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German Pages [324] Year 1990
Adalbert Elschenbroich Die deutsche und lateinische Fabel in der Frühen Neuzeit
Die deutsche und lateinische Fabel in der Frühen Neuzeit
BAND I
Ausgewählte Texte
Herausgegeben von Adalbert Elschenbroich
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1990
830.8
E492
du Gedruckt mit Unterstützung der Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort
v. I
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Die deutsche und lateinische Fabel in der Frühen Neuzeit. –- Tübingen : Niemeyer. - 1990 Bd. 1. Ausgewählte Texte /hrsg. von Adalbert Elschenbroich. Adalbert .] [Hrsg NE: Elschenbroich, ISBN 3-484-10614 -x (Band 1 + 2 ) © Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG , Tübingen 1990 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz: Lichtsatz Walter, Tübingen-Lustnau Druck: Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten Einband: Heinr. Koch, Tübingen
GL 7810258 GER 11-24-93
Inhalt
Editorischer Bericht .
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Deutsche Fabeln ULRICH VON POTTENSTEIN [Vom Fuchs und Raben] [Vom Strauß und der Henne] [Von der Erde und der Luft] [Von der Rose, der Lilie und dem Feigenbaum]
3 4 6 7
ANTONIUS VON PFORR [Von den Affen, dem Glühwürmchen und dem Vogel ] .. [Von der Taube und der Maus ] .. [Von dem Mann und der Schlange] [Von den Elephanten und den Hasen] [Von den dankbaren Tieren und dem undankbaren Goldschmied] [Von der Taube , dem Fuchs und dem Sperling ]
De gallo et margarita Von dem han und dem bernlin De gallo et jaspide De hyrundine et cetris avibus Von ainer schwalben und von den andern vogel De hyrundine et lino ... De leone et pastore Von dem löwen und dem hirten De leone et pastore . De licinia et accipitre Von der nachtgallen und dem habich De philomena et accipitre De lupis, ovibus et canibus Von den wolffen, schauffen und hunden
De lupo, ove et satelle ..
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HEINRICH STEINHOWEL
10 10 13 14 16 18
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VI
Inhalt
Von der pinen und dem got Jupiter De quatuor bobus Von fier ochsen De avicula et rustico
Von dem vogler und vögelin NIEDERDEUTSCHER AESOP
Van deme wulve unde schape Van deme hunde unde van deme schape . Van deme esele unde van deme hundeken Van der swaleken unde van anderen voghelen Van deme vosse unde van den winberen Van der hemeken unde van der emete
28
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De ape et love
REYNKE DE VOS 440
[Von der Schlange , dem Mann und dem Fuchs ] [Vom Löwen, Wolf und Fuchs ]
40 46
JOHANN GEIler von KaYSERSBERG [Vom Hasen und Wolf] [Vom Esel und Löwen] [Vom Mann und Löwen] [Vom Fuchs und den Birnen] [Vom Magen und den Gliedern] [Hircus et Lupus ] .... [Bock und Löwe] [Palumbi, Vulpes et Passer] . ... [Die Tauben, der Fuchs und der Sperling] [Fagus et Herbae] [Buche und Gräser] [De Testudine] [Von einer Schnecke ] [Vulpecula et Cattus] . [Fuchs und Katze ]
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JOHANNES PAULI 8888888
[ Des Maulesels Eltern ] [Vom Wolf und Kitzlein] [Von der Eiche und dem Rohr] [Vom Hund und Wolf] . . [Vom Wolf und Fuchs] [Von der Sonne ] . .
58 58 59 59 60 60
Inhalt
VII
HULDRYCH ZWINGLI Huldrici Zwinglii Toggenburgii ineducatum bovis fabulosum centimetrum currentium rerum commenticium
62
Ulrichen Zwingli / priesters / fabelisch gedicht von eim ochsen und etlichen tieren ietz louffender dinge begriffenlich .
65
MARTIN LUTHER Ein newe fabel Esopi . Newlich verdeudscht gefunden / Vom Lawen und Esel
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Etliche Fabeln aus Esopo / von D.M.L. verdeudscht / sampt einer schönen Vorrede / von rechtem Nutz und Brauch desselben Buchs . I. Torheit. Vom Han und Perlen II. Haß. Vom Wolff und Lemlin III. Untrew. Vom Frosch und der Maus IIII. Neid. Vom Hunde und Schaf V. Geitz. Vom Hunde im Wasser
75 78 79 79 80 80
VI. Frevel . Gewalt [ Von dem Lewen/Rind/Ziegen und Schaf] VII. Diese Fabel ist auff ein ander Weise also gestellet.
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[Von dem Lewen/Fuchs und Esel] VIII. Vom Diebe .... [IX . ] Vom Kranich und Wolffe
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[X. ] Vom Hund und der Hündin [XI. ] Vom Esel und Lewen [XII. Von der Stadmaus und der Feldmaus] [XIII. ] Vom Raben und Fuchse [Vom Krebs und der Schlange]
83 84 84
[Vom Fuchs und Adler] [Von der Henne, die goldene Eier legte] [Das Gastmahl des Löwen] . . [Vom Wolf und Pferd]
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Eine Schrifft oder Klage der Vogel an D. Martinum Luthern uber Wolffgang Siberger seinen Diener
87
JUSTUS MENIUS [Vom Fuchs und Adler] .
89
ERASMUS ALBERUS Von einer Stadtmauß und Feldtmauß Vom vöglin Cassita Vom Bapstesel ..
91 95 103
VIII
Inhalt
BURKARD WALDIS Von Gliedern des Menschen und dem Bauch Von zweien Gesellen und dem Beren Vom Hundt und Löwen Vom Wolffe und Fuchẞ Von den Löwen und Hasen
109 111 113 116 120
HANS SACHS [Von den Hasen und Fröschen] . Der hüngrig fuchs im keler mit der wisel Die füechsisch geselschaft ... . Von dem storch und den fröschen Das gülden ay Der fuchs mit dem leben Der frosch mit dem ochsen Die kra mit dem schaf
Die schreyent lebin Die zwue turteltauben
125 127 129 134 137
138 139 141 142 144
JOHANNES AGRICOLA [Von den Fischen, dem Vogel und dem Krebs ] [Vom Hund und einem Stück Fleisch] [Merkur und der Bauer] Vier klaine thier seind auff erden / und seind doch klüger dann alle Weysen.
146 146 147
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SEBASTIAN FRANCK [Von der Krähe mit den Pfauenfedern] [Vom Fuchs und Igel] Wer wil der katzen die schell anhencken? [Vom Fuchs und Hahn ] ... [Vom Esel , Löwen und den Wölfen] [Vom Fuchs und der Ameise ] .... [Von einer Ameise, die Flügel bekam] [Vom Hahn und Fuchs ] [Vom Palmesel]
150 152 152 153 153 153 154 155 155
JOHANNES MATHESIUS [Von der Ameise und Heuschrecke ] [Vom Sperling und seinen vier Jungen] Vom Hirtenhundt unnd jungen Polsterhündtlein Vom Fuchs und Adler. . . .
156 161 163 164
Inhalt
IX
JOACHIM MAGDEBURG Uber die Alte schöne Fabel Aesopi / vom Wolff und Schaff / auff diese unser Zeit applicirt
165
NATHAN CHYTRÄUS Die Fleddermaus Ein Fledermaus und Wisel Vom Vatter / Sohne und Esel
169 169 170
DANIEL HOLTZMAN [Von vier immergrünen Bäumen und dem Feigenbaum] [Von dem Menschen und Seydenwürmlin]
171 175
HANS WILHELM Kirchhof
Ein gleichniß von zweyen meusen Ein fuchs betreuget einen esel und löwen . Von einem mutterpferd und wolff ... [Vom fuchs und einer löwin ] . . [Vom schaff, hirsch und wolff] Von einer fliegenden schildkröten Ein adler wirdt von einer krohen betrogen
178 179 180 181 182 182 183
JOHANN FISCHART [Von der alten und jungen Maus , der Katze und dem Hahn] [Fabeln von der Schnecke oder, an deren Statt, von der Schildkröte ] [1. Vom Frosch und der Schildkröte ] ... [ 2. [3. [4. [5.
Von der Von der Von der Von der
Schildkröte und dem Adler] Schildkröte und dem Hasen] Schildkröte und den Fröschen] Schnecke und Jupiter] ..
185 187 188 192 193 196 197
ALTE NEWE ZEITUNG VON DER WELT Lauff Exempel vom Ehrinen und Irdern Topffe Exempel vom Krämer und Eseltreiber Exempel von der Mucke und Ameise Exempel vom Esel der das Heiligthumb trug Exempel vom Böcklin und Wolff ... Exempel von den Vierfüssigen Thieren und Vöglen
199 199 200 201 201 202
GEORG ROLLENHAGEN [Vom Pferd, Hirsch und Reiter oder Die Zähmung des Pferdes]
203
X
Inhalt
EUCHARIUS EYERING [Vom Löwen und der Maus ] [ 1. ] Besser genad dann recht / Satius manus tendere quam litigare . [2. ] Der Tugent schawplatz ist das gewissen / Der Tugent schad kein Unglück / Theatrum virtutis Conscientia. Iniuriae magnanimo spernendae, non viviscendae
ABBILDUNGEN
208 208
210
213
Lateinische Fabeln
ESOPUS MORALISATUS CUM BONO COMMENTO De mure et rana Von der Maus und dem Frosch
231 233
SEBASTIAN BRANT De equo qui noluit auxilio esse asino in onere deferendo Vom Pferd, das dem Esel nicht helfen wollte , die Last zu tragen Von einem pferdt das nit wolt behilflich sein einem esel im tragen der bürde (Johannes Adelphus) De vulpe in palea abscondita que fugabatur a canibus Von dem unter der Spreu verborgenen Fuchs , der von den Hunden verfolgt wurde .... Von einem fuchs der sich in die sprüweren verbarg / do er von den hunden gejagt was (Johannes Adelphus) De aucupe et volucribus Vom Vogelsteller und den Vögeln Von einem vogler und vögeln (Johannes Adelphus) De amore delphini et pueri Von der Liebe eines Delphins und eines Kindes Von der liebe eines delphins und eines kinds (Johannes Adelphus)
235 236
236 237
237 238 238 239 239 240 240 241
HEINRICH BEBEL
242 De poenitentia lupi et vulpis et asini Von der Buß eines Wolfs, Fuchsen und Esels nach Hugo von Trimberg, dem trefflichen Dichter in der heimischen Sprach (Albert Wesselski ) . 243 NICOLAUS GERBELIUS
De Aranea et Podagra Von der Spinnen und Podagra (Burkard Waldis) .
245 246
XI
Inhalt Aesopus DorpII · GUILIELMUS HERMANNUS GOUDANUS De Leone senectute confecto Vom altersschwachen Löwen
De partu montium .... Vom gebärenden Gebirge AESOPUS DORPII
253 253 254 254
HADRIANUS BARLANDUS
De Pavone et Luscinia . . .. Vom Pfau und der Nachtigall De Asino et Equo
Vom Esel und Pferd
255 255 255 256
ERASMUS VON ROTTERDAM Apologi ex Chiliadibus Adagiorum Erasmi desumpti ad communem Puerorum fructum
De Vulpecula et Pardale Vom Fuchs und Panther De Vulpe et Fele .... Vom Fuchs und der Katze De Rege et Simiis . . . Vom König und den Affen . De Asino et Viatoribus Vom Esel und den Wanderern . De Piscatoribus .. Von den Fischern De Asino . Vom Esel
De Scarabeo et Aquila Vom Roßkäfer und dem Adler. De Simiis et Pardale ... Von den Affen und dem Panther . De Satyro et Rustico Vom Satyrn und dem Bauern
257 257 257 257 258 258 259 259 259 260 260 260 261 261 262 262 263 263 264
JOACHIM CAMERARIUS Leo et Ursus Löwe und Bär Mellarius Der Imker Milvius et Columbae Der Weih und die Tauben .
Vulpes et Ciconia Fuchs und Storch
265 265 266 266 266 266 267 267
XII Lupus et Vulpes Wolf, Fuchs und Affe Cygnus .. Der Schwan Cicadae Platonicae
Die platonischen Zikaden .
Inhalt 268 268 269 269 269 270
PHILIPP MELANCHTON [De Asino et Navicula] Vom Esel und Kahn [De Simiis urbem condendis] Von den Affen als Stadtgründern
271 272 273 273 274
[De Serpente, Rustico et Vulpecula] [Von der Schlange, dem Bauern und dem Fuchs ] (Johannes Mathesius) 275 277 [De Avicula et Aucupe ] .... 277 Man soll nicht zu viel vertrauen (Johannes Aurifaber) HIERONYMUS OSIUS Canis Senex Der alte Hund . Cancri Die beiden Krebse Leo et Mus ... Löwe und Maus Asinus aegrotans Der kranke Esel
278 278 279 279 279 280 280 281
LUCAS LOSSIUS Fabella iocosa de Leone confessario animantium Scherzhafte Fabel vom Löwen als Beichtvater der Tiere
282 283
JOHANNES POSTHIUS
Philomela et Accipiter
285
Nachtigall und Habicht Vulpes et Hircus Fuchs und Ziegenbock Galli et Perdix .... Die Hähne und das Rebhuhn
285 286 286 287 287
HARTMANN SCHOPPER Philomela et Accipiter. Von einer Nachtigall und Habich Vulpes et Hircus . Von einem Fuchẞ und Bock ... Galli et Perdix . Von etlichen Hanen und einem Räbhun
288 288 289
Inhalt
Mus et Rana . . . Maus und Frosch Von der Mauß und Froschen De Cervo et Ove
Vom Hirsch und Schaf Vom Schaf und Hirsche
XIII 289 289 289 290 290 290
MICHAEL BEUTHER [?] [Vom Wolf und Kranich]
291
HARTMANN SCHOPPER Historia de Lupo et Grue .
293
PANTALEON Candidus
Mus et rana Maus und Frosch
Aquila testudinem docet volare . Der Adler lehrt die Schildkröte fliegen Accipitrum pax Der Friede der Habichte Abies et dumeta . . . Tanne und Dornsträucher
Abbildungsnachweise
297 297 298 299 299
300 300 301
303
Editorischer Bericht
Als Voraussetzung für eine geschichtliche Darstellung der Fabel in ihren vielfältigen Erscheinungsformen während der frühen Neuzeit erwies es sich als notwendig, vorerst zur Gewinnung einer breiteren Textkenntnis Hilfen zu bieten. Denn so sehr das 16. und das 18. Jahrhundert gemeinhin als die beiden Blütezeiten der Gattung Fabel gelten, so wenig ist im ersteren Falle für die Erschließung der Quellen geschehen. Anthologien pflegen sich auf wenige Beispiele der bekannteren Autoren (Luther, Erasmus Alberus, Burkard Waldis , Hans Sachs) zu beschränken und die neulateinischen Fabeldichter überhaupt unberücksichtigt zu lassen. Dadurch ist ein völlig inadäquates Bild entstanden, da der lateinische Humanismus sich zumindest ebenso große Verdienste um die Ausbreitung, die formale und thematische Bereicherung der Gattung erworben hat, wie die volkssprachliche Dichtung. Neudrucke oder gar zweisprachige Ausgaben der neulateinischen Fabeldichter fehlen gänzlich. Aber auch für die volkssprachlichen Autoren ist
mit Ausnahme Luthers und
neuerdings der historisch-kritischen Edition des ,,Buchs der Beispiele der alten Weisen" - seit den Ausgaben des 19. Jahrhunderts in der „ Bibliothek des Literarischen Vereins" und den ,,Neudrucken deutscher Literaturwerke“ kaum mehr etwas geschehen. Zwei weitere Ursachen für die Unzulänglichkeit der Bestandserschließung treten hinzu . Einmal die Tatsache, daß als Fabeldichter nur gilt, wer eine geschlossene Sammlung vorgelegt hat, sei es eigener (Alberus, Waldis ) oder übersetzter Fabeln (Steinhöwel) , oder wer sie erklärtermaßen zu einem integrierten Bestandteil seines Werkes gemacht hat (Hans Sachs) , nicht aber, wer bei Gelegenheit Fabeln in Texte anderer Art eingeflochten oder überlieferte nach einem eigenen , sie umgebenden Kontext verändert hat (Melanchthon, Mathesius, Justus Menius , Sebastian Franck, Johann Fischart, Rollenhagen). Ebensowenig Aufmerksamkeit ist den nicht literarisierten Lebensformen geschenkt worden, den mündlichen Erzählweisen , dem geselligen Vortrag, der situationsbezogenen Aktualisierung, der Fülle der Anspielungen, die einen hohen Bekanntheitsgrad voraussetzen, der wirkungsberechneten Einbeziehung in Reden , Diskussionen und Predigten . Freilich lassen sich diese
XVI
Editorischer Bericht
nichtliterarisierten Existenzformen meist nur schwer in einer verbindlichen Textgestalt fassen . Ihre Erhaltung ist naturgemäß sehr fragmentarisch und textlich häufig wenig verläßlich. Der Editor ist da fast immer auf Fremdüberlieferung durch handschriftliche, mehr oder minder protokollarisch exakte, meist jedoch nur stichwortartige Aufzeichnungen von ,Gesprächen angewiesen oder auf zeitgenössische Biographik, auf Briefe, Sammlungen von anekdotischen Dicta, aphoristischen Analecta und ähnliches. Auf derartige Quellen als Textzeugen aber zu verzichten, muß zwangsläufig ein zugunsten literarisierter Formen verzeichnetes Bild ergeben. Die vorliegende Anthologie hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, trotz der gebotenen räumlichen Beschränkung ein Textcorpus zur Verfügung zu stellen, das von möglichst vielen Fabelautoren der Zeit möglichst verschiedenartige, aber für jeden individuell charakteristische Beispiele aus der großen Masse des Materials auswählt und alle greifbaren Überlieferungswege zu berücksichtigen sucht. Der überblickte Zeitraum reicht vom Spätmittelalter bis zur Schwelle der Barockzeit. Er soll als eine Einheit erscheinen , die in beiden Richtungen über die eigentliche Reformationszeit hinausreicht und bewußt auf eine Periodisierung im engeren Sinne verzichtet. Bei aller Hervorhebung des spezifisch Neuzeitlichen in der Vortragsweise , vor allem aber in der Deutung und Anwendung, ist auf die Kontinuität zum Mittelalter wie auf die fortschreitende Rückgewinnung des antiken Überlieferungsgutes gleichermaßen Wert gelegt worden . Deshalb wird eine Anzahl von Fabeln gleichen Stoffes in der Auffassung verschiedener Autoren gegeben. Da dies jedoch nur in begrenztem Ausmaß geschehen konnte, sind zu jeder aufgenommenen Fabel im Kommentar Nachweise älterer und neuerer Bearbeitungen und Versionen (B u. V) zusammengestellt worden , die sich zwar weitgehende Beschränkung auferlegen mußten, aber so ausgewählt sind, daß der Benutzer, dessen Interesse auf die Geschichte einer einzelnen Fabel gerichtet ist, in den verschiedenen Zeiträumen von ihnen ausgehen kann. (Der Katalog von G. Dicke und K. Grubmüller, auf den nachdrücklich verwiesen sei , stand dabei dem Bearbeiter mit wenigen Ausnahmen noch nicht zur Verfügung . ) Die Editionen, nach denen die Angaben erfolgt sind, werden im Abkürzungsverzeichnis bibliographisch genau aufgeschlüsselt. Zu jedem Autor bietet der Kommentar in Band II zunächst eine kurze Biographie, die allgemein der Einführung und zusammenfassenden Orientierung gerade für den nichtfachlichen Leser dienen , im besonderen aber den Ort der Fabeldichtung innerhalb eines Gesamtwerks fixieren soll . Eine knapp auswählende Personalbibliographie schließt sich an. Dagegen wurde die übergreifende Fachliteratur zu Theorie und Geschichte der Fabel (mit Ausnahme moderner fachdidaktischer und unterrichtsmethodischer Schriften , für deren
Editorischer Bericht
XVII
Nachweis andere Hilfsmittel zur Verfügung stehen) in einem eigenen Verzeichnis am Schluß zusammengestellt. Wo Einzeluntersuchungen zu einer Fabel und ihrer Geschichte vorliegen, sind diese am zugehörigen Ort im Kommentar genannt. Für jeden Text wird die gewählte Druckvorlage (D) genau nachgewiesen , bei allen Originalausgaben auch das zugrunde gelegte Bibliotheksexemplar mit seiner Signatur. Es folgen Angaben zu etwa vorhandenden Nachdrucken (N) , Nennungen von Erstdrucken (E) und , wo diese eindeutig auszumachen war, der Quelle (Q) ; oftmals verbirgt sich letztere jedoch unter B und V. Die Erläuterungen weisen Zitate nach, wobei für Bibelstellen die gebräuchlichen Abkürzungen verwendet werden , sie erklären aktuelle Bezüge politischer, persönlicher und literarischer Art, gelegentlich bieten sie auch interpretatorische Hilfen. Deren unterschiedliche Ausführlichkeit erklärt sich aus dem Umstand, daß nicht alle Autoren in die Darstellung der ,,Grundzüge" eingehen konnten. Den deutschsprachigen Texten wurde ein fortlaufendes Wörterverzeichnis in Fußnotenform hinzugefügt. Es ist vornehmlich für Studenten und Nichtgermanisten bestimmt und daher lieber zu ausführlich als zu knapp gehalten worden. Die Übersetzungen der lateinischen Fabeln stammen, soweit nicht anders angegeben , vom Herausgeber. Bei ,,poetischen“ Fabeln (Elegien , Epigrammen, Oden) wurde der Versuch unternommen , sie der originalen Versform anzunähern. Wo zeitgenössische Übersetzungen vorliegen, wurde diesen, mit Ausnahme Bebels, der Vorzug eingeräumt.
Der stärkste Eingriff in die Typographie mußte durch Verzicht auf den Fraktursatz bei den deutschen Texten in Kauf genommen werden . Dadurch wurden manche Inkonsequenzen in der Orthographie und Interpunktion unumgänglich, vor allem der Gebrauch der Virgel ( / ) im Antiquasatz bei der Wiedergabe originaler Druckvorlagen , wo diesem Satzzeichen rhythmisierende und zum Teil auch semantische Bedeutung zukommt, die bei dem Ersatz durch ein Komma verlorengegangen wären . Letzteres erscheint dann in deutschen Texten , wie im Original , nur nach einem lateinischen Wort. Wo allerdings Neuausgaben (vornehmlich solche des 19. Jahrhunderts ) die Virgel zugunsten des Kommas aufgegeben und darüber hinaus neue Satzgliederungen nach modernen Interpunktionsregeln vorgenommen haben, mußte auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands verzichtet werden, wenn nicht überhaupt das Vorhandensein neuerer kritischer Ausgaben negiert werden sollte, was nicht angängig zu sein schien . Die verschiedene Behandlung der Vorlagen macht auf diese Weise das Dilemma deutlich , in dem sich die kritische Textphilologie seit dem Übergang zum Antiquasatz befindet.
XVIII
Editorischer Bericht
Größenunterschiede im Schriftgrad konnten ebensowenig berücksichtigt werden wie Initialen bei Textanfängen. Ebenso mußte die im Fraktursatz gebräuchliche Auszeichnung einzelner Wörter, vornehmlich lateinischer durch Antiquadruck, entfallen . Solche Verzichte auf das originale Schriftbild legten es nahe, nunmehr auch Vereinheitlichungen in der Orthographie durchzuführen , die von den meisten heutigen Benutzern als willkommene Leseerleichterung empfunden werden. Jedoch wurde auch hierbei behutsam und deshalb vielleicht nicht immer konsequent vorgegangen. Im einzelnen sind folgende Veränderungen vorgenommen worden: 1. Ausgleich der Schreibungen ij und u/v nach dem Lautwert (jn > in, iugend > jugend; vnd > und, freuel > frevel) . Dies gilt auch für lateinische Texte bei u/v (grauis > gravis, vnquam > unquam), sowie bei graphisch langem i: ij > ii (beneficijs > beneficiis). 2. Bei deutschen Texten wurden á , ó , ů durch ä, ö , ü ersetzt. 3. Abbreviaturen , Ligaturen und Nasalstriche wurden bei deutschen und lateinischen Texten aufgelöst . 4. Eingriffe in die Interpunktion erfolgten nur, wo sie zum richtigen Textverständnis unerläßlich schienen, oder wo es sich um zweifelsfreie Druckfehler handelte . 5. Die Akzente in neulateinischen Texten wurden weggelassen . Erhalten blieben:
1. ů als Diphthong. 2. Wechselnde Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung bei deutschen Texten . 3. Zusammenschreibung bei Infinitiven mit zu. 4. Lateinisches ß für ss (dagegen Fraktur- durch Antiqua- s ersetzt) .
5. Schreibung mit y für i (bey). 6. In lateinischen Texten e für ae oder oe. 7. Lateinische Schreibweisen , bei denen eine phonetische Bedeutung anzunehmen ist (avaricia statt avaritia , caussa statt causa). Im Unterschied zur Interpunktion wurden die Schreibweisen der benutzten Neudrucke und die der Originalvorlagen , soweit dies möglich erschien , einander angeglichen . Viele Fabeln, besonders solche, die aus einem andersartigen Kontext herausgelöst sind, tragen im Original keine Überschrift. In solchen Fällen wurde sie vom Herausgeber gebildet und zur Kennzeichnung in eckige Klammern gesetzt.
In den Originalausgaben kommt den Illustrationen eine wichtige Funktion zu. Sie sind für eine weitere Verbreitung und höhere Auflagen entscheidend
Editorischer Bericht
XIX
gewesen. Der zwischen der deutschen und der lateinischen Fabel eingefügte Abbildungsteil (S. 213ff. ) soll davon eine annähernde Vorstellung vermitteln . Gemeinhin befanden sich die Illustrationen allerdings innerhalb des Textes jeweils bei der zugehörigen Fabel.
DEUTSCHE FABELN
ULRICH VON POTTENSTEIN
(Komm. S. 153)
[Vom Fuchs und Raben] Lernen allzeit und in den letsten zeiten hab den größten fleiß weißheit ze leren. Ein alter fuchẞ was entzündet in begire mer zů künden der suchet einen maister und leget seynem schwären leib ein schwäre purd auf eins wegfertigen laufs. und da er also lief mit schwärer kranckheit seins alters aber doch mit schnäller begir mer zů
künden / Do kam dem listigen ein kündiger rapp engegen
geflogen. Do grüßt einer den andern als jecklichem zymmlich was. Do das geschehen was / da sprach der fuchẞ in freuden . Wärlich es ist gottes will gewesen das mir der so schnäll engegen kommen ist. Des ich so lang begert hab. wenn ich hab dich fliegend in den hohen lüfften und kündenden vil heimlicher und verporgner ding mit fleiß gesucht / das du mich hungerigen und türstigen deiner ler meiner unkunst weyser machst. Im antwurt der rapp unnd sprach. Du alter meister manigfeltiger listikeit wes begerstu zů künden . Ich sag dir fürwar das dir nit anders vor ligt dann das dein sünde mitsampt dein falschen listen ein end nämen. dawider redt der fuchs als ein junger. Aber doch ward er zu einem lerer und sprach. Mein pråder nun sag mir warumb spricht Salomon. Ein weyser so der hört der wirt noch weyser fürwar umb anders nichs / dann das der weißheit kein zal ist . Und darumb so můß man all zeit lernen Und in der letsten zeite menschliches lebens den grund der weißheit begirlich erfragen wenn des weysen ende ist nit anders dann weißheit. Und darumbe so wir der je näher seyen So wirje mit grösserm und schnällerem saum natürlicher begire lauffen und gahen söllen wie wir sy umbfahen. Allso das sy mitt uns unnd wir mit ir begraben werden / Wann aller tugendt erwegen ist natürlich an dem end am sterckosten das laß auch also erweysen. Wenn nun scharfps sehen oder augen von alters wegen stumpf werden / so wirt es naturlicher nach innwendiger Lernen: lerne - leren: lernen, (hier:) gewinnen - künden : wissen, erfahren - purd: Bürde - eins wegfertigen laufs: einer mühevollen Reise – kranckheit: Schwäche – schnäller: eifriger – listigen: klugen - unkunst: Unwissenheit - nit anders vor ligt: nichts anderes vonnöten ist – als einjunger: wie ein Schüler - wenn : denn – ende : Ziel -- saum: Maß - gahen: eilen –- umbfahen: umfangen -erwegen: Antrieb
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Ulrich von Pottenstein
vernunft scherpffer / wenn das ist pillich so die vernunft der verstäntnuß in der sel auf nymmet das wir dann grössern fleiß haben zu lernen . wann die weil wir in dem leben seyen So beleyben wir nymmer in einem aynigen und demselben stand. Darumb wenn wir nicht aufnemen so nemen wyr ab / denn werden wyr weiß in natürlichen und sitigen dingen. Also wenn die sunn nit mer fürsich geet So trit sy wyder hindersich an die statt da sy vor gewesen ist. Und als balde der tag nymmer wechẞt so nymet er ab. Also ist auch dem wann menschlichs leben nymmer auf nymmet zehand so nymmet es ab und naiget sich zu dem alter. Darumb die weil du in dem leben arbeytest so leren allzeit und schäcz auch nymmer das du genůge gelernet habest. On zweyfel du sihest wol das die nature keines unser gelider hindersich nun fürsich geordnet und geschicket hat uns zů übung und czů lere das wir in tugenthaften wercken icht hinder uns geen Aber das wir aufnemen und wachẞsen mit täglichem für uns geen. Wann die maisten synn als augen hend und füß seind fürgeseczet. Damit endet der fuchs sein lere und schieden von einander.
[Vom Strauß und der Henne] Die geleichnus ist wider die türstigen türrer. Ain wolgefüderter Strauß mit großsen flügeln den trgen sein füß mit trägem gang gar auf einen hohen berge, der sahe mitt klarheyt seiner augen wie dye vogel in den hohen lüften sich behendiklich mit iren flügeln erhebeten und schwangent sich hyn und her und nider. dem gab seyn reychs gefüder ein sölichs türren das er dasselb ye wolt versuchen und da er sich mit schnäller eyl bereytet in die höhe zů fliegen / das ersahe ein vayste henn die sprache dem türrer in hoflicher weiß also zů . Mein liebster beleibe an deiner stat und bewar dich mit fleiß das du mit dem flug deyner reychen federn die schinbain deiner kreft nit erbrächest. Der türstige strauß verschmähet in seym übermåt der diemütigen hennen treuen rat. Und sprach. Schweyge du verzagte / red nit wider eyn freies hercz /dein vermügen wäre wol so groß das du dich mitt deym gefüder in die hohen klarheit schwungest
aber du scharrest von deines
verzagten unadels wegen lieber auf der erd auf eym mist mit deinem trägen pillich: offenkundig --- so: wenn · verstäntnuß: Einsicht - auf nymmet: zunimmt - aynigen: einzigen - denn: dann - weiß: weise - hindersich : zurück – zehand: alsbald - schäcz: meine, glaube - nun: nur - fürsich: vorwärts -– geschicket: eingerichtet - icht: nicht – für uns geen: Voranschreiten - fürgeseczet: nach vorne gewandt türstigen: verwegenen - türrer: Waghalsigen – wolgefüderter: wohlgefiederter – ye: immerfort. - vayste: stattliche – schinbain : Schienbeine - deiner kreft: durch die du stark bist - erbrächest: brichst
Ulrich von Pottenstein
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leychnam. Nach den worten zehand schwange er sich mit türstigem sauß seiner luglichen flügel und federn in die höhe des lufftes . da floge nach geleicher wage seyn schwärer und träger leichnam für den phlaum der federn . und fiel mit schnällem und kreftigem fal auß der höhe hin zů tal . und prach die schinbain / ripp / und den rucken / und was ganczes an im was. Do das die henn geinnert ward / da floge auch sy mit schnällem fluge da sy den Straussen in grossem schmerczen unnd auch mit waffen geschrei ligenden fand. und sprach beschaidenlich zů im. Mich nymmet deiner unweißheit nit grosses wunder /wann dir hat die hofmaisterin die natur gar ein kleins haubt auf dein langen kragen und schwären ungeheuren potich geseczet. Dye torheit hat an dir dye gewürckt das du mit türstiger begir unzymlicher ding und vaste unnüczer hoch verlorn hast was du nuczs hast gehebt / wann der fluge deiner eitelkeit hat dich deines nuczbern ganges gar dir zů schaden beraubt. Du hast mit türrendem begern des nicht deinen das dein verlorn / und dein eitler flug übersich ist dir zů ungelück des lebens unnd des unheyles gedigen . Oder hast du nie gehört wann sich türren zů ferr außstreckt so zerbricht es /wann es sich übersich hebt so fallet es /wann es sich fürseczet so scheübet es sich hin hinder. und wann es außwendiklich in prähendem glast erblicket so ist es innwendige aller wesenlichen tugendt lär / wann das ist offenbar so der magen der speiß in übermaß zů vil in sich nymet so schendet und lästert er sichselber mit wider außgeben. Also töt sich das hercz selber wann es sich unmäßlich in die weyt außprayt / wann das entzeuhet im die lebentigen geyste. Waist du nicht so ein schwäres ding je höher erhebt wirtt / So es je mit grösserm sauß vallet. Und wann ein segel nit in rechter maß erhebt wirt und aufgespannen so verdürbet leute und gut. Auch wann die natur vichtet wider leiplich suchten so erzaiget sy gancz vermügen allein in den letsten. nöten. Darumb ist das mein ler /beschleuß hinfür dein vermügen und setz auch das auf ein söllich end das du dich nymmer wöllest außrecken über die maß deiner lenge. Nymm ein purd die nicht ze schwär und dir leicht ze tragen sei. Und trinck nicht mer wenn du wol verdeuen magst / wann wer ein purd aufheben will / die seiner kraft nit gar geleich gewegen ist / der pricht auf und wirt seyn gedärm zertrennet im zů scham und schanden . Also ist dem wo man luglichen: trügerischen – nach geleicher wage seyn schwärer und träger leichnamfür den phlaum derfedern: sein schwerer und träger Körper, als ob er gleiches Gewicht hätte wie der Flaum der Federn - geinnert ward: wahrgenommen hatte - waffen geschrei: Wehgeschrei – beschaidenlich: deutlich, klug, bestimmt – kragen: Hals –- potich: Bottich, Leib – dye gewürckt: die Wirkung – unzymlicher: dir nicht zukommender - vaste: sehr - übersich: in die Höhe - gedigen: gediehen -ferr: weit -fürseczet: voranstellt - scheübet es sich hin hinder: setzt es sich hintan - prähendem glast: funkelndem Glanz – erblicket: strahlt – entzeuhet: entzieht – lebentigen geyste: Lebensgeister - vichtet: kämpft - suchten : Krankheit - allein : erst, nur - den letsten nöten : (hier:) der äußersten Not-beschleuß: halte in seinen Grenzen – setz auch das aufein söllich end: achte auch darauf - purd: Bürde, Last - wenn: als - geleich gewegen : angemessen - pricht auf: bricht zusammen
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Ulrich von Pottenstein
wein unmässiklich trincket da werden auch synn und vernunft zerrüttet und zertrennet. Darmit ließ die demütige henn den hochgefüderten Straussen unnd überwertigen türrer in seynem schmerczen verderben.
[Von der Erde und der Luft] Ein freymütiger gibet on alle widergab alles das er gibet. Do der luft gar milten regen der erden die vast dürftig was het freeintlichen und in rechter not gar sicherlich mitgeteilt. Unnd da er an im selbs gar trucken und hiczige was / da zohe er wider ansich von der selben erden die tunstigen feuchtikeit die ward in im verstricket / des mocht dye erde nicht unberedt gelassen. und sprach dem luft also zů . Wes lustt dich das du mir so überschnälle die feuchtikeit entzeuhest die du mir ee ein klaines vor in meinem durst gar genädiklich miteilẞt. Do sprach der luft. waystu des nit und bist so alt der jar het ich die feucht nit ee genommen wie möcht ich sy dann vonn mir haben geben. Wann mein kunst die steet also das ich das wasser von mir gib darumb das ich müg den tunst nach meinem willen wyder an mich ziehen. Do sprach die erde in straf weiß. Das ist ein gifftt einer vergiften geytikeit so sich ein ding mit varb milter freymütikeit schalckhaftiklich außwendiklich bedeckt. Und innen doch nicht anders ist dann falscher måte betriegens / wann wo das selb lauffet da ist so merr ein schedlich laster als merr und es sich hüpschlich kan verpergen in dem sack der geleichẞnerey die ein schelckin ist. Darumb so red ich mit urlaub wider dich und red von dir das du nicht pist einer der milten außgiesser/aber ein überteurer kaufman. Du pist nicht ein milter geber aber ein geitiger verkauffer. Du pist ein strenger wechẞler / unnd nicht ein milter handtraicher. Seyt du nun bist ein knechte der schwachen geitikeit So pist auch an keiner stat ein freymütiger außgeber / wann der ist ein freymütiger der sein gut freimütiklich außteilet nicht der es strencklich auß leyhet / aber der es miltiklich dargibt / wann geben ist nicht anders dann gütigkeit der tugent freymütiklichen miteylen. Nun ist auch des kein andere sach das einer frölich gybet dann gancz beseẞner gütigkeit gar wol befestnet tugendt . Wann ein überwertigen: (hier:) auf dem Rücken liegenden freymütiger: Edelmütiger -- widergab: Gegengabe - milten: wohltätigen – vast: sehr - dürftig: ausgetrocknet - sicherlich: (hier:) reichlich - zohe: zog - verstricket: gebunden - ein klaines vor: kurz vorher - möcht: könnte -– in strafweiß: tadelnd -– geytikeit: Habsucht – milterfreymütikeit: freigebigen Edelmuts - schalckhaftiklich: arglistig – můte betriegens: betrügerische Gesinnung – so merr ... als merr und: umso mehr ... wenn noch dazu [ Korr. d. Hrsg. aus: so ferr ... als verr, nach lat. Wortlaut: tanto amplius ... quanto magis] -– geleichßnerey: Gleißnerei – mit urlaub: mit Verlaub - außgiesser: Spender - aber: sondern –- Seyt: Da – schwachen: unedlen, niedrigen - Wann : Denn
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freymütiger man der gibt nicht umb widergab. und begert keiner gab die wider seyn willen wär / wann er gibt allein darumb wie er das gåt der tugent das er reychlich inwendigklich besessen hat auẞprait und loblich mere das ist ein freymütiges geben. und ist pillich ze preisen / darwider wer mit seiner gabe begert frömbdes gûts der gibet nit freymütiklich / wann was er gibt das gibt er als ein knechte der dienstes pfliget und der sein gut verkauft. Nun merck fleißlich des bit ich dich wie gar in hoher freymütikeit werden die tugentreichen gab der würckenden natur mit milter hand täglichen außgegossen. Sag mir was nemend die himlischen firmament von allen irrdischen dingen czů einem widergeben auf / den sy doch allen empssigklichen die lebendigen woltat on underschayde in warer lieb miteilen . Auch wär dir wol ze mercken was milter gab die sunnen täglich außgeuset / seyt sy den iren klaren schein in alle welt freymütiklich außstreuet. und doch keiner wydergab darumb von in gewartet. Auch sag mir ob du des kannst was nymm ich auf zů widergabe . von aller creatur die leben haben den ich ir speiß miltiklich raych was ich von dem menschen dem ich täglich außtröpfel die eingeporen ader die sich mit gold ze lust und lieb erzaigen . Auch gib ich im den süssen zäher der von dem weinstock fleußt. den aller süssosten hönigsam so in die pyn mit maisterschaft außwürckt das tů ich alles umb sunst / und main von keinem menschen lon darumbe ze nemen. wann die freymütige natur die frey und unbhefft ist die gibt ir gab freimütiklich. allein darumb seind sy das gut der tugent reylich in ir beschleusset daß das on alles widergelt von ir werd außgeprait wann freier gab der mag kein grosser lon gesein dann tugent an in selber seind /Auß den alle freymütige gabe miltiklich entspringen. Damitt nam die red ein end.
[Von der Rose , der Lilie und dem Feigenbaum]
Den junckfrauen zů lobe. Ein Rosen und auch ein Gilgen dye wůchssen miteinander bey einem feygenbaum . und hetten ir schöngeferbte pletter die irer farbe gar lustige warend und süssen taw miltiklich außgussen mit wolriechendem schmack in die weytte außpraitet. Nun waren doch die rosen und auch die gilgen die selben zeit außwendiklich ires scheines und irer plü genczlich und gar beraubt und grůnten darwider: dagegen - als : wie - dienstes pfliget: im Dienst steht - czů einem widergeben auf/ den: zum Lohn an, denen – wär dir ze: solltest du - ob: wenn - eingeporen: inneren -– zäher: Tropfen - pyn: Biene - main: beabsichtige – unbhefft: ungebunden – seind: da, weil – grosser: größerer - tugent an in: Tugenden an sich schmack: Geruch – doch : jedoch – die selben zeit: zu dieser Zeit – außwendiklich: von außen, äußerlich - scheines: Glanzes - plü: Blüte
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Ulrich von Pottenstein
beiden halben dannocht allein zů iren summerfrüchten als sy die frau die frey natur kund maysteren und layten. Darnach ward der feygenbaum neydiklich erwegt und sprach in hohem můt der Rosen und der gilgen zů. Sagt mir des bit ich euch wo seind eur summerfrüchtt /wo sihet man euer fruchtigs gepern nach so plüenreicher zeit des freudenreichen maien die sich bis her verlauffen hatt / was mag so eitel und so gar vernichtet sein als so sich plü erzayget der doch kein frucht nachvolget / wann die natur aller weyßheit maisterin verpindt mit fleyẞ die frucht in der plůmen / darumbe so wirt die mayenreich plü vil ee gesehen und darnach erst dye frücht gespüret. Und verstånden sy gar schnäll das dye straff gefärlich was . Und das auch sy entsprang und wůchs auß nediger wurczen. Do sprachen sy züchtiklich / wir wissen wol das du von deins geperens wegen das kiczlig an im selber ist die aller schönesten plůmen der mägetlichen eren williklich verlorn hast und seyt du der emplößt bist so redestu auch was du wilt nach ganczem deym willen / damit du dein übermůt erzaigest. Auch wilttu nit erkennen das uns die plům die frucht ist. Und dasselb fleusset auß überträffelicher reinikeite und süssikeit der wesenlichen listikeit / wann unser wesen steet also das an uns beyden die plůmen die frucht und die frücht der plůmer ist und seind dye beyde an in selbs ein ainigs wesen. darumb so ist kein underschayde der frucht unnd auch der plůmen in uns wesenlich /wann seyd die gancz feuchtikeit der hönigsüssen reinikeit und wolriechende süssikeit überflüssige in uns seynd / darumb so seind die beyde dye frucht und auch die plům ein ainiges wesen . Und dasselb ding sage du uns ob du das wayẞt wie der aller reynest und lauterest tunst der auß der erden dringet sich in die plü verschlechtet und verwandlet. und darinnen wechßt. Und der süß himeltaw / das edel und das scheinreich perlin das schön in keuscheit leucht verporgenlich adelt. Darumbe so mügen wir wol sein die roß auch die gilgen gar fruchtig plůmen und plůmen der frucht. Oder hast du nie gehört das die tugendt der unverhalten junckfräulicheit die allzeit rayn und schmackhafte ist die clarest frucht und plume miteinander ist hie niden auff der erden und in dem höchsten reich . Auch wiẞ hie. Als wenig ein fruchte on frucht mag sein als wenige mag der saum der junckfräulichen reinigkeit on samen sein / wann junckfräuliche beiden halben: beiderseits – dannocht allein: jetzt nur noch – zů : samt – als: wie – maysteren und layten: leiten und führen – neydiklich erwegt: von Neid bewegt - in hohem můt: hochmütig gepern: Gebären, Hervorbringen - sich bis her verlauffen hatt: bis jetzt gedauert hat – vernichtet: nichtig, wertlos -– gespüret: wahrgenommen - straff: Vorwurf - gefärlich: parteiisch – nediger wurczen: neidischer Wurzel - kiczlig: lieblich , verlockend (lat. fructum dulcissimum) – überträffelicher: vollkommener - wesenlichen listikeit: wesentlichen Weisheit, göttlichen Kunst (lat. Wortlaut: ex plena puritate et suavitate substantiae) – steet also: ist so beschaffen – ainigs: einziges - wann: denn - ob: wenn verschlechtet: versteckt - perlin : Perle - unverhalten: vorbehaltlos schmackhafte: wohlriechend und wohlschmeckend (lat. aromate et suavitate) - clarest: herrlichste saum: Samen
Ulrich von Pottenstein
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reinigkeyt die ist die frucht auch der saume der tugent und der natur die niemant widerwegen mag. Sie ist der hochgültest saum der pringet fruchte die hundertfeltige ist. Sy ist die freudenreichest plům und der allerklärest schein so er in himel und auf erd mage gesehen werden. Sy ist die allersüssest fruchte und ein zier über all zier. Sy ist der aller senfftes geschmache und ein riechen das in den himel dringet. Sy ist ein krafft unnd ein vermügen das sich den engelen geleichet. Der ding aller laß dych nymmer wundern seyd sy ist der teurest stain unnd der aller costlichost darzů ist in der Monstrancz der tugent und der natur. Sy ist on alles verrucken gancz . sy ist die hymlisch hayter. sy ist die höchst mässigkeyt / sy ist der syg den niemant überwindet. sy ist der geist der ob dem fleysche herrschet. sy ist die er / sy ist die freud. sy ist gelück . sy ist sälikeit und würd. Darumb ist junckfräulicheit die aller säligeste heilikeit / seyt sy ist die plům mitsampt der frucht als die gilge und rosen ist / die des riechens kreftige seind und des scheynes reich. Das riechen zeuhet senftiklichen mit süssen kreften an sich das stolcz und frei ainhirn wie wilde das an im selber ist das seyn hochtragender můt und scharpffer zoren gezämpt und gestillet wirt. O junckfräuliche reinigkeit was mag sich dir geleychen Seyd das das wild einhyrn das mutige ist und zorns vol und schnäll on all maẞ vonn deiner lautern reinikeit genöt und zwungen wirt das es sich mit ganczer gir in dein schoẞ beschleuẞt. Und darin nach seym lust rastet. O saphyr des teuren gelts der wundersamen reinikeit der ayter und das do gift ist wievil des ist zerbricht gewaltiklich . O grüngeferbter schmaragd der immerwerenden reinikeit . Eyn lyebhaber der unverruckten keuscheyt der nit leiden mage der stinckenden unkeusch schwaches werck. Darmit geschwaig der feigenbaum der sich der frucht der er gepare gar üppiklichen gerümpt hette und ließ von seinem gloriern.
widerwegen: aufwiegen - hochgültest: kostbarste - riechen: Duften - Monstrancz : Schrein – on alles verrucken: unwandelbar - hayter: Heiterkeit - ob dem fleysche: über das Fleisch [,ob' ergänzt nach lat. super carnem ] - zeuhet: zieht – ainhirn: Einhorn – genöt: genötigt – beschleußt: birgt - gelts: Wertes - schwaches: niedriges – üppiklichen: hochfahrend - gloriern: Großtun
ANTONIUS VON PFORR
(Komm . S. 156)
[Von den Affen, dem Glühwürmchen und dem Vogel] Nit bekümmer dich, den zů wysen, der nit folgen will ! Ler den nit, der nit lernen mag! Straff ouch den nit, der ungestrafft sin will. Man sagt, es sy gesin uff einem berg ein schar der affen . Nachtes uff ein mal was es kalt, und sy sahen einen schin von einem nachtwürmlin und wonten, das es ein für wär, und samelten vil holtzes und leyten das über den schin und bliessen die ganntz nacht mit mund und hend. Nun was des würmlin schin under einem grossen boum, daruff vil vogel waren, deren ettlich herabkamen und sprachen zů den affen: „ Ir wercken umbsust; dann dis ist nit sollichs , das ir wenen.“ Und do sy das nit vermyden wolten, do strafft sy der ein vogel irs torechten gemütes . Zů dem gieng einr under den affen und sprach: „ Lieber, nit wyẞ, das nit underwisen will sin , und nit ler, das nit lernen mag, und straff nit, das sich nit lat straffen ! Dann ein stein, den ein bickel nit brechen mag, den soll keiner mit sinem gåten schwert underston , zů houwen . Und nit understand , zů einr wyd zu machen , das sich nit biegen lat ! Dann wer das understat, der nympt des keinen nutz. “ Und do der vogel sich daran nit kern und von siner straff nit lassen wolt, do begryff in einer und tratt in mit sinen füssen , das er starb.
[Von der Taube und der Maus] Ein wyser, verstendiger ist ein helfer siner fründ, unnd das heissen fründ, die in selbs under einander helffen und getrüw sind . und der liebe umb kein ursach zerbrochen würdet, ja untz in den tod . Und des findet man byspel, die darzů dienen, als die fabel von der tub und den tuben, der muß, dem rappen und dem hirßen.
wonten: wähnten – für: Feuer – leyten: legten - wercken: müht euch ab – vermyden: unterlassen - strafft: tadelte - Lieber: Mit Verlaub - wyß: belehre - bickel: Steinaxt - underston: versuchen - wyd: Weide - begryff: faßte in: sich - der: deren - untz: bis - tub: Taube - muß: Maus - rappe: Rabe - hirß: Hirsch
Antonius von Pforr
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Es sind gewesen in einer provintz grosse wäld mit vil gewildes, darinn die jäger all tag iren wandel hetten , ir weidwerck zů triben. In demselben wald stånd sunder ein grosser boum mit grossen, hohen und vil esten; uff dem lag ein nest eins rappen . Uff ein mal saß der rapp in sinem nest und sach ein weidman nahen zů dem boum mit eim netz und steben. Darab erschrack der rapp und gedacht : „ Nun weist du nit, ob der weidman disen züg über dich oder jemans anders bereit hat." Und sprach: „ Ich will ston und wol zůsehen." Mit dem so spreitet der weidman vogelsamen uff die erd und richt darzů sin garn und stånd wartende ferr hinder dem netz . By einr cleinen wyl kam ein tub mit einr mercklichen schar tuben, der fürerin sy was; und do sy den weitzen da sahen und des garns nit acht namen, vielen sy darin und wurden mit dem netz all überdeckt. Do dis der vogler sach, do ward er fro. Do sich nun die tuben gefangen entpfunden , do flotterten sy hin und her, sich zu entledigen. Zů den sprach die tub, ir fürerin: ,,Nit verlaß sich ein jeglich an sich selbs allein und das keine under üch sich selbs lieber dann die ander hab, sunder lassen uns all mitsampt uffschwingen! Villicht mögen wir daz garn erlupffen, das es uns volgen wirt, das wir damit hinfliegen mögen, und also erlediget jegliche sich selbs und die andern mit ir." Sy volgten und hůben das garn über sich in die lüfft und flugen darunder mit dem netz hin , des sich der vogler vast verwundern thet. Und volget inen nach und hett sine ougen uff sy, in hoffnung, das sy das netz bald zů der erden trucken solt . Der rapp gedacht: ,,Du wilt nachvolgen, zů schouwen, waz uẞ disem wunder werden wöll . “ Und do die fürerin der tuben den vogler sach nachvolgen, do sprach sy zů iren gesellen : ,,Sehent, der weidman volgt nach, uns zů suchen . Verharren wir uff dem gestrackten weg zů fliegen, so blyben wir im in gesicht und mögen zůletst nit engon . Fliegen wir aber über berg und teler, so mag er uns nit in ougen behalten und stelt dester ee ab sin nachvolgen; dann er wirt an uns verzwyfeln , uns wider zů finden . Es ist nit ferr von hinnen in eim tal ein hüly, darinn wonet ein muß, min gesell und fründ , und weiß , kumen wir zů im, daz er unser netz zernaget und uns erlöset.“ Die tuben theten nach rat ir fürerin , bis sy von der gesicht des voglers kamen . Und do er sy nit mer sehen mocht, do zwyfelt er, sy zů finden , und kert wider uffsinen weg. Der rapp flog langsam hinden nach, zů schouwen, was end diser geschicht werden wolt, ob sy sich selbs uß dem netz lösen möchten und durch was gestalt, im selber daruß zů lernen , ob das immer nott sin würde , sollichs ouch zů gebruchen . wandel hetten: Weg nahmen - sunder: einzeln - Uffein mal: Einstmals - steben: Stäben – spreitet: streut - ferr: entfernt - mercklichen: stattlichen - entledigen : befreien - erlupffen : in die Höhe heben - des : worüber -– vast: sehr – trucken: niederziehen – gestrackten: geraden, ebenen – engon: entkommen - mag: kann - stelt ab: gibt auf – hüly: kleine Höhle - von der gesicht: aus den Augen - durch was gestalt: auf welche Weise - im selber: für sich selber - ob: wenn - immer: jemals
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Antonius von Pforr
Unnd do die tuben bis zů der hüly, da die muß inn wonet, kamen , do liessen sy sich gemeinlich uff schaffung ir fürerin zů der erden. Und do sy uff die erd kamen und under dem garn lagen, do sahen sy, das die muß wol hundert hulinen zů notturfft irs wandels gemacht hett und zů zůflucht, wann sy geängstet würd . Und die fürerin råfft der mus : ,,Sambar! “ nach irem namen. Die mus antwurt uß dem löchly: „ Wer bist du?“ Sie antwurt: „ Ich bin die tub, din gespil ." Sy kam bald heruẞ zů ir, und do sy ir gespilen sach under dem netz , do sprach sy: ,,Schwester, wer hat dich in disen strick geworffen?" Die tub antwurt und sprach : ,,Weist du nit, das niemant ist in diser zyt, im sy von got ettwas widerwärtigkeit erachtet, und allermeist denen, die sich in der welt begon wöllen, die meniglichs betriegerin ist? Sy hat mir weitzenkörner geoffenbart, aber das netz daby verborgen, bis ich und min gespilen darin gefallen sind. Sich mag niemant des entsagen, das im von oben ab erachtet ist. Dann, min schwester, du sichst, das die sunn und mon sich ettwan lyden müssen , dadurch sy iren schin by wylen verlieren ; also werden die visch im wag gefangen, der so tieff ist, daz in nieman ergründen mag, und die vogel werden gezugt uß den lüfften zů sinr zyt. Dann wer dem trägen gyt, zů erschlichen, das er begert, der stelt den emptzigen von sinem fürnemen, und das ist, das mich in disen strick geworffen hat. “ Darnach fieng die mus an , das netz zů nagen an dem end, da ir gespil lag. Zů der sprach die tub : ,,Vach an by den andern tuben ! Wann du die all gelediget, dann kum zů mir! “ Und do die tub das zum dickern mal gesprach, noch wolt die mus von ir nit, und do die tub aber die mus darumb ansprach, do antwurt die mus : „,Dis hast du mir zům dickern mal gesagt, als ob du dich selbs nit gerůchest zů ledigen . " Antwurt die tub: ,,Nit laß dir min bett mißfallen! Dann dise sind min gespilen und hond sich under mich gethon, als under ir frouwen und fürerin; darumb ist billich, das ich sy bewar als min. eygen person und mer; dann sie sind mir gehorsam gewesen und gevölgig mins rates und durch ir hilff und gesellschafft bin ich mit inen erlöst von des voglers handen. Dann ich erschrick mir gantz nicht des , das du an inen anfahest, und ich die letst sy; dann so magst du mich nit verlassen durch die liebe und erbermde , so du zů mir hast. “ Darzů sprach die mus: ,,Dise wort bringen dir billich guten willen und stercken die liebe zwüschen dir und dinen gespilen.“ gemeinlich: alle zusammen - schaffung: Veranlassung -- in diser zyt: in diesem Leben – widerwärtigkeit: Not, Leiden – erachtet: zugeteilt – sich begon : sich herumtreiben – meniglichs: manch eines - geoffenbart: gezeigt – Sich des entsagen: dem entgehen -– sich lyden: sich darein fügen – ettwan: manchmal - by wylen: vorübergehend - wag : Wasser, Meer - gezugt: gerissen - gyt: gibt -erschlichen: erschleichen – stelt: bringt ab - emptzigen : Fleißigen -fürnemen: Vorhaben --– Vach: Fang - dickern: wiederholten - aber: abermals – gerüchest: wünschtest – zů ledigen: befreit zu werden - bett: Bitte - hond sich under mich gethon : haben sich mir untergeordnet - frouwen: Herrin - an inen anfahest: bei ihnen anfängst - erbermde: Barmherzigkeit - billich: von Rechtswegen
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Und zůletst zernůg die mus das netz allenthalben, und flugen die tuben iren weg und die mus schloff in ir löchly.
[ Von dem Mann und der Schlange] Die wysen hond den, der seinem veind anhangt, glycht dem, der ein schlang in sin hand leyt; der weißt nit, wann sy sich verkert und in vergifft. Dann ein wyser man sol sinem veind nymer getrüwen, besunder sich ferr von im thůn, das im nit geschech, als einem geschach. Es was ein man, der hett in sinem huß ein schlangen wonende, die von sinem wyb gar wol gehalten und ir täglich zů ir zyt ir spyß gereicht ward. Diẞ schlang hett ir wonung in eim loch der muren zůnechst by der herdstatt. Der man unnd sin wyb wanten von gewonheit des landes vil gelückes von der schlangen haben. Es begab sich uff ein sunntag, das der huẞwirt in sinem houbt nit starck was; darum belyb er an sinem bett morgens ligen und hieß sin wyb, kind und gesind zů dem gottsdienst gon . Do sy all ußgangen waren und in dem huẞ still was, do gieng der schlang uẞ sinem loch und besach sich fast umb. Der man, des kammertür gegen dem für über eins teils offen stånd, gewart der schlangen und irs umbsehens, anders , dann er an ir vor gewon gewesen was, und nam des acht. Und do der schlang alle winckel erfarn, ouch zů des wirtes kammertür ingesehen und niemans gefunden hett, (dann der wirt hett sich mit flyẞ verborgen,) do gieng der schlang zů dem für unnd hieng sinen schwantz über den hafen und ließ ir gifft darin vallen; und bald barg sy sich in ir hüly. Do das der wirt ersach, er stånd bald uff und vertalb den hafen und die gifft mit der spyẞ in das erdtrich, das davon niemans vergifftet würd. Und umb die zyt, als man der schlangen gewonlich ir spyß pflag zů geben , do stůnd der wirt mit einr axt für das loch und wartet, wann sy nach ir spyẞ kummen wolt. Und als die schlang zů ir zyt herußschlieffen wolt, do thet sy glych dem schuldigen und lågt vor mit iren ougen, ob jemans sunder uffsehen uff sy het. Der wirt wond, sy würd iren gang wie vor für sich herußschlieffen, und so bald er ir das houbt ersach, do vieng er an, mit der agst zů schlahen ; und ee er den streich volbracht, do hett sy ir houbt wider in ir loch gezogen und bekant sich ir übeltat. zernůg: zernagte - schloff: schlüpfte glycht: verglichen mit – leyt: legt, faßt – verkert: umwendet – besunder: sondern - ferr: fern thůn: halten -- als : wie - wanten: wähnten, hofften von gewonheit: nach dem Volksglauben – in sinem houbt nit starck was: sich nicht wohlfühlte - belyb: blieb – besach sich fast umb: sah sich überall um - gegen dem für über: dem Feuer gegenüber - eins teils: zum Teil - vor: bis dahin erfarn: erkundet - hafen : Topf - vertalb: vergrub – sunder uffsehen : sonderliches Aufmerken – wond: vermeinte - vor: vorher -für: vor - ersach: erblickte - schlahen: schlagen
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Aber über ettlich tag ward der wirt von siner frouwen beredt, das er sich mit der schlangen richten solt, sy würd es nit mer thůn . Der wirt was gutwillig und gieng für das loch und rufft sinem nachgeburen, er wolt ein richtung mit im treffen, also das er des sicher vor im wär. Der schlang sprach : „ Nein. Unser gesellschafft mag fürer nit wol mit trüwen geston ; dann wann du gedenckst, das ich dir die gifft in den hafen geleit hab, und ich gedenck, das du mir so unbarmhertziglich mit der agst nach minem houbt geschlagen hast, so mag einr dem andern nit mer wol getrüwen. Darumb fügen wir nit zůsamen, und nicht wegers, dann gib mir statt, min straß zů gond und je ferrer je besser, und belyb du mit růwen in dinem huß!" Das geschach.
[Von den Elephanten und den Hasen] Ob ein künig gantz ein tor und doch gefölgig wär, hat er wyẞ rät und from bywoner, so fürgond sein sachen und wirt sein rych erhöhet, glych als der künig der hasen, wiewol der nit wyẞ, so waz er doch seinen wysen räten gefolgig, und kam im zů gůt. Man sagt, es sy kommen uff ein mal ein grosse türy und daby so ein dürr jar, das alle wasser und brunnen des lanndes ersigen. Dis ward gar unlidlich allen tieren und sonnderlichen den helfanden; die giengen zůsamen und sprachen zů irem künig: ,,Jetz gebrist uns weid und wasser, und will dir gefallen , so wöllen wir ußschicken, ein ander statt zů suchen, da wir unser leben behalten mögen.“ Die ußgeschickten kamen und sagten, daz sy ein stat funden hetten, die hieß der brunn des monen , und da wär weid und wasser nach lust. Und do sy zů dem brunnen kamen, do waren die hasen da behuset mit irem künig und hetten darumb vil hüly zů irem gemach . Und do die helfandt da umbgiengen, do tratten sy vil der hülinen zů huffen unnd das ouch der hasen vil darinn ertretten ward von iren füssen . Und do die hasen solichen schaden befunden, do samleten sy sich für iren künig und clagten im das und waren trurig, ir wonung zů verlassen , unnd fragten iren künig rates . Der berüfft zů im all sein wysen rät und sprach : „ Ich bekenn , das ich der wyßheit nit enhab, die üch und meinem reich notdurfft wär. Darumb hab ich üch , als die wysen,
richten: verständigen, versöhnen nachgeburen: Nachbarn, Mitbewohner - richtung: Übereinkunft, Versöhnung - fürer: fortan - trüwen : Vertrauen - geston: bestehen – fügen: passen · nicht wegers: es gibt nichts Besseres Ob: Wenn - gefölgig: folgsam - wyß: kluge - bywoner: Mitwohner - fürgond: sind erfolgreich türy: Teurung - ersigen : versiegten - gebrist: fehlt - monen: Mondes - hüly: kleine Höhlen - irem gemach: ihrer Wohnung - umbgiengen : umhergingen – tratten zů huffen : stampften zusammen ertretten: zertreten - für iren: vor ihrem - nit enhab: nicht besitze
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üwerm rat zů volgen. Darumb so wöllen trülich in dis sach raten, üch und mir zů gůt!" Darzů sprach ein alter haß, der wyß geachtet und gelert was : „ Gefelt es dem künig, mich zů schicken zů dem künig der helfandt unnd mit mir einen, dem er ouch getruwe, der uffhör, was ich red und handel , und das dem künig wider anbringen künd?" Dem antwurt der künig : „ Du bist getrüw erkennt unnd wyẞ in meinen ougen, und hab zů dir keinen argwon; darumb ist nit not, jemans mit dir zů schicken. Gang hin und betracht, was zů tünd sy, und sag dem künig der helfandt, waz dich gut bedunckt, in meinem namen ! Dann an einem guten botten lyt, daz er sein bottschafft mindren und meren künd, gütlich und grüßlich reden, nach dem die sach oder der, an den die werbung geschicht, gestalt hat." Unnd also bereit sich der bott in einer nacht, do die volschyn des monen was, unnd gieng zů der statt des brunnen, do er die helfand fand . Und do er der statt nahet, do gedacht er: „,Du bist klein des lybs und zarter gelider, dich möcht lycht einr tretten oder stossen, das du sturbest. Dann man spricht, wer under vergiffte tier gang, ist billich , daz der vergifft werd, oder under wilde tier, daz der zerzert werd. Darumb gebürt sich, das ich uff disen berg gang und mit inen red." Und er gieng uff den berg und råfft dem künig der helfand mit sinem eygnen namen und sprach: „ Der mon schickt mich zů dir, und dise sach miner bottschafft ist nit des botten, sie sy gůt oder arg; oder ob ich getörstlichen reden, oder dir dise werbung nit gevallen würd , so bin ich doch allein ein verkünder der wort, die mir bevolhen seind.“ Der küng der helfand sprach: ,,Was ist, daz der mon gebüttet?“ Der haß antwurt: „ Der starck, der in sein sterck vertruwet, den bewegt ettwann sein stercky, zů stryten wider den , der stercker und mächtiger ist, dann er, also das sein stercky im zů argem dient und sein getörstigkeit ein strick siner füß wirt. Und so du dich weist ein herren über alle tier, des benügt dich nit, sunder du nympst dir für in dinem hertzen, zů kommen zu der schar der hasen , die da waren by dem brunnen meins namens und die da seind mein volck und mein samlung, und von denen hast du vil ertretten und ir hülinen zerbrochen und trinckst inen ir wasser und yssest inen ir weid und hast inen mit dinen gesellen vil gewalts erzeigt. Nun gebüt ich dir, daz du sollichs nit mer thüest, oder ich mach üch üwer ougen trüb und aller diner gesellen und trib üch von allen wonungen . Darumb hat mich der mon zů dir geschickt, dir das zů verkünden , und gloubst du mir nit, so kum mit mir zů wyß geachtet: für klug gehalten – dem er ouch getruwe: zu dem er auch Vertrauen habe – uffhör: darauf höre - handel: aushandele - anbringen : berichten - tünd: tun - einem guten botten lyt: zu einem guten Boten gehört – grüßlich : höflich –- nach dem: je nachdem wie – werbung: Ersuchen, Bitte gestalt hat: beschaffen ist - die volschyn des monen : Vollmond - gebürt sich: ist es angebracht - getörstlichen: wagemutig, kühn - ettwann: manchmal – benügt: genügt – samlung: Schar (Dienerschar)
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dem brunnen, so will ich dir in zeigen." Und do der küng der helfand daz hort, do erschrack er und gieng mit im zů dem brunnen. Und do er in den brunnen sach, do erblickt er daz antlitz des monen uß dem wasser schinen. Und sprach der haẞ: ,,Schmeck mit diner naß, so schmeckst du den monen ! " Und als er sein naẞ in daz wasser stieß, do bewegt sich das wasser und ward zittern mit dem schein, also daz der helfand wond, daz wasser bewegte sich von zorn des monen. Und sprach zů dem hasen : ,,Warumb zürnt der mon? Villicht, daz ich mein naß in daz wasser gestossen hab?“ Der bott antwurt: „ Du sagst war. Merck die manigvältigkeit seins zorns über dich umb das arg, daz du im und den sinen zugefügt hast! " Des nam der helfand schrecken und sprach zů dem mon: „ Herr der mon, ich will fürer nymmermer gerůchen, wider dich zů thünd, oder keiner der minen , unnd ich will uff stund von hynan wychen. " Und rumpten also die wonung der hasen.
[ Von den dankbaren Tieren und dem undankbaren Goldschmied ] Es sol ouch ein rechter barmhertziger schnöden geschöpfften barmherztzigkeit zů siner zyt erzöugen. So ist ouch dem wysen ettwenn nütz , die hand an sich zů ziehen und nit jederman zů getrüwen . Und davon schribent die wysen ein glichnuẞ. Man findet geschriben, das uff ein zyt ein waller fand uff einem weg ein tieff grub, von den wildnern dahin gegraben , zů vahen die wilden tier. Und do er in grund der gråben schouwet, do sach er darinn einen menschen, der was ein goldschmid; und by dem sach er einen affen , ein schlangen und ein nater. Und do der waller das ersach, do sprach er zů im selbs : ,,Nun gibt die zyt, daz du ein groß barmhertzigkeit an disem man erzöugen magst, in zů lösen von den henden siner veind." Und band ab das seil , damit er gegürtet was, und warff des dem man ein teil hinab und behielt das ander ort in siner hand, das er daran heruffstigen solt. Daz begryff der aff durch sin behendigkeit vor dem man und sprang damit uß der gråben. Der waller warff das zům anndern mal hinab; do kroch die nater daran heruff. Zům dritten mal ergreiff es die schlang und kam damit uẞ dem loch . Dise dry waren dem waller des danckbar mit demütiger undertänigkeit und erbietung widergeltes und warneten in all dry vor dem goldschmid, das er in heruẞ nit ziehen solt, dann es lebt kein man, der umb guttat so undanckbar wär, als er; und namen hiemit urloub von im und Schmeck: Rieche - wond: wähnte - Merck: Erkenne - manigvältigkeit: Größe – fürer: fortan gerůchen: mich unterstehen - keiner: irgendeiner – uff stund: alsbald - wychen: weichen rumpten: räumten schnöden geschöpfften: niedrigen Geschöpfen – ettwenn : manchmal - waller: Pilger - wildnern: Wilderern - des: davon – ort: Ende –- begryff: ergriff – widergelt: Vergeltung, Gegenleistung
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sprachen: ,,Ob dich din weg ymmer für unser wonung hintragt, die nit ferr von einannder an einem wasser sind, by einer künglichen statt, so wöllen wir dir diser guttat nach unserm vermögen dancken und dir des unsern mitteilen nach unserm vermögen." Und schieden sich damit von im. Darnach warff der waller das seil wider in die gråb und halff dem man heruß und achtet nit der warnung der tier. Diser goldschmid danckt im mit geblümten worten der barmhertzigkeit und genad, an im begangen, und wolt im des , ob er zů siner wonung ymmer nahen würd, ungedanckt nit lassen. Nach ettlicher zyt begab sich dem waller, zů gond die straß für den affen. Von geschicht bekumpt im der aff, und do er in ersach, do grůßt er in getrüwlich und sprach: ,,Ich hab by mir jetz nicht, damit ich dich geeren mög. Aber harr ein clein wyl! Ich will bald widerkummen." Und gieng hin und bracht im vil gåter und edler frucht, damit der bilger sinen hunger und durst, den er leyd, lustlich und gnůgsamlich büsset, und nam davon darnach, so vil im eben was, und schied von im. Uff dem weg kam im die nater; die was siner zůkunfft fro und grüßt in und sprach : „ Groß ist die genad, die ich von dir empfangen hab, und bitt dich, hye zů blyben, bis ich widerkumm.“ Und gieng die nater schlichent in des küngs hoff der statt, die nach darby was, in der tochter kammer, darinn sy vor dick gewesen was, und nam da ir kron und cleinat, das sy unbeschlossen fand, sovil sy des getragen mocht, und bracht die dem waller und sagt im nit, wie sy das überkummen hett , und nam von im urloub. Der waller gedacht: ,,Dise tier haben dir groß widergelt gethon umb dinen dienst, und bin demnach in hoffnung, kumm ich zů dem goldschmid, er werd als ein vernünfftig mensch das ouch erkennen und mir doch by dem minsten diser cleinat mit grossem nutz abhelffen.“ Darnach kam der waller in die küniglich statt. Uff einer gassen kam im der goldschmid und grüßt in fründtlich und fårt in mit im in sin huß und hielt in eerlich . Der waller zöugt dem goldschmid die kron und cleinet und sagt im, wie er von dem affen und der nater begabt worden wär, und batt, im des mit nutz abzuhelffen. Der goldschmid bekannt die kron und cleinat und sprach zů dem waller, das er sin beiten solt, bis das er widerkäm; und gieng zů dem küng und offenbart im, wie das er die kron und cleinat sinr tochter by einem man funden , den er in sinem huß, sin zů erbeitten , verlassen hett . Do dis der küng vernam , do sandt er nach dem waller, und da er by dem die kron und cleinat fand , do hieß in der küng begryffen und in nackent uff einen esel setzen und durch die statt uẞgeiseln und Ob: wenn - geblümten : blumenreichen – begab sich dem waller zů gond: geschah es, daß der Pilger ging -für: vorbei an - Von geschicht bekumpt: zufällig begegnet - büsset: stillte - im eben was: er Lust hatte – nach: nahe – vor dick: vorher schon oft – cleinat: Geschmeide – erkennen : anerkennen - by dem minsten : zum wenigsten - hielt in eerlich: behandelte ihn geziemend – zöugt: zeigte - begabt: beschenkt - bekannt: erkannte - sin beiten : auf ihn warten - begryffen: ergreifen
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in darnach hencken . Und do sy in also durch die statt fürten mit grossem geschrey und streichen, do gedacht er an die wort der tier und ir warnung vor dem goldschmid und sprach weinende mit luter stymm; ,,O hett ich des rates der tier und ir warnung gefolgt, so wär ich in disen kummer nit kummen!" Dis hort die schlang , die ir wonung by der straẞ hett, und bekant des bilgers stymm und gieng herfür uß ir hüly. Und do sy disen man in sollichen nöten sach, do trurt sy und gedacht, uffsätz zů sůchen , wie sy im zů hilff kummen möcht. Sy sach, das des künigs sun , ein junger knab, ouch uff disem weg gefürt ward. Zů dem drang sy sich und beiß den in sin bein. Bald ward er geschwellen. Das volck bleib still ston, von schrecken irs jungen herren . Es ward nach den artzaten und beschwerern , ouch den astronomen geschickt, kunst zů suchen und zu erfinden , wie dem jungen küng zů helffen wär; das beschach mit grossem flyß durch tryack und anders, und es halff gantz nicht. Darnach beschwůren und suchten sy durch die kunst der astronomey, das der knab wider reden ward und sprach mit heller stymm: ,,Es sy dann , das der bilger, der zů dem tod unschuldiglich gefürt wirt, zů mir kum und min geschwulst begryff, so mag ich nit genesen ." Und do dis dem küng gesagt ward , do hieß er den waller für sich bringen . Der ward von im gefragt; der sagt im alles , wie es von anfang untz uff die stund ergangen waz, und besunder, wie er von den tieren vor dem goldschmid gewarnet und warumb er in die statt gangen was, und håb uff sin hend und ougen und sprach: ,,O allmächtiger got, als warlich ist, das ich unschuldig zů disem tod gefürt bin, so gewarlich mach disen menschen gesund ! “ Uff stund ward der jung küng gesund . Und do dis der küng sach, do eeret er den waller mit gauben , und schied mit friden und fröden von dem küng. Und der küng hieß den goldschmid hencken umb sin groß undanckbarkeit und das er darzů den waller zům tod verraten hett.
[Von der Taube, dem Fuchs und dem Sperling] Es hett ein tub ir nest uff einem hohen balmen und ward ir vast sur und arbeitsam, ir spyẞ so hoch zů tragen iren jungen . Und wann sy ire jungen mit grosser arbeit ußgebrütet, so kam alweg ein fuchs und stůnd under den boum und tröwet ir, wie er sy und ir jungen essen wolt, und bracht sy mit tröwworten darzů , das sy im die jungen selbs herabwarff, daz er sy sicher sagt. Uff ein zyt saß die tub aber und brütet ire eyger. Do stånd gegen ir ein spar uff einem ast, hüly: Höhle - uffsätz : Mittel und Wege - beschwerern: Beschwörern - erfinden: finden - tryack: Theriak (Arznei) – reden ward: zu reden begann - mag: kann – untz: bis - Uff stund: alsbald gauben: Geschenken tub: Taube - balmen : Palme – vast: sehr – arbeitsam: mühsam – alweg: jedesmal – stånd: stellte sich - tröwet: drohte - sy sicher sagt: sie zu verschonen zusagte – gegen ir: ihr gegenüber - spar: Sperling
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der nit ferr von ir by dem wasser sin wonung het, und do er die tub so trurig sach, do sprach er: ,,Nachgebur, was macht dich truren, so du diner frucht so nähig bist?" Antwurt die tub: „ Waz fröuwen mich mine jungen? Wann wissz , sobald ich die uẞgebrüt, so kumpt der fuchs und tröuwet mir so hart und tringet mich durch forcht, die ich von im gewinn, das ich im meine jungen gib, umb das er mich sicher sage." Der spar sprach: ,,Kennest du nit den trügner, den fuchs ? Volg minem rat, und der fuchs wirt dir fürer nit schaden thůn !“ Die tub sprach: ,,Sag! Ich volg dir." Antwurt der spar: ,,Wann der fuchs mer kumpt und dich schrecken will, so sprich: ,,Thů alles din vermögen , noch irt es mich nicht! Und wann du lernetest disen boum stigen, so wolt ich bald mine jungen uff einen andern boum tragen und will dir gantz nichtz geben. " In nachvolgender zyt kam der fuchs , do in beducht, daz die tub ir jungen ußgebrüt hett, und tröuwet ir, wie vor. Die tub gab antwurt, wie sy der spar gelert hett. Do sprach der fuchs : ,,Sag, wer hat dich dise antwurt gewysen, so will ich dich und dine jungen sicher sagen.“ Antwurt die tub: „ Das hat der spar gethon, der dort by dem wasser sin wonung hat.“ Der fuchs ließ von der tuben und nähet sich dem sparen, und do er den by dem wasser fand, do grüßt er in tugentlich und sprach : ,,Lieber nachgebur, wie magst du dich vor dem wind und regen enthalten?" Der spar antwurt: ,,Wann mich der wind uff der rechten syten anweet, so kere ich min houbt uff die lincken syten , und wann er mich uff die lincken syten anvichtet, so kere ich min houbt uff die recht syten und bin sicher.“ Sprach der fuchs: ,,Dick kumpt ein wetter, das zů allen syten wind bringet." Antwurt der spar: ,,So thůn ich min houbt und hals under mine vettichen. “ Sprach der fuchs : ,,Ich mein, daz solichs nit sin mög." Der spar sprach: ,,Ja wol mag das sin." Antwurt der fuchs : „ Sälig sind ir vogel all, die got für annder geschöpfften begabet hat! Ir fliegent zwüschen himel und erden in einer cleinen zyt, das menschen oder tier nit erlouffen mögen, und kummen dahin , da sust kein creatur hinkummen mag ! Und darzů söllent ir die groß gnad und vorteil haben in wind, regen und schnee, wenn des not geschicht, das ir üwer houbt under üwer selbs vettichen bergen mögen, damit üch kein ungewitter schaden mag? O wie sälig sind ir ! Zöug mir doch, wie das sin mög!" Der spar wolt sin kunst vor dem fuchs öugen und schloufft sin houbt under sin vettachen . Die wyl erzwackt in der fuchs in sine klouwen und sprach : ,,Du bist, der im selbs veind ist. Du kundest der tuben gåt rät geben , ir jungen vor mir zů behalten, und kundest dir selbs nit raten .“ Und fraß in da nüchter.
nähig: nahe -- trügner: Betrüger - mer: fernerhin – alles din vermögen : alles, was du vermagst noch irt: macht irre - stigen : ersteigen - beducht: dünkte - gewysen : gelehrt - enthalten : schützen - Dick: oft – vettichen: Fittiche – sind: seid – Zöug: Zeige – öugen: vor Augen bringen, zeigen – schloufft: steckte - Die wyl: Indem - erzwackt: riẞ - selbs: eigenen - nüchter: als Morgenspeise
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(Komm. S. 161 )
De gallo et margarita In sterquilinio quidam pullus gallinatius dum quereret escam , invenit margaritam in loco indigno iacentem, quam cum videret iacentem sic ait : O bona res , in stercore hic iaces ! si te cupidus invenisset, cum quo gaudio rapuisset ac in pristinum decoris tui statum redisses . Ego frustra te in hoc loco invenio iacentem , ubi potius mihi escam quero, et nec ego tibi prosum , nec tu mihi . Hec Esopus illis narrat, qui ipsum legunt et non intelligunt.
Von dem han und dem bernlin
Ein han suchet syne spys uff ainer misty, und als er scharret, fand er ain kostlichs bernlin an der unwirdigen statt ligende ; do er aber daz also ligend sach, sprach er: O du guotes ding, wie liegst du so ellenglich in dem kautt! hette dich ain gytiger gefunden , wie mit großen fröden hett er dich uffgezuket, und werest du wider in den alten schyn dyner zierde geseczet worden . So aber ich dich finde an der schnöden statt ligende, und lieber myne spys fünde, so bist du weder mir nüczlich , noch ich dir. Dise fabel sagt Esopus denen , die in lesent und nit verstant, die nit erkennent die kraft des edeln bernlins, und das honig uß den bluomen nit sugen künent; wann den selben ist er nit nüczlich ze lesen .
De gallo et jaspide Dum rigido fodit ore , dum queritat escam Dum stupet inventa jaspide gallus , ait: Res vili preciosa loco , mirique decoris Hac in sorde jaces, nil mihi messis habes .
bernlin: Perle -sach: sah – ellenglich : jämmerlich – kautt: Kot - gytiger: Habgieriger, (hier.) einer, der deinen Wert zu schätzen weiß - uffgezuket: schnell aufgehoben – schyn: Glanz - So: Da fünde: fände verstant: verstehen - kraft: Wert - wann: denn
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Si tibi nunc esset, qui debuit esse repertor, Quem fimus sepelit viveret arte nitor. Nec tibi convenio, nec tu mihi , nec tibi prosum , Nec mihi tu prodes, plus amo cara minus. Tu gallo stolidum, tu iaspide dona sophye Pulcra notes ; stolido nil placet illa seges. ***
De hyrundine et cetris avibus Qui non audit bonum consilium, in se inveniet malum , ut hec approbat fabula. Spargi et arari lini semen aves omnes cum viderent, pro nihilo hoc habuerunt. Hyrundo autem hoc intellexit. Et convocatis omnibus retulit hoc esse malum . Deinde ut adolevit semen ac bene excrevit, iterum hyrundo ait illis : Hoc in nostrum crescit interitum; venite, eruamus illud . Nam cum creverit retia facient ex illo et humanis quidem artibus capi possumus ! Eius autem consilium omnes contempserunt. Ut autem contemni consilium illud hyrundo videret , ad homines se transtulit, ut sub eorum tectis tutius degeret, et que respuerunt consilium audire nolentes semper anxie in retia caderent. Audiant hec propriis semper innitentes oppinionibus, neque aliorum consiliis assentientes .
Von ainer schwalben und von den andern vogel Welhi guotem raut nit volgen, die enpfahen offt großen schaden . Als dise fabel uẞwyset. Do alle fogel uff ain zyt sachen den aker buwen , hanff und lyn daryn seyen, ward daz von inen verachtet. Aber die schwalb kund wol merken , was das seyen uff im truog, und ließ allen vogeln sagen , wie ain übel ding das wäre , aber sie hetten nicht acht daruff. Darnach als der flachs und hanff ains tails gewuochs, sprach die schwalb aber zuo in: Daz komt uns zuo übel , koment alle , daz wir in uẞ rüten; wann so bald das vol gewachset, so würt man necz daruẞ striken, daz wir durch menschlich künsten und list gefangen werden. Die vogel verachtetent alle ieren raut, und sie ward verspottet. Do daz die swalb merket, do schied sie von den vogeln ab dem feld, und zoch sich in die hüser zuo den lüten, daz iere wonung under den techern sicherer wäre , und welche ierem raut nit volgen wölten , allweg in sorgen stünden , das sie itt in den neczen raut: Rat - uffain zyt: einstmals - sachen: sahen - buwen: bestellen - lyn : Lein , Flachs – seyen: säen - verachtet: nicht beachtet - merken: erkennen - uff im truog: auf sich hatte - ains tails gewuochs: zu wachsen anfing - aber: abermals – itt: etwa
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gefangen würden. Dise fabel sollent die aigensinnigen merken, die allweg bedunket, ir aigen fürniemen sye das best, und anderen räten nümer volgen wellent.
De hyrundine et lino Ut linum pariat lini de semine, linum Nutrit humus sed aves tangit hyrundo metu.
Hec ait: Hoc semen nobis mala damna minatur, Vellite pro nostris semina sparsa malis . Turba fugit sanos monitus vanosque timores Arguit. Exit humum semen et herba viret. Rursus hyrundo monet instare pericula, rident Rursus aves; homines placat hyrundo sibi. Cumque viris habitans cantu placatur amico, Nam provisa minus ledere tela solent. Iam metitur linum , iam fiunt retia, iam vir Fallit aves, iam se conscia culpat avis . Utile consilium qui spernit, inutile summit, Qui minus est tutus, retia iure subit. ***
De leone et pastore Debent gratiam potentes reddere miseris . Et si longum transeat tempus, recipientes gratiam oblivisci non debent. Et sic factum fuisse nobis probat hec fabula. In silva leo cum erraret festinans in stirpem calcavit, collecta intus sanie claudicare cepit. Ferus autem leo pastori cum occurreret, sibi cauda sua blandiri cepit pede suspenso . Perturbatus vero pastor ut leonem ad se venire vidit, pecudes ei obiecit. Leo non escam querens, sed potius ab illo medicinas petens pastoris in sinum posuit pedem. Pastor ut vidit vulnus et magnam contusionem, quid leo vellet, animo devolvit, et ingeniose cum acuta subula paulatim vulnus aperuit. Et patefacta est contusio, effluxeruntque simul stirps et sanies . Inde se leo curatum sensit. Et pro medicine pretio manum pastoris sua linxit lingua ac lateri eius assedit. Paulisper assumpsit vires et abiit incolumis. Post aliquantum tempus leo ipse capitur ut sit in arena amphitheatri et currat ibi. Pastor crimine oppressus datur ad bestias , eo loco ubi leo missus
fürniemen: Verhalten
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est. Pastor in arena dimittitur, at leo foras ad illum. Leo vero dimissus cum impetu veniebat, et paulatim ambulavit quousque ad pastorem venit, quem cum vidisset agnovit. Oculos et vultum cum ingenti rugitu ad populum lavavit. Deinde circa populum resiliens bestiario assedit, invitat eum redire ad sua nec hominem reliquit. Intellexit pastor leonem sui causa diutius stare , suspicatur illum esse, cui olim in silva notus fuit, cui contusionem aperuerat. Ambo autem et pastor et leo dimittuntur ut recedant. At leo non recessit, sed pastorem defendit. Populus ut vidit miratur et causam de bestiario querunt. Cunque redderet causam populo, omnes suffragio magno petunt illis indulgentiam. Et dimissi sunt simul , leo ad silvam et pastor ad sua propria. Hoc notum debet esse ut omnes homines benefactoribus reddant bonas grates.
Von dem löwen und dem hirten
Die mächtigen söllent dankbar syn gegen den armen, wa sie etwas guotes von inen habent enpfangen . Und ob es wol lang uẞ staut unvergolten , so sol es doch nit in vergeßen geseczet werden, als dise fabel uẞwyset. Zuo den zyten, als ain leo in dem wald umstraiffet, syne spys ze suochen , tratt er gar hart in ainen stumpf, der belib im in dem fuoß , der ward im gar ser geschwellen und schweren, so fast, daz er nit dar uff tretten kund, und gieng über das feld zuo ainem hirten, hinkend uf den dryen füßen, und ward im schmaichen mit dem schwancz und sich gegen dem hirten güteglich erzögen. Nit dester minder erschrack der hirt gar ser und ward betrübet in synem gemüt, do er in also komen sach , und warff im für, lemer und schauff in ze stillen , daz er sicher vor im wäre . Aber der leo achtet kains eẞens, er begeret nit wann hilff, und legt synen kranken fuoß in die schouß des hirten. Als aber der hirt die wunden an dem fuoß des löwen sach und die großen geschwulst, merket er des löwen begeren, und nam ain scharpfe sülen oder al und öffnet im den fuoß gar sittlichen. Als aber die geschwulst uff getan ward, do schlich der dorn mit dem aiter uẞ dem schaden . Der leo enpfand von stund an beßerung und ze widergelt der guothait leket er dem hirten syne hend, und seczet sich an syne syten und enpfieng wider ains tails syne krefft und gieng gesund von dem hirten. In kurczen zyten darnach ward der leo gefangen, ze bruchen in ainem fröden spil , dar inn die fraidigen man mit den fraissamen wilden tieren fechtent . Und
uß staut: aussteht, bleibt – stumpf: Dorn - ward ... schweren: eiterte - fast: sehr - schmaichen : schmeicheln - erzögen: erzeigen -für: vor - ze stillen: zu befriedigen - wann: als – sülen : Pfrieme -al: Ahle -sittlichen : behutsam – schlich : glitt – schaden: (hier. ) Wunde – ze widergelt: zum Dank -ains tails: allmählich – ze bruchen: um ihn zu verwenden -fröden spil: Vorführung in der Arena -fraidigen man: Gladiatoren – fraissamen: schreckenerregenden
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Heinrich Steinhöwel
von geschicht ward der hirt uff die selben zyt ouch gefangen umb syn mistuon , da mit er daz leben hett verwürket, und ward verurtailet zuo söllichem tod, daz man in den fraissamen tieren sölte für werffen in ze freßen. Der hirt ward gefüret und gelaßen under die tier. Als bald kam der leo ungestümglich wider den hirten, und sobald er in ersach gieng er sitlich, uncz daz er zuo im kam. Und so bald er in recht besach kennet er in und huob uff syne ougen und das angesicht und löwet über lut gegen dem volck und sprang hin und her gegen dem volk und erzögt sich frölich und saß zuo dem hirten und gebarat, als ob er im bedüten wölte haim ze gaun und wölt nit von im gaun , sonder belib er by im , als ob er syn hüten wölte . Und als der hirt merket, daz der leo nun by im syn wolt, arkwonet er, wie das der leo wäre, den er vor zyten in dem wald hette erkennet, dem er syn geschwulst hette geöffnet und ouch gehailet. Man hette den löwen von dem hirten gaun laßen, aber er wolt by im belyben, in ze schirmen. Do das volck das ersach, wurden sie dar ab wundern und fragten den hirten, wie das keme, daz in der leo so lieb hette . Do er dem volk die ursach öffnet, legten sie große gebett an den obern gewalt umb genad dem hirten ze erwerben. Also ward der hirt erbetten und baid ledig gelaßen, der leo in den wald und der hirt in syn hus . Uß dem söllen alle menschen lernen, daz sye dankbar syent umb enpfanges guot.
De leone et pastore Sollicitus prede currit leo, spina leonem Vulnerat , offendit in pede mersa pedem. Fit mora de cursu, levitas improvida lapsum Sepe facit, leo stat pede turba pedum. Vix egrum sinit ire, dolor saniemque fatetur, Pallor idem loquitur vulneris ipse dolor. Cum ledit miseros fortuna, medetur eosdem, Hinc est cur medicum plaga leonis habet. Nam leo pastorem reperit pastorque leoni Pro dape tendit ovem, respuit ipse dapes . Supplicat et plagam tenso pede monstrat et eius Orat opem; pastor vulnera sanat acu . Exit cum sanie dolor et res causa doloris , Hic blando medicam circuit ore manum. von geschicht: zufällig – mistuon: Missetat – ersach: erblickte – uncz: bis -– löwet: brüllte – gaun: gehen - arkwonet: vermutete – gebett: Bitten – den obern gewalt: die Obrigkeit -– enpfanges guot: erwiesene Wohltaten
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Heinrich Steinhöwel
Sospes abit meritique notas in corde sigillat, Tempore deleri gratia firma nequit. Hinc leo vincla subit, Romane gloria gentis Hunc habet et multas miscet arena feras.
Ecce necis penam pastori culpa propinat, Clauditur in mediis et datur esca feris. Hunc leo prospexit, petit hunc , timet ille, timenti Huic fera blanditur; sperat abitque timor. Nil feritatis habens ludit fera, cauda resultat, Cum fera mansuescit, se negat esse feram. Hunc tenet, hunc lingit pensatque salute salutem , Nulla sinit fieri vulnera, nulla facit. Roma stupet, parcitque viro, parcitque leoni . Hic redit in silvas, redit ille domum .
Non debet meritum turpis delere vetustas , Accepti memores nos decet esse boni. ***
De licinia et accipitre
Qui aliis insidiatur, oportet ut et ipse timeat, ne cum sua preveniatur malitia, ut hec narratur. In nido liscinie cum sederet accipiter, ut specularetur auras, parvos illic invenit pullos . Supervenit cito licinia et rogavit parcere pullis suis. Faciam, quod vis, inquit, si bene mihi cantaveris. At illa quamvis animus excederet, tanto metu coacta pavens et dolore plena cantavit: Accipiter, qui predam invenerat: Non bene cantasti , inquit. Et apprehendit unum de pullis ac devorare cepit. Tunc ex diverso quidam auceps venit et calamo silentio levato accipitrem visco contractum in terram deiecit. Si qui aliis insidiabatur, non cavit, ideo captus est. Nam qui cavet vix cavet dum cavet, et cavisse ratus est , sepe is cautor captus est.
Von der nachtgallen und dem habich
Welche andern fyntschafft tragen und inen heßlichen nauch stellen , die bedürfen, daz sie sich selber ouch besorgen , daz iere boshait nit fürkomen werde. Als hie beschenhen ist. Ain habch saß in ainer nachtgallen nest, und
bedürfen: verdienen es - besorgen: fürchten - fürkomen: verborgen bleiben
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Heinrich Steinhöwel
beschowet daz wetter und fand allda junge nachtgallen. Ze hand kam die alt und bat den habch , daz er iere junge wölt sichern . Antwürt der habch : Ich will tuon was du wilt, wann du mir fast wol singest. Wie wol nun der nachtgallen hercz vor sorg und angst umb iere kind sehr betrübet was uncz in den tod, doch zwang sie die lieby ierer kind ze singen . Do sprach der habch: Du hast nit wol gesungen, und nam aines von den jungen, und fieng an ze eßen. In dem kam ain fogler zwerchs wegs gegangen und loket mit dem pfyfflin und raiczet mit der wiken und steket die klebrütlin , deren ains nam der habch und verwikelt sich darinn, daz er da mit zuo der erden fiele; und wie wol er die andern hett geschediget, so was er doch nicht so behuot, er wurde selber ouch gefangen . Wann welcher hüt und maint, er habe wol gehüt, so würt der hüter offt gefangen.
De philomena et accipitre Cum philomena sedet, studium movet oris amenum, Sic sibi, sic nido visa placere suo. Impedit accipiter nidum, pro pignore mater Supplicat, alter ait: Plus prece carmen amo. Nec prece, nec pretio, sed ameno flectere cantu Me potes. Ille silet, illa dulciter canit. Mente licet gemat, ore canit, mens eius acescit, Cuius mellifluum manat ab ore melos. Impia fatur avis: Sordet iste modus canendi , Et laniat natum, matre vidente , suum. Mater obit, nec obire potest, sed vivit, ut ipsam Vincat vita necem, plus morte cladis habens . Cor matris patitur plus nati corpore, corpus Rodit avis rostro , cor fodit ense dolor. Vestigat sua pena scelus , nam fraudibus uso Aucupe, fraudosam viscus inescat avem. Fine malo claudi mala vita meretur. Iniquus Qua capit insontes , se dolet arte capi . ***
Ze hand: Alsbald - sichern : in Frieden lassen - fast wol: sehr gut zwerchs: quer - pfyfflin: Pfeifchen - wiken: Garn – klebrütlin : Leimruten -– so behuot: vorsichtig genug - hüt: sich vorsieht - hüter: Vorsichtige
Heinrich Steinhöwel 277
De lupis, ovibus et canibus
Defensorem et patronum non expedit relinquere . De hoc auctor talem fabulam dixit. Oves et lupi bellum inter se gerebant, ita ut nulla pars alii cederet . Ille plures fuerunt et cum eis canes et arietes, et visum est signum victorie esse ovium. Tunc lupi legatos mittentes petunt concordiam et pacem iurando , si canes obsides darent et econtra oves eorum catulos ab eis reciperent. Ita fecerunt et iurandi fidem dederunt illis. Ovibus in pace positis lupini catuli ullulaverunt. Illi natos vexare putantes veniunt undique simul et dicunt pacem ab illis ruptam et ceperunt laniare oves, nullo tutore prestante auxilium , ac nullo patrono defendente .
Von den wolffen, schauffen und hunden
Es ist schädlich, daz jemand synen pfleger und beschirmer übergebe . Von demselben seczet der maister ain fabel. Die schauff und die wolff fürten ainen schweren krieg under ainander, und wolt kain tail dem andern wychen , doch warent der schauff gar vil und hetten ze hilf die hund und die wider, und bezaiget sich der krieg in söllicher gestalt, daz der sigg by den schauffen syn würde. Dar umb sandten die wolff iere botschafft zu den schauffen , frids und ainikait begerende. Der frid war getroffen und by hohen aiden von baiden parthyen geschworen , doch mit dem geding, daz die liebsten fründ solten gysel geseczet werden . Also seczten die ainfältigen schauff den wolffen iere hund ze gysel , von denen sie solten beschirmet werden , und die wolf sacztent den schauffen iere jungen welffen, und ward der frid also getroffen und mit aiden bestätiget. Bald darnach, do der frid kurcz hett geweret, wurden die jungen wölflin grynen und hülen . Do daz die alten wolff erhorten , mainten sie , die schauff tetten in etwas laides, und wurden gesamnot komen mit gewalt, und schuldigten die schauff, si hetten den frid gebrochen an ieren kinden, und zerrißen und fraßen die schauff on widerstand , wann sy hettent iere hilf und beschirmer von inen gegeben . Dar umb behalt dyn fründ .
schauffen: Schafen übergebe: preisgebe - wider: Widder - bezaiget: entwickelte - geding: Bedingung - gysel: als Geiseln - wurden ... grynen: fingen an zu winseln - hülen : heulen gesamnot: vereinigt
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Heinrich Steinhöwel
De lupo, ove et satelle
Pugna lupis opponit oves , oviumque satelles Est canis, et fervex , hac ope fidit ovis . Palma diu dormit, desperat turba luporum, Assimilans fedus, fallere temptat ovem . Fedus utrunque pecus iurato numine firmat, Id lupus, id simplex obside firmat ovis. Datque lupis male sana canem recipitque luporum Pignora, nec metuit, nec sua damna videt. Dum natura iubet, natos ullulare lupinos, Turba lupina furit, federa rupta querens . Ergo pecus tutore carens cadit esca luporum, Preside nuda suo, sic tumulatur ovis. Tutorem retinere suum tutissima res est, Nam si tutor abit, hostis adesse potest. ***
De ape et love
Inimicis quandoque mala precamur, que sepius in nos vertuntur. De hoc audi fabulam. Apes, que cere mater existit, quondam accedens, ut diis sacra faceret, Iovi donum obtulit mellis , qua oblatione Iupiter letus iussit sibi concedi quicquid ipsa precaretur. Apes igitur rogans ait: Illustrissime deus deorum, ancille tue concedere velis, ut quicumque alveare pro rapiendo melle accesserit, is simul ac pupugero eum, continuo moriatur, qua rogatione Iupiter diu ambiguus, qui genus mortalium longe amabat , demum api ait: Satis sit tibi, quicunque alveare pro rapiendo melle accesserit, si eum pupugeris et in punctura stimulum dimiseris , continuo ipsa moriaris, tibique vita sit ipse stimulus. Sic in apem versa sunt, que ipsa precabatur inimicis accidere.
Von der pinen und dem got Jupiter
Wir wonschen ettwan unsern fynden übels, daz uff uns würt gewendet Dar von hör ain fabel. Ain pin, die des wachs muoter ist , kam, für die gött inen ze opffern, und brachte dem got Jupiter ain gab von hönig, deren sich der got sere
ettwan: manchmal
würt gewendet: zurückfällt – pin: Biene – für: vor - gött: Götter
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Heinrich Steinhöwel
fröwet, und schuoffe , daz man die pinen geweren sölte, was sie bitten würde . Do sprach die pin: Durchlüchtigister got aller göt, ich bitte, du wöllest dyner dienerin diser gab geweren, daz alle , die zuo dem binkar koment, das honig dar uẞ ze niemen, so balde ich die stiche , das sie ze hand sterben. Jupiter ward sölicher gebett lang zwyflich, wann menschlichs gechlecht hette er gar lieb. Ze letst sprach er zuo der pinen: Du solt dar an benügig syn, welher zuo dem binkar komet das honig ze niemen , stichest du in und laẞest den angel in dem stich, daz du als balde sterbest, und daz der angel dyn leben sye . Also ward der pinen übler wonsch, wider das mensch geton, in sie selber gewendet.
***
De quatuor bobus
Quatuor inmensis quondam per prata iumentis Fertur amicitie tanta fuisse fides , Ut simul emissos nullus divelleret horror, Rursus et a pastu turbe rediret ovans. Hos quoque collatis inter se cornibus , egens Dicitur in silvis pertimuisse leo.
Dum metus oblatam prohibet temptare rapinam , Et coniuratos horret adire boves. Et quamvis audax factis inmanior esset, Thaurorum solus viribus impar erat. Protinus aggreditur pravis insistere verbis , Collectum cupiens dissociare pecus. Sed postquam dictis pecus distinxit acerbis , Invasit miserum diripuitque gregem. Tunc quidam ex illis: Vitam servare quietam, Qui cupit, ex nostra discere morte potest. Ne cito admotas verbis fallacibus aures Impleat, aut veterem deserat ante fidem; Nemo sue carnis nimis letetur honore, Ne vilis factus post sua damna gemat.
schuoffe: ordnete an - geweren: gewähren - binkar: Bienenkorb - ze hand: alsbald -– gebett: Bitte -zwyflich: im Zweifel - angel: Stachel - in sie: gegen sie
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Heinrich Steinhöwel
Von fier ochsen
Trugenhafftigen und schmaichworten solt du dyne auren nit lychtfertiglich dar bieten und alte früntschafft nit lycht zer gaun laßen . Dar von höre ain fabel Aviani des maisters . Fier groß stark und wolgehürnt ochsen giengent mit ainander uff ainer waid; dere trüw und früntschafft waz so groß, wau sy mit ainander wurden uẞ uff die waid getriben, daz sie sorgen fry vor allen fraissamen wilden tieren, in ainikait ungeleczet, wider haim kament. Und wa sie iere horn in ainikait wider den starken löwen zewer stelten, so fürchtet er sie , ob er wol fast hungrig waz. Do aber der leo merket, daz er inen nichtz mocht angewinnen, die wyl sie in söllicher ainikait waren, und er doch jeden allain über mocht, suochet er weg, wie er sie mit verliegen und trugenhafften worten zweyet und unains machte , und gienge zuo jedem besonder, und saget, wie im die andern gehäßig und untrüwe wärent, und ob sie dar uff merken würden, so wäre das lycht ze finden. Die ochsen wurden alle fier geraiczet und jeglicher in im selbs betrachten und uff der andern wesen merken, wie sie sich gegen im stalten und gebarten. So aber gewonlich ain jegliche arkwon sich merret von stätem angedenken, ward ir jeder den trugenhafften worten des löwen mer geloubig syn, da mit sich trüw und ainikait mindern ward, so vil, daz ir jeder des andern früntschafft verachtet. Do aber der leo merket, daz sie gezwaiet waren und jeder allain gienge , was er jedem besonder stark und mächtig gnuog, und fraẞ sie alle nach ainander, die er in ainikait nit getorst berüren . Als er aber an den letsten ochsen kam , der sprach ze lere allen tieren : Welher gern ain rüwigs leben füren welle, der mag lernen by unserm sterben, daz er trugenhafften worten syne auren nit licht dar sol bieten , und alte früntschafft nit ringfertiglichen vergaun laße ; wann weren wir in ainikait beliben, der leo hett uns nit angesigen. ***
De avicula et rustico
Rusticus quidam virgultum habuit amenissimum cum limpidis defluentibus rivulis herbisque et floribus valde ornatum, quare aves illud frequentius inhabTrugenhafftigen: Betrügerischen auren: Ohren - zer gaun laßen: preisgeben - wau: wo - fast: sehr - die wyl: solange fraissamen: schreckenerregenden – ungeleczet: unverletzt – – über mocht: überlegen war – verliegen : verlogenen – besonder: einzeln – ob: wenn - merken: achten -finden: erkennen - in im : bei sich - stalten : stellten, verhielten - merret: vermehrt - angedenken : daran Denken - ward ... geloubig syn: glaubte - gezwaiet: entzweit - getorst: gewagt hatte rüwigs: ruhiges – ringfertiglichen: leichtherzig - wann : denn – angesigen: überwältigt
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Heinrich Steinhöwel
itabant. Quadam vero die fessus labore, ut animum recrearet, virgultum intravit ac sub pomo arbore consedit, super quam avis minima cantavit dulcissime. Cuius cantum tam delectabilem cum rusticus audiret, eam laqueo decepit et captam tenuit. Cui avis dixit: Cur tantum laborasti, ut me caperes , cum nullum comodum de me capta possis consequi? Cui rusticus: Ideo te cepi , ut cantus tuus dulcis meum delectet animum . Cui avicula: In vacuum laborasti , quia nec prece nec pretio tibi cantabo. At ille : Et nisi cantaveris, te comedam . At avis: Et quomodo me comedes ? Si aqua coctam bolus erit minimus, quem deglutiendo vix senties . Si me assaveris , adhuc ero minor et magis hispida; ac si me volare dimiseris , magnam utilitatem ex me consequeris. Nam tibi tres dabo sapientie doctrinas, quas plus trium vitulorum carnibus amabis . Dum vero illud avis rustico premitteret, eam ipse permisit avolare . Cui avis ait: Sit ergo prima doctrina, ut non credas omnibus dictis , signanter illis, que verisimilia non sunt. Secunda, quod tuum est, serva . Tertia, de perditis , que recuperare non potes, dolere non debes. His dictis avis arborem ascendit et dulcissimo cantu cecinit orationem illam: Benedictus deus , qui huius aucupis sensus obumbravit et prudentiam abstulit, ne manibus tangeret nec oculis videret, neve ratione perciperet lapidem iacinctum unius uncie ponderis, quem in meis gero visceribus; nam hoc invento ipse mire ditatus fuisset et ego vivus non evasissem. Rusticus hoc audito maxime turbatus pre dolore penitens flevit et mestus ait: Ve mihi , quod verbis avicule dolose crediderim, et quam habui , non servavi ! At avis: O fatue , cur cruciaris animo? Es ne tam cito doctrine , quam tibi tradidi , oblitus? putas ne aviculam tam parvam ; que tota vix dragmam ponderat, unius uncie iacinctum in suis portare visceribus? Numquid tibi dixi : His que verisimilia non sunt , credere non debes ? Et si tuus fuisset, cur non servasti? Et si omisisses et recuperare non posses, cur doleres contra doctrinas tibi datas? His dictis rustico deriso avis recessit.
Von dem vogler und vögelin
Dy lere sint ze behalten, die ain vögelin leret; deß höre dise fabel. Ain puwr het zemal ein lustigs hölczlin mit anger, bomen und bluomen wol gezieret, dardurch von springendem brunnen waßer manig luter und clares flüßlin rane . Darumb die vögelin mer und lieber da selbist wonten, dann an andern enden . Uff ainen tag, als der puer müder von der arbait komen waz , gieng er in das hölczlin, syn beschwertes gemüt wider ze erfröwen, und leget sich ze ruow
puwr: Bauer - zemal: einstmals - lustigs hölczlin: anmutiges Wäldchen - enden : Orten – arbait: Mühe
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Heinrich Steinhöwel
under ainen schönen apfelboum, uff dem gar ain klains vögelin süß, lut und lustlich mit heller stim erklange . Do der puwr daz so lieplich gesang erhöret, richtet er dem vögelin so vil strike, daz es gefangen ward, und als er es gefangen in der hand hielte, sprach das vögelin zuo im : Warumb hast du so vil arbait gehabt, mich ze fachen, was nuczes hast du von mir so klainem vögelin? Antwürt der puwr: Darum daz du mir singest. Das vögelin sprach: Du vermagst nit, weder durch bitt noch gaub, daz ich dir singe. Do sprach der pawr: So wil ich dich eßen. Sprach das vögelin: Sag mir, wie du mich eẞen wellest; ob du mich südest, so würde ich so klain, daz du myn an dem schlinden hart enpfinden würdest; wilt du mich dann braten, so würd ich noch klainer und ruher. Ob du mich aber fliegen laßest, so würdst du großen nucz von mir erlangen. Wann ich will dir ze widergelt geben dry ler der wyẞhait, die dir nuczer synt, wann dryer kelber flaisch. Do der vogel das dem pawren verhieße , ließ er in fliegen. Do sprach das vögelin: Die erst ler ist, daz du nit alles das gelouben solt, das man sagt, und voruẞ daz der warhait nit gelych ist. Die ander ler ist, was dyn sye , das behalt. Die dritt, waz du verlürest und nit magst widerbringen, des solt du vergeßen und dich nit ser darumb bekümern . Nach disen worten floge daz vögelin uff ainen boum und fienge an ze singen mit heller stimme dises gebett: Gelobt sye got, der disem vogler syne sinn also getunkelt hat und syne vernunfft also hingenomen, daz syne ougen nit gesehen haben, noch syne hend gegriffen, noch syn vernunfft gemerket den edeln kostlichen jacinoten in mynem lyb, der wol zweyer lot schwär ist, von dem ouch der vogler über rych worden wäre; aber ich müste darumb syn gestorben. Do das der pawr erhöret, ward er ser betrübt in synem gemüt, und wainend und klagend sprach er: Wee mir armen, daz ich den trugenhafften worten dises schalkhafften vogels habe geloubet, daz ich in nit behalten habe, doch ich in hette . Do sprach der vogel zuo im : O du tour, warum kestigest du dyn gemüt? has du jecz der lere vergeßen, die ich dir gegeben habe, du solt nit gelouben, waz der warhait nit gelych ist? wie kan müglich syn, daz ich ainen stain zweyer lot schwäre in mir trage, so ich gancz kom ain quintlin wege? und wäre das ouch waur gewesen, so soltest du das dyn behalten haben. Darzuo, ob du das hettest verloren und nit wider ze bringen wäre, so soltest das in vergeßen seczen und uẞ dynem gemüt schlahen. Damit fuor es dahin in den wald und ließe den pawren mit gespött hinder im.
fachen: fangen - gaub: Gabe – südest: kochst – an dem schlinden: beim Herunterschlucken - hart: kaum - ruher: härter ze widergelt: zum Dank – voruß: vorab – magst widerbringen : kannst zurückgewinnen – getunkelt: verdunkelt – hingenomen : betäubt – jacinoten : Hyazinth, Edelstein – do: als - tour: Tor – kestigest: quälst – kom: kaum - quintlin wege: Quentchen wiege - waur: wahr - schlahen: schlagen - hinder im: hinter sich zurück
NIEDERDEUTSCHER AESOP
(Komm. S. 164)
Van deme wulve unde schape De dar betekent den unschuldigen unde den schedeliken. Een wulf unde eyn lam allebeide dorstich kamen to enem rivere beide to drinkende. De wulf dranck baven an deme ryvere unde dat lam nedene . Do de wulff dat lam sach. sprack he to eme . du de du dyne wullen drechst in bedrechghenysse bistu my alletyd tho vordrete . Dat lam antwarde otmodighen unde bevende mit vrunchten . O mechtyghe here woe sprekestu my unschuldyghen so scharpe tho . wodane vordret mochte ik arme dy to brenghen. De wulff sede. du vlomest my dat water dat ik nenen smack heben kan. Dat lam antwarde , du secht wunderlike dynk wente du drinkest baven an deme strome unde ik benedene. wo schulde ik dy denne dat water vlomen . men du sokest hulpe rede wedder my alse deghenne de dar begheret tho schedene van sineme vrunde. Hyr umme wart de wulff bytterich unde sprak. Du bist tho maten wedder kurrende unde vormeten my alletyd wedderstalt. tho donde alse din vader ok plach des nicht soẞ mante vorghanghen is in desser sulven stede my dete in desser sulven wyse dat yk bildychlyken an dy wreken wyl . Dat arme lam sede . wor umme vorwytestu mi de schult mines vaders wente ik do noch nicht ghebaren was. De wulff sprak. du hefst mi ok minen acker ghar vorwustet unde vorherret. Dat lam sede . wo mochte ik dat don nach dem dat ik noch nene tene enhebbe. Do sprak de wulff. aldus antwardestu my alletyd unde wedder kurrest des wyl ik ein leckerich aventeten mit dy hebben. mit des grep he dat lam grimmichliken by der straten unde makede der wort ein ende.
betekent: bezeichnen - schedeliken: Bösewicht - rivere: Bach - baven : oben - sach: sah – drechst: trägst - in bedrechghenysse: zur Täuschung -–tho vordrete: zum Verdruß - otmodighen: demütig – bevende mit vrunchten: zitternd vor Furcht - woe: warum - wodane: was für einen - mochte: vermöchte - vlomest: trübst – nenen smack: keinen Wohlgeschmack – wente: denn – wo: wie – hulpe rede: Ausrede – deghenne: derjenige - tho schedene: sich loszusagen – bytterich: zornig tho maten: dermaßen, allzu sehr – bist ... wedder kurrende: widersprichst - vormeten : vermessen, anmaßend - wedderstalt: widersetzlich – plach : pflegte - soß mante: sechs Monate -– sulven: selben - bildychlyken: billigerweise - wreken : rächen - vorwytestu: wirfst du mir vor - nene tene enhebbe: keine Zähne habe - aventeten: Abendmahlzeit
Niederdeutscher Aesop
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De sedelike syn. Myt desser fabulen wyl Esopus bewysen dat de bosen wrede heren. wen se der unschuldyghen ghud edder dod begheren so vinden se den slichten undersaten ene sake dar se se mede vorweldighen .
De gestlike syn. De besegheist is de wulff de dat lam dat is de unschuldyghen myt mennygher orsake bekoret. unde lecht ene vor de erfsunde unser olderen uppe he se tho lasteden in mistrot moge brengen unde vorslinden.
Van deme hunde unde van deme schape Dar ynne leret uns Esopus ... dat de vordretere alletyd loghene denket wedder den guden mynschen dar se vakene valsche tughe ...tho kopen unde ropen. Eyn hunt mit sake vor dat gerichte quam unde vorklagede dat schap unde schuldighede id umme eyn brod dat he eme gelenet hadde . Des vorsakede dat schap unde sede dat id nen brod van deme hunde gelenet hadde. Hir umme vraghede de richter deme hunde ofte he ok der sake borge edder tughe hadde. Do nomede de hund dre tuge alze den wulff. den wyen. den havik. De richter vragede de tuge offte id ok war were dat de hund deme schape dat brod hadde gelent. Unde se tugeden dat de hunt recht hadde wente se hapeden ere del to hebbende in dem schape offte id vorordelt worde . De wulff sede . ik wet dat de hund em dat brod ghelenet hadde. De wye sede se hadde id gheseen. De havik sede id were war wor umme dat id neen sede. Do nu aver de richter horde dat id mit dren tughen averwunnen was do bot he deme schape dat id scholde deme hunde vul dun van den schulden. na deme male dat de dre eerwerdighe tughe dat getuget hadden. Dat arme schap hadde nicht dar id mede betalen mochte wrede: bösen – slichten undersaten: einfachen Untertanen - sake: Vorwand – vorweldighen : überwältigen, Gewalt antun - myt mennygher orsake bekoret: auf vielerlei Weise in Versuchung führt - lecht ene vor: legt ihnen vor Augen - erfsunde: Erbsünde – olderen: Ureltern - uppe: damit -tho lasteden: schließlich -– in mistrot moge brengen: zu Fehltritten verleiten könne – vorslinden: verschlingen de vordretere: der Streitsüchtige – loghene: Lügen – denket: erfindet - wedder: gegen, über vakene: oft dar tho: dazu, wozu - tughe: Zeugen - kopen: kaufen -- ropen: rufen - sake: Streitsache - Des vorsakede: Dem widersprach – nen : kein - ofte : ob - borge: Bürgen - tugeden: bezeugten - wente: denn - hapeden: hofften - to hebbende: zu bekommen - offte: wenn, falls vorordelt worde: verurteilt würde – averwunnen: überführt – bot: gebot – vul dun: Genugtuung leisten na deme male: in Anbetracht dessen
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Niederdeutscher Aesop
sunder alleine mit syner wullen unde id was middene in deme kolden winter unde de hund manede id scharpe. Hir umme toch dat arme schap sine wulle uth unde antwardede deme hunde unde bleff sulven nacket. Men deme hunde noghede nycht in der wullen. men he toch sine falschen tughe dar tho. den wulff. den wyen. den havik. unde thoret deme armen schape sin vel sunder barmherticheit. De sedelike sin. Aldus doen de valsche vorkerden mynschen de mit eren valschen tughen de unschuldighen unde de armen vordruckken . unde beholden mit valschen tughen dat se nicht mit rechte beholden moghen.
De ghestlike sin. Desse richter is ghod de here de dar secht. minsche alze ik dy vinde so wyl ik dy ok richten. Dat schap is de minsche de nicht en hefft dar mede he betalen mach . men sine wulle dat synt sine ghude werke de he up erden ghedan hefft. wente naket werd he ghebaren naket schedet he van hyr. De hund de ene anklaghet is de bosegeist de uns stede tho ghade vorklaghet unde thud de dre tughe dar to. De wulff is unse egene samwitticheit wenne wy sundighen so is se gruwelik in sik. De wye is de bosheit der sunde. de alletyd rovet de eine sunde na der anderen. De havik is unse ghude enghel de uns alletyd hardet to vleghende uth der wanheit der sunde.
Van deme esele unde van deme hundeken De uns leret dat wy uns to den ampten nycht vlien scholen de uns nicht behoren tho donde. Eyn rike man hadde en klinlik hundeken dar he vele behegelicheit ynne hadde unde was leflik deme heren unde alleine sineme inghesinde unde spelede mit eme. Dat sach ein esel wat dar schach mit deme hunde unde sede tho sik sulven. Sunder twivel ik bin dul dat ik my mineme heren nicht beheghelik manede: mahnte - Hir umme: Deshalb - antwardede: überantwortete - Men : Aber – noghede: genügte - thoret: raubte - vorkerden: verkehrten vordruckken: unterdrücken beholden: erreichen - moghen: können – nicht en: garnichts - samwitticheit: Gewissen, (Kor. d. Hrsg. aus: - hardet: antreibt, anreizt – wanheit = wonheit: Gewohnheit san witticheit) – ampten: Diensten, Berufen - vlien: (refl. ) streben, uns drängen – behoren tho donde: angemessen sind, zustehen - klinlik: kleines – dar he vele behegelicheit ynne hadde: an dem er viel Freude hatte - leflik: liebreich - alleine sineme: seinem ganzen – schach: geschah - dul: töricht - beheghelik: angenehm
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Niederdeutscher Aesop
make unde entjeghen lope so de hunt plecht to donde. wente ik jo beter bin wen de hunt is unde to veleme arbeide nutter unde ethe reyner spyse wen de hunt unde drinke dat water uth den wiende bornen des schal he my des to groter ere keren. unde beghunde vlytliken war to nemende des heren unde des hundes wo se tho samende speleden . wente he begherde to lerende de wyse unde de steltenisse des speles dar he ok so mochte don wen des tyd were wente he sach dat de hund sprank to deme heren unde lep umme en her unde blekede unde wepeczagelde eme denstaftich to wesende . To einer tyd do de hund unde de here aver sodanem spele vorworen weren. do wolde de esel sik ock leflyken maken unde sprank up den heren unde lede sine vote up des heren schulderen unde rorede dat hovet unde de oren unde den stert alse he van dem hunde gesen hadde unde hapede dat he ok dar mede mochte deme heren beheghelik werden. Ok makede he deme heren sine kledere vul mit sinen voten. De here wart van dessen dinghen vorveret unde beghunde to ropende. unde mende dat de esel uth sik sulven kamen were . Also dat ghesinde den heren ropen horden unde seghen den esel up den heren stigen do grepen se in de hende wat se hastighen konden krigen. stocke . blocke. stene . unde bome unde sloghen unde worpen deme esele up sin lif so sere dat he nawe halff levendich wech quam unde bunden ene an syne krubbe . Aldus mende de slimme esel he wolde sik myt spele leff maken unde makede sik leit unde unwerdych. De sedelike sin. Vele mynschen wyllen ere nature voranderen unde nemen sik werke an dar se van nature weghe nicht mede begiftighet sint. des werden se to deme werke unnutte unde slim van anderen gerekent. De ghestlike sin. Dat is alle manne nycht gegheven dat he nu in sunde vallet nu deit he ware ruwe unde voret en schouwelik levent in ghade . Hyrumme schal sik ein islik entjeghen lope: entgegen laufe -plecht: pflegt - wente: da - jo: doch - wen: als - veleme: vieler -nutter: nützlicher - ethe: esse - wiende: fließenden - my des to groter ere keren : mich desto mehr ehren - vlytliken: eifrig - war to nemende: zu achten auf, zu beobachten – steltenisse: Beschaffenheit - lep: lief - blekede: bellte - wepeczagelde: wedelte - denstaftich: (hier) freundlich – to wesende: zu sein - To einer tyd: Einstmals - sodanem : solchem - vorworen: vertieft - rorede: bewegte stert: Schwanz - hapede: hoffte - vorveret: verwirrt - to ropende: zu rufen - mende: meinte – uth sik sulven kamen : außer sich geraten -– seghen: sahen – worpen: warfen -– lif: Leib nawe: kaum krubbe: Krippe slimme: verkehrte , närrische - unwerdych: unwürdig voranderen: verändern - nemen sik werke an: wollen Aufgaben bewältigen - dar: für die begiftighet: begabt - des : dadurch -– unnutte: unnütz , unbrauchbar - gerekent: gerechnet, gehalten - alle manne: jedermann - deit: leistet, empfindet - ruwe: Reue - schouwelik: beschauliches - in ghade: in Gott - Hyrumme: Deshalb - schal: soll - islik: jeglicher
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Niederdeutscher Aesop
laten noghen an der gnade de em gegeven is unde nicht mer willen weten wen em to gelaten is.
Van der swaleken unde van anderen voghelen De uns leret we guden rad vorsmad de vallet vakene in groten schaden . Alse de swaleke sach dat men alderersten lyn seyghede do sede se den anderen vogelen. Men lat uns allen gan wen dit schal beginnen to wassende unde ropen id alle ut anders is dit uns allen an ene grote varlicheit wente hyr van maken de lude nette dar se uns inne beslan moghen. De unvorsichtighen voghelen vorsmaden alle den rad der swaleken. Do se nu dat sach do rep se tho samen alle de van erer ard weren unde makeden endracht mit den minschen . De endracht was also dat noch mynschen noch swaleken noch nen scholde deme anderen schedelik sin unde in ein teken der vrunschop. so scholden de swaleken in der minschen huse nestelen. Do nu quam de tyd der arne do dat vlas rype wart. do samelden dat de minschen unde sponnen dar gar aff unde van deme garne knutteden se nette unde vynghen de voghele . Dyt was de schade den de kloke swaleke to voren betrachtede. Vormiddelst der nette quemen de voghele to stricke unde to dode.
De sedelike sin. Hyr scholen an merken alle de ereme sinne gerne volghen unde vorsmaen ghuden rad. des se moten vakene groten schaden wachten.
De ghestlike sin. Vormiddelst der swaliken synt betekent de ghestlike lude de vrundschop maken mit den inwaners der hemmelschen stad unde nestelen in ere huse . De voghele sint de sunders de de ghuden lere der gestliken lude nicht willen volghen. men se bespotten se wen se ene segghen van der varlicheit der helle .
noghen: genügen - willen weten: wissen wollen wen: als to gelaten: zugelassen swaleken: Schwalbe - vorsmad: verschmäht - alderersten : eben erst - lyn: Flachs - seyghede: säte - sede: sagte - Men: (bei imp . ) Doch - to wassende : zu wachsen - ropen: raufen - anders: sonst - varlicheit: Fährlichkeit, Hinterlist - lude: Leute -- nette: Netze - beslan: fangen – rep: rief endracht: Eintracht, Übereinkunft – noch…….noch: weder ... noch - nen: irgendeiner – in ein teken: als ein Zeichen - vrunschop : Freundschaft – nestelen: Nester bauen – arne: Ernte – vlas: Flachs - gar: Garn - knutteden : knüpften – to voren betrachtede: vorausgesehen hatte – to stricke: in die Schlinge an merken: aufmerken - des: wodurch - moten: müssen wachten: erwarten inwaners: Bewohnern - bespotten: verspotten -
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Niederdeutscher Aesop Van dem vosse unde van den winberen De uns leret dat ein klok man schal sik laten dunken dat he dat nicht hebben wil dat eme nicht werden mach.
Eyn hungherich vos gingk in eynen wingharden. do sach he dat de wyndruven ripe weren do lustede em de sere to etende unde sprank dar na unde stech dar na unde dede alle sine kunst dar na unde konde se doch nicht winnen . Do he alle sin arbeit vorgeves gedan hadde unde krech nycht do gaff he sik to vreden unde sede . Desse winberen sint noch alto sure unde sint nicht ripe . konde ik se ok kryghen yk wolde ere nycht. Aldus schede he van dar offte he dar nicht na en vroghede. De sedelike sin. Mennich steit mit vlite na eineme dynghe dat he gherne hadde. wen he id nicht kan kryghen so secht he dat he id nichten achtet. Alse de na groteme stade stan unde konen den nicht krighen so segghen se dat se dar nicht na vraghen.
De gestlike sin. De vos betekent eine minscheit de dar begheret de winberen der ghestlyken beschouwynghe. dar deit he arbeit umme men he is noch to side ghesunken in de belevinghe desser werlde so dat he mit sinen begheren nicht kan aflanghen de beschouwynghe . wente se is ein aldersuteste trobe de nemande ghegheven werd sunder de nenen trost soken an anderen dinghen.
Van der hemeken unde van der emete De uns leret dat wi scholen arbeiden in wol macht to rechten tiden dat wi in noden wat hebben so dorve wy nicht bidden . wente uns mochte werden ghewegert. Dat hemeken let in deme wynter groten hunger unde quam to der emeten unde bad dat se er ichteswes tho keren wolde van deme eren. unde beclaghede er dat schal sik laten dunken: sich einbilden soll - wingharden: Weingarten - druven : Trauben - stech: kletterte - winnen : erreichen - gaff: gab - Aldus: Also- offte: als ob - Mennich: Manch einer steit mit vlite: trachtet eifrig – na groteme stade stan : nach einer hohen Stellung (Rang, Ansehen) streben - beschouwynghe: Beschaulichkeit (vita contemplativa) – to side: zu niedrig, tief - de belevinghe: das Liebhaben –- aflanghen: erreichen - aldersuteste: allersüßeste - sunder de: außer denen, die hemeken: Heimchen – macht: Vermögen , Kraft – dorve: brauchen - wente: aber - mochte; könnte - ghewegert: verweigert - ler: litt - er: ihr - ichteswes: etwas - tho keren: zuwenden
Niederdeutscher Aesop
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se nycht en hadde . dar se van leven mochte . Do antworde er de emete unde sede. wat dedestu in der arne in dem samer do ik unde min ghesinde weren in groteme arbeide. wy lepen unde drogen to samene in unse schune dar wy over wynter aff leven. Do sprack dat hemeken. Ik sank den ghennen de dar arbeiden unde ik hebbe nen lon van en entfangen. Do antworde de emethe unde sede . hefst du in deme samer gesunghen so machstu nu springhen . Dat hadde beter gewesen dat du in dem samer gearbeit haddest to dyner behof in deme unwedder des to kamene winters mit vorsichticheit di to vodende wen dat dy nu schal dwinghen de hardicheit des winters unde most din spyse bidden vor unsen doren. wat hulpe kondestu doch mi edder eneme anderen don dat du sulven nicht vorwunnen hefst.
De sedelike syn . Hyr schole wy vormyden leddychghant unde in arbeide syn unde vorwerven dar wy aff leven unde eineme anderen in node tu hulpe kamen mogen.
De ghestlike syn. By desseme hemeken sint betekent de leffhebbers desser werlde de ere tyd der gnade myt ydelcheyt to brenghen dar inne se ghude werke scholden don to deme vordenste des ewighen levendes. Des moten se in deme wintere dat is na deme levende liden nod unde stan buten der dore des hemmels . wen de emete dat is de rechtverdighe minsche de hyr ghearbeidet hefft de werke der rechtverdicheyt unde brenget de mede in deme wintere dat is na desseme levende in de porte der hemmele dar he wert belonet mit der ewyghen vrouwde .
arne: Ernte - lepen : liefen – drogen : trugen - dar wy aff leven: wovon wir leben - den ghennen de: denen, die - nen: keinen - en: ihnen - hefst: hast - behof: Bedarf – vorsichticheit: Vorsorge - di to vodende: dich zu ernähren - wen: als - dwinghen: zwingen -- hardicheit: Härte vorwunnen: geleistet – leddychghant: Müßiggang - vorwerven: erwerben - leffhebbers: Liebhaber - buten: außerhalb - vrouwde : Freude
REYNKE DE VOS
(Komm. S. 166)
[Von der Schlange, dem Mann und dem Fuchs ] Wo de apynne sprickt vor deme konnynge van deme lyntworme efte slangen unde van deme manne; umme dat se den konnynck sachtmodich mochte maken up Reynken , so sprack se dyt Reynken to eren. Alze de konnynck desse worde Van der apynnen sus horde,
He sprack: ,,dat is my half vorgetten. Latet my de sake wetten, Dat lustet my noch eyns to horen . Ick weet wol , de sake was vorworen. Wette gy de, segget se hen!" Se sprak: ,,myt yuweme orlove schal dat schen. Id is nu twey yar, alze dat gheschach . Hir quam eyn lyntworm up eynen dach; Desse sulve slange efte worm
Klaghede hir myt groteme storm, Wo em eyn man entghynge in deme recht, Dat eme twey mal was affghesecht. Ock was hir yegenwordich de man. Alzus ghynck de klaghe ersten an . De slange krop dorch eyn ghat,
Dar em eyn stryck was ghesat By eynen thun, onde bleff sus behangen, An eyn stryck vast ghevangen . Wo: Wie - apynne: Äffin – konnynge: König – efte: oder -– umme dat: auf daß – sachtmodich up: sanftmütig gegenüber - is my vorgetten: habe ich vergessen - wetten: wissen - luster: gelüstet eyns: einmal - Wette gy de: Wißt ihr die - yuweme orlove: eurer Erlaubnis - schen: geschehen up eynen dach: eines Tages - sulve : selbe - storm : Ungestüm, Erregung - eme ....affghesecht: ihm aufgesagt, gegen ihn entschieden - yegenwordich: gegenwärtig - Alzus ghynck de klaghe ersten an: So begann zuerst, was zur Rechtsklage führte - krop: kroch -- ghat: Loch - stryck: Schlinge - ghesat: gelegt - thun: Zaun
Reynke de vos
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He moste dat lyff dar hebben ghelaten, Men dar quam eyn man de sulven straten. De slange reep: ‚ ick bydde dy, Laet dy entfermen unde löze my!' De man de sprack: ,dat do ick ghern, Wultu my loven unde swern, Dattu my nicht doen wult quaet; Wente my entfermet dyn byster ghelaet. De slange was des bereyt Unde swor em eynen düren eyd,
Em nummer to schaden in yennyger sake. Do lozede he en uth deme unghemake . Se ghyngen to samende eynen wech entlanck. De slange was van hunger kranck, Se schoth to na deme man Unde wolden toryten unde ethen en dan. Myt nauwer noet de man entspranck. He sprack: , is dyt nu myn danck, Dat ick dy halp uth dyneme vordreet, Dar du my sworest eynen düren eyt, Dattu my nummer woldest schaden?' De slange sprack : , ik byn beladen Myt hunger, de my brynget dar to. Ick mach yd vorantworden , dat ik do; Lyves noet bryckt dat recht' .
Alze de slange dyt hadde ghesecht, Do sprack de man : , ick bydde dy, Dattu so lange my ghevest vry, Wente dat wy by etlyke komen , De nicht umme schaden efte umme vromen
Recht efte unrecht recht konen scheyden ' . De slange sprack : , so lange wyl ick beyden' . Se ghyngen vort over eynen graven. Dar mothe en Pluckebüdel de raven entfermen: erbarmen - loven: geloben swern: schwören quaet: Böses - byster: wildes , verzweifeltes - ghelaet: Gebahren - des : dazu – düren: teuren -- yennyger : irgendeiner - lozede: löste, befreite - schoth to na : schoß zu auf - toryten: zerreißen nauwer: genauer, knapper vordreet: Mißgeschick – mach: kann - Lyves: Leibes - bryckt: bricht - Wente: bis - efte: oder – vromen: Nutzen – beyden : warten – graven: Graben – mothe en: begegnete ihnen – Pluckebüdel: Pflückebeutel - raven: Rabe
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Reynke de vos
Myt syneme sonen Quackeler. De slange sprack: ,komet heer! ' He sede eme alle de sake hir van. De rave rychtede to eten den man; He dachte mede up syn ghelucke, He hadde ock gerne ghehath eyn stucke . De slange sprack: ,ick hebbe ghewunnen , Nemant kan my des vorghunnen ' . De man de sprack: , neen, nicht vul node! Scholde my eyn rover wysen tom dode? Ock schal he dat recht nicht spreken alleyn, Ick gha myt dy vor veer efte teyn' . De slange sprack: , so gha wy dare !" Do motte en de wulff unde de bare.
De man stunt manckt dessen allen , He dachte: ,yd wyl syk hir övel vallen . He stunt manckt vyven , he was de seste ; Neen van dessen meende syn beste. De slange , beyde raven, wulff unde bare, Hir manckt stunt he in groter vare. De bare unde wulff under syck beyden, Do se desse sake scholden scheyden, Se spreken: ,de slange mach doden den man, Wente hungers noet ghynck eme an. Noet unde dwanck bryckt eyde unde truwe ' . Do krech de man sorghe unde ruwe , Wente alle stunden se na syneme lyve.
Do schoet de slange na eme ryve Unde schoet uth syn quade fennyn , Doch entspranck de man myt groter pyn Unde sprack: ,du doest my unrecht groet, Dattu sus steyst na myneme doet. Du hefft noch neen recht to my ghehath' .
rychtede to eten: entschied, sie dürfe fressen – mede up syn ghelucke: dabei an seinen Vorteil vorghunnen: mißgönnen – nicht vul node: durchaus nicht -- rover: Räuber – teyn: zehn – bare: Bär - manckt: zwischen - syk övel vallen: einen üblen Ausgang nehmen - vyven: fünfen - seste: sechste - vare: Gefahr - Wente: denn - krech: bekam - ruwe: Reue, Kummer - lyve: Leben schoet: schoß - na eme: auf ihn zu - ryve: heftig - schoet uth : verspritzte – quade fennyn: böses Gift - groter pyn : knapper Not - steyst: trachtest
Reynke de vos
43 De slange sprack: ,worumme sechstu dat? Dy is tweywerff ghewyset dat recht' . Do sprack de man : ‚ dat hebben de ghesecht, De sulven roven unde stelen Myne sake wyl ik deme konnynge bevelen. Brynget my vor en; wat he dan secht, Dat do ick, yd sy krum efte recht. Schal ick dan lyden unghevoch, Ick hebbet denne noch quad ghenoch . Do sprack de wulff myt deme baren: ,Dat sulve schal dy weddervaren. De slange schal anders nicht begheren' . Se meenden, queme dyt vor de heren In den hoff, denne scholde dat recht So ghan, alze se hadden ghesecht. Here, ik segge dyt myt orloff,
Se quemen myt deme manne in den hoff, De slange, de bare, der raven twey Unde der wulve quam dar drey, Wente de wulff hadde dar twey syner kynder; Desse deden deme manne den meysten hynder, Alze Ydelbalch unde Nummersath , Quemen myt ereme vader, umme dat Se meenden den man mede to eten ,
(Se mogen vele, so gy wol wetten ) Se huleden unde weren plump unde groff, Dar umme vorböde gy en den hoff. De man reep an yuwe gnaden . He klagede , de slange wolde em schaden , Der he grote döget hadde ghedan, Unde wo he wedder hadde entfan Sekerheyt unde sware eyde, Up dat he em nenen schaden dede . De slange sprack: ,dat is alzo: Des hungers noet dwanck my dar to ,
tweywerff: zweimal - bevelen: anvertrauen – unghevoch: Ungemach – weddervaren: zugestanden werden - myt orloff: mit Verlaub - hynder: Nachteil - mogen vele: fressen viel - gy: ihr - wetten: wißt - vorböde gy: habt ihr verboten – döget: Wohltat wo: wofür entfan: empfangen
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Reynke de vos
Dede gheyt boven alle noet'. Here, gy weren bekummert groet Umme de sake, alsus ghesecht, Dat eyn yslyk kreghe syn rechte reht. Juwe eddelicheyt sach dat node, Dat men den man wysede tom dode , De sus bewysede hulpe in noet. Ok dachte gy an den hunger groet. Hir umme ghynge gy to rade; Meyst reden se to des mannes quade, Up dat se mochten na ereme wyllen Den sulven man helpen vyllen. Des hebbe gy do alto hant Na Reynken vosse boden ghesant: Wat de anderen ock sus reden , Se kondent doch nicht rechte scheden. Dyt lethe gy alle Reynken vorstaen. Gy spreken, dat recht scholde alzo gaen, Alze dat Reynke int beste rede . Reynke sprack myt grotem beschede: ,Here, latet uns ghan to hant,
Dar de man de slange vant. Seghe ick den slangen in desser stunden, Dat he alzo stunde ghebunden,
So he was, do he ene vant, Denne spreke ick dat recht to hant' . Alzus wart de slange ghebunden In alle der mathe , so he en hadde vunden, Unde ock in de sulven stede. Reynke sprack: ,nu synt se beyde
Islyk so he was to voren , Se hebben wer wunnen efte vorloren. Dat recht wyse ick yw nu snel . De man mach nu, efte he wel,
- node: ungern - ghynge gy to rade: Dede: die da - boven: über - Juwe eddelicheyt: Ew. Majestät berieft Ihr den Rat ein – vyllen: das Fell abziehen - Des : deshalb - alto hant: alsbald – scheden: entscheiden - vorstaen: verstehen - grotem beschede: großer Bedachtsamkeit -– Dar: dorthin, wo - Seghe: sähe - In alle der mathe: genauso to voren: zuvor - wer ... efte: weder ... noch – efte he wel: wenn er will
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Reynke de vos Den slangen lözen unde laten syck sweren . Wyl he ock nicht, he mach myt eren Den slangen sus laten bunden stan
Unde mach vry syne straten ghan, Wente de slange an em untruwe wrachte , Do he se loẞ uth deme stricke brachte . Alsus heft nu de man den kore, Ghelyck so he hadde vore . Dyt duncket my wesen des rechtes syn, De yd anders weet, de segge hen!' Seet, here, dyt ordel duchte yw gud Unde ock yuweme rade, de by yw stod. Reynke wart do ghepryset sere . De man wart quyd unde danckede yw sere ...“ In dessen twen vorghesechten capittelen leret de dychter vii stucke . ... (5) Dat v is eyn straffent alle der, de den quad doen, de en gud hebben ghedan; dat is to malen eyne grote boẞheyt, alze hir de slange deme manne quad wolde wedder doen vor gud. (6) Dat vi is, dat eyn rychter nicht en schal löven efte to tüghe nemen den , de berochtyget is in undaet, alze de raven, de wulff, de bare. Alsus wert by deme raven betekent de untruwe, by deme wulve de ghyryge, by deme baren de grove unlympyghe und unghelerde; alsodanen schal men nicht horen , ock schal men sodane neen ordel affspreken laten , wente se raden vaken to orlyghe unde to kyve umme eres eghenen profites wyllen edder ok van unwettenheyt, dar vaken groet vorderff na volget, unde wan yd denne kumpt to orloge , so staen alsodane gerne aff. (7) Dat vii is , dat eyn vorste vaken vruchtet eyn slechte syner eddelen unde deyt nene rechtferdicheyt efte nene wrake over den, de groet beslechtyget is . . .
Wente: weil - wrachte: beging - kore: Wahl - wesen: sein ordel: Urteil -- quyd: frei vorghesechten: vorgenannten – to malen: insonderheit – schal: soll – löven: glauben – to tüghe: als Zeugen berochtyget: berüchtigt - betekent: bezeichnet - grove: grobe unlympyghe: Ungeschlachte - alsodanen : die so beschaffen sind – ordel affspreken : Endurteil fällen – orlyghe: Kampf - kyve: Streit - vaken: oft - vorderff: Verderb – staen aff: halten sich fern – vruchtet: wrake: Rache - groet fürchtet slechte: Geschlecht - rechtferdicheyt: Gerechtigkeit beslechtyget is: große Verwandtschaft hat
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Reynke de vos [Vom Löwen, Wolf und Fuchs ] Noch wo Reynke spryckt bedrechlyke worde , dar myt he syk sulven entschuldiget unde andere belastet, unde is , wo de wulff unde voẞ to samende vengen eyn swyn unde eyn kalff.
[ …..]
Ghedencket yw nicht, wo yd eyns gheschach, Dat ik unde de wulff, her Ysegryn, Hadden to samende ghevangen eyn swyn? Do yd reep, bette wy yd doet. Gy quemen to uns, gy klageden yuwe noet, Gy spreken, yuwe frouwe queme dar achter, Hadde wy wat spyse, so worde yd sachter; ,Ghevet uns mede van yuweme ghewynne' . ,Ja ' , sprack Ysegrym bynnen deme kynne. So dat men dat nauwe vorstunt. Men ik sprack: ,here, yd is yw wol ghegunt, Ja, weren der swyne ock vele . Wene duncket yw, de uns dyt dele?'
,Dat schal de wulff' , so spreke gy do . Desses was Ysegrym seer vro. He delede do na syner olden sede, Men dar enwas nicht vele schemede mede:
Eyn verndel gaff he yw, dat ander yuwer vrowen, De anderen helfte begunde he to kouwen.
He ath so ghyrygen utermaten, Men de oren myt den nezegaten Unde halff de lungen, dyt gaff he my, Dat ander behelt he al; dyt seghe gy. Sus tögede he syne eddelheyt, so gy wetten . Doch do gy yuwe deel hadden upghegetten , Dyt weet ik wol , gy weren noch nicht sath. Dyt sach de wulff wol, men he ath Unde boet yw nicht, noch kleyn noch grod. Do krech he van yw eynen stod
reep: schrie - bette: bissen - queme dar achter: käme nach - Hadde wy: Wenn wir hätten - sachter: besser - sprack ... bynnen deme kynne: knurrte zwischen den Zähnen – nauwe: kaum - schemede: Scham - verndel: Viertel - Men : nur - nezegaten: Nasenlöchern - seghe gy: saht Ihr - tögede: zeigte - so gy wetten: wie Ihr wißt -– stod: Schlag
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Reynke de vos
Van yuwen poten twysschen de oren, So dat em dat fel moste schoren. He blodde unde krech grote bulen Unde leep wech myt grotem hulen. Gy repen eme na: ,kum wedder heer Unde scheme dy yo eyn ander tyd meer! Isset, dattu dy ok nicht enschamest Unde myt deme delende dat anders ramest, So wyl ik dy anders wylkomen hethen! Gha hastyghen, hale uns meer to ethen! ' Do sprack ik: ,here , ghebede gy dat, So gha ik myt em; ik weet wol wat'. Here, gy spreken: ,ya, gha myt em!" Do helt syk Ysegrym seer umbequem ,
He blodde, he anckede, he konde vele klagen. Sus ghynge wy echt to samende yagen . Eyn veth kalff venge wy, dat gy wol mochten ; Do lachede gy seer, alze wy dat brochten, Gy spreken do unde loveden my groet, Ik were gud uthghesent tor noet. Gy spreken, ik scholde delen dat kalff. Ik sprack: ,here, yd is yuwe rede halff, De anderen helfte der konnygynnen . So wat denne is dar enbynnen , Dat herte, de lever myt der lungen,
Dyt deel horet to yuwen yungen . My höret to de veer vöthe Unde Ysegryme dat hövet, wente dat is söthe ' .
Alze gy dyt horden, spreke gy do: ,Reynke, we lerde dy delen alzo, So rechte hoveschlyken? laet my vorstaen! ' Ik sprack: ,here, dat heft ghedaen
Desse, deme so roet is de kop Unde deme so blodich is de top. Wente hüden, do Ysegrym delede dat verken , Dar by beghunde ick do to merken schoren: zerreissen - Isset, dattu: Falls du -- - ramest: einrichtest – ghebede: gebietet – helt syk ... umbequem : verhielt sich unpassend – anckede : stöhnte – echt: abermals – yuwe rede halff: bereits zur Hälfte Euer dar enbynnen: dadrinnen, im Innern vöthe: Füße - horden: hörtet hoveschlyken: in höfischer Weise vorstaen: wissen - top: Schopf
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Reynke de vos
Unde lerde do den rechten syn, Wo men lyke schal delen kalff efte swyn' . Sus krech Ysegrym , de ghyryghe dwas, Schaden unde schande vor synen vras. Wo vele vyntmen noch sodane wulve, De alle daghe bruken dat sulve Unde ere undersaten vorslynden! Se sparen nicht, wor se de vynden . Al wor eyn wulff sus overmach, Des wolvart krycht eynen ummeslach. Eyn wulff sparet nicht vlesch noch blod, We em , de en sadygen mod! We der stath unde deme lande, Dar wülve krygen de överen hande ! [ …..] In desseme vorghesechten capittel leret de lerer ii stucke . ( 1 ) Dat erste, wo etlyke ghyryghe untruwe vöghede in der heren höve vor syck de besten morsele beholden; so wan se den heren toyagen der armen sweet unde bloet, alze der armen gud, ya, so holden se delynge myt eren heren alzo , dat se dat beste beholden. Desse scholdemen underwysen, so hir de lauwe den wulff dede. (2) Dat ander stucke is , dat eyn wyß vornuftich mynsche schal syk speygelen an eynes anderen schade unde schande unde dar by leren unde syk waren vor alsodanes , dar eyn ander mede is to valle komen ; so hir Reynke sprak, dat he lerede so hoveschen delen , do he sach, dat Ysegrym de kop blodde et cetera.
lerde: lernte - lyke: gleich - dwas: Tor - Wo: Wie - vyntmen: findet man - bruken dat sulve: dasselbe tun undersaten: Untertanen - vorslynden: verschlingen - sparen: verschonen - Al: Jeder - wor: wo – overmach: zur Herrschaft gelangt – krycht eynen ummeslach : schlägt um - de överen hande: die Oberhand - morsele: Brocken - alze: nämlich - scholdemen: sollte man waren: bewahren
JOHANN GEILER VON KAYSERSBERG
(Komm . S. 174)
[Vom Hasen und Wolf] Das häẞlin setzet sein sach auff die flucht. Also wenn man mitt im streitten will / es wöret sich nitt / alls ain beer / der richt sich auff und stellt sich zů wöre / Ain wolff der zerret / Ain hunnd der beisset / Ain katz die kretzet / Ain löw wenn man mitt im streitten will / er stellet sich auch zů gewöre So hatt das häßlin kain annder gewöre / dann es wüscht auff und lauft hinweg / Das gibt man fur in ainer gleichnuß /vonn aim hasen und wolff / die zway kamen mitt ain annder in ainen zannck / das weeret als lang /je das der wolff dem hasen verwiß / er wär ain zag Nu mainet der haẞ er wölte mit im wetten wölcher den anndern überwund der solt recht haben / das gefiel dem wolff / wann er mainet er wölt den hasen bald zerzerrt haben Der wolfflegt sich streüßlich gegen dem häßlin /nun wüschet der haß auffund lieff dahin /der wolff im nach / der haß lieff schnell / der wolff ward müd / und viel nider zu růwen /der haẞ maynet er hett gewunnen / der wolff sprach Nain /er wär geflohen und hett nitt mitt im gestritten /Also kamen sy für den löwen mit dem streit /er sölt urtail darüber sprechen Also sagt er das häẞlin het überwunden / wann es het kain annder gewör dann sein flucht /Also soll ain rechter christenmensch und ain clostermensche /sein gewör setzen in die flucht /wenn er angefochten würt von dem bösen gaist von unkeüschayt / so soll er thůn als das häßlin / und nemen die flucht / das ist / er soll nitt auff solichen gedencken beleyben Er soll alle ursachen fliehen / die im zů sollichen anfechtungen mögen komen / wann alle anndere laster und sünd mögen mitt streit uberwunden werden / es sey joch was sünd es wöll / tragkait / neid oder haẞ / zorn oder füllerey / und alle andere laster / wann man kainn lust darinn findet / wenn man im schon nach gedenckt / on das laster unkeüschait / die mag annders nit überwunden werden / dann mitt der flucht.
wöret: wehrt - alls : wie – gewöre : Verteidigung, Abwehr -– wüscht auff: springt schnell auf – gibt manfur: wird veranschaulicht, dargestellt - verwiß: vorwarf - legt sich streüßlich gegen: greift an- überwunden: gesiegt – joch : auch immer - wann: denn - im schon nach gedenckt: es richtig überlegt - on: außer - mag: kann
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Johann Geiler von Kaysersberg [Vom Esel und Löwen]
Wenn man inen nit die oren sehe /so würd man sie ubel förchten /so man wont es weren Lewen . Esopus schreibt wie ein esel legt ein mal mit dem Leuwen an / er solt mit im gon / so wolt er im zögen / das in alle thier förchten / und legte der Lew im sein cleid an / und giengen also miteinander den berg uffhin zů dem wald / da fieng der Esel an ze schryen sein geschrei das er kunt /da das horten die hasen und vögel / und ander cleine thier da fluhen sie allesammen. Da sprach der esel zů dem Löwen / sihestu nun wie mich alle thier förchten . Antwurt der Lew /wenn ich die oren nit sehe / so meint ich nit das du ein esel werest. Also schryen wir prediger redlich / so man aber sicht / das wir esel seind / und ein eselisch leben füren / ein vihisch leben / so förcht man uns nit. Weren wir aber als Lewen / standthafftig und starck / so geb man mer uff unser schreyen .
[Vom Mann und Löwen] Da der böß geist gesündet hat / da hat yn got beraubt der gnaden / damit er im angenem was / aber er hat im nit genummen sein natürliche krafft und stercke / darumb so ist sein gewalt grösser dann aller leiplicher geschöpffte von seim geschlecht ... Esopus der schreibt ein fabel / wie ein man stieß ongeferd uff ein Lewen /und giengen miteinander und zanckten miteinander /welcher der stercker wer / sie kamen zů eim bild / da ein man ein Lewen zerzerret / als David und Sampson theten / da sprach der man zu dem Leuwen / sihest du da / wie der man stercker ist dann der Leuw. Der Leuw sprach / das hat ein mensch gemalet / solt es aber ein Leuw gemalet haben / so hett er es anders gemalet / und ich wil dir das widerspil zeugen / und fårt in geen Rom (Ad theatrum ) da man die bösen menschen den Leuwen zů straffen gab.
[Vom Fuchs und den Birnen ] Du solt thůn als ein füchẞlin ein mal thet / das gieng für ein birbaum anhin / da hiengen gel regelẞbiren daran / er begert ir und schlug mit dem wadel daran / es wolt aber keine herab fallen / lieber got was möcht der schwantz an dem wont: wähnte - zögen: zeigen widerspil: Gegenteil - den Leuwen zů straffen gab gel: gelb - regelẞbiren: große harte Birnenart
das Todesurteil vollzog
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Johann Geiler von Kaysersberg
birbaum schaffen / da keine fallen wolt / da sprach er /ich wolt yr ondas nicht / sie seind sauer. Also so du sihest das alle welt foll untrüw ist / falsch / unnd du unwert / wann du bist alt unnd ungestalt / unnd ist nüt an dir wert dann die desch / die ist allwegen wert / so verlaß du die welt / unnd richt dich zu dem tod .
[Vom Magen und den Gliedern] Wann ein priester zů Rom meß liset in gnaden gottes /so hastu hie nutz darvon / und wann du hie ein pater noster in gots gnaden bettest / so hat der zů Rom nutz und teil daran ... Du sprichest wie gat das zů / das einer zů Rom nutz hie sol haben / das wil ich dir sagen. Es ist umb die ding gleich als umb einen menschen der vil glider an im hat /da seind die glider schwach und kranck / und die finger gel /die oren spitz / der mund bleich / so issest du ein süplin ein briegelin /der magen empfahet allein das brieglin / aber alle glider emphahen nutz /die zehen unden an dem füß werden starck / die fingerlin fahen an rot werden / der mund und alle glider werden davon gebessert. Es zücht yegliches glid an sich das im not ist. Also ist es hie auch /wann ein gerecht mensch etwas guts thůt / so würt den andern allen ir teil darvon . ***
[Hircus et Lupus] Quarta turba stultorum: sunt novitatum presumptores : Seltzem narren: Mutzen narren: Zier narren : Mol narren : Spiegel narren. Seltzem narren inquam qui pre aliis aliquid novi sive rari habere volunt: etwas seltzens . Ipsi sunt qui novitates presumunt in vestitu : gestu et moribus . Faciles utique cognitu : quia pleni nolis ante et retro ... Prima igitur nola est: barbas deferre sive nutrire ... Timendum profecto est : ne his fatuis eveniat quod hirco extravagantibus fabula sexta qui timore lupi ipsum insequentis in rupem altum subiit: quem lupus obsedit a radice . Post triduum autem cum lupus famem et hircus sitim sustineret: uterque discessit. ille ut cibum caperet : hic ut sitim sedaret. Potans autem hircus umbram suam in aqua aspexit dicens : quam acceptas tibias : quam pulchram barbam et quam magna habeo cornua: et lupus me fugat . ammodo ergo resistam ei et nullam dabo ei petentiam ex me . Que verba lupus silenter ondas: ohnehin - desch : Tasche, (beim Fuchs:) Fell fahen:fangen - zücht: zieht Seltzem narren: sonderbare Narren - Mutzen narren: Stutzer - Mol narren : geschminkte Narren
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Johann Geiler von Kaysersberg
auscultans: dentes fortiter infixit in hircum dicens: Quid hoc est quod loqueris frater hirce? Hircus autem se captum sentiens ait: O domine meo lupe peto misericordiam et agnosco culpam : quia hircus postquam potat quod non debet parabolat. Lupus vero non pepercit: sed eum vorabat. Sic nostris fatuis barbatis continget: ut cum de barbe singularitate glorientur: silenter et ab infernali lupo minime avisati devorentur ... Ipsi sunt cum nihil faciunt magnificum: pre aliis tamen arrogant et iactant et videri volunt fecisse. cumque magna et egregia facinora que ostendent non habeant: hec vilia proferunt instar feminarum de floribus et sertis gloriantium . Sed quid? Contrarium plane eis evenit: ut ubi gloriam se sperant consecuturos : irrisionem inveniant: ignominiam et contemptum: locoque laudum vituperiam audire cogantur. Dum enim queritur: et quis est ille inter et preter ceteros barbatus . respondetur ab his qui eum noverunt: est stultus ille qui se ob hoc putat sapientem reputatum iri vel fortem: et quidem hi fatui etiam senes et nomine solo viri ...
[Bock und Löwe] Die fierd schar der narren (sunt presumptores) . Heißen nüwe finder / seltzame narren / mutznarren / ziernarren / malnarren / spiegelnarren . Es seint die die für andere menschen wöllent etwas seltzams hon / es sei in kleidern / und in sitten /geberden / sie seint leichtlich zu erkennen / wann sie seint mit schellen umbhenckt als ein Jacobs bråder mitt muschelen hinden und fornen . Die erst schel ist (barbas nutrire ) Bart ziehen. Es ist zů förchten das es den narren gang / als es uff ein mal einem bock gieng / der flohe den lewen uff ein berg / der lew bleib unden an dem berg ligen
und wartet uff den bock / den lewen ward hungern / den bock ward
dürsten / der lew sucht zů essen und kam bald wider / der bock gieng trincken / und da er also in das wasser sahe und sahe seine hörner und seinen schönen bard /da gefiel er im selber wol und sprach zů im selber /nun bistu doch ein feiner gesel / du bist groß und hast hübsche hörner und ein schönen bart / du wilt den lewen nit mer förchten / wilt nitt mee sein speiß sein. Da er also mit im selber redet / da hort es der lew und fiel uber den bock und schlug seine zeen in in . Der bock sprach / O herr lew seint mir barmhertzig / es ist der böck art wen sie getrincken / das sie also reden mit inen selber / aber der lew fraẞ yn. Also würt es unsern gebertechten narren auch gon / wan sie von sunderheit des bartes glorieren /heimlich von dem hellischen lewen werden sie gefangen
nüwefinder: Modenarren -für : vor - uffein mal: einstmals - gebertechten : bebarteten - glorieren: Rühmens machen, angeben
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/sie seint die /die nüt erlichs und manlichs verbringen / so glorieren sie in den kleinen dingen / als in dem bart / sie seint weibisch man / glorieren wie die weiber in krentzlin /in scheppelin /und in den blůmen / aber das glick keret sich umb /darvon sie gerümt wöllen sein werden sie gescholten und kumen zů gespot und zu schanden / wan ein frembd man etwan kumpt und fragt wer ist der mit dem bart / es hat sunst keiner kein bart / so spricht er denn er ist ein narr / er meint man sol vil uff in halten darumb das er ein bart treigt.
[Palumbi , Vulpes et Passer] Tricesimanona turma stultorum est: incautorum: casum non vitantium (Stoẞnarren) vel (Struchnarren) qui scilicet ex casu aliorum in stultitiam non efficiuntur cauti: sed etiam ipsi ruunt: et si alios videant ruentes. Est plane sub hac turma maximus hominum numerus ... Quinta nola est : cadentes hortari ut surgant: et tamen cadere. Respicit hec nola me et mihi similes predicatores aliosque qui hortantur exurgere a malis : quos ut in fatuitatem veniant: totis diabolus viribus conatur decipere : quia multorum salus aut damnatio ex his dependeat. Esto eius electissima : onager in eremo venatio eius: ut dicit Job . et exponitur beato Gregorio. Totum pondus prelij versum est in Saul regem: in prelatum et predicatorem. Nimirum qui avertit equum antecessorium (Das vorroẞ) omnes sequentes una cum curru avertit. Audiant hi fatui fabulam de palumbis vulpe et passere quam ponit et deducit d. Joan. Gerson sup . Magnificat. Ixxxviij . A. et tandem sapientiam discant. Nidificabant inquit palumbi silvarum in arborem proceritate more suo; circumibat vulpes ad radices se comminans ascensuram : se nidos omnes cum fetibus direpturam : nisi pullulus sibi proiceretur unus . Trepidantes palumbi agebant quod petebat et abibat. Revertebatur ad simile: quousque passer dato palumbis consilio continere se nidis suis : vulpes a fraude sua fraudata est. Sed in passerem vertit insidias: non viribus sed adulatione . Erat in dumo passer: vulpes affuit beatificans aviculas: ut volatu suo se protegerent a bestiis et laqueis terre . Sed hoc unum deest (inquit) qua ratione contra ventorum turbines et frigora se protegant. Voluit passer gloriari et concionari cum garrulo. Respondit se protectionem habere: dum flabat boreas a sinistris: mergebat enim caput sub plumis ad dexteram : et econtra si a dextris . Fingens vulpes se non satis audire propter distantiam: protrahebat alloquium . Dilapsus est passer
scheppelin: Kopfschmuck
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ad ramos proximiores terre . Quesivit vulpes : dum ventus flabat ab anteriori quid agebat. Sic ( ait) demittens caput ad pectoris plumas . Exilijt vulpes in non videntem : et deceptam in blanditijs vorax rapuit. Ecce passerem nostrorum fatuorum more alios hortantem : a periculo tamen minime cautum.
[Die Tauben, der Fuchs und der Sperling] Die.xxxix . narren schar ist stoß narren oder struch narren Es seint die / die da sehen das ander fallen in narheit und sie werden nit witzig von frembdem schaden und fallen auch. Die funftt schel ist ermanen die da fallen / das sie uff standen und sie fallen selber / dy schel sicht mich und meinn gleichen an predicant / die ander ermanen das sie sollen uff ston die in narheit sein / und der tüffel brucht alle kunst sie zů betriegen / das sy auch fallen / wan heil und unglück viler menschen hanckt an den predicanten und an den oberen. Jop spricht. onager / der waldessel ist ein wiltpret dem lewen /das legt sant Gregorius uß von den prelaten und predicanten / das der teuffel kriegt die menschen das im die prelaten werden / wan der wagenman schlafft /und einer das vorroẞ went und umbkert / so gon die andern roß und der gantz wagen irr / Disse sollen leren die fabel von dem fuchs / dauben und sparen . Ein taub het junge auff einem hohen baum / ein fuchs kam und sprach sie solt im ein junge taub herab werffen / oder er wolt hinauff steigen das nest zerbrechen und die jungen alle tödten / der tauber thet es / er gab im eine / morgens kam er aber thet aber also . Ein spar kam zů dem tauber und lernet in er solt sich in dem nest behalten / und dem fuchs nichts me geben / er möchte nit hinuff kummen / der fuchs gedacht wie er es dem sparen widergült / kam zů dem sparen da er auff dem mist saß und lobt die fogel wie sy sich mit dem fliegen behüten vor den thieren den rauberen. Aber spatz wie beschirmestu dich vor dem wind / da er es im zögt und das köpflin under den fetich thet / da sprang der fuchs uff es und fraẞ es. Also raten vil anderen und seint sie unbehutsam und fallen .
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stoß narren: Narren aus Unbedachtheit - struch narren: Narren, die straucheln und stürzen witzig: klug -wagenman : Kutscher – vorroß went: Leitpferd wendet – leren : sich zur Lehre dienen lassen - aber: wiederum -– lernet: lehrt - behalten : behaupten - gedacht: überlegte - widergült: heimzahlen könnte
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[Fagus et Herbae ] Octogesima secunda turma stultorum est: Ambitiosorum (steig narren: clym narren: uffgond narren) . Sunt qui non contentant terminis a deo sibi prefixis et mensura etc. sed super idem tendunt. Agricola vult esse civis: civis nobilis: nobilis miles: miles baro: baro comes: comes princeps: princeps dux : dux rex ... Tertia nola est: ascendere per invidiam instar fagi . Est natura fagi: quod eius umbra herbas sub se crescere impedit: et quanto altius ascendit: tanto latius umbram venenosam expandit: sed tandem procella venti prosternitur. Ita invidi isti arte et statu suo nitentes in altum ascendere: aliis ascendere in altum volentibus invident: et umbra venenose detractionis : accusationis et vituperationis impediunt. Sed in morte cum parvo flatu de ore emisso anima fagi in infernum cadet: et herbe prius impedite incipient crescere .
[Buche und Gräser] Die .lxxxiiii . narrenschar ist steig narren clym narren uf gond narren . Es seindt vil menschen die sich nit wöllen lassen benügen mit dem stat und standt als sie got geordtnet hat / sie wöllen als höher uffhin / der ackerman wil ein burger sein /der burger wil ein edelman /der edel wil ein ritter sein / der ritter wil ein graff sein / der graff wil ein fürst sein / der fürst wil ein künig sein ... Die dritte schell ist uffsteigen durch neid und haß / als ein bůch baum. Ein bůch baum ist der natur / das sein schat schadet dem graẞ / und laẞt nüt under ym wachsen / und ie höher er wachset ie weiter er schatten gibt / und ye me er schaden thůt / so kumpt der tonner der schlecht yn nider. Also die neidigen . die understont mit ir kunst und stat uffzesteigen das sie schaden mögen thůn / und schedigen auch andere die auch gern zů eeren kemmen / durch den schatten irer vergifften zungen irs verclagens und nachred / so hinderen sie es. Aber ym todt mit eim cleinen wind / den sie von irem mund uẞlassen ist ir letster süfftz /so felt die seel yn die hel /und die crüter die gehindert seint fahen an wachsen. ***
steig narren: Aufsteiger - clym narren : Kletternarren - uffgond narren: in die Höhe gehende Narren - schlecht: schlägt -– understont: machen sich daran - süfftz: Seufzer
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Johann Geiler von Kaysersberg
[De Testudine] Sexta nola est: ascendere per acediam: instar testudinis, que cum per longum tempus tarde tamen arborem ascenderit: ad frigidum parvulum ventum decidit. Sic quidam ad arborem penitentie: tarde scilicet vix usque finem quadragesime ascendunt. qui tamen mox ad ventum frigidum tentationis frigidi serpentis: qui locum in aquilone quesivit: et flatu suo frigido infecit: constringuntur et corde coagulato recidunt in priora peccata. Animalia ibant et revertebantur.
[Von einer Schnecke] Die sechẞte schel ist uffsteigen / als ein schneck durch tregheit / ein schneck der was uff ein mal ein halb jar ein baum uffgestigen / uff ein mal weiet yn ein kalter wind an / da fiel er widerumb herab / Also seint etliche menschen die langsam uffsteigen den baum der penitentz villeicht die gantze fasten. Aber so bald nach ostern ein kalter wind der anfechtung sie an weiet / der schlangen von aquilo / so fallen sie widerumb yn altte sünd . (Animalia ibant et revertebantur etc. ). ***
[Vulpecula et Cattus]
Decima conditio Nauclerus habet compassum: per enim quem dirigit navem : etiam in nocte in mediis tenebris et fluctibus . Applica te ei per devotam orationem. Clama cum ecclesia: ut fidem rectam nobis dones. te rogamus audi nos. auge in nobis domine fidem rectam: spem firmam etc. Dic credo domine : adiuva incredulitatem meam: precare deum ut tibi donet fidem rectam ... Si ita feceris: exaudiet te dominus ut non erres in fide. Sic et tu facies o tentate et per demonem quassate : per cogitationes blasphemie: imitare cattum exilientem in arborem: ne cum vulpecula astuta a canibus infernalibus discerparis. Dic ad omnem tentationem sine discussione Christianus sum: credo quod credit ecclesia catholica: que errare non potest.
[Fuchs und Katze] Die zehent aigenschafft des schiffs ist der compaß / der schifherr hat bey im ainen compaẞ / nach dem er richtet das schif / es sey tag oder nacht. durch tregheit: mit Langsamkeit – weiet: weht - penitentz : Buße – aquilo: Norden
Johann Geiler von Kaysersberg
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Du solt dich zů im tůn durch ain andechtigs gebeet / růff zů im mit der kirchen. Herr wir bitten dich gyb uns ainn rechten gelauben / mer in unß den rechten gelauben / ware hofnung und volkommne lieb / das wir dich mögen volkommenlich lieben / und würdigklich loben / sprich /herr ich glaub / komm zů hilff meinem ungelauben / wenn du also thůst wirt dich der herr erhören / und also wirst du nit irren im gelauben / also thů auch du betrübter unnd angefochtner mensch / so dich der böß veind umbtreibt durch manicherlay wüste gotzlesterliche gedänck / thů als die katz thet do sy stůnd bey dem fuchB und sy mit ainander zů radt wurden . wie sy den hunden wolten empfliehen so sy kämen / der fuchẞ maint er wißt vil renck / wolt in gar leichtlichen empfliehen /unnd daraffter in die hecken und in die löcher schlieffen / in dem kamen die hundt / die katz sprang unbedacht auff den baum / sůchet nicht vil renck. Aber das füchẞlin suchet mitt grosser listigkait / wie es sich ettwan verschlieffen möcht /es halffe aber alles nit / es ward zerrissen von den hunden und kam die katz darvon / also thů du / sůch nit vil renck zů erfarn solche wüst einfell und gedancken / fleühe uf den baum / sprich ich byn ain christgelaubig mensch / ich glaub was da gelaubt die haylig christenlich kirch die da nit mag irren.
empfliehen: entfliehen - renck: Listen – daraffter: hin und her - unbedacht: ohne Überlegen ettwan: vielleicht - verschlieffen möcht: verstecken könnte – erfarn : erkunden
JOHANNES PAULI
(Komm. S. 179)
[Des Maulesels Eltern] Uf ein mal warde ein maulessel gefragt, was er von geschlecht eins tiers wer. Der maulessel antwurt und sprach, er wer edel , wan des künigs pferdt von Hispania wer sein vatter, und gloriert stetz uff seinen vatter. Und einer fragt in wer sein måter wer, das wolt er nit sagen, wan es was des müllers essel . Wan die mulessel sein unfruchtbar, sie sein zů hitzig, verbrent, als in inen maulessel kumen, wan ein pfert mit einem essel laufft. Also sein vil die glorieren usz irem adel von irem vatter, der etwan ein ritter ist, und dy můter ein bürin. Darum als vil einer hoffart treibt des vatters halb, als fast sol er sich demütigen der måter halb. Also ist es mit unsz allen , wir sein alle edel von dem vatter, wir sein alle von got, wir haben einen vatter, wir haben auch ein måter das erdtreich, von deren wir kumen, von deren wir leben , und in die wir wider gon, und die unsz auch widerumb geberen würt an dem jüngsten tag, zů dem leben oder zů dem dot, darumb bisz demütig und veracht niemans.
[Vom Wolf und Kitzlein] Es spricht Esopus wie uff ein mal ein wolff het ein feiszt kitzlin gefangen, und wolt es fressen. Das kitzlin sprach zů dem wolff, gut gesel ee das du mich iszest, man sagt wie du so wol pfeiffen künst mit dem maul wiszplen , pfeiff, so wil ich darzů dantzen. Der wolff liesz das kitzlin gon , und fieng an zů pfeiffen, das kitzlin fieng an zů schreien , das erhorten die hund, und erlöszten das kitzlin von dem wolff. Also werden wir hie gelert, wan wir etwas gůtz haben oder thůn, so sol man es mit schweigen thůn. Man spricht das ist ein weiser man, der seinen nutz verschweigen kan , und seinen schaden sagen. Mir würd bapeier gebresten , solt ich schreiben von denen , die gelt, gold und schetz funden haben , und haben es nit mögen verschweigen, und haben sich sein beriempt und sein darnach Ufein mal: Einstmals – gloriert uff seinen vatter: rühmte sich seines Vaters - Wan: denn - hitzig: fiebrig, heiß - verbrent: glühend - als: das heißt, nämlich - als fast: ebensosehr - bisz: sei feiszt: wohlgenährtes - gesel: Freund - wiszplen: pfeifen - bapeier: Papier - gebresten: mangeln - beriempt: gerühmt
Johannes Pauli
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darumb kumen. Etwan so hat es die herschafft genumen, etwan verrechtet. Lisz Nicolaum de Lira von dem schätz finden wes es ist, uber das Evangelium de thesauro abscondito in agro de viduis Mathei.
[Von der Eiche und dem Rohr] Es was ein groser eichbaum , der ward von dem wind umbgeworffen in ein weyer, da wůchsen vil ror und kolben in . Der eichbaum sprach zů den roren, wie gat es zů, das ich so grosz bin , und der wind würfft mich umb usz dem grund , und ir ror sein so schwach und thůt euch nichtz und bleiben ston. Die ror gaben im antwurt und sprachen, thetestu wie wir, so liesz der wind dich auch mit friden, wan der wind kumpt, so neigen wir unsere häupter, so laufft er uber unsz hin und wir demütigen unsz gegen im , und wan er wider hinweg kumpt, so richten wir unsere heupter wider uff. Aber du und andere grose beum sein hoffertig, und wöllen dem wind widerstant thůn, darumb würfft er euch umb, neigten ir aber euwere höpter als wir, so bliben ir auch uffrecht ston . Also geistlich die frumen menschen demütigen sich hie uff erden gegen dem wind der straff, es sei von got oder von den menschen, das lassen sie uber gon, sein geduldig und schweigen, demütigen sich hie durch penitentz , darumb an dem letsten urteil so werden sie ire höpter frölich uff heben, und werden lågen wa die hoffertigen ligen, und umb geworffen sein, die sich hie nit haben wöllen demütigen durch die penitentz .
[Vom Hund und Wolf] Uf ein mal kam ein feiszter hund zuo einem wolff. Der wolff sprach zů dem hund, gut gesel wie lebstu das du als feiszt bist, und ich bin als mager. Der hund sprach ich dien einem menschen der gibt mir genůg zů essen. Der wolff sprach ich wil mit dir gon und wil auch dienen . Und da sie also mit einander giengen, da sahe der wolff dem hund sein hals an und sprach zů im. Wie kumpt es das dein hals also beschaben ist und kein har da ist. Er sprach, im tag legt man mich gefangen, und legt mir ein halszband an den hals, das macht mich also blutig. Aber zůnacht bin ich ledig und frei. Der wolff sprach, alde, alde lieber gesel , ich wil lieber mager sein und frei, dan feiszt und gefangen.
Etwan etwan: das einemal ... das andere mal - herschafft: Dienstherrschaft, Obrigkeit genumen: weggenommen - verrechtet: versteuert - Lisz: Lies wan: wenn - geistlich: im geistlichen Sinn (sensus spiritualis) – uber gon: vorüberziehen penitentz: Buße - lügen: schauen - wa: wo als: so
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Johannes Pauli Reddit lupus verba non est in copia tanti, Quod fieri servus ventris amore velim. Dicior est liber mendicus divite servo.
Also ist es einem menschen besser das er ein frei lutere conscientz hab mit armůt hunger und durst, und mit bloszheit und nackent sein , dan das er vil gåtz het mit nagen und beissen der conscientz , und mit underwürflicheit des bösen geists.
[Vom Wolf und Fuchs] Es kam ein wolf zů einem lewen, und verklagt den fuchs und sprach , er wer uff die hochzeit des lewen geladen gewesen , und wer nit kumen, und het in verschmacht, und die selbig zeit het er gensz, enten und hüner gefangen . Das kam dem fuchs für, und hort wie der lew ir künig krank wer, und nam ein büchs mit artznei, und bestudlet sich damit , und kam zů dem künig und sprach. Her ich bin in der zeit des hochzeitz in Salerna gewesen bei dem artzt, der hat euch da in dem büchsen etwas geschickt, das sollen ir yn nemen, und spricht ir sollen euch umb ein wolffszbeltz lügen, und sollen in uber den magen decken , der ist gůt zů euwerm bresten. Da man nun dem wolff die hut ab zog, da bleckt der fuchs die zen uber in und sprach, verklag morgen ein me felschlich . Also kumpt es offt, das einer einem ein gråb grebt, und felt er selber darin, es sol niemans den andern felschlich verklagen. Es sein auch etlich die andere verklagen , und ist etwas daran, so wöllen sie sich da mit beschönen, und iren kat damit decken .
[Von der Sonne] Die sonn gebar uf ein mal noch ein sonn , und alle creaturen fröwten sich, usz genumen das erdtreich, das weint und was trurig. Die creaturen fragten es warumb es truret, so doch jederman frölich wer. Es antwurt, ein sonn brent mich, das ich nit mag frucht bringen, als ich gern thet, so nun zwen sonnenschein sein so würd sie mich gantz verbrennen. Also ein her des landes thůt seinen armen lüten unglücks und plagen gnug an mit fronen stüren , schencken , ungelt und zol , wan er erst kinder uberkumpt und vil sün , was würt er dan thůn , lutere: reines conscientz: Gewissen - bloszheit: Blöße [Konj . d. Hrsg. aus: boszheit] underwürflicheit: Untertänigkeit verschmacht: verschmäht -für: zu Ohren – bestudlet: machte sich damit ausgerüstet auf den Weg. [Konj . d. Hrsg. aus: besudlet ] - umb ... lugen: nach ... umsehen - hut: Haut - bleckt: fletscht die zen: die Zähne - ein me: einen mehr - beschönen : herausstreichen mag: kann - fronen stüren : Frondienste auferlegen –- schencken: durch Schenkungen abhängig machen - ungelt: Verbrauchssteuer - uberkumpt : bekommt
Johannes Pauli
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ist gut zů verston. Es sol niemans begeren die zukunfft eins herren, als weit hinweg. Es sprach einer zů einem prelaten, ich hoff der fürst kum bald zů land. Petrarcha antwurt im , lasz dir eben sein als kem ein schedlicher planet an den himel. Man spricht es ist kein wunder das es thüer ist, der Keiser ist so lang da gelegen. Es ist wolfeil, es ist kein wunder, dan der künig ist lang nit da gewesen . Die duben fröwen sich nit, wan vil sperwer und raubvögel in das land kumen, noch die schaff, wan vil wölff kumen.
ist gût zů verston: läßt sich leicht denken – zukunfft: Wiederkehr - als weit hinweg: der ganz weit weg ist - eben: geradeso - duben: Tauben - sperwer: Sperber
HULDRYCH ZWINGLI
(Komm. S. 182)
Huldrici Zwinglii Toggenburgii ineducatum bovis fabulosum centimetrum currentium rerum commenticium. Septus erat circum parte una montibus altis hortus, parte alia rivis stridentibus, in quo crassior errabat rufoque colore iuvencus cornibus extensis, crispa fronte atque pilosa, 5
pectore distento, mento palearibus amplis conspicuo, virides herbas et gramina tondens, nonnunquam gelidos latices sorbebat anhelus deliciis dives animalibus, invidiori fortune exosus soli , que fellea cunctis
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dulcibus admiscet; nam duros adiicit illi vafros custodes , nutu quorum omnia simplex. incoeptet facienda (Meduse rectus ocello) . Herebat lateri tum indissociata Lycisca insidias prodens inimicas, cautior ut bos
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bestiolarum acies previsas tunderet, auctus faunorum auxiliis , recoli que in corde lubebat. Tum licent irruerent rugitu forte leones horrendo atque fere plures , tamen inde redibant
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vix lacere, invictus semper surrexit acerbus sic victor bos . Ast ubi nec verbo , impetibus nec proficiunt, alia nituntur, fallere techna
instituunt. Catto promittere pinguia queque (pingui etenim elurus gaudet) cum pisce volucrem , inducant taurum ut scopulos hortumque relinquens 25
tendat in externas (quo major gloria) terras.
Ac primum egregie blandus leopardus adibat multicolor, cattos pingui mox munere inescans.
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Huldrych Zwingli
Quis captis capitur bos aere misellus eodem,
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perlatrante diu nec prepediente Lycisca. Suasibus ut coepit nocuoque specilliger astu , taurum quo vult et quo non vult ducit inertem . Nec fuerat subtus condendi stercora, ante
quam mansus cibus insolitus venterque novatus lanciolis merdas graviores ipse cacasset. Abstineant iussi tum a nobilioribus escis ne excrementa oleant graviter tam , fiat et equus , conversatus ceu fuerat prius, hisce voluptas iam illecta abstinuit nunquam, verborum arte fefellit iussa vafer custos , occultans stercora fossa,
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olfactu ne offendatur; bos conticeatque . exprobrare epulas , sed ducere ut ante misellum possit. Sic strictos persuasus currit in enses bos gladiosque vorat subit et discrimina cuncta ut centivafrum dicet leopardum ac nutriat anguem
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Hoc leo ubi vidit, versuti invidit acervo atque bovem appellit, cauda iubaque remissis. obsecrat, in foedus sanctum justumque eat ultro. Id mox barbati simplex bos auribus inflat
eluri , qui incunctanter (ne munera perdat 50 ampla leopardi) respondens abnuit addens:
Haud tutum macro (quamvis regi atque supremo imperatori) confidere , nempe ubi deerit, quomodo esuriem saturet cupidam, forte irruet, inquit, in te atrox . Paret monitis bos atque leonis
55 temnit amicicias, quo vix leo quid tulit unquam egregius, alloquiturque his se verbis furibundus : Illum ego falsellum ! Simul advolat ad leopardi antrum (a quo fraudes centum perpessus iniquas ,
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contemptus, stupra) et queritur, magnum auxiliumque complorat. Jaciunt foedus leo multicolorque mox adamantinum , expaveant quo cuncti animantes. Mox vulpem incursant timidam morsuque lacessant mox desperatam foveisque expungere tentant omnibus; at lacera ad vicinum forte bubulcum
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reptitat innixa pedibus tribus, alta recensens vulnera contusumque caput (ceu fert animantis
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Huldrych Zwingli
astus), subveniat misere extemploque precatur promittens quicquid pullorum abstraxerit unquam reddere. Tum ejus pastorem miseret, licet ante hec 70 paucillos dolulos persenserit , immemor horum astruit auxilium taurumque iis convenit ipse pastor. Non te latet, patris quanta atque patrimi in me tui viguit probitas spectata fidesque.
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Intuitu horum ego nunc moneo , ne degenerem te inveniam. Armentum ut lacerant nosti leopardus et leo. Lanigerumque gregem expilant misereque mactant, discerpunt, specie sub simplicis agni furtim abigunt, quorum insidias raptusque furaces preveniam ; genuinum teque authore retundam .
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Blanditur blandis baubatibus hisce Lycisca gaudens. Pastorem suadet ne linquat amicum bos; duce quo facile evadat rictus minitantum conspiratorum . Id cattis precordia mandit respiciuntque ad vafrum sepe fugam meditantes.
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Bos id ubi vidit pigrescens colla reflectit pauxillum, at stimulis graditur velut excitus ante . Id dum conspiciunt fratres leo mille vaferque rumpuntur, stridunt, frendentes dentibus acris bellum indicunt tauro horridulum , revocet ni
90 foedera pastoremque relinquat. Rebus in istis tauri anceps vita. His interfuerat caper et se illisce alloquitur: Mirum ni vapulet egre nunc bos, pastoris ni deffendente bacillo servetur, ni vel deciscant et leopardus 95
et leo, vel referat pia munera multicolor, sed indignatio pastoris tunc . Undique, tensum rhete armis solis scindendum. Sed beat id me; florentes carpam cytisos et munera temnam . Munera concipiant, malunt qui vivere inique.
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Huldrych Zwingli
Ulrichen Zwingli / priesters / fabelisch gedicht von eim ochsen und etlichen tieren ietz louffender dinge begriffenlich .
Von einem garten ich üch sag, umzünt und bhůt mit starckem ghag, mit bergen hoch an einem ort, am andren flüsß man ruschen hort. 5 In welchem dickers cörpers wont ein ochs, mit roter farw geschont, einer gharenn, krusen , schönen stirn , einer preiten prust, mit witem ghürn, sin halß mit lempen, grossem lust, 10
vom kin gehenckt bys an die brust. Der bruppft den gart und grünes gras; den etwen, so er türstig was,
loscht er sich selbs mit wasser kalt, vihischer hab rich menigfalt , 15
vom blinden glück gehasst allein, das usẞ untrüwem verbunst ghein süsẞ lat ungemengt mit gallen. Hat zum ochsen heissen vallen katzen des ochsen listig hirt,
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von den er allein werd gefürt in aller sach (wie schwestren dry, der ein Medusa hiesß gar fry, gesahend nur mit einem oug) .
Ans ochsen syten hangt ouch 25
unabgewendt ein trüwer hundt, Licisca genant, der tät im kundt ufsätz der thier und hinderlist, damit er dester baß gerüst
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erstumpffen möcht ir scharpffen spitz mit hilff der faunen , die mit witz
garten: umgrenzten Wiesen- und Weideland - umzünt: eingezäunt - bhůt: geschützt - ghag: Gehege - ort: Ende, Seite -– wont: lebt – geschont: geschmückt – gharenn : von Haaren umgebenen - witem ghürn: mächtigen Hörnern - lempen: herabhängender Haut (Wammen) – grossem lust: mit großer Freude anzuschauen – bruppft: weidet, frißt – den etwen : dann und wann – - verbunst: Neid - ghein süsß: nichts Süßes - vallen : sich stürzen auf nur: Korr. d. Hrsg. aus: nun - ufsätz: Anschläge - erstumpffen: stumpf machen - witz: Klugheit
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Huldrych Zwingli er eren hyesß im hertz mit danck, dadurch sin stand wurd nymmer kranck,
wiewol in do anfiel villicht der löw mit rügen grusamlich 35
und fil der thier beyd, grosß und klein ; doch kamends kum zerrissen hein. Also der ruch stier ufferstånd
unüberwunden von dem grund . Do nun die thier mit streich, mit wort 40
gantz schůffend nütz , wie word betordt diser ochsẞ, begundens jehen , des törpf wir han gut ufsähen.
Do fügt sich bald der leopard mit list zum ochsen nach sin art, 45
rümpt im sin tadt und er gar hoch: ,,Wenn er anderschwo ouch ein rouch wurd machen uff frembdem erdtrich, den wurd siner eren nyeman glych ." Schmützt bald katzen mit feister gab
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(der katzen glust) , das sy nit ab-
liessend, byss daß ins lechpards pund der ochs kem. Do ball streng der hund, doch on frucht; dann an eim angen ward ochs nach den katzen gfangen. 55 Do nun mit list der lechpard bkam den ochssen schlecht, daß er annam sin bundt, fårt er in nach siner bger hiehar, dorthin , beid wyt und ferr.
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Also ward ingefürt der schlecht ochsẞ von katzen, das er meynt recht, wo er den lechpard mit siner sterck erhöhen möcht und gflissnem werck.
dadurch sin stand wurd nymmer kranck: damit sein Wohlergehen niemals Schaden erleide – villicht: wahrscheinlich – rügen : Brüllen – kum: mit knapper Not - hein: heim - ruch: rauhe, kraftvolle - schůffend nütz: nichts erreichten –jehen: zu überlegen - des törpfwir han gåt ufsähen: darauf müssen wir gut Obacht geben - fügt sich: begibt sich, macht sich heran - er: Ehre - ein rouch wurd machen: Ruhm erwerben würde - den: dann – Schmützt: bestach –feister gab: hohen Schmiergeldern - lechpards pund: des Leoparden Bündnis - ball: bellte - angen : Angelhaken – schlecht: ehrlichen, einfältigen - nach siner bger: wie er wollte - ingefürt: angeführt, zum Narren gehalten - meynt recht: meinte, recht zu tun – gflissnem werck: eifrigem Bemühen
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Huldrych Zwingli Nympt an all schaden, klein und gross , streych, schwertschleg, glich als ein amboss, 65
daß er den leopard rich mach; ein schlangenzüchen was im gach. Do nun des lechpards glück erblickt der lew, zum ochssen er bald ficht und redt in an, het schwantz und burst
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niderglan, sagt ouch, wie in durst nach sinr geselschafft, batt in daby früntlich, nit zwungen sunder fry darin zegan. Dis offnet schnell der ochs z' der katz. Die sprach: ,,Gesell ,
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(damit sy nit verlür die huld und gab herr lechpards) hab geduld; wann unsicher ist vertrüwen dem, solt ouch nüt uff inn buwen. Wiewol ein küng und höchster herr
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er ist, mach dich von im ferr; dan wo er wurde mangel han an spiẞ, wurd er dich griffen an. Du sichst sin mager angesicht,
hungrigen schlundt, drum bis bericht 85 in z'faren lan." Gehorsam was der ochs und stier dem lewen, daß er sin pundt nit annemen wolt.
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Das zürnt der lew, gieng hyn und průlt, wůt, tröwt, erdenckt, durch welchen weg er disen ochsen schedgen mög, und bsinnt sich ie, daß ghein früntschafft uẞ gutem grund mag gan, die ghafft ist allein in dem nutz . Wie dan der lechpard nun den ochsen gwan
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um eigennutz, darum er mag in faren lan on alle klag,
ein schlangenzüchen was im gach: er hatte es eilig damit, sich eine Schlange aufzuziehen -ficht: sich angelegentlich begibt - burst: Mähne - durst: Korr. aus: ducht - darin zegan : sich darauf einzulassen - offnet: eröffnet - wann: denn - mach dich: halte dich - ferr: fern - spiß: Speise bis bericht in z'faren lan: sei davon in Kenntnis gesetzt, daß du ihn fahren lassen sollst – stier: Widerstand - tröwt: droht – ie: jedenfalls – ghein : keine -– ghafft: gegründet
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Huldrych Zwingli
fürt sich damit für lechpards loch. Er klagt sich groß, erzelt sin schmach, er manet hilff von dem, der inn 100
verachtet hett und gschmächt vorhin gar offt mit gmahelroub und sust in ander weg, das als vertust solt sin, allein , daß irer pundt
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ein fürgang het und guten grundt. Der ward gemacht in kurzem zit starck; den in allem erdtrich wit entsitzen söltend alle thier.
Bald lüffends an das füchslygfier
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mit spitzen scharpff, verlatztend ser, vertrieben gantz was ir beger
uss allen hulin on genad. Das füchsly do zum hirten trat, uff dryen beinen kroch, und klagt sin wunden tieff, ouch wie geschagt
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es wer, und bgert genad mit gding ze widerkeren vast gering; was es im ie abzogen het der hünder; das es gnad erbät. Der hirt (wiewol er etlich bschiss
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enpfangen hett) ir gantz vergisst und sagt im zů sin hilff und trost, damit er den zorn und grimm erloscht
leonis und lechpards , und ylt zum ochsen, rüfft in an gar milt
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umm hilff und spricht, er lyde zwang, von prüdren grossen übertrang, wie sy im sin vich und schaffstal anlouffend, ryssend überal
fürt: begibt (nach Handschr. B. eingesetzt statt: gürt) – vorhin: vordem - gmahelroub: Frauenraub sust in ander weg: sonst auf andere Weise - als: alles - vertust: vertuscht – fürgang: Fortschritt - den ... entsitzen: vor dem sich fürchten – lüffends an: griffen sie an, überfielen sie -füchslygfier: Gebiet des Füchsleins –- mit spitzen scharpff: in scharfem Angriff (keilförmiger Schlachtordnung) - hülin: Höhlen - geschagt: geschädigt, beraubt - mit gding: unter der Voraussetzung, mit dem Versprechen – ze widerkeren : zurückzuerstatten vast gering: schnellstens - abzogen: weggenommen – der hünder: an Hühnern – das: auf daß – es gnad erbät: ihm - übertrang: Bedrängnis –- ryssend: reißen, rauben Gnade zuteil würde – bschiss: Betrügereien –
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Huldrych Zwingli
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in lemlis gstalt hinweg dieblich, vertribend, metzgend erbermclich; gedenckt daby des füchslis nit, daran im licht zum meisten lit. Nach fil ermanung neiget sich
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der ochs gem hirten willenclich. Von fröden darzů hült der hund,
fröwt sich der sach uss gûtem grund, welch doch den katzen frasẞ ir hertz , und pinget mit gar grossem schmertz. Offt sahend sy zum leopard dar 140
mit rüw. Do des der ochs nam gwar, kart er sich ouch ein klin widrum , doch flux gestupft prach er die summ . Do das der prüdernpundt enpfint, vermarcktend sy den list gar gschwind
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und sagend an dem ochsen krieg, wo er von stund an nit entfüg den knopff, damit er punden was zum hirten, das er ouch ein hass ann ochsen wurff, daß er verlan
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wer allenthalb, bloß müste stan iren zenen scharpff, und werden spiẞ ir beyder schlund nach irer wyß. –
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By disen dingen was ein bock. der hat am kin des hars ein lock, drumb er eins wisen stand verstat (wiewol er wenig wissheit hat) und rett ,,Mich wundret nun , ob nit ochs gschlagen werd mit sinem sitt übel, der hirt beschirm den inn
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mit sinem stab, oder zerrünn
gedenckt: erwähnt - licht: doch wohl - lit: liegt - pinget: peinigt - rüw: Kummer - kart: wendete -- ein klin widrum: ein wenig wieder um - flux gestupft: schnell angestachelt – summ: Säumnis, Verzögerung, Zaudern – vermarcktend: erkannten - wo: wofern - entfüg den knopff: den Knoten auflöse - das er ouch ein hass ann ochsen wurff: daß er (der ,prüdernpundt des Löwen und des Leoparden) dann seinen Haß auf den Ochsen richten würde - zenen: Zähnen – des hars ein lock: einen Bart - eins wisen stand verstat: für einen Weisen gehalten wird – rett: sprach - Mich wundret nun: Ich bin jetzt gespannt darauf – sitt: Verhalten – der hirt beschirm den inn: wenn ihn der Hirt nicht beschützt - zerrünn: zerrinnt
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Huldrych Zwingli der brüderen gunst, ald widerbring sin gaben milt der lechpard ring. Doch den der hirt ze fürchten ist.
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Das netz ist uffgespent, gerüst an allen orten überal. Mich wirt nun sälgen diser fal , die grünen krüter byssen ab, verachten alle müt und gab, dan wo gaben stat mügen han.
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mag kein fryheit nymer bestan. Ein söllich gnade fryheit ist, daß die Spartani, als man list, dem Hydarny antwurt gaben, sy ze bschirmen sin und z’haben
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nit nu mit spiessen sunder mit axen. Wo nun die gab belyt der thieren hertz, wirt all früntschafft, fryheit veracht und gåt geselschafft.“
Verstand dis gedichts : 180
Durch hirt den babst, den pfaff durch hund, den römschen küng do ich verstånd durch lewen, den walch durch lechpard, durch den ochsen gmeynes folck, ward ich bericht. Wer katzen waren?
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Wer zürnen wölt, mag wol faren.
ald: oder - gaben milt: Geschenke - der lechpard ring: der schnelle Leopard - den : dann - sälgen: glücklich machen – byssen ab: werde ich abbeißen – müt = miet: Bestechungsgelder –- gaben stat mügen han: auf Bestechung eingegangen wird – als : wie – list: liest – haben : halten, festhalten - axen: Streitäxten - belyt: beschwert - Verstand: Sinn , Bedeutung - walch: Welscher, Franzose - ward ich bericht: hat man mir erklärt
MARTIN LUTHER
(Komm. S. 185)
Ein newe fabel Esopi Newlich verdeudscht gefunden / Vom Lawen und Esel. Der alte lawe ward kranck und foddert alle thier zu sich, seinen letzsten reichstag zu halten und seinen erben , den jungen lawen, an seine stat zum könige zu setzen. Die thier kamen gehorsamlich, namen des alten lawen letzten willen an, Als aber der allte lewe starb und herrlich bestattet ward, wie sichs eim könige gebürt, thetten sich etlich untrew, falsche rethe des alten königs erfür, welchen doch der alte könig viel guts gethan und zu grossen ehren geholffen hatte, die suchten nu ein freyes leben zu haben und nach yhrem gefallen ym reich zu regieren und wolten keinen lewen mehr zum könige haben und sprachen auch : ,Molumus hunc regnare super nos ' , zeigten an, wie ein grawsam regiment die lewen bisher gefürt hetten, wie sie die unschuldigen thier zurissen und fressen, das niemand sicher für yhn sein kündte, wie es denn zu geschehen pflegt, das man alles guten schweigt und allein das ergest redet von den öberherrn . Es ward aus solcher rede ein gros gemürmel unter allen stenden des reichs, etliche wolten den jungen lewen behalten, Aber das mehrerteil wolten ein andern auch versüchen , Zuletzt foddert man sie zusamen, das man nach der meisten volwort welen solt und die sachen stellen, Da hatten die falschen, untrew rethe den fuchs zum redener gemacht, der das wort thun solt fur des reichs stenden und feine instruction und unterricht gegeben, wie er solt den Esel furschlahen, Es war zum ersten zwar dem fuchs selbs lecherlich, das ein esel solt könig sein, Aber da er höret yhr bedencken , wie frey sie kündten unter dem Esel leben und möchten yhn regieren, wie sie wolten, lies yhm der schalck solchs gefallen und halff trewlich dazu , fasset die sach, wie er sie wolt hübsch fürbringen. thetten sich erfür: taten sich hervor, meldeten sich zu Wort – zeigten an: schilderten – das ergest: das Schlimmste - gemürmel: Murren, Streiten - das mehrerteil: die Mehrheit - versüchen: erproben -foddert: rief -– meisten volwort: Majorität -– das man welen solt: um zu wählen – die sachen stellen: die Sache entscheiden. - furschlagen: vorschlagen zum ersten: zuerst - bedencken: Überlegung - lies yhm: ließ sich - fasset: bedachte
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Martin Luther
Und trat auff fur des reichs stenden , rüspert sich und hies stilschweigen, fing an zu reden von des reichs not und schweren sachen , treyb aber die gantze rede dahin, das der könige schuld gewest were und macht das lewen geschlecht so zu nicht, das der hauffe gantz abfiel , Da aber ein grosser zweifel ward, welches thier zu welen sein solt, hies er abermal schweigen und hören und gab des esels geschlecht für und bracht wol eine stunde zu uber dem esel loben, wie der esel nicht stoltz noch tyrannisch were , thet viel erbeit, were gedültig und demütig, lies ein ander thier auch etwas sein und stünde nicht viel zu halten, were auch nicht grawsam, fresse die thier nicht, lies yhm an geringer ehre und zinse benügen, Als nu der fuchs mercket, das solchs den pöfel kützelt und wol gefiel, da thet er den rechten zusatz und sprach : Uber das , lieben herrn , haben wir zu bedencken, das er villeicht auch von Gott dazu verordent und geschaffen sey, das künd man wol daran mercken, das er ein creutz ewiglich auff dem rücken tregt. Da der fuchs des creutzs gedacht, entsatzten sich dafur alle stende des reichs, fielen zu mit grossem schall : Nu haben wir den rechten könig funden, welcher kan beide, weltlich und geistlich regiment, verwesen, Da preiset ein iglicher etwas am esel , Einer sprach, Er hette feine lange ohren , die weren gut zum beicht höre, Der ander sagt, Er hette auch eine gute stymme , die wol töchte ynn die kirchen zu predigen und zu singen, Da war nichts am gantzen esel, das nicht königlicher und Bepstlicher ehren werd were, Aber fur allen andern tügenden leuchtet das creutze auff dem rücken , Also ward der Esel zum könige unter den thieren erwelet. Der arme junge lewe gieng elende und betrübt als ein verstossen wayse aus seinem erblichen reich , Bis das sich etliche alte trew frome rethe, den solcher handel leyd war, sein erbarmeten , Und besprachen sich, wie es ein lesterliche untugent were , das man den jungen könig so schendlich solte lassen verstossen sein, Sein vater hette solchs nicht umb sie verdienet, Es müste auch nicht gehen ym reich, wie der fuchs und seine gesellen wolten , die yhren mutwillen und nicht des reichs ehre suchten , Sie ermanneten sich und baten die reichsstende zusamen, sie hetten etwas nötigs furzubringen , Da trat der eltest auff, das war ein alter Hund, ein trewer rad des alten lewens, und erzelet mit schöner rede, wie solche wahl des Esels were zu jach und ubereilet und dem lewen grosses unrecht geschehen , Es müste nicht alles golt sein, was da gleisset , Der Esel, ob er schon das creutz auff dem rücken trüge , kündte wol ein schein und nichts gabfür: stellte vor - stünde: koste – zu halten : zu unterhalten – pöfel: Pöbel – kützelt: kitzelte mercken: erkennen – entsatzten sich dafur: erschraken davor – fielen zu: stimmten ihm bei – mit grossem schall: ostentativ – töchte: taugte -– lesterliche untugent: schändliche Bosheit – schendlich: schmählich - baten zusamen: beriefen ein - erzelet: legte dar - jach: unversehens - ob er schon: wenngleich er - schein : äußerer Anschein der Heiligkeit
Martin Luther
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dahinden sein, wie alle welt durchs gleissen und guten schein betrogen wird, Der lewe hette seiner tugent viel mit der that beweiset, der esel aber hette keine that beweiset, Darümb sie solten wol zusehen, das sie nicht einen könig erweleten, der nicht mehr denn ein geschnitzt bilde were , welchs auch wol ein creutz tragen kündte, Und wo ein krieg sich erhübe , wüsten sie nicht, was sie das eitel creutz helffen künd, wo nicht mehr dahinden were . Solche ernste, dapffer rede des hundes bewegte Er omnes , Dem fuchs und den untrewen rheten ward bange, gaben fur, Was ym reich beschlossen were , solt bleiben , Aber es bewegt gleich wol den hauffen, das der Esel nie nichts mit der that beweiset hette und möcht das creutz sie wol betrogen haben und kundten doch mit der walh nicht zurücke , Endlich, da der hund auff die that und auff den falschen schein des creutzs so hart drang, ward durch seinen furschlag bewilligt, das der esel solte mit dem lewen umb das reich kempffen, Welcher gewünne , der solt konig sein, Sie kundtens ytzt nicht anders machen, weil die walh ym reich geschehen were . Da kreig der junge lewe widder ein hertz und alle frome unterthan grosse hoffnung, Aber der fuchs hieng den schwantz mit seinen gesellen, versahen sich nicht viel ritterlichs kampffs zu yhrem newen könige , Es wolte denn fartzens gelten odder distel fressens , Der kampfftag ward bestympt und kamen alle thier auff den platz , Der fuchs hielt fest bey dem Esel, der hund bey dem lawen. Den kampff lies der esel den lewen welen , Der lawe sprach: Wolan, Es gilt, wer uber diesen bach springet, das er keinen fuß naß machet, der sol gewonnen haben , Es war aber ein grosser bach, Der lewe holet aus, sprang uberhin, wie ein vogel uberhin flöge, Der esel und fuchs dachten: Wolan wir sind zuvor auch nicht könige gewest, Wogen gewinnet, wogen verleuret, Er must springen Und sprang platzsch mitten ynn den bach, wie ein bloch hinein fiele , Da sprang der lewe herümb am ufer und sprach: Ich meyne ja, der fuß sey naß. Aber nu sihe doch, was glück und list vermag, Dem Esel hatte sich ein klein fischlin ym ohre unter dem wasser verwirret und verfangen, Als nu der Esel aus dem bach kroch, und die thier sich des sprungs wol zulacht hatten, sihet der fuchs, das der Esel den fisch aus dem ohre schüttelt und hebt an und spricht: Nu schweigt und höret. Wo sind sie nu, die das creutze verachten, das es keine that künne beweisen? Mein herr könig Esel spricht, Er hette auch wol wollen uber den bach springen, Aber das were yhm eine schlechte kunst gewest, seins creutzs wo: wenn - Er omnes : die versammelte Menge - gaben fur : wandten ein - bewegt: beunruhigte -nie nichts: niemals etwas - kreig ein hertz: gewann Zuversicht - versahen sich nicht viel: setzten nicht viel Hoffnung auf - zu: bei – hielt fest: stand dicht - Wogen: Wagen - bloch: Holzblock verwirret: verwickelt sich des sprungs wol zulacht hatten : über den Sprung in Lachen ausgebrochen waren - beweisen: nachweisen - kunst: Kunststück
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Martin Luther
tugend zu beweisen, so es der lewe und ander thier wol on creutze thun, Sondern er sahe ym sprunge ein fischlin ym bach, da spranck er nach, und das seins creutzs wunder deste grösser were , wolt ers nicht mit dem maul oder pfoten, sondern mit den ohren fahen, Solches last den lewen auch thun, und sey darnach könig, Aber ich halt, er solt mit maul und allen vieren klawen nicht einen fisch fahen, wenn er gleich darnach gienge, schweige denn, wenn er sprünge, Der fuchs macht mit solchem geschwetz abermal ein getümel , und das Creutz wolt schlecht gewinnen . Den hund verdros das glück ubel, aber viel mehr, das der falsche fuchs mit seinem fuchsschwentzen den hauffen also narrete, fieng an zu bellen, es were schlumps also geraten und kein wunder, Damit aber nicht ein auffrur wurde durch das gebeysse des fuchs und hunds , wards fur gut angesehen, das der lewe und esel alleine an einen ort giengen und daselbst kempffeten. Sie zogen hin zu einem holtz yns reichs geleit und fride . Es gilt, sprach der lawe, Welcher das behendeste thier fehet. Und er lieff zum holtze hinein und jagt, bis er einen hasen fehet, Der faule Esel dacht: Es wil mich das reich zuviel mühe kosten , solt wol keinen fride haben mit der weise, legt sich auff den platz nidder ynn der sonnen und lechet mit der zungen eraus fur grosser hitze , So kömpt ein rabe und meynet, Es sey ein aß, setzt sich auff seine lippen und wil essen, Da schnapt der Esel zu und fehet den raben , Da nu der lewe kömpt frölich gelauffen mit seinem hasen , findet er den raben yns esels maul und erschrickt, kurtz , Es war verloren , und begynnet yhm nu selbs zu grawen fur dem creutz des Esels , Doch verlies er das reich nicht gerne und sprach: Lieber Esel , Es gilt noch eines umb guter gesellen willen, aller guten ding sollen drey sein, Der Esel thets wol die helfft aus furcht, weil er allein mit yhm war und nam es an. Der lewe sprach: Jensid dem berge ligt eine müle , Wer am ersten dahin kömpt, sol gewonnen haben, Wiltu unden hin odder uber den berg lauffen? Der Esel sprach: lauff du uber den berg, Der law, als ym letzten kampff, lieff, was er leibs lauffen kundte , Der Esel bleyb still stehen und dacht: Ich werde doch zum spot und mache mir müde beyne , so ich lauffe, so mercke ich wol , der lewe günnet mir doch der ehre nicht, so wil ich auch nicht umb sonst erbeiten , Als der lewe uber den berg kömpt, so sihet er einen Esel fur der müllen stehen , Ey, spricht er, hat dich der Teuffel bereit her gefüret, Wolan , noch ein mal
so: da – ich halt, er solt: ich glaube, er würde - wolt schlecht gewinnen: glaubte den Sieg leicht davonzutragen - glück: Zufall – ubel: sehr -fuchsschwentzen : Schmeicheln - narrete: zum Narren hielt - schlumps: zufällig – gebeysse: Streiterei –fehet: fängt – solt: würde –fride: Ruhe - mit der weise: auf diese Weise - lechet: lechtzt - aß: Speise - verlies : wollte verlassen – umb guter gesellen willen: unter guten Freunden - leibs: aus Leibeskräften - erbeiten: mich abmühen
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Martin Luther
zurück an unsern ort, Da er aber widderüber kömpt, sihet er den Esel aber da stehen, Zum dritten mal auch sprach er: Widder zur mülen , Da sieht er zum dritten mal den Esel da stehen, Und must dem Esel gewonnen geben und bekennen, das mit dem Creutz nicht zu schertzen ist, Also bleyb der Esel könig und regieret sein geschlecht bis auff diesen tag gewaltiglich ynn der welt unter den Thieren.
Etliche Fabeln aus Esopo von D. M. L. verdeudscht / sampt einer schönen Vorrede / von rechtem Nutz und Brauch desselben Buchs / jederman wes Standes er auch ist / lüstig und dienslich zu lesen. Anno M.D.XXX. Dis Buch von den Fabeln oder Merlin / ist ein hochberümbt Buch gewesen / bey den allergelertesten auff Erden / sonderlich unter den Heiden. Wiewol auch noch itzund die Warheit zu sagen / von eusserlichem Leben in der Welt / zu reden / wüsste ich ausser der heiligen Schrifft / nicht viel Bücher / die diesem uberlegen sein solten / so man Nutz / Kunst und Weisheit / und nicht hochprechtigk geschwetz wolt ansehen / Denn man darin unter schlechten Worten /und einfeltigen Fabeln / die allerfeineste Lere /Warnung und Unterricht findet (wer sie zu brauchen weis) wie man sich im Haushalten / item gegen der Oberkeit und Unterthanen schicken sol / auff das man klüglich und friedlich / unter den bösen Leuten in der falschen argen Welt / leben müge . Das mans aber dem Esopo zuschreibet / ist meins achtens / ein Geticht /und vieleicht nie kein Mensch auff Erden /Esopus geheissen /Sondern / ich halte / es sey etwa / durch viel weiser Leute zuthun / mit der zeit Stück nach Stück zuhauffen bracht / und endlich etwa durch einen Gelerten / in solche Ordnung gestelt / Wie itzt in Deudscher sprach
etliche möchten / die Fabel und
Sprüche /so bey uns im brauch sind / samlen / und darnach jemand ordentlich in ein Buch fassen / Denn solche feine Fabeln in diesem Buch / vermöcht itzt alle Welt nicht / schweig denn ein Mensch / erfinden . Drumb ist gleublicher / das etliche /dieser Fabeln fast alt /etliche noch elter /etliche aber new gewesen sind
zu der zeit / da dis Büchlin gesamlet ist
wie denn solche Fabeln
ort: Ausgangspunkt -- aber: abermals - hochprechtigk: hochfahrend, renommistisch -– hochprechtigk geschwetz: nach F [E: hochbedechtig Geschrey] – schlechten: einfachen, schlichten – item: ferner, nach F [E: in und] – schicken: verhalten – einfeltigen: einfachen, anspruchslosen -friedlich: F: freundtlich - Geticht: Erdichtung - halte: bin der Meinung - möchten : könnten – schweig: geschweige - ein: ein einzelner - fast: sehr
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pflegen / von jar zu jar zu wachssen / und sich mehren / Darnach einer von seinen Vorfaren und Eltern höret und samlet. Und Quintilianus / der grosse scharffe Meister uber Bücher zu urteilen / helts auch dafür
das nicht Esopus / sondern der allergelertesten einer in
griechischer Sprach / als Hesiodus / oder desgleichen / dieses Buchs Meister sey /Denn es dünckt in / wie auch billich / unmüglich sein das solcher Tolpel / wie man Esopum malet / und beschreibet / solte solch Witz und Kunst vermügen / die in diesem Buch und Fabeln funden wird / und bleibt also dis Buch eines unbekandten und unbenanten Meisters. Und zwar / es lobet und preiset sich selbs höher / denn es keines Meisters name preisen köndte. Doch mögen die / so den Esopum zum Meister ertichtet haben / und sein leben dermassen gestellet / vieleicht Ursach gnug gehabt haben / nemlich / das sie als die weisen Leute / solch Buch umb gemeines Nutzes willen gerne hetten jederman gemein gemacht (Denn wir sehen /das die kinder /und jungen Leute /mit Fabeln und Merlin leichtiger bewegt) und also mit lust und liebe zur Kunst und Weisheit gefürt werden / welche lust und liebe deste grösser wird / wenn ein Esopus / oder dergleichen Larva oder Fastnachtputz fürgestellet wird / der solche Kunst ausrede oder fürbringe / das sie deste mehr drauffmercken / und gleich mit lachen annemen und behalten. Nicht allein aber die Kinder / sondern auch die grossen Fürsten und Herrn / kan man nicht bas betriegen / zur Warheit /und zu irem nutz / denn das man inen lasse die Narren die Warheit sagen / dieselbigen können sie leiden und hören / sonst wöllen oder können sie / von keinem Weisen die Warheit leiden / Ja alle Welt hasset die Warheit / wenn sie einen trifft. Darumb haben solche hochweise Leute die Fabeln erticht / und lassen ein Thier mit dem andern reden / Als solten sie sagen / Wolan / es wil niemand die Warheit hören noch leiden / und man kan doch der Warheit nicht emberen / So wöllen wir sie schmücken / und mit einer lustigen lügenfarbe und under eine liebliche fabel kleiden / Und weil man sie nicht wil hören / durch Menschen mund / das man sie doch höre / durch der thier und Bestien mund. So geschichts denn / wenn man die Fabeln lieset / das ein Thier dem andern / ein Wolff dem andern / die Warheit sagt / Ja zuweilen / der gemalete Wolff oder Beer /oder Lewe im Buch / dem rechten zweifüssigen Wolff und Lewe einen guten Text heimlich lieset / den im sonst kein Prediger / Freund noch Feind Darnach: je nach dem - zwar: fürwahr - dermassen gestellet: in solcher Weise beschrieben haben -gemein gemacht: zugänglich gemacht – die kinder: nach F [E: die jungen Kindern] – leichtiger: leichter, nach F [E: leichtlich] - werden: nach F [ E : würden] – Larva: Maske -– Fastnachtputz: Fastnachtsbutze; maskierter Narr zur Fastnacht - ausrede: ausspreche - betriegen: verlocken einen: einen selber - hochweise: nach F [E: weise hohe ] – mit einer lüstigen lügenfarbe und under eine lieblichefabel kleiden: nach F [E: und unter einer lüstigen Lügenfarbe und lieblichen Fabeln kleiden] - derthier: nach F [ E: Thierer] - einen guten Text ... lieset: unverblümt die Meinung sagt
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lesen dürffte. Also auch ein gemalter Fuchs im Buch / so man die Fabeln lieset / sol wol einen Fuchs uber Tisch also ansprechen / das im der Schweis möchte ausbrechen / und solte wol den Esopum gern wöllen erstechen oder verbrennen. Wie denn der Tichter des Esopi anzeigt das auch Esopus / umb der Warheit willen ertödtet sey / und in nicht geholffen hat / das er in Fabeln weise / als ein Narr / dazu ein ertichter Esopus / solche Warheit die Thier hat reden lassen / Denn die Warheit ist das unleidlichste ding auff Erden. Aus der Ursachen / haben wir uns dis Buch fürgenomen zu fegen / und im ein wenig besser Gestalt zu geben / denn es bisher gehabt / Allermeist umb der Jugend willen / das sie solche feine Lere und Warnung unter der lieblichen gestalt der Fabeln / gleich wie in einer Mummerey oder Spiel / deste lieber lerne / und fester behalte. Denn wir gesehen haben / welch ein ungeschickt Buch aus dem Esopo gemacht haben / die den Deudschen Esopum / der fürhanden ist / an tag geben haben / welche wol werd weren einer grossen Straffe /als die nicht allein solch fein nützlich Buch / zu schanden und unnütz gemacht /sondern auch viel Zusatz aus irem Kopff hinzu gethan /Wiewol das noch zu leiden were. Darüber so schendliche unzüchtige Bubenstück darein gemischt / das kein züchtig / from Mensch leiden / zuvor kein jung Mensch / one schaden lesen oder hören kan / Gerad / als hetten sie ein Buch aus dem gemeinen frawen hause / oder sonst unter losen Buben gemacht / Denn sie nicht den Nutz und Kunst in den Fabeln gesucht / sondern allein ein Kurtzweil und Gelechter daraus gemacht / Gerade als hetten die Hochweisen Leute iren trewen grossen vleis dahin gericht / das solche leichtfertige Leute solten ein Geschwetz und Narrenwerck aus irer Weisheit machen / Es sind Sew und bleiben Sew /für die man ja nicht solt Berlen werffen. Darumb so bitten wir alle frome Hertzen / wöllen denselbigen Deudschen schendlichen Esopum ausrotten / und diesen an sein stat gebrauchen /Man kan dennoch wol frölich sein / und solcher Fabel eine des Abends uber Tisch mit Kindern und Gesind nützlich und lüstiglich handeln / das man nicht darff so schampar und unvernünfftig sein / wie in den unzüchtigen Tabernen und Wirtsheusern / Denn wir vleis gethan haben / eitel feine reine nützliche Fabeln / in ein Buch zu bringen / dazu die Legend Esopi . so: wenn – lieset: vorliest –- einen Fuchs uber Tisch: einen Fuchs in Menschengestalt bei Tisch – ansprechen: verklagen - anzeigt: berichtet - ertichter: erfundener -fegen : säubern - an tag geben : veröffentlicht werd: wert - Straffe: Rüge - als die: als diejenigen, die - unnütz: überflüssig, wertlos zu leiden: hinzunehmen - Darüber: darüber hinaus zuvor: vornehmlich - aus dem gemeinenfrawen hause: aus dem Freudenhaus, nach F [E: in das gemein Frawen haus] – losen: nach F [E: lose] - für: vor - Berlen: Perlen - dennoch : alsdann – handeln: besprechen – das man nicht: ohne daß man – darff: braucht - schampar: schamlos, zotenhaft - Tabernen : Schenken Legend: Lebensgeschichte
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Was sonst nutz und nicht schedliche Fabeln sind / wöllen wir mit der zeit auch /so Gott wil / leutern und fegen /damit es ein lustiger und lieblicher / doch erbarlicher und züchtiger und nützlicher Esopus werde / des man one Sünde lachen und gebrauchen könde / Kinder und Gesind zu warnen und unterweisen auff ir zukünfftiges Leben und Wandel /Daher er denn von anfang ertichtet und gemacht ist. Und das ich ein Exempel gebe der Fabeln wol zu gebrauchen / Wenn ein Hausvater uber Tisch wil Kurtzweil haben / die nützlich ist / kan er sein Weib / Kind / Gesind fragen / Was bedeut diese oder diese Fabel? und beide sie und sich darin üben. Als die fünffte Fabel vom Hund mit dem Stück Fleisch im Maul /bedeutet / wenn einem Knecht oder Magd zu wol ist / und wils bessern / so gehets im / wie dem Hund / das sie das gute verlieren / und jenes bessere nicht kriegen. Item / wenn sich ein Knecht an den andern hengt / und sich verfüren lesst / das im gehe / wie dem Frosch an der Maus gebunden / in der dritten Fabel / die der Weihe alle beide fras / Und so fort an in den andern Fabeln /Denn es hat dennoch mühe / die leute from zu machen oder behalten / man sag es mit fabeln / mit lieb / mit leid / mit drewen /mit locken / und wie man vermag / One das wir müssen das unser bei inen thun .
I. Torheit Vom Han und Perlen Ein Han scharret auff der Misten / und fand eine köstliche Perlen. Als er dieselbigen im Kot so ligen sahe / sprach er / Sihe du feines Dinglin / ligstu hie so jemerlich / Wenn dich ein Kauffmann fünde / der würde dein fro / und du würdest zu grossen Ehren komen. Aber du bist Mir / und Ich dir / kein nütze / Ich neme ein Körnlin oder Würmlin / und lies eim alle Perlen. Magst bleiben wie du ligst. Lere. Diese Fabel leret / das dis Büchlin bey Bawren und groben Leuten unwerd ist / wie denn alle Kunst und Weisheit bey den selbigen veracht ist / wie man spricht / Kunst gehet nach Brod . Sie warnet aber / das man die Lere nicht verachten sol .
Daher: dazu - Als: Zum Beispiel –- bessern: noch besser haben – Item: ebenso –fort an: weiterhin - Denn es hat ... sag es mitfabeln : nach F. Dieser Satz ist in E durch ein Versehen des Druckers ausgefallen - dennoch: ja doch – behalten : zu erhalten - drewen: Drohen - One das: nur daß müssen: mögen (verstärkter Optativ im Wunschsatz) neme: nähme (lieber) – lies eim: ließe einem (zu ergänzen: Kaufmann) – unwerd: nicht geachtet, nicht geschätzt --- gehet nach: richtet sich nach
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Martin Luther II. Haß. Vom Wolff und Lemlin
Ein Wolffund Lemlin kamen on gefehr beide / an einen Bach zu trincken. Der Wolff tranck oben am Bach / das Lemlin aber / fern unten. Da der Wolffdes Lemlins gewar war / lieff er zu im / und sprach / Warumb trübestu mir das Wasser/das ich nicht trincken kan? Das Lemlin antwortet / Wie kan ich dirs Wasser trüben / trinckestu doch uber mir /und möchtest es mir wol trüben? Der Wolffsprach /Wie? Fluchstu mir noch dazu? Das Lemlin antwortet / Ich fluche dir nicht. Der Wolff sprach / Ja dein Vater thet mir für sechs Monden auch ein solchs. Du wilt dich Vetern. Das Lemlin antwortet /Bin ich doch dazumal nicht geborn gewest / wie sol ich meins Vaters entgelten? Der Wolff sprach / So hastu mir aber mein Wiesen und Ecker abgenaget und verderbet. Das Lemlin antwortet / Wie ist das möglich / hab ich doch noch keine Zeene? Ey sprach der Wolff/ und wenn du gleich viel ausreden und schwetzen kanst / wil ich dennoch heint nicht ungefressen bleiben / und würget also das unschuldig Lemlin / und fraẞ es. Lere. Der Welt lauff ist / wer Frum sein wil / der mus leiden / solt man eine Sache vom alten Zaun brechen / Denn Gewalt gehet fur Recht. Wenn man dem Hunde zu wil / so hat er das Ledder gefressen . Wenn der Wolff wil / so ist das Lamb unrecht. III . Untrew. Vom Frosch und der Maus Eine Maus were gern uber ein Wasser gewest / und kundte nicht / Und bat einen Frosch umb Raht und Hülffe . Der Frosch war ein Schalck / und sprach zur Maus /Binde deinen Fuß an meinen Fuß / So wil ich schwimmen / und dich hinüber zihen. Da sie aber auffs Wasser kamen / tauchet der Frosch hinuntern / und wolt die Maus ertrencken / In dem aber die Maus sich wehret / und erbeitet / fleuget ein Weihe daher / und erhasschet die Maus / zeucht den Frosch auch mit heraus / und frisset sie beide .
Lere. Sihe dich für / mit wem du handelst. Die Welt ist falsch und untrew vol. Denn welcher Freund den andern vermag / der steckt in in Sack. Doch schlecht Untrew allzeit iren eigen Herrn /wie dem Frosch hie geschicht. möchtest: könntest - Fluchstu mir: Verwünschst du mich -– dich Vetern : dem Vater nachschlagen - meins Vaters entgelten : für meinen Vater büßen - heint: heute – ungefressen: ohne Fressen Frum : gut, gerecht - solt man: sollte man auch - Sache: Streitsache zu wil: an den Kragen will erbeitet: abmüht - schlecht: schlägt
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IIII. Neid. Vom Hunde und Schaf Der Hund sprach ein Schaf für Gericht an umb Brod / das er im gelihen hette . Da aber das Schaf leugnet / berieff sich der Hund auff Zeugen /die musste man zulassen. Der erste Zeuge war der Wolff/ der sprach / Ich weis / das der Hund dem Schaf Brod gelihen hat / Der Weihe sprach / Ich bin dabey gewest. Der Geir sprach zum Schaf/Wie tharstu das so unverschampt leugnen? Also verlor das Schaf seine Sache / und musste mit schaden zur uneben zeit seine Wolle angreifen / damit es das Brod bezalet / das es nicht schüldig worden war. Lere. Hüt dich vor bösen Nachbarn / oder schicke dich auff Gedult / wiltu bey Leuten wonen /Denn es gönnet niemand dem andern was Guts / Das ist der Welt lauff.
V. Geitz. Vom Hunde im Wasser Es lieff ein Hund durch ein Wasserstrom / und hatte ein stück Fleisch im Maule /Als er aber den schemen vom Fleisch im Wasser sieht /wehnet er / es were auch Fleisch /und schnappet girig darnach. Da er aber das Maul auffthet / empfiel im das stück Fleisch / und das Wasser fürets weg. Also verlor er beide / das Fleisch und schemen. Lere. Man sol sich benügen lassen an dem das Gott gibt. Wem das wenige verschmahet / dem wird das Grösser nicht /Wer zu viel haben wil / der behelt zu letzt nichts / Mancher verleuret das gewisse / uber dem ungewissen.
VI. Frevel. Gewalt [Von dem Lewen / Rind / Ziegen und Schaf] Es geselleten sich ein Rind / Ziegen und Schaf zum Lewen / und zogen mit ein ander auff die Jaget / in einen Forst / Da sie nu einen Hirs gefangen / und in vier Teil gleich geteilet hatten / sprach der Lewe / Ir wisset / das ein Teil mein ist / als ewrs Gesellen / Das ander gebürt mir / als eim Könige / unter den Thieren / Das dritte wil ich haben darumb / das ich stercker bin / und mehr darnach gelauffen und geerbeitet habe /denn ir alle drey /Wer aber das vierdte sprach ... für Gericht an umb: verklagte vor Gericht wegen - tharstu: wagst du - uneben: ungelegenen - schicke dich auff Gedult: richte dich auf Dulden ein den schemen: das Spiegelbild - benügen: genügen - Wem ... verschmahet: Wen ... verdrießt
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haben wil / der mus mirs mit gewalt nemen. Also mussten die drey für ire mühe / das Nachsehen / und den schaden zu Lohn haben. Lere. Fare nicht hoch / Halt dich zu deines Gleichen / Dulcis inexpertis cultura potentis Amici. Es ist mit Herrn nicht gut Kirsschen essen / sie werffen einen mit den Stielen. Ulpia. L. Si non fuerint. Das ist ein Geselschafft mit dem Lewen / wo einer allein den Genies / der ander allein den Schaden hat.
VII . Diese Fabel ist auff ein ander Weise also gestellet. [Von dem Lewen / Fuchs und Esel ] Ein Lewe / Fuchs und Esel jagten mit einander / und fiengen einen Hirs. Da hies der Lewe den Esel das Wilpret teilen / Der Esel macht drey Teil /des ward der Lewe zornig / und reis dem Esel die Haut uber den Kopff/ das er blutrüstig da stund /Und hies den Fuchs das Wilpret teilen / Der Fuchs sties die drey Teil zusamen /und gab sie dem Lewen gar. Des lachet der Lewe / und sprach /Wer hat dich so leren teilen? Der Fuchs zeiget auff den Esel / und sprach / Der Doctor da im rotten Parrett. Diese Fabel leret zwey Stücke . Das erste / Herrn wollen vorteil haben / und man sol mit Herrn nicht Kirsschen essen /sie werffen einen mit den Stilen /Das ander / Felix quem faciunt aliena pericula cautum . Das ist ein weiser Man der sich an eines andern Unfal bessern kan . VIII. Vom Diebe Es freiet eins mals ein Dieb / und seine Nachbarn waren frölich auff seiner Hochzeit /denn sie hoffeten / er würde hinfurt from werden . Da kam ein kluger man dazu / und als er sie so in freuden sahe / sprach er / Sehet zu / seid nicht allzu frölich. Die Sonn wolt auch ein mal freien / Des erschrack alle Welt /und ward so ungedultig / das sie auch in den Himel fluchet und schald. Es fragt Jupiter aus dem Himel / Was das fluchen bedeutet. Da sprach alle Welt /Wir haben itzt ein einige Sonne / und die thut uns mit irer Hitze so viel zu leide / das wir schier alle verderben /Was wil werden wenn die Sonne mehr Sonnen zeugen wird? Genies: Nutzen reis: riß - blutrüstig: blutrünstig blutigen Kopf) einige: einzige
gar: ganz
im rotten Parrett: mit dem roten Barett (dem
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Diese Fabel zeigt der Welt. Man darff den Teuffel uber die Thür nicht malen / Gris schlecht gern nach gramen / Ein Dieb zeugt den andern . Hilff frome Leute mehren / Der Boesen ist sonst zu viel. Mancher schalck wird durch frome Leute gefördert / der darnach seines Gleichen an sich zeucht / Landen und Leuten seer schedlich ist / Darumb sihe dich für /wem du rahten oder helffen solt /An frembden Kindern und Hunden (spricht man) ist das Brod verloren.
[IX .] Vom Kranich und Wolffe Da der Wolff eins mals ein Schaf geiziglich fras / bleib im ein Bein im Halse uber zwerch stecken / davon er grosse Not und Angst hatte / Und erbot sich gros Lohn und Geschenck zu geben / wer im hülffe. Da kam der Kranich / und sties seinen langen Kragen dem Wolff in den Rachen /und zoch das Bein eraus . Da er aber das verheissen Lohn foddert / sprach der Wolff / Wiltu noch Lohn haben /Dancke du Gott / das ich dir den Hals nicht abgebissen habe / du soltest mir schencken / das du lebendig aus meinem Rachen komen bist.
Diese Fabel zeigt. Wer den Leuten in der Welt wil wol thun / der mus sich erwegen Undanck zu verdienen /Die Welt lohnet nicht anders / denn mit Undanck / wie man spricht. Wer einen vom Galgen erlöset / Dem hilfft derselbige gern dran.
[X.] Vom Hund und der Hündin Ein schwangere Hündin / bat mit demütigen Worten / einen Hund / das er ir wolt sein Heuslin gönnen /bis sie geworffen hette / Das that der Hund gerne / Da nu die jungen Hündlin erwuchsen / begert der Hund sein Heuslin wider / aber die Hündin wolte nicht / Zu letzt drewet ir der Hund / und hies sie das Heuslin reumen / Da ward die Hündin zornig / und sprach / Bistu böse / so beis uns hinaus. Dise Fabel zeigt / Wenn die Laus in grind komet / so macht sie sich beschissen / Sihe wie du des Bösen los werdest / wens uberhand kriegt. Der Teufel ist gut zu Gast zu bitten / Aber man kan sein nicht wol los werden.
geiziglich: gierig -Bein : Knochen - zwerch: quer - Kragen: Hals- schencken: ein Geschenk dafür machen - erwegen: darauf gefaßt machen
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[XI. ] Vom Esel und Lewen Der Esel ward auch ein mal Bawrkündig / und als er einem Lewen begegnet / grüsset er in hönisch /und sprach /Ich grüsse dich Bruder. Den Lewen verdros der hönissche Grus / dacht aber bey sich selbs / Was sol ich mich an dem Schelmen rechen / Ich schelte oder zureisse in / so lege ich kein Ehre ein / Ich wil den Narren lassen faren. Lere. Hoc scio pro certo / quod si cum stercore certo Vinco vel vincor / semper ego maculor. Wer mit eim Dreck rammelt / Er gewinne oder verliere / so gehet er beschissen davon.
[XII. Von der Stadmaus und der Feldmaus] Ein Stadmaus gieng spaciren /und kam zu einer Feldmaus /die thet ir gütlich / mit Eicheln / Gersten / Nüssen / und womit sie kund. Aber die Stadmaus sprach /du bist eine arme Maus /was wiltu hie in Armut leben /Kome mit mir / ich wil dir und mir gnug schaffen / von allerley köstlicher Speise. Die Feldmaus zog mit ir hin / in ein herrlich schön Haus / darin die Stadmaus wonet /und giengen in die Kemnoten / da war vol auff / von Brod / Fleisch / Speck /Würste /Kese /und alles /da sprach die Stadmaus / Nu iẞ und sey guter ding / solcher Speise hab ich teglich uberflüssig. In des kömpt der Kelner /und rumpelt mit den Schlüsseln an der thür / Die Meuse erschracken und lieffen davon / Die Stadmaus fand bald ir Loch /Aber die Feldmaus wüsste nirgend hin / Lieff die wand auff und abe / und hatte sich ires Lebens erwegen. Da der Kelner wider hinaus war / sprach die Stadmaus /Es hat nu kein Not / las uns guter ding sein. Die Feldmaus antwortet / Du hast gut sagen / du wusstest dein Loch fein zu treffen / dieweil bin ich schier für Angst gestorben . Ich wil dir sagen was die meinung ist / Bleibe du eine reiche Stadmaus / und fris Würste und Speck / Ich wil ein armes Feldmeuslin bleiben / und mein Eicheln essen / Du bist kein Augenblick sicher für dem Kelner / für den Katzen / für so viel Meusefallen / und ist dir das gantze Haus feind / solchs alles bin ich frey und sicher in meinem armen Feldlöchlin .
Bawrkündig : stolz wie ein Bauer -– rammelt: zusammenstößt Kemnoten: Speisekammer - uberflüssig: mehr als genug, im Übermaß - Kelner: Kellermeister, Schaffner - hatte sich ires Lebens erwegen: gab ihr Leben verloren
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8 In grossen Wassern fehet man grosse Fissche / Aber in kleinen wassern fehet man gute Fisschlin. Neider/ Wer Reich ist hat viel
Sorge/ Fahr.
[XIII. ] Vom Raben und Fuchse Ein Rab hatte einen Kese gestolen / und satzte sich auff einen hohen Baum / und wolte zeren / Als er aber seiner art nach nicht schweigen kan / wenn er isset / höret in ein Fuchs uber dem Kese kecken / und lieff zu / und sprach / O Rab /nu hab ich mein lebtag nicht schöner Vogel gesehen / von Feddern und Gestalt / denn du bist . Und wenn du auch so eine schöne Stimme hettest zu singen / so solt man dich zum Könige krönen / uber alle Vögel. Den Raben kützelt solch Lob und Schmeicheln /fing an /wolt sein schönen Gesang hören lassen /und als er den Schnabel auffthet /empfiel im der Kese / den nam der Fuchs behend / fras in / und lachet des thörichten Rabens. Hüt dich wenn der Fuchs den Raben lobt / Hüt dich für schmeichlern / so schinden und schaben etc.
[Vom Krebs und der Schlange ] Ein Krebs wolt uber land reisen , unter wegen kombt er zur Schlangen , die wird sein gefert. Nun windt und schlingt sich die Schlang unnd geht die quer und macht sich krumb. Der Krebs, der auff vil beynen ubel zu fusse war, folget seinem schlimmen und ungeraden wandergesellen und gehet sich aussm athem, helliget und mergelt sich in diser schweren reise abe. Wies abend wird, keren sie beyde unter einen strauch ein ; die Schlang legt sich in ring und fehet an zu schlaffen unnd schnarchen . Der Krebs ist müde und wil kein schlaff in seine augen, unnd thut im das schnarchen und zützschen wehe und wil die Schlange stossen, das sie still lige . Wie sie auffert und wil sich wehren, ergreift er sie mit seiner schere beim kopff unnd drückt hart zu , biß ir der athem außgehet; da streckt sie sich die lange lenge auß und ligt so todt fein gerad. Ey, sagt der Krebs , wenn du heut so gerad gangen werest, het ich auch besser volgen können .
fehet: fängt - Fahr: Gefahr zeren: speisen - Als: weil - kecken: krächzen - empfiel: entfiel bedenkenlos ausplündern helliget: plagt, quält – fehet an: fängt an
schinden und schaben:
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Ach wie schwer kombt es einen an, unnd blutleichen sawer wirds im, wer mit krummen, schlimmen, schlipfferigen , ungeraden , zwizüngigen, falschen und gifftigen leuten uber land sol reysen oder in Regimenten mit inen rathschlagen und umbgehen oder mit gifftigen und falschen Predigern und Collegen und untrewen weyb und gesinde haußhalten . Drumb beschloß D. Luther dise fabel: Lieber Son, es ist nicht allein ein schöner schatz umb ein guten nachbarn, sondern wenn eim Gott auch uber land und in seinem ampte gute und gerade leut zugibt. Mit schlimmen und falschen kombt man schwerlich fort und wird eim blut sawr. Denn ein ungerader und tückischer freund ist vil erger denn ein öffentlicher zorniger feind.
[Vom Fuchs und Adler] Daß Fürsten und Herren die Klöster und geistlichen Güter zu sich reißen. Doctor Luther saget einmal uber Tisch davon, daß ein wahr Sprichwort wäre: Daß Pfaffengut Raffengut wäre und daß Pfaffengut nicht gedeihe . Und dasselbige hab man aus der Erfahrung, daß die jenigen , die da geistliche Güter zu sich gezogen haben, zuletzt darüber verarmen und zu Bettlern werden . Und sprach darauf, daß Burkhard Hund , Kurfürst Hansen zu Sachsen Rath, hätte pflegen zu sagen: „ Wir vom Adel haben die Klostergüter unter unsere Rittergüter gezogen; nu haben die Klostergüter unsere Rittergüter gefressen und verzehret , daß wir weder Klostergüter noch Rittergüter mehr haben. “ Und erzählete Doctor Luther davon ein hübsche Fabel und sprach : „ Es war einmal ein Adeler, der machte Freundschaft mit einem Fuchse , und vereinigten sich, bei einander zu wohnen . Als nu der Fuchs sich aller Freundschaft zum Adeler versahe, da hatte er seine Jungen unter dem Baume , darauf der Adeler seine junge Adeler hatte . Aber die Freundschaft währete nicht lange; denn als balde der Adeler seinen Jungen nicht hatte Essen zu bringen, und der Fuchs nicht bei seinen Jungen war, da flohe der Adeler herunter und nahm dem Fuchs seine Jungen und führete sie in sein Nest und ließ sie die jungen Adeler fressen. Da nu der Fuchs wieder kam, sahe er, daß seine Jungen hinweg genommen waren , klagets derhalben dem obersten Gott Jovi , daß er Ius violati hospitii rächen, und diese Iniuriam strafen wollte . Nicht lange darnach, da der Adeler wiederum seinen Jungen nichts zu essen zu geben hatte, sahe er, daß man an einem Orte im Felde dem Jovi sacrificirete. Derhalben flohe er dahin, und nahm flugs einen Braten vom Altar hinweg und brachte denselbigen den jungen Adelern ins Nest, und flog wieder hinweg und wollte mehr Speise holen. Es war aber
flohe: flog - sacrificirete: Opfer brachte
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am Braten eine glühende Kohle behangen blieben , dieselbige als sie ins Nest gefallen war, zundet sie das Nest an, und als die jungen Adeler nicht fliegen konnten, da verbrannten sie mit dem Nest und fielen auf die Erde. “ Und saget Doctor Luther darauf,,,daß es pflege also zu gehen denen, so die geistlichen Güter zu sich reißen , die doch zu Gottes Ehren und zu Erhaltung des Predigtamts und Gottesdiensts gegeben sind; dieselbigen müssen ihr Nest und Jungen, das ist ihre Rittergüter und andere weltliche Güter, verlieren und noch wol Schaden an Leib und Seel dazu leiden .“
[Von der Henne, die goldene Eier legte] Wen ein armer man ein guten acker hat, balt vorgunnenß ihm die vom adel und trachten darnach , wie sie ihn uberkomen mogen . So thaten auch die centauri des koniges Abimelech in Gerar, do sie sahen , das Isaac hundertfeltig widerkrieg von dem acker, den ihm der konig vermietet hatt, und waren balt her und corrumpirten den konig et auferunt locationem terrae, sagen: Der acker tregt viel . Er muß mein sein. Es ist ein gut lant. Wir gehoren nehr dartzu den ehr. Quare locavimus illi? Rapiamus iterum ! Wir wollens lieber selbst haben ! Und gedencken, sie wollen balt reich werden. Gleich wie jener baur that, als er eine henne hatte , die all tag ein gulden ey legte; gedachte er: Ey, es wirt ein grosser schatz in der hennen sein; sie wirt ein gar gulden eyer stock haben ! Und gedacht, er wolt auff einmal reich werden , und erwurgt die henne und nam den stock auß, da fant er gar nichts . Sic et nostri principes iam nihil aliud agunt, quam ut fiant maledicti a Deo. So stossen sie Isaac auch zum lande hinauẞ . Sie wissen aber nicht, das benedictio Dei bey ihm sey und das sie maledicti seint.
[Das Gastmahl des Löwen] Warn auch kleien da?
Doctor Jonas dixit de Rudolpho de Bünaw, qui nihil cogitaret quam de corradendo thesauro, caecus avaritia, qui electori responderat se non de quinque libris Mosi sollicitum esse . Respondit Martinus Luther: Warn auch kleien da? Et recitavit fabulam Esopi, ubi leo omnia animalia ad lautissimum invitavit convivium, egregia fercula et potum promittens, et suem quoque invitasset. Sus interrogavit : Sein auch kleien da? Sic hodie nostri sunt Epicurei; proponivorgunnenẞ: mißgönnen es - uberkomen mogen: erwerben können widerkrieg: erntete corrumpirten: überredeten – gehoren nehr dartzu: haben mehr Anrecht darauf – ehr: er
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mus enim illis in ecclesiis nostris lautissima fercula salutis, gratiae, remissionis peccatorum, so werffen sie den rüssel auff und schnarchen nach Joachims thalern , et dicentes: Sein och kleien da? In eine saue gehoren treber.
[Vom Wolf und Pferd] Ego libenter lego Apologos de vulpe et lupo , quomodo lupus sit a vulpe deceptus . Es ist fein, wen ein schalck den andern betreugt und ubers seyl wirfft. Sicut etiam hoc pulchrum est equum obviam venisse lupo et interrogatum, quis et unde esset et respondisse se neutrum scire , sed patrem utrunque scripsisse in posteriore ungula; lupus legere volens illico sensit ungulam in fronte. Palpitans autem dicit: Mir geschicht recht, den ich sol ein jeger sein, nicht ein schreiber.
Eine Schrifft oder Klage der Vogel an D. Martinum Luthern uber Wolffgang Siberger seinen Diener. Unserm gunstigen Herrn Doctori Martino Luther, Prediger zu Witenberg. Diesen Brieff hat d. Mart. Luther selber gestellet und geschrieben, seinen Diener Wolffgang damit zu plagen und zu spotten , seines zugerichten Vogelheerds halben zu Witenberg. Wir Drosseln, Amseln, Fincken , Henffling, Stiglitzen, sampt andern fromen, erbarn Vogeln, so diesen Herbst uber Witenberg reisen sollen, fügen. ewer Liebe zu wissen , wie wir gleublich berichtet werden , das einer genant Wolffgang Siberger, ewer Diener, sich unterstanden habe einer grossen frevenlicher turst und etliche alte verdorbene Netze aus grossem zorn und haß uber uns tewer gekaufft, damit einen Finckenherd anzurichten, Und nicht allein unsern lieben Freunden und Fincken, sondern auch uns allen die freiheit, zu fliehen in der lufft und auff erden körnlin zu lesen , von Gott uns gegeben , zu wehren furnimet, Dazu uns nach unserem leib und leben stellet, so wir doch gegen im gar nichts verschuldet noch solche ernstliche und geschwinde turst umb in verdienet . Weil denn das alles , wie ir selbs könt bedencken, uns armen freien Vogeln (so zuvor weder Scheune noch Heuser noch etwas drinnen haben) eine fehrliche und grosse beschwerung, ist an euch unser demütige und freundliche bitte, ir wollet ewern Diener von solcher turst weisen oder, wo das werffen sie den rüssel auff: werden anmaßend , unverschämt – schnarchen: scharren schalck: Bösewicht gestellet: verfaßt – turst: Unterfangen - fliehen: fliegen - furnimet: beabsichtigt
Luther
Martin
888
nicht sein kan, doch in dahin halten, das er uns des abends zuvor strawe körner auffden Herd und morgens fur acht uhr nicht auffstehe und auff den Hert gehe , so wollen wir denn unsern Zug uber Witenberg hin nemen. Wird er das nicht thun, sondern uns also frevenlich nach unserm leben stehen, so wollen wir Gott bitten, das er ime stewere und er des tages auff dem Herde Frösche, Hewschrecken und Schnecken an unser stat fahe und zu nacht von Meusen , Flöhen, Leusen, Wantzen uberzogen werde , damit er unser vergesse und den freien flug uns nicht wehre . Worumb gebraucht er solchen zorn und ernst nicht wider die Sperling, Schwalben, Elstern, Dolen , Raben, Meuse und Ratten, welche euch doch viel leids thun , stelen und rauben und auch aus den Heusern Korn, Hafern, Maltz, Gersten etc. endtragen, welchs wir nicht thun, sondern allein das kleine bröckelin und einzelen verfallen körnlin suchen. Wir stellen solche unsere sachen auff rechtmessige vernunfft, ob uns von im nicht mit unrecht so hart wird nachgestellet. Wir hoffen aber zu Gott, weil unser Brüder und Freunde so viel diesen Herbst fur ime blieben und im entflohen sind, wir wollen auch seinen losen und faulen Netzen, so wir gestern gesehen, entfliehen. Gegeben in unserm Himlischen sitz unter den Beumen , unter unserm gewönlichen Sigel und Feddern . Sehet die Vogel unter dem Himel an , sie seen nicht, sie erndten nicht, sie samlen nicht in die Schewren, und ewer Himlischer Vater neeret sie doch . Seid ir denn nicht viel mehr denn sie? Matth . 6.
zuvor: ohnehin - strawe: streue -fur: vor - endtragen: wegtragen – verfallen : bei Seite gefallene -fur ime blieben: sich vor ihm gerettet haben - losen : bösartigen – faulen: nichtswürdigen
JUSTUS MENIUS
(Komm. S. 197)
[Vom Fuchs und Adler] Darumb sot man bedencken / das unter guten freunden alleweg einer des andern werd sey / und nymermehr keinen so gering und schwach achten / der auch einem grossen weisen und gewaltigen zu seiner zeit nicht dienen müge / Denn solches leret auch könig Salomo / Deine freunde / und deines vaters freunde verlas nicht / und gehe nicht yns haus deines bruders / Denn ein nahbawer ist besser ynn der nehe /denn ein bruder yn der ferne / Auch pflegt es gewonlich also zu komen / das die / so yhre geringen / armen und schwachen freundlin verachten / yhre straffe zur zeit auch da gegen einnemen. Darauffdenn Esopus ein seer feine fabel gesaht hat. Wie zur zeit ein fuchs und ein Adeler sich yn freundschafft zusamen gethan / und bey einander zu wonen sich vereiniget hetten / der Adeler auff einem seer hohen bawm / der fuchs aber ynn einem busch / nahe dabey / Als nu der fuchs alda selbs etliche jungen gehecket / und den selbigen narung zu suchen zur zeit ausgezogen war / kömpt unter des der Adler ynn den busch geflogen / nimpt yhm die jungen füchse aus / bringet sie seinen jungen Adlern / und frisset sie mit yhnen alle sampt /Da nu der fuchs widder heym kam /und der sachen ynnen ward/verdros es yhn uber die masse seer / das yhm der Adler solche untrew bewisen hatte / und thet yhm aber doch seiner kinder tod nicht so wehe /als das er solche untrew des Adlers nicht rechen konde / Derhalben / als er nicht mehr vermochte / trat er unter den bawm /darauff der Adler sein nest hatte /und kület sein mütlin mit fluchen und schelten / so viel yhm müglich war. Es begab sich aber /bald darnach / das etliche auff dem felde des ortes yhren göttern ein geys opfferten /Als nu der Adler solchs sahe /flog er auch hinzu / nam ein stuck von dem opffer aus dem fewr eraus / und furet es mit etlichen glymmenden kolen ynn sein nest / zu seinen jungen / ynn dem aber er mit seinen jungen davon isset / kömpt ein grosser wind /bleset die kolen auff/ und zündet dem Adler das nest an /also / das der Adler kawm davon kam /seine jungen aber /weil sie noch blos waren /und nicht davon konden / verbranten / Da sie nu ynn
sot: soll
nahbawer: Nachbar
90
Justus Menius
yhrem eigen nest wol gebraten waren /und mit dem verbranten nest /den bawm herunter fielen / lieff der fuchs aus seinem busch flugs hinzu / lies den alten Adler oben sitzen / und zusehen / und fras yhm seine jungen widerumb auff / und rach sich also an seinem untrewen/stoltzen freund besser / denn er yhm ymer hette wündschen dürffen . Damit der Esopus hat anzeygen wollen / das untrew und verachtung unter den freunden nymermehr ungerochen bleibt / es verziehe sich gleich wie lang es sich ymer verziehen mag.
stoltzen: hochmütigen - yhm ymer: sich jemals
ERASMUS ALBERUS
(Komm. S. 198)
Von einer Stadtmauß und Feldtmauß Es war ein mal ein stätisch Mauß, Die gieng spatziern ins feldt hinauß, Wie sie nun lieff im feldt umbher, Siht sie ein feldtmauß ungefehr Und spricht, Gott willkom stadtmauß zart, Wie kompstu her in unser art? Ich bitt dich, du wölst sein mein gast. Die Stadtmauß sprach, Ich achts nicht fast, Die Feldtmauß lieff, und hatt kein rhu ,
Biß das sie richt ein malzeit zu , Was sie hatt auff den Winter kalt Gesamlet, thet herfür so baldt. Also wardt ler der speisenkast, Das sie thet gütlich solchem gast. Da solchs nun war also geschehn, Dasselb alles unangesehn , Die Stadtmauß hatt ein stoltzen mut, Das sie nicht nam solchs alls vor gut. Sie sprach, Es ist doch nichts allhie , Des grossen armuts mocht ich nie , Ja gleub mir frey, was ich dir sag, Wir Stadtmeuß haben besser tag. Sie macht sich auff, und wolt zu hauß, Und nam mit sich die Ackermauß,
Das sie beweiset mit der that, Was sie mit worten berhümt hat. Die Stadtmauß bracht her brodt und weck, Darnach bringt sie auch Käß und Speck, art: Gegend - achts nicht fast: schlage es nicht eben aus - mut: Sinn - zu hauß: nach Hause berhümt: gerühmt
Erasmus Alberus
92
Gut Eierkuchen, und viel mehr, Sie lebten wol, und zechten sehr.
Die Stadtmauß zu der Feldtmauß sprach, Hab ich nicht allhie gut gemach? Ja warlich, sagt die Ackermauß , Die sach gefellt mir uberauß. Sie hatt das wort kaum ausgeredt, Der Haußknecht vor der kammer steht,
Die Meuß baldt hörten das gerüssel, Das macht der Haußknecht mit dem schlüssel . Es wardt den armen Meusen bang,
Sie kundten sich nicht seumen lang, Die arm Feldtmauß wißt nicht wohen, Sie dacht, es wirdt mir ubel gehn , Wer ich inn meinem armut blieben, Ich wurd jetzt nicht umbher getrieben , Des orths war sie gantz unbekant, Jedoch zuletzt ein meußloch fand. Der Haußknecht gieng wider hinauß, Da lieff herfür die Stättisch Mauß, Und rieff der Feldtmauß auch herzu , Meine liebe Feldtmauß wo bist du? Herzu , herzu , es hat kein not, Die Feldtmauß war, als wer sie todt, Das arm Feldtmeußlin zittert sehr, Ihr war nicht wol bey solcher ehr. Die stadtmauß sprach, Sey nur getrost, Es hat kein noth, wir sind erlost Auß dieser angst, Sey unverzagt Was ligt dran, das wir warn verjagt, So uns doch nicht ein härlin breyt Verwehlet ist? Nun thu bescheyt, Ich bracht dir vor ein gantzen auß, Drumb thu mir gleich mein liebe Mauß. Der gast sah ubel zu den sachen , Wolt sich nicht lassen frölich machen.
gemach: Behagen – gerüssel: Gerassel - Verwehlet: versehrt, gekrümmt – thu bescheyt: trinke mir zuvor: vorhin
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Erasmus Alberus
Der Wirt sprach, Sey doch guter ding, Ich denck, das ich ihm einen bring, Das er widder ein farb gewinn, Du sihst doch das ich frölich binn, Warumb wiltu dann trawrig sein? Du machst dir selbst ein eygen pein, So laß nun farn dein trawrigkeit, Und denck, und thu ein mal bescheidt, Dann trawrigkeit nimpt eim sein macht, Und hat viel umb ihr leben bracht, Laß uns ein feines Liedlin singen, Dann will ich dir noch einen bringen , So hastu dann drey für dir stahn , Zu singen hub die stadtmauß an, Den Bentzenawer zu Latein, Noch wolt der gast nicht frölich sein, Die stadtmauß sang noch ein gesang, Auff das ihn wurd die zeit nicht lang, Sie sang, Nun wölln wirs heben an, Zu singen von eim Gumpelman, Sie sang auch von schön Elselein, Noch wolt der Gast nicht frölich sein. Der Feldtmauß war noch immer bang. Darnach die Stadtmauß widder sang, Bocks Emser lieber Domine, Man solt euch sagen parcite, Sagt mir, von wannen kompt ihr her. Darnach das lied vom Felbiger, Und Cocleus von Wendelsteyn ,
Ein Ganß zu Franckfurdt an dem Meyn. Zuletzt vom Wasser und vom Wein, Noch wolt der gast nicht frölich sein , Sonder er hub zu fragen an, Ob sie die fahr müst offt bestan.
Die Stadtmauß sprach, Es ist wol war, Daß ich bestahn muß offt die fahr,
ihm einen bring: ihm zutrinke - macht: Kräfte – Gumpelman : Narr, mit dem man sein Spiel treibt (gumpel = gimpel) - fahr: Gefahr
Erasmus Alberus
94
Ich ker mich aber nicht daran , Verachtung muß man drüber han. Die Feldtmauß sprach, Ist dem also? Bey dir würd ich wol nimmer fro, Die gute tag sind so gethan, Das ich wer lieber fern davon, Die köstlich speiß, als michs ansicht, Die ist mit Honig zugericht, Und inwendig doch voller Galln, Sölch gute tag mir nicht gefalln, Mit frieden ist mir lieber zwar Mein armut, dann bey dieser fahr Dein gute tag in solchem pracht, Du liebe Mauß zu guter nacht.
Morale. Die menschen sind der blindtheit voll, Das sie meinen, es stehe so woll Umb die, so reichthumbs haben vill , Darumb niemandt der ärmst sein will , Meinen, es sey ein köstlich sach, Richt doch zu so viel ungemach , Steckt voller fahr und bitterkeit, Bringt manchen inn groß hertzenleit. Darumb ich inn der warheit sag, Schlecht leut haben die besten tag, So viel genad der Bawersman Nicht hat, das ers erkennen kan, Ja wann er nur solchs kündt erkennen , So möcht man ihn wol selig nennen. Doch ob einr reichthumb uberkem , (So fern er keim das sein nicht nem ,) So brauch ers, und sey from daneben , Und tracht viel mehr nach jhenem leben, Sein hertz soll nicht am reichthumb kleben, Sonder gern armen leuten geben,
gethan: beschaffen - als michs ansicht: wie es mir scheint - zwar: fürwahr - Richt: gereicht Schlecht: einfache, geringe - genad: Ruhe, Glückseligkeit – ob : für den Fall , daß – uberkem: erwerbe, erhalte
Erasmus Alberus
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So braucht er seiner güter recht, Und ist Gotts, nicht des Mammons knecht. Man helt, es sey ein sölcher Man, So seltzam, als ein schwartzer Schwan, Doch hoff ich, das die Christlich ler, Auch etlich leut vom geitz beker, Sie bleiben ja nicht all verblendt, Weil uns Gott hat sein wort gesendt, Das wort zu Gott sich keret nicht, Es hab dann viel guts außgericht, Sein gnad wöll uns der lieb Gott geben, Das wir all bessern unser leben.
Vom vöglin Cassita Ich hab in Aulo Gellio Ein Fabel funden , laut also .
Ein man geborn inn Phrygia Esopus, von der Cassita Ein schöne fabel hat gemacht, Der billich wardt für weiß geacht, Dieweil er kundt mit guten schwencken , Der menschen hertzen viel mehr lencken , Zu guten sitten in der Welt, Dann die man für die Weißten helt, Und farn nur mit geschwindigkeit , Esopus mit bescheidenheit Fein höflich, mit lachendem mund, Der menschen sinn erweichen kund, Und hat die leut also ergetzt,
Das er nichts schampffers hat geschwetzt, Pflegt nicht wie etlich tolle Narrn, Zu faren mit dem Säwkarn, Ein reinen mundt hat er gehabt, Mit grossen tugenden begabt, helt: behauptet - seltzam : selten - außgericht: vollbracht, beendet Cassita: Haubenlerche - weiß: weise - Dann die: als diejenigen, welche - farn : verfahren – mit geschwindigkeit: mit Kunstgriffen – bescheidenheit: Menschen- und Weltkenntnis – schampffers: Ungehöriges
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Erasmus Alberus
Des sagt man ihm noch lob und ehr, Vom Vöglin Cassita schreibt er,
Zur zeit, wenn nah die Erndte ist, So hat es inn der Frucht genist, Und seine jungen sind schier flück, Nun hat das Vöglin auff eim stück, Darauff die Frucht schier zeitig war, Genistet, und stundt in der fahr Fürn schnittern, wann sie kämen schier, Die Frucht zu schneiden mit begier, Und seine jungen noch zur zeit Nicht wol gefliegen kundten weit, Drumb sich Cassita wol bedacht , Und hatt auff seine jungen acht, Und war das Vöglin klug und weiß, Wann es wolt fliegen nach der speiß, Befahl es seinen jungen fein, Das sie solten sorgfeltig sein, Und sprach, Ihr solt mir immerdar, Acht haben , ob ihr werdt gewar, Das jemandt was redt oder thut, Das solt ihr mir bey ewrem blut, Verhelen nicht, und sagen an, So habt ihrs euch zugut gethan, Das laẞt euch also sein befohln , So will ich euch nun zessen holn. Wie nun Cassita hatt vermahnt, Sein jungen, hatt ihn recht geahnt, Ein stund war hin und nicht viel mehr, Da kompt mit seinem Son daher Der Man, des dieser Acker war,
Die jungen wurden sein gewar, Und hatten auff ihn eben acht, Des schneidens ward so baldt gedacht. Der man sprach zu dem Son, Wolan, Wir müssen mit der sichel dran, Wir haben nun nicht lenger weil, Derhalben soltu gehn mit eil, zeitig: reif - Fürn : vor den – sorgfeltig: vorsichtig - bey ewrem blut: bei eurem Leben
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Erasmus Alberus
Zu Schlarn von Kleinendentelum ,
Und bitt ihn das er morgen kum , Zum Faulen Fritzen geh mir auch , Der ist zu mal ein guter gauch, Er wird mich freilich jetzt nicht lassen, Geh auch zum Schlemmer ann der strassen , Zu diesen dreien soltu gehn , Und hörn ob sie wölln bey uns stehn, Und sprech, Es sey mein freundlich bitt, Nach dem es ist ein löblich sitt, Das gute freund fein in der not, Einander helffen frü und spot, Das sie wölln komen morgen früh , Ehe dann gemolcken sind die küh, Und von dem hirten in die weyd , Getrieben also sie bescheyd, Und noch ein wörtlin zu ihn sag, Zu mitternacht , zu mittem tag, Wöll ich ihn helffen wo sie mein Bedörffen , soll kein zweivel sein.
Der Son dem Vatter antwort gab , Was ich von euch vernommen hab, Darinn ich lieber Vatter mein, Will willig und gehorsam sein, Die armen jungen Vöglin kal , Vernahmen wol was er befahl Seim Son, Sie dachten diß geschicht Das wöllen wir verhelen nicht, Und unser Mutter zeygen an, Was wir von ihm vernommen han. Der Cassita war wol gelungen, Weil sie fand speiß für ihre jungen, Ein klein zeit war sie auß gewest, Da kam sie wider inn das nest, Und frölich ihre jungen nert, Dieweil ihr Gott hatt speiß beschert, Die jungen selbst auch fräwten sich,
zu mal: besonders – gauch: Narr - freilich: gewiß – lassen : im Stich lassen – bey uns stehn : uns beistehen - wölln: möchten -– sie bescheyd: gib ihnen Nachricht - kal: federlosen
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Erasmus Alberus
Dieweil ihn Gott genediglich, Sein milte handt hatt auffgethan, Zu reden baldt, sie fiengen an. Du aller liebstes Mütterlein , Wir wöllen euch anzeigen fein, Was wir jetzundt gehöret han In unserm nistchin von dem Man, Der diesen Acker schneiden will, Er hat gesetzt ein kurtzes zill, Zu schneiden wirdt er baldt anheben, Und hat seim Son befehl gegeben, Wir haben nun nicht lenger frist, Dieweil die Erndt vorhanden ist, (Sprach er) Und ist jetzt eben zeit, Das man auff diesem Acker schneit, Derhalben ich nicht lenger mag Verziehen, Geh noch diesen tag Zu meinen Freunden, sag ihn an, Das sie morgen von stunden an, Auff diesen Acker kommen früh, Ehe dann gemolcken sind die Küh, Das sie dasselbig werden thun, Verseh ich mich zu ihn, mein Sun. So bitten wir dich Mütterlein, Du wöllst uns arme Vögelein (Weil unser keins noch fliehen kann , Und hören nun wol , wie und wann) Versorgen an ein andern ort, Das wir nicht werden hie ermordt. Die mutter sprach zu ihren kinden, Auß meiner weißheit kan ich finden , Dieweil er solchs befohlen hot Sein Freunden, so hats noch kein not, Ich weyẞ wol, daß sie kommen nicht, Dann sölchs von freunden gern geschicht , Doch solt ihr morgen haben acht, Wes weiter werd vom Man gedacht.
kurtzes zill: nahen Zeitpunkt - vorhanden : gekommen - Verziehen: aufschieben - von stunden an: alsbald - Versorgen: hinbringen - weißheit: Erfahrung
Erasmus Alberus
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Des morgens früh der Vatter kam, Als er die Schnitter nicht vernam , Da wartet er wol dritthalb stund, Und da die leng nicht warten kund, Er sprach zum Son, Mein liebes Kindt, Von Freunden wir betrogen sind, Was soll ich sagen? Nun wolan, Die Schwöger wölln wir sprechen an, Im Schlauraffthal sitzt Klöppelsklas , Meyn nicht, das mich derselbig las, Heyntz Sawermilch, und Blintzelmauß, Ich halt nicht, das sie bleiben auß, Desgleichen Bachus Schwermerkopff, Der ist zumal ein guter tropff, Der Rabler und der Grempeler, Schlaudrant, und Schnörrer, bitt sie ser, Das sie wölln kommen zu uns her, Halt nicht, das sichs ihr einr beschwer. Ich wolt, das Niemand auch herkem , Der wer mir warlich angenem,
So wolten wir auch ein davon, Und zeitlich feierabendt hon. Doch falln mir zu noch ander zwen, Die werden freilich bey uns stehn, Als Eilnitser, und Beydeinweil, Wann die wern uber sieben meil , Sie kemen her und hülffen mir. Noch ander zwen die nenn ich dir, Der ein mit namen Sauffdichsat, Mit dem schaff ich gewißlich rat, Stehlangsamauff wölln wir auch haben, Das sind zumal zwen guter knaben, Ich denck, Schlaffsanfft hör auch dabey, Wern eben guter buben drey. Die Schwöger sind fast all genent, So geh nun hin, mein Son, behendt,
vernam: antraf - die leng: auf die Länge, noch länger - Schwöger: Verwandte - halt: glaube - sichs ... beschwer: sich davon beschwert fühlt -- eiln davon : schnell vorankommen - zeitlich: zeitig falln mir zu: fallen mir ein - hör: gehöre
100
Erasmus Alberus
Und sag ihn, wie mirs wolgefall, Das sie uns söllen helffen all. Als Cassita das Vöglin weiß Hatt für sein jungen funden speiß, Und darnach widder zu ihn kam , Und all die red von ihn vernam, Wie das die lieben Schwöger nun, Beruffen weren durch den Sun, Cassita sprach, Es schadet nicht, Damit wirdt noch nichts außgericht, Weil ers zu seinen Schwögern stellt, Mir solche red noch wol gefellt, Darumb solt ihr zufrieden sein, Mein aller liebsten Kindelein, Doch morgen solt ihr haben acht, Wes weiter wirdt vom Herrn gedacht.
Des morgens früh kömpt inn das feldt Der Herr des Ackers obgemelt, Er harrt, und harrt, und harrt, und harrt, Er sprach zum Sun, wir sind genarrt Von unsern Schwögern mechtig fein, Es müssen faule schelmen sein, Sie halten mich für einen gauch , Mein Bruder will ich dannoch auch Ansprechen lassen, und probiern, Ob er sich auch wöll exhibiern, Gleich wie die andern han gethan, Er sprach zu seinem Sun , Wolan , Du solt zu deinem Vettern gehn , Und hörn, ob er wöll bey uns stehn , Die Frücht zu schneiden morgen früh , Ein stund zuvor, ehe dann die Küh, Vom Hirten werden inn die weyd Getrieben, und nicht lenger beyd, Und das er kom mit seim gesind , Das ein theil schneid, das ander bind.
zu ... stellt: anheimstellt - Wes ... gedacht: was beabsichtigt - obgemelt: obengenannte probiern: prüfen – exhibiern : herausreden, darum drücken – Vettern : Onkel, Neffe – beyd: zögere, auf sich warten lasse
101
Erasmus Alberus
Der Sun zu seinem Vettern kam, Als baldt der Vetter ihn vernam , Sprach er, Sih lieber Vetter mein Sey mirs Gott willkom, Das stünd fein, Das doch ein mal mein Vetter kem Zu mir, das wer mir angenehm, Mein lieber Sun, wie steht die sach? Er sprach zum Knecht, hieß Eilgemach, Lang her die flesch im schanck daneben, Ich muß meim Vettern trincken geben. Da nun der jung getruncken hat, Als baldt er seinen Vettern bat, Und sprach, Ach liebster Vetter mein, Wöllt ihr uns nur behülflich sein , Die Frucht zu schneiden morgen früh , Ehe dann getrieben sind die Küh , Und brächt mit euch ewer gesind, Das ein theil schneid, das ander bind, Mein Vatter umb euch allezeit, Solchs zu verdienen ist bereit. Der Vetter sprach, Es steht mir zu, Das ich meim bruder hülffe thu, So sag ihm, das ich willig sey, Und hab nicht sorg, Da bleib es bey. Die jungen Vöglin sagten an Der Cassita, wie das der Man Sein Sun zum Bruder hett gesandt. Cassita sprach, Auß meim verstandt Find ich mein lieben Kindelein, Das wir vorm Bruder sicher sein, Das es sey ernst, das fehlt noch weit, Darumb seidt aller sorgen queit, Und laßt uns sein noch unverzagt, Habt morgen acht, was wird gesagt. Des andern tags, da kam ins feldt Der Herr des Ackers, offt gemelt, Des morgens früh zur dritten stund , Dann er nicht lenger schlaffen kund , steht mir zu: gehört sich für mich – queit: ledig
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Erasmus Alberus Und meint, es wurd nun für sich gehn, Sein Bruder wurd gar früh auffstehn, Er harrt wol zwo stund oder drey, Er sprach, Ist das nicht büberey, Die mit mir treibt der Bruder mein? Er söll mir wol ein lügner sein, Der Herr des sich bekümmert hoch, Da harrt er noch ein stund darnoch, Biß daß das glöcklin sieben schlug, Er sprach, Ich hab des Bruders gnug, Der Teuffel traw dem lügner mehr, Der gut man war bekümmert sehr, Er sprach, es thut einr wie der ander, Freundt, Schwöger, Vetter, mit einander, Ja wol der Freundtschafft, vetterschafft, Der Mogschafft, Sipschafft, Bruderschafft, Ein Teuffel wie der ander schafft, Was sie doch reden hat kein krafft. Er sprach zum Sun, mit namen Michel , Geh hin, und bring du uns zwo Sichel, So nem ich ein, So nimpstu ein, So schneiden wir die Frücht allein ,
Der Sun ihm gern gehorsam was, Die jungen Vöglin horten das , Und zeigtens an dem Mütterlein.
Sie sprach, das möcht wol etwas sein, Es ist noch nie so zeit gewest, Nun mach ich euch ein ander nest,
Weil ers will selber greiffen an, Sonst blieb es warlich ungethan, Sie zog baldt an ein ander end, Der Herr schneid ab die Frucht behend. Morale. Das Vöglin Cassita fürwar,
Zeigt dirs Morale selber klar, Vom selben lern, so wirstu klug,
Darumb sey des jetzundt genug, Mogschafft: Verwandtschaft - krafft: Gültigkeit
103
Erasmus Alberus
Wiewol hierauß ein feine ler, Den Kindern auch zu geben wer, Wie nützlich ding Gehorsam sey, So laß ichs nun hie bleiben bey.
Vom Bapstesel Cuma ligt in Jonia, Gehört in kleine Asia, Daselbst find man geschriben , das Für langer zeit ein Müller saß, Der hatt ein Esel, der nit gern Arbeit, drumb lieff er von seim hern Und kam fern in ein ander land , Daselbst er in der wüsten fand Ein Löwen haut, die zog er an, Und trat daher, gleich wie ein Man. Er sprach, Ich bin vons Müllers secken Ein mal erlöst, er wirdt erschrecken,
Und also gar für mir verzagen, Das er mir gern die seck wirdt tragen, Was gilt es, ob ich etwas geb Auff meinen herrn, so lang ich leb, Ich will mich, wann ich kom zuhauß,
Für einen Schultheiß geben auß, Ja wol, man wirdt mich sehen an, Für einen freien Edelman, Bocks marter, wie bin ich so fein, Ich dörfft wol ubern Keiser sein, Ich bin so keck und unverzagt , Es sey dem Keiser zu gesagt, Das ich ihn bringen will umbs Reich, Mir ist kein mensch auff erden gleich, Den Keiser will ich unterdrücken, Er soll sich noch gern für mir bücken , Und für mich falln auff seine knie, Keim Esel ist auff erden nie
Bocks: [entstellt aus: gotes] - marter: (Fluch) bei Christi Leiden -- zu gesagt: ausgerichtet , gemeldet - noch: dennoch, erst recht
Für: vor
Erasmus Alberus
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Sölch ehr geschehen, noch will ich Eins solchen understehen mich,
Glück zu, ich fahr dahin mit pracht, Baldt werdt ich zu eim Bapst gemacht. Der Esel zog wider zu hauß , Und gab sich für ein Löwen auß, Und für ein grossen herrn auff erden, Der aller heiligst wolt er werden, Und herschen uber alle Pfarrn , Und sah doch gleich eim grossen Narrn, Verbot der Priesterschafft die Ehe, Das thet den frommen Priestern wehe , Da ward die Welt voll büberey,
Ein Pfaff hatt zwo hurn, oder drey. Wann einr eim Eheman schandt sein hauß Durch Ehebruch, so ward nur darauß Ein fein gelecht, von sölchen knaben Must er den spott zum schaden haben, Mit einer Meß wars schon versönt, Und war doch dem sein Weib verhönt , Das thet des Esels heiligkeit, Doch war es frommen leuten leit.
Welcher fleisch auff die Freitag aß, Mit seim blitz er sein nicht vergaß, Er urtheilt ihn zum ewgen todt, Auch Butter, Eyer, er verbot, Da fuhr er fort der tolle gauch, Und Käß und Milch verpot er auch. Er satzt auch Keiser ab und ein , Das möcht ein stoltzer Esel sein, Die Keyser musten sein sein knecht. Nun war das Völcklin also schlecht, Das kein mensch war im selben landt, Ein Löw war ihm gantz unbekandt, Kein mensch gemeint het nimmermehr, Das solch person ein Esel wehr,
schandt: schändete - gelecht: Gelächter - gauch : Narr - schlecht: einfältig – Das kein mensch ….. unbekandt: Daß kein Mensch in demselben Land war, dem nicht ein Löwe ganz unbekannt war
Erasmus Alberus
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Es hielt ein jeder sein gebott, Als ob er wer der höchste gott, Er hatt den Himel feil umb gelt, Betrog also die gantze Welt, Er trug Gott selbst im himel drein , Das mocht ein stoltzer Esel sein. Nun lieber sih, ein solche macht Des Löwen haut zuwegen bracht, Diß ist kein Fabel, sonder war, Dann als man schreib sechs hundert jar, Von der zeit her, da Jhesu Christ Für uns menschen mensch worden ist, Vast umb die selbe zeit, acht ich, Der Esel außgedreht hat sich, Und in ein ander landt geflogen, Des Löwen haut da angezogen , Darnach mit solcher tollen pracht, Die menschen all zu narrn gemacht, Das hat gewert neun hundert jar, Und zwölff, ist leider allzu war. Da kam ein fein geschickter Man, Der sah den falschen Löwen an, Und also baldt bekant er frey, Es müst sein eitel triegerey, Damit er biẞher wer umbgangen ,
Er sah herfür ein wenig hangen Die ohrn, solchs kund ihn nicht betriegen, Er fing sie an herauß zu ziegen, Da sah ein jeder an dem tohrn,
Ein gut par langer Esels ohrn , An kopff er ihm ein schlappen gab, Des Löwen haut zog er ihm ab, Und offenbart ihn aller Welt, Das man jetzt nichts vom Esel helt, Damit genommen hat behend, Des falschen Löwen pracht ein end.
trug: betrog - lieber: doch --- Vast: ungefähr - acht ich: schätze ich - außgedreht: aus dem Staub gemacht - gewert: gewährt - triegerey: Betrügerei - ziegen: ziehen – tohrn : Toren - ein schlappen: eine Ohrfeige
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Erasmus Alberus Man hat verbrennt die Löwen haut, Und ward der Esel wol geblaut, Das er noch nicht auff diesen tag, Sein eigen haut getragen mag, Er ligt, und kan noch nicht ersterben Er muß zuletzt doch gar verderben. Der Man ist warlich ehren werdt, (Wiewol er nicht der ehrn begert) Der uns vom Esel hat erlost, Und angezeigt den rechten trost, Den frommen Heylandt Jhesu Christ, Der aller menschen Heylandt ist, Martinus Luther ist der Man
Der solchen dienst uns hat gethan, Und offenbart den Widderchrist, Das uns nicht mehr sein falsche list Betreugt, darumb von hertzen wir Du lieber Christe dancken dir. Morale . Also gehts zu in dieser Welt, Das man die für die besten helt, Und uber all gelerten preist, Die nie kein tugendt han beweist, So sehr geliebt der falsche schein Dem Volck, das muß der Teuffel sein, Ja viel mit ihrer falschen kunst, Erwerben grosser Herren gunst, Solch schelmen heißt man Suddeler, Die wissen nichts von guter ler, Und doch so jemerlich betriegen Das arme Volck, mit ihrem liegen, Und als die Wespen sein gesindt, Wie man davon geschrieben findt, Die fliegen für der Binen hauß, Und fressen ihn das Höng herauß,
mag: kann - Widderchrist: Antichrist – geliebt: ist lieb – Suddeler: Pfuscher, Angeber – liegen: lügen - Höng: Honig
Erasmus Alberus
107 Und rauben ihn ihren vorrad,
Von Gott sie haben kein genad Was guts zu thun , und wie ein Kuh Verstendig sind, noch farn sie zu, Und wöllen meistern alle Welt, Sölch weiß keim frommen nicht gefelt. Drumb liebes kindt, hab eben acht Auff meine lär, denck tag und nacht, Das ja dein hertz werd wol verwart, Für solcher Teuffelischer art,
Dafür hüt dich bey leib und leben, Du solt dich nimmermehr dafür außgeben , Durch böse tück , und falsche list, So du doch nicht derselbig bist. Umb hoffart willn hat Gott der Herr Herab gestürtzt den Lucifer, Und Adam auß dem Paradeiß, Von wegen solcher bösen weiß. Der Korah ist sampt sein geselln Hinab gefarn tieff in die Helln, Von Gott verstossen ewiglich . Der Absalon hieng jemerlich Mit seinem hübschen har am ast, Was bracht ihn doch in solche last, Und baldt darnach umb leib und leben?
Darauff ich dir will antwort geben. Er understundt on Gotts befehl , König zu sein in Israel , Sölch tolle hoffart hats gemacht,
Und ihn umb leib und leben bracht. Zu unsern zeiten haben sich Unterstanden mutwilliglich , Der Müntzer und die Münsterer, Gleich wie ihr Vater Lucifer, Das gantz landt unter sich zu bringen,
Und wolt ihn doch auch nicht gelingen, Dann sie brachten zuletzt davon , Gleich wie ihr vorfarn, bösen lohn. noch: dennoch - farn sie zu : greifen sie ein - eben: genau - Dafür: davor – understundt: wagte
Erasmus Alberus
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Also sihstu mein lieber Son, Das keiner kommen ist davon, Der sich hat hoffart lassen blenden , Sie müssen all sich selber schenden , Mit ewger schandt, Drumb seh dich für, Das dirs zu ' rfaren nicht gepür.
schenden: zu Schanden machen
zu 'rfaren: zu erfahren - gepür: gebühre
BURKARD WALDIS
(KOMM. S. 203)
Von Gliedern des Menschen und dem Bauch All Glieder, die der Mensche hat, Hatten zusammen einen rath Wider desselben Menschen bauch, Sprachen,,,er ist ein rechter schlauch . Wir müssen in mit arbeit neren ,
Erwerben, was er kan verzeren. Es schmeckt die Nas, die Zung sich regt, Die Füsse gehn, der Rücken tregt, Mit hörn das Ohr im dienen thut, Das Auge wacht mit steter hut, Es wirckt die hand mit allen trewen, Der Mundt muß im die speise kewen. Ein jedes Glied nimpt eben war, Das nicht dem Bauch leydt widerfahr. Der faule Bauch ligt stetes müssig, Wirdt auch der speiß oft uberdrüssig; Die wöln wir im nicht lenger geben,
Mag selber schaffen, will er leben." Da sprach der Bauch zu den Geliedern : ,,Wie mögt ir mir so sein zuwidern? Ist not, das ir mir speiß verschafft, Wo ir behalten wolt ewr krafft." Kein Glied sich an die rede kert, Biß sie es die erfarnheit lert. Von hunger wardt der Bauch gar schwach: Da theten auch die Glieder gmach. Als den vorterb und schaden sahen, Eintrechtig zu dem Bauche jahen: schlauch: Fresser und Faulenzer - schmeckt: riecht - nimpt eben war: achtet genau darauf erfarnheit: Erfahrung - theten gmach: wurden matt - jahen: sagten
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Burkard Waldis
,,IB, trinck und laß dirs schmecken wol, Ein jedes will thun, was es sol. “ Da war der Bauch verdorben schon, All Glieder musten mit im vergohn. Wie die Glieder han ein gemeinschafft, Und eins zu gut dem andern schafft, So muß ein Mensch den andern neren: Eins kan des andern nicht entperen . Kein mensch so mechtig oder Reich, Wer er auch Creso und Midi gleich, Der in worten oder thaten
Seins nehsten hülffe kan gerathen Darumb auch Gott geboten hat, Das wir dem nehsten hilff und raht Erzeigen sollen und in lieben,
Und gegen im all wolthat üben. Ich halt es vor den höchsten schutz Auff erdt, und vor den grösten nutz,
i
Das einer grosse Freundtschafft hat, Die bey in tretten in der not. Gut ists, der sich zu Gutem gselt Und gute Freund vor augen helt. Die Fabel zeigt uns auch dermassen, Das Oberkeit und Undersassen Einander sollen sein eingleibt Als , was die Oberkeit betreibt, Mit kriegen oder Rathes mute , Das es kom der gemein zu gute , Mit rath und that sie stetes schutzen, Als zu frommen und irem nutzen . Da gegen soll auch die gemein Willig und unverdrossen sein,
Was Oberkeit an sie begert, Das sie desselben sey gewert,
verdorben: zugrundegegangen - gerathen: entbehren - grosse Freundtschafft: viele Freunde dermassen: ebenso - Undersassen : Untertanen - eingleibt: einverleibt - Als: Alles - mute: Absicht -- sie desselben sey gewert: ihr dasselbe geleistet werde
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Burkard Waldis
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Es sey am gschoß, stewr oder Zoll , Als ungewegert geben soll. So bsteht Bürgerlich Policey
In irem vorrath auch dabey. Der Gülden friede wirdt erhalten, Wo man die einigkeit leßt walten, Wie uns Sanct Paulus auch thut lern Am dreitzehenden zun Römern.
Von zweien Gesellen und dem Beren Zwen Gsellen kamen zu einander
Und wolten beid zusamen wandern , Schwuren einander rechte trew Mit Eydes pflicht on alle rew, Zu leiden beide tod und leben, Und was Gott und das glück wurd geben. Begegnet in im waldt ein Ber, Thet brüllend lauffen zu in her.) Der ein erwüscht ein hohen Baum, Darauff entran dem Beren kaum, Das er die fehrligkeit mocht meiden. Der ander stundt in grossem leiden, Gedacht: ,,du kanst im nit entfliehen, Die strebkatz mustu mit im ziehen.“ Und sprach: ,,kein andern rath ich weiß." Er legt sich in ein wagenleyẞ , Sam wer er Todt, thet sich hinstrecken, Das angesicht mit Laub bedecken. Baldt kam der Ber und kert in umb:
Er lag, als wer er taub und stumm , Verhielt den athem mit maul und naß: Da meint der Ber, es wer ein aẞ. Als er in umb und umb besicht, Geht wider hin und thut im nicht. gschoß: Abgaben – ungewegert: ohne Weigerung – Policey: Ordnung – vorrath: Anweisung Beren: Bären - erwüscht: erreichte – kaum: gerade noch – fehrligkeit: Gefahr - mocht: konnte Die strebkatz mustu mit im ziehen : den Kampf mußt du mit ihm ausfechten - wagenleyß: Wagenspur - Sam: als ob - besicht: besieht
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Burkard Waldis Wie nun der Ber verlauffen war, Stieg er vom Baum hernider dar, Seinen gesellen fragen thet: ,,Was hat der Ber mit dir geredt , Da er dir heimlich rawnt ins Ohr?“ Er sprach: ,,er thet mich warnen zwar, Das ich eim solchen trewlosen gsellen Fürbaß nicht mehr soll glauben stellen." Ein weissen Rappen und schwartzen Schwan , Wer mag den je gesehen han? Gar seltzam Vögel in der Welt. Der massen sichs auch jetzund helt Mit dem Glauben zu unsern zeiten; Er ist gantz kleine bey den leuten : Ein seltzam kraut, in Almans garten Darff mans zu wachssen nicht erwarten. Man liẞt, vor zeiten bey den alten
Thet einr dem andern glauben halten; Jetzt sagt man, dwelt sey werden new, Gibt gute wort on alle trew, Lach mich jetzt an und gib mich hin: So falsch ist jetzt der Welte sinn. Wer jetzt hat gut, der hat auch ehre ; Es fraget niemand fürbaß mehre . Man sagt, seit untrew sey geborn, So hat der Glaub das Veldt verlorn. Die not thut Freunde kennen leren. Wenn sie in nöten zu dir keren , Und tröstlich deines leydts ergetzen, Ir gut und leben für dich setzen , Und nimpt sich an all deins gebrechen, Den magst vor einen freundt wol rechen. Die ein mit solchen trewen meinen , Under tausent findstu kaum einen.
Darumb rath ich on allen spott, Das man vertraw allein auff Gott, zwar: fürwahr - Fürbaß: fortan - stellen : schenken – Rappen : Rabe - seltzam : seltene - helt: verhält - Almans: jedermanns – gib mich hin: laß mich im Stich, verrate mich – keren : halten – ergetzen: dich entschädigen - rechen : rechnen - meinen: lieben - on allen spott: in allem Ernst
Burkard Waldis
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Und sich allein auff in verloẞ. Am glauben ist die menschheit bloß. Und ist diẞ fals das fleisch kein nutz :
Verlorn ist all sein hilff und schutz , Und ist in allen sachen feyl; Glaub mir, ich habs versucht zum theyl .
Vom Hundt und Löwen
Zu einem Löwen kam ein Hundt, Schertzweiß mit im reden begundt, Und sprach: ,,Herr Löw, mich wunder nimpt, Ich bitt, sagt mir, woher es kumpt, Das ir Berg, Thal laufft auff und nider Durch manche Wildnuß hin und wider, Und seit zerrissen und zerhudelt, Beregnet und mit kath besudelt, Dazu verhungert und verschmacht: Noch laufft ir teglich auff die jagt. Seht, wie bin ich so glat und schon: Das verdien ich mit müssig gohn, IB fleisch und Brodt, so viel ich mag,
Und schlaff offt wol den gantzen tag.“ Da sprach der Löw: ,,du bist nit weiß; Wiewol du iẞt die beste speiß, So bistu doch zu allen stunden
An eine Ketten hart gebunden, Wirst offt mit prügeln wol zerschlagen ; Das muẞt von deinem Herrn vertragen . Mit Fuchẞschwentzen und augendienst Du deines Herren huld gewinst. Damit macht dir dein Leben sawr, Bist eigen wie ein Liflendisch Bawr: So lauff ich bloß und frey daher Durch alle Hecken on gefehr.
dißfals: dafür - feyl: käuflich – versucht: erfahren - zum theyl: zur Genüge Noch: dennoch - weiß: weise, klug -- vertragen: ertragen - Fuchßschwentzen: schmeicheln - on gefehr: ohne Schaden augendienst: Heuchelei - eigen: leibeigen - bloß: unversorgt –
Burkard Waldis
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Von Augendienern weiß ich nicht; Die essen mancherley gericht, Davor den Herrn die Meuler schmieren . Dasselb laß ich mich gar nicht irren, Davor iẞ, was der lieb Gott gibt: Was ich nit hab, entfelt mir nit. Mein freiheit ist mir lieber zwar Denn dein gut leben, glaub fürwar.“ Man liẞt, das in den alten Jaren
Auch eigen Leut auff Erden waren, Die man verkaufft umb Gelt und gut, Wie man noch in viel Landen thut. Man bringt Moren auß Affrica, Verkaufft sie in Hispania, In Italien uberall ,
Zu Lissabon in Portugall. Die bringt man nacket, Fraw und Man,
Wie ichs daselbst gesehen han. Auß Samigeten, Littawen , Reussen Führt man die Leut in Poln und Preussen,
Zu verkauffen umb gringes Gelt. In Schweden sichs der massen helt: Sie bringen die Finnen zu verkauffen Zu Rige und Revel mit grossen hauffen. In Lieflandt sind die Bawren so eygen, Das, wenn sich einer thut erzeigen Widerspennig, mit lauffen drewt, Bald man im einen Fuß abhewt. Daselbst müssen all Bawren gleich Von Kindt zu Kindt dienen ewiglich. Fast uber gantz Sarmatiam Biß in Türckey und Phrygiam , Gest, Sawromate, Muscabite,
Tartern, Walachen und frechen Scythe, Biẞ ans gebirg Hyperborim, Riphei, am Wasser Thanaim , Denselben Kreiß gantz rund umbher, An Pontum und ans Caspier Meer,
entfelt: geht verloren
zwar: wahrhaftig - der massen helt: so verhält
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Burkard Waldis
Das sindt allsam unbendig Leut: Darumb muß mans mit dinstbarkeit, Mit Tyranney zymen und zwingen Und mit schlegen zur arbeit dringen. In Teutschen Landen (muß bekennen) Weyß man dieselben nit zu nennen; Denn in Westphalen und in Schwaben, Daselbst sie eigen leut haben, Wiewol derselben sindt gar wenig. Ich halts darfür, das sie abtrennig Und widerstrebig gewesen sindt, Wie man in den Hystorien findt. Darumb die Oberkeit für zeiten Hat solche bürd denselben leuten Auffgelegt, sie zu underhalten Und uber sich sie lassen walten.
Es ist aber ein herter zwang , Das der mensch ungern on sein danck
Muẞ eygen sein und underthan Und mag nit, wo er wil , hingahn.
Weil wir der gburt einerley leut, Im Gsetz den Jüden Gott gebeut , Das sie ir Mägd und eigen Knechte Nach irem Gsetz und gschriebnen Rechte Im Jubeljar solten frey lassen Unghindert ziehen ire strassen . Freiheit ist gar ein edel kleinot: Wol dem, der sie mit frieden hat.
Ob er schon nit hat viel dabey, Es ist im gnug, das er sey frey. Darumb halt ichs hie mit dem Löwen, Der wolt nicht seine freiheit geben Für des Hundts gute faule tag, Weil er da an der Ketten lag. Drumb, wie das sprichwort melden thut: Freiheit geht für all zeitlich gut.
unbendig: ungebändigt - zymen: zähmen (oder) zäumen - zu nennen: zu finden - Denn: außer für zeiten: vorzeiten - zu underhalten: untertänig zu machen --on sein danck: wider Willen
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Burkard Waldis Vom Wolffe und Fuchẞ
Es gschahe in einem Winter kalt, Der Wolff lieff durch ein dicken waldt, Gar früh sein narung suchen wolt;
Kam gegen im ein Fuchß getrolt, Wünscht im ein frischen guten morgen, Sprach: ,,dörffst heut vor die Kost nit sorgen. Folg mir, ich wil dich jetzundt laben, Solt mir ein Jar zu dancken haben. Kum , sih! da in dem holen weg, Da leit ein feißte seiten Speck. Dran han wir beide gnug zu tragen: Entfiel eim Fuhrman von dem Wagen. Kan ich dasselbig nit verschweigen,
Muß dirs als meinem Freundt anzeigen." Sie zohens under einen strauch, Und füllten iren leren Bauch. Da sie gassen und wurden sat, Der Wolffden Fuchẞ gar freundtlich bat, Sprach: ,,Reynhart, hörs, kans nit verhelen, Muß dir ein seltzam ding verzelen . Jetzt bey vier Wochen gegen Weihnacht War ich vor hunger schier verschmacht. Das macht der frost und kalte Schnee , Thet mir in Leib und leben wehe. Und wie man sagt, hunger und kelt Jagen den Wolff vom Höltz zu Veldt, Da kam ich auff eins Hundes spür, Der war gelauffen kurtz vor mir. Ich folget nach demselben pfad; Trug mich zu einer grossen Stadt. Da schlich ich nein am morgen fruh , Stunden noch alle Thüren zu; Underm Thor fand ein enge lucken, In dleng thet ich mich durchhin schmucken. Es regt sich weder Katz noch Hundt. Ich sahe mich umb; ein weil da stundt,
dörffst: brauchst leit: liegt - gassen: gegessen - In dleng: der Länge nach - schmucken: schmiegen , ducken
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Burkard Waldis
Da sahe ich dort on gfehr ein loch In einer Mawr, darinn ich kroch. Das war gar nider bey der Erden, Lag lang; gedacht, was wils doch werden?
In dem gunt sich das Volck zu regen Und in den Gassen zu bewegen. Zuletst hub sich ein groß gedön Von Pfeiffen, Seitenspiel gar schön. Kroch zu mir nein ein junger Hundt, Der (wie ich merckt) zwar nichts verstund, Meint, ich wer auch ein Hundt wie er; Gedacht, es het da kein gefehr. Bracht ein stück fleisch, war eben groß: Desselben ich da mit genoß. Drumb ließ ich in da ungeworgt;
Denn ich mich sonst eins andern bsorgt, Und dacht, ich wolt das end besehen,
Was nach dem Pfeiffen würd geschehen. Zuhandt kamen dorther gegahn Ein grosser hauffen Fraw und Man, Der gar viel mehr denn hundert warn. Gmeiniglich giengen sie bey parn In silbern Kleinot, gülden Ketten Und köstlich Kleider, die sie hetten. Die Frawen warn mit allem fleiß In Roth gekleidt , mit Schleiern weiß, Von fern sich theten so beweisen, Als werens hüt von Stahl und Eisen. Die Männer trugen gülden hauben , Seidene Wammes, kostlich Schauben, (Ich dacht: wie ists so ungleich theilt! Und solchs so manchem armen feilt, Die offt das Brodt nit zessen haben, Müssen den durst mit Wasser laben , Als du und ich und unsers gleichen:
An einem hauffen hans die Reichen) , ongfehr: von ungefähr - gunt: begann - gedön : Musizieren – verstund: bemerkte, erkannte – mich sonst eins andern bsorgt: mich ohnedies um etwas anderes bekümmerte – Zuhandt: alsbald - bey parn: in Paaren - sich theten so beweisen: sahen sie so aus - Schauben: Mäntel -feilt: fehlt – Als: wie
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Burkard Waldis
Mit Zobeln gfütert und mit Lüchssen , Etlich mit Mardern, etlich Füchssen. Viel sahe ich von den besten Leuten, Die trugen Beltz von Wolffes heuten. Eins aber, das mich sehr dran wundert, Dieselben Beltz warn so gesundert : Etlich kerten das rauhe innen. Dieselben hielt ich baß bey sinnen , Denn je die Beltz darumb bedacht, Zur wärm und nicht zum schein gemacht.
Etlich hetten das rauhe außkert. Ob sie des nit wern baß gelert, Oder ob sies sonst von vorwitz theten, Oder sonst vor ein gewonheit hetten,
Das kan ich warlich sagen nicht. Vom selben Hundt begert bericht, Und thets mit aller umbstend fragen;
Er wiẞt mir kein bescheid zu sagen. Schied so von dann zur selben fahrt, Das ich des nicht berichtet ward. Drumb bitt ich dich, weistu darumb, Woher doch solcher wechssel kumb, Wöllest mich des gründtlich berichten , Damit ich mög mein zweiffel schlichten , Benemen mir die bkümmerniß, Wenn du mich machst der sachen gwiß.“ Da ward der Fuchß gar spötlich lachen. „ Es ist ein deutung in den sachen," Sprach er,,,das warlich nit versteht Ein jeder Bawr, wie das zugeht." Der Wolff sprach : ,,lieber, sag mir doch, Das ich nit weiter darff fragen nach. Es muß gar wunderlich sein drumb!“ ,,Es ist ein groß Mysterium," Sprach der Fuchß,,,doch wil ich dirs deuten: Die Gsellschafft von zweierley Leuten, Wie mich bedunckt, etlich vom Adel , Dieselben leiden keinen tadel. gesundert: unterschieden - Ob: als ob - bericht: Auskunft – zur selben fahrt: alsbald – schlichten: beheben - deutung: Bedeutung - leiden: dulden
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Burkard Waldis
Umbsonst ists , das man sie fast strafft, Oder bessrung an in verhofft.
Sie wüten stets wie die Tyrannen. Wenn mans unfreundtlich thut anzannen , So schlahens, beissens umb sich her, Gleich einem Lewen oder Beer. Sie schemen sich des Mausens nicht, Haben ir Datum so gericht, Suchens in winckeln vorn und hinden , Rauben und nemens, wo sies finden, Underdrucken beid, Leut und Landt, Und sind irs raubens wol bekant, Gleich wie du deine grawen har Auẞkerst und tregst sie offenbar. Ja mancher sich des Adels rhümt, Den ist ir Krantz also geblümt, Das man sie bey den Federn kent: Dennoch man sie ,,gnad Juncker“ nent Meinen desselben haben ehr, Das bey frommen ein schande wer. Solch Wolff helt jetzt die Welt in ehren, Drumb sie das rauhe außen keren. Die andern , welch man nent Kauffleut, Kleiden sich auch in Wolffes heut. Mit Geitz den gemeinen Mann bestelen ; Doch wissen sies so fein zu helen Des Geitz fein unterm hütlin spielen, Wie das gemein ist jetzt bei vielen , Und machens auch so gar unsauber, Das man sie schilt vor Stulrauber. Mit irem auffsatz , Wucher, liegen
Jetzt fast die gantze Welt betriegen , Und wenn man sie darumbe strafft, So ists der brauch der Kauffmanschafft. Sind Wolff, und wöllens doch nit sein, fast strafft: scharf rügt -- anzannen: anrempeln – Mausens: Stehlens - Datum: Augenmerk Außkerst: nach außen wendest - offenbar: offen sichtbar - Krantz : Ehrenkranz - gnad Juncker: gnädiger Herr - Geitz : Habgier - helen: verbergen – unterm hütlin spielen: unauffällig betreiben - unsauber: rücksichtslos – Stulrauber: Wucherer (die von ihrem Kontorstuhl aus das Räuberhandwerk betreiben) – auffsatz : Zins – liegen: Lügen
Burkard Waldis
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Schmücken den Wolff mit frommen schein. Undr einr Schaffshaut und frommen schalck
Verbergen sie den Wolffes balck; Mit gutem gwandt und seiden Röcken Sie allezeit den Wolff bedecken . Und sein so Wolff von beiden theilen , Ein jeder leẞts an im nit feilen, Das er sich solcher tugent fleißt, Wie solchs der Wolffsbeltz außweißt." Die deutung uber diese Fabel Darff zwar keiner andern Parabel, Denn wie sie hat der Fuchẞ verklert. Der ist die zeit wol so gelert, Das er den Wolff kent vor den Schaffen: Derhalben weiß in nit zu straffen . So jemand nit gefellt sein deuten, Der hüt sich für den Wolffesheuten ,
Und hab mit solchen nit gemein , Will er vom Fuchẞ ungscholten sein.
Von den Löwen und Hasen Kurtz vor der Schöpffung aller ding, Und eh die Welt zum erst anfieng, Wie man liẞt in den alten Gschichten, In Fabeln und Poeten gdichten,
Das da sey gwest ein alter Haẞ, Der aẞ sonst nichts denn kurtzes Graß, Und tranck das reine Wasser kalt.
Der lebt viel Jar und war gar alt, Das im sein har ward graw und greiß. Der war verstendig, klug und weiß, Und het in Büchern lang studiert; Drumb er auch all sein Kinder lert, Sein Vettern, Ohmen, Muhmen , Basen Und all das gantz Geschlecht der Hasen, Das sie auch glert würden all gar, schalck: Betrug - Darffzwar: bedarf fürwahr - keiner andern Parabel: keiner weiteren Anführung eines besonderen Falles - verklert: erklärt – die zeit: im rechen Moment –- gelert: klug – kent vor den Schaffen: früher erkennt als die Schafe
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Burkard Waldis
Gleich wie ir Meister selber war, In heilger Schrifft und in den Rechten Zu Disputieren und zu fechten, Mit weißheit, reden und mit leren Geschickter denn all Thier sonst weren Drumb sie ir weißheit zamen brachten , Zum gmeinen nutz also gedachten: ,,Nach dem jetzt die grimmigen Lawen All Thier fast trutzen und bedrawen Und müssen Tantzen, wie sie Pfeiffen, In weidlich auff die Hauben greiffen, Das haut und har offt folgen nach , Mit irer Tyranney und rach , Mit wüten, toben und gewalten All Thier so trutzlich underhalten, Vor irem grewel müssen streichen , Und gleich wie in einr fallen kreichen, Müssen sich ducken, bucken , schmucken Vor irem frävel und verdrucken . Drumb gschicht allzeit bey nacht und tag Ein ewig schreien , wehe und klag, Und ist niemand, der sie kundt retten ,
Mit keinem rath noch that vertreten , Darauß endtlich ist zu vermuten , Das solchs auffs letst zu keinem guten Gereichen mög, wenns lang hin gieng, Nur zum verderben aller ding . Drumb laßt uns eintrechtig hingahn , Und sie zu leren understahn. Wer weiß, ob noch dieselben leben
Uns' wort zu hören sich begeben? Wenn wirs den rechten weg jetzt lerten, Vielleicht sie sich zum guten kerten , Durch süsse wort und Hasenstimm Baldt liessen ab von irem grimm , Den Thieren nit mehr widerstrebten , zamen: zusammen - fast trutzen: heftig Trotz bieten - bedrawen : bedrohen - gewalten : Gewalt üben - underhalten: unterdrücken streichen: (hier:) verzagen schmucken: schmiegen understahn: versuchen - leben: Löwen - begeben: entschließen - widerstrebten: feindselig gesonnen wären
Burkard Waldis
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Hinfürter freundtlich mit in lebten, Wurden all mit einander frumb, Des hettn wir ewig lob und rhum.“ Als sie der sach nun waren eyn,
Zogen baldt hin allsam gemeyn, Dorthin, da all die Löwen sassen, Vom Fleisch und Blut der Thieren frassen, Waren all voll mit bancketieren, Mit singen, Tantzen und Hofieren , Hoffertig, stoltz, in grosser pracht: Ein gringer ward da nit viel gacht. In lust und freud sich alles regt,
Wie man in Herrenhöfen pflegt. Da sprach von stundt der alte Haß Zu seim Geschlecht: ,,tret zuher baß! Was wölln wir thun? wölln wir anheben Und in die sach zurkennen geben, Ob sie sich bessern wolten heut
Und leben wie die frommen Leut, Oder wölln wirs lassen heint berewen?“ Da sprach ein Haß: ,,ich rath in trewen , Das wir die sach jetzt lan bestahn, Biß sie den kropff verdawet han, Und heben an diẞ morgen fruh: Dest fleissiger hörn sie uns zu .“ Des morgens traten sie hinein,
Da die Löwen beynander sein , Und meinten, grossen nutz zu stifften. Ir red bewedmet war mit Schrifften Auß alt und newem Testament,
Sagten, wie sie gut Regiment On Tyranney stets solten ieben, Die warheit und das Recht belieben, Nach billichkeit die bösen straffen, Den frommen recht und frieden schaffen,
Als ärgerlichen wandels massen, Die Thierlin ungefressen lassen , - gacht: geachtet – heint: heute eyn: einig – – berewen : auf sich beruhen -– lan bestahn : lassen anstehen - bewedmet: ausgestattet -– Schrifften : (hier) Belegen - ieben: üben -– Als ärgerlichen wandels massen: sich alles bösen Lebenswandels enthalten
Burkard Waldis
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Witwen, Weysen schützen, versorgen, Den armen geben, leihen, borgen, Die schwachen helffen , heben, tragen Und keim trostlosen trost versagen , Und nemen jederman in schutz . Sie schafften aber keinen nutz: Denn da erzörnt der gantze hauffen , Thet grewlich durch einander lauffen, Gunden zu brüllen und Rumörn:
Ir keiner wolt die Hasen hörn, Sprachen: ,,was sol das nichtig gschlecht Uns leren, was sey gut und recht? Das flüchtig Volck, die losen Gsellen, Das die uns jetzt erst meistern wöllen , Gedencken, uns zu Reformieren! Wir wöllen sie wol Mores leren ." Die heyloß Leut und lose Buben, Eintrechtig sie sich baldt erhuben, Mit murren, schnurren sie anzanten , Und sie einmütig all ermanten, Wie die tollen, torechten Hund ; Ir keinr im selber stewren kundt.
Im huy die Hasen all zerrissen, Verschlungen, frassen und zerbissen. Der maß gehts in der Welt auch zu Von alters her allzeit, auch nu, Das König, Fürsten und der Adel Können nit leiden irgends tadel . Wer sie strafft und die warheit sagt,
Der wirdt veracht, getödt, verjagt: Denn was der arm zu Hof guts brengt, Das wirdt zum argen als gelenckt. Da siht man schäl und rümpfft die Nasen Und geht der Warheit wie den Hasen. Wo sie sich nicht balt dannen packt, So wirdts verfolgt, gezwackt, gesackt. jetzt erst: jetzt auch noch – sie anzanten: gegen sie die Zähne fletschten ermanten: anfielen im selber stewren: sich selber Widerstand leisten, sich beherrschen nu: jetzt - geht: ergeht es gesackt: ihr der Garaus gemacht
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Burkard Waldis
Ir nimmer keine schantz gelingt, Wie jener in seim Liedlin singt: ,,Denn wer gedecht Zu leben schlecht,
Gantz frumb und grecht, Was guts für brecht, Der wirdt durchecht
Und gar geschwecht Gehönt und gschmecht Und blieb allzeit der andern Knecht."
Ja, im Geistlichen Regiment Wirdt auch gelohnt mit solchem end, Das, die das heilig Wort jetzt leren, Vom Teuffel uns zu Gott bekeren, Wie die rechten Evangelisten , Die helt man jetzt vor Widerchristen, Stellt in wie falschen Ketzern nach , Mit Schwerdt, Fewr, Bann und aberach, Scheltens und lesterns vor den Leuten, Die friedsam Lehr vorn auffrhur deuten ,
Und wirdt also zum ergsten kert Als, was der Haß den Löwen lert. Drumb darff man sich auch keines guten Hinfürter bey der Welt vermuten . Von anbegin die lügen strebt
Wider dwarheit, ir nit gmeß lebt. Ungrechtigkeit grechtigkeit schendt, Die Finsterniß das Liecht verblendt. Denn Chains gschlecht thut nimmer gut, Vergeuẞt allzeit des Abels blut; Ismahel ist dem Isaac feindt,
Der Esau widern Jacob greint, Saul allzeit widern David ficht,
Der böß den frommen stets hinricht; Und kan der Wolff nit anderst thun: Er frißt das Lamb, der Fuchß das Hun. keine schantz: eine Chance , Vorteil - schlecht: schlicht, recht durchecht: verfolgt - gar geschwecht: gänzlich zunichte gemacht – gschmecht: geschmäht - end: Ergebnis – aberach: - kert: gewendet - Als: alles – verblendt: auslöscht höherer (erneuerter) Acht – vorn : für, als – greint: murrt - hinricht: tötet
HANS SACHS
(Komm. S. 206)
[Von den Hasen und Fröschen] Ein jeder trag sein joch dise zeit und uberwinde sein ubel mit gedult.
Esopus uns im andern bůch Ain fabel schreib (die achten such ! ), Wie auff ain zeit gar sehr vil Hasen Inn ainer schönen gegent wasen. Die wurden in irem geleger Durchechtet sehr von ainem Jeger Mit lauschen, schrecken und waydwerck Im wald hin und her uber zwerck. Dergleych wölff, fuchs, geyer und falcken Gunden sie auch würgen und walcken. Also der gantzen Hasen menig Hetten kain frid, vil oder wenig. Als sie ir groß verfolgung sahen , Inn klainmütigkait sie da jahen: ,,Nützer wer uns , gar ungeboren, Dann uns werden also verloren , So unverdient on alle schuld.“ Verzweyfleten inn ungedult, Berierten sich mit weng gedencken, Sie wolten sich allsam ertrencken , Das sie kemen als unglücks ab, Lauffen damit den berg hinab Zů ainem See, groß, weit und tieff. Als nun mit grossem hauffen lieff andern: zweiten - wasen : waren - geleger: Lager, Aufenthaltsort - Durchechtet: verfolgt – uber zwerck: querüber - Gunden sie: bescherten ihnen - menig : Schar - jahen : sprachen - Nützer: besser - Berierten sich: kamen überein weng gedencken: traurigen Gedanken - allsam : alle zusammen
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Hans Sachs
Der hasen meng und nahent kam Zů dises grossen weyhers tham, Darumb sassen der Frösch on zal Im gras verborgen uberal , Erschracken ab der Hasen lauffen , Sprangen inn See mit grossem hauffen, Verbargen sich im wasser baẞ. Als diẞ ersach ain alter Has, Da sprach er zů der Hasen schar: ,,Hie stehet stil und nemet war,
Wie sich die Frösch auch müssen schmigen, Inn forchten auch verborgen ligen! Werden villeicht durchechtet sehr, Als wol als wir, villeicht noch mehr. Darumb so wer mein trewer rath , Wir leyden unser ubelthat Und unser widerwertigkait Gedultigklich inn diser zeyt Und warten noch, biß widerumb Gelück und hayl mit freüden kumb Und unser trübsal mach ain end , Dieweyl und wir allain nit send, Die umb unschuld werden durchecht." All Hasen gaben im deß recht, Trågen ir widerwertigkeit Inn hoffnung künfftig gåter zeyt. Ain man auẞ diser Fabel leer,
Wo in reyt alles unglück seer, Es sey an ehren oder gut , Mit kranckhait oder mit armůt,
Das er darinn nicht werd klainmütig, Nit ungedultig, toll noch wütig, Weil ungedult mehr ubels bringt, Den menschen zů verzweiflung dringt, Sonder sein unglück mannlich trag.
Weil er es selb nicht wenden mag,
tham: Damm, Ufer – baß: besser – schmigen: zusammenducken – Als wol als : ebensosehr wie – ubelthat: Verfolgung, Heimsuchung - widerwertigkait: Unglück –- und: (hier:) denn - send: sind -leer: lerne - reyt: trifft - toll: töricht
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Hans Sachs
Gedenck er inn dem hertzen sein, Er sey nicht unglückhafft allain, Und sech, wie auff der gantzen erd Ain jedes mensch hab sein beschwerd, Sein angst, wee, armůt und trübsal, Sein schand, anfechtung und unfal . Geh es heut ainem glücklich wol, Morgen sein hauß sey unglück vol. Auff der gleich gegenwürff er merck Und inn gedult sich mannlich sterck, Wie man im bůch der sprüchen lißt: Ain gedultig man stercker ist, Dann den sterckesten, den man findt; Wann gedult all ding uberwindt. Dergleich auch lert Cleobolus , Ain seer weyser philosophus: Wo ainen mann groß unglück reyt, So betracht er auch glückes zeit, Was guttes er hab eingenumen , Und hoff, glück mög noch widerkummen Und helffen im zů rechter zeyt
Auß aller widerwertigkait !
Der hüngrig fuchs im keler mit der wisel Es war ein duerer füechs ; In dem gwaltig erwüechs Der hünger, gar inprünstig. Der fuechs war hündert küenstig,
Durch ein eng loch sich zwang , In einen keler drang, Darin er mit den pachen Wolt fuellen seinen rachen.
Ein wisel darin wonet, Die pald den fuechs vermonet,
Was sein gescheft da wer. sech: sehe -- gegenwürff: Tatsachen - merck: achte - eingenumen: empfangen inprünstig: unbezähmbar - hündert küenstig: ausdermaßen geschickt – pachen: Speckseiten , Schinken vermonet: anging, fragte
Hans Sachs
128 Der wisel antwort er: ,,Der hünger hat mich zwüngen , In den keler gedrüngen, Mein palck fein auszuspicken.“ Det auf die pachen plicken. Die wiesel sprach: „,Gemessen Solt von den pachen essen! Dest dich zu schwer peladen, So kem es dir zu schaden; Wan so der kellner kem, Im keler dich vernem,
So wer dein fluecht allein Aus durch das löchlein klain, Durch welches du dich drangst, In diesen keler zwangst.
Wer den dein leib gewachsen, Gros, dölpet, ungelachsen,
Mit dem pachen durch spicket, Gefaistet und gedicket, Das du dar for pestüendest, Dardürch nicht schlieffen küendest,
So güelt es dir dein leben Und müest dein aigens eben Sampt dem fremden verliren.“ Der fuchs nach det vexiren,
Ein weng nach notürft aß Und ging wider sein stras ; Als uns das puech vür geit Natürlicher weisheit. Aus dem ein mensch merck eben,
Das er in seinem leben Den geiczhünger abeis , Nit heftig zer und reis,
Groß schecze zu gewinnen Mit geiczhungrigen sinnen ,
Dest: tätst - Wan so: denn wenn - kellner : Kellermeister - vernem: bemerken würde – dölpet: unbeholfen - ungelachsen : ungefügig, ungeschlacht - pestüendest: stehen bliebest – schlieffen: schlüpfen - nach det vexiren: beherzigte dies - vür geit: vorstellt, berichtet eben: genau ·geiczhünger: Habsucht - abeis: abweise - zer und reis: zerre und reiße
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Hans Sachs
Das er sich nit peschwer. Wan den ausgen sol er Durch des dods enge pforten Plos nackat, wie er dorten Im anfang wart geporen, Da all schecz sint verloren. Cristüs Mathey spricht
Das sechzehent pericht: Was hüelff den menschen gelt, Wan er gwüen die gancz welt, Lied schaden an der sel? Darümb, o mensch, erwel, Was dir got ist zufüegen, Des las dich sat genüegen! So entrinst vil ungemachs Hie und dort, wünscht Hans Sachs.
Anno salutis 1540, am 19 tag May.
Die füechsisch geselschaft Eins tages in eim alten füechs Gros rew der seinen süend erwüechs .
Auf das er möcht die selben püesen, So wolt er mit parfüessen füesen Hin gen sant Jacob und gen Rom . Als diese newe zeittüng kom Füer alle thier im wald pesünder , Hetten sie darob grosses wünder. Zu dem füechs kam auf waldes placz Geschlichen gar ein alte kacz Und sprach mit hewchlerischer stim : ,,Heilliger füechs, mich mit dir nim! Ich wil dir dienen auf der fart." Der fuchs sprach : ,,Dein schmaichlende art Lest nicht dein pöese hinter tüeck, Vor aügen güet , falsch hinterüeck . peschwer: beschwere , belaste - ausgen : herausgehen –- pericht: Kapitel - erwel: ziehe vor - ist zufüegen: zuteilt - Des : daran newe zeittüng: Neuigkeit - pesünder: einzeln - Hetten sie ... wünder: wunderten sie sich - Lest: hebt auf, schließt aus
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Hans Sachs
Du pist aine der falschen kaczen, Die foren lecken , hinden kraczen,
Redst als, was der mon geren höret . Darmit da wüerd ich auch pedöret. Weich! du ghörst nicht in meinen pünd!" Nach dem kam auch der pellent hünd Und wolt auch mit dem fuechsen traben. Der fuechs sprach: ,,Ich mag dein nit haben, Weil du die lewt stecz thüest anpellen Und henckst in an vil schamper schellen Mit hinter redn und er abschneiden. Des gspottens kanst auch nit vermeiden . Gen jederman dein zen thüest plecken: Du wüerst vil feintschaft mir erwecken." Mit dem abzueg der hünt mit scham . Nach dem auch der walt esel kam Und sprach: ,,O füechs, las mich mit dir!" Der fuechs antwort hin wider schir: ,,Esel , mit dir so ge ich nicht, Weil du trawrest in clarem liecht, In der dünckel so frewstu dich. Darpey gar wol kan mercken ich, Das gar vol neides steck dein hercz, Weil du hast ob dem güeten schmercz Und frölich ob dem poesen pist. Der halb dein art feintselig ist. Dein neid precht mich in angst und nöt." Nach dem watschlet daher die kröt Und wolt auch mit dem füchsen gon, Der sprach: ,,Nimant dich fuellen kon; Des ganczen ertrichs wil dir zrinnen. Du wucherst mit hant, hercz und sinnen . Du pist so geiczig , gnaw und karg, Du sparst das guet und frist das arg. Weich! du prechst mich in all gefer." als: alles - mon: Mensch --- geren: gern - pedöret: betört – pünd: Bund - schamper schellen : Schandschellen - hinter redn: üblen Nachreden - er: Ehre - vermeiden: unterlassen - plecken: fletschen - dünckel: Dunkelheit - ob dem güeten: über das Gute - ob dem poesen: über das Böse -fuellen: satt machen - kon : kann – zrinnen : nicht genügen - gnaw: kleinlich - prechst: brächtest - gefer: Unannehmlichkeiten
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Hans Sachs
Nach dem züm füechsen kam der per, Wolt auch mit im durch grose pit. Der fuechs sprach: „ Ich wil dein auch nit; Wan du steckst vol grimmen und zorn. Dein art ist nür stecz zu rümorn. Du pist küen, grimig und zu gech, Rachgirig, verwegen und frech. Du richtest an vil haders mir. Wer auch selb nit sicher vor dir. Darümb dich nur pald von mir heb!" Nach dem kam auch der gwaltig leb Und wolt auch mit dem fuechsen wallen. Der sprach: ,,Du pist ein küng ob allen Thieren und thuest dein ding mit gwalt, Peschedigst paide jüng und alt. So jemant dich darob wil dempfen, Thüestu mit gwalte dürchin kempfen Und list mich in den prenten stecken. Pey dir nem ich ein gar vil schrecken. Darümb zeüch güetlich von mir ab!" Nach dem kam der gespiegelt pfab, Wolt auch mit im die walfart thon. Der füechs sprach: „ Ich nem dich nit on, Weil du durch dein vergülten schwancz Dich heltst rümreich und prechtig gancz, Hoffart und hochmüet stecz nach trachst, All ander neben dir verachst. Des thest mich und dich uberladen Mit neid und verderblichem schaden. Drümb weich von mir, du stolczer pfab!" Nach dem kam auch der schwarcze rab Und wolt sich auch zu im gesellen. Der füechs thet in mit worten schnellen Und sprach : ,,Ich ge mit kainem dieb. Grapplen und mawsen ist dir lieb. per: Bär - durch grose pit: eindringlich bittend – rümorn : lärmen – gech: jährzornig – leb: Löwe - Peschedigst: fügst Schaden zu - paide ... und: sowohl ... als auch - dempfen: zurückhalten, (hier:) einsperren – dürchin: hindurch -– list: würdest lassen -- in den prenten : im Zuber - nem ich ein: wird mir zuteil - pfab: Pfau uberladen: überhäufen – schnellen: abwehren – Grapplen : raffen
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Hans Sachs
Du pist verüecht und hart vermeret; Deiner freüntschaft nimant pegeret . Du nerest dich der schelmen stüeck Und darzu aller poesen düeck, Derhalben flewcht dich jederman. Du prechst an galgen mich hinan. Darfuer kain panczer mich nit holff.“ Nach dem kam auch getrolt der wolff Und wolt im ain geferten geben. Der fuchs sprach: ,,Du pist mir nit eben; Du thüest triegen, liegen und rauben Und heltst weder warheit noch glauben. Müesig nerstu im stegraiff dich. Auf den rabenstain prechstu mich. Darümb mag ich dein freünt nit sein." Nach dem kam aüch das faiste schwein Und sprach züm füechs: „ Mit dir mich las!" Der fuechs sprach: ,,Zewch nür hin dein stras! Wan du pist ein rechter unlüest, Du süellest dich in allem wüest, In sawffen, fressen und unkewsch , In faulkait und der gleich gemewsch. Thest mir leib, er und guet ertrencken, In alle laster dieff versencken. Troll dich ! du pist gfressig und fawl.“ Nach dem züm füchsen kam das mawl Und wolt auch mit dem fuechsen lawffen. Der fuechs sprach: „ Pleib nür pey dem hawffen! Wan du pist an sin und vernünft,
Aus grober eselischer zünft; Wan du kanst weder schercz noch schimpff, Verstest auch weder recht noch glimpff. Wo ich mit dir hin köm im lant, Würt ich mit dir zu spot und schant.
Man hilt uns alle paid vür narren. Drümb wil ich pesser gselschaft harren verüecht: ins Gerede gebracht - hart vermeret: übel beleumdet - düeck: Tücken - eben: zusagend - triegen: betrügen – liegen: lügen unlüest: Ekel - süellest: wälzest wüest: Schlamm gemewsch: Unrat – ertrencken : vernichten - mawl: Maultier - sin : Verstand - schimpff: Kurzweil - glimpff: Billigkeit, Ehre
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Oder wil allein gen mein stras.“ Pald das mawl abgefertigt was, Da erwelt im der füechse schier Ein geselschaft fögel und thier Güeter und tuegentsamer art. Mit den verpracht er sein walfart, Wie der natürlichen weisheit Die erste puech nach leng pescheit.
Aus der fabel ein jünger mon Ler weislich, auch zu nemen on Nicht ein jeden zu freünt und gseln, Der sich freüntlich zu im thu steln, Erörter vor sein gscheft und handel , Sein leben, art, gwonheit und wandel Und thu zu einer gselschaft meiden Die hewchler, klafer und die neiden , Geiczig, zenckisch gwaltig und sawber, Hoffertig, dieb, drieger und rawber, Spiler, schlemer, hüerer vol schanden, Auch alle grob und unferstanden. Mit den allen köm er in not; Er würt zu schanden und zu spot, Weil man acht einen man allein
Geleich, wie seine gsellen sein; Wan pey den poesen wirt man pös, Mus pey in leiden vil anstös . Auch wirt man pey den frümen frümb Durch ire tugent, und darümb Auserwel er im zu geselschaft Getrewe freünt, stil und warhaft, Holtselig, milt, güetig, seins gleich, Demüetig, des gruechs erentreich, Arbeitsam , messig, erber und züechtig, Verstanden, zu den lewtten düechtig.
Pald: sobald - im : sich – verpracht: vollbrachte - nach leng: ausführlich - pescheit: erzählt – Ler: lerne - Erörter: erkunde - vor: vorher - klafer: Schwätzer, Verleumder - sawber: ganz und gar -unferstanden: Unverständigen - anstös: Anfechtungen - des gruechs erentreich: von gutem Ruf - erber: ehrbar - Verstanden : verständig – düechtig: freundlich, gesittet
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Einr solchen gselschaft hat er er. Mit den er hier sein zeit verzer, Dardurch sein lob grüen, plue und wachs Pey drewer freüntschaft, spricht Hans Sachs. Anno salutis 1546, am 20 tag Novembris.
Von dem storch und den fröschen Esopus schreibet ein parabel, Im andren puech die erste fabel : Als die frösch hetten ein frey leben, Waren keim künig untergeben, Der macht het etwas in zu schaffen, Sie zu zuechtigen oder straffen, Der freyheit kundens nit erleiden, Wie ein alt sprichwort thüet pescheiden: Wem zu wol ist, der kan nit harren, Sünder thuet mit den füesen scharren; Also den fröschen auch geschach . Rüngen auch aignem unglueck nach Und paten den got Jupiter
Mit grosem quatern hin und her, Das er in solt ain künig geben, Unter dem sie auch mochten leben,
Der in gepot als ein herschaft Und auch die uebeltetter straft.
Jupiter ir ainfalt verlacht Und ir thoret pegern veracht Und ir gepet erhoret nit. Da hielten sie erst an mit pit, Das er sie solt ains küngs gewern . Zuhant Jupiter in von fern Herab warff von dem himel hoch In den weyer ain altes ploch,
verzer: verbringe schaffen: (obdt.) befehlen – erleiden: ertragen –- pescheiden: besagen –- harren: aushalten Rüngen: strebten -–paten : baten – quatern: Quaken – thoret: törichtes -pegern : Begehren – gepet: Gebet - gewern: gewähren –- ploch: Block
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Das det ein uberlauten fal.
Des erschracken die frösch zu mal, Weil ir küng so lautraisig was, Und düecketen sich alle pas Under das wasser. Als nün verging Der hal und stil wart aller ding, Da hüeb ein frosch also triffnasser Sein kopff hoch auf ueber das wasser, Das er den neuen küng möcht sehen , Und sach dort schwimen in der nehen In dem weyer das alte ploch. Zu dem so thet er schwimen noch Mit allen fröschen, die in sahen, Den newen künig zu entpfahen. Als sie nun zu im kamen eben, Merckten, das in im war kain leben, Das es nur war ain faüles holcz, Da wurden die frösch frech und stolcz, Und würt ir küng von in veracht, Verspotet und hönisch verlacht, Und obn auf iren künig sasen, Mit füesen unter dretten wasen, Patten Jovem widerümb eben , Ein andern künig in zu geben, Welcher sie strafen möcht und richten. Dieser künig docht in mit nichten.
Nach dem schickt Jupiter herab Den storch, in zu aim künig gab. Der selbig det die frösch auf zwacken Aus den weyern, hüelen und lacken, Und fras sie, wo er sie ergrieff. Ob dem küng ersewfzten sie dieff, Erhueben ir stim mit gewimel
Pis auf zu dem gestirnten himel : ,,O Jupiter, du hochster got, Hilff du uns aus der angst und not!"
zu mal: besonders – lautraisig: geräuschvoll – pas: besser – noch: nahe heran – entpfahen: empfangen - sasen: setzten sich - Mit füesen unter dretten wasen: traten ihn mit Füßen hinunter docht in: tauge ihnen - auf zwacken: aufgreifen – lacken: Pfützen
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Jupiter sprach: ,,Ir het gros pit Umb ain künig: da ich wolt nit, List ir nit nach; da war ich güetig Und gab euch den künig senftmüetig. Der war veracht, ir wolt in nit Und mit ser ungestüemer pit Hilt ir an: derhalb ich euch gab Den storch zu ainem küng herab. Weil ir den frümen habt verschmecht, Ist der thirannisch fur euch recht. Der nün eür künig pleiben sol, Er thu euch gleich we oder wol. “
Aus der fabel nembt den verstant: Wo ein stat, folck oder gancz lant Hat herschaft oder füersten guetig, Guetherzig, früm und gar senftmüetig, Weis, fursichtig im regiment, Gueter ordnung an allem ent, Des gemeinen nücz geflisen sind, Auch in der straff gar senft und lind, So vil ist mueglich alle zeit, Pefleissen sich der freüntlikeit, Ir unterthon verschonen gern , Mit auf seczen sie nit peschwern , In trewlich vorgen vorn und hinden, Gleich wie ain vater seinen kinden, Zu helffen, ratten sint guetwillig Handeln uber al recht und pillig. So abr der gmain haüff mit der zeit Veracht ir herschaft guetikeit Und fuert ein grob, mütwilig leben , Thuet nichs auf ir obrikeit geben, Veracht ir ordnung und gepot, Den schickt zu straff der herre got Umb solch grosse undanckbarkeit, Eim solchen volck den kurtzer zeit
het gros pit: batet inständig - frümen : gütigen - verschmecht: verschmäht verstant: Sinn fursichtig: vorausschauend - auf seczen: Auflagen, Steuern - vorgen: Vorbild sind - Den : dann
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Hans Sachs Ein obrikeit ins regiment, Die den mit gewaltiger hent Gar pluetürstig tiranisiret, Ir unterthan schindet und schiret Und herschet ob in hert und streng. Wen den zu got des volckes meng Schreit ob der herschaft gros peschwerden , Als den sie nit erhoret werden;
Wan wie ain volck lebt diese zeit, So schickt in got auch obrikeit. Wo es mit sünden ist pehaft, So wirt es den von got gestraft Mit tiranischer obrikeit, Wie Ysrahel des zeugnüs geit,
Die almal pos obrikait hetten, Wen sie von got sich wenden thetten . Der halb wo ain lant oder stat Ein frümb, guetig obrikeit hat, Die sol got danckpar sein gar pillig, Ir obrikeit auch sein guetwillig, Pleiben ghorsam und unterthon, Weils schuez und wolfart von in hon, Sie erlich halten, auch auf das In got die herschaft lang zeit las, Durch die gemainer nüecz auf wachs Und steter fried, das wünscht Hans Sachs . Anno salutis 1559 , am 15 tag Marci.
Das gülden ay In der honweis Wolframs. 1.
Avianüs thüet sagen Von torheit eines mans , Welcher pey seinen tagen Het so ein edle gans,
schiret: schert, ausbeutet - ob in: über sie - des zeugnüs geit: davon Zeugnis gibt - pos: böse honweis: Spottweise – Avianüs: Avian
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Die alle tag im leget Ein clar guldenes ay. Der geicz den man peweget, Wolt, sie solt legen zway.
2.
Als die gans das nicht dete, Nür eines legen wolt, Vermaint der man, sie hete In ir ein schacz von golt, Schnit die gans aüf in zoren Und fant nichts wen genskot. All sein glueck war verloren , Die weil sein gans war dot. —
3.
So fint man mengen narren , Dems wol zu narüng get, Kan des degling nicht harren, Sich weiter unterstet, Frembder sach nach zu graben.
Den das sprichwort vexirt: Wer gar zu vil wil haben, Dem oft zu wenig wirt. Anno salutis 1537 , am 19 [tag ] Aprilis .
Der fuchs mit dem leben In dem kurczen Regenpogen . 1. Ein leb was alt pey seinen tagen , Treg was worden sein laüff und ganck, Und sein speis nit mer künt erjagen, Da stelt er sich, sam wer er kranck. Zu im kamen vil dirlein klein ,
geicz: Habgier - peweget: trieb, beherrschte - In ir: in sich - in zoren: im Zorn - wen: als - Dems wol zu narung get: dem es wohlergeht - des degling: auf das Tägliche - Sich weiter unterstet: sich darüber hinaus verleiten läßt - vexirt: zum besten hat, verspottet - leben: Löwen - sam: als ob
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Hans Sachs
Den künig in kranckheit zu klagen. Die fras der leb alle gemein.
2. Die fuechs kamen auch zu im spate Und stünden ferr von seinem hol. Er sprach: ,,Warümb ir also state?“ Da sprachen sie: ,,Wir sehen wol Vil füespfat gen hinein dem haus; Doch sehen wir gar kain füspfate Von dir gen widerümb heraus . 3.
Drümb nehen wir nit zu dein gnaden, Weil kainer wider kümbt von dir, Auf das nit werden uberladen Pey dir mit gleichem unfall wir." Esopüs schreibt die ding mit fleis. Wol dem man, der mit frembdem schaden Vürsichtig wirt, clueg unde weis ! Anno salutis 1545 , am 1 tag Jülii.
Der frosch mit dem ochsen In der froschweiß Frauenlob.
1. Ein frosch sach ainen ochsen kuen, Wol aus gemestet, gros und schuen , Auf ein plumreichen anger gruen Von gle und graẞ waidreiche. Der frosch wart in im selbert laut, Dacht: wenn ich die geruntzelt haut Aufpleet, darmit ich mir draut, Dem ochsen werden gleiche. klagen: bemitleiden - spate: zuletzt, schließlich - ferr: fern - hol: Höhle - füespfat: Fußspuren - nehen: kommen nahe heran – uberladen : betroffen, heimgesucht - mit fleis: mit Absicht – mit: durch – Vürsichtig: vorausschauend, vorsichtig – kuen: mächtigen - gle: Klee – in im: bei sich – Aufpleet: aufblasen würde - ich mir draut: würde ich mir getrauen
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Zu hand er sich Gewalticlich
Thett in der haut aufpleen. Dacht: nun bin ich
So gros warlich Als der ochs, ließ sich seen. Sein jung frösch fragt umb die warheit. Sie sprachen: „ O es felet weit,
Der ochs in grosse dir obleit. “ Der frosch det sich umbthreen
2. Und pleet auf sein haut noch pas, Zun jungen sprach : ,,Wie gfelt euch das? Hab ich erraicht des ochsen mas, So gebt mir rum und preise!" Die fröschlein sprachen allzumal : ,,Du bist zu kurz, düen und zu schmal , Dem ochsen gleichst nicht uberall; Las von der narren weise!"
Der frosch sich mer Durch eittle ehr, Mit craft sein haut auffschwelet Und gar zu sehr On widerkehr, Das im sein haut aufschnellet, Daz er dot auf dem flecken blieb: Darzu in die schnöd hoffart trieb. Esopus uns die fabel schrieb; Hie merck, wem es gefelet:
3. Der ochs eim man geleichen thut, Mechtig, gwaltig und reich an gut; Der frosch deut den , der in armut Geleichen will dem reichen, Zu hand: alsbald -fragt umb die: fragte er nach der - obleit: überlegen ist – umbthreen: umwenden -pas: besser, mehr - rum: Ruhm - nicht uberall: ganz und gar nicht – Durch eittle ehr: aus eitler Ehrbegierde - On widerkehr: ohne aufhören – aufschnellet: zerplatzte – gefelet: gefällig ist – deut: bedeutet
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Nach leben im in aller weiss Mit hofart, pracht, nach rum und preiß, Mit klaidung, gastung, dranck und speiß, Spil und wollust der gleichen.
Darmit get hin Hauptgutt unnd gwin Unnd ringert sehr sein habe. Der hoffart sin Plent also in , Er nembt je fester abe. Mit seinem pracht nit mehr erwirbt, Denn das er an dem gutt verdirbt Und entlich auch in armut stirbt,
Der sich für reich dargabe. Anno salutis 1545 , am 8 tag Julii .
Die kra mit dem schaf
Im kurczen thon Regenpogens . 1. Ein listig gaylende kra sase
Auf ein einfaltig, frümes schaff Und es mutwillig reiczen wasse. Das schaff fing an mit sanffter straff: ,,Sässestu also auf eim hund, Er lit es nicht von dir der masse, Es wurd zerreissen dich sein schlund .“
2. Die krah sprach: ,,Ich bin alt von jaren, Ich weiß wol , wen ich reiczen sol , Die freidigen lasse ich fahren, Den forchtsamen penig ich wol. Ich halt den mann, wie ich in sich,
- Hauptgutt: Kapital – gwin: Zinsen – ringert: verringert sich – Plent: gastung: Gastlichkeit – blendet – je fester: immer mehr - dargabe: ausgab kra: Krähe - gaylende: aufdringliche – frümes: rechtschaffenes – reiczen wasse: reizte – straff: Tadel, Vorwurf- der masse: in dieser Weise - freidigen: Mutigen , Starken - penig: peinige - halt: verhalte mich zu - sich: sehe, antreffe
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Hans Sachs Mit listen kan ich mich bewaren." Schreibt Esopus vernünfftiglich.
3.
Also ein böẞ arglistig mane Peinigt die einfaltigen frum , Seins gleichen böß lasst er wol gone, Er förcht der maülstreich widerüm. So arglistig treibt er sein laün, Wie das ein alts sprichwort zeigt one: Der böẞ kennt seinn mann durch einn zaun. Anno 1545 adi 18. Julii , Sachs .
Die schreyent lebin In dem kurzen thon Wolfron . 1.
Zway jünge het ain lebin alde, In ainer holen, in aim finstren walde ,
Und als sie in ains mals ausloff nach irer speis Zu abent spat, Ein jeger kam, die jüngen schünde, Trueg hin die heut . Die lebin kam und fünde Das flaisch der jüngen leben . Als sie das mit fleis Erkenet hat,
In grosem herzenlichen laid Lüet sie mit lauter stim.
Da kam ain fuechs und fraget ire clag peschaid, Sie sprach: ,,Sichst nit? Mein jünge sint gestorben , Ligen da geschünden und gar verdorben." Da redet der fuchs mit der lebin auf die weis : ,,Hör und vernim!
listen: Klugheit – maülstreich: Maulschellen – laün: Mutwillen – zeigt one: lehrt - adi: am Tage - lebin: Löwin - holen : Höhle - in ... ausloff nach irer speis: für sie Nahrung holte - schünde: die Haut abzog - leben : Löwen - Lüet: brüllte –- ire clag peschaid: nach dem Grund ihrer Klage
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2. Sag, wie lang thest auf erden leben?" Die lebin sprach: „ Hündert jar gleich und eben.“ Der fuechs sprach: ,,Wes hast dich so lange zeit ernert?" Sie sprach: ,,Der dier." Er sprach: ,,Mainst nit, du hast in schmerzen Die zeit auch pracht vil müeterlicher herczen, So du in hast ir jünge erwurgt und verzert Durch dein pegier?"
Die lebin sprach mit aim geluebt: ,,Daran hab ich nie dacht, Das ich so manich müter herze hab petrüebt. Vürpas so wil ich essen krawt und wuerze, Das ich kain müter hercz in laid mer stuerze.". Die fabel uns das puech der alten weisen lert. Hie pey petracht, 3. Das manch man thuet seim nechsten schaden, Und wen er wirt mit gleicher püert peladen, So schreit er ser üeber die gros unpillikeit Und thüet im we.
Wen er aber weislich pedencket, Das er vil seiner nechsten hat pekrencket Mit truebsal, angst, durch sein vilfeltige posheit, Die er det ee,
Der wirt peweget zu gedült, Der posheit sich ab thüet, Erkent, das er die straff hab pillig wol verschült. Wan das alt sprichwort ist noch unfergessen : Wie ainer mist, wirt im wider gemessen; Wan alle ding werden vergolten mit der zeit, Pos und auch güet. Anno salutis 1545 , am 26 tag Jülii.
gleich und eben: ganz genau - Wes: wovon - Der dier: von den Tieren - Die zeit: in dieser Zeit - geluebt: Versprechen, Gelöbnis - Vürpas: fortan – mist: mißt - Wan: denn
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Die zwue turteltauben In dem hohen thone Fritz Kettners . 1.
Ein jungling wart vertrieben Aus seinem aignen vatterlant, Das im nicht mer pelieben, Den zwen groschen in seiner hant; Sein hoffnung stund allain zu got. Kam in ein stat allaine , Da het ein pawer fail am marck Zway turteltewblein klaine, Darumb kauffet der jungling starck, Sie zu erlösen von dem dot,
Gab darumb sein zwen groschen aus Und trueg sie auff das feldt hinaus, Lies sie frey fliegen in den walt, Auff ainen pawmen palt.
2. Da sprachen die zwue tauben: Vom dot löst uns der junge mon Mit all seim guet auff glauben, Guetz woll wir im hinwider thon" , Und ruefften dem jungling dahin, Sprachen: ,,Unther der linden Grab pald mit deinem messer ein, Da wirstu ein schatz finden; Den nem für die gros woltat dein .“ Er fund den schatz und sprach zu in: ,,Weil ir seit so foller weisheit,
Wo blieb ewer fursichtigkeit, Das ir fielt in der gfencknus strick In ainem augenplick?"
pelieben: übriggeblieben - marck: Markt - palt: alsbald – fursichtigkeit: Vorsicht
Hans Sachs
145 3. Sie sprachen: ,,Jungling, mercke, Dem vogel hilfft sein flug nit auff, Noch dem helffant sein stercke , Noch dem hirsen sein schneller lauff, Noch dem lewen sein fraidigkeit. Allain die zeit und stunde Der hoch gotlichen ordnung pur Beschleust augen und munde
Aller lebenden creatur, Darfur hilfft kain kunst noch weysheit.“ Wie man den in den alten list,
All ding von got verordnet ist: Was got peschleust in seinem rat, Kein Mensch nit widerstat.
Anno salutis 1548 , am 3 tag May.
helffant: Elephant - hirsen: Hirschen - fraidigkeit: Mut
JOHANNES AGRICOLA
(Komm. S. 210)
[Von den Fischen, dem Vogel und dem Krebs ] Es ist schalck uber schalk komen. Wenn untrew yhren eygen herren schlecht /so kompt schalck uber schalck / Das ist /Wenn einem selbs zu hause unnd zu hofe kompt das unglück / das er einem andern zu bereyttet hette / und fellet ynn sein eygene gruben . Es stehet geschriben im Buch der Alten Weisen / von den geschichten der welt / Das fische ynn einem teyche versamlet / einen grossen vogel des selbigen orts geradt fraget haben /wie sie doch solten den fischern entrinnen /Da hat yhnen der vogel geradten /woltten sie yhm volgen /er wolte sie an einen ort füren da sie sollicher fahr wol solten one seyn /Sie sagten /Ja. Der vogel aber furte einen fisch nach dem andern auff einen berg /und fraß sie / endtlich wil er den krebß auch hynfüren / und da der krebs sihet die beine und gradten der gefressenen fische/schlecht er seine scheren so hart umb des vogels halse /biß daß er yhnen erstecket /und erwurget. Also ward die untrew des vogels bezalet / unnd gieng uber yhm selbs auß / und kam also schalck uber schalck / Der krebs uber den vogel.
[Vom Hund und einem Stück Fleisch ] Wer zuvil wil haben / dem wirt gar nichts. Quod satis est cui contingit nil amplius optet.
Eyn yeder laß sich an dem benugen Das sich zu seinem wunsch will fuegen Wirt er uber das zuvil begeren
So muß er grosses und kleynes entperen. Es sagt das buch der Beyspiel der alten weisen / auch Esopus / Wie daß eyn hundt sey uber eyn wasser gangen / unnd inn dem das fleysch / so er im maul schalck: Bösewicht – schlecht: schlägt – kompt: widerfährt – sollicher fahr ... one seyn: frei von solcher Gefahr sein - yhnen erstecket: ihn zum Ersticken bringt – gieng uber yhm selbs auß: fiel auf ihn selbst zurück -– benugen : genügen – sich zu seinem wunsch will fuegen : ihm zuteil wird
Johannes Agricola
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trug / im wasser eyn widerglantz gab / meynet der hund / es were eyn ander stuck fleyschs / schnappet darnach / und verleuret sie beyde . Also gehet es denen auch / die do meher unnd zuvil wollen haben / denn sie achten des gar nicht das sie haben /setzen es in fahr/sehen nach eynem andern /unnd verlieren dazu / das sie zuvor gehabt haben / unnd kommen auch dahyn nicht dahyn sie gedachten. Man findet yhr vil /die da bawen im Joachimsthal und Annenberge / und wenn yhnen Gott eyn gluck bescheret / so lassen sie yhnen nicht gnugen / suchen und bawen weyter / und stecken das wider hyneyn in den berg / das sie zuvor herauß gewunnen hetten /unnd verderben im grunde. Solche leutte seind gleich eynem treumenden / darinn sein gemuet eyn freude hat / wenn er aber erwachet / so endet sich sein freude mit dem schlaffe. Sie seind auch gleich eynem Seidenwurm /der seinen faden fast lang auß yhm selbs spinnet /machet sich selbs damit zu nichte. Denn sie mahlen yhnen fur in yhren gedancken / hübschen /grossen gewinn / und betriegen sich selbs / verlieren yhre arbeyt / und das vorige das sie hahen.
[Merkur und der Bauer] Es gerett nicht allwege. Esopus schreybt von einem bawren / dem die axt yns wasser fiel / da er holtz hieb / Der bawer rieff zu Mercurio / Er solt yhm die axt widder schaffen. Mercurius gab dem bawren ein sylberine axt / und da er sagte /die sylberine axt wer nicht sein / gab er yhm ein guldene axt /und da er sprach / die were auch nicht sein / da gab er yhm die eyserne auch dazu wider. Ein ander bawer meynete / es solt yhm auch also geradten /und ließ die axt mutwillig inn das wasser fallen. Da er aber lange zeyt vergebens rieffe und hoffete / sprach er / Ach es gerett nicht allwege.
Vier klaine thier seind auff erden und seind doch klüger dann alle Weysen. Amaissen
Caninchen / Hewschrecken / und die Spinne
Und eben wie der vorige Spruch Salomons / hat ainen Fürsten und Künig abgemalet / Also malet diser spruch
alle frumme Diener / Räthe
und
underthon /dann die hailige schrifft /pflegt offt die leüt /nach dem fahl Adae / infahr: aufs Spiel - bawen : (hier:) investieren - berg: Bergwerk - verderben im grunde: gehen zugrunde -fast: sehr - hahen : haben gerett: gerät, gelingt fahl Adae: Fall Adams
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Johannes Agricola
zů den unvernünfftigen thierern zů weisen / das sy von in lernen sollen / Salomon sagt /Abi piger ad formicam. Du fauler / gehe zur Amaissen / und lerne von ir / das du weise werdest / Dann sy /ob sy wol kainen Fürsten /kainen Hauptman noch Herren hat /berait sy doch ir Brot im Sommer / und samlet ire speise in der erndte / Esaias sagt / Der Ochse kendt die Krippe / unnd der Esel den Stall seines Herrn / aber mein volck hatt mich nicht erkennt. / Hieremias spricht / Ain Storck unter dem Himel /waißt seine zeyt /Ain Turteltaube / Kranich /unnd Schwalbe mercket ire zeit /wann sy wider kommen sollen /Aber mein volck / will das Recht des Herren nicht wissen / Und im Evangelio Luce / Werden die Hunde höher gerhümet / alß haben sy dem armen Lazaro mehr diensts und liebe beweiset / dann der Reiche Wanst / vor des thür er lag. Darumb sollen alle weisen von disen vier Thierlein lernen /An der Amaissen arbait und vleis / Ain yeder inn seinem berůff / wie das wort unser Voreltern laut /Arbaite als woltest du ewig hie leben / Und sey gesinnet als woltestu die stunde sterben / Aber wir arme menschen / arbaiten nicht / wir müssen es dann thůn / unnd wems wol geht / der wirdt nur feüler / Und die weisen / wann sy laß werden / richten Mord unnd Unglück an / wie an David unnd Alexandro Magno wol zů sehen ist. Die Caninchen lernen alle Weysen Fürsichtigkait / dann nach dem es ain schwach volck ist / bawet es sein hauß auff ain Felsen / dahin wenig leüte steigen künden / und was es durch krafft nicht vermag / suchet es durch kunst / Also solten wir nach kunst / und vil recht wissen trachten / so kündten wir behütet werden / und ainen schutz daran haben / dann man verachte kunst / wie hoch man wil / so müsse man dannocht sy suchen /da sy ist / wann man ihrer bedarff. Von den Hewschrecken sollen die weysen lernen rechten gehorsam / Seitemal die Hewschrecken kainen Künig haben / unnd ziehen doch mit hauffen auß / Dann sy seind under ainander ains / und setzen trewlich zů ainander / und wil kaine über die andern sein / Aber die weysen wöllen allain weyse sein / unnd was andere sagen / soll nichts gelten / Ainer veracht den andern /und will ain yeder mer roissen / dann der ander / und über den anderen herrschen und regieren / das ist ir plage. Die Spinne leeret / Das leyden und die gedult / Wann yemande mitt untrewe für trewen dienst gelohnt wirt / wie dann die welt allwege lohnt / Dann die Spinne wirckt mit iren henden / sy spinnet auß irem gederme / und beraitet ir ain hauß zů / nach Maisters art /und fast nach dem Circkel /unnd wonet in der Künige Pallasten / das ist / Tregt yemandt der welt belonung / und überwindts laß: nachlässig, müde -– Fürsichtigkait: Vorsicht – setzen : halten -– roissen: an sich reißen
Johannes Agricola
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mit gedult /der můß embor /und entlich der andern Herre werden / wie du sihest in Daniel /Joseph / unnd David . Aber die weysen wöllen es mit gewalt / und der macht weeren / darumb müssen sy auch gestürtzt werden / wie das alle Monarchien erweysen. Wer nun will ain frummer Rath / Diener / und underthon sein / der volge disen thierlin /Er warte seines Ampts trewlich / Er habe kunst lieb / Er sey von hertzen gehorsam und underthon / Begegnet im etwas darüber / so überwinde ers mit gedult /Und ob es schon was kostet / er můß was darüber außstehn /Das seind der Spinnen gederme / So wirt er doch gleich ain hauß haben /und wirdt in der Künige Pallast bleiben / wann ain ander můß den Pallast von aussen ansehen.
weeren: verhindern – darüber: trotzdem - außstehn: standhalten
SEBASTIAN FRANCK
(Komm. S. 213)
[Von der Krähe mit den Pfauenfedern] Bey dem Esopo ist ein Fabel / wie die Dalhe hab pfawenfedern und allerley vögelfedern zusamen gesamelt / sich darinn beklaydet /Nachmals ir gleichen veracht / sich zu den pfawen gethan /Dise als sie den list vernamen / haben sie die thörichtige Hetzen wider entblößt / ein jeder sein feder wider herauß gerissen /darzů geschlagen / und zů letzt für ein nerrin nackendt lassen stehn / halb tod /Davon Horatius. Das sprichwort würt inn vil weiß gebraucht / Als wann sich einer selbst beredt und dar gibt / das er nit ist / und hat doch des ein ansehen /Als wann ein Bettler ein frembde wadt entlehnet / sich under die Edlen mischet/wie der Roßdreck mit den öpffeln den bach herab schwam /und saget / Da schwimmen wir öpfell daher / Oder wie man sagt von dem Cumanischen Esel /der sich in ein Löwen haut bekleydet / sich für ein Leo erschröcklich dar gab / zů letzt bei den oren erkant / ward er jederman zum gespöt / und mit knütlen genöttiget die haut von sich zu werffen. Summa / wer in anderer wadt branget und hochmüttig ist / würt mit diesem sprichwort gestochen . Die Alster tantzt in frembden federn / wann jeder das sein nem / so hett sie nichts . Kurtzumb / wer sich selbst beredt oder läst bereden das er nit ist /macht sich selbst zum narren /oder läst im hörner auffsetzen / unnd federn ansetzen die nit sein seindt / Ein lobgeben / das er nit weyß zů erlangen / wie der Fůchß dem Rappen thät / da er den käß füret / ließ im ein ohr machen / er wer weiß / wann er nur singen künde / so wer sein gleich nit. Also alle die sich von aussen in ander leut mund suchen / glauben was die federklauber von in sagen . Dise brangen in frembden federn / wie die Hetze / unnd deren ist ein grosse zal / Und dise narren seindt bei den gelerten und Fürstenhöffen wolfayl . Da raspen und lesen die federklauber allenthalb federn zůsamen / das sie ein gelerten narren / oder schöne Hetzen auß dem Myda machen. Da ist die warheyt theur / Da verkaufft man den athem / schleifft die wörter / und wo ein Traso ist / da findt sich gewiß ein Gnato. Die armen haben dennoch den vorteyl / das sie die Dalhe: Dohle - vernamen : bemerkten - Hetze: Elster - beredt: überredet - wadt: Kleidung -- ein ohr machen: einblasen, vormachen - weiß: klug - federklauber: Schmeichler - raspen : zusammenscharren - schleifft: macht glatt - dennoch : denn doch, gerade
Sebastian Franck
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warheyt hören und niemandt sie lobt /wo sie nit zu loben seindt / Darumb der Künig sein kron mit füssen trat / sprechende / O du unselige kron aller warheyt on / Und ein anderer vernainet die Fürsten etwas zů künden / dann reitten / darumb das das unvernünfftige roẞ nit wüste / wer auff im sitzt / kunde nit heuchlen . Wer nun sich also von aussen sucht /und einen rock läst anziehen der nit sein ist / der würt gewiß ein solich Hetz / Dann wie das goldt durchs fewer (spricht der Weyß man) würt bewert /also der Thor durch des lobenden mundt / Wer sich loben läst / und es erkent / ist gewißlich ein narr. Dann was hastu (spricht Paulus) das du nit hast empfangen / Jnwendig such dich selbst in deinem hertzen und im gesetz des Herren / wer du seyest / Glaub niemandt mer von dir / dann dir selbst / dein gewissen ist tausent zeugen / da würstu finden einen pfütz alles übels / und einen solichen grewel / darfür du dir selbst möchtest förchten / wo du dich anderst recht suchtest / und selbst lernest kennen / das würt dir die flügel beschneiden / und das bochen und stoltzieren wol weren . Darumb betrieg dich selbst nit / und miß dich nit (wie die Heuchler thond) von aussen / anders du würst dir aber selbst wolgefallen / wie der Pfaw so er den schwantz ansihet /sonder besihe die füß / dein schendtlich hertz zum argen geneygt /wie unlüstig das sei zů gůtem / So würst du dich lernen kennen /sunst nimmer / Die aygenlieb ist zů groß / Der mensch gefelt im selbst zů wol / gibt im alles gewunnen / Also das es auch geferlich ist von im selbst zů urtaylen / und under tausent kaum einer ist /der sich selbst kenn / die eygenlieb verblendet das urtayl
und das sprichwort laut auff die eygentlich
die sich selbst
betriegen /mer dann auff die /die sich lassen betriegen /wie die Hetz sich selbst für einen pfawen hielt. ... Der mensch treugt sich für und für selbst / darumb er nit kan von im selbst urteylen / und das gantz gesatz nichts anders fordert dann das Apollo gefragt / antwortet / Erkenn dich selbst. ... Nun weil der mensch aber sich selbst nit kennet / wie sol er von im selbst urteylen / weil der sententz auß erkantnuß der sach sol gehen. Glimpff dir nur selbst nicht / du treugest dich warlich / und leugest dir / Es ist kein mensch / wo er dir deẞ jars so vil lügen zůsaget / als du dir selbst / Du wurdest in für ein leichten /lucken man halten / Halt dich nun selbst darfür / unnd hüt dich für dir selbst / du bist dein selbst gröster feindt / der dir am heftigesten zůsetzt / Der mensch ist im selbst der teuffel /Darumb wir uns selbst haben abgesagt im Tauff/ und Christus wil das diser sein selb verleugne / und sein seel und leben haẞ / wer sein Jünger wöl sein / Dann des menschen feind seindt sein haußgenossen / wie Micheas on: ohne, leer - die Fürsten etwas zů künden / dann: daß die Fürsten etwas könnten, außer - erkent: anerkennt - bochen: prahlen - anders: sonst - von im selbst: von sich selbst - treugt: betrügt – der sententz: das Urteil – Glimpffdir nur selbst nicht: Sei nur nicht nachsichtig gegen dich selbst - lucken man: lockeren Vogel
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Sebastian Franck
spricht / Darumb hüt dich vor deinem besten freundt / das ist / vor dir selbst / Dann eitel pfawen und solich Hetzen ist der gantz menschlich hauff / niemant sihet die füß an /jederman tregt den schwantz entbor /stoltzieren unnd bochen / da nichts ist / oder auffs wenigest nit unser ist / Brangen inn frembdem gåt / wann nun Gott sein Feder von uns neme / ja vonn den aller Heyligesten / werden wir sehen wer wir sein /Dann lautter gab Gottes seindt / was wir haben.
[Vom Fuchs und Igel] Themistocles hat das Atheniensis volck / erzürnet über den geitz eines raths / mit disem schwanck und meysterlichen bossen / von verneuerung eins Raths abgeschreckt / Ein dürstiger Fuchẞ / als er im mitten sommer /do die Sonn heyẞ schin /in ein grůb kroch / unnd den durst zů leschen /das wasser sucht / Do ist er im wider keren im moẞ / von der Sonnen zehe worden / besteckt / daselbs haben die Fliegen den gantzen leib des Fuchßen besessen / sågen herauß schier alles blut / welches als Erinacius die teich des bachẞ ongefähr fürgehende / ersahe /wolt er dem Fuchßen zuhülff kommen / understund sich die Fliegen mit seinem mayen oder wedel / hinwegzůschlahen / Da bat inn der Fuchẞ / das er sie mit nichten naher trib / und sprach / Dise sindt nun des blůts voll / welche so du sie hinweg triebest / werden andere hungerige inn ir stadt nacher kommen / unnd was für blůts überig würt sein / gar herauß saugen.
Wer wil der katzen die schell anhencken? Die meuß haben einen Reichstag gehabt /wie sie vor den katzen genäsen /unnd nach langem rath funden sie das sie jeder katzen ein schellen wolten anhencken /so wiste die gewarnete mauß durch das klingen /inn die löcher zu fliehen /Der rath gfiel in allen /da wüschte aber ein alte erbare mauß herfür / sprechend : Der rath were gut / wer wil aber der katzen die schell anhencken? Da war niemand gfunden / und all ir rath unnd anschlag zu wasser.
erzürnet: das erzürnt war -– geitz: Habgier -– bossen: Possen -– verneuerung: Ablösung, Wechsel -moß: sumpfiger Boden - von der Sonnen zehe worden: der von der Sonne klebrig geworden war - besteckt: stecken geblieben – besessen: bedeckt – sügen : sagten – Erinacius : Igel –- die teich ... ongefährfürgehende: von ungefähr an den Teichen vorübergehend – understund sich: bot sich an - naher trib: wegtreiben solle - inn ir stadt: an ihrer Stelle - nacher kommen: herankommen genäsen: Sicherheit erlangen könnten -- wiste: wüßte - wüschte: schlüpfte
Sebastian Franck
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[Vom Fuchs und Hahn] Ein Fuchs verkündet den Hennen und Hanen auff eim baum einn ewigen frid / der da were angestellt mit allen thieren / Also / daß hinfür Wolff und Schaaff / Fuchs unnd Hüner /einn ewigen frid /freundtschafft und bündtniß mit einander haben solten /Hett damit gern die hennen vom baum geschwetzt. Aber der Han sagt: Das hör ich gern / reckt damit den kopff uff / Der Fuchs sagt: Was sihest du? Er sagt: Ich sihe einn jäger mit hunden von ferrem . Der Fuchs sprach : Da bleib ich nit /Antwort der Han: Harr /so wöllen wir auch zů dir hinab / so wir sehen / daß die hund mit dir frid haben / Er antwort: Ey / er möcht in noch nit verkündet sein / ich far dahin . Also gehets /das ist der welt lauff/einen von eim polster schwetzen / unnd sich drauff setzen . Also schwetzt je einer dem andern sein nuß von seim baum / und handthiert je einer dem andern mit gar süssen prächtigen worten unnd glattem schnabel / das gelt auß der täschen.
[Vom Esel, Löwen und den Wölfen] Es begegnet eim Esel und Löwen / so mit einander durch einen wald zogen / ein hauffWolff /Als ihr der Esel von ferrem warname /fieng er an was er mocht zu rüchlen / der meynung / die Wolff mit seiner grausamen stimm abzuschrecken. Die Wolff lachten / unnd hengten erst der stimm nach. Als sie nun des stillen Löwens warnamen / zogen sie vor dem hag ab. Der Löw fragt den Esel die ursach seins schreiens /Er antwort: Die wölff abzuschrecken /diß mich doch nit geholffen / sonder erst als sie dich gerochen / vor dem wald seind abzogen /des ich mich verwunder. Der Löw lacht und sprach : Weystu nit /daß der Wolff ein listiger schalck ist / groß geschrey veracht / aber gwalt förcht er. Der hund bellen hat er gwonet / unnd vil donderknäll sein tag gehört / aber vor dem stral forcht er sich. Lehre fässer geben grossen thon / Wo nit vil kunst und hertz ist / da ist vil geschreys und hoch erbrüstens. Vil geschrey / nicht darhinder.
[Vom Fuchs und der Ameise] Thů es armen leuten ein grosser nach. Ein Fuchs wolt / seines höls verdrüssig / darinn er doch langzeit sicher gelegen /ein hauß auffs land ins liecht bauwen / Des strafft ihn ein Omeyß / es würde ihn gerewen / ursach: Die priester seind Harr: Warte - handthiert: (hier:) holt, zieht rüchlen: röcheln – hengten ... nach: liefen nach – listiger: kluger – stral: Blitz – hoch erbrüstens: großes Sich brüsten, Angeben verdrüssig: überdrüssig - Des strafft: Deswegen tadelte
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Sebastian Franck
dir der hüner halben gar auffsetzig / darzů die Kürßner seer gfähr deiner haut halben. Der Fuchs steurt sich auff sein witz und list / wolt dem trewen rath nit folgen. Ehe er nun das hauß recht anfieng zu bawen /ward er gefangen / und rewet ihn zuspat / daß er der Omeyssen rath nit gefolget hett.
[Von einer Ameise , die Flügel bekam ] Wer nicht will fallen der steig oder spring nit hoch. Von dem ehrgeitz und hoffart abzuschrecken / und zur tugent der demůt auff zu muntern und anzuleyten / seind alle bücher voller leer und exempel . Einer Omeyß wurden von göttern flügel geben / sie flohe zu einer Nachtgallen auff einn baum /fragt wer sie wer. Die Nachtgall antwort: Ich bin ein vogel. Also ersahe die Omeyẞ auch ein byn für fliegen /fraget sie wo hin /sie antwort durch all blůmen speiß ze samlen . Die omeyẞ erhůb sich der flügel / daß sie nit mer so arbeytsam ir speiß im kot suchen müßt / sonder im freien luft daher schwebet / fragt die bynen /ob auch gfärlicheit im lufft wer. Ja mancherlei / sagt die byn /von oben herab groß ungewiter / schne / regen / kelt / ungstüm / sturmwind / im lufft räubig vögel /uff erden mancherley letz und netz . Das gienge der Omeyẞ wenig zu hertzen /sonder erlustigt sich in der höh. Als der Sommer vergieng wißt die törecht Omeyẞ nit bscheyd / trib sie der hunger herab wider zun Omeyssen uff die erd / klopffet an eim omeyẞ hauffen an / aber sie sprachen: ob sie ir speiß mit ir brecht / sie wiẞt wol daß man niemand leer in ir hauß ließ. Die OmeyB sprach: Ich bringe flügel mit mir / Die Omeyssen sagten : Man ißt von flügeln nit / so gehöret nicht geflügelts herein / darzu wer nit frucht sein teyl bringt / der ist bei uns im bann / und wer bei uns nit arbeit / der iẞt nit. Also fieng die omeyẞ an iren hohen stand verzweiflet zu schelten unnd sprach: der schein diser welt het sie betrogen / lobt irn ersten stat und die freuntlich demütig beiwonung der omeissen / und starb vor hunger. Also ist kein vorteyl es hat seinn nachteyl / und kein nachzug / er hat seinn vorzug / und ist wie kein land also kein stand umb drey heller besser weder der ander / Ja wann man all unglück und stend uf ein hauffen legt /so griffe ein jeder wider zu dem seinen .
auffsetzig: feindlich gesinnt - gfähr: gefährlich - steurt sich: verließ sich - witz: Klugheit flohe: flog - byn: Biene - erhüb: überhob – arbeytsam: mühsam – räubig: räuberische - letz: Schlinge - wißt nit bscheyd: wußte keine Unterkunft - beiwonung: Wohngemeinschaft
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Sebastian Franck
[Vom Hahn und Fuchs ] Nun von der falschen verkerten weißheyt des fleyschs / seind all histori / und auch die heilig schrifft voller leer und exempel. Weil aber die sprichwörter schimpfflich sein sollen / wil ichs allein mit etlichen Apologen war machen. Ein Han roche natürlich schön wetter / flog auff einn baum / kräet frölich. Der Fuchs lieff der stimm nach biß zum baum / fragt die ursach seiner freud. Der Han sprach: Mein verstand und kunst macht mich frölich / ich riech schön wetter. Der Fuchs lacht / und gedacht im wie er den Han vom baum brächte / fieng an den Han zu loben seiner künst und prophecei halb. Da fieng der gelobt han an noch mer zu singen. Der Fuchs dantzt under dem baum /fragt in der han / was er damit meynt. Ich dantz vor freuden / sagt der Fuchs / und frewe mich mit dir deiner künst / weißheyt / und gaben / so du von Gott vollkommen entpfangen hast. O mein han /du bist unser aller ehr /freud /und prophet / ich bitt dich durch alle liebe / biet mir dein verständig haubt zu küssen / ich bit dich noch ein mal / erfülle mein freud . Der Han stig herab /bot im sein haubt / das erwüscht der Fuchs /får mit dem hanen dahin / sagt mit spott zum hanen: Wo ist dein kunst und weißheyt? hettestu dir das selbs prophetisiert / wiltu das zukünfftig sagen / und weyst das gegenwertig nit. Den hoffertigen zu demütigen / ist nit boẞheyt /sonder kunst. Alle weißheyt und tugent /soll in die demůt sich nider lassen / und ja drinn růwen als in eim schoß . On demůt seind alle tugent laster /und ist geystliche hoffart des hertzens üppigkeyt und geschwulst doppel hoffart /und weit über aller weltkinder pracht und stoltz . Im Firmament /so vil ein stern heller leucht /je niderer steht er / und je höher er steht / je weniger liecht.
[Vom Palmesel] Esel wil jederman reiten. Wann einer ein gåter einfältiger esel ist / so wil jederman auff ihn sitzen /und an im beritten werden. Darumb seind die Christen der welt und Gotts Esel / Gott tragen sie mit freuden / daß sein geyst sie ledig reit / unnd hinfüre / wohin er wil. Die welt wil das nit leiden / sitzt auch auff sie / unnd reit sie / die tragen die Asinarii / Esels leut / wie mann sie zur zeit Tertuliani genennet hat / mit gedult /biß die welt ihr selbs den hals auff in ab reit . Also seind sie der gmeyn arm Palmesel / der Got und die welt tregt / Gott mit freud / die welt mit gedult.
schimpfflich: scherzhaft - war machen : beweisen - gedacht im: überlegte -- durch: um ... willen sitzen: sich setzen - ledig reit: einzig leite - den hals ab reit: den Hals wegreitet, sich um den Hals - gmeyn: allgemeine bringt -
JOHANNES MATHESIUS
(Komm. S. 218)
[Von der Ameise und Heuschrecke ] Auff ein zeyt trieb ein früer Schnee die Ameyssen abe / da aber ein witwe Summer und grosse wirme wider einfelt / fert die Ameiß wider an /unnd sihet sich im felde umb. Da spricht sie ein Hewschreck umb ein lehen an / und begert von ir etlich schock körnlein. Das Ameyßlein spricht: Ich hab mirs den gantzen Summer uber blut sawer lassen werden / und geschlept und getreckt / biß ich mir und den meinigen etwas auff den Winter hindergelegt. Nun bin ich schuldig die meinigen erstlich zu versorgen. Damit du aber meinen guten willen spürest /wil ich dich mit eim par körnlein oder zwey hauẞsteuren /Was sol ich mit vier körnlein außrichten / Sagt die Hewschreck / Ich bin in dem unbehenden wetter schier erfroren und hungers gestorben /Darauff antwort die Ameisse: Ich theil mit dir nach meinem vermögen / es hat noch vil Amey hauffen inn disem walde / wenn dir ein jede ein par körnlein gibet / so bistu reycher denn ich / Wie aber die Hewschreck böse Karten außwirfft / und schilt die Ameissen / so schallet es eben wider auß dem walde / wie es hinein gehalt hat: Hettest du / sagt die Ameyẞ / den Summer gearbeyt wie ich und meines gleychen / und das deinige zu rath gehalten / und nicht deines singens / springenslipperns und rammels außgewarttet / und werest nicht stettigs spacieren und zum guten mut gangen / und hettest dich unnd die deinigen herauß geputzt / in grüne / gelbe und pundtne kleyder / so hettestu jetzt auch einWinterzerung und dörffst nicht not und hunger leyden /und andern thierlein umb ein körnlein für ire thür kommen. Darumb hastu im Summer gesungen und gesprungen / so spring und tantz jetzund auch von einer thür zur andern / wie dich der alte Haußvatter reim leret: Wer nicht recht und gabelt / wenn die Brem sticht und krabelt / Der laufft im winter mit eim stroseyl / Fragt / hat auch jemands hew feyl? witwe Summer: Altweibersommer -– fert an : kommt heraus – lehen: Gabe – getreckt: gezogen dich haußsteuren: dir beisteuern unbehenden: harten, schlimmen – böse Karten außwirfft: zornig wird - lippern : schlürfen, lechen - rammeln : schäkern, liebeln - außgewarttet: obgelegen -zum guten mut: zu Vergnügungen, Lustbarkeiten - dörffst: brauchtest - recht: mit dem Rechen zusammenhäuft - gabelt: mit der Gabel aufhäuft - Brem: Stechfliege, Bremse
Johannes Mathesius
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Diß ist der alten Weysen fabel / Weyl ir aber zuvor von der natur und eygenschafft des Ameyßlein gehöret / werdet ir euch nun selber auß disem mehrlein weysen können / was ir nach Salomonis rath von dem kleynen und weysen Ameyẞlein lernen sollet. Nemlich / da Gott und gute leut einem ein arbeyt oder dienst bescheren / und einer hat sein verdienst und wöchlich löhnlein unnd geding gelt /sol er fleissig seiner arbeyt abwarten / und trewlich und redlich dienen / Wer gern und trewlich arbeit / der bekombt immer födernuẞ /und darff geschworne und steyger nit an und nachlauffen und umb arbeyt bitten / man schickt nach im und beut im födernuß und dienst an. Deẞgleychen da Gott einem Bergkman ein glücklein gibt / hat gut geding / bekumbt ein guts Küxlein /Gott beschert im ein eygen zechlein / da sol er nicht der Hewschreck volgen / sondern weil in Gott grüsset / unnd beut im das Fercklein / sol er Gott dancken / unnd den sack auffhalten / unnd des bandes auch nicht vergessen /unnd fein zu knüpffen / und was für sich und sein alter / weyb und kind beylegen /Herren dienst /und legel wein / riechen uber nacht auß /so schneyden sich die ertz abe /oder ziehen die füsse zu sich / oder silber nicht allwegi /die zechen werden außgehawen / und die gewercken aufflessig / So gehen die jungen tage / sampt den leybskrefften schnell dahin / als hetten sie füsse / unnd das alter uberschleycht manchen / ehe ers gewar wirdt / so wirdt die welt immer je lenger je erger und kerger / wie auch die liebe verlischt in den glaubigen / in disen letzten tagen / das mancher sein hertz und hende zuschleust / So weyset man die Betler und Borger offt mit harten und verwehnten worten abe / welches den leuten wehe thut /und brennet wie Wachalter kolen. Gott strafft auch untrew und faulheyt / unnd wenn man zu unzeyten milt und kostfrey ist / Wie es denn alles muß bezalt werden / das manicher auffm kreystbet fressen muß / was er mit rencken unnd bösem vortheyl an sich gebracht / Unnd wie ein emssige unnd erbeytsame hand reich wirdt und gedeyet / unnd Gott hilfft ir immer auß / so uberfelt alles unglück ein lasse hand /und gefaltene finger / unnd Gott gibt faulen henden offt nicht genug zu fressen / Ob wol biß weylen der feulesten Saw die gröste möhren wirdt / und die ergesten leut offt gut glück und Kux haben . Dennoch find sich Gottes gericht /und obs bösen buben biß weylen auch ein zeytlang gereth /und wol gehet / so weret es doch die lenge nicht / sagt Clauß Narr / da der löhner
geding gelt: vereinbartes Geld - geschworne : Obermeister, Inspektoren - glücklein : kleines Glück -geding: Vertragsabschluß, Einkommen - Küxlein : kleiner Gewinnanteil – eygen zechlein: kleine Grube als Eigentum - beylegen: beiseitelegen - legel : Fäßchen - schneyden sich abe : hören auf - ziehen die füsse zu sich : (bergmänn. bedeutungsgleich mit:) schneyden sich abe – silber: sind silberhaltig gewercken: Bergwerke - aufflessig: aufgegeben - verwehnten: anmaßenden Wachalter: Wachholder kreystbet: Schmerzenslager - lasse: nachlässige, träge – löhner: Lohnherr
Johannes Mathesius
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außgesprungen war / Und findt sich endtlich / das manchem viel wegerer gewesen /er were hie an bettelstab gediegen / denn das er sein sach mit bösen hendlen und geschwinden practiken hette hinauß gefürt. Diß alles / lieben freunde / wil euch der weyseste König Salomon unnd ander kluge leut / auß der Ameyssen exempel fürstellen / welchs ein recht und schön bild oder contrafactur ist eines ehrlichen und endlichen Bergkmans und Haußvattern / der seiner schicht unnd dienstes obliget / und arbeyt / schreybet unnd rechent / das er seines thuns unnd wandels / und aller seiner verwaltung kein schew tregt für Gottes und aller welt augen. Item /der also Haußhelt /das er auff ein vorath gedencket / unnd lest im die seinigen zu hertzen gehen /weyl er vieler etwan wolhabender leut / weyb und kind sihet in not und schuld stecken / unnd von menigklich verlassen und veracht sein. Der ist ein rechter Ameyẞ schuler unnd nachfolger. So viel genug von ehrlichen / trewen und fleissigen Bergkleuten. Nun dencket auch der Hewschrecken nach / Ir hört was sie für böse karten außwirffet / und wie sie sich so unnütz machet / und wil ir an einem wenigen nicht genügen lassen. Im lieben Sommer gehet sie ins grüne spaciren / und singet unnd springet / und lest die Heyde sorgen / sie beysset auch nur den ehrlein die kiplen abe / unnd lippert alle tag eytel süsse thawtröpflein / gedenckt nicht dran / das auch mit der zeyt der Winter sie uberfallen werde / Darnach wenn es kalt wirdt / so henget sie die flügel / verschmacht vor durst unnd hunger / wil bey jederman borgen /unnd ihr nichts abgehen und mangeln lassen
wil immer volle kröpff haben / unnd pranget reyn inn irem grünen
Carteck / unnd gelben unnd punden Damasken / und zussert in dem grünen graẞ ir klaretlen / und isset ir Saletlein und Manesterlein / Schemet sich gleychwol zu betlen /hat nicht arbeyten /dienen und leyden gelernet /Darumb cito cadit et perit, sie gehetsen dahin /wie sie den namen beyn Lateynern daher füren soll / das sie bald stirbt unnd verdirbt / unnd muß mit schanden von ir faulheyt jederman wider singen und sagen lassen. In dieser Hewschrecken oder Hewschnecken / sind nun faule arbeyter und nasse Bierbrüder /unnd müssige Bierschwestern sehr fein abgemalet /welche der Lentz drückt / und des müssiggangs / und guter bißlein und trüncklein gewohnet / die arbeyt fliehen / wie der Teuffel den Weyrauch / und was sie derschinden und derschaben / oder so und so biẞweylen an sich bringen oder erborgen / durch den bauch jechen / oder an halẞ hencken / und stehen den außgesprungen war: sich davongemacht hatte - wegerer: besser - gediegen : gelangt – geschwinden: tückischen - endlichen : tüchtigen - etwan : ehemals – kiplen: Spitzen - Carteck: Seidenkleid -Damasken: gemusterter Stoff (aus Damaskus) – zussert: schlürft – klaret: Wein mit Gewürz und Honig - Manesterlein: Brei – gehetsen: geht so – derschinden und derschaben: an Geld zusammenkratzen - jechen: jagen
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halben tag müssig auff dem marckt. Am Sontag gehen sie unter der predigt zum Prandtenwein / oder auffs Gebirge spaciren / bekommen sie ein ledige schicht oder etliche
oder verpartiren sie ein Kux / von stundan in kretzsch-
mer/fidler und pfeyffer bestelt / ein Abendtantz gehalten / ein halbe nacht gesungen und gesprungen. Und das wir das weiber volck auch mit zur Faßnacht /nach altem und bösem gebrauch der Heyden / in pflug spannen / fert der mann an so fert das weyb auß / und gehet zur Bierörten / oder lest sich auff dem naschmarckt finden / zwackt dem armen mann abe / das sie zu verschlecken und zu verstecken hat / sie laufft für alle wochen unnd Dorffkirmsen. Item / sie nimpt beim Kramer die ware thewer genug an auff borg / und gibt sie schand wolfeyl / das sie bar gelt unter die hand bekombt / und ir partiren treiben kan. Die megde gehn zum trödel / es bleybt keine in keinem dienst /was sie ein gantz jar an irem sawern liedlon erübrigen / das gehet umb S. Blasius tag alles dahin zu leychtfertiger kleydung / und newen nadten / porten und krentzen. Summa die Hewschreck fleugt heuffig / und hat vil brüder und schwester / die ein zimliche feule und verwendte meuler haben / weyl es weret / oder die jugent es außtregt /kumbt es in Winter und alter / da gehets an ein versetzen unnd verpfenden / so jemandt etwas eingezeuget hat. Wenn die tendlerin nun alles außgetragen / und haub und schaub am pranger henget / oder in die Hebreische schuel geschickt wird / da gehet es an ein klagen / die leut wöllen niemandt mehr helffen / es sey kein Christ mehr im lande / oder gehet an ein borgen / nicht allein zur teglichen notturfft /sondern das sie stetigs ein gut mütlein haben können . Schlecht ein frommer Haußvater solchen nassen Hewschrecken und faulen Hummeln ein lehen abe / so ist des murrens und scheltens one zal / leyhet man etwas unnd manet wider / so ists auch eins zorns. Darumb ist wol war wie jener Haußvatter sagt: Besser der erste zorn denn der letzte / und darzu das haubtgut verloren . Endtlich wens ein Hewschreck auff allen gassen / unnd bey allen freunden und gefattern hat wet gemacht /so darff man zeugnuß unnd vorbit an gemeinen Kasten / oder man muß Kübel und Seyl im Spittel einwerffen / unnd sich des Almosen gebrauchen / darfür sich etwan die leut trewlich hüteten. Diß und dergleichen haben weyse leut /in den Hewschrecken den faulen / nassen /geneschigen meulern und bierflegeln vorstellen wöllen / die nur in tag on alle sorg blind felt hinein leben / Gott gebe was drauff erfolget. Wem nun zu raten stünde / dem stünde auch zu helffen / Und wer im der Ameyẞ exempel ledige schicht: Freischicht – verpartiren : eintauschen – kretzschmer: Wirtshaus - liedlon : Arbeitslohn -- nadten: Stickereien - feule: Faulheit - verwendte: verwöhnte - außtregt: einbringt eingezeuget: herbeigeschafft – schaub: Mantel – in die Hebreische schuel geschickt: bei den Juden versetzt - lehen : Leihsumme - wet gemacht: ausgenutzt hat – darff: hat nötig – Kübel und Seyl im Spittel einwerfen: ins Armenhaus gehen
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selber fürhielt / der würde im werck befinden / das die Götter ire Gaben den menschen durch die arbeyt verkauffeten / oder wie Salomo redt: Das ein fleissige hand zunimpt / und das vorrath Gottes genediger segen sey /Wenn man zumal auff den zwelff Körben bawet / und hebet die pröcklein auff / und leget immer etwas zum schetzlein / da wirdt endtlich auch ein hauffe drauß …….. Ich muß aber auch hie der heußlichen Ameyssen und allen ehrlichen Haußvätern das wort reden . Denn ich weyß das die Hewschrecken unnd Feldgrillen / das wir der heimen hinderm ofen geschweygen / auff den Bierbencken und iren hornsteten / das getrewe Ameyßlein offt zur banck hawen / und derkergelns und derviltzens eben hart / unnd finden bald andere lose Hummeln / Raupen und zweyfaltern / die in beyfal und recht geben und zuspringen
und mit hauffen zufliegen
das man ihnen nicht fluchs
auffhupffen wil / wenn sie die leut ansprechen / oder ire kinder mit Credentz brieffen und Supplicationen abfertigen. Traun lieben freunde / Gott unnd die natur heisset das Ameyẞlein und pienlein arbeyten und eintragen / und gebeut einem jeden Haußvatter / das er sein Hauß und die seinigen trewlich versorge / wil er anders nicht ein unmensch und Rabenvatter / und Spechtman gescholten sein. Es heisset auch die natur das Ameyßlein nicht / das sie das irige / das sie mit Gott unnd sawer arbeyt erarnet / unnd offt an irem maul ersparet / dem müssigen unzyfer solle fürstrecken . Wir sollen also geben / sagt S. Paulus /das nicht andere drauff schlampampen / unnd wir unnd die unsern angst und not leyden dürffen. Und der heylig Geyst spricht für recht / Wer nicht arbeyt der sol nicht essen / unnd im nasenschweiß sol ein jeder sein brötung erwerben / neben hertzlichem gebete zu unserm trewen Gott / das er seinen reychen unnd milten segen / zu unser unkrefftigen arbeyt sprechen wölle. Denn one Gottes segen und gedeyen / ist doch aller menschen arbeyt und vorsorg nichts / und gar vergebens . . . Diẞ rede ich dem heußlichen und vorsichtigen Ameyßlein / und allen emsigen Haußvätern / die ir sach in guter hut haben / zur schutzrede . Es weyẞ sich ein jeder Christlicher Haußvatter /gegen dürfftigen leuten im fahl der not / Christlich unnd menschlich wol zu verhalten / wie hie das Ameyẞlein auch thut / welches seine körnlein herfür zeucht on ihren schaden / ob sie schon der faulen tröpffin / nicht all ir vermögen fürstrecken wil ... Helff der liebe Gott der Bergkwerck schaffet / und sein lieber Son der allen menschen die arbeyt auffleget / und von einem jeden trew / fleiß und vorheimen: Heimchen - hornsteten : Zunfthäusern - zur banck hawen: heruntermachen - derkergelns: halten es knapp – derviltzens : behandeln es geizig - zweyfaltern : Schmetterlinge - Credentz brieffen: Beglaubigungsbriefen - Supplicationen: Bittschriften - Spechtman: einer, dem seine Kinder gleichgültig sind – erarnet: erworben – dürffen : müssen
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sichtigkeyt haben wil / als der rechte Moschel unnd Haußvater / das unsere Kinder /dise Fabel von der Ameyssen und Hewschrecken inn ir hertz schreyben und ir lebenlang nicht vergessen / und embsige / trewe und kluge Haußväter und Haußmütter werden / die iren Heusern und diensten trewlich vorstehen / unnd also haußhalten / das ir heußlein ein gibel habe / und Hund und Katz nicht ir bestes vihe / oder freche kleidung und leychtfertige tracht / oder ein lange Hannefeder nicht ir beste wadt /und ein halber Hack und langer spieß / das wir des Bettelstabs unnd Krucken geschweigen / nicht ir bester Haußradt sey.
[Vom Sperling und seinen vier Jungen] Ein Sperling hat vier junge in einem Schwalbennest; wie sie nun flück waren , stossen böse buben das nest ein, sie kommen aber alle im windsbraus darvon. Nun ist dem alten leyde, weyl seine Söne in die Welt kommen, das er sie nicht zuvor für allerley gefar verwarnet und inen etliche gute lehr fürgesagt habe. Auffm Herbst kommen inn eim Weytzenacker vil Sperling zusammen,
allda trifft der alte seine vier jungen an, die fü ret er mit freuden mit sich heim: ,,Ach mein lieben Söne, wes habt ir mir den Sommer uber sorg gemacht, dieweyl ir on mein lehr von mir im winde kamet; hört mein wort und folget ewerm Vater und sehet euch wol für: kleine vögelein haben auch vil grosse geferligkeyt auẞzustehen.“ Drauff fragt er den eltern, wo er sich den Sommer uber auffgehalten und wie er sich erneret hette. ,,Ich habe mich inn die gerten gehalten, Reuplein und Würmlein gesucht, biß die Kirschen reiff wurden." ,,Ach mein Son“, sagt der Vatter,,,die schnabelweyd ist nicht böẞ, aber es ist grosse gefar darbey, drumb hab forthin deiner wol acht, und sonderlich wenn leut inn gerten umbher gehn, die lange grüne stangen tragen, so inwendig hol sein und oben ein löchlein haben . “ „ Ja mein Vatter, wenn denn ein grün bletlein auffs löchlein mit wachs kleibet wer?" spricht der Son. ,,Wo hastu das gesehen?“ ,,In eines Kauffmans garten", sagt der junge. „ O mein Son“, spricht der Vatter,,,Kaufleut geschwinde leut; bistu umb dise Weltkinder gewesen, so hastu Welt gescheidigkeyt genug gelernt, sihe und brauchs nur recht und wol und traw dir nicht zu vil.“ Drauff befragt er den andern: ,,wo hastu dein wesen gehabt?“ „ Zu Hofe“ , spricht der Son. ,,Sperling und albere vögelein dienen nicht an diẞ ort, da vil gold, sammet, seyden, wehr, harnisch , sperber, kautzen unnd blaufüß sein , halt Moschel (hebr. ) : Herrscher, Fürst - wadt: Kleidung den eltern: den ältesten – geschwinde: gefährliche, böse -– albere: unerfahrene – dienen: gehören , passen - kautzen: Lockvögel – blaufüß: Falken
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du dich zum roßstall , da man den habern schwingt oder da man drischet, so kan dirs glück mit gutem fried auch dein teglich körnlein bescheren.“ „Ja Vatter", sagt diser Son,,,wenn aber die stalljungen hebritzen machen und ir maschen unnd schlingen ins stro binden, da bleibt auch mancher behencken.“ „ Wo hastu das gesehen", sagt der alte; ,,zu Hof bein Roßbuben.“ „ O mein Son, Hofbuben böse buben, Bistu zu Hof unnd umb die Herrn gewesen und hast kein federn da gelassen, so hastu ziemlich gelernt, du wirst dich inn der Welt wol wissen außzueysen, doch sihe dich umb und auff, die Wölffe fressen auch offtmals die gescheyden hündlein .“ Der Vater nimpt den dritten auch für sich : ,,Wo hast du dein heyl versucht?" „ Auffn fahrwegen und Landstrassen hab ich kübel und seyl eingeworffen unnd da biẞweylen ein körnlein oder greuplein angetroffen. “ „ Diß ist ja“, sagt der Vatter, „ ein feine narung, aber merck gleichwol auff dein schantz unnd sihe fleissig auff, sonderlich wenn sich einer bucket und ein stein auffheben will , da ist dir nicht lang zu bleiben.“ „ War ists", sagt der Son,,,wenn aber einer zuvor ein wand oder handstein im busen oder taschen trüge.“ „ Wo hastu diẞ gesehen?" ,,Bein Bergleuten, lieber Vatter, wenn sie außfaren, füren sie gemeingklich handstein bey sich. “ „ Bergleut, Werckleut anschlegig leut; bistu umb Bergburß gewesen, so hastu was gesehen und erfaren, fahr hin unnd nimm deiner sachen gleichwol gut acht, Bergbuben haben manchen Sperling mit Cobald umbbracht." Endlich kombt der Vatter an jüngsten Son: ,,Du mein liebes Gackennestle , du warest allzeyt der alberst und schwechest, bleyb du bey mir, die Welt hat vil grober und böser vögel , die krumme schnebel unnd lange kralen haben und nur auff arme vögelein lauren und sie verschlicken, halt dich zu deines gleichen unnd liß die spinnlein unnd reuplein von den beumen oder heußlein, so bleibstu lang zu frieden .“ „ Du mein lieber Vatter, wer sich nehret on ander leut schaden, der kombt lang hin, unnd kein Sperber, Habicht, Ahr oder Weyh wird im nicht schaden, wenn er zumal sich unnd seine ehrliche narung dem lieben Gott all abend und morgen trewlich befilcht, welcher aller Wald und Dorffvögelein schepffer und erhalter ist, der auch der jungen Reblein geschrey unnd gebet höret. Denn on sein willen felt auch kein Sperling oder Schneykünglein auff die erde. " ,,Wo hastu diß gelernt?" Antwort der Son: ,, wie mich der grosse windbrauß von dir wegriß, kam ich inn ein Kirch, da laß ich den Sommer die fliegen und spinnen von den fenstern abe unnd höret dise schwingt: schüttelt – hebritzen: Vogelbeerbäume - außzueysen: aus dem Eis herauszuarbeiten, zurechtzufinden – kübel und seyl eingeworffen: (bergmänn.) unermüdlich gesucht - merck auff dein schantz: sei umsichtig - handstein : (bergmänn. Fachausdruck) Probestücke des Erzes aus einem Gang - anschlegig: erfindungsreiche - Gackennestle: Nestküchlein -– verschlicken: verschlingen - liß: lies - Schneykünglein : Zaunkönig
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sprüch predigen. Da hat mich der Vatter aller Sperling den Sommer uber ernehrt unnd behütet für allem unglück und grimmigen vöglen.“ „ Traun mein lieber Son, fleuchstu in die Kirchen unnd hilffest spinnen unnd die sumsenden fliegen auffreumen unnd zirpst zu Gott wie die jungen Reblein unnd befilchst dich dem ewigen schöpffer, so wirstu wol bleyben, unnd wenn die gantze Welt voller wilder unnd tückischer Vögel were. Denn wer dem Herrn befilcht seine sach, schweigt, leydt, wartet, bettet, braucht glimpf, thut gemach, Bewart glaub und gewissen rein, des will Gott schutz und helffer sein." Diß abersel unnd seines Vattern spruch, geliebten freunde, schenck ich euch heut zur Faßnacht. Die Kinder diser Welt sind ja in irer art klüger unnd verschmitzter, denn die kinder des liechtes , doch frisst der Wolff offt auch die gescheiden hündlein, und Gott ergreifft die verschmitzten in ihrer schalckheyt, und alle listige Füchs kommen endlich beim Kürschner in der beisse zusammen. Wer aber Gott wol trawt, der hat wol gebawt und wird inn der argen Welt erhalten und endlich mit ehren auß allem unglück errettet, wenn nun eines jeden wandel und gerechtigkeyt an die Sonne kommen und jederman vor dem gerichtstul Jesu Christi an seinem leybe empfahen wird, was er gutes oder böses inn seinem leben gethan hat. Denn wir sind nicht zu disem leben, wie die armen vögelein , erschaffen und mit Christi blut erlöset und mit seinem geyst beseliget, sondern das wir hie glauben unnd gut gewissen bewaren und auff ein ander und ewigs leben in gedult hoffen und harren sollen . Kom , Herre Jesu , und laß dich auff dem Richtstul sehen und erlöse unnd erquicke uns , die wir hie die hitz unnd last des langen tages tragen, unnd reume mittler zeyt die brummenden und sumsenden fliegen auff, so inn der Kirchen murren und die predig verhindern wöllen . Amen, Herre Jesu Christe , Amen. Der du uns in deinem wort auch auff die armen Sperling weysest und stellest sie uns zu Doctorn und lerern für, AMEN .
Vom Hirtenhundt unnd jungen Polsterhündtlein Ein alter Hirtenhundt / der seines Herrn Vieh treuwlich bewachte / gehet zu Abendt eyn / Den pelffern die Polsterhündtlein auff der Gassen an. Er trabt für sich /unnd sihet sich nicht umb / wie er fürn Kuttelhoff kompt / fragt ihn ein Fleischershundt / wie er diß Gepelffer leiden könne / unnd warumb er nicht einen bey dem Kamm nemme. Nein sagt der Hirtenhundt / es zwackt unnd beisset mich keiner / ich muß meine Zäne zun Wölffen haben . leydt: leidet - braucht glimpf: Nachsicht übt – thut gemach : still bleibt - abersel: Aschenbrödel - beisse: Beize gehet ... eyn: kommt heim - pelffern : kläffen - Kuttelhoff: Metzgerei - leiden: sich gefallen lassen - zun: für die
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Johannes Mathesius
Ach wer bißweilen verhören könte / unnd verantwortet nit alles /unnd ließ S. Peters und Rolandts Schwerdt in der Scheiden stecken / der blieb lang ungebissen / unnd vertrüg viel Sachen.
Vom Fuchs und Adler. Das Füchslein / da ihm sein Nachbar unnd Bundtgenoß der Ahr /die Wölfflin seinen Jungen ins Nest führet / unnd für seinen Augen fressen ließ / sagt / du sitzest mir zu hoch /ich weiß dir nichts anzuhaben /Meine Sach befehl ich den Göttern /die sitzen uber dir / die werden mir mit der Zeit zu meinem Rechten helffen /und mein Blut unnd Fleisch an Dir und den Deinigen rechen. Wie bald hernach geschahe / da der Ahr ein Braten von einem Altar wegfüret / blieb ein glüend Kölein dran hangen / das füret er mit sich in sein Nest. Da sahe der Fuchs /das Nest und Jungen wider gebraten wurden. Ich dacht mirs wol / (sagt das Füchslin) recht muß recht bleiben / unnd alles unrecht muß endtlich gestraffet werden / wer es nur mit Gedult erwarten köndte . Der mit der Welt umbgehn wil / der lerne sich ducken und schmiegen / und pflantz in sein Hertzgärtlein das nützliche Kräutlein /Patientia , so kompt er am weitesten. Wie der schöne Reim heißt: Schweig / leid / meid und vertrag /
Dein Sach Gott alleine klag / Bleib darneben in Gedult / So wirdt dir Gott und Menschen hold.
verhören: überhören - verantwortet: beantwortete - vertrüg viel Sachen : wäre vieler Sachen überhoben Wölfflin: die Jungen des Fuchses - meid: unterlasse - vertrag: ertrage - Bleib darneben : Verharre zudem
JOACHIM MAGDEBURG
(Komm. S. 221 )
Uber die Alte schöne Fabel Aesopi / vom Wolff und Schaff / auff diese unser Zeit applicirt Auff die Melodey wie man singt / Ich stund an einem Morgen
Eins tages gieng Passieren Ein Jüngling woll gestalt, Im weg thet sich verlhieren dort in eim grönen wald. Er lieff zu rück und wider vort / biß das er sach groß wunder
an eim gar schonen ort.
Davon will ich euch singen / wollt freundlich hören mich / Des gleich in vielen dingen bey uns zutreget sich In vielen sachen klein und groß teglich wir sölches spüren gar seltzam uber maß.
Von hitze war verschmachtet ein Wolff / leidt durstes nodt; Nach frischem wasser trachtet zugleich ein Schefflein gudt. So komen sie on all gefehr zu einem wasserbechlein / lieff lüstiglich daher.
Passieren: spazieren – verlhieren: verirren - vort: vorwärts, weiter - Des gleich: dem Gleiches spüren: wahrnehmen - seltzam : befremdend - uber maß: übermäßig - on all gefehr: ganz zufällig
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Joachim Magdeburg
Der Wolfffieng an zu sauffen dort oben an dem bach / Das Schefflein thete lauffen hinab / da es ersach
Sein glegenheit zu trincken schier / damit sein Durst zu stillen / das arm Unschuldig Thier.
Nu merckt / was sich begeben woll zu derselben stund: Der Wolffwist wol gar eben / das weit darunden stund Das Schaff/ drumb gingk er bald zu im und sprach allda mit eile ohn alle fug / auß grim:
Wie kümpts doch immer mhere /
du feindseliges Thier / Es wundert mich gantz shere / warümb betrübstu mir Das Wasser / so ich trincken soll? Verdreust mich traun gantz ubel , magsts sicher gleuben woll.
Das Schefflein erschrack / balde
dem Wolff zun füssen lag / Bat ihn gar mannigfalde mit hertzen weh und klag / Das er wolt sehn sein unschult an / das es nur drunden trüncke /
het ihm kein leid gethan.
Nichts mag dir sölches helffen / sprach der Wolff grimmiglich / Mir und uns Armen Wölffen geschieht doch stetiglich
ersach: fand - wist: wußte - gar eben: ganz genau - ohn alle fug: völlig unberechtigt – immer mhere: jedesmal wieder - Verdreust: verdrießt
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Joachim Magdeburg Von deim Geschlecht und argen art groß ungemach und schande dich wil ich straffen hart.
Also must es herhalten / das Schaff unschuldiglich . Ach Gott / du wollest walten / sprach der Gesell bey sich / Der diesem alle sahe zu /
so wirt es offt gehalten bey uns auff Erden nu.
Das Heilig Lemblein Gottes also gelitten hat Die schwere pein des Todtes ohn schult und Missethat / Must auch den bösen Namen han /
das es het Gott gelestert / auffrhur wolln richten an.
Die Schefflein Jesu Christi
han auch dasselb gelück: Die Wölff zu dieser friste mit Wolffes list und tuck
Verfolgen und ermorden sie ohn recht und alle sache / Gott wirts erbarmen ie.
Sie füllen alls mit Bludte / noch han sie recht gethan / Sie heuffen Sünd mit Morte und schreien Luther an: Der hat das wasser gar betrübt mit seiner Ketzer Lere /
Sie han gar nichts betrübt.
den bösen Namen han: die falsche Anschuldigung hinnehmen - gelück: Schicksal - sache: Ursache - ie: irgendwann - noch: dennoch - betrübt: getrübt
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Joachim Magdeburg
Ey fresst nu / fromen Wölfflein / das euch bald stecken bleib Ubr querch im halß ein beinlein / das euch krenck lebn und Leib. Nicht anders kan ich segnen euch ewr grawsam blutigs fressen / wollt es sonst bessern auch.
Noch findet man in landen und Stedten uberall Der bösen Wölff verhanden im Regiment on zall. Dieselben morden / saugen auß
die armen Schaff ohn schülde / bringens umb hoff und Hauß. Des wirstu dich erbarmen / auffsein / zu helffen schier Verlassenen und Armen / die schreien / Herr / zu dir.
Erhöre sie doch gnediglich und steur den bösen Wolffen / bitt ich von hertzen dich.
Diß hab ich wöllen singen mit kurtz zu dieser zeit.
Ich fürcht / wirt ubel klingen euch Wolffen / Wer ihr seid / Er sei Papist / Schar Hanß / gleich vil die ihr noch Wolffen artet / ich schweige drumb nicht still.
Ubr querch: quer - beinlein: Knöchelchen - krenck: verletze , gefährde - verhanden : gegenwärtig - on zall: zahllos - auffsein: aufstehen - steur: wehre - mit kurtz: in aller Kürze - Schar Hanẞ: gewalttätiger, roher Adelsherr - drumb: deshalb
NATHAN CHYTRÄUS
(Komm. S. 223)
Die Fleddermaus Als ein krieg enstanden war / zwischen den wilden Thieren und Vögeln / hielt sich die Fleddermaus erstlich also / das sie sich keinem theil zu feind oder freunde machte / sondern sahe zu wo es hinaus wolte . Da sie aber merckte das es den vögeln im krieg ubel ging /drehet sie sich listiglich aus /und menget sich under die Meuse / bald da sich das glück / wie es in krigen gebreuchlich ist / widerumb wendet / und der Adler den sieg behielt / keret sie widerumb zu den vögeln. Aber sie würd von den selbigen ubel entpfangen / denn sie zwackten und kratzten sie / und jagten sie als ein abtrünnigen und trewlosen vogel von sich. Da wolten sie auch die Meuse nicht widerumb annemen. Mus also des nachts fliegen /und sich irer untrew und leichtfertigkeit ohn unterlaß schemen. Diese Fabel ist auff die unbestendigen / hinderlistigen und trewlosen gesellen gedichtet / die sich darin wol spiegeln mögen / das in nicht gleicher lohn zu theil werde.
Ein Fledermaus und Wisel
Ein Wisel hette ein Fledermaus erwischet / und wolt sie umbringen und verzeren / und ob wol die Fledermaus fleissig umb gnad und erhaltung ires lebens bat / kundte sie doch erstlich nichts erhalten. Denn ich / sagt das Wislein /bin von natur der vögel abgesagter feind . Bin ich doch kein vogel / sagt die Fledermaus / sihestu nicht / wie ich einen kalen bauch und seugende brust hab? welches mehr einer Maus denn eines vogels eigenschafft ist / und kam also davon. Kurtz hernacher / würd eben diese Fledermaus einem andern Wislein zu teil / dasselbige sagt / das es der Meuse geschworner feind were / darumb kunde ir keine genad widerfaren . Darauff antwortet die Fledermaus / sihestu nicht an meinen Flügeln / das ich keine Maus bin . Denn wo hastu jemals gesehen das eine Maus Flügel hette . Also fristet die Fledermaus mit verendertem namen zweimal ir leben. hielt: verhielt - drehet sie sich aus: machte sie sich aus dem Staube fristet: rettete namen : (hier:) Geschlecht, Familienzugehörigkeit
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Nathan Chyträus
Sey vest /sey auch gelind dein muht / Wie zeit und sach solches fodern thut. Denn unterweil ein weiser man Sein sitten ohn schand endern kan.
Vom Vatter / Sohne und Esel Ein alter man und sein Sohn / der noch ein junger knab war / trieben ein Esel für sich zu marckt / in daselbst zu verkauffen. Da begegnet in einer / der sagt / wie seit ir grosse thoren /das ir hinderm Esel hergehet /wie ein zuchtmeister / der seine knaben zur schuel füret . Möchte doch einer darauff sitzen / da ir doch beide des alters seit /das ir euch wol möchtet tragen lassen . Da hies der Vatter den Sohn auffsitzen / und er folget hinden hernach. Bald begegnet inen ein anderer / der sagt: Sihe wie ein verwenter lecker ist das? der sitzt auffm Esel und lest seinen Vatter im dreck nachwaten. Aber es geschicht dem alten Narren recht / dieweil ers vom Sohn leidet. Da saß der Sohn ab / und lies den Vatter auffsitzen. Bald kamen sie an ein Dorff / da sie durch musten / da schrie jederman / Sihe wie ein alter unbarmhertziger holtzbotz ist das / er sitzt auffm Esel /ist noch rurig und starck /und lest sein eigen Kind /das unschuldige blut / im kat nach waten . Das kundte der alte auch nicht leiden / und hies den knaben hindersich auffsitzen . Sie waren aber kaum zum Dorffhinaus kommen /da sagt einer /der Esel muß dir warlich wolfeil sein / das du in so sehr beschwerest. es ist wunder das er under so einer schweren bürd nicht zu bodem sincket. Diesem wolten sie auch zu gefallen sein / wusten aber nicht wie sie es angreiffen möchten / das sie ungestraffet davon kemen . Letzlich bunden sie dem Esel alle vier /und trugen in an einer stangen /da wolt sich jederman zu tod lachen /in sonderheit aber wurd der alt bespottet und gefatzet /das er so ein geck were. Da ward er auch endlich zornig / dieweil er niemand nichts zu danck thun kunte /und da sie auff die nechste brucken kamen /warff er den Esel herunder / und lies in ersauffen. Wer jederman wolte recht thun / der müste früe auffstehen / Es ist noch keiner gefunden / der es allen hette können zu gefallen machen / denn wieviel köpff so viel sinne. Damit sich auch der tröstet / so dieses Büchlein in druck verfertiget / so es etwa einem Klügling nicht würde gefallen.
muht: Sinn, Gemütsart - unterweil: manchmal - sitten: Verhalten Möchte: Könnte - verwenter: verwöhnter - lecker: Schelm, Schmarotzer - leidet: hinnimmt, sich gefallen läßt – holtzbotz: Tölpel, Popanz –- rurig: rührig, rüstig –- ungestraffet: ungetadelt —– gefatzet: verhöhnt - nichts: etwas
DANIEL HOLTZMAN
(Komm. S. 225)
[Von vier immergrünen Bäumen und dem Feigenbaum ] Du solt allmal Grünen inn vierfältigem Namen der Tugenten. Ain Lorberbaum lustig und grön / Deẞgeleichen ain Ölbaum schön.
Ain Palmenbaum und Buchsbaum fein / Dise vier Beum all in gemein. Wůchssen auff bey ainander gar / Bey inen auch auffwachssen war. Ain Feygenbaum in sonderheyt / Nach dem als nun des Winters zeyt. Durch kalt Gewitter / Schnee und Regen / Disen Feygenbaum thet erlegen. Das Er seine Bletter verlor / Doch die vier Beum gemeldt zuvor. Nach ir gewonhait vor dem Wetter / Gantz grün bliben / und voller Bletter. Da hat sich der Feygenbaum das / Beschämbt / und ist mit neyd und haẞ. Umbgeben worden gar behendt / Wider dise vier Beum genendt. Und hat traurigklich auff ain tag / Fürgelegt ain solliche klag. Von wannen kumbt es doch das ir, / Grüne Bletter habt für und für. Und wann die frucht vergangen ist / (So zierend ir noch zů der frist. Und erneerend noch auff das best / Die unnutzen und grüne Est)
in sonderheyt: für sich stehend - thet erlegen: zum Erliegen brachte -- gar behendt: alsbald genendt: genannten – zů der frist: weiterhin
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Daniel Holtzman
Ich glaub das Euch erfröwe sein / Der lehr und nun schattende schein. Wie ich an Euch ietz thů befinden / So thůnd ir all vier Ewre Rinden. Weyt mer achten dann die substantz / Und frucht die von Euch kummet gantz. Als von dem Feygenbaum die wort / Die vier Beum horten an dem ort. Darauß sy merckten offenbar / Das Er inen miẞgunnet gar. Ir zierung durch die Bletter schön / Das sy beliben frisch und grön . Hond sy angefangen zu lachen / Gedultigklich inn disen sachen. Und sich ain jeder zů der zeit / Verantwortet mit der warheit. Und hat Erstlichen mit verlangen / Der Lorberbaum also angfangen. Und sprach du solt also verston / Mein hitzige Complexion. Die thůt mir beystohn für und für / Das sy alle Kelt treibt von mir. Und erhitziget mich hergegen / Darumb thů ich grünen allwegen. Nach dem da fieng der Ölbaum an / Sprach es ist wissend jederman. Das inn mir alle faiẞtigkeit / Zůnimmet / und wechẞt alle zeit. Und thůt tieff in mein Wurtzel fliessen / Die es nutzbarlich thût geniessen. Alẞdann werden erneeret fein / Die grünen Zweyg und Bletter mein. Nach disem bald der Buchsbaum sprach / Ich bin auch nit an krefften schwach. Dann mein substantz die ist warlich / Zusam gesetzet krefftigklich.
erfröwe sein: erfreulich ist – thů befinden : feststelle - substantz: das Innere, Wesentliche, die Hauptsache - Complexion: Temperament – faißtigkeit: Fettigkeit
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Daniel Holtzman
Wann ich ain mal die grůne krafft / Begreiff/so hallt ich sy standthafft. Und mag in mir nit mehr verderben / Oder das ich mich thet entferben. Da sprach der Palmenbaum zůletst / In mir so ist mein krafft so vest. Das in mir jetz noch alle frist / Kain Blat noch Mye verdorret ist. Dann ich hab die auß mir geboren / Auß faiẞter feuchtigkait erkoren. Als sy nun all vier an der stett/ Jeder sein antwort geben hett. Der Lorberbaum wider hernach /
Zů dem Feygenbaum weytter sprach. Hast du dann nye gehört mit fleyß / Warumb doch nimmer mehr der Weyß. Beraubet wirt frech und ungütig / Seines hohens Namens sänfftmütig . Dises allain darumb geschicht / Wie ich mit warhait dich bericht. Erstlich Er grünet allezeyt /
In vernunfft und in der klarheyt. Inn milter ghrechtigkait darbey / Und vester standhafftigkait frey. In zimlicher mässigkait gut / Und sich selber regieren thůt. Durch sein weyẞhait und sein verstand / Er thůt auch verletzen niemand. In widerwärtigkait zumal /
Erligt Er nit noch in trübsal . In glücksäligen dingen Er / Sich nit lasset verfüren schwer. Zů dem argen oder dem bösen / Von dem Er sich thůt selb erlösen Und durch die vier Ancker merck mich / (Der Tugent) bewaret Er sich.
Und hefftet das schiff der Weißheyt / An das Gstatt des gemüts allzeyt.
der Weyß: der Weise
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Daniel Holtzman
Darumb der ungstiemigkait Wellen / Mügen in nit letzen noch fellen. Er grünet allzeyt in der welt / Durch die ding so ich hab gemelt. Morale. Zway stuck auß diser Fabel klar / Sollen wir mit fleyß mercken gar. Die vier Beüm vor gezaiget an / Bedeuten ainen Christen man.
Wöllicher allzeit grůnet eben / Durchauß in seinem gantzen leben. Er behellt allzeit in im fein /
Das krefftig wort Gottes so rein. Damit er dann die Wurtzel gåt / Seines hertzens befeüchten thůt. Und wechẞt auff in Gerechtigkait / Und Gottes forcht und in Warhait. Das im all sein sach glücklich gaht / Wie dann Proverbiorum staht. Die frummen grünen überal / Gleich wie das grüne Laub zumal. Das inen auch nit schaden mag /
Die kalte oder böse tag. Wölche bedeüten das unglück / Des Teufels und der Welte tück. Zum andren der Feygenbaum auch / Bedeüt solliche Menschen rauch. Wölliche da nach irem sin /
Wandlen auff grobem weg dahin. In Lasteren und in Unzucht / Und bringen wenig gåter frucht. Sy thůnd auch gar kain achtung geben / Durchauß in irem gantzen leben. Auff Gottes wort damit sy doch / Etwan möchten beschützen hoch. Ir Leib und seel diser gestallt / Vor Reyffen / schnee / und Winter kallt /
letzen: verletzen - gemelt: genannt - eben: gleichmäßig - mag : kann - rauch: (hier:) sündig
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Daniel Holtzman
(Die bedeuten wie vor gemeldt / Trübsal und Anstöß in der Welt. ) Das wirt von inen nicht betracht / Sonder leben gar unbedacht. Ja sy verdreüßt zů aller zeit / Wa in Got und glücksäligkeit / Ain anderer sein leben fieret / Wölcher mit Tugent ist gezieret. Und bewaret sein Leib und Seel / Vor zeytlich und ewiger queel. Derhalb wie ich vorgemeldt hab. Thůnd die Gotlosen nemen ab. An irem leben und verderben / Zů letst sy ewigklichen sterben.
[Von dem Menschen und Seydenwürmlin] Ain recht Freygibiger begert nicht lob / Rupfft auch bewißne gåtthat niemandt auff. Auff ain zeyt als ain Mensch subtil / Empfangen het der Seyden vil. Die im ain Würmlin hett gespunnen / Zů hand der Mensch gantz wol besunnen . Sihet das Würmlin zů der zeyt /
Im zů bedancken der arbeyt. (Letstlich thet Ers beschlossen finden / Und umbgeben mit seiner Rinden. ) Da sprach im der Mensch also zu / Mein liebes Würmlin dieweyl du . Also milt bist gewesen mir / Mit deiner Gespunst für und für. Wölche du auß dem Leibe dein / Mir zů gütthat hast gemacht fein. Warumb verbirgst du dann jetzund / Dein Haubt vor mir zů diser stund . Für war mehr hab getrauret ich /
Anstöß: Anfechtungen Rupfft niemandt auff: hält niemandem vor - subtil: feiner, zarter - wol besunnen : wohlbedacht -milt: freigebig
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Daniel Holtzman
Als ich gedencken suchet dich . Weder ich freüden gehabt hab / Von deiner Arbait und der Gab. Als nun das Würmlin an dem ort / (Mit scham) hört die danckbaren wort. Da sprach es demütig und fein / Zů dem Menschen O Freunde mein. Ach was sûchest du zů der zeit / Ain arms Thierlin mit danckbarkeit. So ich bey mir nit kan verston / Das ich was guts dir hab gethon. Dann wa man nit groß Gaben thůt / Außgeben auß reichlichem můt. So thůt auch nit volgen hernach / Die Widergeltung gleicher sach . Derhalben ich billicher dir / Solt mer dancken weder du mir. Dann es ist grösser allezeit / So ainer fein mit Danckbarkeit. Etwas empfacht (weder wann Er / Etwas schencket /deßgleich groß wer)
Der Freygibig darff sich nit schemen / Ain andren bitten anzunehmen. Ain Gab die Er im geben wil / Das Er dardurch empfach subtil / Ain grössers weder alle frist / Sein gebne Gaben allweg ist. Von dem danckbaren Menschen würt / Nichts erfordert wie sich gebürt. So im nun etwas ist zůkummen / Des Er frölich hat angenummen .
Wer also ist Freygibig gar / Der fleucht allezeyt offenbar. Die eusserlich belonung bloẞ /
Darzů treibt in die Tugent groß. Die Natur thůt willig und geren / Alle blüende ding geberen gedencken: nachdenklich - Weder: als – sûchest: besuchst - wa: wofern – Außgeben: spenden – reichlichem mut: freigebigem Sinn - Widergeltung: Vergeltung - empfacht: empfängt -- geren: gerne
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Daniel Holtzman
Die tieffen Goldadren darzů / Die seind Freygibig spat und frů . Jedoch thůnd sy verbergen sich Gantz tieff hinein in das Erdtrich . Nun das sy nit begeren sehr/ Zu suchen eusserliche Ehr. Derhalben die Natur sänfftmütig / Deßgleichen auch die Tugent gütig . Die thůnd dem Menschen geben nicht / Das lob under das Angesicht. Auff das sy geurtailet werden / Als begert uns auff diser Erden. Des eusserlichen lobs allwegen / Oder widergeltung hergegen. Morale. Bey dem Würmlin wirt gezaigt an / Auf Erd ain frumer Christen Man. Der nach dem bevelch Christi klar / Dem Menschen willig dienet gar. Wie auch Paulus vermanen thůt / Ad Galatas am vierdten gut. Da spricht Er befleissend Euch frey / Ainer dem andren dienlich sey. Petrus spricht auch geleicher weyß / Seind ainander dienstbar mit fleyß. Diẞ als ain rechter Christ betracht / Der Widergab Er sich nit acht. Was Er ainem guts gethon hat / Rupfft Er im nit auff frü und spat. Wie Ecclesiasticus spricht / Thů deinem Freund auffrupffen nicht. Hast im was guts thon und bewisen /
So würdest du hoch darumb geprisen. Wer dienstbar ist dem wirt sein lohn. Oder dancksagung nit entgohn.
geurtailet: dafür angesehen - frey: geradezu
HANS WILHELM KIRCHHOF
(Komm. S. 227)
Ein gleichniß von zweyen meusen Zwo meuẞ, ein alte und ein junge, wohneten in einem hauß, und geselleten sich zůsammen. Einsmals kommen sie mit einander in ein kammer, darinnen von mancherley speiß ein überfluß vorhanden, dieselbigen sie alle versuchten. Zum letzten ersicht die junge mauß ein hüpsches neuwes vierecktes kästlein, sehr künstlich von eisen drat, mit einem thürlein , das vornen weit, hinden aber gantz eng, und gegen den außgang sehr spitzig mit zincken gemacht, in welchem an einem häcklein ein stück wolriechendts honigtheigs gekleibet war. Sie hett jetzund in willen dieses auch zů kosten , wer auch hineyn gekrochen , da nit die alte mauß sie zurück gezogen, gewarnet, und was diß für gefährlichkeit auff im trüg, sie underrichtet hette . Es gieng aber, wie es gemeinlich geschicht, daß die jugend keiner der alten underweisung sehr achtet, denn die junge mauß gedacht dem handel nach, und daß es eine schand wer, diesen honig also unbenascht bleyben zu lassen. Darumb sucht sie ursach, wie sie mit fug allein in die kammer sich stälen möchte , wie denn geschach, und damit nicht ir gesell sie abermal an der schleckerey verhinderte, schleufft sie eylents in die fallen und friẞt vom honig nur ein wenig, in dem kompt die magt etwas zů holen, ersicht die mauẞ (welche sich wider heraußzůkommen hart nötet, doch umbsonst war) und schlug sie zů tod. Auffdiese meinung gehet es auch zů mit jungen gesellen , und die auch sonst daheim zů bleiben hetten , doch auß fürwitz den krieg, als da sie frey allerhand schand treyben können, versuchen wöllen . Ob sie schon von den erfahrnen und alten darfür gewarnet, darzů sie solches von vilen , so jämmerlich wider heim kommen, ein exempel nemmen möchten, ist es doch vergebens . Machen sie sich dennoch heimlich darvon, und manchmal , ehe sie recht angehaben, überfelt sie kranckheit, kommen in der oberkeit hand und straff, oder werden sonst, wenn sie sichs am wenigsten versehen , erschossen und todtgeschlagen, und da sie solchen vorkommen wolten , deß handels gewar werden , und heim gekleibet: befestigt -– da nit: wofern nicht [ Konj. d. Hrsg. aus: damit] – hart nötet: sehr abquält - und die: wenn die -– möchten : könnten –- angehaben: begonnen – da sie solchen vorkommen : wenn sie derartigem zuvorkommen
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Hans Wilhelm Kirchhof
auß der fallen begeren, können sie das on grosse schand und sorg ires lebens , denn sie mit eyden zů hoch verbunden, nicht erlangen. Qui periculum amat peribit in illo. Wer gfahrlichkeit zůvil lieb hat,
Der zürn nit, wenn er drinn vergaht.
Ein fuchs betreuget einen esel und löwen Diese fabel oder gleichniß ist von einem löwen, der einen fuchẞ bey sich zů einem diener hette, welcher von dem, so der löw von dem raub überließ, lebte. Diesem löwen aber war im leib alters halben sehr weh, darumb er gantz krafftloß und verzert ward, und also sein narung unvermöglich war zů erjagen. Solch bedaucht auch den fuchẞ im widerwertig seyn, und auff ein zeit fraget er seinen herren mit gantz listigen und schmeichlenden worten, warumb er so kranckes und verdorrendes leibs were? Gab im sein herr antwort, daß solchs auß ursach kem der grimmen und schmertzen seines leibs, welcher, on durch waschen in fliessendem wasser, und mit einem hertzen und den ohren eines esels , nicht möcht gewendet werden. O ist dem also? antwortet der fuchẞ; dem weiß ich zů rahten. Er trachtet diesem handel mit fleiß nach, ungefehr aber gieng er bey einem wasser, dahin ein wöllenweber seins tuch zů weschen auff einem esel gefürt hette , welcher ein gåten weg darvon im wald gieng und weidete. Zů demselben esel trat der fuchß, grüßt in, und sprach: Ey lieber bråder, wie find ich dich allhie so elendes magern leibs , bresthafftigen und gebrochnen ruckens ! Antwortet der esel : Diß alles geschicht von kargheit und unbarmhertzigkeit meines herren , denn über das, daß ich schier erhungere , legt er auffmich schwerere bürden , denn ich zweymal selbst bin. Sprach der fuchẞ : In solchem hunger und arbeyt würd ich nicht lang bleyben. Wo soll ich hin? antwort der esel , denn wo ich hin komm , und mich die leut ersähen , möcht ich wol die stett, aber nit meinen standt verendern . Der fuchß sprach: Hör, was ich dir sag, und folg dem! wiltu mit mir gehen, da du findest feißte weyd , gute kreuter und schöne fliessende wasser, da dich kein andere thier, denn allein deines geschlechts , irren? Als der esel das höret, war er williger denn willig, gieng mit dem fuchß, und da sie zů dem löwen kommen, wolt er den esel angefallen haben, aber es was nit in seinem vermögen mit der gewalt zů handeln, darumb entlieff im der esel widerumb zů seinem herren . Das verdroẞ den fuchẞ, fragte, warumb das beschehen were, mit willen oder nicht. Der löwe verzert: abgezehrt - bedaucht: dünkte - im widerwertig seyn: für ihn selbst unangenehm zu sein on: außer - ungefehr: von ungefähr – irren : stören mit der gewalt zů handeln : Gewalt anzuwenden
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Hans Wilhelm Kirchhof
gedacht: Sagstu, es sey von ohnmacht und schwachheit deines leibs geschehen, so bleibt der fuchß nicht bey dir; sprichstu denn, der esel sey von dir gern hinweg gelauffen, so helt er dich für lügenhafftig, und gereichet dir aber zum ergsten, und sprach: Magstu den esel widerumb zů mir hieher bringen, wil ich dir sagen, werhalben ich das gethan hab. Schwerlich wirt das zugehen, antwortet der fuchß, denn er ist meiner betrüglichkeit innen worden , und ist er witzig, wirt er mir nicht mehr glauben , doch wil ichs versuchen. Gieng so lang bey das vorgemelt wasser, biß der wöllenweber seine thuch zu waschen von dem esel ablůd, und den esel in den wald in die weyd ließ. Da er den fuchß von ferrnen ersahe, sprach er: Pfu dich, was woltestu aber mit mir beginnen, du falscher lügner? Antwortet der fuchß: Nichts denn alles guts, ich komm hieher mich zu entschuldigen; was neuwlich dir widerfaren, ist nicht in argem, wie du in schrecken gemeinet und dir fürgebildet hast, sonder auß großer freud dich zů umbfahen, geschehen, und in der warheit, wo du noch ein klein weil daselbst verharret, soltestu wunder erfahren haben , was ehr von deinem geschlecht den eseln dir erzeigt worden were , und auch noch erbotten werden kan, so du anderßt sie nicht verschmehest, und mit mir zů inen dich nicht weygerst zů gehen. Weil nun der esel vorhin keinen löwen mehr gesehn, glaubt er desto leichter, und gieng mit im . Da ihn aber der löw ersach , ergreiff er in, und zerret ihm seine seyten auff, daß er starb. Und der löw sprach zů dem fuchẞ: Bewar du in, biß daß ich zum wasser gehe und mich gewesche. Dieweil nun der löw im bad war, frisset der fuchß das hertz und die ohren vom esel , und da der leuwe widerkam , fragt er, wo sie hinkommen; sprach der fuchß: Herr, ihr mögt wol gedencken, hett diser esel ohren oder ein hertz gehabt, hett er billich meinen betrug gemerckt und gehöret, und nit widerumb in die gefährlichkeit , der er erst entrunnen war, sich begeben. Offner betrug in einer sach Macht glatte wort ungewiß hernach, Drumb wer glaubt, da er lügen spürt, Dest billicher betrogen wirt.
Von einem mutterpferd und wolff Auff einen morgen aller früest kam ein hungeriger wolff zu einer pferdsmutter oder mutter pferd (an etlichen enden nennet man es ein stutt) , die hett allein ein sehrjunges füllen neben ihr gehend auff einer matten oder wiesen an der weide . gern: freiwillig (gemeint ist : du hättest ihn nach deinem eigenen Willen weglaufen lassen) – aber: wieder - vorhin keinen mehr: bis jetzt noch keinen stutt: Stute
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Hans Wilhelm Kirchhof
Der wolff fürcht sich, groß und viel geschrey zu erwecken, darumb grüßet er das pferd freundlich und sprach: Schwester, du merckst wol meine gelegenheit, warumb ich da bin; bistu zufrieden , daß ich das füllen angehe , meinen hunger zu stillen? wil ich deiner jetzt und hernach allweg verschonen. Das pferd sprach: Ja, lieber bruder wolff, wenn es nit noch zu jung und dir schädlich were; du weist, das zu gar frisch kalbfleisch nit gut zu verdawen und gern ein fieber erwecket. Wie es dir mit diesem füllen, des geburtstag mir ist abgefallen, gehen würde, darfür wil ich dir nit gut sein; aber kom her und besihe, denn ich sehe dich gewiß für geschickt an, das deuten deine schöne, große , helleuchtende augen; an meinem rechten hinderfuß stehet dasselbige angemerckt, komme und besihe es selber, bistu der gefahr gesichert. Wie aber der wolff sich diese des pferds glatte wort, das ihn einen hochgelehrten schetzet, ließ betriegen, sich selbs zu erheben, herbey nahet, schlug ihn das pferd so hart an seine stirn mit dem fuß, daß er gestracks nider fiele und im geschwande; mit dem sprang sie und ihr füllen darvon. Die hirten, so nicht ferrn darvon an der weide , sahen diesen tumult, lieffen hin zu besehen , funden den wolff noch also ohnmechtig ligen und schlugen ihn vollends zu tod.
Sich selber düncken hochgelehrt, Hat manchen bracht in groß gefährd. Mit hohen dingen sich verwirrn Trifft wie den wolff hart an sein stirn, Vermiß dich nicht, darffst nicht verliern .
[Vom fuchs und einer löwin] Ehrsucht verflucht. Eine löwin und fuchs wuchsen mit scheltworten an einander, daß neben andern injurien der fuchs darzu thet, wie sie nicht mehr denn ein einiges junges zumahl köndt geberen . Antwort die löwin , daß solches ein verordnung sey der natur von gott geschaffen . Sie trag zwar nicht mehr, denn ein junges zumahl , dasselbig sey aber ein männlein und ein löw, das ist, starcken und adelichen gemühts.
Nach ordnung der natur und rechten Seind so viel edler nicht, als schlechten ; Darwider was hastu zu fechten? gelegenheit: Absicht -– zu gar: allzu -– abgefallen: entfallen – geschickt: kundig – schetzet: hielt für - im geschwande: er ohnmächtig wurde – darffst: brauchst wuchsen: gerieten – zumahl: gleichzeitig – schlechten : Geringe - zu fechten: dich aufzulehnen
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[Vom schaff, hirsch und wolff] Wolan, sprach ein hirsch zu einem schäfflein, wenn wirds ein mal, daß du mir den zinß, so du nun von viel jahren her schuldig bist, bezahlest? Und als es das erschrocken schaff, welchem von nichts bewust, nit wolt gestehen, nam der hirsch ein wolff zum zeugen; der sprach, es were also. Hierumb bestimbt ihm der hirsch ein andere zeit zu endtlicher capitals und interesse bezahlung. Da dieselbige nun auch herbey, fordert der hirsch abermal mit ungestüm , wie zuvor, unterstundt sich auch, gewalt zu üben . In deß ward das schaff gewar zweyer großer hunde , denen rieff das schaff als zeugen seiner unschuldt. Darumb sprach der hirsch und wolff: Fahr jetzt hin und nimm für lieb, wir haben diẞ mahl nicht zeit, länger zu tagen und die register zu überlegen. Wenn unschuldt meint, sie muß jetzt dran , Wil gott sie darumb nit verlahn, Solchs hat er je und allweg gthan.
Oder: Gott schickt niemals trübseligkeit, Sein heilig engel war nicht weit, Der schafft errettung rechter zeit.
Von einer fliegenden schildkröten Zween vögel und ein schildkröt wohneten und hetten gemeinschafft bey einem brunnen, der einen starcken ausfluß hette . Da nun die brunnenquell in einem dürren sommer kein waßer mehr gabe , wolten die vögel waßers mangels halben sich an andere örter wenden, doch ihre nachbarin, die schildkröt , auff ihr bitten nicht dahinden laßen; namen ein bequem höltzlein, gaben ihr dasselbig in mund und sagten, mit den zänen es fest zu halten. Sie , die zween vögel , aber faßeten solch holtz jeder an einem end mit seinem schnabel , flogen also mit ihr darvon. Und da sie also mit einander durch die lufft hinfuhren, wurden es etliche andere schildkröten gewahr und schrien: Schawet, schawet, welch ein wunder über wunder! da fleugt ein schildkröt durch die lufft zwischen zweyen vögeln ! Als die schildkröt das erhöret, sich solcher ungewönlicher händel aus hoffahrt erhebend, gab sie antwort: Ja , ich fleug hin, ob euch das auch schon verdreußt
Und: Da - gestehen : zugestehen – interesse: Zinsen – nimm für lieb : finde dich damit ab - tagen : verhandeln - register: Abrechnung, Schuldsumme – zu überlegen : zusammenzurechnen dahinden: zurück – bequem höltzlein : geeignete kleine Stange - händel: Geschehnisse - erhebend: überhebend
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Hans Wilhelm Kirchhof
oder wehe thut. Und wie sie ihren mund auffsperret, zu reden, entwischt ihr das höltzlein aus den zänen, fiel herab zur erden und starb. Summa, diß beyspiel wil jetzund, Daß man lehrn zeumen seinen mund . Wer redt, da nützer wer, zu schweigen, Der springt mit macht an narren reygen, Und schweiget, der da reden sol , Das schickt sich abermal nicht wol. Auch wer davon kein wißen hat, Der scheust allweg neben das blat. Drumb wer die zeit kan unterscheiden , Der helt sich recht in allen beyden. Reden und schweigen hat sein zeit, Jetzt bringt eins nutz , jens aber leid, Drumb thu das maul nicht auff zu weit. Oder: Niemand soll sich leicht laßen irren
Speywort, und mit denen verwirren. Wenn er vor hat, sich zu erretten Aus gefahr und schweren nöhten, Ob ihn schon reitzwort drungen hetten. Und:
Wer sich wil kehrn an all gespey, Antworten auff unnütz geschrey, Macht nur aus einem unglück zwey.
Ein adler wirdt von einer krohen betrogen Ein adler führete eine meerschnecken in seinen klawen , versuchte auff alle weise, doch vergebens, dieselbige zu öffnen . Zu ihm, dem adler, kam eine kräe; herr, sagte sie, wolt ihr dieser schnecken, und der speißen, so darinnen ist, genießen, müßet ihr es mit vortheil angreiffen . Und auff begehren des adlers sagt sie: Mein raht ist, daß ihr in alle höhe , und so hoch immer möglich, euch auffschwinget, die schnecken mit euch führende . Und da ihr sie als denn herunter fallen laßet auff diesen stein, zerbricht und zerschellt sie nach allem
zeumen: beherrschen - blat: Ziel - Speywort: Spottreden – drungen: bedrängt krohen: Krähe - vortheil: Trick, Kniff
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Hans Wilhelm Kirchhof
ewern willen leichtlich . Der anschlag gefiel dem adler, thet also, und wie die schnecken von dem fallen eröffnet, war die kräe baldt da, verschluckt, was darinnen, ehe und zuvor der adler von oben herunter kommen ware .
Mit vortheil ist offt mehr geschafft, Denn sonst mit großer macht und krafft. Gut raht manchmahl errettet hot Das schiff in großer waẞers noht. Viel mahl wütet ein sturm und windt,
Gut raht doch sichern portum findt, Behendigkeit auch schloß gewinnt.
Und: Doch solchen rahtschlag lob ich nicht, Wenns hertz nicht ist, wie der mund spricht, Sondern auff eygen nutz gericht.
anschlag: Vorschlag - portum: Hafen - Behendigkeit: listige Klugheit - schloß: Burgen - gewinnt: erobert
JOHANN FISCHART
(Komm. S. 229)
[Von der alten und jungen Maus , der Katze und dem Hahn ] Muck.
Was sagt hirauf dein Vater dan / Wolt er es so geschehen lan? Floch. Nain / er war schwerlich zu bekeren Wolt von Weibs miltigkait nicht hören / Sagt / das unter dem milten schein Oft steckt ein hauend wildes schwein. Und legt dabei ain gschicht mir aus Von ainer alt und Jungen Maus /
Die Jung / als sie wurd etwas gros Das enge Nästlin sie vertros / Und wer liber spazmausen gangen / Die Muter sorgt es würd gefangen / Und hilt ir sönlin stäts zu haus / Noch wolt das Sönlin stäts hinaus: Und lag der Muter so lang an / Biß sie sprach / Sönlin / Nun / wolan / Weil es dan kan nicht anders sein / So folg doch iz den lehren mein. Wann du herfür komst inn das haus So lauf nicht flugs den Plan hinaus / Nicht sez dich mitten auf den plaz Auf das dich nicht erhasch die Kaz / Nicht lauf ferrn von dem Vaterland Und halt dich hart nah an der Wand /
miltigkait: Sanftmut, Güte – spazmausen: spazieren – Noch: Dennoch - Plan: Platz ·- von dem Vaterland: von daheim
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Johann Fischart
Damit dem Murnar mögst entwischen Wann er vileicht wolt nach dir fischen / Das Mäuslin lif / guckt gleich hinaus / Da sas ain Weis Kaz dort im Haus /
Und muzt sich mit den pfoten glanz / Wie ein Jungfräulin zu aim danz. Das Mäuslin konnt sie nicht gnug bsehen / Die Kaz aber thät auf sie spehen: Inn des flog der Haushan herfür
Mit grosem schall auf die Hausthür / Drab das Mäuslin erschrack also / Das es lif hintersich alldo / Und fül der Muter inn den schos / Sie sprach / Son wie bist so kraftlos ? Was ist dir also bald geschehen? Es sprach / Ich hab ain thir gesehen Das ist gar grausam Ungeheur Es hat zipfel so rot als feur Auf seinem kopf und unten dran / Und schrai Laut Guckenguckenhan / Das thir erschreckt mich / das mir noch Das herz klopft / wie holtzwürm im ploch. Da sprach die Muter / Sag mir her Hastu auch was gesehen mehr?
Ja sprach es / Ich sah auch dort sitzen Ain saubers Weiblin / thet sich mutzen / Und hat ain weises Belzlin an /
Ich het wol mögen zu ihm gahn. Ach /sprach die Muter / Liber Son / Da hetst du wie ain Kind geton / Nit scheu das Thir welchs also schreit / Dasselb trägt gegen uns kain Neid / Das Weiblin inn dem Belzlin weis / Das also Laurt / und trit so leis / Dasselb der Rechte Murnar ist / For dem hüt dich / er ist voll list /
Murnar: Katze (Anspielung auf Thomas Murner) – muzt sich: putzte sich --– glanz: sauber, glatt - spehen: lauern - Drab: darob - hintersich: zurück -- fül: fiel – ploch: Block
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Johann Fischart
Also sagt er / das ich mich hüte For scheinender angmaßter / güte: For stillen Wassern / die grund fressen / Und for den schöngefärbten essen. Man hüt sich leicht / for den die pochen / Aber nicht den / die lang Neid kochen. Wann sich der Bös am frömsten stellt Ist er der ärgst Bub in der Welt: Darum rhat er / ich solt nicht trauen Den Jungfrauen / die so süs schauen / Im Kram hats vil gemalte Laden / Die doch mit gift oft sint beladen. Muck.
Fürwar das waren gute leren / Hetst du dich daran wollen kehren /
Aber ich denk / das dir auch war Wie allen Jungen Leuten zwar / Welche fürwitzig sind und frech / Und wagens ob es schon auch prech. ***
[Fabeln von der Schnecke oder, an deren Statt, von der Schildkröte ] Secht / wie man allein bei eim Schnecken So schöne lehren kann außhecken: Darumb that jener Bräutgam wol / Welcher gab seiner Gsponß einmol Ein Gmalring / darauff stund erhaben Ein Schneckenhäußlin schön gegraben / Daran zu sehen für und für / Was sei ir Amt und Ehgebür. Will man es dann schon nicht von den gemainen Grund oder Haußschnecken / sondern von den Schiltkrotten verstehn / so mögen nit des minder der mehrtheil sagt er: der Vater des Flohs - angmaßter: vorgetäuschter - grund fressen : abgründig sind pochen: prahlerisch auftreten - Kram: Kramladen - gemalte Laden: bemalte Schubladen beladen: angefüllt - zwar: fürwahr - frech: furchtlos Secht: Seht außhecken : ausbrüten - Gsponß: Braut - Gmalring: Trauring erhaben: in erhabener Arbeit - gegraben : graviert - gemainen: gewöhnlichen
Johann Fischart
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obgesetzter Gleichnussen auch in derselbigen zutreffen / Auch darneben ettliche andere schöne Häußliche lehren und Gleichnussen von irer art und eigenschafft geschöpft werden . Als nämlich :
[ 1. ] [Vom Frosch und der Schildkröte ] Es hat einmal ein Frosch mitleiden Mit der Schiltkrott / das sie mußt leiden / Das sie die Schal / wie er meint trucket / Und hets ir gern hinweg gerucket. Dem antwort die Schiltkrott: du Thor / Eh mich entdeckst / so deck dich vor: Wann du im Winter hast kein schutz / Erfährst nicht / was die Teck wer nutz? Hätstu ein solch starck sicher dach / So dörffst nicht ruffen inn der Lach Zum schrecken / das sich nieman nahe Zu dir / und dich zur speiß auffahe / Wilt also mit geschrey dich wehren / Daran sich nicht die Storcken kehren: Darumb laẞ mir mein schalenhauẞ Und bleib du inn der Lachen drauß: Ein hauß ist ein gut sicherheit Ein zuflucht beid zu fräud und leid: Es ist keim baß als inn seim hauß Und denckt drein / wann er schon ist drauß: Es dunckt in / wann er drinnen sei Das er inn seiner haut steckt frey / Und wann er darauß ist geloffen / Das er auß seiner haut sey gschloffen: Und spürt / das im der lufft darauß Nicht ist so gsund als inn seim hauß. Inn seim hauß ist ein jedes frei /
Außwendig verlasen /forchtsam / scheu.
obgesetzter: oben ausgeführter - trucket: drückte – entdeckst: die Decke wegnimmst - vor: vorher - dörffst: brauchtest - Zum schrecken: um zu erschrecken - Storcken: Störche - baß: besser, wohler - gschloffen: geschlüpfft
Johann Fischart
189 Warumb weinet ein Kindlein gleich Wann es von Muterleibe weicht? Darumb / das es sich mercket bloß / Und seiner Teck und Häuẞlins los / Meinst das ein Amäuß inn dem Regen Verdrieß sich schmucken und zu legen Unter die Läublin oder Plätter Biß das für uber geht das wetter? Meinst das ein Thier sein hül beschwäre / Wann es ir / alß seim hauß / thut ehre Und sich vor duckt / eh es schleifft drein? Nein: sonder solchs thut es allein / Dieweil von wegen sicherheit / Welche einem sein hauß bereit / Billich das hauß man hält inn ehren: Dann wann offt nich die häuser weren / Wer es noch vil unsicherer mehr: Daher erstlich die leut zur wehr Wider die wilde leut und Thier Han Häuser bawen glehrnt von mir. Ja sie haben an manchem ort / Da ich gar groß wachs wie ein pfort / Mein Schal genommen nach meim Tod Und für ein Obtach gpraucht zur Noth. Ja Vögel haben auch begriffen Näster zu bawen / drein zu schliefen: Und der vierfüsig grosse hauff Hat gworffen schantz und hülen auff / So gar hat alles gleich erkant / Wie nötig sei der häuser bestand: Und du wolst mir dasselb erleiden / Das ich von meim hauß bloß solt scheiden. O Nein /das hauß ein freyheit ist / Macht eins keck / wie den Han sein Mist / Und wer inn seim hauß einen schmächt / Derselb Natürlich freyheit schwächt :
schmucken: schmiegen - Läublin : kleine Blätter –- hül: Höhle – schleifft: schlüpft -– erstlich: im Anfang - schantz : Schutzwall - schmächt: schmäht - schwächt: vergeht sich an
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Johann Fischart
Darumb sein eigen freyheit haben
Ist gwiß ein nicht der gringsten gaben. Der eigen Herd / ist goldes werd / Wer nirgends wont / wird offt beschwärt: Wo kein Tach ist / da ist erlaubt Den Vögeln im zu thun auffs haupt. So dann der häuser krafft und macht Wird also hoch und vil geacht /
Wie vil höher sint die zu halten / Die solche häuser hie verwalten: Derhalben mich diß ghäuß nicht trucket / Sonder mich vil mehr ehrt und schmucket / Das man mich gar für häußlich hält Und werd drumb zu der Venus gstellt: Anzuzeigen / das eine Fraw Im hauß soll sein / wie ich genaw. Darumb so halt dein gosch du frosch / Weil nichts auff häußlichkeit verstohst / Wirst auch kein haußman immer geben / Dann im hauß soll man still fein leben: Bei Plauderern wonet keine witz / Bei stillen hat sie iren sitz: Darumb spring inn dein lach darfür / Lach / das sie dir wird gar bald dürr. Hieher ir Weiber / allhie höret Wie weißlich ding die schiltkrott lehret / Wie hoch sie die haußhaltung ehret Und euch die fürnemst drinn erkläret / Wann ir im Hauß gantz gflissen bleibet / Und euch es gleichsam einverleibet / Welche wolt sich auch schämen meh Zu sein ein Haußschneck in der Eh?
Weil das Hauß wird so hoch geprisen / Und für die höchst freyheit erwisen / Ja für die gröste Herlichkeit Und sicherheit inn gfärlichkeit. gosch: Maul - witz : Klugheit -– lach : Pfütze – darfür: stattdessen - Lach: (hier Imp . zu:) lachen: eine Kerbe in einen Baumstamm hauen als Kennzeichen, daß er bald gefällt werden soll (Wortspiel)
Johann Fischart
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Welche wolt nicht gern sein zu Hauß / So man von ihr gibt rümlich auß / Das auff ihren das Hauß bestand / Und das man ihr vertraut den stand Und den Haußscepter ubergibet / Und das sie zur Haußkönigin belibet / Dann /wie man sagt / Ein Haußman bawet Nur auff ein fromm Weib / dem man trawet / Aber auff kein unrätlich Fraw / Da ist not / das der Mann selbst schaw: Wie kan dann mehr ehr widerfahren Eim Weib / dann so im zu verwaren Vom Mann das Hauß vertrawet wird / Und sie hilfft tragend es Manns bürd? Nun wöllen wir auff die Gleichnuß kommen / Welche wir hatten fürgenommen. Gleich wie das gröst theil ist vertecket An den Schiltkrotten und verstecket /
Also soll auch ein züchtig Fraw Den Leib nicht stellen auff die Schaw / Sonder auß scham sie diß verhüll / Was die Natur lehrt halten still / Dann die geberden und die Kleidung Sind des Sinns und Gemüts andeitung . Gleich wie die Schiltkrott nicht bestehet / Wann ir Hauß villeicht untergehet Also sind Haußfrawen kein Haußfrawen Sonder Außfrawen/wann sie draus schawen. Wie die Schiltkrott unter der Schal Kan alles außstehn uberal / Also ist nirgend mehr ein Weib Sicher an Ehren / gut und Leib / Als wann sie gwarsam bleibt zu Hauß / Drumb soll sie halten / das darauß Alle unsicherheit stäts sey /
Und das allein ir Hauß sey trew.
ihren: ihr – den stand: das Amt – belibet: ausersehen ist – unrätlich: unverständig, verschwenderisch - gwarsam: vorsorglich - halten : darauf bedacht sein
Johann Fischart
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Gleich wie under den Thieren all
Die Schiltkrott hat die heilsampst Gall / Dermassen das sie gifft vertreibet / Wo man darmit das gifft nur reibet: Also soll eins Weibs zorn und Gall Unschädlich sein zu jedem fall /
Nur dienen zu Heyl der Haußhaltung / Und förderung des Gsinds verwaltung.
[2.] [Von der Schildkröte und dem Adler]
Gleich wie die Schiltkrott ist geschaffen / Nicht in die höh hoch ding zu gaffen: Also soll auch eins Weibs verstand Nicht reichen uber iren stand: . . . Auff das ihr nicht auch also gehet / Gleich wie von jener Schiltkrott stehet / Welche verdroß zu kriechen länger /
Meint in der Lufft wird sie vil gänger / Verhieß derhalb / dem wer sie wolt An Himmel tragen / grossen Sold: Die Perlin in dem Roten Mör / Welchs irem geschlecht zugehör. Da nam der Adler sie darauff / Trug inn die Wolcken sie hoch auff / Begert demnach von ir den Lon / Welchen als sie nicht geben kan / Zertruckt er mit den Klawen sie / Sprechend / Nun stirbst im Himmel hie / Welchen du hast begert zu sehen. Also muß der Fürwitz geschehen. Secht /solch end hat der Schiltkrottflug .
wird: würde - gänger: beweglicher
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Johann Fischart
[3. ] [Von der Schildkröte und dem Hasen] Drab ward ein andre Schiltkrott klug: Dann als ein Haß ihr Füß verlachet / Ob ihr vom lauffen nicht geschwachet / Da antwort sie im lachend fein / Ich lauff nicht / aber tritt herein. Der tritt ist ansehlicher weit Dann lauffen / welchs leichtfärtigs deit: Gehn hat wol so vil außgericht Als lauffen / wie man an euch sicht / Die zu der speiß man täglich fängt Und euch die Ränck sehr grob verrenckt: Uns aber thut man nicht betrüben / Weil man an uns kein Hund darff üben:
Wie mancher ist fürs zil geloffen / Da es der Gänger baß hett troffen. Jedoch das ich dir nichts nachgebe / Und für den Lauff das gehn erhebe / So magsts versuchen es mit mir / Lauff du / und ich will zugehn dir: Da wird man sehen wer da siget / Und waran die gschwindigkeit liget: Der Haß mußt des außbietens lachen : O Muschelprack / was woltstu machen? Gut ists / das ich nicht wie der Fuchs Hab einen schwantz / du wirsts sonst flugs Dich wie der Krebs auch hengen dran / Das ich dich zum zil schlenckert dann / Lieber sticht dich das Miltz nicht auch / Wann also lauffst mit preitem Bauch? Gewißlich wirstu gar nicht wissen / Was für krafft steckt in disen füssen .
verlachet: verspottet - ihr geschwachet: sie erschöpft werde - tritt: trete - leichtfärtigs deit: auf Leichtfertigkeit schließen läßt -- die Ränck: die schnellen Wendungen, das Hakenschlagen verrenckt: umbiegt - darff: braucht -fürs zil: übers Ziel hinaus, am Ziel vorbei – der Gänger: der langsam Gehende - nachgebe: vorenthalte - für: über - zugehn : nachsetzen - Muschelprack: - wirsts: würdest - Lieber: mit Verlaub Muscheljagdhund (Spottwort, Neubildung F. s. ) –
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Johann Fischart
Ich binn entflohen wol sechs Winden: Was woltstu dich dann unterwinden? Jedoch das ich dir werd zu willen Und dein hochmut etwas zu stillen: So laßt uns einen Richter wehlen / Der ziel und lauff uns könn bestellen. Darauff erwehlten sie den Fuchs / Als untern Thiern / das aller klugst: Welcher alsbald er hett bestimmet Das ort / dahin zu lauffen gzimmet /
Da macht sie sich gleich auff den weg On all verzug / eilt / ist nicht träg / Vor Rumgir sie all müh vergaß / Ruht nicht /färt fort ohn unterlaß / Ziecht nach die lenden das sie keuchet / Biß sie das angsetzt ziel erschleichet: Inn des aber so setzt der Haß
Ein weil sich nider inn das graẞ / Vertrawet seinen füssen wol / Sagt /das die schildtroll anhin troll / Er müß ein weil ein schläflin thun: Als er ein weil hett geschlaffen nun / Da wacht er auff / will ehr einlegen / Und laufft was seine füß vermögen. Als er aber zum ziel laufft fort / Sicht er sein schiltkrott ruhen dort: Sich ligstu schildpostläuffer hie? Solch schand geschah keim Hasen nie: Werd ich von dir hie uberwunden / Was soll mir gschehen erst von Hunden / Gewißlich es nichts guts bedeut Man fang mich morgen oder heut. Wolan / was soll ich darauß machen / Ich muß mich schämen für mein lachen : Der sig ist dein / man muß dich preisen / Hei /das mich nicht die Hund zerreissen.
Winden: Windhunden – bestellen : bestimmen, festlegen – schildtroll, schildpostläuffer: von F. neugebildete Spottnamen
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Johann Fischart
Hie lehrnet / das der ernsthafft fleiß Hab vor leibs gschwindigkeit den preiß / Und das der fleißig ernst meh thu / Dann gschwindigkeit / so schafft unrhu : Es ist ein grosser unterscheyd Inn gschwindigkeit und Emsigkeit: Die Emsigkeit allzeit bestehet / Da die geschwindigkeit vergehet: All Emsigkeit / die ist geschwind / Doch Gschwinde drumb nicht Emsig sind. Die Gschwindigkeit / die ist wol gut / Wann mit verstand man gschwind was thut. Man spürt aber / das Gschwindigkeit Offt mehr ist ein Hinderlichkeit / Dieweil sie nicht ist garbedachtsam Wie der / so mit bedacht ist gmachsam.
Die fleissige bedachtsamkeit Und die Emsige gemachsamkeit Vil mehr dann gschwindigkeit außricht / Wie man hie an der Schiltkrott sicht / Die durch den fleiß thut uberwinden Den aller schnellsten und geschwinden / Der sich verließ auff seine füß Und den Sig dem langsamen ließ. Die Gschwindigkeit ist nicht geschwind / Wann sie nicht ist auff fleiß gegründt. Aber diß ist ein Gschwindigkeit / Da man verharrt in Emsigkeit: Zu vil gschwind lauffen macht nur müd / Aber stät gehn / das hindert nit / Dann wann der lauffend nun ist laß / Bleibt noch der gehend in seim paß / Und kompt noch vor eim lauffenden Und mit müh sich erschnaufenden: Und so vil vorgeht das stät Gmüt Dem leib / welcher sonst bald wird müd / So vil hat Emsigkeit und fleiß Meh danns leibs gschwindigkeit den preiß. spürt: bemerkt - gmachsam: langsam – laß: müde – paß: Schritt
Johann Fischart
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Secht / ir Weibsbilder / dise lehren Auch inn ein Haußhaltung gehören / Dann wo bedarffs mehr Emsigkeit Und sorgsame geflissenheit / Als in eim Hauß / welchs wol mag heissen Ein Imkorb und Hauff von Aumeisen. Dieweil man da laufft ab und zu / Laufft auß und ein / und hat kein Rhu / Gleich wie inn einer Handelsstatt
Im Kauffhauß und am Krangestad . Und solchs gschicht nicht umb preiß und rum / Als wann man wettlaufft etwarum /
Sonder umb des Lebens erhaltung Und der Nachkommenschafft verwaltung. Darumb sei jedes benügt an seinem Und laß im frembds nicht schöner scheinen : Ist in seim stand schon etwas beschwerlich / Denck es / das schwers thun sey auch ehrlich. Was weist / was einen andren stand /
Den gar gut schätzst / für not bestand? Das kan die Fabul wol bewären / Die ich jetzunder will erklären.
[4. ] [ Von der Schildkröte und den Fröschen] Ein Schiltkrot sah zu wie die Frösch
In eim Weirpful han ir gewäsch Und wie sie so ringfärtig waren / Schwummen wohin sie wolten faren / Sprangen wahin sie wolten gehen / Und thät ihn alles wol anstehen. Da fiengs an die Natur zu straffen / Das sie gantz träg sie het geschaffen / Darzu sie mit eim last beschweret Der sie hindert / wahin sie kehret / Imkorb: Bienenkorb – Krangestad: Hafen -- etwarum: um etwas – benügt: zufrieden - bestand: belastet - wol bewären : gut zeigen han ir gewäsch: sich waschen - ringfärtig: behende - die Natur zu straffen: der Natur vorzuwerfen
Johann Fischart
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Het unden einen trägen gang / Und oben thät der last ihr trang. Als sie aber auch name war / Wie Ael und Schlangen kamen dar / Welche die Lachjunghern verzuckten / Auch Störck / die gantze Kröpf voll schluckten / Und das sie mochten wenden nit Kein streichlin / würfflin oder trit / Da ward sie ergetzt widerum / Sprach /O Häußlin / mein Heiligtum / Truck tapffer nur /ich trag dich gern / Forthin solt mich nicht meh beschwern. O wie vil besser ist der last Darunder ich gantz sicher rast / Und wider gwalt mich thut verwaren / Dann so vil tods gefahr auẞharren? Darumb soll keins sein Joch verschmehen /
Alles ist zu was guts angsehen: Was man offt schatzt das aller bschwärlichst / Das erweißt sich das aller bewärlichst.
[5. ] [ Von der Schnecke und Jupiter] Daher man von der Schnecken melt / Das als gleich von anfang der welt
Jupiter jedes Thier gewäret Der gaben / die ein jedes begeret / Da bath die Schneck ihr nicht zu versagen / Das sie ir hauß möcht mit ihr tragen : Drob wundern sich all Thier herumb / Deßhalb fragt Jupiter sie drumb / Warumb sie diß doch thut begeren / Welchs mit der weil sie möcht beschweren?
verzuckten: thät ihr trang: würde auf sie drücken - Lachjunghern: Wasserlachenjunker wegraubten - mochten: konnten - wenden : hindern - Kein streichlin / würfflin oder trit: nicht im geringsten -ward sie ergetzt: sah sie sich entschädigt - verschmehen : beklagen – aller beschwärlichst: Allerbegründetste
Johann Fischart
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Da sprach sie / Ich will lieber tragen Stätts solchen last / und baẞ vertragen / Dann das ich nicht solt können mögen / Wann mirs gefül und mir wer glegen Von einem bösen Nachbarn ziehen Und inn ein ander ort hinfliehen. Hiemit so sey genug erkläret / Was gleichnuß weiß die schneck uns lehret.
vertragen: mir gefallen lassen - gefül: gefiele
Alte Newe Zeitung VON DER WELT LAUFF
(Komm. S. 234)
[Die zwei Töpfe] Weltlauff Der Sterckst (wie man sagt) stoẞt jederzeit den schwächern / in sack /und neben den mechtigen mögen ringere nit baldt bestehen. Exempel vom Ehrinen und Irdern Topffe Auff ein zeit als ein groß angelauffen Wasser zu gleich ein Ehrin und Irdern Topffmit einander hinflützte / sprach der Ehrine zum /Irderin /lieber thue dich nach her zu mir / Damit mir samptlich dem / Sturm etwas widerstehen mögen / und nit schnell auffahren unnd / zerbrechen / Aber der Irdin Topff antwort / Das mag nit sein / nahe /ich zu dir /so ists nichts gewissers /dann das du mich so bald zerstossest /als der schnelle Wasserstrom selber /darumb /fahr hin dein Strasse. Lehre Gehe grossen Herren nicht zu nahe / und geselle dich nit zu denen / die mechtiger seindt / Es mag dir sonst unversehens schaden bringen.
[Des Esels Schatten] Weltlauff Viel unnütz gezänck treibt man in der Welt /dadurch gute gelegenheiten /was recht schaffens zu thun versaumbt werden.
Exempel vom Krämer und Eseltreiber Ein Krämer mietet umb sein gelt ein Esel von einem treiber / seinen Kram darauff auff ein Jarmarckt zu führen . Als sie nuhn beyde / mit einander hinder baldt: kühn - Ehrinen: ehernen - Irdern : irdenen -– hinflützte: wegschwemmte - nach her: nahe heran - mir samptlich: wir zusammen -mag: kann
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Alte Newe Zeitung / Von der Welt Lauff
dem Esel her wanderten / und aber durch ein eben / offen Land musten in höchster hitze / und keinen schatten funden / ließ der Kramer den Esel still stehen /und legt sich in den Schatten vom Esel / und ruhet / Der Treiber stunde in der hitz / ward unwillig und sprach / also hab ich dir den Esel nit geliehen / das du in seinem schatten sollest / faulentzen / sonder dein Wahr darauff zu Marckt führen /Der Kramer hinwiderumb /solt ich mein gelt vom Esel geben / und nit brauchen nach gefallen / was wolte darauß werden / Der Treiber antwortet / Ich habe dir den Esel / und nit den Schatten vom Esel verlehnet / wurden also der sachen uneins / Kamen in ein Stättlin unterwegen mit einander für den Richter / Zanckten ettliche tag darüber / unter deß vergieng der Jarmarckt /und habend also noch heutigs tags des Außspruchs vom Schatten deẞ Esels zu erwarten. Lehre Hütte dich vor unnützem gezänck / und laß dich bißweilen ein geringes nit tawren / damit du das grössere nit versaumest.
[Von der Ameise und der Fliege ] Weltlauff
Die Welt sucht etwann in kleinem Vortheil grosse glückseligkeit / gedenckt nit das sie endtlich darüber leiden muß.
Exempel von der Mucke und Ameise Ein Mucke verachtet auff ein zeit sehr die Ameise /Darumb das / sie stäts auff dem Boden krieche /und mit grosser Arbeit ringe Narung müsse suchen / Da hingegen die Mucke hin und här möge umbfliegen / an Königliche Tische sich begeben/die köstlichsten süsseste speise essen /auff Silber und Golde /Seyden und Sammet ruhen / Ja etwann der zartesten / schönsten Jungfrawen / und den grossen Herren auff die Nase sitzen / Die Ameise antwort / wolan /thue noch dises zu deinem pracht / das dich hingegen auch jederman haßt / dir wehrt mit flüglen / und allerley gifftigen Aße / und das dich entlich der winter gar frißt / da ich hingegen im grundt und der Erden ein sicher leben kan führen / und meiner arbeyt / das Jar uber in ruhe und friede geniessen.
Außspruchs: Gerichtsurteils - tawren : dauern Arbeit: Mühe-thue noch: füge noch hinzu - pracht: Prahlerei - flüglen: Wedeln - Aße: Speise
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Alte Newe Zeitung / Von der Welt Lauff
Lehre Es ist besser sich seiner Handtarbeyt / ohn anderleut schaden nehren / Dann in eusserlichem pracht und wolläben gefahrlich untergehn.
[Vom Esel mit dem Heiligtum] Weltlauff Unverstendige grobe gesellen /wann sie zu hohem befehl kommen / wissen sie nit / wie sie sich hochmütig genug erzeigen sollen .
Exempel vom Esel der das Heiligthumb trug Auff ein zeit als ein Esel uber feldt geschickt ward / das heiligthumb hin zu tragen /und deßwegen der gebür nach gezieret war /Da nuhn im fürübergehen jederman das Heiligthumb verehrte /dafür niderfiel /und anbettete / Stundt der Esel still recket den kopff ubersich / und stellet sich gantz hochmütig / vermeint man bette ihn an / und sprach zu den umbstenden / Für wen sehet ihr mich an / meint ihr nit / das ich solcher Ehren wol werth: Wer bin ich? Sie sprachen du bist / ein Esel heur als fernig / aber jetzt trägstu das Heiligthumb / welchem dise Ehre geschicht. Lehre Setze grobe Esel und Thoren nit zu hoch /und gibe ihnen nicht /zu grosse befehl und Ampter / dann sie dabey ihr selbs vergessen / dencken auff ihren pracht / und nit auff gemeine wolfarth.
[Vom Böcklein und dem Wolf]
Weltlauff Mancher ubermüttiger Mensch / trotzet und schediget ein frommen Ehrlichen Mann /weil er den gewalt und die gelegenheit hat / den er sonsten wol würde zufrieden lassen.
Exempel vom Böcklin und Wolff Ein junges mutwilliges Böcklin stunde hoch oben auff einem Hause /unnd sahe ein Wolfffürüber gehn / warff mit steinnen nach ihme /schalte ihn /und lästerte gar ubermütig / Der Wolff antwort / wolan /du thust mirs nit / sondern der Orth
befehl: Auftrag – gezieret: geschmückt – fernig : früher zufrieden: unbehelligt
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Alte Newe Zeitung / Von der Welt Lauff
da du stehest / Es mag sich aber schicken / das wir auff der Ebne ein mal zusammen kommen. Lehre Hütte dich vor denen / die ihres gewalts und hochheit nit wissen / zu gebrauchen / und wart auff gelegenheit.
[Vom Krieg zwischen den vierfüßigen Thieren und den Vögeln]
Weltlauff In der Welt macht man untereinander etwan vil Bündtnussen / und verstendtnussen / Doch wann es zum treffen kompt / so ist wenig trost und hilff zu gewarten . Exempel von den Vierfüssigen Thieren und Vöglen Abermal erhub sich ein streit der Weyde halber unter denVöglen / und Vierfüssigen thieren / so starck / das sie auch einander ein Kampff anbotten / und ernandten eine gewisse zeit / da sie wolten gegen einander zu Felde ziehen / In deß stercket sich ein jede Parthey /und machten ihre Bündtnussen / Die Vögel zwar mit den Fischen / welche ihnen solten zu hilff ziehen / Die Vierfüssige thier aber mit dem Gewürme / Schlangen /Krotten und dergleichen /Als nuhn der Lerman auẞwar /unnd jede Parthey ließ auffblassen /erzeigten sich /zwar die Fische in wassern gegen den Vöglen / mochten aber nit herauß auff das Erdtrich kommen / hingegen / Gewürme bey den Vierfüßigen auch / könten aber denselbigen in der Reise nicht nachfolgen / Als nuhn beyde Partheyen / allein zu streiten mit einander sich mangelhafft befunden / wardt ein anstandt unter ihnen verwilliget und gemacht /biß auff rechtliche oder gütliche vergleichung des Abgotts / Juppiters / die in drey Monadten solte fürgenommen werden / welche / dieweil sie nicht erfolget / und die zeytlang fürüber / Thut jetzt ein jegliches was es will / und stosset das stercker den schwachen in sack. Lehre In der noth verlasse dich auff keine hilffe / sie seye dann in der nähe / und zu haben müglich / aller dings aber hüte dich vor Streit und Krieg / so lang du kanst / dann darauß nichts seligs zu hoffen.
schicken: die Gelegenheit ergeben verstendtnussen: Vereinbarungen -– treffen: Ernstfall – ernandten : bestimmten - Lerman : Mobilmachung - außwar: erfolgt war – auffblassen: zum Angriff blasen – erzeigten sich: ließen sich sehen - in der Reise: auf dem Kriegszug - anstandt: Waffenstillstand - verwilliget: bewilligt seligs: Gutes
GEORG ROLLENHAGEN
(Komm. S. 235)
[Vom Pferd, Hirsch und Reiter oder Die Zähmung des Pferdes]
Pranger das Pferd streitet mit Hornunge dem Hirsch . Das Pferd kam aus dem Paradeis / Hielt sich nach seiner Freyheit weis / Weidet sich ohne Neyd und Haß / In schöner Aw / im schönen graß / Und lieff widder den Wind zur lust / Der Maen und Schwantz auff wehen must /
Das sie wie Fewrflammen auffgiengen / Gleich als flügel zierten das springen. Biß das es kam zur Wiesen end / Welchs sich selbst hatt zum ziel ernent. Da stund es wincket mit dem Ohr /
Zuckt die Schenckel / trat das Fusspohr / Biß die Zeene / wetzet den Mund / Und lacht frölich auß Hertzen grund. Das Niemand seiner schonheit gleicht / Und das ziel so bald wer erreicht.
Das sahe und hört der Hirsch Hornung / Biß auß grossem zorn seine Zung / Spitzet die Ohrn / klopfft mit dem Schwantz / Schnaubt mit der Nasn / schickt sich zum Tantz /
Als obs ihm wer zum spott geschehen / Wolt dem Hochmuth nicht mehr zusehen /
Maen: Mähne - trat das Fusspohr: stampfte, scharrte
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Georg Rollenhagen Und sprang in eim huy auff das RoB / Mit einem gefehrlichen stoß / Das sich Pranger dafür entsetzt /
Als hett der Teuffel ihn gefetzt / Und lieff / wie der Ostwind herwegt / Wie ein kügel zur Büchs außfegt / Immer zu seiner Wiesen auff / Der Hirsch folget mit gleichem lauff / War doch noch leichter auff den beinen / Denn vor der Pranger wolt vermeinen / Sprang ihm für /both sein Heupt und Horn / Wolt schlecht settigen seinen Zorn. Pranger fürchtet der Hörner spitzen / Wolt die Feybel nicht lassen ritzen / Flucht dem Hirsch den grossen Christoffel / Schlug hinden auß mit seim Pantoffel / Traff doch wenig. Denn der Hornung / War zu fertig hinweg im sprung / Und stutzt hernach mit aller macht / Auff das Pferd / das sein Hirnschal kracht.
Biß das Pferd must die weid verlassen / Nemen zu dem Manthier sein strassen. Klagt ihm die Sach / bath hülff und Rath / Erbott sich mit danck zur Wolthat. Denn wenn das Manthier ohn beschweren / Zu rettung seines guts und Ehren / Auff ihn sitzen wolt mit eim spieß / So wolt ers tragen gar gewiß / Das es den Hirsch erstechen könt / Das Wiltpret es ihm gerne gönt. Das Manthier sagt / es wer zu wagen /
Abr es were nicht gnug am tragen / Es ghört dazu Zaum und Gebiẞ / Das es den lauff regiert gewiß. auff das Roß: gegen das Pferd an - gefehrlichen: bösartigem - gefetzt: verwundet - herwegt: herweht -außfegt: herausfährt - Denn vor: als vorher – Sprang ihmfür: sprang ihm voraus – both: hielt entgegen - Feybel: Ohrendrüsen – ritzen : aufschneiden - Pantoffel: Huf -fertig: geschickt stutzt: stieß · Manthier: Mensch - ohn beschweren: ohne Beschwernis, ohne besondere Umstände - Wiltpret: die Beute www wer: wäre
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Georg Rollenhagen
Denn in kriegen sey alls verloren / Wenn zusam gerathen zween Thoren / Da einer hie will rücken fort / Der ander an ein andern ortt.
Es mus einer sein der regiert / Und wie er will die andern führt / Dem auch die andern folgen gern / Sonst mus mans glücks und siegs entbern. Der vorschlag Prangern sehr verdocht / Damit er sich abr rechnen mocht / So gdacht er / ich will alles wagen /
Wird nur mein Feind der Hirsch erschlagen / Kann mich der Erbeit nicht gerewen . Ein Kriegsman mus gefahr nicht schewen. Das Manthier legt ihm an den Zaum / Das von dem Maul abfiel der schaum / Und macht an seinen schuch ein dorn / Weil noch nicht erfunden die Sporn / Nam auch sein Bogen / Schwert /und Spieß. Das Pferd willig auffsitzen ließ / Und lieff damit dem Hirschen zu / Der stund beim wasser in der rhue / Besahe seiner Hörner gstalt /
Wie in ein Spiegel abgemahlt / Und sprach bey sich selber also / Nun bin ich doch von Hertzen fro / Das mir Gott auß besonder gnad /
So stathlich Hörner geben hatt / Damit ich das Pferd uberwonnen / Allein behalten Wieß und Bronnen. Und wenn ihrer gleich weren zehen / Ich wolt nicht auß dem wege gehen. Ich wolt mich für ihnen nicht schewen / Hetten sie zum beystand den Lewen. Schand ists nur / das ihr meine bein / So zarth seit so schmall schwach und klein / Das ich mich ewer schemen mus /
entbern: verzichten auf - verdocht: mißfiel - rechnen: rächen - mocht: könnte - Erbeit: Mühsal -schuch: Schuh - uberwonnen: besiegt
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Georg Rollenhagen Wenn ich bedenck die Pferde füß / Trag euch mir zum spott auff der strassen. Ich wolt euch schier abhawen lassen. So sagt er besorgt kein gefahr / So bald er aber ward gewahr /
Das sein Feind umb Hülff hatt geworben / Besser geflogen / den gestorben / Sprach er. Und lieff eilend und bald / Vom wasser hinab nach dem Wald / Wie ein Haß springet für den Hund / Der nach ihm schnappet mit dem mund. Aber das Manthier schos mit eil / Ihm durch den Rücken etlich Pfeil. Und das Roẞ setzt tapffer hernach / Zu rechnen sein erlitten schmach / Biß das der Hirsch lieff durchs gestreuch / Das er die Pfeil auß der haut streich / Und unversehens daselbst behieng / An seiner Hörner krummen Zinck / Da flucht er erst den Hörnern sehr / Und lobt die Füsse noch viel mehr / Und bath den Jäger umb verschonen / Das Pferd sprach / Nein ich mus belohnen / Deinen Stoltz und grossen Muthwillen / Den du an mir auch wolst erfüllen. Damit das Manthier seinen Spies / Dem Hirsch im renn durchs Hertze sties. Da sagt das Pferd / Gott sey gedanckt / Das ich mein willen hab erlangt / Und meinen Feinden so vergolten / Die mich aussm Land verjagen wolten. Nim ihn nu hin / du mein Manthier / Bind ihm zusamen alle vier / Schlag ab sein Horn /zeug auß sein kleid / So thut er mir nichts mehr zu leid / Und mach den Zaum mir widder loẞ / Das ich hin wander meine straß.
geflogen: geflohen –-für den: vor dem - behieng: hängen blieb - renn: Rennen
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Georg Rollenhagen Das Manthier sagt / das mag nicht sein / Du must den Hirsch mir tragen heim / Und auch holtz führen zu dem Braten / Weil alles ist so wol gerathen / Solst auch helffen umbziehn die Müll / Damit ich Mehl bekom die füll / Zum gbratens kuchen back und Broth / Davon gön ich dir auch die schrott. Insonderheit wenn du mein Gest / Auch auff dich anheim reiten lest. Das Pferd hielt sich gar ungestüm / Warff sich die quehr / und in die krüm / Wolt den Zaum im Maul gar zerbeissen / Und mit gewalt sich hinweg reissen . Oder den Reuter abher setzen / Nicht mehr leiden das dorne fetzen. Aber das Manthier nam sein schwert / Und schlug so grimmig auff das Pferd / Stieß es mit seinen Stachel dorn /
Das es auß schreckn die sprach verlorn / Und auß seiner lieben Freyheit / Kommen in Ewig dienstbarkeyt.
Neydhart / Eignnutz / Kindischer Rath / Verrieth auch Rom die mechtig Stad. Das heist abr Eiffern / und sich rechen / Durchs Feindes Hertz sich selbst erstechen. Das heist auff mechtig Hülff Gesellen / Sein vertrawen / und wolfahrt stellen / Das wir die gfahr auch wolten stehen / Kan ich gar nicht für gut ansehen.
führen: herbeitragen - Müll: Mühle - gbratens : Gebratenen – Gest: Gäste – anheim: nach Hause - hielt: verhielt - Neydhart: Mißgunst
EUCHARIUS EYERING
(Komm. S. 238 )
[Vom Löwen und der Maus]
[1.] Besser genad dann recht / Satius manus tendere quam litigare.
Diẞ sprichwort warnt uns Menschen schlecht Mit hohen Leuten nicht zu rechtn / Mit gwaltigen gar nicht zu pochen / Sondern viel mehr zum Creutz gekrochen / Ob wir gleich nicht gar unrecht han / Das Recht kent keinen Armen Man / Der mit gwaltigen litigirt. Dern handlung offt verlengert wird / Das im der Arm nicht folgen kan / Darvon mus lan und unrecht han / Wie man noch sagt / gwalt geht für recht Das klagt gar mancher armer knecht Darumb es noch viel besser ist / Genad dann Recht zu aller frist / Dann wer auff gnad dient allezeit / Dem lohnt man mit Barmhertzigkeit / Es kümpt auch offt das solche Herrn / Des armen auch bedürfftig wern / Die ihn solch ir erzeigte gnad / Vergelten thun mit offner that / Wie ich das wil beweren fein / Mit eim Löwen und Meußlein klein / genad: Gnade schlecht: einfache - pochen: streiten gar: völlig litigirt: prozessiert – handlung: gerichtliche Verhandlung, Prozeß - verlengert: in die Länge gezogen, hinausgeschoben - derArm: der Arme - Darvon mus lan: infolgedessen ihn aufgeben muß – zu aller frist: jederzeit - kümpt: geschieht - beweren: beweisen
Eucharius Eyering
209
Ein Löw lag in eim Wald und schlieff / Ein Maus ohngfehr uber ihn lieff / Welches in irer flucht geschach / Do sie einander lieffen nach / Als nun der Löw diß Meußlein klein: Ergrieffen in die klappern sein / Was hie keins rechtens gantz und gar / Obs gleich ohn schad geschehn ohn gfahr / Bat es den Löwen umb genad /
Sprach es wer im kein löblich that / Wann der König allr Thier geacht / Ein solch klein Thierlein hett umbbracht / Es künd noch wol kommen die stund / Das sies wider vergelten kund / Wie klein sie gegn im anzusehen / Es wer dergleich vor mehr geschehen / Der Löw den worten nach ward dencken / Und thet der Mauß das leben schencken / Die fand bald widerumb ihr loch / Darein sie sich wider verkroch / Darnach es gar nicht lang vergieng / Der Löw sich in eim garn da fieng / Daraus sich gar nicht kund freyen / Fieng an zu prüllen und zu schreyen / So bald die Mauß die stimm vernam / Zum Löwen sie gelauffen kam / Und fragt was er für mangel hett / Das er so hefftig schreyen thet / Er sprach man sichts vor Augen hier / Du aber kanst nicht helffen mir / Sie sprach Herr König seid getrost / Ihr solt hie bald werden erlost / Damit thet sie zum garn hinlauffn / Und biẞ daran all knotten auff / An die genad gedencken thet / Die ir der Löw erzeiget het / Und macht in ledig zu der stund / Dardurch hat dieses sprichwort grund /
ohngfehr: ohne böse Absicht, zufällig – klappern : Krallen - Was : war - vor mehr: schon häufiger
210
Eucharius Eyering
Das gnad viel besser sey dann recht / Dem gwaltgen Herrn gleich wie dem Knecht / Dann so die Mauß nicht gnad begert /
Het sie der Löw mit gwalt verzert / Het auch der Löw kein gnad bewiesen / Het er des tods sterben müssen / Und hett die Mauß erfüllet das / Das nichts so klein es nützet was / Auch das grosse und reiche Herrn / Der armen nicht können entpern.
[2. ] Der Tugent schawplatz ist das gewissen / Der Tugent schad kein Unglück / Theatrum virtutis Conscientia. Iniuriae magnanimo spernendae , non viciscendae. Ob man gleich ein feins sprichwort find / Wie daß das Gelt alls uberwind / Auch Tugent / Weißheit, fromkeit / Ehr / Nach den man nichten fragt so sehr / Als nach dem Reichthumb Gelt und Gut / Wenn man sich verehlichen thut / Deßgleich wenn Leut zu schaffen han / So sicht man mehr auff reich Person / Dann auff die arme from und schlecht / Und bhelt das Gelt gemeinglich recht / Dargegen wir diẞ sprichwort haben / Das thut die Tugent herrlich loben / Nent sie ein schawplatz des gewissen / Der billich jederman geflissen / Die ein mehr zteren dänn das Gelt / Wann einer wer der reichst der Welt / Und hett weder Tugent noch Ehr / Ein Dieb / Rauber / und Mörder wer /
erfüllet: erwiesen fromkeit: Rechtschaffenheit – sehr: viel – zu schaffen han : sich in einem Rechtsstreit befinden schlecht: aufrichtig
211
Eucharius Eyering
So bringts im wenig ruhms noch frommen / Wann die Leut uff sein schawplatz kommen / Seiner Tugent all zu zusehen / Wie die Hencker mit im umbgehen / Do jederman das urtheil spricht / Dem Mörder hie nicht unrecht gschicht / Er hats an andern wol verdient / Das ist das best das er dran gwint / Viel besser ist ein Ehren Man / Der Tugenthafft verstand thut han / Niemand beleidigt /tregt gedult / Des lobt man in / und ist im huld / Und schad im auch kein unglück bald / Weil er es mit andern recht helt / Wie uns der Löw von grosser stercken Gibt ein Exempel wol zu mercken...
[Es folgt die Erzählung der gleichen Fabel. Am Schluß: ] Dardurch diẞ sprichwort wird erklart / Der Tugent schad kein unglück bald / Dann so der Löw so bald mit gwalt / Das Meuẞlin umb das leben bracht / So wer er auch nicht ledig gmacht / Das er nun hie thut ledig sein / Ist seiner Tugent schuld allein / Das er dem Meußlin guts bewiesen / Des ward er widerumb genissen /
Tu qui summa potes, non despice parva potentem , Nam prodesse potest, si quis obesse nequit.
Des ward er genissen : Das kam ihm zugute
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Uvon .1lrich Abb Pottenstein Kardinallaster und Kardinaltugenden vier Die
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Uvon .2lrich Abb Pottenstein Vom Raben und Fuchs
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Abbildungen 213
214
Abbildungen
Abb. 3 Antonius von Pforr Von den Affen, dem Glühwürmchen und dem Vogel
215
Abbildungen
0
Abb. 4 Antonius von Pforr Von den Elephanten und den Hasen
216
Abbildungen
Vita Elopifabulatozis clariffimi e greco latina p Rimiaum facta ad reuerendiffimuz patrem dñm Anthonium tituli fandi Chryfogoni presbítezum Cardinalem as leben des hochberumten fabel, dichters Elopi / vf krichischer zungen in latin /durch Rimiciu gemachet an den hochwirdigen vatter/berren anthonium des tí tels fandi Chryfogoni peieftern cardinaln, vnd fürbas das felb leben Efopi mit fynen fabelnédie etwan romulus won athenis fynem fun Thiberino vf kriechischer zungen in latin gebracht hatt gefender/ vnd mer entlich derfabel Quiani/ach roligami aldefonly vndfchimpfæeden poggy vnd ander ietliche mitt ierê titel ob verzaichnet vf latin/von wo tote bain zico ftainbowel schlecht vn verftentlich gerütfchet nit wozt vf woet/funder fin vf fin'omb merez lu trung wegen des textes oftmit wenig zugelegtñ oder abgebrochnen wozten gezogen, Ze lob vnd ere dem durchlüchtigiften fürften vñ beren Bæn Sigmunden berczogen zu öfterrich etliche ergecz likait dar vf ze enpfachen /die och muczlich ift/wa fieverftentlich werdent gelefen nach der levefeti Bafily/oz der lefer difes büchlins verftentnůf ba be/der pinen gegn den plumen /die 8 offern farbe nit acht habent/fundez füchent fie die füffikair def honigs vñ den nucz ochwachs zů ierem buw daž niementfie hindan vnd lauffent das übrig taile des plume ungelezer- alfo wer das büchlin lefen wilderfol die farb 8 plumen das ist die mårlun oderfabeln mit groh achten funder die guten lere dar in begriffen zu güten fitten vñ tugend zelerne Abb. 5 Heinrich Steinhöwel Das leben des hochberühmten fabeldichters Esopi
vid.p.899.izz.
217 Abbildungen
n
(
Abb. 6 Heinrich Steinhöwel Aesop als Sklave bei dem Philosophen Xanthos
Abb. 7 Heinrich Steinhöwel Der von den Delphiern zum Tode verurteile Aesop wird vom Felsen herabgestürzt
218
Abbildungen
Abb. 9 Heinrich Steinhöwel Von dem vogler und vögelin
ぐい C
127
Abb. 8 Heinrich Steinhöwel Die xii Fabel von der pinen und dem got Jupiter
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219
Abbildungen
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Abb. 10 Niederdeutscher Aesop Van deme hunde unde van deme schape
Abb. 11 Niederdeutscher Aesop Van deme esele und van deme hundeken
Abb .12 Geiler von Kaysers berg Von den vier Leuwengeschrei Hans Furtenb ach z() ugeschri eben
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220
Abbildungen
.1Abb 3
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Geiler Kaysersberg von Leuwen hellischen dem Von Hans zFurtenbach )( ugeschrieben
Abbildungen 221
222
Abbildungen
S
Abb. 14 Martin Luther EJn newe fabel Esopi
Abb. 15 Erasmus Alberus a) Von einer Stadtmauß und Feldtmauß b) Vom vöglin Cassita c) Vom Bapstesel
223
Abbildungen
Abb. 15
19
DieFabelnEsopi.
Wie kompstu her in vnser art ? Ichbittdich/du wölftsein mein gast. Die Stadtmaufsprach/Ich achts nichtfast/ DieFeldtmaußlicff/vndhatt kein hu / Bißdassiericht ein malzeit zu/ Wassiehatt auffdenWinterfalt Gesamlet/thetherfürsobaldt. Alsowardt ler derspeisenkast/ Dassiethet gütlichsolchemgast/ Da folchs nunwar also geschehn / Dasselb alles vnangesehn/ Die Stadtmaußhatt ein stolzen mut/ Dassienichtnamsolchs alls vor gut. Siesprach/Es ist dochnichts allhie/ Des groffen armuts mochtichnie/ Ja gleub mirfrey/wasichdirsag/ Wir Stadtmeußhaben beffer tag. Sicmachtsichauff/vnd wolt zuhauß/ Vndnammitsichdie Ackermans/ Das
a)
现货
b)
8
c)
224
Abbildungen
Abb. 16 Johannes Mathesius Vom Fuchs und Adler Holzschnitt von Virgil Solis (Werkstattarbeit? )
Abb. 17 Johann Fischart Die Liebes- und Ehegöttin, ihren Fuß auf eine Schildkröte setzend Holzschnitt nach einer Zeichnung von Tobias Stimmer zu Plutarchs Abhandlung über Ehegebote
Abbildungen
225
Das
Erſte Theil.
Wie der Meuse König mit Ertz seseines Schus od zu rechnen, und wie die Frösch sich zu wehren vorneinen.
Das 1. Capittel. Wie Bröfeldiebes Tod offenba ret/vnd der Krieg berarhichas get wird.
Nu
20 Abb. 18 Georg Rollenhagen Kriegsrat der Mäuse
226
Abbildungen illaialis viam inoccurfu iliaiali Demure Uris terrumpentem lacu venit obuiam muri ct rana bocaial damola aurili impediredefiderat Rana loquar.et opem pacta nocerecupit sem modū ..peftilett 6'praua Dmne genus peftis fuperat mens dilſona verbis voluitaris dulciloquiu oznat Lumfentis animi florida lingua pofcit raleaial cu filo annectar aufa eft talcaial Ranafibimurem filo confederat:audet frägere pfraude fidelitatë alligare cifilo Flecterefuncpedem.numpere fraudefidem f.rane necrif .f.muris.f.raneintétio.f.muris Pcscou ergo pedio.meno a mente recedit vide frana z mus fcz rana-fcz murë Eccenatant.trabitur ille.fed illa trabit fes rana teditadfundū periclitarifaciat Bergitur.vtfecum murem demergatin ymo periculu maris naufragiu patit ifiducia Haufragiumfaciens.naufragat ipfa fidcs nirit adfundu narare deleuat ſe ptrariať Rana ftudetmergi.fed mus emergit zobftat periculo prarce augmetar .í.pauoz Haufragiovires fuggerit ipferimoz feroci capic ralis auio tibelli Diluus adeft. miſerum truci rapit vngueduellum Smilu? fezranazmus inteftina_fracta_natit Diciacet.ambo iacent.viſcera rupta Ruunt fezocsillis dicüt impedie Sicpereant.qnifefatentur z obfunt 4.4 inredit aliü decipe Difcatin autozem pena redirefuum Teicponitdocumentũ &nemo dz alterialiqdpmittereq8nointéditfa cere.qzfepealios intenderes decige feipfos decipuit.qöinnuifnobis p ranazmurcure in ofto molendinifuplimen refidëte. fupuenirrona excampo.z murefaluratocui illa dom? effet en interrogauit.quafuam elleridir. Rogauit rana tpm muré vt ipam nocteillain hofpiciofufct peret.Cuimus benigne ed intrarepceffit.facracs bora cene appofuitet groffam fanras dicens et vt lere mederet q: bi fibifaucrer.z fimeliora babere ctia apponeré.Etplacuit rane locus ? cibo.fed cũ potus diuers pectatuo no venit rana potu affuetafiribúda triflis recedit. 2dirito mallereffefubmolendino abfi tali cibo in moledino fine potu.Lui mus airmoleftufibicé &oblata fibinoplaceret.z iurauitſenunc tāb pcurarafuifle.zde illo bificio recopenfam fevelle haberedirir:Illis aus Diris rana ridit.gli fecü ad fuavellet träfirefibi redderevellercibucuz poru incopia:Lui mus affentiens pariter iuerütp pzata adfluuiii.crat aut rana ozeplena-z musincipiebat deficere er teuinto.fed ipm ranaco fortauir.ctin vicino domůfuá effe dixit.randé iraqz prato a murevir g tranfirovencrutad Aluuiū.z ait rana-hanc aquã tráfire debemus q do mus meahic vitra eft. Fellus igifmus ex longa viaarrediatus adra nā ficinde:amicictā tuâ inuire pdo.ſedhofpicia tuu adire nequeo.q: ro repzati grauatus adhuc grauioribo ads me mittere no audeo:Air rana.turpeeft mo defiftere z via bzeué non pficere:fifeffus es z debilis egoiuuabo tenein aqua deficias faciamus ergo fic:filo nos alligabim? tu in collo z egoin pede meo.z lic te adiuuabo. Cuius dictis mus acq cuit.Polisita inmedio Aluminis iam pefitis rana exclamandovirit. ego fila nimis mas virib iam deficio z ad profundus,duco?peritura. Ipontes lelubmergens murimachinaracílnaufragium.z kiemurcad Abb. 19 Esopus moralisatus cum bono commento De mure et rana
.20 Abb Brant Sebastian
Et , tuos amoze pzozfus perpetuo foze Ail : verba inania nifi tandem inuenies tamen Quos . lcuts vota fua ad pellit ventus :Lalis fiducia mundo bodie cft amicorum bona :dent agant femper male ,Ut licet verba
De acanibus fugabatur que abscondita palea in vulpe
fugabat que abfcondita palca in vulpe Be .acanibus :qui plures Unt folent verba amicis fundere bona 1Rulla effectu vant documenta .fed ret uis /ftibi fideles effe efe Et promittant
:tépoze nomine Anfymirius erat paduc quidá Eremita Francfa .hic feptimi parauiani oucis ba fancrue cavir mulieres :mófeffionis beret ultas cnobiliores petiá / fpe adcos ccm Vcócubitu ulgara (n.pellerit tâdem diu em poteft celari c)fbipocrifie cclerú aptus :napfama multa retoze um ado effer confeffus .J deducit :Franafcü fuis ex fecretario fato ad fafcitabat caufa toa queda beremita ab quas mulicrú noia cogno multas .Qxozes.ptu uffer cu uas ex vdomefticis /ctiá familiarib liffet :vfcribebat fecretanus noia eliceret.Cu rifus caufam inde ex t finefn nominandis our :pcandem videref eteretes afeciffe / plures n fupereffent .A:ille negaret cóftanter vero bomi arguebat lperius /nfuifi .Z retuliffet omnes nem eille / fecretarius minabat vum tum aliaru numero tcam .Eaddas ait ltos uam fpirans :fquoq z cribas excidit ur Quo :zc:oecretaris emdicto voloze "fpie alamus anib dicens rectú cóuerfus rifum eft maximú in effe qt:vfactú vo anta t luptate ipfe :z audiebat maculas reliquarú adderet cctú cop in
.2Abb 1
QVIBVS
4-
. & 3 .. 1.D.
Ey Augur
Joachim Camerarius Fabulae Aesopicae plures quingentis Titelblatt Ausgabe der Leipzig 1564
LIPSI . AE PRIVILEGI CVM AD O ANNOS V.
aliorum .
SVNT ADDITAE ET GLiuiane & aliorum ac quædam , ellianæ cum , Græcorum interpretatione explicatione quorundam &
SOPICAE AE PLVRES QVINGENTIS ALIAE ET QVAE NARRATIONE ,DAM S C M V hiftoria vitæ fortunæq ,Aefopi & ftudio compofitæ diligentia Ioachimi Camerarii Pab .
FABVLA Abbildungen 227
228
Abbildungen
b)
a)
Abb. 22
Aesopi Phrygis Fabulae ( Stiche von Virgil Solis) a) Vulpes et Hircus b) Galli et Pardix c) Mus et Rana (2. Ausgabe)
nn
DO
Abb. 23 Hartmann Schopper Historia de Lupo et Grue
LATEINISCHE FABELN
ESOPUS MORALISATUS
(Komm. S. 240)
CUM BONO COMMENTO
De mure et rana* Muris iter rumpentem ' lacu venit obviam muri Rana loquax . et opem pacta nocere cupit Omne genus pestis superat mens dissona verbis Cum sentis² animi florida lingua poscit³ Rana sibi murem filo confederat: audet Nectere fune pedem. rumpere fraude fidem Pes coit ergo pedique. mens a mente recedit Ecce natant. trahitur ille. sed illa trahit Mergitur. ut secum murem demergat in unio Naufragium faciens . naufragat ipsa fides Rana studet mergi. sed mus emergit et obstat Naufragio. vires suggerit ipse timor Milvus adest. miserum truci rapit ungue duellum Hic iacet. ambo iacent. viscera rupta' fluunt Sic pereant. qui se fatentur et obsunt
Discat in autorem pena redire suum . Hic ponit documentum quod nemo debet alteri aliquid promittere quod non intendit facere. quia sepe alios intendentes decipere se ipsos decipiunt. quod innuitur nobis per ranam et murem. Mure in ostio molendini super limen residente supervenit rana ex campo. et mure salutato cuius illa domus esset eum interrogavit. quam suam esse respondit. Rogavit ergo rana ipsum murem ut ipsam nocte illa in hospicio susciperet. Cui mus benigne eam intrare concessit. factaque hora cene apposuit ei grossam farinam dicens ei ut lete comederet quo bene sibi faveret. et si meliora haberet etiam apponeret. Et placuit rane locus et
Lesarten des Anonymus Neveleti (Kritischer Text des lat. Originals. Zum ersten Mal hrsg. v. W. Foerster, in: Lyoner Yzopet. Heilbronn 1882. Altfranz . Bibliothek 5) : 1 rumpente - 2 sentes - 3 polit - 4 pedi, sed mens - 5 demergat amico – 6 miserumque – 7 viscera trita - 8 se prodesse fatentur - 9 auctorem
232
Esopus Moralisatus
cibus. sed cum potus diu expectatus non venit rana ergo potu assueta sitibunda tristis recedit. et dixit quod mallet esse sub molendino absque tali cibo quam in molendino sine potu . Cui mus ait molestum sibi esse quod oblata sibi non placerent. et iuravit se nunquam tam bene procuratam fuisse . et de illo beneficio recompensam se velle habere dixit: Illis auditis rana respondit. quod si secum ad sua vellet transire sibi reddere vellet cibum cum potu in copia: Cui mus assentiens pariter inierunt per prata ad fluvium . erat autem rana ore plena. ' et mus incipiebat deficere ex ineiundo [?] . sed ipsum rana confortavit . et in vicino domum suam esse dixit. tandem itaque prato a mure vix pertransito venerunt ad fluvium . et ait rana. hanc aquam transire debemus quia domus mea hic ultra est. Fessus igitur mus ex longa via attediatus ad ranam sic inquit: amiciciam tuam invite perdo. sed hospicium tuum adire nequeo. quia rore prati gravatus adhuc gravioribus aquis me committere non audeo. Ait ergo rana. turpe est modo desistere et viam brevem non perficere : si fessus es et debilis ego iuvabo te ne in aqua deficias . faciamus ergo sic: filo nos alligabimus tu in collo et ego in pede meo. et sic te adiuvabo. Cuius dictis mus acquievit. Ipsis itaque in medio fluminis iam positis rana exclamando dixit. ego confisa nimis meis viribus iam deficio et ad profundum ducor peritura . sponteque se submergens muri machinata est naufragium . et sic mure aqua huc existente ad litus² fraudem intellexit. et sic orta est ibi lis magna inter ambas partes : illis in partes trahentibus . rana nanque ad fundum traxit et mus ad litus. Dum enim sic pariter contenderent. milvus (qui forte spectatrix erat) miserum dirimit duellum. murem unguibus arripiens et annexam ranam similiter trahens. qui cum se ad mortem trahi videret sic fertur locuta fuisse: Qui socio suo parat obprobrium non immerito cadit in laqueum . Allegorice per ranam possit illigi caro humana. per murem autem intelligitur anima quae adversus carnem semper militat. caro concupiscit adversus spiritum: et spiritus adversus carnem . Caro enim nititur trahere animam ad terrena et carnales delectationes. anima vero resilit ad bona opera. et istis sic litigantibus venit milvus id est diabolus quasi bolus id est morsus duorum. scilicet corporis et anime et rapit ambo . Vel aliter. sicut tangitur in fine littere . per ranam intelliguntur deceptores bonum dicentes sed deceptorem intendentes . et sepe contingit tales in illam (quam aliis preparaverunt) foveam cadere . Juxta illud incidit in foveam quam fecit.
1 rana ore plena: Druckfehler statt: prata rore plena. 2 ad litus: (zu ergänzen:) respiciens.
Esopus Moralisatus
233
Von der Maus und dem Frosch
Als eine Maus einst am Ufer entlang lief, kam ihr entgegen Ein geschwätziger Frosch, Hilfe sagt er ihr zu. Jegliche Art verwerflichen Tuns übertrifft eine Absicht, Die mit blumigem Wort schlimme Gesinnung verdeckt. Schnellgreift der Frosch nach der Schnur, die Ängstliche an sich zu binden, Fesselt den zagenden Fuß, bricht Vertraun durch Betrug. Fuß zwar zwingt jetzt den Fuß, doch scheiden sich heftig die Geister, Schwimmend verraten ist sie, jener aber verrät. Niedertauchend versucht er die Maus in die Tiefe zu ziehen; Tod bereitend dem Freund, trifft die Treue der Tod. Stärker noch müht sich der Frosch, den Grund des Sees zu erreichen , Aber die Maus taucht empor, Kräfte verleiht ihr die Furcht. Schon naht der Weih, den unseligen Kampf mit den Krallen zu enden. Tot sind die Maus und der Frosch , treiben dahin auf der Flut. Treffe Verderben, die Hilfe vortäuschen und Böses beginnen ; Böses, dem andern getan , fällt auf den Täter zurück.
Hier lehrt das Beispiel, daß niemand dem anderen etwas versprechen soll, was er nicht zu tun beabsichtigt, da nämlich oft diejenigen, die andere zu täuschen gedenken, sich selbst täuschen , worauf wir durch den Frosch und die Maus hingewiesen werden . Zu einer Maus, die am Eingang einer Mühle auf der Schwelle saß, kam unvermutet vom Feld her ein Frosch . Nachdem er die Maus gegrüßt hatte,fragte er, wem jenes Haus gehöre . Die Maus antwortete, daß es das ihre sei. Da bat der Frosch die Maus, sie möge ihn über Nacht beherbergen . Woraufhin die Maus ihnfreundlich einlud , hereinzukommen . Als die Stunde der Mahlzeit gekommen war, brachte sie für ihn grobes Mehl undforderte ihn auf, tüchtig zu essen , was ihm schmecke. Und wenn sie Besseres hätte, würde sie es auch herbeibringen . Und es behagten dem Frosch der Ort und die Speise. Aber als das lange erwartete Getränk nicht kam, saß der durstleidende Frosch, der doch ans Trinken gewöhnt war, trübselig da und sagte , daß er lieber unter der Mühle ohne solche Speise sein wolle als in der Mühle ohne Getränk. Darauf antwortete die Maus, es verdrieße sie, daß ihre Bewirtung keine Anerkennung finde, und schwur, daß sie niemals so gut aufgetischt habe , und sagte, sie wolle für ihre Gefälligkeit eine Vergütung haben. Nachdem der Frosch das angehört hatte, entgegnete er ihr, daß er, wenn sie bereit sei, mit ihm zu seiner Wohnung herüberzukommen , ihr mit Speise und Getränk in Fülle vergelten wolle. Da die Maus einverstanden war, gingen sie zusammen durch die Wiese zum Fluß. Es war aber die Wiese voller Tau, und die Maus fing an , ihre Kräfte zu verlieren ,
234
Esopus Moralisatus
doch derFrosch ermutigte sie und sagte, seine Wohnung sei in der Nähe. Daher gelangten sie, nachdem die Wiese von der Maus mit knapper Not bewältigt war, schließlich zum Fluß. Da sagte der Frosch: Dieses Wasser müssen wir überqueren, da meine Wohnung auf der anderen Seite liegt. Doch von dem weiten Weg erschöpft, entgegnete die Maus dem Frosch verdrossen: Deine Freundschaft verliere ich wider Willen, aber bis zu deinem Quartier zu gelangen , bin ich nicht mehr imstande . Da ich vom Tau der Wiese durchnäßt bin, wage ich nicht, mich jetzt auch noch den gefährlichen Wassern anzuvertrauen. Der Frosch antwortete hierauf: Schimpflich wäre es ,jetzt aufzugeben und die kleine Entfernung nicht zu überwinden . Wenn du erschöft und schwach bist, werde ich dir helfen, daß du nicht im Wasser untergehst. Laß es uns so machen : Wir binden uns mit einem Faden zusammen , du um den Hals und ich um meinen Fuß, und so werde ich dir helfen . Diesem Vorschlag stimmte die Maus zu . Als sie infolgedessen schon in der Mitte des Flusses angelangt waren, rief der Frosch aus: Ich habe meinen Kräften zu viel zugetraut, schon ermatte ich, werde in die Tiefe gezogen und muß zugrundegehen . Indem er mit Willen untertauchte, wurde die Maus dem Ertrinken preisgegeben, und nun erkannte sie, aus dem Wasser wieder auftauchend und nach dem Ufer zurückblickend, den Betrug. Daher ist dort ein heftiger Kampf zwischen beiden Partnern entstanden , die in verschiedene Richtungen zogen, denn der Frosch drängte nach der Tiefe und die Maus nach dem Ufer. Während sie nun so miteinander kämpften, trennte ein Weih (der zufälligerweise Beobachter war) den unseligen Zwist, indem er die Maus mit den Krallen packte und den angebundenen Frosch gleichfalls herauszog, der, als er sah, daß er zum Tode getragen werde, gesagt haben soll: Wer seinem Gesellen Böses bereitet, fällt nicht unverdient in die Schlinge. Geistlich: Durch den Frosch kann das Fleisch des Menschen versinnbildlicht werden, unter der Maus aber wird die Seele verstanden , welche immer gegen das Fleisch kämpft. Das Fleisch begehrt den Geist, der Geist das Fleisch zu sich herüberzuziehen . Das Fleisch nämlich strebt danach , die Seele irdischen undfleischlichen Genüssen zu überantworten , die Seele aber verlangt zurück zu den guten Werken. Den beiden derart miteinander Ringenden naht der Weih, das ist der Teufel, sozusagen der Gewinner. Das bedeutet das Ergreifen und Rauben beider, womit natürlich das ihm zur Beute Werden des Körpers und der Seele gemeint ist. – Oder anders, wenn es sich um den buchstäblichen Sinn handelt: Unter dem Frosch werden Betrüger verstanden , die Gutes beteuern , aber Betrug beabsichtigen , und oft geschieht es, daß solche in jene Grube fallen , die sie anderen bereitet haben . Nahe verwandt ist das Sprichwort: Er fällt in die Grube, welche er selbst gegraben hat.
SEBASTIAN BRANT
(Komm . S. 241)
De equo qui noluit auxilio esse asino in onere deferendo
Denegat auxilium socio qui tempore duro Atque oneris partem ferre recusat ei : Cogitur interdum is totum sufferre laborem : Atque onus integrum sustinuisse humeris . Maior participans / cum debiliore / laborem: Magnum onus incolumis / iunctus uterque / feret. Dignus ferre quidem est pondus totum atque laborem :
Dum potuit / partem qui subijsse negat. Vir quidam habebat equum et asinum : In itinere autem faciendo: dixit asinus equo: Si me salvum vis releva me parte oneris. Equo illius verbis non obsequente: asinus sub onere cadens moritur. Tunc dominus iumentorum / omnes quas portabat asinus sarcinas / similiterque corium quod a mortuo asino exuerat: equo imponit : Quo onere depressus equus / et gemens cum clamore inquit: Ve mihi iumentorum infelicissimo : Quid mihi misero mali evenit? Nam recusans partem: nunc totum onus porto: insuper et illius corium. Hec fabula innuit: maiores debere in laboribus / participes esse minoribus : ut utrique incolumes sint. Quapropter et Jetro moysi cognatus eundem increpans ait: Stulto labore consumeris : ultra vires tuas est negocium : solus illud non poteris sustinere. Levius autem erit tibi partito in alios onere. Monit hoc apostolus gentium: qui Galathis scribens: alter inquit alterius onera portate . Unde et legisperitis christus imputavit: Ve inquit qui oneratis homines oneribus que portare non possunt: et ipsi uno digito vestro non tangitis sarcinas . Alligant enim (inquit dominus ) onera gravia et importabilia: et imponunt in humeros hominum: digito autem suo nolunt ea movere .
236
Sebastian Brant
Vom Pferd, das dem Esel nicht helfen wollte, die Last zu tragen Wer dem Gefährten in notvoller Zeit seine Hilfe verweigert, Nicht bereit einen Teil auf sich zu nehmen der Last, Wird bald gezwungen, allein die ganze Bürde zu tragen , Wenn, der vergebens ihn bat, unter der Mühsal erlag. Ehrenvoller ist, mit dem Schwächern die Lasten zu teilen , Beider Kräfte vereint bringen sie glücklich ans Ziel. Wohl verdient, allein sie auf seinem Rücken zu schleppen , Der, solang er gekonnt, sich dem Beistand entzog.
Von einem pferdt das nit wolt behilflich sein einem esel im tragen der bürde (Übertragung von Johannes Adelphus ; Kommentar S. 243ff. )
Es het ein man ein pferd und ein esel . Do die mit einander giengent / sprach der esel zu dem pferdt / Wiltu mich gesundt machen so entheb mich ein teil der bürden . Do nun das pferdt des esels wort nit gehorsam was noch folgete / fiele der esel under der bürden nider und starb. Do leget der herr der selben thiere alle bürden die der esel trug / und darzu die haut die er von dem todten esel genommen het /uff das pferd. Mit welcher bürden ward das pferdt überladen und nidergetruckt /und seufftzend und schreiend sprach es. Wee mir unseligisten under allen thieren / was übels gat mir armen zuhanden / das ich hab abgeschlagen ein teil /und trage jetz die gantz bürden / darzu desselben haut. Dis fabel zeigt an /das die grössern und öbern sollen gleich teilhafftig sein mit den mindern in der arbeit / das sie beid gesund und beyeinander bleiben mügen. Darumb schalt Jetro / der do ein frünt Mosi was /in /sprechende . Mit torechter arbeit verzerest du dich / dann das geschefft ist über dein macht und über deine krefften / und du magst das allein nit erleiden noch volbringen . Aber leichter wirt es dir / so du die bürde auch under die andern teilest / wist der apostel Paulus / do er den Galathern schreib / sprechende / Einer helff dem andern die bürde tragen. Darumb schalt Christus die geschrifft gelerten / sagende / Wee euch die die menschen beladen mit bürden / die sie nit tragen mügen /und irrierent dieselben bürden nit an mit einem finger. Dann sy binden inen an (spricht der herre) schwere untregliche bürden / und legen die uff der menschen achselen / und wöllen die mit einem finger nit bewegen noch helffen tragen.
***
Sebastian Brant
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De vulpe in palea abscondita que fugabatur a canibus
Sunt plures: qui verba solent bona fundere amicis. Nulla sed effectu dant documenta rei. Et tibi promittant quamvis / sese esse fideles Et fore perpetuo prorsus amore tuos . Nil tamen invenies tandem nisi inania verba: Quos ventus pellit ad sua vota levis. Talis amicorum est hodie fiducia mundo:
Ut male semper agant: dent bona verba licet. Vulpes olim fugiens in venatione canes / divertit ad rusticum / qui in area triticum terebat / rogans ut a canibus tueretur: et simul pollicita est / nunquam se eius pullos gallinaceos lesurare. Annuit rusticus conditioni : et sumptis paleis / furcula vulpem texit. Advenit unus / et item alter ex venatoribus: vulpem querens . Rogitabant autem rusticum: nunquid vulpem fugientem vidisset: et iter eius? Ille verbis vulpem per certam viam diffugisse : nutu vero et oculis
latere sub paleis innuebat . Illi potius ad verba / quam ad nutum
respicientes /abierunt . Tum rusticus detecta vulpe: serva inquit modo promissa. nam verbis meis evasisti : cum dicerem te abisse . At illa que sibi timens / per ruinam inter paleas /rusticum contemplata fuisset diligenter: et eius acta: verba tua inquit bona fuerunt: sed actus satis mali . Dictum in eos / qui unum verbis : aliud re agunt: quorum modo copia multa.
Von dem unter der Spreu verborgenen Fuchs, der von den Hunden verfolgt wurde Viele pflegen beteuernde Worte zu spenden den Freunden, Aber Beweise dafür bringen sie nicht durch die Tat. Mögen sie dir auch versprechen, unwandelbar Treue zu halten, Immer die deinen zu sein , fest in der Liebe Bestand, Findest du dennoch amEnde nur nichts bedeutende Worte, Blätter, die leichthin der Wind ohne Bedenken verweht. So ist der Freunde Verläßlichkeit heutigen Tages beschaffen: Immer handeln sie schlecht , wie sie auch Gutes gelobt.
Sebastian Brant
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Von einem fuchs der sich in die sprüweren verbarg / do er von den hunden gejagt was (Übertragung von Johannes Adelphus )
Ein fuchs flohe eins mals im jagen die hund / und lieff zu einem bawren der weitzen tröschet uff dem then / bat in das er in vor den hunden beschirmpte / und hat im darzu verheissen das er nimmer seinen hünern und kappen schaden wolt . Der bawr verwilliget dem verheissen / und nam die sprüweren und stro / bedecket den fuchs mit der gabelen. Is kam ein jäger / und darnach der ander auch und suchten den fuchs . Die fragten aber den bawren / ob er nit hette ein fliehenden fuchs gesehen /oder seinen weg wüste . Der sprach mit worten /der fuchs were entlauffen durch einen heimlichen weg / aber mit den augen und winckung zeigte er an das er under den sprüweren verborgen lag. Dieselben sahent meer auff die wort dann auff das zeigen oder deuten / giengen also hinweg. Darnach entdecket der bawr den fuchs / und sprach . Halt mir jetz das du hast zugesagt / dann von meinen worten bist du entrunnen / do ich saget das du hinweg werest komen . Aber der fuchs als er im forcht /hat durch den spalt der in dem hauffen was / den bawren fleissig angesehen /und seine that /Und sprach zu im /Dein wort seindt gut gewesen / aber die that böß gnung. Das ist geredt wider die / die mit worten eins /und mit wercken ein anders thun. Deren leider jetzt vil seind auff erdtrich. ***
De aucupe et volucribus Res privata quidem et res publica / destruitur si Seviciam exercet preses et anterior. Condere qui cupuint urbes: et civibus illas
Amplificare bonis: hos decet esse pios. Urbes servitia multe interiere regentum: Egregios cives qui pepulere procul. Auceps tetenderat volucribus retia: quod eminus intuens merula percunctabatur hominem / quid negotij ageret? Ille respondit se condere urbem: abijtque longius / et sese abdidit. Merula vero verbis illius fidem habens: accedensque ad escam iuxta retia appositam / capta est. accurrente aucupe inquit : O homo: si tu quidem talem urbem condis non multos invenies incolas. Hec fabula innuit
eo maxime modo rem privatam et publicam destrui: cum presides
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Sebastian Brant
servitiam exercent. Qui habet aures audiendi audiat: discatque sese aliquantulum mitiorem suis exhibere concivibus . Et quod optimus ille imperator dixit: Malo retinere unum civem: quam mille occidere hostes . In bono etenim cive : nonnunquam totius rei publicae salus consistit et conservatur.
Vom Vogelsteller und den Vögeln Wo Unterdrückung herrscht und Gewalt, da geht alles zugrunde, Was des einzelnen Glück und das Gemeinwohl betrifft. Denen, die Städte zu bauen und sie mit trefflichen Bürgern Zu bevölkern gewillt, ziemt es, untadlig zu sein. Viele Städte sind durch Tyrannenwillkür verödet, Welche die Besten des Volks aus ihren Mauern vertrieb.
Von einem vogler und vögeln (Übertragung von Johannes Adelphus)
Ein vogler stelt den vögeln die garn / das sahe ein trostel / die fraget den was er do fur ein geschefft trib. Antwurt er /er bauwet do ein stat. Do gieng er weit hinweg und verbarg sich
aber die trostel glaubt im / und gieng zu der
außgespreiten speiß bey dem garn / und ward gefangen . Do nun der vogler hertzu lieff die zu holen / sprach sie . O mensch so du ein solche stat bauwest würst du nicht vil inwoner und burger darinn finden. Dise fabel zeiget an das mit der weiß allermeist der gemein und eigen nutz zerstört würt /so die fürweser wieterich sind . Wer oren hat zu hören /der höre / und lere sich ein wenig milter zu erzeigen seinen mitburgern / und das der gut keiser sprach zu halten /Ich wil lieber ein burger behalten / dann tausent feind todtschlagen. Dann in einem guten burger stat und würt behalten underweilen das heil der gantzen gemein. ***
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Sebastian Brant
De amore delphini et pueri
Humanos gemitus edit delphinus amator: Et veneris flammis bestia tacta perit. Vocibus illi hominum delectanturque : vocari Hominibus proprijs (Symon adesto) volunt. Musica quin etiam leti instrumenta sequuntur: Ut genitas reputes ex venere esse feras . Inde vebunt dorso dilectos sepe repando: Et revehunt pueros per mare velivolum. O si qui casu pereunt / sevisve procellis Morte sue mulctant se met: et intereunt. Refert Apianus vir eruditus : rerum egyptiacarum libro quinto : cuiusdam delphini amantis / et pueri non abhorrentis consuetudines / lusus / gestationes / et aurigationes: eaque omnia se ipsum /multosque alios vidisse ait apud puteolos / delphinum amantem mire puerum: inclamatum a puero accuri. Adnatans itaque et penne aculeos velut vagina condens: ne dilectum sibi corpus laceraret: prebebat ascensuro dorsum . receptumque equitis more insidentem / per magnum equor ad triginta fere passuum milia deferebat. Roma igitur omnisque italia eo confluebat : ut piscem amatorem /vehentem puerum aspectaret. Postea vero idem ille puer delphino amenus : morbo affectus / obijt suum diem: At ille amans : ubi sepe ad litus solitum adnavit: et puer qui in primo vado adventum eius operiri consueverat / nusquam apparuisset: desiderio rabuit / exanimatusque est: et in litore iacens inventus ab his qui rem cognoverant. In sui pueri sepulchro humatus est: Alium puerum Hermiam nomine / per maria similiter delphino insidentem cum undosior fluctus necavisset: delphin ad terram revexit. Et velut fateretur reatum: penitentiam suam morte mulctavit: nec reverti voluit amplius in profunda: ut Solinus auctor est.
Von der Liebe eines Delphins und eines Kindes
Menschliche Schmerzen empfinden Delphine , von Liebe ergriffen, Und die Flamme verzehrt gleichwie den Menschen das Tier. Zauber der menschlichen Stimmen ergötzt sie, mit eigenen Namen Wollen gerufen sie sein (wie es durch Symon bezeugt). Ja, sie folgen voll Sehnsucht dem Klang der Musikinstrumente; Darum eingedenk sei, Liebe gebar auch das Tier.
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Sebastian Brant
Oftmals tragen Geliebte sie durch das Meer auf dem Rücken, Bringen die Knaben zurück zu dem vertrauten Gestad.
Werden diese jedoch vom Sturm in die Tiefe gerissen, Suchen sie, trostlos verwaist, selber erlösenden Tod.
Von der liebe eines delphins und eines kinds (Übertragung von Johannes Adelphus)
Apianus der gelerte man saget in dem fünfften buch der Egyptier geschichten / eines delphins liebe / und eines kindes das sich nicht forcht vor im / und von seiner gewonheit /spiel /hendel /und fürung / und das er die dinge alle selbs / und auch ander vil gesehen hetten zu Puteolis / wie ein delphin wunderlich lieb hette ein kindt / der von eins kindes geschrey berüfft ward. Darumb schwam er herzu / und in die spitzen seiner federn verbarg und empfieng er das kind als in ein scheide / das er im sein liebgehebten leib und zarten cörper nit zerrisse / gab er im dar seinen rugken / das es daruff stig / und empfieng es wie ein pferdt auff sich zu sitzen / durch das groß mere gar by dreissig tausent schrit fürt er das kind. Darumb kamen dahin alle Römer / und die aus Italien / das sie sehen ein fisch der ein båler was /und ein kindt füret über möre . Darnach aber dasselb kindt / das dem delphin so lieb was / ward kranck und starb. Aber der liebhabende fisch do er dick zu den gewonten staden schwam / und das kindt / des zukunfft er an der ersten furch und eingang des möres gewon was zu warten / niendert do erschein / nam er ab auß begirden und lieb / und starb also / und wardt funden am staden todt ligen von denen die umb die sach wisten /und ward in das grab seines kindes gelegt. Ein ander kindt mit namen Hermia / hat deẞgeleichen durch das möre auch ein delphin auff im sitzende gefürt. Und als es ein grosser wal des wassers ertödtet /furt es der delphin todt wider an das land . Und gleich als ob er veriehe und bekante das die schuld sein were / so hat er sein buß und rüwen mit eignem todt gestraffet /und wolt nit wider kommen in die tieffe des meres / als Solinus schreibt.
***
HEINRICH BEBEL
(Komm. S. 245)
De poenitentia lupi et vulpis et asini Ex Hugone Trimpergio, egregio in vernacula nostra poeta
Properarunt olim Romam simul lupus et vulpes et asinus pro indulgentia (ut ita loquar) consequenda. Atque in itinere dum lupus dixisset pontificem multis. aliis negotiis districtum esse, convenerunt, ut sibi invicem confiterentur atque poenitentiam iniungerent. Lupus primum ita vulpi confessus est: vidisse se suem , quae duodecim suculos habebat, et cum ipsa pinguis in campo deambularet, suculi eius domi fame conficerentur; propterea matrem devorasse ob impietatem, quod prolem ita derelinqueret. Tandem miseratione commotum filios omnes etiam, ut ex miseria eriperet, enecasse atque manducasse. Hoc flens narrabat atque poenitentiam iniungi sibi petivit. Vulpes dixit: ‚Non commisisti grande peccatum, commiseratio est pupillorum; ora semel dominicam orationem et sis absolutus. " Mox vulpes lupo confitetur ita : Rusticus habebat gallum, qui vicinos quosque gallos debellabat victoriosus ; cuius clamor circumquaque perturbabat sanos et insanos et maxime capite dolentes : huius superbia me male habuit. Quem semel cum uxoribus gallinis spatiantem arripui atque abducens devoravi. Semper postea contra me clamaverunt uxores eius mihi infestae, quarum multas vindicando iniuriam et clamorem comedi . Peccavi , fateor, et peto veniam. Ad hoc lupus: Bene actum est, dum clamor et superbia galli et gallinarum comminuta est; nec multum peccasti . Iniungo itaque tibi , ut ad tres dies Veneris non comedas carnes , si non habere potueris : ego sum facilis et credulus tibi, uti tu mihi. Nunc asine , confiteare et tu!'
Asinus ad hoc : ,Quid confitear? Vos scitis labores meos et tormenta, quae tolerare cogor portando frumenta, saccos , ligna et aquas . In uno tamen peccavi, cuius me saepe paenituit: servus mihi praepositus erat, cui frigenti ex calceis stramen apparuit; quod ego ei eripui , unde magnum damnum in pedibus accepit. Estote mihi misericordes et iniungite poenitentiam! Dixerunt illi: , O latro, quid fecisti? Vae tibi in aeternum! Nam te auctore servus ille grande damnum in pedibus sensit et, ut credimus , ex hoc mortuus: unde anima tua
Heinrich Bebel
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damnata est. Ideo nec corpus salvum esse debet. ' Et necantes devoraverunt eum . Sic equidem faciunt potentes et maiores: sunt sibi invicem faciles et ignoscunt leviter; subditis autem et infirmioribus duri et inexorabiles , ut bene novit Iuvenalis in satira secunda: Dat veniam corvis, vexat censura columbas. Auctor fabulae interpretatur: vulpem esse cellarios et hos , qui sunt in officio monasteriorum constituti , qui contra abbatem nihil agunt. Lupus esse debet abbas et asini sunt simplices fratres, qui in minimis maxime peccant, dum superiores sibi invicem ignoscant.
Von der Buß eines Wolfs, Fuchsen und Esels nach Hugo von Trimberg, dem trefflichen Dichter in der heimischen Sprach (Übertragung von Albert Wesselski)
Zogen einst mit einander gen Rom ein Wolf, ein Fuchs und ein Esel von wegen des Ablaß der Sünden. Wie nun unterwegs der Wolf gesagt hätt, daß der Papst mit viel ander großen Geschäften beladen wär, kamen sie übereins , wie sie einer dem andern selbst wollten beichten und einander Buß aufgeben. Drauf beichtet zuerst der Wolf dem Fuchsen, er hätte ein Säuin gesehen , die hätt zwölf Ferklein gehabt und sie, dieweil sie selbst feist wär auf dem Feld einhergangen , daheim vor Hunger lassen sterben; ob solcher Missetat hätt er die Mutter, die ihr Kind hätt also verlassen, aufgefressen . Endlich hätt er von Mitleid bewegt auch all die Kleinen , auf daß er sie aus ihrem Jammer erledigte, erwürgt und gefressen. Das hätt der Wolf weinend erzählt und dafür ein Buß begehret . Da saget aber der Fuchs : „ Die Sünd , so Du begangen, ist nicht gar groß, eher ein Erbarmung der Waisen; sprich ein Vaterunser und sei absolvieret.“ Drauf beichtet der Fuchs dem Wolfen auf die Weis : ,,Ein Bauer hätt ein Hahn, der aller Nachbarn Hahnen siegreich wegbiß, und dessen Krähn betrübet alle Menschen hin und wider im Dorf, gesund und ungesunde, sonderlich die, so der Kopf wehe tät. Diese Hoffart hätt mich übel verdrossen, hab ihn daher auf ein Zeit, wie er mit sein Weibern, den Hennen , ist spazieren gangen , erwischt, weggeführt und gefressen. Nun schrien aber sein Weiber hernach allzeit gehässig über mich , derhalben ich viele weggefressen hab, die Unbilligkeit und das Geschrei zu strafen . Ich hab gesündigt, das bekenn ich, und bitt um Verzeihung." Darauf saget der Wolf: ,,Es ist gleich gut, wann das Geschrei und die Hoffart des Hahns und der Hennen ein wenig gemindert ist, hast nicht so sehr gesündigt. Ich leg Dir aber auf, daß Du drei Freitag kein Fleisch essest, wo
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Heinrich Bebel
Du es nicht haben kannst; dann ich will Dir gleich so leicht und gläubig sein, als Du mir. Wohlan , Esel , beicht nun auch Du. “ Drauf sprach der Esel : „ Ach, was soll ich beichten? Ihr wißt mein Arbeit und Trübsal, die ich leiden muß in Korn, Säck, Holz und Wasser tragen. In einem Stück hab ich aber doch Unrecht tan, das mich auch oft gereuet hat. Mir war ein Knecht vorgesetzet, dem hat in der Kälten das Stroh aus den Schuhen herausgeschaut, das hab ich ihm herauszogen, davon er ein großen Mangel an seinen Füßen empfunden hat. Seid denn barmherzig und legt mir ein Buß auf." Sie sagten aber: „ O Du Bösewicht, was hast Du getan? Weh Dir in Ewigkeit! Dann Du bist schuldig dran, daß der Knecht ein solchen Mangel an seinen Füßen empfangen hat und, als wir glauben, gar darum verstorben ist; drum ist Dein Seel verdammt, und kann auch der Leib nicht ungestraft bleiben." Bissen ihn also nieder und fraßen ihn weg. Also tun auch die Mächtigen und Gewaltigen: sind einander weich und verzeihen ihnen leichtlich, aber den Untertanen und Schwächern sind sie hart und unerbittlich, wie es Juvenalis gar fein in der zweiten Satyra anzeigt hat: Dat veniam corvis , vexat censura columbas . Und der Dichter der Fabel legt sie aus, daß der Fuchs bedeute die Mönche, die als Meister in ein Amt im Kloster gestellt sind und nichts wider den Abt handeln , daß der Wolf aber der Abt müßt sein, und die Esel seind die schlichten Brüder, deren kleine Verschuldung gleich großer Sünd gilt, so die Obern einander selbst willig verzeihen.
NICOLAUS GERBELIUS
(Komm. S. 247)
De Aranea et Podagra Aranea paululum a texendo opere quietior, animi relaxandi gratia commodum deambulabat. Huic obviam praebuit Podagra, tametsi passibus ambiguis admodum aegre illam assequeretur. Eius diei itinere utcunque emenso , non longe aberant ab oppidulo, cui regionis eius incolae Tyche nomen indiderant. Utrique consilium fuit, conditionis suae hospitem pervestigare . Aranea non maximopere data opera, in opulenti cuiusdam civis aedes divertit. Inibi quaqua versum telas suas praepandebat, praetendebatque retia, aderant illico, nescio qui trygodaemones, qui textrinam illius demoliebantur. Momentaneum itaque erat ipsius, quo etiam cunque se verteret, aedificium . Nusquam etenim scopariorum oculatas scopas poterat effugere. Misera plane, quae in tanta rerum omnium affluentia sola egebat, proturbabaturque . Podagra vero mendicabuli instar vix tandem egestosi cuiuspiam tuguriolum impetrarat. In id loci cum decubuisset, nihil non experiebatur miseriarum. Apponebatur coenaturienti panis cibarius, aridis vix faucibus hianti hydropoterium . Iamque diurno itinere lassescenti, torus ligneus, nullis frondibus, nullo gramine, sed praetenuibus paleis insternebatur. Atqui dicere non est huius instituti , quam convenerint male membris mollibus , cuticulae (ut ita dixerim ) holosericae stragula tam dura , tam barbari villi. Oriente igitur vix tandem illo augusto sidere , quod exaudit, quod intuetur omnia: convenere rursum Aranea simul et Podagra: Prior Aranea praeteritae noctis molestias, tot locorum commutationes denarrat. Nunc heri exprobrans mundiciem, nunc nimiam scopariorum observantiam. Podagra contra de hospitis sui egestate complura comminiscitur. Nec otium habet admonstrare Araneae lividas vibices , quas adamantina fulcra tenellae cuticulae impresserant.
Consilium ineunt, Araneam deinceps pauperum tuguria,
Podagram vero divitum aulas debere subingredi : in hanc Aranea pedibus , Podagra animis vadit sententiam . Veruntamen tenebris iamiam increscentibus , urbi cuipiam sese approximant , Podagra instituti non immemor, pedetentim se in numosi cuiusdam domum illatebravit. Qua commodum ab hero conspecta, Dii boni qua benevolentia, qua humanitate, quibus nominibus excipitur. Supponuntur sustruunturque olorinae culcitrae , toralia perdicum subalaribus
Nicolaus Gerbelius
246
plumis referta. Taceo vinum dulce, vinum nigrum, Lesbium, Surrentinum. Taceo ficedulas , phasianas, atque eas aviculas, quae binis superbiunt cordibus. In summa nihil delitiarum, nihil voluptatum non exhauriebat. Aranea pauperis casam ingressa, telas orditur, quaquavorsum parietes interpatent, retia suspendit. Orbiculari operi manibus pedibusque incumbit. Reficit abrupta, perficit intercepta. Et ut dicam breviter, vacua dominantur in aula. Nullas insidias , nullius formidat insultus. Imo vero etiam iam scopis superior omnibus. Non multo post Podagra Araneam convenit, delitias suas, felicitatem, fortunas ampliter exornat. Aranea miris laudibus extollit Imperium suum , aedificandi texendique libertatem . Placuit tandem haec utrisque sententia. Quorsumcunque proficiscerentur, Podagram in divitum domos, Araneam in pauperum tuguria debere divertere. Morale Apologus hic, tametsi ad usus varios accommodari queat, id tamen in primis declarat alium alio loco fortunatiorem esse. Praeterea morborum domicilium esse divitum aulas. Ad ultimum, nusquam libertatem maiorem, quam ubi divitiarum minus.
Von der Spinnen und Podagra
(Nachdichtung von Burkard Waldis; Komm. S. 248) Gerbellius ein Fabel schreibt,
Die auch denen ist eingeleibt, Welch erst Esopus hat gemacht, Auch ander mehr nach ihm bedacht. Weil sie nun ist dermassen gstellt,
Das sie mir im Latein gefellt, Wiewol sie es thet nit gar gern, Hat dennoch Teutsch mußt reden lern.
Es war einsmals ein kluge Spinnen, Voll weißheit und gar scharpff von sinnen, Die wolt auffhörn von irem weben,
Und sich hinauẞ ins Veldt begeben, Das sich ein wenig möcht erquicken . Eilendt thet sich zu wege schicken.
denen eingeleibt: unter die aufgenommen - erst: zuerst - bedacht: ausgedacht – dermassen gstellt: so erzählt - sich: Sieh
Nicolaus Gerbelius
247
Wie sie sich nun im gang umbsach, Sich, da folgt ir von ferne nach Die Podagra zu beiden seiten, Und sprach : ,,gesellschafft, wöllest beiten! Mich dunckt, du wilt meins weges wandern: Gut ists, wir reisen mit einandern .“ Sie zohen beid zusammen hin
Zu einem Flecken, lag für in. Sie bschlussen mit gemeynem rath, Ein jeder solt gehn in die Stadt, Der erste Wiert, so im für kem , In mit im in sein bhausung nem,
Dem wolt er folgen williglich. Baldt mit der kürtz begab es sich , Ein reicher Bürger on gefehr Sprach zu der Spinnen: ,,komm du her, Geh mit mir heym, ich theyl mit dir, Was Gott und glück han geben mir." Die Spinn zohe hin, thet fleissig schawen: Hoch an eim balcken wolt sie bawen, Daselben ir geweb außbreit. Die Haußmagd war von stund bereit, Wo sich die Spinn zu weben regt, Mit einem Besem sies wegfegt, Und ward ir da kein stett vergunnt, Da sie urlaub zu bawen fundt; Und kundt also die arme Spinne
Im weiten hause nichts beginnen, Das da möcht bleiben unberört, Und ir die Haußmagd nit zerstört. Sie het kein fried im gantzen hauß: Man jagts zu allen thüren auß. Da gegen auch die Podagra Wardt irer herberg nit fast fro: Kert ein zu einem armen Bawr,
Der macht dem Gast sein leben sawr. zu beiden Seiten: lat. passibus ambiguis = mit schwankenden (unsicheren) Schritten - gesellschafft: Genossin - beiten: warten – bschlussen mit gemeynem rath : kamen überein - Wiert: Hauswirt - für kem: begegne - mit der kürtz : binnen kurzem - von stund: sogleich - stett: Stätte -urlaub: Erlaubnis - fast: sehr
248
Nicolaus Gerbelius Als er zu abent essen solt,
Und sich seins leybs ergetzen wolt, Da wardt ein trucken Brodt sein speiß, Das war zwar nicht wie Sämel weiß; Weißt in darnach zum Küpfferling,
Sprach: ,,wenn dich dürst, daselb außtrinck." Wie nun der Gast war worden kranck Von bösem wege, speiß und tranck, Sein augen kundt nit halten offen, Hieng offt den Kopff, begert zu schlaffen, Da zeigt man im ein höltzen Beth , Deßgleichen vor nit gsehen het; War nit mit Mey oder Blumen bstekt, Auch nit mit seiden Tepten deckt; Ein wenig stro darinnen lag,
Das het gelegen manchen tag . Die Podagra legt sich da nider, Zu ruhen ire schwachen glieder. Was jamers sie die nacht da litt, Kan jederman betrachten nit. Kein schlaff in ire augen kam, Biß sie morgens den tag vernam, Und das die liebe Sonn auffblickt, Die sie zum theil irs leydts erquickt, Des elenden kummers und jammer, Den sie die Nacht het in der Kammer, Daselbs geschahe ir weh und andt, Denn sie war unglücks nicht gewont.
Des morgens früh sich für her zoch, Herauß auff allen vieren kroch, Für onmacht lag schier gar darnider; Doch kams zu irer Gsellschaft wider. Sie wünscht der Spinn ein guten morgen, Und sprach: ,,ich hab die nacht in sorgen Gelegen hart auff einer Banck, Die nacht daucht mich eins Jares lang,
Sämel: Semmel – Küpfferling : Kupferzuber – kranck: schwach – Mey: Maienzweigen – Tepten: Teppichen, Decken – betrachten: sich vorstellen – andt: Verdruß – für her: hervor
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Nicolaus Gerbelius
Hab solch armut und kummer glitten: Dafür mich hinfür wil behüten. Wenn du den armut sehest an,
Darinn da lebt der arme man, Bey dem ich bin die Nacht gelegen, Soltst dich mit Hend und Füssen segen. Hab nie gesehn ein solchen armen : Es möcht ein harten Stein erbarmen. Fro wardt ich, da die Sonn auffgieng. Und das zu tagen anefieng." ,,Ach !" sprach die Spinn,,,schweig, laß dein klagen! Mein unruh kan ich nit außsagen, Welch ich gelitten diese Nacht: Han mir mein leben sawr gemacht. Auß einem winckel in den andern Hab ich die gantze Nacht mußt wandern . Die Haußmagd mir nit gunnen thet, Das ich ein stundt geruhet het. Wo ich auffschlagen wolt mein Zelt, Waren drey oder vier bestelt, Die mir verstörten all mein wesen,
Fegten mich weg mit vielen Bäsen: . Also gantz sauber, schön und rein Musts uberall im hause sein, Welchs doch nit ist von meinem thon: Ich könt sein nimmermehr gewon. Mit solchem fegen und reinigkeit Machten sie mir mein leben leydt. Wenn sichs hie wolt für Leuten ziemen , Wolt ich dir zeigen meine striemen ,
Die sie mir diese Nacht geschlagen: Ich weiß zwar nicht, wem ichs sol klagen. Ein Jüden solt es wol verdriessen; Habs, als hets mir ein Hundt gebissen." Podagra sprach: ,,liebe gespiel ,
Ein guten rath ich geben wil: Ich merck wol, wo es wil hinauß. Laß mich ins reichen Mannes hauß;
segen: bekreuzigen - sein gewon: mich daran gewöhnen – für: vor
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Nicolaus Gerbelius
Wo mans helt sauber, schön und rein, Da wil ich deste lieber sein. Zum armen Man thu dich begeben,
Da magstu wol mit frieden weben." Da sprach die Spinn: ,,das nem ich an, Hab dich wol mit dem reichen Man." So baldt es wider abent wardt, Podagra macht sich auff die fahrt. Wiewol sie gar erbermlich gieng, Der reiche Mann sie doch entpfieng
Mit grosser ehr und Reverentz, Mit neigen, biegen und Credentz , Brachts auff ein Beth mit seiden Küssen, Der legt man ir drey zu den Füssen. Hilff Gott! wie wardt sie da tractiert, Mit gar köstlichen gschencken geehrt ! Bald ward für ir der Tisch gedeckt,
Darauff gar weisse Sämeln gelegt, Frisch, wie man sie erdencken mocht; Wardt alles uberflüssig bracht. Räbhünlin, Wachteln, Amseln und Phasen, Wildprät von Hirschen, Rehe und Hasen, Wein Cors, Trebian, süß Malmasier, Den man bringt von Venedig her, Und wie man die all mag erdencken, Thet man ir uberflüssig schencken, Ja also viel und uberflüssig,
Das sies zum theil ward uberdrüssig . In summ, man mocht da nit entbern, Denn was der Gast nit thet begern. Die Spinn sich auch nicht lang besann , Zohe ein zu einem armen mann, Begundt gemächlich an zu heben, Zu spinnen, haspeln, spülen , weben An Thüren, Fenstern, Balcken, Wenden, Stricket mit Füssen und mit Henden ,
Hab: Gehab - Credentz: Auftischen -– Räbhünlin : Rebhühner - Phasen : Fasanen - Wein Cors: Wein aus Korsika – uberflüssig: im Überfluß - schencken : einschenken
Nicolaus Gerbelius
251
Das zerbrochne macht wider gantz, Rundt, mit viel Straln wie Sonnen glantz, Langlecht, rudecht und viereckit, Gleich, ungleich, seltzam , schib und scheckit. So herrschet sie im leren hauß, Niemandt irrt sie oder trieb sie auß.
Nit lang darnach in selben tagen Thet sichs on all gefahr zutragen ,
Das die Spinn und die Podagran Kamen einander wider an. Sprach zur Spinnen: „ nun ist mir wol, Ich hab als, was ich haben soll. Zu meinem grossen glück und frummen Bin ich zu solcher herberg kummen.“ Die Spinn auch ire freyheit rhümet, Mit vielen worten hoch verblümet,
Wie sie im gantzen hauß regiert, Mit Spinnweb alle winckel ziert. Solchs preiset sie mit grossem rhum, Nem nit dafür das Keyserthumb . Da willigtens von beiden seiten, So wolten in zukummen zeiten Die Podagra zur Herberg keren
Zu reichen hausen, grossen Herren; Wer allenthab von iren dingen. So mocht der Spinn nicht baß gelingen, Denn das sie sich zum armen kert: Das solch gut wer, het sie gelert Erfarnheit und der lange brauch . Das haltens noch, drumb siht man auch Die Spinnen bey den armen bleiben. Die reichen thun ir zeit vertreiben Mit der Podagra auff weichen Bethen; Und wenn sie auch dieselb nit hetten , So hettens sunst kein zeit vertreib: Ich achts für gut, das bey in bleib;
rudecht: gerundet - seltzam: (hier:) kunstvoll - schib: kreisförmig - scheckit: scheckig – irrt: störte - Kamen einander wider an: sich wieder trafen - verblümet: geschmückt - willigtens: kamen sie überein - zukummen: künftigen
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Nicolaus Gerbelius
Mögens auch meinethalb wol han, Biß das die growen Röck vergahn. Man mag diesen Apologon , Der an im selb lüstig und schon, Ziehen zu mancher sachen gstalt. Doch erstlich er ein solchs inhalt, Das einer offt in einer Stadt Mehr glücks denn an der andern hat, Und das Kranckheit gemeinlich pflegen Sein bey den reichen: da thut mans hegen Auff weichen Betthen, deckets warm , Und nimpts gar freundtlich in den arm, Leẞt in keins dings gebrechen nicht: Solchs bey den armen nit geschicht. Noch eins han wir drauß zu verstehn,
Wöllns auch nit lahn fürüber gehn; Wiewol Gelt, Gut seindt Gottes gab, Doch siht man offt bey kleiner hab Größer freyheit, ruhsamer leben, Denn bey dem Gott groß reichthumb geben. Endtlich will ich also beschliessen:
Der arm soll seiner freiheit gniessen, Haben ein frischen, freien mut, Laß den reichen mit seinem gut Sein leben engstigen und worgen: Der Hundt darff für die Schuh nit sorgen.
growen Röck: Mönche (?) – Ziehen zu : beziehen auf – inhalt: beinhaltet - worgen : quälen – darff: braucht
AESOPUS DORPII
GUILIELMUS HERMANNUS GOUDANUS
(Komm. S. 249)
De Leone senectute confecto Leo qui iuventute complures sua ferocitate fecerat inimicos, in senectute exolvit poenas . Reddunt talionem bestiae. Dente aper, cornu petit taurus. In primis asellus , vetus ignaviae nomen cupiens abolere, verbis et calcibus strenue insultat. Tum gemebundus Leo . Hi quibus olim nocui , iam vicissim nocent , et merito. Sed hi quibus aliquando profui, iam vicissim non prosunt, immo etiam immerito obsunt. Stultus fui qui multos fecerim inimicos , stultior qui falsis amicis confisus fuerim . Morale In secundis rebus non efferaris, non sis ferox. Nam si vultum mutarit fortuna, ulciscentur quos laesisti . Et inter amicos fac habeas discrimen. Sunt enim quidam amici non tui, sed mensae tuae, sed fortunae tuae. Quae quidem fortuna simul ac mutata erit, et illi mutabuntur. Et bene tecum actum erit, si non inimici fuerint. Merito queritur Ovidius. En ego non paucis quondam munitus amicis, Dum flavit velis, aura secunda meis . Ut fera nymboso tumuerunt aequora vento, In mediis lacera puppe relinquor aquis.
Vom altersschwachen Löwen Der Löwe, der sich in der Jugend wegen seiner Grausamkeit viele Feinde geschaffen hatte , wurde dafür im Alter gestraft. Die Tiere griffen zur Wiedervergeltung. Der Eberfiel ihn mit den Hauern , der Stier mit den Hörnern an. Besonders der Esel, im Verlangen , den alten Ruf der Feigheit loszuwerden, verhöhnte ihn nach Kräften mit Worten und Fußtritten . Da fing der Löwe seufzend zu klagen an : „ Diejenigen , denen ich einst Schaden zugefügt habe, üben jetzt Rache, und das verdiene ich . Aber diejenigen, denen ich einst
Guilielmus Hermannus Goudanus
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geholfen habe, helfen mir jetzt ihrerseits nicht, im Gegenteil, unverdientermaßenfügen auch sie mir Leid zu. Ich bin töricht gewesen, daß ich mir viele Feinde geschaffen habe, törichter, daß ichfalschen Freunden vertraut habe. “
Lehre Im Glück laß dich nicht hinreißen , sei nicht rücksichtslos. Denn wenn Fortuna ihr Antlitz wandelt, werden sich diejenigen rächen , die du verletzt hast. Und zwischen den Freunden sollst du unterscheiden. Es sind nämlich etliche Freunde nicht deine , sondern deines Tisches, deines Glückes. Sobald aber das Glück sich gewendet haben wird, werden auch sie sich von dir abwenden. Und es wird noch gut um dich stehen , wenn du dir keine Feinde erworben hast. Mit Recht klagt Ovid: Wohl war ich ehmals im Glück von vielen Freunden umgeben, Da ein günstiger Wind meinen Segeln geweht. Nun das geborstene Schiff im tosenden Sturme umhertreibt, Lassen auf offenem Meer mich die Freunde allein.
De partu montium Olim rumor erat parturire montes, homines accurrunt, circumsistunt, monstri quippiam non sine pavore expectantes . Pariunt tandem montes, exit mus . Tum omnes risu emori . Morale Hanc fabellam tangit Horatius . Parturiunt montes (inquit) nascetur ridiculus mus. Notat autem iactantiam . Iactabundi enim cum magna profitentur, et ostentant, vix parva faciunt. Quapropter Thrasones illi iure sunt materia ioci et scommatum. Vetat item haec fabella inanes timores . Plerumque enim gravior periculo est periculi metus , imo ridiculum est, quod metuimus .
Vom gebärenden Gebirge Einst verbreitete sich das Gerücht, ein Gebirge wolle gebären . Die Menschen liefen herzu, umstanden es und erwarteten nicht ohne Bangen irgendein Ungeheuer. Endlich gebar der Berg, eine Maus kroch heraus . Da wollten alle vor Lachen sterben. Lehre Diese Fabel zitiert Horaz . „ Die Berge kreißen “, sagt er,,, geboren wird eine lächerliche Maus ". Er weist aber damit aufdie Prahlerei hin. Die Wichtigtuer
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Hadrianus Barlandus
nämlichbringen, während sie Großartiges ankündigen und in Aussicht stellen, kaum Geringfügiges hervor. Deshalb sind die Thrasonen von Rechts wegen Gegenstand des Scherzes und derVerspottung. Ebenso wendet sich diese Fabel gegen unbegründete Befürchtungen . Häufig ist nämlich größer als die Gefahr die Furcht vor ihr, sogar lächerlich, was wir fürchten.
HADRIANUS BARLANDUS
(Komm. S. 250)
De Pavone et Luscinia Pavo apud summi Iovis sororem, et coniugem Iunonem queritur Lusciniam suave cantillare, se ob raucam ravim ab omnibus irrideri. Cui Iuno, dos sua a Diis cuique. Luscinia cantu, tu plumis longe superas, unumquemque sua sorte decet esse contentum .
Morale Quae Divi largiuntur, grato sumamus animo, neque maiora quaesierimus . Superi temere agunt nihil.
Vom Pfau und der Nachtigall Der Pfau beklagte sich bei Juno , der Schwester und Gemahlin des höchsten Gottes Juppiter, daß die Nachtigall so lieblich singe , er dagegen wegen seiner heiseren Stimme von allen verspottet werde. Darauf erwiderte ihm Juno , jeder habe von den Göttern seine ihm zukommende Gabe erhalten . „ Die Nachtigall zeichnet sich durch den Gesang aus , du dich durch die Federn , und einem jeden geziemt es, mit seinem Schicksal zufrieden zu sein. “ Lehre Was die Götter schenken , sollen wir mit dankbarem Sinn annehmen und nicht nach mehr verlangen . Die Götter bewirken nichts ohne Grund.
De Asino et Equo Asinus beatum putabat Equum , quod pinguis esset, et in otio degeret, se vero infoelicem dicebat, quod macilentus esset, ac strigosus, quotidieque ferendis
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Hadrianus Barlandus
oneribus ab immiti hero exerceretur. Haud multo post ad arma conclamatum est. Tum Equus non equitem dorso, non frenum reppulit ore, nec telum corpore . Hoc viso, Asinus magnas Diis gratias agebat, quod non Equum se, sed Asinum fecissent. Morale Miseri sunt, quos vulgus beatos iudicat, et non pauci beati, qui se miserrimos putant . Sutor crepidarius Regem dicit foelicem , quem omnium rerum compotem videt, non considerans in quantas Rex solicitudines distrahatur, dum interim ipse optima cum paupertate cantillet.
Vom Esel und Pferd DerEselhielt das Pferdfür vom Glück begünstigt, weil es wohlgenährt sei und in Ruhe lebe, sich dagegen nannte er unglücklich , weil er abgemagert und dürr sei und tagtäglich von einem erbarmungslosen Herrn mit dem Schleppen von Lasten geplagt werde. Nicht viel später wurde zu den Waffen gerufen. Da konnte das Pferd weder den Reiter von seinem Rücken , noch den Zügel von seinem Maul, noch das Geschoß von seinem Körper fernhalten . Als der Esel das gesehen hatte, sagte er den Göttern großen Dank, daß sie ihn nicht zum Pferd, sondern zum Esel geschaffen hätten.
Lehre Elende sind, die die Menge für glücklich hält, und nicht wenige sind Glückselige, welche sich selber für die Allerelendesten halten . Ein Schuhmacher nennt den König glücklich, den er im Besitz aller Dinge sieht, dabei nicht bedenkend, von wieviel Sorgen der König zermürbt werde, während er selbst zur gleichen Zeit bei der größten Armut singe.
ERASMUS VON ROTTERDAM
(Komm. S. 251 )
Apologi ex Chiliadibus Adagiorum Erasmi desumpti ad communem Puerorum fructum
De Vulpecula et Pardale Cum aliquando Pardalis Vulpem prae se contemneret , quod ipsa pellem haberet omnigenis colorum maculis variegatam , respondit Vulpes, sibi id decoris in animo esse, quod illi esset in cute . Morale Neque vero paulo satius est ingenio praeditum esse vafro , quam cute versicolore.
Vom Fuchs und Panther Als einstmals ein Panther dem Fuchs gegenüber seine Geringschätzung äußerte, weil er ein mit Farben verschiedenster Art reich geflecktes Fell besitze, antwortete der Fuchs, ihn zeichne jene Schönheit im Geiste aus , die jener aufder Haut trage. Lehre In der Tat ist es weit wertvoller, mit geistigem Reichtum begabt zu sein, als mit einem buntfarbig schillernden Kleid.
De Vulpe et Fele Cum aliquando Vulpes in colloquio , quod illi erat cum Fele, iactaret sibi varias esse technas , adeo ut vel peram haberet dolis refertam. Feles autem responderet, sibi unicam duntaxat artem esse , cui fideret si quid esset discriminis. Inter confabulandum repente canum accurentium tumultus auditur. Ibi Feles in arborem altissimam subsiliit, cum Vulpes interim a canum agmine cincta, capitur.
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Erasmus von Rotterdam
Morale Innuit fabula, praestabilius esse nonnunquam unicum consilium, modo id sit verum et efficax , quam plures dolos consiliaque frivola.
Vom Fuchs und der Katze Der Fuchs prahlte einmal in einem Gespräch, das er mit der Katze führte, er verfüge über die verschiedensten Kunstfertigkeiten in solchem Ausmaß, daß er den ganzen Ranzen mit Listen angefüllt habe . Die Katze aber erwiderte, sie beherrsche nur eine einzige Kunst , auf die sie in jeder Gefahr vertraue, was es auch immer sein möge. Während sie noch sprachen , erschallte plötzlich das Gebell herannahender Hunde . Sogleich sprang die Katze auf den höchsten Baum, während der Fuchs, alsbald von der Meute der Hunde umzingelt, zerrissen wurde. Lehre Die Fabel lehrt, daß es nicht selten besser ist, sich auf einen einzigen Rat zu verlassen, wenn dieser ehrlich gemeint und bewährt ist, als auf vielerlei Ränke und nichtssagende Ratschläge.
De Rege et Simiis. Rex quidam Aegyptius aliquot Simias instituit, ut saltandi rationem perdiscerent, ut enim nullum animal ad figuram hominis propius accedit, ita nec aliud actus humanos , aut melius, aut libentius imitatur. Artem itaque saltandi protinus edoctae, saltare coeperunt, insignibus indutae purpuris, ac personatae . Multoque iam tempore maiorem in modum placebat spectaculum, donec e spectatoribus facetus quispiam , nuces, quas clanculum in sinu gestabat, in medium abiecit. Ibi statim Simiae, simul atque nuces vidissent, oblitae choreae , id esse coeperunt, quod antea fuerant, ac repente e saltatricibus in Simias redierunt. Contritisque personis, dilaceratis vestibus, pro nucibus inter se depugnabant, non sine maximo spectatorum risu. Morale Admonet haec fabula, fortunae ornamenta non mutare hominis ingenium .
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Erasmus von Rotterdam
Vom König und den Affen Ein ägyptischer König unterwies eine Anzahl Affen, daß sie die Regeln des Tanzes gründlich erlernten . Wie nämlich kein Tier näher an die menschliche Gestalt herankommt, so ahmt auch kein anderes menschliche Bewegungen besser oder mit mehr Lust nach. Da sie demzufolge binnen kurzem die Tanzkunst beherrschten , begannen sie, mitpurpurnen Ehrengewändern bekleidet und Masken tragend, als Tänzer aufzutreten . Schon hatte während geraumer Zeit dies Schauspiel in hohem Grade Gefallen gefunden, als eines Tages irgendein Schalk unter den Zuschauern Nüsse , die er heimlich in der Tasche bei sich trug, in ihre Mitte warf. Sofort vergaßen die Affen , als sie alle im gleichen Augenblick die Nüsse gewahr wurden , ihre erlernten Kunststücke, begannen wieder das zu sein , was sie vorher gewesen waren , und verwandelten sich mit einem Schlag aus Tänzern in Affen zurück: ihre Masken abreißend, stritten sie sich in zerfetzten Gewändern untereinander um die Nüsse, nicht ohne das größte Gelächter unter den Zuschauern zu erregen .
Lehre Diese Fabel ruft in Erinnerung , daß der äußere Flitter einer glanzvollen Karriere die angeborene Geistesart eines Menschen nicht zu wandeln vermag.
De Asino et Viatoribus Duo quidam, cum in desertis locis Asinum quempiam forte fortuna nacti essent, contendere inter se coeperunt, uter eorum uti suum, domum abduceret . Nam utrique pariter a fortuna videbatur obiectus . Haec interim de re illis invicem altercantibus, Asinus sese subduxit, ac neuter eo potitus est. Morale Quidam a praesentibus commodis, quibus ob inscitiam uti nesciunt , excidunt.
Vom Esel und den Wanderern Als einstmals zwei Wanderer in einer unbewohnten Gegend ganz zufällig einen herrenlosen Esel angetroffen hatten , begannen sie sich darüber zu streiten , wer ihn als den seinen mit nach Hause nehmen solle. Denn jedem von beiden schien in gleicher Weise das Glück zugefallen zu sein . Doch während sie über diesen Tatbestand hin- und herdisputierten, entfernte sich seinerseits der Esel unbemerkt, und keiner von beiden ist in seinen Besitz gelangt.
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Erasmus von Rotterdam Lehre
Diejenigen, welche aus Unverstand augenblickliche Vorteile nicht zu nutzen wissen, gehen am Ende leer aus.
De Piscatoribus Piscatores aliquot, iacto reti , Testudines eduxerunt eas , cum essent inter sese partiti, neque sufficerent omnibus comedendis . Mercurium forte accedentem invitarunt ad convivium. At is intelligens, se neutiquam humanitatis gratia vocari, sed ut eos fastidito cibo sublevaret, recusavit, iussitque, ut ipsi suas Testudines ederent, quas coepissent. Morale Nonnulli posteaquam inconsulte quippiam adorti sunt, aliorum implorant auxilium, quos suo negotio admisceant.
Von den Fischern Einige Fischer hatten in ihren ausgeworfenen Netzen Schildkröten gefangen. Als sie diese unter sich verteilt und sie nicht alle verzehren konnten , luden sie den Merkur, der gerade des Weges kam, zur Mahlzeit ein . Aber jener, der erkannte, daß er keineswegs aus Menschenfreundlichkeit angesprochen werde, sondern daß er sie von der Speise, die ihnen zuwider geworden war, befreien sollte, lehnte ab und forderte sie auf, daß sie selbst ihre Schildkröten , die sie angefangen hatten, aufessen sollten.
Lehre Manche rufen, nachdem sie unüberlegt irgendetwas unternommen haben , die Hilfe anderer an, die sie in ihre Schwierigkeiten verwickeln möchten.
De Asino Apud Cumanos Asinus quispiam pertaesus servitutem, abrupto loo, in Sylvam aufugerat, illic forte repertum Leonis exuvium corpori applicabat suo, atque ita pro Leone sese gerebat, homines pariter ac feras voce caudaque territans . Nam Cumani Leonem ignorant. Ad hunc igitur modum regnabat, aliquamdiu personatus hic Asinus , pro Leone immani habitus ac formidatus, donec hospes quispiam Cumas profectus, qui saepenumero viderat et Leonem et Asinum ,
Erasmus von Rotterdam
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atque ob id non erat difficile dignoscere aurium prominentium inditio, neque non aliis quibusdam coniecturis Asinum esse deprehendit, ac probe fustigatum reduxit, dominoque agnoscenti reddidit. Interim autem risum non mediocrem concitabat omnibus Cumanis Asinus iam agnitus, quos dudum creditus Leo, metu prope modum exanimaverat. Morale Haud facile tegimus vitia, quae a puero nobiscum adoleverunt.
Vom Esel Bei den Cumanern war ein Esel, seiner Knechtschaft überdrüssig , nachdem er denRiemen zerrissen hatte , in den Wald entflohen . Ein dort zufällig gefundenes Löwenfell zog er sich über seinen Körper und führte sich so auf, als ob er ein Löwe sei, Menschen und Tiere mit seiner Stimme und seinem Schweif erschreckend: denn die Cumaner kannten keinen Löwen . Auf diese Weise herrschte also dieser verkleidete Esel eine zeitlang als Löwe vonfurchterregendem Aussehen, bis ein Fremder nach Cuma kam, der schon oft sowohl einen Löwen als auch einen Esel gesehen hatte . Weil es nicht schwer zu bemerken war, erkannte er an den auffallend großen Ohren und wohl auch an gewissen anderen Merkmalen , daß es sich um einen Esel handelte. Nachdem er ihn gehörig mit dem Knüppel traktiert hatte, brachte er ihn zurück und übergab ihn seinem früheren, ihn wiedererkennenden Herrn. Der entlarvte Esel aber erregte nicht wenig Gelächter bei allen Cumanern , die er, solange sie ihn für einen Löwen hielten, beinahe außer sich vor Frucht gebracht hatte. Lehre Gar nicht leicht verhehlen wir Gebrechen , die von Kindheit auf mit uns herangewachsen sind.
De Scarabeo et Aquila Scarabeus aliquando, spretus ab Aquila, coepit de vindicta quoquo pacto sumenda cogitare . Pervestigavit ubinam Aquila nidum collocasset, adrepsit Scarabeus , et ova simili dolo deiecit. Aquila cum saepius domicilium commutasset, neque quicquam proficeret, Iovem patronum adiit, exponit calamitatem suam, is iubet, ut suo in gremio ponat ova, vel isthic in tuto futura. Et huc per vestis lacinias sinusque prorepsit pertinax Scarabeus, haud quaquam sentiente Iove. Deinde ubi videt ova commoveri Iuppiter, neque satis animadvertit unde , territus rei novitate , excusso gremio, in terram deiecit.
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Erasmus von Rotterdam Morale
Monet haec fabula, neminem quantumvis pusillum contemnendum esse.
Vom Roẞkäfer und dem Adler Der von dem Adler verachtete Roßkäfer begann einst darüber nachzudenken, wie er dafür Rache nehmen könne . Er machte ausfindig , wo der Adler sein Nest gebaut hatte, ergriff hastig die Eier und warf sie herab. Nachdem der Adler mehrmals seine Wohnung gewechselt hatte, ohne daß es etwas nützte, suchte er seinen Schutzherrn Jupiter auf und stellte ihm sein Mißgeschick vor Augen . Jupiter gewährte, daß der Adler die Eier in seinen Schoß lege, damit sie dort künftig in Sicherheit seien . Aber der beharrliche Roßkäfer kroch durch Zipfel und Falten des Gewandes auch dorthin , ohne daß der Gott es bemerkte. Sodann, als Jupiter sah , daß die Eier bewegt wurden , und nicht erkannte , wie das geschah, warfer sie, erschreckt von der Neuheit der Sache, sein Schoßkleid ausschüttelnd, auf die Erde, wo sie zerschellten . Lehre Diese Fabel mahnt, daß man niemanden verachten soll, wenn er auch noch so gering ist.
De Simiis et Pardale In Maurusia Simiarum ingens copia. Pardalis autem animal est natura Simiis infestissimum , quas tamen viribus assequi non potest, nimirum illis in summas arbores subvolantibus . His itaque dolis in eas utitur. Sternit se supinam sub ramis , ac porrectis cruribus emori fingit sese . Gaudent eo spectaculo Simiae considentes in arbore, deinde ubi iam mortuam arbitrantur, unam aliquam emittunt exploraturam, num vere mortuus sit hostis . Illa cautim ac pedetentim accedens, ubi nullum vitae videt argumentum . Pardale nimirum modis omnibus cadaver imitante, demum audet etiam conscendere . Quod simul ac reliquae Simiae conspexerunt, iam deposito omni metu descendunt, et Pardalim omnia ferentem circumsultant. Postremo conculcant insultantes, ludibrii causa, donec sentiens illas iam saltando defatigatas, derepente reviviscens, aliam dentibus , aliam unguibus corripit, dilaniatque ac devorat. Morale
Hostem simulantem vires deficere, summopere fugiendum esse .
263
Erasmus von Rotterdam
Von den Affen und dem Panther InMarokko gibt es Affen massenweise . Der Panther aber ist von Natur das den Affen feindlichste Tier, welchen er freilich mit seiner Stärke nicht beikommen kann, weil sie auf die höchsten Bäume klettern . Daher braucht er gegen sie folgende List: Er legt sich unter die Zweige auf den Rücken mit ausgestreckten Beinen und stellt sich so , als ob er verende. Die in dem Baum sitzenden Affen freuen sich über diesen Anblick; wenn sie ihren Feind schon tot glauben , schicken sie einen aus ihrer Schar herab, damit er erkunde , ob jener wirklich gestorben sei. Der Ausgesandte nähert sich vorsichtig Schrittfür Schritt. Als er kein Anzeichen des Lebens erkennt, da der Panther in der Tat auf alle Weise einen Leichnam vortäuscht, wagt er zuletzt, auf ihn zu klettern. Nachdem dies die anderen Affen beobachtet haben , kommen auch sie , von aller Furcht befreit, herunter und umzingeln den alles erduldenden Panther. Schließlich treten ihn die Ausgelassenen zum Hohn mit den Füßen, bis dieser, als er merkt, daß sie nachgerade vom Tanzen ermüdet sind, auf einmal wieder zum Leben erwachend, den einen mit den Zähnen , den anderen mit den Klauen packt, zerreißt und verschlingt. Lehre Den Feind, der vortäuscht, daß ihm die Kräfte versagen, gilt es aufs höchste zu fliehen.
De Satyro et Rustico Aviani Fabula Erasmo quoque interprete Satyrus quidam cum vehementer algeret, hyberno gelu supra modum saeviente, a Rustico quodam inductus est in hospitium. Admiratus autem, cur homo inflaret in manus ori admotas, rogavit cur ita faceret. Is respondit, ut frigidas manus halitus tepore calefaceret. Deinde ubi extructo foco , apposita mensa, in pultem fervidam rursum inflaret, magis etiam admiratus, sciscitatus est quid hoc sibi vellet, uti pultem, inquit ille , nimium ferventem halitu refrigerem. Tum Satyrus surgens a mensa, quid ego audio, inquit, tun eodem ex ore pariter et calidum et frigidum efflas? Valebis, neque enim mihi ratio est cum eiusmodi homine commune habere hospitium. Morale Notantur bilingues, qui eundem modo laudant, modo vituperant.
Erasmus von Rotterdam
264
Vom Satyrn und dem Bauern Eine Fabel Avians , die Erasmus gleichfalls ausgelegt hat. Als in einem außergewöhnlich harten Winter strenger Frost herrschte, wurde ein Satyr von einem Bauern um Herberge gebeten. Darüber verwundert, daß der Mann in die zum Munde geführten Hände blies,fragte er ihn, warum er das täte. Jener antwortete : Um die kalten Hände durch den Atem zu erwärmen. Als dann die Mahlzeit vom prasselnden Feuer herangebracht war, blies er abermals in den heißen Brei . Hierüber noch mehr verwundert, begehrte der Satyr zu erfahren, was jener damit beabsichtige . Den allzu heißen Brei mit dem Atem zu kühlen , antwortete der Bauer. Da stand der Satyr vom Tisch auf. Was höre ich, sprach er, du bläst aus ein und demselben Munde auf die nämliche Weise Warmes und Kaltes? Fahr hin! Denn es ist mir zuwider, mit einem Menschen von solcher Art Gastgemeinschaft zu pflegen . Lehre Gemeint sind die Zweizüngigen , die ebendenselben bald loben, bald schelten.
JOACHIM CAMERARIUS
(Komm. S. 255)
Leo et Ursus
Cum in hinnuleum forte fortuna unum eodem tempore leo et ursus incidissent, uterque illo potiri volens, acerrime secum conflictari coeperunt, atque ita unus afflixit alterum , ut oborta vertigine, ambo in terra prostrati iacerent . Vulpecula autem, quae eventum pugnae expectasset, cum videret illos esse viribus defectos , hinnuleum relictum in medio, ipsa illis semiapertis oculis intuentibus abstraxit. Quod cum illi prohibere non possent: Infelices nos igitur, intercidentibus verbis , inquiunt, vulpeculae causa dimicando perimus. Saepe de aliorum laboribus fructum alii percipiunt. Quid autem fecit aliud Philippus rex Macedonum? quam quod relictam opulentiam terrae Graeciae, confectis mutuo Marte et viribus suis civitatibus , ipse interveniens occupavit.
Löwe und Bär Als unversehens durch einen glücklichen Zufall ein Löwe und ein Bär zur gleichen Zeit ein Hirschkalb gefunden hatten und jeder von ihnen sich seiner bemächtigen wollte, gerieten sie darüber in erbitterten Streit, und so heftigfiel der eine über den anderen her, daß sie , wie von einem Schwindel ergriffen , beide zu Boden geschleudert wurden . Ein Fuchs jedoch , der den Ausgang des Kampfes hatte erwarten wollen , schleppte, als er sah, daß jene mit ihren Kräften am Ende seien , den mit halb geöffneten Augen Hinblickenden das in der Mitte zwischen ihnen liegengelassene Hirschkalb weg. Da sie das nicht zu verhindern vermochten, sprachen sie mit abgebrochenen Worten: „ Wir Unglücklichen, dem Fuchs zuliebe gehen wir im Kampf zugrunde ". Oft genießen andere die Frucht der Mühen anderer. Was tat nämlich Philipp, der König der Makedonier, anderes , als daß er den ungehüteten Reichtum Griechenlands, nachdem sich die Stadtstaaten in wechselseitigen Kämpfen erschöpft hatten, dazwischenkommend selber in Besitz nahm ?
Joachim Camerarius
266
Mellarius Cum forte abesset apium dominus , ingressus apiarium fur, execuit favos et alvearia compilavit. Reversus mellarius , et alvearibus inanibus repertis, ad illa constitit, et dolens damno suo, et quaerens secum , quid ageret. Interea redeunt apiculae de pastu, et in illum infestae involant, pungentesque aculeis suis pessime accipiunt hominem. Qui iratus: Sceleratae, inquit, animantes, furem dimisistis intactum , me vero curatorem vestrum affligitis. Indicat fabula, quod quidam per ignorantiam, aut etiam vecordiam , inimicos non caveant, amicos vero aversentur, aut repellant, tanquam adversarios suos .
Der Imker
Während gerade der Bienenzüchter abwesend war, schlich ein Dieb zu dem Bienenstand, nahm den Honig weg und plünderte die Bienenkörbe . Als der Eigentümer zurückkam und die leeren Körbe fand, blieb er bei ihnen stehen, betrübt über seinen Verlust und sich fragend, was geschehen sein mochte. Inzwischen kehrten die Bienen von der Futtersuche zurück, fielen feindselig über ihn her, stachen ihn mit ihren Stacheln und bereiteten ihm einen üblen Empfang. Ihr abscheulichen Geschöpfe, rief er voll Zorn , den Dieb ließt ihr ungestraft laufen , mich aber, der für euch sorgt, mißhandelt ihr. Die Fabel zielt darauf ab, daß manche Menschen aus Unwissenheit oder auch aus Beschränktheit sich nicht vor den Feinden in acht nehmen, die Freunde aber verschmähen oder zurückstoßen, als seien sie ihre Gegner.
Milvius et Columbae Milvii metu accipitrem asciscunt columbae a quo defenderentur. Accipiter admissus, quasi contumaces castigans, plus stragis uno die in columbari edidit, quam longo tempore evolantibus dare milvius potuisset. Indicat fabula, malorum et crudelium patrocinia esse cruenta.
Der Weih und die Tauben Aus Furcht vor dem Weihen nahmen die Tauben den Habicht als Schutzherrn an, damit sie von ihm verteidigt würden. Als der Habicht eingetroffen war, richtete er - gleichsam um siefür ihre Unbotmäßigkeit zu züchtigen – an einem Tage unter den Tauben ein größeres Gemetzel an , als es der Weih in einem
Joachim Camerarius
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langen Zeitraum bei den aus ihrem Schlag Herausfliegenden vermocht hätte. Die Fabel beweist, daß der Bösen und Brutalen Schirmherrschaft grausam ist.
Vulpes et Ciconia Vulpes ciconiam cum invitasset, apponit illi iusculum in catillo: hanc ipsa liguriens, hortatur per iocum ciconiam, ipsa quoque ut vescatur, et boni consulat, quod appositum sit, praesentique copia fruatur. Quid faceret ciconia, quae se fraudari cibo , deriderique cerneret? Nihil igitur, inquit, requiro, et curata omnia sunt laute et abunde . Sed ut gratia tibi referatur, venies ad me quoque coenatum perendie. Quid opus est? inquit ludificans vulpecula. Nolo te mea causa sumtus facere. Cur, inquit illa, tam gravate? promitte vero. Fiat, inquit vulpes, et si alio vocata est opera. Abit ciconia, et vasculum sibi parat vitreum , oblongum, et collo angustiore , in quod opiparas et delicatissimas escas indit, et vulpi , quae ad coenae tempus affuerat, proponit. Tum ipsa glutire bellissimos cibos, iubere que vulpem edere et paratis libenter uti . Vulpes se benignitate acceptam videns ea , qua nudiustertius ciconiam ipsa accepisset: Nihil, inquit discedens , queror. Nam qui alios fallere volunt, ipsos quoque falli interdum oportet . Ostendit fabula, circumventiones et imposturas plaerumque reverti ad autores illarum.
Fuchs und Storch Als der Fuchs den Storch eingeladen hatte, setzte er ihm ein Süppchen in einem flachen Tellerchen vor. Indem er das seinige ausleckte, forderte er den Storch zum Spaß auf, auch davon zu genießen , lobte, was aufgetischt sei , und verzehrte davon eine Menge . Was sollte der Storch tun , der erkannte , daß er um die Mahlzeit geprellt und noch dazu verhöhnt werde ? Nichts , sagte er, vermisse ich, die ganze Bewirtung ist vornehm und überaus reichlich . Doch damit ich dir durch die Tat meinen Dank abstatten kann , komm übermorgen auch zu mir zum Speisen. Was ist das nötig? antwortete spöttisch der Fuchs . Ich will nicht, daß du dir meinethalben Unkosten bereitest. Warum, versetzte jener, so ausweichend? Versprich es aufrichtig! Es soll geschehen , sagte der Fuchs, und wenn auch Geschäfte anderswohin rufen . Der Storch geht fort und beschafft sich ein längliches Glasgefäß mit äußerst engem Hals, das er mit herrlichen und delikatesten Speisen füllt, und setzt es dem Fuchs, nachdem dieser zur Essenszeit erschienen ist, vor. Dann beginnt er selbst die feinsten Leckerbissen
Joachim Camerarius
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hinunterzuschlürfen und fordert den Fuchs auf, zu essen und sich des Zubereiteten freimütig zu bedienen . Der Fuchs , welcher sah, daß er jetzt mit Gefälligkeit zurückerhalte , was er vor drei Tagen selber dem Storch zugefügt habe, sagte im Weggehen: Ich beklage mich über nichts. Denn denjenigen , welche andere täuschen wollen , gebührt es, daß sie auch selbst zuweilen getäuscht werden. Die Fabel zeigt, daß Überlistungen und Betrügereien meist zu den Urhebern derselben zurückkehren.
Lupus et Vulpes Sumserant arbitrum de lite quadam lupus et vulpes, simium . Coram quo, cum gravissime alter alterum accusaret, et mutua sibi convitia atque probra ingererent, neque criminandi facerent finem, tum iudex, silentio impetrato: Te, inquit, o lupe, scio nullam rapaciorem, et te, o vulpes, non aliam magis fraudulentam esse bestiam. Inter vos igitur de caetero amicitia et pax, sed reliquorum animantum, tam humani quam beluini generis, pessimum erga vos odium esto. Haec mea sententia est. Docet fabula , non moveri nos dissensione et rixis improborum oportere, sed omni tempore illos , et arbitrari arctissimo vinculo pravitatis coniunctos esse , et aversari atque odisse.
Wolf, Fuchs und Affe Wolfund Fuchs wandten sich in einer Streitsache an den Affen als Schiedsrichter. Als sie vor ihm einer den anderen auf das schwerste beschuldigten und sich gegenseitig mit Schmähungen und Beschimpfungen überschütteten , sprach der Richter, nachdem er Schweigen geboten hatte: „ Ich kenne keine räuberischere Bestie als dich, Wolf, und keine betrügerischere als dich, Fuchs. Zwischen euch sei daher künftig Freundschaft und Friede, aber der größte Haß aller übrigen beseelten Wesen , sowohl menschlichen als tierischen Geschlechtes, soll euch treffen. Das ist mein Urteilsspruch “. Die Fabel lehrt, daß wir nicht vom Zank und Streit der Nichtswürdigen untereinander uns täuschen lassen , vielmehr zu aller Zeit bedenken sollen, wie sie mit dem stärksten Bande der Bosheit gegenseitig verbunden sind, und daß wir sie darum von uns abwehren und sie hassen sollen.
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Joachim Camerarius
Cygnus Cygnus, qui latine olor dicitur, edens ante mortem (ut fertur) suavissimum carmen, interrogatur a ciconia, haec enim illud forte exaudierat: Quae res illo tempore faceret, ut cantare et gaudere liberet. Huic respondit olor: Spe fieri bona vitae melioris, et animi quodam praesagio futurae felicitatis , in quam ex hac vita migrare se intelligeret. Quaenam illa esse posset, interrogante stulta ave, ut eam absolveret: An tibi illa parva videtur, inquit, quod tum neque quaerendi victus , neque insidiarum metu afficiar, neque excruciabor? Docet fabula, mortem non esse extimescendam, quae cum ad meliorem bonos vitam quasi transferat, tum a multis miseriis abducat.
Der Schwan Der Schwan, im Lateinischen ,olorʻ genannt, der vor dem Tod (wie berichtet wird) den süßesten Gesang anstimmt, wurde von einem Storch, der dies zufällig gehört hatte, gefragt: Wasfür ein Grund ihm zu diesem Zeitpunkt Veranlassung gebe, zu singen und sich zu freuen . Diesem antwortete der Schwan: Die zuversichtliche Hoffnung aufein besseres Leben und ein inneres Vorgefühl von künftiger Glückseligkeit, in welche er aus diesem Leben hinüberzugehen vermeine. Worin jene denn wohl bestehen möge, um Befreiung bringen zu können ,fragte der törichte Vogel. Erscheint es dir etwa geringfügig , antwortete der Schwan, daß ich dann weder von der Suche nach Nahrung geplagt, noch von der Furcht vor Nachstellungen gequält und geängstigt werde? Die Fabel lehrt, der Tod sei nicht zufürchten , der die Guten sowohl zu einem besseren Leben gleichsam hinübergeleitet als auch vor allem von vielen Übeln erlöst.
Cicadae Platonicae Cum carmina primum proferentibus Musis cognita ab hominibus fuissent, erant qui tam incredibili et infinito studio illorum tenerentur, ut prae his non modo nihil rerum necessariarum curarent ac respicerent, sed ne vacarent quidem cibo sumendo. Quos deorum aliquis miseratus , attenuatos fame et vigiliis atque assidua occupatione carminum, in cicadas fertur mutasse , ut cupiditati illorum nihil unquam deesset, cum praeter vocem nihil ferme quo vita intelligi posset, haberent: corpus autem eiusmodi , ut minimo cibo duraret, itaque rore pasci ac vivere cicadae putantur. Hac fabula monemur, in levitate et incogitantia exitus esse convenientes factorum et vitae ante actae.
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Joachim Camerarius
Die platonischen Zikaden Als die Kunst des Gesanges durch die mitteilsamen Musen den Menschen zuerst bekannt wurde, gab es unter ihnen etliche , die sich ihr mit so unglaublichem und nicht endendem Eifer widmeten , daß sie darüber nicht nur keines der notwendigen Dinge weiter beachteten und erledigten , sondern sich auch nicht einmal mehr Pausen für die Mahlzeit gestatteten . Einer der Götter, der Mitleid mit ihnen empfand, soll die von Hunger, nächtlichem Wachen und unablässigem Singen Geschwächten in Zikaden verwandelt haben , damit ihrem Enthusiasmus niemals etwas abgehe, da die Zikaden außer ihrer Stimme nichts besäßen, das etwa von ihrem Leben wahrgenommen werden könne; ihr Körper aber sei von solcher Beschaffenheit, daß für ihn die geringfügigste Nahrung genüge, daher man glaubt, daß die Zikaden vom Tau am Leben erhalten werden. Durch diese Fabel werden wir ermahnt, bei Leichtsinn und Unklugheit sei der Ausgang entsprechend den Handlungen und dem gelebten Leben.
PHILIPP MELANCHTHON
(Komm. S. 257)
[De Asino et Navicula] Solebat apud nos doctus quispiam homo istorum ineptias festivo commento ridere . Non procul oppido quodam, aiebat, ad flumen pistrinum, ex quo cum non ita multo ante aquatum asinus descendisset, cum in extrema ripa seu lutulenta seu tenuior aqua flueret, quam ut os imbuere posset, in proximam cymbam forte pergit, unde uberiorem iusti amnis aquam hauriret. Porro cum inscendisset naviculam, impetu detorquet a ripa in medium flumen, quo cum esset excepta, secundis ventis in scopulum defertur. Hic postquam impegit, fracta est, et imperitus ille nauclerus in undis periit. Doluit molitori , ubi rem rescivit, iactura et piscatorem in ius vocat, damnum dedisse accusat, quod eius navigio iumentum avectum sit. Contra, ille factam ab asino pauperiem seque damnum accepisse exclamat, quod navigium amiserit, in flumen ab asino impulsum. Utrinque acerrime a conductitiis rabulis certatum est. Iudici causa visa est intricatior, quam ut liceret non consultis iuris professoribus pronunciare. Deferunt ad leguleios . His vero negotium mirum factum est, dum pro se quisque vindicare asinum contendit, disputationes varias instruunt, rixantur de asino in scholis et conciliabulis pertinacius , opinor, quam Graecus ille de asini umbra, et haud scio, an nondum etiam de summa rei decreverint. Obsecro non insanire tibi videantur, si qui se in tam ridicula causa diu torqueant ? Verum , mihi crede , istorum disputationes futiliores sunt hac molitoris contentione . Quotus enim quisque de communibus rebus civiliter et ex communi sensu iudicat? Ingenia in stultis formulariorum literis obbrutuerunt hasque in scholis et foro non aliter atque suas epodas magi non intellectas recensent ... Iudicii inopiam accuso, qua fit, ut nec ius nec fas in plerisque causis cernant. Adversus eam pestem dicendi artium studio mens praemunienda est ... Si quid iuris interpretes inscitia literarum peccarunt, vestrum est ... honestissimam provinciam repurgare et explosis indoctis commentariis a situ et squalore leges adserere et germano nitori restituere. Id humanius est, quam leges ipsas, neutiquam male meritas de nobis, obliterare.
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Philipp Melanchthon Vom Esel und Kahn
Ein gelehrter Mann pflegte bei uns die Abstrusitäten der Formaljuristen mit einem witzigen Einfall lächerlich zu machen . Unweit einer Stadt, sagte er, befand sich am Fluß eine Mühle, aus der, da es dort nicht gerade reichlich zu trinken gab, ein Esel weggelaufen war. Weil nun aber das Wasser am Uferrand entweder schmutzig oder zu seicht war, als daß er sein Maul hätte hineintauchen können, kletterte er kurz entschlossen auf den nächsten Kahn, um von dort aus der offenen Flut besser seinen Durst zu stillen . Als er nun aber mit großem Ungestüm den Kahn bestiegen hatte, löste sich dieser vom Ufer und geriet in die Mitte der Strömung, von wo er, den Winden hilflos preisgegeben, einer Felsenklippe zugetrieben wurde . Gegen diese geschleudert, kenterte er, und der unerfahrene Schiffer kam in den Fluten um. Den Müller schmerzte der Verlust, als er die Sache erfuhr; er zog den Fischer zur Verantwortung und erhob Klage gegen ihn , weil ihm in dessen Boot sein Lasttier weggeführt worden sei. Jener hingegen riefaus , er sei durch den Esel arm gemacht worden, und weil ihm das von dem Esel in den Fluß gestoßene Boot verlorengegangen sei, habe der andere die Schuldzuweisung zu akzeptieren. Zugunsten beider Seiten wurde von den beauftragten Anwälten auf das heftigste gestritten . Die Entscheidung erschien verzwickter, als daß es hätte erlaubt sein dürfen , sie ohne Beratung durch Rechtsgelehrte zu treffen . Daher überwies man die Sache an die Gesetzeskrämer (Formaljuristen , Kommentatoren ) . Diesen aber ist eine außergewöhnlich schwierige Aufgabe daraus erwachsen . Während jeder der beiden Streitenden darauf hinarbeitete, den Esel für sich in Anspruch zu nehmen, veranstalteten jene eine Disputation nach der anderen , in Schulen und Gerichtsversammlungen erregter und, wie ich glaube, hartnäckiger hierüber streitend, als jener Grieche über des Esels Schatten , und vielleicht haben sie auch jetzt noch nicht von dieser höchst wichtigen Angelegenheit abgelassen. Beim Himmel, kommen dir nicht diejenigen wie wahnwitzig vor, die sich lange mit einer so lächerlichen Sache abquälen? Wahrhaftig glaube mir, deren Disputationen über den Entschädigungsanspruch des Müllers sind nichtig. Wie wenige nämlich urteilen über öffentliche Angelegenheiten nach bürgerlichen Maßstäben und aus Bürgersinn . Die Geister haben über den törichten Schriften der Kommentatoren den Verstand verloren ; wie Magier bringen sie das dort Gelesene mitsamt den eigenen dummen Sprüchen in den Schulen und ebenso bei Gerichtsverhandlungen vor ...Ich klage die Hilflosigkeit der Richterkollegien an, welche zur Folge hat, daß sie in den meisten Fällen weder das menschliche noch das göttliche Recht erkennen . Gegen dieses Unglück muß der Geist durch das Studium der Redekünste geschützt werden.... Wenn die Rechtslehrer aus Mangel an humaner Bildung sündigen , ist es euere Aufgabe,
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Philipp Melanchthon
...die edelste Provinz zu reinigen, nach Entfernung der unbrauchbaren Kommentare die Gesetze von Staub und Rost zu befreien und sie in ihrem alten Glanz wiederherzustellen . Das ist menschlicher als die Gesetze selbst, die sich keineswegs schlecht um uns verdient gemacht haben, zu tilgen.
[De Simiis urbem condendis]
Omnibus illis, qui sapientissimo consilio receptam, et sapientum usu comprobatam doctrinae formam improbant, et novam gignere conantur, respondeo: Similiter illos facere, ut in fabula Hermogenis de simiis dicitur, quam breviter recitabo, ut imaginem stultitiae illorum, qui novum ius condere volunt, consideretis. Diu apud homines vixerat simia iam vetula, sed tandem negligentius custodita evasit, et in campos et sylvas ad caeteras simias rediit. Ibi narrat pulchram et beatam esse hominum vitam , quae sit munita tectis contra pluvias , frigora et aestus , et moenibus contra feras et hostes , et magnam commoditatem esse, habere repositas fruges in aedibus, magnam voluptatem esse congressus et spectacula. Hortatur caeteras, ut hanc hominum sapientiam imitentur, et domos extruant, et circumdent murum , ut arcere caeteras feras possint. Conveniunt magna agmina simiarum, ut audiant hoc novum consilium. Applaudunt omnes tam speciosa sententia audita, et fit decretum a Senatu et populo simiarum, ut urbem condere incipiant. Sed dimissae ad convehenda ligna et lapides , cum deessent instrumenta, et nulla ratio esset ligna caedendi et lapides expoliendi et coagmentandi , experiundo iam agnoscunt, se stulte rem impossibilem et alienam a sua natura molitos esse . Tales omnino sunt isti novarum civitatum conditores, qui somniant nova iura. Et fuisse omnibus aetatibus multas tales simias, credibile est. Sed nostra aetas , proh dolor, vidit plurimas , a quibus orta est haec ingens calamitas, quae nunc Germaniam oppressit. Quaeso igitur vos, optimi auditores, ut sapientiam esse et virtutem statuatis , Deo gratam et necessariam communi tranquillitate, reverenter sentire de usitato iure et amare praesentes leges et eas constanter tueri. E contra vero levitatem esse, curiositatem, futilitatem, petulantiam et amentiam diabolicam et perniciosam generi humano, cavillari praesentes leges et quasi columnas in aedificio paulatim impellere , quibus eversis totam domum collabi necesse est.
Von den Affen als Stadtgründern Allenjenen, welche die aus weisester Einsicht angenommene und durch weisen Gebrauch erprobte Rechtsordnung verwerfen und eine neue zu schaffen suchen, erwidere ich, daß sie sich wie die Affen in der Fabel des Hermogenes
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Philipp Melanchthon
verhalten, die ich kurz vortragen werde, damit ihr das Ebenbild der Torheit derer, die ein neues Recht schaffen wollen, betrachten könnt. Ein schon ältlicher Affe hatte lange Zeit bei den Menschen gelebt, doch zuletzt, weil nachlässiger bewacht, entkam er und kehrte zu den anderen Affen in die Felder und Wälder zurück. Dort erzählt er, schön und glückselig sei das Leben der Menschen , von Dächern gegen Regen, Kälte und Hitze , mit Mauern gegen wilde Tiere und Feinde geschützt. Man genieße dort große Bequemlichkeiten, sie hätten gespeichertes Getreide in den Scheuern , es gebe eine Menge Vergnügungen in Gesellschaften und Schauspielen . Erfordert die anderen auf, sie sollten diese Weisheit der Menschen nachahmen , Häuser errichten und sie mit einer Mauer umgeben , damit sie die übrigen Tiere fernhalten könnten . Es versammeln sich große Scharen von Affen , um diesen sensationellen Vorschlag anzuhören . Sie spenden alle Beifall, nachdem sie eine so glänzende Idee vernommen haben , und es wird von Senat und Volk der Affen der Beschluß gefaßt, mit dem Bau einer Stadt zu beginnen . Aber ausgeschickt, Balken und Steine herbeizuschaffen , fehlten ihnen die Werkzeuge; sie wußten weder, wie sie die Bäumefällen , noch wie sie die Steine behauen und zusammenfügen sollten. So mußten sie schon bei ihren ersten Bemühungen erfahren , daß sie sich aufein unausführbares und ihrer Natur fremdes Unternehmen eingelassen hatten . Ebensolche sind in jeder Hinsicht die Erfinder neuer Gesellschaftsformen, die neue Rechtssatzungen erträumen . Auch läßt sich wohl glauben, daß es zu allen Zeiten viele derartige Affen gegeben habe. Aber unser Zeitalter, o Schmerz, sieht die meisten, von denen dies ungeheuere Unheil ausgegangen ist, das Deutschland überfallen hat. Darum bitte ich euch, beste Zuhörer, daß ihr euch davon überzeugen möchtet, es sei eine Gott wohlgefällige Weisheit und einefür den allgemeinen Frieden notwendige Tugend, das überkommene Recht in Ehren zu halten, die bestehenden Gesetze zu lieben und sie standhaft zu schützen. Dagegen aber sei es Leichtsinn , Neuerungssucht, Unzuverlässigkeit, Frivolität, eine teuflische Tollheit undfür das menschliche Geschlecht verderblich, die bestehenden Gesetze zu verhöhnen und gleichsam die stützenden Säulen in dem Gebäude nach und nach zu zerstören , mit deren Einsturz das ganze Haus zusammenfallen muß.
[De Serpente, Rustico et Vulpecula] (Tagebuchaufzeichnung von Wolfgang Musculus) Hoc prandio fuerunt apud nos in diversorio D. Philippus et Justus Jonas. Apologum quendam de serpente, rustico et vulpecula narravit hoc prandio Philippus scriptum sibi in re ardua a scolastico quodam praeceptore , nempe
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Philipp Melanchthon
serpentem fuisse cavea quadam magno lapide ante ianuam posito occlusum , quem cum reperisset rusticus quidam rogatusque promisso premio magno, quale benefactoribus suis soleat dare mundus, captivum emisisset, mox liberatum serpentem rogasse, num vellet promissam mercedem accipere, cumque respondisset rusticus, velle se , istum regessisse : ergo occidam te. Nam hoc est premium, quod mundus solet benefactoribus suis praestare . Hoc audito appellasse rusticum ad iudicem aliquem qualisqualis aequitatis , nempe eum, qui primus omnium occurreret. Cui cum assensus esset serpens , fertur, ut obviam habuerint equum quendam veteranum et emeritum in prato non admodum viridi pascentem. Hunc proposita quaestione respondisse, se non aliud accipere premii a domino suo, cui tamen aliquot annos magno labore usui fuisset, nisi quod in hoc pratum istud aridum tonderet, ut propediem misere excoriaretur. Qua audita sententia rusticum appellasse ad alium aliquem iudicem, qui post hunc alter occurreret. Hunc fuisse canem , qui aeque ut prior responderit, se hero suo fidelissime vigilasse et pro suo officio ministrasse , nihil tamen aliud referre mercedis, nisi quod iam ab omnibus exploderetur, et vel excoriationem vel suspensionem expectare. Quo audito appellatum esse ad tertium iudicem. Hunc fuisse vulpeculam quandam, quae percepta quaestione negocioque intellecto, miserata sortis rustici, animum ad liberandum eum induxerit viamque monstrarit, nempe, ut utrique et rusticus et serpens (hec erat visa sententia velut iudiciaria) in eandem caveam sese reciperent, seque velle simul eo proficisci , ut considerato caveae situ et molestia aequius posset quaestioni propositae satisfacere , atque interea rusticum instruxisse, quomodo caveam primus ingrederetur, deinde serpentem post se intromitteret, quo ingresso mox sese proriperet ianuaque denuo obserata et lapide bene munita serpentem ingratum in prius periculum captivitatis constitueret seseque hoc pacto liberaret et pro hoc beneficio gallinas suas sibi praestaret. Quibus promissis, cum ad hunc praescriptum modum liberatus esset rusticus cumque gallinas promissas posceret et uxor eas recusaret, per insidias illum vulpeculam liberatricem eius occidisse. Huic Apologo subiungebat: Ista mihi sunt non omnino vane scripta, quae et in suo tempore et loco invulgabo et declarabo.
[Von der Schlange , dem Bauern und dem Fuchs] (Nacherzählung von Johannes Mathesius) Da ich und ander gute freund dem Herrn Philippo das gleid von hinnen gaben / und er auch mit ebentewrlichen geferten beladen war / saget er uns im Wisenthal uber tische dise Fabel : Ein grosse Schlange verfiel sich in einer höle / gleid: Geleit - ebentewrlichen geferten: unzuverlässigen, gefährlichen Weggenossen
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Philipp Melanchthon
und schrier jemmerlich / ein Baur kompt zum loch /fragt was da sey / sie bit er wölle ir heraus helffen /Traun nein /sagt der Man /an bösen thieren ist nichts guts zu verdienen / ich solt wol ein Schlang in meinem busem auffziehen / Die Schlang helt an / und verspricht dem Bauren / sie wölle im bey irem Gott der ein mal durch sie geredt / den besten lohn lifern / so dieWelt pflegt zu geben / Gifft /gab und grosse verheissung /bethören auch die Weisen / Der Baur hilfft dem bösen und listigen Wurm heraus / drauff wil sie in zu lohn fressen / Hab ich das umb dich verdienet? ist das deiner zusag gemeß? sagt der Baur / Ich bin zweyzüngig
sagt die Schlang / die welt lohnet nicht anders / Wer ein vom
galgen bit / der bringt in gemeiniglich wider dran. Wie der Baur in engsten stehet / sagt die Schlang /da du mir nicht glauben wilst / so wöllen wirs auff die nechsten zwey setzen / die uns begegnen / was sie in diser sachen sprechen / das sol uns beiden wol und wehe thun / Bald kömpt ein altes pferd /dem legen sie die sache für /der schiedman spricht /Ich hab meinem Kerner fünffzehen Jar gedienet / morgen wil er mich dem schelmschinder geben / Die welt lohnet nicht anders . Desgleichen spricht der alte Hund / auff den sie auch compromittirn / Ich hab zehen Jar tag und nacht meim Junckern jagen / und vil Füchs und Hasen fangen helffen / Jetzt hat er seim Weidman befohlen / er soll mich an ein Weide hencken / das ist der welt lohn. Dem Baurn wird bang zu mut /in dem trabt ein Füchslein daher /dem legt der Baur sein sach auch für / und verheist im all sein Hüner /er sol im von dem bösen Wurm helffen / Der Fuchs unterwindt sich des handels / beredt die Schlang/sie wölle im die höle zeigen /und was ir gefahr /und des Bauren dienst gewesen sey /Man kompt zum loch /der Fuchs fert ein /die Schlang hernach / und zeigt ihm alle gelegenheit / inn des wischt der Fuchs heraus /und ehe sich die Schlang umbwendt / weltzet der Baur auffs Fuchsen abred / wider ein grosse wand für. Wie der Baur erledigt / fodert der Fuchs / er sol im auffn abend das Hünerhauß offen lassen / Der Baur kompt heim / thut seim Weib relation /und was er dem Fuchs für sein Procuratorey sey anheschig worden / Die Beurin sagt: Hüner und Gens sein ir / er hab nichts zu vergeben / Der Baur wil sein worten nachkommen / lest dem Fuchs das Hünerloch offen / wie es die Fraw gewar wird / wartet sie mit irem Schiermeister die nacht auff den Fuchs /Als der in bona fiducia geschlichen kompt /verrennen sie im das loch / und blewen auff in zu /bis sie in ergreiffen. Ach / sagt der Fuchs / ist denn das recht / und der Welt höchster lohn für die gröste wolthat / so bestettig ichs heut armer schalck / dis Weltrecht mit meinem leben und balg. Kerner: Fuhrmann – schelmschinder: Abdecker – compromittirn : sich einigen – unterwindt sich: nimmt sich an - erledigt: gerettet ist - relation : Bericht - Procuratorey: Sachwalterschaft - anheschig: schuldig - Schiermeister: Stallknecht - in bona fiducia: guten Glaubens - schalck: Kerl
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Philipp Melanchthon
Freilich
gehet es nicht anders auff Erden zu / wer der Welt dienet / der
verleurt nicht allein sein wolthat / sondern kriegt mit der zeit teuffels danck zu lohn / doch mus es endlich alles bezalt werden / Drauff lechlet der gut Herr Melanthon / denn er hatte des dancks auch von den seinigen ein michel theil bekommen. Lernt ir hieraus / umb der Welt lohn und danck willen nichts angefangen / umb ires undancks und untrew willen nichts unterlassen / Der Herr lebt und regiert zur rechten seines Vatern /der alle trewe dienst und wolthat redlich und reichlich bezalen / und eines jeden gerechtigkeit zu seiner zeit ans Mittagliecht bringen wil. Denn von im alleine singet König David / Qui custodit veritatem in seculum / Die Welt helt nicht.
[De Avicula et Aucupe] Fabella. Avicula capta ab aucupe rogabat ipsum, ut se dimitteret; se illi ostensurum gemmam preciosam, quae valeat multis milibus aureis . Auceps spe lucri motus emittit aviculam. Emissa evolat dicens: ,,En accipe tuam gemmam pretiosam." Da er nun betrogen war, gedachte er an den versum quanquam sero: Crede, parva tua serva et quae periere relinques; was du hast, behalt; verlust kompt dir baldt; thustu was verlihren , so gieb dich zufrieden.
Man soll nicht zu viel vertrauen (Nacherzählung von Johannes Aurifaber) Dominus Philippus Melanchthon recitiret ein Mal uber Doctor Martin Luthers Tische diese Fabel von dem Versiculo : ,, Crede parum, tua serva, et quae periere relinque"; und sprach: „ Es hatte einer ein kleines Vögelein gefangen, und das Vögelein wäre gerne los gewesen, und sagte zu ihm : O Lieber, laß mich los , ich will dir so einen köstlichen gemmam weisen , der viel tausend Gülden werth ist. Ey, antwortet derselbige , du betreugest mich. Nein traun, sprach das Vögelein , du sollt mit mir gehen und den Edelgestein sehen. Der Mann ließ das Vögelein los, da flog das Vögelein auf einen Baum, saß droben und gab ihm den gemmam: Crede parum, tua serva, et quae periere relinque; den schönen Edelgestein ließ er ihm. Als sollt das Vögelein sagen: Da du mich hattest, solltest du mir nicht gegläubet haben. Tua serva, das ist, was du hast, das behalte. Et quae periere relinque; hast du es verloren , so mußt du Geduld haben."
michel: groß
HIERONYMUS OSIUS
(Komm . S. 268)
Canis Senex Cum venatorem iuvisset idoneus olim ,
Est quo capta frequens praeda tenente, Canis. Iamque sequi vires hunc aegra senecta vetaret, Quem tamen officii munia poscit herus. Et veteres operas, cursusque perinde volucres , Verbera nec verbis addere saepe timet. Cui Canis: immemorem cur mox oblivia tangunt Te meriti, ante brevi quo tibi carus eram? An fecisse meo bene nil mihi robore prodest, Dum nequit officio par meus esse labor? Epimythion Officii multis vario qui profuit usu, Pro meritis hodie praemia rara capit.
Der alte Hund
Vormals hatte ein Hund dem Jäger eifrig geholfen, Wenn in den Zähnen er hielt fest das erbeutete Tier. Jetzt, da er krank war und alt, versagten die vorigen Kräfte, Dennochfordert der Herr gleiche Dienste von ihm , Altes Vollbringen und ebenso schnelles Laufen wie damals, Und den Worten hinzu Schläge fügt er dann oft. ,,Undankbarer, warum vergißt du so bald die Verdienste ", Sprach der Hund zu dem Herrn ,,, war ich doch teuer dir einst Warum nur kommt zugute mir nicht die frühere Mühe, Wo ich nun nicht mehr vermag dir noch von Nutzen zu sein? “
Hieronymus Osius
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Epimythion Selten empfängt, so vielen Nutzen er andern bereitet, Seinem Verdienste gemäß, einer heute den Lohn.
Cancri Quin incede gradu recto carissima proles, Forte pater quodam tempore Cancer ait. Quae: factura lubens sum, quod mi pappule mandas , Si videam te, quae praecipis, ante sequi. Epimythion
Prava nocent mire natis exempla parentum , In sobolem mores patris abire solent.
Die beiden Krebse Warum gehst du nicht vorwärts geraden Schrittes, mein Liebling, Fragte von ungefähr einst Vater Krebs seinen Sohn. Gerne will ich wohl tun , was du forderst, entgegnete dieser, Sehe ich, was du verlangst, vorher dich selber auch tun.
Epimythion Ungemein schadet das schlechte Vorbild der Eltern den Kindern . Aufihre Nachkommen pflegt Vaterbrauch überzugehn.
Leo et Mus Fama refert laqueo captum petiisse Leonem Voce vagabundi supplice Muris opem : Exitium prohibe corrosis flebile plagis , Et nunquam meriti non memor huius ero. Mus facili praestans ratione quod ille requirit, Flagitat ut generum se sinat esse Leo. Annuat uxorem non duro pectore natam, Deberi meritis praemia tanta suis. Res indigna quidem videatur ut illa Leoni, Exiguo Muri nupta Leaena datur.
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Hieronymus Osius
Mure Leo servarat enim redimente salutem , Pro factis erat his cui tribuendus honos.
At cum sponsa novo est adducta Leaena marito, Huc pede non visum calcat eunte suo . Epimythion
Errat, amicitias qui quaerit opemque potentum, Tutius est humiles conciliare viros.
Löwe und Maus Fama berichtet, der Löwe, in einer Schlinge gefangen, Habe die Maus, die ihn traf, flehend um Hilfe ersucht: ,,Rette mich vor dem Verderben, indem du das Garn hier zernagest, Eingedenk werde ich sein deines Verdiensts alle Zeit. " Leicht ward der Maus zu vollbringen, worum sie jener ersuchte, Heftig begehrt sie darauf Unerhörtes zum Lohn. Schweren Herzens bewilligt der Löwe des Mäuserichs Fordrung, Derfür die Guttat als Preis ausbedingt sich dessen Kind. Schmachvoll erschien ihm fürwahr, daß die Tochter, die herrliche Löwin, Sollte der ärmlichen Maus werden als Gattin zuteil. Aber der Löwe verdankte sein Heil dem Erbarmen des Mäusrichs, Darum mußt er, befreit, zahlen den harten Tribut. Doch als die Löwin , die Braut , dem Bräutigam zugeführt wurde, Trat sie ihn, den sie nicht sah, achtlosen Fußes zu Tod. Epimythion Fehler begeht, wer die Freundschaft sucht und die Hilfe der Großen, Sicherer ist allemal, einfachen Menschen zu traun.
Asinus aegrotans Aegrotare docens increbrescebat Asellum Fama, nec huic longe mortis abesse diem . Hunc volvere Canes et visere turba Luporum, Hoc modo praetextu dissimulante dolum. Ergo domum, decumbit ubi languore , frequentant, Pulsandoque iubent hic aperire fores.
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Hieronymus Osius
Adsumus aegroto (dixere) levemus amico, Colloquiis moti triste doloris onus. At quibus esse patri hoc per rimam cautus hiantem
Nil opus officio parvus Asellus ait. Nam meliore suum nunc esse salute parentem, Hi quam forte dolo dissimulante velint. Epimythion Officii qui se praetextu fingit amicum , Hoste palam noto peior habendus erit.
Der kranke Esel Unter den Tieren der Gegend verbreitete rings sich die Kunde, Daß der Esel erkrankt, nah wohl der Tag seines Tods. Dieses genau zu erfahren , begehrten die Hunde und Wölfe, Sannen aufheuchelnde List. Unter Vorwand versteckt, Suchten aufsie das Haus , wo der Kranke lag in Erschöpfung; Heischten mit lautem Gepoch, ihnen zu öffnen das Tor, Riefen: Gekommen sind wir, die Pein der bitteren Schmerzen Durch erheiternd Gespräch treu zu lindern dem Freund. Aber des Esels gewitzigter Sohn gab ihnen zur Antwort Durch eine Spalte der Tür: „ Solche Mühn sind nicht not. Spart sie euch nur, denn um die Genesung des leidenden Vaters Ist es jetzt besser bestellt, als dies womöglich euch lieb". Epimythion Wer in der Maske des Freunds voll Eifer sich naht dem Bedrängten , Schlimmeres hegt der im Sinn, als wer offen sein Feind.
LUCAS LOSSIUS
(Komm. S. 270)
Fabella iocosa de Leone confessario animantium Consilio quondam Leo confessarius inter Communi pecudes lectus in orbe fuit. Accedit primus, sua raptor maxima saevus Ridicula exponens, crimina voce lupus: 'Domine, circumivi aliquem gregem ovium et rapui arietem pinguem et comedi . ' Talia cui sanctus Leo confessarius inquit, Peccati eiusdem conscius ipse sibi: 'Tace, frater, nimis habes conscientiam strictam: hoc est naturale mihi et tibi, et nemo peccat in hoc , quod natura dictat.' Accedit vulpes fallax quoque , crimina supplex Talibus ex magna simplicitate refert: 'Confiteor me, Domine, saepe comedisse gallos et gallinas ruralium . ' Hunc etiam absolvit leo confessarius omni Crimine, se cuius noverat esse reum : 'Tace, inquiens, frater, non opus est illud fateri , quia mihi et tibi naturale est. '
Post quoque peccatum fassurus pauper asellus , Accessit trepidus talia verba loquens: 'Semel fui secutus unum plaustrum foeni, de quo cecidit manipulus, quem comedi .'
283
Lucas Lossius
Talia cui trepido durus leo dixit asello, Crimine pro parvo magna luenda iubens : 'O indurate et malitiose, tu es spoliator stratorum et viae regiae : Nam illud peccatum est tam enorme , quod non potest absolvi maxima correctione , et sic iussit eum flagellari.'
Territus hac asinus truculenta voce leonis, Crimina sic pergit dicere plura miser: 'O Domine, adhuc peiora commisi peccata, nam semel sequebar unum villanum , qui habuit stramina in calopo-
diis, quae occulte comedi . '
Horridus hinc clamans miserum leo durus asellum
Talibus ad duram iussit adire crucem: 'O fur et latro, nunc tempus est, ut suspendaris . Morale
Crimina sic inter magni se magna patrantes, Plurima praelati dissimulare solent. Parvula sed propter leo ceu condemnat asellum, Plebem sic damnant exagitantque piam.
Scherzhafte Fabel vom Löwen als Beichtvater der Tiere Einstmals erschien zum Gericht und, um Beichte zu hören, der Löwe Unter den Tieren im Reich , geistlicher Vollmacht gemäß. Vortrat als erster der schreckliche Räuber, die größten Verbrechen Breitet mit spöttischem Mund aus vor dem Richter der Wolf: ,,Herr, ich bin um eine Schafherde herumgeschlichen und habe den fetten Leitbock geraubt und verzehrt. “ Darauf erwiderte ihm der heilige Beichtvater Leo, Solchen sündlichen Tuns sei er sich selber bewußt: „ Schweig, Bruder, du hast ein allzu strenges Gewissen . Solches ist mir wie dir natürlich, und niemand sündigt , wenn er das tut, was die Natur gebietet. “
Lucas Lossius
284
Vortrat alsdann der listige Fuchs, mit geheuchelter Einfalt Brachte in Demut er vor, welcher Vergehn er sich zieh: „Ich gestehe, Herr, daß ich häufig Hähne und Hühner der Bauern verzehrt habe." Absolution erteilte der Beichtvater Leo auch diesem; Was jener Böses getan , rechne er selber sich zu: ,,Schweig, Bruder, es ist nicht erforderlich, das zu bekennen, da es mir und dir von der Natur eingegeben ist. “ Hiernach auch trat der Esel heran , seine Sünden zu beichten . Als er sichfurchtsam genaht , folgende Worte er sprach: „ Einmal bin ich hinter einem Heuwagen hergegangen , von dem ein Bündel herabfiel, das ich verzehrt habe. “
Streng begegnete da dem zitternden Esel der Löwe; Schwere Buße befahl er für so kleines Vergehn: „" O du Verstockter, du Bösewicht, du bist ein Straßenräuber und ein Bandit auf dem Königswege . Denn jenes Verbrechen ist so ungeheuerlich, daß es nur durch die schwerste Strafe gesühnt werden kann . “ Und so befahl er, ihn auszupeitschen. Der durch die brüllende Rede des Löwen geängstete Esel Zu seinem Unglück fuhr fort, weitere Schuld zu gestehn : ,,OHerr, ichhabe noch schlimmere Sünden aufmich geladen , denn einmal ging ich hinter einem Knecht her, der hatte Stroh in seinen Holzschuhen , das ich herausgezogen und heimlich verzehrt habe. " Diesen verworfenen Esel voll Schaudern beklagend, der Löwe Harten Herzens befahl, daß man ihn schlüge ans Kreuz: ,, O du Schurke und Wegelagerer, nun ist es Zeit, daß du gehängt wirst!" Lehre Also sind hohe Prälaten , die meisten der schweren Verbrechen, Welche die Großen begehn , zu übersehen bereit. Doch wie der Löwe den Esel um kleinen Verschuldens verurteilt, Strafen und peinigen sie niederes gläubiges Volk.
JOHANNES POSTHIUS
(Komm. S. 271)
Philomela et Accipiter Praesentem sapiens sortem retinere labora, Quam dederint vitae numina magna tuae. Quicunque incertis inhiant, et certa relinquunt, Hi stolida poenam pro levitate ferunt. Philomela super arbore sedens de more canebat. Accipiter autem videns , ac cibi indigens, advolans corripuit. Quae cum occidenda esset, orabat Accipitrem ne devoraretur: neque enim satis esse ad Accipitris ventrem implendum , sed oportere ipsum cibo egentem ad maiores aves converti . Accipiter autem respondens ait: Sed ego certe amens essem , si qui in manibus paratus est, cibo dimisso, quae non videntur persequar. Affabulatio Fabula significat, plerosque homines eodem modo esse inconsultos , qui spe maiorum quae incerta sunt, quae in manibus habentur, amittant.
Nachtigall und Habicht Gegenwärtiges Glück zu bewahren , bemühe dich klüglich , Das eine göttliche Macht dir für dein Leben gewährt. Welche, nach Ungewissem begierig , das Sichere opfern, Werden durch beider Verlust für ihren Leichtsinn gestraft. Eine oben aufdem Baum sitzende Nachtigall sang dort, wie es ihr Brauch war. Aber ein Habicht, der nach Speise verlangte, erspähte sie,flog herzu und ergriff sie. Als er sie töten wollte ,flehte sie ihn an, daß er sie nicht verschlingen möge, denn sie sei nicht hinreichend , den Magen eines Habichts zu sättigen , er müsse sich vielmehr zur Stillung seines Hungers nach größeren Vögeln umsehen. Der Habicht gab jedoch zur Antwort: Ich wäre vielmehr gewiß töricht, wenn ich eine Speise, die ich in den Fängen halte, fahren ließe , um denen nachzujagen, die nicht sichtbar sind.
286
Johannes Posthius
Fabellehre Die Fabelzeigt an, daß viele Menschen aufebendiese Weise unberaten sind, die in der Hoffnung auf größere ungewisse Dinge verlieren, was sie in Händen halten.
Vulpes et Hircus Quicquid ages, animo prudenti respice finem,
Ne te praecipitem devius error agat. Prona quidem, facilisque via est, quae ducit ad orcum,
Sed licet ad superos non revocare gradum. Vulpes et Hircus sitientes in puteum descenderunt, sed postquam biberunt, Hirco indagante ascensum , Vulpes ait: Confide, utile quid in utriusque etiam salutem excogitavi : si enim rectus steteris, et anteriores pedes parieti applicueris , et cornua pariter in anteriorem partem inclinaveris , cum percurrerim ipsa per tuos humeros et cornua et extra puteum illinc exiluerim, et te postea extraham hinc. Ab Hirco autem ad hoc prompte officio praestito, illa cum ex puteo sic exiluisset, exultabat circum os laeta. Hircus autem ipsam accusabat, quod transgressa fuerit conventiones . Illa autem: Sed si tot, inquit, mentes possideres , quot in barba pilos , non ante descendisses, quam ascensum considerasses. Affabulatio Fabula significat, sic prudentem virum oportere prius fines altius considerare rerum , deinde sic ipsas aggredi.
Fuchs und Ziegenbock Was du auch immer beginnst, bedenke im voraus das Ende, Laß Übereilung dich nicht törichten Fehler begehn . Denn sich neigend und leicht ist der Weg , der zum Orkus hinabführt, Keinem noch ward es erlaubt, rückzuwenden den Schritt. Vom Durst getrieben, sprangen der Fuchs und der Ziegenbock in einen Brunnen, doch als sie getrunken hatten und der Ziegenbock nach einer Möglichkeit des Hinauskletterns forschte, sprach der Fuchs : Sei guten Mutes, ich habe mir etwas Praktisches zu unser beider Rettung ausgedacht. Wenn du dich nämlich gerade aufrichtest, die vorderen Füße gegen die Mauer stemmst und
Johannes Posthius
287
die Hörner ebenfalls nach vorne neigst, kann ich über deinen Rücken aufdeine Hörner steigen, von dort aus dem Brunnen springen und danach dich herausziehen. Nachdem sich der Ziegenbock sogleich zu diesem Dienst bereit erklärt hatte und der Fuchs so aus dem Brunnen hinausgelangt war, fing er an, ausgelassen um den Rand des Brunnens herumzutanzen . Der Ziegenbock aber machte ihm Vorwürfe , daß er ihre Vereinbarung gebrochen habe. Doch jener antwortete: Wenn du soviel Verstand besäßest, wie Haare in deinem Bart, wärest du nicht hinuntergesprungen, ohne dich vorher über den Rückweg vergewissert zu haben. Fabellehre Die Fabel zeigt an , daß es sich für den klugen Mann gebührt, vorher den Ausgang der Sachen zu bedenken und erst dann mit ihrer Ausführung zu beginnen.
Galli et Perdix
Non ego me temere laedi mirabor ab illis , Est quibus assidue rixa parata domi. O procul a nobis, procul hinc sint talia monstra, His ego nam socium me , comitemque nego. Gallos quidam habens domi , emptam quoque Perdicem cum illis pasci dimisit: qui cum ipsam verberarent ac expellerent, illa tristabatur valde , existimans ut alienigenam haec se pati a Gallis . Cum vero paulo post et illos videret pugnare , et seipsos caedere, moerore soluta ait: Sed quidem posthac non tristabor, videns et ipsos pugnare inter se. Affabulatio Fabula significat, quod prudentes facile ferant ab alienis iniurias, cum ipsos videant neque a suis abstinere.
Die Hähne und das Rebhuhn
Nicht mehr verwundern hinfort soll mich grundlose Kränkung von jenen, Die, wo sie selber zu Haus, leben in ständigem Zank. Fern hier von uns auf immer soll bleiben dergleichen Gelichter, Ihnen sei wahrlich verwehrt, je mir Gefährte zu sein. Ein Mann, der zu Hause Hähne hielt, ließ, nachdem er auch ein Rebhuhn gekauft hatte, dieses mit jenen zusammenleben . Da sie es jedoch bissen und
Hartmann Schopper
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wegtrieben, wurde es sehr traurig , denn es glaubte , es müsse das von den Hähnen erdulden, weil es fremd sei . Als es aber wenig später sah, daß sie auch miteinander kämpften und sich gegenseitig blutig hackten , sprach es zu sich, von seinem Kummer befreit: Künftig werde ich gewiß nicht mehr traurig sein, nachdem ich gesehen habe, daß sie sich auch selbst untereinander bekämpfen. Fabellehre Die Fabel zeigt an , daß Einsichtige leicht Unrecht ertragen, welches ihnen von Fremden zugefügt wird, wenn sie sehen, daß jene auch die Ihrigen nicht verschonen.
HARTMANN SCHOPPER
Philomela et Accipiter Von einer Nachtgall und Habich Behalt das glück zu dem dich Gott Erschaffen und beruffen hat / Ob es schon klein ist und veracht / So steht es nit in deiner macht / Du kansts nicht machen wie du wilt / Befiel es Gott / er sey dein schilt / Iẞ und trinck was er dir beschert / Vielleicht sich bald dein wolfahrt mehrt. Ein kleinen raub der Habich nimpt / Biß daß ein grössern er bekümpt.
Vulpes et Hircus Von einem Fuchß und Bock
Kein Mensch auff Erden sey so toll / Daß er etwas anfangen woll / Betracht dann vor fürsichtigklich Das end /und nit mutwilligklich /
(Komm. S. 273)
Hartmann Schopper
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In jammer / angst /betrübnuß fall / Und werd zu schanden uberall / Der Fuchß dem Bock hie lieblich sang / Biß daß er auß dem Brunnen sprang / Darnach in gantz und gar veracht / Er hett auffsteigen nit bedacht.
Galli et Perdix Von etlichen Hanen und einem Räbhun
Der auß seim Vatterland verjagt / Wirt undern frembden sehr geplagt / Laß ims nit gar zu hertzen gahn / Ob sie im gleich viel leydes than / Dann viel Tyrannen hie man findt / Die wüten in ir eigne Kind / Das Räbhun hie gar schwerlich leydt / So bissen wirt von Hanen beyd / Aber bald es irn kampff ersicht / So sehr es sich bekümmert nicht.
Mus et Rana Successus nunquam virtus temeraria faustos , Omnia praecipitat, quae violenter habet.
Maus und Frosch Niemals bringt unüberlegtes Entschließen Glück und Erfolge, Alles richtet zugrund, wer sich verlegt auf Gewalt.
Von der Mauß und Froschen Es hett ein Frosch mit einer Mauß / Einen schädlichen Krieg und Strauß / Sie zohen an einander dar /
Deẞ ward von ferrn ein Weih gewar /
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Hartmann Schopper
Er fatzt sie beyd mit Klauwen hart / Damit der Krieg entscheiden ward / Also gschicht offt in einer Statt / Die zweifaltige Bürger hat / Zwen Hund beissen sich umb ein Bein /
So nimpts der dritt und bhelts allein.
De Cervo et Ove Res ubi vi geritur, vel te violentia cogit: Ad vetitum pactum , rumpere iura licet.
Vom Hirsch und Schaf Wo dich Drohung gezwungen oder dich Tücke genötigt, Ist befohlnen Vertrag rechtlich zu brechen erlaubt.
Vom Schaf und Hirsche Ein Schaf dem Hirsch alt schuld gesteht / Welchs doch auß forcht des Wolffes thet. Es ist der brauch in gmeinen Rechten / Gewalt mit gwalt wider zu fechten / Die Welt ist jetzt listig und klug / Betrug bezalt sie mit betrug. So wirt entrichtet mancher strauß / Ein Nagel treibt den andern auß / Zu dem glübdt ist doch keinr verpflicht / Das in der not auß zwang eim gschicht.
gesteht: zugibt - wider zu fechten: zu begegnen – entrichtet: entschieden -– Zu dem glübdt verpflicht: an das Gelübde gebunden
MICHAEL BEUTHER [? ]
(Komm. S. 275)
[Vom Wolf und Kranich] Wie Reincken noch ein histori erzelt / die auff dem Spiegel gegraben solt gestanden sein
Mer war auff dem spiegel gegraben / Wie eins mals der wolff thet traben. Und fand ein todt geschundes pferd / Das fleisch war von den bein verzert. Und da er nun die bein wolt nagen / Bleib ihm ein bein in seinem kragen. Von dem er grossen wehtag hett / Darumb er viel ausbieten thet. Wer im hülff dem wolt er geben / Das er sein tag in ehren kunt leben. Do er nun niemand finden kunt / Den kronch er ansprechen begunt. Derselbig tråg ein rhot parreth / Drumb er ihn Doctor nennen thet. Und bath in umb hülff und rhat / Der kronch sein worten glauben that. Steckt ihm sein hals in seinen mund / Und gewan ihm das bein zů stund . Begeret darauff seinen lohn / Der wolff sprach das hab ich mein hon. Solt ich dir auch baß lohne noch / Hett ich dich können würgen doch. Do ich dich hat in meinem mund / Thest mir auch wehe in meinem schlundt. Noch hab ich dir dasselb vergeben / Und dir geschenckt dazů das leben. kragen: Hals - zů stund: alsbald – das hab ich mein hon : das fehlte mir noch - Noch: Dennoch
292
Michael Beuther [?]
Ich gstehe dir weiters keines Rechten / Also lohnen schelck iren knechten. Sehet diese historien unnd noch mehr / Stunden als umb den Spiegel her. Darumb acht ich mich viel zů gring / Bei mir zu haben solche ding . Drumb ich sie euch Herr schicken thet / Aber traun ich nicht glaubet hett. Das Bellin solchs solt haben gthan / Ich hielt in für den trewsten Man. Der immer leben solt auff erden / Doch hoff ich es solt noch kunt werden. Wie es mit Lampen zů sei gangen / Und wer die kleinot hab entpfangen. Mord nicht verschwiegen bleiben kan. Das pflegt zu sprechen jederman.
Lern aus diesem Cap. Erstlich / Das man den Artzt in ehren halten söll / denn er ist von Got geschaffen
dir zů gůt / spricht die schrifft. Und soll keiner die Artzenei
verachten / denn sie erhelt manchem sein leben lenger denn ers sunst behalten hett /und wiewol man wol spricht: Wenn ich sterbenn soll/so hilfft kein ärtznei /und soll ich lenger leben /so wirt mich Gott wol widder gesund machen / und auch beides war ist / So will er doch seine mittel gebraucht / und nicht veracht haben / denn das hiesse Got versucht / wenn ich da lege unnd fast / wartet biß mir Gott hülff/unnd wolt seine mittel die er mir geschaffen hat / nicht brauchen . Got wirt nicht einem jeden ein newes machen. Zum Andern / das man einem / an dem man böser thaten gewont ist / nimmermer soviel trawen soll / also weit / das es inn seinem willen und gewalt stunde / einem schaden zu thůn / und wer es auch thůt / und leidet darüber schaden von ihm / der hat billich den spott darzů . Zum Dritten /das alles verlorn ist /das man einem undanckbaren menschen thůt /davon auch oben offt gesagt. Zum Vierdten / Das man dem Artzt seinen lohn nicht fürhalten soll / unnd welcher sich sperret gegen einem der ihm seine gesundheit widder hat bracht / Oder sich doch darumb gearbeitet unnd bemühet / der muß von natur ein grober /tölpischer /unverstendiger aller undanckbarkeit Esel sein /unnd nicht erkennen was gesundheit unnd das leben sei . schelck: Bösewichter - als: alle - acht: hielt - fürhalten: vorenthalten
Hartmann Schopper
293
Zum Fünfften / Das es ein sprichwort / und auch ein war wort ist / das man sagt mord bleib nicht verschwigen /denn ich hab selbst etlich mal erfaren /das ein todtschlag ettlich jar verschwigen bliben / unnd doch ehe denn er nicht solt offenbar werden /haben sich die thäter selbs müssen verrhaten. Gott wirt nicht liegen da er spricht: Wer das schwerd neme / der söll durchs schwerd umbkommen.
HARTMANN SCHOPPER
Historia de Lupo et Grue Argumentum Ore recenset adhuc aliam vulpecula fallax Historiam, speculi quae super orbe fuit. Scilicet interdum decet assentire loquenti , Fabula si qua vetus si qua iocosa placet. '
Quin et stupenda, quae loquar, Speculo peritus sculptili Caelator hoc dolaverat. Ut scilicet deformius Equi cadaver mortui, Lupus vorax invenerit.
Atossa diligentius Proiecta cum corroderet , Incautus ingens devorat Os, quod via tenerrimi Haerebat arcta gutturis . Hinc is dolores maximos Molestiasque perferens,
liegen: lügen 1 Vorspruch Unverfroren lügt Reinike weiter nun von einer andren Fabel, die gleichfalls im Bild kunstvoll der Spiegel gezeigt. Dennoch gebührt es sich, Beifall zu spenden ihrem Erzähler, Wenn sie, teils weil sie alt, teils weil sie scherzhaft, gefällt.
(Komm. S. 276)
Hartmann Schopper
294 Promissiones omnibus Medicis facit fidelibus: Si forte quisquam tristibus Eum levet doloribus, Huic velle se pecunias Remunerari maximas. Sed ecce cum tam neminem Habere posset proximam Gruem salutans invocat Rubro decoram pileo: O Doctor, inquit, maxime Feras opem miserrimo, Digno laborem munere Pensabo, tu nil ambigas. His capta Grus fallaciis
Os exhianti gutture Lupi potenter eripit. Cui postulanti praemium, Lupus quid, inquit perfidus, Reposcis a me praemii? Qui dente te discerpere , Et colla duris morsibus Mihi molesta frangere Cum quiverim, miserrima Donasse vitam nil putas? At non tibi suffecerit Mei favoris gratia, Quod te ream dimisimus, Nec ore devoravimus: Cum pene nostra rumperes Et vulnerares guttura? Hoc omnium stipendium Est rite servientium. Haec cuncta quae narravimus
Speculo fuere lucido Caelata miris artibus.
Quodipse, tanquam nobilis Indignus isto munere, Regina vobis miseram .
Hartmann Schopper
295 Sed tam latronem perfidum Non credidissem Bellinum , Quem laude summa praeditum , Et rebar integerrimum Vel omnium mortalium . Spero tamen gratissima Dies quod olim deteget, Quis latro crudelissimus Vitale lumen optimo Ademerit lepusculo , Aut fur rapaci dexterae Gemmas meas subduxerit. Cruenta facta scilicet
Sicariorum turpium , Vel una formidabilis Dies revelat omnia. Commentaria I. Ut in honore fidelem habeas medicum, a Deo enim tuum incommodum incolumitatemque creatus est. Quamobrem nemo mortalium medicinam aspernari aut contemnere debet, multis enim laborantibus succurrit; aegris medetur, afflictos excitat, ut fugientem nonnullis persepe sistat vitam et valetudinem recuperet. Quamvis enim vulgus vociferetur, quid ad me medici curatio? si moriendum est, moriar: sin vivendum, voluntas divina facile medicinam meo applicabit morbo : Vult nihilominus certe Deus ut intermediis suis fruamur, et cum gratiarum actione utamur. Id enim Deum esset tentare, si lecto decumberes et ieiunio te continuo conficeres , expectans quousque angelus e coelo descenderet, et aegroto tibi apportaret pharmacum: Posthabitis interim omnibus mediis , quae ad vitae necessitatem et sustentationem corporis creasset. Deus enim non ad cuiusque voluntatem libidinemque sua commutabit opera. II. Quod iam saepe inculcatum est, ne illi quem semel fallacem aut perversum expertus es , nimium confidas : praesertim si in ipsius potestate relictum sit, ut tibi nocere possit. id qui secus agit dignus est qui decipiatur, et despectui multis exponatur. III. De vitio ingratitudinis hic monemur, de quo superius diffusius et copiosius diximus . IIII . Ne medico solutionem in longinquum differas tempus . Si enim illi qui in firmissimae valetudini diligentissime inseruit, precium inhibes , et pro opera tibi locata mercedem protrahis, inconsideratissimus dementissimusque homo
296
Hartmann Schopper
appellandus es, qui discrimen inter incolumitatem vitae, imbecillitatemque corporis humani non agnoscis . V. Quod verissimum hoc sit proverbium, quo affirmatur, nullum a Deo homicidium diu occultatum aut impunitum praetermitti . Experientia enim iam edocuit eos, qui homicidii rei essent, et per annos aliquot factum celassent, potius quam flagitium omnino delitesceret, aut casu aliquo , aut importunitate , aut ebrietatis tormento compulsos sua in vulgus disseminasse maleficia, et ante omnium oculos posita denudasse.
PANTALEON CANDIDUS
(Komm. S. 276)
Mus et rana Mus brevis latum superare flumen Gestiens, ranam pote qui sit illud Effici, blando sub aquis agentem Consulit ore.
Rana pellacem meditata fraudem, Si meo filum pede , si tuoque Illiges, inquit, fluvii per altas Praevia lymphas Te traham. filum predibusque nectunt. Illa nat, murem liquidosque tractat Subter humores, miserumque fundo Mergit in imo. Mortuum milvus per aquas natantem Abstulit murem, simul alligatam Traxit et ranam , rabidoque utrunque Condidit alvo .
Dat suae poenas ruditatis amens , Dat suae poenas sycophanta fraudis . Callidus, quivis propria fruatur Sorte beatus.
Maus und Frosch
Ein Mäuslein, das einen breiten Fluß zu überqueren Begehrte, fragte um Rat, wie zu bewerkstelligen dieses, Den im Wasser sich tummelnden Frosch, mit Höflichen Worten .
Pantaleon Candidus
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Der Frosch, nachdem den lockenden Trug er erwogen, gab Antwort: Wenn einen Faden du bindest um meinen und deinen Fuß, Werde, vorausschwimmend , ich über die weite Feuchte des Flusses Dich bringen". Sie binden den Faden um ihre Füße. Jener schwimmt, taucht unter die klare Fläche des Wassers hinab und zieht die unglückliche Maus Mit sich zur Tiefe. Der Weih ergriff die tot auf dem Wasser Schwimmende, Mit ihr zugleich zog an das Licht des Tags er Den angebundenen Frosch, und beide verwahrt er in seinem Gierigen Magen. Bestraft wird der Unbedachte für seine Torheit, Bestraft auch der Ränkevolle für seinen Betrug. Klug ist, wer zufrieden genießt, was ihm vom Schicksal zuteil ward.
Aquila testudinem docet volare Rogabat olim tarda, aquilam citam Testudo, quo se per liquidum aëra Doceret hinc atque volare.
Abnuit hoc aquila, atque fatuo: Ne sit volandi , quaeso, animus tibi , Natura pennas quando negaverit. Non audit hanc testudo , at instat Atque volare cupit doceri,
Ergo volucrum rex capiens eam, Secum per altum sublevat aëra , Ex unguibusque omittit uncis: Illa volat, celeri et rotatu, Qua dura accuta saxa crepidine Tellure stabant inferius gravi
Illisa saxis his, repente Duro obit, heu, miseranda fato.
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Pantaleon Candidus
Parere si quis recta monentibus Fronte obstinata respuit, et suae Cupidi si indulget, pudendum Ille sibi exitium parabit.
Der Adler lehrt die Schildkröte fliegen Einst bat den schnellen Adler die träge Schildkröte, daß er auch sie frei durch die Luft Lehren möge zufliegen. Der Adler schlug es ihr ab, der Närrin entgegnend:
,,Du solltest, bitte, Verlangen nicht hegen zu fliegen, Da doch die Natur dir Federn versagt hat. " Nicht hört die Kröte auf ihn , sondern beharrlich Begehrt sie Unterweisung im Fliegen.
Also ergreift sie der König der Vögel
Und trägt in die Lüfte sie mit sich empor. Aus den gekrümmten Krallen läßt er sie fahren: Siefliegt; wie ein Kreisel schneller und schneller gedreht,
Stürzt sie abwärts zur Erde, dorthin wo am Ufer Sich lagern harte und scharfe Blöcke von Stein; An diesen augenblicklich zerschellend, Erliegt die Erbarmenswerte hartem Geschick.
Wenn einer den Mahnern geradewegs Folge zu leisten, Verschmäht und mit trotzigem Sinne Seiner Begierde sich überläßt, wird er Selbst sich ein schmähliches Ende bereiten .
Accipitrum pax Bellum quam gererent accipitres simul , Suaserunt faciles hisce columbulae, Ut pacem colerent vulneraque amplius Ne inferrent sibi mutuo.
300
Pantaleon Candidus
Parent accipitres paceque condita, Ex illo in volucres, inque columbulas Imbelles, miseris exacuunt modis , Ungues unanimes suos.
Divis quando mali litibus invicem Discordant. simul et tristia mutua In se bella gerunt: praecipue bonis Haec res utilis est viris.
Der Friede der Habichte
Als die Habichte gegeneinander Krieg führten, Redeten ihnen die Tauben freundlich zu , Daß sie Eintracht pflegen und keine Wunden sich Künftig mehr zufügen sollten.
Die Habichte folgten dem Rat, doch seit der Friede geschlossen, Gegen andere Vögel und gegen die friedlichen Tauben Richten in grausamer, nichtswürdger Weise
Einmütig sie ihre Krallen.
Glücklich, solange die Bösen untereinander Entzweit sind und sich in bitteren Kämpfen Wechselseitig erschöpfen: Für die Guten vor allem Ist dies eine nützliche Sache.
Abies et dumeta
Quum dumos humiles despiceret prope Adstantes abies longa protervius, Huic illi: tua quanto Sors praestantior est eo,
Infelix magis est conditio tua Et duris magis obiecta periculis: Nam gens Divum, hominumque, Nectunt insidias tibi.
Pantaleon Candidus
301
Nullius, licet est maxima , parvitas
Contemnenda hominis grandibus viris: Nam tolluntur in altum , Maiore impete quo ruant .
Tanne und Dornsträucher
Als aufniedrige Dornsträucher, nah bei ihr wurzelnd, Eine hochgewachsene Tanne verächtlich herabsah, Sprachen diese zu ihr: Um soviel
Dein Schicksal ausgezeichneter ist,
Bist du mehr auch von Unheil bedroht
Und großen Gefahren mehr ausgesetzt: Denn die Geschlechter der Götter und Menschen Zetteln im Hinterhalt Tückisches an.
Keines Menschen niederem Stand - der Satz ist erlaubt – Gebührt von den großen Männern Verachtung: Denn es werden diese zur Höhe erhoben, Aufdaß ihr Sturz desto erschütternder sei.
Abbildungsnachweise
Abb. 1
Ulrich von Pottenstein: Das bůch der Natürlichen weißheit, Augsburg 1490. Titelholzschnitt: Die vier Kardinaltugenden und vier Kardinallaster. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek)
Abb. 2
Ulrich von Pottenstein: Das bůch der Natürlichen weißheit: Das .i. Capitel, Bl . iij ' : Vom Fuchs und Raben. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Antonius von Pforr: Das bůch der byspel der alten wysen, Ulm 1483. Das .ij. Capitel. Von den Affen, dem Glühwürmchen und dem Vogel. (München, Bayerische Staatsbibliothek)
Abb. 3
Abb. 4
Antonius von Pforr: Das bůch der byspel der alten wysen. Das .v. Capitel . Von den Elephanten und den Hasen . (München , Bayerische Staatsbibliothek) Abb. 5 Heinrich Steinhöwel : Das leben des hochberühmten fabeldichters Esopi, Ulm 1476/ 77 , Bl . 1a. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 6 Heinrich Steinhöwel : Das leben des hochberühmten fabeldichters Esopi, Bl . 19a: Aesop als Sklave bei dem Philosophen Xanthos. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 7 Heinrich Steinhöwel : Das leben des hochberühmten fabeldichters Esopi, Bl. 34a: Der von den Delphiern zum Tode verurteilte Aesop wird vom Felsen herabgestürzt. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 8 Heinrich Steinhöwel: Alique Esopi Fabule Nove Translationis Remicii . Die xii fabel von der pinen und dem got Jupiter. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 9 Heinrich Steinhöwel: Ex Adelphonso. vi. Von dem vogler und vögelin . (Wolfenbüttel , Herzog August Bibliothek) Abb. 10 Das bok van deme levende unde van den fabulen des hochghelerden fabeldychters Esopi gheheten. Magdeburg, um 1492. Dat erste bok. De veerde fabule. Van deme hunde unde van deme schape . (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 11 Dat bok van deme levende unde van den fabulen des hochghelerden fabeldychters Esopi gheheten. Magdeburg, um 1492. Dat erste bok . De .xvii . fabule . Van deme esele unde van deme hundeken. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 12 Geiler von Kaysersberg: Die brösamlin doct. Keiserspergs uffgelesen von Frater Johann Paulin barfůser ordens ..., Straßburg 1517 , Bl . XLV' : Von den vier Leuwengeschrei (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek) Abb. 13 Geiler von Kaysersberg: Die brösamlin doct. Keiserspergs uffgelesen von Frater Johann Paulin barfůser ordens Straßburg 1517, Bl. LVII' : Von dem hellischen Leuwen (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek) Abb. 14 Martin Luther: EJn newefabel Esopi / Newlich verdeudscht gefunden / Vom Lawen und Esel, 1528 , Schlußbild [ ganzseitig ]. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 15 Erasmus Alberus : Das buch von der Tugent und Weißheit, Frankfurt a. M. 1550, S. 19: Von einer Stadtmauß und Feldtmauß; S. 64 : Vom vöglin Cassita; S. 156: Vom Bapstesel. (Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek)
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Abbildungsnachweise Johannes Mathesius: Vom Fuchs und Adler; aus der Anthologie „ Hundert Fabeln“ von Nathan Chyträus. 3. Aufl . Frankfurt a. M. 1591 , Nr. 16. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek)
Abb. 17 Johann Fischart : Das Philosophisch Ehezuchtbüchlin, Straßburg 1591 , 1. Buch . Die Liebes- und Ehegöttin, ihren Fuß auf eine Schildkröte setzend. (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek) Abb. 18 Georg Rollenhagen: Froschmeuseler. Magdeburg 1595 , III . Buch , 1. T. , Bl . Nn, Titelbild: Kriegsrat der Mäuse (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek) Abb. 19 Esopus moralisatus cum bono commento. Köln 1492 , Bl . A iij' -A iiij' : De mure et rana. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek) Abb. 20 Sebastian Brant: Esopi appologi sive mythologi ... Basel 1501 , Bl. G VIIIˇ : De vulpe inpalea abscondita quefugabatur a canibus. (Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek) Abb. 21 Joachim Camerarius: Fabulae Aesopicae plures quingentis, Titelblatt der Ausgabe Leipzig 1564. (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek. Mit eigenhändigem Besitzvermerk des Herzogs August d. J. von Braunschweig-Lüneburg) Abb. 22 a-b) Aesopi Phrygis Fabulae ... His accesserunt Ioannis Posthij Germershemij in singulas Fabulas Epigrammata. Frankfurt/M. 1566 , Nr. 4: Vulpes et Hircus; Nr. 10: Galli et Perdix. (München , Bayerische Staatsbibliothek) c) Aesopi Phrygis Fabulae .... 2., erweiterte Ausgabe von Hartmann Schopper, Frankfurt/M. 1566, Nr. 147 : Mus et Rana. (München, Bayerische Staatsbibliothek) Abb. 23 Hartmann Schopper, Speculum vitae aulicae. Frankfurt/M. 1595 , p. 374 : Historia de Lupo et Grue. (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek)