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German Pages 116 [212] Year 1932
DIE B I L D E N D E
KUNST
UND DIE
DES ALTEN
BERGVÖLKER
ORIENTS
DIE B I L D E N D E KUNST DES ALTEN ORIENTS UND DIE BERGVÖLKER VON
A. M O O R T G A T
HANS SCHOETZ & CO., G.M.B.H., VERLAGSBUCHHANDLUNG BERLIN 1932
P r i n t e d in G e r m a n y C o p y r i g h t b y H a n a S c h o e t z & Co.* G . m . b . H . , B e r l i n 1932
Druck der S p a m e r i c k e n
Buchdruckerei
in
Leipzig
INHALT Vorwort
7
Einleitung
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I. Der Bildervorrat der kappadokischen Steinschneidekunst
16
II. Die nordsyrische und nordmesopotamische Steinschneidekunst im 2. Jahrtausend
28
III. Die Plastik des mitannischen Kreises
39
IV. Die Plastik des neuhethitischen Reiches
70
V. Anhang. Die Wirkung der Bergvölker auf das babylonische und assyrische Gebiet
%
a) Kassitisches
%
b) Zur bildenden Kunst der Assyrer
101
Abkürzungen
105
Verzeichnis der Abbildungen
106
Verzeichnis der Tafeln
107
Schlagwortverzeichnis
113
VORWORT Die vorliegende Arbeit verdankt ihre Entstehung einem Wunsche des Verlages, in die Reihe „Kunst und Kultur" auch den Alten Orient aufzunehmen. Er hat keine Mühen und Opfer gescheut, das Buch würdig auszustatten. Als Bearbeiter dieses Bandes wurde ich dem Verlage von Dir. Prof. Andrae vorgeschlagen, wofür ich ihm zu Dank verpflichtet bin. Ein Gewinn und eine Freude war es mir, vor und wahrend des Druckes manche der auftauchenden Fragen mit Prof. H. Ehelolf durchsprechen zu können. Berlin, im Januar 1932.
EINLEITUNG Das Schwergewicht der vorderasiatischen Welt liegt während des ganzen 3. vorchristlichen Jahrtausends bei den Bewohnern der südlichen Ebenen des Zweistromlandes, bei den Sumerern und Semiten, den Schöpfern einer der ältesten Hochkulturen und damit auch derjenigen bildenden Kunst, die wir trotz der ägyptischen als die altorientalische zu bezeichnen pflegen. Seit 3000 v. Chr. sehen wir Sumerer und Semiten wiederholt sich ablösen bei der Entwicklung der südmesopotamischen Kunst. Dabei ist ein langsamer aber stetiger Gang der Geschichte von Süden nach Norden zu beobachten, durch den der Mittelpunkt der Kultur aus der Nähe des Persischen Golfes 1 ) bis nach Babylon verschoben wird. Die südmesopotamische Hochkultur, die im Anfang des 2. Jahrtausends mit dem Untergang der Hammurabidynastie ihr Ende findet, beschränkt sich übrigens nicht auf ihr Stammland, die südlichen Flußebenen Mesopotamiens, sondern hat von vornherein einen starken Einfluß auf den ganzen vorderen Orient bis nach Kleinasien ausgeübt. Archäologisch zum ersten Male greifbar wurde diese Ausbreitung der sumerisch-akkadischen Kultur nach dem Norden durch die Entdeckungen im ältesten Ischtartempel von Assur2), der ursprünglichen Hauptstadt des nördlichen Assyrerlandes, ferner durch erst kürzlich bekannt gewordene Stelen und Statuen vom Djebel-el-beda 8 ), einem Gebirge im nördlichen Mesopotamien , und schließlich durch einen großen Teil der Siegelabrollungen aus der Gegend vom Kültepe, nordöstlich von Kaisarieh im östlichen Kleinasien; sie werden uns noch näher zu beschäftigen haben. Auf Grund dieser Denkmäler sind wir berechtigt, in dem *) Die englisch-amerikanischen Grabungen in Ur und die deutschen in Uruk bestätigen uns immer wieder die kulturelle Bedeutung dieser südlichen Gegenden seit dem Ausgang des 4. Jahrtausends. ») W. Andrae, Die archaischen Ischtartempel in Assur, WVDOG 34, 1922. ») M. Frh. von Oppenheim, Der Teil Halaf, Leipzig 1931, Taf. LXIII.
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legendarischen Bericht über den Eroberungszug Sargons von Akkad (um 2500 v. Chr.) bis nach Kleinasien einen geschichtlichen Kern zu erblicken1). Wenn sich bei den zahlreichen Weihestatuetten aus dem Ischtartempel in Assur neben den vorherrschenden, echt sumerischen Zügen auch schon eigne, vor allem in Gesichtstypus und Barttracht, beobachten lassen, wenn auch bei den Stelen und Statuen vom Djebelel-beda trotz des sumerisch-akkadischen Stiles der Gestalten das dem Hochland gemäße monumentale Denken und Schaffen in Stein wirksam wird, so vermitteln sie uns doch mehr von sumerischer als von einheimischer Kultur; erst diejenigen unter den Darstellungen der Siegelabrollungen vom Kültepe, die nicht unter mesopotamischem Einfluß stehen, können eine gewisse Vorstellung geben von der Gedankenwelt eines dieser nördlichen Völker noch am Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. In den ersten Jahrhunderten des Jahrtausends erfolgt ein vollkommener Umschwung im Gang der geschichtlichen Entwicklung Vorderasiens. Die Bewegung von Süden nach Norden, die Ausdehnung der Kultur der Niederungen auf die Gebirgsländer wird plötzlich aufgehalten durch einen Gegendruck. Das Schwergewicht der altvorderasiatischen Welt verschiebt sich ganz nach dem Norden. Träger der politischen Macht und damit einer neuen kulturellen Entwicklung werden jetzt die Bewohner der Gebirge, die von Ostkleinasien über Armenien bis zur persischen Grenze reichen: Hethiter, Churri-Mitanni, Assyrer und Kassiten gewinnen die Herrschaft über die ihrer Gebirgsheimat südlich vorgelagerten Länder, über Nordsyrien sowie Nordund Südmesopotamien. Von nun an ist die politische Geschichte Vorderasiens die Geschichte dieser Völker und ihrer gegenseitigen Beziehungen2); seit dem 2. Jahrtausend gehört die bildende Kunst des Alten Orients diesen neuen Trägern der politischen Macht. Durch einen glücklichen Zufall kennen wir die politische Geschichte dieser Epoche besser als manche andere der altvorderasiatischen Welt. Zweimal gelang es, einen wichtigen Tontafelfund aufzudecken : einmal in Amarna, wo uns ein staatliches Archiv mit Teilen *) E. F. Weidner, Der Zug Sargons von Aklutd nach Kleinasien. Boghazkäi-Studien, Heft 6, Leipzig 1922. ' ) Ed. Meyer, Geschichte de» Altertums II, 1,2. Aufl., Die Zeit der ägyptischen Großmacht, Stuttgart u. Berlin 1928. — F. Bilabel, Geschichte Vorderasiens und Ägyptens vom 16. bis 11. Jahrhundert, Heidelberg 1927.
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der politischen Korrespondenz der ägyptischen Könige Amenophis III. und IV. mit ihren Vasallen in Nordsyrien und deren Nachbarn, d. h. den Mitanni- und Kassitenkönigen, beschert wurde ; das zweite Med kam eine geschichtlich noch bedeutsamere Gruppe von Keilschrifttafeln in der Hauptstadt des kleinasiatischen Hethiterreichs, Chattusas-Boghazköi, ans Licht, teilweise in babylonischer, zumeist aber in einheimischer Sprache. Damit wurde ein ganz neuer Abschnitt der altorientalischen Geschichte eröffnet. Wir lernten ein kleinasiatisches Hethiterreich1) kennen, das zwei Blüteperioden gehabt hat, die erste von etwa 1800 bis 1650 v. Chr., die zweite nach einer langen ungeklärten Zwischenzeit des Niedergangs von 1400 bis 1200 v. Chr.; daneben aber wurde ein weiteres großes politisches Gebilde, das Mitannireich, erkennbar, dessen Kemgebiet im nördlichen Mesopotamien lag und das seine höchste Macht in der Zeit von etwa 1650 bis 1400 v. Chr. entfaltete. Ethnisch und sprachlich müssen seine Bewohner zu einer ausgedehnten Völkergruppe, den Churri, gehört haben, deren Wohnsitze bereits um 2000 v. Chr. in den armenischen Bergen lagen. Wir tun dank den Tontafelfunden von Amarna und besonders Boghazköi einen tiefen Blick in die dynastischen Inlriguen der Kassiten-, Assyrer- und Mitannikönige, in ihre Beziehungen unter sich und zu den ägyptischen Herrschern. Wir erkennen einerseits das Ringen zwischen Mitanni- und Hethiterreich um den Besitz Nordsyriens und den Kampf zwischen Mitanni und Assyrien andrerseits. Wir sehen die Assyrer, nachdem sowohl Mitanni wie Hethiter und Kassiten ihre Vormachtstellung eingebüßt haben, sich allmählich seit dem Ende des 2. Jahrtausends zur politischen Herrschaft über Vorderasien aufschwingen. Den literarischen Denkmälern, worauf unser Wissen um die ethnischen, sprachlichen und politischen Verhältnisse des 2. Jahrtausends beruht, steht ein kaum geringerer Bestand an Werken der bildenden Kunst gegenüber2). Nur ist es bisher nicht gelungen, die vorhandenen Denkmäler, die in erster Linie der Plastik angehören, mit der geschichtlichen Uberlieferung in Einklang zu bringen. Auch heute noch gehen alle vorderasiatischen Skulpturen, die sich nicht als *) Einen kurzen geschichtlichen Überblick gibt A. Götze. Das Hethiterreich, AO XXXII, 2. 1928. *) Erste zusammenfassende Darstellung: Ed. Meyer, Reich und Kultur der Cheti ter, Berlin 1914. Neuerdings: J. Garstang, The Hittite Empire, London 1929.
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südmesopotamisch (d. h. sumerisch, akkadisch oder babylonisch) zu erkennen geben, unter der Bezeichnung „hethitisch", sofern sie nicht etwa assyrisch oder kassitisch sind. Man dehnt also die dem Alten Testament entnommene Bezeichnung „hethitisch", die sich dort lediglich auf lokale nordsyrische Fürstentümer am Anfang des 1. Jahrtausends bezieht1), auf den ganzen Länder- und Völkerkomplex zwischen demHalys in Kleinasien und der persischen Grenze aus. Das liegt zum Teil in dem Gang der Wissenschaft begründet. Die ersten hierher gehörigen Skulpturen wurden in der Tat, mehrfach mit einer immer noch nicht entzifferten Bilderschrift versehen, in Nordsyrien gefunden2). Man bemerkte dann bald die gleiche Bilderschrift auf Denkmälern in Kleinasien, die Perrot bereits in den 70er Jahren auf einer großen Forschungsreise sammelte und aufnahm8). Darauf folgte die erste ergebnisreiche Grabung in dem kleinen nordsyrischen Ort Sendschirli4), im Altertum âam'al genannt, einem der vielen lokalen Fürstentümer dieser Gegend. Sie wurde seit 1888 vom Deutschen Orient-Komitee in mehreren Kampagnen durchgeführt. Bald gruben englische Forscher in den benachbarten Orten Saktschegözü*) und Djerabulus am Euphrat, dem auch aus historischen Quellen bekannten Karkemisch6). Am Anfang des Jahrhunderts wurde dann die Hauptstadt des Hethiterreichs, Chattusas-Boghazköi im Halysbogen, ausgegraben7). Das überragende Ergebnis war dabei dieEntdeckungdesTontafelschatzes, wodurch zugleich das Zentrum des Hethiterreichs in Kleinasien erkannt wurde. Darauf fand von 1911 bis 1913 die erste große Ausgrabung östlich des Euphrats statt, auf dem Teil Halaf am Chabur mitten im nördlichen Mesopotamien. Sie förderte eine überraschende Zahl von Rundskulpturen und Reliefs ans Licht8). Der Reichtum an Steinskulpturen dieser nördlichen Gegenden wird bis auf den heutigen Tag durch er!) D. G. Hogarth, Kings of the Hittites, London 1926, S. 1—2. — F. Böhl, Kanaanäer und HebiSer, Leipzig 1911. S. 24ff. 2 ) Zu den Anfängen der hethitischen Archäologie s. Meyer, R. u. K. d. Ch., S. 4ff. und S. 127ff. а ) G. Perrot, Exploration archéologique de la Galatie et de la Bithynie, d'une partie de la Mysie, de Ia Phrygie, de Cappadoce et du Pont, Paris 1672. 4 ) Ausgrabungen in Sendschirli I—IV, 1893—1911. Mitteilungen aus den orientalischen Sammlungen der Berliner Museen XI—XIV. б ) Annais of Archeology and Anthropology, Liverpool, I, 1908, S. 97ff.; V, 1913, S. 63ff. ' ) Carchemish, Preliminary Report I. II, London 1914, 1921. ') O. Puchstein, Boghazköi, WVDOC 19, 1912. *) Bericht über die ersten Schürfungen: AO X, 1908. — M. Frhr. v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Leipzig 1931.
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folgreiche Entdeckungsreisen1) und französische Grabungen in Nordsyrien2) ständig vermehrt. Demgegenüber waren die plastischen Denkmäler, die für die Geschichte der assyrischen Kunst seit 1500 v. Chr. bei den Grabungen in Assur zum Vorschein kamen, nicht allzu zahlreich. Einen gewissen Ersatz boten die Wandmalereien aus einer ephemeren Stadtgründung Tukulti-Ninurtas I. (1250 v. Chr.)3). Dürftiger noch ist unser Wissen um die Kunst des östlichsten Bergvolkes, der Kassiten, die siebenhundert Jahre lang die Herrschaft über Babylonien geführt haben. Hier ist erst ganz neuerdings durch die Grabung in Uruk4) eine gewisse Abhilfe geschaffen worden. Es ist verständlich, wenn die zahlreichen Denkmäler bildender Kunst aus so weitgedehnten Gebieten und mit so starken lokalen Stilunterschieden zunächst, wenn man will, negativ als Einheit gesehen wurden, d. h. sofern sie sicher nicht babylonisch sind. Einzelne rein äußerliche Züge, die — wie wir später noch erkennen werden — tatsächlich der Kunst der ganzen Gebirgsvölker gemeinsam anhaften, so etwa die Vorliebe für das Felsrelief oder die Bevorzugung des Basaltes als Bau- und Bildhauermaterial, das Vorkommen des Orthostatenreliefs und ähnliches mehr, konnten in der Tat einen gemeinsamen Namen wie „hethitische Kunst" berechtigt erscheinen lassen. Hinzu kommt noch die unentzifferte sogenannte hethitische Bilderschrift6), die einen großen Teil der nordsyrischen Denkmäler mit solchen aus dem Kerngebiet des Hethiterreichs, dem östlichen Kleinasien, zu verbinden scheint; dabei konnte es nicht von vornherein klar sein, daß gerade Nordsyrien, woher die Hauptmasse der bildlichen Funde stammt, ein kulturelles Grenzgebiet ist, in dem sich verschiedene Strömungen treffen. Die große Mehrheit der Skulp1 ) H. H. v. d. Osten, Explorations in central Anatolia, Season of 1926, Oriental Institute Publications V, Chicago 1929. — Ders., Explorations in Hittite Asia Minor 1927—28, 1929, Or. Inst. Comm. 6 u. 8, 1929 u. 1930. 2 ) F. Thureau-Dangin, Teil Ahmar, Syria X. 1929, S. 185-205. 3 ) W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Berlin 1923, Taf. I—IV. 4 ) J. Jordan, Erster vorläufiger Bericht über die von der Notgemeinschaft d. Deutschen Wiss. in Uruk-Warka unternommenen Ausgrabungen. Abhandl. d. preuß. Akad. d. Wiss. Berlin 1930, S. 30 ff. 6 ) U. a. L. Messerschmidt, Corpus inscriptionum hettiticarum, MVAG V, 4/5,1900; VI I, 3,1902 und XI, 5,1906. Entziffenmgsversuche: U.a.P. Jensen, ZDMG XLVIII, 1894, S. 235f. u.429ff.; Hittiter und Armenier, Straßburg 1898; ZA N. F. 1,1924, S. 245ff. — C. Frank, Abh. f. Kunde d. Morgenlandes XVI, 3.1923. - A. E. Cowley, The Hittites, London 1926. — P. Meriggi, ZA N. F. V. 1930, S. 165-212. — Zur Datierung: Fr. W. v. Bissing, Zur Datierung und Entstehung der chetitischen Bilderschrift. Filologu biedrisbas rakstiX, Riga 1930.
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turen Kleinasiens und Nordsyriens trug, abgesehen von einer späten Gruppe, die sicher in die Zeit der aramäischen Besiedlung Nordsyriens gehört, keine datierbaren Inschriften. Überdies haben wir es in der bildenden Kunst der Bergvölker durchaus nicht mit den Erzeugnissen einer Hochkultur zu tun, vielmehr mit zumeist technisch mangelhaften Äußerungen einer noch in der Ausbildung oder bereits wieder im Niedergang begriffenen. Völkergruppe. Diese Umstände waren geeignet, eine kunstgeschichtliche Betrachtung außerordentlich zu erschweren. Trotzdem ist es dank einer sorgfältigen Stilkritik, verbunden mit grabungstechnischen Beobachtungen, im Laufe der Jahre gelungen, eine einigermaßen gesicherte Chronologie der plastischen Denkmäler Kleinasiens und Nordsyriens zu gewinnen1). Die Skulpturen des Halysbogens gehören demnach in die Zeit des neuhethitischen Reiches (14. bis 13. Jahrhundert v.Chr.), die nordsyrischen mit ihren älteren Vertretern in das 11. bis 9. Jahrhundert. Zwar wurde zugleich die Unmöglichkeit offenbar, die Denkmäler Kleinasiens und Nordsyriens oder Nordmesopotamiens stilistisch unter einen Hut zu bringen, doch konnte die Stilgeschichte als solche nicht entscheidend über die rein chronologischen Ergebnisse hinauskommen. Und doch drängt es uns, die eingangs erwähnten historischen Kenntnisse, über die wir für diese Zeiten und Gegenden nun einmal verfügen, mit dem Bestände der vorhandenen Denkmäler in Beziehung zu setzen, ja möglichst in Einklang zu bringen. Zu diesem Zwecke ist hier statt der stilgeschichtlichen vielmehr die motivgeschichtliche Betrachtung als Grundlage der Untersuchung gewählt. Jeder typische Bildgedanke verkörpert einen Teil einer eignen Weltanschauung, ist irgendwie Zeuge für das Wirken einer bestimmten Kultur. Ein solcher Bildgedanke — man denke z. B. an ein Motiv wie die Kreuzabnahme in der Kunst des Abendlandes — kann wandern von Land zu Land, von Volk zu Volk, kann alle Stile aller Jahrhunderte durchmachen: wo er auch auftaucht, ist er der Beweis eines mittel- oder unmittelbaren Zusammenhangs mit der Gedankenwelt, der er entstammt. Lassen sich somit die Darstellungen in der bildenden Kunst der D. G. Hogarth, Kings of tHe Hittites, London 1926. — Fr. W. v. Bissing, Untersuchungen über Zeit und Stil der „chetitischen" Reliefs, AfO VI, 1931, S. 159ff. Dort auch die ältere Literatur.
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vorderasiatischen Bergvölker zu Gruppen von Bildgedanken zusammenfügen, die topographisch und chronologisch übereinstimmen mit den großen, aus der literarischen Uberlieferung bekannten politischen Gebilden des Mitanni- und Hethiter-, des Assyrer- und Kassitenreiches, so bekommen wir eine geschichtliche Grundlage für diese Denkmäler und zugleich einen Einblick in das geistige Leben der Bergvölker. Abgesehen von dem rein kunsthistorischen Interesse, das eine Entwicklungsgeschichte der Bildgedanken bietet, muß sie das Schlagwort „hethitische Kunst" in historisch greifbare Begriffe auflösen und wird zugleich ein neues Licht werfen auf die Entstehung der großen assyrischen Kunst. Ziel der Untersuchung ist demnach nicht nur, das Bildermaterial der nördlichen vorderasiatischen Welt, das sich uns seit der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. in Werken der Plastik allmählich immer reichlicher darbietet, in Gruppen von inhaltlich verwandten Motiven zu zerlegen, sondern ebenso sehr die Herkunft dieser Bildgedanken und ihren Entwicklungsgang möglichst zu verfolgen1). Wir werden dort, wo die Denkmäler der großen Kunst uns im Stiche lassen, auf die Kleinkunst, in erster Linie auf die Steinschneidekunst zurückgreifen müssen. Das bedingt aber vor allem eine Betrachtung der frühesten, geschichtlich gesicherten Zeugen einer bildenden Kunst der vorderasiatischen Bergvölker, der kappadokischen Siegel, die bis in die Zeit um 2000 v. Chr. zurückreichen. Aber auch für den weiteren Verlauf des 2 Jahrtausends ist die Motivengeschichte auf Denkmäler der Steinschneidekunst aus Syrien und Nordmesopotamien angewiesen. Nur so wird es möglich sein, die Bildgedanken der späteren Plastik geschichtlich zu begreifen. Dabei war von vornherein keine absolut vollständige Erschöpfung des Materials beabsichtigt.
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I. DER BILDERVORRAT DER KAPPADOKISCHEN STEINSCHNEIDEKUNST
Das älteste, zeitlich gesicherte archäologische Material aus dem weiten Gebiet, das vom östlichen Kleinasien bis zum persischen Randgebirge reicht, liefert eine Gruppe von Denkmälern, die von Haus aus mit bildender Kunst nichts zu tun hat: die kappadokischen Tontafeln vom Kültepe, einem kleinen Ruinenhügel nordöstlich von Kaisarieh, im östlichen Kleinasien1). Sie tragen neben ihrem Keilschrifttext, der durchweg rechtlichen und kommerziellen Inhalts ist, zahlreiche Abrollungen von Siegeln. Der sorgfältigen Erforschung dieser in erster Linie philologischen Denkmäler verdanken wir manche neue Einsicht in die Geschichte Kleinasiens um die Wende des 3. und 2. vorchristlichen Jahrtausends, sowohl in sprachlicher wie auch in politischer, juristischer und ökonomischer Hinsicht. Wir gewinnen durch sie einen Blick in das Leben einer altassyrischen Handelskolonie auf kleinasiatischem Gebiet, in ihre rechtlichen und kaufmännischen Beziehungen zu einer einheimischen Bevölkerung, deren Personennamen wir zwar erfahren, die jedoch vorläufig völkisch noch nicht genau zu fassen ist2). Die bildlichen Darstellungen der Siegelabrollungen auf diesen Tontafeln sind bisher begreiflicherweise wissenschaftlich weniger beachtet und ausgenutzt worden als ihre Texte, wenn auch die erste, allerdings etwas zu hohe Datierung der ganzen Tontafelgruppe in das Ende des 3. Jahrtausends gerade auf einem solchen Siegel mit dem Namen des Königs Ibi-Sin von Ur (2212—2187) beruhte3). Solche x ) Über die jüngsten Grabungen im Kültepe, dessen Identität mit dem alten Kanisch gesichert ist, vgl. F. Hrozny, Syria VIII, 1927, S. 1 ff. a ) Aus der Literatur sei erwähnt: J. Lewy, Studien zu den alten Texten aus Kappadokien 1922. — B. Landsberger, Assyrische Handelskolonien in Kleinasien aus dem S.Jahrtausend, AOXXIV, 4, 1925, und ZA N. F. 1,1924, S. 220ff. - A. Götze. ZA N. F. VI, 1931, S. 260ff. 3 ) F. Thureau-Dangin, La date des tablettes cappadociennes, RA VIII, 1911, S. 142 ff.
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Siegel müssen länger im Gebrauch gewesen sein, denn wie wir nunmehr wissen, gehört die ganze Gruppe von Kültepetafeln in das 21.—20. Jahrhundert v. Chr.1). Es lohnt sich aber, eine genaue Betrachtung dieser Siegelabrollungen vorzunehmen, denen wir mit Leichtigkeit eine ganze Reihe von originalen Rollsiegeln in unseren Museen stilistisch beigesellen können2); sie lohnt nicht weniger als die Untersuchung der kappadokischen Texte, denn bei aller Abhängigkeit von der südmesopotamischen Kultur bietet uns diese Gruppe von Siegeln und Abrollungen den ältesten greifbaren Bildervorrat altkleinasiatischer Kunst, bei aller Flüchtigkeit, ja Roheit ihrer Arbeit immerhin eine Vorstellung vom Formempfinden der einheimischen Bevölkerung. In ebenso starkem Maße wie bei den Texten, in denen schon rein äußerlich zwei Elemente, altassyrische Sprache und Schrift und einheimische Personennamen, sich gegenüberstehen, bekommen wir bei der Untersuchung der bildlichen Darstellungen den Eindruck einer wahren Mischkultur, in der sehr heterogene Strömungen und Uberlieferungen zusammengeflossen sind. Die fremden und einheimischen älteren und jüngeren Bestandteile im Bilder- und Formenvorrat dieser kleinen Denkmälergruppe müssen daher zunächst gesichtet und geordnet werden, wenn sie uns von Nutzen sein soll für das Verständnis der späteren kleinasiatischen und nordsyrischen Kunst des 2. vorchristlichen Jahrtausends. Schon das Rollsiegel an sich ist eine fremde, von der südmesopotamischen Kultur übernommene Form, im Gegensatz zu dem seit frühesten Zeiten im Hochland vom Taurus bis nach Iran üblichen einheimischen Stempelsiegel. Kein Wunder also, wenn wir auch auf den kappadokischen Rollsiegeln und in ihren Abrollungen zahlreiche Darstellungen finden, die sowohl im Inhalt wie in der Form ihre Herkunft aus dem sumerisch-akkadischen Kreise verraten. Ja, manche sind sicher reine Importstücke aus dem Zweistromlande x
) J. Lewy, Die Kültepetexte der Sammlung Rudolf Blanokertz, Berlin. Berlin 1929, S. 8. OLZ XXIX, 1926, Sp. 758 Anm. 2. — Die Frage der Gebrauchsdauer der kappodokischen Siegel verdient eine besondere Untersuchung. 2 ) G. Contenau hat zum erstenmal zusammenfassend über die Darstellungen kappadokischer Siegelabrollungen gehandelt in seiner Glyptique syro-hittite, 1922, S. 62ff., und im Gegensatz zu D. G. Hogarth, Hittite Seals, Oxford, 1920, S. 103, Anm., auf ihre Bedeutung hingewiesen. Dabei wurden aber die wichtigen stilverwandten Originalrollsiegel kaum berücksichtigt. 2
Moortgat, Die bildende Kunst des alten Orients
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(Taf. I, 2). Bei einer großen Anzahl unter ihnen begegnet man jedoch einer schier unlösbaren Verquickung von fremdem und eignem Bildergut, von angeeigneten und einheimischen Stilformen und Kompositionsgesetzen . Die zahlreichen, der südmesopotamischen Kultur entlehnten Typen und Motive gehören in keiner Weise einer zeitlich und kunstgeschichtlich einheitlichen Epoche an, sondern erstrecken sich über eine Entwicklungsperiode, die von der altsumerischen Zeit (etwa 2700 v. Chr.) bis zur Hammurabidynastie (etwa 1950—1850 v. Chr.) reicht, d. h. also über eine Zeitspanne von annähernd 1000 Jahren. Ein aller Wahrscheinlichkeit nach altsumerisches Motiv bietet ein Siegel aus Kültepe 1 ): eine in roher, einheimischer Technik ausgeführte Darstellung, deren Einzelheiten durchaus nicht restlos erklärbar sind (Taf. 1,1). Die Hauptsache jedoch, zwei sich gegenüber sitzende Männer, die mit einem langen Saugrohr aus einem gemeinsamen Gefäß trinken, findet häufige Parallelen auf alten Siegeln aus Fara, die in die erste Hälfte des 3. Jahrtausends gehören2).
Abb. 1.
Eine Abrollung auf einer kappadokischen Tafel der Berliner Sammlung VAT 92213) (Abb. 1) zeigt ebenfalls ein Motiv unverkennbar altsumerischen Ursprungs, aber doch schon in akkadischer Fassung: ein Figurenband aus zwei gegenständigen Gruppen von drei bzw. vier kämpfenden Tieren und Mischwesen, wie es auf zahlreichen Siegeln vorkommt, die der ersten Hälfte des 3. Jahrtausends angehören4). Einzelne Bildtypen, wie der Stiermensch, ein Mischwesen aus männlichem Oberkörper und Stierbeinen, das sehr häufig belegt ist, oder etwa die charakteristische Kampfepisode, worin ein Held einen 0 . Weber, Altorientalische Siegelbilder. AO XVII/XVIII, 1917, Nr. 418. E. Heinrich, Fara, Ergebnisse der Ausgrabungen der Deutschen Orientgesellschaft in Fara und Abu Hatab 1902/03, Berlin 1931, Taf. LXIII d, g, k, 1. 3 ) Weber, AO 17/18, Nr. 179. 4 ) Vgl. z. B. Weber, AO 17/18, Nr. 166, 169,170. 2)
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Stier beim Hinterbein hochhebt und ihm zugleich den Fuß ins Genick setzt1) (Taf. II, 1), sind auch dort, wo sie in einheimischer Stilisierung der Einzelformen auftreten, motivische Nachkommen altakkadischer Kunst aus der Mitte des 3. Jahrtausends. Zum Vergleich sei auf ein sargonisches Stück der Sammlung de Clercq2) verwiesen. Am häufigsten unter den übernommenen Motiven ist die für die Steinschneidekunst der neusumerischen Zeit (3. Dynastie von Ur, etwa 2300 v. Chr.) bezeichnende Einführungsszene, worin ein Beter von einem oder mehreren niederen Schutzgöttern zu einer höheren Gottheit geführt wird8). Seit Gudea, von dem ein Kalksteinrelief mit demselben Motiv in Berlin aufbewahrt wird, verdrängt dieser Bildgedanke auch in der Glyptik Mesopotamiens sämtliche älteren mythologischen Szenen. Hierher gehört auch das bereits erwähnte Siegel eines Beamten des Königs Ibi-Sin von Ur (oben S. 16). Nicht gering an Zahl sind kappadokische Siegelabrollungen mit Darstellungen, die uns sonst nur aus der Hammurabidynastie bekannt sind. Sie unterscheiden sich von den zeitlich vorhergehenden Stücken neusumerischer Art (etwa 2300 v. Chr.) durch ein Zurückgreifen auf Bildtypen und Motive der akkadischen Zeit (etwa 2500 v. Chr.), wie den Stiermenschen oder den Kampf zwischen Held und Stier; sie führen aber andererseits eine Reihe von Götterdarstellungen ein, die den früheren Epochen südmesopotamischer Kunst fremd sind. So sehen wir auf einem Stück im Louvre4) zwei Betende vor einer Göttin, die mit dem Antlitz in Vorderansicht dasteht und den rechten Fuß auf einen liegenden Löwen aufstützt. In der Rechten hält sie zusammen mit einem Szepter die Zügel des Tieres, in der gesenkten Linken dagegen ein Sichelschwert (Taf. I, 2). Ein Gegenstück einheimischer Arbeit zu der eben genannten weiblichen Gottheit bildet ein männlicher Gott6)» der in ähnlicher Haltung einen langen, geschlitzten Rock trägt, einen Fuß auf den Kopf eines unter ihm liegenden Menschen aufstützt und ein sägenartiges Gerät in der ausgestreckten Hand hält (Abb. 2). Die kappadokischen Siegelabrollungen, die die beiden letzteren Göttertypen auf*) H. de Genouillac, Céramique cappadocienne, Paris 1926, Bd. I, Taf. B, 4. 2 ) Weber, AO 17/18, Nr. 137 3 ) U. a. : Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. B, 1. 4 ) Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. B, 2. 5 ) Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. A, 4; Weber, AO 17/18, Nr. 243, 271.
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weisen, sind vielfach im Stil kaum von ähnlichen babylonischen Stücken aus der Hammurabidynastie zu trennen1). Eine merkwürdige Abrollung der Berliner Sammlung VAT 9296/972) (Abb. 3) bietet ein typisches Beispiel für die Mischkultur des südöstlichen Kleinasiens um die Wende des 3. und 2. Jahrtausends. Ea, der sumerische Wassergott, in der auf Siegeln der 3. Dynastie von Ur gebräuchlichen Gestalt, in dem fremdländischen Fransenkleid und mit einem Gefäß in der Hand, woraus Wasserstrahlen hervorquellen, thront auf einem Sessel, der genau wie in Südmesopotamien mit einer kleinen Decke, wohl aus zottigem Stoff oder Fell, bedeckt ist. Unter
Abb. 2.
Abb. 3.
ihm liegt sein heiliges Tier, der Ziegenfisch. Neben diesem neusumerischen Typus steht ein altakkadischer Bildgedanke, ein Held, der den Stier beim Hinterbein packt und ihm zugleich ins Genick tritt, Mann und Tier jedoch in einheimischer Weise ausgeführt: der Held im kurzen Schurz und Kalottenhaartracht, den Dolch mit der Rechten zückend, der Tierkörper in einer Art schraffiert, die für Zeichnungen dieser nördlichen Gebirgsgegenden bezeichnend ist. Außerdem zeigt die Abrollung eine echt altkappadokische Gestalt, einen Gott im kurzen Schurz mit doppelt durchlochter Axt und Donnerkeil, dem nichts in der sumerisch-akkadischen Welt an die Seite zu stellen ist. Und schließlich fällt eine weitere einheimische Göttergestalt auf, für unsere Untersuchung von besonderer Bedeutung, weil sie der älteste Beleg ist für einen Typus, der zählebig durch alle Jahrhunderte beibehalten wird in der Welt des vorderasiatischen Hochlandes : vermutlich ein Wettergott, trägt er ein kurzes Hemd und eine *) Zu vergleichen sind z. B. : L. Delaporte, Catalogue des Cylindres orientaux, cachets et pierrres gravées du Mu3ée du Louvre, Paris 1920, A 370—372, A 354—364 und die Abrollungeri auf babylonischen Tontafelhüllen, ebd.. Taf. C X I I I - C X V I I . 2 ) Weber, AO 17/18, Nr. 30. Eine identische Abrollung befindet sich im Louvre, s. R. Dussaud, La Lydie et ses voisins, Babyloniaca XI, Paris 1929/30, Abb. 4, Taf. III, 2.
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Art von Pickelhaube mit zwei flach geschwungenen Hörnern. Er steht hochaufgerichtet auf dem Rücken eines Stieres, den er mit der einen Hand am Zügel führt, während er in der andern einen Blitzdreizack hält. Dieser Wettergott auf einem Stier kommt ähnlich auch auf babylonischen Rollsiegeln der Hammurabidynastie vor, dort allerdings im langen Schlitzrock1). Doch haben wir keinen Anlaß, den kappadokischen Gott für ursprünglich südmesopotamisch zu erklären, da er vor der Hammurabizeit in der Kultur des Tieflandes nicht zu belegen ist. Neben diesem Gott steht in der spät-kappadokischen Glyptik ein anderer, der ihm zwar verwandt zu sein scheint und ebenfalls für einen Wettergott gilt, sich aber deutlich von ihm unterscheiden läßt : er trägt die Haare in einem langen, unten eingerollten Zopf, steht in ausgeprägter Schrittstellung und holt mit dem einen Arm aus, um eine Keule oder einen Hammer zu schwingen, während er in der freien Hand die Zügel eines neben ihm liegenden Tieres (Stier?) zusammen mit einer Art von Krummholz (?) hält. Er steht zu ebener Erde, nicht wie der vorhin betrachtete Wettergott auf dem Rücken eines Stieres. Wir begegnen ihm auf einem Siegel der Bibliothèque Nationale Nr. 494, das typisch kappadokische, viereckige Gesichtsformen in grober, tiefbohrender, einheimischer Steinschneidetechnik aufweist (Taf. VII, 2). Auch dieser zweite Wettergott führt, wie wir im Verfolg noch sehen werden, ein langes Leben in der Kunst der Bergvölker während späterer Jahrhunderte. Ein Gegenstück zu den beiden Wettergöttern bildet eine weibliche Gottheit : sie wird mit dem Körper in Vorderansicht dargestellt, mit dem Kopf dagegen im Profil, während sie mit beiden Händen ihren Schleier öffnet. Auf den kappadokischen Beispielen2) wird sie von zwei Stiermenschen flankiert (Abb. 2). Auch diese Göttin dürfen wir zu den einheimischen Motiven dieses Gebietes rechnen3), obwohl sie auf den kappadokischen Siegelabrollungen mit einem fremden südmesopotamischen Element, dem Stiermenschen, in Verbindung gebracht wird. *) L. Delaporte, Catalogue des Cylindres orientaux de la Bibliothèque Nationale, Paris 1910, Nr. 244 bis 248, 251. 2 ) Weber, AO17/18, Nr. 271. — Genouillac, Céram. Cappad. I, Taf. C, 2. — L. Delaporte, Louvre, A 849, Taf. CXXIV, 4a. 3 ) Ein Bleiidol aus Kappadokien im unbeholfenen einheimischen Stil zeigt eine ähnliche Göttin in Vorderansicht, allerdings ohne Schleier, zu der sich ein Gott hinwendet; zwischen ihnen eine kleinere weibliche Gestalt mit langen Haarlocken. Syria X, 1929, S. 2, Abb. 1.
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Es bleibt schließlich noch ein Rest im Bildervorrat der KültepeSiegel übrig, eine nicht unansehnliche Reihe von religiösen Szenen, zu denen sich in den benachbarten alten oder gleichzeitigen Kulturzentren keine Parallelen aufzeigen lassen. Sie haben nicht nur den Wert, unseren Einblick in die religiöse Gedankenwelt der alten Bevölkerung Kappadokiens zu vertiefen, sie werden uns später auch noch in manchen Fällen ältere Vorstufen bieten für Bildgedanken, die in der Kunst Nordsyriens und Kleinasiens während der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. wieder auftauchen. In einer kultischen Darstellung von eignem Gepräge1) (Taf. II, 1; III, 1 > sitzt ein Gott vor einem kleinen Opfertisch mit Speisen, während ein stehender Mann, vielleicht in priesterlichem Amt, ihm seine Verehrung bezeigt. Ein niederer Gott kann ihn begleiten. Das ist eine Verbindung von Adoration und Opfer, die sich deutlich von der typisch neusumerischen Anbetungsszene, wobei der Betende lediglich durch Schutzgottheiten zum Hauptgott eingeführt wird, unterscheidet. Ähnliches gibt es aber auch nicht in der älteren südmesopotamischen Kunst: wo auf altsumerischen oder akkadischen Denkmälern vor einem Gott geopfert wird, handelt es sich durchweg um Libationen, gelegentlich um ein Rauchopfer oder um Darbringung eines Opfertieres. Ferner begegnet uns auf kappadokischen Siegelabrollungen, einmal auch auf einem im Original erhaltenen Rollsiegel der Sammlung Morgan (Taf. 111,2), die Darstellung eines Stieres, der hoch auf einem Sockel steht2). Es kann sich lediglich um die Wiedergabe eines Götterbildes handeln, denn auf einer Abrollung im Louvre3) (Taf. 11,2) steht eine Gestalt im einfachen, langen Hemd in betender Haltung davor. Dabei bleiben nur die beiden sitzenden Menschlein unter dem Sockel unerklärt, wenn sie nicht etwa als Verzierungen gedacht sind. Als Götterbild wird der Stier auch auf dem Morganschen Siegel bezeichnet durch den Schrein, die Ädikula, worunter er aufgestellt ist. Irgendwie verwandt mit diesem Kultbild in Tierform muß eine weitere, mehrfach vorkommende Darstellung sein: ein Vierfüßler, Weber, AO 17/18, Nr. 28. - Genouillac, Gäram. Cappad. I, Taf. B, 3/4. ) W. H. Ward, Cylinders and otker oriental Seals in the Library of J. P. Morgan, New York 1909, Nr. 173. — Vgl. L. Malten, Der Stier in Kult und mythischem Bild. Jahrb. d. arch. Inst. XLIII, 1928, S. 107 ff. 3 ) Genouillac, Clram. Cappad. I, Taf. A, 4. 2
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dessen Art meist nicht sicher anzugeben ist, nimmt die obere Hälfte der Siegelfläche ein, während unter ihm ein andres Tier, eine gegenständige Tiergruppe oder auch menschliche Gestalten angebracht sind, in denen wir wohl gelegentlich, doch nicht immer den Sockel in figürlicher Form erkennen dürfen1) (Taf. 111,3; VI 1,1 u. Abb. 4/5). Auf seinem Rücken steht entweder ein kegelförmiger Aufsatz, oder es hockt ein Vogel darüber. Die Bedeutung solcher Einzelheiten bleibt uns vorläufig unklar. Etwas Ähnliches ist außerhalb des kappadokischen Siegelhandwerks bis jetzt nicht zu belegen. Wie jedoch vor allem die Berliner Abrollung2) (Abb. 5) deutlich macht, haben wir
Abb. 4.
Abb. 5.
es auch hier mit der Wiedergabe eines Kultbildes zu tun, denn vor dem Tier ist noch ein kleines Opfertischchen zu erkennen, vor dem ein Adorant steht. Ein weiteres bodenständiges, auf kappadokischen Siegeln häufig vertretenes Motiv zeigt einen vierrädrigen Wagen, gezogen von einem Viergespann von Pferden oder Eseln — genau ist das bei der Grobheit der Zeichnung nicht auszumachen — und geführt von einem im Wagen sitzenden Lenker (Taf. III, 3). Die vier in Wirklichkeit nebeneinander gehenden Tiere werden im Bilde übereinander wiedergegeben3). Auf einer Reihe von Siegelzylindern deutlich kappadokischen Stils im Louvre4) sehen wir eine Gottheit auf ihrem Throne sitzen, während zwei oder mehrere Götter sich ihr prozessionsartig nähern. Auf dem merkwürdigen Stück A 868 (Taf. III, 4) sind es fünf Gestalten, davon zwei mit der göttlichen Hörnermütze und Dreizack in der Hand, drei weitere dagegen mit einfacher Kappe und betend *) W. H. Ward, The Seal-Cylinders of Western Asia, Washington 1910, S. 307ff. — Delaporte, Louvre A 866 u. A 871. Taf. XCIV, 20 u. 26. - Weber. AO 17/18, Nr. 234,252. ») Weber, AO 17/18, Nr. 234. ») U. a.: Collection de Clercq, Catalogue I, Paris 1888, Taf. X X V I I , Nr. 284, 286. - Meyer, R. u K . d . C h „ Abb. 43/44. 4 ) Delaporte, Louvre. A 868, A 872, A 873, Taf. XCIV, 23.22 u. 27.
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erhobener Rechten. Sie bewegen sich im Zug nach rechts. Unter ihnen, auch unter dem thronenden Gott, sind sechs Löwen angebracht, die ihnen jedoch in der Lage nicht genau entsprechen; die beiden Götter heben das vorgesetzte linke Bein, was nur einen Sinn hat, wenn es auf dem Kopf des Tieres aufgestützt gedacht ist. So ist es auch bei den beiden anderen Siegeln der Fall. Die drei betenden Männer sind wohl nicht auf den Löwen stehend zu denken. Eine Götterprozession auf Tieren wird uns noch zu beschäftigen haben bei der großen Kunst späterer Jahrhunderte; darum wird hier auf das Motiv hingewiesen. Schließlich sei noch eine Darstellung erwähnt von ausgesprochen einheimischem Gepräge auf einer Abrollung des Louvre1) ( T a f . V I , 1). Ein Mann im glatten, langen Hemd steht mit ausgebreiteten Armen neben einem liegenden Löwen. Nicht nur das Motiv, sondern auch der Löwe unterscheidet sich stilistisch scharf von allem, was wir an Derartigem aus sumerisch-akkadischem Bereich kennen. Seine auffälligen Eigentümlichkeiten sind die Umbildung ins Abstrakt-Ornamentale und die Zerlegung des Organismus in scharf getrennte Einzelteile. Vorderbeine mit Schulter beziehungsweise Hinterbeine mit Hüften werden mit keulenförmigem Umriß aus dem übrigen Körper herausgehoben ; das Auge quillt aus dem Kopfe hervor, die Beine und der über dem Rücken eingerollte Schwanz sind ganz linear gebildet. Das sind Kennzeichen, die auch der späteren hethitischen Kunst Nordsyriens und Mesopotamiens eigen sind. Die zuletzt aufgeführten Motive, die der Gedankenwelt der bodenständigen Bevölkerung entsprungen sein müssen, lassen uns erkennen, daß es dort bereits vor der Beeinflussung durch die südmesopotamische Kultur ein selbständiges geistiges und kunstgewerbliches Leben, wenn auch noch ein unentwickeltes, gegeben haben muß. Und man wird versuchen, die Ansätze einer solchen Kultur in ihrer Bedeutung und Ausdehnung zu erfassen. Wie weit reichte diese Kultur? War sie auf Kleinasien beschränkt im 3. Jahrtausend, oder hat sie einst ein größeres Gebiet umfaßt? Diese Frage kann hier nur insoweit berührt werden, als sie unmittelbar mit den kappadokischen Siegeln in Verbindung steht. Motivgeschichtlich kommen wir in diesem Falle nicht weiter, weil das Material versagt. Es bleibt uns aber das Mittel, auf Äußerlichkeiten allgemeiner Art zu achten, auf Gesichtstypen, J
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) Deihporte, Louvre, A 845. Taf. CXXIII, H a u . IIb.
Haartracht, Kleidung sowie auf Stil und Komposition dieser kleinen so wichtigen Denkmäler, sofern sie nicht einfach südmesopotamische Importstücke sind. Die Haartracht der Männer ist auf Siegeln kappadokischer Arbeit sehr bezeichnend — sie wirkt wie eine dicke, kalottenförmige Kappe, die schräg nach hinten auf dem Kopfe sitzt. Sie verbindet unzweideutig unsere Gruppe von Siegeln mit der seltenen Bronzestatuette1) im Berliner Museum (Taf. IV, V), die uns eine Vorstellung gibt von altkleinasiatischer Rundplastik dieser Epoche. Die Bronze unterscheidet sich von aller gleichzeitigen mesopotamischen Rundplastik durch ihre ausgeprägte Einansichtigkeit, d. h. durch ihre beinahe ausschließliche Einstellung auf die Vorderansicht; während die Rundplastik Sumers und Akkads, ebenso wie die ägyptische, auf einer „richtungsgeraden" Zweiansichtigkeit, auf der Kombination von Front- und Seitenansicht beruht2)» sehen wir hier die Seitenansicht stark verkümmert. Der Körper ist flach wie ein Brett. Diese Betonung der Vorderansicht tritt gelegentlich auch in der kappadokischen Glyptik hervor, so auf einem Stück im Louvre8), wo ein thronender Gott en face dargestellt ist, der links und rechts von je einem Adoranten flankiert wird. Auch im späteren Relief der vorderasiatischen Hochlandsvölker spielt die Darstellung in Vorderansicht eine besondere Rolle (s. unten S.62ff.). Der Gesichtstypus auf den Siegeln einheimischer Arbeit ist auffällig und unverkennbar bei aller Flüchtigkeit und Grobheit der Ausführung, am echtesten geprägt auf den Stücken, die gleichartige menschliche Köpfe neben Tieren,; entweder Löwen oder Vögel, zu einem unendlichen Muster aneinander reihen4). Das Profil besteht aus wenigen, tiefgeschnittenen Strichen, die obere Gesichtshälfte aus einem senkrechten für die Backe und einem im spitzen Winkel dazu für die Nase; Mund und Kinn werden mit zwei waagerechten Strichen wiedergegeben (Abb. 3 u. Taf. 111,4). Dieser eigentümliche Gesichtstypus weist uns, zusammen mit der Kalottenhaartracht, über die Grenze Kleinasiens hinaus auf eine Gruppe von Rollsiegeln, die in Susa, am entgegengesetzten Ende des 0 . Weber, Die Kunst der Hethiter, Berlin o. J„ Taf. 1. ) H. Schäfer, Von ägyptischer Kunst, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 299 ff. 3 ) Delaporte, Louvre, A 847, Taf. CXXV, 5 a. 4 ) Weber, AO 17/18, Nr. 574, 576. a
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vorderasiatischen Hochlandes, gefunden worden sind. Ein Stück aus dieser Gruppe im Louvre1) (Taf.VI,3) zeigt genau die selbe tiefschneidende aber derbe und flüchtige Technik wie in Kleinasien, die gleichen Gesichter mit dem eckigen Unterkiefer und der schweren Nase, die selbe kalottenartige Frisur. Aber nicht nur in Einzelformen bestehen Berührungen zwischen Kleinasien und dem Iran, sondern auch in der Bildgliederung, wo die straffe sumerisch-akkadische Raumverteilung, die Bild und Bildfläche in ein festes Verhältnis stellt, nicht zur Geltung kommt. Es herrscht vielmehr bei der vorhin erwähnten, übrigens öfters wiederkehrenden Wagenszene oder bei einem Stück wie AO 9386 im Louvre2) (Taf. VI, 2) ängstliche und regellose Flächenfüllung. Das rein künstlerische Wirkungsmittel, das auf dem gesetzmäßigen Widerspiel von Bild und Fläche beruht, ist bei den Bergvölkern nie recht heimisch geworden. Bei den sorgfältigen Abrollungen kappadokischen Stilcharakters (Taf. II, 1; VII, I) herrscht eine Vorliebe für Schraffierung aller Figuren, vielfach im Zickzackmuster3). Sowohl Tiere wie vor allem auch Gewänder werden in solcher Weise wiedergegeben. Diese stilistische Eigentümlichkeit, die in der südmesopotamischen Steinschneidekunst unbekannt ist, kommt wiederum vor bei einzelnen alten Siegeln aus Nordsyrien4). Es deutet also doch manches darauf hin, daß in sehr alter Zeit und noch bis in das Ende des 3.Jahrtausends v.Chr. in dem ganzen vorderasiatischen Hochland von Kleinasien bis Persien eine gewisse Kulturgemeinschaft bestanden haben muß5). Erst seit der Wende des 3. und 2. Jahrtausends muß durch gewaltsame Völkerverschiebungen von Norden her die stärkere Differenzierung entstanden sein, die uns die Kunst des 2. Jahrtausends vor Augen führen wird. Dieser Uberblick über die kappadokische Steinschneidekunst zeigt kurzgefaßt folgendes Bild: Das östliche Kleinasien steht um2000v.Chr. Delaporte, Louvre, S. 508, Tal. XXXIV, 19. Genouillac, Ceram. cappad. I, Taf. D, 4. s ) Genouillac, Ciram. caDpad. I, Taf. B, 4, und D, 6. — Delaporte, Louvre, A 871, Taf. XCIV, 26. 4 ) Weber. AO 17/18, Nr. 68,278a, 422. 6 ) Es ließe sich noch manches andere, so das gemeinsame Stempelsiegel oder Obereinstimmungen in der Keramik dafür anführen. 2)
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im Zeichen einer Mischkultur, die sich uns zu erkennen gibt sowohl in dem Bestände der bildlichen Motive wie auch in ihrer Ausdrucksform. Der Charakter der Mischkultur wird noch verstärkt durch das labile Verhältnis von einheimischem Motiv und einheimischer Form auf der einen Seite, fremdem Motiv und fremder Form auf der anderen. Es begegnen uns 1. südmesopotamische Bildgedanken in südmesopotamischem Stil, deutliche Importstücke (Taf. 1,2), 2. südmesopotamische Bildgedanken in einheimischer Form (Taf. 1,1), 3. einheimische Motive in einheimischem Stil (Taf. III, 4; VI, 1). Es können aber auch schließlich auf ein und demselben Siegel eigene und fremde Szenen nebeneinander stehen (Taf. II, 1,2; 111,3), ja es kommt sogar eine Verquickung fremder und eigner Motive vor; so stellt man z. B. vor den thronenden Gott in einer neusumerischen Einführungsszene den kleinen Opfertisch aus der einheimischen Opferszene (Taf. III, 1). Für die weitere motivgeschichtliche Betrachtung der altorientalischen Kunst ist es vor allem von Wichtigkeit, aus dieser kappadokischen Mischkunst neben den überkommenen sumerischen, akkadischen und altbabylonischen1) Motiven eine Reihe einheimischer Göttertypen -und Bildgedanken -festzuhalten: -die -beiden Wettergetter, -die Göttin mit geöffnetem Schleier, die Anbetung eines Gottes, vor dem ein Speisetischchen steht, der Gott in Stiergestalt auf einem Postament, die Götterprozession auf Tieren und das Viergespann. Sie bieten uns den ältesten Bilderbestand dieser nördlichen Gegenden. *) Fremdländische Motive, die später zu datieren sind als die Hammurabidynastie, kommen auf den kappadokischen Siegeln nicht vor.
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II. DIE NORDSYRISCHE UND NORDMESOPOTAMISCHE STEINSCHNEIDEKUNST IM 2. JAHRTAUSEND Für die geschichtliche Erkenntnis der bildenden Kunst Vorderasiens sind wir zunächst auch im 2. vorchristlichen Jahrtausend noch auf die Steinschneidekunst angewiesen. Vor 1300 v.Chr. sind uns kaum Werke der Großplastik erhalten, nach diesem Datum auch nur stellenweise. Es bleiben selbst in so später Zeit noch große Lücken im Denkmälermaterial zu schließen. Wir verfügen dagegen über eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Rollsiegeln für diese Periode, ein Material, das allerdings zum allergeringsten Teil aus wissenschaftlichen Grabungen stammt, für dessen Datierung wir also teilweise auf stilistische Beobachtungen angewiesen sind 1 ). Es verteilt sich über ein Gebiet, das von Syrien über Nordmesopotamien bis nach Kerkuk am Rande der iranischen Hochebene reicht, läßt dagegen Kleinasien selber so gut wie unberührt. In Boghazköi wurde kein einziges Rollsiegel gefunden, und auf den Tontafeln aus derZeit des neuhethitischen Reiches (1400—1200 v.Chr.) begegnen uns einfache Petschaftabdrücke, d.h. es wurde der mesopotamische Einfluß in Kleinasien in dieser Hinsicht völlig zurückgedrängt und auf die alte einheimische Siegelform der Bergvölker zurückgegriffen. So wenig durchsichtig das große Rollsiegelmaterial des 2. Jahrtausends noch ist, so sind wir, was seine völkische und chronologische Deutung angeht, doch wenigstens imstande, zwei größere Gruppen gegeneinander abzugrenzen. Die eine (A) gehört nach Syrien, die andere (B) — vorläufig noch am wenigsten im einzelnen geklärte — *) Über die Glyptik dieser Gegenden vgl. die zusammenfassenden Arbeiten: G. Contenau, Les cylindres syro-hittites, RA XIV, 1917, S. 61 ff. — Ders., La question des origines comparées, RA XVI, 1919, S. 95 ff. — Ders., La Glyptique syro-hittite, Paris 1922. — R. Heidenreich, Beiträge zur Geschichte der vorderasiatischen Steinschneidekunst, Diss. Heidelberg 1925, S. 27 ff.
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umfaßt das östlich anschließende Gebiet vom Euphrat bis in die Gegend von Kerkuk (Nuzi), einem Grenzort zwischen Assyrien und Elam. A. Wir können in der syrischen Glyptik des 2. Jahrtausends einen Entwicklungsgang verfolgen, der mit seinem Anfang bis an die kappadokischen Abrollungen hinaufreicht und bis tief in die zweite Hälfte des Jahrtausends heruntergeht. Diese Entwicklung bezieht sich sowohl auf die äußere Form des Dargestellten, den Stil, als auch auf den Bildervorrat. Das bereits erwähnte Stück Bibliothèque Nationale Nr. 494 (Taf. VI 1,2) steht den kappadokischen Abrollungen in der Grobheit der Technik, in dem tiefen Schnitt und dem viereckigen Gesichtstypus ganz nahe, muß also aus diesen formalen Gründen noch an den Anfang des 2. Jahrtausends gehören. Eine Brücke zum eigentümlich Syrischen schlägt jedoch bereits die Tracht der beiden Adoranten vor dem Wettergott. Was hier erst leise angedeutet wird als geringe Verdickung am unteren Saum des Kleides, wird später in Syrien in fast übertriebener Art zu einem lokalen modischen Zug ausgebildet1) (Taf. VII, 4; XI, 9). Sowohl der Mantel, der bei Männern die eine Schulter und das eine Bein frei läßt, wie das lange Kleid der Frauen, wird am Saume mit einem dicken Wulst verbrämt. Es handelt sich dabei nicht etwa um eine Eigenart der syrischen Steinschneidekunst, sondern um eine Trachteneigentümlichkeit dieser Gegend. Das beweist jetzt die schöne Statuette eines Gottes2), die aus Mishrife (Qatna) stammt. Sie muß in die Mitte des Jahrtausends gehören. Sie weist genau denselben Wulst am Mantel, genau denselben männlichen Typus auf, wie er auf den syrischen Siegeln üblich ist (Tai. VIII). Eine weitere Trachteneigentümlichkeit dieser syrischen Gruppe seit etwa 1500 v. Chr. ist der spitzovale Helm der Männer3) (Taf. X. 2; XI, 3), wie er auch bei der erwähnten Statuette und einem hervorragend gearbeiteten, stilistisch eng verwandten Götterkopf aus Djabbul bei *) Zum Beispiel sehr deutlich auf dem Indilimma-Siegel: Hogarth, Hitt. Seals Nr. 181, das zwar aus Kilikien stammt, aber unzweifelhaft zur syrischen Gruppe gehört. 2 ) R. Dussaud. SyriaVII, 1926, S. 339, Taf. LXX. — G. Contenau, Musée du Louvre, Les Antiquités orientales II, Paris. Taf.XLI rechts. Zur Datierung vgl.auch: v.Bissing, Zeit u.Stil, AfO VI, 1931, S. 199. 3 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 181. - Delaporte, Louvre, A9I6, 922, Taf.XCVI, 1 3 u . l 9 .
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Aleppo1) vorkommt (Taf. IX); Frauen dagegen tragen häufig den zylinderförmigen Hut 2 ) (Taf. X, 1,2,3 u. a. m.). Hatten wir bei Bibl. Nat. Nr. 494 einen Ubergang zwischen Kappadokien und Syrien vor uns, so zeigt ein Stück wie Louvre A 914 (Taf. VII, 3), ebenfalls noch am Anfang des Jahrtausends, starken Einfluß der babylonischen Kultur: die Göttin mit dem Lebenswasser deutet durch ihre Kleidung und ihren ganzen Habitus auf die Hammurabizeit, ebenso der Duktus der Inschrift, der Rest der Darstellung jedoch, der Wettergott sowohl wie die liegenden Tiere, Greif, Hase und Skorpion, nehmen schon ganz den Stil der syrischen Gattung um die Mitte des Jahrtausends vorweg. Es kommt dann immer stärker der eigne Stilcharakter der syrischen Steinschneidekunst in der Formgebung zur Geltung, in der Schlankheit der menschlichen Körper, in ihrer betonten Muskulatur; möglicherweise ist dabei der Westen, die ägäische Welt, beteiligt. Einzelne syrische Siegel mit Tierkampfdarstellungen oder Stieren und Löwen im gestreckten Galopp3) (Taf. X, 4, 5) erscheinen in ihrem virtuosen Naturalismus beinahe wie kretisch-mykenischer Import; aber auch in der Modellierung von Mensch und Tier auf den echt einheimisch-syrischen Stücken liegt ein Abglanz des mykenischen Formempfindens in der Geschmeidigkeit der Körper, die von der immer etwas vierschrötigen vorderasiatischen Gebundenheit deutlich absticht4). Technisch unterscheidet sich die syrische Glyptik von der sumerisch-akkadischen durch die stark plastische Rundung ihrer Figuren, durch ihren geringen Sinn für eine abgewogene Bildgliederung, durch die häufige senkrechte und waagerechte Zoneneinteilung ihrer Darstellungen und eine ängstliche Flächenfüllung. Ein ähnlicher Entwicklungsgang wie bei dem Stil der syrischen Gruppe läßt sich nun auch bei ihrem Bildervorrat beobachten. Wir finden darin sämtliche Kulturschichten wieder, die wir auf den kappadokischen Siegeln bereits feststellen konnten. Um 1500 jedoch tritt eine starke und nunmehr ausschlaggebende neue Schicht hinzu. R. Dussaud, Syria, VII, 1926, Taf. LXXI. Hogarth, Hitt. Seals Nr. 182. - Delaporte, Louvre, A 922. 925, Taf. XCVI, 19 u. 22. ») Hogarth. Hitt. Seals Nr. 185, 186. 4 ) Wie stark der mykenische Einfluß in Syrien gewesen ist, zeigt z. B. das schöne Elfenbeinrelief aus Ras Schamra: Syria X, 1929, Taf. LVI. 2)
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Ein Uberblick vermittelt uns folgendes Bild: 1. Altsumerisches Gedankengut ist die Trinkszene, die wir schon in Kappadokien antrafen. Auf syrischen Rollsiegeln verschiedener Sammlungen 1 ) (Taf. X, 6, 7, 9) sitzen zwei Männer einander gegenüber und trinken sich zu, diesmal aus Bechern, nicht mit dem Saugrohr. Zwar mag sich der Sinn des Motivs einigermaßen gewandelt haben, sein Ursprung ist nicht zweifelhaft. 2. Ebenfalls an eine altsumerische Komposition erinnert das auf syrischen Rollsiegeln häufige Bild zweier in gegenständiger Anordnung liegenden Tiere, in deren Mitte ein stilisierter Baum steht 2 ) (Taf. X, 8). Häufig fehlt der Baum zwischen den Tieren3). Vielleicht haben wir es dann lediglich mit der abgekürzten, abgenutzten Form eines uralten Motivs zu tun, das im Laufe der Jahrhunderte seinen lebendigen Sinn teilweise eingebüßt hat (Taf.X, 1 , 9 , 1 0 ; XI, 9). 3. Akkadisches Gut ist auch hier weiter am Leben in dem Motiv des Helden, der ein Tier beim Hinterbein hochhebt und ihm zugleich den Fuß ins Genick setzt 4 ) (Taf. X, 11; XI, 1, 8), ferner in zwei antithetisch aufgebauten Gilgameschfiguren mit einem Gefäß in den Händen, woraus das Lebenswasser in starkem Strahl herausquillt5). 4. Das neusumerische Einführungsmotiv wird ebenfalls im 2. Jahrtausend beibehalten6) (Taf. X, 8). 5. Enge religiöse Beziehung der syrischen Rollsiegel zu Kappadokien beweist das Nachleben der beiden Wettergötter, die wir in ihrer ältesten Fassung auf den Kültepe-Abrollungen und einem verwandten Rollsiegel greifen konnten. Der Wettergott zu Fuß mit neben ihm liegendem Tier, langem, eingerolltem Zopf und geschwungener Axt kommt auf dem mehrfach erwähnten Ubergangsstück Bibliothèque Nationale Nr. 494 vor (Taf. VII, 2). Belegt ist er außerdem auf den Siegeln Louvre A 913, 914 (Taf. VII, 3). Aber auch der Wettergott, der auf dem Rücken eines Stieres steht, verbindet Syrien mit Ostkleinasien. Er wird uns später in der Plastik noch begegnen. Ferner kehrt die Göttin mit geöffnetem Schleier, die auf den kappadokischen *) Delaporte, Louvre, A 907, Taf. XCVI, 4. - Delaporte, BiU. Nat. Nr. 451. 2 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 166. 3 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 153, 176, 178. 4 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 184. - Weber, AO 17/18, Nr. 456. «) Delaporte, Louvre, A 913, Taf.XCVI, 11. •) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 165, 166, 178.
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Siegeln auftaucht, auch in der syrischen Glyptik wieder, auf einem Stück aus der Grabung in Ras Schamra1), und zwar steht die Göttin hier auf einem Buckelrind. Häufig kommen auf syrischen Rollsiegeln vier kleine, hintereinander schreitende Männchen vor, in Wirklichkeit vielleicht nebeneinander zu denken2) (Taf. XI, 2, 3). Ähnliches ist auf einem schon erwähnten kappadokischen Rollsiegel der Sammlung de Clerq zu finden (Tai- III. 3). Auf Grund der bisher erwähnten Motive, die sämtlich den kappadokischen Abrollungen und der syrischen Glyptik gemeinsam sind, seien sie südmesopotamischer Herkunft oder nicht, darf man mit Wahrscheinlichkeit auf eine Periode enger geistiger Beziehungen schließen zwischen Südostkleinasien und Syrien bereits in der Zeit um 2000 v.Chr. 6. Im Laufe des 2. Jahrtausends hat Ägypten seinen Einfluß geltend gemacht. Auf dem merkwürdigen Stück Bibliothèque Nationale Nr. 494 (Taf. VII, 2), das stilistisch und inhaltlich eine Brücke schlägt zwischen Syrien und Kappadokien, kommt schon die „Crux ansata , das ägyptische Lebenszeichen, vor. Es wird später auf den syrischen Siegeln immer häufiger. Allmählich tauchen aber auch die Hathormaske3) auf (Taf. X, 1) sowie Männergestalten im echt ägyptischen kurzen Schurz und Osiriskrone neben Darstellungen der Isis4). Bei dem verstärkten politischen Druck Ägyptens auf Syrien im 2. Jahrtausend kann uns eine solche Erscheinung nicht wundernehmen. Die Ausgrabungen in Byblos5) haben die ganze Bedeutung dieses ägyptischen Einflusses auf Syrien erst ins rechte Licht gerückt. 7. Neben allen diesen alten, fremden wie einheimischen Bestandteilen steht aber als wichtigster Teil im Bildervorrat der syrischen Steinschneidekunst ein Rest von Motiven, der in seiner Gesamtheit das Bild einer neuen Gedankenwelt vermittelt. Dabei ist es belanglos, wenn einzelne Elemente auch diesmal irgendwelche Verwandtschaft aufweisen mit Nachbarkulturen, mit x)
R. Dussaud, La Lydie et ses voisins, Babyloniaca XI, Taf. IV, 2. Hogarth, Hitt. Seals Nr. 168. - Delaporte, Louvre, A 904, 908, 920, Tal. XCVI, 1,5 u. 10. 3 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 182. 4 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 179. - Berlin, VA 3053. 6 ) P. Montet, Byblos et l'Egypte, Bibliothèque archéologique et historique du Service des Antiquités et des Beaux-Arts en Syrie et au Liban XI, Paris 1928/29. 2)
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Ägypten oder Kreta, da sie in Vorderasien zu einer eignen überragenden Bedeutung gelangen. Es handelt sich zunächst um eine Reihe von eigentümlichen Mischwesen mit Menschen- oder Stierkörper und Vogel- oder Löwenkopf. Sie können geflügelt und doppelköpfig sein. Gelegentlich treten sie als Jagddämon auf und halten einen Hasen oder ein anderes Wild bei den Hinterbeinen hoch 1 ) (Taf. XI, 4, 5). Eine Anzahl von Tieren, denen in der sumerisch-akkadischen Glyptik keine Bedeutung zukommt, treten jetzt häufig als Füllsel oder auch in Reihen auf, vor allem der Hase, das Buckelrind, der Hirsch mit gesenktem Geweih und der Skorpion 2 ). Die Gruppe der Mischwesen vermehrt sich: häufig sind der geflügelte Löwe mit Adlerkopf (Greif), der (geflügelte) Löwe mit Menschenkopf (Sphinx) (Taf. X, 8, 10; X, 1 - 3 ; XI, 7, 9), und auch der einfache geflügelte Löwe kommt vor. Eine wichtige Stelle in diesem neuen Bilderbestand nimmt auch die geflügelte Sonnenscheibe ein (Taf. XI, 8, 9), die entweder für sich bestehen kann oder über einem stilisierten Baum schwebt, der von zwei Adoranten flankiert wird3). Besonders beliebt ist eine Kampfszene, worin ein Greif einen Vierfüßler rücklings angreift4) (Taf. X, 8, 11). Nicht sehr häufig sind Darstellungen von Rennwagen bei Jagd oder Krieg, doch kommen sie vereinzelt vor 6 ). Besonders gut gearbeitete Stücke, wie VA 292 (mit einer Ringergruppe) oder das Siegel mit Griff aus der Sammlung Tyskiewicz, jetzt in Boston, und sein noch besseres Gegenstück im Louvre A 9276), bieten uns Szenen,. deren Sinn vorläufig dunkel ist. Sie müssen bei einer motivgeschichtlichen Betrachtung, wie sie hier beabsichtigt ist, ausscheiden, weil ihnen Verwandte fehlen, auch in der Großplastik. Zum Schluß sei noch auf drei rein ornamentale Glieder hingewiesen, ohne daß auf die Frage ihrer Herkunft eingegangen zu werden braucht. Nirgendwo in der Glyptik nehmen R o s e t t e und F l e c h t !) Delaporte, Louvre, A9I6, Taf. XCVI, 13. - Delaporte, Bibl. Nat. Nr.425, 459. ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 183. — Delaporte. Bibl. Nat. Nr. 418. 3 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 166, 184. — Delaporte, Louvre, A 909, Taf. XCVI, 6. — Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 435. - Weber, AO 17/18, Nr. 483. 4 ) Hogarth. Hitt. Seals Nr. 166, 184. *) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 167, 168. «) VA 292: Weber, AO 17/18, Nr.571.-SiegelTyskiewicz, BabyloniacaXI 1929/30, Abb. 1 - 2 . Delaporte, Louvre, A 927, Taf. XCVI, 24a—c. 2
3
Moortgat, Die bildende Kunst des alten Orients
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band eine so bedeutsame Stellung ein wie in Syrien im 2. Jahrtausend. Letzteres wird öfters verwendet als obere und untere Einfassung eines Bildfrieses1) oder als Trennband zwischen zwei neben- oder übereinander befindlichen Darstellungen2) (Taf. X, XI). Neben Rosette und Flechtband ist das S p i r a l e n b a n d weniger oft vertreten3). B. Die Gruppe nordmesopotamischer Rollsiegel ist differenzierter als die syrische, schon weil ihr Verbreitungsgebiet ausgedehnter ist. Man kann stilistisch drei Untergruppen unterscheiden und ziemlich genau chronologisch und geschichtlich einordnen4): es sind das 1. eine Anzahl Siegel, die bei den Grabungen in Assur zutage kamen, 2. eine Reihe von Siegelabrollungen auf Tontafeln, die aus der Nähe von Kerkuk (Arrapha), östlich von Assur an der persischen Grenze, stammen. Durch die amerikanischen Untersuchungen der letzten Jahre in Jalchan Tepe bei Kerkuk wissen wir nun, daß dort der alte Ort Nuzi lag und die Bevölkerung stark unter mitannischem Einfluß gestanden hat5). Und 3. befanden sich schon seit langem in den großen Sammlungen eine Reihe von mesopotamischen Siegeln, die stilistisch eng mit den beiden vorigen Gruppen zusammenhängen. Die Zeitspanne, während der diese kleinen Denkmäler entstanden sein müssen, läßt sich durch Vergleiche ihrer Formgebung festlegen. Die altassyrischen Siegel haben genaue stilistische Parallelen auf Abrollungen der späten Hammurabi-Dynastie6), die jüngsten Stücke dieser Gattung sind dagegen verwandt mit Siegeln aus dem Anfang der Kassitenherrschaft. Sie reichen also von etwa 1800 bis 1650 v. Chr. Die Kerkukabrollungen sind von den altassyrischen Siegeln nicht zu trennen, nehmen aber neue Bildelemente in starkem Maße auf, reichen also sicher über die Mitte des Jahrtausends hinunter. Den zeitlichen Anschluß nach unten bieten Abrollungen von assyrischen Königssiegeln mit der Darstellung doppelköpfiger geflügelter Löwendämonen oder zweier geflügelter Menschen mit Vogelkopf, die einen !) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 165, 167, 182. - Delaporte, Louvre, A 907,912, Taf. XCVI, 4 u. 9. Hogarth, Hitt. Seals Nr. 166, 178, 183. 3 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 182, 184. 4 ) G. Contenau, Glyptique syro-hittite, S. 141. — Heidenreich, Beitr. S. 35 ff. 6 ) Chiera-Speiser, Annualof theAmerican schoolsoforientalresearchVI, 1926 S.75 ff. — P. Koschaker, Neue keilschriftliche Rechtsurkunden aus der El-Amama-Zeit. Abh. Sachs. Ak. d. Wiss. Bd. XXXIX, 5,1928, S. 9 ff. «) Delaporte, Louvre, A 564, 566, 571, 573, Taf. CXVII, 3 , 6 , 8 a u. 9. 2)
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Löwen töten1) (Abb. 10). Diese Siegel sind um 1400v.Chr. datiert und stehen gedanklich in enger Berührung mit der übrigen nordmesopotamischen Glyptik 2 ). So stark die lokalen Unterschiede in der nordmesopotamischen Steinschneidekunst auch sind, so dürfen wir sie zu unserem motivgeschichtlichen Zwecke doch als eine Einheit betrachten. Sie scheidet sich von der syrischen Gruppe der gleichen Periode durch Einzelheiten der äußeren Formen. Die Tracht ist eine andere — weder der syrische Mantel mit dickem Randwulst noch der spitzovale Helm noch der weibliche Zylinderhut kommen auf nordmesopotamischen Siegeln vor, bei denen vielmehr die kalottenförmige Kappe und das enggegürtete Hemd mit reicher Flächenmusterung vorherrschen. Ägyptische Äußerlichkeiten fehlen ganz. In der Technik dagegen berühren sich die beiden Siegelgruppen Nordsyriens und Nordmesopotamiens wieder enger, wenn auch östlich des Euphrats die Qualität im Durchschnitt nicht so hoch steht wie im Westen. Beiderseits herrscht aber die gleiche ängstliche Flächenfüllung, beiderseits die tiefschneidende, auf Rundheit der Gestalten ausgehende Art, beiderseits die Schlankheit der Figuren. Für die beabsichtigte motivgeschichtliche Untersuchung der Großplastik in dem nördlichen Bereiche Vorderasiens müssen wir einen Uberblick gewinnen über den Bestand an Bildgedanken dieser kleinen Denkmäler. Auch in diesem Falle sind Motive aus älteren Kulturschichten weiter am Leben geblieben. Zwar fehlt uns, vielleicht nur zufällig, das altsumerische Trinkmotiv, dafür ist aber als Nebenszene auf einem altassyrischen Siegel ein sumerischer Bildgedanke verwandt: zwei Tiere, die beiderseits an einer Pflanze fressen 3 ) (Taf. XII, I). Andere Stücke dieser Gruppe tragen das bekannte neusumerische Einführungsmotiv4) (Taf. XII, 3), das allerdings auf den Kerkukabrollungen nicht mehr zu belegen ist. Auch der akkadische Gedanke, der durch die ganze vorhergehende Glyptik hindurchgeht, der Held, der einen Stier beim Hinterbein hochhebt und ihm ins Genick tritt, wird in der nordmesopotamischen Siegelkunst6) (Taf. XII, 2) Weber, AO 17/18, Nr.316a und 354a. Delapcirte, Bibl. Nat. Nr. 476,477,478. s ) Weber, A017/18, Nr. 468 (VA 4230). 4 ) Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 430. 6 ) Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 440. 2)
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weitergeführt. Durch Verdoppelung des Helden aus Symmetriebedürfnis kann auch eine dreigliedrige Gruppe daraus entstehen. Verwandtschaft mit den kappadokischen Abrollungen äußert sich in den vier kleinen, schreitenden Männchen1) (Abb. 6), die auch in Syrien häufig vertreten sind. Es fehlen aber die beiden Wettergötter und die Göttin mit geöffnetem Schleier, die wir als ein gemeinsames Gut Ostkleinasiens und Nordsyriens glaubten erkennen zu können. Statt der letzteren tritt hier durchweg die südmesopotamische nackte Göttin auf, die vielfach die Brüste hält2) (Taf. XII, 2).
Abb. 6.
Wir erkennen also bei der nordmesopotamischen Glyptik, ebenso wie überall sonst in den nördlichen Gegenden, mehrere ältere Kulturlagerungen; wir bemerken sogar bei aller Verwandtschaft eine gewisse Divergenz in der Gedankenwelt Syriens und Nordmesopotamiens während dieser älteren Perioden. Um so bedeutsamer ist es, wenn bei der nordmesopotamischen Steinschneidekunst der ganze Komplex von Bildgedanken wiederkehrt, der sich gegenüber dem Bildervorrat des älteren Vorderasiens als neu erwiesen hat. Wir finden den Menschen mit einfachem und doppeltem Vogel- oder Löwenkopf3) wieder, zu dem hier noch andere Kombinationen von Menschenkörper und Tierkopf hinzukommen (Taf. XI, 6; XII, 4-7); wir begegnen dem geflügelten Löwen, Greifen, Sphinx und der geflügelten Sonnenscheibe, dem Palmettbaum und dem Steinbock, meist in irgendWeber, AO 17/18, Nr. 473. Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 440. s ) Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 469, 476, 478. 2)
20-22.
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Delaporte. Louvre, 1191, 1193-1195, Taf. CVI, 18,
einer Weise zu einer gegenständigen Gruppe vereinigt1). Während aber die syrische Glyptik anscheinend nur den Palmettbaum kennt, der von der geflügelten Sonnenscheibe bekrönt und von zwei Adoranten flankiert wird, stützen in Nordmesopotamien zwei sogenannte Gilgameschgestalten die geflügelte Sonnenscheibe, stehend2) (Abb. 7) oder im Knielauf3) (Taf. XII, 7). Von besonderer Bedeutung ist in Nordmesopotamien der Kampf mit der Tierwelt; daher der knieende Held umgeben von Adler, Hirsch, Steinbock, Stier, Löwe und Greif 4 ) (Taf. XII, 8, 9). Die Jagd zu Wagen in ihrer ursprünglichen Fassung
als Jagd in einem wildreichen Revier ist auf einem Siegel dieser Gattung belegt6) (Taf. XII, 10). Zu beachten ist schließlich ein Motiv auf einer Kerkukabrollung: ein Gott in Vorderansicht und im Knielauf wird von zwei Gegnern bezwungen und erdolcht6) (Abb. 8). Auch in der Plastik lebt es nach. Es bleiben dann nur noch unbedeutendere Bildelemente wie der Hase, der ebenso wie auf syrischen Siegeln auch in Nordmesopotamien vorkommt7), und schließlich die ornamentalen Symbole hier wie dort: die Rosette, das Spiralband 8 ) und das Flechtband, das beDelaporte, Louvre, A 943, 945, Taf. XCVII, 10 u. 16. - Morgan Nr.26l, 263. - Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 419, 440, 468, 469. 2 ) Weber, A017/18, Nr. 254. 3 ) Delaporte, Louvre, A 1191, Taf. CVI, 18. *) Delaporte, Louvre, A 910, 911, Taf. XCVI, 7 u. 8a. s ) Delaporte, Louvre, A 955, Taf.XCVII, 27. •) Weber, AO 17/18, Nr. 268a. ' ) Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 440. 8 ) Delaporte, Louvre, A 943, A 945, Taf.XCVII, 10 u. 16.
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reits auf den altassyrischen Stücken auftaucht und später aus technischen Gründen in eine Gruppe von Kreisen, die sich gegenseitig berühren, verwandelt werden kann1). Der zusammenfassende Uberblick über den Grundstock der Bildgedanken nordsyrischer und nordmesopotamischer Steinschneidekunst seit dem Anfang des 2. vorchristlichen Jahrtausends wird uns die Grundlage bieten für die motivgeschichtliche Untersuchung der Großplastik dieser Gegenden, die wir bisher jedoch nicht entfernt so hoch hinauf verfolgen können. Neben der Erkenntnis des Nachlebens älterer Kulturlagerungen in den Ländern der Bergvölker Vorderasiens schafft er uns die Möglichkeit, Zusammenhänge und Trennungen in diesem weiten Kulturgebiete zu sehen. Vor allem aber lehrt er uns, wie über den Bildervorrat sumerisch-akkadischer, neusumerischer, altbabylonischer und in Nordsyrien auch kappadokischer Elemente etwa seit dem zweiten Viertel des 2. Jahrtausends eine neue Schicht von Bildgedanken sich legt, die trotz aller lokalen Stilunterschiede das ganze Gebiet vom Taurus bis zur persischen Grenze einheitlich umfaßt. Gerade die Steinschneidekunst erlaubt es uns, wie wir sahen, das Aufkommen dieses Bildgedankenkomplexes zeitlich ziemlich genau zu bestimmen. Hinter diesem Komplex aber muß eine neue, geschlossene Gedankenwelt stehen, und diese wieder muß von einer politischen, zum Teil wohl auch von einer neuen völkischen Macht getragen worden sein. Hier soll jedoch nicht vorgegriffen werden. Erst müssen die Denkmäler der großen bildenden Kunst untersucht werden. i) Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 440.
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III. DIE PLASTIK DES MITANN ISCHEN KREISES Die Betrachtung der Steinschneidekunst des 2. Jahrtausends hat uns dank einer geschlossenen Gruppe von neuen Motiven gezeigt, wie das Gebiet vom Taurus bis zur persischen Grenze (Kerkuk) etwa seit 1800 v. Chr. unter den geistigen Einfluß ein und derselben Macht geraten sein muß. Unterschiede im Bilderbestand zwischen Nordsyrien und Nordmesopotamien erklärten sich dabei durch die Verschiedenheit der älteren Uberlieferungen. Wie stellt sich dazu die Plastik dieser Gebiete? Beim Sammeln und Sichten des bildhauerischen Materials nach motivgeschichtlichen Grundsätzen ergibt sich bald eine Reihe von größeren Gruppen: Darstellungen aus der Welt der Götter und Dämonen, Kultszenen, daneben aber auch eine Reihe von profanen Darstellungen, wie Jagd und Krieg oder militärische Aufzüge. Es ist dabei ebenso wie bei der Glyptik leicht zu trennen zwischen Motiven, die auf ältere Kulturschichten zurückgehen, und solchen, die der neuen Gedankenwelt des 2. Jahrtausends angehören. A. M o t i v e , die n i c h t aus ä l t e r e n K u l t u r e n ü b e r n o m m e n wurden Wir beginnen mit einer Reihe von Mischwesen, deren typische Formen uns zum Teil schon aus der Glyptik des 2. Jahrtausends bekannt sind. 1. Nicht allzu häufig begegnet uns in der Reliefkunst ein Fabelwesen, gebildet aus einem menschlichen Körper mit Kopf und Flügeln eines Adlers. Unter den älteren Wandsockelreliefs in Sendschirli befinden sich zwei Orthostatenblöcke des südlichen Stadttores mit nahezu gleicher
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Wiedergabe eines derartigen Mischwesens1) (Taf. XIII). Beide Male ist die Gestalt gleich unbeholfen in die Bildfläche eingefügt. Ihre Bekleidung besteht aus einem kurzen, gegürteten Hemd und Schnabelschuhen. Von der Hüftgegend aus erheben sich am Rücken zwei leicht sichelartig aufwärts geschweifte Flügel. Unterkörper und Vogelkopf sind beide im Profil nach rechts gegeben, der Oberkörper dagegen in Vorderansicht, während beide Arme erhoben sind, als wollten sie etwas stützen. Der getragene Gegenstand ist jedoch nicht dargestellt. Diese zunächst in ihrem Sinn nicht durchsichtige Bewegung kehrt wieder bei einem der stilistisch fortgeschritteneren Orthostatenreliefs am äußeren Burgtor in Sendschirli2) und außerdem bei einer Reliefplatte aus dem benachbarten Karkemisch3), die etwa der gleichen Stilstufe angehört. Auf letzterer (Taf. XIV) sind zwei geflügelte Menschen mit Vogelkopf in ganz ähnlicher Tracht, jedoch mit gesenkten Flügeln zu sehen, die, einander zugewandt, beide die Arme erheben. Das Metropolitan Museum in New York besitzt ein Rollsiegel4) (Abb. 9), das nach Stil und Darstellung zur Gruppe der nordsyrischen Glyptik gehört. Es trägt die obenerwähnte Göttin mit geöffnetem Schleier und als Nebendarstellung einen geflügelten Genius mit Vogelkopf, diesmal in Knielaufstellung. Vom Hinterkopf steht eine unten eingerollte Locke ab; ganz ähnlich wie bei dem stilistisch
Abb. 9.
früheren der beiden Stücke aus Sendschirli gehen am Rücken zwei leicht sichelförmig geschweifte Flügel in die Höhe. Das Wichtigste jedoch für die Geschichte des Bildtypus ist die geflügelte Sonnenscheibe, die über den gehobenen Armen des Fabelwesens schwebt, *) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XXXIV a und b; XXXVI. 2 ) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XLII, rechts. 3 ) Carchemish I, Taf. B, 12. 4 ) Contenau, Glyptique syro-hittite, Abb. 142.
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denn damit ist auch die Armhaltung auf den Reliefs zu Sendschirli und Karkemisch erklärt. Wie hoch hinauf in das 2. Jahrtausend das Rollsiegel führt, ist bei der vorliegenden mangelhaften Abbildung schwerlich genau zu sagen; sicherlich hat es eine ursprünglichere und deshalb verständliche Form des Motivs bewahrt. In Sendschirli und Karkemisch dagegen haben wir es mit einer abgekürzten, abge-
Abb. 10.
griffenen Gestalt des Bildgedankens zu tun, die übrigens der späten Entstehungszeit dieser nordsyrischen Reliefs (11. bis 9. Jahrhundert v. Chr.) entspricht. In der Plastik selber ist der Vogelmensch als Träger der geflügelten Sonnenscheibe nicht nachzuweisen. Das freistehende, aus großen Quadern gefügte Denkmal von Iflatun Bunar1) im südlichen Kleinasien (Taf. XV) bietet ein System von geflügelten Sonnenscheiben, die von je zwei geflügelten Genien, allerdings mit menschlichem Haupt, getragen, zu einem symmetrischen Ganzen zusammengefügt werden. Der geflügelte Genius mit Menschenkopf scheint also mit dem vogelköpfigen abzuwechseln2). Doch läßt sich die Bedeutung dieser Mischwesen nicht auf die eines Sonnenträgers beschränken. Gerade die ältesten, zeitlich genau festlegbaren Beispiele des geflügelten Menschen mit Vogelkopf zeigen ihn in durchaus anderen Zusammenhängen: wir besitzen eine Siegelabrollung8) des assyrischen Königs Asuruballit (1405 bis 1385 v.Chr.) (Abb. 10): zwei Vogelmenschen halten einen getöteten Meyer, R. u. K. d. CK., Taf. XIII. Auf der Siegelabrollung aus Assur Abb. 7 = Weber, AO 17/18, Nr. 234 sind es sogar zwei einfache Männer mit dem Gesicht in Vorderansicht, die die geflügelte Sonne tragen. Das Motiv der gestützten Sonnenscheibe ist sicher in allen diesen Fällen wesentlich das gleiche. 3 ) Weber, AO 17/18, Nr. 354a. 2)
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Löwen bei den Hinterpranken in ihrer Mitte hoch. Und auf den Wandmalereien des ephemeren Palastes Tukulti Ninurtas I. (1280 v. Chr.) begegnet uns das selbe Fabelwesen bereits in Verbindung mit dem Palmettbaum1), eine Verbindung, die dann auf den späteren Wandreliefs der assyrischen Paläste des 1. Jahrtausends ständig wiederkehrt. Uber den eigentlichen Sinn dieser letzten Art von Darstellungen, die gewöhnlich als Befruchtungszeremonie gedeutet werden, können wir noch nichts mit Sicherheit aussagen. Soviel scheint jedoch festzustehen: die Frucht, welche die Genien in der einen Hand vorstrecken, das Gefäß, das sie in der anderen tragen, müssen mit dem Palmettbaum in ihrer Mitte gedanklich in Beziehung stehen. Wenn nun der geflügelte Mensch mit Vogelkopf in Saktschegözü2), einem Ausgrabungsort in Nordsyrien, oder auf einem Stein in Teil Ahmar3), ganz in der Nähe von Karkemisch, mit Frucht und Eimer in den Händen dargestellt wird, jedoch ohne den Lebensbaum, so liegt darin gewiß eine späte Form des Motivs, ähnlich abgekürzt und verblaßt in seiner Bedeutung, wie die Vogelmenschen mit erhobenen Händen aus Sendschirli und Karkemisch, denen die zu stützende geflügelte Sonnenscheibe fehlt. Topographisch schlagen Beispiele des geflügelten Menschen mit Vogel- oder Menschenkopf auf Orthostaten vom Teil Halaf4) die Brücke zwischen unserem Material aus Assyrien und Nordsyrien. Eine dritte Variante liegt vor in zwei Felsrelieffiguren in Jazylykaya: am Eingang zu einer Nebengalerie dieses wichtigsten Heiligtums des kleinasiatischen Hethiterreiches sind zwei geflügelte Menschen eingemeißelt, bekleidet mit dem kurzen Hemd, diesmal jedoch mit einem Löwenkopf versehen6). Sie erheben beide Arme in ähnlicher Weise wie die Vogelmenschen in Sendschirli und Karkemisch. Wie wir später sehen werden, fallen sie aus dem Rahmen des Bildgedankenbestandes dieses Gebietes heraus und sind wohl sicher spätere 1
) W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Taf. III. ) Liverpool Annais I, 1908, Taf. XLI, unten. 3 ) Syria X, 1929, Taf. XXXIV, 4. 4 ) Der Genius bei v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XXXI Ia ist vierflügelig. 6 ) v. d. Osten, Explor. in Anatolia, Taf. XVIII B und XIX A. — Zu vergleichen ein kleiner Orthostat vom Teil Halaf, wo der geflügelte Mensch einen doppelten Löwenkopf trägt: v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XXXIIIa. 2
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Zutaten1), die in ihrer Umgebung ähnlich zu beurteilen sind wie das Denkmal von Iflatun Bunar, das sicher erst unter assyrischer Herrschaft im 1. Jahrtausend entstanden ist2). Es kann nicht ohne inneren Zusammenhang sein, wenn wir einen ähnlichen Wechsel von Menschen- und Tierkopf feststellen können bei einem wahrscheinlich ursprünglich verwandten Fabelwesen, das der Kürze wegen als Jagddämon bezeichnet werden möge. Die vorhin erwähnte Darstellung auf der Siegelabrollung des Asuruballit zeigt den vogelköpfigen, geflügelten Menschen bei einer Tätigkeit, die sich leicht mit der Jagd in Verbindung bringen läßt, und verwandt mit dieser Seite seines Wesens dürften die Darstellungen auf einer Gruppe von wahrscheinlich mitannischen8) Rollsiegeln sein, wo wir ihn unter ähnlichen Fabelwesen als Bezwinger der Tierwelt finden4) (Taf. XXIII, 5). Er trägt dort vielfach ein langes Hemd, wie übrigens auch auf den großen assyrischen Reliefs, und streckt in jeder Hand ein Tier von sich, ein Schema, das von der altsumerischen Zeit bis zur nózvia GtjQ&v, der Tiere beherrschenden Göttin der Griechen, reicht. Gelegentlich jedoch kommt der Vogelmensch auf dieser Siegelgruppe auch als regelrechter Jäger vor, ohne Flügel, mit einer Waffe in der einen Hand, in der andern dagegen ein erlegtes Wild, einen Vogel oder Vierfüßler5). In der Plastik ist dieser Jagddämon vorläufig mit Vogelkopf nicht zu belegen, wohl aber mit Löwenkopf. Zwei gut erhaltene Orthostaten vom äußeren Burgtor in Sendschirli sind mit seinem Bilde geschmückt6) (Taf.XVI). An der Seite trägt er ein Schwert; während er in der gehobenen Rechten ein kleines Krummholz schwingt, hält er in der vorgestreckten Linken ein erlegtes Reh bei den Hinterläufen. Rechts und links vom Löwenkopfe des Dämons ist je ein Jagdfalke angebracht. Diesen nordsyrischen Vertretern des Typus 7 ) steht eine dritte Variante gegenüber: ein Jagddämon mit Menschenkopf 1)
V. Bissing, Zeit U. Stil, AÍO VI, 1930, S. 197. Meyer, R. u. K. d. Ch„ S. 116. - v. Bissing, Zeit u. Stil, AfO VI, 1930, S. 176, Anm. 109. 3 ) Heidenreich, Beitr., Liste M. *) Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 477, 478. 6 ) Delaporte, Bibl. Nat. Nr.476. •) Ausgrabungen in Sendschirli III, S. 224/25, Abb. 126, 128, Taf. XLV oben. 7 ) Verwandt aber nicht identisch mit dem Jagddämon ist ein Gott mit Bogen und Schwert, der ein Wild in der Linken vorstreckt, auf einem Stein aus der Nähe von Marasch. Der Gott steht auf einem Tier, über ihm schwebt die geflügelte Sonnenscheibe, Liverpool Annais IV, 1912, Taf. XXIII. 2)
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auf einem winzigen Denkmal1), das, obschon in Assur unter Umständen ausgegraben, die eine einigermaßen sichere Datierung erlauben, bisher nur wenig beachtet worden ist (Taf. XXIII, 3). Es handelt sich um einen kleinen, aber gut gearbeiteten Anhänger aus Lapislázuli in Form des Jagddämons; er trägt zwar diesmal eine niedrige, spitze Kappe, dafür aber das gleiche kurze Hemd; in dereinen Hand hält er das selbe kleine Krummhoz, in der andern bei den Hinterbeinen einen Hasen; auch fehlt der Jagdfalke nicht. Dieses kleine Schmuckstück wurde unter einem Fußboden im Palaste des Tukulti Ninurta I. gefunden, muß infolgedessen vor 1250 v. Chr. angesetzt werden und dürfte demnach annähernd in dieselbe Zeit wie die vorher erwähnten mitannischen Rollsiegel gehören. Fassen wir zusammen, so können wir folgendes festhalten: Der geflügelte Mensch tritt in verschiedenen Handlungen auf, als Sonnenträger, als Adorant vor dem Lebensbaum, als Beherrscher der Tiere. Er kann dabei einen Menschen-, Löwen- oder Vogelkopf tragen. Ein solcher Wechsel läßt sich auch beobachten bei einem ganz ähnlichen Wesen, jedoch ohne Flügel, einem Dämon, der mit Krummholz und Jagdbeute in den Händen von einem Falken begleitet wird. In der Reliefkunst Nordsyriens begegnen uns diese Bildtypen bereits vielfach in abgeschliffener Form, der Sonnenträger ohne Sonnenscheibe, der Adorant ohne Baum. Sie müssen also verhältnismäßig spät sein, trotz ihrer primitiven Zeichen- und Relieftechnik, was übrigens zu den Ergebnissen der stilistischen Untersuchung stimmt. Älteste, festdatierte Belege für diesen Typus (Asuruballitsiegel, Wandmalerei aus Kartukultininurta, Lapislazulischmuck aus Assur) reichen bis nahe an die Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. Als Verbreitungsgebiet des Typus und der mit ihm verbundenen Bildgedanken ergibt sich Assyrien, Nordmesopotamien und Nordsyrien. Die Vertreter in Kleinasien (Iflatun Bunar und Jazylykaya) sind zu spät, um von Bedeutung zu sein bei einer Frage nach dem Ursprung der Motive. Sie sind unter assyrischem Einfluß entstanden. 2. Der gleiche Wechsel von Menschen-, Löwen- und Vogelkopf läßt sich beobachten bei einer anderen Gruppe von Mischwesen, die *) W. Andrae, Hettitische Inschriften auf Bleistreifen aus Assur, WVDOG 46, S. 9, Taf. VIII, f.
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in der Plastik der nördlichen Gegenden eine bedeutsame Stellung einnimmt: neben einem geflügelten Löwen finden wir dasselbe Fabeltier mit Adlerkopf, den sogenannten Löwengreif, und schließlich eine dritte Mischform mit Menschenkopf, die wir als Sphinx bezeichnen. Von den drei Varianten ist der geflügelte Löwe der seltenste Typ. Auf einem der älteren Wandreliefs in Karkemisch, einem Orthostaten vom dortigen Wassertor 1 ), ist er, in ungelenker Zeichnung, nach links schreitend, dargestellt (Taf. XVII, 2). Auf einem Orthostaten vom äußeren Burgtor in Sendschirli 2 ) dagegen steht er hochaufgerichtet auf den Hinterbeinen, nach rechts gewandt, die Vorderpranken vorstreckend (Taf. XVII, 1), und auch unter den vielen kleinen Orthostatenreliefs auf dem Teil Halaf befinden sich ganz ähnliche Beispiele für diese zunächst unverständliche Haltung, die wie aus dem Zusammenhang gerissen aussieht3). Wohl kaum ein anderes Mischwesen hat in der nordsyrisch-nordmesopotamischen Kunst eine Verbreitung gefunden wie der geflügelte Löwe mit Vogel- oder Menschenkopf, d. h. Löwengreif oder Sphinx. Ob diese beiden Typen im vorderasiatischen Bereich auf eine ägyptische oder eine kretisch-mykenische Anregung zurückzuführen sind, mag für unsere Untersuchung gleichgültig sein, da sie bei den tiefgehenden weltanschaulichen und religiösen Unterschieden dieser drei Kulturwelten sicher auch eine jeweilig grundverschiedene innere Bedeutung gehabt haben, auch wenn ihre äußere Gestalt gewisse Ähnlichkeiten aufzuweisen hat. Sphinx und Greif kommen sowohl im Relief wie in der architektonischen Rundplastik nicht weniger häufig als in der Glyptik vor. Dabei lassen sich Stilunterschiede zwischen dem nordsyrischen Gebiet und Nordmesopotamien ebenso verfolgen wie in der Steinschneidekunst. Jeder wird sie empfinden, wenn er den Laibungssphinx vom Teil Halaf 4 ) (Taf. XVIII) vergleicht mit einem säulentragenden Sphingenpaar aus Sendschirli 6 ) (Taf. XIX). Gesichtstypus, Haartracht, Körperform, Flügelbildung sind sämtlich verschieden. Und gewiß nicht geringer ist *) Carchemish I, Taf. B, 29b. 2 ) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. X X X V I I , unten. 3 ) v. Oppenheim, Der Teü Halaf, Taf. X X X I , X X X I V b und XXXVa, wo u. a. Greif und Sphinx diese Haltung einnehmen. Ein einfacher geflügelter Löwe ist noch nicht veröffentlicht worden. *) AO X X X I , 1/2, Taf. I, II. - V. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. X I . s ) Ausgrabungen in Sendschirli IV, Taf. LVI.
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der stilistische Abstand eines Greifenreliefs auf einem Orthostaten in Sendschirli1) (Taf. XX) von der Wiedergabe des selben Mischwesens auf einem mitannischen Rollsiegel2) (Taf. XII, 2). Eine merkwürdige Zwitterform, ein Zwischending zwischen geflügeltem Löwen und Sphinx, die Tier- und Menschenkopf zu vereinigen sucht, scheint dem engeren Kreis der späteren nordsyrischen und nordmesopotamischen Länder eigen, während sie in Assyrien vorläufig nicht zu belegen ist. Bisher wenigstens kennen wir diese völlig unorganisch wirkende Bildung, die dem Hals des Löwen noch einen zweiten menschlichen Kopf aufsetzt, lediglich aus Karkemisch3) (Taf. XXI), aus Sendschirli 4 ) (Taf. XXII) und vom Teil Halaf 6 ). Doch sind alle diese Unterschiede und Abwandlungen nur von untergeordneter Bedeutung angesichts der starken und gleichmäßigen Verbreitung der Dreiheit von Mischwesen: geflügelter Löwe, Löwengreif und Sphinx, in allen Ländern vom Taurus bis zum Zagros, einer Dreiheit, die — wenn ihr auch eine fremdländische Anregung zugrunde liegen mag— immerhin von einer selbständigen Auffassung und Verarbeitung der Typen Zeugnis ablegt. Ist dem aber so, dann sieht man sich unwillkürlich nach älteren Belegen um, als sie uns von den erwähnten späten Reliefs geboten werden. Man sucht auch nach ursprünglichen Motiven, bei denen diese Fabelwesen als Glied verwendet werden, um zugleich unverständliche Züge, wie die hochaufgerichtete Stellung auf mehreren der besprochenen Orthostatenreliefs zu erklären. Da läßt uns aber die Großplastik vollkommen im Stich. Kein Relief oder Rundbild führt uns diesmal wie die Steinschneidekunst in die Mitte des 2. Jahrtausends. Auf den Rollsiegeln kommen geflügelter Löwe, Greif und Sphinx häufig in einer gegenständigen, dreigliedrigen Gruppe vor oder auch nur in antithetischer Verdoppelung. In der Plastik von Sendschirli und vom Teil Halaf ist davon kaum noch etwas erhalten. Die Mischwesen füllen dort als Einzelfigur eine Orthostatenfläche. Ihre aufgerichtete Haltung läßt sich wieder nur erklären als Rest eines abgenutzten Motivs, das kaum noch ver1)
Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XLIII unten. Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 440. 3 ) CarchemisH I, Taf. B, 14. *) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XVIII oben. 6 ) v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XXXIV a. 2)
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standen wird: Auf syrischen Rollsiegeln1) im Louvre flankieren zwei hochaufgerichtete Sphingen eine menschliche Gestalt, oder zwei geflügelte Löwen hocken gegenständig um eine Rosette in ihrer Mitte (Taf. XXIII, 1, 4). Wo in späteren Zeiten die Qualität der Kunst noch erhalten geblieben ist, lebt übrigens die alte, dreigliedrige Komposition weiter. So vor allem auf assyrischen Rollsiegeln des 1. Jahrtausends2). Und auch auf den jüngeren Orthostatenreliefs von Karkemisch, die in der künstlerischen Fertigkeit die sonstige nordsyrische Plastik überragen, finden wir den Greifen sowohl wie den Sphinx in einer gegenständigen Gruppe angeordnet. Zwei Löwengreifen stehen einander zugewandt, nur leicht erhoben im Oberkörper und eine Pranke in die Höhe gestreckt (Taf. XXIII, 6), oder zwei Sphingen bekämpfen einen in ihrer Mitte befindlichen geflügelten Stier 3 ) (Taf. XXIV). Auch im benachbarten Teil Ahmar gibt es eine verwandte dreigliedrige Darstellung4). Wir finden also genügend Andeutungen dafür, daß die drei vorliegenden Fabelwesen nicht nur als Typen festgelegt worden sind um die Mitte des 2. Jahrtausends, vielmehr von vornherein zu umfangreicheren Bildgedanken benutzt wurden. Von der ersten Fassung dieser Motive bietet uns die Plastik Nordsyriens vielfach nur noch ein stark verblaßtes, abgegriffenes Bild, während in der assyrischen Kunst die Tradition lebendiger erhalten blieb. Es bedeutet in diesem Falle noch keine Durchbrechung der Grenzen der mitannischen Einflußsphäre, wenn wir auch im Kerngebiet des kleinasiatischen Hethiterreichs, im Halysbogen selber, Sphingen belegen können. Sowohl in der Hauptstadt ChattusasBoghazköi6) wie in dem nahegelegenen Ujük 6 ) (Taf. XXV) kommen Sphingen als Torlaibungsskulpturen vor. Beide Male trägt das Mischwesen einen Kopfschmuck, der stark an die ägyptische Hathortracht erinnert, in Ujük außerdem ein Kopftuch, das sowohl demjenigen der ägyptischen wie der hethitischen Könige ähnelt. In Ujük sind die Sphingen ungeflügelt, wie gelegentlich auch auf syrischen Rollsiegeln (Taf.X,2). Delaporte, Louvre, A 928, Taf. XCVI, 25 und A 943, Taf. XCVII, 16. Zum Beispiel Weber, AO 17/18, Nr. 304, 305, 308. 3 ) Carchemish I, Taf.B, 15a. 4 ) Syria X, 1929, Taf. XXXV, 4. 6 ) 0 . Puchstein, Boghazköi, Taf. XII. «) Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXVIII. 2)
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3. Es sei hier ein Bildtypus angeschlossen, der zwar aus dem Kreis der bisher verfolgten Mischwesen herausfällt, der aber eine ähnlich weite Verbreitung in der gesamten orientalischen Welt des 2. vorchristlichen Jahrtausends erlangt hat wie etwa der Sphinx: die geflügelte Sonnenscheibe finden wir, abgesehen von ihrem wahrscheinlichen Ursprungsland Ägypten, in allen Gegenden der nördlichen vorderasiatischen Welt, im Halysbogen sowohl wie in Syrien, in Nordmesopotamien wie in Assyrien. Klarer jedoch als bei dem Sphinx tritt bei ihr der grundlegende Bedeutungsunterschied hervor, den formal gleichartige Bildungen gewinnen können, wenn sie von verschieden gearteten Kulturen in ihre Bildsprache aufgenommen und verarbeitet werden. In der Kunst des Hethiterreiches im Halysbogen ist die geflügelte Sonnenscheibe lediglich ein Königsemblem geworden, das entweder über dem Bilde des Herrschers selber angebracht wird oder als Bekrönung seiner Namenskartusche dient (Taf. LXXXV). In dem nordsyrisch-nordmesopotamischen Gebiet spielt das Sonnensymbol eine viel bedeutsamere Rolle. Zahlreich sind in der Glyptik dieser Gegenden die Beispiele einer geflügelten Sonnenscheibe, die über einem Palmettbaum schwebt (oben S. 33), nicht weniger zahlreich diejenigen einer von zwei sogenannten Gilgameschgestalten oder auch zwei geflügelten Genien auf den erhobenen Händen getragenen geflügelten Sonne. Dieses Motiv reicht, wie wir bei Betrachtung des Vogelmenschen schon feststellen konnten, von Ost nach West (oben S. 40 f.). Zwei der Orthostaten vom Teil Halaf 1 ) geben ebenfalls ein schönes Beispiel dieses Bildgedankens. Ihm muß eine wichtige religiöse Idee zugrunde liegen, die wir leider noch nicht mit Sicherheit zu deuten vermögen. In Assyrien schließlich wird das Symbol der geflügelten Sonne mit der Idee des Nationalgottes vereinigt. Noch aus verhältnismäßig früher Zeit ist uns ein Relief auf einem Obelisken bekannt, der auf Tiglatpileser I. (1100 v.Chr.) zurückzuführen ist4) (Taf. XXVI). Es zeigt das Symbol der geflügelten Sonne in der Schwebe über den gefangenen Feinden vor dem König. Aus den Schwingen der Sonne aber ragen zwei Hände herab, deren eine einen Bogen hält, die hei2)
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v. Oppenheim, Der Teil Halaf. Taf. VIHb u. XXXVIIa. A. Paterson, Assyrian Sculptures, Haarlem o. J., Taf. LXIII.
lige Waffe des Gottes Asur. Schon hier ist das Emblem in einer Reihe finderer Göttersymbole aufgeführt, hat aber noch genügend inneres Leben, um in einer bestimmten Handlung gezeigt zu werden. Im 1. Jahrtausend wird dann die geflügelte Sonne das geläufige Symbol für den Gott Asur, kommt aber weiter vor in dem Motiv des Palmettbaumes, der von ihr bekrönt wird 1 ). Motivgeschichtlich ist es wichtig, zu beobachten, wie auch im Falle der geflügelten Sonnenscheibe eine deutliche Scheidung zwischen dem eigentlichen Hethiterreich Kleinasiens und den Ländern von Taurus bis Zagros vorliegt, die ihm als ein einheitliches Gebiet gegenüberstehen. 4. Ein bisher unveröffentlichtes Relief der Berliner Sammlung ist von Bedeutung, weil es einen der ältesten, wenn nicht den ältesten Beleg bietet für einen Genientypus, der in der Kunst Vorderasiens ein langes Leben geführt hat (Taf. XXVII). Das Stück zeigt einen vierfach geflügelten Mann mit tiefherunterhängendem, eingerolltem Zopf, im langen, geschlitzten Gewand und mit dem ägyptischen atefu-Kopfschmuck. An der Stirn ist noch ein Rest der Königsschlange erkennbar. Die Federlagen in den hängenden Flügeln entsprechen dem ägyptischen Schema 2 ). Uber ihm schwebt eine geflügelte Sonnenscheibe, die sich nach ägyptischer Art dem bogenförmigen Abschluß des Steines anpaßt. In der linken Hand hält er ein Ährenbündel ( ?), in der rechten schleudert er eine Blütendolde ( ?). Der jüngste Abkömmling dieses Typus ist das achämenidische Kyrosrelief aus Pasargadae3), das immer noch denselben Kopfschmuck aufweist. Ältere Verwandte des Berliner Reliefs, das auf Grund seiner Herkunft, seines Materials und seines Stiles durchaus in eine Reihe gehört mit den Denkmälern aus Sendschirli und anderen nordsyrischen Städten und demnach etwa in das 10. bis 9. Jahrhundert v. Chr. zu setzen ist, finden sich nur in dem Gebiet zwischen Taurus und Zagros. Im Westen taucht ein ähnlicher vierflügeliger Genius VA 3838
! ) Zum Beispiel Rollsiegel VA 7826: Weber, AO17/18, Nr. 477; Collect, de Clercq I, Nr. 303 = Weber, AO 17/18, Nr. 474. 2 ) Schäfer, Von ägypt. Kunst 3, S. 366, Anm. 47c. — Dir. Prof. H. Schäfer habe ich für freundliche Auskunft über ägyptologische Fragen zu danken. a ) F. Sarre, Die Kunst des alten Persien, Berlin 1922, Taf. I. 4
Moortgat, Die bildende Kunst des alten Orients
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auf einer verhältnismäßig späten syrischen Gemme auf 1 ). Im Zentrum des Gebietes ist er vertreten unter den Orthostatenreliefs vom Teil Halaf, hier jedoch sechsflügelig2). Im Osten dagegen kommt der vierflügelige Genius begreiflicherweise nur ohne den ägyptischen Kopfschmuck und in anderem Zusammenhang vor. Ältester Beleg für den Typus ist hier wohl ein Rollsiegel der Bibliothèque Nationale, das im Stil den Kerkukabrollungen nahesteht3) (Taf. XXIII, 2). Hier wie auf assyrischen Siegeln4) des 1. Jahrtausends tritt anscheinend eine Verquickung ein zwischen dem vierflügeligen Genius und dem früher behandelten Jagddämon, da beide als Bezwinger zweier Tiere auftreten. Die bisherige Betrachtung hat einen Uberblick gewährt über die wichtigsten mythischen Typen in der Kunst des Gebietes zwischen Taurus und Zagros, die nicht auf ältere Kulturschichten zurückgehen, über ihre Entwicklungsgeschichte und ihre Verwendung zu umfangreicheren Bildgedanken. Eine zweite Gruppe von Motiven in der Plastik dieser Gegenden, die sich ebenfalls nicht unmittelbar aus früheren Kulturen ableiten läßt, trägt profanen Charakter ; inhaltlich hängen letztere alle insofern zusammen, als sie sich sämtlich irgendwie auf Krieg und Jagd beziehen. 5. Der hervorragendste unter diesen Bildgedanken profaner Art ist der Kampf zu Wagen, sei es gegen ein Jagdwild, sei es gegen den Feind im Kriege6). Nahezu sämtliche Kulturen Vorderasiens und der Mittelmeerwelt haben sich im Laufe der Jahrhunderte seit etwa dem zweiten Viertel des 2. Jahrtausends mit diesem Vorwurf auseinandergesetzt. Auch hier ist der geistige Gehalt, ebenso wie bei dem Sphinx oder der geflügelten Sonnenscheibe ein anderer, je nachdem ein ägyptischer, ein mykenischer oder ein vorderasiatischer Künstler das Motiv verwendet, das sich aber in den Äußerlichkeiten überall gleichbleibt. In Ägypten wird es zu einem triumphierenden Ritt des Pharaos über seine Feinde hinweg, in Assyrien dagegen zu einem *) Sitzungsber. d. Preuß. Akad. 1896, S. 1051—1064. — Ephemeris für semitische Epigraphik I, Gießen! 900/02, S. 136ff. 2) v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XXXIIb. s ) Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 473. i) Z.B. Weber, AO 17/18, Nr.333,338, 339, 341. 5 ) Zur Herkunft und Geschichte dieses Motivs vgl. OLZ1930, Sp.84l ff. — W. Wreszinslci, Löwenjagd im alten Ägypten. Morgenland, Heft 23. Leipzig 1932.
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harten Kampf des Königs um den Sieg in der Schlacht1). Und ein mindestens ebenso großer Abstand besteht zwischen einer mykenischen Grabstele2) mit der Darstellung eines siegreich in die Unterwelt fahrenden Helden und etwa einem achämenidischen Siegel mit dem Bilde des löwenjagenden Großkönigs3). Alle diese Darstellungen sind jedoch rein formal so verwandt, daß ihre gemeinsame Herkunft von einem einmalig erfundenen Urtypus nicht zweifelhaft sein kann. Die Priorität der Erfindung liegt in diesem Falle im Gegensatz zu anderen Bildelementen, wie Sphinx und geflügelter Sonnenscheibe, mit Sicherheit auf seiten Vorderasiens. Zwar können wir in Vorderasien keine Reliefdarstellung einer Schlacht oder Jagd im leichten zweirädrigen Streitwagen nachweisen, die so alt wäre wie die ältesten gleichartigen Szenen in Ägypten; mit Hilfe der Steinschneidekunst kommen wir jedoch viel näher an den Ursprung des Motivs heran. Wir wiesen im vorhergehenden Abschnitt (S. 37) schon hin auf ein nordmesopotamisches Rollsiegel mitannischen Stils4) aus der Mitte des 2. Jahrtausends, worauf das Motiv noch die ursprüngliche Fassung einer Jagd zu Wagen mitten in einem wildreichen Gelände bewahrt hat (Taf.XII, 10). Eine Abnutzung des Motivs muß jedoch bereits ziemlich früh vor sich gegangen sein, denn ein Rollsiegel aus Babylon, jetzt in der Berliner Sammlung5), das nach seinem Fundort (zwischen älterer und jüngerer kassitischer Schicht auf dem Merkes) sicher in die Zeit von 1600 bis 1300 v.Chr. zu setzen ist (Taf. XXXVIII, 1), zeigt unter dem im Galopp sich bäumenden Pferde eine erlegte Gazelle, während das Ziel der weiteren Jagd, eine zweite Gazelle, quer zur übrigen Darstellung angebracht ist. Der Steinschneider gibt also bereits keine wildreiche Gegend mehr wieder, wenn auch das Ziel der Jagd wenigstens noch dargestellt wird. Auf den Denkmälern der Plastik, die bei weitem nicht so hoch hinaufreichen, geht die Abnutzung des Motivs noch weiter. Das Schäfer, Von ägypt. Kunst 3, S. 18. 2) K. Müller, Frühmykenische Reliefs, Jahrb. d. arch. Inst. XXX, 1915, S. 286ff. - Reall. d. Vorgesch. IV, 2, Taf. CCCXXVII b. s ) Z. B. Rollsiegel im Brit. Mus.: Weber, AO 17/18, Nr. 506. 4 ) Heidenreich, Beitr., S. 50. Dste L. 6 ) Weber, AO 17/18, Nr. 520. 4*
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älteste, fest datierte Beispiel dieser Art ist der Obelisk Asurnasirpals I. im Britischen Museum1) (1050v.Chr.). Die Taf. XXVI I I - X X I X zeigen deutlich die flüchtige Art der Ausführung, doch haben die Darstellungen wenigstens teilweise noch den Charakter einer wirklichen Jagd in einem wildreichen Revier beibehalten, der dem Urtypus eigen gewesen sein muß. Das ist noch am stärksten ausgeprägt bei dem längeren Vorderstreifen des Obelisken (Taf. XXVIII), der einen Rennwagen mit Bogenschützen und Lenker erkennen läßt, dem drei Wildesel zu entkommen versuchen. Die Jagddarstellungen auf den beiden kürzeren Seitenstreifen des Obelisken (Taf. XXIX) sind weniger umfangreich. In der Vereinfachung und Abkürzung des Motivs erweisen sie sich als verwandt mit einer Reihe von Orthostatenreliefs aus mehr westlichen Gegenden, vom Teil Halaf in Nordmesopotamien2), wo der Kampf zu Wagen mehrfach vertreten ist, mit der Löwen- und Hirschjagd vom Hügel Arslan Tepe aus der Nähe von Malatia3) (Taf. XXX), endlich mit ähnlichen Reliefs aus Sendschirli4) und Karkemisch5) (Taf. XXXI-XXXII), bei denen das eigentliche Ziel des Kampfes bereits nicht mehr dargestellt wird, die somit am Ende einer langen Entwicklungsreihe stehen. So ermöglicht uns die motivgeschichtliche Betrachtung dieser nordsyrischen Denkmäler, die häufig wegen ihrer kompositioneilen und zeichnerischen Unbeholfenheit für urtümlich gehalten und infolgedessen sehr hoch hinauf datiert wurden6), gewisse chronologische Schlüsse; während die Qualität der Reliefsteine vor allem aus Sendschirli so gering ist, daß ihr Stil keine sichere Grundlage bietet für eine Datierung, sehen wir die Gestalt ihres Jagdmotivs von dessen ursprünglicher Fassung überaus weit entfernt. Sie stehen demnach auf einer späten Entwicklungsstufe. Ähnliche Beobachtungen konnten wir bereits machen bei dem geflügelten Menschen x ) E. Unger, Reall. d. VorgescH. XIII, Taf. LVII a. — Mitteilungen der Altorientalischen Gesellschaft VI, 1/2, 1932. — A. Jeremias, Handbuch der altorientalischen Geisteskultur, 2. Aufl. Berlin u. Leipzig 1929, Abb. 80b. - OLZ 1930, Taf. III. 2 ) v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XIX a u. b; XX a. 3 ) Meyer, R. u. K. d. Ch., Taf. VI und VII. 4 ) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XXXIX. 6 ) Reall. d. Vorgesch. VI, Taf. LXVIIb u. c. •) E. Herzfeld, Archäologische Mitteilungen aus Iran II, Berlin 1930, S. 132ff., und Anhang zu v. Oppenheim, Der Teil Halaf, S. 225. — Auch E.Meyer, Geschichte des Altertums II, 1,2. Aufl., S. 33, ist zum Teil dieser Chronologie gefolgt.
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mit Adlerkopf, der beide Hände hochhält, ohne daß die gestützte Sonnenscheibe noch zur Darstellung gelangt (oben S. 40), oder bei den sich halb erhebenden Sphingen und adorierenden Genien, denen der Lebensbaum fehlt (oben S. 42). Die nordsyrischen Steindenkmäler scheiden infolgedessen bei der Frage nach der ursprünglichen Form des Bildgedankens aus. Vielmehr sind es die frühesten Rollsiegel, die — zugleich als Abbild einer vorläufig noch verschollenen Reliefkunst — Rückschlüsse auf die Entstehungszeit des Motivs ermöglichen. Sie weisen in die Zeit zwischen 1700 und 1500 v. Chr. Für das Ursprungsland dagegen gibt uns das Verbreitungsgebiet der Denkmäler einen festen Anhalt. Der westlichste Punkt, wo wir den Bildgedanken belegen können, ist Marasch1), östlich vom Taurus. Der nördlichste ist Malatia, das östlichste Gebiet ist Assyrien; dazwischen kommt das Motiv auf dem Teil Halaf vor und ist häufig vertreten in Nordsyrien. Es ergibt sich also immer wieder der gleiche Bereich zwischen Taurus und Zagros, der politisch in der Mitte des 2. Jahrtausends etwa der Ausdehnung des M i t a n n i r e i c h e s entsprochen hat. In der Kunst des Halysbogens ist der Kampf zu Wagen nicht nachzuweisen, auch nicht vereinzelt oder in andersartiger, selbständig entwickelter Bedeutung, wie das bei einigen mythischen Typen der Fall ist. 6. Das Reiten muß im gleichen Kulturgebiet zu Hause sein wie das Fahren eines Rennwagens. Darstellungen des Reitens sind aber viel seltener als die des Fahrens. Dabei reichen die ältesten Steinreliefs kaum über das Jahr 1000 v.Chr. hinauf. Es sind uns nur Wiedergaben eines einzelnen Reiters bekannt aus Marasch4) und Teil Ahmar8) in schlechteren Exemplaren, aus Sendschirli und Teil Halaf 4 ) in besser erhaltenen. Zwei Orthostaten vom südlichen Stadttor in Sendschirli 5 ) versuchen in gleich unbeholfener Weise die Gestalt auf die Fläche zu bringen. Der eine Reiter hält einen kleinen Rundschild in der linken Hand, der andere dagegen den abgeschlagenen Kopf eines Feindes (Taf. XXXIII). Die Stellung des galoppierenGipsabguß im Berliner Museum: Przeworski, AK) V, 1928, Taf. IX, I. Garstang, Hitt. Emp., S. 233. 3 ) Syria X, 1929, Taf. XXXIV, I. 4 ) Hogarth, Kings of the Hittites, Abb. 4. — v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XVIII b. 6 ) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XXXIVc u. d, Taf. XXXV. 2)
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den Pferdes, dessen Vorderbeine ebenso wie die Hinterbeine den Boden berührt haben, ist altertümlicher als bei der Reiterdarstellung auf dem Teil Halaf, wo das Tier im natürlichen Ansprung gezeigt wird (Taf. XXXIV). Alle diese Reiterdarstellungen aber machen in ihrer Unvermitteltheit den Eindruck, als wären sie nur noch das Rudiment einer ursprünglich umfangreicheren Komposition. Solche sind uns jedoch aus dem 2. vorchristlichen Jahrtausend kaum bekannt. Eine seltene größere Schlachtszene, worin auch ein Reiter vorkommt, findet sich auf einem Rollsiegel im Musée Guimet1), das stilistisch etwa um 1000 v. Chr. anzusetzen ist. Wir können diesmal den Typus des Reiters auch mit Hilfe der Glyptik nicht bis in die Mitte des 2. Jahrtausends hinauf verfolgen. Das mag jedoch nur Zufall sein, denn ein Bild der syrischen Kriegsgöttin 'Anat in Redesie, das in die Zeit Sethos I. (etwa 1350 v. Chr.) zu setzen ist, zeigt sie als Reiterin2). Und in Ägypten ließe sich das Reiten noch früher belegen, wenn man mit Hall eine durchbrochen gearbeitete Axt wirklich in die erste Hälfte der 18. Dynastie (1580 bis 1450 v. Chr.) setzen könnte3). Es wäre aber nicht wahrscheinlich, wenn das Reiten in Ägypten etwa früher aufgekommen wäre als in Vorderasien, woher die Ägypter das Pferd erst bezogen haben; wir müssen vielmehr voraussetzen, daß uns die älteren vorderasiatischen Denkmäler mit Reiterdarstellungen verlorengegangen sind. Läßt sich die Entstehung des Motivs in diesem Falle nicht mit Sicherheit festlegen, so erweist sich doch das Verbreitungsgebiet der späteren Denkmäler wieder als das bereits häufig ermittelte: vom Taurus bis zum Zagros. 7. Wir betrachten nunmehr einen weiteren Bildgedanken, der dem Jagdleben entstammt. Die Elemente, aus denen das Motiv zusammengesetzt ist, sind wenige : ein Bogenschütze im Knielauf oder aufrecht stehend, daneben als Ziel der Jagd ein Stier oder Hirsch, aber auch ein Fabelwesen, ein geflügelter Stier, ein Schlangendrache oder in assyrischem Bereich ein geflügelter Stier mit Menschenkopf. Der x
) L. Delaporte, Catalogue du Musée Guimet. Cylindres Orientaux, Paris 1909, Nr. 116. ) Meyer, Geschichte des Altertums II, 1, 2. Aufl., S. 44. Anm. 3. a ) Liverpool Annais XVIII, 1931, Taf. I. — Zum Reiten in Ägypten vgl. W. Wolf, Die Bewaffnung des altägyptischen Heeres, Leipzig 1926, S. 89, Anm. 2. Reiten in hethitischen Texten u. a. Keilschrifturkunden aus Boghazköi VII, 25, I, 6—10. 2
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Charakter des Bildgedankens schwankt also zwischen dem Kultischen und dem Profanen. Zu den beiden unerläßlichen Elementen der Kampfszene, dem Bogenschützen und dem Wild, den einzigen Bildgliedern, die die erhaltenen spätesten Vertreter der Plastik und Glyptik notgedrungen noch beibehalten haben, tritt gelegentlich ein Nebenelement, ein stilisierter Baum oder eine Pflanze auf einem kleinen Hügel. Diese figurenarme Form des Bildgedankens dürfte aber wieder nur auf Erstarrung, auf Abnutzung zurückzuführen sein. Einzelne Andeutungen sprechen noch für das einstige Vorhandensein einer entwickelteren ursprünglichen Fassung. Nun besitzen wir zwar eine lebendige Darstellung einer Jagd zu Fuß mitten im Getier auf einem Relief auf zwei wahrscheinlich zusammengehörigen Orthostatenblöcken1) aus Ujük, einer Burg im Gebiet des kleinasiatischen Hethiterreichs. Das Relief wiederholt auf dem einen Block zwei ähnliche Szenen in zwei Streifen übereinander: ein knieender Bogenschütze zielt auf einen herankommenden Eber beziehungsweise einen fliehenden Hirsch (Taf. XXXV); auf dem zweiten Block sind mehrere Tiere und Pflanzen ebenfalls in zwei Streifen übereinander dargestellt (Taf. XXXVI). Ujük aber ist ein Fundort, der nicht mehr zu dem uns bereits geläufig gewordenen Verbreitungsgebiet „Taurus bis Zagros" passen will. Wie wir jedoch bei der Betrachtung der Kunst im Halysgebiet, wozu Ujük seiner Lage nach gehört, noch sehen werden (s. unten S. 70 ff.), stimmt das vorliegende Relief weder im Thema noch im Stil zur sonstigen Plastik dieses Kreises. Ferner kann die früher übliche Datierung dieser Reliefs in das 2. Jahrtausend, denen in Ujük nur noch wenige stilistisch verwandte Stücke zur Seite stehen, kaum noch aufrechterhalten werden. Wir haben es vielmehr mit einem späteren Denkmal zu tun2), das stilistisch vielleicht unter Einfluß des Mittelmeerkreises steht, inhaltlich aber auf ein Motiv des Mitannireiches zurückgreift; letzteres ist auch bei dem Denkmal von Iflatun Bunar der Fall. Bei den Jagdreliefs in Ujük kann aber des völlig andersgearteten Stiles wegen nicht auf eine unmittelbare assyrische Rückwirkung auf Kleinasien im I.Jahrtausend geschlossen werden. 2)
Weber, Kunst der Hethiter. Taf. XL. — Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXXI. Vgl. v. Bissing, Zeit u. Stil, AfO VI, 1931. S. 166.
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Wie dem auch sei, jedenfalls zeigen die hierher gehörigen Reliefs vom Teil Halaf und aus Nordsyrien so gut wie gar nichts mehr von einer ähnlich lebendigen ursprünglichen Komposition. Am Teil Halaf wurde schon bei vorläufigen Schürfungen im Jahre 1899 eine Hirschjagd 1 ) bloßgelegt. Bei den späteren Grabungen kam ein genaues Gegenstück in der Form einer Stierjagd ans Licht. Jäger und Wild sind unnatürlich nahe aufeinander gerückt2), jedes Beiwerk fehlt. Dadurch bekommt die Darstellung gewissermaßen eine symbolische Wirkung, so blutleer die Komposition auch sein mag. Demgegenüber zeugen zwei der ältesten Orthostaten am südlichen Stadttor in Sendschirli8), die wahrscheinlich zu einer Jagdszene zusammenzufassen sind (Taf. XXXVII), von einer noch etwas näheren Verwandtschaft mit dem ursprünglichen Gedanken einer wirklichen Jagd trotz des mangelnden formalen Könnens sowohl in kompositioneller wie in rein technischer Hinsicht. Auf dem ersten Stein ist ein Bogenschütze im Knielauf notdürftig gezeichnet. Hinter ihm ist quer zur Bildfläche ein Hase angebracht4), um die Bildfläche auszunutzen. Auf dem zweiten Stein steht ebenso unbeholfen im Felde ein angeschossener Hirsch, ein Hund füllt den freien Raum über dem Hirsch aus. Der Hase hinter dem Jäger dürfte das Rudiment einer ehemals figurenreicheren Darstellung sein. Alle übrigen Beispiele des Motivs gehören der Steinschneidekunst an. Sie bieten, abgesehen von einem Stück im Louvre 6 ) (Taf. XXXVIII, 2), das in den nordsyrisch-nordmesopotamischen Kreis um 1500 v.Chr. gehört, durchweg das abgeschliffene Schema, mit dem geringen, durchgehenden Unterschied, den wir auch bei den eben betrachteten Reliefs bereits feststellen konnten: auf manchen steht der Bogenschütze aufrecht, in vollkommen ruhiger Haltung, auf anderen dagegen kniet er nieder. Den Grabungen in Assur entstammen mehrere hierher gehörige Rollsiegel, die sich auf Grund ihres Stiles sowohl wie ihres Fundortes chronologisch einigermaßen einordnen lassen. Sie reichen kaum noch AOX, 1,1908, Abb. 8. Vgl. zu dieser Darstellungsart Schäfer, Von ägypt. Kunst 3, S. 171. 3 ) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XXXIV. 4 ) Vgl. hierzu das quergestellte Wild auf dem oben S. 51 besprochenen Rollsiegel mit einer Jagd zu Wagen. ' ) Delaporte, Louvre A 950, Taf. XCVII, 23. 2)
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in das 2 . Jahrtausend hinauf1). Das Stück V A 4 2 1 2 (Taf. X X X V I I I . 3) zeigt einen knieenden Bogenschützen, der auf einen geflügelten Stier mit Menschenkopf zielt, während auf V A 4 2 4 4 (Taf. X X X V I I I , 4) ein geflügeltes Pferd (?) das Ziel des Kampfes bildet. Ein kleiner stilisierter Palmettbaum dient als Füllung. Zwei weitere stilverwandte Stücke, V A 7951 (Taf. X X X V I I I , 5) und V A 3998, stellen den Schützen stehend dar, wie er auf einen Schlangendrachen zielt. Es ist auffällig, wie auf diesen assyrischen Rollsiegeln das Motiv in das Kultische umgebogen wird. Bei dem Drachenkampf mag wieder eine Motivumdeutung vorliegen, wie wir sie auch bei der geflügelten Sonne in Assyrien feststellen konnten, denn es liegt nahe, den Bogenschützen, der auf ein Drachenungeheuer schießt, als den Nationalgott Asur im Kampf mit Tiamat zu deuten. Zusammenfassend läßt sich also über dieses Bogenschützenmotiv folgendes sagen: zeitlich ist vorläufig auch mit der Steinschneidekunst nur vereinzelt über die Wende des 2. und 1. Jahrtausends v.Chr. hinaufzukommen. Doch müssen wir nach Analogie des Wagenjagdmotivs und auf Grund der Abgegriffenheit des Bildgedankens auf den späten Denkmälern einen älteren, umfangreicheren voraussetzen, der aller Wahrscheinlichkeit nach in die Nähe des Wagenkampfmotivs gehören muß. Sein Verbreitungsgebiet liegt wieder zwischen Taurus und Zagros; in allen Ländern von Nordsyrien bis Assyrien ist er häufig zu belegen. Wenn das erwähnte Relief in Ujük nach Westen über diese Grenzen hinausreicht, so muß das in einer späteren, fremden kulturellen Beeinflussung jenes Gebietes, als das Hethiterreich von Chattusas jede Macht verloren hatte, seine Erklärung finden. 8. Ein weiteres Motiv, das gedanklich in den Kreis von Kriegsund Jagddarstellungen gehört, ist das einfache Bild eines Kriegers. Es kommt einzeln vor oder in prozessionsmäßiger Reihung. In Assyrien können wir diesen Bildgedänken erst seit Tiglatpileser III. (8. Jahrhundert v. Chr.) belegen. In Arslan Tasch finden wir als Wandschmuck eines provinziellen Baues dieses Königs lange Reihen von schreitenden Kriegern dargestellt2). *) Vgl. Weber, AO 17/18, Nr. 519, wo das Siegel etwas zu hoch datiert ist. Ein Stück VA 6936 aus Babylon gehört ebenfalls hierher. 2 ) E. Unger, Die Reliefs Tiglatpilesers III. in Arslan Tasch, Konstantinopel 1925, Taf. III, V, VI. — F. Thureau-Dangin, Arslan Tash. Paris 1931, Taf. VIII, IX 1, X.
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Nordmesopotamien kennt das Motiv in zahlreichen Beispielen auf den Orthostaten des Teil Halaf, wo einzelne Kriegerdarstellungen häufig vorkommen, und zwar in der verschiedensten Bewaffnung, mit Bogen, Schleuder, Speer und Schild, Schwert oder Keule 1 ) (Taf. XXXIX). Aber auch zwischen Euphrat und Taurus läßt sich der Typus mehrfach nachweisen, in Sendschirli sowohl wie in Karkemisch. In Sendschirli kennen, wir Bilder einzelner Krieger mit Axt und Schwert2) (Taf. XL) oder mit Schwert, Speer und Schild 8 ) (Taf. XLI). In Karkemisch dagegen ist es gerade die jüngste Klasse von Denkmälern, die uns Reihen von Soldaten und Leibwachen in verschiedener Bewaffnung vorführt4) (Taf. XLII, XLIII), hier wohl schon unter assyrischer Rückwirkung. Wir sind also zwar in der Lage, an Hand von verhältnismäßig späten Denkmälern die Verbreitung dieses Bildgedankens in dem uns geläufigen Gebiet zwischen Taurus und Zagros zu verfolgen5), doch lassen uns die Monumente — diesmal auch die Glyptik — völlig im Stich, was die zeitliche Grenze nach oben in das 2. Jahrtausend hinauf angeht. Wenn man will, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, die ganzen nordsyrischen Denkmäler, auch die verhältnismäßig frühen aus Sendschirli, auf Einflüsse der assyrischen Kunst des ausgehenden 2.Jahrtausends zurückzuführen. Aber auch in Assyrien können wir das Krieger- bzw. Kriegerzugmotiv erst seit dem 8. Jahrhundert v. Chr. belegen. Wir dürfen also wohl mit einiger Wahrscheinlichkeit und nach Analogie der vorhin betrachteten Bildgedanken auch für dieses Motiv einen Urtypus annehmen, der etwa um die Mitte des 2. Jahrtausends entstanden sein dürfte, zur Zeit, als das betreffende Verbreitungsgebiet „Taurus bis Zagros" noch eine politische Einheit bildete. 9. Die Durchsicht der eignen Motive des Mitannikreises soll nicht beschlossen werden ohne einen Hinweis auf zwei weitere Bildgedanken. Ihr Vorkommen ist jedoch nicht häufig genug, um eine ausführliche Behandlung zu rechtfertigen. V. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XVII u. XVIIIa. Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XLII links. 3 ) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XL. 4 ) Carchemish I, Taf. B 2, B 3, B 4. *) Die sog. Kriegerprozession in Jazylykaya (s. unten S. 90) gehört nicht in diesen Zusammenhang. 2)
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In der Plastik kennen wir einen Typus des Lammträgers, der ebenso wie der Krieger einzeln oder gereiht vorkommen kann. In Sendschirli1) schmückt er die Schmalseite eines Orthostaten vom äußeren Burgtor (Taf. XLIV, 1). In Karkemisch2) dagegen kommt er in einer langen Reihe (Taf. XLIV, 2) innerhalb einer Prozession vor, worauf noch in anderem Zusammenhang zurückzukommen ist (s. unten S. 80f.), und sein ältester Beleg findet sich auf einem doppelstreifigen Rollsiegel im Louvre3), deutlich mitannischen Stils (Taf. XII, 7). Uberall handelt es sich um denselben aufrecht schreitenden Mann, der ein Lamm schultert und den Urtypus zum sogenannten „Guten Hirten" darstellt. Das zweite ist ein merkwürdiges, dreigliedriges Motiv, das bisher nur in drei Beispielen zu belegen ist: Zwei Männer fesseln einen in Vorderansicht dargestellten dritten in ihrer Mitte und töten ihn. Unter den Steindenkmälern finden wir diese Szene in Karkemisch4) (Taf.XLV) und auf dem Teil Halaf 5 ). In der Kleinkunst kehrt sie wieder auf einer getriebenen Bronzeschale phönikischer Arbeit6), die in Nimrud, der Stadt Asurnasirpals II., gefunden wurde. Inwiefern diesem Motiv äußerlich ähnliche Kompositionen auf einer Kerkukabrollung7) (Abb. 8) und auf einem assyrischen Rollsiegel VA 42158) auch innerlich verwandt sind, läßt sich vorläufig nicht entscheiden. Wir haben nunmehr einen Uberblick gewonnen über eine ganze Reihe mythischer und profaner Vorwürfe, die den Kern im Motivenvorrat aller darstellenden Kunst der vorderasiatischen Welt zwischen Taurus und Zagros seit dem 2. vorchristlichen Jahrtausend bilden. Ihre Entstehung war in keinem Falle vor dem 17. bis 15. Jahrhundert v. Chr. denkbar, ihre Entwicklung vielfach noch innerlich und äußerlich von der Mitte des 2. Jahrtausends bis in den Anfang des ersten zu verfolgen. Die Topographie ihrer Verbreitung ergab durchweg J)
Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XXXVIIb; S. 224, Abb. 104. Carchemish II, Taf. B 22 unten, B 23 und B 24. 3 ) Delaporte, Louvre, A 1191, Taf. CVI, 18. «) Carchemish I, Taf. B 15 b. 6 ) v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XXXVI a. ' ) A. H. Layard, Monuments of Nineveh II, London 1853,Taf. LXV. ») Weber,A017/l8,Nr.268a. 8 ) AfO V, 1930, Taf. XI. 2. 2)
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das gleiche Gebiet, das Syrien, Nordmesopotamien und Assyrien umfaßt. Diese Reihe von Motiven muß also einer neuen kulturellen Schicht entsprechen, die sich seit der Mitte des 2. Jahrtausends über die älteren Kulturschichten gelegt hat. Damit waren aber diese älteren Schichten noch nicht völlig verdeckt und in ihrer Bedeutung getilgt. Wo liegen also im späteren Bildgedankenbestand dieser Gegenden die Beweise für das Fortwirken jener älteren Strömungen? B. Motive, die auf ältere Kulturen zurückgehen Die Untersuchung der kappadokischen Siegelabrollungen und der syrischen Glyptik (oben Kap. I/II) ließ uns bereits für die Zeit um 2000 v. Chr. einen religiösen Zusammenhang zwischen Südostkleinasien und Nordsyrien erkennen, der sich in gemeinsamen Göttertypen äußert. 1. Bei den französischen Grabungen in Teil Ahmar kamen neuerdings zwei Stelen 1 ) zutage, die im Stil und wegen der erhaben gemeißelten hethitischen Hieroglyphen auf ihrer Rückseite mit den jüngeren Denkmälern von Karkemisch eng verwandt sind. Die eine (Taf. XLVI) ist in der Oberfläche stark verwittert, die andre (Taf. XLVII) ist in dieser Hinsicht besser erhalten, unten jedoch zu etwa einem Drittel abgebrochen. Sie tragen auf ihrer Vorderseite das Relief des Wettergottes: mit Axt und Blitz bewaffnet, steht er aufrecht auf seinem Stier, wie er bereits auf einer kappadokischen Siegelabrollung des ausgehenden 3. Jahrtausends abgebildet ist (Abb. 3). Neu dagegen sind die über dem Gotte schwebende geflügelte Sonne, das Schwert an seiner Seite und das Flechtband unter dem Stier, den wir wohl bei der zweiten Stele (Taf. XLVII) zu ergänzen haben, trotz des langen Zopfes, der ein Merkmal des zweiten, zu ebener Erde stehenden Wettergottes ist. 2. Dieser zweite Typus des Wettergottes, der uns von der nordsyrischen Glyptik her gut bekannt ist (oben S. 31), läßt sich um die Wende des 2. und I.Jahrtausends auf einem Orthostaten vom äußeren Burgtor in Sendschirli2) nachweisen (Taf. XLVIII). Er trägt >) Syna X, 1929, Taf. X X V I I I - X X X I I I . a ) Ausgrabungen in Sendschirli III, Taf. XLI links.
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einen kurzen Schurz, den auch auf den älteren Siegeln für ihn bezeichnenden langen, unten eingerollten Zopf, holt mit der Rechten aus, um eine Axt zu schwingen, und hält in der Linken den Blitzdreizack. Bemerkenswert ist auch hier das Schwert, das er an der Seite führt, eine Waffe, die doch wohl erst seit dem Ende des 2. Jahrtausends gebräuchlich wird. Auf einer nach Babylon als Trophäe gebrachten Basaltstele1) (Taf. XLIX) finden wir den Gott wieder, beinahe in jeder Einzelheit dem Stück aus Sendschirli entsprechend. Auffällig ist jedoch bei beiden Darstellungen das Fehlen des auf den Siegeln neben dem Gott liegenden Stieres. Darin kann eine der in dieser späten Kunst Nordsyriens üblichen Abkürzungen des Motivs erblickt werden, wie sie bereits häufiger bei den übrigen Bildgedanken nachzuweisen war. 3. Wir erwähnten bereits mehrfach die Darstellung von Gottheiten, die aufrecht auf dem Rücken eines Tieres stehen; wir haben es dabei mit einem Schema zu tun, dem sicher ursprünglich ein tieferer Sinn zugrunde gelegen hat, das aber vor allem in den nördlichen Gegenden Vorderasiens durch jahrtausendelange Abnutzung zu einer Formel geworden ist. Jedenfalls geht dieses Schema, das uns auf den kappadokischen Siegeln bereits begegnete, auf eine sehr alte Kulturschicht zurück. Zahlreich sind die Beispiele in der späteren Rundplastik. Eine kleine Bronzestatuette2) der Berliner Sammlung VA 3868 zeigt eine Muttergöttin, die auf einem Löwen steht (Taf. L). Auf Grund ihres eigentümlichen Kopfschmuckes, der aus einem doppelten Stirnband mit hinten herabhängenden Wülsten und aufgesetztem Knauf besteht, ist sie als eine spezifisch mitannische Göttin zu deuten3). In Sendschirli ist es vor allem der eigentümliche Gott im langen, gegürteten Hemd, mit dem Schwert an der Seite4); er steht hoch auf zwei Löwen, die von einem „Gilgamesch" im Knielaufschema geführt werden (Taf. LI). Eine Variante ist es nur, wenn wir den Gott oder die Göttin auf ihrem Throne sitzend von zwei Tieren getragen sehen, *) R. Koldewey, Das wiedererstehende Babylon, 4.Aufl., Leipzig 1925, Abb. 103. 2 ) Weber, Kunst der Hethiter, Taf. VIII/IX. 3 ) Berliner Museen LI, 1930, S. 56ff. *) Ausgrabungen in Sendschirli IV, S. 365, Abb. 265.
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wie es im mitannischen Kreis am frühesten auf einem nordmesopotamischen Siegel im Louvre1) aus der Mitte des 2. Jahrtausends belegt ist. In dieser Form kehrt das Schema wieder bei dem in all seiner materiellen Ungelöstheit doch geschlossensten und auch eindrucksvollsten Kunstwerk nordsyrischer Rundplastik, dem gewaltigen Bild eines auf zwei Löwen thronenden Gottes aus Karkemisch2) ( T a f . L I I ) . Auch in Assyrien lebt das Schema des auf einem Vierfüßler stehenden oder thronenden Gottes nach (vgl. unten S. 93, 102). 4. Ein zweites formales Motiv, das in dem Gebiet von Syrien bis Assyrien eine bedeutende Stellung einnimmt und wieder auf eine ältere Tradition zurückzuführen sein dürfte, ist das Kultrelief mit der Darstellung einer Gottheit in Vorderansicht, d.h. ein Relief, das durchaus dieselbe Funktion ausübt wie in den meisten übrigen Kulturen das Rundbild. Das Relief wird in diesem Falle ebenso wie die Götterstatue unmittelbares Objekt der Anbetung, und zwar äußert sich die direkte Beziehung der dargestellten Gottheit zum Beschauer oder besser Adoranten gerade in der en face-Darstellung des Bildes. Wenn der Meister bei einer Profildarstellung dem Beschauer sozusagen in der dritten Person über eine Begebenheit, über eine Gottheit erzählt, so redet er bei einem Kultrelief in Vorderansicht die Gottheit selber an3). Das wichtigste Beispiel dieser Gattung, wohl eines der ältesten Stücke einheimischer nordmesopotamischer Plastik, das uns erhalten geblieben, ist das aus zahlreichen Bruchteilen glücklich wieder zusammengesetzte Kultrelief, das völlig zerstört auf dem Grunde eines Brunnens in Assur gefunden wurde4) ( T a f . L I I I ) . Es stellt einen Gott in Vorderansicht dar, dessen Unterkörper durch ein in Vorderasien allgemein verständliches Schuppenornament als Berg bezeichnet wird. Er hält in beiden Händen einen Zweig mit Früchten, an denen je eine Ziege frißt. Neben dem Gott stehen zwei kleiner gebildete Göttinnen, deren Unterkörper in Wasserwellen stilisiert sind, demnach Flußgottheiten. Die stilgeschichtliche Untersuchung x ) Delaporte, Louvre, A 1194, Taf. CVI, 21. Ähnlich auf dem nordsyrischen Siegel Louvre A925, Taf.XCVI, 22. 2 ) Carchemish II, Taf. B25. 3 ) Das Relief dieser Gegenden berührt sich darin mit demjenigen des Mittelalters. Vgl. Rodenwaldt, Das Relief bei den Griechen, Berlin 1923, S. 10. 4 ) W. Andrae, Kultrelief aus dem Brunnen des Asurtempels zu Assur, WVDOG 53, Taf. I.
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weist das Stück mit Sicherheit in die Mitte des 2. Jahrtausends, in eine Zeit, wo Assyrien starkunter mitannischem Einfluß stand. Eis kann demnach nicht wundernehmen, wenn wir eine Parallele zu dem Berggott auf einem Rollsiegel finden, das von dem entgegengesetzten Ende des Mitannigebietes stammt, nämlich aus der Gegend von Karkemisch1). Ein zweites Beispiel eines solchen Götterreliefs en face ist der schon seit dem 18. Jahrhundert bekannte Stein aus Karkemisch2) mit der Wiedergabe einer weiblichen Gottheit im langen, feingefältelten Gewand3) und schwerem Brustschmuck (Taf. LIV); leider fehlt das Antlitz. Die Rückseite ist mit einer erhaben gemeißelten Inschrift in hethitischer Bilderschrift bedeckt. In dieselbe Kategorie von Kultreliefs gehört auch die Darstellung einer nackten geflügelten Göttin4) aus Karkemisch, die die Hände an die Brüste legtEndlich gibt es auf dem Teil Halaf Orthostaten mit dem en faceBilde eines mäniilichen Gottes im langen Hemd und mit niedriger Federkrone, der in der Rechten eine Keule, in der Linken ein Krummholz hält®). Die Reliefdarstellung einer Gottheit in voller Vorderansicht, in der Funktion eines Kultbildes dem Götterrundbild gleichgestellt, erweist sich somit als eine Eigentümlichkeit des Gebietes, das von Nordsyrien bis Assyrien reicht. Ältere Vorstufen dürfte es dafür bereits in früheren Zeiten gegeben haben. Etwas anderes zwar ist es, wenn auf altsumerischen Siegeln der „Gilgamesch" mit dem Antlitz in Vorderansicht abgebildet wird oder wenn Humbaba-Darstellungen das Gesicht dieses Dämons ebenfalls en face zeigen. Dabei soll im Grunde nur die Maske zur Geltung kommen. Auch in Kleinasien gibt es wohl nichts Verwandtes; das Felsbild der Muttergöttin am Sipylos8) kann man nicht damit vergleichen. Dagegen scheint dem Bilde der Göttin mit geöffnetem Schleier auf kappadokischen und syrischen Siegeln des 2. Jahrtausends etwas Ähnliches zugrunde zu liegen Hogarth, Hitt. Seals, S. 68, Abb. 71. Carchemish I, S. 5, Abb. 3. 3 ) In dieser Tracht mag sich ein Einfluß der Kunst des kleinasiatischen Hethiterreiches bemerkbar machen. (S. unten S. 90 die Göttinnen in Jazylykaya.) 4 ) Perrot-Chipiez, Histoire de l'Art antique IV, S. 808. 6 ) v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. IXb. a ) Meyer, R. u. K. d. Ch., S. 73, Abb. 59. 2)
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(oben S. 21, 31). Möglicherweise geht die en face-Darstellung dieser kleinen Denkmäler auf ein Kultrelief zurück1). Ein solches ist uns denn auch aus dem 3. Jahrtausend noch erhalten in einem Stuckrelief, dem Kultbild im archaischen Ischtartempel in Assur2). 5. In der nordsyrischen Plastik des ausgehenden 2. und des beginnenden 1 .Jahrtausends v. Chr. nimmt eine Gruppe von Stelenreliefs eine bedeutende Stellung ein, die gelegentlich als Grabmäler aufgefaßt wurden, jedoch wohl eher als Kultreliefs zu verstehen sind: soviel wenigstens geht aus ihrem Motiv mit einiger Deutlichkeit hervor3). Es sind bei der Frage nach der Herkunft des Motivs in diesem Falle gewisse Unterschiede zu beachten: mehrere dieser Reliefs und vergleichbare Siegeldarstellungen zeigen eine sitzende Gestalt, vor ihr einen kleinen, dreibeinigen Speisetisch und als drittes Bildglied einen zelebrierenden Diener oder Priester, so z. B. auf einem Stück aus Saktschegözü4), auf bereits aramäischen Reliefs aus ördek Burunu 6 ) (Taf. LV), aus Sendschirli6) (Taf. LVI) und auf einem Stein aus Marasch7). Das kann doch kaum etwas anderes sein als die Wiedergabe einer kultischen Handlung, sei es vor einem Gott, sei es vor einem vergöttlichten König oder Königin. Wir fanden bereits bei der Betrachtung der kappadokischen Siegelabrollungen eine Darstellung der Götterverehrung, die genau in der gleichen Weise aus denselben Elementen : thronendem Gott, dreibeinigem Speise- oder Opfertischchen und einem Adoranten zusammengesetzt (oben S. 22) und von den gleichzeitigen, aus sumerischem Gebiet stammenden Kultszenen deutlieh zu unterscheiden ist. Das Motiv mit Thronendem und Adoranten bleibt nicht immer auf die kleine Anzahl von Bildgliedern beschränkt, kann vielmehr durch Nebenfiguren erweitert werden. Auf einem der ältesten Reliefs 1 ) Ob die zahlreichen altmesopotamischen Terrakotten mit einer Gottheit in Vorderansicht (z. B. E. D. van Buren, Clay figurines of Babylonia and Assyria. New Häven 1930, Taf. Vff. passim) ein originales Kultrelief oder eine rundplastische Götterstatue wiedergeben, wird sich kaum entscheiden lassen. Das zweite ist wahrscheinlicher. 2 ) W. Andrae, Die archaischen Ischtartempel in Assur, WVDOG 34, Taf. XXVIIIc. 3 ) Zuletzt v. Bissing, Zeit u. Stil, AfO VI, 1931, S. 170ff. — 0 . E. Ravn, Seal 8361 of the Collection of Cylinder Seals, Nationalmuseet, Köbenhavn. In: Acta OrientaliaX, 1931. 4 ) Liverpool Annais I, 1908, Taf. XXXV. 6 ) Ausgrabungen in Sendschirli IV, Abb. 239. ' ) Ausgrabungen in Sendschirli IV, Taf. LIV. ' ) Meyer, R. u. K. d. Ch„ Abb. 29.
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aus Karkemisch1), das vom dortigen Wassertor stammt und wohl noch in das Ende des 2. Jahrtausends zu setzen ist, sehen wir eine männliche Gestalt vor einem gedeckten Tischchen sitzen (Taf. LVII). Sie hält, wie häufig, einen Becher in der Linken. Ihr gegenüber steht, wie üblich, ein Diener. Hinter dem Thronenden aber befindet sich noch ein zweiter Diener mit einem Wedel in der erhobenen Hand und ihm entsprechend auf der andern Seite ein Lautenspieler. Inhaltlich zu trennen von diesen Stelen sind diejenigen, die beiderseits von dem Speisetischchen einen sitzenden Mann oder Frau zeigen: so in Malatia 2 ) (Taf.LVIII), in Marasch 3 ) (Taf.LIX), auf einem älteren Sendschirlistein4) (Taf. LX), auf einem Stück aus Karaburdschlu6) (Taf.LXl) oder auf einem Relief im Konstantinopler Museum6), wo allerdings noch eine kleine Dienerin hinzutritt. Dieses Motiv muß ebenfalls kultische Bedeutung haben, doch kann es sich hier nicht um die Verehrung eines Gottes oder Königs handeln, vielmehr dürfte es ein Gegenstück sein zu der gerade auf nordsyrischen Rollsiegeln beliebten Trinkszene, die ein Motiv der altsumerischen Kunst weiterführt (vgl. oben S. 31). Ebenso wie auf den syrischen Reliefs zwei Personen um einen Speisetisch sitzen, so dort um ein großes Gefäß, woraus sie gemeinsam trinken, in der Regel mit einem Saugrohr, gelegentlich aber auch mit einem Becher. Wir hätten also in den Kultszenen mit Sitzendem, Speisetisch und stehendem Adoranten das Nachleben eines eigenen Motivs der südost-kleinasiatisch-nordsyrischen Gegenden zu sehen, das wir auf kappadokischen Abrollungen bis in den Anfang des 2. Jahrtausends hinauf belegen konnten. Das andere Motiv aber, wo zwei Personen an einem Tischchen sitzen und speisen, dürfte als Analogiebildung zur weitverbreiteten, in Syrien besonders beliebten Trinkszene in den Kreis derjenigen Bildgedanken gehören, die einer noch älteren Kulturlagerung entstammen und mit der sumerischen Welt in Zusammenhang zu bringen sind7). Carchemish II, Taf. B30 unten. Corpus Inscriptionum HettWcarum, MVAG V, 1900, Taf. XVI; AfO V, 1930. Taf. IX, I. ») Abguß im Berliner Museum, VAG 60. 4 ) Ausgrabungen in Senschirli III, Taf. XXXVII links. s ) Ausgrabungen in Sendschirli IV, Abb. 237. «) Konstantinopel 7785. - Reall. d. Vorgesch. VII, Taf. CLXIVb. ' ) Vgl. hierzu Weber, AO 17/18, S. 107 ff. 2)
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Moorgat, Die bildende Kunst des alten Orients
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6. Eine mittelbare oder unmittelbare Beziehung zwischen Bildgedanken der altsumerischen Kultur und solchen der Kunst des 2. Jahrtausends im Gebiet zwischen Taurus und Zagros läßt sich in mehreren Fällen beobachten, während wir ihr Weiterleben in der dazwischenliegenden akkadisch-altbabylonischen Epoche nicht belegen können. Weniger bedeutsam mag es sein, wenn wir den Löwen und den Stier wie in allen vorderasiatischen Ländern so auch hier eine hervorragende Stelle einnehmen sehen. Wir sind vorläufig nicht recht in der Lage, die Bedeutung dieser Tiere, entweder kultische oder magische, in den verschiedenen Ländern: Sumer, Akkad, Elam, Assyrien und Kleinasien zu fassen, und man kann deshalb nicht jede Löwen- oder Stierdarstellung auf das sumerische Vorbild zurückführen. Jedenfalls scheint ihre Verwendung als Torlaibungsskulpturen eine Eigentümlichkeit der Bergvölker zu sein, zugleich ein Ergebnis der architektonischen Orthostatentechnik, d. h. des Wandsockelreliefs, das dem südlichen Mesopotamien unbekannt ist. a) Deutlicher ist der Zusammenhang mit der sumerischen Kultur bei den eigentümlichen Motiven, die einen Stier und einen Löwen, gelegentlich auch einen Hirsch und einen Löwen, im Kampf vorführen. Auf den kleinen Orthostaten vom Teil Halaf1) finden wir die beiden Tiere in derselben unnatürlich hochaufgerichteten Haltung oder in chiastisch verschränkter Stellung, wie uns das von den altsumerischen Rollsiegeln und neuerdings auch von einem Lapislazulimosaik aus den Königsgräbern in Ur 2 ) ( T a f . L X I I , 1) bekannt ist. Auch bei allen stilistischen Unterschieden in der Zeichnung der einzelnen Tiere hier und dort bleibt die völlige Ubereinstimmung in ihrer absonderlichen Stellung so auffällig, daß wir an einem Zusammenhang, einer motivischen Tradition, nicht vorbeikommen. Bemerkenswert ist jedoch, wie auch in diesem Falle der Bildgedanke in abgenutzter, beinahe sinnloser Form erscheint. Auf den Orthostaten vom Teil Halaf sind die Darstellungen einzelner, sich bäumender Tiere, denen der Widerpart fehlt, durchaus häufig 3 ). x)
v. Oppenheim, Der Teil Halaf. Taf. XXVI a, XXVIII a. Antiquaries Journal VIII, 1928Taf. LV. 3 ) v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XXIIb, XXIIIa, XXIVa. An eine ursprüngliche Anordnung der Orthostaten auf dem Teil Halaf, die einen sinnvollen Zusammenhang der Einzeldarstellungen ergeben hätte, ist kaum zu glauben; sie ist auch aus dem vorhandenen Material nicht wiederherzustellen. 2)
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b) Seit den Grabungen in Ur haben wir nun auch einen künstlerisch hochwertigen Beleg, und zwar in voller rundplastischer Form, für das Motiv zweier Ziegen, die, hoch auf den Hinterbeinen stehend, von einer in ihrer Mitte befindlichen Pflanze fressen. Ins Relief übersetzt, entspricht dem vollständig die Darstellung auf zwei Halborthostaten vom äußeren Burgtor in Sendschirli1) (Taf. LXIII). Verwandt ist damit selbstverständlich das Motiv, das zwei liegende oder stehende Tiere einen stilisierten Palmettbaum flankieren läßt. Wir kennen es in Karkemisch2) (Taf. LXIV), auf nordsyrisch-nordmesopotamischen Siegeln (Taf.X,8; XII, 1,4) und in Assyrien auf den Wandgemälden aus Kartukultininurta3) (1250 v. Chr.). In dem erwähnten Relief in Sendschirli jedoch, wo die hochaufgerichtete Haltung der Tiere dem Altsumerischen genau entspricht und die Pflanze so gar nicht in der Art eines Palmettbaumes stilisiert, sondern mehr buschförmig naturalistisch gebildet ist, muß noch irgendwie eine starke altsumerische Tradition fortwirken. c) Solche mittelbaren Beziehungen äußern sich ferner z. B. bei einem so merkwürdigen Mischwesentypus wie dem Skorpionmenschen, den wir jetzt ähnlich wie in Karkemisch4) auch aus einem altsumerischen Mosaik aus Ur s ) kennen. Und schließlich müssen sie sogar bei einem von der nördlichen vorderasiatischen Welt völlig assimilierten und selbständig ausgebauten Bildgedanken vorausgesetzt werden, wie es der Kampf zu Wagen gewesen ist. Ein Blick auf einen Zug von Kriegswagen in der Schlacht, wie er auf der „Standarte" in Ur®) (Taf. LXII, 2) dargestellt wird, genügt, um auch in dieser Hinsicht Verwandtschaft zwischen Altsumer und der Kunst des Nordens seit der Mitte des 2. Jahrtausends erkennen zu lassen. Die bisherige Untersuchung der bildhauerischen Uberreste Nordsyriens und Nordmesopotamiens hat bestätigt, was uns der Uberblick über die Steinschneidekunst derselben Gegenden im vorhergehenden Abschnitt bereits vermuten ließ. Es gibt einen großen Komplex von Ausgrabungen in Sendschirli III. Taf. XXXVIII oben. — Weber, Kunst der Hethiter Taf. XLII. ) Carchemish I, Taf. B 13 b. 8 ) W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Taf. II. 4 ) Carchemish I, Taf. B 16. 6 ) Antiquaries Journal VIII, 1928, Taf. LXIV, 2 unten. •) Ebenda, Taf. LIX. 2
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Bildgedanken, die als Ganzes eine geschlossene Gedankenwelt zum Ausdruck bringen, und die sich topographisch immer wieder decken mit dem vielfach erwähnten Gebiet zwischen Taurus und Zagrosgebirge. In diesem Komplex gehen eine Reihe von Motiven auf vorderasiatische Kulturen zurück, die vor der Mitte des 2. vorchristlichen Jahrtausends liegen, mehrere davon auf die altsumerische, andere führen altkappadokische Uberlieferungen weiter; der Hauptbestandteil dieses Bildgedankenkomplexes jedoch ist neu, sowohl in seinen zahlreichen mythologischen Bildungen wie in der Wiedergabe profaner oder halbprofaner Szenen des Kriegs- und Jagdlebens. Zudem ließ sich nachweisen, daß der letztere, bedeutendere Teil im Motivenvorrat der bildenden Kunst jener nördlichen Gegenden — der übrigens auch der Bildervorrat der späteren großen assyrischen Kunst ist — in den Jahrhunderten vor und nach 1500 v. Chr. entstanden und entwickelt sein muß. Es ließ sich weiter noch erkennen, wie dieser ganze Motivenbestand in den uns zahlreich überkommenen Denkmälern nordsyrisch-nordmesopotamischer Lokalfürstentümer aus der Zeit um 1000 v.Chr. (Sendschirli, Karkemisch, Teil Ahmar, Teil Halaf) bereits in stark abgenützter, abgegriffener Gestalt erscheint, während er in der Kunst Assyriens im Laufe des 1. Jahrtausends zu einer neuen Blüte geführt wird. Da nun das Gebiet „Taurus bis Zagros" sowie die Entstehungszeit von etwa 1800 bis 1400 v. Chr. beide vollkommen übereinstimmen mit allem, was wir über die räumliche und zeitliche Ausdehnung des Mitannireiches aus historischen Quellen wissen, kann kaum noch ein Zweifel darüber bestehen, daß der Motivenbestand, den wir im vorhergehenden behandelt haben, die Gedankenwelt dieses Mitannireiches, wenn auch nur in lokalen und späteren Brechungen, spiegelt. Wir besitzen noch keine große Plastik dieser für die weitere Geschichte Vorderasiens wichtigen politischen Macht, wir können noch nichts aussagen über den Stil einer solchen Kunst, die wir mit Wahrscheinlichkeit annehmen dürfen, sind aber imstande, an Hand der hier zusammengestellten Bildgedanken wenigstens einen Blick zu tun in die geistige Welt dieses Reiches. Wir haben in dem Bildervorrat des Mitannigebietes die neugeschaffenen Bestandteile von denjenigen Elementen zu sondern gesucht, die älteren Kulturschichten entstammen. In jeder Kultur
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gibt es aber neben fremden Bestandteilen, die von den Vorgängern ererbt, auch solche, die durch Berührung mit Nachbarmächten in die eigene Welt aufgenommen werden. Die wichtigste Nachbarmacht, deren Gedankenwelt eine andere war, zugleich diejenige Macht, an deren Feindschaft das Mitannireich scheiterte, war das Hethiterreich im östlichen Kleinasien. Beide haben um die Vorherrschaft im Grenzgebiet zwischen Taurus und Euphrat sowie in Nordsyrien gerungen. Hier läßt sich auch am deutlichsten die Begegnung beider Kulturkreise beobachten an einer Reihe von Werken der bildenden Kunst: in der späten Plastik Nordsyriens um 1000 v. Chr. haben neben mitannischen Bildgedanken, die die Mehrzahl bilden, immerhin eine Reihe von hethitischen Motiven ein Nachleben geführt.
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IV. DIE PLASTIK DES NEUHETHITISCHEN REICHES
Das neuhethitische Reich (1400 bis 1200 v.Chr.), über dessen politische Geschichte wir dank der Entdeckung des Tontafelschatzes von Boghazköi unterrichtet sind, ist räumlich getrennt von dem Mitannigebiet durch das Taurusgebirge. Sein Kern liegt auf dem ostkleinasiatischen Hochplateau, das von dem Halys in weitem Bogen umfaßt wird. Einen Ubergang zwischen Hethiter- und Mitannireich bilden die Länder zwischen Taurus und oberem Euphratlauf. Hier und in Nordsyrien liegt das von beiden Mächten politisch erstrebte und zugleich kulturell beeinflußte Grenzgebiet. Deutlich ist die geographische Trennung zwischen den beiden Hauptmächten, nicht weniger bedeutsam ist der Unterschied in der Gedankenwelt ihrer Bewohner. Schon der Gesamtcharakter des Motivenvorrats der bildenden Kunst hier und dort kann es bezeugen. Der großen Kategorie von Typen mythischer Wesen und daraus zusammengesetzter Bildgedanken ist im hethitischen Kreise Kleinasiens nur sehr wenig, derjenigen der profanen Darstellungen aus dem Kriegs- und Jagdleben gar nichts an die Seite zu stellen. Dafür gewinnen die Wiedergaben von kultischen und zeremoniellen Handlungen das Schwergewicht im hethitischen Bildgedankenbestand. A. F a b e l - u n d M i s c h w e s e n 1. Der Löwe, der in allen Kulturen der Alten Welt sein jahrtausendealtes Leben führt als Motiv der bildenden Kunst, fehlt auch in der Plastik des Hethiterreiches nicht. Wir finden ihn mehrfach im Relief dargestellt, in Amaksiz (Taf. LXV), in Kalaba und Jalanjak1) bei Garstang, Hitt. Emp., S. 145. — v. d. Osten. Explor. in Anatolia S. 139, Taf. XXIIIB. — Crowfoot, Journal of Hellenic Studies XIX, 1899, S. 45, Abb. 5. — Perrot-CHipiez, Histoire de l'Art antique IV, 1887, S. 713, Abb. 350.
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Angora auf Orthostaten, die doch wohl eher in die Zeit des neuhethitischen Reiches als in die spätere phrygische Periode zu setzen sind. Und in Protomenbildung dient er auch als Torwächter in Boghazköi1) (Taf.LXVI, 1). Besonders zu erwähnen aber ist ein Löwe in Ritzzeichnung auf einer Tontafel aus Boghazköi (Bo 446) (Taf. LXVII)), ein demnach sicher in das 14./13. Jahrhundert datiertes Stück2). Für eine stilistische Untersuchung und geschichtliche Einreihung der Denkmäler des Hethitergebietes, die uns hier allerdings nicht näher zu beschäftigen hat, ist diese flüchtige, zugleich aber charakteristische Zeichnung eine wichtige chronologische Stütze; bedeutsam ist sie außerdem für die Erkenntnis der unvergleichlich höheren Qualität der kleinasiatischen Kunst, die sogar in einer solchen hingeworfenen Skizze den späten Ausläufern der Mitanniplastik in Nordsyrien und Nordmesopotamien überlegen ist. Als Motiv aber ist der einfache Löwe allzu gleichgültig, um daraus irgendwelche kulturgeschichtlichen Folgerungen zu ziehen. Unter den Reliefdarstellungen des großen Felsheiligtüms von Jazylykaya, in der Nähe der Hauptstadt Chattusas-Boghazköi, etwa 135 km östlich von Angora, kommen zwei hochaufgerichtete, gegenständig angeordnete, nicht mehr sicher erkennbare Mischwesen vor, die einen schalenartigen Gegenstand mit den Vorderbeinen (oder Armen?) stützen3) (Taf. LXVI, 4). Ihre Bedeutung bleibt unklar, trotz der Parallele, die uns auf einem syrisch-kleinasiatischen Rollsiegel erhalten ist4), bei dem aber die Mischwesen durch einfache Löwen ersetzt sind. 2. Schon auf kappadokischen Rollsiegeln des ausgehenden 3. Jahrtausends ist uns das Bild eines auf dem Rücken eines Vierfüßlers hockenden Raubvogels begegnet (oben S. 23). Dieses Motiv lebt in der hethitischen Kunst des 2. Jahrtausends weiter. Auf einem runden Stempelsiegel6) (Taf. LXVI, 2) ist ein Adler mit geöffneten Flügeln über einem liegenden Vierfüßler dargestellt. Sonst ist das Motiv vorx
) Puchstein, Boghazköi, WVDOG 19, Tal. XXIV. ) Den Hinweis auf diese Zeichnung sowohl wie die auf Taf. LXXXVII abgebildete, verdanke ich H. Ehelolf. Die Tafel enthält auf der Vorderseite die protohattisch-hethitische Bilingue eines Epos, auf der Rückseite ein Festritual. Text und Zeichnung stehen — vor allem nach Analogie anderer Beispiele — mit hoher Wahrscheinlichkeit beziehungslos nebeneinander. 8 ) Beste Abbildung: v. d. Osten, Explor. in Anatolia, Taf. XIIB. 4 ) Delaporte, Louvre, A 927, Taf. XCVI, 24 b. s ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 193. 2
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läufig nur in rundplastischer Ausführung zu belegen. In der Kleinkunst kennen wir es von einer gut gearbeiteten Bronzestatuette der Berliner Sammlung 1 ) (Taf. LXVIII) und verwandten Stücken her, die bereits Chantre auf seiner Expedition in Kappadokien gesammelt hat. Dort ist aber von dem Vierfüßler nur noch der Kopf wiedergegeben2). Ins Monumentale übertragen taucht derselbe mythische Bildgedanke auf bei dem gewaltigen Adler aus Yamula 3 ) am Halys (Taf. LXIX). Nur ist hier der hockende Raubvogel durchaus zur Hauptsache geworden, während die Vierfüßler, worauf er sitzt, zu Reliefdarstellungen auf dem Sockel des Denkmals herabgedrückt sind. Inwieweit ähnliche altsumerische Darstellungen eines Raubvogels auf dem Rücken eines Rindes 4 ) mit diesem kleinasiatischen Motiv verwandt sind, dürfte schwer zu entscheiden sein. 3. Ein dem kleinasiatischen Hethiterreich eigentümliches wappenartiges Gebilde ist der Doppeladler, ein in Vorderansicht dargestellter Raubvogel mit ausgebreiteten Schwingen und zwei im Profil gezeichneten Köpfen. So sehen wir ihn auf runden und würfelförmigen hethitischen Stempelsiegeln 5 ) (Taf. LXVI, 3). In Ujük, dem wichtigsten Fundort im Halysbogen neben Boghazköi und Jazylykaya, wovon es etwa 24 km in nördlicher Richtung entfernt liegt, kommt der Doppeladler vor auf Torlaibungsblöcken, die auf ihrer Vorderseite Sphingenprotomen tragen6) (oben S . 47). Die Darstellung ist schlecht erhalten. Der Vogel schlägt hier seine Krallen in je einen Hasen und dient zugleich als Stütze für eine Gestalt, die an den hethitischen Priesterkönig (s. unten S. 88) erinnert. In der Götterprozession von Jazylykaya dagegen trägt der Doppeladler zwei weibliche Gottheiten 7 ) (Taf. LXX). 4. In einer Nische des Heiligtums von Jazylykaya ist ein merkwürdiges Relief (Taf. LXXI) mit der Darstellung eines KultsymWeber, Kunst der Hethiter. Taf. X L I I I . ) E. Chantre. Mission en Cappadoce, Paris 1898, Taf. X X V I , Nr. 15, 16, 17. 8 ) Liverpool Annais I, 1908, Taf. VI/VII. — Garstang. Hitt. Emp., Taf. X X V I I . 4 ) Z. 6 . auf einem Kalksteinrelief aus Ur, Antiquaries Journal IV, 1924, Taf. XLIVa. 8 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 192. Louvre, A 986,987, T a f . X C I X , 8 b u. 10 b und A1026, Taf.CI, 1 a. Es sei hier nur nebenbei bemerkt, wie auch in der Art des Siegels das neue Hethiterreich sich von dem übrigen Vorderasien unterscheidet. Es kennt nur das Petschaft, während überall sonst das südmesopotamische Rollsiegel weiter in Gebrauch bleibt. «) Garstang, Hitt. Emp., S. 143. ' ) Garstang, Hitt. Emp., Taf. X X X I V , Nr. 3/4 rechts. 2
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bols1) eingemeißelt, bestehend aus einer Dolchklinge mit figürlichem Griff. Dieser Griff ist zusammengesetztaus zwei gegenständig undsenkrecht gestellten Löwen. Die Löwen werden bekrönt von einem Löwendoppelprotomen, woraus ein menschlicher Kopf mit Spitzhelm hervorragt. Im ganzen altorientalischen Kulturkreis gibt es kaum etwas Vergleichbares2. 5. Auf die Übernahme einzelner Fabelwesen aus dem Mitannikreis in den Bilderbestand des Halysbogens, u. a. des geflügelten Menschen mit Löwenkopf, wurde schon im vorigen Kapitel hingewiesen (oben S. 42). Auch auf die selbständige Bedeutung des Sphinx und der geflügelten Sonnenscheibe in der Kunst des Hethiterreiches ist dort bereits aufmerksam gemacht worden (oben S. 48). Damit ist dann aber auch der im Vergleich zur bildenden Kunst des Mitannigebietes viel geringere Bestand an Fabel- und Mischwesen der Hethiterkunst erschöpft. Die Bedeutung dieser Kunst liegt auf einem anderen Gebiet. B. Kultische Darstellungen Der Hauptvorwurf hethitischer Kunst ist der Götterkult. Sie bildet einfache Anbetungsszenen ab und stellt mit Vorliebe den Höhepunkt der Kulthandlung, die Libation vor der Gottheit dar, bringt aber auch ausgedehntere Kompositionen bei der Wiedergabe langer Opferzüge und Götterprozessionen. 1. Der einfachste Kultakt, die Adoration, ist uns erhalten auf zwei würfelförmigen Granitblöcken, die in Boghazköi am Fuße der Akropolis gefunden worden sind3). Przeworski hat sie mit Wahrscheinlichkeit als Sockel für Holzsäulen gedeutet4) (Taf. LXXII, LXXIII). Ihre Vorderseite trägt beide Male im flüchtigen Relief das Bild eines Königs, der betend eine oder beide Hände erhebt vor einer Art Stufenaltar. Dieser steht dem König mit seiner höheren Seite zugekehrt, während auf seiner niedrigen Seite ein harpunenartiges Gebilde dargestellt ist, das möglicherweise als Gottessymbol zu verstehen ist. Meyer, R. u. K. d. Ch., Abb. 77. — Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXV. Eine gewisse innere Verwandtschaft besteht vielleicht zu den sogenannten Stabaufsätzen unter den neuerdings entdeckten Luristanbronzen (z. B. A. Godard, Les bronzes du Luristan, Paris 1932, Taf. LII ff.), die aber um viele Jahrhunderte jünger sind. 3 ) H. Winckler, MDOG 35, 1907, S. 59, Abb. 6 und 7. 4 ) Eos XXXI, 1928, S. 335 ff. 2)
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Hinter dem Adoranten, der das eine Mal seinen schrägen, kniefreien Mantel, das andere Mal den vollen Priestermantel trägt, sind einzelne, leider immer noch unverständliche Bilderschriftzeichen angebracht. Ähnliche Adorationsmotive finden sich unter den Darstellungen eines würfelförmigen Stempels1), der stilistisch zwar nach Nordsyrien gehört, der aber in den Motiven deutlich in den Kreis der Hethiterkultur zu stellen ist (Taf. LXXV, 2). Die Adoration wird hier ausführlicher wiedergegeben, indem der thronende Gott mit oder ohne Altar abgebildet wird. Das würde dafür sprechen, daß in den harpunenartigen Zeichen auf den Blöcken von Boghazköi in der Tat der Gott in symbolischer Form zu sehen ist. Durch den zwischen Gottheit und Adorant gestellten Stufenaltar gewinnt das hethitische Anbetungsmotiv gegenüber allen übrigen ähnlichen Darstellungen der altorientalischen Kunst ein eignes Gepräge. 2. In noch stärkerem Maße ist das der Fall bei einem zweiten kultischen Motiv; wir können es als Libationsmotiv bezeichnen, weil es bei allen Variationen, denen es unterliegt, als Kern der Darstellung stets ein Spendeopfer vorführt, und zwar in einer Art, wie sie außerhalb dieses Bereiches nicht wieder anzutreffen ist. Es gibt uns eine bildliche Vorstellung von dem Libationsakt, der in hethitischen Ritualen ständig erwähnt wird. a) Die einfachste Form dieses Bildgedankens begegnet uns auf einem Relief aus Arslan Tepe bei Malatia2), einem Orte, der zwischen Euphrat und Taurus gelegen, nicht unmittelbar zum Gebiet des Hethiterreiches zu zählen ist, der aber bestimmt zur Zeit der größten Machtausdehnung dieses Staates stark unter dessen kulturellem Einfluß gestanden hat. Der Stein (Taf. LXXV, 1) zeigt auf einem nahezu viereckigen Bildfeld einen Mann, in einen weiten, langen Mantel gehüllt und mit einem unten spiralartig eingerollten Hirtenstab in der Linken, wie sie beide nur dem hethitischen Herrscher im Priesteramt zustehen. Dieser König steht aber wie ein Gott auf einem liegenden Löwen. Wir haben es also wohl mit einem verstorbenen und vergöttlichten König zu tun. In der Rechten hält er einen undeutlichen, dreifach ge1)
HogartH, Hitt. Seals Nr. I 9 6 a - e . Garstang, Hin. Emp., S. 205, Abb. 16. — Herzfeld, Archäologische Mitteilungen aus Iran II, 1930, Taf. XI oben. 2)
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zackten Gegenstand. Vor ihm sind Bilderzeichen, wahrscheinlich sein Name, angebracht. Dem Vergöttlichten zugewandt steht ein zweiter König in genau demselben Mantel. Die Linke erhebt er zum Zeichen der Adoration, in der Rechten hält er eine schlanke Schnabelkanne und gießt Wein in ein doppelhenkliges, weithalsiges Gefäß, das vor dem angebeteten König auf dem Boden steht. b) Auf zwei ebenfalls aus Malatia stammenden Reliefplatten, die Gegenstücke gebildet zu haben scheinen, erfährt derselbe Bildgedanke eine Erweiterung durch ein neues Element: einen Diener, der ein Opfertier herbeiführt. Die eine Reliefplatte1) (Taf. LXXIV, 2) zeigt einen König in der gleichen Priestertracht wie auf dem vorhergehenden Stein, ebenfalls mit Hirtenstab in der Linken. Er spendet nach links gewendet ein Trankopfer aus einer Schnabelkanne—das Gefäß, das die Spende aufnehmen soll, fehlt jedoch — vor dem bekannten Wettergott, der auf einem Stier steht. Zwischen Gott und König sind Bilderschriftzeichen angebracht. Hinter dem spendenden König bringt ein seiner geringen Bedeutung entsprechend klein dargestellter Diener einen Bock als Qpfertier heran. Auf dem zweiten Stein2) (Taf. LXXIV, 1) steht nach rechts gekehrt eine Königin in der typisch kleinasiatisch-hethitischen Tracht, einem langen Kleid und hohen Hut mit bis auf die Hacken herunterhängendem Schleier. Sie erhebt betend die Linke und libiert mit der Rechten aus einer Schnabelkanne in ein vor ihr auf dem Boden stehendes Gefäß. Der Gott, dem ihr Opfer gilt, ist ein eigenartiger Typus, wie er uns in früheren oder benachbarten vorderasiatischen Kulturen noch nirgends begegnet ist, dafür aber in dem Felsrelief von Jazylykaya (s. unten S. 86) wiederkehrt. Dort steht er auf einem Tier, hier dagegen auf einem Gebilde, das man als Donnerkeil bezeichnen kann und das möglicherweise das selbe Symbol ist wie das harpunenartige Zeichen auf einem der Blöcke von Boghazköi (Taf. LXXII, LXXIII). Der Gott trägt einen spitzen Kegelhut, hat zwei Flügel und einen merkwürdig im Bogen über dem einen Bein gefältelten Rock, als wenn er Liverpool Annais I, 1908, Taf. IV oben. — Garstang. Hitt. Emp., Taf. XXXVIII oben. — Herzfeld, Archäologische Mitteilungen aus Iran II, 1930, Taf. X unten. 2 ) Liverpool Annais I, 1908, Taf. IV unten. — Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXXVIII unten. — Herzfeld, Archäologische Mitteilungen aus Iran II, 1930, Taf. IVoben.
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vom Winde gezaust würde. Hinter der Königin ist wieder der Diener mit einem Opfertier dargestellt, über ihm verschiedene Bilderzeichen. Motivgeschichtlich ist zu beachten, daß der Bildgedanke einer Libation, wie er hier in Malatia auftritt, in der Kunst des Mitannireiches nicht zu belegen ist1). Der geflügelte Gott, auf den wir später noch zurückkommen, gehört ebenso wie das ganze Libationsmotiv, die Trachten der Personen, ja sogar die Form der Libationsgefäße2) in den Kreis des neuhethitischen Reiches Kleinasiens. Dagegen weist der Gott auf einem Stier deutlich auf eine ältere Kulturschicht: wir fanden ihn bereits auf kappadokischen Siegelabrollungen aus der Wende des 3. und 2. Jahrtausends (oben S. 21); er spielte, wie wir wissen, in leicht abgewandelter Form in der Glyptik der Hammurabidynastie eine bedeutende Rolle. Wir konnten sein Weiterleben verfolgen in der nordsyrischen Plastik auf späten Reliefstelen aus Teil Ahmar (Taf.XLVI, XLVII), die in den Anfang des 1. Jahrtausends zu setzen sind. Dagegen ist er in der Plastik des eigentlichen Hethitergebietes überhaupt nicht zu belegen. So sehr also die beiden Libationsreliefs aus Malatia mit ihrem Motiv nach dem westlichen Hethiterreich weisen, in dem Wettergott auf dem Stier äußert sich doch wieder ein Zusammenhang mit der mitannischen Kultur, ein Zusammenhang, der in den oben besprochenen Reliefs aus dem selben Fundort (Taf. XXX) mit der Darstellung einer Hirschoder Löwenjagd ebenfalls zum Ausdruck kommt. Denn die Jagd zu Wagen ist ein Motiv, das dem Hethiterreich völlig unbekannt ist. Es wird also bereits in diesen wenigen Reliefs aus Malatia die Kreuzung zweier Kulturströmungen deutlich. c) Das selbe Libationsthema kehrt wieder auf einem der ältesten Reliefblocke aus Karkemisch in Nordsyrien, der am dortigen Wassertor gefunden wurde. Nach stilistischen und grabungstechnischen Beobachtungen muß dieses Stück etwa in das 11. Jahrhundert gehören, also in eine Zeit, die noch nicht allzu weit von dem Sturz des Die Opferszene auf dem Obelisken Asumasirpals I. und die Libationen Asumasirpals II. über einem erlegten Stier oder Löwen auf Orthostaten in Nimrud sind motivgeschichtlich nicht damit in Verbindung zu bringen. Sie sind, abgesehen von ihrer stark abweichenden äußerlichen Form, nicht um ihrer selbst willen da, vielmehr lediglich Teile einer längeren Kriegs- oder Jagderzählung. Sie sind historisches Relief, etwas, was die hethitische Kunst, soviel wir wissen, nicht gekannt hat. 2 ) Genouillac, C6ram. cappad. I, Abb. 87 bie .
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neuhethitischen Reiches um 1200 v. Chr. liegt und demnach dessen Einfluß noch sehr wohl gespürt haben kann. Das Relief 1 ) (Taf. LXXV, 3) ist sehr schlecht erhalten, doch ist auf seiner linken Seite mit Sicherheit wieder ein König im langen Gewand zu erkennen, der die Linke zum Beten erhebt und mit der Rechten aus einer Kanne in ein auf der Erde stehendes Gefäß libiert. Ihm folgt ein kleiner Diener, der ein Opfertier herbeiführt. Das ist ein so typischer Teil der eben behandelten hethitischen Libationsszene, daß kein Zweifel über den Zusammenhang bestehen kann. Der Gott, vor dem libiert wird, scheint der zweite Wettergott zu sein, den wir im nordsyrischen Kreis bereits seit dem Anfang des 2. Jahrtausends kennen und dort bis in spätere Zeiten verfolgen konnten (oben S. 60f.): der Gott, der zu ebener Erde stehend die Axt schwingt und neben dem sein heiliger Stier angebracht ist. Spuren von dem Gott sind noch am äußersten rechten Rande der Reliefplatte erkennbar. Unhethitisch wie dieser selber ist auch die geflügelte Sonnenscheibe, die über der ganzen Szene schwebt, und die im Halysbogen nur Königssymbol ist (oben S. 48). Es kreuzen sich also auch hier deutlich alteinheimische Züge mit einem Bildgedanken, der sicher aus dem kleinasiatischen neuen Hethiterreich übernommen wurde2). d) Das Libationsmotiv erfährt eine weitere Abwandlung auf einem merkwürdigen Felsrelief in Fraktin3) (Taf. LXXVI), das, noch am äußersten Rande der vom Halys umschlossenen Hochebene gelegen, diesmal zum Kerngebiet der hethitischen Kultur gehört. Das Felsrelief besteht aus zwei Opferszenen, die als Gegenstücke angelegt sind. Ihre Erhaltung ist nicht die beste, und die rechte Opferszene ist wohl nie fertig geworden; doch lassen sich die Hauptzüge der Darstellung deutlich genug erkennen. Die beiden Szenen zeigen auch hier jedesmal einen Gott und einen libierenden Adoranten. Hinzu tritt aber in ihrer Mitte ein merkwürdiges Gebilde, das man wohl als Altartisch bezeichnen darf. In der linken Szene gießt ein Krieger in kurzem, gegürtetem Hemd, mit Spitzhelm und Schnabelschuhen, Schwert an der Seite 1)
Carchemish II. Taf. B 30a. Ebenfalls in die Reihe der Libationsszenen gehört ein zerbrochener Reliefblock aus Malatia (v. d. Osten, Explorations in Hittite Asia Minor 1927—28 Abb. 102—103), auf dem ein König vor zwei Göttern, deren einer einen Wagen lenkt, libiert ( = Am. Journ. Sem. langu. XLV 1929, Taf. II/III). 8 ) Garstang, Hitt. Emp., Taf. XLI. 2)
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und Bogen auf der Schulter, aus einer Kanne das Opfergetränk in ein Gefäß vor seinen Füßen zu Ehren eines ihm zugewandten Gottes, offenbar in der selben Tracht, ebenfalls mit Kurzschwert an der Seite, aber mit gehobenem Hirtenstab in der Rechten. Zwischen beiden ist der Altar einigermaßen deutlich zu erkennen. Er besteht aus einer kleinen Tischplatte, die auf der dem Gott zugekehrten Seite mit einer herabhängenden Leiste versehen ist, während auf seiner anderen Seite etwas wie eine Rückenlehne angebracht ist. Das Auffälligste an diesem Altar aber ist der hohe Fuß, worauf die Platte ruht. Dieser Tischfuß gleicht einem weiblich bekleideten Unterkörper. Die unfertige Nebenszene ist genau entsprechend komponiert worden, nur thront hier der Gott auf einem Sessel. Beide, Gott sowohl wie Adorant, tragen das lange Priestergewand mit Spitzhelm; hier sieht der Altar zwischen ihnen etwas anders aus. Zwar erkennen wir auch diesmal noch, trotz der unfertigen Arbeit, den Umriß eines weiblichen Unterkörpers in langem Gewand; die obere Rückenlehne aber scheint die Gestalt eines großen Vogels angenommen zu haben. Wie das zu erklären ist, ob lediglich eine Täuschung vorliegt auf Grund des unfertigen, zugleich stark verwitterten Zustandes des Reliefs, ist nicht mehr zu entscheiden. Ein ähnlicher Altartisch wird uns noch einmal in Ujük begegnen (s. unten S. 80). Das Gerät muß also typisch hethitisch sein1), um so mehr, als es in der sonstigen vorderasiatischen Welt nicht wieder vorkommt. Man kann in der Art des Gewandes, womit der Unterteil des Altares bekleidet ist, in der zickzackförmigen Musterung oder Fältelung des Stoffes, einen Anklang finden an eineKleidungsart,die wir auf Siegeln kappadokischen Stils aus dem Ende des 3. Jahrtausends feststellen konnten2) (oben S . 26). Es wäre nicht verwunderlich, wenn diese Tracht, die sich sonst nirgends bei Frauendarstellungen des neuhethitischen Reiches nachweisen läßt, in einem kultischen Gerät als Rudiment einer älteren Kultur beibehalten worden wäre. 3. Dem gleichen kultischen Gedankenkreis gehört ein weiteres Motiv der hethitischen Kunst an, nämlich der Opferzug. An den Palastwänden der hethitischen Burg Ujük, neben Boghazköi und Jazylykaya der wichtigsten Ruine im Halysbogen, sind uns allein drei solcher Kultaufzüge zu einem Gotte hin erhalten. ^Vgl. auchTaf. LXXV, 2. 2 ) Delaporte, Louvre, A 871, Taf. XCIV, 26.
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a) Der kleinste dieser Opferzüge (Abb. 11), der im Grunde zugleich eine erweiterte Libationsszene ist, befindet sich auf einem Orthostatenblock von der Ostwand des dortigen Torweges. Er ist bisher lediglich in einer Skizze von Ramsay brauchbar veröffentlicht worden1). Wir erkennen darauf am rechten Reliefrande noch eine thronende Gottheit: Rücken und Kopf sind weggebrochen. In der Rechten scheint sie ein Gefäß vorgestreckt zu haben. Vor ihr steht als erster in der Reihe der König im langen Priestergewand und mit gesenktem Hirtenstab. Er spendet ein Trankopfer aus einer Kanne, wie wir es von dem Liba-
Abb. 11.
tionsmotiv her kennen. Ihm folgt die Königin. Sie trägt einen Schleier und einen in Schrägfalten um den Körper gelegten Rock. Die Hände sind erhoben, ob zum Beten oder um einen Gegenstand zu stützen, ist nicht mehr ersichtlich. Dem königlichen Paare folgen dann noch zwei Opferdiener. b) An der Palastfront in Ujük zu beiden Seiten des Tores sind zwei umfangreiche Kultszenen dargestellt, die wohl in ihrer symmetrischen Anlage als ein Ganzes geplant worden sind. Die linke Darstellung (Taf. LXXVI1,1,2) nimmt vier Orthostaten ein2). Das Ziel des Opferzuges ist das Götterbild, das auf der Vorder- und Schmalseite des Torweg-Eckorthostaten eingemeißelt ist, ein Stier auf hohem Postament. Vor ihm steht, bereits auf dem nächsten Stein *) Ramsay, Recueil de Travaux relatifs à la philologie et h l'archéologie égyptiennes et assyriennes XIV, Paris 1893, S. 91, Abb. 5, und Journal of the Royal Asiatic Society N. S. XV, 1883, S. M6. — Th. MacridyBey, La porte des sphinx à Eujuk. MVAG XIII, 1908, S. 197, Abb. 27. — Garstang, Hitt. Emp., S. 142. 8) Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXIX.
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abgebildet, ein Altar, der gewisse Ähnlichkeit hat mit demjenigen auf dem Felsrelief von Fraktin (oben S . 77f.); doch trägt der hohe Fuß diesmal keine Tischplatte, sondern einen würfelförmigen Aufsatz. Die Musterung, die auch den Aufsatz bedeckt, weicht ebenfalls ab von derjenigen in Fraktin. Sie besteht aus lauter waagerechten, schmalen Streifen, die zum Teil schraffiert sind. Der Opferzug wird geführt vom König im üblichen Priestergewand und mit gesenktem Hirtenstab. Die Linke erhebt er zum Gebet. Die gleiche Haltung nimmt die ihm folgende Königin ein. Sie schließt den zweiten Orthostaten ab. Dann folgt eine Lücke in dem Wandsockelfries, ob gewollt oder als Folge der Zerstörung, ist nicht sicher auszumachen. Jedenfalls wird der Opferzug in einem weiteren Orthostatenblock jenseits der Lücke fortgeführt. Das Relief stellt einen Priester dar, der einen Bock und drei Widder herbeibringt. Endlich wird der Zug beschlossen von drei weiteren Priestern; sie nehmen eine vierte Reliefplatte ein. Motivgeschichtlich von Bedeutung ist der Stiergott auf hohem Postament, den wir auf eine ältere Kulturschicht zurückführen können. Ebenso wie die Musterung des merkwürdigen Altars in Fraktin und das Libationsmotiv als solches, leitet dieses Götterbild zurück zu ganz ähnlichen Darstellungen auf kappadokischen Siegelabrollungen aus der Zeit um 2000 v. Chr. (oben S . 22). Auch da steht gelegentlich ein Adorant vor dem Gott in Tiergestalt auf einem hohen Postament (Abb. 4,5), eine Kultszene, die der sonstigen vorderasiatischen Welt fremd ist. Auf der zweiten Palastfront in Ujük, rechts vom Torwege, war, über drei Blöcke verteilt, ein entsprechender Opferzug angebracht, der sich ebenfalls nach dem Tor zu bewegte1). Eine Göttin thront dort auf einem niedrigen Hocker und hält eine Blüte in der vorgestreckten Rechten. Ihr nähern sich sechs Männer im halblangen Gewand. Das Ganze ist leider so schlecht erhalten, daß eine nähere Betrachtung kaum lohnt. c) Einen Ersatz dafür bietet eine verwandte Komposition am Palasteingang in Karkemisch2). Auch dort thront auf einem Sessel mit hoher Rückenlehne, der von einem liegenden Löwen getragen 1) Garstang, Hitt. Emp., S . 138—139. Taf. X X X . Carchemish 11, Taf. B 17 oben (Übersicht), B 19—B 24 (Einzelheiten).
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wird, eine Göttin mit zylinderförmigem Hut, über den sie ihren Mantel von hinten hochgenommen hat; in den Händen hält sie einen Spiegel und eine Spindel. Unerklärt bleibt zunächst nur, warum die Göttin dem auf mehreren Orthostaten dargestellten Opferzug abgewandt sitzt, statt ihm entgegenzublicken wie in Ujük. Man könnte diese Darstellung demnach für eine regelrechte Prozession halten, die von der Göttin geführt wird. Dem widerspricht aber der liegende Löwe, von dem sie auf ihrem Thron getragen wird und den man sich nicht gut in Bewegung denken kann. Der lange Opferzug besteht aus einer Reihe von Frauen in genau dem gleichen Gewand wie die Göttin. Sie tragen verschiedene Gegenstände: ein kleines Opfertier, eine Schale, eine Ähre, einen Spiegel und ein Tuch; ihnen folgt dann eine ebenso lange Reihe von Männern im kurzen Schurz, jeder mit einem Rehkitz auf den Schultern. Das Motiv des Opferzuges greift also, ähnlich dem Libationsmotiv, über das Kernland des hethitischen Reiches hinaus. Das Gebiet von Karkemisch aber hatte, wie wir aus historischen Quellen wissen, besonders enge politische Beziehungen zum Hethiterreich. Ja, es hat sogar nach dem Sturz der neuhethitischen Macht um 1200 v. Chr. versucht, dessen Tradition weiterzuführen, weshalb der Name Hethiter bei Assyrern und im Alten Testament auf Nordsyrien übertragen wird. Kein Wunder also, wenn in dieser Opferzugdarstellung, die kaum vor 800 v. Chr. zu setzen ist, ein kleinasiatisches Motiv nachlebt. Doch bemerkt man auch hier neben dem kleinasiatischen Bildgedanken Einzelzüge, die aus dem Mitannibereich stammen, vor allem den Typus des Lammträgers, den wir schon auf einem syrischen Siegel des 2. Jahrtausends nachweisen konnten ( T a f . X I I , 7), und vielleicht auch die auf einem Löwen thronende Göttin, die ebenfalls auf einem Siegel mitannischen Stils eine Vorgängerin hat1). Doch können in dem letzteren Fall Hethiter und Mitanni ein älteres gemeinsames Vorbild gehabt haben (oben S. 61 f.). 4. Zur Gruppe kultischer Motive gehören außerdem noch eine Reihe von inhaltlich verwandten Ritualszenen, Darstellungen von Musik und T a n z im kultischen Dienst. a) An derselben Palastfassade in Ujük, die die vorhin erwähnten Libations- und Prozessionsszenen trägt, sind auf zwei Orthostaten!) Delaporte, Louvre, A925, Taf.XCVI, 22. 6
Moortgat, Die bildende Kunst des alten Orients
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flächen auch Musikanten dargestellt1), darunter deutlich ein Hornbläser und ein Lautenspieler, zwischen ihnen ein Mann mit einem nicht mehr erkennbaren Instrument; außerdem rechts vom Hornbläser, bisher in ihrer Funktion nicht recht zu fassen, zwei viel kleiner gebildete Männer, der eine im Begriff, auf eine Leiter zu steigen. Die drei Musiker stehen zwar mit dem Rücken zur eben betrachteten großen Opferszene vor dem Stier, so daß deutlich die kompositioneile Trennung zwischen Musikszene und Opferzug zum Ausdruck kommt — gleichwohl muß ein innerer gedanklicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Reliefszenen an der Palastfassade bestehen. Wir können demnach kaum etwas anderes in der Musikantengruppe erblicken als die Wiedergabe kultischer Musik. Im übrigen wissen wir gerade aus hethitischen literarischen Quellen von der Bedeutung, die der Musik bei Ritualen zukam. b) Auch diesmal befindet sich die nächste Parallele zur kultischen Musikszene aus Ujük auf den jüngeren Orthostatenplatten des Palasteinganges in Karkemisch. Dort treffen wir im Zusammenhang mit dem großen Opferzug zwei Reliefplatten2), deren eine einen Lautenund einen Flötenspieler (Taf. LXXVIII) zeigt, nebst zwei kleiner gebildeten Gestalten, wohl Tänzern, während die zweite einen Hornbläser und eine Gruppe von drei Paukenschlägern trägt (Taf. LXXIX). Der Tanz, der in Karkemisch nur als Nebensache auf einer Platte mit Musikanten erscheint, kommt in Ujük in einer ausführlicheren Darstellung zum Ausdruck3). Auf einem Stein an der Innenseite des Torweges sind sechs ganz gleichgekleidete Männer mit eigentümlichem Zopf am Hinterkopf wiedergegeben, die in federndem Schritt auftreten (Taf. LXXX, 1). Es kann sich im Kompositionszusammenhang der Palastfassade von Ujük nur um einen kultischen Tanz handeln. c) Sonst sind die Uberreste musikalischer Szenen wenig zahlreich. In Sendschirli tragen zwei unregelmäßige Orthostatenblöcke vom äußeren Burgtor (Taf. LXXXI) das Bild eines sitzenden Lautenspielers, vor dem ein Mann zuhört, vielleicht auch tanzt4); über dem Lauten*) Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXIX und XXX unten. 2 ) Carchemish II, Taf. B 17 und B 18b. 3 ) Meyer, R. u. K. d. Ch., Abb. 63. 4 ) Ausgrabungen in Sendschirli III, S. 220, Abb. 119. Taf. XXXVII, oben links. — Weber, Kunst der Hethiter, Taf. XXXVI.
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Spieler hockt ein Vogel. Diese Darstellung ist nicht ohne weiteres in eine Linie mit den vorigen Musikszenen zu stellen, die deutlich mit großen Opferzügen in Verbindung stehen. Doch ist es nicht ausgeschlossen, in der Sendschirli-Musikszene den Rest einer Ritualszene zu erblicken, die wie viele andere Beispiele nordsyrischer Plastik (oben S. 46, 66) aus dem ursprünglichen Zusammenhang gerissen wäre. Werfen wir einen Blick zurück auf diese zweite Reihe von Motiven, so ergibt sich eine gedanklich zusammenhängende Gattung, die sämtlich rituelle Kulthandlungen zur Darstellung bringt, von der einfachen Adoration über die typische Libationsszene bis zum großen prozessionsartigen Opferzug zu Ehren einer Gottheit. Daneben stehen Wiedergaben von kultischer Musik und Tanz. Die Gattung ist zahlreich genug vertreten, um der bildenden Kunst eines Landes ihren eignen Charakter zu verleihen. Das Verbreitungsgebiet dieser kultischen Motive hat, wie unsere Durchmusterung gezeigt hat, seinen Kern im Hochplateau des Halysbogens. Es greift jedoch wiederholt in die Länder zwischen Taurus und Euphrat (Malatia) hinein und erstreckt sich bis nach Nordsyrien (Sendschirli, Karkemisch), wo hethitische Bildgedanken in der bildenden Kunst des ausgehenden 2. und angehenden 1. Jahrtausends neben den in der Zahl überwiegenden Motiven mitannischer Herkunft immerhin mehrfach vertreten sind. Dem steht als motivgeschichtlich bedeutsame Tatsache gegenüber das völlige Fehlen dieser in ihrer Art bezeichnenden kultischen Bildgedanken in den Ländern östlich vom Euphrat, d. h. im mitannischen Kerngebiet. Zur Geschichte der kultischen Motive, die ihre Ausbildung zur Zeit des neuhethitischen Reiches(1400bis 1200v.Chr.)erfahren haben müssen (Säulenbasen aus Boghazköi, Libationsszenen in Fraktin und Ujük, Opferzug und Musik in Ujük), konnten wir noch erkennen, wie sie in späteren Jahrhunderten in Malatia und Nordsyrien mit Elementen fremder Herkunft (Wettergott auf Stier, Lammträger) durchsetzt wurden, ferner wie in den neuhethitischen Bildgedanken Bestandteile der altkappadokischen Kultur, die uns von den Kültepesiegeln bekannt sind, hinübergerettet wurden (Libationsszene, Stiergott auf Postament, Ornament der Altarbekleidung in Fraktin). 6*
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C. G o t t u n d König Es bleibt uns noch eine dritte große Gattung von Bildtypen in der Kunst des Hethiterreichs zu betrachten übrig, eine Reihe von Göttern und einzelnen mythischen Darstellungen. 1. Mehrfach zu belegen ist ein Paar männlicher Götter, der eine bärtig, im vollen Mannesalter, der andere jugendlich, bartlos. In der großen Götterprozession an den Wänden des Felsheiligtums in Jazylykaya, dessen Reliefs nachher noch im Zusammenhang zu betrachten sind, führt dieses Götterpaar den Zug männlicher Gottheiten an1). Sie tragen beide einen kurzen Schurz, den typischen spitzen Kegelhut mit vorn aufgeschlagener Krempe und Schnabelschuhe. In der Rechten führen sie eine Keule, ein kurzes Schwert hängt am Gürtel. Der vordere hat einen Bart mit ausrasierter Oberlippe. Auf der vorgestreckten Linken hält er die Bildzeichen seines Namens. Hinter ihm ist der Vorderkörper eines heiligen Tieres mit spitzem Hut zu erkennen. Er selbst steht auf zwei niederen Göttern, die ebenfalls einen spitzen Hut tragen; ihr Unterkörper ist mit Zacken besetzt. Der jugendliche Gott, der einen Stab mit der Linken gefaßt hat, steht dagegen auf zwei Bergkegeln. In Giaur Kalessi, südlich von Angora und westlich außerhalb des Halysbogens, befindet sich ein Felsrelief2) mit einem ganz ähnlichen Götterpaar (Abb. 12). Nur geht hier der jugendliche Gott dem älteren, bärtigen voran. Sie tragen dasselbe kurze Hemd, dieselben Schnabelschuhe und spitzen Kegelhüte, und an ihrer Seite hängt wieder das kurze Schwert. Die übrigen Attribute dagegen fehlen diesmal. Auf der Bildfläche ist neuerdings noch der Rest einer sitzenden weiblichen Gottheit vor den beiden männlichen Göttern erkannt worden3). Auch in der großen Prozession von Jazylykaya nähern sich beide Götter der Hauptgöttin, sodaß in dieser Einzelheit vielleicht eine Bestätigung für die Identität des Götterpaares von Jazylykaya und Giaur Kalessi zu finden ist. Zum dritten Male sehen wir ein gleiches Götterpaar auf einem merkwürdigen zerbrochenen Reliefblock in Malatia4) (Taf. LXXXII), Garstang. Hitt. Emp-, Taf. XXIV, I und 2. ) Garstang. Hitt. Emp., S. 147, Abb. 9. — Perrot-Chipiez, Histoire de I'Art antique IV, Paris 1887, Abb. 352. *) Garstang, Hitt. Emp., S. 147, Anm. 3. 4 ) Liverpool Annais I, 1908, Taf. V (noch nicht zusammengesetzt). Beste Abbildung: E. Herzfeld, Archäologische Mitteilungen aus Iran II, Taf. XII. 2
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jedoch in einem völlig anderen Zusammenhang. Auf der linken Seite der Bildfläche sind die beiden Götter dargestellt in der bekannten Tracht. Der bärtige Gott schreitet mit Keule und Lanze hinter dem jugendlichen her, der mit einem Speer gegen einen gewaltigen Schlangendrachen kämpft, über diesem sind Kugeln und herabstürzende menschliche Oberkörper, in ihrer Bedeutung zunächst völlig unklar, dargestellt. Es kann sich immerhin bei diesem Stück
nur um die Wiedergabe eines Götterkampfes mit einem Drachen handeln. Ob die Deutung auf den in hethitischen literarischen Quellen1) überlieferten Kampf des Wettergottes und seines Sohnes gegen den Drachen Illujankas2) berechtigt ist, steht dahin. Das Vorkommen des Götterpaares auf einem Reliefblock in Malatia, außerhalb des Halysbogens, paßt zu dem Ubergreifen hethitischer Motive auf dieses Grenzgebiet, wie wir es im vorigen Abschnitt schon beobachten konnten. ' ) H. Zimmern in Lehmann-Haas, Textbuch zur Religionsgeschichte, 2. Aufl., Leipzig u. Erlangen 1922, S. 339f. — Ders. in Streitberg-Festgabe, Leipzig 1924, S. 430ff. ») Garstang, Hitt. Emp., S. 207.
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2. Ein anderer jugendlicher Gott1), der als einzige männliche Gestalt im Zug der weiblichen Gottheiten an den Felswänden von Jazylykaya hinter der führenden Hauptgöttin aufrecht auf seinem Löwen herschreitet, trägt das gleiche kurze Hemd, den gleichen Hut und Schnabelschuhe ( T a f . X C I ) . Außer dem Kurzschwert an seiner Seite hält er in der Linken die Doppelaxt, in der Rechten dagegen den Zügel und zugleich seine Namenshieroglyphe, einen menschlichen Unterkörper. Derselbe Gott, kenntlich an den gleichen Bildzeichen, hält auf einem Felsrelief in einer Nebennische des Jazylykaya-Heiligtums den König im Arm, eine Darstellung, die im Gegensatz zu aller übrigen altorientalischen Kunst einen merkwürdig innigen Gefühlsgehalt zum Ausdruck bringt (Taf. L X X X I I I ) . Das Motiv ist außerhalb des rein hethitischen Kreises nicht mehr zu belegen2). Bemerkenswert ist das Fehlen der Doppelaxt, die also nicht unbedingt erforderliches Attribut des Gottes ist. Wie sich dazu der jugendliche Gott verhält, der in ähnlicher Bekleidung, aber mit aufrechtem kurzen Hirtenstab oder auch mit dem Bogen bewaffnet in Fraktin (Taf. L X X V I , links), auf einem runden hethitischen Petschaft3) (Taf. L X X X , 2) und schließlich im westlichen Kleinasien als Felsrelief am Karabel4) (Abb. 13) erscheint, läßt sich vorläufig nicht sagen. 3. In der langen Reihe der männlichen Götterprozession von Jazylykaya fällt ein jugendlicher, bartloser Gott auf6) (Taf. L X X X I V ) mit der gewöhnlichen spitzkegelförmigen Kopfbedeckung; er trägt ein merkwürdiges, langes Gewand, das in zahlreichen bogenförmigen Falten das eine Bein bedeckt, während es das andere vorgesetzte freiläßt. Außerdem steigen dem Gotte vom Rücken aus zwei Flügel steil in die Höhe. Dieser Gott kehrt wieder in einer bereits behandelten Libationsszene auf einem Reliefblock aus Arslan Tepe bei Malatia (Taf. L X X I V , 1). Nur steht er dort auf einem Donnerkeil. Auffällig ist auch die lange Reihe von Spiralen, die an rechter Hüfte und Bein heruntergeht. Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXIV, 2 rechts. ) Vgl. W. M. Müller, MVAG VII, 1902, S. 233. - J. Friedrich, MVAG XXXIV, 1929, S. 140. 3 ) Hogarth, Hitt. Seals Nr. 313. 4 ) Garstang, Hitt. Emp., S. 177, Abb. 12. - C. I. H., MVAG V, 1900, S. 149, Taf. XXXIX, 1. 6 ) Meyer, R. u. K. d. Ch., Abb. 74. 2
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Auf einem Stempelgoldring1), der sich im Ashmolean Museum in Oxford befindet und in Konia erworben worden ist (Taf. LXXX, 3), steht der selbe geflügelte Gott auf dem Rücken eines Sphinx, zwischen zwei gegensätzlich angeordneten Löwen. Er trägt das gleiche eigentümlich geschwungene, lange Gewand, das wie vom Winde gezaust aussieht. Ein ähnlicher Göttertyp ist im sonstigen Vorderasien nicht wieder anzutreffen.
Abb. !3.
4. In der bildenden Kunst des Hethiterreichs begegnen uns noch eine Reihe weniger wichtiger Göttertypen: in Jazylykaya ein Gott im kniefreien, hinten langen Hemd und Kegelhut, der einen Zweig in der vorgestreckten Hand hält 2 ); außerdem ein zweiter geflügelter Gott im kurzen Hemd und mit einem doppelt gehörnten Spitzhut3), wie er schon auf kappadokischen Siegeln gelegentlich zu finden ist4). Endlich ein Gott, dessen Unterkörper von einem weiten, langen Rock umhüllt ist, so daß die Füße nicht zum Vor') Hogaith, Hitt. Seals Nr. 195. *) Garstang. Hitt. Emp., Taf. XXIV, 3 links. s ) Garstang. Hitt. Emp., Taf. XXIV, 8 links. 4 ) Genouillac, Clram. cappad. I, Taf. B 3. Vgl. auch Carchemish I, Taf. B 11 oben.
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schein kommen. Sein Rock ist mit Zacken besetzt — sie bedeuten das selbe, was sonst in der ganzen altorientalischen Kunst mit dem Schuppenmuster wiedergegeben wird, d. h. das Gebirge. Das zeigt uns eine kleine Götterfigur innerhalb der Namenskartusche1) eines hethitischen Königs an den Felswänden von Jazylykaya (Taf. LXXXV), bei der Zacken und Schuppen gleichwertig nebeneinander stehen. Die Frage, ob dieser Gott des neuhethitischen Reiches irgendwie zusammenhängt mit dem äußerlich ähnlichen Berggott, der uns bereits im Mitannibereich auf einem Siegel aus der Gegend von Karkemisch und auf dem Kultrelief aus dem Brunnen in Assur begegnet ist (oben S. 62 f.), läßt sich schwerlich beantworten. Ältere gemeinsame Vorstufen sind, wie wir wissen, nicht ganz ausgeschlossen. 5. In diesen Typenkreis gehört auch der K ö n i g , der in Anbetungen und Libationsmotiven sowohl in Amt und Tracht des Priesters wie des Kriegers erscheint. Er ist aber zugleich Halbgott, so in der großen Götterprozession von Jazylykaya, wo er im üblichen Priestergewand auftritt mit dem eng um den Kopf gelegten Tuch und dem gesenkten Hirtenstab in der Hand; einmal schwebt über ihm das Symbol der geflügelten Sonne2) (Taf. LXXXVI, 1), ein andermal steht er wie ein Gott auf zwei Berggipfeln und trägt auf der rechten Hand seine Namenskartusche, die von der geflügelten Sonnenscheibe bekrönt wird. Eine Verquickung hethitischer Uberlieferung mit fremden Elementen zeigt sich wiederum auf einem Relief aus Karkemisch3), auf dem die geflügelte Sonnenscheibe, das hethitische Königssymbol, über einer Männergestalt schwebt, deren Tracht aber nicht derjenigen des hethitischen Königs entspricht. Der Priesterkönig ist eine typisch neuhethitische Erscheinung, kommt aber neben Jazylykaya und Ujük auch gelegentlich auf Reliefs in Malatia und Karkemisch vor, deren Motive aus Kleinasien übernommen worden sind (oben S.74,77). östlich des Euphrats jedoch taucht er nie auf. Er bietet zugleich, dank einer uns glücklich erhaltenen, Weber, Kunst der Hethiter, Taf. XVI. ) Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXIV, 9 links. — In dem Tontafelfund von Boghazköi ist die ständige Formel für die Majestät des Königs „Meine Sonnengottheit". Wenn die geflügelte Sonne im Hethiterreich zum Königssymbol wird, so liegt dem wahrscheinlich derselbe Gedanke zugrunde. Vgl. E. Meyer, Geschichte des Altertums II, 1. 2. Aufl., S. 512 f. 3 ) Carchemish II, Taf. A 17, a 2. 2
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geschickten Ritzzeichnung1) auf einer datierbaren Tontafel (Bo 2318) aus dem Fund in Boghazköi, einen festen chronologischen Anhaltspunkt für die gesamte bildende Kunst des Halysbogens in Boghazköi, Jazylykaya und Ujük (Taf. LXXXVII). Die Umrißzeichnung zeigt lediglich zwei Königsköpfe in Priestertracht; sie stehen dem Kopfe des vom Gott umarmten Königs in Jazylykaya (Taf.LXXXIII), dem König in der Libationsszene von Ujük (Abb. 11) oder einem Priesterkönig in der Prozession von Jazylykaya (Taf. LXXXVI, 2) so nahe, daß an einer ungefähren Gleichzeitigkeit dieser Denkmäler nicht gezweifelt werden kann (14./13. Jahrhundert v. Chr.). Dadurch ist dann aber zugleich der gesamte Bilderbestand im Halysbogen in das neuhethitische Reich verwiesen. Neben dem Priesterkönig steht im hethitischen Bereich der König als Krieger, als Heerführer. Wir sahen schon in Fraktin (Taf. LXXVI), wie der Opfernde, sicher der König, dort im kurzen Kriegerhemd und mit dem Bogen ausgerüstet auftritt. Man hat das bekannteste, weil künstlerisch höchstwertige und auch besterhaltene hethitische Relief eines anbetenden bewaffneten Mannes an einem Tor von Boghazköi2) (Taf. LXXXVI II) vielfach in Verbindung bringen wollen mit dem Wettergott, der, wie wir wissen, im nordsyrischen Kreis häufig ist und seinen ältesten Beleg auf einem spät-kappadokischen Siegelzylinder findet (oben S. 29). Das Nachleben eines Göttertypus des kappadokischen Kulturkreises in neuhethitischer Zeit ist an sich nicht unwahrscheinlich, doch müssen für eine solche Identifizierung, die in diesem Falle auch eine Gleichstellung mit dem nordsyrischen Wettergott bedeuten würde, genügend Indizien vorhanden sein. Das trifft aber beim Kriegerrelief vom Tor in Boghazköi nicht zu. Die Ubereinstimmung dieser Gestalt, z.B. mit einem Siegel der Hammurabizeit, worauf der nordsyrische Wettergott dargestellt ist (Taf. VII, 3), erweist sich in der Tat als nicht so stark, wie man zunächst gemeint hat8). Der Krieger von Boghazköi trägt einen kurzen Lendenschurz mit abgeschrägtem Verschluß bei nacktem Oberkörper, der Wettergott dagegen ein kurzes Hemd mit senkHierzu vgl. Anm. 2 auf S. 71. Auch auf dieser Tafel dürften Keilschrifttext (Inventare über verschiedene Kultstätten mit Beschreibungen von Götterbildern) und Zeichnung in keinerlei inhaltlichen Beziehung zueinander stehen. 8 ) Puchstein, Boghazköi, Taf. XVII. s ) Heidenreich, Beitr., S. 33.
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rechtem Verschluß. Auch die Haartracht ist verschieden. Der Wettergott hat den für ihn typischen langen, unten eingerollten Zopf, der Krieger lose herabfallende Haare. Auch fehlt bei ihm die für den Wettergott bezeichnende ausholende Haltung des rechten Armes. Statt des für einen hethitischen Gott so gut wie unerläßlichen Kegelhutes trägt er einen sonst nicht mehr zu belegenden Helm mit Backenklappen, aufgesetzten Hörnern auf der Stirn und langem Schweif. Die Haltung der linken Hand erinnert sehr an die eines Adorierenden. Sie müßte, wenn wir es mit dem nordsyrischen Wettergott zu tun hätten, den Blitz halten. Es besteht also weder ein Grund für eine inhaltliche noch für eine zeitliche Gleichsetzung des Torreliefs von Boghazköi mit einem Siegel wie dem erwähnten, das nach Schrift und Stil in die Hammurabidynastie, d. h. noch in die Zeit des althethitischen Reiches (1900 bis 1700 v. Chr.), hinaufreicht. Die Kriegerfigur am Tor in Boghazköi ist vielmehr stilistisch nicht zu trennen von einer Bronzestatuette1) in Berlin, VA 4853 (Taf. LXXXIX) und einer Gruppe von schreitenden oder tanzenden Göttern in Jazylykaya 2 ) (Taf.XC). Nachdem aber die Jazylykaya-Felsreliefs als Ganzes, neben andern Wahrscheinlichkeitsgründen, auch durch die eben erwähnte Königsfigur auf einer Tontafel aus Boghazköi in das neuhethitische Reich verwiesen sind, ist an der Datierung des Torreliefs von Boghazköi etwa in das 13. Jahrhundert v. Chr. nicht mehr zu zweifeln. 6. Weibliche Göttertypen sind in der hethitischen Kunst seltener als die männlichen, wenigstens seltener erhalten. Der Prozessionszug der weiblichen Gottheiten in Jazylykaya wird von einer auf dem Rücken eines Löwen stehenden Göttin geführt3) (Taf.XCI), deren typisch hethitische Tracht bei allen übrigen Göttinnen des neuhethitischen Kreises wiederkehrt: ein langes, chitonartiges, feingefältetes Kleid und ein hoher, geriefelter, zylinderförmiger Hut. Neben ihr ist ihr heiliges Tier mit spitzem Hut angebracht. Die zahlreichen untergeordneten Göttinnen, die ihr im Prozessionszug folgen, tragen durchweg die selbe Gewandung und lassen sich durch Attribute nicht unterscheiden. Nur zwei Frauen4) im Zuge der männlichen Gottheiten Meyer, R. u. K. d. Gh., Abb. 82. - Weber, Kunst d. Hethiter, Taf. VII. Meyer, R. u. K. d. Ch., Abb. 79. 3 ) Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXIV, I rechts. 4 ) Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXIV, 67 links. 2)
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haben eine hohe, kugelige Kappe auf dem Haupt und halten jede ein nicht näher zu deutendes Gerät in der gesenkten Rechten ( T a f . X C I I ) . Ferner fällt noch ein Göttinnenpaar auf, das von einem Doppeladler getragen wird1) (Taf. LXX); vielleicht hängt der Doppeladler gedanklieh mit ihrer Zweiheit zusammen und soll demnach eine Zwillingsgottheit symbolisieren. Uberblicken wir den Bestand an Göttertypen in der neuhethitischen Kunst, so ergibt sich auch darin — so wenig wir die einzelnen Gestalten bisher zu benennen vermögen — das Bild eines in sich geschlossenen und dem Mitannigebiet gegenüber selbständigen Pantheons; der besondere Charakter dieser Götter äußert sich klar in ihrer eigentümlichen Gestalt, in Tracht und Symbolik, die völlig abweichen von allem, was wir in Nordmesopotamien kennengelernt haben. Beziehungen zwischen neuhethitischen Göttertypen und solchen der sumerischen oder südmesopotamischen Welt lassen sich nicht nachweisen; auch mit den Göttern der kappadokischen Siegel gibt es nur wenige Berührungspunkte. Lediglich der obenerwähnte Götterhut mit abstellenden Hörnern sowöKl an der TCrempe wie In halber Höhe schlägt eine gewisse Brücke. Und ferner erkennen wir in dem Stier auf einem hohen Postament eine religiöse Verbindung zwischen Ujük und Kültepe. Dagegen sind mehrfach neuhethitische Göttertypen in das Grenzland zwischen Hethiter- und Mitannireich eingedrungen und führen dort noch ein Nachleben in der Kunst um die Wende des 2. und 1. Jahrtausends (Malatia, Karkemisch). D. G ö t t e r p r o z e s s i o n Wir dürfen diese Zusammenstellung von Typen und Motiven in der bildenden Kunst des Hethiterreichs nicht beschließen, ohne auf die bereits vielfach in Einzelheiten erwähnten Felsreliefs von Jazylykaya noch einmal einzugehen, diesmal aber, um sie als Gesamtkomposition2) zu betrachten ( T a f . X C I I I ) . An den Wänden einer Felsnische schreiten zwei Züge von Göttern einander entgegen, der eine in der überwiegenden Mehrzahl männx
) Garstang. Hitt. Emp., Taf. XXIV, Nr. 3 und 4 rechts. *) Meyer, R. u. K. d. Ch., Abb. 27. - Garstang, Hitt. Emp., Taf. XXXIV.
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lieh und von einem Gott geführt, der andere weiblich und von einer Göttin geleitet, um sich im Innern der Nische zu begegnen. Der göttliche König schreitet mit in der Reihe der männlichen Götter. Am Ende des weiblichen Zuges ist noch einmal ein König abgebildet, wie ein Gott auf Berggipfeln stehend, aber nicht unmittelbar als Glied der Prozession, sondern etwas abgerückt, anscheinend eine spätere Zutat. Trotz aller Lahmheit und Lockerheit der Gliederung, bei allem Mangel an einem geordneten Bildgefüge, an Zäsuren und Akzenten1), haben wir es mit einer der großzügigsten Kompositionen, mit einem der gehaltvollsten und zugleich umfangreichsten Motive altorientalischer Kunst überhaupt zu tun. Ebensowenig wie wir die einzelnen Hauptgöttertypen dieser Prozession benennen konnten, sind wir in der Lage, die eigentliche Bedeutung der Gesamtdarstellung mit Sicherheit zu erfassen. Das läge zudem nicht im Sinne dieser Untersuchung. Soviel jedenfalls steht fest, das Gesamtmotiv dieser Felsreliefs gehört, wie die ganze übrige neuhethitische bildende Kunst, in den Bereich des Mythus und des Kultus. Wichtiger aber wäre es für unsere Zwecke, wenn dieser großartige Bildgedanke irgendwie rein motivgeschichtlich zu verfolgen wäre. Eine Vorstufe, sei es auch eine in viel geringerer Ausdehnung, zu den zwei einander entgegenkommenden Reihen von zwanzig bis dreißig Gottheiten, ist unter den erhaltenen Denkmälern des Alten Orients nicht zu finden. Die Motive eines Opferzuges oder die Einführung eines betenden Königs durch niedere Schutzgottheiten zu einem Hauptgott, Motive, die beide rein äußerlich durch die prozessionsartige Reihung von Personen an die Götterprozession von Jazylykaya erinnern könnten, sind auf Grund ihrer inneren Bedeutung durchaus davon zu trennen. Auf kappadokischen Rollsiegeln erkannten wir zwar die Darstellung mehrerer Götter, die, aufrecht auf dem Rücken eines Vierfüßlers stehend, einem thronenden Gott prozessionsartig sich nähern (Taf. 111,4), und in Giaur Kalessi schreiten ebenfalls zwei männliche Götter zu einer Göttin hin (Abb. 12). Ganz Alles, was der Bildhauer in dieser Hinsicht tut, besteht in einer rein äußerlichen Vergrößerung der Hauptgötter und einem Abnehmen der Figurendimensionen nach dem Ende der beiden Götterzüge zu. Man denke aber an den Parthenonfries, wo kompositionell eine ganz ähnliche Aufgabe — zwei lange Prozessionszüge, die sich an einer Kurzseite des Denkmals begegnen — zu lösen war, um zu erkennen, was wirkliche Bildgliederung dem Thema abzugewinnen vermag.
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entsprechend sind diese Darstellungen aber in ihrem motivischen Aufbau trotz allem nicht, weil dem einen Prozessionszug der Gegenzug wie in Jazylykaya fehlt. Aber auch in nachhethitischer Zeit läßt sich eine brauchbare Parallele zum Jazylykayamotiv nicht nachweisen. Man hat die spätassyrischen Felsreliefs von Maltaja 1 ) damit verglichen2), die gleichfalls eine Prozession, besser mehrere Prozessionen von Göttern darstellen. Die Hauptgötter des assyrischen Pantheons stehen oder thronen auf dem Rücken ihres heiligen Tieres, in symmetrischen Gruppen angeordnet, die von je zwei adorierenden Königsfiguren eingefaßt werden. Von der Begegnung einer männlichen und einer weiblichen Gruppe kann nicht die Rede sein. Der Bildgedanke von Maltaja ist somit sowohl innerlich wie äußerlich ein anderer. Auch braucht die Art, wie die Götter in Maltaja auf ihren Tieren stehen, nicht auf einen unmittelbaren Zusammenhang mit Jazylykaya hinzudeuten. Diese symbolische Stellung geht, wie oben S. 61 f. bereits erwähnt, auf viel ältere gemeinsame Vorbilder zurück. Die Möglichkeit einer Beeinflussung der assyrischen Kunst, die in der mitannischen Gedankenwelt wurzelt, durch die neuhethitische im 13. Jahrhundert, als die Vormacht der Mitanni bereits gebrochen war, ist nicht unbedingt von der Hand zu weisen. Motivgeschichtlich aber ist ein Zusammenhang zwischen neuhethitischer und assyrischer Kunst nicht zu erkennen. Auch Maltaja und Jazylykaya geben uns dazu keine Veranlassung (s. unten S. 102). Als Gesamtergebnis können wir nunmehr folgendes festhalten: Der bildenden Kunst des Mitannikreises, die wir im vorigen Abschnitt in ihren Hauptmotiven fassen konnten, stellt sich die Kunst des östlichen Kleinasiens als eine unabhängige und geschlossene Leistung gegenüber. Abgesehen von rein stilistischen Merkmalen, worauf in diesem Zusammenhang aus methodischen Gründen nicht eingegangen wurde, kommt die Eigenart dieser Kunst an erster Stelle in dem Gesamtcharakter ihres Bildervorrats zum Ausdruck. Sie zeigt eine ausgeprägte Vorliebe für die Darstellung kultischer Handlungen, An2)
W. Bachmann, Felsreliefs in Assyrien. WVDOC 52, Leipzig 1927, Taf. XXVII ff. Meyer, R. u. K. d. Ch.. S. 92.
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betung und Libationsopfer, außerdem für Wiedergabe von Szenen aus dem Göttermythus. Ihr größtes Werk, das ausgedehnte Felsrelief von Jazylykaya, liegt auf diesem Gebiet. Untergeordneter Bedeutung sind Darstellungen von Fabel- und Mischwesen. Uberhaupt nicht vertreten sind Bildgedanken, die der profanen Welt, sowohl dem täglichen Leben wie etwa dem im Mitannikreis so bevorzugten Jagdund Kriegswesen, entnommen wären. Schon in diesem grundlegenden Unterschied des Motivenbestandes äußert sich mit aller Deutlichkeit die scharfe Trennung zwischen diesen beiden Welten. Nicht weniger groß erweist sich der Unterschied in der Herkunft der jeweiligen Motive. Während wir für den Mitannikreis einen starken Einfluß älterer Kulturen, der altakkadischen, altbabylonischen und vor allem der sumerischen feststellen konnten, ist der Anteil vorhergegangener Epochen am Bildervorrat der neuhethitischen Kunst sehr gering. Vor allem ist von einer starken Tradition der sumerischen und der akkadischen Kultur so gut wie nichts zu spüren. Nur einzelnes weist auf Alteinheimisches, das bereits in den kappadokischen Siegeln für uns faßbar war. Das Verbreitungsgebiet der im vorliegenden Abschnitt verfolgten Bildgedanken deckt sich mit dem, was wir über die räumliche Ausdehnung des neuhethitischen Reiches wissen. Die Topographie wies uns immer wieder hin auf das Kerngebiet dieses Reiches: die Hochebene, die vom Halys umfaßt wird; nur gelegentlich wurden wir weiter nach dem Westen Kleinasiens geführt, häufiger dagegen in das Gebiet zwischen Taurus und oberem Euphrat sowie nach Nordsyrien. Das Nachleben echt neuhethitischer Bildgedanken in diesem Grenzstreifen zwischen Hethiter- und Mitannireich während einer späteren Epoche (um 1000 v. Chr.), und zwar neben einer überwiegenden Mehrheit von Motiven mitannischen Ursprungs, ist die kulturelle Bestätigung für das, was wir bereits aus geschichtlichen Quellen wußten: Nordsyrien hat politisch seit der Mitte des 2. Jahrtausends abwechselnd dem Mitanni- und Hethiterreich unterstanden zur Zeit ihrer jeweiligen Hegemonie. Um die Wende des 2. und 1. Jahrtausends, als beide Reiche bereits untergegangen waren, fristen dort kleine lokale Fürstentümer, wie Sendschirli, Karkemisch, Teil Ahmar und andere mehr, ihr Dasein weiter, zum Teil bereits unter
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assyrischer Oberherrschaft. Sie üben eine provinzielle Kunst, die in ihren Motiven zehrt von den beiden großen Kulturen des 2. Jahrtausends, der mitannischen und der hethitischen. Erst in diesen späten Jahrhunderten und nur in diesem Grenzgebiet vollzieht sich eine Verquickung dieser beiden von Haus aus grundverschiedenen Gedankenwelten. Von den neuhethitischen Bildmotiven ist nicht ein einziges im mitannischen Kerngebiet wiederzufinden. Auch zur Zeit seiner größten Macht ist der hethitische Kultureinfluß offenbar nie östlich über den Euphrat vorgedrungen, im Gegensatz zum mitannischen, der wenigstens Spuren seiner Macht in der neuhethitischen Kunst Kleinasiens hinterlassen hat in Form einzelner Fabel- und Mischwesen. Damit löst sich nun aber das Schlagwort „hethitische Kunst" in zwei historisch greifbare Kreise auf, einen kleinasiatisch-hethitischen und einen nordmesopotamisch-mitannischen. Die nordsyrischeKunst aber, die einen Hauptteil der Denkmäler gestellt hat, ist, auch unter aramäischer oder assyrischer Herrschaft, ein später Nachkomme der Mitannikultur mit starken kleinasiatisch-hethitischen Einsprengseln1). ' ) Zu denselben Ergebnissen wie die motivgeschichtliche Betrachtung der bildenden Kunst muß die Untersuchung der Baukunst führen. OLZ 1930, Sp. 854, Anm. I habe ich den sogenannten Hilani-Bautypus auf Grund seines Verbreitungsgebiets als mitannisch bezeichnet, im Gegensatz zur hethitischen Baukunst Kleinasiens. H. Gustavs war bereits früher zu einer ähnlichen Ansicht gelangt. (Zeitschrift des Deutschen Palistina-Vereins Bd. 50, 1927, S. 17 f.). Neuerdings hat F. Wachtsmuth die selbe Auffassung vertreten im Jahrb. d. arch. Inst. Bd. 46.1931, S. 32 ff. Dem sei in Stichworten und ohne weitere Ausdeutung einiges an die Seite gestellt, was sich aus den Keilschriftquellen für Sprache und Kultur des Hethiterreiches einerseits, des Mitannireiches andrerseits beibringen läßt: räumlich begrenzte Ausdehnung des Hethitischen, kurze Lebensdauer der Sprache, im Wortsch«tz"nahezu unberührt vom Akkadischen; kulturelle und zivilisatorische Einflüsse der churrischen Welt spürbar (Kultus, Mythos, Pferdezucht, Handwerk und Technik). Demgegenüber das ChurrischMitannische lebendig vom 3. bis zum Ende des 2. Jahrtausends, von Nuzi/Arrapha bis nach Syrien und Palästina nachweisbar, lexikalisch vom Akkadischen abhängig.
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V. ANHANG DIE WIRKUNG DER BERGVÖLKER AUF DIE BILDENDE KUNST DES BABYLONISCHEN UND ASSYRISCHEN KULTURGEBIETES
a) K a s s i t i s c h e s Die Bedeutung der Bergvölker für die Geschichte der darstellenden Kunst Vorderasiens seit dem 2. vorchristlichen Jahrtausend wird erst in ihrer ganzen Größe erkennbar, wenn wir uns zum Schluß die Wirkung vergegenwärtigen, die sie auf das babylonische Kulturgebiet, das südliche Zweistromland, und das kulturell seit etwa 3000 v. Chr. engstens damit verbundene Assyrien ausgeübt haben. Als der bereits schwach gewordenen Hammurabidynastie durch einen Zug der Hethiter gegen die Stadt Babylon um 1900 v. Chr. ein entscheidender Stoß versetzt wurde, nahm das Volk der Kassiten, dessen Heimat in den persischen Randgebirgen lag, die Gelegenheit wahr, allmählich die Macht in Babylonien an sich zu bringen. Sind wir über ihre politische Tätigkeit, über ihre Herrschaft vom 18. bis zum 12. Jahrhundert v. Chr. durch die literarischen Quellen (s. Einleitung) einigermaßen unterrichtet, so bleibt das archäologische Material zur Geschichte ihrer bildenden Kunst vorläufig nur gering an Zahl und dürftig in der Qualität. Dabei mag der Zufall mitspielen ,* begreiflich wäre es jedoch, wenn gerade diesem Bergvolk die Aufgabe schwer wurde, auf dem alten Kulturboden Babyloniens eine eigne Kunst durchzusetzen. In Kleinasien und Nordmesopotamien stand einer selbständigen Entwicklung keine so starke bodenständige Tradition entgegen wie im südlichen Kernland der sumerisch-akkadischen Macht. Der bisher spärliche Denkmälerbestand kassitischer Kunst wird gebildet von einer Reihe von Rollsiegeln und Kudurrus, d. h. Landbelehnungsurkunden in Gestalt roher Grenzsteine, die durchweg
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verziert sind mit einer großen Anzahl von Göttersymbolen, gelegentlich aber auch mit ausführlichen bildlichen Darstellungen. Außerdem haben die deutschen Grabungen in Uruk einen Tempel freigelegt, der, von dem kassitischen König Kara-Indasch erbaut, das bisher stattlichste plastische Kunstwerk dieser Epoche als Wandsockelschmuck zeigt. Eine Durchsicht dieser Denkmäler auf die Motive hin ergibt folgendes Bild: Der Vorrat ist gering. Zwar ist die kassitische Kunst besonders reich an abstrakten Symbolen, wodurch sie im Gegensatz zur vorhergehenden akkadisch-altbabylonischen Periode einen starrdekorativen Zug bekommt; wirkliche Bildgedanken aber, d. h. in eine feststehende Form gefaßte Begebenheiten mythischen oder profanen Charakters, sind wenig zahlreich. Immerhin lassen sich auch hier im Typen- und Motivenbestand ältere und jüngere Linien verfolgen. Auf einem Grenzstein des Königs Melisipak1) (1140 v. Chr.) lebt die bereits öfters erwähnte neusumerische Einführungsszene nach, in der wir den König von einer Schutzgottheit zu einem thronenden Hauptgott geführt sehen. Hier ist sie insofern abgewandelt, als der König selber seine Tochter zur Göttin Nana bringt. Die Formen sind bäurisch geworden, die Tracht ist eine andere als die altbabylonische, auch die Unterscheidung der Bedeutung der Dargestellten durch ihre äußerlichen Maße ist etwas, was in der vorhergehenden Kunstepoche des Südens bereits aufgegeben war ; das Motiv aber ist formal das alte geblieben. Bei den Rollsiegeln kann man deutlich den Ubergang vom Ende der Hammurabidynastie in die kassitische Zeit verfolgen. Einzelne frühkassitische Stücke zeigen noch ganz die Art der späten Hammurabizeit und behalten denn auch das altbabylonische Anbetungsmotiv bei,in dem einKönigvor seiner Gottheit adoriert2), beide stehend oder der König stehend vor dem sitzenden Gott. Eignen Charakter bekommt das Anbetungsmotiv, erst unter anderem auf dem Berliner Rollsiegel VA 3869 (Taf. XCIV, 1), dessen Inschrift den Namen des Königs Burra-Buriasch (etwa 1350 v. Chr.) enthält3). Der Betende >) Mémoires de la Délégation en Perse. X. 1908, Taf. XIII, 1. S) U. a.: Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 298, 300. — Louvre, A603, Taf. LXXXV, 4. ®) Weber, AO 17/18, Nr. 458. — Ein knieender Adorant erscheint auf dem etwas jüngeren Symbolsockel Tulculti-Ninurta's I. (13. Jahrh. v. Chr.) aus Assur (Propyläen-Weltgeschichte Bd. I, Berlin 1931, Abb. auf S. 462). 7
Moortgat, Die bildende Kunst des alten Orients
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kniet vor dem thronenden Gott, ein Adorationsgestus, der in der ältern vorderasiatischen Kunst sonst unbekannt ist; Kreuz, Rosette, Raute, Biene und Hund füllen die Fläche als Symbole. Eine Nebenszene auf demselben Siegel führt uns in eine andere Richtung: Zwei Stiere stehen mit gesenktem Kopf in völlig gegenständiger Anordnung um eine Pflanze; die Tiere berühren sich mit beiden Hörnern, die in Oberaufsicht wiedergegeben sind. Der Bildgedanke zweier Tiere, die eine Pflanze einfassen, ist (oben S. 67) bereits altsumerisch, verschwindet dann aber aus der Kunst des südlichen Zweistromlandes, während er, wie wir sahen, bei den Bergvölkern seit dem 2. Jahrtausend eine große Bedeutung gewinnt. Im übrigen ist die Fassung dieses Motivs auf einem der jüngeren Orthostaten aus Karkemisch (Taf. LXIV), wo auch die Hörner der Stiere in der gleichen Weise dargestellt werden, derjenigen auf dem vorliegenden Siegel so ähnlich, daß man an einen engen Zusammenhang mit der Gebirgskultur denkt. Das Motiv steht nicht vereinzelt da in der kassitischen Kunst. Es kehrt wieder in leicht abgewandelter Gestalt auf einem zweiten Rollsiegel der Berliner Sammlung VA 39031) (Taf. XCIV, 2). Die Darstellung ist zweistreifig, oben und unten eingerahmt von einem Dreieckmuster — eine Eigentümlichkeit, die das Siegel in den kassitischen Kreis verweist2). Im Hauptstreifen sind zwei diesmal sich bäumende Stiere zu sehen, die wiederum wappenartig um einen stilisierten Baum angeordnet sind. Im unteren Bilderstreifen des Rollsiegels deuten die Gestalten eines geflügelten Stieres und eines Sphinx ebenfalls auf Zusammenhänge mit dem Nordwesten. Der geflügelte Stier kommt im mitannischen Kreis weniger häufig vor als der geflügelte Löwe, doch ist er auf den Reliefs von Karkemisch8) und vom Teil Halaf4) zu belegen. Auch die merkwürdige Schraffierung der Tierkörper ist eine Einzelheit, die das kassitische Siegel mit alten Traditionen der Kunst der Bergvölker verbindet (oben S . 26). Auf den Kudurrus, den Belehnungsreliefs, sind durchweg zahlreiche Göttersymbole in mehreren Reihen übereinander dargestellt. >) Weber, AO 17/18, Nr. 480. Vgl. dazu Siegel wie Weber, AO 17/18, Nr. 485 und Delaporte, Louvre A 594, S. 156. 3 ) Carchemish I, Taf. B 16a. 4 ) Bisher nicht veröffentlicht. 2)
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Darunter befinden sich nur wenige, die bereits in der älteren Kultur des Zweistromlandes bekannt waren, wie Stern, Sonnenscheibe, Mondsichel oder der Schlangendrache (Mushus); die meisten aber sind neu im babylonischen Kreis, seien es Attribute, seien es den Göttern heilige Tiere. Neben Geräten wie einer Lampe kommen Tiere und Mischwesen vor: der Vogel auf einem Stab1), der Skorpion, der liegende Stier mit Blitz auf dem Rücken, der geflügelte Stier, denen Verwandte in der Kunst der übrigen Bergvölker gegenüberstehen. Andere Symbole wieder, wie Kreuz, Raute, Biene, Heuschrecke, die uns auf Rollsiegeln dieser Periode häufig begegnen, mögen von den Kassiten aus ihrer iranischen Heimat mitgebracht worden sein. Die Herkunft dieser letzteren Bildelemente zu verfolgen, würde über den Rahmen dieser Untersuchung hinausführen. Altelamisches mag auch nachwirken bei einem Kudurru, der wie viele andre Grenzsteine bei den Grabungen in Susa ans Licht kam 2 ); er fällt mit seiner sorgfältigen Reliefverzierung aus der Reihe dieser Denkmäler heraus. In einem um den Oberteil des Steines herumlaufenden Fries trägt er die Wiedergabe einer mythologischen oder kultischen Prozession (Taf. XCV). Mehrere Männer gehen mit Bogen und Köcher bewaffnet hintereinander her, indem sie die Laute spielen; eine Frau schlägt das Tamburin. Hinter ihr steht eine Pflanze in einem Kübel. Zwischen je zwei Gestalten schreitet ein Tier, ein Strauß, eine Ziege, ein Löwe oder ein andres nicht genau bestimmbares Tier. Ein zweiter Bildstreifen darüber, der lediglich die üblichen Göttersymbole bietet, bezeugt den kassitischen Charakter des Denkmals. Ein Motiv wie diese kultische Prozession steht vorläufig für sich; im sumerisch-akkadischen Kreise ist weder formal noch gedanklich etwas Ähnliches vorhanden. Inhaltlich stehen ihm am nächsten doch wohl die Opferzüge mit Musik in Ujük und Karkemisch (oben S. 81 f.). Doch herrscht auch dabei keine richtige Ubereinstimmung. Wahrscheinlich kommen also tatsächlich in dem vorliegenden Kudurrurelief, das in der alten elamischen Hauptstadt gefunden wurde, einheimische altiranische Gedanken zum Ausdruck. Es fehlt *) Insbesondere zu vergleichen ist hier ein Vogel auf einer Säule vom Teil Halaf in monumentaler Ausführung: v. Oppenheim, Der Teil Halaf, Taf. XIV. *) Mémoires de la Délégation en Perse VII, 1905, Taf.XXVII/XXVIII. — Zur Deutung vgl. F. Homme], Beiträge zur morgenländischen Altertumskunde, Heft 1, München 1920, S. 8. 7*
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jedoch bisher an archäologisch verwertbarem Material, um diese Frage entscheiden zu können. Hoffentlich wird einmal die iranische Kunst des 2. Jahrtausends v. Chr. soweit aufgehellt, daß wir ihren Anteil an der Kultur der Bergvölker im besondern und Vorderasiens überhaupt fassen können. Das zuletzt entdeckte Denkmal kassitischer Plastik, die merkwürdige Tempelfassade des Königs Kara-Indasch (1450 v. Chr.) in Uruk 1 ) (Taf.XCVI) zeigt einen stehenden Gott in Vorderansicht, der mit beiden Händen ein Gefäß auf der Brust hält; sein Unterkörper ist mit dem schuppenartigen Bergmotiv verziert. Neben ihm steht eine Göttin, ebenfalls mit einem Gefäß auf der Brust; ihr Unterkörper ist durch Wellenlinien als Wasser charakterisiert. Zwischen beiden ist ein stilisierter Wasserstrahl angebracht. Beide Gottheiten sind zu einer langen Reihe vervielfältigt und bilden den Wandsockelfries des Tempels; die einzelnen plastischen Backsteine, woraus die Relieffiguren aufgebaut wurden, sind immer wieder aus derselben Form gedrückt. Zweifellos wirkten in diesen beiden Göttertypen, dem männlichen mit dem Gefäß, dem das Lebenswasser entquillt, und dem weiblichen mit dem wellenartigen Unterkörper, alte sumerisch-akkadische Typen nach2). In der hervorragenden Stelle dagegen, die hier eine Berg- und eine Flußgottheit einnehmen, sowie in der Art der Darstellung, die dem en face-Kultrelief (oben S. 62) nahekommt, muß man zweifellos Einflüsse der Gebirgskultur erkennen3). Diese Reihe von Stichproben kassitischer Kunst genügt, um die Zusammensetzung ihres Motivenvorrates aus alten und neuen, fremden und eignen Bestandteilen aufzuzeigen, zugleich aber die völlige Umbildung der babylonischen Kunst unter dem Einfluß der nördlichen Gebirgskultur darzutun. Eine neue formale Kunst von hohem Range zu schaffen, die derjenigen der älteren Epochen im Zweistromlande ebenbürtig an die Seite treten kann, haben die Kassiten jedoch nicht vermocht. 1 ) J. Jordan, I. vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Uruk-Warka. Abh. preuß. Ak. Wiss., 1930, Taf. XVI. 2 ) In dem jüngst entdeckten Terrakottarelief aus Ur (AfO VII, S. 130, Abb. 5) liegt ein verwandter Typus zu den Göttinnen des Kara-Indasch-Tempels vor. Es gehört in die Zeit kurz nach 2000 v. Chr. Vgl. zu diesem Relief Anm. 1 auf S. 64. 3 ) Vgl. hierzu die Beobachtungen v. Bissings über Zusammenhänge der sog. hethitischen Bilderschrift mit Typen der kassitischen Kunst. Dat. u. Entst. d. chet. Bilderschr., S. 6.
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b) Z u r b i l d e n d e n K u n s t der A s s y r e r Die Lösung dieser Aufgabe ist vielmehr dem Assyrervolke vorbehalten geblieben. Und damit berühren wir zum Schluß eine der wichtigsten Fragen, die mit der bildenden Kunst der Bergvölker Vorderasiens seit dem 2. Jahrtausend v. Chr. zusammenhängen: die Frage nach der Ausbildung der großen assyrischen Kunst und ihrer Einordnung in die geistigen und formalen Traditionen des Nordens wie des Südens. Wie stellt sich der Motivenbestand der assyrischen Kunst zum sumerisch-akkadischen, zum mitannischen und kleinasiatisch-hethitischen ? Schon bei der Betrachtung der Bildgedanken des mitannischen Kreises war öfter Gelegenheit, auf assyrische Denkmäler hinzuweisen, die den ältesten Beleg lieferten für ein bestimmtes Motiv des Gebietes zwischen Taurus und Zagros. Das würde schon genügen, um einen engen Zusammenhang zwischen assyrischer Kunst und dem Mitannikreis im 2. Jahrtausend v. Chr. zu erweisen, auch wenn wir nichts wüßten von einer zeitweiligen Herrschaft des mitannischen Reiches über das Assyrerland. Wie steht es aber mit dem Bildgedankenvorrat der assyrischen Kunst auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung in der Zeit vom 9. bis zum 7. Jahrhundert, von Asumasirpal II. bis Asurbanipal? Die großen Wandrelief reihen aus den Palästen in Kalach und Ninive gehen bei aller Ausweitung und Steigerung des bildlichen Materials über den alten Bestand mitannischer Motive nicht hinaus. Es bleiben überall die alten Themen trotz kunstreicher Abwandlung bestehen. Schon der Gesamtcharakter des Themenbestandes stimmt mit dem mitannischen überein. Neben einer Reihe mythischer Szenen, worin das uns bekannte Mischwesen eines geflügelten Genius mit Menschen- oder Vogelkopf als Adorant vor dem Lebensbaum auftritt, über dem vielfach eine geflügelte Sonnenscheibe schwebt, neben löwenköpfigen Dämonen, neben Sphinx, Greif und geflügeltem Stier gewinnen Jagd- und Kriegsszenen einen immer größeren Anteil an den Darstellungen. Die Bedeutung des Kultischen tritt dagegen wie im mitannischen Kreis und im Gegensatz zum neuhethitischen beinahe völlig in den Hintergrund. Wo einmal die Wiedergabe einer kultischen Handlung auftaucht in der assyrischen 101
Kunst, so auf dem Obelisken Asurnasirpals I.1), ist sie nur Teil der historischen Erzählung eines Kriegszuges, als solche nur geschichtliche Episode. Ebenso ist das Opfer über einem erlegten Stier oder Löwen zu bewerten als ein Teil der bildlichen Jagderzählungen Asurnasirpals und Asurbanipals2), nicht etwa als eine selbständige Kulthandlung. Eine Reihe von assyrischen Rollsiegeln bietet allerdings die uns bereits bekannte Kultszene, worin ein Adorant vor einem sitzenden Gott steht, zwischen beiden ein kleines Speisetischchen3). Bei der Betrachtung der nordsyrischen Plastik um 1000 v.Chr. haben wir dies Motiv als eine Weiterführung eines einheimischen Gedankens zu verstehen gesucht, den wir in seiner ältesten Form auf kappadokischen Siegelabrollungen belegen können (oben S. 64). Wenn uns nunmehr derselbe Bildgedanke auf assyrischen Siegeln des 1. Jahrtausends entgegentritt, so kommt darin nur die Traditionsverbundenheit Assyriens mit dem ganzen nördlichen Gebiet zum Ausdruck, bereits zu einer Zeit, als die Kultur in diesen Gegenden noch nicht durch die Völkerverschiebungen des 2. Jahrtausends differenziert war. Eine motivgeschichtlich ganz gleich zu bewertende Erscheinung liegt unter anderem bei dem Bilde des Gottes Asur auf einer Gipssteinplatte4) aus der alten Hauptstadt Assur vor. Der Gott steht hochaufgerichtet auf dem Rücken eines gehörnten Löwen, ähnlich wie die assyrischen Gottheiten auf den Felsreliefs von Maltaja. Es kann hier auf das oben S. 93 in dieser Hinsicht Gesagte verwiesen werden. Auch in der assyrischen Kunst des 1. Jahrtausends wirken also Motive nach, die aus einer alten gemeinsamen, einheimischen Kulturschicht der Bergvölker stammen müssen. Dadurch erklären sich scheinbare Zusammenhänge zwischen assyrischer und neuhethitischer Kunst, wie sie etwa zwischen den Prozessionen von Jazylykaya und Maltaja angenommen worden sind, als bloß mittelbare. Neben den Motiven nördlicher Herkunft leben in der assyrischen Kunst des 1. Jahrtausends ebenso wie im mitannischen Kreise solche weiter, die nur aus der sumerisch-babylonischen Tradition zu ver*) E. Unger, Der Obelisk des Königs Assumassirpals I. aus Ninive. Mitteilungen der Altorientalischen Gesellschaft VI. 1/2, S.35, Taf. III. 2 ) E. A. W. Budge, Assyrian Sculptures in the British Museum. London 1914, Taf. XIX. — H. Schäfer u. W. Andrae, Die Kunst des alten Orients. Propyläenkunstgeschichte II, 2. Aufl., Berlin 1925, Abb. 559. 3 ) Weber. AO 17/18, Nr. 465-467. 4 ) Meyer, R. u. K. d. Ch., Abb. 73.
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stehen sind. Dazu gehört wieder das vielverbreitete Bild des Palmettbaumes, der von zwei Tieren eingefaßt wird. Es taucht bereits unter den Wandmalereien Kartukultininurtas (1250 v.Chr.) auf 1 ) und ist dann unter anderem auf Siegeln oder glasierten Gefäßen des 1. Jahrtausends gelegentlich nachzuweisen2). Zu dieser Gruppe von Motiven gehört auch der Typus des sogenannten Gilgamesch aus Dur-Sarrukin3), der bis auf die Siegel der Dynastie von Akkad zurückreicht4). Was dann neben alteinheimischen und sumerisch-akkadischen Motiven in der assyrischen Kunst des 1. Jahrtausends übrigbleibt, d. h. der eigentliche Kern des Bestandes, entspricht dem Bildgedankenvorrat, der im mitannischen Kreise seit der Mitte des 2. Jahrtausends in die Kunst eingeführt wurde. Dieser Vorrat zerfällt, wie oben S. 39ff. nachgewiesen, in zwei große Gruppen: eine mythische und eine profane. Beide Gruppen leben auch in der großen assyrischen Reliefkunst des 9. bis 7. Jahrhunderts v. Chr. weiter, doch können wir im Laufe dieser 200 Jahre eine Verschiebung zugunsten der profanen Gruppe verfolgen. An den Wänden des Asurnasirpal-Palastes in Kalach (9. Jahrhundert v. Chr.) trägt die übergroße Mehrheit aller Orthostatenreliefs noch Darstellungen mythischen Charakters, vor allem geflügelte Genien, mit Adler- oder Menschenkopf, die stehend oder knieend um den Palmettbaum adorieren ; lediglich in einem einzigen Saal ist ein großer Teil des Wandsockels mit Jagd- und Kriegsszenen verziert6). Die Entwicklung des großen historischen Reliefs aber aus der einzelnen Jagdszene zu Fuß oder zu Wagen sowie aus dem einfachen Kriegerzug, eine Entwicklung, die wir an den Wandreliefs der Paläste Tiglatpilesers III., Sargons und Asurbanipals (8. bis 7. Jahrhundert v. Chr.) in Kalach, Dur-Sarrukin und vor allem Ninive beobachten können, führt allmählich zu einer Zurückdrängung der mythischen Motive, ohne sie jedoch ganz ausschalten zu können. Ihr Gebiet wird immer mehr die Kleinkunst, vor allem die Steinschneidekunst. *) W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Taf. II. 2 ) Delaporte, Louvre A 712, Taf.LXXXIX, 13; Bibl. Nat. Nr.385. — W. Andrae, Farbige Keramik aus Assur, Taf. XXI, XXIII, XXV. 3 ) E.Pottier, Catalogue des Antiquités Assyriennes. Musée du Louvre. Paris 1924, Taf. VIII, Nr. 17. 4 ) Akkadische Siegel mit „Gilgamesch"typ: z. B. Weber, AO 17/18, Nr. 125, 137—140. 6 ) A. H. Layard, Nineveh and its remains I, London 1849, S. 381 ff.
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Aus einem Überblick über den Themenbestand der bildenden Kunst Assyriens wird ersichtlich, wie sie mit ihrem geistigen Gehalt auch noch im 1. Jahrtausend in der Gedankenwelt des mitannischen Kreises wurzelt. Ihr Bildervorrat ist identisch mit dem mitannischen, sowohl seiner Bedeutung wie seiner Herkunft nach. Diese Erkenntnis des engen Verhältnisses von assyrischer und mitannischer Gedankenwelt, des inneren Gegensatzes dagegen zwischen Assyrischem und Neuhethitischem, ist der wichtigste Nebengewinn dieser Untersuchung, weil sie uns den Boden zeigt, worauf die assyrische bildende Kunst, in mancher Hinsicht die höchste Blüte altvorderasiatischer Kunst überhaupt, erwachsen ist. Darüber hinaus zeigt sie uns, wo die Bedeutung dieser großen darstellenden Kunst des 9. bis 7. Jahrhunderts v. Chr. liegt: im rein Formal-Künstlerischen, nicht mehr im Gedanklich-Schöpferischen. Hat die Kunst des Mitannikreises im 2. Jahrtausend die befruchtende Kraft einer Frühkultur besessen, so ist die assyrische Kunst des 1. Jahrtausends zwar qualitativ deren höchste Steigerung, zugleich aber der typische Ausdruck einer stark auf das Formale gerichteten Hochkultur.
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ABKÜRZUNGEN AfO = Archiv für Orientforschung (Bd. I. II : far Keilschriftforschung). Berlin. Bd. I ff., 1923 ff. AO = Der Alte Orient. Leipzig. Bd. I ff.. 1900ff. Ausgrabungen in Sendschirli = Ausgrabungen in Sendschirli I—IV. Berlin 1893—1911. Mitteilungen aus den orientalischen Sammlungen der Berliner Museen XI—XIV. v. Bissing, Dat. u. En tat. d. chet. Bilderschr. — Fr. W. von Bissing, Zur Datierung und Entstehung der chetitischen Bilderschrift. Filòlogi! biedrisbas raksti X. Riga 1930. v. Bissing, Zeit u. Stil. - Fr. W. von Bissing, Untersuchungen über Zeit und Stil der „chetitischen" Reliefs. In: Archiv für Orientforschung VI, 1931, S. I59ff. Carchemish = D. G. Hogarth und C. L . Woolley, Preliminary Report on the Excavation at Djerabis I. II. London 1917-1921. C. I. H. - L. Messerschmidt, Corpus Inscriptionum Hettiticarum. In : Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft V 4/5, 1900; VII 3,1902; X I 5. 1906. Delaporte, Bibl. Nat. = L. Delaporte, Catalogue des cylindres orientaux de la Bibliothèque Nationale. Paris 1910. Delaporte, Louvre — L. Delaporte, Catalogue des cylindres orientaux, cachets et pierres gravées du Musée du Louvre. Paris 1921. Garstang, Hitt. Emp. — J. Garstang, The Hittite Empire. London 1929. Genouillac, Céram. cappad. = H. de Genouillac, Céramique cappadocienne I. II. Paris 1926. Heidenreich, Beitr. = R. Heidenreich, Beiträge zur Geschichte der vorderasiatischen Steinschneidekunst. Diss. Heidelberg. I92S. Hogarth, Hitt. Seals = D. G. Hogarth, Hittite Seals. Oxford 1920. Jahrb. d. arch. Inst. = Jahrbuch des Deutschen archäologischen Instituts. Berlin. Bd. Iff. 1886ff. Liverpool Annals - University of Liverpool. Annals of Archeology and Anthropology. Liverpool u. London. Bd. IH. 1908ff. MDOG — Mitteilungen der Deutschen Orientgesellschaft. Berlin. Nr. 1 ff. 1898ff. Meyer, R. u. K . d. Ch. = Ed. Meyer, Reich und Kultur der Chetiter. Berlin 1914. Morgan = W. H. Ward, Cylinders and other oriental Seals in the Library of J. P. Morgan, New York 1909. MVAG = Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft. Berlin. Bd. Iff. 18% ff. OLZ = Orientalistische Literaturzeitung. Berlin Bd. I—XI. 1898—1908. Leipzig Bd. X l l f f . 1909ff. v. d. Osten, Explor. in Anatolia = H. H. v. d. Osten, Explorations in central Anatolia, Season 1926. Oriental Institute Publications V. Chicago. 1929. RA = Revue d'Assyriologie, Paris. Bd. Iff. 1886ff. Reali, d. Vorgesch. = Ebert's Reallexikon der Vorgeschichte. Berlin. Bd. I—XIV. 1924—1929. Schaefer, Von aegypt. Kunst 3 = H. Schaefer, Von aegyptischer Kunst. 3. Aufl. Leipzig 1930. Syria = Syria, Revue d'art oriental et d'archéologie. Paris. Bd. I ff. I920ff. Weber, AO. 17/18 = O. Weber, Altorientalische Siegelbilder. Der Alte Orient Bd. XVII/XVIII. Leipzig 1920. Weber, Kunst der Hethiter = O. Weber, Die Kunst der Hethiter. Orbis pictus. Bd. IX. Berlin, o. J. WVDOG = Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orientgesellschaft. Leipzig. Nr. I ff. 1907 ff. ZA = Zeitschrift für Assyriologie. Bd. I - X X X I V . 1886-1923. Neue Folge. Bd. I ff. 1924ff. Berlin und Leipzig. ZDMG = Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Leipzig. Bd Iff. 1847ff.
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VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN Abb. 1. Siegelabrollung auf kappadokischer Tontafelhülle. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 9221). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 179. Abb. 2. Siegelabrollung auf kappadokischer Tontafelhülle. Anfang des 2. Jahrtausends v.Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 9238). Etwa nat. Größe. Nach Weber. AO 17/18, Nr. 271. Abb. 3. Siegelabrollung auf kappadokischer Tontafelhülle. Anfang des 2. Jahrtausends v.Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 9296/97). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 30. Abb. 4. Siegelabrollung auf kappadokischer Tontafelhülle. Anfang des 2. Jahrtausends v.Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 9227). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 252. Abb. 5. Siegelabrollung auf kappadokischer Tontafelhülle. Anfang des 2. Jahrtausends v.Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 9238). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 234. Abb. 6. Siegelabrollung auf einer Tontafel aus Kerkuk. 2. Jahrtausend v. Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 4581). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 473. Abb. 7. Siegelabrollung auf einer Tontafel aus Assur. Ende des 2. Jahrtausends v.Chr. Berlin, Staat' Hebe Museen (VAT 9034). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 254. Abb. 8. Siegelabrollung auf einer Tontafel aus Kerkuk, 2. Jahrtausend v. Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 6039). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 268a. Abb. 9. Rollsiegel nordsyrischer Art. 2. Jahrtausend v. Chr. New York, Metropolitan Museum. Etwa nat. Größe. Nach Contenau, Glyptique syro-hittite, Abb. 142. Abb. 10. Siegelabrollung auf einer Tontafel. Um 1400 v.Chr. Berlin, Staatliche Museen (VAT 8995). Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 354a. Abb. II. Relief aus Üjük. Ende des 2. Jahrtausends v.Chr. Breite: etwa 2,20m. NachRamsay, Ree. de Travaux XIV, 1893, S.91, Abb. 5. Abb. 12. Felsrelief in Giaur Kalessi. Etwa 13. Jahrhundert v. Chr. Höhe der Gestalten: über 3 m. Nach Garstang, Hitt. Emp., Abb. 9. Abb. 13. Felsrelief am Karabel. Etwa 13. Jahrhundert v. Chr. Höhe: etwas über 2 m. Nach Garstang, Hitt. Emp., Abb. 12.
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VERZEICHNIS DER TAFELN Tafel 1,1. Rollsiegel aus Kültepe. 3. Jahrtausend v. Chr., Sammlung J. F. Dodd. Etwa nat. GröBe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 418. Tafel 1,2. Siegelabrollung auf Tontafelhülle aus Kültepe. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Etwa nat. Größe. Nach Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. B, 2. TafelII, I. Siegelabrollung auf Tontafelhülle aus Kültepe. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Etwa nat. Größe. Nach Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. B, 4. Tafel II, 2. Siegelabrollung auf Tontafelhülle aus Kültepe. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Etwa nat. Größe. Nach Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. A, 4. Tafel III, I. Siegelabrollung auf Tontafelhülle aus Kültepe. Anfang des 2. Jahrtausends v.Chr. Sammlung Genouillac. Etwa nat. Größe. Nach Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. B, 3. Tafel III, 2. Rollsiegel kappadokischer Art. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Sammlung Morgan. Grüner Serpentin. Etwa nat. Größe. Nach Weber, AO 17/18, Nr. 421. Tafel III, 3. Rollsiegel kappadokischer Art. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Collection de Clercq. Etwa nat. Größe. Nach Coli, de Clercq, Catalogue I, Nr. 284. Tafel III, 4. Rollsiegel kappadokischer Art. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Eisenstein. Etwa nat. Größe. Nach Delaporte, Louvre, Taf. XCIV, 23. Tafel IV/V. Statuette aus Boghazköi. Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. Berlin, Staatliche Museen (VA 5257). Bronze. Höhe: 18 cm. Nach Photographie. Tafel VI, I. Siegelabrollung auf Tontafelhülle aus Kültepe. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Etwa nfltrGlOße. "Nach Efelapuile, "Luuvie, Tsf."CXXHI,~Ha. Tafel VI, 2. Siegelabrollung auf Tontafelhülle aus Kültepe. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Etwa nat. Größe. Nach Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. D, 4. Tafel VI, 3. Rollsiegel aus Susa. Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Asphaltmasse. Etwa nat. Größe. Nach Delaporte, Louvre. Taf. XXXIV, 19. Tafel VII, I. Siegelabrollung auf Tontafelhülle aus Kültepe. Anfang des 2. Jahrtausends v.Chr. Louvre. Etwa nat. Größe. Nach Genouillac, Céram. cappad. I, Taf. D, 6. Tafel VI 1,2. Rollsiegel nordsyrischer Herkunft. 1. Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. Paris, Bibliothèque Nationale. Eisenstein. Etwa nat. Größe. Nach Delaporte, Bibl. Nat. Nr. 494. Tafel VII, 3. Rollsiegel nordsyrischer Herkunft. Anfang des 2. Jahrtausends v. Chr. Louvre. Eisenstein. Etwa nat. Größe. Nach Delaporte, Louvre,