reifen Tieres verschieden sein, weil diese letzten erst in späterer Lebensperiode große Abänderung erfahren haben und in Hände, Ruder und Flügel umgewandelt worden sind. Was immer für einen Einfluss lange fortgesetzter Gebrauch und Übung einerseits und Nichtgebrauch andererseits auf die Abänderung eines Organes haben mag, so wird ein solcher Einfluss hauptsächlich das reife Tier betreffen, welches bereits zu seiner ganzen Tatkraft gelangt ist und sein Leben selber fristen muss; und die so entstandenen Wirkungen werden sich im entsprechenden reifen Alter vererben. Daher rührt es, dass das Junge durch die Folgen des Gebrauchs und Nichtgebrauchs nicht verändert wird oder nur wenige Abänderung erfährt. In gewissen Fällen mögen die aufeinanderfolgenden Abänderungsstufen, aus uns ganz unbekannten Gründen, schon in sehr früher Lebenszeit erfolgen oder jede solche Stufe in einer früheren Lebensperiode vererbt werden, als worin sie zuerst entstanden ist. In beiden Fällen wird das Junge oder der Embryo (wie die Beobachtung am kurzstirnigen Purzler zeigt) der reifen elterlichen Form vollkommen gleichen. Wir haben gesehen, dass dies die Regel ist in einigen ganzen Tiergruppen, bei den Sepien und Spinnen, und in einigen wenigen Fällen auch in der großen Klasse der sechsfüßigen Insekten, wie namentlich bei den Blattläusen. Was nun die Endursache betrifft, warum das Junge in diesen Fällen keine Metamorphose durchläuft oder seinen Eltern von der frühesten Stufe an schon gleicht, so kann dies etwa von den folgenden zwei Bedingungen herrühren: Erstens davon, dass das Junge im Verlauf seiner durch viele

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Generationen fortgesetzten Abänderung schon von sehr früher Entwicklungsstufe an für seine eigenen Bedürfnisse zu sorgen hatte, und zweitens davon, dass es genau dieselbe Lebensweise wie seine Eltern befolgte. Vielleicht ist jedoch noch eine Erklärung erforderlich, warum der Embryo keine Metamorphose durchläuft? Wenn auf der anderen Seite es dem Jungen vorteilhaft ist, eine von der elterlichen etwas verschiedene Lebensweise einzuhalten und demgemäß einen etwas abweichenden Bau zu haben, so kann nach dem Prinzip der Vererbung in übereinstimmenden Lebenszeiten die tätige Larve oder das Junge durch natürliche Züchtung leicht eine in merklichem Grade von der seiner Eltern abweichende Bildung erlangen. Solche Abweichungen können auch mit den aufeinanderfolgenden Entwicklungsstufen in Wechselbeziehung treten, sodass die Larve auf ihrer ersten Stufe weit von der Larve auf der zweiten Stufe abweicht, wie wir bei den Cirripeden gesehen haben. Das Alte kann sich Lagen und Gewohnheiten anpassen, wo ihm Bewegungs-, Sinnes- oder andere Organe nutzlos werden, und in diesem Falle kann man dessen letzte Metamorphose als eine zurückschreitende bezeichnen. Wenn alle organischen Wesen, welche noch leben oder jemals auf dieser Erde gelebt haben, zusammen klassifiziert werden sollten, so würde, da alle durch die feinsten Abstufungen miteinander verkettet sind, die beste oder in der Tat, wenn unsere Sammlungen einigermaßen vollständig wären, die einzige mögliche Anordnung derselben die genealogische sein. Gemeinsame Abstammung ist nach meiner Ansicht das geheime Band, welches die Naturforscher unter dem Namen natürliches System gesucht haben. Von dieser Annahme aus begreifen wir, woher es kommt, dass in den Augen der meisten Naturforscher die Bildung des Embryos für die Klassifikation noch wichtiger als die des Erwachsenen ist. Denn der Embryo ist das Tier in seinem weniger modifizierten Zustand und enthüllt uns insofern die Struktur seines Stammvaters. Zwei Tiergruppen mögen jetzt in Bau und Lebensweise noch so verschieden voneinander sein; wenn sie gleiche oder ähnliche Embryostände durchlaufen,

Links: Tüpfelkuskus, Papua-Neuguinea. Die Beuteltiere haben sich in ihrer Isoliertheit daran angepasst, Rollen zu übernehmen, die andernorts Plazentatiere innehaben.

so dürfen wir uns überzeugt halten, dass beide von denselben oder voneinander sehr ähnlichen Eltern abstammen und deshalb in entsprechendem Grad einander nah verwandt sind. So verrät Übereinstimmung in der Embryobildung gemeinsame Abstammung. Sie verrät diese gemeinsame Abstammung, wie sehr auch die Organisation des Alten abgeändert und verhüllt worden sein mag; denn wir haben gesehen, dass die Cirripeden z. B. an ihren Larven sogleich als zur großen Klasse der Kruster gehörig erkannt werden können. Da der Embryozustand einer jeden Art und jeden Artengruppe uns teilweise den Bau ihrer alten noch wenig modifizierten Stammformen überliefert, so ergibt sich auch deutlich, warum alte und erloschene Lebensformen den Embryonen ihrer Nachkommen, unseren heutigen Sippen nämlich, gleichen. Agassiz hält dies für ein Naturgesetz; ich bin aber zu bekennen genötigt, dass ich erst später das Gesetz noch bestätigt zu sehen hoffe. Denn es lässt sich

Erstausgabe von Darwins Beagle-Fahrt, die ihn zu einem berühmten jungen Naturforscher machte.

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nur in den Fällen allein beweisen, wo der alte, angeblich in den jetzigen Embryonen vertretene Zustand in dem langen Verlauf andauernder Modifikation weder durch sukzessive in einem frühen Lebensalter erfolgte Abänderungen noch durch Vererbung der Abweichungen auf ein früheres Lebensalter, als worin sie ursprünglich aufgetreten sind, verwischt worden ist. Auch ist zu erwägen, dass das angebliche Gesetz der Ähnlichkeit alter Lebensformen mit den Embryoständen der neuen ganz wahr sein und doch, weil sich der geologische Schöpfungsbericht nicht weit genug rückwärts erstreckt, noch auf lange hinaus oder für immer unbeweisbar bleiben kann. So scheinen sich mir die Haupterscheinungen in der Embryologie, welche an naturgeschichtlicher Wichtigkeit keinen anderen nachstehen, aus dem Prinzip zu erklären, dass geringe Modifikationen in der langen Reihe von Nachkommen eines alten Stammvaters, wenn auch vielleicht in der frühesten Lebenszeit eines jeden veranlasst, doch keineswegs in sehr frühem Alter weitervererbt worden sind. Die Embryologie gewinnt sehr an Interesse, wenn wir uns den Embryo als ein mehr oder weniger vererbliches Bild der gemeinsamen Stammform einer jeden großen Tierklasse vorstellen. Rudimentäre, atrophische und abortive Organe. – Organe oder Teile, in diesem eigentümlichen Zustand den Stempel der Nutzlosigkeit tragend, sind in der Natur äußerst gewöhnlich. So sind rudimentäre Zitzen sehr gewöhnlich bei männlichen Säugetieren, und ich glaube, dass man den Afterflügel der Vögel getrost als einen verkümmerten Finger ansehen darf. In vielen Schlangen ist der eine Lungenflügel verkümmert, und in anderen Schlangen kommen Rudimente des Beckens und der Hinterbeine vor. Einige Beispiele von solchen Organrudimenten sind sehr eigentümlich, wie die Anwesenheit von Zähnen bei Walembryonen, die in erwachsenem Zustand nicht einen Zahn im ganzen Kopfe haben; und das Dasein von Schneidezähnen am Oberkiefer unserer Kälber vor der Geburt, welche aber niemals

Links: Henry Drummond (1851–1897), ein evangelikaler Autor und Dozent. Er befürwortete die Anwendung des Naturgesetzes auf die spirituelle Welt und veröffentlichte einen hoffnungsvollen Traktat mit dem Titel The Ascent of Man.

das Zahnfleisch durchbrechen. Auch ist von einem guten Gewährsmann behauptet worden, dass sich Zahnrudimente in den Schnäbeln der Embryonen gewisser Vögel entdecken lassen. Nichts kann klarer sein, als dass die Flügel zum Flug gemacht sind; und doch, in wie vielen Insekten sehen wir die Flügel so verkleinert, dass sie zum Flug ganz unbrauchbar und überdies noch unter fest miteinander verwachsenen Flügeldecken verborgen liegen. Die Bedeutung rudimentärer Organe ist oft unverkennbar. So gibt es z. B. in einer Sippe (und zuweilen in einer Spezies) beisammen Käfer, die sich in allen Beziehungen aufs Genaueste gleichen, nur dass die einen vollständig ausgebildete Flügel und die anderen an deren Stelle nur Hautlappen haben; und hier ist es unmöglich zu zweifeln, dass diese Lappen die Flügel vertreten. Rudimentäre Organe behalten zuweilen noch ihre Dienstfähigkeit, ohne ausgebildet zu sein, wie die Milchzitzen männlicher Säugetiere, wo von vielen Fällen berichtet wird, dass diese Organe in ausgewachsenen Männchen sich wohl entwickelt und Milch abgesondert haben. So hat das weibliche Rind gewöhnlich vier entwickelte und zwei rudimentäre Zitzen am Euter; aber bei unserer zahmen Kuh entwickeln sich gewöhnlich auch die zwei letzten und geben Milch. Bei Pflanzen sind in einer und der nämlichen Spezies die Kronenblätter bald nur als Rudimente und bald in ganz ausgebildetem Zustand vorhanden. Bei Pflanzen mit getrennten Geschlechtern haben die männlichen Blüten oft ein Rudiment von Pistill, und bei Kreuzung einer solchen männlichen Pflanze mit einer hermaphroditischen Art sah Kölreuter in dem Bastard das Pistill-Rudiment an Größe zunehmen, woraus sich ergibt, dass das Rudiment und das vollkommene Pistill sich in ihrer Natur wesentlich gleichen. Ein für zweierlei Verrichtungen dienendes Organ kann für die eine und sogar die wichtigere derselben rudimentär werden oder ganz fehlschlagen und in voller Wirksamkeit für die andere bleiben. So ist die Bestimmung des Pistills, die Pollenschläuche in den Stand zu setzen, die in dem Ovarium an seiner Basis enthaltenen Ei’chen zu erreichen. Das Pistill besteht aus der Narbe vom Griffel getragen; bei einigen Compositae (Korbblütlern) jedoch haben die männlichen Blütchen, welche mithin nicht befruchtet werden können, ein Pistill in rudimentärem Zustand,

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Darwin war ein Visionär, ein Revolutionär ... indem es keine Narbe besitzt, und doch bleibt es sonst wohl entwickelt und wie in anderen Compositae mit Haaren überzogen, um den Pollen von den umgebenden Antheren abzustreifen. So kann auch ein Organ für seine eigene Bestimmung rudimentär werden und für einen anderen Zweck dienen, wie in gewissen Fischen die Schwimmblase für ihre eigene Verrichtung, den Fisch im Wasser zu erleichtern, beinahe rudimentär zu werden scheint, indem sie in ein Atmungsorgan oder eine Lunge überzugehen beginnt. Nur wenig entwickelte, aber doch brauchbare Organe sollten nicht rudimentär genannt werden; man kann nicht mit Recht sagen, sie seien in atrophischem Zustand; sie mögen für »werdende« Organe gelten und später durch natürliche Züchtung in irgendwelchem Maß weiterentwickelt werden. Dagegen sind rudimentäre Organe oft wesentlich nutzlos: Wie Zähne, welche niemals das Zahnfleisch durchbrechen, in ihrem noch wenig entwickelten Zustand auch nur von wenig Nutzen sein können. Bei

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ihrer jetzigen Beschaffenheit können sie nicht von natürlicher Züchtung herrühren, welche bloß durch Erhaltung nützlicher Abänderungen wirkt; sie sind, wie wir sehen werden, nur durch Vererbung erhalten worden und stehen mit der früheren Beschaffenheit ihres Besitzers in Verbindung. Es ist schwer zu erkennen, was »werdende« Organe sind; in Bezug auf die Zukunft kann man nicht sagen, in welcher Weise sich ein Teil entwickeln wird und ob es jetzt ein »werdender« ist; in Bezug auf die Vergangenheit, so werden Geschöpfe mit werdenden Organen gewöhnlich durch ihre Nachfolger mit vollkommeneren und entwickelteren Organen ersetzt und ausgetilgt worden sein. Der Flügelstummel des Pinguins ist als Ruder wirkend von großem Nutzen und mag daher den beginnenden Vogelflügel vorstellen; nicht als ob ich glaubte, dass er es wirklich sei, denn wahrscheinlich ist er ein reduziertes und für eine neue Bestimmung hergerichtetes Organ. Der Flügel des Apteryx (Kiwi) ist nutzlos und ganz rudimentär. Die Milchzitzen-Drüse des Ornithorhynchus kann vielleicht, einem Kuheuter gegenüber, als eine werdende bezeichnet werden. Die Eierzügel gewisser Cirripeden, welche nur wenig entwickelt sind und nicht mehr zur Befestigung der Eier dienen, sind werdende Kiemen. Rudimentäre Organe in Individuen einer nämlichen Art variieren sehr gerne in ihrer Entwicklungsstufe sowohl als in anderen Beziehungen. Außerdem ist der Grad, bis zu welchem das Organ rudimentär geworden ist, in nahe verwandten Arten zuweilen sehr verschieden. Für diesen letzten Fall liefert der Zustand der Flügel bei einigen Nachtschmetterlingen ein gutes Beispiel. Rudimentäre Organe können gänzlich fehlschlagen oder abortieren, und daher rührt es dann, dass wir in einem Tier oder einer Pflanze nicht einmal eine Spur mehr von einem Organ finden, welches wir dort zu erwarten berechtigt sind und nur zuweilen noch in monströsen Individuen hervortreten sehen. So finden wir z. B. im Löwenmaul (Antirrhinum) gewöhnlich kein Rudiment eines fünften Staubgefäßes; doch kommt dies zuweilen zum Vorschein. Wenn man die Homologien eines Teiles in den verschiedenen Gliedern einer Klasse verfolgt, so ist nichts gewöhnlicher oder notwendiger als die Entdeckung von Rudimenten. R. Owen hat dies ganz gut in Zeichnungen der Beinknochen des Pferdes, des Ochsen und des Nashorns dargestellt.

... und ein gesetzter aufrechter Engländer.

Es ist eine wichtige Erscheinung, dass rudimentäre Organe, wie die Zähne im Oberkiefer der Wale und Wiederkäuer, oft im Embryo zu entdecken sind und nachher völlig verschwinden. Auch ist es, glaube ich, eine allgemeine Regel, dass ein rudimentäres Organ den angrenzenden Teilen gegenüber im Embryo größer als im Erwachsenen erscheint, sodass das Organ im Embryo minder rudimentär ist und oft kaum als irgendwie rudimentär bezeichnet werden kann; oder man sagt oft von ihm, es sei auf seiner embryonalen Entwicklungsstufe auch im Erwachsenen stehen geblieben. Ich habe jetzt die leitenden Erscheinungen bei rudimentären Organen aufgeführt. Bei weiterem Nachdenken darüber muss jeder von Erstaunen betroffen werden; denn dieselbe Urteilskraft, welche uns so deutlich erkennen lässt, wie vortrefflich die meisten Teile und Organe ihren verschiedenen Bestimmungen angepasst sind, lehrt uns auch mit gleicher Deutlichkeit, dass diese rudimentären oder atrophierten Organe unvollkommen und nutzlos sind. In den naturgeschichtlichen Werken liest man gewöhnlich, dass die rudimentären Organe nur der »Symmetrie wegen« oder »um das Schema der Natur zu ergänzen« vorhanden sind; Dies scheint mir aber keine Erklärung, sondern nur eine andere bloße Behauptung der Tatsache zu sein. Würde es denn genügen zu sagen, weil Planeten in elliptischen Bahnen um die Sonne laufen, nehmen Satelliten denselben Lauf um die Planeten nur der Symmetrie wegen und um das Schema der Natur zu vervollständigen? Ein ausgezeichneter Physiologe sucht das Vorkommen rudimentärer Organe durch die Annahme zu erklären, dass sie dazu dienen, überschüssige oder dem Systeme schädliche Materie auszuscheiden. Aber kann man denn annehmen, dass das kleine nur aus Zellgewebe bestehende Wärzchen, welches in männlichen Blüten oft die Stelle des Pistills vertritt, dies zu bewirken vermöge? Kann man unterstellen, dass die Bildung rudimentärer Zähne, die später wieder resorbiert werden, dem in raschem Wachsen begriffenen Kalbembryo durch Ausscheidung der ihm so wertvollen phosphorsauren Kalkerde von irgendwelchem Nutzen sein könne? Wenn ein Mensch durch Amputation einen Finger verliert, so kommt an dem Stummel zuweilen ein unvollkommener Nagel wieder zum Vorschein. Man könnte nun geradeso gut

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glauben, dass dieses Rudiment eines Nagels nicht infolge unbekannter Wachstumsgesetze, sondern nur um Hornmaterie auszuscheiden, wieder erscheine, als dass die Nagelstummel an den Ruderhänden des Manatus dazu bestimmt seien. Nach meiner Annahme von Fortpflanzung mit Abänderung erklärt sich die Entstehung rudimentärer Organe sehr einfach. Wir kennen eine Menge Beispiele von rudimentären Organen bei unseren Kulturerzeugnissen, wie der Schwanzstummel in schwanzlosen Rassen, der Ohrstummel in ohrlosen Rassen, das Wiedererscheinen kleiner nur in der Haut hängender Hörner bei ungehörnten Rinderrassen und besonders, nach Youatt, bei jungen Tieren derselben, und wie der Zustand der ganzen Blüte im Blumenkohl. Oft sehen wir auch Stummel verschiedener Art bei Missgeburten. Aber ich bezweifle, dass einer von diesen Fällen geeignet ist, die Bildung rudimentärer Organe in der Natur weiter zu beleuchten, als dass er uns zeigt, dass Stummel entstehen können; denn ich bezweifle ebenso, dass Arten im Naturzustand jemals plötzlichen Veränderungen unterliegen. Ich glaube, dass Nichtgebrauch dabei hauptsächlich in Betracht kommt, der während einer langen Generationenreihe die allmähliche Abschwächung der Organe veranlassen kann, bis sie endlich nur noch als Stummel erscheinen: so bei den Augen in dunklen Höhlen lebender Tiere, welche nie etwas sehen, und bei den Flügeln ozeanische Inseln bewohnender Vögel, welche selten zu fliegen nötig haben und daher dieses Vermögen zuletzt gänzlich einbüßen. Ebenso kann ein unter Umständen nützliches Organ unter anderen Umständen sogar nachteilig werden, wie die Flügel der auf kleinen und ausgesetzten Inseln lebenden Insekten. In diesem Falle wird natürliche Züchtung fortwährend bestrebt sein, das Organ langsam zu reduzieren, bis es unschädlich und rudimentär wird. Eine Änderung in den Verrichtungen, welche in unmerkbaren Abstufungen eintreten kann, liegt im Bereich der natürlichen Züchtung; daher ein Organ, welches infolge geänderter Lebensweise nutzlos oder nachteilig für seine Bestimmung wird, abgeändert und für andere Verrichtungen verwendet werden kann. Oder ein Organ wird nur noch für eine von seinen früheren Verrichtungen beibehalten. Ein nutzlos gewordenes Körperglied mag veränderlich sein, weil

seine Abänderungen nicht durch natürliche Züchtung geleitet werden können. In welchem Lebensabschnitt nun ein Organ durch Nichtbenützung oder Züchtung reduziert werden mag (und dies wird gewöhnlich erst der Fall sein, wenn das Tier zu seiner vollen Reife und Tatkraft gelangt ist), so wird nach dem Prinzip der Wiedervererbung in sich entsprechenden Altern dieses Organ in reduziertem Zustand stets im nämlichen Alter wieder erscheinen und sich mithin nur selten im Embryo ändern oder verkleinern. So erklärt sich mithin die verhältnismäßig beträchtlichere Größe rudimentärer Organe im Embryo und deren vergleichungsweise geringere Größe im Erwachsenen. Wenn aber jede Abstufung im Reduktionsprozess nicht in einem entsprechenden Alter, sondern in einer sehr frühen Lebensperiode vererbt werden sollte (was wir guten Grund haben, für möglich zu halten), so würde das rudimentäre Organ endlich ganz zu verschwinden streben und den Fall eines vollständigen Fehlschlagens darbieten. Auch das in einem früheren Kapitel erläuterte Prinzip der Ökonomie, wonach die zur Bildung eines dem Besitzer nicht mehr nützlichen Teils verwendeten Bildungsstoffe erspart werden, mag wohl oft mit ins Spiel kommen; und dies wird dann dazu beitragen, das gänzliche Verschwinden eines schon verkümmerten Organs zu bewirken. Da hiernach die Anwesenheit rudimentärer Organe von dem Streben eines jeden Teils der Organisation, sich nach langer Existenz erblich zu übertragen bedingt ist, so wird aus dem Gesichtspunkt einer genealogischen Klassifikation begreiflich, wie es kommt, dass Systematiker die rudimentären Organe für ihren Zweck zuweilen ebenso nützlich befunden haben als die Teile von hoher physiologischer Wichtigkeit. Rudimentäre Organe kann man mit den Buchstaben eines Wortes vergleichen, welche beim Buchstabieren desselben noch beibehalten, aber nicht mit ausgesprochen werden und bei Nachforschungen über dessen Ursprung als vortreffliche Führer dienen. Nach der Annahme einer Fortpflanzung mit Abänderung können wir schließen, dass das Vorkommen von Organen in einem verkümmerten, unvollkommenen und nutzlosen Zustand und deren gänzliches Fehlschlagen, statt wie bei der gewöhnlichen Theorie der Schöpfung große Schwierigkeiten zu bereiten, vielmehr vorauszusehen war und aus den Erblichkeitsgesetzen zu erklären ist.

Zusammenfassung. – Ich habe in diesem Kapitel zu zeigen gesucht, dass die Unterordnung der Organismengruppen aller Zeiten untereinander, – dass die Natur der Beziehungen, nach welchen alle lebenden und erloschenen Wesen durch zusammengesetzte, strahlenförmige und oft sehr mittelbar zusammenhängende Verwandtschaftslinien zu einem großen System vereinigt werden, – dass die von den Naturforschern bei ihren Klassifikationen befolgten Regeln und begegneten Schwierigkeiten, – dass der auf die beständigen und andauernden Charaktere gelegte Wert, gleichviel ob sie für die Lebensverrichtungen von großer oder, wie die der rudimentären Organe, von gar keiner Wichtigkeit sind, – dass der weite Unterschied im Wert zwischen analogen oder Anpassungs- und wahren Verwandtschaftscharakteren: – dass alle diese und noch viele andere solcher regelmäßigen Erscheinungen sich naturgemäß aus der Annahme einer gemeinsamen Abstammung der bei den Naturforschern als verwandt geltenden Formen und deren Modifikation durch natürliche Züchtung in Begleitung von Erlöschung und von Divergenz des Charakters herleiten lassen. Von diesem Standpunkt aus die Klassifikation beurteilend wird man sich erinnern, dass das Element der Abstammung insofern schon längst allgemein berücksichtigt wird, als man beide Geschlechter, die mannigfaltigsten Entwicklungsformen und die anerkannten Varietäten, wie verschieden voneinander sie auch in ihrem Bau sein mögen, alle in eine Art zusammenordnet. Wenn wir nun die Anwendung dieses Elements als die einzige mit Sicherheit erkannte Ursache von der Ähnlichkeit organischer Wesen untereinander etwas weiter ausdehnen, so wird uns die Bedeutung des natürlichen Systems klarer werden: Es ist ein Versuch genealogischer Anordnung, worin die Grade der Verschiedenheiten, in welche die einzelnen Verzweigungen auseinandergelaufen sind, mit den Kunstausdrücken Abarten, Arten, Sippen, Familien, Ordnungen und Klassen bezeichnet werden. Indem wir von der Annahme einer Fortpflanzung mit Abänderung ausgehen, werden uns manche Haupterscheinungen in der Morphologie erklärlich: sowohl das gemeinsame Modell, wonach die homologen Organe, zu welchem Zweck sie auch immer bestimmt sein mögen, bei allen Arten einer Klasse gebildet sind, als die Modelung aller homologen Teile

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eines jeden Pflanzen- oder Tierindividuums nach einem solchen gemeinsamen Vorbild Andere der wichtigsten Erscheinungen in der Morphologie dagegen erklären sich aus dem Prinzip, dass allmähliche geringe Abänderungen nicht notwendig oder allgemein schon in einer sehr frühen Lebenszeit eintreten, und dass sie sich in entsprechendem Alter weitervererben. So die Ähnlichkeit der homologen Teile in einem Embryo, welche im reifen Alter in Form und Verrichtungen weit auseinandergehen, – und die Ähnlichkeit der homologen Teile oder Organe in verschiedenen Arten einer Klasse, obwohl sie den erwachsenen Tieren zu den möglich verschiedensten Zwecken dienen. Larven sind selbsttätige Embryonen, welche daher auch schon je für ihre verschiedene Lebensweise nach dem Prinzip der Vererbung in gleichen Altern modifiziert worden sind. Nach diesem nämlichen Prinzip und in Betracht dass, wenn Organe infolge von Nichtgebrauch oder von Züchtung an Stärke abnehmen, dies gewöhnlich in derjenigen Lebensperiode geschieht, wo das Wesen für seine Bedürfnisse selbst zu sorgen hat, und in fernerem Betracht, wie streng das Walten des Erblichkeitsprinzips ist, bietet uns das Vorkommen rudimentärer Organe und ihr endlich vollständiges Verschwinden keine unerklärbare Schwierigkeit dar; im Gegenteil haben wir deren Vorkommen voraussehen können. Die Wichtigkeit embryonischer Charaktere und rudimentärer Organe für die Klassifikation wird aus der Annahme begreiflich, dass nur eine genealogische Anordnung natürlich sein kann. Endlich: Die verschiedenen Klassen von Tatsachen, welche in diesem Kapitel in Betracht gezogen worden sind, scheinen mir so deutlich zu verkündigen, dass die zahllosen Arten, Sippen und Familien organischer Wesen, womit diese Welt bevölkert ist, allesamt und jedes wieder in seiner eignen Klasse oder Gruppe insbesondere, von gemeinsamen Eltern abstammen und im Laufe der Fortpflanzung wesentlich modifiziert worden sind, dass ich mir diese Anschauungsweise ohne Zögern aneignen würde, selbst wenn ihr keine sonstigen Tatsachen und Argumente mehr zu Hilfe kämen.

In einer Welt des beschleunigten Klimawandels überleben die Pinguine – selbst die tropischen Pinguine – womöglich nicht. Darwin wäre traurig.

V i erze h n t e s K a p i t e l



Allgemeine Wiederholung und Schluss

Wiederholung der Schwierigkeiten der Theorie natürlicher Züchtung – Wiederholung der allgemeinen und besonderen Umstände, zu deren Gunsten – Ursachen des allgemeinen Glaubens an die Unveränderlichkeit der Arten – Wie weit die Theorie natürlicher Züchtung auszudehnen ist – Folgen ihrer Annahme für das Studium der Naturgeschichte – Schlussbemerkungen.

D

 

a dieser ganze Band eine lange Beweisführung ist, so mag es für den Leser angenehm sein, die leiten-

den Tatsachen und Schlussfolgerungen kurz wiederholt zu sehen. Ich leugne nicht, dass man viele und ernste Einwände gegen die Theorie der Abstammung mit fortwähren-

der Abänderung durch natürliche Züchtung vorbringen kann. Ich habe versucht, sie in ihrer ganzen Stärke zu entwickeln. Nichts kann im ersten Augenblick weniger glaubhaft scheinen, als dass die zusammengesetztesten Organe und Instinkte ihre Vollkommenheit erlangt haben sollen nicht durch höhere und doch der menschlichen Vernunft analoge Kräfte, sondern durch die bloße Zusammensparung zahlloser kleiner, aber jedem individuellen Besitzer vorteilhafter Abänderungen. Diese Schwierigkeit, wie unübersteiglich groß sie auch unserer Einbildungskraft erscheinen mag, kann gleichwohl nicht für wesentlich gelten, wenn wir folgende Vordersätze zulassen: dass Abstufungen in der Vollkommenheit eines Organes oder Instinktes, welches Gegenstand unserer Betrachtung ist, entweder jetzt bestehen oder bestanden haben, die alle in ihrer Weise gut waren; – dass alle Organe und Instinkte in wenn auch noch so geringem Grad veränderlich sind; – und endlich, dass ein Kampf ums Dasein bestehe, welcher zur Erhaltung einer jeden für den Besitzer nützlichen Abweichung von den bisherigen Bildungen oder Instinkten führt. Die Wahrheit dieser Sätze kann nach meiner Meinung nicht bestritten werden.

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin

Nachdem ich nun so viel über meine Art und Weise des Schreibens berichtet habe, will ich noch hinzufügen, dass

ich bei meinen größeren Büchern viel Zeit auf die allgemeine Anordnung des Themas verwendet habe. Ich mache zuerst den ganz groben Umriss auf zwei oder drei Seiten und dann einen ausführlicheren auf mehreren Seiten, wo einige wenige Wörter oder ein einziges Wort anstelle einer ganzen Erörterung oder einer Reihe von Tatsachen stehen. Jedes dieser Stichworte wird wiederum ausgeführt und häufig umgestellt, ehe ich in extenso zu schreiben beginne. Da ich in mehreren meiner Bücher ausgiebig Gebrauch von den veröffentlichten Beobachtungen anderer gemacht und immer gleichzeitig an mehreren ganz verschiedenen Themen gearbeitet habe, will ich noch erwähnen, dass ich zwischen dreißig und vierzig große in Schränken mit beschrifteten Fächern stehende Mappen hatte, in die ich sofort eine einzelne Verweisung oder eine Notiz bringen konnte. Ich habe mir viele Bücher gekauft und lege mir stets auf den letzten Seiten ein Register aller darin enthaltener Tatsachen an, die meine Arbeit betreffen; oder, wenn das Buch nicht mir gehört, schreibe ich mir einen besonderen Auszug daraus nieder und habe inzwischen von derartigen Auszügen einen großen Kasten voll. Bevor ich mit der Arbeit an einem Thema anfange, sehe ich alle kurzen Register durch, mache mir ein allgemeines und ein unterteiltes Register und habe dann, wenn ich die eine oder mehrere betreffende Mappen zur Hand nehme, alle im Lauf meines Lebens gesammelten Informationen zum Gebrauch bereit. Ich habe erwähnt, dass sich meine geistige Stimmung während der letzten zwanzig oder dreißig Jahre in einer Hinsicht geändert hat. Bis zum Alter von dreißig Jahren, vielleicht noch etwas darüber hinaus, machte mir Poesie verschiedener Art, wie die Werke von Milton, Gray, Byron, Wordsworth, Coleridge und Shelley, große Freude, und schon als Schulknabe hatte ich ein intensives Vergnügen an Shakespeare, besonders an seinen historischen Stücken. Ich habe auch angeführt, dass ich mich früher an Gemälden sehr erfreute und für Musik größte Begeisterung empfand. Jetzt kann ich es schon seit vielen Jahren nicht ertragen, eine Zeile Poesie zu lesen: Vor Kurzem habe ich wieder versucht, Shakespeare zu lesen, fand es aber so unerträglich langweilig, dass mir übel wurde. Ich habe auch meinen Geschmack für Gemälde und Musik beinahe verloren. Musik bringt mich meistens zum heftigen Nachdenken über meine momentane Arbeit, anstatt mir Vergnügen zu bereiten. Ich habe noch etwas Gefallen an schönen Landschaften behalten, aber sie versetzen mich nicht mehr in das große Entzücken von früher. Auf der anderen Seite bescheren mir Romane, die Werke der Einbildungskraft, auch wenn sie nicht allerersten Ranges sind, schon seit Jahren wunderbare Erholung und Freude und ich segne oft alle Romanschreiber. Eine überraschend große Zahl ist mir laut vorgelesen worden und ich habe sie, wenn sie mittelmäßig gut sind und nicht unglücklich enden – wogegen ein Gesetz erlassen werden sollte, allesamt gern. Ein Roman gehört, meinem Geschmack nach, nicht zur ersten Klasse, wenn darin nicht irgendeine Person vorkommt, die man uneingeschränkt lieben kann; ist dies eine nette Frau, umso besser. Dieser eigenartige und beklagenswerte Verlust des höheren ästhetischen Geschmacks ist umso merkwürdiger, als Bücher über Geschichte, Biographien und Reisen (unabhängig von irgendwelchen wissenschaftlichen Tatsachen, die sie enthalten mögen) und Essays über Themen aller Arten mich noch ebenso lebhaft wie eh und je interessieren. Mein Geist scheint eine Art Maschine geworden zu sein, die allgemeine Gesetze aus großen Tatsachensammlungen ausstößt; warum dies aber die Atrophie desjenigen Teils meines Gehirns verursacht haben könnte, von welchem die höheren Geschmacksentwicklungen abhängen, kann ich nicht verstehen. Vermutlich würde ein Mensch, dessen Geist höher organisiert und besser veranlagt wäre als meiner dies nicht erfahren haben; und wenn ich mein Leben noch einmal zu leben hätte, so würde ich es mir zur Regel machen, wenigstens einmal die Woche etwas Lyrisches zu lesen und ein wenig Musik anzuhören, denn vielleicht wären dann die jetzt verkümmerten Teile meines Gehirns durch den Gebrauch erhalten geblieben. Dieser Verlust der Empfänglichkeit für derartige Sachen ist ein Verlust an Glück und könnte vielleicht für den Intellekt, noch wahrscheinlicher für den moralischen Charakter schädlich sein, weil er den emotionalen Teil unserer Natur schwächt.

Es ist ohne Zweifel äußerst schwierig, auch nur eine Vermutung darüber auszusprechen, durch welche Abstufungen, zumal in durchbrochenen und erlöschenden Gruppen organischer Wesen, manche Bildungen vervollkommnet worden sind; aber wir sehen so viele befremdende Abstufungen in der Natur, dass wir äußerst vorsichtig sein müssen zu sagen, dass ein Organ oder Instinkt oder ein ganzes Wesen nicht durch stufenweise Fortschritte zu seiner gegenwärtigen Vollkommenheit gelangt sein könne. Insbesondere muss man zugeben, dass schwierige Fälle besonderer Art der Theorie der natürlichen Züchtung entgegentreten, und einer der schwierigsten Fälle dieser Art zeigt sich in dem Vorkommen von zwei oder drei bestimmten Kasten von Arbeitern oder unfruchtbaren Weibchen in einer und derselben Ameisengemeinde; doch habe ich zu zeigen versucht, dass auch diese Schwierigkeit zu überwinden ist. Was die fast allgemeine Unfruchtbarkeit der Arten bei ihrer Kreuzung anbelangt, die einen so merkwürdigen Gegensatz zur fast allgemeinen Fruchtbarkeit gekreuzter Abarten bildet, so muss ich den Leser auf die am Ende des achten Kapitels gegebene Zusammenfassung der Tatsachen verweisen, welche mir entscheidend genug zu sein scheinen, um darzutun, dass diese Unfruchtbarkeit in nicht höherem Grade eine angeborene Eigentümlichkeit bildet als die Schwierigkeit, zwei Baumarten aufeinanderzupfropfen; sondern dass sie zusammenfalle mit der Verschiedenheit der Lebenstätigkeit im Reproduktivsystem der gekreuzten Arten. Wir finden die Bestätigung dieser Annahme in der weiten Verschiedenheit der Ergebnisse, wenn die nämlichen zwei Arten wechselseitig voneinander befruchtet werden. Die Fruchtbarkeit gekreuzter Abarten und ihrer Blendlinge kann nicht als allgemein betrachtet werden; und ihre doch immer sehr häufige Fruchtbarkeit ist nicht überraschend, wenn wir bedenken, dass es nicht aussieht, als ob ihre Konstitutionen überhaupt oder ihre Reproduktivsysteme sehr angegriffen worden sind. Überdies sind die meisten zu Versuchen benützten Abarten aus Kultur der Arten hervorgegangen, und da die Kultur die Unfruchtbarkeit offenbar zu vermindern strebt, so dürfen wir nicht erwarten, dass sie Unfruchtbarkeit irgendwo veranlasse. Die Unfruchtbarkeit der Bastarde ist eine von der der ersten Kreuzung sehr verschiedene Erscheinung,

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da ihre Reproduktivorgane mehr oder weniger unfähig zur Verrichtung sind, während sich bei den ersten Kreuzungen die beiderseitigen Organe in vollkommenem Zustand befinden. Da wir Organismen aller Art durch Störung ihrer Konstitution unter nur wenig abweichenden Lebensbedingungen fortwährend mehr und weniger steril werden sehen, so dürfen wir uns nicht wundern, dass Bastarde weniger fruchtbar sind; denn ihre Konstitution kann als durch Verschmelzung zweier verschiedenen Organisationen kaum anders gelitten haben. Dieser Parallelismus wird noch durch eine andere parallele aber gerade entgegengesetzte Klasse von Erscheinungen unterstützt; dass nämlich die Kraftentwicklung und Fruchtbarkeit aller Organismen durch geringen Wechsel in ihren Lebensbedingungen zunimmt, und dass die Nachkommen wenig modifizierter Formen oder Abarten durch die Kreuzung an Kraft und Fruchtbarkeit gewinnen. Ebenso vermindern einerseits beträchtliche Veränderungen in den Lebensbedingungen und Kreuzungen zwischen sehr verschiedenen Formen die Fruchtbarkeit, wie andererseits geringere Veränderungen dieselbe zwischen nur wenig abgeänderten Formen vermehren. Wenden wir uns zur geographischen Verbreitung, so erscheinen auch da die Schwierigkeiten für die Theorie der Fortpflanzung mit fortwährender Abänderung erheblich genug. Alle Individuen einer Art und alle Arten einer Sippe oder selbst noch höherer Gruppen müssen von gemeinsamen Eltern herkommen; weshalb sie, wenn auch noch so weit zerstreut und isoliert in der Welt, im Lauf aufeinanderfolgender Generationen aus einer Gegend in die andere gewandert sein müssen. Wir sind oft ganz außer Stand, auch nur zu vermuten, auf welche Weise dies geschehen sein möge. Da wir jedoch anzunehmen berechtigt sind, dass einige Arten die nämliche spezifische Form während ungeheuer langer Perioden, in Jahren gemessen, beibehalten haben, so darf man kein allzu großes Gewicht auf die gelegentliche weite Verbreitung einer Spezies legen; denn während solcher außerordentlich langer Zeitperioden wird sie auch zu weiter Verbreitung irgendwelche Mittel gefunden haben. Eine durchbrochene oder zerspaltene Gruppe lässt sich oft durch Erlöschen der vermittelnden Arten erklären. Es ist nicht zu leugnen, dass wir mit den mannigfaltigen klimatischen und geographischen Veränderungen, welche die Erde erst in der laufenden Periode erfahren, noch ganz

Darwin und Emma. Sie teilte seine dunklen Ansichten nicht, aber sie stabilisierte und beschützte ihn. unbekannt sind; und solche Veränderungen müssen die Wanderungen offenbar in hohem Grad befördert haben. Beispielsweise habe ich zu zeigen versucht, wie mächtig die Eiszeit auf die Verbreitung sowohl der identischen als der stellvertretenden Formen über die Erdoberfläche gewirkt habe. Ebenso sind wir auch fast ganz unbekannt mit den vielen gelegentlichen Transportmitteln. Was die Erscheinung betrifft, dass verschiedene Arten einer Sippe sehr entfernt voneinander abgesonderte Gegenden bewohnen, so sind, da der Abänderungsprozess notwendig sehr langsam vor sich geht, während sehr langer Zeitabschnitte für alle Wanderungen genügende Gelegenheiten vorhanden gewesen, wodurch sich einigermaßen die Schwierigkeit vermindert, die weite Verbreitung der Arten einer Sippe zu erklären. Da nach der Theorie der natürlichen Züchtung eine endlose Anzahl Mittelformen alle Arten jeder Gruppe durch ebenso feine Abstufungen, als unsere jetzigen Varietäten darstellen, miteinander verkettet haben muss, so wird man die Frage aufwerfen, warum wir nicht diese vermittelnden Formen rund um uns her erblicken? Warum fließen nicht alle organischen Formen zu einem unentwirrbaren Chaos zusammen? Aber was die noch lebenden Formen betrifft, so sind wir (mit Ausnahme einiger seltener Fälle) wohl nicht zur Erwartung berechtigt, direkt vermittelnde Glieder zwischen ihnen selbst, sondern nur etwa zwischen ihnen und einigen erloschenen und ersetzten Formen zu entdecken. Selbst auf einem weiten Gebiet, das während

einer langen Periode seinen Zusammenhang bewahrt hat und dessen Klima und übrige Lebensbedingungen nur allmählich von einem Bezirk zu anderen von nahe verwandten Arten bewohnten Bezirken abändern, selbst da sind wir nicht berechtigt, oft die Erscheinung vermittelnder Formen in den Grenzstrichen zu erwarten, da wir zur Vermutung Ursache haben, dass nur immer wenige Arten in einer Periode Abänderungen erfahren und alle Abänderungen nur langsam vor sich gehen. Ich habe auch gezeigt, dass die vermittelnden Formen, welche anfangs wahrscheinlich in den Zwischenstrichen vorhanden gewesen, einer Ersetzung durch die verwandten Formen von beiden Seiten her unterlegen sind, die vermöge ihrer großen Anzahl gewöhnlich schnellere Fortschritte in ihren Abänderungen und Verbesserungen als die minder zahlreich vertretenen Mittelformen machen, sodass diese vermittelnden Abarten mit der Länge der Zeit ersetzt und vertilgt werden. Nach dieser Lehre von der Unterdrückung einer unendlichen Menge vermittelnder Glieder zwischen den erloschenen und lebenden Bewohnern der Erde und ebenso zwischen den Arten einer jeden der aufeinandergefolgten Perioden und den ihnen zunächst vorangegangenen fragt es sich, warum nicht jede geologische Formation mit Resten solcher Glieder erfüllt ist? und warum nicht jede Sammlung fossiler Reste einen klaren Beweis von solcher Abstufung und Umänderung der Lebensformen darbietet. Dass wir diese Belege vermissen, ist eine der handgreiflichsten AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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Aus der Autobiographie von Charles Darwin



Meine Gewohnheiten sind methodisch, und dies ist

für die besondere Richtung meiner Tätigkeit nicht von geringem Nutzen für mich gewesen. Letztlich habe ich noch deshalb reichlich freie Zeit gehabt, dass ich nicht genötigt war, mir meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Selbst meine Krankheit hat mich, obwohl sie mir mehrere Jahre ganz geraubt hat, vor den Zerstreuungen der Geselligkeit und der Vergnügungen bewahrt. Daher ist mein Erfolg als Wissenschaftler, wie gering oder groß derselbe auch gewesen sein mag, soweit ich es zu beurteilen im Stande bin, durch komplizierte und verschiedenartige geistige Eigenschaften und Zustände bestimmt worden. Von diesen sind die bedeutungsvollsten gewesen: – Liebe zur Wissenschaft, – uneingeschränkte Geduld, lange Zeit über irgendein Thema nachzudenken, – Fleiß beim Beobachten und Sammeln von Tatsachen, – und ein ordentliches Maß an Erfindungsgabe wie auch an gesundem Menschenverstand. Bei so mäßigen Fähigkeiten, wie ich sie besitze, ist es wahrhaft überraschend, dass ich die Meinungen von Wissenschaftlern über einige bedeutungsvolle Punkte beträchtlich stark beeinflusst habe. und stärksten von den vielen gegen meine Theorie vorgebrachten Einwendungen. Und wie kommt es, dass ganze Gruppen verwandter Arten in dem einen oder dem anderen geologischen Schichtensystem oft so plötzlich aufzutreten scheinen (gewiss oft nur scheinen!). Warum finden wir nicht große Schichtenstöße unter dem Silursystem erfüllt mit den Überbleibseln der Stammväter der silurischen Organismengruppen? Denn nach meiner Theorie müssen solche Schichtensysteme in diesen alten und gänzlich unbekannten Abschnitten der Erdgeschichte gewiss irgendwo abgesetzt worden sein. Man kann auf diese Fragen und gewichtigen Einwände nur mit der Annahme antworten, dass der geologische Schöpfungsbericht bei Weitem unvollständiger ist, als die meisten Geologen glauben. Es lässt sich nicht einwenden, dass für irgendwelches Maß organischer Abänderung nicht genügend Zeit gewesen ist; denn die Länge der abgelaufenen Zeit ist für menschliche Begriffe unfassbar. Die Menge der

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Exemplare in allen unseren Museen zusammengenommen ist absolut nichts im Vergleich mit den zahllosen Generationen zahlloser Arten, welche sicherlich schon existiert haben. Wir werden außer Stand sein, eine Art als die Stammart einer oder mehrerer anderen Arten zu erkennen, wenn wir nicht auch viele der vermittelnden Glieder zwischen ihrer früheren und jetzigen Beschaffenheit besitzen; und diese vermittelnden Glieder dürfen wir bei der Unvollständigkeit der geologischen Schöpfungsurkunden kaum jemals zu entdecken erwarten. Man könnte viele jetzige zweifelhafte Formen nennen, welche wahrscheinlich Abarten sind; aber wer könnte behaupten, dass in künftigen Weltperioden noch so viele fossile Mittelglieder entdeckt werden, dass Naturforscher nach der gewöhnlichen Anschauungsweise zu entscheiden im Stande sein werden, ob diese zweifelhaften Formen Varietäten sind oder nicht? So lange als die meisten Zwischenglieder zwischen irgendwelchen zwei Arten unbekannt sind, wird man ein einzelnes Glied oder eine einzelne Zwischenform, die entdeckt wird, einfach als eine andere verschiedene Spezies einreihen. – Nur ein kleiner Teil der Erdoberfläche ist geologisch untersucht worden, und nur von gewissen Organismenklassen können fossile Reste in großer Anzahl erhalten werden. Weitverbreitete Arten variieren am meisten, und die Abarten sind anfänglich oft nur lokal; beide Ursachen machen die Entdeckung von Zwischengliedern wenig wahrscheinlich. Örtliche Varietäten verbreiten sich nicht in andere und entfernte Gegenden, bis sie beträchtlich abgeändert und verbessert sind; – und wenn sie nach ihrer Verbreitung in einer geologischen Formation entdeckt werden, so wird es scheinen, als seien sie erst jetzt plötzlich erschaffen worden, und man wird sie einfach als neue Arten betrachten. – Die meisten Formationen sind mit Unterbrechungen abgelagert worden; und ihre Dauer ist, wie ich glaube, kürzer als die mittlere Dauer der Artenformen gewesen. Zunächst aufeinanderfolgende Formationen sind durch ungeheure leere Zeiträume voneinander getrennt; denn fossilresteführende Formationen, mächtig genug, um späterer Zerstörung zu widerstehen, können nur da gebildet werden, wo dem in Senkung begriffenen Meeresgrund viele Sedimente zugeführt werden. In den damit abwechselnden Perioden von Hebung oder

Rechts: Darwin porträtiert von John Collier (1883).

Ruhe wird das Blatt in der Schöpfungsgeschichte weiß bleiben. Während dieser letzten Perioden wird wahrscheinlich mehr Veränderung in den Lebensformen, während der Senkungszeiten mehr Erlöschen derselben stattfinden. Was die Abwesenheit fossilienführender Schichten unterhalb der untersten Silurgebilde betrifft, so kann ich nur auf die im neunten Kapitel aufgestellte Hypothese zurückkommen. Dass der geologische Schöpfungsbericht lückenhaft ist, gibt jedermann zu; dass er es aber in dem von mir verlangten Grad ist, werden nur wenige zugestehen wollen. Hinreichend lange Zeiträume zugegeben, erklärt uns die Geologie offenbar genug, dass alle Arten gewechselt haben; und sie haben in der Weise gewechselt, wie es meine Theorie erheischt, nämlich langsam und stufenweise. Wir erkennen dies deutlich daraus, dass die organischen Reste zunächst aufeinanderfolgender Formationen einander allezeit näher verwandt sind als die fossilen Arten durch weite Zeiträume voneinander getrennter Gebirgsbildungen. Dies ist die Summe der hauptsächlichsten Einwürfe und Schwierigkeiten, die man mit Recht gegen meine Theorie vorbringen kann; und ich habe die darauf zu gebenden Antworten und Erläuterungen in Kürze wiederholt. Ich habe diese Schwierigkeiten viele Jahre lang selbst zu sehr empfunden, als dass ich an ihrem Gewicht zweifeln sollte. Aber es verdient noch insbesondere, hervorgehoben zu werden, dass die wichtigeren Einwände sich auf Fragen beziehen, über die wir eingestandenermaßen in Unwissenheit sind; und wir wissen nicht einmal, wie unwissend wir sind. Wir kennen nicht all die möglichen Übergangsabstufungen zwischen den einfachsten und den vollkommensten Organen; wir können nicht behaupten, all die mannigfaltigen Verbreitungsmittel der Organismen während des Verlaufes so zahlloser Jahrtausende zu kennen, und wir wissen nicht, wie unvollständig der geologische Schöpfungsbericht ist. Wie bedeutend aber auch diese mancherlei Schwierigkeiten sein mögen, so genügen sie doch nicht, um meine Theorie einer Abstammung von einigen wenigen erschaffenen Formen mit nachheriger Abänderung derselben umzustoßen.



Wenden wir uns nun nach der anderen Seite unseres Gegenstandes. Im Kulturzustande der Wesen nehmen wir viel Veränderlichkeit derselben wahr. Dies scheint

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daran zu liegen, dass das Reproduktivsystem außerordentlich empfindlich gegen Veränderungen in den äußeren Lebensbedingungen ist, sodass dieses System, wenn es nicht ganz unfähig wird, doch keine der elterlichen Form genau ähnliche Nachkommenschaft mehr liefert. Die Abänderungen werden durch viele verwickelte Gesetze geleitet, durch die Wechselbeziehungen des Wachstums, durch Gebrauch und Nichtgebrauch und durch die unmittelbaren Einwirkungen der physikalischen Lebensbedingungen. Es ist sehr schwierig zu bestimmen, wie viel Abänderung unsere Kulturerzeugnisse erfahren haben; doch können wir getrost annehmen, dass deren Maß groß gewesen ist, und dass Modifikationen auf lange Perioden hinaus vererblich sind. So lange als die Lebensbedingungen die nämlichen bleiben, sind wir zu unterstellen berechtigt, dass eine Abweichung, welche sich schon seit vielen Generationen vererbt hat, sich auch noch ferner auf eine fast unbegrenzte Zahl von Generationen hinaus vererben kann. Andererseits sind wir gewiss, dass Veränderlichkeit, wenn sie einmal ins Spiel gekommen ist, nicht mehr gänzlich aufhört; denn unsere ältesten Kulturerzeugnisse bringen gelegentlich noch immer neue Abarten hervor. Der Mensch erzeugt in Wirklichkeit keine Abänderungen, sondern er versetzt nur unabsichtlich organische Wesen unter neue Lebensbedingungen, und dann wirkt die Natur auf deren Organisation und verursacht Veränderlichkeit. Der Mensch kann aber die ihm von der Natur dargebotenen Abänderungen zur Nachzucht auswählen und dieselben hierdurch in einer beliebigen Richtung häufen; und dies tut er wirklich. Er passt auf diese Weise Tiere und Pflanzen seinem eigenen Nutzen und Vergnügen an. Er mag dies planmäßig oder mag es unbewusst tun, indem er die ihm zurzeit nützlichsten Individuen, ohne einen Gedanken an die Änderung der Rasse, zurückbehält. Es ist gewiss, dass er einen großen Einfluss auf den Charakter einer Rasse dadurch ausüben kann, dass er von Generation zu Generation individuelle Abänderungen zur Nachzucht auswählt, so gering, dass sie für das ungeübte Auge kaum wahrnehmbar sind. Dieses Wahlverfahren ist das große Agens in der Erzeugung der ausgezeichnetsten und nützlichsten unserer veredelten Tier- und Pflanzenrassen gewesen. Dass nun viele der vom Menschen gebildeten Abänderungen den Charakter natürlicher Arten

Darwins Trauerfeier, Westminster Abbey 1882. Queen Victoria hatte es nie für passend gehalten, ihn zum Ritter zu schlagen, doch diese Scharte wurde ausgewetzt. Zwei seiner Söhne wurde schließlich diese Ehre zuteil, obwohl sie weniger geleistet hatten als er. schon großenteils besitzen, geht aus den unausgesetzten Zweifeln in Bezug auf viele derselben hervor, ob es Arten oder Abarten sind. Es ist kein Grund nachzuweisen, weshalb diese Prinzipien, welche in Bezug auf die kultivierten Organismen so erfolgreich gewirkt, nicht auch in der Natur wirksam sein sollten. In der Erhaltung begünstigter Individuen und Rassen während des beständig wiederkehrenden Kampfs ums Dasein sehen wir das wirksamste und nie ruhende Mittel der natürlichen Züchtung. Der Kampf ums Dasein ist die unvermeidliche Folge der hochpotenzierten geometrischen Zunahme, welche allen organischen Wesen gemein ist. Dieses rasche Zunahme-Verhältnis ist tatsächlich erwiesen aus der schnellen Vermehrung vieler Pflanzen und Tiere während einer Reihe günstiger Jahre und bei ihrer Naturalisierung in einer neuen Gegend. Es werden mehr Einzelwesen geboren als fortzuleben im Stande sind. Ein Gran in der Waagschale kann den Ausschlag geben, welches Individuum fortleben und welches zugrunde gehen soll, welche Art oder Abart sich vermehren und welche abnehmen und endlich erlöschen muss. Da die Individuen einer nämlichen

Art in allen Beziehungen in die nächste Bewerbung miteinander geraten, so wird gewöhnlich auch der Kampf zwischen ihnen am heftigsten sein; er wird fast ebenso heftig zwischen den Abarten einer Art, und dann zunächst zwischen den Arten einer Sippe sein. Aber der Kampf kann oft auch sehr heftig zwischen Wesen sein, welche auf der Stufenleiter der Natur am weitesten auseinander stehen. Der geringste Vorteil, den ein Wesen in irgendeinem Lebensalter oder zu irgendeiner Jahreszeit über seine Mitbewerber voraus hat, oder eine, wenn auch noch so wenig bessere, Anpassung an die umgebenden Naturverhältnisse kann die Waage sinken machen. Bei Tieren getrennten Geschlechts wird meistens ein Kampf der Männchen um den Besitz der Weibchen stattfinden. Die kräftigsten oder diejenigen Individuen, welche am erfolgreichsten mit ihren Lebensbedingungen gekämpft haben, werden gewöhnlich am meisten Nachkommenschaft hinterlassen. Aber der Erfolg wird oft davon abhängen, dass die Männchen besondere Waffen oder Verteidigungsmittel oder Reize besitzen; und der geringste Vorteil kann zum Sieg führen. AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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Darwins Grab in der Westminster Abbey, London.

Da die Geologie uns deutlich nachweist, dass ein jedes Land große physikalische Veränderungen erfahren hat, so ist anzunehmen, dass die organischen Wesen im Naturzustande ebenso wie die kultivierten unter den veränderten Lebensbedingungen abgeändert haben. Wenn nun eine Veränderlichkeit im Naturzustand vorhanden ist, so würde es eine unerklärliche Erscheinung sein, falls die natürliche Züchtung nicht eingriffe. Es ist oft versichert worden, aber eines Beweises nicht fähig, dass das Maß der Abänderung in der Natur eine streng bestimmte Quantität sei. Der Mensch, obwohl nur auf äußere Charaktere allein und oft bloß nach seiner Laune wirkend, vermag in kurzer Zeit dadurch großen Erfolg zu erzielen, dass er allmählich alle in einer Richtung hervortretenden individuellen Verschiedenheiten zusammenhäuft; und jedermann gibt zu, dass wenigstens individuelle Verschiedenheiten bei den Arten im Naturzustand vorkommen. Aber von diesen abgesehen, haben alle Naturforscher das Dasein von Abarten oder Varietäten eingestanden, welche verschieden genug seien, um in den systematischen Werken als solche mit aufgeführt zu werden. Doch kann niemand einen bestimmten Unterschied zwischen individuellen Abänderungen und leichten Varietäten oder zwischen verschiedenen Abarten, Unterarten und Arten angeben. Erinnern wir uns, wie sehr die Naturforscher in ihrer Ansicht über den Rang der vielen stellvertretenden Formen in Europa und Amerika auseinandergehen. Wenn es daher im Naturzustand Variabilität und ein mächtiges, stets zur Tätigkeit und Zuchtwahl bereites Agens gibt, weshalb sollten wir noch bezweifeln, dass irgendwelche für die Organismen in ihren äußerst verwickelten Lebensverhältnissen einigermaßen nützliche Abänderungen erhalten, gehäuft und vererbt werden? Wenn der Mensch die ihm selbst nützlichen Abänderungen geduldig zur Nachzucht auswählt, warum sollte die Natur unterlassen, die unter veränderten Lebensbedingungen für ihre Produkte nützlichsten Abänderungen auszusuchen? Welche Schranken kann man einer Kraft setzen, welche von einer Weltperiode zur anderen beschäftigt ist, die ganze organische Bildung, Tätigkeit und Lebensweise eines jeden Geschöpfes unausgesetzt zu sichten, das Gute zu befördern und das Schlechte zurückzuwerfen? Ich vermag keine Grenze zu sehen für eine Kraft, welche jede Form den verwickeltsten Lebensverhältnissen

langsam anzupassen beschäftigt ist. Die Theorie der natürlichen Züchtung scheint mir, auch wenn wir uns nur darauf allein beschränken, in sich selbst wahrscheinlich zu sein. Ich habe bereits, so ehrlich als möglich, die dagegen erhobenen Schwierigkeiten und Einwände rekapituliert; jetzt wollen wir uns zu den Spezialerscheinungen und Folgerungen zu Gunsten unserer Theorie wenden. Aus meiner Ansicht, dass Arten nur stark ausgebildete und bleibende Varietäten (Abarten) sind und jede Art zuerst als eine Varietät existiert hat, ergibt

Darwin-Denkmal, Shrewsbury School, Shrewsbury, Shropshire. 1897 von der Shropshire Horticultural Society errichtet. AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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sich, weshalb keine Grenzlinie gezogen werden kann zwischen Arten, welche man gewöhnlich als Produkte ebenso vieler besonderer Schöpfungsakte betrachtet, und zwischen Varietäten, die man als Bildungen eines sekundären Gesetzes gelten lässt. Nach dieser nämlichen Ansicht ist es ferner zu begreifen, dass in jeder Gegend, wo viele Arten einer Sippe entstanden sind und nun gedeihen, diese Arten noch viele Abarten darbieten; denn wo die Artenfabrikation tätig betrieben worden ist, da möchten wir als Regel erwarten, sie noch in Tätigkeit zu finden; und dies ist der Fall, wofern Varietäten beginnende Arten sind. Überdies behalten auch die Arten großer Sippen, welche die Mehrzahl der Varietäten oder beginnenden Arten liefern, in gewissem Grad den Charakter von Varietäten bei; denn sie unterscheiden sich in geringerem Maß als die Arten kleinerer Sippen voneinander. Auch haben die nahe verwandten Arten großer Sippen eine beschränktere Verbreitung und bilden vermöge ihrer Verwandtschaft zueinander kleine um andere Arten gescharte Gruppen, in welcher Hinsicht sie ebenfalls Varietäten gleichen. Dies sind, von dem Gesichtspunkt aus beurteilt, dass jede Art unabhängig geschaffen worden sei, befremdende Erscheinungen, welche dagegen der Annahme ganz wohl entsprechen, dass alle Arten sich aus Varietäten entwickelt haben. Da jede Art bestrebt ist, sich in geometrischem Verhältnis unendlich zu vermehren, und da die abgeänderten Nachkommen einer jeden Spezies sich umso rascher zu vervielfältigen vermögen, je mehr dieselben in Lebensweise und Organisation auseinanderlaufen, und mithin je mehr und verschiedenartigere Stellen sie demnach im Haushalt der Natur einzunehmen im Stande sind, so wird in der natürlichen Züchtung ein beständiges Streben vorhanden sein, die am weitesten verschiedenen Nachkommen einer jeden Art zu erhalten. Daher werden im langen Verlauf solcher allmählichen Abänderungen die geringen und bloße Varietäten einer Art bezeichnenden Verschiedenheiten sich zu größeren, die Spezies einer nämlichen Sippe charakterisierenden Verschiedenheiten steigern. Neue und verbesserte Varietäten werden die älteren weniger vervollkommneten und die letzten vermittelnden Abarten unvermeidlich ersetzen und austilgen, und so entstehen großenteils scharf umschriebene und wohl unterschiedene Spezies. Herrschende Arten aus den größeren Gruppen streben, wieder neue und herr-

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schende Formen zu erzeugen, sodass jede große Gruppe geneigt ist, noch größer und zugleich divergenter im Charakter zu werden. Da jedoch nicht alle Gruppen beständig zunehmen können, indem zuletzt die Welt sie nicht mehr zu fassen vermöchte, so verdrängen die stärker herrschenden die minder herrschenden. Dieses Streben der großen Gruppen, an Umfang zu wachsen und im Charakter auseinanderzulaufen, in Verbindung mit der meist unvermeidlichen Folge starken Erlöschens anderer, erklärt die Anordnung aller Lebensformen in mehr und mehr unterabgeteilte Gruppen innerhalb einiger weniger großer Klassen, die uns jetzt überall umgeben und alle Zeiten überdauert haben. Diese große Tatsache der Gruppierung aller organischen Wesen scheint mir nach der gewöhnlichen Schöpfungstheorie ganz unerklärlich. Da natürliche Züchtung nur durch Häufung kleiner aufeinanderfolgender günstiger Abänderungen wirkt, so kann sie keine großen und plötzlichen Umgestaltungen bewirken; sie kann nur mit sehr langsamen und kurzen Schritten vorangehen. Daher denn auch der Kanon »Natura non facit saltum«, welcher sich mit jeder neuen Erweiterung unserer Kenntnisse mehr bestätigt, aus dieser Theorie einfach begreiflich wird. Wir sehen ferner ein, warum die Natur so fruchtbar an Abänderungen und doch so sparsam an Neuerungen ist. Wie dies aber ein Naturgesetz sein könnte, wenn jede Art unabhängig erschaffen worden wäre, vermag niemand zu erläutern. Aus dieser Theorie scheinen mir noch andere Tatsachen erklärbar. Wie befremdend wäre es, dass ein Vogel in Gestalt eines Spechtes geschaffen worden wäre, um Insekten am Boden aufzusuchen; dass eine Gans, welche niemals oder selten schwimmt, mit Schwimmfüßen, dass eine Drossel zum Tauchen und Leben von unter Wasser wohnenden Insekten und dass ein Sturmvogel geschaffen worden wäre mit einer Organisation, welche der Lebensweise eines Alks oder Lappentauchers entspricht, und so in zahllosen anderen Fällen. Aber nach der Ansicht, dass die Arten sich beständig zu vermehren streben, während die natürliche Züchtung immer bereit ist, die langsam abändernden Nachkommen jeder Art einem jeden in der Natur noch nicht oder nur unvollkommen besetzten Platz anzupassen, hören diese Erscheinungen auf, befremdend zu sein, und hätten sich sogar vielleicht voraussehen lassen.

Der Kampf geht weiter. Da die natürliche Züchtung neben der Mitbewerbung wirkt, so passt sie die Bewohner einer jeden Gegend nur im Verhältnis der Vollkommenheitsstufe der anderen Bewerber an, daher es uns nicht überrascht, wenn die Bewohner eines Bezirks, welche nach der gewöhnlichen Ansicht doch speziell für diesen Bezirk geschaffen und angepasst sein sollen, durch die naturalisierten Erzeugnisse aus anderen Ländern besiegt und ersetzt werden. Noch dürfen wir uns wundern, wenn nicht alle Erfindungen in der Natur, soweit wir ermessen können, ganz vollkommen sind und manche derselben sogar hinter unseren Begriffen von Angemessenheit weit zurückbleiben. Es darf uns daher nicht befremden, wenn der Stich der Biene ihren eigenen Tod verursacht; wenn die Drohnen in so ungeheurer Anzahl nur für einen einzelnen Akt erzeugt und dann größtenteils von ihren unfruchtbaren Schwestern getötet werden; wenn unsere Nadelhölzer eine so unermessliche Menge von Pollen erzeugen; wenn die Bienenkönigin einen instinktiven Hass gegen

ihre eigenen fruchtbaren Töchter empfindet; oder wenn die Ichneumoniden sich im lebenden Körper von Raupen nähren usw. Weit mehr hätte man sich nach der Theorie der natürlichen Züchtung darüber zu wundern, dass nicht noch mehr Fälle von Mangel an unbedingter Vollkommenheit beobachtet werden. Die verwickelten und wenig bekannten Gesetze, welche die Variation in der Natur beherrschen, sind, soweit unsere Einsicht reicht, die nämlichen, welche auch die Erzeugung sogenannter spezifischer Formen geleitet haben. In beiden Fällen scheinen die natürlichen Bedingungen nur wenig Einfluss gehabt zu haben; wenn aber Varietäten in eine neue Zone eindringen, so nehmen sie etwas von den Charakteren der dieser Zone eigentümlichen Spezies an. In Varietäten sowohl als Arten scheinen Gebrauch und Nichtgebrauch einige Wirkung zu haben; denn es ist schwer, dieser Ansicht zu widerstehen, wenn man z. B. die Dickkopfente (Micropterus) mit Flügeln sieht, welche zum Fluge ebenso wenig brauchbar als die der Hausente sind, oder wenn man den grabenden Tukutuku (Ctenomys), welcher mitunter blind ist, und dann die Maulwurfarten betrachtet, die immer blind sind und ihre Augenrudimente unter der Haut liegen haben, oder endlich wenn man die blinden Tiere in den dunkeln Höhlen Europas und Amerikas ansieht. In Arten und Abarten scheint die Wechselbeziehung der Entwicklung eine sehr wichtige Rolle gespielt zu haben, sodass, wenn ein Teil abgeändert worden ist, auch andere Teile notwendig modifiziert werden mussten. In Arten wie in Abarten kommt Rückkehr zu längst verlorenen Charakteren vor. Wie unerklärlich ist nach der Schöpfungstheorie die gelegentliche Erscheinung von Streifen an Schultern und Beinen der verschiedenen Arten der Pferdesippe und ihrer Bastarde; und wie einfach erklärt sich diese Tatsache, wenn wir annehmen, dass alle diese Arten von einem gestreiften gemeinsamen Stammvater herrühren in derselben Weise, wie unsere zahmen Taubenrassen von der blaugrauen Felstaube mit schwarzen Flügelbinden abstammen. Wie lässt es sich nach der gewöhnlichen Ansicht, dass jede Art unabhängig geschaffen worden sei, erklären, dass die Artencharaktere, wodurch sich die verschiedenen Spezies einer Sippe voneinander unterscheiden, veränderlicher als die Sippencharaktere sind, in welchen alle übereinstimmen? Warum wäre z. B. die Farbe einer Blume in einer Art einer Sippe, wo AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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alle übrigen Arten mit anderen Farben versehen sind, eher zu variieren geneigt, als wenn alle Arten derselben Sippe von gleicher Farbe sind? Wenn aber Arten nur stark ausgebildete Abarten sind, deren Charaktere schon in hohem Grad beständig geworden sind, so begreift sich dies; denn sie haben bereits seit ihrer Abzweigung von einem gemeinsamen Stammvater in gewissen Merkmalen variiert, durch welche sie eben voneinander verschieden geworden sind; und deshalb werden auch die nämlichen Charaktere noch fortdauernd unbeständiger sein als die Sippencharaktere, die sich schon seit einer unermesslichen Zeit unverändert vererbt haben. Nach der Theorie der Schöpfung ist es unerklärlich, warum ein bei der einen Art einer Sippe in ganz ungewöhnlicher Weise entwickelter und daher vermutlich für dieselben sehr wichtiger Charakter vorzugsweise zu variieren geneigt sein soll; während dagegen nach meiner Ansicht dieser Teil seit der Abzweigung der verschiedenen Arten von einem gemeinsamen Stammvater in ungewöhnlichem Grad Abänderungen erfahren hat und gerade deshalb seine noch fortwährende Veränderlichkeit voraus zu erwarten stand. Dagegen kann es auch vorkommen, dass ein in der ungewöhnlichsten Weise entwickelter Teil, wie der Flügel der Fledermäuse, sich jetzt ebenso wenig veränderlich als die übrigen zeigt, wenn der-

selbe vielen untergeordneten Formen gemein, d. h. schon seit sehr langer Zeit vererbt worden ist; denn in diesem Falle wird er durch lange fortgesetzte natürliche Züchtung beständig geworden sein. Werfen wir auf die Instinkte einen Blick, von welchen manche wunderbar sind, so bieten sie der Theorie der natürlichen Züchtung mittels leichter und allmählicher nützlicher Abänderungen keine größere Schwierigkeit als die körperlichen Bildungen dar. Man kann daraus begreifen, warum die Natur bloß in kleinen Abstufungen die Tiere einer nämlichen Klasse mit ihren verschiedenen Instinkten vervollkommnet. Ich habe zu zeigen versucht, wie viel Licht das Prinzip der stufenweisen Entwicklung auf den Bauinstinkt der Honigbiene wirft. Auch Gewohnheit kommt bei Modifizierung der Instinkte gewiss oft in Betracht; aber dies ist sicher nicht unerlässlich der Fall, wie wir bei den geschlechtslosen Insekten sehen, die keine Nachkommen hinterlassen, auf welche sie die Erfolge langwährender Gewohnheit übertragen könnten. Nach der Ansicht, dass alle Arten einer Sippe von einer gemeinsamen Stammart herrühren und von dieser vieles gemeinsam geerbt haben, vermögen wir die Ursache zu erkennen, weshalb verwandte Arten, auch wenn sie wesentlich verschiedenen Lebensbedingungen ausgesetzt sind, doch beinahe denselben Instinkten

Tenrek, eine von Dutzenden Arten, die nur auf Madagaskar vorkommen.

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Innenseite eines Atolls, Keeling Island.

Aus „Die Fahrt der Beagle“



1. April 1836

Wir gelangten in Sichtweite der Keeling- oder Kokosinseln, die im Indischen Ozean liegen, ungefähr

sechshundert Meilen von der Küste Sumatras entfernt. Es ist eine der Laguneninseln (oder Atolle) aus Korallenformationen ähnlich dem des Low-Archipels, das wir nahebei passierten … Die Malaien befinden sich nun nominell in einem Zustand der Freiheit und sind es gewiss auch, was ihre persönliche Behandlung angeht, in den meisten anderen Belangen werden sie jedoch als Sklaven betrachtet. Wegen ihrer unbefriedigenden Lage, wegen ihres beständigen Wechsels von Insel zu Insel und vielleicht auch aufgrund von ein wenig Missverwaltung sind die Dinge nicht sehr gedeihlich. Die Insel hat mit Ausnahme des Schweins keinen heimischen Vierfüßer, und das wichtigste pflanzliche Erzeugnis ist die Kokosnuss. Von diesem Baum hängt der gesamte Wohlstand der Insel ab: Einzig ausgeführt werden das Öl der Nuss sowie die Nüsse selbst; sie werden nach Singapur und Mauritius gebracht, wo sie, geraspelt, hauptsächlich für Currys verwendet werden. Von der Kokosnuss leben auch fast ausschließlich die Schweine, die ordentlich fett sind, sowie die Enten und das Geflügel. Selbst ein riesiger Landkrebs ist von der Natur mit den Mitteln ausgestattet, dies äußerst nützliche Erzeugnis zu öffnen und sich davon zu ernähren. Das ringförmige Riff der Laguneninsel wird in weiten Teilen seiner Länge von geradlinigen Eilanden überragt. Auf der Nord- oder Leeseite ist eine Öffnung, durch welche Schiffe zum Ankerplatz darin gelangen können. Bei der Einfahrt war die Szenerie sehr eigenartig und recht hübsch; ihre Schönheit hing gleichwohl ausschließlich von der Leuchtkraft der Farben ringsum ab. Das flache, klare und stille Wasser der Lagune ruht größtenteils auf weißem Sand und ist, wenn von der vertikalen Sonne bestrahlt, von dem lebhaftesten Grün. Die schimmernde, mehrere Meilen breite Weite ist an allen Seiten geteilt, entweder durch eine Linie aus schneeweißen Brechern von den dunklen, wogenden Wassern des Ozeans oder von dem blauen Himmelsgewölbe durch die Streifen Landes, gekrönt von den gleich hohen Wipfeln der Kokospalmen. So wie hier und da eine weiße Wolke einen angenehmen Kontrast zum blauen Himmel bildet, verdunkeln in der Lagune Gürtel lebender Korallen das smaragdgrüne Wasser.

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folgen: Wie z. B. die südamerikanische Amsel ihr Nest inwendig ebenso mit Schlamm überzieht, wie es unsere europäische Art tut. Infolge der Ansicht, dass Instinkte nur ein langsamer Erwerb unter der Leitung natürlicher Züchtung sind, dürfen wir uns nicht darüber wundern, wenn manche derselben noch unvollkommen oder nicht verständlich sind, und wenn manche unter ihnen anderen Tieren zum Nachteil gereichen. Wenn Arten nur wohl ausgebildete und bleibende Abarten sind, so erkennen wir sogleich, warum ihre durch Kreuzung entstandenen Nachkommen den nämlichen verwickelten Gesetzen unterliegen: in Art und Grad der Ähnlichkeit mit den Eltern, in der Verschmelzung durch wiederholte Kreuzung und in anderen ähnlichen Punkten, wie es bei den gekreuzten Nachkommen anerkannter Abarten der Fall ist; während dies wunderbare Erscheinungen blieben, wenn die Arten unabhängig voneinander erschaffen und die Abarten nur durch sekundäre Kräfte entstanden wären. Wenn wir zugeben, dass der geologische Schöpfungsbericht im äußersten Grad unvollständig ist, dann unterstützen solche Tatsachen, wie der Bericht sie liefert, die Theorie der Abstammung mit fortwährender Abänderung. Neue Arten sind von Zeit zu Zeit allmählich auf den Schauplatz getreten und das Maß der

Umänderung, welche sie nach gleichen Zeiträumen erfahren, ist in den verschiedenen Gruppen weit verschieden. Das Erlöschen von Arten und Artengruppen, welches an der Geschichte der organischen Welt einen so wesentlichen Teil hat, folgt fast unvermeidlich aus dem Prinzip der natürlichen Züchtung; denn alte Formen werden durch neue und verbesserte Formen ersetzt. Weder einzelne Arten noch Artengruppen erscheinen wieder, wenn die Kette ihrer regelmäßigen Fortpflanzung einmal unterbrochen worden war. Die stufenweise Ausbreitung herrschender Formen mit langsamer Abänderung ihrer Nachkommen hat zur Folge, dass die Lebensformen nach langen Zeiträumen gleichzeitig über die ganze Erdoberfläche zu wechseln scheinen. Die Tatsache, dass die Fossilreste jeder Formation im Charakter einigermaßen das Mittel halten zwischen den darunter- und den darüberliegenden Resten, erklärt sich einfach aus ihrer mittleren Stelle in der Abstammungskette. Die große Tatsache, dass alle erloschenen Organismen in ein gleiches großes System mit den lebenden Wesen zusammenfallen und mit ihnen entweder in gleiche oder in vermittelnde Gruppen gehören, ist eine Folge davon, dass die lebenden und die erloschenen Wesen die Nachkommen gemeinsamer Stammeltern sind. Da die von alten Stammvätern herrührenden Gruppen

Tetrodon angusticeps, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle.

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gewöhnlich im Charakter auseinandergegangen sind, so werden der Stammvater und seine nächsten Nachkommen in ihren Charakteren oft das Mittel halten zwischen seinen späteren Nachkommen, und so ergibt sich warum, je älter ein Fossil ist, desto öfter es einigermaßen in der Mitte steht zwischen verwandten lebenden Gruppen. Man hält in einem ungewissen Sinn des Worts neuere Formen im Allgemeinen für vollkommener als die alten und erloschenen; und sie stehen auch insofern höher als diese, als sie infolge fortwährender Verbesserung die älteren und noch weniger verbesserten Formen im Kampf ums Dasein besiegt haben. Endlich wird das Gesetz langer Dauer unter sich verwandter Formen in diesem oder jenem Kontinent – wie die der Marsupialen in Neuholland, der Edentaten in Südamerika und anderer solcher

Fälle – erklärlich, da in einer begrenzten Gegend die neuen und erloschenen Formen durch Abstammung miteinander verwandt sind. Wenn man, was die geologische Verbreitung betrifft, zugibt, dass im Verlauf langer Erdperioden je nach den klimatischen und geographischen Veränderungen und der Wirkung so vieler gelegentlicher und unbekannter Veranlassungen starke Wanderungen von einem Weltteil zum anderen stattgefunden haben, so erklären sich die Haupterscheinungen der Verbreitung meistens aus der Theorie der Abstammung mit fortdauernder Abänderung. Man kann einsehen, warum ein so auffallender Parallelismus in der räumlichen Verteilung der organischen Wesen und ihrer geologischen Aufeinanderfolge in der Zeit besteht; denn in beiden Fällen sind diese Wesen durch das Band

Kokosnussräuber oder Palmendieb (Birgus latro), Keeling Island. AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

Ich habe schon einen Krebs erwähnt, der auf den Kokospalmen lebt: Er ist überall auf dem trockenen Land sehr

verbreitet und wächst zu monströser Größe an: Er ist eng verwandt oder identisch mit dem Birgos latro. Das vordere Paar Beine läuft in sehr kräftige, schwere Scheren aus, das hinterste ist mit schwächeren und viel schmaleren versehen. Zunächst würde man es für völlig ausgeschlossen halten, dass ein Krebs eine starke, mit ihrer Hülle bedeckte Kokosnuss öffnen kann, doch Mr. Liesk versichert mir, er habe es wiederholt gesehen. Der Krebs beginnt damit, dass er die Hülle Faser um Faser abreißt, wobei er stets an der Seite mit den drei Augenlöchern beginnt; ist das getan, hämmert er mit seinen schweren Klauen so lange auf eines der Augenlöcher, bis eine Öffnung hergestellt ist. Sodann dreht er sich um und zieht mit Hilfe seines hinteren, schmalen Scherenpaars die weiße, albuminöse Substanz heraus. Ich finde das einen merkwürdigen Fall von Instinkt, wie ich von kaum einem gehört habe, ebenso einen der Anpassung der Strukturen zweier Dinge, die im Plan der Natur scheinbar so fern liegen wie ein Krebs und eine Kokosnuss. Der Birgos ist am Tage aktiv, doch anscheinend stattet er jede Nacht dem Meer einen Besuch ab, zweifellos, um seine Kiemen zu befeuchten. Die Jungen schlüpfen ebenfalls an der Küste aus und leben eine Zeit lang dort. Diese Krebse bewohnen tiefe Baue, welche sie unter Baumwurzeln aushöhlen und worin sie erstaunliche Mengen der abgerissenen Fasern der Kokoshülle sammeln, auf denen sie wie auf einem Lager ruhen. Die Malaien machen sich dies zuweilen zunutze und sammeln die Fasermasse, um sie als Tauwerk zu verwenden. Die Krebse sind sehr schmackhaft, überdies findet sich bei den größeren unterm Schwanz eine erhebliche Masse Fett, die, wenn geschmolzen, zuweilen bis zu einer Quartflasche klaren Öls liefert. Manche Autoren haben geschrieben, der Birgos krabble die Kokospalmen hinauf, um die Nüsse zu stehlen: Ich habe starke Zweifel, dass dies möglich ist; beim Pandanus wäre die Aufgabe weit leichter. Mr. Liesk sagte mir, auf diesen Inseln lebe der Birgos nur von den Nüssen, die schon auf die Erde gefallen sind. gewöhnlicher Fortpflanzung miteinander verkettet, und die Abänderungsmittel sind die nämlichen. Wir begreifen die volle Bedeutung der wunderbaren Erscheinung, welche jedem Reisenden aufgefallen sein muss, dass im nämlichen Kontinent unter den verschiedenartigsten Lebensbedingungen, in Hitze und Kälte, im Gebirge und Tiefland, in Marsch- und Sandstrecken die meisten der Bewohner aus jeder großen Klasse offenbar verwandt sind; denn es sind gewöhnlich Nachkommen von den nämlichen Stammvätern und ersten Kolonisten. Nach diesem nämlichen Prinzip früherer Wanderungen meistens in Verbindung mit entsprechender Abänderung begreift sich mit Hilfe der Eisperiode die Identität einiger weniger Pflanzen und die nahe Verwandtschaft vieler anderer auf den entferntesten Gebirgen und in den verschiedensten Klimaten und ebenso die nahe Verwandtschaft einiger Meeresbewohner in der nördlichen und in der südlichen gemäßigten Zone, obwohl sie durch das ganze Tropenmeer getrennt sind. Und wenn andernteils zwei Gebiete die nämlichen natürlichen Bedingungen darbieten, aber ihre Bewohner weit voneinander verschieden sind, so können wir uns darüber nicht wundern, falls dieselben während langer Perioden vollständig voneinander getrennt gewesen sind; denn wenn auch die Beziehung von einem Organismus zum

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anderen die wichtigste aller Beziehungen ist und die zwei Gebiete ihre ersten Ansiedler in verschiedenen Perioden und Verhältnissen von einem dritten Gebiet oder wechselseitig voneinander erhalten haben können, so wird der Verlauf der Abänderung in beiden Gebieten unvermeidlich ein verschiedener gewesen sein. Nach der Annahme stattgefundener Wanderungen mit nachfolgender Abänderung erklärt es sich, warum ozeanische Inseln nur von wenigen Arten bewohnt werden, von welchen jedoch viele eigentümlich sind. Man vermag klar einzusehen, warum diejenigen Tiere, welche weite Strecken des Ozeans nicht zu überschreiten im Stande sind, wie Frösche und Landsäugetiere, keine ozeanischen Eilande bewohnen, und weshalb dagegen neue und eigentümliche Fledermausarten, welche über den Ozean hinwegkommen können, auf oft weit vom Festland entlegenen Inseln vorkommen. Solche Erscheinungen, wie die Anwesenheit besonderer Fledermausarten und der Mangel aller anderen Säugetiere auf ozeanischen Inseln sind nach der Theorie selbstständiger Schöpfungsakte gänzlich unerklärbar. Das Vorkommen nah verwandter oder stellvertretender Arten in zweierlei Gebieten setzt nach der Theorie gemeinsamer Abstammung mit allmählicher Abände-

rung voraus, dass die gleichen Eltern vordem beide Gebiete bewohnt haben; und wir finden fast ohne Ausnahme, dass, wo immer viele einander nah verwandte Arten zwei Gebiete bewohnen, auch einige identische dazwischen sind. Und wo immer viele verwandte, aber verschiedene Arten erscheinen, da kommen auch viele zweifelhafte Formen und Abarten der nämlichen Spezies vor. Es ist eine sehr allgemeine Regel, dass die Bewohner eines jeden Gebietes mit den Bewohnern desjenigen nächsten Gebietes verwandt sind, aus welchem sich die Einwanderung der ersten mit Wahrscheinlichkeit ableiten lässt. Wir sehen dies in fast allen Pflanzen und Tieren der Galapagos-Eilande, auf Juan Fernandez und den anderen amerikanischen Inseln, welche in auffallendster Weise mit denen des benachbarten amerikanischen Festlands verwandt sind; und ebenso verhalten sich die des Kapverdischen Archipels und anderer afrikanischer Inseln zum afrikanischen Festland. Man muss zugeben, dass diese Tatsachen aus der gewöhnlichen Schöpfungstheorie nicht erklärbar sind. Wie wir gesehen haben, ist die Erscheinung, dass alle früheren und jetzigen organischen Wesen nur ein großes, vielfach subordiniertes natürliches System bilden, worin die erloschenen Gruppen oft zwischen die noch lebenden fallen, aus der Theorie der natürlichen Züchtung mit ihrer Ergänzung durch Erlöschen und Divergenz des Charakters erklärbar. Aus denselben Prinzipien ergibt sich auch, warum die wechselseitige Verwandtschaft von Arten und Sippen in jeder Klasse so verwickelt und mittelbar ist. Es ergibt sich, warum gewisse Charaktere viel besser als andere zur Klassifikation brauchbar sind; warum Anpassungscharaktere, obschon von oberster Bedeutung für das Wesen selbst, kaum von einiger Wichtigkeit bei der Klassifikation sind; warum von rudimentären Organen abgeleitete Charaktere, obwohl diese Organe dem Organismus zu nichts dienen, oft einen hohen Wert für die Klassifikation besitzen; und warum embryonische Charaktere den höchsten Wert von allen haben. Die wesentlichen Verwandtschaften aller Organismen rühren von gemeinschaftlicher Ererbung oder Abstammung her. Das natürliche System ist eine genealogische Anordnung, worin uns die Abstammungslinien durch die beständigsten Charaktere verraten werden, wie gering auch deren Wichtigkeit für das Leben sein mag.

Die Erscheinungen, dass das Knochengerüst das nämliche in der Hand des Menschen wie im Flügel der Fledermaus, im Ruder der Seeschildkröte und im Bein des Pferdes ist, – dass die gleiche Anzahl von Wirbeln den Hals aller Säugetiere, den der Giraffe wie den des Elefanten bildet, und noch eine Menge ähnlicher, erklären sich sogleich aus der Theorie der Abstammung mit geringer und langsam aufeinanderfolgender Abänderung. Die Ähnlichkeit des Modells im Flügel und im Hinterfuß der Fledermaus, obwohl sie zu ganz verschiedenen Diensten bestimmt sind, in den Kinnladen und den Beinen der Krabben, in den Kelch- und Kronenblättern, in den Staubgefäßen und Staubwegen der Blüten wird gleicherweise aus der Annahme allmählich divergierender Abänderung von Teilen oder Organen erklärbar, welche in dem gemeinsamen Stammvater jeder Klasse unter sich ähnlich gewesen sind. Nach dem Prinzip, dass allmähliche Abänderungen nicht immer schon in frühem Alter erfolgen und sich demnach auf ein gleiches und nicht früheres Alter vererben, ergibt sich eine klare Ansicht, weshalb die Embryonen von Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Fischen einander so ähnlich sind und in späterem Alter so unähnlich werden. Man wird sich nicht mehr darüber wundern, dass der Embryo eines luftatmenden Säugetiers oder Vogels Kiemenspalten und schleifenartig verlaufende Arterien wie der Fisch besitzt, welcher die im Wasser aufgelöste Luft mit Hilfe wohlentwickelter Kiemen zu atmen bestimmt ist. Nichtgebrauch, zuweilen mit natürlicher Züchtung verbunden, führt oft zur Verkümmerung eines Organes, wenn es bei veränderter Lebensweise oder unter wechselnden Lebensbedingungen nutzlos geworden ist, und man bekommt auf diese Weise eine richtige Vorstellung von rudimentären Organen. Aber Nichtgebrauch und natürliche Züchtung werden auf jedes Geschöpf gewöhnlich erst wirken, wenn es zur Reife gelangt ist und selbstständigen Anteil am Kampf ums Dasein nimmt. Sie werden nur wenig über ein Organ in den ersten Lebensaltern vermögen, weshalb kein Organ in solchen frühen Altern sehr verringert oder verkümmert werden kann. Das Kalb z. B. hat Schneidezähne, welche aber im Oberkiefer das Zahnfleisch nie durchbrechen, von einem frühen Stammvater mit wohlentwickelten Zähnen geerbt, und es ist anzunehmen, dass diese Zähne im reifen Tier während vieler aufeinanderfolgender Generationen reduziert worden sind, entweder AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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Rote Klippenkrabben kommen zwar nicht nur auf den Galapagosinseln vor, sind dort aber eine unübersehbare Art. Sie krabbelten wahrscheinlich auch einem jungen englischen Naturforscher im Oktober 1835 um die Füße.

weil sie nicht gebraucht oder weil Zunge und Gaumen zum Abweiden des Futters ohne ihre Hilfe durch natürliche Züchtung besser hergerichtet worden sind; weshalb dann im Kalb diese Zähne unentwickelt geblieben und nach dem Prinzip der Erblichkeit in gleichem Alter von früher Zeit an bis auf den heutigen Tag so vererbt worden sind. Wie ganz unerklärbar sind nach der Annahme, dass jedes organische Wesen und jedes besondere Organ für seinen Zweck besonders erschaffen worden sei, solche Erscheinungen, die, wie diese nie zum Durchbruch gelangenden Schneidezähne des Kalbs oder die verschrumpften Flügel unter den verwachsenen Flügeldecken mancher Käfer, so auffallend das Gepräge der Nutzlosigkeit an sich tragen! Man könnte sagen, die Natur habe Sorge getragen, durch rudimentäre Organe und homologe Gebilde uns ihren Abänderungsplan zu verraten, welchen wir außerdem nicht verstehen würden.



Ich habe jetzt die hauptsächlichsten Erscheinungen und Betrachtungen wiederholt, welche mich zur innigsten Überzeugung geführt haben, dass die Arten während langer Fortpflanzungsperioden durch Erhaltung oder natürliche Züchtung mittels zahlreich aufeinanderfolgender kleiner, aber nützlicher Abweichungen von ihrem anfänglichen Typus verändert worden sind. Ich kann nicht glauben, dass eine falsche Theorie die mancherlei großen Gruppen oben aufgezählter Erscheinungen erklären würde, wie meine Theorie der natürlichen Züchtung es doch zu tun scheint. Es ist keine triftige Einrede, dass die Wissenschaft bis jetzt noch kein Licht über den Ursprung des Lebens verbreite. Wer vermöchte zu erklären, was das Wesen der Attraktion oder Gravitation sei? Obwohl Leibniz den Newton angeklagt, dass er »verborgene Qualitäten und Wunder in die Philosophie« eingeführt hat, so wird doch dieses unbekannte Element der Attraktion jetzt allgemein als eine vollkommen begründete vera causa angekommen. Ich kann nicht glauben, dass die in diesem Band aufgestellten Ansichten irgendwie gegen die religiösen Gefühle verstoßen sollten. Es möge die Erinnerung genügen, dass die größte Entdeckung, welche der Mensch jemals gemacht, nämlich das Gesetz der Gravitation, von Leibniz angegriffen worden ist, weil es die natürliche Religion untergrabe und die offenbarte verleugne.

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Ein berühmter Schriftsteller und Geistlicher hat mir geschrieben, »er habe allmählich einsehen gelernt, dass es eine ebenso erhabene Vorstellung von der Gottheit sei, zu glauben, dass sie nur einige wenige der Selbstentwicklung in andere und notwendige Formen fähige Urtypen geschaffen, als dass sie immer wieder neue Schöpfungsakte nötig gehabt habe, um die Lücken auszufüllen, welche durch die Wirkung ihrer eigenen Gesetze entstanden seien«. Aber warum, wird man fragen, haben denn fast alle ausgezeichneten lebenden Naturforscher und Geologen diese Ansicht von der Veränderlichkeit der Spezies verworfen? Es kann ja doch nicht behauptet werden, dass organische Wesen im Naturzustand keiner Abänderung unterliegen; es kann nicht bewiesen werden, dass das Maß der Abänderung im Verlauf ganzer Erdperioden eine beschränkte Größe sei; ein bestimmter Unterschied zwischen Arten und ausgeprägten Abarten ist noch nicht angegeben worden und kann nicht angegeben werden. Es lässt sich nicht behaupten, dass Arten bei der Kreuzung ohne Ausnahme unfruchtbar seien, noch dass Unfruchtbarkeit eine besondere Gabe und ein Merkmal der Schöpfung sei. Die Annahme, dass Arten unveränderliche Erzeugnisse seien, war fast unvermeidlich so lange, als man der Geschichte der Erde nur eine kurze Dauer zuschrieb; und nun, da wir einigen Begriff von der Länge der Zeit erlangt haben, sind wir zu verständig, um ohne Beweis anzunehmen, der geologische Schöpfungsbericht sei so vollkommen, dass er uns einen klaren Nachweis über die Abänderung der Arten liefern müsste, wenn sie solche Abänderungen erfahren hätten. Aber die Hauptursache, weshalb wir von Natur nicht geneigt sind zuzugestehen, dass eine Art eine andere verschiedene Art erzeugt haben könne, liegt darin, dass wir stets behutsam in der Zulassung einer großen Veränderung sind, deren Mittelstufen wir nicht kennen. Die Schwierigkeit ist dieselbe, welche so viele Geologen gefühlt, als Lyell zuerst behauptete, dass binnenländische Felsklippen gebildet und große Täler ausgehöhlt worden seien durch die langsame Tätigkeit der Küstenwogen. Der Begriff kann die volle Bedeutung des Ausdrucks hundert Millionen Jahre unmöglich fassen; er kann nicht die ganze Größe der Wirkung zusammenrechnen und begreifen, welche durch Häufung einer Menge klei-

ner Abänderungen während einer fast unendlichen Anzahl von Generationen entsteht. Obwohl ich von der Wahrheit der in diesem Bande auszugsweise mitgeteilten Ansichten vollkommen durchdrungen bin, so hege ich doch keineswegs die Erwartung, erfahrene Naturforscher davon zu überzeugen, deren Geist von einer Menge von Tatsachen erfüllt ist, welche sie seit einer langen Reihe von Jahren gewöhnt sind, aus den meinigen ganz entgegengesetzten Gesichtspunkten zu betrachten. Es ist so leicht, unsere Unwissenheit unter Ausdrücken wie »Schöpfungsplan«, »Einheit des Zwecks« usw. zu verbergen und zu glauben, dass wir eine Erklärung geben, wenn wir bloß eine Tatsache wiederholen. Wer von Natur geneigt ist, unerklärten Schwierigkeiten mehr Wert als der Erklärung einer Summe von Tatsachen beizulegen, der wird gewiss meine Theorie verwerfen. Auf einige wenige Naturforscher von empfänglicherem Geist und solche, die schon an der Unveränderlichkeit der Arten zu zweifeln begonnen haben, mag dieses Buch einigen Eindruck machen; aber ich blicke mit Vertrauen auf die Zukunft, auf junge und strebende Naturforscher, welche beide Seiten der Frage mit Unparteilichkeit zu beurteilen fähig sein werden. Wer immer sich zur Ansicht neigt, dass Arten veränderlich sind, wird durch gewissenhaftes Geständnis seiner Überzeugung der Wissenschaft einen guten Dienst leisten; denn nur so kann dieser Berg von Vorurteilen, unter welchen dieser Gegenstand vergraben ist, allmählich beseitigt werden. Einige hervorragende Naturforscher haben noch neuerlich ihre Ansicht veröffentlicht, dass eine Menge angeblicher Arten in jeder Sippe keine wirklichen Arten vorstellen, wogegen andere Arten wirkliche, d. h. selbstständig erschaffene Spezies seien. Dies scheint mir eine sonderbare Annahme zu sein. Sie geben zu, dass eine Menge von Formen, die sie selbst bis vor Kurzem für spezielle Schöpfungen gehalten und welche noch jetzt von der Mehrzahl der Naturforscher als solche angesehen werden, welche mithin das ganze äußere charakteristische Gepräge von Arten besitzen, – sie geben zu, dass diese durch Abänderung hervorgebracht worden seien, weigern sich aber dieselbe Ansicht auf andere davon nur sehr unbedeutend verschiedene Formen auszudehnen. Dem ungeachtet beanspruchen sie nicht eine Definition oder auch nur eine Vermutung darüber geben zu können, welches

die erschaffenen und welches die durch sekundäre Gesetze entstandenen Lebensformen seien. Sie geben Abänderung als eine vera causa in einem Fall zu und verwerfen solche willkürlich im anderen, ohne den Grund der Verschiedenheit in beiden Fällen nachzuweisen. Der Tag wird kommen, wo man dies als einen ergötzlichen Beleg von der Blindheit vorgefasster Meinung anführen wird. Diese Schriftsteller scheinen mir nicht mehr vor der Annahme eines wunderbaren Schöpfungsaktes als vor der einer gewöhnlichen Geburt zurückzuschrecken. Aber glauben sie denn wirklich, dass in unzähligen Momenten unserer Erdgeschichte jedes Mal gewisse Urstoffatome kommandiert worden seien, zu lebendigen Geweben ineinanderzufahren? Sind sie der Meinung, dass durch jeden unterstellten Schöpfungsakt bloß ein einziger oder dass viele Individuen entstanden sind? Sind alle diese zahllosen Sorten von Pflanzen und Tieren in Form von Samen und Eiern oder sind sie als ausgewachsene Individuen erschaffen worden? Und die Säugetiere insbesondere, sind sie geschaffen worden mit dem falschen Merkmal der Ernährung vom Mutterleib auf? Obwohl diese Naturforscher sehr angemessen eine vollständige Aufklärung über jede Schwierigkeit von denjenigen verlangen, welche an die Veränderlichkeit der Arten glauben, so ignorieren sie ihrerseits die ganze Frage vom ersten Auftreten der Arten und beobachten darüber ein ehrerbietiges Stillschweigen. Man kann noch die Frage aufwerfen, wie weit ich die Lehre von der Abänderung der Spezies ausdehne? Diese Frage ist schwer zu beantworten, weil je verschiedener die Formen sind, welche wir betrachten, desto mehr die Argumente an Stärke verlieren. Doch sind einige schwerwiegende Beweisgründe sehr weitreichend. Alle Glieder einer ganzen Klasse können durch Verwandtschaftsbeziehungen miteinander verkettet und alle nach dem nämlichen Prinzip in unterabgeteilte Gruppen klassifiziert werden. Fossile Reste sind oft geeignet große Lücken zwischen den lebenden Ordnungen des Systems auszufüllen. Verkümmerte Organe beweisen oft, dass der erste Stammvater dieselben Organe in vollkommen entwickeltem Zustande besessen habe; daher setzt ihr Vorkommen nach ihrer jetzigen Beschaffenheit ein ungeheures Maß von Abänderung in dessen Nachkommen voraus. Durch ganze Klassen hindurch sind mancherlei Gebilde nach einem gemeinsamen AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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Modell geformt, und im Embryostand gleichen alle Arten einander genau. Daher hege ich keinen Zweifel, dass die Theorie der Abstammung mit allmählicher Abänderung alle Glieder einer nämlichen Klasse miteinander verbindet. Ich glaube, dass die Tiere von höchstens vier oder fünf und die Pflanzen von ebenso vielen oder noch weniger Stammarten herrühren. Die Analogie würde mich noch einen Schritt weiter führen, nämlich zu glauben, dass alle Pflanzen und Tiere nur von einer einzigen Urform herrühren; doch könnte die Analogie eine trügerische Führerin sein. Dem ungeachtet haben alle lebenden Wesen vieles miteinander gemein in ihrer chemischen Zusammensetzung, ihrer zelligen Struktur, ihren Wachstumsgesetzen, ihrer Empfindlichkeit gegen schädliche Einflüsse. Wir sehen dies oft in sehr zutreffender Weise, wenn dasselbe Gift Pflanzen und Tiere in ähnlicher Art berührt, oder wenn das von der Gallwespe ausgesonderte Gift monströse Auswüchse an der wilden Rose wie an der Eiche verursacht. In allen organischen Wesen scheint die gelegentliche Vereinigung männlicher und weiblicher Elementarzellen zur Erzeugung eines neuen solchen Wesens notwendig zu sein. In allen ist, soviel bis jetzt bekannt, das Keimbläschen dasselbe. Daher sind alle organischen Wesen desselben Ursprungs. Und selbst was ihre Trennung in zwei Hauptabteilungen, in ein Pflanzen- und ein Tierreich betrifft, so gibt es gewisse niedrige Formen, welche in ihren Charakteren so sehr das Mittel zwischen beiden halten, dass sich die Naturforscher noch darüber streiten, zu welchem Reich sie gehören. Nach

Barriereriff rund um die Insel Bolabola.

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dem Prinzip der natürlichen Züchtung mit Divergenz des Charakters erscheint es auch nicht unglaublich, dass sich einige solche Zwischenformen zwischen Pflanzen und Tieren entwickelt haben müssen. Daher ich annehme, dass wahrscheinlich alle organischen Wesen, die jemals auf dieser Erde gelebt, von irgendeiner Urform abstammen, welcher das Leben zuerst vom Schöpfer eingehaucht worden ist. Doch beruht dieser Schluss hauptsächlich auf Analogie, und es ist unwesentlich, ob man ihn anerkenne oder nicht. Ein anderer Fall ist es mit den Gliedern einer jeden großen Klasse, wie der Wirbeltiere oder Kerbtiere; denn hier haben wir, wie schon bemerkt worden, in den Gesetzen der Homologie und Embryologie einige bestimmte Beweise dafür, dass alle von einem einzigen Urvater abstammen.



Wenn die von mir in diesem Band und die von Hr. Wallace im ›Linnean Journal‹ aufgestellten oder sonstige analoge Ansichten über die Entstehung der Arten zugelassen werden, so lässt sich bereits dunkel voraussehen, dass der Naturgeschichte eine große Umwälzung bevorsteht. Die Systematiker werden ihre Arbeiten so wie bisher verfolgen können, aber nicht mehr unablässig durch den gespenstischen Zweifel beängstigt werden, ob diese oder jene Form eine wirkliche Art sei. Dies, fühle ich sicher und sage es aus Erfahrung, wird eine Erleichterung von großen Sorgen gewähren. Der endlose Streit, ob die fünfzig britischen Brombeersorten wirkliche Arten sind oder nicht, wird aufhören. Die Systematiker haben nur zu entscheiden

Ein Atoll der Whitsunday Islands. Darwins Beobachtungen auf der Fahrt mit der Beagle führten zu einer Theorie und dann zu einem Buch über Korallenriffe.

B



Aus „Die Fahrt der Beagle“

evor wir erklären, wie Riffe in der Form eines Atolls ihre eigentümliche Struktur erhalten, müssen wir uns der zweiten großen Klasse zuwenden, nämlich den Barriereriffen. Diese erstrecken sich entweder in gerader Linie vor der Küste eines Kontinents oder einer großen Insel, oder sie umschließen kleinere Inseln; in beiden Fällen sind sie durch einen breiten und tiefen Wasserkanal vom Land getrennt, analog zur Lagune innerhalb eines Atolls. Es fällt auf, wie wenig Aufmerksamkeit umschließenden Barriereriffen zuteil geworden ist, sind es doch wahrhaft wunderbare Gebilde. Die folgende Zeichnung stellt einen Teil der Barriere dar, welche, von einem ihrer Gipfel aus gesehen, die Insel Bolabola im Pazifik umschließt. In diesem Beispiel wurde die gesamte Rifflinie in Land umgewandelt; meistens scheidet jedoch eine schneeweiße Linie großer Brecher, aus der sich nur hier und da eine einzelne, von Kokospalmen gekrönte niedrige Insel erhebt, die dunklen, wogenden Wasser des Ozeans von der hellgrünen Weite des Lagunenkanals. Und die ruhigen Wasser dieses Kanals bespülen gemeinhin einen Rand niedriger alluvialer Erde, welche mit den schönsten Erzeugnissen der Tropen bestanden ist und am Fuße der wilden, steilen Berge in der Mitte liegt. Umschließende Barriereriffe gibt es in allen Größen, von drei Meilen bis nicht weniger als vierundvierzig Meilen Durchmesser, und jenes, das einer Seite Neukaledoniens vorgelagert ist und beide Enden umschließt, ist 400 Meilen lang. Jedes Riff schließt eine, zwei oder mehrere Felseninseln von unterschiedlicher Höhe ein, in einem Falle sogar zwölf separate Inseln. Das Riff verläuft in größerer oder geringerer Entfernung von dem eingeschlossenen Land, bei den Gesellschaftsinseln im Allgemeinen zwischen drei und vier Meilen, aber bei Hogoleu ist das Riff 20 Meilen von der Südseite und 14 Meilen von der gegenüberliegenden, also Nordseite der umschlossenen Inseln entfernt. Auch die Tiefe innerhalb des Lagunenkanals ist sehr unterschiedlich; 10 bis 30 Faden können als Durchschnitt angesehen werden, doch bei Vanikoro gibt es Stellen, die nicht weniger als 56 Faden oder 336 Fuß tief sind. Im Innern fällt das Riff entweder sanft in den Lagunenkanal ab oder endet in einer senkrechten Wand, die unter Wasser zuweilen eine Höhe von zwei- bis dreihundert Fuß hat; an der Außenseite erhebt sich das Riff, gleich einem Atoll, mit äußerster Schroffheit aus den immensen Tiefen des Ozeans.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

as kann einzigartiger sein als solche Gebilde? Wir erblicken eine Insel, vergleichbar einer Burg, die auf dem Gipfel eines hohen unterseeischen Berges sitzt und von einer großen Mauer aus Korallen gestein geschützt ist, außen und manchmal auch innen stets steil, mit einem breiten, ebenen Gipfel, hier und da von schmalen Durchlassen durchbrochen, durch welche die größten Schiffe in den sie umgebenden breiten und tiefen Burggraben einfahren können. Was das eigentliche Korallenriff angeht, so gibt es an allgemeiner Größe, Kontur, Anordnung und selbst in ganz geringfügigen Einzelheiten nicht den geringsten Unterschied zwischen einem Barrierenriff und einem Atoll. Der Geograph Balbi hat zu Recht angemerkt, eine umschlossene Insel sei ein Atoll, aus dessen Lagune hohes Land aufragt; entfernte man dies Land im Innern, so bliebe das perfekte Atoll. Was aber hat diese Riffe veranlasst, in solch großer Entfernung von der Küste der eingeschlossenen Inseln aufzusteigen? Dass die Korallen nicht nahe am Land wachsen wollen, kann es nicht sein, denn die Küsten innerhalb des Lagunenkanals sind, wo nicht von Schwemmland umgeben, oftmals von lebenden Korallen gesäumt, und wir werden gleich sehen, dass es eine ganze Klasse gibt, die ich wegen ihrer engen Verbindung mit den Küsten von Kontinenten wie auch von Inseln Saumriffe genannt habe. Worauf also gründen die riffbauenden Korallen, die nicht in großer Tiefe leben können, ihre einschließenden Gebilde? Das ist eine große offensichtliche Schwierigkeit, analog jener bei den Atollen, die allgemein übersehen worden ist. Dies wird man deutlicher erkennen, wenn man die folgenden, realen Querschnitte betrachtet, welche in nordsüdlicher Richtung durch die Inseln Vanikoro, Gambier und Maurua samt ihren Barriereriffen angefertigt worden sind; sie sind, sowohl vertikal als auch horizontal, im selben Maßstab eines Zolls zu einer Meile erstellt. Man beachte dabei, dass die Querschnitte in jeder Richtung durch die Inseln wie auch durch viele andere umsäumte Inseln hätten gemacht werden können; die grundlegenden Eigenschaften wären dieselben geblieben. Wenn man nun bedenkt, dass die riffbauende Koralle in einer größeren Tiefe als 20 bis 30 Faden nicht leben kann und dass der Maßstab so klein ist, dass die Bleilote rechter Hand eine Tiefe von 200 Faden anzeigen, worauf gründen diese Barriereriffe dann? Sollen wir annehmen, dass jede Insel von einem kragenartigen unterseeischen Gesteinsgrat oder einer großen Sedimentbank umgeben ist, die abrupt da endet, wo auch das Riff endet?

Aus Reise eines Naturforschers um die Welt.

Wenn das Meer sich einstmals tief in die Inseln gefressen hätte, bevor sie von den Riffen geschützt waren,

und so einen flachen Rand unter Wasser um sie herum zurückgelassen hätte, so wären die heutigen Ufer zwangsläufig von Steilhängen umgeben; dies jedoch ist nur äußerst selten der Fall. Zudem lässt sich unter dieser Annahme unmöglich erklären, warum die Korallen gleichsam als Mauer vom äußersten Außenrand des Vorsprungs emporgewachsen sind und häufig eine breite Wasserfläche darin beließen, die zu tief für Korallen ist. Die Ansammlung einer breiten Sedimentbank um diese Inseln herum, bei den kleinsten Inseln im Allgemeinen am breitesten, ist angesichts ihrer exponierten Lage in den zentralen und tiefsten Bereichen des Ozeans äußerst unwahrscheinlich. Im Falle des Barriereriffs vor Neukaledonien, das sich 150 Meilen über den nördlichen Punkt der Insel hinaus auf derselben geraden Linie erstreckt, auf der es vor der Westküste liegt, ist es kaum vorstellbar, dass eine Sedimentbank sich in gerader Linie vor einer hohen Insel und so weit über deren Ende hinaus hätte ablagern können. Wenn wir den Blick schließlich auf andere ozeanische Inseln von ungefähr derselben Höhe und ähnlicher geologischer Beschaffenheit, nicht aber von Korallenriffen umsäumt, lenken, so suchen wir wohl vergebens nach einer so geringfügigen Tiefe wie 30 Faden, es sei denn ganz nahe am Ufer, denn zumeist fällt Land, das sich jäh aus dem Wasser erhebt, wie bei den meisten umschlossenen und nicht umschlossenen Inseln der Fall, darunter ebenso jäh ab. Worauf also, wiederhole ich, gründen sich diese Barriereriffe? Warum liegen sie mit ihren breiten und tiefen, burggrabenartigen Kanälen so weit entfernt von dem eingeschlossenen Land? Wir werden bald sehen, wie schnell sich diese Schwierigkeiten auflösen. Wir kommen nun zu unserer dritten Klasse von Saumriffen, die einer sehr kurzen Anmerkung bedürfen. Fällt das Land unter Wasser jäh ab, so sind diese Riffe nur wenige Yard breit und bilden lediglich ein Band oder einen Rand um die Küsten herum: Wo das Land unter Wasser sanft abfällt, reicht das Riff weiter hinaus, manchmal bis zu einer Meile vom Land entfernt, doch in solchen Fällen zeigen die Lotungen außerhalb des Riffs stets, dass die unterseeische Ausdehnung des Landes sanft abfällt. Überhaupt erstrecken sich die Riffe nur so weit vom Land, bis ein Fundament auf der erforderlichen Tiefe von 20 bis 30 Faden angetroffen wird. Hinsichtlich des eigentlichen Riffs gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihm und jenem, das eine Barriere oder ein Atoll bildet: Allerdings ist es in der Regel weniger breit, und folglich haben sich auch weniger Inseln darauf gebildet. Wegen der Korallen, die kräftiger an der Außenseite wachsen, und wegen der schädlichen Wirkung des hineingespülten Sediments ist der Außenrand des Riffs die höchste Stelle, und zwischen ihm und dem Land findet sich zumeist ein flacher, sandiger Kanal von nur wenigen Fuß Tiefe. Wo sich, wie in Teilen der Karibik, Sedimentbänke nahe der Oberfläche angesammelt haben, sind sie zuweilen von Korallen gesäumt und ähneln somit in gewisser Weise Laguneninseln oder Atollen, so wie Saumriffe, die sanft abfallende Inseln umgeben, in gewisser Weise Barriereriffen ähneln.

Aus Reise eines Naturforschers um die Welt.

Aus Reise eines Naturforschers um die Welt.



Aus „Die Fahrt der Beagle“

Keine Theorie der Bildung von Korallenriffen, die diese drei großen Klassen nicht einschließt, kann als befriedigend

gelten. Wie wir gesehen haben, sind wir genötigt, die Absenkung dieser riesigen Gebiete anzunehmen, die durchsetzt sind von flachen Inseln, wovon keine einzige über die Höhe ragt, auf die Wind und Wellen Materie werfen können, und die dennoch von Lebewesen erbaut sind, die eines Fundaments bedürfen, und dass dieses Fundament in nicht sehr großer Tiefe liegt. Nehmen wir nun eine Insel, die von Saumriffen umgeben ist, welche keine Schwierigkeit in ihrer Struktur darstellen, und diese Insel mit ihrem Riff, auf dem Holzschnitt mit den durchgehenden Linien dargestellt, soll nun langsam absinken. Während diese Insel nun absinkt, entweder einige Fuß auf einmal oder ganz unmerklich, können wir nach dem, was über die dem Wachstum der Korallen förderlichen Bedingungen bekannt ist, mit Sicherheit folgern, dass die lebenden Massen, die am Rand des Riffs von der Brandung umspült werden, bald an die Oberfläche gelangen … Ein Schnitt durch Riff und Insel in diesem Zustand, nach einer Absenkung von mehreren hundert Fuß, ist durch die gepunktete Linie wiedergegeben. Auf dem Riff sollen sich Koralleninseln gebildet haben; im Lagunenkanal liegt ein Schiff vor Anker. Der Kanal wird, je nach Absenkungsrate, nach dem darin abgelagerten Sediment und dem Wachstum der fein verästelten Korallen, die dort leben können, mehr oder weniger tief sein. Der Schnitt gleicht in diesem Zustand in jeder Hinsicht dem, der durch eine umschlossene Insel gezogen wird: Tatsächlich ist es ein realer Schnitt (im Maßstab von 0,517 Zoll zu einer Meile) durch Bolabola im Pazifik. Wir sehen nun sogleich, warum einschließende Barriereriffe so weit von den Küsten entfernt liegen, denen sie vorgelagert sind. Auch können wir erkennen, dass eine Linie, die senkrecht vom Außenrand des neuen Riffs zum Fundament aus massivem Gestein unter dem alten Saumriff gezogen wird, den geringen Tiefenbereich, in dem die effektiven Korallen leben können, um ebenso viele Fuß überschreiten wird, wie die Absenkung beträgt: Die kleinen Baumeister haben ihre große mauerartige Masse, während das Ganze absank, auf einem Fundament errichtet, welches aus anderen Korallen und ihren vereinten Fragmenten gebildet worden ist. Und so verschwindet die Schwierigkeit dieser Frage, die so groß erschienen war.

Bolabola und seine Lagune. (was keineswegs immer leicht ist), ob eine Form beständig oder verschieden genug von anderen Formen ist, um eine Definition zuzulassen und, wenn dies der Fall, ob die Verschiedenheiten wichtig genug sind, um einen spezifischen Namen zu verdienen. Dieser letzte Punkt aber wird eine weit wesentlichere Betrachtung als bisher erheischen, wo auch die geringfügigsten Unterschiede zwischen zwei Formen, wenn sie nicht durch Zwischenstufen miteinander verschmolzen waren, bei den meisten Naturforschern für genügend galten, um beide zum Rang zweier Arten zu erheben.

Hiernach sind wir anzuerkennen genötigt, dass der einzige Unterschied zwischen Arten und ausgebildeten Abarten nur darin besteht, dass diese letzten durch erkannte oder vermutete Zwischenstufen noch heutzutage miteinander verbunden sind und die ersten es früher gewesen sind. Ohne daher die Berücksichtigung noch jetzt vorhandener Zwischenglieder zwischen zwei Formen verwerfen zu wollen, werden wir veranlasst sein, den wirklichen Betrag der Verschiedenheit zwischen denselben sorgfältiger abzuwägen und höher zu werten. Es ist ganz möglich, dass jetzt allgemein AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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als bloße Varietäten anerkannte Formen künftighin spezifischer Benennungen wert geachtet werden, wie z. B. die beiden Sorten Schlüsselblumen, in welchem Falle dann die wissenschaftliche und die gemeine Sprache miteinander in Übereinstimmung kämen. Kurz, wir werden die Arten auf dieselbe Weise zu behandeln haben, wie die Naturforscher jetzt die Sippen behandeln, welche annehmen, dass die Sippen nichts weiter als willkürliche der Bequemlichkeit halber eingeführte Gruppierungen seien. Das mag nun keine eben sehr heitere Aussicht sein; aber wir werden hierdurch endlich das vergebliche Suchen nach dem unbekannten und unentdeckbaren Wesen der »Spezies« loswerden. Die anderen und allgemeineren Zweige der Naturgeschichte werden sehr an Interesse gewinnen. Die von Naturforschern gebrauchten Ausdrücke Verwandtschaft, Beziehung, gemeinsamer Typus, elterliches Verhältnis, Morphologie, Anpassungscharaktere, verkümmerte und fehlgeschlagene Organe usw. werden statt der bisherigen bildlichen eine sachliche Bedeutung gewinnen. Wenn wir ein organisches Wesen nicht länger so wie die Wilden ein Linienschiff als etwas ganz außer unseren Begriffen Liegendes betrachten, – wenn wir jedem organischen Naturerzeugnis eine Geschichte zugestehen; – wenn wir jedes zusammengesetzte Gebilde oder jeden Instinkt als die Summe vieler einzelner dem Besitzer nützlicher Erfindungen betrachten, wie wir etwa ein großes mechanisches Kunstwerk als das Produkt der vereinten Arbeit, Erfahrung, Beurteilung und selbst Fehler zahlreicher Techniker ansehen, und wenn wir jedes organische Wesen auf diese Weise betrachten: Wie

Port Louis, Mauritius, im Indischen Ozean. Der Dodo, der auf der Insel endemisch war, war zu der Zeit, als Darwin dort war, bereits ausgestorben.

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viel ansprechender (ich rede aus Erfahrung) wird dann das Studium der Naturgeschichte werden! Ein großes und fast noch unbetretenes Feld wird sich öffnen für Untersuchungen über die Wechselbeziehungen der Entwicklung, über die Folgen von Gebrauch und Nichtgebrauch, über den unmittelbaren Einfluss äußerer Lebensbedingungen usw. Das Studium der Kulturerzeugnisse wird unermesslich an Wert steigen. Eine vom Menschen neu erzogene Varietät wird ein für das Studium wichtigerer und anziehenderer Gegenstand sein als die Vermehrung der bereits unzähligen Arten unserer Systeme mit einer neuen. Unsere Klassifikationen werden, soweit es möglich ist, zu Genealogien werden und dann erst den wirklichen sogenannten Schöpfungsplan darlegen. Die Regeln der Klassifikation werden ohne Zweifel einfacher sein, wenn wir ein bestimmtes Ziel im Auge haben. Wir besitzen keine Stammbäume und Wappenbücher und werden daher die vielfältig auseinanderlaufenden Abstammungslinien in unseren Naturgenealogien mit Hilfe von mehr oder weniger lang vererbten Charakteren zu entdecken und zu verfolgen haben. Rudimentäre Organe werden in Bezug auf längst verloren gegangene Gebilde untrügliches Zeugnis geben. Arten und Artengruppen, welche man abirrende genannt hat und mit einiger Einbildungskraft lebende Fossile nennen könnte, werden uns helfen, ein vollständigeres Bild von den alten Lebensformen zu entwerfen, und die Embryologie wird uns die mehr und weniger verdunkelte Bildung der Prototype einer jeden der Hauptklassen des Systems enthüllen. Wenn wir erst für gewiss annehmen, dass alle Individuen einer Art und alle nahe verwandten Arten der meisten Sippen in einer nicht sehr fernen Vorzeit von einem gemeinsamen Vater entsprungen und von ihrer Geburtsstätte aus gewandert sind, und wenn wir erst besser die mancherlei Mittel kennen werden, welche ihnen bei ihren Wanderungen zugute gekommen sind, dann wird das Licht, welches die Geologie über die früheren Veränderungen des Klimas und der Formen der Erdoberfläche schon verbreitet hat und noch ferner verbreiten wird, uns gewiss in den Stand setzen, ein vollkommenes Bild von den früheren Wanderungen der Erdbewohner zu entwerfen. Sogar jetzt schon kann die Vergleichung der Meeresbewohner an den zwei entgegengesetzten Küsten eines Kontinentes und die Beschaffenheit der mannigfaltigen Bewohner die-

Aus „Die Fahrt der Beagle“



29. April 1836

Am Vormittag umfuhren wir das nördliche Ende von Mauritius oder Isle of France. Von dort aus entsprach

das Aussehen der Insel den Erwartungen, die durch die zahlreichen bekannten Beschreibungen ihrer schönen Landschaft geweckt wurden. Die abfallende Ebene der pamplemousses, mit Häusern durchsetzt und von den großen Feldern mit Zuckerrohr hellgrün gefärbt, bildete den Vordergrund. Die Leuchtkraft des Grüns war desto bemerkenswerter, als es sich um eine Farbe handelt, die im Allgemeinen nur aus sehr geringer Entfernung auffällt. Zur Inselmitte hin erhoben sich aus dieser stark kultivierten Ebene bewaldete Berggruppen; ihre Gipfel waren, wie bei altem Vulkangestein so häufig der Fall, zu den schärfsten Spitzen gezackt. Um diese Gipfel waren weiße Wolkenmassen versammelt, wie um das Auge des Fremden zu erfreuen. Die ganze Insel mit ihrem abfallenden Rand und den Bergen in der Mitte war mit vollkommener Eleganz geschmückt: Die Landschaft erschien dem Blick, wenn ich einen solchen Ausdruck gebrauchen darf, harmonisch. Ich verbrachte den folgenden Tag vor allem damit, die Stadt zu erwandern und verschiedene Menschen zu besuchen. Die Stadt ist von beträchtlicher Größe und soll über 20 000 Einwohner beherbergen; die Straßen sind sehr sauber und regelmäßig. Obgleich die Insel schon so viele Jahre der englischen Regierung untersteht, ist sie doch durchaus französisch geprägt: Engländer sprechen mit ihren Bedienten auf Französisch, und auch die Läden sind allesamt französisch; ich würde sogar sagen, dass Calais oder Boulogne viel stärker anglisiert sind. Es gibt ein sehr hübsches kleines Theater, in dem hervorragende Opern aufgeführt werden. Auch sahen wir zu unserer Überraschung große Buchhandlungen mit gut gefüllten Regalen – Musik und Lektüre künden davon, dass wir uns der alten Welt der Zivilisation nähern, denn Australien und Amerika sind wahrhaft neue Welten. Die verschiedenen Menschenrassen auf den Straßen bieten in St. Louis das interessanteste Schauspiel. Sträflinge aus Indien sind auf Lebenszeit hierher verbannt; gegenwärtig sind es ungefähr 800, und sie werden bei vielerlei öffentlichen Arbeiten eingesetzt. Bevor ich diese Menschen gesehen hatte, war mir überhaupt nicht bewusst, dass die Bewohner Indiens von solch edler Gestalt sind. Ihre Haut ist außerordentlich dunkel, und viele ältere Männer trugen einen großen Schnurr- und Vollbart von schneeweißer Farbe; dies verlieh ihnen, zusammen mit der Glut ihres Ausdrucks, ein imposantes Aussehen. Die überwiegende Zahl war wegen Mordes und der schwersten Verbrechen verbannt worden, andere aus Gründen, die kaum als moralische Verfehlungen betrachtet werden können, wie die Nichtbefolgung der englischen Gesetze aus abergläubischen Motiven. Diese Männer sind im Allgemeinen ruhig und von anständigem Betragen; infolge ihrer äußerlichen Haltung, ihrer Reinlichkeit und getreuen Befolgung ihrer eigenartigen religiösen Riten konnte man sie unmöglich mit denselben Augen wie unsere elenden Sträflinge in New South Wales betrachten.

ses Kontinents in Bezug auf ihre Einwanderungsmittel dazu dienen, die alte Geographie einigermaßen zu beleuchten. Die erhabene Wissenschaft der Geologie verliert von ihrem Glanz durch die Unvollständigkeit der Aufzeichnungen. Man kann die Erdrinde mit den in ihr enthaltenen organischen Resten nicht als ein wohl gefülltes Museum, sondern nur als eine zufällige und nur dann und wann einmal bedachte arme Sammlung ansehen. Die Ablagerung jeder großen fossilienreichen Formation ergibt sich als die Folge eines ungewöhnlichen Zusammentreffens von Umständen, und die Pausen zwischen den aufeinanderfolgenden

Ablagerungszeiten entsprechen Perioden von unermesslicher Dauer. Doch werden wir im Stande sein, die Länge dieser Perioden einigermaßen durch die Vergleichung der ihnen vorhergehenden und nachfolgenden organischen Formen zu bemessen. Wir dürfen nach den Sukzessionsgesetzen der organischen Wesen nur mit großer Vorsicht versuchen, zwei in verschiedenen Gegenden abgelagerte Bildungen, welche einige identische Arten enthalten, als genau gleichzeitig zu betrachten. Da die Arten infolge langsam wirkender und noch fortdauernder Ursachen und nicht durch wundervolle Schöpfungsakte und gewaltige Katastrophen entstehen und vergehen, und da die wichtigste aller AL L GE ME IN E WIE DE RH OL U N G UND S CHLUS S

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Ursachen, welche auf organischen Wechsel hinwirken, nämlich die Wechselbeziehung zwischen den Organismen selbst, in deren Folge eine Verbesserung des einen die Verbesserung oder die Vertilgung des anderen bedingt, fast unabhängig von der Veränderung und zumal plötzlichen Veränderung der physikalischen Bedingungen ist, so folgt, dass der Grad der von einer Formation zur anderen stattgefundenen Abänderung der fossilen Wesen wahrscheinlich als ein guter Maßstab für die Länge der inzwischen abgelaufenen Zeit dienen kann. Eine Anzahl in Masse zusammengehaltener Arten jedoch dürfte lange Zeit unverändert fortleben können, während in der gleichen Zeit einzelne Spezies derselben, die in neue Gegenden auswandern und in Kampf mit neuen Mitbewerbern geraten, Abänderung

erfahren würden; daher wir die Genauigkeit dieses von den organischen Veränderungen entlehnten Zeitmaßes nicht überschätzen dürfen. Als in frühen Zeiten der Erdgeschichte die Lebensformen wahrscheinlich noch einfacher und minder zahlreich waren, mag deren Wechsel auch langsamer vor sich gegangen sein; und als es zurzeit der ersten Morgenröte des organischen Lebens wahrscheinlich nur sehr wenige Organismen von dieser einfachsten Bildung gab, mag deren Wechsel im äußersten Grad langsam gewesen sein. Die ganze Geschichte dieser organischen Welt, soweit sie bekannt ist, wird sich hiernach als von einer uns ganz unfassbaren Länge herausstellen, aber von derjenigen Zeit, welche seit der Erschaffung des ersten Geschöpfes, des Stammvaters all der unzähligen schon erloschenen und

Aus „Die Fahrt der Beagle“



9.Mai 1836

Wir verließen Port Louis und gelangten nach einem Besuch am Kap der Guten Hoffnung am 8. Juli nach

St. Helena. Diese Insel, deren abstoßender Anblick schon so oft beschrieben worden ist, erhob sich gleich einer riesigen schwarzen Burg jäh aus dem Ozean. Nahe der Stadt füllen, wie um die natürliche Wehr zu vervollkommnen, kleine Forts und Kanonen jeden Spalt in den zerklüfteten Felsen aus. Die Stadt zieht sich ein flaches, schmales Tal hinauf; die Häuser wirken anständig und sind durchsetzt mit sehr wenigen grünen Bäumen. Als wir uns dem Ankerplatz näherten, bot sich uns ein eindrucksvolles Bild: Eine regellose Burg hockte auf dem Gipfel eines hohen Berges und ragte, umgeben von ein paar verstreuten Kiefern, kühn in den Himmel. Am folgenden Tag erhielt ich Unterkunft einen Steinwurf entfernt von Napoleons Grab; es war eine vortreffliche zentrale Lage, von wo aus ich Exkursionen in alle Richtungen unternehmen konnte. Während der vier Tage, die ich hier war, wanderte ich von Morgen bis Abend über die Insel und untersuchte ihre geologische Geschichte. Mein Logis lag in einer Höhe von ungefähr 2000 Fuß; das Wetter hier war kalt und stürmisch, und unablässig gingen Regenschauer nieder. Hin und wieder war die ganze Landschaft in dicke Wolken gehüllt. Nahe der Küste ist die grobe Lava vollkommen nackt: In den mittleren und höheren Teilen hat feldspathaltiges Gestein durch Zersetzung ein lehmiges Erdreich geschaffen, das, wo nicht von Vegetation bedeckt, mit breiten Streifen vieler heller Farben durchzogen ist. Zu dieser Jahreszeit bringt das Land, von beständigen Schauern befeuchtet, ein einzigartig hellgrünes Weideland hervor, das, je tiefer man gelangt, zunehmend verblasst und schließlich ganz verschwindet. Auf der Breite von 16° und der unbedeutenden Höhe von 1500 Fuß gewahrt man überrascht eine Vegetation von ausgesprochen britischem Charakter. Die Berge sind mit unregelmäßigen Schonungen schottischer Fichten gekrönt und die Hänge dicht mit Ginsterbüschen bestanden, die über und über bedeckt mit gelben Blüten sind. An den Ufern der Flüsschen stehen zahlreiche Trauerweiden, und die Hecken sind aus Brombeersträuchern, die ihre bekannte Frucht tragen. Wenn wir bedenken, dass die Zahl der heute auf dieser Insel angetroffenen Pflanzen 746 beträgt und dass von diesen allein zweiundfünfzig einheimische Arten sind und der Rest eingeführt wurde, die meisten davon aus England, so erkennen wir den Grund für das britische Gepräge der Vegetation. Viele dieser englischen Pflanzen wachsen hier offenbar besser als in ihrem Heimatland, auch einige aus der entgegengesetzten Richtung, aus Australien, gedeihen erstaunlich gut. Die zahlreichen eingeführten Arten müssen manche der einheimischen ausgerottet haben, und nur auf den höchsten und steilsten Graten ist die heimische Flora noch bestimmend.

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noch lebenden Wesen verflossen ist, nur ein kleines Bruchstück ausmachen. In einer fernen Zukunft sehe ich Felder für noch weit wichtigere Untersuchungen sich öffnen. Die Physiologie wird sich auf eine neue Grundlage stützen, sie wird anerkennen müssen, dass jedes Vermögen und jede Fähigkeit des Geistes nur stufenweise erworben werden kann. Schriftsteller ersten Rangs scheinen vollkommen davon überzeugt zu sein, dass jede Art unabhängig erschaffen worden sei. Nach meiner Meinung stimmt es besser mit den der Materie vom Schöpfer eingeprägten Gesetzen überein, dass Entstehen und Vergehen früherer und jetziger Bewohner der Erde sowie der Tod des Einzelwesens durch sekundäre Ursachen veranlasst werde. Wenn ich alle Wesen nicht als besondere Schöpfungen, sondern als lineare Nachkommen einiger weniger, schon lange vor der Ablagerung der silurischen Schichten vorhanden gewesener Vorfahren betrachte, so scheinen sie mir dadurch veredelt zu werden. Und aus der Vergangenheit schließend dürfen wir getrost annehmen, dass nicht eine der jetzt lebenden Arten ihr unverändertes Abbild auf eine ferne Zukunft übertragen wird. Überhaupt werden von den jetzt lebenden Arten nur sehr wenige durch Nachkommenschaft irgendwelcher Art sich bis in eine sehr ferne Zukunft fortpflanzen; denn die Art und Weise, wie die organischen Wesen im Systeme gruppiert sind, zeigt, dass die Mehrzahl der Arten einer jeden Sippe und alle Arten vieler Sippen früherer Zeiten keine Nachkommenschaft hinterlassen haben, sondern gänzlich erloschen sind. Man kann insofern einen prophetischen Blick in die Zukunft werfen und voraussagen, dass es unsere gemeinsten und weitverbreitetsten Arten sind, welche die anderen überdauern und neue herrschende Arten liefern werden. Da alle jetzigen Organismen lineare Abkommen derjenigen sind, welche lange vor der silurischen Periode gelebt, so werden wir gewiss fühlen, dass die regelmäßige Aufeinanderfolge der Generationen niemals unterbrochen worden ist und eine allgemeine Flut niemals die ganze Welt zerstört hat. Daher können wir mit einigem Vertrauen auf eine Zukunft von gleichfalls unberechenbarer Länge blicken. Und da

St. Helena. Napoleon war schon tot, als Darwin eintraf. die natürliche Züchtung nur durch und für das Gute eines jeden Wesens wirkt, so wird jede fernere körperliche und geistige Ausstattung desselben seine Vervollkommnung fördern. Es ist anziehend beim Anblick eines Stückes Erde bedeckt mit blühenden Pflanzen aller Art, mit singenden Vögeln in den Büschen, mit schaukelnden Faltern in der Luft, mit kriechenden Würmern im feuchten Boden sich zu denken, dass alle diese Lebensformen so vollkommen in ihrer Art, so abweichend unter sich und in allen Richtungen so abhängig voneinander, durch Gesetze hervorgebracht sind, welche noch fort und fort um uns wirken. Diese Gesetze, im weitesten Sinne genommen, heißen: Wachstum und Fortpflanzung; Vererbung mit der Fortpflanzung, Abänderung infolge der mittelbaren und unmittelbaren Wirkungen äußerer Lebensbedingungen und des Gebrauchs oder Nichtgebrauchs, rasche Vermehrung bald zum Kampf ums Dasein führend, verbunden mit Divergenz des Charakters und Erlöschen minder vervollkommneter Formen. So geht aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod unmittelbar die Lösung des höchsten Problems hervor, das wir zu fassen vermögen, die Erzeugung immer höherer und vollkommenerer Tiere. Es ist wahrlich eine großartige Ansicht, dass der Schöpfer den Keim alles Lebens, das uns umgibt, nur wenigen oder nur einer einzigen Form eingehaucht habe, und dass, während dieser Planet den strengen Gesetzen der Schwerkraft folgend sich im Kreise schwingt, aus so einfachem Anfang sich eine endlose Reihe immer schönerer und vollkommenerer Wesen entwickelt hat und noch fort entwickelt.

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Anhang: Historische Skizze der Fortschritte in den Ansichten über den Ursprung der Arten*



I

ch will hier eine kurze Skizze von der Entwicklung der Ansichten über den Ursprung der Arten geben.

Bis vor Kurzem glaubte die große Mehrzahl der Naturforscher, dass die Arten unveränderlich seien und dass jede einzelne für sich erschaffen worden sei; diese Ansicht ist von vielen Schriftstellern mit Geschick verteidigt worden. Nur einige wenige Naturforscher nahmen dagegen an, dass Arten einer Veränderung unterliegen und dass die jetzigen Lebensformen durch wirkliche Zeugung aus anderen früher vorhandenen Formen hervorgegangen sind. Abgesehen von einigen, auf unseren Gegenstand zu beziehenden Andeutungen in den Schriftstellern des klassischen Altertums, war BUFFON der erste Schriftsteller, welcher in neuerer Zeit denselben in einem wissenschaftlichen Geiste behandelt hat. Da indessen seine Ansichten zu verschiedenen Zeiten sehr schwankten und er sich nicht auf die Ursache oder Mittel der Umwandlung der Arten einlässt, brauche ich hier nicht auf Einzelheiten einzugehen. LAMARCK war der Erste, dessen Ansichten über diesen Punkt großes Aufsehen erregten. Dieser mit Recht gefeierte Naturforscher veröffentlichte dieselben zuerst 1801 und dann bedeutend erweitert 1809 in seiner ›Philosophie Zoologique‹ sowie 1815 in der Einleitung zu seiner Naturgeschichte der wirbellosen Tiere, in welchen Schriften er die Lehre aufstellte, dass alle Arten, den Menschen eingeschlossen, von anderen Arten abstammen. Er hat das große Verdienst, die Aufmerksamkeit zuerst auf die Wahrscheinlichkeit gelenkt zu haben, dass alle Veränderungen in der organischen wie in der unorganischen Welt die Folgen von Naturgesetzen und nicht von wunderbaren Zwischenfällen sind. LAMARCK scheint hauptsächlich durch die Schwierigkeit, Arten * Dieser Anhang wurde als Einleitung zur dritten Auflage 1861 veröffentlicht.

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und Varietäten voneinander zu unterscheiden, durch die fast ununterbrochene Stufenreihe der Formen in manchen Organismengruppen und durch die Analogie mit unseren Züchtungserzeugnissen zu der Annahme einer gradweisen Veränderung der Arten geführt worden zu sein. Was die Mittel betrifft, wodurch die Umwandlung der Arten bewirkt werde, so schreibt er einiges auf Rechnung einer direkten Einwirkung der äußeren Lebensbedingungen. Einiges führt er auf die Wirkung einer Kreuzung der bereits bestehenden Formen und vieles auf den Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe, also auf die Wirkung der Gewohnheit zurück. Dieser letzten Kraft scheint er alle die schönen Anpassungen in der Natur zuzuschreiben, wie z.B. den langen Hals der Giraffe, der sie in den Stand setzt, die Zweige hoher Bäume abzuweiden. Doch nahm er zugleich ein Gesetz fortschreitender Entwicklung an, und da hiernach alle Lebensformen fortzuschreiten streben, so nahm er, um sich von dem Dasein sehr einfacher Lebensformen auch in unseren Tagen Rechenschaft zu geben, für derartige Formen noch eine Generatio spontanea an. ÉTIENNE GEOFFROY SAINT-HILAIRE vermutete, wie sein Sohn in dessen Lebensbeschreibung berichtet, schon ums Jahr 1795, dass unsere sogenannten Spezies nur Ausartungen eines und des nämlichen Typus seien. Doch erst im Jahre 1828 sprach er öffentlich seine Überzeugung aus, dass sich ein und dieselben Formen nicht unverändert seit dem Anfang der Dinge erhalten haben. GEOFFROY scheint die Ursache der Veränderung hauptsächlich in den Lebensbedingungen oder dem »Monde ambiant« gesucht zu haben. Doch war er vorsichtig im Ziehen von Schlüssen und glaubte nicht, dass jetzt bestehende Arten einer Veränderung unterlägen; sein Sohn sagt: »C’est donc un problème à réserver entièrement à l’avenir, supposé même, que l’avenir doive avoir prise sur lui.« 1813 las Dr. W. C. WELLS vor der Royal Society eine »Nachricht über eine Frau der weißen Rasse, deren Haut zum Teil der eines Negers gleicht«; der Aufsatz wurde nicht eher veröffentlicht, als bis seine zwei berühmten Essays »über Tau und EinfachSehen« 1818 erschienen. In diesem Aufsatz erkennt er deutlich das Prinzip der natürlichen Zuchtwahl an, und dies ist der erste nachgewiesene Fall einer solchen Anerkennung. Er wendete es aber nur auf die Menschenrassen und nur auf besondere Merk-

male an. Nachdem er angeführt hat, dass Neger und Mulatten Immunität gegen gewisse tropische Krankheiten besitzen, bemerkt er erstens, dass alle Tiere in einem gewissen Grad abzuändern streben, und zweitens, dass Landwirte ihre Haustiere durch Zuchtwahl verbessern. Nun fügt er hinzu: Was aber im letzten Falle »durch Kunst geschieht, scheint mit gleicher Wirksamkeit, wenn auch langsamer, bei der Bildung der Varietäten des Menschengeschlechts, welche den von ihnen bewohnten Ländern angepasst sind, durch die Natur zu geschehen. Unter den zufälligen Varietäten von Menschen, die unter den wenigen zerstreuten Einwohnern der mittleren Gegenden von Afrika auftreten, werden einige besser als andere im Stande sein, den Krankheiten des Landes zu widerstehen. Infolge hiervon wird sich diese Rasse vermehren, während die anderen abnehmen, und zwar nicht bloß, weil sie unfähig sind, die Erkrankungen zu überstehen, sondern weil sie nicht im Stande sind, mit ihren kräftigeren Nachbarn zu konkurrieren. Nach dem, was bereits gesagt wurde, nehme ich es als ausgemacht an, dass die Farbe dieser kräftigeren Rasse dunkel sein wird. Da aber die Neigung, Varietäten zu bilden, noch besteht, so wird sich eine immer dunklere und dunklere Rasse im Laufe der Zeit bilden; und da die dunkelste am besten für das Klima passt, so wird diese zuletzt in dem Land, in dem sie entstand, wenn nicht die einzige, doch die vorherrschende Rasse werden.« Er dehnt dann die Betrachtungen auf die weißen Bewohner kälterer Klimate aus. Ich bin Herrn ROWLEY aus den Vereinigten Staaten, welcher durch Mr. BRACE meine Aufmerksamkeit auf die angezogene Stelle in Dr. WELLS’ Aufsatz lenkte, hierfür sehr verbunden. Im vierten Band der ›Horticultural Transactions‹, 1822, und in seinem Werk über die ›Amaryllidaceae‹ (1837, p. 19, 339) erklärte W. HERBERT, nachheriger Dechant von Manchester, »es sei durch Hortikulturversuche unwiderleglich dargetan, dass Pflanzenarten nur eine höhere und beständigere Stufe von Varietäten seien«. Er dehnt die nämliche Ansicht auch auf die Tiere aus und glaubt, dass ursprünglich einzelne Arten jeder Gattung in einem Zustand hoher Bildsamkeit geschaffen worden seien, und dass diese sodann hauptsächlich durch Kreuzung, aber auch durch Abänderung alle unsere jetzigen Arten erzeugt haben.

HISTORISCHE SKIZZE DER FORTSCHRITTE IN DEN ANSICHTEN ÜBER DEN URSPRUNG DER ARTEN

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

m 19. Juli erreichten wir Ascension. Wer schon einmal eine Vulkaninsel in einem ariden Klima gesehen hat, wird sich das Erscheinungsbild von Ascension sogleich ausmalen können. Er wird sich glatte konische Berge von hellroter Farbe vorstellen, die Gipfel generell gekappt und jeder für sich aus einer ebenen Fläche aus schwarzem Lavageröll aufragend. Eine Haupterhebung in der Inselmitte scheint der Vater der kleineren Kegel zu sein. Sie heißt Green Hill, ein Name, der nach der äußerst schwachen Tönung dieser Farbe gewählt wurde, welche zu dieser Jahreszeit vom Ankerplatz aus kaum zu erkennen ist. Um das trostlose Bild zu vervollständigen, werden die schwarzen Felsen an der Küste von einem wilden, aufgewühlten Meer gepeitscht. Die Siedlung liegt nahe am Strand; sie besteht aus mehreren Häusern und Hütten, die unregelmäßig angelegt, aber solide aus weißen Quadern gebaut sind. Die einzigen Bewohner sind Seesoldaten und einige von Sklavenschiffen befreite Neger, die von der Regierung bezahlt und mit Proviant versorgt werden. Es gibt auf der Insel keine Privatperson. Viele der Soldaten scheinen mit ihrer Lage recht zufrieden; sie finden es besser, ihre einundzwanzig Jahre an Land abzudienen, sei es, wie es wolle, als auf einem Schiff; wäre ich ein Seesoldat, würde ich diese Wahl aus vollem Herzen teilen.

Die Insel Ascension, ihre Seeschwalben und Noddis. Die Beagle überquerte auf ihrem Zickzackkurs zurück nach England erneut den Atlantik. Im Jahre 1826 sprach Professor GRANT im Schlussparagraphen seiner bekannten Abhandlung über Spongilla (Edinburgh Philos. Journ. XIV, p. 283) seine Meinung ganz klar dahin aus, dass Arten von anderen Arten abgestammt sind und durch fortgesetzte Modifikationen verbessert werden. Die nämliche Ansicht hat er auch 1834 im ›Lancet‹ in seiner 55. Vorlesung wiederholt. Im Jahre 1831 erschien das Buch von PATRICK MATTHEW: ›Naval Timber and Arboriculture‹, in welchem er genau dieselbe Ansicht von dem Ursprung der Arten entwickelt, wie die (sofort zu erwähnende) von Mr. WALLACE und mir im

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›Linnean Journal‹ entwickelte, und wie die in dem vorliegenden Band weiter ausgeführt dargestellte. Unglücklicherweise jedoch teilte MATTHEW seine Ansicht an einzelnen zerstreuten Stellen in dem Anhang zu einem Werk über einen ganz anderen Gegenstand mit, sodass sie völlig unbeachtet blieb, bis er selbst 1860 im ›Gardener’s Chronicle‹ vom 7. April die Aufmerksamkeit darauf lenkte. Die Abweichungen seiner Ansicht von der meinigen sind nicht von wesentlicher Bedeutung. Er scheint anzunehmen, dass die Welt in aufeinanderfolgenden Zeiträumen beinahe ausgestorben und dann wieder neu bevölkert worden ist, und stellt als die eine Alternative die Ansicht auf, dass neue Formen wohl erzeugt werden könnten »ohne die Anwesenheit eines Modells oder Keimes früherer Aggregate«. Ich bin nicht sicher, ob ich alle Stellen richtig verstehe; doch scheint er großen Wert auf die unmittelbare Wirkung der äußeren Lebensbedingungen zu legen. Er erkannte jedoch deutlich die volle Bedeutung des Prinzips der natürlichen Zuchtwahl. Der berühmte Geologe LEOPOLD VON BUCH spricht sich in seiner vortrefflichen ›Description physique des Iles Canaries‹ (1836, p. 147) deutlich darüber aus, dass er glaube, Varietäten werden langsam zu beständigen Arten umgeändert, welche dann nicht mehr im Stande seien, sich zu kreuzen. RAFINESQUE schreibt 1836 in seiner ›New Flora of North Amerika‹ p. 6: »Alle Arten mögen einmal

bloße Varietäten gewesen sein, und viele Varietäten werden dadurch allmählich zu Spezies, dass sie konstante und eigentümliche Charaktere erhalten«, fügt aber später, p. 18, hinzu: »mit Ausnahme jedoch des Originaltypus oder Stammvaters jeder Gattung«. Im Jahre 1843–44 hat Professor HALDEMAN die Gründe für und wider die Hypothese der Entwicklung und Umgestaltung der Arten in angemessener Weise zusammengestellt (im ›Boston Journal of Natural History‹, Vol. IV, p. 468) und scheint sich mehr zur Annahme einer Veränderlichkeit zu neigen. Die ›Vestiges of Creation‹ sind zuerst 1844 erschienen. In der zehnten sehr verbesserten Ausgabe (1853, p. 155) sagt der ungenannte Verfasser: »Das auf reifliche Erwägung gestützte Ergebnis ist, dass die verschiedenen Reihen beseelter Wesen, von den einfachsten und ältesten an bis zu den höchsten und jüngsten, die unter Gottes Vorsehung eingetretenen Resultate sind 1) eines den Lebensformen erteilten Impulses, der sie in bestimmten Zeiten auf dem Wege der Fortpflanzung von einer Organisationsstufe zur anderen bis zu den höchsten Dicotyledonen und Wirbeltieren erhebt, – welche Stufen der Zahl nach nur wenige und gewöhnlich durch Lücken in der organischen Reihenfolge

voneinander geschieden sind, die eine praktische Schwierigkeit bei Ermittlung der Verwandtschaften abgeben; – 2) eines andern Impulses, welcher mit den Lebenskräften zusammenhängt und im Laufe der Generationen die organischen Gebilde in Übereinstimmung mit den äußeren Bedingungen, wie Nahrung, Wohnort und meteorische Kräfte, abzuändern strebt; dies sind die ›Anpassungen‹ der natürlichen Theologie.« Der Verfasser ist offenbar der Meinung, dass die Organisation sich durch plötzliche Sprünge vervollkommne, die Wirkungen der äußeren Lebensbedingungen aber allmählich eintreten. Er folgert mit großem Nachdruck aus allgemeinen Gründen, dass Arten keine unveränderlichen Produkte seien. Ich vermag jedoch nicht zu ersehen,

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

ie Geologie dieser Insel ist in vieler Hinsicht interessant. An mehreren Stellen bemerkte ich Vulkanbomben, also Lavamassen, welche in flüssigem Zustand durch die Luft geschleudert wurden und folglich eine runde oder birnenförmige Gestalt annahmen. Nicht nur ihre äußere Form, sondern in mehreren Fällen auch ihr innerer Aufbau zeigen in ganz eigenartiger Weise, dass sie sich auf ihrem Wege durch die Luft gedreht haben. Der innere Aufbau einer dieser Bomben, die aufbrach, ist auf dem Holzschnitt sehr genau dargestellt. Der Mittelteil ist grobzellig, wobei die Zellen zur Außenseite hin immer kleiner werden; dort folgt eine panzerartige Hülle aus kompaktem Stein von ungefähr einem Drittel Zoll Stärke, die wiederum von einer äußeren Kruste aus feinzelliger Lava überzogen ist. Meiner Meinung nach besteht kaum ein Zweifel daran, dass sich, erstens, die äußere Kruste rasch in den Zustand, in dem wir sie nun sehen, abgekühlt hat; zweitens, dass die noch flüssige Lava im Innern von der Zentrifugalkraft, welche durch die Rotation der Bombe entstand, gegen die äußere abgekühlte Kruste gepresst wurde und somit den festen Steinpanzer bildete; und schließlich, dass die Zentrifugalkraft, indem sie in den zentraleren Teilen der Bombe den Druck minderte, die heißen Dämpfe ihre Zellen erweitern ließ, wodurch die grobe Zellenmasse im Zentrum gebildet wurde.

Zellbildung der vulkanischen Bombe. HISTORISCHE SKIZZE DER FORTSCHRITTE IN DEN ANSICHTEN ÜBER DEN URSPRUNG DER ARTEN

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wie die angenommenen zwei »Impulse« in einem wissenschaftlichen Sinne von den zahlreichen und schönen Zusammenpassungen Rechenschaft geben können, welche wir allerwärts in der ganzen Natur erblicken; ich vermag nicht zu erkennen, dass wir dadurch zur Einsicht gelangen, wie z. B. ein Specht seiner besonderen Lebensweise angepasst worden ist. Das Buch hat sich durch seinen glänzenden und hinreißenden Stil sofort eine sehr weite Verbreitung errungen, obwohl es in seinen früheren Auflagen wenig eingehende Kenntnis und einen großen Mangel an wissenschaftlicher Vorsicht verriet. Nach meiner Meinung hat es hierzulande vortreffliche Dienste dadurch geleistet, dass es die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand lenkte, Vorurteile beseitigte und so den Boden zur Aufnahme analoger Ansichten vorbereitete. Im Jahre 1846 sprach der Veteran unter den Geologen, J. D’OMALIUS D’HALLOY in einem vortrefflichen kurzen Aufsatz (im ›Bulletin de l’Académie Royal de Bruxelles‹ Tome XIII, p. 581) die Ansicht aus, dass es wahrscheinlicher sei, dass

neue Arten durch Deszendenz mit Abänderung der alten Charaktere hervorgebracht als einzeln geschaffen worden seien; er hatte diese Meinung zuerst im Jahre 1831 öffentlich ausgedrückt. In Professor R. OWEN’s ›Nature of Limbs‹, 1849, p. 86 kommt folgende Stelle vor: »Die Idee des Grundtypus war in der Tierwelt unseres Planeten lange vor dem Dasein der sie jetzt erläuternden Tierarten in verschiedenen Modifikationen bereits offenbart worden. Von welchen Naturgesetzen oder sekundären Ursachen aber das regelmäßige Aufeinanderfolgen und Fortschreiten solcher organischen Erscheinungen abhängig gewesen ist, das wissen wir bis jetzt noch nicht.« In seiner Ansprache an die Britische Gelehrtenversammlung im Jahre 1858 spricht er (p. LI) vom »Axiom der fortwährenden Tätigkeit der Schöpfungskraft oder des geordneten Werdens lebender Wesen« – und fügt später (p. XC) nach Bezugnahme auf die geographische Verbreitung hinzu: »Diese Erscheinungen erschüttern unser Vertrauen zu der Annahme, dass der Apteryx in Neuseeland und das rote Waldhuhn in

Auf der Rückfahrt.

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Aus „Die Fahrt der Beagle“

Zu den anderen höchst bemerkenswerten Schauspielen, die wir gesehen haben, dürften das Kreuz

des Südens, die Magellan’schen Wolken und die anderen Konstellationen der südlichen Hemisphäre zählen – die Wasserhose – der Gletscher, der seinen blauen Eisstrom führt und in kühnem Abfall überm Meer hängt – eine Laguneninsel, angehoben von den riffbauenden Korallen – ein aktiver Vulkan – und die überwältigenden Auswirkungen eines heftigen Erdbebens. Letztere Phänomene sind für mich vielleicht von besonderem Interesse, weil sie aufs engste mit den geologischen Strukturen der Welt verbunden sind. Das Erdbeben hingegen dürfte für jedermann ein eindrucksvolles Ereignis sein: Die Erde, von frühester Kindheit an als Inbegriff des Festen erachtet, hat wie eine dünne Kruste unter unseren Füßen oszilliert, und wenn wir sehen, wie die mühevolle Arbeit des Menschen in einem Augenblick umgestoßen wird, empfinden wir die Bedeutungslosigkeit seiner angemaßten Macht. Es heißt, die Liebe zur Jagd sei eine dem Menschen innewohnende Freude – das Relikt einer instinktiven Leidenschaft. Wenn dies so ist, so bin ich mir sicher, dass das Vergnügen, im Freien zu leben, mit dem Himmel als Dach und der Erde als Tisch, derselben Empfindung angehört; hier kehrt der Wilde zu seinen Urgewohnheiten zurück. Ich denke immer wieder an unsere Ausflüge in unbewohnten Ländereien mit einer Freude, wie nichts in der Zivilisation sie hätte schaffen können. Ich habe keinen Zweifel, dass jeder Reisende sich des glühenden Glücksgefühls entsinnt, das er empfand, als er zum ersten Mal in einem fremden Klima atmete, das der zivilisierte Mensch selten oder noch nie betreten hat.

England verschiedene Schöpfungen in und für die genannten Inseln allein seien. Auch darf man nicht vergessen, dass das Wort Schöpfung für den Zoologen nur einen Prozess, man weiß nicht welchen, bedeutet.« OWEN führt diese Vorstellung dann weiter aus, indem er sagt, »wenn der Zoologe solche Fälle, wie den vom roten Waldhuhn, als eine besondere Schöpfung des Vogels auf und für eine einzelne Insel aufzählt, so will er damit eben nur ausdrücken, dass er nicht begreife, wie derselbe dahin und eben nur dahin gekommen sei, und dass er durch diese Art seine Unwissenheit auszudrücken gleichzeitig seinen Glauben ausspreche, Insel wie Vogel verdanken ihre Entstehung einer großen ersten Schöpfungskraft.« Wenn wir die in derselben Rede enthaltenen Sätze einen durch den anderen erklären, so scheint im Jahre 1868 der ausgezeichnete Forscher in dem Vertrauen erschüttert worden zu sein, dass der Apteryx und das rote Waldhuhn in ihren Heimatländern zuerst auf eine Weise, »man weiß nicht auf welche«, oder in Folge eines Prozesses, »man weiß nicht welches«, erschienen seien. Diese Rede wurde gehalten, nachdem die sofort zu erwähnenden Aufsätze über den Ursprung der Arten von Mr. WALLACE und mir selbst vor der Linnean

Society gelesen worden waren. Als die erste Auflage des vorliegenden Werkes erschien, war ich, wie so viele andere, durch Ausdrücke wie: »Die beständige Wirksamkeit schöpferischer Tätigkeit« so vollständig getäuscht worden, dass ich Professor OWEN zu denjenigen Paläontologen rechnete, welche von der Unveränderlichkeit der Arten fest überzeugt seien. Es erscheint dies aber (vergl. ›Anatomy of Vertebrates‹, Vol. III, p. 796) als ein bedenklicher Irrtum meinerseits. In der letzten Auflage dieses Buches schloss ich aus einer mit den Worten »no doubt the type-form etc.« (dasselbe Werk, Vol. I, p. XXXV) beginnenden Stelle (und dieser Schluss scheint mir noch jetzt völlig richtig), dass Professor OWEN annehme, die Zuchtwahl könne wohl bei der Bildung neuer Arten etwas bewirkt haben. Doch ist dies, wie es scheint (vergl. Vol. III, p. 798), ungenau und unbewiesen. Ich gab auch einige Auszüge aus einer Korrespondenz zwischen Professor OWEN und dem Herausgeber der ›London Review‹, nach denen es sowohl dem Herausgeber als mir offenbar so erschien, als behaupte Professor OWEN, die Theorie der natürlichen Zuchtwahl schon vor mir ausgesprochen zu haben; und über diese Behauptung drückte ich meine Überraschung und meine Befriedigung aus. Soweit es

HISTORISCHE SKIZZE DER FORTSCHRITTE IN DEN ANSICHTEN ÜBER DEN URSPRUNG DER ARTEN

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indessen möglich ist, gewisse neuerdings publizierte Stellen zu verstehen (das angeführte Werk, Vol. III, p. 798), bin ich wiederum entweder teilweise oder vollständig in Irrtum geraten. Es ist ein Trost für mich, dass andere die streitigen Schriften Professor OWENs ebenso schwer zu verstehen und miteinander in Übereinstimmung zu bringen finden wie ich selbst. Was die bloße Aussprache des Prinzips der natürlichen Zuchtwahl betrifft, so ist es völlig gleichgültig, ob mir darin Professor OWEN vorausgegangen ist oder nicht; denn wie in dieser historischen Skizze nachgewiesen wird, gingen uns beiden schon vor langer Zeit Dr. WELLS und Herr MATTHEW voraus. ISIDORE GEOFFROY ST.-HILAIRE spricht in seinen im Jahre 1850 gehaltenen Vorlesungen (von welchen ein Auszug in ›Revue et Magazin de Zoologie‹ 1851, Jan., erschien) seine Meinung über Artencharaktere kurz dahin aus, dass »sie für jede Art feststehen, so lange wie sich dieselbe inmitten der nämlichen Verhältnisse fortpflanze, dass sie aber abändern, sobald die äußeren Lebensbedingungen wechseln«. Im Ganzen »zeigt die Beobachtung der wilden Tiere schon die beschränkte Veränderlichkeit der Arten. Die Versuche mit gezähmten wilden Tieren und mit verwilderten Haustieren zeigen dies noch deutlicher. Dieselben Versuche beweisen auch, dass die hervorgebrachten Verschiedenheiten vom Werte derjenigen sein können, durch welche wir Gattungen unterscheiden«. In seiner ›Histoire naturelle générale‹ (1859, T. II, p. 430) führt er ähnliche Folgerungen noch weiter aus. Aus einer unlängst erschienenen Veröffentlichung scheint hervorzugehen, dass Dr. FREKE schon im Jahre 1851 (›Dublin Medical Press‹, p. 322) die Lehre aufgestellt hat, dass alle organischen Wesen von einer Urform abstammen. Seine Gründe und seine Behandlungsart des Gegenstandes sind aber von den meinigen gänzlich verschieden: Da aber sein ›Origin of Species by means of organic affinity‹ jetzt (1861) erschienen ist, so dürfte mir der schwierige Versuch, eine Darstellung seiner Ansicht zu geben, wohl erlassen werden. HERBERT SPENCER hat in einem Essay, welcher zuerst im ›Leader‹ vom März 1852 und später in SPENCERs ›Essays‹ 1858 erschien, die Theorie der Schöpfung und die der Entwicklung organischer Wesen mit viel Geschick und großer Überzeugungskraft einan-

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der gegenübergestellt. Er folgert aus der Analogie mit den Züchtungserzeugnissen, aus den Veränderungen, welchen die Embryonen vieler Arten unterliegen, aus der Schwierigkeit, Arten und Varietäten zu unterscheiden, sowie endlich aus dem Prinzip einer allgemeinen Stufenfolge in der Natur, dass Arten abgeändert worden sind, und schreibt diese Abänderung dem Wechsel der Umstände zu. Derselbe Verfasser hat 1855 die Psychologie nach dem Prinzip einer notwendigen stufenweisen Erwerbung jeder geistigen Kraft und Fähigkeit bearbeitet. Im Jahre 1852 hat NAUDIN, ein ausgezeichneter Botaniker, in einem vorzüglichen Aufsatz über den Ursprung der Arten (›Revue horticole‹, p. 102, später zum Teil wieder abgedruckt in den ›Nouvelles Archives du Muséum‹, T. l, p. 171) ausdrücklich erklärt, dass nach seiner Ansicht Arten in analoger Weise von der Natur wie Varietäten durch die Kultur gebildet worden seien; den letzten Vorgang schreibt er dem Wahlvermögen des Menschen zu. Er zeigt aber nicht, wie diese Wahl in der Natur vor sich geht. Er nimmt wie Dechant HERBERT an, dass die Arten anfangs bildsamer waren als jetzt, legt Gewicht auf sein sogenanntes Prinzip der Finalität, »eine unbestimmte geheimnisvolle Kraft, gleichbedeutend mit blinder Vorbestimmung für die einen, mit providentiellem Willen für die anderen, durch deren unausgesetzten Einfluss auf die lebenden Wesen in allen Weltaltern die Form, der Umfang und die Dauer eines jeden derselben je nach seiner Bestimmung in der Ordnung der Dinge, wozu es gehört, bedingt wird. Es ist diese Kraft welche jedes Glied mit dem Ganzen in Harmonie bringt, indem sie dasselbe der Verrichtung anpasst, die es im Gesamtorganismus der Natur zu übernehmen hat, einer Verrichtung, welche für dasselbe Grund des Daseins ist«. Im Jahre 1853 hat ein berühmter Geologe, Graf KEYSERLING (im ›Bulletin de la Société géologique‹, Tome X, p. 357), die Meinung ausgesprochen, dass, wie zu den verschiedenen Zeiten neue Krankheiten durch irgendwelches Miasma entstanden sind und sich über die Erde verbreitet haben, so auch zu gewissen Zeiten die Keime der bereits vorhandenen Arten durch Moleküle von besonderer Natur in ihrer Umgebung chemisch affiziert worden sein könnten, sodass nun neue Formen aus ihnen entstanden wären.

Programm einer Gedenkveranstaltung in Darwins Alma mater fünfzig Jahre nach der Veröffentlichung der Entstehung der Arten.

Im nämlichen Jahre 1853 lieferte auch Dr. SCHAAFFHAUSEN einen Aufsatz in die Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der Preuss. Rheinlande, worin er die fortschreitende Entwicklung organischer Formen auf der Erde behauptet. Er nimmt an, dass viele Arten sich lange Zeiträume hindurch unverändert erhalten haben, während wenige andere Abänderungen erlitten. Das Auseinanderweichen der Arten ist nach ihm durch die Zerstörung der Zwischenstufen zu erklären. »Lebende Pflanzen und Tiere sind daher von den untergegangenen nicht als neue Schöpfungen geschieden, sondern vielmehr als deren Nachkommen infolge ununterbrochener Fortpflanzung zu betrachten.« Ein bekannter französischer Botaniker, LECOQ, schreibt 1854 in seinen ›Études sur la géographie botanique‹ T. I, p. 250: »Man sieht, dass unsere Untersuchungen über die Stetigkeit und Veränderlichkeit der Arten uns geradezu auf die von GEOFFROY ST.-HILAIRE und GOETHE ausgesprochenen Vorstellungen führen.« Einige andere in dem genannten Werk zerstreute Stellen lassen uns jedoch darüber im Zweifel, wie weit LECOQ selbst diesen Vorstellungen zugetan ist. Die ›Philosophie der Schöpfung‹ ist 1855 in meisterhafter Weise durch BADEN-POWELL (in seinen ›Essays on the Unity of Worlds‹) behandelt worden. Er zeigt aufs Treffendste, dass die Einführung neuer Arten »eine regelmäßige und nicht eine zufällige Erscheinung« oder, wie Sir JOHN HERSCHEL es ausdrückt, »eine Natur- im Gegensatze zu einer Wundererscheinung« ist. Der dritte Band des ›Journal of the Linnean Society‹ enthält zwei von Herrn WALLACE und mir am 1. Juli 1858 gelesene Aufsätze, worin, wie in der Einleitung zu vorliegendem Bande erwähnt wird, WALLACE die Theorie der natürlichen Zuchtwahl mit außerordentlicher Kraft und Klarheit entwickelt. C. E. VON BAER, der bei allen Zoologen in höchster Achtung steht, drückte um das Jahr 1859 seine hauptsächlich auf die Gesetze der geographischen Verbreitung gegründete Überzeugung dahin aus, dass jetzt vollständig verschiedene Formen Nachkommen einer einzelnen Stammform sind. (RUD. WAGNER, ›Zoologisch-anthropologische Untersuchungen‹, 1861, p. 51.)

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Im Juni 1859 hielt Professor HUXLEY einen Vortrag vor der Royal Institution über die »Bleibenden Typen des Tierlebens«. In Bezug auf derartige Fälle bemerkt er: »Es ist schwierig, die Bedeutung solcher Tatsachen zu begreifen, wenn wir voraussetzen, dass jede Pflanzen- und Tierart oder jeder große Organisationstypus nach langen Zwischenzeiten durch je einen besonderen Akt der Schöpfungskraft gebildet und auf die Erdoberfläche gesetzt worden ist; man darf nicht vergessen, dass eine solche Annahme weder in der Tradition noch in der Offenbarung eine Stütze findet, wie sie denn auch der allgemeinen Analogie in der Natur zuwider ist. Betrachten wir andererseits die persistenten Typen in Bezug auf die Hypothese, wonach die zu irgendeiner Zeit lebenden Arten das Ergebnis allmählicher Abänderung schon früher existierender Arten sind – eine Hypothese, welche, wenn auch unerwiesen und auf klägliche Weise von einigen ihrer Anhänger verkümmert, doch die einzige ist, der die Physiologie einen Halt verleiht –, so scheint das Dasein dieser Typen zu zeigen, dass das Maß der Modifikation, welche lebende Wesen während der geologischen Zeit erfahren haben, sehr gering ist im Vergleich zu der ganzen Reihe von Veränderungen, welche sie überhaupt erlitten haben.« Im Dezember 1859 veröffentlichte Dr. HOOKER seine ›Einleitung zu der Tasmanischen Flora‹. In dem ersten Teil dieses großen Werkes gibt er die Richtigkeit der Annahme des Ursprungs der Arten durch Abstammung und Umänderung von anderen zu und unterstützt diese Lehre durch viele Originalbeobachtungen. Im November 1859 erschien die erste Ausgabe dieses Werkes, im Januar 1860 die zweite, im April 1861 die dritte, im Juni 1866 die vierte, im Juli 1869 die fünfte, im Januar 1872 die sechste.

Rechts: Aldabra-Riesenschildkröte, Seychellen. Im Indischen Ozean, weit entfernt von den Galapagosschildkröten, entwickelten sie sich unabhängig von diesen.

Darwins Porträt in der Buchreihe Harvard Classics.

Eine Medaille der Linnean Society von 1958 zur Erinnerung an die historische Sitzung, bei der die Mitglieder, einhundert Jahre früher, zum ersten Mal von Darwins Theorie hörten.

GLOSSAR DER WICHTIGSTEN FACHBEGRIFFE IN DIESEM BUCH Abdomen: Bei Gliederfüßern die Bezeichnung für den Hinterleib; ansonsten ist das Abdomen der Bauch oder Unterleib.

Anomalie: Gegenteil von der allgemeinen Regel.

Aberrant: Abnorm bzw. anomal; Formen oder Gruppen von Tieren wie Pflanzen, die in wichtigen Merkmalen von ihren nächsten Verwandten abweichen, sodass sie nicht so einfach mit diesen in eine Gruppe zu stellen sind.

Aphiden: Die Blattläuse.

Anthere: Staubbeutel.

Asymmetrisch: Wenn beide Hälften nicht gleich sind. Atrophie: Verkümmerung.

Abnorm: Von der allgemeinen Regel abweichend.

Axiom: Ein Grundsatz, der keines Beweises bedarf, also schlicht als gegeben feststeht.

Abortiv: Zu früh geboren bzw. verkümmert. Ein Organ gilt als verkümmert, wenn seine Entwicklung zu einem sehr frühen Zeitpunkt gestoppt wurde.

Balanus: Seepocken (Balanidae), eine Gattung, die zu den Rankenfüßern gehört und die in Hülle und Fülle auf den Felsen an den Meeresküsten lebt.

Adhäsion: Das Aneinanderheften verschiedener Pflanzen. Affinität: Ähnlichkeit verschiedener Arten. Agens (Pl. Agenzien): Wirksames oder wirkendes Mittel bzw. aktives/tragendes Wesen oder Prinzip. Albinismus: Albinos sind Tiere, bei denen die für die Spezies typischen Farbstoffe in der Haut und den Haaren nicht produziert werden. Albuminös: Wasserlösliche Eiweißstoffe enthaltend. Algen: Klasse der Pflanzen einschließlich des Seetangs und der mit Fäden ausgestatteten Süßwasserpflanzen. Alluvial: Schwemmland, also ein Boden, der durch Ablagerungen erst nach der letzten Eiszeit entstanden ist, wird alluvial genannt. Amaryllidaceae: Gattungsbezeichnung für die Amaryllis. Ammoniten: Eine Gruppe ausgestorbener Muscheln, die mit dem existierenden Nautilus aus der Gattung der Perlboote verwandt sind. Ihre Gehäuseröhre war zu einer Spirale aufgerollt und gekammert. Die Teilungen zwischen den Kammern an der Außenwand des Gehäuses waren in komplizierten Mustern gewellt. Analogie: Die Ähnlichkeit von Strukturen, die auf der Ähnlichkeit ihrer Funktion beruht, wie bei den Flügeln von Insekten und Vögeln. Derartige Strukturen werden analog genannt und sind Analoge zueinander.

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Bastard: Mischling, durch Kreuzung genetisch unterschiedlicher Elternformen entstanden. Batrachier: Amphibien, die mit den Reptilien verwandt sind, aber eine besondere Metamorphose durchlaufen, bei der das Jungtier im Allgemeinen im Wasser lebt und durch Kiemen atmet (z. B. Frösche, Kröten und Wassermolche). Beuteltiere: Ordnung der Säugetiere, bei denen die Jungen noch sehr unterentwickelt geboren und von der Mutter in einer Bauchtasche getragen werden; Beispiele sind die Kängurus und die Opossums. Blendling: Siehe Bastard. Brachiopoden: Armfüßer, eine Klasse von Meeresmollusken oder Weichtieren mit aus zwei Hälften bestehender Schale, die sich unter Wasser an Gegenstände mittels eines Stiels heften, der durch eine Öffnung in einer der Hälften nach außen reicht und mit Armen versehen ist, mit denen Nahrung zum Mund befördert wird. Camera lucida: Ein Zeicheninstrument, das William Hyde Wollaston 1806 zum Patent anmeldete. Das Gerät wurde zum Abzeichnen von Landschaften oder Porträts verwendet, in der Biologie wurden diese Projektionen zum Zeichnen mikroskopischer Präparate benutzt. Cephalopoden: Die Kopffüßer, höchste Klasse der Mollusken oder Weichtiere; für sie charakteristisch ist der von einer größeren oder kleineren Anzahl fleischiger Arme oder Tentakeln umgebene Mund, die bei den meisten heute lebenden Arten mit Saugnäpfen versehen sind (z.B. Gemeiner Tintenfisch und Nautilus).

Cetaceen: Ordnung der Säugetiere, einschließlich der Wale, Delphine usw., deren Form fischähnlich und Haut nackt ist und bei denen nur die vorderen Gliedmaßen entwickelt sind.

Cornea: Die Hornhaut des Auges.

Charakter: Hier noch im Sinne von Merkmal oder Eigenschaft gebraucht.

Corolla: Blumenkrone, zweite Hülle einer Blüte, die zumeist aus gefärbten blattähnlichen Organen (Kronblättern, Petalen) besteht, die an ihren Rändern entweder im unteren Bereich oder an drei Seiten miteinander verbunden sind.

Charqui (span.): Gesalzenes und dünn aufgeschnittenes Trockenfleisch.

Crustacea: Krebstiere, hier meist als Kruster (siehe dort) bezeichnet.

Chelonia: Ordnung der Reptilien mit den Meeresund Land-Schildkröten etc.

Degradation: Verschlechterung, im geologischen Sinne eine Abtragung.

Cirripeden: Ordnung der Krebstiere einschließlich Rankenfüßer und Seepocken. Die Jungen ähneln in ihrer Form jener vieler anderer Krebstiere; doch wenn sie ausgewachsen sind, leben sie stets, entweder direkt oder über einen Stiel, an Objekte geheftet und sind ihre Körper von einer Kalkschale umschlossen, die aus mehreren Teilen besteht, von denen sich zwei öffnen können, um ein Büschel Tentakel nach draußen zu schieben, die die Gliedmaßen darstellen.

Denudation: Abtragung des Bodens an Land durch Wasser.

Coccus: Hier im Buch ist damit die Cochenilleschildlaus (Dactylopius coccus) gemeint, die früher als Coccus-Art bezeichnet wurde (nach der heutigen Einteilung bedeutet Coccus Kugelbakterien oder Kokken). Bei ihnen ist das Männchen eine winzige beflügelte Fliege und das Weibchen im Allgemeinen eine reglose beerenähnliche Masse ohne Flügel. Coelosperm: Der Begriff wird auf die Früchte der Umbelliferen angewandt, deren Samen innen hohl sind. Coleoptera: Käfer, eine Ordnung der Insekten, mit Beißwerkzeugen, deren erstes Flügelpaar mehr oder weniger verhornt ist, damit es einen Schutz für das zweite bildet; das erste Flügelpaar stößt meist in der Mitte des Rückens in einer geraden Linie aneinander. Compositae: Korbblütler; Pflanzen, bei denen der Blütenstand aus vielen kleinen Blütenblättern besteht, die einen dichten Kopf bilden, und am Boden von einem Kelchblatt umhüllt ist (z.B. Gänseblümchen, Löwenzahn etc.). Confervae: Die Fadenalgen oder Wasserfaden im Süßwasser. Connaraceae: Familie der Ordnung der Sauerkleeartigen.

Deszendenz: Abstammung, Abkunft. Devonsystem oder -formation: Eine Schichtenfolge paläozoischen Gesteins; dazu gehört auch der Old-Red-Sandstein. Differenzierung: Die Unterteilung oder Abgrenzung von Teilen oder Organen, die bei einfacheren Lebensformen mehr oder weniger aus einem Stück bestehen. Dikotyledonen: Eine Klasse der Pflanzen, deren Kennzeichen zwei Keimblätter, die Bildung neuen Holzes zwischen der Rinde und dem alten Holz (exogenes Wachstum) und die Netze der Blattadern sind. Die Blütenteile kommen gemeinhin in Vielfachen von fünf vor. Diluvialwoge: Als Diluvium wurde im 19. Jahrhundert in Anspielung auf die Sintflut (von diluere – überschwemmen) das Pleistozän (siehe dort) bezeichnet. Gemeint sind hier die Überschwemmungen durch Schmelzwasser am Ende der letzten Eiszeit. Dimorph: Zwei deutlich unterschiedene Formen besitzend. Der Dimorphismus ist das Auftreten ein und derselben Spezies in zwei Formen, die sich nicht ähnlich sehen. Diorit: Eine bestimmte Art von Grünstein (Nephrit). Dolde: Blütenstand, bei dem die Blüten, die unten am Blütenstiel entspringen, auf langen Stielen sitzen, sodass sie sich fast in gleicher Höhe mit den oberen Blüten befinden. Drüse: Ein Organ, das bei Tieren oder Pflanzen ein bestimmtes Produkt, etwa ein Hormon oder Schweiß, absondert.

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Edentaten: Die Zahnarmen, eine Ordnung der Vierfüßer, die durch das Fehlen von mindestens einem (Vorder-)Zahn in beiden Kiefern charakterisiert ist (z. B. Faultiere und Ameisenbären).

Glazial: Fachbegriff für Eiszeit, in der ungeheure Kälte herrscht und weite Teile der Erde dick unter Eis begraben sind. Man glaubt, dass Glaziale in der Erdgeschichte wiederholt aufgetreten sind.

Embryo: Ein noch nicht geborenes Lebewesen im Ei oder in der Gebärmutter in der frühen Form der Entwicklung.

Gliedertiere: Eine große Abteilung im Tierreich, die dadurch charakterisiert ist, dass die Oberfläche des Tierkörpers in Segmente genannte Ringe unterteilt ist, von denen eine größere oder kleinere Menge mit Gliedmaßen ausgestattet ist (etwa Insekten, Krebstiere und Tausendfüßer).

Embryologie: Die Erforschung der Entwicklung des Embryos. Endemisch: Natürlicherweise nur an einem bestimmten Ort vorkommend. Eozän: Zeitintervall in der Erdgeschichte, das vor rund 56 Millionen Jahren begann und vor etwa 33,9 Millionen Jahren endete. Erratische Blöcke: Große, durch Gletscher an andere Orte transportierte Steinblöcke, meist in Lehm oder Geröll eingebettet; auch Findlinge genannt. Exkretion: Ausscheidung. Faden: Nautisches Längenmaß, ein Faden entspricht 1,8288 Metern. Fauna: Die Gesamtheit aller Tiere, die von Natur aus in einem bestimmten Land oder Gebiet leben oder in einer bestimmten geologischen Zeitepoche gelebt haben. Fertilität: Fruchtbarkeit. Flora: Gesamtheit aller Pflanzen, die von Natur aus in einem bestimmten Land oder Gebiet oder einer bestimmen geologischen Zeitepoche vorkommen. Fossilifer: Fossilien enthaltende Gesteinsformationen sind fossilifer. Fungus (Pl. Fungi): Pilze. Fuß: Längenmaß, ein Fuß ist 30,48 Zentimeter lang. Gallus: Gattung der Vögel, zu der auch das Gemeine Haushuhn gehört. Ganoidenfische: Fische mit eigentümlich glasierten knöchernen Schuppen, die meisten sind ausgestorben. Genus (das, Pl. Genera): Lateinisch für Gattung. Gestielt: Auf einem Stamm oder Stiel sitzend. Bei der Deutschen Eiche entstehen die Eicheln an einem Fuß (Stiel).

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Gneis: Gestein, dessen Zusammensetzung dem Granit nahekommt, aber mehr oder weniger lamelliert ist und durch die Veränderung eines Sediments nach seiner Verdichtung entsteht. Granit: Gestein, das im Wesentlichen aus grobkristallinem Feldspat und Glimmer in einer Quarzmasse besteht. Griffel: Der mittlere Teil des perfekten Pistills, der sich wie eine Säule vom Ovarium nach oben erhebt und an seiner Spitze die Narbe trägt. Habitat: Der Lebensraum, in dem ein Tier oder eine Pflanze von Natur aus vorkommt. Hermaphrodit: Die Reproduktionsorgane beider Geschlechter besitzend. Homologie: Die Beziehung zwischen Teilen, die aus deren Entwicklung aus entsprechenden Embryoteilen resultiert, entweder bei unterschiedlichen Tieren wie im Fall des Arms beim Menschen, des Vorderbeins eines Vierfüßers und des Flügels eines Vogels; oder beim selben Individuum, etwa den Vorder- und Hinterbeinen von Vierfüßern oder den Segmenten bzw. Ringen und ihren Anhängen, aus denen der Körper eines Wurms, Tausendfüßers etc. zusammengesetzt ist. Letzteres wird serielle Homologie genannt. Die Teile, die in solch einer Beziehung zueinander stehen, sind homolog, und solch ein Teil oder Organ ist das Homolog des anderen. Bei verschiedenen Pflanzen sind die Teile der Blüten homolog, und im Allgemeinen werden diese Teile als homolog zu den Blättern betrachtet. Hybrid: Der Nachwuchs aus der Paarung zweier verschiedener Spezies. Hymenopteren: Hautflügler, eine Ordnung der Insekten, die Beißwerkzeuge und gewöhnlich vier aus Haut bestehende Flügel mit einigen Adern haben. Bienen und Wespen sind bekannte Mitglieder dieser Ordnung.

Ichneumoniden: Eine Familie der Hautflügler, deren Mitglieder ihre Eier in den Körpern oder Eiern anderer Insekten ablegen. Infusoria: Infusions- oder Aufgusstierchen, die sich in einem Pflanzenaufguss entwickeln. Beispiele sind Amöben und Wimpertierchen. Kambrium: In der Erdgeschichte die älteste Epoche des Erdaltertums vor 541 bis ca. 485 Millionen Jahren, in deren Verlauf sich mit der sog. Kambrischen Explosion die Entstehung fast aller heutigen Tierstämme vollzog. Karbon: Der Begriff wird für die große Formation verwendet, die neben anderem Gestein die Kohleflöze enthält. Sie gehört zum ältesten oder paläozoischen Formationssystem. Keimbläschen: Ein winziges Bläschen in den Eiern von Tieren, aus dem sich der Embryo entwickelt. Kelchblätter: Der äußere, meist grüne Kreis einer doppelten Blütenhülle. Kokon: Eine Hülle, zumeist aus seidigem Material, in die oftmals Insekten in ihrem zweiten oder Ruhestadium (pupa) ihres Lebens eingeschlossen sind. Der Begriff »Kokonstadium« wird hier gleichbedeutend mit »Puppenstadium« verwendet. Konchylien: Schalen der Weichtiere.

Kruster: Die Crustacea oder Krebstiere, ein Unterstamm der Gliederfüßer, deren Körperhaut durch Kalkablagerung mehr oder weniger stark verhärtet ist und die durch Kiemen atmen (z. B. Krebs, Hummer, Garnele etc.). In diesem Buch ist immer von »Krustern« die Rede; »Krustentiere« ist heutzutage allerdings nicht die korrekte wissenschaftliche Bezeichnung, sondern wird für diese Tiere bei uns ausschließlich in der Küche verwendet. Larve: Entwicklungsstadium eines Insekts nach dem Schlüpfen aus dem Ei, in dem es gewöhnlich die Form eines Engerlings, einer Raupe oder Made hat. Leguminosen: Ordnung der Hülsenfrüchtler, bestehend aus der Gemeinen Erbse und Bohne, mit einer unregelmäßigen Blüte, bei der ein Petal wie ein Flügel hochsteht und Staubgefäße und Pistill in einer Scheide eingeschlossen sind, die von zwei anderen Petalen gebildet wird. Die Frucht ist eine Hülsenfrucht. Lepidoptera: Eine Ordnung der Insekten, die durch einen spiralförmigen Rüssels und vier große, mehr oder weniger schuppige Flügel charakterisiert ist. Dazu gehören die bekannten Schmetterlinge und Falter. Litoral: In der Uferregion von Gewässern und der Gezeitenzone.

Konglomerat: Gestein, das aus Felsbrocken und Geröll besteht, die durch ein anderes Bindemittel fest zusammengefügt sind.

Löß: Eine mergelige Bodenablagerung jüngerer Zeit (nach dem Tertiär), die z. B. einen großen Teil des Rheintals bedeckt und ein sehr fruchtbarer Ackerboden ist.

Korrelation: Die Wechselbeziehung Phänomenen, Merkmalen etc.

Mandibeln: Oberkiefer der Gliederfüßer.

zwischen

Koschenille: Farbstoff der roten Schildlaus. Damit gefärbte Kleidung war in der Antike allein Königen oder der obersten Führungsschicht, in Rom z. B. den Senatoren, vorbehalten.

Marsupiale: Die Gattung der Beuteltiere. Meile: Längenmaß. Man unterscheidet die englische Landmeile (1,609 km) von der Seemeile (1,852 km).

Kotyledonen: Keimblätter, welche die Knospe bei der Keimung schützen, Nährstoffe speichern oder den Keimling damit versorgen.

Melanismus: Das Gegenteil von Albinismus; eine übergebührliche Entwicklung des Farbpigments in der Haut und den Haaren.

Kreidezeit: Oder Cretaceum, das jüngste System des Erdmittelalters. Es begann vor 145 Millionen Jahren und endete vor 66 Millionen Jahren mit einem großen Massenaussterben, dem auch die Dinosaurier zum Opfer fielen.

Mesolithikum: Auch Mittelsteinzeit genannt. Die mesolithische Zeitperiode begann in Mitteleuropa um 9600 v. u. Z. und endete um ca. 4000 v. u. Z.

Kronenblätter: Der innere Kreis einer doppelten Blütenhülle; auch Corolla genannt.

Metamorphisches Gestein: Sedimentgestein, das nach seiner Ablagerung und Verdichtung eine Veränderung durchlaufen hat, im Allgemeinen infolge der Einwirkung von Hitze. GLOS S AR

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Metamorphose: In der Zoologie die Umwandlung der Larve zum erwachsenen geschlechtsreifen Tier; in der Botanik die evolutionäre Anpassung von Pflanzen an die jeweiligen Umweltbedingungen. Miasma (das, Pl. Miasmen): Giftige Ausdünstung. Früher als Erklärung für die Entstehung oder Übertragung von Krankheiten verwendet. So wurde zum Beispiel die Pest angeblich durch Miasmen ausgelöst. Mollusken: Weichtiere (molluscus – weich), artenund formreicher Tierstamm der Gewebetiere, die meist mit einer harten Schale umhüllt sind, und bei denen die Nervenganglien oder -zentren keiner generell festgelegten Anordnung folgen. Beispiele sind die Tintenfische und die Gemeinen Schnecken, Wellhornschnecken, Austern, Miesmuscheln und Herzmuscheln. Moräne: Geröllhaufen, den ein Gletscher unter sich mit ins Tal schiebt. Morphologie: Lehre von der Form und Struktur von Organismen unabhängig von der Funktion. Narbe: Der oberste Teil des Pistills bei Blumen. Natura non facit saltum (lat.): »Die Natur macht keinen Sprung.« Die Ansicht, dass die Natur keine Sprünge macht, reicht bis zu Aristoteles zurück, wenn sie auch erst durch Darwin endgültig bewiesen wurde. Das Schlagwort selbst stammt von Carl von Linné und richtet sich gegen die Verfechter der Theorie, alles Leben auf der Erde sei durch einen bewussten Schöpfungsakt Gottes entstanden. Darwins Evolutionstheorie weist hingegen eine allmähliche, eben nicht sprunghafte Entwicklung der Arten nach. Ocelli oder Ocellen: Die einfachen Augen oder Stemmata von Insekten, zumeist vorne oben am Kopf zwischen den großen Facettenaugen. Onus probandi: Lateinisch für »Beweislast«. Organismus: Ein organisiertes Wesen, entweder ein Tier oder eine Pflanze. Orthosperm: Bezeichnung für jene Früchte der Umbelliferen, deren Samen gerade ist. Ovarium oder Ovarien (bei Pflanzen): Der untere Teil des Pistills oder weiblichen Organs der Blüte mit den Ovula oder jungen Samen; durch das Weiterwachsen, nachdem meist die anderen Organe der Blüte abgefallen sind, entwickeln sie sich überwiegend zu Früchten.

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Ovula (bei Pflanzen): Die Samen im allerersten Entwicklungsstadium. Pachydermen: Gruppe der Säugetiere, so benannt wegen ihrer dicken Haut; dazu gehören die Elefanten, Nilpferde, Nashörner etc. Paläolithikum: Auch Altsteinzeit genannt; das Paläolithikum begann vor etwa 3,4 Millionen Jahren und endete vor rund 12000 Jahren. Paläozoisch: Das älteste System fossilienhaltigen Gesteins. Das Paläozoikum ist das älteste Erdzeitalter; es begann vor rund 541 Millionen Jahren und endete vor ca. 252,2 Millionen Jahren. Parasit: Ein Tier oder eine Pflanze, die auf, in oder an einem anderen Organismus auf dessen Kosten lebt. Parthenogenesis: Die Entstehung von lebenden Organismen aus unbefruchteten Eiern oder Samen. Pelorienbildung: Eine Missbildung, durch die monströse Blüten entstehen. Persistent: Anhaltend, fortbestehend. Petal (Pl. Petalen): Die Blätter der Blütenkrone oder der zweite Kreis der Organe einer Blüte. Sie sind zumeist sehr zart sowie kräftig gefärbt. Pfropfen: Verfahren zur künstlich herbeigeführten Verwachsung von knospentragenden Pflanzenteilen mit Abschnitten einer anderen, im Boden verwurzelten Pflanze. Phyllodien: Verlaubung der Blüten, eine Missbildung. Physiologie: Die Lehre von den Lebensvorgängen. Der Forscher, der sich damit befasst, wird Physiologe genannt. Pigment: Der Farbstoff, der meist in der Außenhaut von Tieren hergestellt wird. Die Zellen, die ihn abgeben, werden Pigmentzellen genannt. Pistill: Die weiblichen Organe einer Blüte, die eine Position in der Mitte der anderen Blütenorgane einnehmen. Das Pistill ist im Allgemeinen unterteilbar in Ovarium oder Keim, Griffel und Narbe. Plazentatiere: Siehe Säugetiere. Pleistozän: Früher Diluvium genannt und ans Ende des Tertiärs gestellt. Heute der erste Zeitabschnitt des Quartärs, der vor etwa 2,58 Millionen Jahren begann und um 9600 v. u. Z. endete.

Pliozän: Ein Zeitabschnitt in der Erdgeschichte, der vor ca. 5,3 Millionen Jahren einsetzte und vor rund 2,58 Millionen Jahren zu Ende ging. Plumula (bei Pflanzen): Die winzige Knospe zwischen den Keimblättern erst kürzlich befruchteter Pflanzen. Pollen: Der männliche Teil von Blumen; zumeist ein feiner Staub, der von den Staubbeuteln hergestellt wird und durch Kontakt mit der Narbe die Befruchtung der Samen bewirkt. Dies erfolgt durch Schläuche (Pollenschläuche), die von den Pollenkörnern, die an der Narbe haften, ausgehen und durch die Gewebe dringen, bis sie das Ovarium erreichen. Polyandrisch: Blüten, die viele Staubgefäße haben. Polymorph: Mit vielen Formen. Primordialperioden: Hier im Sinne von erdgeschichtlich sehr alte Zeit. Proteisch: Wandelbar, unzuverlässig. Protozoen: Die niederste große Abteilung im Tierreich. Diese Tiere bestehen aus einer schleimartigen Substanz und weisen kaum eindeutige Organe auf. Die Infusorien, Foraminiferen und Schwämme gehören neben einigen anderen Formen zu dieser Abteilung. Puppe: Zweites Entwicklungsstadium eines Insekts, aus dem es in seiner perfekten reproduktionsfähigen Form (mit Flügeln) hervorgeht. Bei den meisten Insekten wird das Stadium der Verpuppung in völliger Ruhe verlebt. Bei den Schmetterlingen heißt das Puppenstadium Chrysalis. Radicula: Die erste Wurzel einer Embryopflanze. Reproduktivsystem: Alle zur Fortpflanzung nötigen Teile beziehungsweise Organe eines Tiers und einer Pflanze. Rudimentär: Nur sehr unvollkommen ausgebildet. Ruminante: Wiederkäuer, die Gruppe der Vierfüßer, welche die Nahrung wiederkäuen; Beispiele sind Rinder, Schafe und Hirsche. Säugetiere: Eine Klasse der Wirbeltiere, zu der u.a. die gewöhnlichen behaarten Vierfüßer, die Wale und der Mensch zählen, und die durch das Gebären lebender Jungen charakterisiert ist, die nach der Geburt mit Milch aus den Zitzen der Mutter

gesäugt werden. Ein auffälliger Unterschied in der embryonalen Entwicklung hat zur Teilung der Klasse in zwei große Gruppen geführt; in der einen bildet sich, wenn der Embryo einen bestimmten Entwicklungsstand erreicht hat, eine Gefäßverbindung, die sogenannte Plazenta, zwischen ihm und der Mutter; bei der anderen fehlt diese und die Jungen kommen in sehr unvollständigem Entwicklungsstand zur Welt. Erstere, die den größeren Teil der Klasse umfassen, werden Plazentatiere genannt; zu den Letzteren, die keine Plazenta bilden, gehören die Beuteltiere und Kloakentiere (Ornythorhynchus). Säule: Ein spezielles Organ in Orchideenblüten, in dem die Staubgefäße, Griffel und Narbe (die Reproduktionsorgane) vereint sind. Sedimentformation: Ablagerung von feinkörnigem Gestein durch Wasser. Segmente: Die Querringe, aus denen der Körper von Gliedertieren oder Anneliden zusammengesetzt ist. Sekretion: Absonderung. Silursystem: Ein sehr altes Gesteinssystem mit Fossilien aus einer frühen Zeit des Paläozoikums. Sohlengänger: Vierfüßer, die wie die Bären beim Gehen die ganze Fußsohle auf den Boden setzen. Spezialisierung: Die Abspaltung eines bestimmten Organs für eine spezielle Aufgabe. Spongilla: Eine Gattung von Süßwasserschwämmen. Stamena: Staubgefäße. Die männlichen Organe von Blumen, die in einem Kreis innerhalb der Petalen stehen. Sie bestehen in der Regel aus einem Faden oder Staubbeutel, wobei Letzterer der entscheidende Teil ist, in dem der Pollen gebildet wird. Stammvater: Oder Archetyp; die ideale primitive Form, nach der alle Lebewesen einer Gruppe organisiert zu sein scheinen. Staubbeutel: Die Enden der Staubgefäße von Blumen, in denen der Pollen oder Blütenstaub hergestellt wird. Stemmata: Lateinische Bezeichnung für die Narbe bei Blüten. Die Narbe ist das oberste Ende der Fruchtblätter, wo der Pollen anderer Pflanzen haften bleibt.

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Stipulae: Nebenblätter am Ansatz der Blüte. Stipulae sind für einige Familien wie die Rosen typisch. Tarsus (Pl. Tarsen): Fußglied bzw. Fußwurzel von Gliedertieren wie Insekten. Teleostier: Fisch mit knöchernem Skelett, Knochenfisch. Tertiär: Zeitabschnitt der Erdneuzeit, unmittelbar vor dem augenblicklichen Quartär. Das Tertiär begann vor 65 Millionen Jahren und endete vor 2,58 Millionen Jahren. Transmutation: Bezeichnet heute an sich die Umwandlung eines chemischen Elements in ein anderes. Darwin verwendete das Wort im Sinne der Evolution; den Begriff der Evolution selbst benutzte er erst in einer späteren Ausgabe. Trilobiten: Eine spezielle Gruppe ausgestorbener Krebstiere, die äußerlich ein bisschen Ähnlichkeit mit Kellerasseln hatten und sich zu einer Kugel zusammenrollen konnten. Ihre Überreste wurden nur in paläozoischem Gestein gefunden, und zwar überwiegend in dem aus dem Silur. Trimorph: Mit drei Erscheinungsformen. Umbelliferen: Auch Umbellen genannt. Eine Ordnung der Pflanzen, bei denen die Blüten, mit fünf Staubgefäßen sowie einem Pistill mit zwei Griffeln, auf Stängeln sitzen, die oben aus dem Blumenstiel entspringen und sich wie das Gestänge in einem Regenschirm ausbreiten, damit alle Blütchen auf nahezu gleicher Höhe in einem Kopf (Dolde) sitzen. Beispiele sind Petersilie und Karotte. Unze: Apothekergewicht, entsprach im 19. Jahrhundert ca. 30 Gramm. Variabilität: Die Fähigkeit zur Abänderung im Erscheinungsbild. Varietät: Abart bzw. Unterart einer Spezies. Vera causa (lat.): Wahre Ursache, wahrer Grund. Vertebraten: Wirbeltiere. Verwildert: Aus einem Kulturzustand oder der Domestikation in der Natur zur wilden Form zurückentwickelt. Wechselgenerationen: Der Begriff wird auf eine bestimmte Weise der Reproduktion angewandt, die bei vielen niederen Tieren vorkommt und bei denen das Ei eine von den Eltern völlig verschiedene Lebensform hervorbringt, aus der jedoch die

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Elternform durch den Prozess des Knospens oder durch Teilung der Substanz des ersten Produkts des Eies erzeugt wird. Wechselkreuzung: Die Kreuzung von zwei Rassen oder Linien. Wiederkäuer: Siehe Ruminate. Wirbellose (Tiere): Alle Tiere, die keine Wirbelsäule besitzen. Wirbeltiere: Die höchste Abteilung des Tierreichs, so benannt, da die meisten von ihnen ein Rückgrat besitzen, das aus zahlreichen Wirbeln besteht. Diese Wirbelsäule wiederum bildet das Zentrum des Skeletts; gleichzeitig trägt und schützt sie die zentralen Teile des Nervensystems, das Rückenmark. Yard: Angelsächsisches Längenmaß, entspricht 91,44 Zentimetern. Zoll: Längenmaß, im Englischen »inch«. Ein Zoll ist 2,54 Zentimeter lang.

Bildnachweis Ein besonderer Dank geht an die Thomas Cooper Library, Universität von South Carolina, für die Bereitstellung des Großteils der Illustrationen in diesem Buch: Dr. Patrick Scott, Director of Special Collections; Zella Hilton, Rare Books and Special Collections; und Deborah Green, Digital Projects, sowie an David Leff, AboutDarwin.com, für die großzügige Überlassung seiner Fotos und Illustrationen. Vordere Umschlagseite: Oben links: Riesenschildkröte ©Jeff Hunter/Photographer’s Choice RF/gettyimages Oben rechts: Leguan, ©Fritz Polking/The Image Works Mitte: Porträt von Darwin, von George Richmond, 1840, ©Darwin Heirlooms Trust, mit freundlicher Genehmigung der English Heritage Photo Library Mitte, quer: Beagle-Kanal, Ausschnitt aus einem Aquarell von Conrad Martens, ©Down House, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International Unten links: Tanager, aus The Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle, und Karte aus A Naturalist’s Voyage Round the World, Ausgabe von 1913: The C. Warren Irvin, Jr., Collection of Charles Darwin, University of South Carolina Libraries Unten Mitte: Buch von Darwins Schreibtisch aus dem Down House, ©Down House, Downe, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International Unten rechts: Venusfliegenfalle, mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com

Innenteil: Vor- und Nachsatz: Alle Bilder von The C. Warren Irvin, Jr., Collection of Charles Darwin, University of South Carolina Libraries Pergamentpapier-Hintergund für historische Texte und Briefe ©iStockphoto.com/Svetlana Kuznetsova The C. Warren Irvin, Jr., Collection of Charles Darwin, University of South Carolina Libraries: S. 4–5, 6, 34 (unten), 44 (unten), 56 (oben), 69, 78 (links), 91, 99, 101, 103, 112 (unten), 114 (oben), 126–127, 146, 149, 195, 197, 199, 205, 207 (unten), 241 (oben), 269, 276–277, 279 (links & rechts), 280, 313, 339, 342, 362, 368, 379, 382, 389, 390, 393, 399–403, 408, 415, 417, 425, 429 (unten), 430, 432–434 (alle), 436–437, 442–443, 466, 473 & 496

Bilder aus A Naturalist’s Voyage Round the World, The C. Warren Irvin, Jr., Collection of Charles Darwin, University of South Carolina Libraries: S. xiv, 19, 37, 41–44 (oben), 45, 47–49, 56 (unten)–59, 65, 67, 78 (rechts), 80, 87, 104, 106–107, 109–110, 114 (unten), 116, 118, 121, 129, 132, 145 (unten), 150, 152, 154–155, 165, 169, 182, 186, 190, 192, 217 (unten), 218, 225– ı228, 230, 232, 245–246, 265, 266, 268, 270, 275, 295, 297, 299, 301, 303, 327, 330, 333, 360, 365, 367, 394 (unten), 396, 398, 407 (oben), 414 (oben), 444, 451, 454, 457 (oben & unten), 461–462, 467, 469, 495, 497, 504–510, 513 & 516–518 S. ııı: Porträt von Charles Darwin, Ausschnitt, Fotografie 1881 von Julia Margaret Cameron (1815–79), ©Private Collection/ The Bridgeman Art Library International S. xııı: Bild mit freundlicher Genehmigung des Wedgwood Museum Trust, Barlaston, Staffordshire, England S. xv: American Museum of Natural History, Denis Finnin S. 1: Joseph Hooker, Charles Lyell und Charles Robert Darwin, 19. Jahrhundert, Öl auf Leinwand, English School, ©Down House, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International S. 3: Portrait of Dr. Erasmus Darwin, 1792–93 by Joseph Wright of Derby (1734–97), ©Private Collection/The Bridgeman Art Library International S. 9: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 10: Mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress, Rare Book/Special Collections Reading Room (Jefferson LJ239), QH43.S53 1756 S. 11: Archives of the Gray Herbarium, Harvard University, Cambridge, Massachusetts, USA S. 12–13: ©Gavriel Jecan/OnAsia/Jupiterimages S. 15: American Museum of Natural History S. 17: Dr. Robert Darwin von James Pardon, mit freundlicher Genehmigung des Shrewsbury Museum Service, UK, www.darwincountry.org S. 20: Vice Admiral Robert Fitzroy by Samuel Lane (1780– 1859), ©Royal Naval College, Greenwich, London, UK/The Bridgeman Art Library International S. 22: Charles Darwins Sextant, hergestellt von Newman, 1831– 36, ©Royal Geographical Society, London, UK/The Bridgeman Art Library International S. 24: ©William Perlman/Star Ledger/Corbis S. 25: Meeting of the Lunar Society, Ausschnitt aus einem Stich, ©SSPL/The Image Works S. 26, 27 & 30: Farbstiche von D. Wolsenholme, ausgearbeitet 1862, ©Down House, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International S. 29: ©Boyd Norton/The Image Works S. 33: ©Fritz Polking/The Image Works S. 34 (oben) & 35: Wellcome Library, London S. 36: ©Topham/The Image Works S. 39: Bahia, Brasilien, Ausschnitt des Stichs, ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 51: ©O. Poss/SV-Bilderdienst/The Image Works S. 53: Mit freundlicher Genehmigung des Shrewsbury Museum Service, UK, http://www.darwincountry.org S. 54: ©Darwin Heirlooms Trust, mit freundlicher Genehmigung von der English Heritage Photo Library S. 55: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com

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S. 61: ©Paul Franklin/Oxford Scientific/Jupiterimages S. 64: ©Bibliothèque Nationale, Paris, Frankr./The Bridgeman Art Library International S. 70: ©Fritz Polking/The Image Works S. 73: ©SSPL/The Image Works S. 76: Darwins Studentenausweis, Lithographie, 19. Jahrhundert, ©Edinburgh University Library, Schottland, mit freundlicher Genehmigung der University of Edinburgh/The Bridgeman Art Library International S. 82: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 84: American Museum of Natural History, Denis Finnin S. 86 (oben & unten): American Museum of Natural History S. 89: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 93: Bildabdruck mit Genehmigung der Edinburgh University Library, Special Collections S. 94: Mit freundlicher Genehmigung von Master and Fellows of Christ’s College, Cambridge S. 95: American Museum of Natural History S. 97: Darwins Insektensammlung, Fotografie, ©Private Collection/The Bridgeman Art Library International S. 102: ©iStockphoto.com/Clayton Sharrard S. 105: ©iStockphoto.com/Ron Hilton S. 108: ©Roger-Viollet/The Image Works S. 112 (oben): ©Hunterian Museum at The Royal College of Surgeons of England S. 117: ©Fritz Polking/The Image Works S. 120: ©Tom Brakefield/The Image Works S. 123: American Museum of Natural History, Denis Finnin S. 125: ©Hal Beral/V&W/The Image Works S. 131: ©Jeff Greenberg/The Image Works S. 134–135: Punta Moreno, Isabela Island, Galápagos: ©Sylvain Grandadam/Robert Harding/Jupiterimages S. 141: Charles Darwins achromatisches Mikroskop, Wh.3788. Whipple Museum of the History of Science, University of Cambridge S. 143: Seite aus einem Notizbuch Darwins von 1837, aus The Life and Letters of Charles Darwin, Band II, veröffentlicht 1887 von Francis Darwin, ©Private Collection/Ken Welsh/The Bridgeman Art Library International S. 145 (oben) & 147: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 151: Mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress, LC-DIG-ggbain-05698 S. 156: ©Kike Calvo/V&W/The Image Works S. 160: ©Topham/The Image Works S. 162: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works S. 167 & 171: ©Hal Beral/V&W/The Image Works S. 173: Handgefertigter Nachbau der H.M.S. Beagle, fotografiert und gebaut von Richard Norris, www.handcraftedmodelships. com S. 175: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 177: Galapagos-Falke und -Schildkröte, ©Fritz Polking/The Image Works S. 178: ©Topham/The Image Works S. 185: ©Patrick Wagner/africanpictures.net/The Image Works S. 188: ©Kike Calvo/V&W/The Image Works S. 201: American Museum of Natural History S. 207 (oben): ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 209: ©Guy Marks/AA World Travel/Topfoto/The Image Works

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S. 211: Porträt von Darwin, 1840, von George Richmond, ©Darwin Heirlooms Trust, mit freundlicher Genehmigung der English Heritage Photo Library S. 212: Emma Darwin, 1840, von George Richmond, ©Down House, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International S. 215: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 217 (oben): ©Fritz Polking/The Image Works S. 221, 222, 237 & 239: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works S. 231: ©Kike Calvo/V&W/The Image Works S. 235: American Museum of Natural History, Denis Finnin S. 241 (unten): H.M.S. Beagle in Murray Narrow, Beagle Channel, Aquarelle von Conrad Martens (1801–78), ©Down House, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International S. 244: Porträt von Jean-Baptiste de Monet, Chevalier de Lamarck, 1802–03, Öl auf Leinwand von Charles Thevenin, ©Private Collection/The Bridgeman Art Library International S. 247: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 249: ©English Heritage/HIP/The Image Works S. 250: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 252: American Museum of Natural History. Nachkolorierung des digitalen Scans der Porträts von Charles und William Darwin von Rick Schwab. S. 253: Annie Darwin, Daguerreotypie, ausgestellt in Down House, dem Wohnhaus von Charles Darwin (English Heritage). Reproduziert mit freundlicher Genehmigung der Cambridge University Library, Charles Darwin Papers, no. 165 from DAR.225. Nachkolorierung des digitalen Porträtscans der Annie Darwin von Rick Schwab. S. 254–255: Down House, from the Garden, 1880, Ausschnitt aus einem Aquarell von Albert Goodwin, ©Down House, Kent, UK/ The Bridgeman Art Library International S. 257: ©English Heritage/HIP/The Image Works S. 261: ©Fritz Polking/The Image Works S. 262: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 264: ©Alinari Archives/The Image Works S. 271: ©Guy Marks/AA World Travel/Topfoto/The Image Works S. 273: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 281: ©Fritz Polking/The Image Works S. 283: American Museum of Natural History, Denis Finnin S. 285: Evolutionsbaum, mit freundlicher Genehmigung von Joel Cracraft, American Museum of Natural History, und bearbeitet von Assembling the Tree of Life, J. Cracraft und M. J. Donoghue, Hg., Abb. 34.1, Oxford Univ. Press, New York, 2004 S. 286: Skizze des Baums des Lebens, reproduziert mit freundlicher Genehmigung der Cambridge University Library. Charles Darwin Papers, S. 26 from DAR.121 S. 288: ©Chris Hondros/gettyimages S. 289: American Museum of Natural History S. 290: ©Hal Beral/V&W/The Image Works S. 292: Charles Darwin mit 45 Jahren, Illustration aus The Life and Letters of Charles Darwin, Volume I, 1887, Stich nach einem Foto von by Maull & Fox, ©Private Collection/Ken Welsh/The Bridgeman Art Library International S. 293: Mit freundlicher Genehmigung von Master and Fellows of Christ’s College, Cambridge S. 302: ©Kike Calvo/V&W/The Image Works

S. 306–307: The Origin of Species, Erstausgabe, Titelseite aufgeschlagen, von Charles Darwin, ©Natural History Museum, London, UK/The Bridgeman Art Library International S. 309: Porträt von Charles Darwin, 1854, englischer Fotograf, 19. Jahrhundert, ©Private Collection/The Bridgeman Art Library International. Nachkolorierung des digitalen Porträtscans von Rick Schwab. S. 312: ©Lebrecht Music & Arts Photo Library/The Image Works S. 315: ©Phillip Colla/Visual&Written/The Image Works S. 317: Thomas Henry Huxley, Ausschnitt aus einer Radierung von Leopold Flameng, 1885 nach John Collier, ©The Royal Institution, London, UK/The Bridgeman Art Library International S. 321: Handgefertigter Nachbau der H.M.S. Beagle, fotografiert und gebaut von Richard Norris, www.handcraftedmodelships. com S. 322: ©Ann Ronan Picture Library/Heritage-Images/The Image Works S. 325: Szenenbilder der zur Überholung an Land gezogenen Beagle von Thomas Landseer nach Conrad Martens, ©Private Collection/The Bridgeman Art Library International S. 329: ©Boyd Norton/The Image Works S. 335: ©Mike Langford/AA World Travel/Topfoto/The Image Works S. 344–345: ©Sylvain Grandadam/Robert Harding/ Jupiterimages S. 346: ©Down House, Downe, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International S. 349: Archives of the Gray Herbarium, Harvard University, Cambridge, Massachusetts, USA S. 351: ©ARPL/HIP/The Image Works S. 354: ©Phillip Colla/Visual&Written/The Image Works S. 366: ©Kike Calvo/V&W/The Image Works S. 371: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works S. 373: ©Topham/The Image Works S. 374: American Museum of Natural History S. 375: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 376: ©Fotomas/TopFoto/The Image Works S. 378: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works S. 380: Foto von Julia Margaret Cameron, mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress, LC-USZ62-97016 S. 381: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works S. 384: Karikatur von Charles Darwin und Émile Littré (1801– 1881), Farblithografie nach Andre Gill (1840–85), ©Musées de la Ville de Paris, Musée Carnavalet, Paris, Frankreich/Archives Charmet/The Bridgeman Art Library International S. 386 (unten): A Logical Refutation of Mr. Darwin’s Theory, aus Punch, 1. April, 1871, ©Private Collection/The Bridgeman Art Library International S. 387: ©iStockphoto.com/Nancy Nehring S. 388: ©iStockphoto.com/Angelika Stern S. 391 (links): ©Private Collection/The Bridgeman Art Library International S. 391 (rechts): The London Sketch Book, April 1874, Bd. 1, No. 4, ©Private Collection/Archives Charmet/The Bridgeman Art Library International S. 392: Dr. Jules Rengade, vor 1841, 1883, Farbstich von A. Demarle, ©Private Collection/Archives Charmet/The Bridgeman Art Library International S. 394 (oben): ©Photri/Topham/The Image Works

S. 397 (oben): Charles Darwin misst die Geschwindigkeit einer Schildkröte auf den Galapagosinseln, Illustration von Meredith Nugent, ca. 1830er, ©Mary Evans/Explorer Archives S. 397 (unten): ©Jeff Hunter/Photographer’s Choice RF/gettyimages S. 405: (alle Bilder bis unten): ©Roger-Viollet/The Image Works, (unten): ©Albert Harlingue/Roger-Viollet/The Image Works S. 407 (unten): ©Guy Marks/AA World Travel/Topfoto/The Image Works S. 412 & 413: ©Fritz Polking/The Image Works S. 414 (unten): ©The Natural History Museum, London S. 419: Mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress, Prints and Photographs Division, LC-USZ62-42950 S. 420: Foto von Julia Margaret Cameron, 1881, ©Private Collection/The Bridgeman Art Library S. 423: ©2006 Hemera Technologies/Photos.com/Jupiterimages S. 427: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 428: Charles Robert Darwin von John Collier, ©Down House, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International S. 429 (oben): Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 431, 438, & 439: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works S. 441: ©Tom Brakefield/The Image Works S. 445: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 446: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works S. 448: ©SSPL/The Image Works S. 449: Robert Chambers, Stich von D.J. Pound nach einer Fotografie von John Jabez Edwin Paisley Mayall, The DrawingRoom of Eminent Personages, Band 2, London 1860, ©Private Collection/Ken Welsh/The Bridgeman Art Library International S. 453: ©Doug Allan/Oxford Scientific/Jupiterimages S. 460: ©iStockphoto.com/Susan Flashman S. 464–465: ©National Maritime Museum, London S. 472: ©Gavriel Jecan/OnAsia/Jupiterimages S. 474: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works S. 476 & 477: Mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress S. 480–481: ©Corbis rf/Jupiterimages S. 485: ©Down House, Downe, Kent, UK/The Bridgeman Art Library International S. 487: Porträt von Charles Darwin, 1883, Öl auf Leinwand von John Collier, ©National Portrait Gallery, London, UK/The Bridgeman Art Library International S. 489: ©Oxford Science Archive/HIP/The Image Works pS. 490 & 491: Mit freundlicher Genehmigung von David Leff, ©AboutDarwin.com S. 493: Danke an das Center for Inquiry-West für die Genehmigung zum Abdruck. Konzeption von James Underdown. Grafik von David Barlia S. 494: ©David Curl/Oxford Scientific/Jupiterimages S. 500–501: ©Photos.com/Jupiterimages S. 521: Mit freundlicher Genehmigung von Master and Fellows of Christ’s College, Cambridge S. 523: ©Berndt Fischer/Oxford Scientific/Jupiterimages S. 524: Mit freundlicher Genehmigung der Library of Congress S. 525: ©Mary Evans Picture Library/The Image Works

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Register Abhandlung über das Bevölkerungsgesetz, Eine vıı, 144 Abirrende Artengruppen 510 Aborigines, Australien 468 Abschließung, wichtig bei natürlicher Zuchtwahl 120 f. Abstammung des Menschen, Die 368, 373, 376, 383, 385, 386, 403, 426 Ackererde 213 Aconcagua, Vulkan 263 Agassiz, Louis 154, 176, 296, 298, 303, 334, 350, 351, 358, 435, 473 Ageronia feronia (Schmetterlingsart) 49 Aguti (Dasyprocta) 343 Ainsworth, Mr. 126 Akklimatisierung 154–157 Albatrosse, Galapagos- 33 Albemarle Island 410, 418 Albert, Prinz von Sachsen-Coburg-Gotha 147 Amaryllidaceae (Amaryllisgewächse) 515 Ameisen 51, 206, 209 f., 216, 218–220, 234, 236, 238 ff., 245, 311 Ameisenfresser 335 American Museum of Natural History, New York 374 Amblyopsis (Blindfische) 154 Andenkondor (Vultur gryphus) 192 Ancylus (Süßwasser-Napfschnecke) 383 Anhang 514–520, 522 Anomma (Treiberameise) 239, siehe auch Ameisen Antuco-Vulkan 303 Aphiden 210, 220, siehe auch Blattläuse Aphis, Gattung der Röhrenläuse 467 Äquator, äquatorial 35, 193, 298, 363, 366 f., 369 f., 395, 405 Äquatorüberquerung, Feier der 35 Araukaner 62 Archiac, M. de 324 Areco 111 Aristoteles x Ascension, Insel 389, 516, 517 Ascent of Man, The 475 Aspicarpa 192, 432 Atlantik 516, siehe auch Atlantischer Ozean Atlantischer Ozean 187, 291, 350, 357 f., 360 f., 389, 398, siehe auch Atlantik Atlantisches Meer, siehe Atlantischer Ozean Audubon, John James 74, 188, 213, 385, Auge, Bildung des 189 f. Ausdruck der Gemütsbewegungen beim Menschen und bei Tieren, Der 425, 426 Australien 24, 44, 146, 216, 264, 299, 339, 409, 440, 460, 462, 463, 464–465, 467 Australopithicus afarensis 374 Autobiographie von Charles Darwin xı Azara, Mr. 71 Babington, Mr., über britische Pflanzen 56 Bacon, Francis xııı, 245, 352

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Baden-Powell 522 Baer, (C. E.) Karl Ernst von 522 Bahia Blanca, Brasilien 37, 39, 43, 47, 48, 104 Bakewell, Mr. 41 Balaniden (sitzende Cirripeden) 163, 194, 298, siehe auch Cirripeden und Chthamalinen Bär, fängt Wasserinsekten 186 Barrande, M. 301, 303, 310, 314, 321, 324, 326 f. Barriereriff 504, 505 ff., 509, 213, siehe auch Riffe Bartolomé Island 373, 407 Basaltschlucht, Santa Cruz 186, 187 Bastardbildung 8, 58, 175, 248–277, 352 Bastarde 31, 51, 55, 59, 113, 171 f., 248–277; und Blendlinge verglichen 269–275 Batrachier (Amphibien) 327, 372, 396, 403, 422, 455 Baum des Lebens 286 Baumkänguru 460, siehe auch Känguru Beagle, siehe HMS Beagle Beagle-Kanal 240, 242, 246 Beaufort, Kapitän 19 Beaumont, Elie de 314 Bell, C. 253 Bell, Thomas 389, 448 Bentham, Mr. 56, 323, 347, 436 Berg-Hasenmaus (Lagidium) 343 Bergbau 270 Berkeley Sound, Falkland Islands 190, 191, 196 Berkeley, Mr. 43, 355 Beuteltiere (Marsupialia) 131, 334 f., 432, 451, 453, 473, siehe auch Marsupiale Bibel, Darwins 24 Bienen, 84 f-, 108 f., 113, 203 f., 206, 209, 216 f., 220, 223, 225–228, 230–234, 341, 493 Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer, Die 445, 446, 447 Biogeographie 13 Birch, Mr. 32 Birgos siehe Kokosnussräuber Blattläuse 206, 210, 219, 236, 471, siehe auch Aphiden Blaufußtölpel (Sula nebouxii) 388 Blumen 38, 40, 43, 58, 107, 109, 113, 115, 124, 158, 164, 256, 259, 459, 476 Blyth, Mr. (Hr.) 24 f., 169, 259 Bolabola Insel 504, 505, 509 bolas 56, 57 f., 86, 87, 153 Bonin-Inseln 398 Bory de St. Vincent 396 Boston Journal of Natural History 517 Botanic Garden, The 4, 5 Botofogo Bay, Rio Janeiro 44, 46 Bougainville, Mr. 242 Blöcke, erratische, Findlings- 213, 357 f., 363 Blütenformen an Pflanzen der nämlichen Art, Die verschiedenen 436, 443 Brace, Mr. 515 Brachiopoden 54, 333

Brasilien 37, 40, 47, 49, 50, 335, 362, 364 f., 372, 452 brasilianische Reitgerten, Fußfesseln und Reitsporen 58 Brent, Mr. (Hr.) 215, 357 Brewer, Dr. 217 Bridgewater Treatise xııı Britisches Museum 218 Bronn 287, 308 Brown, Robert 176, 429 Brücke der Inkas, Uspallata-Pass 330, 331 Buch, Leopold von 233, 516 Buckland 327 Buckley, Mr. 41 Buckman 18 Buenos Aires, Argentinien 79, 104, 108, 109, 114, 115, 132, 136, 153, 191 Buenos Ayres siehe Buenos Aires Bulletin de la Société Gélogique 523 Bulletins de l’Académie royale Bruxelles 518 Burgess, Mr. 41 Bussard 69, 70, 71, 177 Button, Jemmy (Feuerländer) 222, 223 f., 229, 237, 238, 240, 242 f. Buzareingues, Girou de 272 Cacique Lucanee 62 Cactornis 404 Calceolaria (Pantoffelblume) 257 Callao, Peru 364 Capybara (Hydrochoerus) 343, siehe auch Wasserschwein Caracara (Adlerart) 71, siehe auch Carrancha Carmen del Patagones 59, 62 Carpenter, W.B. 347 Carrancha 71, siehe Caracara Cassini, Botaniker und Spezialist für Korbblütler 157 Castro, Chiloé 294, 297 Cephalopoden (Kopffüßer) 327, 333, 463 Cervulus (Cervidae), Hirsche 259 Chambers, Robert 449 Charaktere, Veränderlichkeit der 161–172 Charles Island, Galapagos 406, 414, 416, 418 Chartismus 147 Chatham Island, Galapagos 398, 406, 409 f., 414, 418 Chile, 37, 62, 128, 155, 193, 262, 263, 266, 267, 296, 300, 304, 334, 360, 363 Minenarbeiter aus 270 Steigbügel aus 275 Chilenos 332, 333 Chiloé Island (Insel) 294, 295, 296 f., 297, 299, 300, 301, 364 Chimango (Geierfalkenart) 71 Chonos-Archipel 296, 299, 300 Christentum, vııı Christ’s College, Cambridge vııı, 91, 92 f., 94, 96, 98, 101, 144 f., 145 Cambridge University –Würdigungsurkunde 276 – Programm einer Gedenkfeier 521 Chthamalinen, Chthamalus (sitzende Cirripeden) 284, 298 Chuzo (Bambusspeer) 57 Cicada Homoptera, eine Zikade 444

Cirripeden (gestielte Rankenfüßer, Cirripedes) 116, 159, 161, 163, 194, 291, 298, 311, 444, 462 f., 473, 476 Clift, Mr. 334 Cobitis (Fisch) 192 Cochrane, Lord 266 Coldstream, Dr. 74 Coleridge, Samuel Taylor 176, 483 Collier, John xı, 486 Collins, Mr. 41 Colymbetes (Wasserkäferart) 383 Concepción, Chile 304 f., 326 Connaraceae (Sauerkleeartige) 430 Cook, Kapitän 43, 60, 170 Copiapó, Chile 361 Coquimbo, Chile, 360, 361 Corcovado 46, 300 Coypu 343 Craven-Rücken 283 Creation Naturelle et les Etres Vivants, La 392 Crinum (Hakenlilie) 256 Cryptocerus (Ameisenart) 236 Ctenomys (Kammratten oder Tukotukos) 152 f. Cuvier, Frédéric, über den Instinkt 208 Cuvier, Georges, 42, 204, 207, 208, 298, 303, 327, 462 Cyttaria Darwinii, kugelförmiger Pilz 150 Dana, Professor, 154, 363, 365 Daniell, Mr., 46 Darwin Fox, W. siehe Fox, W. D. Darwin, Annie (Anne Elizabeth), vııı, 147, 253 Darwin, Catherine 54, 55 Darwin, Charles Robert 1, 7, 54, 211, 252, 292, 309, 390, 397, 419, 420, 428, 431, 476, 477, 485, 487, 524, 525; Chronologie 144–148; Buchlektüre 483; Denkmal 491; Grab 490; Karikaturen 371, 375, 376, 378, 384, 391, 445, 446, 493; Mikroskop 141; Notizbücher vıı, 143, 146, 176, 283, 286; Royal Medal 146, 148; »Skizze« von 1842 201, 277; Stammbaum 247; Studentenausweis xı, 76; Trauerfeier 489; Wissenschaftsarbeit 486; Werke 291, 318, 353, 377, 383, 385, 386, 430, 483; Wohnhaus Upper Gower Street 175, 213, 216; Darwin, Emma Wedgwood vııı, xıı, 146 f., 212, 485 Darwin, Erasmus xı, 3, 4, 6, 7, 375 Darwin, Erasmus (Bruder von Charles) 144 Darwin, Francis (Frank) xı, 443 Darwin, Robert Waring 17, 53, 144, 146 Darwin, Susannah Wedgwood xııı, 15, 16, 18, 144 Darwin, William 146, 252 Darwinfinken 102, siehe auch Tanager darwinii Dawes, Mr. 101 De Candolle, A.P. 75, 158, 453 De Candolle, Alphonse 11, 65, 130, 158, 179, 356, 369, 383, 385, 389, 396, 414, 417 Delphin 56 Description Physique des Isles Canaries, L. von Buch 516 Devonsystem 331 Dianthus, Nelkengewächse 260 Dictionary of Butterflies and Moths in Colour, The 160 Diodon antennatus (Igelstachelfisch) 42, 43 REGIS TER

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Discours sur les Révolutions de la Surface du Globe… 207 Disteln 111; Kardendistel 110 Riesendistel 110 Divergenz des Charakters 8, 65, 68, 124–127, 131 ff., 137–140, 328, 337, 426, 453, 456, 479, 492, 499, 504, 513 Divergenz der Taxa 126–127 Dodo (Vogel) 510 Domestikation, Abänderung durch 23–26, 78 f., 271 f. Down House vıııI, 147, 216, 248, 250, 254–255, 257, 258, 273, 289, 293, 346, 427, 428, 431 Downing, Mr. 99 Drummond, Henry 474 Dublin Medical Press 520 Dugong (Gabelschwanzseekuh) 79, 427, 450 Dyticus 383 Earl, Hr. Windsor 403 Echse, Landechse xıv, 61, 389, 410 f., 413, 418, siehe auch Meerechse Eiche, Varietäten der 59 Eichhörnchen 182 ff., siehe auch Flughörnchen Erdbeben 213, 233, 304 f., 364, 519 Erdbeere 48 Eciton 236 Ecuador 406 Edentata (Schuppen-, Gürteltiere) 157, 335 f., 497 Edinburgh Philosophical Journal 516 Edinburgh, Universität von 74, 75, 77, 92, 144 Edwards, Milne 130, 190, 196, 435, 456 Edwards, W.W. 170 Eimeo, Insel 457 Einheit des Typus 204, 456 Einleitung in das Studium der Naturwissenschaft 101 Einleitung zu der Tasmanischen Flora 522 Eisberge transportieren Samen 357 f., 370 Eiszeit 288 f., 320 f., 331, 357–370, siehe auch Glazialereignisse Elefanten 77, 79, 81, 155, 318, 330, 499 Elliot, W. 26 Embryologie 21, 245, 311, 323, 347, 368, 460, 467 f., 504, 510 Entblößung 282 ff., 301 Ente 18, 25 Entwicklung der biologischen Gedankenwelt, Die x Entwicklung des Menschen aus den Säugetieren 392 Esel 169 ff., 179, 261; 274 f. Essays on the Unity of Worlds 522 Études sur la géographie botanique 522 Eule, Zwergohreule (Asio flammeus galapagoensis), Galapagosinseln 393, 405 Evidence as to Man’s Place in Nature 430, 432 Evidences of Christianity 92 Evolutionsbaum 285 Existenzbedingungen 109, 204, 243, 405, 447, 462, 467 Eyre Sound 232, 233 Eyton, Hr. 259 Fabre, M. 217 Fahrt der Beagle, Die

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xı, 146

Falconer, Dr. 78, 303, 310, 330, 335, 367 Falklandfuchs 195, 196, 396 Falklandinseln 60, 155, 190, 191, 196, 291 Falter 160 Falsches Kap Hoorn, Kap Hoorn 230 Familienwerte 386 Fatahua-Fälle, Tahiti 451 Faultier 335 Federvieh, Rassezüchtungen 112 Felis Pajeros (Wild- oder Pampaskatze) 114 Fernando Noronha 36, 37 Festlandfuchs aus Chile 269 Feuerland 37, 43, 60, 71, 188, 216, 218, 224, 233, 241, 246, 263, 267, 296, 300, 320, 365, 367, 369, siehe auch Tierra del Fuego Feuerländer 24, 37, 60, 162, 221 f., 224, 228 f., 237 ff., 242 f., 468 Finken 259, 404, 411, 418 Baum- 415 Galapagos- und Darwin- 366, 399, 412, 413, 414 Kaktus- 400 vegetarische 401 Fische 42, 43, 82, 122, 128, 154, 184, 192, 194 f., 229, 298 f., 319, 327, 332 ff., 343, 357, 372, 380, 385, 450 Fitzroy (Fitz Roy), Robert, xı, 19, 20, 34, 37, 79, 162, 170, 183, 205, 221 ff., 238 ff., 242 f., 361 Flamingos 29, 271 Fledermaus, Verbreitung der -arten 398; Vampir- 362 Flughörnchen 182 ff., siehe auch Eichhörnchen Flustra (Moostierchen) 74 Forbes, Edward 149, 179, 283, 286 f., 301, 303, 313, 350, 355, 358, 389, 422 Formationen (geologische) 281–288, 290 f., 293–297, 301 ff., 310, 313, 319 f., 326, 328–331, 336 f., 485 f., 488 Formica flava (gelbe Ameisen) 219, 236–238 Formica fusca (sklavengebende Ameisen) 218 ff. Formica rufescens (sklavenmachende Ameisen) 218 ff. Formica sanguinea (sklavenmachende Ameisen) 218 ff. Fossa (Raubtier) 453 Fossilien 283, 284, 286 ff., 290 f., 293 f., 297–301, 318, 321, 327–331, 334–337, 486, 488, 496 f., 503, 510 ff. Fox, W. Darwin 96, 98, 216, 258 Fregattvogel 188 f., 200, 261, 281 Freke, Dr. 520 Fries, Mr. 68 Frösche auf Inseln 396 Fuchsia (Fuchsien, Nachtkerzengewächse) 257 Fuega Basket (Mädchen) 223 f. Feuerländer 24, 57, 60, 221–224, 228, 229, 237, 238, 239, 240, 242 f., 468, siehe auch Feuerland Gabelschwanzmöve 117 Galapagos-Archipel, Galapagosinseln, vı, 57, 217, 146, 311, 389, 392, 393, 394 ff., 398, 405, 407, 408–411, 414, 416, 418, 499 Galapagos-Albatrosse 33 Galapagosbussard 69, 70 Galapagoshai (Carcharhinus galapagensis), 188 Galapagos-Landleguan 61 Galapagos-Kandelaberkaktus 134–135

Galapagospinguin, 423 Galapagos-Riesenschildkröte (Geochelone elephantopus) 302, 396, 397, siehe auch Riesenschildkröten Galapagos-Seelöwen 131, 290 Gallinazo 71, 193, 364 Gambier Insel 506 Gans, südamerikanische 44, 45 Gänse 50, 188 f., 259 Gardener’s Chronicle 516 Gärtner, Mr. 59, 113, 251, 253, 256 f., 260 ff., 265, 270, 272 ff. Gauchos 58, 65, 67, 86, 87, 104, 196 Gavia 50 Gebiss (Zaumzeug), südamerikanisches 327 Geier, nackte Haut am Kopf 198 Gelbhaubenkakadu (Cacatua galerita) 120 Genesis of Species, The 377 Geoffroy St. Hilaire, Étienne (der »ältere« G,, Vater von Isidore) und Isidore 16, 19, 157 f., 161, 165, 311, 458, 515, 520, 522 Geographische Verbreitung 121 f., 180, 193, 245, 310 f., 338–371, 372–423, 436, 447, 484, 497, 518, 522 Geologische Beobachtungen 176 Geologische Gesellschaft, London 176, 213, 447 »Geologie Süd-Amerikas« 291 Gewohnheit 7, 26, 32, 45, 85, 102, 106, 109, 128, 154, 156, 174, 182, 186, 189, 194, 198, 203, 206, 208 ff., 214–220, 240, 444, 460, 473, 494, 515 Giraffe, Schwanz der 196 Glazialereignisse 363, 396, 416, siehe auch Eiszeit Gletscher 213, 232, 233, 291, 358, 363, 519 Glen Roy Parallelstraßen von, 176 Glocke von Quillota 361 Gmelin 358 Goethe 158, 522 Golf von Penas 232, 233 Gould, John xı, 87, 149, 404, 416 Gould, Dr. A. 406 Gould, Elizabeth xı, 44, 102, 343, 399–402, 415, 417 Große Kanarische Insel 37 Grant, Robert 73, 74, 144, 516 Gray, Asa 116, 130, 180, 282, 349, 350, 352 f., 358, 362, 430 Gray, J. E. 169, 171, 217, 323 Gregory Bay, Patagonien 162 Großäugige Bastardmakrele (Caranx torvus) 466 Grundammern 402 Guasco 361 Gunnera scabra (Mammutblatt, nicht mit dem Rhabarber verwandt) 301 Gürteltier 79, 157, 208, 335

Hacienda 265, von Quintero 266 Haeckel, Ernst 151 Haie 42, 188, 332 Haldeman, Professor 517 Halloy, N.J. d’Omalius d’ 518 Harcourt, Mr. E. V. 394 Hardie, Mr. 74 Hartung, M. 357 Harvard Classics Buchreihe 524 Hasen, Stallhasen 25, 81, 106, 214, 228, 343 Hasenmaus (Lagostomus) 343, siehe auch Viscacha Haughton, Professor 282 Hawkins, Waterhouse 466 Head, F. 71, 111 Hearne 186 Heer, Oswald 122 Helix pomatia (Weinbergschnecke) 406 Henslow, John Stevens xı, 92, 95, 96, 99 ff., 179, 300 Herbert, W. 75, 256 f., 515, 520 Hermaphroditen (beim Kreuzen) 111, 116, 118, 269, 349 Herschel, John vı, 101, 522 Heusinger 19 Hewitt, Mr. 266 Hide Bridge, Santiago de Chile 268 Hieroglyphic Hawkfish 125 Hippah, Neuseeland 461 Hippeastrum (Rittersterne) 256, 265 Histoire naturelle générale 520 Hobart Town, Australien 469, 470 f. Hogoleu Insel 505 Hooker, Joseph ıx, xı, 1, 2, 65, 116, 148, 155, 282, 311, 322, 323, 332, 350, 352 f., 363, 365 ff., 369, 383, 387, 395, 407 ff., 450, 522 Hornfrosch (Certophrys ornata) 288 Horner, Mr., zur ägyptischen Antike 24 Hornet, The 391 Horticultural Transactions 515 Hoßfeld, Uwe x Huacas, Tongefäße 367 Huber, P. 206, 208, 218 f., 223, 225, 227, 230 Humboldt, Alexander von 40, 101, 364 f., 411 Hunde 19, 24 ff., 32, 35, 38 ff., 41, 43, 71, 77, 83, 106, 155, 157, 193, 197, 214 ff., 259, 270, 426, 450, 468 Hunter, J. 163 Hutton, Capt., zu Bastardgänse 259 Huxley, Thomas Henry xı, 116, 245, 316, 317, 318, 323, 334, 371, 379, 381, 382, 383, 430, 432, 459, 467, 522 Hydra (Süßwasserpolyp) 192 Hydropathie 144, 148 Hymenopteren (Hautflügler) 166, 202, 430

Haarkämme der Damen 152, 153 HMS Beagle v–vııı, xı f., 1, 19, 21 f., 34, 35, 37, 61 f., 79, 101, 136, 145 ff., 159, 176, 179, 183, 191, 226, 227, 233, 240, 263, 296, 325, 361, 383, 398, 406, 451, 462, 464–465, 470 f., 518; Modell der 84, 173, 321 Plan der 145; Schnittzeichnung der 145

Illustrations of British Insects 98 Indications of the Creator 279 Innes, John Brodie 386 Insektenfressende Pflanzen 429 Insektivoren, insektenfressende Pflanzen 429 Inseln, ozeanische 387, 389, 392, 394 ff., 398, 403, 406– 411, 413 f., 416, 418, 421 f. Instinkte 8, 16, 175, 206–247 REGIS TER

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Jaguarundi (Wieselkatze) 197 James Island 418 Jameson, Professor 74 f. Java, auftretende Pflanzen 365 Jelängerjelieber (Viola tricolor) 38, 43, 84 John Murray Publishers x, 147 Jones, Mr. J. M., über Vögel auf Bermuda 394 Juncker, Thomas x Jussieu, A. de 432, 435 Käfer xv, 66, 72, 88, 97, 98 f., 102, 152, 159, 166, 310, 383, 396, 416, 458, 460, 475, 502 Kaktus 265, 398, argentinischer – 154 baumartiger Feigenkaktus 404, 407 Kandelaber- 134–135 Kalk, Kalkstein 153, 258, 266, 471 Kampf ums Dasein (Überleben) vıı, 8, 72–88, 102, 122, 136, 140, 148, 184, 189, 204, 234, 332 f., 337, 343, 346, 387, 417, 456, 482, 489, 497, 499, 513 Kanarienvogel 259 Känguru 441, 460 Kaninchen 16, 25, 67, 106, 214, 228, 343 Kap der Guten Hoffnung 44, 124, 320, 366, 389, 512 Kap Gregory 162, 165 Kap Hoorn 61, 230, 245, 246, 300 Kapverdische Inseln 2, 37, 179, 408, 499 Karolinen-Archipel (Gruppe) 398 Kasuar, Vogel 89 Katamaran (Bahia) 39 Katzen 19, 50, 84, 106, 157, 202, 216 Kava (Piper methysticum) 457 Keeling Island 495 Kerguelen-Land 170, 369, 408 Keyserling, Graf 520 Khan, Akber 32 King, Kapitän 37 Kirby über Vordertarsen von Käfern 150 Klassifikation 8, 139 f., 147, 164, 323, 327, 341, 385, 424–481 Klima 81, 85, 87 f., 94, 96, 98, 100, 104, 120, 149 f., 153–156, 172, 177, 179, 181 f., 191, 197 f., 228 f., 261, 263 f., 269, 272, 278, 296, 299 f., 320 f., 324, 331 f., 334, 338 f., 346, 348 f., 358–370 Knight, Andrew 14, 111 Kohlmeise (Parus major) 186 Kokosinsel 406, 495 Kokosnussräuber oder Palmendieb (Birgos latro) 497, 498, siehe auch Birgos, Kolibri 50, 155, 416 Kölreuter, Mr. 113, 251, 256, 262, 272, 274, 475 Komodo-Drache 329 Komodo Insel, Indonesien 329 Kompositen, siehe auch Korbblütler 157 f. Kondor 71, 79, 193, 265, siehe auch Andenkondor Königinfalter (Dannaus gilipus) 156 Korallen 213, 495, 506, 508, 509, 519 -inseln 356, 452, 509 -riffe vı, 176, 179, 213, 302, 452, 505, 506 f.

540 · RE G I S T E R

Korbblütler (Compositae) 475, siehe auch Kompositen Kordilleren 119, 187, 193, 263, 266, 267, 281, 296, 300, 326, 332, 343, 363 ff., 367 Kormoran, flugunfähiger (Nannopterum harrisi) 315 Kraken 82 Kreuzung 8, 21, 23, 25 f., 28, 31 f., 38, 41, 43, 50 f., 82, 106 f., 111–120, 156, 167, 170, 172, 175, 214, 240, 248–276, 310, 349, 352, 392–395, 436, 475, 484 f., 496, 502, 515, siehe auch Wechselkreuzung Kruster (Crustacea) 184, 299, 310, 333, 363, 365, 435 f., 455, 458 f., 462, 473 Kuckuck 216 ff., 245, 347 Kuhnasenrochen, Pazifik, im Flachwasser 167 Laguna de San Rafael 233 Lamarck, Jean Baptiste de x, 74, 146, 179, 243, 244, 245, 311, 323, 450, 514 f. Landleguan 61, siehe Echse Landschnecken 63, 310, 334, 392, 395, 406 , 416 Las Minas 65 Lavaströme 283, 409 Lazo 58, 153 Leader 520 Leben und Briefe von Charles Darwin xı Leben von Erasmus Darwin 7 Lecoq, M. 522 Lemuren (Lemuridae) 184 durch die Luft gleitende (Galeopithecus) 184 Kronenmaki 185 Lepadidae 291 Lepidosiren (Lungenfisch) 451 Lepsius, Professor 32 Lesson, M. 128 Liesk, Mr. 498 Lima, Peru 364, 365 Lincoln, Abraham 144, 148 Lingula (Gattung Armfüßer), silurische 300, 301, 310, 313 Lingula Nautilus (Perlboot) 300 Linnaeus, Carl (Carolus) 9, 77, 426, 432, 450, siehe auch Linné Linné, siehe Linnaeus Linnean Society, Linnésche Gesellschaft ıx, 2, 148, 282, 436, 447, 504, 516, 519, 522, 525 Littré, Émil 384 Livingstone, David 39, 148 Lobelia fulgens (Scharlach-Lobelie) 84, 113 Lobelia, Arten von Lobelien 256, 265 London Review 519 Louis Napoleon, Kaiser von Frankreich 148 Low, Mr. 229, 300 Löwenmaul (Antirrhinum) 168, 476 Lubbock, Hr. 54, 239 Lucas, Dr. Prosper 21, 275 Lumb, Mr. 108 Lunar Society 25 Lund und Clausen 334 Luxan 111 Lyell und Dawson, Entdeckung in Neu-Schottland 293

Lyell, Charles ıx, xı, 1, 2, 75, 111, 146, 148, 149, 176, 178, 179, 207 f., 245, 281 f., 284, 287, 290, 298, 301, 303, 308, 310 f., 320, 323, 326, 332, 349, 353, 357, 370, 383, 416, 502 Macleay, 450 Macrauchenia (ausgestorbenes Säugetier) 79, 320 Macrocystis pyrifera (Riesentang) 169, 170 Madagaskar xı, 184, 453, 494 Madeira 57, 63, 122, 152 f., 310 f., 334, 392, 394 ff., 416 Magellan-Flora 217 Magellanstraße 60, 62, 187, 191, 193, 225, 226, 227, 300, 343 Malaiischer Archipel ıx, 198, 282, 293 f., 298, 403 Maldiva Archipelago 508 Maldonado 62, 65, 67 Malpighiaceae (Malpighiazeen) 432, 435 Malthus, Thomas vıı, 8, 77, 144, 146, 208 Malvern 147 Manati (Rundschwanzseekuh) 79 Maniok 48 Mantiden (Fangschrecken oder Gottesanbeterinen) 235 Manual of the Flora of the Northern United States 130 Marianen-Archipel 398 Marshall, Mr. 46, 444 Marsupiale 451, 453, 497, siehe auch Beuteltiere Martens, Conrad 87, 241 Martens, M. 356 Martin, Mr. W. C. 171 Mastodon (Rüsseltier) 119, 208, 314, 320, 330 Mate-Gefäße und Bombilla 107 Matteucci 194 Matthew, Patrick 516, 520 Matthews, R. 223, 238, 240 Mauritius, Insel 396, 398, 495, 510, 511 Maurua, Insel 506 Mäuse 67, 84 f., 155, 200, 408, 409 Mayr, Ernst x McCormick, Robert 146 Meerechse (Amblyrhynchus cristatus) 354, 398, 412, 413, siehe auch Echse Megalonyx (Riesenfaultier) 79, 208 Megatherium (verwandt mit Megalonyx) vı, 79, 208, 314, 320 Melipona domestica (stachellose Biene) 223, 225 f., 232 f. Meteyard, Miss 18 Mikroskop (Darwins) 141 Miller, Hugh 281 Miller, Professor 225 Milton, John 176, 483 Minenarbeiter, chilenischer 270 Mirabilis (Wunderblume) 262 Mississippi 282, 288 Mistelpflanze 7, 72, 77 Mivart, St. G. 377, 383, 385 Molina, Mr. 196 Mollusken 184, 284, 293, 310, 320, 333 f., 459 Mons, Van 33 Monstrositäten 16, 19, 52, 105, 142, 165, 467 Montevideo (Monte Video) 67, 128, 146

Moquin-Tandon, Mr. 149 Morton, Lord 170 Morphologie 458 ff., 479 Mount Sarmiento 226, 246 Mount Wellington, Australien 469, 470 Mount, The, Shrewsbury xı, 53 Movements and Habits of Climbing Plants, The (Bewegungen und Lebensweise der kletternden Pflanzen) 378, 436, 437, 442, 443 Mozart, musikalische Fertigkeit 209 Maultiere 71, 270, 328, 331, 361 Müller, Dr. F. 18, 365 Müller, Hermann 436 Müller, J. 190 Murchison, Sir R. 284, 301, 303, 314 Myrmecocystus (Ameisengattung) 236 Murray, C. 26 Muschelsand 41, 300 Mus darwinii (Mäusespezies) 408, 409 Muséum National d’Histoire Naturelle 207 Mylodon Darwinii 79, 118, 320 Myrmica 238 f. Nachtschattenranke (Solanum jasminoides) 437 Nadelhölzer, Pollen von 203 Nagetiere 67, 155, 183, 199, 343, 440, 453 Nandu-Art (Rhea americana) 86 f., 343 Napoleon I 512 f. Narborough, J. 246 Narrative of the Surveying Voyages of His Majesty’s Ships Adventure and Beagle… 34, 205 Natursystem, natürliches System 426, 440, 443, 450, 456 Nature 430 Nature of Limbs 518 Naturhistorischer Verein der Preuss. Rheinlande 522 Naudin, M. 520 Nautilus, silurischer (Perlboot, Kopffüßer) 300 Naval Timber and Arboriculture 516 Neukaledonien 505, 507 New Flora of North America 517 Neuseeland xı, 202, 240, 333 ff., 363, 365 f., 389, 392, 395 f., 398, 408 f., 461, 518 Newman, Mr. 84 f. Nga-Manu Naturschutzgebiet, Neuseeland 335 Nicotiana (Tabak) 261 Noble, Mr. 257 Norfolkinsel 398 Nouvelles Archives du Muséum 520 Obstbäume 38, 156 Ochsenkarren 114, 115 Onkel Toms Hütte 148 Orchideen 203, 434, 435 f., 443 f. Organe, der Organismen (Bildung, Gebrauch, rudimentäre) 44, 50, 53 f., 109, 142, 157, 159, 161, 163–166, 169, 172 ff., 184, 189–192, 194–197, 200, 202–205, 251, 265, 267 f., 311, 352, 396, 429 f., 432, 435, 447, 456, 458 ff., 471–476, 478–482, 484, 488, 499, 502 f., 510, 515 Origin of Species by means of Organic Affinity 520 Ornithorhynchus (Schnabeltier) 122, 140, 432, 451, 476 REGIS TER

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Owen, Richard 79, 150, 161, 194, 298, 314, 327, 334, 427, 432, 438, 458 f., 463, 476, 518 ff., P. torquatus (Fasanenart) 259 P. versicolor (Fasanenart) 259 Pachydermata, Pachydermen (Dickhäuter) 79, 327, 450 Palaeotherium (ausgestorbene pferdeähnliche Art) 208 Paley 92, 202 Pallas 259 Palmen 64 Palmettopalme 48 Papilio Feronia, siehe Ageronia feronia. Papua-Neuguinea 13 Paradise Lost 176 Passiflora (Passionsblume) 256 Patagones, Rio Negro 59, 62 Patagonien 37, 57, 60, 71, 67, 118, 159, 182, 187, 193, 200 Patagonier 60, 162, 165 Pazifik 37, 71, 146, 193, 213, 246, 263, 267, 395, 452, 461, 505, 509, siehe auch Pazifischer Ozean Pazifischer Ozean 187, siehe auch Pazifik Pelargonium (Pelargonien, Storchschnabelgewächse) 257 Personal Narrative of travels to the Equinoctial Regions… 101 Petunia (Petunien, Nachtschattengwächse) 257 Pfau (Pavo cristatus) 102 Pfeifen und Reitsporen aus Patagonien 57 Pferde vı, 23, 25, 39, 41, 79, 123, 125, 169–172, 261, 275, 280, 314, 349, 493 -fossilien, fossile Art 78, 123, 314, 318 f. Pfropfen 18, 257, 264 f., 276, 484 Phasianus, Edelfasan 259 Philippi 308 Philosophical Magazine 213 Philosophical Transactions 176 Philosophie der Schöpfung 522 Philosophie Zoologique 245, 514 Pictet, Professor 296, 298, 310, 313, 331, 334 Pierce, Mr. 106 Pinguine, Galapagos-, 423, 480–481 Pinnacle Rock, Felsnadel auf Bartolomé, Galapagos 373 Planarien 291 Planktonlarven 42 Plinian Society 74, 93 Plinius 32, 39, 43 Polyborus 71 Ponsonby-Sund 238, 242, 246 Poole, Colonel 169 ff. Port Desire 87, 159, 193 Port Famine 225 Port Jackson, Australien 463 Port Louis, Mauritius 510, 511 Port St. Julian 183 Portillo-Pass 332 Prestwich, Mr. 326 Prießnitz, Vincenz 144 Primel 59 Principles of Descriptive & Physiological Botany 99 Principles of Geology 2, 146, 149, 179, 281 Proteolepas (parasitischer Rankenfüßer) 161

542 · RE G I S T E R

Proteus (blindes Reptil) 154 Puffinuria berardi (Sturmvogel) 188 Pulperia 65 Punch 371, 375, 378, 381, 386, 439, 445 f. Punta Alta 79 Punta Gorda 128 Quiriquina, Chile

304

Rabida Island 29, 271 Rafinesque, C. 516 f. Ralle 417 Ramsay, Professor 101, 282 f. Ranken, an kletternder Bambusart 198 Rankenfüßer 147 f., 194, 291, 318 Raupe 208, 245, 462, 468 Recado oder Gaucho-Sattelgurt 58 Regenwald 47 Regenwürmer 116, 213, 429 Reise eines Naturforschers um die Welt xı, 58, 59, 65, 169, 190, 217, 291, 473, 506–508 Rengade, Jules 392 Reptilien 146, 184, 199, 298, 310, 327 ff., 332, 334, 389, 395, 398, 413, 432, 499 Rückkehr (bei Abänderung) 21 ff., 50, 164, 167 ff., 173, 198, 200, 498 Revue et Magazin de Zoologie 520 Revue horticole 520 Reynolds, Joshua 18 Rhea darwinii (Nandu-Art), 86, 87, 342, 343 Rhododendron (Rhododendren, Heidekrautgewächse) 257 Richard, Professor 435 Richardson, J. 162, 366, 409 Riesenschildkröten, Aldabra- 523 Galapagos- xı, 177, 302, 396, 397, 398, 418 Riffe 213, 452, 457, 495, 505 ff., 509 Barriere- 504, 505 ff., 509 Korallen- 176, 179, 213, 302, 452, 505, 506 f., siehe auch Korallen Saum- 506 f., 509 Rinder (Rindvieh) 21, 23 f., 25, 33, 35, 41, 62, 77, 83, 100, 124, 153, 192, 198, 235, 293, 304, 319, 444, 467 f., 475, 478 Rio de Janeiro 44, 45, 56, 145, 224 Rio Maypu 268, 332 Rio Negro 59, 62, 71, 87, 153, 193 Rio Orinoco 40 Rio Parana 67, 115 f., 119, 121, 124, 128 f., 136 Rio Plata 56, 62, 67, 79, 136, 159 Rio Saladillo 116, 119 Rio Santa Cruz 187, 193 Rio Tercero 119 Robinia (Robinie, Laubbaum) 265 Rochen 194 Rollin, Mr. 170 Rolor, General 136 Rosa, General 136 Rosario 116 Rosen-Malve, Varietäten 272

Rote Klippenkrabbe 387, 500–501 Rotes Waldhuhn 519 Rouse, Mr. 305 Rowley, Mr. 515 Royal Institution 522 Royal Society 515 Rübe 167, 444, siehe auch Turnips Rutabaga siehe Steckrübe Rutabaga-Turnips, schwedischer 450 Sagitta (Gattung der Pfeilwürmer) 291 Samen 16 ff., 33, 43, 51, 59, 72, 75, 77–85, 88, 100, 113, 115, 119, 129, 139, 155–159, 186, 208, 235, 251, 256 f., 259–262, 265, 267, 269, 272, 355–358, 384 ff., 389, 395 f., 408, 417 f., 503 San Carlos, Chiloé 296, 299 San Lorenzo, Peru 365 San Nicolas 116 Santa Cruz, Tal von 186, 187, 193 Santa Fé 115 Santa Fé Bajada 124 Santa Fé Insel 209 Santiago de Chile 266 Saporta, Marquis de 385 Schaaffhausen, Dr. 522 Schafe 25, 35, 37 Schiödte 153 f. Schlüsselblumen (Primula) 58, 270, 510 Echte – (Primula veris) 58 Hohe – (Primula elatior) 58, 444 Schmelzbirne 43 Schmetterlinge 49, 159, 160, 416, 462, 468 Schnabeltier mit entenartigem Schnabel 146, 264 Schöpfungsmittelpunkte 348 f., 421 Scherenschnabel (Rhynchops nigra) 128, 129 Schokoladen-Seestern (Nidorellia armata) 171 Schottische Kiefer 83, 219 Schwalben 87, 128, 404 f. Schwanz von Land- und Wassertieren 7, 26, 28, 31 f., 42, 45, 128, 163, 167, 174, 181 f., 184, 193, 196 f., 202, 204, 275, 279, 404, 410, 498 Schwimmblase 192 Seelöwen 131, 209, 290 Sebright, Sir J. 26, 37 Seeschwalben 128, 516, siehe auch Schwalbe Sedgwick, Adam 92, 296, 303, 340 f. Sextant 22 Sexual-Charaktere, sekundäre 163, 165 f., Shrewsbury vı, 53, 75, 92, 144 Darwin-Denkmal in – 491 Schule in – 55 Shropshire Horticultural Society 491 Sklavenmacher-Instinkt 218–220 Smith, Col. Hamilton 170 Smith, H. F. 218 f., 236, 239 Smith, Mr., von Jordanhill 281 Snow, C.P. xıı Somerville, Lord 37 Sonnentau 429 Sorbus (Mehlbeeren) 265

Spechte 7, 72, 186, 188 f., 198, 203, 492, 518 Spencer, Herbert x, 41, 520 Sphex, Grabwespe 217 Spielender Drachenkopf (Scorpaena histrio) 466 Spitzhund, Paarung mit Fuchs 270 Spongilla (Süßwasserschwamm) 516 Spottdrossel 404 f., 414, 418 Sprachen, als Beispiel für Klassifikation 443 Sprengel, C. C. 113, 115, 158 St. Helena 39, 392, 512, 513 St. Jago (Santiago), Kapverdische Inseln 2, 37, 179 St. Peter’s Church, Staffordshire 215 Staub 291 Stechpalmenstämme, Geschlechter der 107 f. Steckrübe 167 Steenstrup, Japetus 444 Steigbügel mit Sporen, chilenischer 275 Stephens, James F. 98 Sterilität 16, 248, 251, 256, 259 f., 264–267, 271, 276, 352, siehe auch Unfruchtbarkeit Stowe, Harriet Beecher 148 Strzelecki, Graf 471 Südamerika v, vı, 1, 145 f., 187, 287 Suppenschildkröte 231 Süßwasserbewohner, Verbreitung der 372, 380, 383 ff., 387 Sydney, Australien 462, 463, 464–465 Systema Naturae 10 Systematiker 8, 53, 63, 261, 347, 447, 450, 479, 504, 509 Tahiti 451, 452, 455, 457 Tahitianer 454, 455, 457 Talcahuano, Chile 303 ff. Tanager darwinii (Darwinfinken) 103 Tasmanien 366, 469, 470 Tätowierungen 455 Tauben 19, 26, 28 f., 31 ff., 37, 41, 45, 50, 99, 101, 105, 112, 125, 157, 163, 166 ff., 171, 215, 313, 330 f., 357, 433, 444, 468 f., 493 Tausch, (über Blütensamen) 158 Tegetmeier, Hr. 226, 231 Teleologie 430 Temminck 436 Teneriffa 37, 101, 263 Tenrek 494 Tetrodon angusticeps (Kugelfischart) 496 Thompson, H. 98 Thouin 265 Thuret, M. 262, 266 Twaites, Hr., 155 Tierra del Fuego 150, 221, 228, 237, siehe auch Feuerland Times (London) 318 Tintenfisch (Sepia) 333 Tomes, Mr. 398 Totanus (Rotschenkel) 405 Toxodon (Toxodon platensis) 78, 79, 118, 119, 314, 320 Trichodesmium erythraeum (›See-Sägemehl‹) 43 Trigonia (Muschelart) 319 Trilobiten, plötzliches Aussterben der 320 Trinity College 98 REGIS TER

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Trochilus Forficatus (Kolibri) 155 Truppen, Soldaten 106, 104, 147 Tsunami (Sturzseen nach Erd- und Seebeben) 304 f. Tuatara (Brückenechse) 335 Tüpfelkuskus 472 Truthahngeier 71 Turnips 167, 444, siehe auch Rübe Über die Entstehung der Arten (kurz: Die Entstehung der Arten) v, vı, x, xıı, 2, 74, 126, 148, 176, 245, 276, 282, 306–307, 311, 312, 313, 339, 340, 352 f., 386, 504, 514–522 Über die verschiedenen Einrichtungen zur Befruchtung britischer und ausländischer Orchideen durch Insekten 434, 435 f., 443 Uji (Wasserschlangen) 80 Umbelliferen (Doldenpflanzen) 156 f. Unfruchtbarkeit 8, 16, 32, 248–257, 259- 265, 267–276, 436, 463, 484, 502, siehe auch Sterilität Urbina Bay, Isabela Island, Galapagos 344–345 Urtypus 458 Uspallata-Pass 330 Valenciennes, Achille 380 Valparaiso, Chile 193, 262, 263, 296, 326, 361 Van Diemen’s Land 469, 470 f. Vanikoro, Insel 505 f. Vanity Fair 379, 382, 390 Varietäten 2, 8, 14–44, 48–59, 63–72, 75, 85, 99–106, 113, 115, 119–125, 129–140, 149 f., 156, 161–172, 175 ff., 178–181, 203, 208, 251, 253, 263 ff., 269–280, 282, 287, 290–295, 311–349, 411, 417, 422, 443 f., 447, 455 f.. 468 f., 479, 485 f., 491 ff., 510, 515 ff., 520 Variieren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication, Das 112, 433 Venusfliegenfalle 429 Veränderlichkeit 8, 14–51, 53–72, 94, 118, 142–173, 274 f., 290, 310 f., 444, 488–494 Verbascum (Königskerzen) 256, 271 f. Verbreitung, geographische 8, 13, 338–370, 372–422, 497 Verbreitungsmittel 348 f., 353–358, 384, 387, 406, 488 Verneuil, M. 321 Vestiges of the Natural History of Creation vııı, 279, 341, 447, 517 Victoria, Queen von England 144, 147, 489 Viscacha (Lagostomus maximus) 111, 119, 451, 453 Viti-Archipel 398 Vögel 16, 28 f., 31 ff., 50, 57, 71, 74 f., 77, 79, 81 ff., 85, 99, 101 f., 104, 119, 125, 128, 149 f., 157, 163, 167 f., 184, 188 f., 193, 198, 213 f., 216 f., 217, 245, 298, 310 f., 334, 356 ff., 384 f., 392, 394 f., 403, 404–407, 414, 417 f., 435 f., 460, 468 f., 475 Vogelfalter 12–13 Vogt, C. 385 Vulkanbombe 517 Vulkanische Inseln 291 Vulkangestein 291, 296, 395, 511

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Wales 191, 213, 358, 471, 511 Wallace, Alfred Russel ıx, x, 2,, 148, 280, 282, 347, 349, 383, 377, 403, 504, 516, 519, 522 Wanderung 288, 295, 339, 343, 346–349, 353, 358 f., 361, 366, 416 f., 421 f., 497 ff., 510, siehe auch Wechselwanderung Wasserschwein (Hydrochoerus capybara) ıx, 67, siehe auch Capybara Waterhouse, Mr. (Hr.) 131, 161, 163, 223, 405, 409, 451, 453 Waterton, Mr. 74 Watson, Mr. H. C. 56 f., 65, 68, 155, 180, 357, 359, 366 Way, Albert 98 Wechselkreuzung 261–265, 268, 271, 273 ff. Wechselwanderung 335 Wedgwood (Darwin), Emma vııı, 146, 213, siehe auch Darwin, Emma Wedgwood-Familie xııı, 144 Wedgwood, Josiah 18, 145 Wedgwood, Susannah (Darwins Mutter) 15, 144 Wellington, Herzog von 148 Wells, W.C. 515, 520 Wernerian Society 74 Westminster Abbey 489, 490 Westwood, Mr. 68, 166, 430 Wale, 157, 413, 450, 475 Whewell, William xııı, 279, 313 Whitsunday Islands 505 Wilberforce, Samuel 379, 380 William IV, König von England 145 Wilson, Mr. 452 Wirkungen der Kreuz- und Selbstbefruchtung im Pflanzenreich, Die 435, 436, 443 Wölfe 105, 106, 155, 196 Wollaston Island, Tierra del Fuego 228, 229 Wollaston, Mr. 57, 63, 149, 152, 180, 389, 416 Woodward, Mr. 287, 313, 334 Woollya 238, 239, 240, 242 Wordsworth, William 176, 483 Würger-, Tyrannen- oder Fliegenschnäpperart 186, 404 f. York Minster (Feuerländer) 221, 223 f., 228, 238, 240, 243 Youatt, Mr. 35, 41, 478 Zaunkönig 245, 404 f. Zebra 169 ff., 208 Zeitdauer, geologische 280–283 Zerstreuung während der Eiszeit 358–363, 365 ff., 369 ff. Zoologische Gärten 357 Zoologische Gesellschaft 87 Zoology of the Voyage of H.M.S. Beagle, The vııı, xı, 44, 56, 69, 102, 114, 176, 195, 197, 199, 202, 213, 269, 342, 389, 393, 399–402, 408, 415, 417, 466, 496 Zoonomia (Zoonomie) 6, 74 Zwei Essays »über Tau und Einfach-Sehen« 515

Über den Inhalt Charles Darwins »Die Entstehung der Arten« ist ein epochales Werk und gehört zu den berühmtesten und kontroversesten wissenschaftlichen Texten aller Zeiten. Das Buch, das den Grundstein der modernen Evolutionsbiologie legte, hat wie kein anderes das Bild des Menschen von sich und der Natur revolutioniert. Anhand von zahlreichen Beispielen entwickelte Darwin eine Theorie über die Entwicklung der Arten im Laufe der Erdgeschichte, die so intelligent und auch für den Laien nachvollziehbar und verständlich ist, dass sie auch heute noch verblüfft. Auf über 350 historischen und modernen Illustrationen, Fotos und Karten lässt diese erste durchgehend illustrierte Ausgabe den klassischen Text in neuem Glanz erstrahlen. Daneben enthält dieser opulente Band ausgewählte Texte aus anderen wichtigen Werken Darwins sowie aus der Autobiografie und seinen Briefwechseln. So lässt das Buch die Welt Darwins lebendig werden und zeigt welchen Quellen seine Gedanken entsprangen.

Über den Autor David Quammen ist Autor von elf Büchern, darunter Der Gesang des Dodo und Charles Darwin: Der große Forscher und seine Theorie der Evolution. Er schreibt für National Geographic und erhielt dreimal den National Magazine Award für seine Essays und andere Arbeiten. Er lebt mit seiner Frau in Bozeman, Montana.

Über Charles Darwin Charles Darwin wurde 1809 geboren. Er studierte Theologie in Cambridge, als er eingeladen wurde, an einer Übersee-Expedition an Bord der H.M.S. Beagle teilzunehmen. Auf dieser Reise fand er nicht nur zu seiner wahren Berufung, die des Naturwissenschaftlers, er stellte auch zum ersten Mal die Vermutung an, dass die Arten irgendeine Form von Evolution durchlaufen haben. Zurück in England arbeitet er zügig seine Theorie der Anpassung der Arten an ihren Lebensraum durch Variation und Selektion aus – die Veröffentlichung zögert er jedoch viele Jahre hinaus. Im November 1859, 21 Jahre nachdem er seine Theorie erstmals niederschrieb, veröffentlicht er On the Origin of Species. Darwin lebte ein sehr zurückgezogenes Leben und starb im Alter von 73 Jahren an einer Herzkrankheit.